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ALLGEMEINER
ERDMAGNETISCHBR ATLAS
EINE SAMMLUNG
VON FÜNF KARTEN,
WELCHE DIE, AUF DIE MAGNETISCHE KRAFT DER ERDE BEZÜGLICHEN ERSCHEINUNGEN
NACH IHRER GEOGRAPHISCHEN VERBREITUNG UND VERTHEILUNG ABBILDEN UND
VERSINNLICHEN.
Von
D» HEINRICH BER6HAUS.
VERLAG VON JUSTUS PERTHES IN GOTHA.
1851.
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YORBEMERKUNGEN
ZUR
VIERTEN ABTHEILUNG.
Ν**. I. Wachsende Karte der magnetisolien Meridiane und Parallelen; gegründet auf die Beob-
achtangen der Decltnation, welche sämmtlich auf das Jahr 1825 redazirt worden sind.
NO. 2. Karte der magnetischen Meridiane nnd Parallelkreise; nach den Beobachtungen über die
Declination der Magnetnadel. In stereographischer Pol ar-Pr oje et ion, als Ergänzung der, im
vorhergehenden Blatte, nach Merkator's Projection gegebenen Daistellung.
Der tellurische Magnetismus aüssert sich in zwei Haupt-Erscheinungen und mehreren untergeordne- ten, welche sämmtlich auf eine und dieselbe Ursache zurückzuführen sind, in ihren Einzelheiten aber manchfach von einander abweichen. So drückt sich Bernhard Cotta in seinen Briefen über Alexander von Humboldt's Kosmos aus, indem er zur weitern Erlaüterung also fortfahrt: —
Die Haupt-Erscheinungen sind eine bestimmte Richtung der frei hangenden Magnetnadel und eine bestimmte innere Stärke, oder Intensität, mit wel- cher sie in dieser Richtung verharrt oder, wenn sie gestört worden, in sie zurückkehrt.
Die Richtung ist gegen zwei in der Nähe der Erd- pole gelegene Punkte, die magnetischen Pole, ge- kehrt, und zwar dergestalt, dass in der nördlichen Halbkugel die sogenannte Nordspitze der Nadel, in der südlichen die Südspitze, sich dem entsprechen- den dieser magnetischen Pole zuwendet. Da es schwierig ist, eine Magnetnadel in ihrem Schwer- punkte so aufzuhängen, dass sie sich nach aUen Richtungen ganz frei bewegen kann, so benutzt man zur vollständigen Beobachtung der erdmagnetischen Richtung zweierlei Arten von Nadeln: eine, welche sich in horizontaler Richtung frei bewegen kann, und die stets wagerecht aufgestellt werden muss, und eine andere, welche sich in vertikaler Richtung frei bewegt, und die in einer Ebene aufgestellt werden muss, welche der Richtung der horizontalen Nadel parallel ist.
Die horizontale Nadel weist nun bei uns keineswe- ges genau gegen Norden, sondern 17° bis 18® von Nord gegen West. Diese Abweichung vom wahren Norden nennt man die Declination. Sie ist überall auf der Erde verschieden, bewegt sich aber innerhalb bestimmter Gränzen, welche durch und 40° so ausgedrückt sind, dass die Abweichung entweder auf der westlichen, oder auf der östlichen Seite des ter- restrischen Meridians liegen kann. Verbindet man alle Orte einer Hemisphäre, an denen gleiche Decli- nation beobachtet wurde, durch Linien, so erhält man die Isogonen und dadurch magnetische Meri- diane, welche nach den magnetischen Polen conver- giren.
Die vertikale Nadel steht in der Aequatorialgegend horizontal, an den magnetischen Polen aber senk- recht, d. h. an diesen Punkten verschwindet der ho-
phtsik. atlas abth. iv. |
rizontale Antheil der erdmagnetischen Kraft ganz. Zwischen beiden aüssersten Rrichtungen findet eine Neigung der Magnetnadel Statt, oder eine Inclina- tion, welche in unsern Gegenden etwa 67° beträgt. Wenn man die Orte gleicher Neigung durch Linien verbindet, so erhält man ein System von Curven, welche Isoklinen heissen und die magnetischen Pa- rallelkreise bezeichnen, die weder mit den terrestri- schen Parallelen gleichlaufend sind, noch die mag- netischen Meridiane überall rechtwinklig durch- schneiden.
Die Neben-Erscheinungen des teUurischen Magne- tismus aüssern sich darin, dass die erste der Haupt- Erscheinungen, die Richtung der Magnetnadel nach Declination und Inclination, Schwankungen unter- worfen ist, welche sich in einer seculären und in der täglichen Periode, und ausserdem auf unregelmässige Weise, namentlich bei Polarlichtern, zu erkennen geben, die eben desshalb magnetische Gewitter ge- nannt worden sind.
