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ALLGEMEINER

GEOLOGISCHER ATLAS.

EINE SAMMLUNG

VON FÜNFZEHN KARTEN,

WELCHE DIE, AUF DIE GEOLOGISCHEN VERHÄLTNISSE DER ERDE BEZÜGLICHEN ERSCHEI-
NUNGEN NACH IHRER GEOGRAPHISCHEN VERBREITUNG UND VERTHEILUNG ABBILDEN

UND VERSINNLICHEN.

Von

D" HBINRIGH BERGHAUS.

VERLAG VON JUSTUS PERTHES IN GOTHA.

1850.

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VORBEMERKUNGEN

DRITTEN ABTHEILUIVG.

Ν". 1. Erdkarte zur Uebersicht der Yertheilung des Starren und Flügsigen, so wie der Verschie-
denheit der Oberflächen-Gestaltung. Nebst Ändeütnngen zn einer arithmetisch-geographischen
Entwicklung der wagerechten und senkrechten Ausdehnungen.

Das starre Element der Erdoberfläche und ihr
tropfbar-flüssiges Element sind die beiden Haupt-
Erscheinungen und die vornehmsten Factoren bei
Betrachtung der geologischen Gestaltung der Erd-
rinde. Was diese Karte bezweckt, das sagt ihre
ziemlich lange Ueberschrift, noch besser aber die
Ansicht des Blattes selbst: _ Darstellung der geo-
logischen Verhältnisse nach jenen Haupt-Erschei-
nungen; _ Vertheilung des festen Landes und der

Inseln und des Oceans, wo uns, stellen wir uns auf
den Durchschnittspunkt des Aequators und des Me-
i-idians von 100° östlicher Länge von Paris (120°
von Ferro) eine nordwestliche
Hemisphäre der gröss-
ten Masse Landes,
und eine südöstliche Hemisphäre
der grössten Masse Wassers
entgegentritt; — dem-
nächst Typus der Oberflächengestalt nach Gebirgs-
und Hochländern, nach Flach- oder Tiefländern,
nach BodenbeschaiFenheit: Savannen (Prairien in
Nord-Amerika, Llanos und Pampas in Süd-Amerika),
Wald-Ebenen (Selvas im Gebiet des Amazonen-
Stroms), Wüsten und Steppen (in Afrika und Cen-
traiasien u. s. Λν.), Moose oder Tundren (in Sibirien).

Neben der altüblichen Eintheilung der Landfläche
in fünf Erdtheile ist es versucht worden, die von
Steffens ausgeführte Gruppirung in drei grosse Welt-

theile, _ denen noch die Inselwelt des Grossen und

Stillen Oceans als vierter, und das muthmassliche
Festland um den Südpol als fünfter zugezählt wer-
den kann, _ durch ein ansprechendes Colorit her-
vorzuheben, wenn gleich diese Gruppirung auf die
Entstehung der Gestalt der Festländer von keinem
durchgreifenden geologischen Einfluss sein kann.

Jeder dieser drei Welttheile besteht aus zwei Län-
der-Abtheilungen, einer nördlichen und einer süd-
lichen. Der erste Welttheil ist Amerika, der Neüe
Continent, mit seinen zwei Hälften: Nord- und Süd-
Amerika. Der zweite Welttheil besteht aus der west-
lichen Hälfte des Alten Continents, und hat Eüropa
nebst Kleinasien, Armenien und dem Kaukasus zur
nördlichen, und Afrika mit Arabien zur südlichen
Abtheilung. Der dritte von Steffens' Welttheilen
Avird von der grössern oder östlichen Hälfte des
Alten Continents gebildet, und besteht aus der nörd-
lichen Landabtheilung Asien, und der südlichen,
Australien, der auch die Inseln des Asiatischen oder
Indischen Archipelagus, nebst der Eeihe der west-
australischen Inseln bis nach Neuseeland hinauf zu-
gezählt werden müssen.

Die Entdeckung der Inselwelt, Polynesien's, gehört
vornehmlich dem achtzehnten Jahrhundert, und seit
den Tagen des grossen Seefahrers James Cook, fast
allen seefahrenden Nationen Eüropa's an; die Auffin-
dung dagegen von Land innerhalb des südlichen Po-

PHTSIK. ATLAS ΛΒΤΗ. III.

larkreises ist ein Eigenthum des neünzehnten Jahr-
hunderts und es haben daran Engländer, Anglo-Ame-
rikaner, Franzosen und Russen ihren Theil; die
Namen Biscoe, Balleny und James Ross, Wilkens,
Dumont d'UrviUe und BeUingshausen erinnern an
die gefahrvollen Schifffahrten, denen die Entdeckung
einzelner Küstenstriche zu verdanken ist, welche
die Vermuthung vom Dasein eines südlichen Fest-
landes einiger Massen rechtfertigen können.

Zerlegt man die gesammte Landfläche in 1000
Theile, so kommen auf den ersten der Steffens'schen
Welttheile 275, auf den zweiten 296, auf den drit-
ten aber 421, und endlich auf Polynesien 8 dieser
Erdtheile. Das muthmassliche Südpolarland muss
bei diesen Bestimmungen ausser Art bleiben. Wae
von seinen Umrissen nur auf Vermuthung beruht,
ist auf der Karte mit einer punktirten Linie be-
zeichnet worden.

A. von Humboldt hat die physikalische Erdbe-
schreibung (im Jahre 1842) mit einem numerischen
Elemente bereichert, dessen Bestimmung bisher fast
gar nicht versucht worden ist. Der Unglaube an
die Möglichkeit einer solchen Bestimmung ist viel-
leicht die Hauptursache dieser Vernachlässigung
gewesen. Die Erweiterung aber unseres orographi-
schen Wissens, wie die Vervollkommnung der Kar-
ten grosser Länderstrecken hat ihm den Muth ge-
geben, sich einer mühevollen, sehr unfruchtbar
scheinenden Arbeit zu unterziehen, deren Zweck
die genäherte Kenntniss der mittleren Höhe
der Continente, die Bestimmung der Höhe des
Schwerpunkts ihres Volumen's ist. Der gelehrte Ver-
fasser bemerkt über das Ergebniss seiner Unter-
suchungen iFolgendes:

Wenn man es versucht, die mittlere Höhe der
Continental-Erhebungen über dem jetzigen Niveau
der Meere zu bestimmen, so heisst das, den Schwer-
punkt des Volumen's der Continente über dem jetzi-
gen Meeresspiegel aufzufinden; eine Untersuchung,
die ganz verschieden ist, statt des
centre de graviU
du volume
den Schwerpunkt der Continental-Masse,
centre de graviti des masses, aufzufinden, da der
über das Meer sich erhebende Theil der festen Erd-
rinde keinesweges von homogener Dichtigkeit ist,
wie die Geographie und die Pendelversuche lehren.

Der Gang der einfachen Rechnung ist der, dass
man jede Gebirgskette als ein dreiseitiges, horizon-
talliegendes Prisma betrachtet. Die mittlere Höhe
der Gebirgspässe, welche die mittlere Höhe der
Gebirgsrücken bestimmt, ist die Höhe der Seiten-^
kante des liegenden dreiseitigen Prisma, senkrecht
auf die Fläche gefallt, welche die Basis der Ge-
birgskette ausmacht. Die Hochebenen sind als ste-

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37 Dritte Abtlieilung.

hende Prismen ihrem Inhalte nach berechnet worden.
Die Oberfläche von Frankreich z. B. enthält 10,087
(genauer 9458) deiitsche Geviertmeilen; nach Char-
pentier beträgt aber die Grundfläche der Pyrenäen
430 dieser Geviertmeilen. Beträgt gleich die mittlere
Höhe des Kammes der Pyrenäen 7500 Fuss, so
muss man doch eine kleinere Höhe für das Prisma
annehmen, wegen der Erosionen, welche die haü-
figen tiefen Querthäler als volum-vermindernd bilden.
Die Wirkung der Pyrenäen auf ganz Frankreich
ist nur 108 Fuss. Um diese Grösse nämlich würde
die Normal-Oberfläche der Ebenen von Frankreich,
die sich durch Vergleichung vieler genau gemesse-
ner, wohlgelegener, d. h. der Mitte angehöriger
Orte (Bourges, Chartres, Nevers, Tours u. s. w.)
ergiebt, und 480 Fuss beträgt, erhöht werden müs-
sen. Die Eechnung ergiebt Folgendes allgemeine
Resultat:

1) Effekt der Pyrenäen.................... 18*

2) Die französischen Alpen, der Jura und die Vogesen,
einige Toisen mehr, als die Pyrenäen; ihr gemeinsamer
Effekt.............................20

3) Es bleiben übrig die Plateaux des Limousin, der Au-
vergne, der Cevennen, des Aveyron, des Porez, des
Morvent, und der Cote d'or. Ihr gemeinsamer Effekt,
sehr nahe dem der Pyrenäen gleich...........18

Da nun die Normalhöhe von Erankreich's Ebenen in der
weitesten Erstreckung beträgt ..............80

so ist die mittlere Höhe von Frankreich höchstens 480Fuss = 136»

Massen-Erhebungen von ganzen Ländern bringen
einen ganz andern Efl^ekt auf Erhöhung der Schwer-
punkte des Volumen's hervor,
als Bergketten, wenn
sie auch noch so beträchtlich an Länge und Höhe
sind. Während die Pyrenäen auf ganz Eüropa kaum
den Effekt von 1 Toise, und die Alpen, deren Grund-
fläche die der Pyrenäen fast vier Mal übertrifft,
den Effekt von hervorbringen, bewirkt die Ibe-
rische Halbinsel mit ihrer kompakten Plateaumasse
von 300* Höhe einen Effekt von
12K Das Iberische
Plateau wirkt demnach auf ganz Eüropa vier Mal
Boviel, als das Alpensystem.

Laplace hatte das Maximum der mittleren Con-
tinental-Höhe zu tausend Mέtres oder 3078 Pariser
Fuss angegeben. Diese Angabe ist um % zu gross.
A. von Humboldt findet für die drei Erdtheile, die
er berechnet hat (an Afrika sich zu wagen, würde
zu schwierig sein), folgende numerische Elemente:

Toiaen Fuss MMres

Eüropa..............105 630 205

Nord-Amerika ... 117 700 228

Süd-Amerika ... . 177 1060 345

Asien................180 1080 351

Für ganz Amerika ergeben sich 146' (1056 Fuss,
285·"), und für die Höhe des Schwerpunktes des
Volums aller Continental-Massen (Afrika nicht ein-
gerechnet) über dem heütigen Meeresspiegel 157^8
(947 Fuss, 307 Metres).

Diese Zahlen-Verhältnisse sind auf der Karte dem
Auge anschaulicher gemacht worden.

Die graphische Darstellung von den
Kamm- und Gipfel-Höhen der Hauptge-
birgsketten ist gleichfalls eine der vielen geist-
reichen Auffassungen, womit A. von Humboldt das
Gesammtgebiet der Physik der Erde bereichert hat
(im Jahre 1824). Man übersieht hier mit Einem
Blick die, durch die mittlere Höhe der Pässe und
Uebergänge bestimmte Höhe des Kammes der ver-
schiedenen Haupt-Gebirgsketten, sowie ihre höch-
sten Gipfel; man sieht, dass unter den Haupt-

Massen-Erhebungen der Erdrinde die Alpen die
geringste Kammhöhe haben; dass hinsichts dieser
physikalischen Dimension die Gebirge so auf ein-
ander folgen: _

Schweizer Alpen........... 1200' 7200' = 1

Pyrenäen................ 1250 7500 = l,04i

Andes von Quito........... 18 50 11100 = 1,542

Oestliche Cordillere von Bolivia . , 2110 12660 = 1,7ö8

Westliche Cordillere von Bolivia . . 2270 13620 = 1,891

Himalayah .............. 2450 14700 = 2,o4i;

man sieht endlich, dass, nur mit einer einzigen
Ausnahme, den Pyrenäen, dem höhern Kamme ein
höherer Scheitelpunkt entspricht, und dass der er-
habenste Pyrenäen-Gipfel nahe dem Kamme der
Andes von Quito, die höchste Alpenspitze dem
Kamme des Himalayah gleich steht.

Setzt man den Brocken (3508' hoch) auf den Pic
Nethou, so hat man fast die Höhe des Montblanc;
die Schneekoppe (4930' hoch) auf den Montblanc
gesetzt giebt die Höhe des Chimborazo; den Puy
de Dome (4510' hoch) auf den Chimborazo die Höhe
des Dschawahir oder Nanda Dewi; den St. Gott-
hardt-Pass (6420' hoch) auf den Chimborazo gesetzt
giebt die Höhe der Scheitelpunkte des Himalayah,
des Dhawala Giri und des Kintschain Dschungha.

In den Tabellen, welche die Zeichnung umgeben,
sind die Andeütungen zu einer arithmetisch-
geographischen Entwicklung der wage-
rechten und senkrechten Ausdehnungen
des Starren der Erdoberfläche enthalten. Mit Aus-
nahme der oben schon angeführten Kamm- und
Gipfelhöhen der Haupt-Gebirgsketten, und der Flä-
cheninhalts-Bestimmungen des Hoch- und Tieflandes
von Süd-Amerika, welche von A. von Humboldt ent-
lehnt sind, geben diese Tabellen Rechenschaft von
umfassenden Untersuchungen, welche mich vor gar
geraumer Zeit beschäftigt haben, und deren Ergeb-
nisse zum ersten Mal in meinem Lehrbuch, welches
unter der Aufschrift „die ersten Elemente der Erd-
beschreibung" im Jahre 1830 erschien, bekannt ge-
macht worden sind.

Diese, von A. von Humboldt ins Leben gerufene
arithmetische Geographie dürfte hier nicht am un-
rechten Orte wiedei'holt sein, um neben dem An-
schauungsmittel auch die Zahlbestimmungen zu ver-
gegenwärtigen, und stets etwas zur Hand zu haben,
was man gleichsam einen geographischen „Rechen-
knecht" nennen kann. Ist gleich innerhalb des Vier-
tel-Jahrhunderts, welches seit Ermittelung und Be-
rechnung jener Zahlen verflossen ist, die Kenntniss
von den raümlichen Ausdehnungen nicht unwesent-
lich erweitert worden, so sind diese Erweiterungen
doch nicht erheblich genug, um in den Näherungs-
Weise bestimmten Werthen, im Besondern von den
horizontalen Dimensionen, schon jetzt (1850) Ver-
änderungen vorzunehmen. Die vielen Freünde, wel-
che diese Zahlen gefunden, können sie daher nach

wie vor in ihre Bücher aufnehmen, _ wie es seit

zwanzig Jahren zum Theil mit, grössten Theils aber

ohne Nennung des Ursprungs geschehen ist, _

ohne befürchten zu dürfen, grobe Irrthümer zu ver-
breiten. Wünschenswerth aber bleibt es immerhin,
dass jüngere Kräfte die weitere Bearbeitung dieses
Feldes der Geographie zum Gegenstand ihrer Thä-
tigkeit wählen, wie es in Bezug auf das Areal von
Strom- und Flussgebieten bereits von Den ζ 1er, in
Zürich, geschehen ist.


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Geologie. 3

Auch einem andern Zweige dieser arithmetischen
Geographie, dem Verhältniss des Umrings der Fest-
länder, hat Nagel, vermittelst einer lehrreichen
Untersuchung, lebhafte Aufmerksamkeit gewidmet
(1835). „Ein Erdtheil," erinnert dieser gründliche
Geograph, „ist seiner wagerechten Ausdehnung nach
um so günstiger gebildet, je reicher er an Halb-
inseln und tieferen Meereseinschnitten ist; umge-
kehrt ist seine Gestaltung um so ungünstiger, je
einfacher sich seine Küsten entwickelt haben. Na-
türlich ist diese blos eins der vielen Momente, wel-
che auf die grössere oder geringere Kulturfähigkeit
des Erdtheils von Einfluss sind; aber es ist eins
der wichtigeren, weil von ihm grösstentheils die
mehr oder minder leichte Zugänglichkeit des Erd-
theils abhangig ist."

Von diesem Gesichtspunkt ist in der, auf unserm
vorliegenden Blatte enthaltenen Tabelle der „Haupt-
momente der Gliederung der Erdtheile" das Ver-
hältniss der Küsten-Entwicklung zum Areal des
ganzen Continents angegeben; wo z.
B. bei Eüropa
das Verhältniss wie 1 zu 37 ist, d. h. dass bei die-
sem Erdtheile 37 Quadratmeilen Flächeninhalt auf
1 Meile Küstenlänge kommen. Bei Afrika ist das
Verhältniss wie 1 zu 150. Mithin verhalten sich in
dieser Beziehung Eüropa und Afrika wie die Zah-
len 37 zu 150, oder sehr nahe wie 1:4, d. h. bei
Afrika kommt ein Vier Mal grösserer Flächenraum
auf eine Meile Küstenlänge, als bei Eüropa; oder
mit anderen Worten: Eüropa ist in seiner Küsten-
Entwicklung um das Vierfache günstiger gebildet,
als Afrika.

Nagel hat jedoch diesen Gegenstand von einem
andern, schärfern Gesichtspunkt aufgefasst. Unter
allen geometrischen Figuren, sagt er, hat bekannt-
lich diejenige den kleinsten Umfang, welche die
Form eines vollkommenen Kreises darstellt. Daraus
folgt, dass die ungünstigste Configuration eines
Erdtheils, bei welcher ein Minimum der Küsten-
Entwicklung Statt fände, die Gestalt einer vollkom-
menen Abrundung wäre. Jeder Erdtheil ist daher
um so günstiger gestaltet, je grösser seine wirkliche
Küstenlänge ist im Verhältniss zu dem genannten
Minimum, oder dem kleinsten möglichen Küsten-
Umring,

Indem nun Nagel die von mir angegebenen Zah-
len des Flächeninhalts und des Küstenumfangs der
Erdtheile zum Grunde legt, _ Afrika ausgenom-
men, wobei er, um eine runde Zahl zu gewinnen,
200 Quadratmeilen ausser Acht lässt, — findet er
folgende Werthe, die, was die Küstenlängen anbe-
langt, in deütschen Meilen ausgedrückt sind.

Festländer.

Minimum der
Küstenlänge, wel-
che der Erdtheil
haben könnte.

Ueberschuss der
wirklichen Kü-
stenlänge über die
kleinstmögliche.

Verhältniss der
kleinstmöglichen
Kttstenlänge zur
wirklichen.

Eüropa.........

1417,963

2882,036

1 : 3,032

3190,416

4509,583

1 : 2,413

Afrika.........

2590,452

903,547

1 : 1,351

Nordamerika.....

2073,089

3926,910

1 : 2,894

Südamerika......

2008,433

1391,566

1 : 1,692

Australien.......

1316,874

583,125

1 : 1,442

Alte Welt.......

4347,391

11152,608

1 : 3,565

Neüe Welt......

2886,434

6513,566

1 : 3,256

Hieraus erhellet nun, nach Nagel's weiterer Be-
merkung, dass, entsprechend dem Anblick der Karte,
Afrika, und nach ihm, Australien, demnächst Süd-

Amerika die geringste Entwicklung der Küsten ha-
ben, denn bei den beiden zuerst genannten Erd-
theilen beträgt sie nicht ein Mal das anderthalbfache
der kleinstmöglichen, die sie überhaupt haben könnte.

Um endlich das Verhältniss der Erdtheile zu ein-
ander deütlicher einzusehen, setzt der meTirgenannte
Geograph der Reihe nach jeden Erdtheil = 1, und
untersucht, das Wie vielfache, oder der wie Vielte
Theil die Küstenentwicklung eines jeden andern
Erdtheils von dem seinigen ist. Ich entlehne daraus
nur die folgenden Resultate in Bezug auf Afrika,
Eüropa, Asien und Nord-Amerika:

Setzt man Afrika = 1

60 ist Australien = 1,067

Südamerika =: J,252

Asien = 1,788
Nordamerika = 2,142

Europa = 2,244

Setzt man Asien = 1

so ist Afrika = 0,559
Australien 0,597

Südamerika = 0,701

Nordamerika = 1,199

Eüropa = 1,256

Setzt man Eüropa = 1

so ist Afrika = 0,445

Australien = 0,475

Südamerika = 0,558

Asien = 0,795

Nordamerika = 0,954
Setzt man Nordamerika 1

so ist Afrika = 0,466

Australien 0,498

Südamerika = 0,584

Asien — 0,833

Eüropa == 1,047

d. h. mit anderen Worten, in Bezug auf Afrika
= 1; Australien hat 1,067 Mal, Süd-Amerika 1,252
Mal, u. s. w., Eüropa 1,244, oder fast 2 '/4 Mal län-
gere Küsten, als diese Erdtheile dann hätten, wenn
sie der Gestalt nach mit Afrika übereinkämen.

Die Vertheilung der Continente in die Zonen ist
ein wichtiges Moment besonders für klimatische
Anschauungen, daher die nachstehende kleine Ta-
belle hier noch ihre Stelle finden möge:

Afrika

Asien

Eüropa

Nordamerika

Südamerika

Australien

0,77
0,125

0,15
0,80
0,40

Helsse Zone, Gemässigte Zone, Kalte Zone.

0,23 -

0,125

0,05

0,05

0,75
0,95
0,80
0,20
0,60

Hieraus erhellet, dass über drei Viertheile des Rau-
mes von Afrika in der heissen Zone belegen sind,
und weniger als ein Viertheil in der gemässigtem,
davon der nördlichen 0,i7 und der südlichen 0,o6
angehören. Afrika ist das einzige Festland, welches
an beiden gemässigten Erdgürteln Theil nimmt,
wohlverstanden, wenn Amerika als zwei verschiedene
Festländer betrachtet wird.

Alexander von Humboldt's Kosmos. Entwurf einer physischen
Weltbeschreihung, Bd. I, Stuttgart 1845.

Dessen Voyage aux rigions iquinoxiales du Nouveau Conti-
nent.
Ed. in 8. T. X, Paris 1825; wo A. von Humboldt die
Grundzüge der arithmetischen Geographie zuerst bekannt ge-
macht hat.

Dessen Asie Centrale. Recherches sur les chaines de Mon-
tagnes et la Climatologie comparie.
3 Bände in 8. Paris 1843.

Annales des seiences naturelles par Aiidouin, Brogniart et
Dumas.
Paris 1825, Cahier de Mars, wo A. von Humboldt's Ab-
handlung über die Kamm- und Gipfelhöhen der Gebirge zuerst
gedruckt ist.

Cotta, Briefe über A. von Humboldt's Kosmos. 1 Band in 8.
Leipzig 1848.

Burmeister, Geschichte der Schöpfung, 3*« Aufl. 1 Bd. in 8.
Leipzig 1848.

Berghaus, Erste Elemente der Erdbeschreibung. 1 Bd. in 8.
Berlin, 1830.

Dessen Länder- und Völkerkunde, nebst einem Abriss der
physikalischen Erdbeschreibung, Bd. Π, Stuttgart, 1837.

Dessen Grundriss der Geographie. 1 Band in 8. Bres-
lau, 1842.

Dessen Grundlinien der physikalischen Erdbeschreibung, 1 Bd.
in 8. Stuttgart, 1847.

Nagel, über die Küstengestaltung der Erdtheile; _ in Berg-
haus' Annalen der Erdkunde. ΧΠ. Band ρ. 490 — 497. Ber-
lin, 1835.

1*


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Dritte Abtlieilung.

Keilher und Freünde geographischer, im Beson-
dern orographischer Karten, Averden sich bei Be-
trachtung dieses Blattes vielleicht wundern, dass für
die Darstellung der Gebirgsketten eine so unge-
wöhnliche, so selten benutzte Zeichnung in Anwen-
dung gebracht worden ist. Dass sie bei einer Karte,
die auf kleinem Räume die geographische Lage und
Verbreitung und das Streichen der Gebirgsketten
ganzer Continente übersichtlich zur Anschauung
bringen soU, zweckmässig sei, dürfte ziemlich ein-
leüchtend sein. Ob sie aber auch allgemein anspre-
chend gefunden werde, ob sie nicht geschmackwidrig
sei und den Schönheitssinn verletze, ist eine andere
Frage, bei deren Beantwortung ich zu sehr Partei
bin, um mir hierüber eine Aüsserung gestatten zu
können. Doch darf ich so viel anführen, dass seit
dem ersten Erscheinen meiner Karte (November
1842) ein illustrer, auch künstlerisch hochgebildeter
Reisender in Brasilien die von mir gewählte Me-
thode der Darstellung der Gebirgsketten durch starke
stetige Linien in Seiner schönen „Oro-Hydrogra-
phischen Skizze von Süd-Amerika" gleichfalls in
Anwendung gebracht hat; man vergleiche das, als
Manuskript gedruckte Prachtwerk: „Aus meinem
Tagebuche 1842__1843. Von Adalbert, Prinz von
Preüssen. Berlin 1847, S. 471."

Auf der Karte JSTo. 2 sind die Haupt-Erscheinun-
gen der geologischen Beschaffenheit der Alten Welt,
d. i. des asiatisch-eüropäischen Festlandes, mit Ein-
schluss des nordöstlichen Gebiets von Afrika zur

Anschauung gebracht: _ Das Streichen und die

Ausdehnung der Haupt-Gebirgsketten, die Angabe
der Scheitelpunkte, die Tafelländer und die Plateaux,
die Flachländer, die vulkanischen Feüer- und ande-
ren Essen, _ überall, so weit Messungen vorhan-
den waren, mit Nachweisung ihrer Höhe über der
Meeresfläche, die überall in Toisen ausgedrückt ist.

Dass für diese Bergkarte nur die beglaubigtsten
Nachrichten und die zuverlässigsten Gewährsmän-
ner, also für das Innere von Asien A. von Hum-
boldt's Meisterwerke, benutzt worden, glaub' ich
kaum erwähnen zu dürfen; darum halt' ich es auch
für meine Pflicht, die Gegenden namhaft zu machen,
deren Orographie den grössten Zweifel übrig lassen.

Dahin gehören China, die Mandschurei und Hin-
terindien. Man lasse sich durch die scheinbare Ge-
nauigkeit der in diesen Ländern dargestellten Berg-
ketten nicht irre führen! Für die Erforschung der
geologischen Beschaffenheit jener Länder von Ostasien

bleibt, selbst nach Umrissen, _ noch Alles zu thun

übrig. Was Avir davon wissen, sind nur Fragmente,
die ersten Grundlinien, die für China etc. durch
die von d'Anville herausgegebenen Karten der Je-
suiten dargelegt sind. Aber ausser diesen könnt'
ich eine handschriftliche Gebirgskarte benutzen, die
mir von meinem verstorbenen Freünde Julius
Klaproth bereits im Jahre 1827 mitgetheilt wurde,
die derselbe nach den neüern Karten und geogra-
phischen Schriften der Chinesen, _ welche, Λνίβ Α·

von Humboldt neüerlichst bemerkt hat, an orogra-
phischen Beschreibungen so unermesshch reich sind,
und dadurch ein grosses TJebergewicht gegen die
Schriften des griechischen und römischen Alter-
thums besitzen, — entworfen hatte.

Für Hinterindien liegen die vortrefflichen, mit
Karten begleiteten Berichte zum Grunde, welche
in den letztvergangenen zwölf Jahren durch das
Journal der Asiatischen Societät von Bengal bekannt
geworden sind, und die Geographie jenes fernen
Morgenlandes wesentlich bereichert haben, obwol
sie für die Gebirgskenntniss noch sehr Vieles zu
wünschen übrig lassen, namentlich was die Mes-
sungen anbelangt: so viel mir bekannt, ist noch nie-
mals ein Barometer in jene Länder getragen worden.

Ueber die Alpenländer zwischen Tübet, China
und Indien jenseits des Ganges ist Viel geschrie-
ben und Viel zusammengetragen worden; allein ich
gestehe freimüthig, dass ich aus allen diesen Ver-
handlungen, trotz ihrer Weitschweifigkeit und muth-
masslichen Erschöpfung kein klares Bild über das
Streichen der Gebirgsketten habe gewinnen kön-
nen, woran, möglicher Weise, vorgefasste Meinun-
gen ihren Antheil haben mögen; ich habe dieses
Gebiet eine
Terra incognita alpina genannt.

Es ist hier der Ort, auf die Verschiedenheit der
Darstellung des hydrographischen Systems von
Tübet und Hinterindien aufmerksam zu machen,
welche die vorliegende Karte und die Karte No. 7
der zweiten oder hydrographischen Abtheilung dar-
bietet. Es handelt sich um Entscheidung der Frage,
ob der Jaru zang-bo tsiu, oder der grosse Strom
von Tübet, mit dem Irawaddi, oder mit dem Brah-
maputra zusammenhange. Erstere Hypothese ist
bekanntlich von J. Klaproth sehr lebhaft verthei-
digt worden, leztere von den englischen OflScieren,
welche Ober-Assam und die Hinterländer erforscht
haben. Die Aussicht, dass Joseph Dalton Hooker
im Stande sein werde, dieses grosse Problem zu
lösen, scheint wiederum vereitelt zu werden; Briefe
von ihm, die aus Sikkim, im östlichen IJimalaya,
nach Eüropa gelangt sind (die neüesten vom 26.
April und 25. Juli 1849) melden, dass er, theils
wegen der wilden Volksstämme in jenen Gebirgs-
gegenden, theils wegen der eifersüchtigen Gränzbe-
wachung Seitens der Chinesischen Behörden, den
Plan habe aufgeben müssen, nach dem obern Brah-
maputra zu gehen; Nachrichten aber, die er von
Eingebornen empfangen, stimmten alle darin über-
ein, dass der Jaru zang-bo der Brahmaputra sei;
Gützlaff aber hat neüerlichst (1849) die Meinung
ausgesprochen, dass der Strom von Tübet sich mit
dem Irawaddi vereinige.

Auf der vorliegenden Karte No. 2 der geologi-
schen Abtheilung ist der Tübet-Strom mit dem
Brahmaputra; auf der Karte No. 7 der hydrogra-
phischen Abtheilung dagegen mit dem Irawaddi
verbunden worden.

Es möge gestattet sein, die Aufmerksamkeit auf
die drei Nebenkarten zu lenken. Sie sind ausschliess-
lich der geographischen Verbreitung vulkanischer
Erscheinungen gewidmet. Wir haben hier zunächst
die Karte ins Auge zu fassen, welche die _

Hebung der Insel Reguain darstellt. In der
Alten Welt waren bisher zwei Stellen vorzugsweise
bekannt, auf denen das Phänomen der allmäligen
und ungleichmässigen Emporhebung des Landes,
durch unterirdische Kräfte hervorgebracht, unter
unsern Augen wirksam ist: nämlich Skandinavien

Ν». 2. Bergketten in Asien und Eüropa. Nebst drei Nebenkarten, enthaltend: Hebung der Insel Reguain;
_ Vulkanreihe von Java; _ Vulkanreihe von Luzon.


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Geologie. 40

und die Küsten am Baltischen Meere überhaupt;
die italiänische Westküste, wo im Besondern die
Eeste des Serapis-Tempels bei PozzuoH (aufNo. 8,
Karte von Neapels Vulkan-Bezirk) die selbststän-
digen Veränderungen des Festlandes auf eben so
überzeügende Weise beweisen, als es an den Kü-
sten der skandinavischen Halbinsel und Finnlands
der Fall ist; und endlich eine dritte Stelle: die in-
dische Landschaft Cutsch oder Ketsch nebst dem
Eun, zwischen der Indus-'Mündung und Gudsche-
rat, deren Hebung vorzugsweise in Folge heftiger
Bebungen und Erschütterungen der Erdkruste er-
folgt.

Ein viertes Hebungsgebiet ist im Jahre 1840
bekannt geworden durch die nautischen Vermes-
sungs-Untersuchungen der englischen Königsbrig
Childers an der Küste von Arracan. Die Offiziere
dieses Schiffs, Commander Halsted und Lieute-
nant Mc Volloth, haben nachgewiesen, dass die
gedachte Küste, sammt allen vor ihr liegenden
Inseln und Klippen, im Bereiche eines Prozes-
ses plötzlicher und allmäliger Emporhebung liegt,
und zwar ganz bestimmt auf der Strecke von der
Klippen - Gruppe, welche
Terrihles genannt wird,
bis zum Foul-Eiland; sehr wahrscheinHch aber auch
auf der ganzen Linie zwischen Akyab und dem
Kap Negrais, wo die Küste, ähnlich der skandina-
vischen Fjorden-Bildung, von tiefen und schmalen
Meerarmen, in ungezählter SMenge, zerschnitten ist.

Diese Küste liegt innerhalb der Verlängerung
der von Java durch Sumatra und die kleinen Ei-
lande Barren Island (d. h. die öde Insel) und Nar-
condam sich fortsetzenden grossen Vulkanreihe der
Sunda-Inseln, und selbst die Inseln vor der Arra-
can-Küste tragen unmittelbare Kennzeichen des
unterirdischen Feüers, Schlamm-Vulkane nämlich,
von denen auf der Insel Tscheduba allein vier grös-
sere gezählt werden, die sich von 100 bis zu 1000
Fuss über die Meeresfläche erheben; ja Eamri hat
Feüer-Kratere, und Spuren der vulkanischen Thätig-
keit zeigen sich noch weiter gegen Norden, bei Is-
lamabad, wo, im Hintergrunde des Meerbusens von
Bengal, die aüssersten nördlichen Merkmale der Sun-
daischen Vulkanreihe wahrgenommen worden.

Die Hebungs-Linie, welche Halsted und Mc
Volloth untersucht haben, ist ungefähr 25 deütsche
Meilen, in der Eichtung von NWgN. nach SOgS.
lang, und wechselt in der Breite zwischen 5
D. Meilen und einem ganz schmalen Streifen, der
von kleinen Inselchen und Klippen bezeichnet wird.
Am grössten ist die Hebung auf der Achse der
Linie gewesen: bei den Terribles 13 engl. Fuss;
an verschiedenen Stellen des nordwestlichen EiiFs
von Tscheduba 22 Fuss; an der nördlichen Land-
spitze dieser Insel 16 Fuss; an der Westküste die-
ser Insel, ihrer Mitte gegenüber, 13 Fuss; an ihrem
südlichen Ende 12 Fuss; und an den Inseln, wel-
che von Tscheduba südwärts liegen, bis nach Foul
Island hin, 12 Fuss und abwärts bis auf 9 Fuss.

Diese Emporhebung des Bodens ereignete sich
vor neünzig oder hundert Jahren, also um das
Jahr 1750 oder 1760, bei Gelegenheit eines sehr
heftigen Erdbebens, wodurch die See zu verschie-
denen Malen und mit aüsserster Gewalt weit aufs
Land getrieben, und das selbst in der Stadt Ava
verspürt wurde. Spalten bekam der Boden nicht,
auch warfen die Vulkane auf Tscheduba kein Feüer

PHYSIK. ATLAS xVBTH. III.

aus. Die Offiziere tiafen auf der gedachten Insel
einen Greis von 106 Jahren, der jenes Erdbeben in
Ava erlebt hatte/ und sich noch deütlich der Zeit
erinnerte, wo er mit seinem Fischerboot auf denjeni-
gen Stellen schwamm, die jetzt trocknes Land sind.

Dies ist nicht die einzige firderöchütterüng, welche
sich im Gedächtniss der Bewohner von Arracan er-
halten hat; ein anderes Erdbeben fand hundert Jahre
früher Statt, und die mit diesen gewaltsamen Ereig-
nissen verbundenen Emporhebungen des Bodens be-
trachten die Eingeboriien als periodische Phänomene,
welche sich, nach ihrer Ansicht, aÜe hundert Jahre
wiederholen. Von einem dritten Strande werden an
der Küste von Tscheduba Spuren wahrgenommen;
ganz deütlich aber zeigen sich drei Gestade an der,
südlich von Tscheduba gelegenen Insel, welche bei
d^n britischen Seefahrern die „flache"
(Fiat Island)
heisst, von den Eingebornen aber Reguain genannt
wird.

Lieut. Mc Volloth hat von dieser Insel einen Plan
aufgenommen, von dem unsere Nebenkarte eine ver-
kleinerte Kopie enthält. Folgendes dient zur Erklä-
rung des Plans.

Die innerste, stetig ausgezogene Linie bezeichnet
den ursprünglichen Umriss der Insel.

V ist ein kleiner Vulkan, der nahe in der Mitte
des Eilands belegen ist, und sich ungefähr 90 engl.
Fuss über die Meeresfläche erhebt.

Die punktirte Umfangslinie bezeichnet das Ge-
stade, welches in Folge einer Emporhebung entstand;
diese Hebung beginnt an der Nordseite bei den Punk-
ten
α und b, und auf der Südseite bei dem Punkte ο
des ersten oder ursprünglichen Gestades. Die neüe
Gestaltung der Insel geht noch schärfer aus der fel-
derartigen Schraffirung hervor. Der mit
ο bezeich-
nete Punkt ist ein vulkanischer Hügel, dessen Krater
eine Menge Asphalt auswirft.

Die Emporhebung des dritten oder jetzigen Ge-
stades fand vor neünzig Jahren (1760), nach Mc.
Volloth's Angabe; oder vor hundert Jahren (1750),
nach Halsted's Bericht Statt. Vor dieser Emporhe-
bung war
c ein kleines Inselchen, und die punktirte
Linie, von der es umgeben ist, so wie eine zweite,
die weiter südlich bis über den Landungs-Platz
L
hinausreicht, begränzt Flächen Landes, welche dazu-
mal, allem Anschein nach, Sandbänke waren.

Die kleinen Vierecke α deüten Süsswasser-Quel-
len an.

Bei d sind Salzgründe.

Bei e floss früher ein Bach.

Die kleinen Kreüzchen + + bezeichnen Massen von
korallinischem und anderm Gestein. Sie bedecken
überall den aüssern oder zuletzt gehobenen Boden;
die zweite Formation hat nur hin und wieder deren
aufzuweisen, und die erste Formation, d. i. die ur-
sprüngliche Insel ist ganz frei davon, mit Ausnahme
einiger wenigen, die sich an dein vormaligen Bache
e
befinden.

Das zuletzt gehobene Land liegt, für jetzt noch,
öd' und wüst; der übrige Theil der Insel dagegen
bildet Ein grosses Eeisfeld.

