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EINIGrE EIGrENTHÜ MLICHKEITEN

IN DEN

FESTEN UND GEWOHNHEITEN

DER

MAKASSAREN UND BÜGINE8EN

VON

B. F. MATTHES.

V

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Einige Eigenthiimlichkeiten in den Festen und (lewohnlieiten der Makassaren und Buginesen.

M. H U!

Habo ich Ihnen kürzlich einige Proben von der Poësie der Buginesen und Makassaren angeboten, deren Form und Inhalt, wie es mir wenigstens verkam, etwas Eigonthümliches batten; so ist es jetzt mein Vorbaben, Ibnen etwas von ibren Ge-braucben, besonders von ibren Festen und Feierlicbkeiten, mitzutbeilen, dessen Aehnlicbes man selten oder nie unter anderen Stammen des Ost-Indiscben Archipels antrifft.

Ich nebme bierbei zum Leitfaden das frülier von mir ber-ausgegebene Werk „Beitrage zur Etbnologie von Süd-Celebesquot;, worin ich das Leben der Buginesen und Makassaren, von der Ehe und Geburt an, bis zum Ende flüchtig beschrieb. Ich behandle also erstens solche Volksfeste, welche für diejungen Leute oft Veranlassung zur gegenseitigen Bekanntschaft, und auch zur Heirath geben; diese sind: die Obstfeste, dieSpinn-feste und die Feste auf den Salzpfannen.

Das Gruppiren und dergleicben mehr der Jünglinge und jungen Madchen um die Reisblöcke zur Zeit dor Obstfeste übergebe ich jetzt mit Stillschweigen; in alten Zeiten aber war damit das sogenannte Schaukelfest (Bug. ritaro pere) ver-bunden. Dabei gingen die jungen Madchen der Reihenfolge nach auf die Schaukel sitzen; und wenn es dann unter den Jünglingen einer gab, der sich von den Reizen einer Schonen angezogen fühlte, so nabm er sein am Heft des Schwertes eingestochenes Taschentuch, und band das an die Vorderseite der Schaukel, als ob er fürchtete, dass das Madchen sonst

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wahrend dem Scliaukeln vornüber fallen und sich verletzen könne.

Diese zarte Besorgniss wurde betrachtet als eine Art von Liebeserklilrung. Und wenn die Geliebte sich dieses Band gefallen liess, war solches natiirlich fiir den jnngen Mannein günstiges Zeichen, und nicht selten folgte dann auch bald das feste Band der Ehe.

Zn den Festen, welche dem Inlander besonders gefallen, gehören auch die Spinnfeste. Die jungen Miidchen setzen sich alsdann prachtig ausgerüstet im Festlokale nieder, jede mit ihrem Spinnrade vor sich, um die Baumwolle vom G o s s i p i u m indicum Lam. zu Garn zu spinnen. Und wenn dann die Jünglinge, welche bei solcher Gelegenheit auch zugelassen werden, einer Schonen ihre Zuneigung beweisen wollen, drücken sie ihr eine silberno Münze auf die Stirn, und zwar so, dass diese darauf kleben bleibt; wenn dann die Münze nicht zurückgcgeben wird, ist dieses ein Zeichen, dass die Bewerbung angenehm ist. Der Jüngling kann seine Liebe auch dadurch zeigen, dass er eine Kokosnuss so vor die Spinnerinn niederwirft, dass sie zerbricht, und das Madchen vom süssen Safte bespritzt wird. — Bisweilen auch schickt ein Jüngling seiner Geliebten eine Panjtja, oder kleines Hauschen von Bambu und Zuckerrohr, welches reichlich gefüllt ist mit jungen Kokosnüssen, Früchten der Musa paradisiac a, der Citrus decuman a L., und mehr anderen süssen Früchten, als Symbolen von der Süsse der Ehe.

Bisweilen dienen auch die Salzpfannen unter den Makassa-ren und Buginesen als Gelegenheit zu Liebeserklarungen. Man giebt dort dann Feste für die jungen Leute beider Geschlech-ter. Und dass dann der Jüngliug seinem Herze Luft giebt durch Mittel der Poësie, zum Beispiel der Makassarischen Ke 1 ong's, oder Buginesischen e 1 oiTg's, wovon ich 1 hnen schon im oben erwahnten Stücke einige Proben mittheilte, K'isst sich sehr leicht erklaren; sonderbar ist es aber, dass der Jüngling

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bei dieser Gelegenheit seiner Geliebten vor Allem die soge-nannten Bunga-tjela's anbietet. Hierunter versteht man: Blumen von krystallisirtem Salze, welcbe man bekommt, wenn man einon faserigen Bindfaden in die Salzpfannen taucht. Wenn nun das MMchen die Blumen annimmt, erscheint ihr gewiss das Band mit dein Jüngling als ein Blumen-strauss, welcher nicht nur schön, sondern auch dauerhaft wie der Krystall, schmackhaft und unverfalscht wie das Salz ist.

Man denke aber nicht, dass diese symbolische Liebeserklit-rung dem Jünglinge genüge. Solches ist blos als eine Einlei-tung zu betrachten, denn es folgt gewöhnlich noch eine grosse Menge von Formalitaten. Dieses ist besonders an den Höfen der Fall. Man schickt dann eine vertraute Person, um die Liebeserkiarung überzubringen. Diese wird gewöhnlich mit einem Vogel verglichen, weil in alten Zeiten ein sehr bered-samer Vogel die ihm bekannte Liebe seines etwas blöden Meisters für eine jugendliche Schone der Sklavinn des Madchens off'enbart, und dadurch eine Ehe zwischon den beiden jungon Leuten zu Stande gebracht haben soil.

Die Worte, welche bei soldier Gelegenheit gesprochen werden, sind gewöhnlich ganz symbolisch. So lautet zum Beispiele die Rede derjenigen, welche für einen Fürsten von Gowa die Liebeserkiarung nach Maros üborbrachten, folgen-derweise: Wir kommen von Gowa, und sind geschickt von iinsrom Fürsten. Wir sind deshalb zu vergleichen mit einem Hackmesser in der Hand des Landmanns, mit den Blattern der Baume, welche vom Winde hin und her bewegt werden. Der Fürst, der uns geschickt hat, wohnt in Matjinna, d. h.: in dem Orte einer unwiderstehlichen Sehnsucht, wo man die Aussicht hat auf P a d a ë 1 o, d. h.; den Ort der gegenseitigen Zuneigung.

Kaum batten wir das Verlangen unsros lierrn vernommen, da war in noch kürzerer Zeit, als wir brauchen, um ein Betelblatt mit dem Zubehör zu kanen, Alles zur Abreise fertig.