Der seculären Schwankungen wegen, die im Lauf der Zeit einen bedeütenden Wechsel in der Richtung der Magnetnadel herbeiführen, ist es wichtig, die Epoche anzugeben, für welche eine Zeichmmg, ver- möge deren man die Wirkungen der erdmagnetischen Kraft darstellen will, gültig ist.
Der französische SchiiFskapitain Duperrey, der Verfasser der vorliegenden zwei Karten, hat daa Jahr 1825 angenommen, dasselbe, in welchem er seine, auf der Corvette la Coquille unternommene Erdumschiffung vollendete, die für die Kenntniss der magnetischen Erscheinungen so wichtige Resul- tate geliefert hat.
Das System der magnetischen Meridiane ist auf der ersten Karte durch eine Auswahl von Beobach- tungen beglaubigt, die vermittelst kleiner Pfeile ver- sinnlicht sind. Duperrey hat zwei magnetische Ae- quatore eingeführt, und zwar —
1) den Aequator für die Declination, der auf der Karte No. 3, mittlerer magnetischen Aequator heisst, und_
2) die Linie ohne Neigung, oder die Isokline 0, welche bereits oben als magnetischer Aequator be- zeichnet wurde.
Beide Kurven sind auf den Karten No. 1 und 2 an- gegeben, und zwar die Kurve, auf welcher die
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2 Dritte Abtheilung.
Magnetnadel aller Orten wagerecht steht, vermittelst einer punktirt-gestrichelten Linie.
Man sieht aus den Karten, dass Duperrey bei zwei Punkten, wo die horizontale Kraft verschwindet, oder mit anderen Worten, bei zwei magnetischen Polen stehen geblieben ist. Ihre Lage ist, im Vergleich mit den Plätzen, welche ihnen von Gauss aus der Ent- wicklung seiner allgemeinen Theorie des Erdmagne- tismus für die neüeste Zeit angewiesen hat, folgende:
Duperrey. Gauss, ί Breite . . 70". 05' Ν.....73". 35' Ν.
Nordpol iL^jjgg _ _ ^QQ 45 -yy.....8_ qo W. Paris.
/Breite . . 76". 00' S.
\ Länge . . 135. 00 0..... 150. 10 Ο. Paris.
Die ältesten Beobachtungen über die Abweichung der Magnetnadel gehen bis zum Jahre 1550 hinauf, und sind in Paris angestellt worden. Damals betrug die Abweichung 8° 10' gegen Osten. Dreissig Jahre später aber erreichte sie ihr Maximum östlicher Eich- tung mit 110 30'. In den Jahren 1663 bis 1666 war die Declination Null. Von 1670 an ist sie beständig westlich vom wahren Norden gewesen, und hat in dieser Eichtung allmälig zugenommen bis zum Jahre 1814, wo die Abweichung 22° 34' betragen hat und ein Wendepunkt eingetreten ist, indem die Magnet- nadel sich ganz allmälig wieder nach Osten wendete, doch nicht in regelmässiger Folge, sondern ruck- weise, indem die Declination bald grösser, bald klei- ner war. So betrug sie
1816 = 22 25' West. Von da an ist die Magnet-
1817 = 22. 19 _ nadel wieder nach We-
1822 = 22. 11 __sten gewandert und wich
1825 = 22. 22 _ im Jahre 1838 um 24° 6'
1827 = 22. 20 _ gegen Westen vom wah-
1829 = 22. 12 _ ren Meridian ab.
Die horizontale Nadel ist fast beständig in Bewe- gung. Ausser den so eben erwähnten jährlichen Decli- nationen, welche von der Mittelzahl der Beobachtun- gen gegeben werden, bemerkt man auch tägliche Veränderungen, von denen einige nur zufällige, die meisten aber periodische sind, welche sich nach den Tagesstunden, d. h. nach dem Stande der Sonne richten. So ist die Magnetnadel während der Nacht fast stationär; bei Sonnenaufgang aber setzt sie sich iij Bewegung, so zwar dass ihre Nordspitze dem Westen, oder der Sonne entgegengesetzt sich zu- wendet; um Mittag, oder vielmehr um die Epoche der höchsten Tageswärme, erreicht die Magnetnadel das Maximum ihrer Ablenkung und kehrt darauf in entgegengesetzter Bewegung nach Osten zurück bis etwa um eilf Uhr Nachts, wo sie bis zum folgenden |
Morgen still steht. Die Amplitudo dieser täglichen Veränderung wechselt nach den Jahreszeiten; am grössten ist sie im Sommer von der Frühhngs- bis zur Herbst-Nachtgleiche, und am kleinsten während der Wintermonate. Im mittlem Eüropa ist der mitt- lere Werth in den Monaten April bis September 13' bis 16'; in den Monaten Oktober bis März aber 8' bis 10'. Das Maximum der Amplitudo ist 25', das Minimum 5'.
