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(CAUSA).

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Mr. W. FRAr!Cf(n-N
\'S-QRAVEKMA^E.

SCHÏÏLD MD SGHÏÏLDÏÏRSACHE (CADSA).

PROEFSCHRIFT

T£K VKKKKIJGING VAN DEN OKAAI) VAN

DOCTOR IX ])E llEClITSWETENSCll.Vr

AAN DE KIJKS-UNIVEUSITEIT TE UTRECHT

OP Gb\'ZAG VAN DEN RKGTOR-IIAGNIFICUS

I)^ A. A. W. HU B RECHT,

IIOlKiLEKXAAK IN UK KACVLTKIT DKK WIS\' IN NATUVaKVRDK,

VOOR DE FACULTEIT DER REOHTSQELEERUIIEID TE VERDEDIGEN
op Dinsdag 8 Ootobor 1001, dos namiddags to 4 uron,

DOOR

JOANNES WILLÉiYI HUYSINGA,

gkuoren tk amstkuuam.

AMHTEIll)A:\\r,
r. K H R 8. S C II R O I) K R.

(11. (lEHLlNGS).
1901.

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Gegenstand dieser Schrift ist dio sogenannte causa der obliga-
torischen Verträge. Sie beschränkt sicli im wesentlichen auf eine
Darstellung des in Bezug auf die causa in den Niederlanden geU
tenden Rechts. Dasselbe Iteclit jedocli hat früher zu verschiedenen
Zeiten in einem grossen Teil Europas gegolten; unsre Ergebnisse
können daher auch zum Verständnis des heutigen Hechts andrer
Länder beitragen. Das B. W., eine Bearbeitung des Code Napoléon,
enthält, wie dieser, über die causa kaum mehr als die Bestimmung,
dass, soll aus einem Vertrage eine Obligation entstolion, eine
oorzaak, und zwar eine erlaubte oorzaak, vorhanden sein muss.
Es hat ausserdem, darin abweichend vom Code Napoléon, ausser
Zweifel gestellt, dass derjenige, der sich auf das Bestehen der
Obligation beruft, das Vorhandensein einer
oprzaak beweisen muss.
Bei der Auslegung diosor Bestimmungen kann es sich bloss darum
handeln, welche Ikdeutung in der ersten Hiilftö des neunzehnten
Jahrhunderts das Wort
oorzaak Hatto in diesem Zusammenhang;
m. a. W. was im frühem französischen und niederländischen Recht
dio Regel bedeutete, dass aus einem Vertrage eine Obligation nur
entstehen kann, wenn eine
oorzaak, cause, causn, vorhanden ist.
Um auf diese Frage eino Antwort zu finden, hat man zu untersuchen,
wio dio Regel angewandt wnrdo. Auf diesem Wego sind wir zu
einem Ergebnis gelangt, das von den, freilich unter sich nicht
weniger verschiedenen, Ansichten fast sümmtlicher Schriftsteller

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VI

erheblich abweicht. Ein Teil dieses Ergebnisses, die Bedeutung der
causa für die Wirksamkeit des Vertrages, findet sich bei
Naber
(Hand. d. Xed. Jur. Ver. 1889 I. S. 34 f.), der jedoch erklärt, eine
Definition der causa könne nicht gegeben werden, und der Richter
dürfe als eine causa betrachten, was er wolle. Die Praxis dagegen
ist sich bis in die letzten Jahre mehr oder weniger der frühern
Bedeutung des causa-erfordemisses bewusst geblieben; vielleicht
die ilehrzahl der richterlichen Entscheidungen seit 1838 (Jahr der
Einführung der niederländischen Gresetzbücher) ist nur vom Stand-
punkt der hier vertretenen AufFa^nng zu erklären. Dieselbe soll
hier nicht verteidigt werden, sondern nur auseinandergesetzt.
Was hier gegeben wird, hat also nur die Bedeutung einer Hy-
pothese. Der Beweis für ihre Richtigkeit soll in einer spätem
Arbeit versacht werden, welche die Geschichte dieses merk-
würdigen Instituts behandeln wird. Vielleicht wird diese Schrift
auch andre veranlassen, bei der Sammlung des dazu erforderlichen
Materials behülflich zu sein. Der vorläufige Beweis für die Rich-
tigkeit unsrer Hypothese soll darin liegen, dass sio gewisse all-
gemein bekannte Erscheinungen erklärt. Allgemein bekannte,
aber bisher wenig beachtete Erscheinungen; Anwendungen der
Regel in einzelnen Fällen, und die dabei gebrauchte Terminologie;
Aussprüche und Entscheidungen, die in der Regel ohne weiteres
als unrichtig zurückgewiesen werden. Sie soll z. B. erklären,
weshalb die causa im niederländischen Recht
oorzaak genannt
wird; weshalb die ältern Schriftstoller das nndum pactum, von
dem im fr. 7 § 4 D, 2, 14 die Rede ist, als Vortrag ohne causa
im heutigen Sinne anfTassten; weshalb sich immer wieder die
Meinung vorfindet, dass bei einer Schenkung keine causa vor-
handen ist; besonders aber, weshalb schon im sechzehnten Jahr-
hundert vom Pariser Parlament, und noch im neunzehnten vom
H, R,, angenommen wurde, dass ein Schuldschein dio Existenz
einer causa beweist, wenn darin eino Schuld erwähnt wird,
nnd weshalb auch die Worte „Wert erhalten" die Existenz einer
causa beweisen. Das schliesst jedoch nicht aus, dass in einzelnen