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Darauf eilten wir hierher mit der Geschwindigkeit eines Vogels, in der Hoffnung eine günstige Antwort zu erhalten auf die Botschaft unseres Herrn, der Allah Tag und Nacht betet, dass es ihm gegönnt sein moge, sich wie eine Kal el en g-r anke um einen zarten Zweig Ihres Stammes zu winden.

In solcher Weise wird die Symbolische Rede fortgesetzt, bis der Fürst von Maros zuletzt in gleicher Weise antwortet, und beginnt zu sagen, dass man beim Oeffnen der Fenster das angenehme Gezwitscher der von Gowa abgeschickten Vögel vernahm, und natürlich nicht wenig erfreut war, die lieblichen Sanger dem Palast hereinfliegen zu sehen.

Der Schluss der Antwort kommt hierauf nieder, dass man seine Zustimmung giebt, um ein Bündniss zu schliessen, zugleich vom Adat und Sar at, oder Gewohnheit und Priestergesetz, befestigt, mit anderen Worten, um eine gesetzliche, vom Priester gehorig eingesegnete Ehe zu schliessen.

Wenn nun letzteres test beschlossen ist, werden bald, be-senders unter den Vornehmen, zahlreiche Einladungen zum Beiwohnen der Feste umhergeschickt. Dieses geschah früher im Reiche von Bone, als dieses nog einer der machtigsten Staaten von Süd-Celebes war, auf sehr eigenthümliche Weise, insofern die Einladungen den Lehenmi'innern zugingen. Man bediente sich der sogenannten Bila-Bila's. Hierunter verstand man einen schmalen Streifen eines Lontarblattes, worin man eine gewisse Anzahl platte Knoten machte, von welchen jeder an beiden Seiten drei Falten hatte, zur Anspielung aui den zu Timurung geschlossenon Bund zwischen Bone, Wadjo und Soppeng. Es gab zweierlei Art von Bi la-bil a. Die eine benutzte man, um die Lehenmanner von Bone zu einem Feste einzuladen, die andere, um sie aufzurufen, damit sie mit dem Lehenherrn zum Kriege zogen. — Die erste Bila-bila bestand aus 80 Knoten, um anzudeuten, dass das Fest nach 80 Tagen Statt finden werde. — Die andere hatte soviel Knoten, als es noch Tage dauern werde, bis der

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Krieg einen Anfang nehme. — Die Form der Knoten dieser beiden Bila-bila's war nar wenig verschieden. Grosser war der Unterschied in Bezug auf das Annehmen der beiden Bila-bila's. Die Bila-bila für ein Fest wurde vom Für-sten, für welchen sie bestimmt war, mit der rechten Hand angenommen, indem er mit der linken Hand die beuu Tanzen gebramp;uchlichen Bewegungen machte, zum Zeichen, dass er völlig bereit sei zum Spiel und Tanz. — Die Bila-bila für den Krieg dagegen, welche, wie die andere Bila-bila, vom Gesandten mit der rechten Hand überreicht wurde, nahra der Fürst mit der linken Hand an, zu gleicher Zeit die rechte Hand an die Kris (eine Art Waffon) logend, damit er tandakkend odor tanz end, nnd mit der Kris in der Hand in hochtrabenden Ausdrücken seine Anhanglichkeit zum Lehenborren bezeugte, und erklarte', dass er völlig bereit sei, ibm überall im Streite znr Seite zu stehen. (NB. Dieses heisst im Makassarischen nnd Buginesischon mangaru.)

Das Wort Bila-bila ist wabrscheinlich entstanden aus bilang-bil ang, und dieses abzuleiten von bi lang, zahlen, weil die Knoten im Lontarblatt dienten, urn zu berechnen, wieviel Tage es nocb danern würde, ehe der Krieg oder das Fest einen Anfang nehme.

Jetzt will ich zu den Ehefesten zurückkehren, deren Eigenthümlichkeit hauptsachlich in der grossen Menge von Anspielungen besteht.

So gehort zum Beispiele zu all den Geschenken, welche zugleich mit der Brautsgabe (ein Geldgeschenk) zugeschickt werden:

1°. eine Art Schalflsch, genannt panno-panno, Mannleiu und Weibchen, welche nicht bloss, wie soviel andere Gegen-stiinde, ein Paar darstellen und auf die zukünftige Eheverbindung anspielen, sondern auch wegen der Bedeutung des Wortes pan no, gleichbedeutend mit dem Worte voll, den jugend-lichen Eheleuten viel Glück und Reichthum in der Ehe pro-phezeihen;

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2°. eino Art Pflanzchon, genannt Riwu-riwu, das wie das so eben erwahnte Wort auf grosse Schatze hindeutot, weil das Buginesische riwu bedeutet hunderdtausend;

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3°. eine Art Meergewachs, genannt sail a-si wodja, wovon das Wort siwodja bedeutet: einander sehen oder be-gegnen, und also auf den Coïtus anspielt;

4°. eine Art Pflanze, genannt Bulu-parenreng, oderTjita-m a r o 1 a, von welchen Wörtern r e n r e n g darauf deutet, dass der Mann seine Frau bei der Hand leitet, oderführet, und marola darauf, dass die Frau ihrem Manne folgt, wahrend tjita auf beider gegenseitige Sehnsucht anspielt;

5°. eine Art Korallengewachs, welches Stein mit Zweigen (Bug. Batu-matakke) heisst, und auf eine zabl-reiche Nachkommenscbaft anspielt, welcbe sich wie die Zwei ge dieses Gewacbses nach allen Seiten verbreitet;

6°. ein vom Lontarblatt geflochtenes Dreieckcben, welches Raga-raga genannt wird, und an den Trost denken lasst, welchen eine glükliche Ebe in der Mitte des Leides diesor Welt anbringt, in Uebereinstimmung mit der Bedeutung des Buginesischen Zeitwortes ra ga, d. h. trosten;

7°. ein Zweiglein des Strauches Ta-malala, als Sinnbild von der Unverbrüchlichkeit der Ehe, da ta-malala bucbstablich bedeutet: nicht scheiden.

Die Einsegnung der Ehe vom Priester gewahrt nichts besonderes; sehr eigenthümlich aber ist die Feierlichkeit, be-kannt unter dem Namen von naï kalenna bun tinga, das Hingehen des Brautigams zu der Wohnung seiner Braut, besonders an den fürstlichen Höfen.

Wenn der Brautigam nach einer Menge von Ceremoniën die Treppe des Palastes der Braut erreicht hat, giebt man hm ein am einen Ende eines langen schmalen seidenen Tuches befestigtes Armband in die rechte Hand, urn sich daran,von einem Haupte der unter dem Namen von Bissu's bekannten Heidnischen Priester, welcher oben am Ende der Treppe

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steht, und das am anderen Ende des seidonen ïuches be-festigto Armband festhalt, hinaufziehen zu lassen.