Unter den vielen Felsenklippen auf dem zuletzt
gehobenen Lande befindet sich eine, bei /, an wel-
cher eine Wassermarke von derselben Höhe wie die
der zweiten Formation wahrnehmbar ist.

Die ganze Insel besteht aus drei vollkommen wage-
rechten Flächen, die sich treppenartig nur 6 bis 9 Fuss

2


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6 Dritte Abtlieilung.

über einandei· erheben, daher sie von den enghschen
Seefahrern das flache Eiland genannt worden ist.
Die innere Fläche hat, wie schon erwähnt, in ihrer
Mitte einen Vulkan von 90 Fuss Höhe.

Auf der Nord- sowol als Ostseite von Eeguain ist
das Meer sehr seicht. Die Länge der ursprünghchen
Insel beträgt ly^ deütsche Meilen, ihre grösste Breite
Υ,οο Meile; in ihrer derzeitigen Gestalt (1840) ist die
Insel von Nord nach Süd über 4 deütsche Meilen
lang und 1 '/a Meilen in der grössten Ausdehnung von
"West nach Ost breit.

Die zweite unserer Nebenkarten, die, welche die
Vulkanreihe von Java enthält, ist eine Verklei-
nerung von Horsfield's geologischer Karte, die sich
aufHafFles' grosser topographischer Karte von Java
befindet. Diese spezielle Darstellung rechtfertigt sich
durch die Betrachtung, dass Java, wie in jeder an-
dern Beziehung, so auch als Glied in der langen
Kette der Sunda-Vulkane höchst ausgezeichnet ist.
Blicken wir auf die Karte No. 9 der vorUegenden
3ten Abtheilung, um den Zug der sundaischen Vul-
kan-Keihe ganz zu übersehen, so erkennen wir, dass
dieser Zug die Inseln des Chinesischen Meeres als
aüsserer S.aum umgürtet. Auf Java haüfen sich die
Feüerberge in fast unglaublicher Zahl; sie sind fast
alle auf der Längenachse der Insel vereinigt, und
nur wenige berühren die Küste, die auf der Nord-
seite sowol, als auf der Südseite aus Felsen von
Kalkstein bestehen, den die Vulkane sehr wahr-
scheinlich durchbrochen und aus der Tiefe emporge-
hoben haben. Jenseits dieser Kalksteinberge scheint
das Innere der Insel, gegen die Vulkane hin, mehr
oder minder basaltisch zu sein; primitive Gesteine
sind sehr selten. Von Bimsteinen ist bei den Aus-
brüchen nie die Eede; ebenso wenig glaubt man ein
Beispiel zu kennen, dass die heftigste und zerstö-
rendste Eruption je von einem Lavaerguss begleitet
gewesen sei; mindestens sind Lavaströme bisher sehr
selten, tmd auf einzelne Vulkane beschränkt geblieben.
Obsidian kommt selten vor, ebenso der Trachyt
selbst; nur einer der Vulkane, der Tilo, besteht ganz
daraus, und eben so ist das Grundgestein der Kette,
welche den Slamat oder Gede von Tagal mit dem
Prahu verbindet, Trachyt.

Was von Höhenmessungen der Vulkane auf Java
zu meiner Kenntniss gelangt ist, enthält die folgende
Uebersicht, die ich hier einschalte, weil die Zahlen
auf der Karte selbst nicht Platz finden konnten, ohne
der Deütlichkeit Eintrag zu thun. Die Hypsometrie
der Insel Java, zu der man bisher nur einzelne Da-
ten besass, ist im Jahre 1840 durch Junghuhn durch
zuverlässige Barometer-Messungen wesentlich be-
reichert worden. Sie sind im Verzeichniss an den
Dezimaltheilen der Toise zu erkennen, wenn nicht
ein anderer Gewährsmann genannt ist.

JaTa-Vulkane, In der Reihenfolge von Ost nach West.

Taschem, od. Idjeng (mit einem 400' tiefenKrater) ungefähr 1000'

Dasar..............................1100,ο

Ardjuna.............................1664

Wilis.............................. 1326,i

Lawu.............................. 1677,5

Merapi............................. 1440,ο

Merhabu............................ 1598,3

Sumbing (mit einem 500' tiefen Krater).......... 1724,β

Sindoro............................. 1545,ο

Prahu oder Frau.......................1312,i

Di-eng, Plateau am Südfuss des Prahu....................1050,s

Gede oder Slamat, Berg von Tagal oder Tegal (höchster

Gipfel der Insel Java)................1771,6

Talaga-Bodas, nach Eeinwardt's Messung..................858,5

Tschikura oder Tschikurai....................................648

Papan dayang, Kratermitte.................1100,ο

Gunong Guntur (d. h. Donner-Berg, weil er beständig

kracht)..................................................1033,3

Wayang oder Wyahan........................................961,β

Malabar oder Malawar....................1181,s

Sumbung........................................................873

Tilo oder Tilu..................................................948

Tombak-Pacyong..............................................922

Paduha, oder Baduwa (mit zwei Krateren, davon der eine

über 700' tief ist)................... 1236,6

Tankuban Prahu....................... 1005,ο

^ , ,, ^ ί Blume.......... 1544,7

Geda, nach der Messung von { , n_ i

' ® I Junghuhn........ 1538,3

Manellawangie, S.-O.-Eand des Kegels .......... 1554,3

Salak..............................1121

Gagak .............................1126,6

Karang (von den Seefahrern Golgatha genannt)..........823

Die Karte von Java ist nach den vorwaltenden
Gebirgsformationen geologisch illuminirt. Das
Asch-
grau
angelegte Gebiet.............. . . a

ist das vulkanische Feld der Insel Java, welches

durch ein grosses, auf der Karte Gelh.......d

angelegtes Thal in zwei Hälften getheilt ist. Der
Boden dieses Thaies besteht aus Grand und Sand,
hin und wieder auch aus anstehendem Gestein.

Die roihe Färbung..................b

bezeichnet eine Formation neürer Bildung der vul-
kanischen Kräfte, wo Kalksteinberge, namentKch
an der Seeküste abwechseln. Das
Hellgrün . . . . c
angelegte Gebiet besteht aus Kalkstein; das
Dun-
kelgrün
.........................β

colorirte Gebiet gehört dem jüngern Schwemmlande
oder der AUuvial-Bildung an.

Die dritte Nebenkarte enthält die Vulkanreihe
von Luzon, nach meiner grossen Karte von den
Philippinen [1832] (Atlas von Asia, No. 13), wo die
Mehrzahl dieser Feüeressen, insofern sie auf der
Halbinsel Camarines liegen, zum ersten Mal in die
physische Erdbeschreibung eingeführt worden sind.
Auf einer Linie von kaum dreissig deütschen Meilen
zählt Camarines nicht weniger denn zehn Vulkane,
die in der Richtung von S.-O. nach N.-W. eine fort-
laufende Reihe bilden. Im Durchschnitt ungefähr
eine deütsche Meile vom Meere entfernt, erheben
sich die Kegel keinesweges auf dem Eande, noch
viel weniger auf dem Kamm der Gebirgskette, wel-
che die Halbinsel der Länge nach durchzieht, sondern
am Fuss der Bergkette, unmittelbar auf der öst-
lichen, schmalen Küstenterrasse, analog der Lage
des Vesuvs vor den Apenninen, des Etna vor den
Gebirgen Siciliens, der Vulkane von Guatemala vor
der Bergkette dieses Landes. Von der Höhe dieser
Feüeressen ist nichts bekannt, auch von Ausbrüchen
weiss man wenig, mit Ausnahme des Albay oder
Mahon, der furchtbare Eruptionen gehabt hat.

Zum Studium der Bergketten u. s. w. von Asien verweis»
ich auf: _

A. de Humboldt, Aste Centrale. Recherches sur les Chaine^
de Montagnes et la Climatologie compar^e.
Paris, 1843. 3 Bände
in 8, mit Karte. Deutsch übersetzt von W. Mahlmann. Ber-
lin, 1844. 2 Bände in 8.

A. von Humboldt, Ansichten der Natur, mit wissenschaftlichen
Erlaüterungen. St" Ausgabe. Stuttgart, 1849. Bd. I, p. 92_126^
354_356.

Diese beiden Werke machen jedes andere Buch über die·
physische Erdkunde von Asien überflüssig.


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Geologie. 42

Auf diesem Blatte sind die orographischen Ver-
hältnisse der Länder Mittel-Eüropa's ganz anders
dargestellt, als auf dem vorhergehenden Blatte No. 2.
"Warum ist dies geschehen? werden die Freünde des
Physikal. Atlas vielleicht fragen: Weil auf demselben
Eaume dort die ganze grosse Masse des asiatisch-
eüropäischen Continents von mehr als einer Million
deütschen Q.-Meilen, hier aber kaum der zwölfte Theil
dieser riesenmässigen Ausdehnung abzubilden war.

Die Kunst der Bergzeichnung auf Generalkarten
hat ihre Phasen der Entwicklung durchlaufen, und
man darf auch heütiges Tages noch nicht behaupten,
dass sie den Scheitelpunkt dieser Entwicklung er-
reicht habe.

Man hat sich lange Zeit mit dem Ausdruck des
Vorhandenseins von Gebirgen und Bergen durch
symbolische Zeichen begnügt, und man bleibt auch
gegenwärtig meistens dabei stehen, wie es auf unsern
Karten No. 1, 2, 5 u. 6 der geologischen Abtheilung
der Fall ist. Nur die Form der sjnxibolischen Zeichen
hat gewechselt.

"Während es gegenwärtig, also in der Mitte des
19. Jahrhunderts versucht wird, einen starken schwar-
zen Strich für dieses symbolische Zeichen zu wählen,
sah man bis zum Anfange des neünzehnten Jahrhun-
derts auf Karten von ganzen Erdtheilen und auf
Generalkarten einzelner Länder die Bergzüge durch
kleine, reihenfdrmig aneinander gekettete Erhöhun-
gen ausgedrückt, die mit Heühaufen auf einer "Wiese,
oder mit Maulwurfshügeln Aehnlichkeit haben. Es
ist nicht zu leügnen, dass diese Methode der Berg-
bezeichnung anschaulich ist; wir sehen in der Natur
die Berge von der Seite und nicht in der Vogelan-
sicht, daher es sehr natürlich zuging, dass man auf
die perspectivische Darstellung verfiel und sie mit
dem geometrischen Riss möglichst in Einklang zu
bringen suchte, was aber nicht selten auf Unkosten
der geographischen Richtigkeit geschehen musste.

Denn man war in Deütschland der Ansicht, die
Heühaufen-Manier genüge nicht zur Abfassung eines
orographischen Bildes, das auf geometrische Ge-
nauigkeit Anspruch machen wolle; man müsse, so
sagte man, die Seitenansicht der Berge aufgeben und
der Vogelperspective ihr Recht einraümen, wenn
über die geographische Ausdehnung der Gebirgszüge
und ihr Streichen richtige Ansichten verbreitet wer-
den sollten. Das sei nur möglich, wenn die Abhänge
der Bergketten durch Schraffirstriche angedeütet
würden, wie es in topographischen und andern Kar-
ten von grossem Maassstabe seit lange zu geschehen
pflege.

Diese Meinung hat in Deütschland das Ueberge-
wicht erhalten, und von da aus sich nach England
und Frankreich etc. verbreitet, obwol es keineswegs
zu den Seltenheiten gehört, noch heütiges Tages
zierhch radirte Maulwurfshügel in hübscher Gruppi-
rung auf französischen Karten zu sehen.

Das neüe symbolische Zeichen hat zu vielen Miss-
verständnissen und selbst orographischen Verirrun-
gen Anlass gegeben. Es gab eine Zeit, wo unsere
Karten mit einer Masse kurzer Schraffirungen ange-
füllt wurden, die zu beiden Seiten eines schmalen
weissen Raumes, der den Rücken einer Bergkette
vorstellte, gezeichnet waren, in den manchfaltigsten

Windungen um die Quellen der Flüsse sich krümm-
ten, und, durch die Verwechslung der Begriffe
Wasserscheidung und Gebirgskamm irregeleitet,
Bergketten in Länder und Gegenden brachten, die
durch Fläche und Ebenheit des Bodens karakteri-
siret sind. Der Urheber dieses Irrthums war Philippe
Buache, der an Gatterer und Bergmann treüe Nach-
beter, an Fr. Schulz aber („Ueber den allgemeinen
Zusammenhang der Höhen." Nebst einer Gebirgs-
karte von Eüropa. Weimar, 1803) einen noch weiter
gehenden, systematisirenden Austreter der französi-
schen Fehlgriffe fand, die ein Menschenalter lang in
Deütschland von Streit, Weiland, Klöden, Marius
Schmidt und anderen Kartenzeichnern fortgepflanzt
worden sind. Eine andere Verirrung ist dadurch ent-
standen, dass gewisse Autoren die Flächen allge-
meiner Neigung von ihrer Entstehung, dem Scheitel
einer Bergkette, oder gar einer Kuppe, bis zu ihrem
aüssersten Ende im Thal des Hauptflusses durch eine
Masse derselben Neigung folgender Schraffirstriche
anfüllten; was gar wunderbare Karten hervorgerufen
hat, auf denen man — den Wald vor Baümen nicht
sieht. Diese Autoren, die in andern Zweigen der
geographischen Wissenschaften Dankenswerthes ge-
leistet haben, glaubten sich auch in der Orographie
versuchen zu müssen, von der ihnen aber ein klarer
Begriff durchaus abging, wie ihre Produktionen
zeigten. Ich bedauere, hier den verewigten C. G. Rei-
chard als — Irrfahrer bezeichnen zu müssen. Dem
Kartenwesen, diesem unentbehrlichen Hülfsmittel

beim Studium der Geographie, ist überhaupt,_und

ich kann die Bemerkung hier nicht unterdrücken,_

dadurch sehr geschadet worden, dass sich Leüte mit
Verfertigung von Landkarten abgegeben haben, und
täglich abgeben, die von geographischen Dingen gar
nichts oder nur das verstehen, was ihnen in den un-
tern Klassen einer Bürger- oder Realschule oft von
Lehrern beigebracht worden ist, welche, in der Geo-
graphie, selbst noch Schüler sind. Dadurch ist eine
Masse nicht allein nutzloser, sondern sogar schäd-
licher und zwar sehr schädlicher Karten in die Hände
des Pubhkums gekommen, das sich in der Regel
durch ein hübsches Aüssere bestechen lässt.

Das Hauptverdienst einer Karte besteht, neben
ihrer geographischen Richtigkeit, in der Deütlichkeit
der Gegenstände, die sie zur Anschauung bringt.
Dass man die meisten, oder wol gar alle geographi-
schen Momente in einem und demselben Blatte zu-
sammen fassen will, widerspricht durchaus der er-
Avähnten Grundbedingung jeder Karte. Die Trennung
der verschiedenen Momente, ihre abgesonderte Dar-
stellung ist nothwendig, wenn geographische Zeich-
nungen ihren Zweck erfüllen sollen. Auf diesen,
mehrseitig als richtig anerkannten, Standpunkt hat
sich der Herausgeber des Physikalischen Atlas ge-
stellt, als er das vorliegende Werk unternahm.

Durch Anwendung des symbolischen Zeichens der
Schraffirstriche auf Generalkarten hat man nicht
blos das Vorhandensein der Bergketten und ihre
Hauptstreichungslinien ausdrücken woUen, sondern
man hat sich auch bemüht, ihre grössere oder gerin-
gere Höhe zu versinnlichen, indem man eine Stufen-
leiter bei dem Mengungsverhältnisse der schwarzen
Schraffirstriche zur weissen Fläche des Papiers so

2*

N°. 3. Orographische Karte von Eftropa's flaupt-Gebirgs-Systemen; Wittel-Ettropa zwischen Sicilien
und der Ost-See, — zwischen dem Meerbusen von Biscaya und dem Schwarzen Meere.


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Dritte Abtlieilung.

annahm, dass, ganz allgemein geeprochen, den höch-
sten Gebirgen die dunkelste, den niedrigsten die
lichteste Schattirung zu Theil würde.

Der Grundsatz ist an sich richtig, weil in der topo-
graphischen Zeichenkunst das Verhältniss des schwar-
zen Strichs zum weissen Zwischenräume eine genä-
herte Andeütung über die Grösse des Flächenwinkels
der geneigten Ebenen giebt, und der Werth dieses
Winkels steigt oder fällt, je näher oder ferner die Li-
nien gleicher Höhe von einander abstehen. Aber selbst
bei topographischen Abbildungen hat man die geo-
metrische Grundlage des Zeichnens der Boden-Un-
ebenheiten nur selten in Anwendung gebracht; man
hat dasMessen der Höhen, und demgemäss das Zeich-
nen der Wasserpass - oder Linien gleicher Höhe ver-
nachlässigt und sich mit einem ungefähren Abschä-
tzen des Flächenwinkels begnügt, wodurch Terrain-
darstellungen entstanden sind, die bei aller aüssern
Schönheit auf hypsometrische und orographische
Genauigkeit nicht Anspruch machen können. Jenes
Vernachlässigen der Höhenmessungen bei topogra-
phischen Aufnahmen hat denn auch zur Folge, dass
die Grösse des Abdachungswinkels in der Eegel
überschätzt, und demnach die Karten zu dunkel ge-
halten werden, während die topographischen Zeichner
ein ganz besonderes Vergnügen darin suchen, auch
die geringsten Abweichungen von der wagerechten
Fläche, die unbedeütendsten Hügel-Erhebungen dar-
zustellen und die betreffenden Eaüme mit Schraffir-
strichen anzufüllen, wodurch andere örtliche Ge-
genstände, die ein weit grösseres Interesse in An-
spruch nehmen, als jene kaum wahrnehmbaren
Boden-Wellen, dem Auge oft ganz verschwinden,
mindestens an Deütlichkeit verlieren.

Wenn jener Mangel der Grundlage der Boden-
Zeichnung schon bei topographischen Abbildungen
fühlbar ist, wie viel mehr muss dies der Fall sein bei
Generalkarten, die ein ganzes Gebirgssystem, oder
mehrere Gruppen übersichtlich darstellen sollen! Wel-
cher Spielraum ist hier der Einbildungskraft des Zeich-
ners überlassen, die, wie die Erfahrung so vielfach
gelehrt hat, von der Wahrheit nur zu oft abgelenkt
worden ist. Das Talent will sich nicht bannen lassen
in die Schranken des geometrischen Raumes, es
überspringt sie auf Kosten der erdkundlichen Treüe,
je kürzer der Anlauf, desto günstiger für das oro-
graphische Bild, je länger, desto schlimmer.

Aus einer Periode, die fünf und ζ wanzig Jahre hinter
uns liegt, giebt es Karten, auf denen die Gebirgsge-
staltungen der Länder mit einer Ausführlichkeit abge-
bildet sind, die nichts zu wünschen übrig zu lassen
scheint, und dennoch müssen wir noch heütiges
Tages fragen, wie ist das Streichen der Gebirgs-
ketten in diesen Ländern? wie ihre gegenseitige
Stellung, und diese Frage werden unsere Nachkom-
men vielleicht noch nach hundert Jahren thun müs-
sen, ohne dass sie genügende Antwort erhalten. Das
ist auch ein grosser Nachtheil, der das Studium der
Geographie, im Besondern aber die Verbreitung
richtiger geographischer Kenntnisse unter der gros-
sen Masse aufhält, dass die Einbildungskraft vieler
geographischen Zeichner mit ihrer Feder, oder ihrem
Pinsel, Eeissaus genommen hat. So war es der Fall
mit den, aüsserlich so überaus genau sich kund ge-
benden, innerlich aber so gehaltlosen Karten, die
unter dem Zeichen R. v. L. (General-LieutenantRühle
von Lilienstern, in Preüssischen Diensten) erschie-
nen sind; und ebenso verhielt es sich, obwol in min-
derm Grade, mit den kleinen Generalkarten meines
Schülers Johann Grimm, die aber, durch ihre glatten
und feinen Berg-Schraffirstriche und ihre, ins Klein-
liche gehenden Bergkonturen um so gefährlicher
wirken konnten, weil sie, für die — Schule bestimmt,
in dieser theilweise auch Eingang gefunden haben.
Johann Grimm, aus Wetzlar, war in den Jahren

1821_1823, während deren er die Bau-Akademie

zu Berlin, mit Königlicher Unterstützung, besuchte,
von dem damaligen Minister der Unterrichts-Ange-
legenheiten, Freiherrn von Altenstein, meiner be-
sondern Obhut empfohlen. Vom Jahre 1824 an hab'
ich ihn aus dem Gesicht verloren; er hatte sich einem
andern Kreise zugewandt, dessen Strahlenglanz den
sonst so klaren Blick des jungen Mannes geblendet
zu haben scheint!

Es sind nun schon über hundert und zwanzig Jahre
her, dass der erste Versuch gemacht worden ist, die
Bearbeitung einer Gebirgs-Karte auf die Grundlage
der Niveau-Linien zu stützen. Es war im Jahr 1728,
als der Franzose Dupin-Triel diesen Versuch mit
einer Karte seines Vaterlandes machte. Die Frage,
wie hoch ein Gebirge sei, und der Wunsch, diese
Frage von einer Karte beantwortet zu sehen, ist so
natürlich, dass man staunen könnte über die grosse
Vernachlässigung, welche die kartographische Bear-
beitung der Höhenkunde erfahren hat, müsste man
sich nicht erinnern, dass die Zeit, wo die Zahl der
Höhenmessungen in den grösseren Gebirgssystemen
Eüropa's nur erst wenige hundert betrug, noch gar
nicht lange hinter uns liegt. Darum konnte Dupin-
Triel's Arbeit auch nur ein ganz roher, auf unsi-
chere Voraussetzungen gestützter Versuch sein. Erst
mit der Scheidung des achtzehnten und neünzehnten
Jahrhunderts beginnt die Periode, in welcher die
Hypsometrie in ihre Rechte tritt; mit der Vervoll-
kommnung der barometrischen Formel durch Ra-
mond und Laplace, mit der zweckmässigem Ein-
richtung des Quecksilber - Messrohrs und seiner
sicherern Tragbarkeit, von der Alex, von Humboldt's
Reisen in der Neüen Welt ein so schönes Beispiel
gegeben hatten, erwacht die Lust an höhenmes-
senden Bestrebungen, die, seit dreissig Jahren
etwa, mit geodätischen Höhenmessungen in Verbin-
dung gesetzt, für die Haupt-Gebirgs-Systeme Eü-
ropa's Stoff genug geliefert haben, um sich an den
Entwurf eines Bildes der Unebenheiten wagen zu

dürfen, welches die Frage wegen der Höhe _ der

Bergketten, der Bergebenen, der einzelnen Berge,
der Strom- und Flussthäler, der hauptsächlichsten

Wohnplätze, _ unmittelbar zu beantworten im

Stande ist.

Olsen hat sich das unschätzbare Verdienst er-
worben, diesen Stoff zu sammeln, zu sichten und
zu ordnen, und sie zu einer Gebirgs-Darstellung
von ganz Eüropa (mit Ausschluss des östlichen
Russlands) zu benutzen, die in der That wenig zu
wünschen übrig lässt. Sie ist mit Bredsdorff's Unter-
stützung im Jahr 1824 entstanden, bei Gelegenheit,
dass die geographische Gesellschaft zu Paris die
Orographie von Eüropa zum Gegenstand einer Preis-
frage gemacht hatte, später aber, in den Jahren
1829—1833 erweitert, verbessert und vervollständigt
worden, und in dem zuletzt genannten Jahre zu Ko-
penhagen erschienen. Olsen hatte damals die beson-
dere Güte, mir ein Exemplar seines schönen Werkes


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Geologie. 9

zu übersenden, „nicht", wie er in dem Begleitschrei-
ben vom 18. Juni 1833 sagte, „ohne Schüchternheit
dem Manne, der sich in Eüropa Vorzugs Weise mit
diesem Fache beschäftigt hat." Ich hatte im Jahre
1821 eine physische Karte von Frankreich bearbeitet,
und war seitdem eifrig bemüht, die erforderlichen
Daten zu einer analogen, doch erweiterten Darstel-
lung von Deütschland und den angränzenden Län-
dern zu sammeln, und die in diesen Elementen vor-
handenen Lücken durch eigene Messungen und
Barometer-Beobachtungen auszufüllen. Ich fühlte
mich daher 12 Jahre später durch Olsen's freündliche
Mittheilung angenehm überrascht; ich sah, dass
meine Bemühungen nicht ganz ohne Nutzen gewesen
waren, denn das, was ich gesammelt, gemessen und
bereits in der Hertha und den Annalen der Erdkunde
bekannt gemacht hatte, war, zu meiner Freüde, von
Olsen nicht allein nicht unbeachtet geblieben, sondern,
wie der Commentar zu seiner Karte beweist, sehr
fleissig zu Eathe gezogen worden.

Ich habe geglaubt, diesen historischen Bericht
voranschicken zu' müssen, um die Freünde des Phy-
sikalischen Atlas auf den richtigen Standpunkt bei
BeurtheUung des vorliegenden Blattes No. 3 zu stellen.
Sie erhalten hier nach Olsen's Vorbüde eine TJeber-
sicht von den Haupt - Gebirgs - Systemen Eüropa's,
von den Alpen und Pyrenäen, von den Karpaten,
den Apenninen, den Gebirgszügen in Deütschland,
Frankreich, der Eüropäischen Türkei und Griechen-
land etc., in welcher nicht allein die wagerechte,
sondern auch die senkrechte Ausbreitung gegeben ist.

Die zuletzt genannte Dimension ist durch Niveau-
Linien angegeben, von denen die erste 500 Pariser
Fuss über der Meeresfläche steht, alle folgenden aber
sich um 1000 Fuss erhöhen, bis sie im Kulminations-
punkt von Eüropa, dem Mont Blanc, endigen. Je
höher ein Gebirge, desto enger fallen diese Niveau-
Linien zusammen, desto grösser ist die Verdunklung
der weissen Unterlage des Papiers, und darum treten
auf der Karte die Alpen, Pyrenäen, Karpaten etc. am
meisten hervor, was aber den, bei dem kleinen Maass-
stabe unvermeidlichen Uebelstand mit sich geführt
hat, dass gerade in diesen höchsten Gebirgen, und
zwar namentlich in den Alpen, die Niveau-Linien
etwas schwer zu unterscheiden sind. Diesem Uebel-
stande wird der Benutzer der Karte aber dadurch
begegnen können, wenn er, bei Ermittelung der Höhe
eines gegebenen Gipfels in den Alpen, die Niveau-
Linien von unten auf zu zählen anfängt.

Die Namen der Haupt-Gebirgs-Systeme sind weg-
gelassen worden, da die Kenntniss derselben theils
als bekannt vorausgesetzt werden kann, theils aus
dem Blatte No. 2 hervorgeht. Mit Bezug auf die auf
der Karte selbst enthaltenen Bemerkung folge nun 1


Das alphabetische Yerzeiehniss der Abkürzungen und ihre Erklärung.

Α Annecy (WestalperC)
Α Asiago ißüdalpen)
Aal Aalen (Schwab. Jura)
A. Apu Apuanische Alpen
Alb Albano
(bei Rom)
Aless Alessandria
Almur Almnradiel
Alp Alpines
(Süd-Frarikr.)
Alpujarr Alpujarras((Sii{ci-i&p.)
App Appenzell
Aq Aqnila
(^Ahruszen)
Aranj Aranjnez
Are Arezzo
(Toscana)
Arg Argenik (Albanien)
Argent Argentario (Wkst. v.

Ital.)

Arnsb Arnsberg
Aschf Aschaifenburg

Β

Β
Β
Β
Β
Β
Baba

Bellinzona
Boja
(Albanien)
Borgo (hei Trient)
Bötzen (Tirol)
Braunscliweig
Buchau
(Böhmen)

Babagura od. Bab'a-
Gura
(Karp.)
Bad Baden

Ball. Α Ballon d'Alsace(Fo-

gesen)

Ball.S Ballon v.Sulz(Fo5rese«)
Banial Banialuka
(Bosnien)
Barel Barcelonette(presi--äZp.)
Bass Bassano
{Ober-Italien)
Beachy Hd Beaehy Head
B. El Berg Elatea (
Griechenl.)
Bell Belluno (Süd-Alperi)
Ber Pass Bernina ( Central-A^
Besan Besan9on
Bez Beziers
(Süd-Frankr.)
Bibr Biberach
Bles
Blessherg (Thür. Wald)
Bod Bodenburg
B. of Α Bog of Allan*)
Boj Bojaskoje
Bo Bort
(Frankreich)
Botleyh Botley-Hill
Bourg Bourges
Br Bruley
(Lotharingen)
Bren Brenner, Pass
Bres Bressoire
Bri Brian^on

») Wassersoheide zwischen Dublin
und der Westküste von Irland,
270' hoch.

PHYSIK. ATLAS ABTH. III.

Brock Brocken

B. S Boden-See

Bndw Budweis

Bug Bugiaki (Griechenland)

Bull Β Bull-Barrow

Butsh Butserhill

Butt Buttenhausen

B.v.Schemn S Chemnitzer Berge
Bx Brüx
(Böhmen)

Bz Bautzen

C! Cascia, Civita di (Abruzzen)

C Cassel (Hessen)

C Castoria (Macedonien)

C Corno di Canzo (Süd-Alpen)

C Crojä (Albanien)

Ca Canigou (Pyrenäen)

Ca Castelluccio*) (Abruzzen)

Cab. d. Maria Cabeza de Maria

Calm Calmuck

Cantal Plomb du Cantal

Carc Carcasonne

Carlsrh Carlsruhe

Cas Casale

Cast Castelnaudary

Castel Castello

Caumt Caumont

Caws. B. Cawsand Beacon

C. D Civita Ducale (Ahruzzeri)
C. d'A Cima d'Asta (Süd-Alpl·^
C. d. Ε Col de EenStres

C. d. L Canal de Languedoc
C. d. Ρ Cima di Portola
C. d. Tend Col de Tende
Cerd Cerdon

Ch Champ haut (Normandie)
Ch Chasseron (Jura)
Ch Chiavenna (Süd-Alpen)
Ch Choczer Spitze (Karpaten)
Ch Chur (Graubündten)
Chart Chartreuse, grosse
Ch. bl Montagnes du Cheval-
blanc

Cist Cisterna

C. Mat Cap Matapan

Cob Coburg

Cobl Coblenz

Col Colmar

Col-B Col-Berg

Const Constantinopel

C. R Col Roburent

C. San Collesano

C. S. Ang. C. San Angelo

Cuc Cuccio, Monte
Cucuz Cucuzzo, Monte
II Diumbier (Karpaten)
D Dolma,r (Thüringer W.)
Darm Darmstadt
D. d. M. Dent du Midi
D. Brod Deütsch-Brod
Di Diablerets
(Centrai-Alpen)
Dj Dijon (Frankreich)
Dj Djurmerka (Albanien)

D. 0 Domo d'Ossola
Do Dödi

Dorn Dörnberg
Dres Dresden
Dreys Dreysesselberg
Düssel Düsseldorf

£ Etropol

E. C. d. Al El Coral de Almaguer
Eg Eggenburg

Egri Pal Egri Palanka
Eichf Eichsfeld
Eis Eisenhut
Epi Epinal

Erbs Erbsenkopf, Wald-
Escudo Escudo, Alta del
(Can-
tabr. Geb.)

Escur Escurial
EskiS Eski Sagra
Esp Montagnes d'Espinouse
Espad Cerro de Espadan
Eto Grande Etoile
Etter Ettersberg

ϊ* Felizzano (Piemont)
F Eeltre (Venedig)
F Florina (Macedonien)
F Frankenheim (a. d. Rhön)
F Friedberg (Böhmen)

F. Α Finster-Aarhorn
Fa Fatra

Fag Les Fagnes

Falk Falknis-Berg

F. d'Othe Foret d'Othe

Feldb Feldberg (Schwarzw.)

Feldb Feldberg (Taunus)

Fich Fichtelberg (Erzgeb,)

Fins Finstermünz

Fion Fioncho, Monte

Fo Foligno

For Formentera

Fr Freiburg

Frbg Freyberg

Freiw Freiwalde

Frey Freystadt

Fu Fulda

Fuss Füssen

G Gazza, Monte (Süd-Alp)
G Gotha
Ga Gallenstock
Gal Galgenberg
Gar Guarda
Garr Les Garrigues
G. Β Gleichberg, Grosser
Gb Goldappberg
G. d'A Glacier d'Ambin (
West-
Alp)

Gib. ros Monte Gibel-Rosso
Gies Glessen

Glockner Glockner, Gross-

Glz Glatz

Gmd Gemünd

Görlz Görlitz

Got Göttingen

G. Pelv Pelvoux, Grosser

Gr Gries, od. Grieshorn, Pass

(Central-Alp.)
Gr Gronau (Westphalen)
Grossh Grossenhain
Gsb Geisberg od. Gaisberg

G. St. Β Grosser St. Bernhard
Guadal Guadalaxara
Guadar Puerto de Guadarrama
Gut Gutenbrunnen

Bl Halle (α. d. Saale)
Η Hamm (Westphalen)
Η Hannover
Η Herment
(Auvergne)
Η Hitzacker (Hannover)
Η Hochgailing (Ost-Alpen)
Η Hohenstein (Preüssen)
Haglb Hagelsberg
Hasen Hasenmatte
Hb Haasenberg
(Preüssen)
Hb Hardenberg (Niederlande)
Heil Heilsberg
Hermanst Hermanstadt

H.G. Hohgant
n.Göll Hohe Göll
Hhstein Hohenstein
Hk Hochkant
Hlzm Holzminden
Hö Hörnli

Holy Holyhead, Insel
Hohb Hohenberg
Höh. Ε Hohen-Elbe
Honru Honrubia
Hoyersw Hoyerswerda
Hrad Β Hradava-Berge
H. Vog Hochvogel

Icracov Icracovuni
Hz Ilanz

3


1  Das höchste Dorf in den Apenni-
nen, 4468' hoch. (Schouw.)

-ocr page 11-

10 Dritte Abtlieilung.

In Inselberg
Ingol Ingolstadt
Inkp Inkpen-Beacon
Insb Innsbruck
Isch Ischel
IserK Iserkamm
Ist Istib
Iv Iviza
Ivr Ivrea

Ji Janina {Albanien)
J Jungfrau (Cenfral-Alp.)
Jabl Jablunka, Pass
Jav Javorie
Jaxt Jaxtfeld
Jeni S Jeni Sagra
Jes Β Jeschkenberg
Jor Jorat
Judb Judenbnrg
Junq Jnnquera

Ä Kalkandel {Albanien)
Κ Keschan {Thracien)
Κ KraloTa-Hola {Karpathen)
Κ Kriwan {Fatra-Geb.)
K. Ast Kahle Astenberg {Nie-

derrh. Geb.)
Katsch Katschanik
Katzeb Katzenbuckel
Kb Karlsbad
{Böhmen)
Kb Kohautberg {Böhmer W.)
Kemp Kempten
Kez Kezanlik
Kbel Khelmos
Kl Kleck

Klagenf Klagenfurth
Klatt Klattau

Knock Μ. D. Knock - Meale -
Down

Koj Kojani
Könb Königsbronn
Königg Königsgrätz
Komb Kornberg, der grosse
Kpla Kapella, Berg
Kr Krems
{Oesterreich)
Kr Kritschovo
Kr Kriwan
{Tatra-Geb^
Kr. Β Kreüzberg

Ii Langres {Frankreich)
L Larissa {Thessalien)
L Leeds {England)
Ii Leonfelden {Böhmer W.)
L Liebkowitz {Böhmen)
L Lionessa {Abruzzen)
Land Landau
Landk Landeskrone
Lanf Lanfains
Layb Laybacla
L. Ch La Charite
L. d. Cela Lago di Celano od.

Fucino
L. d. G Lago di Garda
Lebe Leberon, chaine de
Lei Böhmisch Leipa
Leip Leipzig
Leit Leitmeritz
Leob Leoben
Leobsch Leobschütz
Licht Lichtenberg
Lign Lignieres
Lilien Lilienfeldt
Liv Livorno
L. Μ Lago Maggiore
L. Ρ Le Puy
Loibl Loibel
Lom Lomnitzerspitze
Luxbg Luxemburg

Μ Macon {Frankreich)
Μ Magdeburg
Μ Maladetta1)
{Pyrenäen)
Μ Malgara {Thracien)
Μ Maranser See {Preüssen)
Μ Col de Marcheron {Jura)
Μ Mainz

Μ Melenik {Macedonien)
Μ Mesnil la Horgne {Lotha-
ringen)
Μ Metzovo {Albanien)
Μ Minden

Μ Mostar {Herzegowina)
Μ Mulhacen, Cerro de {S. Ne-
vada)
Μ Münster (Wallis)
M. Α Mont Aime
Man Mannheim
Mar Marlow
{Mecklenburg)

Mar Marmelata {Süd-Alpen)
Mar Marseille
Margar Margaride
Matagall Matagallos
M. Β Menez-belair
{Bretagne)
M.B MontBouscer(ÄMcZ-^?pen)
M. Β Monte Brunone
{Süd-
Alpen)

Mbg Marienberg {Sachsen)
Mbg Müggelsberg {bei Berlin)
M. C Insel Monte Cristo {bei

Corsica)
M. C Mont Camera {Centrai-
Alp en)

M. C Monte CaTo {bei Rom)
M. C UontCems{West-Alpen)
M. C Mont Colombier {Jura)
M. Capan Mont Capanne
M. Ci Monte Cimune
M. D Mont Dauphin
M. d. Ares Muela de Ares
M. d'Aub Montagnes d'Aubrac
M.d.Charol „ du Charolais
M.d. Ester „ d'Esterel
M. d.L „ de Levezon
{Cevennen)
M. d. L „ „ Lure(ÄMd-
Alpen)

M. d. 1. C „ ■ „ la Caune
M. d. M. „ des Maures
M.d.Margh „ de Marghine
M. d. Mor „ „ Morvan
M. d. Taor Mola di Taormina
Med Mediasch
Medven Medvenik
Meis Meisner
Memm Memmingen
Mendip Mendiphill
M. Pich Mont Eicherino
M. G- Monte Gario od. Gavio
(beim Ortler)
M. G „ Generoso {am

Lago di Garda)
M. Goth St. Gotthard
M. Gre Mont Grenier
Milaz Milazzo
Miltenb Miltenberg
Mit. Mitrovitza
Mittg Mittelgebirge
M, J Mont Javoult
M. Jar „ Jargeau
Ml Insel Meleda
M. L Monte Legnone

{Süd-Alpen)
M. L Mont Louis {Pyrenäen)
Mlbk Melibokus
M. Μ Mont Malevo
M. Mag Monte Maggiore
M. Mau Mauro, Monte St.
Mol Molesson
Man Montab'auer
Mont Montauban (α.
d. Tarn)
Mont Montdidier {nördl. von

Mont Montlu9on {a. d. Cher)

Montp Montpellier

Mos Montagnes de Mosset, od.