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VII

Punkten, namentlich auch was die Terminologie betrifft, von der
herkömmlichen Auffassung abgewichen ist.

Die causa-lehre, welche hier dargestellt werden soll, lässt sich
zusammenfassen in dem Satze, dass ein formloser einseitiger Ver-
trag nur dann eine Obligation erzeugt, wenn eine Schuld vor-
handen ist. Das "Wort „Schuld" wurde zuerst von
Brinz in
Anspruch genommen als Name einer bestimmten Art oder eines
bestimmten Stadiums der Obligation; dann von
K.viiii von Amiua,
in seiner Darstellung des altschwedischen Obligationenrechts, als
Name eines von dem der Obligation (Haftung) verschiedenen Be-
griffs. Des letztern vortreffliche Methode, an erster Stelle den
Sprachgebrauch zu untersuchen, lässt sich auch auf das heutige
Recht anwenden; wir finden dabei, dass das Wort Schuld auch
heutzutage nicht gleichbedeutend ist mit Obligation. Unbewusster-
weise hat sich ein, freilich nicht überall folgerichtig durchge-
führter, jedoch dentlich erkennbarer, sprachlicher Unterschied bis
auf unsre Zeit erhalten. Dieser Sprachgebrauch ist indessen ein
doppelter. Erstens worden häufig Obligationen als Schulden be-
zeichnet, aber immer nur Obligationen einer bestimmten Art, dio
im Folgenden „Schuldvorbindlichkeiten" genannt werden sollen.
Versteht man in der oben gegebenen Regel, dass der einseitige
Vertrag eine causa bat, wenn eino Schuld vorhanden ist, das
"Wort Schuld in diesem Sinne, dann ist der Fehler nicht sehr
gross. Verständlich wird jcdoch dio Rogel erst, wenn man dabei
das Wort Schuld in jenem spezifischen Sinne versteht, der ge-
hörigen Orts (§ -1) näher angedeutet werden soll. — Dass das
Wort Schuld eine spezifische Bedeutung hat, namentlich auch in
der Sprache unsrer Gesetze, zeigt sich nirgends deutlicher als bei
dor Bürgschaft; „der Bürge", sagt
von Amiiia (Nordgermanisches
Obligationenrecht 1. S. G94), „ist der Typus der b 1 o s Haftcn-
„den, nicht zugleich Schuldendon." Die Haftung dos Bürgen un-
terscheidet sich nur wenig, mitunter überhaupt nicht, von der
des Schuldners. Dennoch wird vom Bürgen niemals gesagt, das«
er schulde, und wird er niemals Schuldner genannt, wo doch dio