Sobald er oben im Palaste angelangt is, wird er von einem Fürsten, der höchstens 40 Jahr alt ist, bewillkommet. Und dieser führt ihn an der Hand über den weissen Teppich, welch letzterer von der nnteren Treppe an durch den Palast bis an das Ehebett ausgebreitet ist. Auf diese Weise gelangt der Brautigam in die Gegenwart seiner Gelicbtcn, welcheaut' dem Ehebette hinter den Gardinen Sitz genommen hat. Wenn er nun zu ihr gehen will, trachtet sie zu entfliehen, wird aber aufgehalten und gezwungen sitzeii zu bleiben, indem man dem Brautigam einen Platz hinter ihr anweiset. Nachher kommt der Puwa-matowa, oder das Haupt der Bis-su's, welches sich im Palast der Braut befindet, und niihet das Oberkleid der Braut an der Rückseite vermittelst einer goldenen JSTadel mit der hochaufstehenden und spitz auslaufen-den Festmütze (sigara) des Brautigam's zusammen.

Auf dieses Symbol des Ehebundes folgt unmittelbar eine andere symbolische Handlung, welche darin besteht, dass der Puwa-matowa des Brautigams eine Art von Festklei-dungstück, das die Form einer sarong, oder eines Weiber rockes hat (Bug. unraï, Mak. tope), über das Hoch-zeitspaar hinwirft, sodass es scheint, als scliliesse dieses Kleidungstück die beiden jungen Leute ein, und verbinde sie zusammen.

Nachher zündet der Puwa-matowa der Braut eine grosse Wachskerze an, und nachdem er diese 9 mal rechts, und 7 mal links um das Ehepaar gedrehet hat, halt er sie vor den Brautigam, um auszublasen. Geschieht das nicht schnell, so thut das wohl einmal die Braut, um zu zeigen, dass sie die Herrschaft auf sich zu nehmeu gedenkt, das wohl in einer Buginesischen und Makassarischen Haushaltung eben so oft der Fall ist, als in einer Europaischen.

Unmittelbar hierauf bedient sich der Puwa-matowa. der

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Braut auf gleicho Weise, und zu demselben Zwecke, einer grossen inlandischen Kerze.

Nachdem dieses geschehen ist, wird das Band, welches das Ehepaar znsammen verband, gelöset, und jetzt verlasst die Braut sofort ihren Sitz, um scheinbar dem Brtiutigam zu entfliehen, der ihr natürlich augenblicklich folgt, und nachdem er sie erreicht, schieben sie,'nach Buginesischer und Makassarischer ganz eigenthümlicher Sitte, lünter einander auf dem Boden fort; und jedesmal wenn der Brautigam der Braut einigermassen den Hof machen will, schlagt sie ilm mit ihrem Facber von sich ab, was zur Folgel hat, das eine Inlandische Hochzeit den Elteren gewöhnlicb eine unzahlbare Menge Filcber kostet. Glücklich desbalb, dass man sich dafür nur der papieren Facher von geringem Werth bedient.

Dieses so ganz eigentbümliche Schiebvergnügen flndet niclit nur bei dieser Gelegenheit, sondern von jetzt an bestandig bei jeder festlichen Zusammenkunft Statt, so lange bis zuletzt die Stunde des Ehelichen Zusammentreffens erschienen ist; dieser Zeitpunkt wird, besonders bei vornehmen Inlandern, hauflg sehr lange aufgeschoben.

Wie bisweilen behauptet wird, ist es einer fürstlichen Braut erst nach Verlauf eines Monates erlaubt, sich als über-wunden hinzugeben.

Ausser den hier erwahnten Feierlichkeiten, giebt es unter den vornehmen Inlündern noch verschiedene andere, wie zum Beispiel das Nehmen eines Bades, eet., welche nichtvernach-lassigt werden dürfen. Man denke aber nicht, dass solch ein Eheband daher besonders stark sei, und immer lange dauere. Das Gegentheil offenbart sich leider nur taglich, und nichts flndet unter Makassaren und Buginesen so oft Statt als Ehe-scheidung, besonders weil sie überhaupt sehr wenig Mühe kostet. Das Reich von Luwu macht in dieser Hinsicht einigermassen eine Ausnahme. Dort hat man wenigstens bei der Ehescheidung der vornehmen Fürsten die vorvaterlichen Ge-

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brauche, welche man aucli in den alten Gedichten beschrieben findet, bis jetzt beibebalten. Anch hier bei spielt die Symbolik eine grosse Rolle. Wenn zum Beispiel eine Fürstinn von ihrem Gemahle scheiden will, nnd solches mit gegenseitigem Gut-finden geschieht, schickt sie den Priester mit den Mitgliedern des Reichsrathes zu ihrem Gemahl, und lasst ihnen folgende Gegenstande bringen, als: den früher von ihrem Manne empfangenen metallenen Schenkteller mit einem Stück groben weissen Kattun darauf, und eine Art von porzellanener Schüssel; ferner ein mit Du pa (Sorte Raucherwerk) gefülltes Oeltöpfchen mit einem Deckelchen darauf', welches sie von der Schwiegermutter bekommen hat, als sie ihr nach der Ehe zum ersten Mal' einen Besuch abstattete; ein Stück Bambu von der Lange des Ellenbogens bis an die ausserste Spitze des Mittelflngers, lünreichend zur Verfertigung von sechs inlandischen Kerzen, einige ganz abgeschaiten Kamiri-nüsse (Aleurites moluccana Willd.), welche gleichfalls für die Kerzen benutzt werden, sowie auch ein wenig Kattun, nebst 50 kleine Limonchen (Lemo-galat ting), und einPackchen Seifenbast (Bug. langi, Mak. langiri, die Inga sapona-ria D.C., oder Albizzia saponaria BI.), und so weiter.

Alle diese Gegenstande werden getheilt, und zwar so, dass der metallene Schenkteller beim Fürsten, und die por-zellanen Schüssel bei der Fürstinn bleibe. Auch behalt der Fürst das Oeltöpfchen für sich, und schickt das Deckelchen mit der Halfte der Dupa der Fürstinn zurück.

Nachdem die Vertheilung, so wie es bei einer Ehescheidung die Vorschrift verlangt, Statt gefunden hat, nehmen Mann und Fran ein Bad, um, wie man sagt, don Schmutz abzu-waschen, womit sie sich durch das ihnen jetzt so hassens-werthe Band besudelt haben. Hiernach ist diese Feierlichkeit abgelaufen.