Mousset

Mouch Moucherol
Mout Mouthe
Mp Meppen

M. Ρ Mont Perdu {Pyrenäen)
M.P „ Pilat (δβι Lyon)
M. Pi Monte Pistoia
M. Sc „ Scopo
Mserr Montserrat
M. Sorian Monte Soriano
M. St. Ang. „ San Angelo
M. Τ „ Terrible

Münch München
Münst Münster
M. V Monte Venda
{Eüganäi-
sche Berge)
M. Ven Mont Ventoux

ST Neyesign {Herzegowina)

Ν Norcia {Abruzzen)

Narb Narbonne

Neid Neidenburg

Ner. PI Geb. Neretzka Planina

Nh Neüenhans

Nord Nordhausen ,

Nord Nördlingen

Nov Novibazar

Ο Oro, Monte dell'
Ob Oberndorff
{Schwarzw.)
Ob Obiou, od. Obioux {Süd-

Alpen)
Ochkpf Ochsenkopf
Od Odouce, Berg
0. Per Oezthaler Ferner
Oelb Oelberg
OmP. Om Plenina
Or Oranienburg
Os Ossero, Monte
Osman Β Osman Bazar
Osnb Osnabrück
Ozmi Oszmiana, Höhen von

r Padua

Ρ Petersberg (bei Halle)
Ρ Pisa {Toscana)
Ρ Prespa {Maced., östl. v. See

V. Ochri)
Ρ Prilip {Macedonien)
Ρ Prisvah {Albanien)
Pa Pavia
Päd Paderborn
Päd Padolia
Pap Paproder Berg
P. Β Peissenberg
Pdam Potsdam
P. d. Catania Piana di Catania
P. d. D Puy de Döme
P. d, Ε Perron des Encombres
P. d. Ε Pic de Eortargent
P. d. Guadarra Puerto de Gua-

darama
P. d. Μ Puy de Montocelle
P. d. Plat Puerto de la Plata
P. d. Eey „ del Key
Pell Pellegrino, B.
Penm Penman-Mawr
Penngl Pennagolosa'
Per Perindagh
Peterw Peterwardein
Phil Philippopel
Piano d. C. Μ Piano di cinque

miglia
Pilsdh Pilsden-Hill
Pirm Pirmasenz
P. 1 Pic long

Plasch. Geb Plaschkavitza Geb.

Plo Plochingen

Plock Plockenstein

P.M.Β Pic duMidi di Bigorre

P.M.Ρ „ „ „ de Pau

Pod Podgoritza

Poj Pojani

Polig Poligny

Pont. S Pontinische Sümpfe

Por Porim

Potz Potzberg

P. Ρ Pik Posets

P. s. Calm Puy se Calm

P. s. Η Pierre sur Haute

P.W Porta Westphalica

^ued Quedlinburg
Quenth Quentockhills

R Eadsfadter Tauern (Osi-^Zjo.)
E. ßasluk
{am Despoto-Dagh)
R Ravensberg {bei Potsdam)
R Reculet {Jura)
R Rieti {mittlere Apenninen)
Radico Radicofani
Ramp Rampillon
Rath Rathhansberg
Rb Rossberg
Rein Reinerz
Res Reschen Scheideck
Roc. C Rocca Corv^.
Roch Rocca Melone, od. Roche-
meloH

Rone Ronces Valles od. Ron-
cevaux

Rück Rückenberg

S Saaz {Böhmen)
S Seres {Macedonien)
S Splügen {Oentral-Alpen)
Saarbg Saarburg
Sal Salona

S. Alham Sjerra de Alhama
Sahnas Sahnas, Sjerra de
Sali Sallanche
Saluz Saluzzo
Sap Sapada od. Sapeda
Sb Schönningerberg
Sc Scutari

Sch Schalia {Albanien)
Sch Monte Schiena d'Asino
{bei Rom)
Sch Schio, Stadt {bei Verona)
Sch ^chTiQeko^f{ThüringerW.)
Sch Schwerin {Mecklenburg)
Schaf Schafhausen
Schaum Schaumburg
Schb Schneeberg, Stadt
Sehl Schiern, Berg
Sehn Schneeberg
{Ost-Alpen)

Sehn Sehneeberg {Sudeten)
Schneek Schneekoppe
S.D St. Die, od. St. Diey
Serr Serre
Sey Seyssel
Sez Sezza

S. Gad Sjerra de Gador

Siebengb Siebengebirge

Sieg Siegen

Sigm Sigmaringen

Sim Simplon

Sm Semmelberg

S. Μ St. Marie aux mines

Sneeb Schneeberg {bei Triest)

Sneeb Schneeberg (bei Wien)

Solst Sollstein

Somp Sompuis

Sp Spoleto

S. R See Rikavetz

Sr. Al Sjerras Albas {Cantahr.

Geb.)

Sr. d. Guara Sjerra de Guara
Sr. Sej. Sjerra Sejos ■
S. Sal San Salvador
St Hohe Sentis
St Sterzing
{Tirol)
St Strela od. Eürkli Scheideck
{Graubündten)
St. Alp Stang-Alp
St. Β St. Bernhard, kleiner
St. Ben St. Benedek
Sternb Sternberg
St. G St. Genis od. St. Genix
St. Hy St. Hyppolit
St.Ifo St. ndefonso
St. Im St. Imier
St. J St. Johann
St.JeanPd.P St.JeanPied-de-
Port

St. Marcel St. Marcello
St. M. d. Ch St. Martin de

Chautieu
St. Max St. Maximin
St. Mh · St. Menehould
St. Mich Monte St, Michel
St. Ρ St. Pons
St. Qutin St. Quentin
Str Stralsund
St. S St. Sovelin
St.Ste St. Stefano
St. Stef St. Stefano
Stubbenkmm Stubbenkammer
Statt" Stuttgart
St. V St. Victoire, Berg
Such Suchet, Berg
Sul Sulmona
Sychar Sycharitza

Τ Tagliaferro {Central-Alp.)
Τ Tetschen {Böhmen)
Τ Toussaines {Bretagne)
Τ Tricala {Thessalien)
Τ Trojak {^Macedonien)
Tach Tachau
Tag Tagliacosso
Tarn Tamsweg
Tar Mont Tarare
Tarasc Tarascon
Tard Tardet
T. Draj Telenka Draja
Tei Teinitz
Temp Temphn
Ten Hohe Tennergebirge
Tend Mont Tendre .
Termi Terminillo, grande et
picolo

Terrae Terracina

Teütob. W Teütoburger Wald

Th Thurndprf

Ti Tivoli

Tob Toblach

Tomor Tomoros

Torg Torgau

Tr M.ozitTv&\ot {West-Alpen)
Tr Trient
Tr Trier

Tr Trunz {Preüssen)
Tripl Tripolitza
Tsch Tschainitza
Tstein Traunstein
Tul Tülle

Us Uessel
Usk üskiub

V Veleta, Pik {Sierra Nevada)

V Grand Ventron {Vogesen)

V Vicenza {Ober-Italien)

V Vichy {Auvergne)

V Vignemale {Pyrenäen)

V Vigo {Tirol)


1  Zur Maladetta {Moni Maudi, ver-
flachter Berg) gehört der Pik Ne-
then (Anethou), der Kulminations-
punkt der Pyrenäen.

-ocr page 12-

Geologie. 11

ν Vogel (Rheinquelle)

Val Valence

Valp Valplan

V. d. D Val de Dieu

Vel Velletri (bei Rom)

Vel Velutschi (Griechenland)

Venas Venasque

Vener Venerata, Monte

Verd Verdun

Vill Villacli (Ost-Alpen)

Vill Villingen (Schwarzwald)

Villahar Villaharta

Voi Voirons

Vran Vranatz

W Wildberg
Waam Wazmann
Wbg Würtzburg
Weim Weimar
Wildh Wildenhof
Witt Wittenberg
W. J Wormser Joch

Ws Wesel
Wsl Wesselv
Υ York
Ζ Zürch

Zirkn. S Zirknitzer See
Z. Μ Zeda Monte
Zw Zwettel


Am Schluss dieser Bemerkung glaube ich darauf merksam machen zu müsseii, dass die Karte von
den Haupt-Gebirgs-Systemen Eüropa's an Deütlichkeit gewinnen dürfte, wenn einige der Kurven gleicher

Höhe verschiedenartig iUuminirt werden. Mit den Kurven von 1000 Fuss und 2000_4000 Fuss habe ich den

Versuch gemacht und gefunden, dass dadurch die Ansicht über die Lage und das Streichen der Gebirgs-
ketten und Bergebenen wesentlich erleichtert wird. Mancher Liebhaber wird vielleicht meinem Beispiele
folgen.

N". 4. Geologie voa Eüropa, nach den Hanptverhältnissen. _ Allgemeine geognostische Uebersicht
der Znsammenfligung der Erdrinde; — so wie chronologische Reihenfolge der Hehnngssysteme;
beide in tabellarischer Form.

Je sorgfaltiger seit dem letzten halben Jahrhun-
dert die Zusammensetzung der Erdrinde, erforscht
wurde, um so mehr erkannte man die Wichtigkeit
und den Werth, welchen die Kenntniss des Felsbaues
der Erde für die gesammte Erdkunde hat. Das Be-
streben, die durch solche Forschungen erlangten Er-
gebnisse auf leicht übersichtliche Weise zu veran-
schaulichen und deren Zusammenhang mit anderen
geographischen Verhältnissen nachzuweisen, führte
zur Anfertigung der geologischen Karten.

Man deütete, was man einer gleichartigen und
gleichzeitigen Bildung beizählte, durch gleiche Far-
ben an: Angaben, die schon an sich allein für die
Erdkunde von Werth sind, nicht nur durch den Nach-
weis, welchen sie über die Verbreitung mehr oder
weniger nutzbarer Natur - Erzeügnisse gewähren,
sondern auch durch Veranschaulichung der Umän-
derungen, welche die Erdrinde in ihren verschiedenen
Entwicklungs-Epochen erlitten hat.

In letzter Beziehung wurden gute geologische
Karten um so brauchbarer, je mehr die Hypothesen
über die Entstehungsweise der verschiedenen Ge-
steine eine, der Zuverlässigkeit nahekommende Wahr-
scheinlichkeit erlangten, und je entschiedener sie in
dem einen Theil derselben den Niederschlag aus frü-
heren Wasserbedeckungen, in dem andern Gebilde
durch unterirdische Natur-Prozesse erzeügt, erken-
nen lassen.

Doch noch wichtiger und entschiedener wurde die
Wechselwirkung zwischen Geologie und Geographie,
als man, hauptsächlich durch die Ergebnisse der For-
schungen Leopold's von Buch über die Gestaltung
der Oberflächen-Verhältnisse der Erde zu klareren
Vorstellungen gelangte. Dieser grosse Geognost hat
zuerst gezeigt, dass gewisse pyrotypische Fels-
arten, oder Gesteine, welche verrathen, dass sie
dem Einflüsse des Feüers unterworfen gewesen
sind, unter gewaltsamen Catastrophen den Weg
zur Erdoberfläche sich gebahnt, und in dieser all-
mälig die bedeütendsten Umgestaltungen hervorge-
bracht haben. Hier bewirkten sie weit ausgedehnte
Emporhebung des Bodens über sein bisheriges Ni-
veau, dort veranlassten sie die Einsenkung weit ge-
streckter Flächenraüme imter dem Meeresspiegel.
Während sie sich, und die angränzenden älteren Ge-
bilde zu höheren und niederen Gebirgen erhoben,
veranlassten sie gleichzeitig tiefe Spalten und Ein-
schnitte an der Oberfläche, in denen sich die Gewäs-
ser einen neüen Weg bahnten. Welche Wichtigkeit
die Verbreitung solcher Gesteine für die richtige

Kenntniss unseres Erdkörpers hat, bedarf keiner
weitern Erwähnung.

Aus diesen Rücksichten ist, auch abgesehen vom
Einfluss der Gebirgs-Formationen auf Boden-Be-
schaffenheit, QueUen-Eeichthum und Vegetation, die
Beigabe von einigen geologisch-kolorirten Karten als
ein nothwendiger Bestandtheil des Physikalischen
Atlas erachtet worden. Die erste dieser Karten giebt
ein ganz allgemeines Bild vom Bau der Erdrinde in
Eüropa. Das Format derselben hat es aber gestattet,
den von ihr übrig gelassenen Raum des Blattes zur
Darstellung einer_

1) Allgemeinen geognosiischen Uebersicht der Zusam-
menfügung der Erdrinde
zu benutzen, um als Grundlage zu dienen für den,
auf No. 11 gegebenen idealen Durchschnitt von der
Bildung der Erdrinde. Diese Uebersicht erheischt
einige erlaüternde Bemerkungen.

Die Geognosie hat den Zweck, den Bau der festen
Erdrinde kennen zu lernen, und überliess es bisher
der Geologie zu untersuchen, auf welche Art das
Vorhandene entstanden sei. Sie ist daher nach frühe-
ren Begriffen eine reine Erfahrungs-Wissenschaft,
der eigentlich alle Speculation fremd ist; allein man
ist davon in neüerer Zeit zurückgekommen, und hat
eingesehen, dass es kaum möglich sei, sie ganz von
geologischen Betrachtungen getrennt darzustellen,
da diese mit der Geognosie so innig verbunden sind.
Geognosie und Geologie sind daher, nach heütigem
Begriff eine einzige Wissenschaft, die den zidetzt
erwähnten Namen führt, und deren Gegenstand darin
besteht, die Structur der festen Theile der Rinde
unseres Planeten zu ermitteln, die Erscheinungen,
welche aus dieser Structur hervorgehen, nachzuwei-
sen und die Gesetze aufzufinden, die bei dem Bau
der Erdrinde maassgebend gewesen sind. '

Die Geologie stützt sich zwar unmittelbar auf die

Mineralogie,_oder die Kenntniss der einfachen und

zusammengesetzten unorganischen Naturkörper, wel-
che den festen oder starren Theil der Oberfläche des
Erdkörpers bilden, — da die Gebirge als Aggregate
von Gesteinen bestehen, die man kennen muss, um
ihre Natur zu erkennen und zu beschreiben; doch
sind es andere Verhältnisse, als die mineralogischen,
die den Geologen leiten, da gleiche Mineralien in fast
allen Formationen gefunden werden.

Die Erfahrung hat durch vielfältige Beobachtun-
gen gelehrt, dass die Erdrinde zum grössten Theil
aus übereinanderliegenden Schichten zusammenge-

3*


-ocr page 13-

12 Dritte Abtlieilung.

setzt wird, von denen, wenigstens im Allgemeinen
betrachtet, eine untere stets älter, als eine obere sein
wird. Daher ist es ein wichtiger Gegenstand, auszu-
mitteln, ob eine, und welche allgemeine Folge von
Schichten, oder Straten, vorhanden ist, aus welcher
Betrachtung dann das verhältnissmässige Alter einer
jeden Schicht sich von selbst ergiebt. Damit beschäf-
tigt sich die Stratigraphie, oder Schichtenlehre,

Ein System über die Altersverhältnisse der Schich-
ten, oder über die allgemeinen gegenseitigen Lage-
rungsverhältnisse, kann nur das Ergebniss vieler
genauen, über grosse Länderstrecken verbreiteten,
correspondirenden Beobachtungen sein, denen sich
stets grosse Schwierigkeiten entgegensetzen. Am
meisten aber wird die Erörterung über die Lage-
rungsverhältnisse der Schichten dadurch erschwert,
dass Massen, im Innern der Erdrinde gebildet, sich
mit den vorhandenen Schichten verbinden, diese he-
ben, zerreissen, verändern, sich zwischen sie schieben
und über ihnen aufthürmen, wie es zTim Theil noch
unter unsern Augen bei den Laven der feüerspeien-
den Berge der Fall ist. Solche Emportreibungen
haben die ursprüngliche Eegehnässigkeit der Schich-
ten und auch oft deren Natur ganz verändert, obwol
die Gesteine dieser beiden Bildungsarten im Allge-
meinen einen gewissen eigenthümlichen Character
tragen, so wird dieser oft so verdunkelt, dass es
kaum möglich ist, sie scharf zu trennen.

Aber nicht blos die mineralischen Bestandtheile
der festen Erdrinde weisen uns die Reihenfolge der
Begebenheiten nach, denen die Erde ihre gegen-
wärtige Oberflächen-Gestalt verdankt; dies thun
auch, und sogar in noch weit höherem Grade
die Ueberreste der organischen Wesen, welche einst
' die Erde bewohnten: der Pflanzen, welche ihren
Schmuck ausmachten, der Thiere, welche das feste
Land, die süssen Wasser und den Ocean belebten.
Die Reste dieser Organismen sind zum grossen
Theil in steinige Massen verwandelt und in den
Schichten der Erdrinde in einer festbestimmten
Reihenfolge niedergelegt, welche der Folge der Zeit-
raüme entspricht, innerhalb deren sie sich auf der
Erdoberfläche entwickelten. Diese Petrefacten oder
Versteinerungen, mit deren Ergründung sich die
Paläontologie oder Versteinerungskunde beschäftigt,
sind uns ein fast untrüglicher Wegweiser in dem
sonst so dunkeln Gebiete der Erdgeschichte; und
ihr Studium ist es, welches uns zu der üeberzeü-
gung geführt hat, dass nicht von Einer Schöpfiing
die Rede sein könne, wie sie die heiligen Schrif-
ten der mosaischen und christlichen Völker und
die Mythen der Völker anderer Kulturkreise über-
liefert haben, sondern dass mehrere Schöpftingen
Statt gefunden haben, die in ununterbrochener Reihe
aufeinander gefolgt sind.

So ist in der kalten Erdschicht und dem todten
Stein die heilige Schrift der Natur gegeben, die mit
ihrem lebendigen Wort uns erwärmt in der Erkennt-
niss, dass die Schöpfungen in ihrer Aufeinanderfolge
stets vollkommener geworden sind: Die organischen
Wesen haben sich vollständiger entwickelt; sie haben
in der Kette der Schöpftingen die rohen und plumpen
und riesenförmigen Gestalten in einer deütlich er-
kennbaren allmäligen Stufenreihe gegen anmuthigere,
zierlichere und — ästhetischere Formen vertauscht,
was namentlich von der Fauna der verschiedenen Pe-
rioden der Erdbildung zu sagen ist, wie wir uns
leicht überzeügen können, wenn wir einen Blick wer-
fen auf unser Blatt No. 11, wo — in Umrissen die
Gestalten der antediluvianischen Thiere abgebildet
sind, deren Ueberreste, im versteinerten Zustande,
von einem Grabe der Erdschichten umschlossen wer-
den, dessen Alter, über jede Zeitrechnung hinaus,
in die Unendlichkeit zurückgeht.

Wenn aber auf den Blättern der heiligen Schrif-
ten der Natur deütlich geschrieben steht, dass Flo-
ren und Faunen vollkommenere Organe zur Lebens-
thätigkeit erhalten haben, dürfen wir da nicht an-
nehmen, dass es des Schöpfers Wille sei, auch sein
jüngstes Geschöpf, den Menschen, körperlich wie
geistig vollkommener zu organisiren?

Die Geologie, eine Erfahrungswissenschaft, steht
nicht einen Augenblick still; innerhalb der letzten
fünfzig Jahre aber hat sie grössere Fortschritte
gemacht, als Jahrhunderte vorher es nicht vermögt
haben. Wenn gleich diese frühere Zeit Ideen über
die Zusammenfügung der Erdrinde entstehen sah,
welche mit den heütigen Begriffen über Erdbüdung
nahe zusammen fallen, was im Besondem von Ste-
no's Ansichten, 1669, gesagt werden muss, so ver-
mogten sie es dennoch nicht, sich Bahn zü brechen
und Geltung zu verschaffen; sie wurden vielmehr
durch Luftgebilde einer lebhaften Einbildungskraft,
in die sich auf religiösem Boden nicht selten Traü-
mereien der mosaischen Schöpftingsgeschichte meng-
ten, verschleiert und in den Hintergrund gedrängt,

bis es, _ ohne der Uebergänge zu gedenken, _

der von Werner in Freiberg seit dem Jahre 1775
gestifteten geologischen Schule vorbehalten gewesen
ist, die Geologie auf den Standpunkt zu erheben,
den sie gegenwärtig einnimmt.

Nach der von Werner aufgestellten Theorie der
Bildung der Erdrinde war der ganze Erdball aus
dem Wasser hervorgegangen und demnach die Schich-
tung ein wesentlicher Charakter der mineralischen
Bestandtheile. In Werner's rein neptunischer
Ansicht von der Entstehung der Erdrinde hatte
sich aus dem Wasser zuerst _

Das Urgebirge in krystallinischer Form nie-
dergeschlagen, das wesentlich aus Granit, Gneiss,
Syenit etc. bestand, und das erste feste Gerippe
bildete, um welches herum dann die anderen For-
mationen sich anlagerten. Nach dem Urgebirge kam
nun die Gruppe —

Der Uebergangsgebirge, welche hauptsächlich
aus den Trümmern des Urgebirgs zusammengesetzt
waren. Die schiefrigen Gebilde aller Art, welche die
granitischen Gesteine umlagern, die Thonschiefer,
Grauwacken, Conglomerate u. s. w. bildeten nebst
dem Uebergangskalkstein diese zweite Gruppe der
Werner'schen Formationsreihe. Eine dritte' Gruppe
umfasste_

Das Flötzgebirge, welches in verschiedene
Abtheilungen zerfiel. Die ältesten Flötzschichten
waren gebildet von dem Rothen Todtliegenden oder
dem ältern Sandstein und den Steinkohlen, und be-
griffen überhaupt alle Schichten zwischen dem Ue-
bergangsgebirge einer Seits und dem Zechsteiae
anderer Seits. Der Zechstein selbst bildete eine
zweite besondere Gruppe, auf welche als dritte
Gruppe der bunte Sandstein oder der jüngere Sand-
stein mit Gyps und Steinsalz folgte. Besonders ab-
getrennt von dem bunten Sandstein, dem Gypse
und dem Steinsalze war der Muschelkalk, oder


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Geologie. 48

jüngere Flötzkalk, auf welchen dann als jüngste Bil-
dung in der Reihe des Flötzgebirgs der Quadersand-
stein folgte. Alles was sich über dem Quadersand-
steine befand wurde als —

Aufgeschwemmte s Land bezeichnet und nicht
weiter in besondere Epochen geschieden, wenn gleich
die mineralische Verschiedenheit einzelner Glieder
anerkannt wurde. Der Basalt galt als jüngster Nie-
derschlag des aufgeschwemmten Landes.

Die Vulkane waren für "Werner nur örtliche Er-
scheinungen, Erdbrände der oberflächlichen Schichten,
bedingt durch die Entzündung von Steinkohlenflötzen
oder ähnlichen Anhaüfungen brennbarer Mineralien;
eine beschränkte Ansicht, die sich zwar dadurch er-
klären lässt, dass ihr Urheber Vulkane niemals selbst
gesehen hatte; wesentlich aber dazu beigetragen hat,

dass seine Theorie_in die Luft gesprengt worden ist.

Es war nothwendig an das "Werner'sehe System zu
erinnern, um den Standpunkt klarer überschauen zu
können, auf dem die Geologie mit ihrem heütigen
Systeme angelangt ist.

Man kann die Gebirgsarten nach dem Vorgange
A. von Humboldt's in z\vei Haupt-Abtheilungen zer-
legen, in_endogene Gesteine, die im Innern, und

in exogene Gesteine, die von aussen an der Ober-
fläche erzeügt sind. Auf diese Eintheilung stützt sich
die in unserm Blatte No. 4 gegebene „Allgemeine
geognostische Uebersicht der Zusammenfügung der
Erdrinde.

L Die endogenen Gesteine umfassen:
1) Die krystallinischen Massen-, oderAus-
bruchs-(Eruptions-)Gesteine, die ungeschich-
teten oder Felsarten, bei denen sich keine Schichtung
wahrnehmen lässt, die abnormen Gesteine, die keine
Versteinerungen umschliessenden Bildungen, das so-
genannte Urgebirge; und dieses zerfällt seiner Seits

ο

in_

A) Plutonische Gebilde, welche unter
dem Einfluss einer hohen Temperatur in einem wei-
chen, mehr oder minder zähen Zustande aus dem In-
nern der Erde hervorgehoben worden oder ausgebro-
chen sind; und in _

B) Vulkanische Gebilde, d. i. geschmol-
zene oder im ersten Zustande durchglühte Materien,
die aus dem Innern der Erde an die Oberfläche ge-
hoben oder emporgeschleüdert, und darüber ergossen
oder ausgeworfen sind; wobei die Produkte imter-
schieden werden, je nachdem sie a) von den älteren
Vulkanen herrühren, die erloschen oder nicht thätig
sind; und b) von Vulkanischen Essen, welche sich
noch im brennenden Zustande befinden.

2) Die krystallinischen geschichteten oder
umgewandelten (metamorphosirten) Gestei-
ne, welche in ihrem innern Gewebe und ihrer Schich-
tenlage entweder durch Berührung und Nähe eines
plutonischen oder vulkanischen Ausbruchs-Gesteins,
oder, was wol haüfiger der Fall ist, durch dampfar-
tige Sublimation von Stoifen, welche das heiss-flüs-
sige Hervortreten gewisser Eruptions-Massen beglei-
tet, verändert worden sind; es sind die Gesteine,
welche man krystallinische Schiefer nennt, und zum
Theil das sogenannte Urschiefer-, oder Uebergangs-,
oder Grundgebirge ausmachen.

II. Die exogenen Gesteine umfassen:

3) Die Sediment-Gesteine, d.i. die in tropf-
baren Flüssigkeiten niedergeschlagenen und abge-
setzten Erdarten, welche eine deütlich erkennbare

PHYSIK. ATLAS ABTH. III.

Schichtung haben und durch das Emporheben der
endogenen Gesteine aus ihrer wagerechten Lage
mehr oder minder verschoben worden sind; es sind
die normalen, Versteinerungen enthaltenden Gestei-
ne, die Lagerstätten von Ueberresten theils unterge-^
gangener, theils noch lebender Floren und Faunen.
Die Sediment - Gesteine sind die neptunischen, oder
die ganze Reihe von Erdbildungen, welche Werner
unter dem Namen des Flötzgebirges und des aufge-
schwemmten Landes zusammenfasste.

Die abgesetzten versteinerungsführenden Ge-
steinsschichten sind in verschiedenen Perioden der
Erdbildung entstanden. Man unterscheidet deren
drei, die primäre, die secundäre und die tertiäre Pe-
riode. Hierauf gründet sich in unserer Tabelle auf
No. 4 die Vertheilung der Sedimentgesteine, für de-
ren genauere Bestimmung vorzugsweise englische
Geognosten bemüht gewesen sind. Im Besondern
haben sie in der neüesten Zeit ihre Aufmerksamkeit
der Untersuchung der zur ersten Periode gehörigen
Paläozoischen Gebilde zugewendet, und die
Reihe von Gesteinen, welche als Uebergangs-Ge-
birge betrachtet, oder auch Grauwackengruppe ge-
nannt werden, in drei Systeme gespalten, das Cam-
brische, das Silurische und das Devonische System.

Das Cambrische System, nach den „Camhrian
Mountains"
in "Wales genannt, besteht aus Schichten
von Thonschiefer verschiedener Consistenz und Far-
be, und aus schiefriger Grauwacke, Versteinerungen
sind selten, und die vorkommenden wenig bekannt.

Das Silurische System, nach ά^η „Silures" ge-
nannt, dem Haupt-Volksstamm der alten Kelten,
welche einen Theil des Fürstenthums "Wales und der
angränzenden Grafschaften von England bewohnten,
zerfällt in eine untere, 3700 Fuss mächtige Gruppe,
und in eine obere Gruppe, welche eine Mächtigkeit
von 2500 Fuss besitzt. DieLlandeilo Gesteine,
schiefrige Grauwacken mit sehr feinem Korn, zu-
weilen Kalk enthaltend, auch quarzige Bestandtheile
und abwechselnd kieselhaltige Quadersandsteine füh-
ren ihren Namen nach „Llandeilo" in
Caermarton
Shire,
Wales. Die Caradoc-Sandsteine heissen
nach
„Caer Caradoc" in Shropshire, England; es
sind quarzhaltige Sandsteine, die zuweilen mit dün-
nen thonigen Kalksteinen und Mergelschichten ab-
>vechseln. Der Weη 1 οck-Kalkstein bildet Ueber-
gänge von fast reinem Thonschiefer zu Kalkschich-
ten, die zuletzt überhand nehmen und, mit dem Ver-
schwinden des Thonschiefers nur allein die Schicht
ausmachen. Sie ist nach „Wenlock Edge" in Shrop-
shire genannt. Endlich die Ludlow-Feisen, von
dem, in derselben Grafschaft belegenen „Schlosse
Ludlow" genannt, bestehen aus festem Thonschiefer,
thonigem Kalkstein, Aymestry-Kalk genannt, und
aus grauem Sandstein. Das
Silurian-System der
Engländer stimmt mehr oder minder mit der älteren
oder unteren Grauwacken-Formation der deütschen,
und dem
Terrain ardoisier der französischen Geo-
gnosten überein.

Das Devonische System, das seinen Namen
von der englischen Grafschaft „Devon" führt, ent-
spricht der jüngern oder obern Grauwacken- und der
Formation des alten, rothen Sandsteins der Deüt-
schen, und dem
Vieux gres rouge, Terrain anthraxi-
/ere der Franzosen. Die Mächtigkeit desselben be-
trägt an 10,000 Fuss. Die unteren Schichten be-
stehen aus
Tile-stone, oder Ziegelstein: harten, fein-

4


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u Dritte Abtheilung,

körnigen Sandsteinen, die als Dachschiefer benutzt
Averden; die mittleren Schichten werden von
dem
Corn-stone, oder Kornstein gebildet: bunten
Mergeln mit thonigen Sandsteinen und unreinen Kal-
ken abwechselnd. Die oberen Schichten des De-
vonian-System bestehen aus quarzhaltiigen Sandstei-
nen, die mit Conglomeraten, kieseligen Puddingen
und bunten Mergeln wechseln.

Die Tabelle auf No. 4 enthält die Klassifikation
der Sediment-Gesteine auf Grund der Beobachtun-
gen, welche in allen Ländern Eüropa's angestellt
worden sind, und unter Benutzung vornehmlich der
Arbeiten jetzt wirkender englischer Geologen. Die
Schichten sind nach ihrer Altersfolge von unten nach
oben aufgezählt.

Um jedoch auch die Ansichten zu zeigen, welche
deütsche Geologen im Besondern von der Altersfolge
der Schichten haben, indem sie sich hierbei vorzüg-
lich auf Beobachtungen stützen, die in den Gebirgen
Deutschlands angestellt wurden, schalt' ich die von
Bernhard Cotta aufgestellte Tabelle ein, welche die
Sedimentgesteine nach ihrer Altersfolge von oben
nach unten, und zugleich die Nachweisung der me-
tamorphischen und der massigen Felsarten nebst der
Angabe enthält, bis zu welchen Höhen letztere, die
vulkanischen und plutonischen Gesteine, aus dem
Innern der Erdrinde aufsteigend, die Formationen
der Schichtgesteine durchbrochen haben. Es ist mit
dieser Uebersicht zugleich die ältere Eintheilung in
Ur- und Uebergangs-Gebirge, Secundäre und Ter-
tiäre Gebilde verbunden worden, weil diese Benen-
nungen meistens noch allgemein gelaüfig sind.

In keinem Zweige der Naturwissenschaften wer-
den, man kann sagen, täglich so viele neüe Ent-
deckungen gemacht, als in der Geologie und der
damit innigst verbundenen Paläontologie. Daher
kommt es, dass ein durchgreifendes geologisches
System, eine unveränderliche Klassifikation der Fels-
arten nach Perioden, Gruppen und Formationen zu
erreichen bis jetzt unmöglich ist; daher der haüfige,
fast unaufhörliche Wechsel in Stellung und Benen-
nung der Gebilde und selbst der Felsarten; was
zwar seine unbequemen Seiten hat, nichts desto we-
niger aber eine der erfreülichsten Erscheinungen ist,
die es giebt, weil sie Zeügniss ablegt von dem un-
aufhörlichen Streben des menschlichen Geistes in
dem heiligen Buche der Natur richtig lesen zu lernen,
und, unabhängig vom Glauben, durch Wissen zur
wahren Erkenntniss zu gelangen des Alls, in wel-
chem er selbst, ein Ausfluss des unendlichen Welt-
geistes, schweift und schwebt als Atom zwar, dem
es aber in der kurzen Spanne Zeit seiner diesseitigen
Thätigkeit beschieden ist, die Materie sich unterthan
zu machen.

Die Tabelle der allgemeinen geognostischen Ue-
bersicht der Zusammenfügung der Erdrinde würde
an Deutlichkeit ■ Einbusse erlitten haben, wenn sie
die Nomenklatur der Formationen vollständig, mit
all' ihren Synonymen, aufgenommen hätte. Die
Kenntniss dieser Synonymen ist aber wichtig, um
die von verschiedenen Geologen aufgestellten An-
sichten vergleichen zu können; daher eine Nachwei-
sung der hauptsächlichsten hier nicht am unrechten
Orte sein wird. Ich nehme dabei auf die Terminolo-
gie der englischen und französischen Geognosten
Rücksicht und knüpfe an diese Nachweisung einige

Bemerkungen über die mineralogischen Charakter
der Formationen.

Das paläozoische Gebilde, Groupepalaeozoi-
que
der Franzosen, ist, wie schon oben erwähnt
wurde, gleichbedeütend mit der Grauwacken-Gruppe
der deütschen Geologie, aber es hat in Deütschland
nicht die Ausdehnung, wie in England.

Das Steinkohlen-System heisst bei den Eng-
ländern
Carhoniferous Group, bei den Franzosen

Terrain houüler._Kohlenkalkstein ist synonym

mit Hochgebirgskalk, Bergkalk, Mountain lime-
stone, Encrinal, Durham Formation; Calcaire ä
encrines, Calcaire carhonifhre,
es ist ein grauer,
kompakter und krystaUinischer Kalkstein, reich an

Blei-Adern. _ Die Steinkohlen - Formation

heisst auch die des Kohlensandsteins und des flötz-
leeren Sandsteins, des ersten Flötz- oder alten Sand-
steins; im Englischen
Great Coal, Goal measures,
Carhoniferous grit, Millestone grit,
im Französischen
Gres Jiouiller oder Grhs charhonneux, auch Gres
ancien rouge,
genannt. Diese Formation besteht aus
abwechselnden Lagern von Thonschiefer und fein-
körnigem Sandstein, mit untermengten Kohlenlagern
und zuweilen mit einzelnen Bänken eines rauhen,
porösen Sandsteins. Die Haupt-Lagerstätten der
Steinkohle sind, auf dem Festlande: Schlesien,
Böhmen, Westfalen, Belgien; in England: Northum-
berland, Durham, Yorkshire, Lancashire, StrafFord-
shire, Somersetshire, Süd-Wales, die Thäler des
Förth und der Clyde. In Durham erstreckt sich das
Kohlenfeld
(Coal-Field) von South Shields südlich
nach
Castle Eden, 21 Miles; von da westlich bis
West-Auckland, 32 Miles; nordöstlich von West-
Auckland nach Eltringham, 33 Miles und dann nach
Shields,
22 Miles, was ein Areal ist von 594 Quadrat-
Miles. In Northumberland erstreckt sich das Kohlen-
feld von Shields gegen Norden 27 Miles Aveit, bei
einer durchschnittlichen Breite von 9 Miles, was
243 Quadrat-Miles giebt. Beide Felder zusammen
837 engl, oder 39 deütsche Quadrat-Meilen.

Das Permische System stimmt in der Haupt-
sache mit der Zechstein-Gruppe der deütschen Geo-
gnosten überein. Es hat seinen Namen von dem eng-
lischen Geologen Murchison nach dem russischen
Gouvernement Perm erhalten, woselbst, wie in Russ-
land überhaupt, die Schichten dieses Systems in
ungeheürer Ausdehnung und meist in ungestörter,
wagerechter Lage vorkommen. Früher hiess dieses
System in der englischen Geologie
Magnesian Li-
mestone Group;
die neüere Geologie der Franzosen
giebt ihm den Namen
Systeme permien oder S. pe-

neen. _ Das. Rothliegende ist einerlei mit dem

Todtliegenden, dem Grau- (Weiss-) Liegenden, mit
rothem Sandstein, Alpensandstein (Mels-Formation)
und Sandflötz;
Red conglomerate, New Red conglo-
merate, Red sandstone; Gres ancien rouge, Psefite;
ein meist rother, zu\veilen grüner oder grauer Sand-
stein von feinem Korn; der nach unten hin in grö-
beres Conglomerat übergeht. Das AYeissliegende im
Besondern besteht aus einem weissgrauen Sandstein
von sehr feinem Korn._ Der Zechstein der deüt-
schen,
the Magnesian Limestone der englischen und
le premier calcaire sicgndaire der französischen Geo-
gnosten ist gleichbedeütend mit Erstem Flötzkalk
und mit Kupferschiefer. In der Tabelle sind die ver-
schiedenen Schichten genannt, aus denen diese For-
mation von unten nach oben besteht. Zu ihr ist viel-


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Geologie. 15

Ansicht der «leütscheii (ie«log«n ron der Klassifikation der Felsarten

in tabellarisch geordneter Nachweisung:

A. der Gruppen und Formationen der versteinerungsführenden, geschichteten Gebirgsarten, nach

ihrer Altersfolge von oben nach unten;

B. der krystallinischen, vulkanisch-plutonischen oder massigen, und

C. der umgebildeten, oder metamorphischen Felsarten.

[Bei den endogenen Gesteinen ist zugleich angegeben, bis zu welchen Höhen sie, aus dem Innern der Erde empor-
steigend, die Schichten durchbrochen haben.]