In den nördlichen Ländern sind die täglichen Ver- änderungen grösser und unregelmässiger. Die Nadel bleibt daselbst während der Nacht nicht in Euhe, und erreicht erst am Abend das Maximum ihrer westlichen Ablenkung. Gegen den Aequator hin nimmt dagegen die Amplitudo an Grösse ab, und man wird, obgleich ihre Lage noch nicht gefunden ist, auf eine Linie treffen, welche die Erdkugel um- gürtet, ohne mit dem terrestrischen Aequator zu- sammenzufallen, wo die Amplitudo Null ist, mit Aus- nahme einiger schwachen OsciUationen, welche, je nach dem Stande der Sonne im Norden oder Süden des Erdgleichers, bald auf dieser, bald auf jener Seite liegen. Diese Linie der Nicht-Veränderung der stündlichen Abweichung hat man auch magnetischen Aequator genannt. Auf jeder ihrer Seiten finden die täglichen Schwankungen im entgegengesetzten Sinne Statt. Auf der südlichen Seite wandert die Nord- spitze der Nadel gegen Osten in denselben Stunden, wann sie in der nördlichen Hemisphäre gegen We- sten ablenkt.
Auch die IncHnation der Magnetnadel ist in der Zeit veränderlich. Doch scheint sie sich am näm- lichen Orte nicht so rasch zu ändern, als die Abwei- chung. In Paris war die Neigung im Jahre 1671 = 750, 1838 = 67 0 24'. Auch ist ihre jährliche Ver- änderung nicht konstant; sie wechselt von einem Jahr zum andern und es ist noch unbekannt, ob diese Verminderung einer grossen Schwingungs- Periode angehören, oder ob sie progressiv sein werde. Die Inclination ist den täglichen Verände- rungen eben so unterworfen, als die Declination. Sie ist um 10 Uhr Morgens grösser, als um 10 Uhr Abends, in jenem Moment erreicht sie ihr Maximum, in diesem ihr Minimum. Die tägliche Veränderung der Inclination ist im Sommer grösser, als im Win- ter, wo sie fast verschwindet.
Ausser dem Polarlicht haben auch Erdbeben und vulkanische Ausbrüche einen grossen Einfluss auf die Magnetnadel, der sich in unregelmässigen Schwan- kungen, gleichsam in Erschütterungen kund giebt. |
3. Darstellung der isodynamischen Linien. In Merkator's Projection. Nach den Beobachtungen
der magnetischen Intensität, die in den Jahren 1791—1830 gemacht worden sind.
N°. 4. Darstellung der isodynamischen Linien. In der Horizontal-Projection für den Durch-
schnittspnnkt des Pariser Meridians und des Parallels von 60° nördlicher und südlicher Breite.
Die zweite Haupterscheinung der Magnetnadel ist die Intensität, die Stärke der Kraft, mit welcher sie nach dem Pole gerichtet Avird; man misst sie durch die Schnelligkeit der Schwingungen einer und der- selben Nadel an verschiedenen Orten. Je schneller eine Nadel von bestimmter Länge schwingt, um so grösser muss die Intensität der Anziehung sein, welche zwischen ihr und dem Pole besteht. Doch ist diese Intensität der Anziehung stets auch abhangig von der eignen magnetischen Kraft der Nadel, weshalb eben zu den vergleichenden Versuchen stets dieselbe Nadel angewendet und in gleicher Kraft erhalten wer- den muss. Diesen Worten Cotta's ist noch hinzuzu- fügen, dass die magnetische Wirkung des Erdkör- |
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Erdmagnetismus.
pers durch das Quadrat der Anzahl der Schwingun- gen gemessen wird, die von einer aus dem magneti- schen Meridian gerückten Magnetnadel in einer ge- gebenen Zeit verrichtet werden. Die magnetischen Kräfte verhalten sich also wie die Quadrate der in der nämlichen Zeit an zwei verschiedenen Orten beob- achteten Schwingungszahlen. Mittelst solcher Schwin- gungsversuche hat A. von Humboldt die Entdeckung gemacht, dass die innere Stärke oder Intensität der magnetischen Kraft der Erde vom Erdäquator nach den Angelenden der Erde zunimmt. Man drückt sie durch Verhältnisszahlen aus, indem man die von Hum- boldt unter den Tropen auf den Andes von Quito be- obachtete Intensität = 1 setzt. Dann ist die Intensi- tät der magnetischen Kräfte in Paris=1,348, in Lon- don = 1,372, in Berlin = 1,367. Die Linien, auf dem die Magnetnadel gleich viel Schwingungen macht, wo also die Intensität dieselbe ist, werden Isodynamen genannt.