Wenn aber das schone Band der Ehe nicht auf diese Weise zerbrochen, und die Ehe mit Kindern gesegnet wird; ver-

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nimmt man, so bald als der Zeitpunkt der Geburt angebro-chen ist, einen furchtbaren Larm, wozu gewiss die in meiner Abhandlung über den Bissu's beschriebenen Instrumente (zur Vertreibung der bösen Geister), besonders die Appo (Mak., oder galappo Bug.), wie auch Gewebre und Musikinstru-mente, nicht am wenigsten beitragen.

Dieses gescbiebt, wie auch das Anzünden von allerlei Fackeln, Wachskerzen und anderen Sorten von Lichtern, zum Erschrecken der bösen Geister, welche so gern sehen mochten, dass die Sache unglücklich abliefe.

Ein vornehmes Mittel gegen die bösen Geister ist auch das Brennen des Adju-pappo's (ücynium Sp.) und anderer Holz- und Blatt-sorten in einem grossen irdenen Kauchtopfe (Bug. sabarTgang, oder adoenTpoeng, Mak. sabangang). Dass mann sich am liebsten dieses P appo-Hol zes bedienet, ist wegen der Bedeutung des 'Wortes Pappo, worunter man eine Art Quiil-geister versteht, welche Krankheiten und andere Qualen verursachen.

So bald ein Kind geboren ist, wird dieses bekannt gemacht durch das Abfeuern der Schüsse und das Rühren der Trommel (ganrang).

Wenn das Kind das Alter von 40 Tagen, oder mehr, er-reicht bat, findet, besonders an den Höfen, schon wieder ein Fest Statt, vielleicht hauptsachlich, um den Prinzen die Ge-legenheit zu Hahnengefechten und Würf'el- oder Hasardspiel zu verschaffen.

Dieses Mal gilt es ein erstes Mittagessen des Kindes.

Bei solcher Gelegenheit darf vor Allem nicht fehlen eine Schüssel mit Wasser aus einem heiligen Brunnen, womitdie vom Kinde zu geniessenden Speisen besprengt werden müssen. Darin beflndet sich zuerst eine Sorte Gras, genannt Ruku 1 o w a, das buchstüblich a 11 bedeutet, und nach dem Inlander nie stirbt, und demnach ein sehr schönes Symbol für das Kind enthalt.

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Ueberdiess trim man in dera geweihten Wasser einhölzer-nes Blöckchen an, welches die Zimmerleute anwenden, um damit beim Arbeiten das richtige Mass zu bestimmen (Mak. singkolo, Bug. sikodo), so wie auch ein Stück Ebenholz, nnd den getrockneten Schwanz eines unter dem Namen von mangali bekannten Fisches, der unwillkürlich denken lïisst an das Buginesische und Makassarische mangali, gleichbedeutend mit: sich fürchten oder schüchtern sein.

Der Name dieses Fisches enthalt also, gerade wie das er-wahnte Mass, eine Ermahnnng für das Kind, um spater, wenn es einmal der Jugend entwachsen ist, den Mund in Zaumzu halten, und vor Allem beim Sprechen die richtige Beschei-denheit zu beobachten. Um mich kurz auszudrücken, das Kind sell in der Betrachtung des Guten und Loblichen bestiindig sein wie das feste und dauerhafte Ebenholz.

Bei der Schüssel flndet man eine reiche Menge von Speisen und Leckerbissen. Die letzten sollen hauptsachlich auf das Süsse des Lebens anspielen. — Auch nimmt man vorzugs-weise solche Leckerbissen, deren Benennung eine passende symbolische Bedeutung hat.

Man legt dann auf eine grosse Perlenmuschel von all den Speisen ein kleines Bisschen, und menget all dieses vermittelst des Wassers auf der Schüssel tüchtig durch einander.

Und von diesem Gemisch wird dann von verschiedenen der Blutverwandten und Freimde abwechselend ein Wenig gegen das Mündchen des Kindes geschmiert.

Wenn das Kind ein bis 2 Jahre, oder alter ist, finden, besonders an den Höfen, wiederum zwei vornehme Feste Statt. Das erste betrifft das Kürzen oder Schneiden mit der Scheere (buchstablich: das Scheeren oder liasiren) des Bluthaares, d. h.: des Haar es, womit das Kind geboren ist. (Mak. nikattere oe-tjorana, Bug. ri-kalluï gamma-, oder weluwa-, darana.) Jedoch bei

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Kindern rein-fürstlicher Abkunft spricht man nie vom Ö c h n e i-den mit der Scheere, oder vom Scheeren des Haupt-haares. Dieses würde gewiss sehr unheilvolle Folgen nach sich Ziehen. (Bug. pemali, Mak. kassipalli.) Solchesheisst lm Bugin. und Makas. das Laschen des Haar es (Bug. risompungi gamraana, Mak. nisambungi una), weil man, wenn das Haupthaar eines fürstlichen Kindes zum ersten

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Male geschnitten wird, ein Stück Golddraht (Bug. ulawang si-amma riwata, Mak. niyeka) in's Haar bindet, la-schet.

Die andere Festlichtkeit, welche nur ausschliesslich an den Höfen gefeiert wird, und gewöhnlich mit der des Haar-schnei. dens vereinigt wird, ist das erste Betreten des Bodens vom Kinde. (Bug. ripaledja, of'ripano, ri-tana, Mak. nipa-

onjdjo ri-butta.)

Sowohl in diesem Falie, als auch bei jeder anderen wich-tigen Gelegenheit bedienet man sich vorher einer Medizin gegen die bösen Geister, welche darin besteht, dass man die Nagel der Hands und Füsse, oder auch wohl das Innere der Hande und die Fusssohlen rothförbt mit dem Safte der Blatter der Lawsoniaalba L. (Bug. patji. Mak. karuntigi), wobei zu gleicherzeit ein ohrbetaubendes Gerase von allerlei Musikinstrumenten und Teufelbannern Statt flndet.

Die eigentliche Festlichkeit besteht darin, dass das Kind von drei bejahrten Fürsten dreimal mit den Füsschen auf eine Art geweihte Erde niedergesetzt wird.

Dafür nimmt man am liebsten Erde, welche ursprünglich aus Oertern ist, wo in früherer Zeit Götter herabgekommen sein sollten, oder welche wegen der symbolischen Bedeutung des Namens etwas Gutes für das Kind prophezeien.

So deutet der Name von Luwu's Hauptstadt, namlich Palopo, auch eine sehr beliebte Leckerei der Buginesenund Makassaren an, und soil auf das Süsse des Lebens anspielen. So sind auch die Makassarischen Oerter Bonto-tallassa,

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buchstüMch üfer des Lebens, Bonto-marannu, buch-stablich Ufer der Fraude, etc. besonders geeignet, um Erde von dannen zu holen, weil sie die frohe Hoffnung auf-kommen lassen, dass das Kind spater in einen Hafen der Fraude und des wahren Lebensgenusscs ankommen moge.