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Worte schuldeischer nnd schuldenaar die einzig verfügbaren sind,
auch nm den, wem gehaftet wird, und den Haftenden anzudeuten.
Besondres Gewicht legen wir darauf, dass der Bürge auch niemals
bekennt zu schulden, auch nicht wo er als Selbstschuldner haftet.
Der debitor principalis wird abwechslend
hoofdschuldenaar (Haupt-
schuldner) oder kurzweg
de schuldenaar genannt. Die Haftung
des Bürgen, welche nach der Hauptverbindlichkeit entstehen kann,
und vor dieser untergehen, nnd auch anders geartet sein kann,
ist notwendig eine andre
verbintenis (Verbindlichkeit) als die des
Hauptschuldners; sonst hätte auch das Wort
hoofdverbintenis
(Hauptverbindlichkeit) keinen Sinn. Sie ist eine Verbindlichkeit
des Bürgen. Dagegen ist immer nur von einer einzigen
schuld
die Ilede, und diese ist nicht seine Schuld, sondern die eines
andern, des Hauptschuldners. Auch nach dem heutigen Sprach-
gebrauch ist die Bürgschaft „Haftung für fremde Schuld" (
von
Amira, I. S. 704). Dieser Sprachgebrauch is um so bemerkens-
werter, weil der Gedanke, dass der Bürge nicht verpflichtet wäre
zu leisten, sondern nur dazu gezwungen werden könnte, voll-
ständig in Vergessenheit geraten ist. Man sagt unbedenklich vom
Bürgen, dass er leisten soll, wenn vom Schuldner keine Leistung
zu erhalten ist. Wenn dennoch nicht vom Bürgen gesagt wird,
dass er schuldet, so hat das einen andern Grund. Das Wort
„schulden" ist nach unsrer Ansicht heutzutage auch nicht gleich-
bedeutend mit „sollen". Wir werden selbständig versuchen, den
Begriff der Schuld zu definieren; diese Definition soll nur für das
heutige Hecht gelten.

Eine selbständige Meinung soll hier namentlich über dio Ent-
stehung der Schuld entwickelt werden. Wie der Schuldbegriir die
causa erklärt, so erklärt dio causa, im Sinne, in welchem das
Wort hier gebraucht wird, umgekehrt die Schuld. Es ist kein
Fehler, keine falsche Übersetzung des lateinischen Wortes, wenn
die causa in Art. 1371 B.W. (Art. 1131 C. C.) oorraaA (Ursache)
genannt wird. Nur ist es als eine freiere, aber sprachlich nicht
unrichtige, Redewendung zu betrachten, wenn von der
oorzaak

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IX

der Obligation oder des Vertrages gesproclieu wird. Es ist dann
der Umstand gemeint,
oorzaak genannt, der für die Wirksamkeit
des Vertrages, d. h. die Begründung der Obligation, eine gewisse
Bedeutung hat. Beide Wendungen sind daher auch als gleichbe-
rechtigt zu betrachten, denn beide treffen nicht ganz das richtige.
Die
oorzaak ist weder die Ursache des Vertrages noch die der
Obligation in dem Sinne, dass sie den Vertrag oder die Obligation
verursacht hätte. Das, was die causa wirklich verursacht,
dessen Ursache sie ist im gewöhnlichen Sinne, ist dio Schuld ; sie
ist, wie sie früher vorzugsweise genannt wurde, und auch jetzt
noch von ältem Juristen genannt wird,
schtUdoorzaak. Ein ein-
seitiger Vertrag (Schuldversprechen) „hat eine causa" (im oben
bezeichneten Sinne), wenn das Versprochene geschuldet wurde;
ebenso uneigentlich sagt man heutzutage, dio Schuld sei die causa
des Versprechens. In Wirklichkeit handelt es sich um die Thatsache,
welche dio Schuld vonirsacht hat; es ist in einem Schuldschein
eino causa „ausgedrückt", wenn daraus hervorgeht, wie die Schuld,
welche die Abgabe des Schuldscheins veranlasst hat, entstanden
ist. — Umgekehrt entsteht dio Schuld immer aus oinor solchen
oorzaak, niemals aus o i n o m Vortrag.

Ist die in dieser Schrift behandelte Erscheinung als eino Anti-
quität zu betrachten, die auch für dio Niederlande bald nur noch
historische Bedeutung haben wird? Wir glauben es nicht. Ohne
Zweifel muss die Beweislast anders geregelt worden. Die Pflicht
des Gläubigers, die E.\\i8tcnz einer cAusa zu beweisen, würde don
Verkehr in seinem heutigen Umfang schlechthin unmöglich ma-
chen, wenn nicht dor Beweis zu erbringen wäre durch dio Berufung
auf ein dem Versprechen zugefügtes (schriftliches) Anerkenntnis.
Dieses giobt nur eine sehr geringe Garantie für die wirkliche
Existenz einer causa Um so deutlicher tritt in andern Fällen die
Ungerechtigkeit zum Vorschein, wenn eino Klage abgewiesen
werden muss, weil der Schuldschoin ein solches Anerkenntnis
nicht enthält. Dennoch soll man nach unsrer Ansicht das Prin-
zip, dass ein Schuldversprechen nur dann bindend ist, wenn eino

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X

cansa vorhanden ist, wenn das Versprochene geschuldet wird, auf-
recht erhalten, wenn auch mit der Massgahe, dass das Schuld-
versprechen als bindend zu betrachten ist, so lange nicht das
Fehlen der causa durch richterliches Erkenntnis festgestellt ist.
Eine nähere Erörterung dieser Materie de lege ferenda muss eben-
falls für eine spätere Arbeit vorbehalten werden; es werden jedoch
schon hier in dieser Richtung einige Andeutungen gemacht.