Die beiden Karten, welche den Lauf der Isodyna- men darstellen, sind wie die beiden ersten ebenfalls von Duperrey. Demzufolge ist der magnetische Ae- quator die Linie der kleinsten magnetischen Intensi- täten aller Meridiane des Erdsphäroids. Die Intensi- tät wechselt auf dieser Linie von der Einheit bis 0,867, so dass der aüsserste Unterschied ein Zehntel und ein Drittel dieses Zehntels beträgt, d. h. ein Intervall und ein Drittel der auf der Karte gezogenen Linien. Es ereignet sich dann, dass die dem magnetischen Aequa- tor benachbarten Isodynamen sich in schiefer Richtung gegen denselben endigen, ohne hinüber zu gehen.
Die Bestimmung einer Kurve, welche Duperrey „mittlerer magnetischer Aequator" nennt, hat ihn gleichfalls beschäftigt. Er hat zu dem Endzweck in zwei sphärische Spindeln die beiden Spindeln verwan- delt, welche zwischen dem wahren magnetischen Ae- quator und dem terrestrischen Aequator liegen, und gefunden, dass die Spitzen des mittleren magnetischen Meridians mit der Breite von 11" 35' nördlich und 10° 43' südlich vom Erdgleicher zusammenfallen.
Was die magnetischen Pole betrifft, so hat sich Du- perrey darauf beschränken zu müssen, auf der Karte No.4 in den Polargegenden zwei, von isodynamischen Linien begränzte, Eaüme grösster Intensität anzuge- ben, welche nothwendiger Weise die in Rede seienden Pole enthalten müssen. Der Raum am Südpol ist ein Dreieck, dessen elliptisch geformte Winkel den be- nachbarten Festländern Afrika, Amerika und Austra- lien zugewendet sind; der nördliche Raum grösster Intensität hat eine ganz längliche Gestalt und weist nait der einen Spitze nach Asien hin, während die an- dere auf der nördlichen Küste von Amerika steht.
Der magnetische Pol einer jeden Hemisphäre wür- de der gemeinsame Durchschnitt aller Meridiane sein; um nun aber die wahren Meridiane festzustellen, geht Duperrey von einem neüen Verhältniss zwischen den Intensitäten und den Declinationen aus.
Die Abweichungslinie an irgend einem beliebigen Punkte der Erdoberfläche ist normal auf der isodyna- mischen Linie, die durch diesen Punkt geht; denn die magnetischen Wirkungen sind zu beiden Seiten der zuletzt genannten Linie symetrisch. Allein für jeden der unter dem magnetischen Aequator belege- nen Punkte, endigen an demselben zwei Isodynamen, die eine von der nördlichen, die andere von der süd- lichen Halbkugel; so dass die Richtung der Declina- tions-Nadel an diesem Punkte eine mittlere Richtung zwischen den beiden Normalen, die nach den beiden auslaufenden Isodynamen gezogen sind, annehmen muss. Nun aber kann es sich ereignen, und es kommt wirklich vor, dass diese Normal-Richtung nicht nor- mal auf dem magnetischen Aequator ist, und ein Un- terschied entsteht, den Duperrey bis zu 2« gefunden hat. |
Die vom Aequator fem liegenden Isodynamen kön- nen sich niemals begegnen, wie nahe man sie einan- der auch voraussetzen möge. Wenn daher durch zwei benachbarte Punkte isodynamische Linien geführt werden, und zwischen ihnen eine Normale, so wird diese Normale die Richtung der horizontalen Nadel, und der zwischen den beiden Curven enthaltene Theil der Nadel eins der Elemente der Linie sein, welche alle Isodynamen unter rechten Winkeln schnei- det, eine Linie, welche ein wahrer magnetischer Me- ridian sein würde.
Die isodynamischen Linien, die unter rechten Win- keln die Richtungen der Declinations-Nadel schnei- den, diese beiden Reihen von Erscheinungen sind künftighin mit einander verbunden, während andrer Seits eine einzige Intensitäts-Beobachtung und eine Reihe von Declinationen rund um die Erde gemessen den Lauf einer ganzen isodynamischen Linie geben.