Zuletzt ist aucli ein Ort, wie der Tempel von Mekka, oder sogar eine gewöhnliche Moschee, für diesen Zweck sehr ge-sucht, besonders wenn man die Erde unter der Kanzei aus-gegraben hat.

Nachher finden langere Zeit keine Feste mehr Statt für die Kinder, bis ungefahr zum 12 jahrigen Lebensalter; alsdann ist die Zeit da, wo die Knaben und Madchen der schmerzli-chen Operation des Zühne-feilens und die ersteren überdiess noch der der Circumcisie entgegengehen müssen; was in allen Standen, besonders aber in den höheren, mit einem möglichst glanzvollen Feste gefeiert wird.

Die Circumcisio der Madchen, welche gewöhnlich schon im drei bis sieben-jahrigen Alter Statt findet, geschieht ganz in der Stille und ohne einige Festlichkeit. — Meistentheils ist damit das Durchbohren der Ohrlappchen verbunden, um darin

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spater die Ohrringe zu stechen. (Bug. taddo, Mak. tin ting.)

Diese Festlichkeit des Zahue-foilens und der Circumcisio ist in so fern mit der Christlichen Taufe zu vergleichen, als sie als eine Aufnahme in die Mohammedanische Gemeinschaft zu betrachten ist. Eine Aufnahme als Mitglied der Gemeinde, wie unter uns gebrauchlich ist, findet bei Makassaren und Buginesen nur selten Statt. Diese beziehet sich bless auf die Priester und die vornehmen Leute des Landes. Und wie ist dann noch die Confession, welche man bei der Gelegenheitjablegt? Sie besteht bloss darin, dass man den Beweisliefert, dass man den Arabischen Text des Korans und die cfsikir, genannt

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(SA^sJI mit einer gewissen Cadenz vorzulesen ver-

steht. Ob man den Inhalt des Textes begreift, oder nicht be-greift, ist unbedeutende Nebensache, weil es unter all den

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Priestern von Süd-Celebes gewiss keiner giebt, welchor eigentlich Arabisch versteht, und doch geschieht die Religions-übnng unter Makassaren und Buginesen ganz und gar in der Arabischen Sprache. Nur flndet man unton an der langen Rolle, worauf die Arabische c h o t b a t oder Predigt geschrieben ist, eine Uebersetzung in's Makassarische oder Buginesische; diese Uebersetzung wird nur höchst selten vorgelesen, nur dann, wann der Fürst, oder Jemand, dem man eine gewisse Ehre beweisen will, sich in der Moschee befindet. Als ich einmal mit dem Oberpriester von Gowa, der mich seiner ganzen Freundschaft würdigte, und mich daher immer seinen Sohn nannte, zum Tempel ging, bemerkte ich bald, dass man sich geirrt, und eine verkehrte Uebersetzung bei der Arabischen Predigt geschrieben hatte, aber Papa bemerkte nichts davon, und dieses war auch der Fall bei den anderen Priestern. Kein wunder deshalb, dass der Mohammedanische Glaube auf Süd-Celebes keineswegs tiefe Wurzeln gefassthat. Begreiflich ist es darum auch, dass die Bissu's, eine Art heidnischer Priester, worüber ich eine ausführliche Abhandlung schrieb, welche in die Werke der Königlichen Akademie dei-Wissenschaften zu Amsterdam aufgenommen wurde, beson-ders an den Buginesischen Höfen, solch einen grossen Ein-fluss haben. Ferner flndet man in Bantaëng und Bulukumpa, so wie auch in den Turateya-landern, mit dem Mohammeda-nischen Gottesdienste auch den des Karaëng-lowe's, oder des grossen Herrn, so viel als Maheswara (auch = grosser H e r r), oder S j i w a, verbunden. Weiter giebt es auch in Bulukumpa die sogenannten heiligen Aale, welchen man fast taglich Opfer bringt, und feiert man in Segeri Feste zur Ehre des Polonggi's und des aus dem Himmel herab-gesunkenen Pfluges. Auch betet man eine Menge böse Geister, wie zum Beispiel: Popokang's, Parrakang's, Punti-y an a's, etc. an, wovon ich in meiner Ethnologie eine ausführliche Beschreibung gab; und giebt es eine grosse Menge

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Oerter, welche man nicht vorbeigehen darf, ohne sich ver-blümter Ausdrücke zn bedienen, aus Furcht, dass die dort öich aufhaltenden bösen G-eister znm Vorschein kommen könnten.

Stunden lang könnte ich sprechen, wenn ich alle die Beispiele des Aberglaubens unter den Makassaren und Bnginesen er-walmen wollte, welche so ganz und gar mit dein Mohamme-danismns streiten. Dieses verhindert aber nicht, dass alle die Mohammedanischen religiösen Feste auch auf Süd-Cclebes ausserlich von der Bevölkerung ziemlich genau gefeiert werden. Um hier über all diese so allgemein bekannten Feste ausflihr-lich zu berichten, würde zu'lange dauern. Eins aber wünsche ich noch zu erwahnen, weil bei dieser Feier noch etwas schr Eigenthümliches Statt flndet. Ich bitte deshalb, mir in Ge-danken, zur Beiwohnung des Mohammedanischen Festes am 10ten des Monates Dsu-1 -ch iddj at, nach Gowa zu folgen.

Nachdem die Fasten des Monates Dsu-l'hiddjat abgelaufen waren, begab ich mich am 10ten dieses Monates, des Morgens früh, von Parang-tam bung, wo ich schon am vorigen Abend bei meinem Vater dem Oberpriester von Gowa einge-zogen war, auf den Weg zur Moschee. Erst ritten wir zu

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Pferd nach Lakiyung, dem Begrabnissorte des Sehe Yusupu's und Tu wang-Rap pang's, dieser berühmten W a 11 i' s oder W eisen, deren Leben im Jahresbüchlein Celebes von 1864 ziemlich ausführlich von mir beschrieben wurde. Von dort ging es nach Bonto-biraëng, wo man oben auf einer Höhe unter anderen das Grab des bemhmten Aru-Palakka's aus den Tagen Speelman's antrifft, Nachher begaben wir uns nacli Tinggi-maö, obenfalls einem Begrabnissorte , worüber ich sogleich mehr mitzutheilen gedenke. Darnach erreichten wir die Batn-palantikang, oder S te ine, worauf der König mid die Königinn von Gowa beim nilanti, oder der fürstlichen Weihung, Platz nehmen. Diese sind ein schwarzer und ein weisslicher v li»

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Stein. Der erste ist bestimmt für den König, welcher bei dieser Gelegenheit auf den Schoos genommen wird von einem Daën'g-ri-Monjtjong, der zweite für die Königinn, welche auf den Schoos genommen wird von Daëng-ri-Djonggo. Das Haupt von Mangasa, einer der 9 Reichsrathe von Gowa, schliigt bei dieser Gelegenheit dreimal vor, urn dem König von jetzt an die höchste Ehre im Lande zn beweisen, welche darin besteht, dass man ihn von jetzt an stetsanrede mit den Worten; Sombangku, so viel als: o! Fürst, den icb anbete!; indem man daboi die Hilnde flach an einander logt, und sie so zu der Stirn bringt, dass die Spitzen der Daumen die Spitze der Nase bemhron. Nacbher stebenall die vornehmen Hilupter des Reiches einer nacb dem anderen auf, um tanzend und mit dem Schwerte schwenkend dem neuenFürsten in hochtrabenden Ausdrücken Treue zuschwören.