Aeltere
Einthei-
lung.

B. Vnlkaniscbe und plutonisohe
Felsarten.

A. Gruppen und Formationen der Sedimentgesteine.

I. Alluvialgebilde.

Thon, Lehm, Sand, Kies, Geschiebe, mit Resten von Pflanzen und
Thieren der jetzigen Zeit.

Laven der noch jetzt bren-
nenden Vulkane.

II. Diluvialgebilde.

1) Nordische Geschiebe, erratische oder irrende Blöcke.

2) Lös-Formation, mit Knochen ausgestorbener Thiere.

III. Molasse-firuppe.

1) Obere Braunkohlen-Formation, mit Süsswasser-Muscheln

und Landthierknochen.

2) Grobkalk-Formation, mit Meermuscheln und Ueberresten von

Landthieren.

3) Untere Braunkohlen-Formation, mit Landpflanzen: Zapfen

und Zweige von Coniferen; Blätter und von Palmen u. s. w.;
auch Ueberreste von Landthieren.

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^

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M.

Ο
Oj

CD

-Basalt,

- Dolerit,

- basaltischer Mandelstein,

-Phonolith,

-Trachyt.


IV. Kreide-Gruppe,

1) Kreide-Formation, mit Seemuscheln und Korallen.

2) Quadersandstein-Formation, mit Seethieren, meist Muscheln.

3) Wald-Formation, mit Land- und Sumpfpflanzen.

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V. Jura-Gruppe.

1) Jurakalkstein - Formation, mit Seemuscheln imd Korallen,

Fischen und Sauriern.
2) Lias-Formation mit Meerthieren: Muscheln, Fische, Saurier.

VI. Trias-Gruppe.

1) Keüper-Formation, mit Landpflanzen, Seemuscheln.

2) Muschelkalk-Formation, mit Muscheln, Fischen, Sauriern.

3) Formation des bunten Sandsteins, mit wenigen Landpflan-

zen, Farren, noch weniger Meermuscheln.

- Melaphyr,

• Mandelstein,

- Erzgänge.

• Pechstein,
Feldstein-Porphyr.


VII. Zechstein-Gruppe.

Zechstein-Formation; Niederlage von Seethieren, Fischen u, s. w.

Grünstein (Diorit).

t-Λ*

3
p:

et)
i-j

Ο
CD

vni. Steinkohlen-Gruppe.

1) Formation des Rothliegenden. Landpflanzen, versteinerte

Hölzer, Farrenstämme, Calamiten, Cycadcen u. s. w.

2) Steinköhlen-Formation. Landpflanzen, Calamiten, Lepidoden-

drcn, Sigillarien, Lycopodien, u. s. w.

3) Kohlenkalkstein-Formation. Meermuscheln, Korallen.

4) Formation des alten, rothen Sandsteins. Desgleichen.

CT?

CD

— Granit,

— Granulit,

— Syenit.

Ot!

IX. Grauwacken-Grnppe.

1) Obere Grauwacken-Formation.

2) Untere Granwacken-Formation. Vorherrschend Meerthiere.

C. Umgebildete oder metamorphische Felsarten.

Mit ihren Einschlüssen (Quarz-, Kiesel-, Alaun-, Horn-
blende-, Chlorit- und Talkschiefer u. s. w.), ohne Ver-
steinerungen.

1) Gneis

2) Glimmerschiefer

3) Urthonschiefer

4) Qnarzfels

5) Körniger Kalk

6) Dolomit

leicht auch das Weiss- und Grauliegende als unterste
Schichten zu rechnen. Kupferschiefer ist synonym
mit bituminösem Mergelschiefer,
Bituminous marle-
slate, Schiste cuivreux et mavneux^
ein sehr bituminö-
ser Thonschiefer mit grossem Eeichthum an Kupfer-
erz. Zechstein oder älterer Kalkstein, erster Flötz-


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16 Dritte Abtlieilung.

kalk, früher auch Alpenkalk genannt, was jetzt als
unstatthaft anzusehen sein dürfte;
Magnesian Lime-
stone, Conglomerate Limestqne, First secondary Lime-
stone,
ein thoniger, grauer Kalkstein mit erdigem
Bruch. Stinkstein;
Stinkstone; calcaire hitumineux ou
fitide,
ein schwarz-oder gelbgrauer Kalkstein, derbeim
Reiben einen Übeln Geruch entwickelt. Eauchwacke
endlich ist ein wahrer Dolomit (kohlensaurer Kalk)
mitziemlichbedeütendem Bittererdegehalt, vonrauch-
brauner Farbe und nur selten oolithisch; diese Eauch-
wacke ist nur zum Theil der
Magnesian Limestone der
Engländer, die sie auch
Red Sand Limestone nennen,
während die Franzosen ihr den Namen
Oolomie oder

Wacke enfumSe geben._Der Vogesensandstein,

Gres des Vosges, ist ein Sandstein, der dem bunten
Sandstein sehr nahe steht, aber ohne Fossilien ist.

Das Triasische System führt seinen Namen,
weil drei Formationen in der Regel einander beglei-
ten, und ist gleichbedeütend mit dem Begriff Salzge-
birge. In der englischen Terminologie heisst es
New
Red Sandstone Group
oder Poihilitic- System (der
früheren Geologen), zu dem aber auch die Formatio-
nen gezählt wurden, die man heüte unter dem Per-
mischen System begreift.
Groupe triasique ist der
französische Ausdruck, der mit
Terrain salifaire sy-
nonym ist. — Der bunte Sandstein, mittlere
Flötzsandstein, Sandstein von Nebra, neüe rothe
Sandstein; Sandstein mit Thon, neüer Sandstein;
Variegated Sandstone, New Red Sandstone, Red
Marl; Grhs higarrS, Gres avec argile,
ist ein Sand-
stein von kleinem, oft feinem, meist sehr gleichem
Korn, der seinen Namen von den rothen, weissen
und gelben Streifen führt, die oft in ihm vorkommen.

_ Der Muschelkalk, zweite Flötzkalk, jüngere

oder obere Flötzkalk, rauchgraue Kalkstein, Trochi-
tenkalk, Gryphitenkalk, Muschelmarmor;
Shell-
Limestone,
auch Muschelkalk; Calcaire secondaire^
C. coquiller, C. horizontal, C. de Goettingue
, ist ein
dichter, meistens blaulich-grauer, zuweilen etwas
krystallinischer, an Muschelversteinerungen, beson-
ders von Enkriniten-Stücken, sehr reicher Kalk-
stein, daher sein Name. Die Muschelkalk-For-
mation ist die Hauptlagerstätte des Steinsalzes. Von
grosser Ausdehnung in Deütschland und Frankreich
hat man in England noch keine Schicht gefunden,
die sich mit dieser Formation in Uebereinstimmung
bringen Hesse. _ Die Formationen des Rothliegen-
den, des Zechsteins, des bunten Sandsteins und des
Muschelkalks machen Freiesleben's Kupferschiefer-
gebirge aus. — Keüper ist ein Provinzial-Aus-
druck im Coburgischen; die Formation hiess früher
Formation des dritten Flötzsandsteins, oder des
bunten Mergels;
Red mürls, variegated marls, Keu-
per; Marnes irisSes, Gres silicieux, Ärkose;
in die-
ser Formation sind rothe, graue, grüne, blaue und
weisse, überhaupt bunte Mergel vorherrschend,
Sandsteine (Keüpersandsteine), Conglomerate und

Muscheln, Gyps und Steinsalz enthaltend. _ Die

fünf Formationen vom Rothliegenden aufwärts bis
zur Keüper-Formation wurden in England ehemals
unter dem Namen
Red Sandstone Group zusammen-
gefasst.

Das Jura-System führt seinen Namen vom
Jura-Gebirge in der Schweiz; der Name ist syno-
nym mit Oolith-Gebirge;
Oolitic Series, Lias Group
in Verbindung mit OoUte, or Jura Limestone Group;
Formation jurassique.
_ Die Lias- Formation
führt ihren Namen von einem englischen Provinzial-
Ausdruck (sprich Leias). Der Sandstein dieser For-
mation ist gelb, grau, kalkig mit schiefriger Abson-
derung ; der Kalkstein,
Calcaire ä GrypMes, Pierre
bleue de Bourgogne,
ist dicht, dunkel, bituminös,
oft körnig; der Schiefer thonig, kalkig und bitumi-
In Deütschland heisst der Lias zuweilen

nos.

schwarzer oder imterer Jura. _ Die Formation

des Jurakalksteins, Höhlenkalksteins; Oolite or
Jura Limestone; Calcaire jurassique, Calcaire ä Ca-
vernes,
besteht, wie die Tabelle zeigt, aus fünf
Haupt- und vielen Untergliedern, davon man jene in
England als besondere Formationen zu betrachten
pflegt. Der untere Oolith ist gleichbedeütend mit
Bath-Gruppe und Dogger;
Inferior oolite; Oolitlie
inferieure.
Der Mergelsandstein heisst auch oberer
Liassandstein,
marly Sandstone, er ist gelb, braun
und roth. Gleichbedeütend mit Eisenrogenstein ist
Eisenoolith, der grau, gelb, braun ist, aus Kalk und
Mergel besteht, oft mit Sandstein und körnigem
Thoneisenstein. Der Quaderoolith bricht in Form
von schönen Quadersteinen. Die Schichten-Reihe
des Grossen Ooliths oder Hauptrogensteins,
great
oolite, grand oolitlie
besteht aus fünf Etagen, davon
die unterste von dem grauen, blauen Thon und dem
gelben Mergel der Walkererde,
Füllers earth clay,
Terre ä foulon,
gebildet wird. Darüber liegen die
dichten, festen, hellen, weissen und gelben oolithi-
schen Kalkquadern, die groben, muscheligen Kalk-
steine und Thonlager des eigentlichen Hauptrogen-
steins,
great oolite. Darüber die blauen, mergeligen,
nach unten dichten Thonlager und grauen Kalksteine
mit oolithischen Eisenkörnern, des Bradfordthons,
Bradford clay. Dann folgt der dünne, oft sandige,
braun, roth oder gelb gefärbte oolithische Kalkstein
des Forst - Marmors,
Forest marhle; oder der roth-
sandige Kalkstein und Mergel,
Calcaire roux-sa-
hleux
im Schweizer Jura. Die oberste oder Schluss-
Schicht der Gross-Oolith-Reihe endlich bildet der
dünne, theils grob-, theils feinkörnige Kalkstein des
Cornbrasch, an dessen Stelle im Schweizer Jura der
Perlmutterkalk,
Dalle nacree, tritt. Das dritte
Hauptglied der Juraformation führt seinen Namen
von der Stadt Oxford. Seine untere Schicht besieht
in den
Kelloway Rocks aus einem dünnen Lager von
Kalkkonkretionen mit mergeliger Zwischenmasse;
über der die thonigen und mergeligen Kalkstein-
schichten von grosser Mächtigkeit des
Oxford clay
gelagert sind. Auf diesen Schichten liegt ein kalkiger
Sandstein,
Calcareous grit; Knotenkalk, Terrain α
chailles
in der Schweiz, der den Uebergang von den
Mergeln zu den Kalksteinen bildet. Der untere Oo-
lith, der grosse Oolith und der Oxfordthon bilden
Das, was man in Deutschland mittlerer oder brauner
Jura zu nennen pflegt. Während die beiden letzten
Hauptglieder der Formation oberer oder weisser Jura
heissen. Der Korallenkalk,
Coral rag, Corallien,
besteht aus Kalksteinen und Mergeln und ist durch
den Einfluss felsbauender Korallen ausgezeichnet.
In der Stellung des Korallenkalksteins,
Calcaire co-
rallien,
sind im fränkischen Jura Dolomitmassen,
die in steilen, burgähnlichen Felsen emporstreben
und die berühmten Höhlen, von Müggendorf, u, s. w.
umschliessen. Zum Gliede des Korallenkalks rechnet
man auch als Unterglied den Eisen- oder Oxford-
oolith,
Oolite pisolitique, ein gelber, brauner Oolith
mit Lagern von Thon, Sand und Eisenerz. Das


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Geologie. 17

oberste, oder jüngste Glied in der langen Reihe der
Jura-Schichten, die Portland-Gruppe, ist zugleich
das einfachste und am regelmässigsten gebildet. Der
Kimmeridge Clay, ein blauer und graugelblicher
schieferiger Thon, führt seinen Namen von Kimme-
ridge an der Küste von Dorsetshire; und der Port-
land-Kalk,
Portland stone or heds, von der Insel
Portland; es ist eine Zusammenfugung von groben,
muscheligen, feinkörnigen weissen und kompakten
Kalksteinen, die alle mehr oder minder von oolithi-
scher Structur sind.

Das Kreide-System oder Kreide-Gebirge; Cre-
taceous Group, Terrain cretaci,
besteht in Deütsch-

land und England aus drei Formationen. _ Die

Wald - Formation, Wealdm Group or Rocks,
Formation wealdienne,
hat in England die drei Glie-
der, welche in der Tabelle aufgeführt sind. Das un-
terste derselben, die
Purheck heds, nach der Insel
Purbeck in Dorsetshire genannt, besteht aus ver-
schiedenen Kalksteinen und Mergeln. Die
Hastings
Sands
sind gelbe, braune, oder röthlich-braune Sand-
steinschichten mit sandigem Thon und Mergel ab-
wechselnd. Der
Weald Clay ist ein bläulicher Tö-
pferthon meist ohne kalkige Beimengung. (Früher
setzte man zwischen den Hastingssand und den
Wälderthon noch die
Tilgate und Stonesßeld Beds
als besondere Schicht.) In Deütschland unterscheidet
man bei der Wald-Formation das Hilskonglomerat,
einen losen, eisenhaltigen Sand, der in festen Sand-
stein übergeht; und den Hilsthon, der aus dunkeln
Thonmassen, mit Eisensteinlagern, besteht. Zu be-
merken ist, dass einige Geologen die Waldformation
unter dem Namen des Obern Jura dem Jura-System
als dessen aüsserstes Glied beizählen._Die Grün-
sandstein-Formation der Engländer,
Green
Sand, Gres vert,
ist synonym mit der Quadersand-
stein-Formation der deütschen Geognosten. Dieser
Sandstein zerfällt in
Lower und Upper Green Sand,
unterer und oberer Quadersandstein, ein feiner Mer-
gel-Sandstein mit grünen Körnern, die in den obern
Schichten in überwiegender Menge auftreten. Dieser
Sandstein umschliesst, als mittleres Glied, Schichten
von blaülich-grauem Thon, welcher in England Gault
heisst. Zum untern Grün- oder Quadersandstein
gehört übrigens auch dasjenige Gebilde, welches
man Wiener- oder Karpatensandstein nennt und
man rechnete dazu den eigentlichen Hochgebirgs-
kalkstein (siehe "oben Steinkohlensystem). Beide,
eine Reihe der manchfachsten Schichten bildend, be-
griff man unter dem Namen der Flysch-Formation.

_ Die Kreide-Formation, Chalk, Craie, besteht

auf dem Kontinente sowol als in England der Haupt-
sache nach aus den zwei Gliedern, welche in der
Tabelle angegeben sind, und davon das untere,
Chalk
marl,
eine grobe Kreide, dadurch charakterisirt ist,
dass es keine oder wenig Feüersteine hat, während
das zweite Glied, die obere oder weisse Kreide, die
übrigens öfters gelblich und röthlich ist, zahlreiche
Lager von Feüersteinen in sich schliesst; weshalb
denn auch von den Engländern jenes erste Glied
Chalk without flints, dieses zweite Chalk with ßints,
oder auch Upper chalk genannt wird. Dem Kreide-
mergel ist übrigens der Plänerkalk Böhmens anzu-
reihen, und die obere Kreide ist identisch mit Num-
mulitenkalk. lieber der weissen Kreide liegen die
sogenannten Maastrichter Schichten eines weichen,
gelblich-weissen Kalksteins mit Feüersteinen, wel-

PHYSIK. ATLAS ABTH. III.

eher der Kreide gleicht (KreidetuiF), die aber wegen
ihrer eigenthümlichen Versteinerungen eben so wenig
mit der Kreide, als mit den Tertiärschichten zu ver-
einigen, und daher als ein selbstständiges Gebilde
zu betrachten sind. _ Bei den französischen Geo-
gnosten besteht das
Terrain crStacS aus fünf Etagen,
welche von unten nach oben folgende sind:_
Ter-
rain Neocomien
(nach Neuchatel genannt), welches
in
NSocomien inferieur (ob Hilsthon?) und NSocomien
supSrieur,
Capronitenkalk, zerfällt; Terrain aptien;
Terrain alhien
(= Unterm Grünsand und Gault);
Terrain turonien (Chloritische Kreide, Hippuriten-
oder Seewerkalk, Tuffeau-Kreide, Nummulitenkalk
der Alpen), und
Terrain sinonien (= Weisser
Kreide).

Was die Gebilde der tertiären Periode
anbelangt, so mögen die Erlaüterungen für das At-
las-Blatt No. 14 vorbehalten bleiben._ Ich komme

zur zweiten Abtheilung:

2) Glironülogische Reihenfolge der Hebungs-Systeine,

für die sich auf unserm Blatte No. 4 noch der erfor-
derliche Raum gefunden hat.

Dass die verschiedenen Gegenden unserer Konti-
nente in einer gewissen Folge zu ihrer gegenwärtigen
Höhe über den Wasserpass des Oceans emporgeho-
ben worden, ist eine Ansicht, die mit den Fort-
schritten der Geologie allmälig festen Boden gefasst
hat; allein erst Elie de Beaumont hat sich (1829)
das Verdienst erworben, all' die Thatsachen, welche
sich diesem Gegenstande anreihen, zu sammeln, und
sie zu einem systematischen Ganzen zu vereinigen.
Die Haupt-Sätze seiner Theorie sind folgende:

1. — In der Geschichte der Erde hat es einer
Seits lange Zeitraüme verhältnissmässiger Ruhe ge-
geben, während der Niederschlag von Sediment-
Materien seinen regelmässigen Verlauf gehabt hat;
andrer Seits aber auch kurze Perioden eines ver-
stärkten Anfalls von Heftigkeit, innerhalb deren jener
Verlauf unterbrochen wurde.

2. — Während einer jeden dieser Perioden von
Gewalt oder Umwälzung im Zustande der Erdober-
fläche sind Bergketten in grosser Zahl plötzlich ent-
standen.

3. — Alle Ketten, die durch eine gemeinsame Um-
wälzung emporgehoben worden sind, haben eine
gleichförmige Richtung, denn sie sind, bis auf we-
nige Grade des Compasses, einander parallel, selbst
wenn die grössten Raüme sie trennen; dagegen ha-
ben die in verschiedenen Perioden gehobenen Berg-
ketten meistentheils auch ein verschiedenes Streichen.

4 ._ Jede Umwälzung, oder furchtbare Zuckung

fällt der Zeit nach zusammen mit einer anderen geo-
logischen Erscheinung; nämlich mit dem Uebergang
von Einer selbstständigen Sediment-Formation in
eine Andere, was durch einen beträchtlichen Unter-
schied in organischen Typen charakterisirt ist.

5 ._Diese gewaltsamen Bewegungen oder krampf-
artigen Zuckungen haben seit den ältesten geologi-
schen Perioden wiederholt Statt gefunden, und können
sich auch jetzt noch ereignen; ja die Ruhe, in der
wir leben, kann durch die plötzliche Hebung eines
anderen Systems paralleler Bergketten unterbrochen
werden.

6--Es lässt sich die Vermuthung aufstellen, dass

eine dieser Revolutionen innerhalb der historischen
Zeit und zwar in der Periode Statt fand, innerhalb

5


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18 Dritte Abtlieilung.

deren die Andeskette zu ihi-er gegenwärtigen Höhe
emporgehoben wurde; denn diese Kette ist in der
gegenwärtigen Oberflächengestalt der Erde diejenige,
welche die bestimmtesten Umrisse hat und am we-
nigsten zerstört, und muthmasslich am spätesten ge-
hoben ist.

7. _ Die augenblickliche Emporhebung grosser

Gebirgsmassen aus dem Schosse des Oceans muss
eine heftige Bewegung in den Gewässern verursa-
chen; daher dürfte das Steigen der Andes vielleicht
jene vorübergehende grosse Pluth erzeügt haben, von

der in den_Ueberlieferungen so vieler Völker die

Rede ist.

8. _ Alle diese auf einander gefolgten Umwäl-
zungen können in ihrer Grundursache nicht auf die
gewöhnlichen vulkanischen Kräfte bezogen werden,
sondern dürften von der säcularen Erkaltung der
innern Wärme unseres Erdkörpers abhängig zu ma-
chen sein.

Wir bemerken, sagt Beaumont, längs fast aller
Gebirgsketten, dass die jüngsten Pelsarten sich wa-
gerecht an den Fuss solcher Ketten lagern, wie es
der Fall sein würde, wenn sie in einem Meere oder
in Landseen abgesetzt worden, von denen diese Ge-
birge theilweise die Gestade bildeten; indess die
anderen Sediment-Schichten, an die Abhänge der
Berge schief gelegt und mehr oder weniger ge-
krümmt, an gewissen Punkten selbst bis zu ihren
höchsten Kämmen emporsteigen. Es giebt daher in
und an jeder Kette zwei Klassen von Sediment-
Gesteinen, die alten oder geneigten Schichten und
die neüen oder wagerechten Lager. Klar ist es, dass
das erste Hervorkommen der Kette selbst ein Ereig-
niss war, welches zwischen die Periode, innerhalb
deren die jetzt aufgerichteten Schichten abgesetzt
wurden, und diejenige Periode fällt, innerhalb wel-
cher die Schichten am Fuss der Kette wagerecht er-
zeügt wurden.

So nahm _ mit Hinblick auf die Figur in der

obern rechten Ecke der Karte von Eüropa, _ die

Kette Α ihre gegenwärtige Lage nach Ablagerung
der Schicht
b ein, welche grossen Bewegungen aus-
gesetzt war, und vor dem Niederschlag der Gruppe c,
in welcher die Schichten keine Veränderung erlitten.

Sehen wir eine Bergkette IS, an der wir nicht allein
die Formation b, sondern auch die Gruppe c finden,
welche gestört und an ihren Rändern verworfen ist,
so können wir den Schluss ziehen, dass die zuletzt
genannte Kette von späterm Datum ist, als A; denn
Β muss nach dem Absatz von c, und vor der Gruppe
d gehoben worden sein; woraus folgt, dass Α vor
der Bildung der Schichten c entstanden ist.

Bei Beantwortung der Frage, ob andere Bergket-
ten mit Α und
Β gleichzeitigen Ursprungs sind, oder
sich auf verschiedene Perioden beziehen lassen,
kömmt es also nur auf Feststellung der Identität der
geologischen Erscheinungen an, ob nämlich die ge-
neigten 'und ungestörten Schichtenreihen in jeder
andern Bergkette mit denen in den angeführten
Typen korrespondiren.

Indem sich Beaumont dieser Untersuchung unter-
zog, gelang es ihm, das relative Alter der Bergketten
festzustellen, und damit einen höchst wichtigen Bei-
trag zur Schöpfungs-Geschichte zu liefern. Es sind
bis jetzt dreizehn Hebungssysteme, welche die ver-
schiedenen Gebirgsketten Eüropa's bildeten, nach-
gewiesen worden. Diese enthält die 2*® Abtheilung
unseres Blattes in tabellarischer Uebersicht, welche
die Namen der Systeme, die Epoche ihrer Hebung,
die gehobenen Stellen und endlich die Eichtungen
angiebt, nach denen die Hebungen orientirt sind.

3) .Geologie von Eüropa, nach den Haupiverhältnissen.

Bereits im Jahre 1827 lieferte Βοηέ die erste ganz;
Eüropa umfassende geologische Karte. Seit jener
Zeit geschah Vieles zur näheren Erforschung dieses
Continents; doch ist unsere Kenntniss noch immer
unvollständig, indem zwar einzelne Länder, wie
England, Frankreich und Deütschland gründlicher
untersucht und beschrieben worden sind, während
dies von anderen nur theilweise gesagt werden kann.

Dem jetzigen Stande unserer Kenntnisse und dem
Plane des physikalischen Atlas entsprechend, wur-
den auf der Karte von Eüropa nur die Hauptgruppen
der Gebirgsformationen: die tertiären Gebilde, als
die jüngsten Produkte einer allgemeinen Wasserbe-
deckung, die älteren Secundär-Gebilde, die soge-
nannten Ur- und Uebergangsgebilde (nach der äl-
tern Eintheilung), d. i. die Sedimentgesteine der Pri-
mär-Periode in Verbindung mit den plutonischen
und metamorphischen Felsarten (nach der neüem
Eintheilung) und die unbezweifelt feürigen Gebilde
unterschieden. Von den letzteren konnten diejenigen,
welche mit noch thätigen Vulkanen in Verbindung
stehen, durch ein besonderes Zeichen hervorgehoben
werden.

Mit der Gruppe des Ur- und Uebergangsgebirgs,
_ plutonischen, metamorphischen und Sedimentge-
steinen aufwärts bis zur Steinkohlen-Formation,_

wurden mehrere Gebilde vereinigt, Avelche sowol hin-
sichtlich ihrer Entstehungsweise, wie hinsichtlich
ihres Alters verschieden gedeütet werden. Sie um-
fasst die Gesteins - Ablagerungen des sogenannten
Uebergangsgebirgs, deren submarine Bildung durch
die von ihnen umschlossenen organischen Ueberreste
entschieden dargethan wird; ihr sind ferner die Ge-
steine von krystallinisch-schiefrigem Gefüge beige-
zählt, gleichviel ob dieses als ursprünglich und mit
der gleichzeitigen Entstehung verwandter massiger
Felsarten in wesentlicher Beziehung stehend, oder
als das Ergebniss eines späteren Umbildungs-Pro-
zesses betrachtet werden muss. Endlich sind auch in
obige Gruppe alle krystallinischen massigen, oder
die plutonischen Gesteine aufgenommen, welche mit
thätigen Vulkanen in keiner wesentlichen Beziehung
stehen.

Sie wurden früher in Gemeinschaft mit den kry-
stallinischen schiefrigen Gesteinen als die Grundlage
der Meeresniederschläge, als der älteste Theil der
starren Erdrinde betrachtet, während es gegenwärtig
keinem Zweifel unterliegt, dass ihnen zu einem nicht
geringen Theil eine spätere Entstehung, eine gewalt-
same Einwirkung auf die bereits vorhanden gewese-
nen Gesteinmassen und eine mehr oder weniger be-
deütende Umänderung der damals bestehenden Ober-
flächen-Verhältnisse zugeschrieben werden muss.

Behält man die hierdurch bedingten Beschränkun-
gen im Auge, so lehrt ein Blick auf die geologische
Karte Eüropa's nicht nur die Verbreitung der Haupt-
gesteine in diesem Erdtheil kennen, sondern er
gewährt auch gleichzeitig eine Uebersicht über die
frühere Vertheilung von Festland und Meer im Ge-
biete desselben. Ein Beispiel möge zur nähern Er-
laüterung dienen.


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Geologie. 19

Die Sekundär-Gebilde sind ihrer Hauptmasse nach
aus dem Meere entstanden; dieses breitete sich daher

einst in dem ganzen Flächenraum _ nicht in dem

Niveau, welches durch spätere Catastrophen Aende-
rungen erlitten haben kann, _ aus, in welchem sich
die Sekundär - Gebilde vorfinden, gleichviel, ob sie
frei zu Tage liegen, oder durch jüngere Schichten
der tertiären Formationen überdeckt sind.

Einst war hiernach nicht nur die mittel-eüropäische
Niederung, sondern ein grosser Theil Eüropa's, na-
mentlich Mittel-Eüropa's, der Bodengrund eines sich
weit erstreckenden Meeres, dessen Gränzen wenig-
stens theiiweise durch die Verbreitung der Sekundär-
Gebilde angedeütet werden.

Andrer Seits sehen wir gleichartige ältere Gestein-
massen, deren Entblössung von jüngeren submarinen
Gebilden eine frühere Erhebung derselben über das
Meeres-Niveau voraussetzen lässt, gegenwärtig durch
das Meer in ihrem ursprünglichen Zusammenhang
an der Oberfläche unterbrochen, eine Erscheinung,
welche ihre Erklärung in der Annahme findet, dass
früheres Festland theiiweise zum Boden einer neüen
Wasserbedeckung herabsank. Yor allem anschaulich
tritt diese Veränderung am Englischen Canal hervor.

Er hebt, wenigstens an der Oberfläche, den ur-
sprünglichen Zusammenhang auf, in welchem einst
die krystallinischen Schiefer von Cornwall und der
Bretagne, die Sekundär-Gebilde der übrigen Süd-
küste Englands und der gegenüberliegenden Nord-
küste von Frankreich und die tertiären Ablagerungen
des südöstlichen Englands und Belgiens standen.

Der Umfang des Meeres in der Tertiär-Periode ist
mit dem heütigen Umfange des Meeres gleichförmig
bezeichnet worden, was die Uebersicht dieses vor-
weltlichen Oceans mit all' seinen Busen und Buchten,
und den Inseln, Halbinseln und Landzungen, die
über sein Niveau hervorragten, nicht unwesentlich
erleichtert.

A. von Humboldt, Kosmos. Entwurf einer physischen Welt-
beschreibung. Stuttgart, 1845. Bd. I, p. 208 ff.

Cotta, Briefe über Alexander von Humboldt's Kosmos. Leip-
zig, 1848. Bd. I, p. 74 ff.

Cotta, Anleitung zum Studium der Geognosie und Geologie.
Dresden und Leipzig, 1842.

Burmeister, Geschichte der Schöpfung. Leipzig, 1848.

Vogt, Lehrbuch der Geologie und Petrefaktenkunde. 2 Bde.
Braunschweig, 1846_47.

Petzholdt, Erdkunde [Geologie]. Ein Versuch, den Ursprung
der Erde aus der Nebelhypothese des Laplace zu folgern. Leip-
zig, 1840.


N°. 5. Karte von Sfid-Amerika, zur Uebersicht der Unebenheiten des Bodens, nach Alexander von
Humboldt. Mit zwei Nebenkarten: Hochland von Quito, und Plateau von Bolivia; und
zwei Profilen.

N*>. 6. Bergketten in Nord-Amerika. Nebst zwei Plänen vom Vulkan Jorullo, nach seinem Zustande
in den Jahren 1802 und 1845; und vier Profilen.

Steht auch Humboldt's Name nicht auf dem Titel
der nordamerikanischen Karte, so bedarf es doch
, kaum der Erwähnung, dass der gelehrte Eeisende
auch für die nördliche Hälfte der Neüen Welt die
Auctorität ist, welche bei Bearbeitung der Karte
No. 4 zum Grunde gelegt worden, und vorzugsweise
das geistvolle Gemälde, welches er von dem Bau der
Erdrinde im Neüen Continent vor einem Vierteljahr-
hundert entworfen hat

Die jüngste Vergangenheit hat unsere Kenntnisse
von der orographischen Gestaltung Nord-Amerika's
ungemein bereichert. Die Erdkunde verdankt diese
Bereicherung dem Drängen der Germanen nach
Westen, auf dessen Erscheinungen bereits früher
aufmerksam gemacht wurde. Die Oregon - Frage,
welche die Eegierung Alt-Englands und die der
Vereinigten Staaten von Nord-Amerika so lange
Jahre beschäftigt hat, in unsern Tagen aber durch
diplomatische Verhandlungen erledigt worden ist,
hat, in Verbindung'mit der durch's Schwert besei-
tigten Texas-Frage, welche zwischen den Vereinigten
Staaten und Mexico schwebte, Veranlassung gege-
ben, das Oregon - Gebiet und Ober-Californien, so
wie die nördlichen Gegenden des Tafellandes von
Mexico genauer zu erforschen, als es bisher der Fall
gewesen war.

Nachdem, schon früher, und im Besondern seit dem
Jahre 1820, die Beamten der Hudsons - Bai - Com-
pagnie, sodann ihre und amerikanische Pelzjäger,
Trappers und Handelsleüte (wie J. S. Smith im
Jahre 1826)2, auch verschiedene Sendboten des
Evangeliums und einzelne Pflanzensucher (wie Dou-
glas) das Felsgebirge und die Gegenden westlich
davon bis zum Gestade des Stillen Oceans durch-
wandert hatten, sind vorzugsweise Offiziere vom
Corps der Ingenieur-Topographen der Vereinigten
Staaten es gewesen, welche die Erdkunde jener Ge-
biete der Neüen Welt erweitert, und die Gestaltung
des Bodens von Nord-Amerika zwischen den Paral-
lelkreisen von 25° und 50° N. Breite durch genaue
Beobachtungen zur Kenntniss gebracht haben.

Ohne des altern Reisenden Long zu gedenken,
dessen Forschungen im Felsgebirge seit lange ein
Gemeingut geworden sind muss unter jenen Offi-
zieren, Männern von echt wissenschaftlicher Bildung
und unvergleichlichem Eifer, der Oberst Fremont
als derjenige hervorgehoben werden, der unter seinen
talentvollen und unermüdlichen Genossen auf erster
Linie steht. Am Fuss dieser Vorbemerkungen theil'
ich die Titel der Schriften mit, in denen sie ihre Be-
obachtungen niedergelegt haben. Es sind amtliche
Berichte, die auf Anordnung des Congresses der
Vereinigten Staaten zu seinem und der Regierung
Gebrauch gedruckt worden sind, also Staatsschriften,
die, weil sie nicht in den Buchhandel gekommen, in
Eüropa zu den literarischen Seltenheiten gehören

Auf Grund dieser amerikanischen Untersuchungen
ist die Karte von den „Bergketten in Nord-Amerika",
im Vergleich zu ihrer ersten Auflage (1842) verbes-
sert worden, doch nur in den Einzelheiten, nicht,
was wohl zu merken ist, in den Hauptzügen, welche
dieselben geblieben sind, wie sie A. von Humboldt
in seiner Eingangs erwähnten Denkschrift nieder-
gelegt hat, mit alleiniger Ausnahme des „Grossen
Bassin's", oder der Californischen Wüste, deren
Dasein zuerst von J. S. Smith in den Jahren 1826
und 1827 nachgewiesen wurde, indess sie nach Aus-
dehnung, Umfang und Boden-Gestaltung in den


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20 Dritte Abtlieilung.

Jahren 1843 und 1844 von Fr^mont näher erforscht
worden ist.

Innerhalb dieses vom Oeean ganz abgeschlossenen
Binnen-Beckens, das sich zu einer mittleren Höhe
von 750*^ über die Meeresfläche erhebt, giebt es meh-
rere Flüsse, deren grösster (wie bereits in der zwei-
ten oder hydrographischen Abtheilung des Physikal.
Atlas, S. 7, gesagt wurde) von Fremont „Hum-

boldt's Eiver" genannt worden ist _ „as α small

„mark of respect", bemerkt er, „to ihe Nestor of
„scientific trav ellers, who has done so much
„to illustrate North American geography, without
„leaving his name upon any one of its remarhahle
„features"^.
Dieser Fluss war den Pelzjägern schon
lange bekannt, und ist auf Karten, die in den Ver-
einigten Staaten erschienen sind, auch schon unter
dem Namen Mary's oder Ogden's Eiver angegeben
worden; allein Fremont hat seinen Lauf zuerst mit
Genauigkeit niedergelegt. Er hat nachgewiesen, dass
Humboldt's Fluss ein Thal bewässert, welches mitten
in der grossen Sandwüste einen fruchtbaren Alluvial-
Boden besitzt und dereinst von grosser Wichtigkeit
werden wird, weil es auf der geraden Verbindungs-
linie vom Mississippi über den Südpass nach Califor-
nien und Oregon liegt.

Auf allen Seiten von Gebirgen umschlossen, östlich
von den Bergketten Wah-satsch und Timpanogos,
welche als Zweige des Felsgebirges angesehen wer-
den können, westlich von dem Californischen Schnee-
gebirge, nördlich und südlich von Gebirgsketten, die
jene beiden Hauptgebirge mit einander verbinden,
bildet das grosse Bassin ein Hochland, in welchem
Bergketten mit Ebenen abwechseln. Jene folgen dem
allgemeinen Gesetz des Streichens des Californischen
Schnee- und des Felsgebirges nahe von Norden nach
Süden und bieten einen sehr gleichförmigen Charak-
ter von Steilheit dar, indem sie auf einer schmalen
Grundfläche von 2 '/2 bis 5 Meilen Breite plötzlich
emporsteigen und eine Höhe von 310' bis 780' über
dem Niveau der Ebenen erreichen, mit zahlreichen
Berggipfeln, von denen die höchsten 1560' bis 1720'
über der Meeresfläche stehen, und den grössten Theil
des Jahres ein Schneekleid tragen, indess die Ab-
hänge theils beraset, theils bewaldet sind (der Cha-
rakter-Baum ist
Pinns monophyllus) und die Quellen
zahlreicher Bäche bergen, die aber nach kurzem
Lauf im Sande der absolut öden und unfruchtbaren
Thäler sich verlieren, welche zwischen den Berg-
zügen sich ausbreiten.

Am östlichen Eande des Binnenbeckens liegt in
einer absoluten Höhe von 656',? der „grosse Salz-
See", dessen Wasser ganz mit Kochsalz gesättigt
ist, und südlich davon, ungefähr 15' über seinem
Niveau, der Süsswasser-See Jutah, in den sich eine
Menge Bergströme (darunter der Timpan Ogo, d. h.
Felsen-Fluss in der Jutah-Sprache) ergiessen, wel-
che alle süsses Wasser haben, obschon innerhalb
ihres Gebiets ein grosser Strich Steinsalz im rothen
Thon entdeckt worden ist. Südlich vom Jutah(Utah)-
See ist ein dritter See, von dem gegenwärtig nicht
viel mehr bekannt ist, als zu der Zeit, als A. von
Humboldt seine General-Karte von Mexico heraus-
gab. Er ist das Eeservoir eines schönen Flusses, der
in den Wah-satsch-Bergen entspringt, und ein be-
trächtliches Wasser-Volumen führt. Fluss und See
wurden von den Spaniern
Severo genannt, woraus
die Pelzjäger
Sevier gemacht haben, unter welchem
Namen der Fluss auch auf deütschen Karten vor-
kommt. Fremont aber hat dem Fluss und dem See
den Namen NicoHet beigelegt, zu Ehren des franzö-
sischen Astronomen J. N. NicoUet, welcher, nachdem
er lange Jahre auf der Pariser Sternwarte beschäfligt
gewesen war, nach den Vereinigten Staaten auswan-
derte, dort aber dem selbst gewählten Thätigkeits-
Kreise der Erweiterung geographischer Kenntnisse
durch einen frühzeitigen Tod entrissen worden ist.
Auf der Westseite des Binnen-Beckens ergiesst sich
Humboldt's Fluss in den See gleiches Namens, xmd
unmittelbar innerhalb der ersten, oder östlichsten
Kette der Sierra Nevada von Californien liegt eine
lange Eeihe von Seen, unter denen der Pyramiden-
See, mit einer Länge von 9 deütschen Meilen der
grösste ist. Dieser See liegt 782' über dem Meere.