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mHAJ/rSUBERSTCHT.

Seite.

§ 1.. Dio Haftung, insboäondro dio porsonliolic Haftung (Obligation). 1
§ 2. Einteilung der Obligiitionen; Soliuldvcrbindlichkcit und Ycr-

bindliobkeit auf Gcgonlcistung....................T

§ 3. Einteilung dor Vortnlgo; dio einzelnen YertrAgo und dio

daraus entstoliondon Yerbindliohkeiton.......33

§ 4. Dio Schuld................42

§ 5. Dio Sohuldursaeho.............03.

§ 6. Schuld und Gesotz.............SO

§ 7. Schuld und Yortnig.............62

§ 8. Dor Beweis der oausa, insbosondro mittelst Anerkenntnisses. 81

§ 9. Ausnahmen und besondre Fälle.........III

§ 10. Das Soliuldvenjpreohon auf Oogenloishuig......121

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ABKÜRZUNGEN.

B. W. Burgerlijk Wetboek (Bürgerliches Gesetzbuch).

W, v. K. Wetboek van Koophandel (Handelsgesetzbuch).
VV.
v. B. Kv. Wetboek van Burgerlijke Rechtsvordering (Civil-

prozessordnung)
F\\v.
 Faillissementswet (Konkursordnung).

H. Ii. Ilooge Itaad der Nederlanden (das niederländische

Gericht höchster Instanz).
W,
 Weekblad van het Recht (Juristische Wochenschrift).

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§ 1. Dio Härtung, insbosondro dio pei-sönlicho
Haftung (Obligation).

Haftung ist vorhanden, wo jemandem eine Befugnis ein-
geräumt ist, um ihm eine Leistung zu verschaffen; oder
genauer, wo eine eonerete Rechtsnorm bestimmt, daaa jeman-
dem eine Befugnis zusteht, zustehen wird, oder in gewissen
Füllen zustehen wird, um ihm dio Möglichkeit zu verschaf-
fen, zu bewirken, dass ihm eine gewisse Leistung gemacht
wird. Dabei ist im Auge zu behalten, dass die Ausübung
einer solchen Befugnis regolmässig nicht dazu führt, dass
dem Berechtigten geleistet wird, und sehr oft, namentlich
im altern Recht, auch nicht dazu, dnss er ein Äquivalent
für dio Leistung erhält. Das macht aber die Definition nicht
weniger richtig. Donken wir uns den hypothetischen Fall,
dass jemand berechtigt ist, einen andern zu töten, wenn iluu
nicht eine gewisse Geldsumme gezahlt wird. Dadurch, dnsa
er diesen andern tötet, bekommt cr das Geld nicht; aber
der Umstand, dass er ihn töten darf, soll bewirken, und
bewirkt auch thatsächlich, dass der andre zahlt, wenn ea ihm
nur oinigermassen möglich ist, oder sogar dnss ein andrer
für ihn zahlt. Dasselbe gilt von der Schuhlhaft. Im neuern
Recht wird dio Befugnis vorzugaweiae ao orteilt, dasa dor
Berechtigte durch dio Ausübung dersolbon dasjenige erhält,

1

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was er erhalten haben würde, wenn ihm geleistet wäre,
oder, wenn das nicht möglich ist, ein Äquivalent. Es ist
aber noch immer der Hauptzweck der Haftung, den Haf-
tenden (bezw. den Eigentümer der haftenden Sache) dazu
zu bewegen, dass er freiwillig leistet.

Eine solche Befugnis bezieht sich auf Personen oder auf
Sachen. Bezieht sie sich auf eine individuell bestimmte
Sache, ohne Unterschied wem diese gehört, dann liegt
Sachhaftung vor, welche nicht zum heutigen Obligationen-
recht gehört; der Begriff der Haftung ist dem Sachenrecht
und dem Obligationen recht gemeinschaftlich. Wir werden
uns im folgenden auf die obligationenrechtliclie, sogenannte
persönliche, Haftung beschränken. Was die vertragsweise
Gewährung einer Sachhaftung anbetrifft, gilt allerdings in
Bezug auf die causa dasselbe wie für die vertragsweiso
Übernahme einer persönlichen Haftung; dio Sachhaftung
hat aber nach niederländischem Rccht, ausser im Fall der
Rentensehuld (vgl. Art, 786 B. W.), das gleichzeitige Be-
stehen einer Obligation zur Voraussetzung.