Dass die Festlichkeit nacbher mit Essen und Trinken en-digt, brauche icb kaum zu erwahnen.

Von den Batu-palantikang's begaben wir uns nach Ta-malate, wo sicb das Grab des Königs von Tallo, ge-nannt Tu-menanga-ri-agamana, beflndet, der in 1606 zum ersten male dem Dato-ri-Bandang begegnete, welcher den Mohammedanischen Gottesdienst unter den Makassaren gründete. (Vergl. Jahresb. Celebes 1864.) Von Ta-malate setzten wir den Zug weiter fort, und kamen bald an einen unter dem Namen von Bungung-baran i, d.h.; Br unnen der Unerschrockenheit, bekannten Brunnen. Dieser Brunnen war in früherer Zeit innerhalb der llmzaunung der alten Jetzt ganz verfallenen Hauptstadt von Gowa, und onthielt ein Wasser, welcheseinonbesonderenEinflussausübte auf diejenigen, welche es tranken, ja sie sogar ganz unüber-windlich machte. Schade nur, dass dieser Brunnen gerade ver-schwand in den Tagen, als Speelman Streit fflhrte mit dem König von Gowa. Obgleich nun das Wasser auf einer anderen Stelle, und zwar in der Niihe der Moschee, von Neuem aus

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dem Q-runde zum Vorschein kam, war dieses wohl bei Ehe-festen von grossem Interesse für das Bereiten der Spoisen und Getranlce, es felilte ihm aber die heilsame Kraft von frülier; und das sonst unüberwindliche Reich von Gowa ist durch das Scliwert Speelman's gestürzt worden.

Als wir an der Moschee angelangt waren, fanden wir dort an der Vorderseite eine Menge Uegenstande allerlei Arten stehen, hier vier leere Bamba's von einem gewissen Ka-raëng-Patallassang, dort eine Fracht Seifenbast oder Inga-saponariaD. C. von einem anderen Prinzen hierhingeschickt, dort wieder von einem anderen einige Pinailgnüsse (Areca Catechu L.). Und so weiter.

Die dort auch niedergelegte Betel (Chavica Betle Miq.) brachte man gleich zum Palaste des Königs. Die übrigen Gegenstande blieben vor der Moschee liegen bis nach dem Ablaufe der Religionsübung, und dann wurden auch diese dorthin gebracht.

Nachdem ich diese Gaben betrachtet liatte, kam auch bald der Kronprinz von Gowa, auf dessen Gegenwart der An fang der Religionsübimg hatt warten müssen. Der König war durch Unpasslichkeit verhindert, in dor Moschee zu erscheinen.

Vorher waren schon einige Reichsornamente nach dem Tempel gebracht. Das vornehmste davon war die Sudang, oine Art Schwert, welches in alten Zeiten in einer sehr grossen Gurke, welche diesen Namen trug, gefunden, und einem gewissen Lakipadada gebracht sein soil. Wie dieses Schwert aussah, kann ich nicht mittheilen; denn es war sorgfaltigeih-gewickelt, ja selbst so, dass ich nachher vom Köinge ver-nahm, dass auch er es noch nie gesehen hatte.

Dieser kostbare Reichszierath wurde mm in der Moschee vor dem Kronprinzen und dessen Bruder niedergelegt. *

Jetzt würde die Festlichkeit gleich ihren Anfang genommon ha,hen, wenn man unglüèklicherweise nicht die Predigfc zu Hause liegen gelassen hatto. Die musste also erst geholt werden.

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Nachdem wir das prachtige Stück nach langer Zeit erhiel-ten, fand das Vorlesen dieser Predigt, so wie aucli der Gebete, nach Vorschrift Statt.

Als die Religionsübung abgelaufen war, kehrte ich so bald als möglich nach Parang-tambung zurück. Unterwegs pas-sirteii wir auch noch ein ganz verlallenes Grab von Jemand, der in sehr alten Zeiten lebte, und bekannt stand nnterdem Namen von Makale-kunrulu, d.h.: dem Manne, der den Körper ei nor Kunrulu (eine Art Gurke, Cucur-bita far i no sa) hatto, weil or NB weder Kopt'noch Beine. und überhaupt viel Aehnlichkeit mit einer Gurke gehabt hiitte.

Als ich in der Wohnung des Oberpriesters ankam, fand ich schon circa 20 Damen in ihrem langen Betgewande, welches über den Grund schleppte, und fast das ganze Gesicht bedeckte. ZusammengoroiiLe Matten, beim Gebete zu gebrau-chen, lagen vor ilinen.

Sobald die Priester alle gegenwartig waren, fand hier noch-mals diesolbe Feierlichkeit als in der Moschee Statt. Man hatto zu diesem Zwecke auch eine Min bar oder Kan zei errichtet.

Ungefahr um halb zwei Uhr begaben wir uns eu corps zum König, wo wir, unter dem Genusse einer ïasse Kaffee mit Geback, und spater auch des Reises mit Zubehör, einer für den Fürsten, ja für das ganze Reich von Gowa, höchst wichtigen TJntersuchung beiwohnen mussten. Erst wurdo die so eben erwahnte sudang hinter den Schirmen dreimal gehorig abgefegt, und glücklich oline Rost befunden. Ich sage glücklich, demi das Gegentheil wiire der Vorbote grosser Un-glücke für Fürst und Volk gewesen. Mit dieser Untersuchung war hauptsachlich das Haupt der Bissu's beauftraget, der in Gowa Layaka heisst, und, wie in den Buginesischen Landen der Puwa-matowa der Bissu's, und in einigen Makas-sarischen Landstrichen, wie zum Beispiel in Bantaëng, und auch lm früheren Reiche von Sanrabono die Pinati's, mit der Serge für die Reichszierathen beauftragt ist.

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Am Nachmittag, ungefahr urn drei Uhr, fand erst das Wichtigste Statt. Alsdann brachte der Layaka ein Kistchen zura Vorschein, welches zwei sehr kostbare Reichszierathen enthielt. Der eine war die unter dem Namen von I-Lenjong bekannte goldene Kette, der andere hiess Tanisamang, bnchstablich: nicht zusammen genommen, weil es nur die Halfte einer goldenen Halskette war, welche die erste aus dem Hiramel herabgestiegone Kfiniginn von (Iowa bei ihrer Rückkehr zu den höheren Spharen ihrem Sohne hinter-lassen hatte.