Aus den Beobachtungen des Obersten W. H. Emo-
ry, welcher den General Kearny auf seinem Heeres-
zuge von Neü-Mexico nach San Diego, in Califor-
nien, im Jahre 1846, als Ingenieur-Geograph beglei-
tete, geht hervor, dass der Eio Gila, längs dessen
Thal jener Marsch unternommen wurde, an vielen
Stellen sogenannte Canon's zu durchbrechen hat, tief
eingeschnittene Felsenschluchten mit senkrechten, oft
mehrere hundert Fuss hohen Thalmauern, die so
dicht zusammentreten, dass nur für den Fluss Eaum
übrig bleibt. Diese Canon's bezeichnen die Stellen,
wo der Eio Gila eben so viele Bergketten durch-
bricht, die, so weit Emory es von der Marschlinie
wahrnehmen konnte, alle mehr oder minder von
Nordwesten nach Südosten streichen, oder der Nor-
mal-Eichtung der Sierra Madre folgen, und zum
grössten Theil aus vulkanischen Gebirgsarten (Trapp,
Basalt u. s. w.) bestehen. Eine dieser Bergketten
nennt Emory wegen ihres schwarzen Aussehens
„Black Mountains"; zwei Gipfel einer andern Berg-
kette wurden „Graham" und „Turribull" genannt;
sie erheben sich bis zu 1250' Höhe. Innerhalb des
Eaumes zwischen je zwei dieser Bergketten ist das
Thal des Eio Gila breit und erweitert sich hin und
wieder zu kleinen Ebenen. Die Sierra de los Mim-
bres, wie die Sierra Madre auf der Westseite von
Neü-Mexico heisst, fällt ganz allmälig und fast un-
merklich gegen das Thal des Eio Gila hinab. Da,
wo der Heerhaufen des Generals Keärny die Berg-
kette überschritt, in ungefähr 32° 45' N. Breite, hat
sie in ihrem Scheitelpunkte nur eine Höhe von 998',s
(6387 engl. Fuss) über dem Meere, was zweihundert
Toisen niedriger ist, als die Höhe der Stadt Mexico
(1168' nach A. von Humboldt's Beobachtungen). Auf
der Ostseite des Thals des Eio del Norte ist die
Bergkette höher; hier beträgt die Höhe des Scheitel-
punkts auf der Marschlinie des Generals Kearny, auf
dem Gipfel des Eaton-Berges, unter etwa 36° 45'
N. Breite, nach Emory's Beobachtungen 1212',5
(7754 engl. Fuss), Die Stadt Santa F^ setzt dieser
Offizier 1070',5 (6846 engl, Fuss), und Dr, WisUze-
nus 1102' übers Meer.

Die Californische Gebirgskette ist an der Stelle,
wo sie, nach ihrer Vereinigung mit der Küstenkette,
in die Halbinsel tritt, von ihrer kolossalen Höhe tief
herabgesunken. Die Passhöhe wird von Emory zu '
477' angegeben, allein er fügt hinzu, dass der Pass
eben so tief unter den überhangenden Gipfeln liege.
Durch directe Messungen wird also das bestätigt.


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Geologie. 21

was schon A. von Humboldt nach allgemeinen Nach-
richten über die Höhe der Halbinsel-Kette gesagt
hato.

Das Vorkommen der Canon's ist im fernen We-
sten sehr gewöhnlich. Ein berühmtes Felsenthal die-
ser Art ist das „Canon de Chayle" im Lande der
Navajoes, westlich von Santa-Ρό und 80 deütsche
(279 engl.) Meilen längs des Weges gemessen, den
eine Militair-Expedition unter dem Befehl des Obrist-
Lieutenant Washington im August und September
1849 einschlug, um die gedachten Indianer zur An-
erkennung der Souverainetäts-Rechte zu nöthigen,
welche die Vereinigten Staaten bei Besitzergreifung
Neü-Mexico's auch über das Land der Navajoes er-
langt haben. Aus dem kurzen Berichte, den der In-
genieur-Lieutenant J. H. Simpson über diese Expe-
dition erstattet hat, geht hervor, dass der Weg von
Santa-Pe nach dem Canon de Chayle, an dessen
Mündung der Hauptsitz der Navajoes ist, eine Auf-
einanderfolge von Bergströmen, Canons, Bergebe-
nen
(mesas) und Gebirgspässen ist, Ο ertlichkeiten
und mit Namen, die in der Geographie noch unbe-
kannt sind.

Auch Gregg, in seinem lebendig geschriebenen
und lehrreichen Werke über die Prairien ^ gedenkt
mehrerer Canons, besonders eines, der an einem Zu-
fluss des südlichen Arms des Canada-Plusses (Gu-
al-pa in der Sprache der Keioways und Comanchen)
vorkommt. Der Lauf dieses Arms ist, von seiner
Mündung aufwärts, von Ost nach West, aDein unter
106° 40' W. Länge und 35° Va N. Breite nimmt er
eine süd-nördliche Richtung_(und den Namen Co-
lorado an, was zu einiger Verwirrung um so mehr
Anlass gegeben hat, weil dieser Pluss Anfangs für
den Rothen Pluss des Mississippi gehalten wurde), —
indem er auf einer Strecke von 50 engl, oder 12'/2
deütschen Meilen ein ungangbares Pelsenthal durch-
strömt, dessen Thahvände an 1200 bis 1500 Puss hoch
und unersteiglich sein sollen, weshalb denn auch die
Wege vom Staate Missouri nach Santa-Pe ober-
oder unterhalb des Canons über den Canada-Pluss
gehen. AUein Lieutenant Peck, der diese Gegend im
Jahre 1845 besuchte, fand Gregg's Angabe übertrie-
ben. Er schätzte die Höhe der Thalwände nur zu
250 Puss, indessen sei sie, wie er hinzufügt, bedeü-
tend genug, um über den mächtigen Einfluss des
strömenden Wassers Verwunderung zu erregen. Der
Pluss hat übrigens seinen Namen von diesem Eng-
thal; die richtige Schreibart ist daher Canada, wor-
aus man Canadian River gemacht hat, was mithin
nicht durch Canadischer Pluss zu übersetzen ist.
Die Gebirgsart im Canon ist ein Aveicher, eisenschüs-
siger Sandstein.

Eine andere eigenthümliche Erscheinung in der
Bodengestaltung der innersten Gegenden von Nord-
Amerika sind jene öden, nackten und flachen
Hochebenen, die entweder gar kein Wasser haben,
oder wo die Wasserrinnen zu einer ausserordentlich
grossen Tiefe, welche bis zu 1000 Puss und darüber
betragen kann, eingeschnitten sind.

Das merkwürdigste dieser Plateaux ist die „Llano
Estacado", oder die „Gepfählte Ebene", so genannt,
weil in früheren Zeiten die, mit Pfählen bezeichnete,
Militairstrasse von Santa-Pe nach San Antonio de
Bexar in Texas auf der kürzesten Linie und längs der

PHYSIK. ATLAS ABTH. TU.

wenigen, vorhandenen Wasserstellen hindurchführte.
Die westliche Gränze dieses Tafellandes erstreckt
sich vom
85° N. Breite und 106» 20' W. Länge in
einer Linie, welche mit dem Rio Pecos nahe pai-allel
laüft, bis 320 Breite und 104° 20' W. Länge, wo
sie in einer Spitze endigt. Ihr nördlicher Gränzsaum
laüft von dem zuerst genannten Punkte östlich, nahe
parallel mit dem Caiiada-Pluss bis 35^ 1/2 N· Breite
und 1040 50' W. Länge. Die östliche Begränzung
ist unregelmässig und wird von den Quellflüssen der
verschiedenen Zweige des Rothen Plusses des Missis-
sippi, vielleicht auch von denen einiger Texanischen
Flüsse durchbrochen, deren Thäler alle sammt und
sonders bis zu der oben angeführten Tiefe in den
Plateauboden eingeschnitten sind. Gregg schätzt die
Grösse der „Llano Estacado" zu beinah' 2000 deüt-
schen (30,000 engl.) Quadratmeilen. An ihrem süd-
lichen Ende scheint sie sich an die Sierra Guadalupe
anzuschliessen, die unter einem rechten Winkel auf
die Texanische Bergkette (Sierra de San Saba)
stösst.

Einen Landstrich ähnlicher Art fand Soublette,
als er im Jahre 1829 von St. Vrains Port, am süd-
lichen Arm des Platte-Flusses (Ne-Bras-ka, in der
Sprache der Ottons, d. h. „Seichtes Wasser") unter
40° N. Breite und 107° 1/3 W. Länge, nach dem Ar-
kansas-Flusse (Arkansas, d. h. die „Schönen Men-
schen"), unter 38° N. Breite und 105»
'/3 W. Länge,
ging; und in geringer Entfernung südlich von dem
zuletzt genannten Flusse ist die Prairie, welche der
Cimarron-Pluss durchfurcht, zwischen 103® und
106° W. Länge, ebenfalls ein wasserloser Distrikt,
der, weil nur drei Brunnen darin vorkommen, der
„Drei-Quellen-Strich" genannt wird. Er bildet eine
geneigte Fläche von 850' absoluter Höhe an seinem
West- bis zu 490' Höhe am Ostrande. Diese Hoch-
ebene ist der ödeste Landstrich auf dem ganzen
Wege vom Mississippi nach Santa-Pe; der Boden
ist ganz trocken und hart und die Vegetation so ärm-
lich, dass man kaum einen Büschel des kurzen und
ausgedörrten Büffelgrases
(Sesleria Dactyloides) und
hin und wieder einen Cactus findet. Von einem
Baum ist nicht die Rede, dagegen taüscht die Fata
Morgana mit ihrem falschen Spiel den Reisenden
in den Prairien des fernen Westens nirgends
mehr, als in diesem Drei - Quellen - Strich, aus
dem der Büffel ganz verschwunden ist, und wo nur
dann und wann eine Antilope an ein animalisches
Leben erinnert.

Die Anlagerung von geneigten Hochebenen, wel-
che beim Pelsgebirge zwischen 30° und 40° bemerkt
wird, setzt sich auch in höheren Breiten fort. Die
Black Hills oder Schwarzen Berge, die an der gros-
sen Südkrümmung des Missouri endigen, müssen
als eine solche Anlagerung angesehen werden. Am
breitesten aber ist die Anschwellung des Bodens, der
das östhche Fussgestelle des Felsgebirgs bildet, un-
ter dem Parallel von 50° N.; denn hier trifft der Fuss
der Hochebene, der ein Bergrand ist, auf den Zu-
sammenfluss des Assiniboins oder Nadowosis mit dem
Rothen Pluss (Red River) des Winipeg. Und dieser
Punkt liegt fast genau in der Mitte zwischen dem
Atlantischen und dem Stillen Ocean. Von da streicht
der Rand in nordwestlicher Richtung über den Sas-
katschawan nach dem Athapasca-See, der auch Berg-
See heisst, und weiterhin nach der Vereinigung des

6


-ocr page 23-

22 Dritte Abtlieilung.

Berg (Mountain)-Flusse8, auch Rivifere au Liard ge-
nannt, mit dem grossen Mackenzie-Flusse, dessen
westliches Ufer von da an bis zur Mündung ins Eis-
meer unmittelbar den östlichen Fuss des Felsgebirgs
ausmacht. Längs dieses Ostfusses der nördlichen
Hochebenen liegen, nach Lefroy's Messungen, über
dem Meere:

Winipeg-See......................133'

Cumberlandhaug am Saskatschawan.............141

Athapasca- oder Berg-See.................94

Grosser Sklaven-See...................78

Und auf der Hochebene selbst, nach den Beob-
achtungen eben desselben Ofißziers

Das Land um Edmontonhans am Saskatschawan........281*

Das Land um Fort Assiniboine am Athapascafluss.......313

Der kleinere Sklaven-See.................281

Das Land um Dunvigan am Friedensfluss...........250

Das Bette des Friedensflusses (Peace River) oder Unijah bei Dunvigan 141

Die zuletzt genannte Reihe von Punkten ist un-
gefähr 30 bis 45 deütsche Meilen vom Rücken des
Felsgebirgs entfernt, dem man unter 55° der Breite
eine Höhe von 1200* beilegen zu können glaubt.

Zu den werthvollsten Erwerbungen, welche die
Erdkunde den Untersuchungen der amerikanischen
Offiziere verdankt, gehören die Nivellements, die sie
quer durch den Continent geführt haben. Wenn
gleich St. Louis, unfern des Zusammenflusses des
Missouri und Mississippi gelegen, den Anfangspunkt
dieser Messungen bildet, so ist man doch, mit der
bekannten Höhe der Alleghanies, gegenwärtig im
Stande, Profile auf den verschiedensten Linien von
Meer zu Meer zu ziehen, vom Atlantischen Ocean
nach dem Stillen Ocean einer Seits zur Mündung des
Oregon oder Columbia-Stroms, anderer Seits nach
San Francisco und nach San Diego in Califomien.

Es ist auf der Karte No. 4 versucht worden^ die
Höhen Verhältnisse des Continents durch einige Pro-
file zu versinnlichen. Diese Durchschnitte sind:

1) Querprofil durch das Tafelland von
Anahuac, auf der Linie von Acapulco über die
Stadt Mexico nach Vera Cruz; nach A. v. Hum-
boldt's Messungen.

2) Längenprofil des Tafellandes von Ana-
huac, von Tehuantepec bis zum Fremonts-Pik;
nach den Messungen von A. v. Humboldt, Burkart,
Wislizenus und Fremont.

3) Querprofil durch den ganzen Conti-
nent, von Washington, an der Atlantischen Seite
über das Felsgebirge, durch das grosse Binnen-
Becken und über die Sierra Nevada de California
nach San Francisco am Stillen Ocean; nach Fre-
mont's Messungen.

4) Querprofil vom Missouri bis Califor-
nien, bei dem Fort Leavenworth beginnend, über
die Prairien und den nördlichen Theil des Tafel-
landes von Mexico, längs des Rio Gila und bei
San Diego am Stillen Ocean endigend; nach den
Beobachtungen von Emory.

Für das zuletzt genannte Profil schalt' ich die
Zahlenbestimmungen des Nivellements hier ein.

NiveUement von Fort Leavenworth am Missouri bis San Diego,

an der Küste von Califomien.
[Die fortlaufenden Nummern beieiohnen die Legerplätze der HeeresabtheUung, mit
der Emory den Marsch nach Califomien machte.]
Absolute Höhe in Toisen.

Förth Leavenworth, am Missouri; das Hospital.......142'

(Breite 39» 21' Ii" N., Länge 97» 4' 15" W. Paris.)

2. Stranger's Creek..................163

3. Kansas River...................I33

4. Auf der Strasse nach dem Oregon-Gebiet, am Wakurussi , . 122

5. Auf der Strasse nach Santa-Fi............165

6. Am 110 Miles Creek................ 200

7. In der Prairie.......................213

8. Bei der John-Quelle................227

9. Bei der Diamant-Quelle...............236

10. Am Cottenwood Stream...................214

12. Am kleinen Arkansas................265

13. An einem Nebenfluss des Cow Creek..........266

14. Am Arkansas, da, wo die Santa-F^-Strasse ihn zuerst berührt 256
(Br. 38» 21' 17" N., L. 100° 42' 15" W., 253 Miles von Leavenworth.)

15. Am Arkansas...................287

16. Am Pa-wnee Fork.................- 302

17. In der Prairie, etwa 2 Miles vom Arkansas.......280

18. In der Prairie...................314

19. Am Arkansas...................343

20. Beim Jackson Grove (362 Miles von Leavenworth).....393

21. Am Arkansas...................414

22. desgleichen...................459

23. desgleichen...................467

24. desgleichen........'...........511

25. desgleichen..................519

26. desgleichen...................531

27. desgleichen..............'......562

28. desgleichen...................591

29. desgleichen...................604

30. desgleichen, dicht bei Bent's Fort..........615

(Br. 38» 2' 63" N., L. 105» 21' 15" Vf., 564 Miles von LeaTenworth.)

31. Am Timpa....................707

32. desgleichen...................744

33. Hole in der Prairie.................869

34. Am Purgatory...................922

35. Im Eaton-Thal..................1121

(Br. 37° 0' 21" H., L. 106» 35' 30" W., 668 Miles von Leavenworth.)

Passhöhe des Katon-(Maus)Berges...........1202

(Höchster Punkt auf der ganzen Linie.)

36. Am Canada (Canadian River).............956

37. desgleichen...................955

38. Am Cimarron Citren................942

39. Am Ocate'....................1086

40. Bei den Teichen (pools)...............1043

41. Am Saplllo....................1000

42. Bei dem Dorfe der Vegas..............1003

43. An den FrUhlings-Quellen (vernal Springs) .........985

44. Eine halbe Mile südlich von Pecos...........992

45. Am Pecos, in der Nähe des Dorfes Pecos........995

Santa-Fi, Hauptstadt von Neü-Mexico...........1070

(Br. 35» 41' 6" N., L. 108» 21' 38'' W., 873 Miles von Leavenworth.)

48. Unterhalb San Felipe, 2 Miles entfernt....... ... 806

San Felipe selbst .................806

51. In der Nähe von Peralta, nordwestlich und in der Nähe der

Chaves-Kirche.................7gO

57. Am Wege von Santa-Fi zum Bio del Norte........910

58. Am Wege, wo er den Rio del Norte berührt.......767

59. Eine Mile südlich von Zandia.............757

61. Erstes Lager auf der Westseite des Bio del Norte, etwa 7 Miles

unterhalb Aibuquerque..............743

62. Sieben Miles unterhalb Isoletta............724

63. Neün Miles unterhalb Tomi.............729

66. In der Nähe von Socorro...............713

70. Auf der Ostseite des Bio del Norte...........663

71. desgleichen...................647

72. desgleichen...................651

73. Erster Lagerplatz seit dem Verlassen des Rio del Norte . . 752

(Br. 32» 55' 4" N., L. 109» 56' 30" W., 1116 Miles v. Leavenwortli.)
74 Zweiter Lagerplatz desgleichen...............

75. In den Bergen zwischen dem Rio del Norte u. den Kupfergruben 848
(Jipfel der dritten Bergreihe, Scheitel der Sierra de los Mimbres 998

76. In der Nähe der Kupfergruben ............954

77. desgleichen, weiter unten..............717

' 78. Erstes Lager am Rio Gila..............679

(Br. 82» 60' 8" N., L. III» 5' 15" W., 1209 Miles von Leavenworth.)

79. Am Rio Gila...................640

80. desgleichen...................624

81. desgleichen...................583

82. desgleichen...................565

83. desgleichen, 60 Fuss über dem Flusse.........492

84. desgleichen, 20 Fuss über dem Flusse........ . 464

85. desgleichen, desgleichen .............446

86. desgleichen, 10 Fuss über dem Flusse.........418

87. Am Rio San Francisco, etwa 2 Miles von dessen Mündung in

den Rio Gila..................399

Rücken zwischen den Lagerplätzen 87 und 88.........744

Spitzq des Piks beim Lager 88, ungefähr 1 '/2 Miles W. davon . . 895

88. Im Gebirge, am Wege, der eine Krümmung des Rio Gila ab-

schneidet ...................742

89. Am Dissapointment-(Taüschungs)Creek........ . 591

90. Am Rio Gila...................339

91. Am San Pedro ..................330

92. Am Rio Gila...................330

93. desgleichen . . ν...............273

94. desgleichen..................249

95. desgleichen...................226

96. desgleichen, im Dorfe der Pinos-Indianer........204

97. Etwa 4 Miles vom Gila zwischen dem Dorfe der Pinos und dem

der Maricopas-Indianer ..............180

98. An einem Richtwege über's Gebirge ..........257

99. Am Rio Gila ...................132

100. desgleichen...................73

101. desgleichen...................45

105. desgleichen...................39

106. In der Nähe der Vereinigung des Rio Gila mit dem Bio Colo-
rado des Westens, 1
'/2 Miles südlich davon......39

(Br. 32» 42' 9" N., L. 116» 57' 24" W., 1687 Miles von Leuvenworth.)


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Geologie. 23

108. Erstes Lager in der Jornada (Wüste)..........32

η 109. In der Jornada..........................27

^ 110. Beim Salzsee in der Jornada..........................8

111. In der Jornada, beim Cariso (Ried) Creek........69

112. Im Valle Citon..................243

Auf der Wasserseheide (,yDimde").............417

113. Im Gebirge....................364

114. Wamer's Agaa Caliente...............471

115. Santa Isabella, Kapt. Stoke's Rancheria.........477

117. San Pasqual .................. .112

.118. Am Kio San Bernardo (auf dem Sohlachtfelde vom 7. Dezbr. 1846) 74

San Diego, Marktplatz...................4^,

Ein Theil (iieses Nivellements fällt entweder ganz
oder nahe zusammen mit demjenigen, welches Dr,
Wislizenus ausgeführt hat, und zwar die Strecke
vom Missouri bis Santa-F^ und im Thale des Eio
Norte abwärts bis in die Nähe der Jornada del
Muerto. Zwischen beiden Nivellements zeigen sich
Unterschiede, die zuweilen sehr bedeütend sind.
Schon an den Ausgangspunkten sind Emory und
Wislizenus ziemlich weit auseinander. Des Erstem
Ausgangspunkt ist das FcJrt Leavenworth, dessen
Höhe er zu 142' bestimmt; Wislizenus' Ausgangs-
punkt ist Independence, für dessen Höhe über dem
Meere er 162^5 angiebt. Beide Punkte liegen am
Missouri, Leavenworth aber oberhalb Independence;
woraus zu folgen scheint, dass es niedriger als
Leavenworth liegen müsse, wogegen die Zahlen
gerade das umgekehrte Verhältniss geben.

Diese Verschiedenheit in den Höhenbestimmun-
gen beider Eeisenden rührt sehr wahrscheinlich von
der Art der Berechnung der Barometer-Beobach-
tungen her. Die Methode, welche Wislizenus be-
folgt hat, kann im Physikalischen Atlas ^ nachge-
sehen werden. Was die Rechnungs-Methode von
Emory anbelangt, so bemerkt dieser Offizier, dass
seine Höhenbestimmungen bis Santa-F^ eine Eeihe
von Beobachtungen zur Grundlage haben, die zwei
Jahre lang im Fort L eavenwor th angestellt worden sind.
Von Santa-Fe den Eio del Norte hinab, und bis zum
33sten Lagerplatze, am Eio Gila, wurden zweimonat-
liche Beobachtungen in Santa-Fe, und für die dritte
Abtheilung, von dem gedachten Lager bis zum Stillen
Meere das Mittel der in St. Diego angestellten Be-
obachtungen zum Grunde gelegt. Bei dem ausser-
halb der Tropen in Anwendung gebrachten Ver-
fahren, statt der wirklichen gleichzeitigen Beobach-
tungen einen mittlem Barometerstand in der Be-
rechnung der Höhen zum Grunde zu legen, sind
Unrichtigkeiten nicht zu vermeiden; daher denn
auch die Messungen von Wislizenus und Emory
nur als genäherte Werthe anzusehen sind, was letz-
terer selbst einraümt, wenn er sagt:
Jieights,...
should he considered^ at best, hut as near approxi-
mations to the tnith'"

Die Höhe von St. Louis giebt Wislizenus, nach
Dr. Engelmann's Beobachtungen, die er mit seinen
gleichzeitigen am Meere verglich, zu 59',? oder
382 engl. Fuss an, was für den bis jetzt bekannten
niedrigsten Wasserstand des Mississippi gilt'o. Ganz
übereinstimmend damit hatte schon früher der fran-
zösische Astronom Nicollet die Höhe des Engel-
mann'schen Barometers, welches 60 Fuss über dem
niedrigsten Wasserstande steht, zu 442 engl. Fuss
über dem Mexikanischen Meerbusen berechnet".

Auf der Ostseite der oben nachgewiesenen Stu-
fen des Felsgebirges dehnt sich das nordameri-
kanische Flachland aus, eine Eegion, deren na-
türliche Beschaffenheit nirgends auf dem Erd-
runde ihres Gleichen hat. Es ist die Eegion der

Landseen, der verschlossenen, der irrenden und
vielfach mit einander verschlungenen, der unent-
wickelten Flüsse und Ströme; es ist das Land der
Katarakten und Stromschnellen und der Tragplätze
{Portages); ein Land der Ebenen, voll Klippenzüge,
Felsenbänke und Sumpfniederungen; ein Land der
Oede und Wüstenei, aber auch der Wälder und
Savannen und fruchtbarer Kulturstriche.

Vom nördlichen Eismeer xrnter 70° der Breite
bis in die Nähe des Parallels von 40° und des At-
lantischen Oceans sich erstreckend, von dem sie
durch die Alleghany-Ketten getrennt ist, nimmt
diese Eegion von NW. nach SO. der Länge nach
40° eines grössten Kreises, d. i. eine Strecke ein,
die sich mit der Entfernung zwischen Lissabon und
Kasan vergleichen lässt.

Dieses grosse Gebiet zerfällt in drei natürliche
Abtheilungen, eine nördliche, mittlere und südliche.

Die nördliche Abtheilung liegt auf der Abdachung
des Eismeers und umfasst den Bären-See, den
Grossen Sklaven- und den Athabasca-See; die mitt-
lere Abtheilung liegt auf der Abdachung der Hud-
sons-Bai, und hat ihren Mittelpunkt in dem Wini-
peg-See, den die canadischen Franzosen Lac Bour-
bon nennen; die südliche Abtheilung liegt auf der
Abdachung des Atlantischen Oceans und umfasst
die Ketten von Seen, welche unter dem Namen
der Canadischen allgemein bekannt sind.

Eine vierte natürliche Abtheilung des nordame-
rikanischen Flachlandes endlich ist das grosse, weite
Mississippi-Thal, das an die Athabasca- und die
Eegion der Canadischen Seen sich anlehnend auf
der Abdachung des Mexicanischen Meerbusens be-
legen ist.

Hügelketten und Bodenanschwellungen von ver-
hältnissmässig geringer relativer Höhe, die aber
mitunter eine nicht unansehnliche absolute Höhe
erreichen, scheiden die Gewässer der genannten Meer-
becken und bilden nicht selten romantische Land-
schaften, wie es z. B. bei dem berühmten Portage
de la Loche, oder Methy Portage der Fall ist, von
dem Mackenzie sagt, dass er eine „hinreissende
Aussicht" beherrsche. Dieser Tragplatz liegt auf
der grossen Wasserscheide zwischen dem arktischen
Eismeer und der Hudsons-Bai. Lieutenant Hood
schätzte die Höhe der Hügel am nördlichen Ende
des Portage de la Loche zu SSö'^, nach dem Fluss-
gefälle berechnetallein Kapt. Lefroy hat, wirk-
lichen Messungen zufolge, gezeigt, dass diese Höhe
nur 280' betrage und die des südlichen Endes des
Tragplätzes 241'. Der nördliche Fuss dieses wasser-
scheidenden Höhenzugs ist 131', und der Wasser-
spiegel des Athabasca-Sees, wie schon oben er-
wähnt, nur noch 94' über der Meeresfläche Von
demselben kenntnissreichen Offizier rühren die auf
der Karte eingetragenen Höhenbestimmungen des
Lac de l'isle ä la Crosse, des Frog Portage, der
den Mississippi oder Churchill vom Saskatschawan
trennt, des Winipeg-Sees und des Lac de la pluie her.
Auf dem Scheidegebirg zwischen dem Winipeg und
dem Obern See, das den Namen Missabay führt, liegt,
unter mehreren andern Tragplätzen, der Savannah
Portage, dem Lefroy eine Höhe von 227'über dem
Meere beilegt. Die westliche Fortsetzung desselben
Scheidegebirgs fuhrt den Namen Hauteur de Terre,
und hier liegt der Ursprung des Mississippi in dem
kleinen See Istaca und seinen aüssersten Zuflüssen,

6*


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24 Dritte Abtlieilung.

262',5 über dem Meere Nahe dieselbe Höhe 250*
haben die Hauteurs des Bois und die Hauteurs des
Prairies, welche Theile desselben Höhenzuges aus-
machen, welcher die Wasserscheide zwischen dem
Mississippi-, Missouri- und dem Rothen Muss, und
dem Wasserbecken des Winipeg-Sees überhaupt,
bildet.

In der atlantischen Abtheilung des nordamei-i-
kanischen Flachlandes bieten die Canadischen Seen
folgende Höhenleiter dar, die sich auf Dr. Bigsby's
Messungen stützt

Der obere See, LaTce Superior, Kitschi gahmi oder Misst-

saw gaiegon........... Engl. Fuss 617 = 96 ,48

Huron-See..................................590 . . 92,26

St. Clair-See................................575 . . 89,91

Erie-See....................................565 . , 88,35

Ontario-See..................................231 .. 36,11

Der Boden des Obern Sees, in der Nähe der
Magdalenen-Insel, ist 27^ an anderen Stellen aber
über 80* unter der Oberfläche des Oceans; und da
der Huron eine Tiefe von 134',4 erreicht, so liegt
dessen Seeboden 42* unter dem Meeresspiegel.

Die Gestade des Obern Sees gewähren einen be-
ständigen Wechsel von Berg und Thal; sie sind
durchgängig hoch und erreichen an der Nord- so-
wol als Südseite zuweilen eine Höhe von 330* über
dem Meere; das grosse Promontorium Kiwanonan,
das den See gleichsam in zwei Hälften theilt, und
aus steilen, konisch geformten Granitbergen besteht,
hat in der Mitte eine Höhe vön 253* über dem
Meere, und am nördlichen Gestade des Huron-Sees
stehen die Hauteurs de St. Joseph 172* und die
Montagne de la Cloche 250* über der Oberfläche
des Oceans.

Die französische Nomenklatur, welcher wir in die-
sen Gegenden von Nord-Amerika so haüfig begegnen,
erinnert uns daran, dass Canada zuerst von Franzosen
colonisirt worden ist; ja die französische Sprache ist
noch heüte die alleinige Umgangssprache der Bewoh-
ner von Unter-Canada, und canadische Pelzjäger,
Trappers und Handelsleüte haben ihre Sprache quer
durch den Continent bis an die Küsten des Stillen
Oceans getragen, wo, in Verbindung mit der engli-
schen Sprache der Amerikaner, unter den Oregon-
Völkern ein eigenes indo-eüropäisch-indianisches
Idiom entstanden ist, wozu die Tschinuk-Sprache den
Hauptbestandtheil geliefert hat, und das gegenwärtig
die Handelssprache des Oregon-Gebietes bildet

Dem Humboldt'sehen Plane vom Jorullo ist die
neüe Aufnahme hinzugefügt worden, welche Schley-
den ausgeführt hat. Beide Pläne sind wohl geeignet,
die Veränderungen zu versinnlichen, welche inner-
halb eines Zeitraums von drei und vierzig Jahren
mit diesem Vulkane vorgegangen sind, welcher,
nachdem um die Mitte des 18*®" Jahrhunderts fast
die gesammte Erde von Erschütterungen und Be-
bungen mehrere Jahre hindurch heimgesucht wor-
den war, am 29. September 1759 aus dem Schooss
der Erde hervorbrach. Der Durchschnitt zeigt den
Zustand des Jorullo zu Humboldt's Zeit (1802), die
blasenförmige Erhebung des Malpays, den Kegel
des Jorullo mit dem Krater, umgeben von mehre-
ren kleineren Eruptionskegeln, die nach einer Linie
von Süden nach Norden gerichtet sind, so dass eine
Spalte ihnen zum Grunde zu liegen scheint. Auf
dem ganzen Umkreise der schildförmigen Erhebun-
gen steht eine grosse Menge kleiner, nur 1 '/2 bis
2^ hoher Kegel oder Fumarolen, welche dort zu

Land Hornitos d. i. Essen heissen, und aus denen
sich zu Humboldt's Zeit noch Wasserdampf entband.

Die Karte von den Gebirgsketten in Süd-
Amerika hat seit ihrer Bearbeitung im Jahre 1837
zu Veränderungen keinen Anlass gegeben, mit Aus-
nahme der Riesenhöhen der Cordilleren von Boli-
via, womit Pentland uns so lange getaüscht hat!

„Der Nevado de Sorata ist nicht der höchste

Berg in Amerika", _ so überschrieb ich einen

kleinen, am 20. Oktober 1848 abgefassten Aufsatz",
den ich, mit einigen Zusätzen, hier einschalten zu
müssen glaube.

Seit dem Jahre 1829, wo Pentland's geographische
und geognostische Arbeiten im südlichen Peru, die
er während der Jahre 1827 und 1828 ausgeführt
hatte, in Deütschland durch A. von Humboldt be-
kannt
wurdennachdem sie zuerst durch Arago in
Paris mitgetheilt worden waren, galt der Nevado
(Schneeberg) de Sorata für den höchsten Berg der
Andes-Kette. Ihm zunächst stand, zufolge eben
jener Arbeiten, der Berg lUimani, beide auf der öst-
lichen Kette der Andes von Bolivia, oder der Cor-
dillera Real, an der Ostseite des hohen Plateaus,
von welchem der grosse See von Titicaca den Mittel-
punkt bildet.

Im Jahre 1830 machte Arago die Pentland'schen
Messungen in Frankreich
bekanntund fünf Jahre
später gab Pentland selbst einen allgemeinen Umriss
über die physische Gestaltung der Bolivischen Andes
in den Schriften der Königl. Geographisöhen Gesell-
schaft zu London, der auch in deütscher Ueber-
setzung bekannt geworden
ist 20.

Diesen drei Mittheilungen zufolge war die Höhe
der beiden Andes-Gipfel über dem Meere an eng-
lischem Fussmaasse folgende:

Sorata .
lllimani

Hertha Annaairo Journal

25,200' 25,249',7 25,200'
24,200 23,999
,6 24,200

Oder nach den Angaben des ,,Annuaire'^ allein, die
ursprünglich in Meter-Maass ausgedrückt waren, und
hier auch in
Pieds de Roi (altfranzösisches Maass)
ausgedrückt werden:

Sorata ......................7696"" 23,688'

lllimani................ 7315 22,518

Nun aber hat das hydrographische Bureau der
englischen Admiralität unlängst Pentland's Karte
vom nördlichen Theil der Republik Bolivia heraus-
gegeben -auf der sich ganz andere Zahlen für die
Höhe der in Rede seienden Berge befinden, und
denen zufolge diese Berge weit niedriger werden.
Die Zahlen sind nachstehende:

Nevada de Sorata od&r Äncohum^ auch Ancaiiutni, Jiamim oder Jll-
hampu,
in der Aimara-Sprache genannt; _

Südlicher Gipfel..... 21,286' engl. 19,972' par. 3328*

Nördlicher Gipfel..... 21,043 _ 19,744 _ 3291

jVevado de lllimani, und zwar der_

Südlicho Gipfel.....21,149' engl. 19,843' par. 3307*

„Grosse" nördliche Gipfel . . 21,060 _ 19,760 _ 3293

Am südwestlichen Fusse des lllimani liegt der
Ort Cebollullo 8890 engl. Fuss od. 8341 Par. F. =
1390* hoch; oifenbar schon in dem tiefen Spalt, durch
den der Rio Chuquiapo, welcher die Stadt La Paz
bespült, zum Amazonen-Strom entschlüpft, und der
das relativ tiefste Thal, das man bis jetzt kennt, bildet,
denn es hat die erstaunliche Tiefe von 10,500 Fuss
(nur um 3000' niedriger, als die Höhe des Mont-
blanc beträgt), _ weil die Wasserfläche des See's

von Titicaca, nach Pentland's neüen Angaben 12,850
engl. Fuss oder 12,058 Par. Fuss = 2009*,5 über


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Geologie. 25

dem Meere, d. i. so hoch ist, als der Gross-Glock-
ner in den Salzburger Alpen.

Nach den obigen Bestimmungen ist der Sorata
um 3706, und der Elimani um 2675 Par. Fuss nie-
driger, als die ursprünglichen Angaben lauten. Pent-
land erklärt diese grossen Unterschiede, die sich mit
den Gipfelhöhen unseres Harzes und unseres Thürin-
ger Waldes vergleichen lassen,_dadurch:_„dass

von seinen doppelten Messungen in den Jahren
1827_28 und 1837_38 die Messung von 1827 ganz
irrig gewesen sei, weil sie auf eine zu kleine Basis
gestützt worden, und die durch mehrere genau ge-
messene Standlinien berichtigten Messungen vom
Jahre 1838 die Resultate gegeben hätten, welche auf
seiner Karte vom Titicaca-See stehen".

Später, als Pentland hat sich ein anderer Geometer
ebenfalls mit der Höhenbestimmung der bolivischen
Andes beschäftigt; der Franzose Pissis, von dem,
bei Gelegenheit der Aufnahme einer Karte von Bo-
livia, mit welcher ihn die Landes-Regierung beauf-
tragt hatte, die Höhe des Illimani folgender Massen
trigonometrisch gemessen worden ist:

Zenith-Distanz von

El Pillar aus.... . 6575"" "j

Pico de Tomosa aus 6573 I 3339t,

Capilla aus. . . : . . 6455 j
ChuquiaguiUo aus. . 6452 )

Mittel der beiden höchsten Angaben 6574 20,237 — -3372,9

, Mittel der beiden niedrigsten .... 6453,5 19,867 - 3311,1

Welche von diesen drei Bestimmungen verdient den
Vorzug? Wer hat richtiger gemessen, Pentland oder
Pissis? Das sind Fragen, die sich erst dann beant-
worten lassen, wenn die Beobachter ihre ursprüng-
lichen Messungen bekannt gemacht haben. Man kann
vorlaüfig in runder Zahl 3340' annehmen.