Die Befugnisse, welche dem Berechtigten zustehen, wo
eine persönliche Haftung, eine Obligation, vorhanden ist,
bezogen sich ursprünglich auf die Person (den Körper) des
Haftenden. Nach heutigem Recht giebt es deren mohrern,
und auch bei verschiedenen Obligationen verschiedene; dio
meisten aber beziehen sich nuf das Vermögen des Haften-
den, und dio bei weitem bedeutendste besteht wesentlich
darin, dass der Berechtigte den Verkauf von Bestandteilen
dieses Vermögens bewirken, upd sieh dadurch dio Aus-
zahlung einer Geldaummo verschaffen kann. Dor ninzigo
Rost der frühern körperlichen Haftung, dio Schuldhaft,
verschwindet immer mehr, und hat nur noch den Zwcek,
das Vermögen des Haftenden zu orroichen; y schon nach

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römischem Recht konnte, wenn ein andrer Zweck damit
verfolgt wurde, dieser vom Haftenden immer dadurch ver-
eitelt werden, dass er sein Vermögen auslieferte. Wenn
man jetzt sagt, jemand hafte persönlich, so meint man, dass
er mit seinem Vermögen haftet, mit seinem eigenen oder
mit seinem ganzen Vermögen. Diese Haftung wird aber auch
deshalb noch immer mit vollstem Recht als eine persönliche
bezeichnet, im Gegensatz zur Sachhaftung, weil die letztere,
wie gesagt, sich bezieht auf eine bestimmte Sache (oder ein
bestimmtes Vermögcnsbestandteil), ohne Unterschied wem
sie gehört, und dio persönliche Haftung auf die Bestandteile
des Vermögens einer bestimmten Person.

Haften mehrere Personen, dann sind ebonsovielo Haftun-
gen vorhanden; dio sogenannten subjektiven Beziehungen,
deren bei der Correalobligation nach der Tlioorie von KKLiiEU
nnd
RiniJENTHOi\'P eine ^yichrheit vorhanden sein soll, sind
Haftungen, und werden hier daher Obligationen gcnann^.
Hat aber jemand das Recht der unmittelbaren Zwangsvoll-
streckung in ein Vermögen, das mehreren gemoinscliaftlich
zukommt (Gescllschaftavermögen, Nachlass, oholicho Güter-
gcmcinscliaft), dann besteht insofern oino einzige Haftung;
haften dio Inhaber dieses Vermögens ausserdem noch per-
sönlich, dann sind neben der genannten noch obonBoviolo
besondre Haftungen vorhanden; also giobt es z.B. boi einer
ofTcncn IlandolBgcscllacbaft mit zwei Geaollschaftorn für jede
Schuld drei Haftungen. Dio unmittolbaro Haftung des Go-
aollschaftavormögcna, wio dio der ehelichen Gütergcmcinachaft
und des Nachlnsaea, iat, soitdem dor Begriff der juriatiachon
Poraon auf dies« Filllo nicht mehr angewandt wird, nla be-
sondres Reclitavorhältnis wenig bpachtet wordon, und entbehrt
daher oinor nigonon, paaaondon Conatruktion.