Diese zwei Zierathen wurden in unsrer Gegenwart gewogen; and man kann sich kaum vorstellen, in welcher Spannung wir uns befanden; denn wenn nur einer von den beiden, besonders aber die Ta-nisamang, nur ein klein Bisschen weniger gewogen Mtte, als lm vorigen Jahre, ware das Schiimmste zu befurchten gewesen. Wenn vielleicht Jemand ist, der dieses bezweifelt, urtheile er nach dem, was der König von Gowa mir bei dieser Gelegenheit selbst mittheilte. Es soil namlich in alten Zeiten geschehen sein, dass die Halskette einmal viel weniger als gewöhnlich wog, und in demselben Jahre verlor auch der König von Gowa, der danach den Namen „ Tu-nibattaquot;, d. h.: des Enthaupteten, tragt, in Bone das Leben.

Zu unsrer Beruhigung erfuhren wir, dass diesesmal fast nichts dem Gewichte fehlte. So verlebten wir denn den ganzen Tag in aufgerau inter and sehr angenehmer Stimmung.

Hiermit endige ich nun meine Mittheilungen über die Mo-hamraedanischen religiösen Feste der Makassaren und Buginesen.

Jagd- und Fischparteien, Hahnenkampfe, Spiel und Tanz, woriiber ich schon ziemlich ausführlich in meiner Ethnologie berichtet habe, übergehe ich jetzt mit Stillschweigen, und beschliesse mit den Feierlichkeiten, womit Alles hier auf' Erden einmal ein Ende nimmt.

Wenn der Fürst des Reiches das Zeitliche mit dem Ewigen

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verwechselt hat, wird der Nachfolger, wenn dieser wenigstens schon angewiesen ist, neben die Leiche gestellt; und nachdem man diese auf dem Leichenbette ganz ausgestreckt hat, wird dreimal geschossen; fïïr die Hauptfürsten van Süd-Celebes mit Kanonen, iür geringere Fürsten mit Gewehren. Auch verkündigt der Reichsvezir dem Volke, dass der Fürst des Reiches noch lebet, dass aber der Mann, welcher diesen Titel trug, entschlafen ist.

Nachher geschieht so schnell wie möglich die officiëlle Be-kanntmachung, welche beim Tode eines Königs von Luwu oder eines anderen vornehmen Fürsten hierin besteht, dass man der Familie und allen vertrauten Freunden ein Stück des zum Leichengewand bestinnnten weissen Kattuns (Bug. pawalung) zuschickt; worauf denn der Mohammedan ausrufet: wir sind Allah's; und zu Allah kehren wir zurück (aJU UI «uJt Ferner ist er verpflichtet, sein Beileid dadurch zu beweisen, dass er ein Geschenk schickt, welches im Bugi-nesischen paruwaë-mata, d. h.: Geschenk in Vertre-tung der Th ran en, genannt wird.

Was ferner das Begrabniss mit seinen Symbolen, das Verrichten der Gebete für die Verstorbenen, das Trauern, und das Bezahlen der hinterlassenen Schulden, etc. betrifft, weise ich zu meiner früher öfters erwühnten Etlmologie.

Lieber bespreche ich noch zum Schlusse eine Festlichkeit, welche mir damals, als ich dieses Buch schrieb, noch nicht bekannt war, und wovon ich bei anderen Vólkern des Ost-Indischen Archipels niej gehort habe.

Als ich mich das letzte Mal zu Makassar befand, um dort für das Niederlandische Gouvernement eine Normalschule zur Bildung inlandischer Schullehrer zu errichten, besuchte ich einmal die Moschee von Gowa, und entdeckte dort zu meinem Erstaunen im Innern des Gebiiudes einen grossen Haufen Steinchen, wie man behauptete, an Zahl in Uebereinstimmung mit den Ausathmungen eines Menschen innerhalb eines ïages

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und einer Nacht, wohl eine Anzahl von 77,777. Auf meine Frage, wozu diese Steinchen bestimmt seien, vernahm ich, dass mein Bruder der gegenwartige Oberpriester von Gowa sich vorgenommen hatte, dieselben nachstens, naclidem man dafür eine ganze Nacht dsikir's gelesen hatte, zum Begrab-nissort seines Vaters und seiner Tochter bringen zu lassen, wo sie dann in beider Graber geworfen werden sollten. Un-bekannt als ich war mit diesem G-ebrauche, nahm ich gern die Einladung meines Bruders an, um dieser Festlichkeit beizu-wohnen. Und so geschah es, dass ich mich am 14 Mai 1880 nach Parang-tambung begab.

Um halb 12 Uhr ritten wir von Parang-tambung zur Moschee. Dort angelangt, blieben wir vor dem Gebaude sitzen, und plauderten bis ungefahr halb eins.

Alsdann traten wir in die Moschee; und nachdem die zwei bid a 1 a' s oder mu waddsin's sich vor der Kanzei aufgestellt, und die Gemeinde zum Gebet eingeladen batten, indem man zweimal auf die G an rang oder Trommel geschlagen hatte, begann das Beten.

Nach dem Ablauf davon wurde die Predigt vorgelesen, und darnach nochmals ein langea Gebet hergeplappert, und somit war die Religionsübung in ungefahr drei Viertelstunden beendigt.

Spater gingen wir nach Tinggi-maë, wo die Graber des vor 13 Jahr verstorbenen Kali's oder Oberpriesters und dessen En-kelinn Daëng-Marannoe waren.

Von beiden Grabern war die oberste Lage weggenommen. Und jetzt fingen alle die hier versammelten Priester an, die von der Moschee hierhin gebrachton Steinchen eins nach dem anderen in das Grab des Oberpriesters zu werfen; indem bei jedem Wurf ganz leise, ja fast unverstandlich, gemurmelt wurde: !n)| xjt quot;i, es giebt kein Gott ausser Allah; und beim Fallen des letzten Steinchens wurde noch hinzugefügt: iüJI und Mohammed ist sein Prophet.

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Hiernach geschah dasselbe auf dem Grabe der Enkelinn; da aber hatte man vorher im Grabe eine Lage feinen weissen Sand ausgestreuet.

Dass dieses nicht ebenfalls beim Grabe des Oberpriesters geschah, war nur, weil er schon ein alter Mann war, als er starb. Die Enkelinn dagegen hatte in noch jugendlichem Alter das Zeitliche mit dem Ewigen verwechselt.