Oestlich von Arica (Breite 18° 28' S.) und westlich
von der Laguna de Aullagas (in die sich der aus dem
Titicaca - See abfliessende Desaguadero ergiesst)
thürmt sich auf der Bolivianischen Küsten-Cordillere
eine grosse Gruppe schneebedeckter Gipfel auf, die
den Seefahrern, welche von Valparaiso und Cobija
nach Arica segeln, eine wohlbekannte Erscheinung
sind.

Die südlichste Abtheilung dieser Gruppe besteht
aus vier majestätischen Nevados oder Schneebergen,
welche bei den Indianern der benachbarten Provinzen
des Binnenlandes unter den Namen
Gualatieri oder
Sehama, Chungara, Parinacota und Araclache be-
kannt sind. So sagt Pentland in seinem Bericht von
1835, indem er hinzufügt,_der Nevado de Guala-
tieri sei ein thätiger Vulkan, und man könne ihm,
auf Grund einer vorausgesetzten Höhe der
Schneelinie in der Breite, unter welcher dieser Berg
belegen ist, eine absolute Höhe von 22,000 engl.
(= 20,640 Par.) Fuss (= 3440') zuschreiben 22.

Auf Pentland's Karte von 1848 sind der Gualatieri
(der hier Gualateiri heisst) und der Sehama (Sahama
der Karte) zwei verschiedene Gipfel, die um etwa
fünf deütsche Meilen von einander entfernt sind. Der
abgestumpfte Kegel des Chungara heisst auf der
Karte Parinacota, und der glocken- oder domförmige
Parinacota führt den Namen Pomarape. Anaclache
ist der nördlichste dieser Gipfel und bildet einen rau-
hen Kamm
{ridge) von bedeütender Länge in der
Richtung der Achse der Cordillere. Der Nevado von
Anaclache, bemerkt Pentland im Bericht von 1835,
ist gewiss niedriger, als die drei (vier) vorherge-
nannten und schien mir nicht über 18,500 engl.
(= 17,358 Par.) Fuss (= 2893') hoch zu seines.

PHYSIK. ATLAS ABTH. IIT.

Illimani

Die Karte enthält folgende Höhenbestimmungen
für diese Gruppe:

Gualateiri-Pik................21,960' engl. 20,604' par. .3434»

Parinacota-Kegel..............22,030 _ 20,670 _ 3445

Pomarape-Dom ..............21,700 _ 20,240 _ 3373

Sehama-Pik ...............22,350 _ 20,970 _ 3495

Hiernach würde der Sehama oder Sahama, der in
18° Τ Breite und 71« 14' W. Länge von Paris auf
der Karte eingetragen ist, der höchste Berg nicht
allein der Andes von Bolivia, sondern auch von ganz
Amerika sein, wenn nicht weiter in Süden ein ande-
rer Gipfel läge, dessen Höhe noch grösser ange-
geben wird.

Dieser Berg ist der Aconcagua, ein Vulkan der
Andeskette von Chile, welcher nordöstlich von Val-
paraiso unter 32° 38'"/a S. Breite und 41' O. vom
Meridian der genannten Hafenstadt belegen ist. Die
Höhe dieses Berges ist auf Kapt. Fitz Roy's hydro-
graphischer Expedition im Jahre 1835 gemessen und
zwischen 23,000 und 23,400 engl. Fuss gefunden
worden Nimmt man das arithmetische Mittel bei-
der Zahlen, so wird dem Aconcagua eine Höhe von
23,200 engl, oder 21,768 Par. Fuss = 3628' beizule-
gen sein; ja es werden ihm noch 700 Fuss hinzuge-
fügt werden müssen, wenn Pentland's Messung von
1838 zum Grunde gelegt wird, die nach einer ersten
Mittheilung 22,478 Par. Fuss — 3745' gegeben hat
womit die neüeste Angabe in Mary SomerviUe's
physikalischer Geographie bis auf eine Kleinigkeit
übereinstimmt 2®,· auf Pariser Maass zurückgeführt
ist diese Zahl 22,431 Fuss = 3738',5 ^^ oder in run-
der Zahl 3740 Toisen.

Hiernach ist der Aconcagua „für jetzt" als höch-
ster Gipfel von Süd-Amerika und der Neüeii Welt
überhaupt anzunehmen. Unter der Voraussetzung,
dass die Messungen richtig sind, würde der Sahama
um 870, und der Aconcagua um 2331 Par. Fuss
höher sein, als der Chimborazo, der nach Humboldt's
Messungen 20,100 Par. Fuss = 3350' hoch ist.

Allein ich verhehle es nicht, dass ich gegen Pent-
lands Höhen-Angaben der Bolivianischen Andes
misstrauisch geworden bin. Die Schwankungen in
denselben müssen ihre Glaubwürdigkeit erschüttern,
die dadurch nur einiger Maissen wieder hergestellt
werden kann, wenn Herr Pentland alle Ele-
mente seiner Messungen unverkürzt be-
kannt macht, und damit dem schönen Beispiele
folgt, welches die nordamerikanischen Offiziere in
ihren amtlichen Berichten gegeben haben. „Es
herrscht ein wissenschaftlicher Geist in diesen nord-
amerikanischen Arbeiten, der die lebhafteste Aner-
kennung verdient" 28. Und was die Höhenbestim-
mung des Aconcagua betrifft, so stützt sie sich, so-
wol bei Fitz Roy, als bei Pentland auf Weiten- und
Winkelmessungen zur See, die selbstredend nicht
auf diejenige Genauigkeit Anspruch machen können,
welche Beobachtungen gewähren, die auf dem Lande
angestellt werden.

Die Gipfel - Erhebungen in der Andes-Kette der
Neüen Welt stellen folgende Stufenreihe dar:

H»he

3740' Pentland.
Pentland.
Humboldt.
Pissis.
Pentland.

3495
3350
3340

Süd-Amerika.

Breite

Aconcagua . ..............32°. 38' S.

Sehama.......·..... 18. 7 „

Chimborazo...............1. 27 „

Illimani...........16. 38 „

Sorata ............15·. 52 „ 3328,


7

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26 Dritte Abtlieilung.

Nord-Amerika.

Breite HDhe

Eliasberg............60». 27' N. 2792* Malaspina.

Popocatepetl ...........19. 0 „ 2771 Humboldt.

Browne-Berg....................52. 30 „ 2500 Douglas?

Iztaccihuatl.......... . 19. 10 „ 2456 Humboldt.

Hooker-Berg..........52. 10 „ 2455 Donglas?

Schönwetter-Berg.........59. 1 „ 2304 Malasplna.

Frimont's-Pik......... . 43. 10 „ 2121,6 Fr^mont.

So lange die Höhe des Aconcagua und des Seha-
ma nicht einer wiederholten Messung unterworfen
worden, wird man geneigt sein müssen, — den
Chimborazo in seinen alten Culminations-
Besitz wieder herzustellen.

Auch in der mittlem Kammhöhe der Boliviani-
schen Andesketten zeigt Pentland's Karte nicht un-
wesentliche Verschiedenheiten gegen seine früheren
Angaben. Diese setzten die mittlere Kammhöhe der
westlichen Kette = 2330*, der östlichen Kette 2380*.
Die Karte enthält folgende Passhöhen in englischem
Maasse:

Oestliche Kette.

Tolapalca.......

Condur Pacheta | · ■ · ·
Lagunillas.......

. 13,780'

. 14,040

. 13,890

. 12,960

. 13,300

. 12,760

. 13,030

. 12,740

. 13,120

. 12,730

. 13,210

. 13,650

. 13,590

. 14,110

. 13,420

. 13,620

. 15,340

. 13,745

. 13,580

13,559

= 13,500

Lenas........

Penas ........

Venta in medio ....

Carocollo . . ·.....

Pandur .......

Eeducto.......

Sicusloa.......

Calamuria......

Pnmapacheta.....

Huallata.......

Palea........

Totorapampa.....

Paouanl.......

Chucunusi......

Challa........

Huayllos.......

Mittlere Kammhöhe 2112'
oder in runder Zahl 2110

Westliche Kette.

Alto de los Hucscos . . . 13,610'

Apo.........14,376

Pati'.........14,500

Alto de Toledo.....15,590

Tlncopalea ....... 13,915

Lagunülas.......15,590

Gualillas.......14,750

So Sais........14,410

Tacora........13,690

Arcomarca.......14,210

Casa sola.......14,210

Chullnugninari ..... 15,160

Mittlere Karnnshöhe 2267' = 14,500
oder in runder Zahl 2270

Auf der westlichen Kfette ist der Sehama, und auf
der östlichen Kette der lUimani der Gipfel. Daher
Verhältnies der Kammhöhe zur Gipfelhöhe in der
Westlichen Kette == 1 : 1,54
Oestlichen Kette = 1 : 1,53.

„Dieses Verhältniss, gleichsam das Maass der un-
terirdischen Hebungskräfte, ist sehr ähnlich dem der
Pyrenäen, sehr verschieden aber von der plastischen
Gestaltung unserer Alpen, deren mittlere Passhöhen
im Vergleich der Höhe des Montblanc weniger hoch
sind. Die gesuchten Verhältnisse sind in den Py-
renäen = 1 : 1,43; in den Alpen = 1 :
2,09"

Cuzco, die alte Hauptstadt der Inca, von der man
bisher keine Höhenbestimmung kannte, setzt Pent-
land auf seiner Karte 11,380 engl, oder 10,678 Par.
Fuss = 1780* über die Meeresfläche, übereinstim-
mend mit einer Höhe, welche herauskommen würde,
wenn man den Scheitel des Harzes, den Brocken,
drei Mal auf einander zu stellen im Stande wäre.

Bei dem oben geaüsserten Misstrauen gegen Pent-
land's Angaben und_Messungen, lassen sich diese

Zahlen für die Passhöhen und für die Höhe des
Titicaca-Sees und von Cuzco nur als genäherte Wer-
the ansehen, um so mehr, als sie ihrem Wesen nach,
nur auf Barometer-Beobachtungen beruhen, von de-
ren Elementen Herr Pentland meines Wissens, bis-
her noch nichts hat hören lassen.

Es bleibt mir noch übrig, die Höhenmessungen
mitzutheilen, welche Pissis bisher bekannt gemacht
hat. Es sind, ausser der oben mitgetheilten Bestim-
mung des niimani, folgende :

SelineegrHnze am Illimani (Oktober 1847)..........5260™ 2698*7

Huaina Potosi..............................6084 3121,5

Dom von Saujama (isolirter Trachytberg) ..... 6414 3290,8

Cerro de Negro Farallon, bei Oruro..............5383 2861,9

Cerro de Vilcanota..............' 5372 2856,2

Pik von Poopo, am See gleiches Namens..........5064 2598,2

Pik von Tomosa, bei Calamarca ......... 4381 2247,7

El Pilar, auf dem Plateau von La Paz............4149 2128,7

Cerro de Oruro.......................4134 2121,0

Der Cerro de Negro Farallon und der Cerro de
Vilcanota, obwol höher als die Schneegränze am Illi-
mani, tragen nicht das ganze Jahr hindurch Schnee,
weil sie im centralen Theil des Tafellandes von Boli-
via liegen, wo, bei gleicher Höhe, wegen der Wär-
mestrahlung der Hochebene die Temperatur höher
ist, als in den Andes^". In Ermangelung einer ge-
nauen Nachweisung über ihre Lage haben diese Berge
auf der Karte nicht eingetragen werden können.

„Da die senkrechte Höhe der Berggipfel über dem
Meere, so unwichtig auch dem Auge des Geognosten
das Phänomen der stärkeren oder schwächern Fal-
tung der Rinde einer Planetenkugel sich darstellt,
noch immer, wie alles schwer Erreichbare, ein Gegen-
stand volksthümlicherNeügier ist ^so schien es ange-
messen diesem Gegenstande in der zweiten Hälfte
der vorstehenden Bemerkungen über die amerikani-
schen Bergketten um so mehr einige Aufinerksam-
keit zuzuwenden, als sich die schickliche Gelegenheit
darbot, Irrthümer zu berichtigen, die unsere geogra-
phischen und geognostischen Bücher, Karten und
Profile in dem Zeitraum von 1829 bis 1848, also fast

zwanzig Jahre lang_verpestet haben! Ueberhaupt

haben die wichtigen Bereicherungen der amerikani-
schen Geographie es nothwendig gemacht, hier aus-
führlich darüber zu sprechen.

1. Λ. de Humboldt, Yoyage aux rigions €quinoxiales du Nou-
veau Continent,
T. X, p. 1_330.

2. Gallatin, in Transactions of thp American Ethnological
Society.
Vol. Π, New-York, 1848, p. XXXVH.

3. Long, Expedition to the Rocky Mountains, 1823.

4. Die Kenntniss dieser nordamerikanischen Arbeiten verdank'
ich Hrn. Alexander von Humboldt, der sie aus "Washington em-
pfangen und die freündschaftliche Gewogenheit gehabt hat, sie
mir mitzutheilen. Es sind folgende Werke: _

1) Report of the Exploring Expedition to the Rocky Mountains in the year
184:2, and to Oregon and North California in the years 1843—.ii. By Brevet
Captain J. C. Frimont, of the Topographical Engineers, under the
Orders of
Col. J. J. Abert, Chief of the Topographical Bureau. Printed by order of the
Senate of the United States. Washington, ISiö.
1 Bd. gr. 8. von 693 S. Mit
einer grossen General- und einigen kleinem Spezialkarten und vielen Ab-
bildungen von Gegenden, von neuen Pflanzen und Versteinerungen.

2) Report of an Expedition led by Lieutenant J, W. Abert on the Upper Ar-
kansas and through the Country of the Camanche Indians, in the fall of the
year ISiö.
Washington, 1846. 1 Bd. in gr, 8. von 75 S. mit einer grossen
Karte (die aber in dem benutzten Exemplare fehlt) und vielen Abbildungen.
_ Die Expedition, an der Lieutenant Peck Thell nahm, ging von Bent's
Fort, am Arkansas, längs des Caüada-(Canadian)Flusses nach St. Louis, am
Mississippi.

8) Report of the Seeretary of War, communicating, in answer io α Resolution
of the Senate α Report and Map of the Examination of New-Mexico, made by
Lieutenant J. W. Abert, of the Topographical Corps.
Washington, 1848, 1 Bd.
gr. 8, von 132 S. Mit einer grossen Karte und vielen Abbildungen von
Gegenden, Versteinerungen, Indianer-Trachten u. s. w.

4) Memoir of α Tour to Northern Mexico, connected with Col. Boniphan's Ex-
pedition, in 1846 and 1847. By A. Wisligenus, M. D. Witii α scieMiflc Appen-
dix and three Maps. Printed by Order of the Senate of the U. S.
Washington,
1848. 1 Bd. gr. 8. von 143 S. (Vergl. Physikal. Atlas, SlXte Lief., Jahr-
buch 1850, I, p. 28_53.)

5) Report of Lieut. Col. P. St. George Cooke of his march from Santa-Fe,
New-Mexico, to San Oiego, Upper California.
Washington, 1848. 1 Heft in
gr. 8. von 11 S., mit einer Karte.

6) Journal of Captain A. R. Johnston, flrst Dragoons (geführt auf dem Mar-
sche von Santa-F^ nach Californien 1846; der Verfasser blieb in einem
Gefecht mit den Mexlcanern am 6. December 1846). Washington, 1848. 1 Heft
in gr. 8. von 54 S., mit vielen xylographirten Abbildungen von Gegenden,
mexicanischen Alterthiimern, u. s. w.

7) eeographical Meinoir upon Upper California, in illnstration of his Map of
Oregon and- California, by John Charles Frdmont: addressed to the Senate of
the United States.
Washington, 1848. 1 Bd. in gr. 8, von 67 S., mit der
grossen Generalkarte von Oregon und Californien, auf welcher Alles, was
über diese Gegenden bis zum Jahre 1848 bekannt geworden, eingetragen ist.

8) Notes of α Military Reconnaissance frdm Fort Leavenworth, in Missouri, to
San Oiego, in California, inclnding parts of the Arcansas, del Nork, and Gila


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Geologie. 27

llwers. By W. II. Emory, Breeet Major, Corps Topographkai Engineers. Made
in 184β—7, with tjie admneed Guard of the „Artny of the West".
Washington,
1848. 1 Bd. In gr. 8. von 416 S. Mit einer sehr grossen Karte und einer
Menge Abbildungen von Gegenden, u. s. w.

5. Frimont, Geogr. Memoir upon Upper California., p. 10.

6. A. de Humboldt, Voyage aux rigions equinox. du Nouv.
Cont.
T. X, p. 102.

7. Gregg, Commerce of Prairies. 1847.

8. Physikalischer Atlas, XIX. Lieferung; Geographisches Jahr-
buch 1850, I, p. 30.

9. Emory, Notes of α military Reconnaissance, p. 10.

10. Physikalischer Atlas, a. a. O.

11. Fr€mont, Report of the Exploring Expedition, p. 682.

12. Sir John Franklin's Journal, Vol. I, p. 190.

13. Kapt. J. H. Lefroy ist Director des magnetischen Obser-
vatoriums in Toronto, Ober-Canada, und hat eine Eeihe, in den
Jahren 1841_1843, barometrisch und thermometrisch gemesse-
ner Höhenbestimmungen in Nord-Amerika bekannt gemacht im
Journal Roy. Geogr. Society, London, Vol. XVI, p. 263_292.

14. Nicollet, Report to the Senate of the ünited States; 1843;
p. 128. A. von Humboldt, Ansichten der Natur, 3ie Aufl. Bd. I,
p. 68, 69.

15. Montgomery Martin, History of the British Colonies,
Vol. m, p. 202—229. Auch Lefroy hat die Höhe des Obern
und des Huron-Sees vermittelst des Barometers gemessen. In-
dessen scheinen diese Messungen nicht so zuverlässig zu sein,
als die von Bigsby. Lefroy's verschiedene Beobachtungen geben
der Reihe nach für den _

Obern See:

87, 89, 90, 114, 114, 114, 117, 81, 113, 126; Mittel = 104t,5
Huron-See:
93, 81, 88, 88, 88, 89; Mittel = 87^,8
Nach Lefroy's Bestimmung liegt der Simcoe-See 498 engl.
Fuss über dem Ontario, daher 729 Fuss oder 114' über dem
Meere. _
Journal Roy. Geogr. Soc. Vol. XVI, p. 263, 267-269.

16. Transactions of the American Ethnological Society, Yo\.\l,
p. 62—70, wo eine Analyse dieses „Jargon" gegeben ist.

17. Berghaus' Zeitschrift für Ei-dkunde, Bd. IX, p. 322—326.

18. Dessen Hertha, Bd. XIII, p. 3_ 29.

19. Annuaire du bureau des longitudes pour 1830, p. 323.

20. Journal Royal Geogr. Soc., London, Vol. V, Part. I, 1835;
Berghaus' Annalen der Erdkunde, Bd. ΧΠ, p. 269 — 292.

21. Der vollständige Titel dieser, in Deütsehland wenig be-
kannt gewordenen Karte ist: _
La Laguna de Titicaca and

the Valleys of Yucay, Callao and Desaguadero in Peru and
Bolivia; from geodetic and astronomic ohservations made in the
years 1827, 28, 31 and 38 hy L B. Pentland, Esq. H. M.
Consul-general to the Republic of Bolivia. London, June 8Λ 1848.

22. Berghaus' Annalen, a. a. O. p. 271.

23. Ebendaselbst, p. 272.

24. Narrative of the Surveying Voyages of H. M. Ships Ad-
venture and BeagU. London. 1839. Appendix to Vol. II,
p. 301.

25. Physikalischer Atlas, l«·» Auflage, Bd. I, p. 54.

26. Mary Somerville, Physical Geography, London, 1849,
Vol. II, p. 425. Dieses Buch ist in zweiter Auflage von Pentland
durchgesehen, berichtigt und verbessert worden.

27. A. von Humboldt, Ansichten der Natur; 3te Aufl. Bd. I,
p. 344.

28. Ebendaselbst, p. 344.

29. Ebendaselbst, p. 343.

30. Comptes rendus des s€ances de l'Acad. des sciences de
Paris,
T. XXIX, p. 11.

31. A. von Humboldt, Ansichten der Natur, Bd. I, p. 319.

Auf das zuletzt genannte neüeste Werk unseres grossen Na-
turforschers muss ich jeden verweisen, der über den gegenwär-
tigen Stand unserer orographischen Kenntnisse von der Neüen
Welt nähere Auskunft wünscht. In Bezug auf den Isthmus hat
der gelehrte Verfasser den „ewig Tauben" ein ernstes Wort
gesagt (Bd. II, p. 387); möge es nicht verhallen!


N». 7. Berg-Ketten und Fluss-Systeme in Afrika; Anschauung derselben im Jahre 1850. _ Und die
vulkanischen Erscheinungen der Alten Welt, in und um den Atlantischen Ocean.

In der Mitte dieser Karte liegt Afrika; auf der
ersten Ausgabe (im Jahre 1839) ein weisses Feld, ein
leerer Eaum, jetzt aber ausgefüllt mit Bergzügen,
Strömen, Flüssen und Seen; und diese vertbeilt,
gruppirt und geordnet auf Grund der Anschauungen,
welche die geographische Wissenschaft im Jahre
1850 gewonnen hat.

Vor einem Vierteljahrhundert, als ich meine grosse
Karte von Afrika bearbeitete, waren unsere Kennt-
nisse vom Innern des Erdtheils in weit engern Grän-
zen eingeschlossen, als gegenwärtig (1850): Mittel-
Afrika in der südlichen Hemisphäre war zum aller-
grössten Theil ein Blankett, und enthielt, mit Ausnah-
me der, durchBowdich bekanntgewordenen Nachrich-
ten über Eeise-Unternehmungen der Portugiesen von
Mosambique quer durch den Continent nach Angola,
nur einzelne Namen von Völkerschaften, mit flüchti-
gen Bemerkungen über die muthmassliche geographi-
sche Lage ihrer Wohnsitze und deren Verbreitung.
Sodann war es damals in der Erdbeschreibung eben
Mode geworden, bei der Boden-Gestaltung der Fest-
länder von Hoch- und Tiefländern, von Terrassen-
und Stufenländern zu sprechen, eine Schematisirung
und eine Ansicht von der Boden-Plastik der Festlän-
der, die, weil ich ihr zu jener Zeit, auch später noch,
unbedingt huldigte, von grossem Einfluss auf die
Zeichnung meiner Karte gewesen ist.

Die Haupt-Frage in der afrikanischen Geographie
war damals der Lauf des Niger, der bald in einem
grossen, haüfigen und langdauernden Ueberschwem-
mungen ausgesetzten, daher sumpfigen Flachlande,
Wangarah, bald in einem grossen Binnen-See sein
Ende finden, oder sich mit dem Nil Aegypten's oder,
wie zuerst Seetzen glaubte, mit dem Zahire in Congo
verbinden sollte, wiewol C. G. ßeichard schon im
Anfang des neünzehnten Jahrhunderts es sehr wahr-
scheinlich gemacht hatte, dass der „geheimnissvolle
Strom" des Biled-es-Sudan, der Araber, in dem
Meerbusen von Guinea seinen Ausfluss habe. War
der Niger der vornehmste Gesichtspunkt für das
Fliessende, so hatte auch das Starre; der Bodengestal-
tung Afrika's seine Spitze, auf der sich alle Anschau-
ungen schaukelnd bewegten, eine Bergkette nämlich,
welche in gewaltiger Ausdehnung vom Ostende Afri-
ka's bis zum Westende streichen und die abessini-
schen Gebirge mit dem Berglande am Senegal, das
Vorgebirge DschardaiFun (Guardafui) mit der Sierra
Leone verbinden sollte: die
Mcntes Lunae des Pto-
lemäus, der Dschebel al Kamar der arabischen
Schriftsteller, das Mond-Gebirge, das man in die
nördliche Halbkugel, zwischen die Parallelen von 5°
und 10® versetzte, obgleich es nach den, von dem
alexandrinischen Geographen gesammelten Nachrich-
ten in die südliche Hemisphäre zu stellen war, wo
man heüt zu Tage seine Lage wieder aufgefunden zu
haben, wol mit Eecht, vermeint. Claudius Ptolemäus
blühte im zweiten Jahrhundert der christlichen Zeit-
rechnung; also haben über anderthalb Jahrtausende
verfliessen müssen, um eine Thatsache wiederherzu-
stellen, die von den, längs Afrika's Ostküste Handel
treibenden, griechischen Kaufherren aus Alexandrien
zuerst nachgewiesen, im Lauf der Zeiten verschleiert
worden war.

Der geographische Abriss von den Bergketten und
Flusssystemen Afrika's, den ich gegenwärtig vorlege,
ist ein Miniaturbild, in welchem es versucht worden
ist, die Hauptzüge der Physiognomie des Erdtheils
oder seiner Boden-Plastik in leichten Umrissen zur

7*


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2 Dritte Albtheilung.

natürlicher Weise auf jede Ausführlichkeit Verzicht
geleistet werden muss. Nichts desto weniger bin ich

_keck genug zu glauben, dass sich dieses Kärtchen

seinen Vorgängern wohl anreihen dürfe, weil es zum
Theil die Erinnerung an ältere Ansichten auffrischt,
zum Theil aber auch neüe Begriffe und ein eigen-
thümliches System über die Boden-Gestaltung des
afrikanischen Festlandes aufzustellen bemüht ist.
Einige Erlaüterungen zur Rechtfertigung meiner
Zeichnung hab' ich im zweiten Heft des, zum Phy-
sikal. Atlas gehörenden, geographischen Jahrbuchs
für 1850 bekannt gemacht, auf das ich Denjenigen
glaube verweisen zu dürfen, der ein Interesse an den
Grundlagen geographischer Kritik und kritischer Geo-
graphie nimmt. Indessen ist auch hier zu bemerken,
dass nicht Alles, was auf diesem Kärtchen steht, als
unumschränkte Wahrheit betrachtet werden darf.
Das Bildchen ist ein Ergebniss der Zusammenfügung
wirklicher Beobachtungen eüropäischer Reisender,
und der Vergleichung und Verbindung der Nachrich-
ten, welche jene Eüropäer von Ingebornen eingezogen
haben, daher sehr vielen der auf der Karte enthalte-
nen Thatsachen nur ein relativer Werth beigelegt
werden kann. Unmöglich aber war es bei dem klei-
nen Maassstabe dasjenige, was wirklich gesehen wor-
den ist, von dem, was nur auf Erkundigungen beruht,
vermittelst einer eigenthümlichen Bezeichnung abzu-
sondern und kennbar zu machen, so wünschensw^erth
dies auch für die Karte gewesen wäre, in ihrer
Eigenschaft nämlich als prüfende Beurtheilerin des
vorhandenen Stoffs.

Was die Darstellung dei* vulkanischen Er-
scheinungen der Alten Welt betrifft, so sind
bei derselben vorzugsweise die Erdbeben ins Auge
gefasst worden, von deren geographischen Verbrei-
tung Hoff's und Perrey's klassischen Schriften
Rechenschaft geben

Wir sehen hier die Lage und Ausdehnung der Is-
ländischen und des Schütterkreises vom Mittelländi-
schen Meere, der sich von den Azoren bis an den
Kaspischen See und den Persischen Meerbusen er-
streckt, wo er mit den Erschütterungsbezirken des
südlichen und innern Asiens in Verbindung steht, die
hier einer Seits bis Sumatra, andrer Seits bis zum
Baikal-See dargestellt sind.

Die Karte enthält mehr, als ihre Ueberschrift be-
sagt, denn nicht allein von den atlantischen Ufern der
Neüen Welt giebt sie eine Uebersicht; die bei dem
Entwurf der Karte zum Grunde gelegte Projection
hat es gestattet, auch die Südhälfte des Neüen Con-
tinents und den grössten Theil von Central-Amerika
aufzunehmen. Man übersieht hier die Gegenden der
Alten und Neüen Welt, welche den Erdbeben aus-
gesetzt sind; wir sehen, dass sie, als ein Ganzes be-
trachtet, einen grossen Bogen beschreiben, der im
südlichen Chili, ja schon im Feüerlande beginnt, längs
der Andeskette und des Gebirgs von Venezuela zieht,
über den Atlantischen Ocean setzt, und durch das
südliche und mittlere Eüropa nach Asien laüft.

Drei grossen Erdbeben ist eine spezielle Aufmerk-
samkeit gewidmet worden, nämlich dem Erdbeben
von Lissabon am 1. November 1755, dem Erdbeben
von Carracas am 26. März 1812, und dem Erdbeben
im südöstlichen Eüropa am 22. Januar 1838.

Anschauung zu bringen; ein Kleinbildchen gewiss,
wie der Augenschein lehrt, zu dem ich noch anzu-
führen habe, dass der verjüngte Maassstab dieses Ab-
-- der wirklichen Grösse ist, bei dem

risses

Beim Erdbeben von Lissabon erkennen wir zu-
nächst die Achse des Stosses, welche von Mogador,
an der Marokkanischen Küste längs der Westküste
von Portugal nach Cork, am Südrande von Irland,
zieht; sodann den Bezirk, in welchem der Stoss ent-
weder Verwüstungen anrichtete, oder fühlbar, oder
mindestens merkbar war. Dieser Bezirk hat die Ge-
stalt einer Ellipse, deren grosse Achse durch eine
Linie bezeichnet ist, welche von der Insel Madeira bis
zur Stadt Abo, in Finnland, reicht. Die Begränzung
dieses Bezirks ist durch eine nach Innen gerichtete
Schraffirung angedeütet; je stärker diese ist, desto in-
tensiver war die Wirkung des Erdbebens. Aber ausser
dieser innern Erschütterungs-Ellipse wirkte das Erd-
beben von Lissabon auch innerhalb eines aüssem
Kreises durch Schwingungen und oceanische Wel-
lenschläge, welche auf und an den Antillen, so wie
in den nördlichen Gegenden der Vereinigten Staaten
von Nord-Amerika, und in den östlichen der Canadi-
schen Seen merkbar waren. Die UmfangsKnie dieses
aüssern Schütterkreises ist mit rother Farbe be-
zeichnet. Auf der Ostseite fällt sie mit der Be-
gränzung der Ellipse zusammen, auf der Westseite
ist ihre Lage durch die Wahrnehmungen in West-
indien und Nord-Amerika gegeben; gegen Norden
und Süden ist sie nur muthmasslich.

Auf ähnliche Weise sind die Raüme angedeütet,
in denen das Erdbeben von Carracas thätig war:
zuerst die Gränze der Zerstörungen, denen die
Gränze der Schwingungen des Erdbodens, und end-
lich die Begränzung des Gebiets, innerhalb dessen
nahe gleichzeitige Erschütterungen und vulkanische
Ausbrüche während der Jahre 1811 bis 1813 Statt
fanden, wohin die Erhebung des wieder verschwun-
denen Eilands Sabrina, den 30, Januar 1811, die
Eruption des Vulkans auf St. Vincent, den 30. April
1813, die Schwingungen im Mississippi-Thal und
das grosse Erdbeben von Carracas gehören. Das
Gebiet der zuletzt genannten Erscheinung bildet,
wie das Gebiet des Erdbebens von Lissabon, eine
EUipse, das Gesammtgebiet aber ein Dreieck, dessen
Eckpunkte durch Santa-Fe de Bogota, die Missouri-
und Mississippi-Vereinigung und die Azoren gegeben
sind. Der Bezirk dieser Erschütterungen von 1811 bis
1813 ist mit gelber Farbe umgränzt worden.

Ungeheüer gross sind die Schütterkreise der Erd-
beben von Lissabon und von Carracas; sie zählen
nach tausenden und abermals tausenden von Geviert-
meilen; in seiner grössten Ausdehnung wirkte das
Erdbeben von Lissabon auf einem Räume von wenig-
stens 600,000 deütschen Geviertmeilen.

Weit geringeren Umfangs ist das Erdbeben, von
dem das südöstliche Eüropa am 22. Januar 1838

heimgesucht wurde. Dieses Erdbeben, _ auf der

Karte mit einer blauen Begränzungslinie angege-
ben, wurde in der Gegend von Wien und Constanti-
nopel, so wie in den südlichen Provinzen
vOn Russ-
land gefühlt, und wirkte zerstörend ganz besonders
in den Ländern an der untern Donau, in Bukarest,
u. s. w. Der geographische Raum des Erdbebens
vom 29. Juli 1846 ist noch kleiner. Es wirkte im
ganzen Rheinlande, von Freiburg, im Breisgau, bis
Düsseldorf; von Silly, im Hennegau, bis Hannover,
und von Nancy bis Würzburg. Die Bewegung der
Erde war eine wellenförmige und drei Stösse, von


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Geologie. 29

denen der zweite der stärkste war, wurden an vielen
Orten gefühlt 2. Die Erschütterung dauerte fünf bis
sechs, und hin und wieder zwanzig Sekunden; an
einigen Orten sind sogar zwei Minuten aufgezeichnet
worden.

In den Kreis der geographischen Darstellung von
Afrika ist auch die Verbreitung des in diesem Erd-
theile wirkenden Vulkanismus aufgenommen worden,
nach den eben so umfangreichen Untersuchungen,
als lichtvollen Schilderungen, welche man Gumprecht
Verdanke. Ob die im südlichen Meere liegenden
Vulkane als Centrai-Essen, oder als Essen auf einer
Spalte, die von Neü-Süd-Shetland bis zur Zwillings-
Insel St. Paul-Amsterdam eine Reihe bilden würde,
anzusehen seien, muss für jetzt noch unentschieden
bleiben. Ein grosser Theil dieser Vulkane ist im thä-
tigen Zustande gesehen worden.

Die auf No. 3 der 2'®° oder hydrographischen Ab-
theilung gegebene Andeütung von der Erhöhung des
Seebodens mitten im Atlantischen Ocean nahe un-
term Aequator ist hier wiederholt worden, weil die
Spuren dieser Erhöhung offenbar mit vulkanischen
Erscheinungen im Zusammenhange stehen. Ich glaube
der erste gewesen zu sein, der in Deütschland die
Aufmerksamkeit lebhafter auf diesen Gegenstand ge-
lenkt hat^; seitdem haben sich die Thatsachen für
die Vermuthung, dass hier ein neües Land in der
Bildung begriffen sei, wesentlich, vermehrt.

Im Innern von Asien kennen wir, ausser im Thian-
Schan oder Himmels-Gebirge, durch chinesische Ge-
echichtschreiber auch ein Gebirgssystem des Kuen-
lün eine Oei-tlichkeit der vulkanischen Thätigkeit^;
indessen sind wir noch nicht im Stande, diese Oert-
lichkeit nach geographischer Breite und Länge mit
mathematischer Genauigkeit anzugeben.

1. Hoff, Geschichte dei· durch Ueberlieferung nachgewiesenen
natürlichen Veränderungen der Erdoberfläche. 5 Bände. Gotha,
1824 — 1840. Alexis Perrey, Professor an der Facultät der "Wis-
senschaften zu Dijon, hat die Geschichte der Erdbeben in einer
langen Reihe von Denkschriften abgehandelt, welche in den
Memoiren der Akademie der Wissenschaften zu Brüssel, und
denen der gelehrten Gesellschaften zu Lyon, Dijon, Angers und
mehreren französischen Zeitschriften abgedruckt sind, und von
denen es zu wünschen ist, dass der gelehrte Verfasser sie in
einem einzigen Werke vereinige. Seiner freundschaftlichen Ge-
sinnung verdank' ich die Mittheilung dieser werthvollen Samm-
lung.

2. Nöggerath, das Erdbeben vom 29. Juli 1846 im Rheingebiet
und den benachbarten Ländern. Bonn, 1847. Bögner, das Erd-
beben und seine Erscheinungen. Nebst einer chronologischen
Uebersicht der Erderschütterungen im mittlem Deütschland, vom
8. Jahrhundert bis auf die neüeste Zeit. Frankfurt, 1847.

3. Die vulkanische Thätigkeit auf dem Festlande von Afrika,
in Arabien und auf den Inseln des Rothen Meeres; von T. E.
Gumprecht. Berlin, 1849. _ In Senegambien, zwischen Dide und
Saissandi-Saracolet rauchen zwei Vulkane unaufhörlich. So be-
richten drei junge Senegalesen, welche in Paris eine eüropäische
Erziehung genossen hatten. Die genannten Orte scheinen in
Bambouk zu liegen.
{Bulletin de la soc. de Giogr. 3« Serie,
T. ΠΙ, p. 115; T. V, p. 320.)

4. Berghaus, Allgemeine Länder- und Völkerkunde, Bd. I,
p. 425—427.

5. A. de Humboldt, Asie Centrale, T. II, p. 78, 81 u. ff., 483
Ansichten der Natur, Bd. I,
p. 111 _ 116.


NO. 8. Specialia vom Vulkan-Gürtel des Atlantischen Oceans; bestehend aas 14 Karten and
11 Ansichten.

Dieses Blatt will die Gegenden vom namhaftesten
geologischen Interesse, welche auf der Generalkarte
No. 7 nicht deütlich und ausführlich genug übersehen
werden können, im grösseren Maassstabe vor Augen
legen.

Bei Bearbeitung dieser Specialkarten bin ich von
der Ansicht ausgegangen, dass es ein wesentliches
Bedürfniss sei einen gleichen Maassstab zum Grunde
zu legen, und wo dies nicht möglich sein sollte, die
Maassstäbe so zu wählen, dass ihre gegenseitigen
aliquoten Theile ganze Zahlen seien.

Einen gleich grossen Maassstab, nämlich 1: 6 Mil-
lionen, haben: die Karten vom Vulkankreise Unter-
Italiens, von Island, den Griechischen Inseln, von
den Azoren, den Canarischen und den Capverdischen
Inseln, so wie die Karte von der Vulkanreihe der
Antillen. Durch diesen gleichen Maassstab sind wir
im Stande, die raümliche Grösse dieser Hauptstätten
der vulkanischen Thätigkeit in und um den Atlanti-
schen Ocean schnell und richtig beurtheilen zu kön-
nen: wir sehen z. B., dass die Reihe der Antillen
2^/2 Mal länger ist, als die Eeihe der trachytischen
Inseln Griechenlands.