Duperrey hat, wie auf der Karte No. 3 bemerkt ist, die Oberfläche einer jeden magnetischen Halbkugel zu bestimmen gesucht, und gefunden, dass die Ober- fläche der nördlichen Halbkugel sich zu der der süd- lichen verhält wie 1 zu l,oi54; ferner hat er, indem er die mittlere Intensität der beiden terrestrischen Hemi- sphären bestimmte, gefunden, dass die nördliche Halbkugel in dem Verhältniss von lzul,oi52 weniger magnetisch ist, als die südliche Hälfte, d. h. dass die Oberflächen der beiden magnetischen Hemisphären proportional sind den Total-Intensitäten der beiden terrestrischen Halbkugeln, woraus man schon auf eine ähnliche Wärme - Ungleichheit schliessen kann. Die mittlere Curve der magnetischen Intensitäten vom Aequator nach den Polen giebt zwischen dem Aequa- torial- und dem südlichen Magnetismus einen Unter- schied von 0,8017; während die Differenz der mittleren Temperatur des Aequators und den Angelenden der Erde 45° C. beträgt. Da nun aber Temperatur-Ver- änderungen den kleinsten Differenzen im Magnetis- mus proportional sein werden, so kommt Duperrey zu dem Ergebniss, dass die südliche Hemisphäre um etwas weniger, als ein Grad kälter sei, als die nörd- liche Hemisphäre.
Die Ungleichheiten, die sich in der Temperatur der terrestrischen Parallelen zu erkennen geben, werden von der Unregelmässigkeit in der Vertheilung der flüssigen Umhüllung der Erde und der Festländer hervorgebracht; das aber, was die Vertheilung der Wärme stört, übt seinen Einfluss auch auf den Mag- netismus aus, so dass die isodynamischen Linien, eben so gut wie die Isothermen, sich nach Gestalt und Lage ändern, indem sie um einen mittlem Zustand oscilliren. Eine ganz geringe Veränderung in der Gestaltung der Isodynamen wird sehr grosse in der Declination verursachen können. Diese Veränderungen werden sehr beträchtlich sein in der Nähe der Continente, und sehr gering in einer grossen Entfernung von den Kü- sten in Mitten der Oceane. Dies bestätigt die Beob- achtung ; 60 unterliegt der Magnetismus im Grossen
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4 Dritte Abtheilung.
Ocean kaum einer Veränderung, während seine Ver- änderungen im Westen von Eüropa sehr merklich sind. |
Eüropa's Mathematiker, bemerkte Hansteen im Jahre 1819, haben seit Kepler's und Newton's Zeiten sämmtlich die Augen gen Himmel gekehrt, um die Pla- neten in ihren feinsten Bewegungen und gegenseitigen Störungen zu verfolgen; es wäre zu wünschen, dass sie jetzt eine Zeit lang den Blick hinab in den Mit- telpunkt der Erde senken möchten, denn auch allda sind Merkwürdigkeiten zu schauen. Es spricht die Erde mittelst der stummen Sprache der Magnetnadel die Bewegungen in ihrem Innern aus, und verständen wir des Polarlichtes Flammen recht zu deüten, so würde sie für uns nicht weniger lehrreich sein. Der Zusammenhang der Meteorologie mit dem Polarlichte, folglich mit den magnetischen Kräften, springt in die Augen; eben so merkwürdig ist die Gleichheit zwi- schen Humboldt's Isothermen und den magnetischen Neigungslinien. |
N^ 5. Darstellung der in den Jahren 1827 bis 1830 beobachteten Werthe der Declination.
Adolph Erman.
Auf dieser Karte sind die Linien gleicher Declina- tion nach graphischer Interpolation und unabhängig von jeder theoretischen Ansicht konstruirt worden. Die Beobachtungen, auf welche sich die Zeichnung der Isogonen gründet, wurden von folgenden Eeisen- den angestellt:
1) In Eüropa und Nordasien:
Von Hansteen und Due, auf der Eeise von Christiania nach Irkuzk und dem Ausfluss des Jenissei in den Jahren 1828 und 1829. Von Erman, auf der Eeise von Berlin nach den Mün- dungen des Obi, über Irkuzk und Ochozk nach Kamtschatka, in den Jahren 1828 und 1829.
2) Im Grossen Ocean:
Vom Kapitain Lütke, auf dem Seniawin, auf der Fahrt vom Kap Hoom über Valparaiso, Sitcha und Unalaschka nach Peterpaulshafen, im Jahre 1827. Von demselben, auf der Eeise von Peterpaulshafen
nach Manila, im Jahre 1828. Von Erman, auf der Korvette Krotkoi, während der Fahrt von Peterpaulshafen über Sitcha, San Fran- cisco und Otahiti nach dem Kap Hoorn, in den Jahren 1829 und 1830.