Zum Schlusse sprach der Oberpriester am Grabe seines Vaters und seiner Toch ter noch die Tam ma na sikirika, d.i.: die R^s, das Ende, oder den Schluss, Aev Si, Meldnng von Allah's Lob, aus. Anch dieses geschah ganz leise. Wie man mir sagte, habe er die hierunter fol-genden Worte gesprochen: ^ sLjt^-ï U Gtp Joi^l ^JUt

^Jüüf vjJ X-U C.S. gv*il,

o! Gott! Belohne uns in deiner Barmherzigkeit für dasjenige was wir aus deinem herrlichen Worte gelesen haben. O! Barmherzigster aller Barmherzigen! Preis sei deinem Herrn, der hoch erhaben ist über dem was sie von ihm aussagen! Friede sei über seinen Gesandten! Und Lob sei Gott, dem Herrn der Weiten!

(Vergl. Kor. 37:180-182)

Nachher ritt ich nach Hause zu der Wohnung meines Gastherrn. Alle die Priester, ungefahr 150, wurden hier fest-lich bewirthet mit Reis und dem gebrauchlichen Zubehöre. Als das Mahl beëndigt war, wurden die Almosen ausgetheilt, sorgfaltig in Papierchen gewickelt, 2,1, '/2 0(ier 'U Gulden, je nach dem Range, den die geistlichen Herren trugen. Als-dann wurden die Giiste bewirthet mit Geback und Thee; und zum Schlusse empflng jeder zum Mitnehmen nach Hause einen Teller Reis, umwunden mit Masa-unti, oder Bast des Pisangbaumes (Musa paradisiacal, und ein Kad0-bu 10 tedong, oder ein inwendig mit Kokosblattern ver-

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sehenes Stuck Bambu, welches mit Büffelfleisch gefüllt war.

Dieses geschah, wie mein Gastherr lachend erzahlte, well die Prauen der Priester sich in alten Zeiten beklagt hatten, dass ihre Manner immer vom Peste zuriickkehrten, ohne etwas mitzubringen. — Was mir wohl etwas auffallend erschien, war das, dass man audi für den Herrn des Hauses Essen niedersetzte, und zwar auf zwei Talang's oder metallenen Prasentirtellern, woven der eine gleichfalls Reis enthielt, umwunden mit dem Bast dos Pisangbaumes. Aul' dcm anderen hatte man 9 Napfchen von Pisangbast (eins in der Mitte, und 8 ringsherum) niedergesetzt, woven Jedes eine Art Zuspeise enthielt. Auch hatte man diesen zwei T a 1 a n g' s noch ein mit Büffelfleisch gefülltes Stuck Bambu hinzngefugt.

Aus dem, was ich Ihnen so eben mittheilte, ersehen Sie, dass diese Fos|lichkeit mit soviel Unkosten verbunden ist, dass die Mehrzahl der Inlander gar nicht daran denken kann, ein seiches Pest zu geben. Weshalb leicht zu erklaren ist, dass es nur höchst selten vorkommt.

llinsichtlich des Zweckes dieser Pestlichkeit würde man vielleicht geneigt sein, an Abwehrung der bösen Geister, oder an Steinigung des Teufels, wie gewöhnlich von den Mekkagangern zu Akabah im Thale von Mina geschieht, zu glauben. (Man vergleiche Felix Liebrecht's „Zur Volkskunde. Alte und none Aufsatzequot;, Seite 280.) Und es ist nicht zu laugnen, dass man auf .Sad-Celebes hie und da, zum Beispiele in Tallo, und auf dem Wege von Bantaëng zu Bulukumpa, wo in früherer Zeit .Iemand ennordet ist, einon grossen Haufen Steinchen antritft, welcher dadurch entstanden ist, well fast kein Makassar oder Buginese dort vorübergehen wird, ohne ein Steinchen auf das Grab geworfen zu haben.

Ich vergleiche aber lieber dasjenige, was man in Richard Andree's „Ethnographische Parallelen und Vergleichequot;, Seite 49, erwahnet flndet.

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„Als Burkhardtquot;, so liest man darin „sich zu Darner am „obern Nil beiand, sah er, wie ein Scheich ein Geiass mit „weissen Steinchen brachte, über welchen Gebete abgelesen „wurden. Sie waren bestimmt, auf das Grab eines Verstor-„ benen gestreut zu werden. Die Leute glaubten, dass die Seele „des ïodten, wenn sie künftig das Grab besuche, diese Steine „wie Rosenkranz-perlen benutzen könne.quot;

So liest man auch auf Seite 46 dieses Buches: „In der „Prager Judenstadt liegt Beth-Chaim, der alte Friedhof mit „seinen zahlreichen bemoosten Grabsteinen. — Wer die jü-„dischen Malsteine naher betrachtet, wird auf vielen von ihnen, „namentlich auf denen berühmter Manner und Frauen eine „Menge kleiner Steinchen aufgehauft finden, zu welchen jeder „Herantretende ein neues hinzufügt. Es sind dieses Opferga-„ben, Zeichen der Verehrung für den Dahingeschiedenen, und „kein frommer Jude, der vorübergeht, unterlasst es, diesem „alten Gebrauch nachzukommen.quot;

Wenn man nun den Makassar in dieser Hinsicht hort, wird er sagen, dass hiermit uur eine Art Huid an die Ver-storbenen bewiesen wird. Der Gebrauch der Steinchen sei blos ein Hülfsmittel beim Zahlen der Formel aJul , es

g i e b t kein G o 11 a u s s e r A11 a h, wofür man sich sonst

des Rosenkranzes (Bilang-bilang) bediene.

o ^

Auch vergleiche man hier die sik iri - sammang. Dieses

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Wort sammang bedeutet S t i m m e, und diese d s i k i r wird deshalb so genannt, well man, sie betend, oder singend, alle die Lichte auslöschet, und somit nnr allein die Stimme vernommen, und die Andacht durch nichts gestort wird. Dieses geschieht bei Pest, oder anderen schweren Trübsalen. Bei dieser Gelegenheit geht man überall umher, um Pfennige einzusammeln, und die Wörter UJ! 'ïl quot;3 werden dann so oft dreimal wiederholt, als man Pfennige eingesammelt hat.

Der Gebrauch der Steinchen soil hier nach Aussage der

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Inlander wegen der Harte imd Festigkeit der Steine zu betrachten sein als ein Symbol des Bestixndigen von Gottes Gnade gegen die Verstorbenen.

Jetzt endige ich diesen meinen Beitrag mit dem Wunsche, dass unter den Herren noch Personen sein mogen, welche diese letzte Festlichkeit auch bei anderen Vólkern des Ost-Indischen Archipels angetroffen habon, und dadnrch vielleicht im Stande sind, mehr Licht in der Finsterniss zu verbreiten.

B. F. Matthes.

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