Die Karte, welche eine Uebersicht giebt von dem
innern Schütterkreise des Erdbebens von Calabrien
im Jahre 1783, innerhalb dessen die Erdstösse Ver-
wüstungen anrichteten, hat einen Maassstab, der
6 Mal grösser ist, als der Maassstab der zuerst an-
geführten Karten; bei der Karte vom östlichen Sici-
lien ist der Maassstab drei Mal, bei den Liparischen
Inseln und dem vulkanischen Bezirk von Neapel ist
er zehn Mal grösser, als bei den Uebersichtsblättern;
endlich ist der Maassstab der geometrischen Darstel-
lung der im Jahre 1831 über die Meeresfläche geho-
benen, dann aber wieder verschwundenen Insel Fer-
dinandea 40 Mal grösser, als der Maassstab von den
Liparischen Inseln.


Ψ.9. Karte von dem Valkan-Gürtel and den Gentral-Yalkanen des Grossen Oceans; nach
Leopold von Bach and eigenen Untersachungen.

Die Central - Vulkane, mit denen das Becken des
Grossen Oceans besetzt ist, und die Reihen-Vulkane,
welche einzelne Gegenden desselben durchziehen,
zum grössten Theil aber das Bassin an seinen Rän-
dern ringsumgürten, sind auf dem vorliegenden Blatte
dargestellt, mit Einschluss der Sunda-Reihe, die von
dem Molucken-Knoten westwärts zieht, über die an
Feüerbergen reiche Insel Java und durch Sumatra in
den Meerbusen von Bengal zu dem Oeden oder Wü-
sten Eiland
(Barren Island) und dem Eiland Narcon-

phtstk. atlas λρ.τη. itt.

dam, die beide in brennendem Zustande sind. Die
letzten Spuren der vulkanischen Thätigkeit in dieser
Reihe zeigen sich — ausserhalb des Rahmens der
Karte — an der Küste von Arracan und Tschitta-
gong, wovon bereits oben, S. 5, die Rede gewesen ist.

Die vulkaiiische Beschaffenheit des von James Ross
entdeckten Victoria-Landes macht es nicht unwahr-
scheinlich, dass die Westaustralische Reihe bis über
den südlichen Polarkreis fortsetze; und die Ereünd-
schafts-Inseln, welche L. von Buch in die Klasse der


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30 Dritte Abtheilung.

Central - Vulkane setzt, lassen sich als eine kleine
Reihe betrachten, aus Gründen, die sich eben sowol
auf ihre gegenseitige als absolute geographische Lage
stützen.

Bei zwei Vulkanen sind die Kreise angemerkt, in-
nerhalb deren die Detonationen ihrer Ausbrüche ge-
hört worden sind: der eine dieser Vulkane ist der
Cosiguina, in der Reihe von Guatemala, der andere
der Tumbora, auf der Insel Sumbawa, in der Sunda-
Reihe. Diese Detonationskreise erscheinen hier, nach
den Eigenschaften der in Anwendung gebrachten Pro-
tection, als Ellipsen. Man kann sich einen Begriff von
dem Umfang dieser Kreise, namentlich desjenigen
vom Ausbruch des Cosiguina, machen, wenn man sich
vorstellt, dass die Detonationen eines Ausbruchs des
Vesuvs, wenn diese so stark wären, als die der ame-
rikanischen und asiatischen Feüerberge, in ganz Eü-
ropa bis Lissabon, Liverpool, Gothenburg, Riga,
Charkow und am Fuss des Kaukasus gehört werden
müssten. Bei der Explosion des Tumbora, am 11. April
1815, ist zugleich der aüsserste Punkt angegeben, wo
die ausgeworfene Asche, vom Passat getragen, nie-
derfiel: in Benculen auf Sumatra, eine Weite, die,
nach L. von Buch's Bemerkung, mit der Entfernung
vom Etna nach Hamburg übereinstimmt.

Wie ausserordentlich muss die um den Stillen Oce-
an gelagerte Vulkankraft sein, um Erscheinungen,
wie di-e angedeüteten, hervorzubringen; wie klein in
ihren Wirkungen erscheinen dagegen die eüropäischen
Feüerberge, der Vesuv und der Etna; wie würden
wir staunen und erschrecken, wenn ein Α sehen-Aus-
wurf des Etna über ganz Deütschland sich verbreitete,
und vulkanische Asche, vom Südwest- und Westwind
getragen, in Odessa und auf Cypern sich senkte!

Zwischen der Küste von Chile und der Insel Juan

Fernandez unter 33o 34' bis 33° 40' S. Breite und 79"
10'W. Länge von Paris ist im Februar 1839 ein neües
Land über die Meeresfläche gehoben worden. Eine
nachherige Untersuchung Seitens des französischen
Schiffskapitains Cecille, auf der Kriegskorvette Heroi-
ne, lässt diese Erscheinung zweifelhaft. Nichts desto
weniger ist sie eingetragen worden, weil sich auch an-
nehmen lässt, dass dieses Land, welches aus einer
Gruppe von vier Inseln bestanden haben soll, wieder
versunken sei, wie Sabrina, bei den Azoren, und Fer-
dinandea, bei Sicilien. Jedenfalls dürfte hier ein Heerd
der vulkanischen Thätigkeit sein.

Die geringe Tiefe des Meeres zwischen den süd-
äsiatischen Küsten von Siam, Cambodia und der Ma-
layischen Halbinsel einer Seits und den Inseln Bor-
neo, Sumatra, Java und Celebes andrer Seits ist eine
Erscheinung, welche ein grosses geologisches Interesse
in Anspruch nimmt. Eine ähnliche Erhöhung des See-
bodens findet sich zwischen der Nordküste von Au-
stralien und den Inseln Timor und Neü-Guinea, so
wie im kleinern Maasstabe zwischen dem Südrande
von Australien und der Insel Vandiemensland in der
Bass' Strasse. Die Tiefe des Wassers auf diesen Bän-
ken beträgt im Durchschnitt 30 Faden oder etwa
170 Pariser Fuss; sie nimmt aber rasch zu, wenn
man sich dem Rande der Bänke nähert, und vermin-
dert sich allmälig nach dem Lande zu. Alle Inseln,
die auf der grossen asiatischen Bank liegen , haben
den physischen Charakter des Festlandes, dem eine
jede dieser Bänke angereihet ist, während die auf der
Karte gegen das tiefe Meer Ijin belegenen Inseln
sämmtlich vulkanischer Beschaffenheit sind, mit Aus-
nahme einiger kleinen Korallen-Inseln, die aber aller
Wahrscheinlichkeit nach auf den Kraterrändem un-
terseeischer Vulkane stehen.


N». 10. Die Vulkanreihe von Guatemala, die Landengen von Tehuantepec, Nicaragua und Panama,
und die Central-Yulkane der Südsee.

Die Karte von Centro-Amerika, auf der es ver-
sucht worden ist, die geographische Lage und Ver-
breitung der Vulkane von Guatemala darzustellen,
und die zugleich zur Uebersicht der Landengen die-
nen soll, welche zur Verbindung der beiden Meere
vermöge eines künstlichen Wasserweges in Vorschlag
gebracht worden sind, weicht in mancher Beziehung
so sehr von allen früheren Karten dieser Gegenden
ab, dass es nicht unangemessen, ja nothwendig schien,
die Gründe anzugeben, warum und auf welche Auto-
rität diese Veränderungen vorgenommen worden sind.

Dies ist in einer besondern Denkschrift geschehen,
welche ich bald nach Beendigung des Entwurfs die-
ser Karte (im Dezember 1837) in meiner geographi-
schen Zeitschrift bekannt gemacht habe In demsel-
ben Memoir ist auch die geographische Lage der Ga-
lapagos, von Mendana's Archipelagus, der Societäts-
und der Freündschaftlichen Inseln kritisch untersucht
und beleüchtet worden, während Erörterungen über
die Geographie von Hawaii oder den Sandwich-In-
seln den Gegenstand einer besondern Abhandlung
bilden Eine dritte Abhandlung beschäftigt sich mit
der Darstellung der Oberflächen - Gestaltung von
Centro-Amerika, in der ich statt eines zusammenhan-
genden Gebirgs drei abgesonderte Systeme oder
Gruppen erkennen zu dürfen glaube Der Wieder-
abdruck dieser drei Denkschriften dürfte hier um so
überflüssiger sein, als die periodischen AVerke, in de-
nen sie enthalten sind, jedem Benutzer des Physikali-
schen Atlas leicht zugänglich sein werden Κ

1. Bei-ghaus' Annalen der Erdkunde; dritte Eeihe, Bd. V,
Heft 6, p. 481 — 521.

2. Dessen Almanach, den Freünden der Erdkunde gewidmet;
Jahrgang 1839, p. 70_98.

3. Dessen Annalen, a. a. 0. Heft 3, p. 221 _ 229.

4. Die erste Ausgabe dieser Karte erschien im Jahre 1840.
Seit jener Zeit sind unsere geographischen Kenntnisse über die
in ihr dargestellten Gegenden wesentlich bereichert worden; im
Besondern haben wir neüe Vermessungen der Landengen von
Panama und Tehuantepec durch Napoleon Garella imd Moro
erhalten, die ich in der vorliegenden zweiten Auflage fleissig
benutzt habe. Namentlich ist die Spezialkarte von Tehuantepec
nach Moro's Aufnahmen vollständig umgearbeitet worden.


N®. 11. Idealer Durchschnitt von der Bildung der Erdrinde. Verfasst von Thomas Webster; die
Pflanzen und Thiere nach D^ Buckland's Auswahl und Anordnung gezeichnet von Joseph Fischer.

Dieser ideale Durchschnitt soll durch Namen und
Farben die gegenseitige Lage der geschichteten und
ungeschichteten Gesteine, daher das geologische Sy-
stem versinnlichen, von dem auf No. 4 eine Ueber-
sicht gegeben worden ist (siehe oben p. 11_17).

Buckland, von dem dieses Bild entlehnt ist', giebt


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Geologie. 66

die folgenden Erlaüterungen, zunächst in Bezug auf
die plutonischen und vulkanischen Gebirgsarten.

Granit. Die Theorie, welche annimmt, dass die
ungeschichteten oder abnormen oder indogenen Ge-
steine durch Einwirkung des Feüers entstanden sind,
stimmt mit allen bekannten geologischen Erschei-
nungen am meisten überein, und die im Durchschnitt
dargestellten Thatsachen entsprechen den Forderun-
gen dieser Hypothese mehr, als irgend eine der frühe-
ren Voraussetzungen. Nimmt man an, dass Feüer und
Wasser die beiden grossen Agentien gewesen sind,
welche der Erdoberfläche ihre gegenwärtige Gestalt
gegeben haben, so sehen wir in den wiederholten Ein-
wirkungen derselben die Ursache jener Erhöhungen
und Vertiefungen des Grundgebirga der Granit-Reihe,
welche im untern Theil der Zeichnung als Basis
sämmtlicher darüber liegenden Sediment-Gesteine an-
gegeben sind.

Nahe dem rechten Ende des Durchschnitts ist die
wellenförmige Oberfläche des Fundamental-Granits
(a 5, a 6, a 7, a 8) grösstentheils unter der Meeres-
fläche; am linken Ende dagegen ist der Granit (a 1,
a 2, a 3) zu einer jener hohen Alpenketten emporge-
hoben, die durch ihr Hervorbrechen auf die Lage der
ganzen Eeihe der Sediment- oder geschichteten Ge-
steine von Einfluss gewesen sind. Korrespondirende
Lagen von sogenannten Ur- und IJebergangsge stei-
nen sind zu beiden Seiten der gehobenen Granitmasse
dargestellt worden, indem man annimmt, dass der
Granit die einst zusammenhangenden und nahe wage-
recht gewesenen Lagen durchbrochen und in ihre
jetzige aufgerichtete und stark geneigte Stellung ge-
bracht habe

Aus der Geschichte der Erhebungen geht hervor,
dass während der Ablagerung von Sediment-Gestei-
nen jedes Alters in unregelmässigen Zwischenraümen
Bergketten von verschiedener Ausdehnung und in
verschiedenen Eichtungen entstanden sind (s. oben
p. 17, 18), und dass der Granit in manchen Fällen be-
reits vor seiner Hebung fest geworden war.

In diesem primitiven Granit, wie man ihn nennen
kann, finden sich andere Granitmassen (a 9), die im
Zustande der Schmelzung nicht nur in die Spalten
jenes ältern Granits, sondern haüflg auch in die Schie-
fer-Gesteine und die Schichten der primären und se-
kundären Periode eingedrungen sind (a 10, a 11) und
dies hat in manchen Fällen wol gleichzeitig mit der
Emporhebung der durchbrochenen Gesteine Statt ge-
funden. Dieser Granit erscheint gemeiniglich in der
Gestalt von Gängen, die nach oben in kleinen Ver-
zweigungen endigen, und der Mächtigkeit nach von
Einem Zoll bis zu unbestimmbarer Ausdehnung ab-
wechseln. Die Richtung dieser Gänge ist sehr un-
regelmässig; zuweilen durchsetzen sie die Schiefer-
gesteine unter einem Winkel, der mit der Ebene der-
selben einen rechten Winkel bildet, oder sie dringen
seitwärts in der Richtung dieser Ebene ein und neh-
men die Gestalt von Lagern an. Einige Verhältnisse
dieser Granitgänge zu den von ihnen durchsetzten
Gesteinen sind am linken Ende des Durchschnitts
(bei a 9) dargestellt ^; a 10 ist ein Granitgang und
eine emporgedrungene Granitmasse, welche die exo-
genen Gesteine des Cambrischen, Silurischen und
Devonischen Systems durchbrochen und überlagert
haben; a 11 stellt den seltenen Fall dar, wo Granit
die Sedimentgesteine vom Steinkohlengebirge bis zur
Kreidegruppe durchbrochen hat^. Nahe verwandt mit
den Granitgängen ist eine zAveite Reihe unregehnäs-
sig eingedrungener Gesteine, nämlich_

Syenit, Porphyr, Serpentin, Grünstein
(b, c, d, e), welche die Urgebirge und das Ueber-
gangsgebirge und die untern Theile der Sekundär-
Gebilde (nach älterer Klassifikation) nicht nur in ver-
schiedenen Richtungen durchsetzen, sondern sie auch
an den Stellen, wo sie an der Oberfläche übergeflos-
sen sind, überlagern (b 1, c 1, d 1, e 1). Die krystal-
linischen Gesteine der Reihe zeigen so manchfache
Veränderu.ngen in ihren Bestandtheilen, dass unter
den Eruptions - Produkten aus einer einzigen Spalte
haüflg zahlreiche Varietäten von Syenit, Porphyr und
Grünstein vorkommen.

Der Maassstab unseres Durchschnitts gestattet nicht
die genaue Darstellung des Verhaltens vieler der ein-
gedrungenen Massen zu den von ihnen durchsetzten
Schichten. Alle sind so dargestellt worden, als wären
sie gleichzeitig mit der Erhebung aller dieser Schich-
ten oder nachher eingedrungen und hätten nur gerin-
ge Störungen in den durchsetzten Gesteinen hervor-
gebracht. Hierbei muss man aber genau unterschei-
den, dass einige der Eindringungen vor der Empor-
richtung der Schichten zu ihrer gegenwärtigen Höhe
Statt gefunden haben, und das zahlreiche und all-
mälige Erhebungen und Eindringungen, die von Zer-
reissungen und Störungen verschiedener Stärke be-
gleitet waren, durch alle Perioden und durch alle For-
mationen sich ereigneten, von der ersten Hebung der
ältesten der sogenannten Urgebirge an bis auf die
neüesten Bewegungen, welche die jetzt thätigen Vul-
kane erzeügen. Dass Elie de Beaumont nicht weni-
ger als dreizehn Perioden der Hebung entdeckt, wel-
che die Schichten der eüropäischen Erde erlitten ha-
ben, ist auf No. 4 nachgewiesen worden (s. oben
p. 17). _

Beispiele von Zerreissungen und Verschiebungen,
die diese Bewegungen begleiten und Verwerfungen
erzeügen, sind im Profil durch die mit dem Buchsta-
ben I bezeichneten Linien dargestellt. Einige dieser
Zerreissungen erreichen nicht die gegenwärtige Ober-
fläche , da sie die unteren Gesteine vor der Ablage-
rung der neüern Schichten betrafen, welche auf den
Gipfeln der früheren Zerreissungen ungleichförmig
aufgelagert sind
(l, 11, I 2, I 3, I 6, I 7).

Basalt. Eine dritte Reihe im Feüer gebildeter Ge-
steine ist diejenige, welche die Gänge und Massen
von Basalt und Trapp gebildet hat, die in die Forma-
tionen jedes Alters, von den ältesten Graniten bis zu
den neüesten Tertiär-Schichten, eingedrungen sind
und sie überlagert haben. Dieser Basalt kommt zu-
weilen als Lager vor, die den Schichten, in die er ein-
gedrungen ist, nahe parallel sind, wie es im Durch-
schnitt der Kohlenkalkstein oder Bergkalk
f 2 zeigt.
Haüflger breiten sich diese Massen Lava ähnlich auf
der Oberfläche aus. Der Durchschnitt giebt Beispiele
von allen diesen verschiedenen Arten des Vorkom-
mens von Trapp. Bei / 1 durchsetzt und überlagert
er die krystaUinischen Schiefer; bei / 2, / 3, / 4, / 5
sind ähnliche Verhältnisse in Bezug auf paläozoische
und sekundäre Schichten dargestellt; / 6 zeigt ein
Beispiel einer grossen Basalt-Eruption über Kreide-
und Tertiär-Schichten, begleitet von dem Eindringen
grosser unregelmässiger Basalt-Massen in die darun-
ter liegenden primitiven und Uebergangs-Gesteine.
f 7 stellt saülenförmigen Basalt unmittelbar zwischen
Strömen zelliger Lava dar, in Gegenden, die auch von


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32 Dritte Abtheilung.

Krateren erloschener Vulkane erfüllt sind. / 8 zeigt
ähnliche Lager saülenförmiger Lava in der Nähe
thätiger Vulkane.

Traehyt und Lava. Die vierte und letzte Reihe
der eingedrungenen Gesteine ist die der neüeren vul-
kanischen Porphyre, Trachyte ^ und Laven. Die un-
leüghare Entstehung dieser Gesteine durch Einwir-
kung des Feüers bildet das stärkste Argument zu
Gunsten der Annahme eines gleichen Ursprungs für
die älteren ungeschichteten und krystallinischen Ge-
steine; und die manchfachen neüem Produkte um die
Kratere thätiger Vulkane zeigen Abstufungen in der
Structur und Zusammensetzung, welche sie mit den
ältesten Porphyren, Syeniten und Graniten verbinden.

Die einfachsten Fälle vulkanischer Thätigkeit sind
der Traehyt {gl) und die Lava (i), die durch Oeff-
nungen im Granit ausgeworfen wurden. Solche Fälle
beweisen, dass die Quelle des vulkanischen Feüers
mit den pseudo-vulkanischen Erzeügnissen der Ver-
brennung von Steinkohlen, Bitumen oder Schwefel
in den geschichteten Formationen durchaus in keiner
Verbindung steht, und tief unter den krystallinischen
Gesteinen ihren Sitz hat

Krater. Das Profil stellt drei Fälle vulkanischer
Krater dar. Die einfachste Art ist diejenige, welche
am rechten Rande des Blatts mit der Bezeichnung:
„Neüe Vulkane" angegeben ist, und die entsteht,
wenn die vulkanische Thätigkeit durch Granit oder
geschichtete Massen auf dem Boden des Meeres hin-
durchbricht, und Krater aufhaüft, welche, gleich, de-
nen von Lipari, Stromboli, Sabrina und Ferdinandea
zuweilen in verschiedenen Gegenden des Oceans ent-
stehen ^ Der zweite Fall ist, wenn Vulkane, wie der
Etna und der Vesuv, auf dem trocknen Lande noch
thätig sind; auf dem Profil mit dem Ausdruck: „Bren-
nende Vulkane"
(i 1, i 2, i 3) bezdchnet. Der dritte
Fall enthält die „Erloschenen Vulkane", wie die der
Auvergne (
ä 1, h 2), die, obgleich es an historischen
Nachrichten über die letzten Eruptionen fehlt, doch
durch die vollkommene Erhaltung ihrer Krater zeigen,
dass sie seit der letzten grossen Ueberschwemmung,
welche die von ihnen durchbrochenen Sekundär- und
Tertiärschichten afficirte, gebildet worden sind.

Ein grosser Unterschied zwischen den älteren ba-
saltischen Eruptionen und denen der Lava und des
Trachyts der jetzigen Vulkane besteht darin, dass der
Ausbruch der ersteren, welcher wahrscheinlich unter
dem Drucke einer bedeütenden Wassermasse Statt
fand, nicht von der Bildung permanenter Krater be-
gleitet war. In beiden Fällen erscheinen die Spalten,
durch welche einige jener Eruptionen geschehen,
haüfig in Gestalt von Gängen, die mit Massen ange-
füllt sind, denen ähnlich, welche in der Nähe eines
jeden Gangs übergeflossen sind

Veränderungen det Schichten durch dieim
Feüer gebildeten Gesteine. Die eigenthümliche
Beschaffenheit der Gesteine, welche die Seitenwände
der Granit- und Besaitgänge bilden, bietet ein anderes
Argument zu Gunsten der Annahme dar, dass·diese
Gesteine im Feüer gebildet wurden. So sind die älte-
ren Schiefergesteine, wo sie von Granitgängen durch-
setzt werden, gewöhnlich so verändert worden, dass sie
fast den feinkörnigen Glimmer- und Hornblende schie-
fern gleichen. Auch die sekundären und tertiären
Schichten haben haüfig, wenn sie von Basalt durch-
setzt werden, einige Veränderungen erlitten. Schichten
von Schieferthon und Sandstein sind erhärtet und in

Jaspis, dichterKalksteinund Kreide in krystallinischen
Marmor so umgewandelt worden, als ob sie der Hitze
in einem Ofen ausgesetzt gewesen wären. Beispiele
dieser Art kommen an den Wänden der Basaltgänge
vor, die in der irländischen Grafschaft Antrim und
auf der dazu gehörigen Insel Raghlin die Kreide
durchsetzen. In allen diesen Fällen sind die Erschei-
nungen völlig übereinstimmend mit der Voraussetzung
des Eindringens im Feüer gebildeter Massen und
durch keine andere Hypothese zu erklären.

Geschichtete Formationen. Da auf dem
Blatte No. 4 eine vollständige Uebersicht der Sedi-
mentgesteine, und weiter oben (p. 13_17) eine Er-

laüterung dieser Uebersicht gegeben ist, so scheint
es überflüssig hier eine genaue Beschreibung der im
Durchschnitt dargestellten Abtheilungen der geschich-
teten Formationen zu geben. Ihre gewöhnliche Auf-
einanderfolge und ihre Benennungen sind an den be-
treffenden Stellen angegeben, und specielle Schilde-
rungen ihrer Karaktere finden sich in jedem guten
Werke über Geologie, davon einige oben (p. 19) an-
geführt worden sind. Die Hauptgruppen dieser For-
mationen sind durch Farben verbunden, die sie zugleich
von den anliegenden Gruppen unterscheiden. Diese
Farben sind oberhalb der Abbildungen der Pflanzen
und Thiere, welche den paläontologischen Charakter
der verschiedenen Formation ä-Reihen bilden, wieder-
holt, um zu zeigen, in welchen Schichten diese orga-
nischen Reste vorkommen.

Da es den Durchschnitt nur überladen haben würde,
wenn das Diluvium, überall wo es vorkommt, ange-
geben worden wäre, so ist dies nur an Einer Stelle
geschehen, woraus sich ergiebt, dass es jünger ist,
als die neüesten Tertiärschichten; indess kommt das
Diluvium ohne Unterschied auf den Gesteinen aller
Formationen vor. Sind gleich die Torf- und KalktuiF-
Ablagerungen zu lokaler Natur, um allgemein in
die Reihe der Sedimentgesteine aufgenommen zu wer-
den, so sind sie doch im Durchschnitt dargestellt wor-
den, weil sie der Erdoberfläche zuweilen eine bleiben-
de feste Masse hinzufügen,

1. The Bridgewater Treatises on the Power, Wisdom and
Goodness of God, as manifested in the Creation. Treatise VI.
Geology and Mineralogy considered with reference to Natural
History; hy the Rev. William Buckland. D. D. Second Edition,
London, 1837.

2. Beispiele von Granit, der nach der Ablagerung von Ter-
tiärschichten gehoben wurde, finden sich in den östlichen Alpen,
wo die paläozoischen Gebilde, so wie die sekundären und ter-
tiären Schichten sämmtlich an der nämlichen Erhebung Theil
nahmen, welche die Centralaxe der krystallinischen Granitge-
steine emportrieb.

3. In dem Granit am rechten Ende des Durchschnitts sind
die Granitgänge weggelassen, weil ihre Aufnahme die Darstel-
lung des Eindringens der Basalt- und vulkanischen Massen, für
die jener Theil des Durchschnitts bestimmt ist, behindert haben
würde.

4. Ein Beispiel vom Eindringen des Granits in Kreide in dem
Berge St. Martin bei Pont de la Fou, in den Pyrenäen, be-
schreibt Dnfrenoy im
Bulletin de la soc. g€ol. de France, T. II,
p. 73. _ Bei Weinböhla in der Nähe von Meissen, in Sachsen,
hat Weiss das Vorkommen des Syenits über der Kreide nach-
gewiesen; und Naumann sagt, dass bei Oberau Kreidegesteine
vom Granit bedeckt werden, und bei Zscheila und Niederfehre
horizontal auf Granit ruhen. An beiden Orten sind Granit und
Kalkstein in einander verzweigt, und unregelmässige Bruchstücke
und Adern von hartem Kalkstein, mit grünen Körnern und Fos-
silien der Kreide sind hier und da im Granit eingeschlossen.
De la Beche, Geol. Manual, 3 Ed:, p. 295.

5. Den Namen Traehyt hat man einem vulkanischen Porphyr
gegeben, der gewöhnlich Krystalle von glasigem Feldspath ent-


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Geologie. 68

hält und merkwürdig rauh anzufühlen ist (daher sein Name von
τραχύς); in Grossbritannien fehlt er, dagegen kommt er in der
Nähe fast aller erloschenen und thätigen Vulkane vor.

6. Das Vorkommen von eckigen Bruchstücken veränderten
Granits in der saülenförmigen Lava des Thaies Monpezat, im
Departement der Ardeche, zeigt, dass diese Bruchstücke wäh-
rend des Aufsteigens der Lava durch Spalten in der festen Gra-
nitmasse abgerissen wurden. Bei Graveneire, unweit Clermont,
hat ein Lavastrom noch genau die Gestalt, in der er aus der

Seitenspalte eines Granitberges hervordrang und das darunter
liegende Thal überfloss.

7. In den letzten Jahren sind die Vulkankegel Sabrina, bei
den Azoren, und Ferdinandea oder Grahams-Insel, südlich von
Sicilien, plötzlich entstanden und bald wieder von den Wellen
zerstört worden.

8. In manchen Gängen sind die Substanzen durch die Art
der Abkühlung manchfach verändert worden, und weichen von
den an der Oberfläche übergeflossenen Massen ab.


N®. 12. Geologische Karte von Deütschland and den anliegenden Ländern; nach des Bergmeister's Credner
Zusammenstellung.

N°. 13. Spezialkarte vom Riesengebirge, in orographischer und geologischer Beziehung.

14. Geologische Profile von Deutschland im Allgemeinen und vom Riesengebirge im Besondem;
sammt einer Karte vom Tertiär-Becken von Paris.

Die Karte No. 12, hauptsächlich auf die Karten
von L. von Buch, Fr. HoiFmann, Keferstein und
von Dechen, so wie auf mehrere, in neürer Zeit er-
schienene Spezialkarten gestützt, soll die geologi-
schen Verhältnisse, welche auf der Karte No. 4 im
Allgemeinen dargestellt werden, mehr im Einzelnen
nachweisen. Konnten auch nicht alle Formationen
angegeben werden, so wurden sie doch auf mehr
Gruppen vertheilt, als ■ in der geologischen Ueber-
sichtskarte von Eüropa. Die Karte 12 giebt ein deüt-
lioberes Bild der allmäligen Veränderungen, welche
hinsichtlich der raümlichen Verhältnisse zwischen
Festland und Meeresbedeckung Statt fanden; aus
ihr lässt sich die "Wechselbeziehung zwischen Ge-
birgsform und innerm Bau schon bestimmter entneh-
men, wie diese namentlich bei dem Hauptgebirge
Eüropa's, den Alpen, besonders deütlich ausgespro-
chen erscheint.

Um diese Wechselbeziehung und im Besondern
auch die Entstehungszeiten der Gebirge, wie sie
Elia de Beaumont, gestützt auf die oben (p. 11) er-
wähnte Hypothese Leopold's von Buch, aus den in
ihrer ursprünglichen Lage gestörten Sedimentgestei-
nen scharfsinnig folgerte, noch deütlicher darzulegen,
schien es sachgemäss, Profilzeichnungen der wich-
tigsten Gebirge und Berggegenden Deütschlands bei-
zufügen, wie es auf dem Blatte No. 14 geschehen ist.

Die Ausführung dieser Durchschnittszeichnungen
war nicht ohne Schwierigkeit. Die Nothwendigkeit,
einen beträchtlich verschiedenen Maassstab für Höhe
und Länge zu wählen, um die beabsichtigten Ver-
hältnisse nur eben deütlich angeben zu können, lässt
sich mit einem richtigen Bilde der Oberflächen
Ver-
hältnisse nicht vereinigen. Von diesem muss man in
den Profilzeichnungen absehen. Sie sollen zunächst
den Hauptcharakter der Gebirgsform scharf hervor-
heben; sie sollen aber auch den Zusammenhang der
letztern mit dem innern Bau der Gebirge veran-
schaulichen, und endlich dadurch, dass sie nachwei-
sen, ob die geschichteten Gesteine auf oder neben
dem Gebirge in ihrer ursprünglichen, dem Wage-
rechten sich nähernden Lagerung, oder in einer all-
gemein gestörten erscheinen, die Periode unseres
Erdkörpers andeüten, in welcher ein Gebirge zu sei-
ner charakteristischen, noch jetzt bestehenden Form
gelangte. Auch hier möge ein Beispiel zum nähern
Verständniss dienen.

Das Profil k, Deütschland in der Richtung von N.
gegen S. durchschneidend, zeigt, wie in der Nähe
von Magdeburg der Thonschiefer des paläozoischen
Gebildes in aufgerichteter Stellung unmittelbar neben
den Sandablagerungen der norddeütschen Niederung

physik. atlas abth. iii.

hervortritt; er deütet durch Uebereinstimmung seiner
Lagerungs-Verhältnisse darauf hin, dass er in einer
gleichfrühen Erd-Periode und durch gleiche Kata-
strophen, wie das Uebergangsgebirge des Harzes
und des Niederrheinischen Schiefergebirges, eine we-
sentliche Umänderung seiner ursprünglichen Lage er-
Ktten hat. Weiterhin gegen S. trifft das Profil den
Rand des Thüringischen Beckens, welches bis zur
Bildungszeit des Jurakalks vom Meere bedeckt durch
die älteren submarinen Niederschläge des Zechsteins,
des bunten Sandsteins, des Muschelkalks und Keü-
pers gebildet wird. Das Fichtelgebirge begränzt das-
selbe gegen Süden. Die steile Aufrichtung der Schich-
ten des in ihm vorherrschenden Thonschiefers, von
welcher die nördlich, wie südlich daran stossenden
Jüngern Formationen im Allgemeinen nicht betroffen
sind, lässt die Folgerung ziehen, dass das Fichtel-
gebirge bereits vor Ablagerung des Zechsteins und
der Jüngern Meeresgebilde in der Hauptsache seine
Jetzige Gestalt entwickelt hatte; in Form eines Ta-
fellandes verlief es sich von seinen Haupterhebungs-
punkten gegen die Küste des vor weltlichen Thüringi-
schen Meeres, während es gegen das vormalige Süd-
deütsche Meer steil abfiel. Dass es auch späterhin,
besonders durch das Hervortreten des Basalts, wie
er am Neüstädter Kulm und an mehreren anderen
Bergen vorkommt, Einwirkungen erlitten hat, kann
nicht bezweifelt werden; doch waren diese so örtlich
beschränkt, dass sie auf die Gesammtform ohne we-
sentlichen Einfluss blieben.

Aus dem vormaligen Süddeütschen Meere bildeten
sich in allmäligen Bodensätzen nicht nur die Ge-
steine, welche wir in Thüringen fanden, sondern
auch noch jüngere, die des Jurakalks und der Krei-
deformation reihen sich ihnen in gleichförmiger La-
gerung bis in die Donaugegend bei Regensburg an,
zum Beweise, dass Süddeütschland zum Theil noch
vom Meere bedeckt war, als sich Thüringen bereits
zum Festlande gestaltet hatte. Dies war dasselbe
Meer, von welchem, wie die Verbreitung der Ge-
bilde des Jurakalks und der Kreide veranschaulicht,
ein ansehnlicher Theil Deütschland's, von den Ar-
dennen bis zu den Sudeten, und vom Harz bis zum
Schwarzwald und zu den Vogesen, so wie bis zum
Oesterreichisch-Böhmischen Gränzgebirge inselartig
umfluthet wurde. Weithin dehnte es sich gegen Sü-
den aus, selbst über einen grossen Theil des Flä-
chenraums, welchen gegenwärtig die Alpen ein-
nehmen.

Die Alpen, so colossal in ihrer Erstreckung wie
in ihrer Meereshöhe, sind zu ihrer jetzigen Form
und Gestalt erst in einer spätem Periode der Erd-

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34 Dritte Abtheilung.

bildung gelangt. Sie lassen sich als eine weiter-
streckte, durch massige und schiefrige Gesteine aus-
gefüllte Spalte betrachten, deren Bildung mit einer
Trennung und theilweisen Zerstückelung und Auf-
richtung der vorhandenen geschichteten Felsmassen
verknüpft war. Die nördlichen und südlichen Kalk-
alpen sind, ihrer Hauptmasse nach, die emporgeho-
benen Eänder dieser Spalte; die Centralkette dage-
gen wird theils durch abgerissene, mehr oder weniger
umgewandelte Gesteinmassen jüngerer Bildung, theils
durch die emporgehobenen Glieder der älteren For-
mationen, und theils durch die massigen Gesteine,
deren Hervortreten die Geologie mit der Ursache
der die Erdrinde berstenden Kraft in Verbindung
bringt, zusammengesetzt. In der Profilzeichnung ist
durch eine steile Schichten Stellung die Störung an-
gedeütet, welche die Schichten der, dem Jurakalk
und der Kreide parallelen, Gesteine der Kalkalpen
erlitten haben; erst bei den jüngeren Tertiär-Gebil-
den verliert sich dieselbe.

Dies führt zu der Schlussfolge, dass die Haupt-
epoche der Gestaltung der Alpenkette in die Periode
der Tertiär-Bildungen fällt.

Was die Karte No. 13 anbelangt, so ist das Riesen-
gebirge zu einer ersten geologischen Monographie
gewählt worden, weil es unter allen Gebirgen Deütsch-
land's, mit Ausnahme der Alpen, verhältnissmässig
die grösste Masse sogenannter Urfelsarten in manch-
faltiger Gliederung enthält. Zu der Karte gehören
die Profile m und η auf dem Blatte No. 14. Für die
schlesische Gebirgsseite sind haupsächlich C. von
Raumer und v. Carnall die Gewährsmänner bei der
Begränzung der Gebirgsformationen, für die böhmi-
sche Seite ist es Zappe.

Aber auch ein zweiter Gesichtspunkt ist bei der
Zeichnung dieser Karte festgehalten worden, der Ver-
suchnämlich, die gegenseitigen Höhenverhältnisse und
Neigungsflächen auf das System der Niveau-Linien zu
stützen, die hier in Abständen von 100' oder 600 Fuss
eingetragen worden sind; ein sehr schwieriger Ver-
such, wenn gleich zahlreiche Höhenmessungen, min-
destens für die schlesische Seite, vorhanden sind. Wer
eine derartige Monographie unternimmt, wird es füh-
len, dass die Hypsometrie, trotz scheinbarer Reich-
haltigkeit an Stoff", nur erst am Ende ihres Anfangs
steht; dass erst dann Ordnung und Zuverlässigkeit
in eine Verbindung orographischer und geologischer
Karten gebracht werden kann, wenn die topographi-
schen Aufnahmen von Gebirgssystemen die, meist
ganz willkürliche, Schätzung der Flächenwinkel auf-
geben und an ihre Stelle wirkliche Höhenmessungen
treten lassen. Mit Ausnahme der neüen topographi-
schen Vermessung von Frankreich ist dafür in an-
deren Ländern Seitens der leitenden Behörden derar-
tiger Arbeiten sehr wenig, oder gar nichts geschehen!

Bei der Karte vom Pariser Tertiär-Becken auf
No. 14 liegt die leitende Idee zum Grunde, denFreün-
den des Physikal. Atlas ein Gegenstück zu geben zur
Karte vom Riesengebirge, oder einen Gegensatz der
jüngsten Sedimentgesteine im Pariser und den an-
gränzenden Becken zu den krystaUinischen Massen-
und metamorphischen Schiefergesteinen im Riesen-
gebirge.

Die Karte ist eine Kopie derjenigen, welche der
Vicomte d'Archiac seinem Versuche über die Coordi-
nation der Tertiär - Gebirge von Nord - Frankreich,
Belgien und England beigefügt hat^ Ich entlehne aus
dieser gehaltvollen Abhandlung die nachstehenden
kurzen Andeütungen zur Erlaüterung der Karte und
zur Ergänzung dessen, was weiter oben (p. 17) offen
geblieben ist.

Unter dem Ausdruck „Tertiär - Gebirge" begreift
man sämmtliche Meeres- oder Süsswasser-Ablage-
rungen zwischen der Kreide und dem eigentlichen
Diluvium. Der Ausdruck ist gleichbedeütend mit
der Bezeichnung „Molasse-Gruppe" (p. 15).