3) Im Atlantischen Ocean:
Vom Kapitain Lütke, auf dem Seniawin, auf der Eeise von Tenerife über Eio de Janeiro nach Kap Hoorn im December 1826 und den folgenden Mo- naten des Jahres 1827. Von demselben, auf der Eeise vom Vorgebirge der Guten Hoffnung über St. Helena und Fayal nach dem Englischen Kanal, im Jahre 1829. Von Erman, auf dem Krotkoi, vom Kap Hoorn über Eio de Janeiro nach Portsmouth, im Jahre 1830.
4) Im Indischen Meere:
Vom Kapitain Hagemeister, auf dem Krotkoi, wäh- rend der Fahrt vom Vorgebirge der Guten Hoff- nung nach Port Jackson, im Jahre 1828. Vom Kapitain Lütke, auf dem Seniawin, auf der Eeise von Manila nach dem Kap, im Jahre 1829. Ich habe diesen fast gleichzeitigen (December 1826 bis Oktober 1830) Eesultaten nur etwa ein Dutzend früherer Beobachtungen hinzufügen dürfen, die alle im nördlichen Eismeere und namentlich vom Kapitain Wrangell im östlichen Theile dieses Meeres (Lat. 68° _ 700N., Long. 160° _ 180° O. von Paris) während des Jahres 1823, und vom Kapitain Lütke im west- lichen Theile (Lat. 70o_77o N., unter Long. 50o O.) im Jahre 1821 gemacht worden sind.
Vergleicht man nun diesen, unmittelbar nach den Beobachtungen entworfenen Abriss mit den Karten, |
welche die Theorie von Gauss für dieselbe Epoche gegeben hat, so staunt man über die grosse Ueberein- stimmung beider, nicht allein was die Form, sondern auch die geographische Lage der meisten Isogonen betrifft. Nichts desto weniger wird man schon im Voraus erwarten, dass die Kurven bei den empiri- schen Isogonen etwas eckiger und minder zugerundet erscheinen werden, was theils von einer unvollkomme- nen Interpolation der nicht immer fehlerfreien Beob- achtungen, theils von lokalen Einflüssen herrührt, z. B. von der verschiedenen geologischen Beschaffenheit der Länder und ihren klimatischen Zufälligkeiten; denn die Theorie, die ihr berühmter Urheber nur als eine Skizze betrachtet, muss schon diese Wirkungen sekundärer Ursachen fortpflanzen. Aber unabhängig von diesen zufälligen und örtlichen AbΛveichungen zeigt eine aufmerksame Vergleichung beider Karten einige schärfer hervortretende Verschiedenheiten, die sich auf grosse Strecken der durch Beobachtung sehr sicher niedergelegten Isogonen beziehen. Ich erlaube mir sie im Folgenden der Aufmerksamkeit der Eei- senden zu empfehlen.
§ 1. Zwischen 0° und 150° östlicher Länge.
1. Die konkaven Scheitel der negativen (östlichen) Isogonen, welche die empirische Karte etwa unter Long. 75^0. setzt, erreichen daselbst niedrigere Brei- ten, als nach der Theorie. Namentlich steigt
Auf der empirischen Karte: Auf der Karte von Gauss:
die Isogone von—15» bis zu Lat. 65" Lat. 78"
„ „ „ _10" „ 580 5' „ 640
2. Das System positiver oder westlicher Declina- tion, welches sein Centrum zufolge der graphischen Interpolation ungefähr unter Long. 128® O. hat, und nach Gauss kaum einen Drittel Grad westlich von diesem Meridiane, weicht von der Theorie hinsichts des Werthes der Linien ab, und dieser Unterschied ist gerade das Umgekehrte von dem vorigen. Die konvexen Scheitel dieser Linien liegen für
Auf der empirischen Karte: Auf der Karte von Gauss:
die Kurve von 0" unter Lat. 68",5 Lat. 61®,7
„ „ „ + 20 „ 650 540
)) )) » ßf^wä, unter 610 existirt nicht, da
das Centrum des Systems, welches unter 450 der Breite liegt, nur 2 "'/2 Abweichung haben würde.
Man wird diese beiden Umstände zusammenfassen, wenn man erwägt, dass eine Eeise von Lat. 65° und Long. 750 O. bis Lat. 61®, Long. 128° in der Wirk- lichkeit eine grössereDeclinations-Veränderung giebt, als nach der Theorie; die Beobachtungen setzen die
Veränderung 21*^ (von_15° bis 6°), wo die
Theorie nur 10° verlangt (von_10" bis 0°). |
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Erdmagnetismus.