Das Pariser Tertiär-Becken ist von den analogen
Bildungen in Belgien getrennt durch einen Streifen
der Kreide-Formation, welcher, in der Gegend von
Avesnes und Hirson beginnend von OSO. nach
WNW. an den Pas-de-Calais streicht, und jenseits
desselben in England unter derselben Normal-Rich-
tung fortsetzt bis zum Clay-Hill bei Warminster in
Wiltshire (ausserhalb des Rahmens der Karte). Die-
ser Kreidestreifen bildet die Wasserscheide zwischen
den Maas- und Scheideflüssen einer Seits und den
Seine- und Kanal-Zuflüssen andrer Seits, und trennt
somit das Pariser oder Seine-Becken von dem Ter-
tiär-Becken in Belgien.

Auf beiden Seiten des Kreidestreifens scheinen sich
die verschiedenen Abtheilungen oder Stockwerke in
umgekehrter Richtung zu neigen und an Mächtigkeit
in dem Maasse zuzunehmen, als man sich von
ihrn
entfernt, um denjenigen Theilen zuzuschreiten, welche
für Mittelpunkte alter Becken angesehen werden. In
Belgien verschwinden diese Lagen unter den Alluvio-
nen in den Niederlanden; in Frankreich aber sieht
man die verschiedenen Tertiär-Glieder in vorsprin-
genden Absätzen über der Kreide liegen, gleich den
Ziegeln eines Dachs, so dass die nördlichen Lagen
sich nicht mehr in der Mitte, und die der Mitte nicht
mehr im Süden finden. Daraus folgt, dass dieses
Becken zwar einen geographischen Mittelpunkt hat,
für den man Paris annimmt, nicht aber ein geologi-
sches Centrum, von dem aus gleich Strahlen die kor-
respondirenden Lagen stets wieder aufzufinden wären.
Während der Epoche der Kieselkalkbildung befand
sich die Stelle, wo Paris steht, ungefähr in der Mitte
des Süsswasserbeckens; während der folgenden Pe-
rioden wurde aber das Centrum mehr nach Süden ge-
rückt.

Das Tertiär-Gebirge zeichnet sich durch grosse
Manchfaltigkeit seiner Bildungen aus, was begreif-
licherweise auf das Verlangen geführt hat, dieselben
einzelnen Perioden unterzuordnen. Ausser der Ein-
theilung in die drei Formationen der unteren Braun-
kohlen , des Grobkalks und der oberen Braunkohlen
(s. oben p. 15) hat man das Tertiär-Gebirge in vier
Stockwerke vertheilt, wie unser Idealer Durchschnitt
aufNo. 11 zeigt; zugleich aber wieder in drei Perio-
den, welche man mit dem Namen Eocene, Miocene und
Pliocene belegte, wobei von den Fossilien ausgegan-
gen und als erwiesen angenommen wurde, dass in
allen tertiären Ablagerungen fossile Muscheln und
Schnecken vorkämen, die mit den jetzt lebenden
durchaus identisch seien. Je nachdem nun unter den
Muscheln eines Beckens eine mehr oder minder grosse
Zahl solcher identischer Muscheln gefunden wurde,
bestimmte man die Periode, welcher dasselbe angehö-
ren sollte. Die älteste oder Eocene-Periode, als deren
Typus der Londonthon und der Pariser Grobkalk an-
genommen wurden, sollte 3 % lebender Muscheln
enthalten, d. h. unter 100 Speeles sollten sich 97 aus-
gestorbene und 3 lebende Speeles von Mollusken be-


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Geologie. 35

finden. Als Typen der Miooene-Periode gelten die
oberen Pariser Schichten, die Sandsteinformation von
Fontainebleau und die Faluns der Touraine; sie soll-
ten 19 bis 26% lebender Muscheln enthalten. Die
Pliocene-Periode endlich, für welche die Subapenni-
nen-Formation als massgebendes Beispiel galt, hatte,
als die jüngste, die meisten lebenden Muscheln, näm-
lich 52 %, etwas mehr, als die Hälfte der Gesammt-
zahl ihrer Arten. Nach des Vicomte d'Archiac Klas-
sification bestehen die Tertiär-Bildungen aus folgen-
den Gruppen und Abtheilungen, die von unten nach
oben zählen.

jste Qruppe._Unterer Sand und Sandstein

(nördliches Frankreich); quarzig - sandige Ge-
bilde (Belgien); plastischer Thon (England),
Diese Gruppe hat von allen die grösste Erstreckung,
Sie zerfällt in sechs Abtheilungen oder Stockwerke:

1) Untere Glauconie, pisolithischer Grobkalk und
unterer Süsswasserkalk.

2) Thon,Braunkohle, Süsswasserkalk, verschiedene
Muschelführende Bänke und sandige Thone.

3) Unterer Sand, Trümmergesteine (poudingues),
Eollstücke.

4) Unterer Sand. (Wo Sandstein und der Thon
mit Braunkohlen fehlen, findet Verbindung und
Uebergang Statt zwischen Glauconie und dem
untern Sand.)

5) Muschelnbänke, die zum untern Sande gehören,
dessen letzte Periode sie bezeichnen.

6) Sand und Thon; eine Abtheilung der ersten
Gruppe, welche von geringer geologischen
Wichtigkeit ist.

Π'® Gruppe__Kalkiges System (Frankreich);

kalkig - sandiges System (Belgien, u. s. w.);
thoniges System oder London-Thon (England,
u. s. w.).

Das kalkige System besteht äus vier Stock-
werken :

1) Grobe Glauconie.

2) Eigentlicher Grobkalk.

3) Oberer Grobkalk, oder Cerithenkalk.

4) Mergel.

Das kalkig-sandige System ist an der aüsser-
sten Gränze Frankreichs und in Belgien Repräsen-
tant oder vielmehr eine modificirte Fortsetzung der
Grobkalkgruppe. Es erscheint als ein Verbundenes
aus Sandstein, aus sandigem, Muscheln führenden
Kalk, aus weissem oder eisenreichem Sand, aus Kie-
selkalk und aus, im Sande zerstreüten, Kalk-Blöcken,
ohne eine geregelte Folge von Schichten.

Das thonige System ist eine Fortsetzung des
plastischen Thons nicht nur um London auftretend
und in anderen Gegenden von England, sondern
auch auf dem Kontinent.

IIP® Gruppe. __ Mittlerer Sandstein und
Sand (Frankreich), verschiedene Sand-Abla-
gerungen (Belgien), Sand (England); in drei
Stockwerken.

Dieses Blatt enthält fünf verschiedene Stellen der
Erde, die vom geographischen, besonders aber vom
geologischen Standpunkte das höchste Interesse in

Hier endigt das grosse Ganze von marinen Ter-
tiär-Schichten, welche ohne allgemeine Unterbre-
chung von der untern Glauconie an abgesetzt wur-
den. Dieser ersten Periode folgten in einem oder in
mehreren Seen ungemein wichtige Süsswasser-Ab-
sätze, weshalb man zugeben muss, dass irgend ein
Kataklysmus die alte Ordnung der Dinge änderte
und das Meer für gewisse Zeit zurücktrieb oder ent-
fernte. Zu dieser zweiten oder Süsswasser-Periode
gehören:_

IV*® Gruppe: — Kieseliger Kalk oder mitt-
lerer Süs swasser-Kalk (Frankreich); untere
Süsswasser - Formation (England, ausserhalb
des Kahmens der Karte); in 5 Stockwerken:

1) Verschiedene Mergel, Thone und Süsswasser-
kalke.

2) Gyps.

3) Grüne Mergel,

4) Mergel, mergelige Kalke, welche Kieselerde
durchs Ganze der Masse oder in Nieren ent-
halten.

5) Thon und poröses Quarzgestein (Meulüre).

Vt® Gruppe. — Oberer Sand. Diese Gruppe ist

marinen Ursprungs und besteht aus drei Abthei-
lungen :

1) Mergel mit Austern und anderen Meeres-Mu-
scheln,

2) Oberer Sand, mit einer muschelführenden Bank
im untern Theil.

3) Meeres-Sandsteine.

VP® Gruppe. JL Oberer Süsswasserkalk, in
zwei Stockwerken:

1) Thon, Meulüre und Süsswasserkalk, unmittel-
bar auf dem obern Sandstein.

2) Kalk mit Helisc, neüer als Süsswasserkalk.

VIP® Gruppe._ Faluns, bestehend aus Mergel

und mergeligem Sand mit Quarzkörnern und abge-
nutzten, geroUten Fossilien, welche meist auf Lagern
von Conglomeraten und Gerollen ruhen. In einer
allgemeinen Klassifikation des Tertiärgebirgs gehö-
rep die Faluns der mittlem Periode an. Sie finden
sich im Umfang unserer Karte nur zerstreüt zu bei-
den Seiten der Loire von Blois an; und sind viel-
leicht parallel der_

VHP®" Gruppe, _ die den Crag (England) ent-
hält, welcher aus drei Abtheilungen besteht:

1) Korallen-Crag.

2) Eother Crag, rothe eisenhaltige Mergel und ro-
the und braune Sandschichten.

3) Norwich-Crag, unregelmässige Lager von Sand,
Schiefer, Lehm, Kiesbänken und kleinen Kalk-
lagern,

Crag ist ein mariner Absatz, der in einem Meer-
wasser von geringer Tiefe entstanden ist. Möglicher
Weise wird er dem obern Tertiärgebirge beigezählt
werden können.

1. Bulletin de la soci€U giologique de France, 1839, T. X,
p, 168 iF. Lconhai-d's u. Bi'onn's Neües Jahrbuch, 1839, p. 631 ff.

N". 15. Vermischtes zur Geologie, enthaltend: Plateau von anito; orographische Skizze vom Hi-
malayah nebst Profii-Darsteilung der Kamm- und Gipfelhöhen; Krater des Vulkans Gedee auf
Java; Südliche Keeling-Insel, und geologische Uebersicht der Pyrenäen mit einem Querdurch-
schnitt und einer Darstellung der muthmassüchen Ur- und des gegenwärtigen Zustandes der Pyrenäen.

Anspruch zu nehmen berechtigt sind, und zwar: das
Andes-Plateau von Quito mit den Vulkanen Pichin-
cha und Antisana; _ der Vulkan Gedee auf der

9 *


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36 Dritte Albtheilung.

Insel Java; _ die Korallen-Gruppe der Keeling-

Inseln im Indischen Meere; — die Pyrenäen-Kette;
_und die grosse Gebirgsmasse des Himalayah.

Die Karte vom Quito-Plateau tritt sofort als
Hauptbild vor Augen und drängt, durch die in ihr
dargestellten riesigen Bergformen, die übrigen Ob-
jecte etwas zurück, ohne dass diese jedoch an
Deutlichkeit und Uebersichtlichkeit Einbusse erlit-
ten hätten.

Bei dem Entwürfe kam es hauptsächlich darauf
an, für diese kartographischen Abbildungen Maass-
stabs-Verhältnisse zu ermitteln, welche, mit den in
dieser Abtheilung des Atlas bereits vorhandenen
geologischen Karten, und auch unter sich, in Ein-
klang ständen und parallel gingen, um dadurch ein
Mittel zu nutzbringenden Yergleichungen zu ge-
winnen.

Die Ausführung dieser leitenden Grund-Idee hat
bei der ökonomischen Benutzung des gegebenen et-
was beschränkten Eaumes einiger Maassen ihre
Schwierigkeiten gehabt. Nichts desto weniger glaube
ich, dass sie mit einigem Glück überwunden wor-
den ist.

Die Hauptkarte, die vom Quito-Plateau, ist im
Maassstab von '/200,000 der natürlichen Länge ent-
worfen, mithin in demselben Verhältnisse, wie die
Spezialkarte vom Riesengebirge (No. 13 dieser Ab-
theilung), wodurch der unmittelbare Vergleich beider
Gebirgsgegenden, in Absicht auf wagerechte Aus-
dehnung, möglich geworden ist. Legt man die zwei
Karten neben einander, so sieht man auf den ersten
Blick das Kolossale der amerikanischen Gebirgsbil-
dung, gegen die unser ßiesengebirge gleichsam auf

ein_Minimum zusammenschrumpft. Hat doch der

einzige Berg Antisana mit seinen Abstufungen
eine fast eben so grosse Ausdehnung in der Länge
und Breite, als das ganze Riesen-Gebirge sammt
dem hohen Iser-Gebirge!

Als Gegensatz einer der mächtigsten und höchsten
Erhebungen der Erde dient die Karte von der süd-
lichen Keeling-Insel, deren trocken liegender La-
gunen-Rand kaum über die Meeresfläche emporragt.
Auch dieses geographisch-geologische Bildchen ist
im Maassstab von '/200,000 gezeichnet, wodurch die
Vergleichung dieses korallinisch gebildeten Erdreichs
mit den amerikanischen Vulkanen und den plutonisch
gehobenen Urgebirgsfeldern des Riesengebirgs er-
leichtert wird. So sieht man, dass diese niedrige
Korallen - Insel, mit Einschluss ihrer Lagune, eben
so gross ist, als der 2490* hohe Pichincha, und eben
so gross, als die Hochebene von Hirschberg und
Warmbrunn, die im Durchschnitt 170' oder 1000
Fuss absolute Höhe hat.

Es war die Absicht, den Krater des Gedee auf
Java ebenfalls im zweihunderttausendtheiligenMaass-
stabe darzustellen, um seine Grösse mit der der An-
des-Vulkane unmittelbar vergleichen zu können;
allein diess erwies sich als unstatthaft, weil das
Kärtchen alsdann ungemein klein ausgefallen sein
würde. Darum wurde der Maassstab für dasselbe
verdoppelt, also auf '/100,000 der natürlichen Länge
festgestellt. Die Gebirgs-Verhältnisse des Gedee er-
scheinen demnach noch ein Mal so gross, als die des
Antisana und des Pichincha.

Die Pyrenäen-Karte hat das Verhältniss von
'/4,800,000 der natürlichen Länge zur Grundlage, d. h.
ihr Maassstab ist eben so gross, als der der geologi-
schen Karte von Deütschland (No. 12 dieser Abth.),
wodurch die geologischen Raum-Verhältnisse der
Pyrenäen im Vergleich zu denen der Alpen u. s. w.
klar hervortreten.

Der Maassstab der orographischen Skizze des Hi-
malayah ist dem gleich, nach welchem die Karte von
Eüropa's Haupt-Gebirgs-Systemen (No. 3 dieser
Abth.) entworfen worden. Neben diese gelegt, zeigt
die Skizze beim ersten Blick, dass die Gebirgsmasse
des Himalayah im Durchschnitt keine grössere Breite
hat, als unsere eüropäischen Alpen, dass sie aber
mindestens drei Mal so lang ist; wobei nicht unbe-
rücksichtigt bleiben darf, dass der östlichste Theil des
Gebirgs, der sich über Ober-Assam erhebt, und
bis an den Brahmakund streicht, wegen beschränkr-
ten Raumes in die Karte nicht aufgenommen werden
konnte.

Was nun die Bearbeitung der einzelnen Abthei-
lungen betrifft, so stützt sich die —

1) Der Karte vom Quito-Plateau zunächst
auf Alex, von Humboldt's geographische Ortsbestim-
mungen in diesem Theile der Neüen Welt, und so-
dann für das topo- und orographische Bild haupt-
sächlich auf die Meister-Blätter:
Carte giologique du
Nevada de Antisana χχηάΡΙαη hypsomStrique du Vol~
can de Pichincha,
die der berühmte Meister an Ort
und Stelle aufgenommen hat, und hier mit seiner
ausdrücklichen Genehmigung kopiret sind. Die An-
tisana-Karte, deren Maassstab um ein weniges grös-
ser ist als '/200,000) reicht westwärts bis Pintac und
Pinantura; der Plan von Pichincha dagegen östlich
bis zur Stadt Quito, dem Dorfe Guapulo und der
Ebene von Turubamba. Der Maassstab dieses Plans
ist ungefähr '/70,000 der natürlichen Länge. Das zwi-
schen den beiden Cordilleren liegende Hochthal,
oder Plateau von Quito ist nach der
Carte de la Μέ-
ridienne mesurSe au Royaume de Quito par ordre du
Rai notre souverain pour parvenir ä la Connaissance
du DSgrS Terrestre et de la figure de la Terre, par

D. Jorge Juan et Ώ. Ant. de Ulloa, en 1744, _

eingetragen worden, mit Benutzung des von Alex,
von Humboldt zum vorliegenden Gebrauch mitge-
theilten, in Deütschland höchst seltenen posthumen
Werks von Don Pedro Maldonada:
Carta de la Pro-
vincia de Quito y de sus adjacentes^
welche auf Befehl
und Kosten des Königs von Spanien 1750 publizirt
worden ist. Die genannten zwei Karten sind die ein-
zigen brauchbaren, die es bis jetzt über die betref-
fenden Gegenden giebt. Die zuerst genannte, oder
Gradmessungs-Karte, ist im Maassstabe von etwa
'/400,000? "iid die Maldonadosche in dem von unge-
fähr '/βοο,οοο der wahren Länge entworfen; beide
Blätter sind daher in viel kleinerem Maassstabe, und
beziehungsweise zwei und vier Mal kleiner, als un-
sere Darstellung, was auf deren Ausführung, hin-
sichtlich des Details und auch der relativen Richtig-
keit, natürlicher Weise von Einfluss ist.

Die Orientirung der Karte stützt sich auf die
Länge von Quito, die nach Oltmann's sorgfältigster
Revision und Diskussion zu 5'' 24' 18",5 in Zeit oder
81° 4' 38" im Bogen westlich von Paris angenommen
werden kann. Quito, die Stadt, liegt 1492' über dem
Meere; Chillo, ein Landhaus nahe an der Ebene von
Gachapambe 1341*, und das Landhaus Pintac 1586*.
Im mittleren Durchschnitt dieser drei, aus Hum-
boldt's Beobachtungen hervorgehenden Bestimmun-
gen lässt sich die absolute Höhe des, auf unserer


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Geologie. 37

Karte dargestellten Theils des Plateaus von Quito zu
1470·· oder 8740' annehmen, und darüber erhebt sich
in der westlichen Cordillere der höchste Pichincha-
Gipfel, der Rucupichincha, 1020' oder 6120', und in
der östlichen Kette der Gipfel des Antisana 1547'
oder 9280'; mithin steht dieser über dem Niveau der
Hochebene noch 540' höher, als das Plateau über der
Meeresfläche.

2) Die Karte von der südlichen Keeling-
Insel ist nach Fitz-Roy's Aufnahme gezeichnet.
Diese Insel liegt im Indischen Meere auf der grossen
Fahrbahn von der Sunda-Strasse nach dem Vorge-
birge der guten Hoffnung, unter 12° 5' 22" südl.
Breite und 94° 34' 30" östl. Länge von Paris. Das
Hochwasser findet daselbst um 5·^ 27' Statt und be-
trägt 5 Fuss bei nordwestlicher Bewegung der Fluth-
welle.

An der Keeling-Insel hat Darwin, der naturfor-
schende Eeisegefährte Fitz-Eoy's, das Studium der
korallinischen Erdbildungen vervollständigt, welches
er während seines Aufenthalts in der Südsee mit so
grossem Erfolge begonnen hatte. Die Keeling-Insel
gehört in die Klasse der Lagunen-Inseln, deren
ringförmige Eiifumgürtung im grössten Theil ihrer
Ausdehnung mit langgestreckten Eilanden besetzt ist.
An der nördlichen Seite hat dieser Ring eine Oeff-
nung, die für grosse Schiffe zugänglich ist, und auf
den Ankerplatz führt, der bei der Direction-Insel
liegt. Als wir hineinfuhren, erzählt Darwin, trat uns
eine sehr zierliche und ziemlich hübsche Scene ent-
gegen, deren Schönheit jedoch einzig und allein vom
Glanz der umgebenden Farben abhangt. Das seichte,
klare und stille Wasser der Lagune, das zum gröss-
ten Theil einen weissen Sandgrund hat, entwickelt
bei senkrechter Sonnen-Beleüchtung ein höchst leb-
haftes Grün. Diese glänzende, mehrere Meilen breite
Wasserfläche ist auf allen Seiten entweder von den
dunkeln Finthen des Oceans durch eine Reihe schnee-
weisser Brandungen, oder von dem tiefblauen Him-
melsgewölbe durch Landstrecken getrennt, die in
gleicher Höhe mit den Wipfeln von Kokospalmen
gekrönt sind. Wie eine hier und da zerstreüte weisse
Wolke einen angenehmen Kontrast zum Azur-blauen
Firmamente bildet, so scheinen dunkle Bänder le-
bender Korallen durch das smaragdgrüne Wasser

der Lagunen._ Die Keeling-Insel ist einer von den

submarinen Bergen, die, an dem über das Wasser
hervorragenden Gipfel abgestumpft, pyramidenför-
mig, ja thurmähnlich vom Boden des Meeres sich
erheben; ihr Absturz ist so jäh, dass Fitz-Roy, in
einer Entfernung von nur i|4 deütschen Meile vom
Lande, mit einer Lothleine von 2700 engl. Fuss oder
1200 Faden den Meeresgrund nicht erreichte. Diese
Stelle ist auf der Karte mit
Β bezeichnet. Das Profil,
welches durch die Insel gezogen ist, folgt der Li-
nie
AB. Alle Tiefenangaben sind in Faden ausge-
drückt; 1 Fuss = 6 engl. Fuss (= 5,826 preüss. Fuss).

3) Die Karte vom Krater des Gedee ist
nach der, im Jahre 1836 vorgenommenen trigonome-
trischen Aufnahme Salomons Müller gezeichnet, die
derselbe in dem grossen Werke über das Niederlän-
dische Indien publizirt hat. Der Gunong Gedee liegt
im westlichen Theile der Insel Java (sprich: Dscha-
va, Djava), sehr nahe unter dem Meridiane von Ba-
tavia (siehe VuJkanreihe auf Java, No. 2 dieser
Abth.). Unter der grossen Menge von theils erlo-
schenen, theils ruhenden, theils noch fortwährend

physik. atlas abth. πι.

brennenden Feüerbergen, ist der Gedee einer der
höchsten, nur von sieben andern wird er übertrofFen.
Nach Junghuhn's Barometer-Messung ist der höchste
Gipfel des südlichen Krater-Randes, Puntjak Gu-
nong Gedee genannt, 1538',3 über dem Meere (siehe
oben p. 6); Müller hat dagegen für denselben Punkt
etwas weniger, nämlich 1521',3 gefunden. Der Se-
moro (oder Semiru bei Horsfield), im östlichen Theile
von Java, ist der höchste Berg auf dieser Insel, nach
MüUer'a „hypsographischer Voorstelling" 400 nie-
derländische Ellen, oder 2059' hoch. Alle Berge Ja-
va's erheben sich thurmförmig auf dem allgemeinen
Bergkamme der Insel, der verhältnissmässig sehr
niedrig ist, denn man kann seine Höhe durchschnitt-
lich nur zu 250' annehmen, so dass sich zwischen
Kamm - und Gipfelhöhe ein Verhältniss von 1:8
herausstellt.

Der Vulkan Gedee giebt ein schönes Bild von ei-
nem Eruptionskegel, und dieses Bild ist in unserm
Kärtchen und dem dazu gehörigen Profile trotz des
kleinen Maassstabes (der sieben Mal kleiner ist, als
der des Müller'schen Originals) möglichst treü wie-
dergegeben worden. Der Eruptionskegel und der
kleine Krater treten deütlich hervor, eben so die, in
nördlicher Richtung abgeflossenen Lavaströme, wel-
che verschiedenen Ausbrüchen angehören, und der
Kranz, welcher den Krater auf der Ost-, Süd- und
Westseite umgiebt. Der südliche Abfall dieses Kra-
terrandes ist mit Strauchwerk und niedrigen Baümen
besetzt, und Straücher des
Gnaphalium javanicum
bedecken das Thal Alun-Alun, welches den Puntjak
Gunong Gedee von dem Seda-ratu trennt, dessen
nördlicher Abhang mit massig hohem Walde beklei-
det ist.

4) Die geologische Uebersicht der Pyre-
näen stützt sich auf das, von der Pariser Akademie
der Wissenschaften gekrönte Werk von Charpentier,
das sein gelehrter Verfasser gar bescheiden einen
Versuch genannt hat, obwol es alle seine Vorgänger
hinter sich lässt, und noch von Niemand, der später
über die Pyrenäen geschrieben, übertreffen worden
ist; ich meine den
Essai sur la Constitution gSogno-
stique des Pyrinhs par J. de Charpentier,
aus dem
ich die folgenden Andeütungen entlehne.

Dieses Kärtchen dient als Ergänzung der geologi-
schen Karte von Deütschland und den anliegenden
Ländern (No. 12), die in ihrer südwestlichen Ecke
noch eben den nordöstlichsten Theil des Tertiär-
Randes der Pyrenäen-Kette enthält. Das geologische
Kolorit dieser Karte ist darum auch hier bei den Py-
renäen beibehalten worden.

Mit Ausnahme der vulkanischen Gebirgsarten und
selbst der Basalte finden sich in den Pyrenäen die
vorzüglichsten Gebilde fast aller Epochen mehr oder
minder verbreitet.

Das sogenannte Ürgebirge macht den geringsten
Theil der Kette aus. Wie überall, so ruhen auf ihm
auch hier alle übrigen Gebilde, und seine Zusammen-
setzung ist sehr einfach. Die ungeschichtete Felsart
des Granits und die geschichteten des Glimmerschie-
fers und Ürkalksteins bilden die hauptsächlichsten
Formationen dieser Gruppe. Die verbreitetste For-
mation ist der Granit; er allein macht wenigstens
drei Viertheile des gesammten TJrgebirges aus und
dient allen übrigen Gliedern zur Unterlage. Der
Gneis mangelt in den Pyrenäen nicht, er tritt viel-
mehr in grosser Masse auf, aber er ist doch immer

10


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38 Dritte Abtheilung.

nur ein Theil, gleichsam eine Anomalie des Granits,
von dem er nicht füglich getrennt werden kann. Der
Glimmerschiefer dagegen ist das Ergebniss einer un-
abhängigen und selbstständigen Bildung, die unmit-
telbar auf die des Granits gefolgt ist. Der Urkalk-
stein der Pyrenäen spaltet sich in drei Formationen,
von denen zwei dem Granit und dem Glimmerschie-
fer untergeordnet sind, und nur allein die dritte für
sich besteht. Von den ungeschichteten Felsarten
kommen der Syenit, der Porphyr, der Trapp nicht
als abgesonderte und selbstständige Gebilde vor,
sondern meistens nur als Abänderungen anderer
Formationen.

Die grösste Ausdehnung in den Pyrenäen haben
die sogenannten Uebergangs-Gebirgsarten, nament-
lich der Thon- und Grauwackenschiefer, die Grau-
wacke und der zu dieser Gruppe gehörige Kalkstein,
die auch durchschnittlich in dieser Reihenfolge ent-
standen zu sein scheinen. Sie lagern unmittelbar,
wie sich von selbst versteht, aixf dem Urgebirge und
bedecken abwechselnd den Granit, den Glimmer-
schiefer oder den Urkalkstein.

Das Sekundär-Gebilde nimmt im Allgemeinen we-
niger Raum auf dem nördlichen Abhänge ein, als die
Uebergangs-Gruppe; dagegen scheint es auf der
südlichen oder spanischen Seite des Gebirgs grössere
Ausdehnung zu haben. Es besteht aus drei abgeson-
derten Formationen, dem bunten Sandstein, dem
Alpen- und dem Jurakalkstein, von denen der Sand-
stein zuerst gebildet wurde in jenem ungestümen
Meere, das sich bald darauf mit einer ungeheüren
Menge organisirter IVesen bevölkerte, welche es in
den nilächtigen Ablagerungen der Kalksteine ein-
hüllte, denn in dem Sandsteine selbst findet man nur
wenig Versteinerungen. Eine in den Pyrenäen, be-
sonders gegen den Fuss des nördlichen Abhangs
sehr verbreitete Formation ist der, von Charpentier
dem Sekundär-Gebilde zugezählte Ophit von Palas-
sou, der nach seinen Bestandtheilen bald Hornblende-
gestein, bald Grünstein genannt werden kann.

Was endlich die Tertiär-Formationen anbelangt,
so kommt keine derselben in den Pyrenäen selbst
vor, sondern sie bedecken nur das ebene Land am
nördlichen Fusse der Kette.

Am Fuss der Karte sind die mit den Anfangs-
buchstaben der Namen bezeichneten Berge alphabe-
tisch aufgeführt und erklärt, auch die absoluten
Höhen derselben über dem Meere angegeben; ich
komme unten darauf zurück.

Ein Querdurchschnitt durch die Mitte der Pyre-
näen, auf der Linie AB, die vom Garonne-Thal, auf
französischer Seite, in die Gegend des Cinca-Thales
bei Ainsa, auf spanischer Seite, laüft, giebt ein Bild
von der Struktur der Kette; und an diesen Durch-
schnitt knüpft sich ein zweites, aber hypothetisches
Profil, welches dazu dient, die Erniedrigung zu zei-
gen, die die Pyrenäen muthmasslich erlitten haben.

Die Figur zeigt den vertikalen Querdurchschnitt
cad der Pyrenäen der Breite nach in dem ursprüng-
lichen Zustande des Gebirgs. In diesem Querschnitt
haben die beiden Abhänge ac und ad gleiche Länge,
der Granit, oder das Urgebirg im Allgemeinen,
nimmt die Mitte ein und bildet den Kamm der Kette,
während das Uebergangs- und das sekundäre Ge-
birge, an den Granit sich anlehnend, auf dem süd-
lichen und dem nördlichen Abhänge nahe gleichför-
mig verbreitet sind. Nimmt man nun an, dass der (
ganze, zwischen a, b und c liegende Theil des Ge-
birgs durch den Effekt irgend einer, von Norden
nach Süden wirkenden Kraft zerstört worden sei, so
zwar, dass nur der zwischen c, b und <1 fallende Theil
übrig geblieben, so wird die nothwendige Folge da-
von sein, dass eine sehr wesentliche Veränderung
vorgegangen, nicht allein in der äussern Gestalt der
ganzen Gebirgskette, sondern auch, und ganz beson-
ders in der Vertheilung der Felsarten im Bezug auf
die aüssere Form. Aus der Zerstörung des Ganzen,
zwischen a, b und c liegenden Theils folgt nothwen-
diger Weise: _

1) Dass der Kamm nicht allein niedriger gewor-
den, sondern auch, dass seine Lage weiter nach
Süden geschoben und demgemäss der nördliche Ab-
hang b c viel länger und sanfter geworden ist, als der
südliche bd.

2) Dass der Granit und die übrigen primitiven
Felsarten nicht mehr den Kamm der Centraikette
bilden; sondern dass sie sich auf der Nordseite, in
geringer Entfernung von ihm, befinden.

3) Dass die südlichen Massen des sekundären und
des Uebergangs-Gebildes eine Höhe erreichen, wel-
che die des Granits und aller andern, auf der Nord-
seite des Urgebirgs liegenden Felsarten im Allgemei-
nen übertrifft.

4) Dass diese beiden südlichen Massen im Allge-
meinen den Kamm des ganzen Systems bilden.

5) Dass die Uebergangsgebilde eine weit grössere
Ausdehnung auf dem nördlichen Abhänge haben
oder daselbst auf einer grösseren Fläche zu Tage
gehen, als auf dem südlichen Abhänge. Endlich_

6) Dass die sekundären Formationen den ganzen
Südabhang füllen, während sie auf der Nordseite
nur niedrige Berge am Fusse der Kette bilden.

Alle diese aus der Hypothese einer Erniedrigung
der Pyrenäen nothwendig entspringenden Ergebnisse
stimmen mit dem wirklichen Zustande der geologi-
schen Struktur dieses Gebirges sehr gut überein, wie
sich aus dem Vergleich dieses Ideal-Profils mit dem
aus den Beobachtungen hervorgegangenen Durch-
schnitt AB leicht ergiebt.

Der Kulminationspunkt der Pyrenäen ist die Jfa-
ladetta der Spanier, Mont Maudit der Franzosen
(der verfluchte Berg!), und zwar dessen östliche
Spitze, welche
Pic Nethou oder Pic d^Anethou
heisst. Die trigonometrischen Messungen von Reboid
und Vidal wiesen diesem Punkte eine Höhe von
1787^ an; allein die neüeren geodätischen Nivelle-
ments von Coraboeuf und Peytier, welche mit der
aüssersten Sorgfalt und Genauigkeit ausgeführt wor-
den sind, ermässigen diese Bestimmung um 245' und
setzen die absolute Höhe des
Pic Nethou auf 3404·»
fest oder auf.......................... 1746^503

Vor Reboul's im Jahre 1817 vorgenommener Re-
vision seiner älteren Beobachtungen galt der Mont-
Perdu für den Scheitelpunkt der Pyrenäen; damals
zeigte aber jener gewandte Geometer, dass der ver-
lorene Berg von dem verfluchten um 240' überragt
werde; er fand nämlich für die Höhe des Mont-
Perdu 1747^; nach Coraboeuf und Peytier beträgt
sie aber 3350™,7 oder...................1719^,157

Dies sind die Zahlen, welche man für die Höhe
der beiden höchsten Gipfel der Pyrenäen gegenwärtig
annehmen kann. Ich erwähne ihrer etwas ausführ-
lich, um zur Erlaüterung und Berichtigung einiger
im physikalischen Atlas vorkommenden Varianten zu


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Geologie. 39

dienen, von denen die auf No. 2 der III. Abtheilung
enthaltene oiFenbar auf einem Irrthume beruht, der
möglicher Weise bei der Verwandlung des Metre-
Maasses auf das altfranzösische Maass vorgefallen
sein mag.

Unter den dreissig Höhenpunkten, welche auf un-
eerm Kärtchen angegeben, und in der Tabelle nach-
gewiesen sind, befinden sich eilf, deren Höhe nicht
von Coraboeuf und Peytier gemessen worden ist. Die
für diese Pyrenäen-Gipfel angeführten Zahlen sind
aus den älteren Messungen von Reboul und Vidal
entlehnt, hier aber mit — 27* korrigirt, einem "Wer-
the, welcher sich als mittlere Differenz zwischen den
altern und den neüen Messungen ergiebt.

Was endlich_

5) Die orographische Skizze vom Hima-
layah betrifft, so kann und will dieselbe, selbstre-
dend, nur eine ganz allgemeine lieber sieht geben
von der wagerechten Ausdehnung dieses mächtigen
Gebirgssystems, von der Lage seiner Landschaften,
seiner Hauptthäler und der hauptsächlichsten seiner
bis jetzt bekannten Gipfel.

Unser Wissen vom Himalayah ist bis jetzt noch
sehr beschränkt; gründliche Kenntniss besitzen wir
nur von einem sehr kleinen Gebirgs-Abschnitt, näm-
lich von den Landschaften Gherwal und Kemaun,
die unter britischer Landeshoheit stehen, und zu-
sammengenonunen kaum den siebenten Theil des
ganzen Gebirgszuges ausmachen.

Von diesen Landschaften haben die astronomi-
schen, geodätischen und barometrischen Messungen
und Untersuchungen der Webb, Hodgson, Herbert,
Gerard u. a. britischer Kriegshauptleüte Beschrei-
bungen und Karten geliefert, die sich hinsichtlich der
Ausführlichkeit irnd Genauigkeit mit den ähnlichen
Arbeiten über die eüropäischen Alpen messen kön-
nen; und es steht die geographische Lage und das
Höhen-Verhältniss dieses Theils des Himalayah wol
so fest, dass spätere Arbeiten daran nur wenig zu
verändern, oder zu verbessern finden werden.

Nicht so verhält es sich mit der Kenntniss der
übrigen Himalayah-Gegenden; da sind Lage und
Höhe noch schwankend, vornehmlich in dem Gebiete,
welches sich nordwestlich von Gherwal erstreckt,
obwol auch hier, in nettester Zeit, durch die Eeisen
der Moorcroft und Trebeck, der Hügel, Jacqueminot,
Vigne und Thompson, Vieles in der geographischen
Lage verbessert und unsere Kenntniss über den Lauf
der Thäler, namentlich des Indus-Thals, Berichti-
gung und Bereicherung erhalten hat. Im Besondern
hat der zuletzt genannte Keisende im Jahre 1848 das
Gebiet des Himalayah überschritten und ist bis zum
Korakorum-Pass vorgedrungen, dem Hauptübergang
des Kuen-lün auf der Strasse vom Indus-Thal nach
Jarkand in Inner-Asien. Und gleichzeitig haben wir
durch Waugh und Joseph D. Hooker aus dem öst-
lichen Himalayah wichtige Mittheilungen erhalten,
denen zufolge das Verzeichniss der Eiesengipfel die-
ses Gebirgs um zwei vermehrt worden ist.

Unser Kärtchen zeigt, dass es im Himalayah sie-
ben Gebirgsgruppen giebt, welche ganz besonders
hervortreten; nämlich 1) die schon erwähnte Gruppe
in Gherwal und Kemaun, die man nach ihrem Schei-
telpunkte die Gruppe desNanda-Dewi, oder nach
dem Gebirgsgau, in welchem sie liegt, Dschawahir-
Gruppe
(Jawahir, Juwahir, Jawari) nennen kann;
sodann 2) die im westlichen Theil von Nepal bele-
gene Gruppe des Dhawala-Giri, des indischen
Montblanc (DhaWala = weiss, Giri —Berg; ferner
weiter östlich 3) die Gruppen vor Dhayabung und
Salpu, die sich nordöstlich über Katmandu, der
Hauptstadt des Nepalesischen Eeichs, erheben, mit
ihrem Scheitelpunkt Gossain than; davon östlich
4) die, ihrer Lage nach noch unbestimmte Gruppe
des Deodangha, der sowol vom Nepalthale, als
auch von Sikkim zu sehen ist; demnächst folgt 5) der
Kantschain-(Kunchin- oder Kinchin-)jungha,
in Sikki'm; ferner 6) der Tchumulari auf der
Gränze von Bhot-han und Tübet; und endlich 7) zwei
ungenannte, nicht genau gemessene Gipfel im öst-
lichen Bhot-han. Die Höhen dieser Haupterhebun-
gen sind auf der Karte nach den neüesten Bestim-
mungen eingetragen. Wegen der Grundlagen dieser
Bestimmungen vergleiche man:_

A. von Humboldt, Ansichten der Natur, 3<e Ausgabe, Bd. I,
p. 108—126, 355. Bergbaus, Physikalischer Atlas. Geographisches
Jahrbuch, 1850, I, p. 1_6, 62.


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