Ti'otz ihres grossen Einflusses auf die Gestalt der
Null-Kurve sind daher diese Unterschiede zwischen
der Theorie und der Beobachtung viel geringer als
die, welche in den vorher bemerkten Gegenden (No. 1
und 2) vorkommen und die sich beziehungsweise auf
_und auf + β'' belaufen.
In den südlichen Gegenden zwischen den Meridia-
nen von 0° und 150° O. stimmen beide Karten ganz
gut überein.
§ 2. Zwischen 150» und 360» östlicher Länge.
Eben so verhält es sich in der nördlichen Hemi-
sphäre, von Long. 160° bis 260° O., in Beziehung
auf die Isogonen von_30° bis_15°; aber jenseits
dieser Kurve bringen die theoretischen Kurven von
—12°, von —10·^, u. s. w., die östlichen Declinatio-
nen, welche sie ausdrücken, in niedere Breiten, als es
nach der Beobachtung der Fall sein sollte. So geht
Auf der empirischen Karte: Auf der Karte von Gauss:
die Isogone von _ 12° bis auf Lat. 23"
Lat. 330,5
die Isogone von _ 6« bis auf Lat. 17"
Lat. 280,5
Dieser Umstand, so wie ein ganz ähnlicher für die
gleichnamigen Isogonen in der südlichen Hemisphäre,
verursacht:
4. Eine Verschiedenheit der beiden Karten in Be-
zug auf das geschlossene System östlicher Declination
im Grossen Ocean.
Die Kurven von_lO'',_9° und_sind die
Theile dieses Systems, welche am besten durch directe
Beobachtung erkannt worden sind; und wir finden
bei einer jeden derselben mehr Ausdehnung im Sinne
des Meridians, als die Theorie annimmt. So geht:
Auf der empirisclien Karte:
von Lat. 270,8
bis Lat. 490,3
von Lat. 25°
K. V. Gauss:
Lat. 170 N.
_ 390 S.
Lat. 120,5 N.
_ 360 s.
Lat. 70,5 N.
— 340 S.
|
|
Declination nach |
|
Long. |
Lat. |
Lütke |
der Theorie |
L_T |
|
|
L. |
T. |
|
133» 14' |
14« 35' N. |
+ 0° 10' |
j — |
+ 1°,4 |
132 18 |
15 34 „ |
+ 0 04 |
— 1,0 |
+ LI |
131 44 |
16 04 „ |
+ 1 02 |
0 |
+ 1,0 |
120 13 |
19 54 „ |
+ 2 20 |
+ 0,2 |
+ 2,1 |
115 33 |
13 41 „ |
+ 0 33 |
- 0,8 |
+ 1,3 |
113 Ol |
13 04 „ |
+ 0 23 |
— 0,8 |
+ 1,2 |
110 43 |
12 41 „ |
+ 0 33 |
- 1,4 |
+ 2,0 |
102 44 |
8 39 S. |
+ 1 26 |
— 0,4 |
+ L8 |
103 12 |
9 46 „ |
+ 1 00 |
- 0,2 |
+ |
|
PHYSIK. ATLAS ARTH. IV. |
die Isog. V. _ 10"
bis Lat. 470
von Lat. 23 0
, bis Lat. 440,5
Ihre Durchmesser im Sinne der Meridiane sind da-
her, nach:
den directen Beobachtungen . . 770,3, 720 und 670,5;
der theoretischen Interpolation . 56o,o, 430,5 und 410,5.
Die Beobachtungen zeigen uns überdies auf den
Isogonen dieses Systems, dass die Isogone von_10°
sehr entschieden von einem Nordpole nach einem Süd-
pole geht, und dass im Gegentheil die Kurve von_8°
isolirt und in sich zurücklaufend ist. Die Isogone
von_9° nimmt an den Eigenthümlichkeiten dieser
zwei Kurven-Arten dergestalt Theil, dass sie unter
denen, welche meine Karte darstellt, die dem Gränz-
werthe am nächsten gelegene sein muss. Die Theorie
stimmt damit recht gut überein, indem sie_ 8° 46', 5
für dieselbe Gränze angiebt. Die Uebereinstimmung
beider Karten ist weniger vollkommen über die Lage
des Centrums dieses Systems und über die Declina-
tion, die ihm gebühret, denn die Form der empirischen
Kurven von_10° bis_7° setzt das Centrum un-
gefähr auf
Long. 2290,5 0. und Lat. 12" S.,
Avährend die theoretische Interpolation es auf
Long. 2170,5 O. und Lat. 140,5 S.
bringt; auch weiset ihm die Theorie eine Minimum-
Declination von_5° 15' zu; wogegen wir, auf dem
Krotkoi, so wie Lütke, auf dem östlichem Kurs des
Seniawin, sehr oft Declinationen zwischen_5° und
2
3. Die Verschiedenheit der beiden Karten in Bezug
auf die Linie ohne Declination zwischen den genann-
ten Meridianen, ist im Grunde nur eine Folge jener
zwei Umstände (No. 1 und 2). Der Avestliche Zweig
dieser Kurve, über den die Theorie und Beobachtung
fast übereinstimmen, und den die letztere durch Lat.
50° und Long. 46° O. ziehen lässt, unterscheidet sich
auf den beiden Karten durch seine südliche und süd-
östliche Verlängerung. Er hat seinen konkaven Schei-
tel auf der empirischen Karte in Lat. 1° S., und auf
der Karte von Gauss in Lat. 10°,2 S. Darüber hinaus
erhebt sich die Kurve, nach der unmittelbaren Beob-
achtung, gegen Nordosten und Norden, und umfasst
das asiatische System westlicher Declination, um erst
nachher auf die vorige Richtung zurückzukommen,
durch das Ochozkische Meer, den grossen Ocean und
das Indische Meer nach Australien zu. Die Theorie
weiset ihm im Gegentheil gleich nach dem konkaven
Scheitel ein Zurückweichen nach Süden (in Long.
103° O.) an, vermöge dessen er direkt nach Austra-
lien zieht; auch sieht man auf der Karte von Gauss
das obengenannte System westKcher Declination von
einer geschlossenen und isolirten Null-Kurve umgeben,
deren östlicher Zweig sich westlicher findet, als es die
Beobachtungen für den korrespondirenden Theil der
fortlaufenden Linie erfordern.
Diese korrespondirenden Thelle der Kurve von
Null-D eclination schneiden
Auf der Karte von Gauss:
unter Long. 138" O.
Auf der empirisclien Karte:
den Parallel von Lat. 60" unter
Long. 1470,6 0.
den Parallel von Lat. 50" unter
Long. 149",0
Doch will ich der Isogone von Null gar kein beson-
deres Interesse beilegen; die Differenz von zwei iso-
lirten Zweigen an einer kontinuirlichen Kurve, welche
wir bei ihr auf den beiden Karten finden, scheint mir
im Gegentheil weder von grösserem, noch geringerem
Belang, als wenn sie bei irgend einer andern Kurve
gleicher Gattung Statt fände. Ich glaube vielmehr,
dass um diese Abweichung in ihrem wahren Lichte
zu betrachten, man nicht ausser Acht lassen muss,
dass in dem hier in Rede seienden Systeme der Gränz-
werth zwischen isolirten und kontinuirlichen Kurven,
der Theorie zufolge, — 1° 14' östlicher Declination
beträgt, während die Beobn^chtung ihn auf eine west-
liche Declination von ungefähr -f 1° zu erhöhen
scheint; denn um aus numerischen Daten den genauen
Λ¥erth dieser Gränze herzuleiten, genügt weder eine
graphische Interpolation noch irgend ein anderes Mit-
tel, welches von einer vollständigen Theorie verschie-
den ist. Ich muss überdem bemerken, um mich vor
mehr Verantwortlichkeit zu bewahren, als ich in die-
ser Beziehung zu haben vermeine, dass der besagte
Theil meiner Karte ausschliesslich auf den folgenden
Beobachtungen des Kapitain Lütke beruhet:
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Vierte Abtheilung. _ Erdmagnetismus.
_ 40, und selbst einige von _ 3° 50' bis 40' be- obachtet haben. Doch waren wir vom Centruna der Kurven noch ziemlich weit entfernt.
5. In der südlichen Hemisphäre, zwischen den Me- ridianen von 190° O. und 260° O. würden sich die
Isogonen von_12° und_15°, der Theorie zufolge
dem Südpole nur bis zu den Parallelen von Lat. 38°,8 und 49° S. nähern, während die Beobachtungen sie bis Lat. 52°,7 und 58° S. auszudehnen scheinen. |
Doch ich schliesse diese Yergleichung um die Auf- merksamkeit auf die vollkommene Uebereinstimmung beider Karten in Beziehung auf das System westlicher Declination zu lenken, welches den Atlantischen Oce- an und Eüropa deckt, und das, in Betracht der in die- sen Gegenden so haüfigen Beobachtungen, als eines der am sichersten bestimmten Systeme betrachtet werden muss. Die Theorie setzt den Gränzwerth für dieses System auf -j- 22° 13' und die Beobachtungen zeigen, erstlich: dass dieser Werth zwischen 20° und 25° belegen ist; dann aber auch zweitens, dass er dem arithmetischen Mittel dieser beiden Zahlen viel näher liegt, als einer jeden von beiden. |
gotha. _ stollbergschk kucedkuckerei,