Dio Haftung iat, wio in der oben gogobonen Dofinition

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gesagt wurde, vorhanden, schon ehe der Berechtigte die in
ihr enthaltene Befugnis thatsächlich hat, wenn es feststeht,
dass er sie hahen wird, oder in gewissen Fällen haben wird.
In demselben Sinne gebraucht man das niederl. Wort
ann-
sprakelijkheid
(etwa Verantwortlichkeit, eigentl. „Ansprech-
barkeit"). Man sagt, jemand sei
aansprakelijk (verantwort-
lich, er hafte) für Schaden einer gewissen Art, ohne dass
noch von einem wirklich entstandenen Schaden die Rede
ist, und also zu einer Zeit, wo er noch thatsächlich nicht
angesprochen oder zur Verantwortung gezogen werden kann,
nur weil es feststeht, dass er wird angesprochen werden
können, wenn ein solcher Schade entsteht. Dasselbe wird
aber noch besser ausgedrückt durch das Wort Obligation,
Verbindlichkeit,
verbintenis. Wer haftet, ist verbunden, ge-
bunden, ob-ligatus; gebunden ist jemand, wenn zu seinen
Lasten eine Norm gilt, ein vinculum juris, dio er nicht
aufzuheben vermag. Man sagt auch von einer Sache, sie sei
verbonden für eine Schuld. — Nicht überall, wo jemand in
diesem Sinne haftet, pflegt man von einer schon vorhande-
nen Obligation zu sprechen; jedenfalls dann nicht, wenn dio
Haftung eine allgemeine und selbstverständliche ist, z. B.
bei der Haftung für jeden Schaden im allgemeinen, den man
einem andern eventuell unrechtmässigerwoise zufügen wird.
Es entsteht dadurch ein eigentümlicher Unterschied in der
Construktion wesentlich gleichartiger Verhältnisse. Wenn
jemand vortragswoise dio Verpflichtung übernimmt, eine
gewisse Handlung nicht vorzunehmen, ist nach
der üblichen
Auffassung gleich anfangs eino Obligation vorhanden, und
boBteht dio Leistung, dio Erfüllung dieser Verbindlichkeit,
darin, dass die verbotene Handlung nicht vorgenommen wird.
Handelt der Obligierte dem Vortrage zuwider, dann hat or
den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen, also eine

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Geldsumme zu zahlen als Schadenersatz wegen Nichterfül-
lung. Ist dagegen eino Handlung gesetzlich verboten, dann
entsteht eine Obligation erst, wenn dem Verbote zuwider
gehandelt und Schade entstanden ist; die Erfüllung dieser
Verbindlichkeit besteht in der Zahlung einer Geldsumme
als Schadenersatz. Praktische Folgen hat dieser Unter-
schied kaum.

Für den Begriff der Haftung ist es unerheblich, ob es dio
Pflicht des Haftenden ist, zu leisten. Dio Haftung ist in
dieser Beziehung zu vergleichen mit der Strafe. Wenn ein-
mal feststeht, dass, wer stiehlt, gestraft wird, ist es in einem
gewissen Sinne gleichgültig, ob stehlen verboten ist oder
nicht. Wenn abor auf eino llaudlung Strafe gestellt ist,
Bchliesseu wir daraus, dass sie verboten ist. Und das ist
richtig, denn der Zweck dor Strafbestimmung ist nicht, dass
gestraft wird, sondern dass nicht gestohlen wird. Wenn
also auf oino Handlung Strafe gestellt ist, geht daraus her-
vor, dass der Gesetzgeber sie nicht gewollt hat; dio Straf-
bcstimnunig enthält daher implicito ein Vorbot. Auch das
gilt nun ebenfalls für die Haftung, wenigstens für dio per-
sönliche Haftung und für das heutige Rccht. Das Gesetz
erteilt jenuiudem dio Befugnis, sich aus dem Vermögen oines
andern oino Geldsumme zu vorachaffou, es soi denn, dasa
diese Summo freiwillig gezahlt wird. Der Zweck einer sol-
chen Bestimmung ist, dass freiwillig gezahlt wird, und nicht
dass dio Zwangsvollstreckung stattfindet; bei andern Exo-
kutionsmittoln ist das sogar noch deutlicher. Ea ist also, wo
eino peraönliohe Haftung vorhanden ist, der Wunsch dca
GesotzgoborH, dass geleistet wird, und dio Bestimmung,
welche sagt, dass junuuid haftet, enthält implicitu ein Leis-
tungHgobüt. In diesem Sinno giebt es bei jeder porsönlichon
Haftung üin Sollen oJor oiii künftiges Sjllcn oder üinevon-

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tuelles Sollen. — Wenn also das Gesetz erklärt, dass jemand
haftet, muss angenommen werden, dass er (eventuell) leisten
soll; thatsächlich sagen die Gesetze, wo bestimmt werden
soll, dass jemand liaftet, ebenso oft, dass er verpflichtet sei,
zu leisten. Dass jemand zahlen soll, oder dass von ihm ge-
fordert werden kann, ist heutzutage vollkommen gleichbe-
deutend. Man sagt auch vom Bürgen, dass er zahlen soll,
und nach dem soeben gesagten ist das nicht unrichtig. Verschie-
dene Gesetzesvorschriften sagen vom Bürgen, er sei ver-
pflichtet, zu leisten (z. B. § 668, Entw. I. Los. des B. G. B.),
und nicht selten wird auch wohl die Bürgschaft in der
Weise übernommen, dass der Bürge, für den Fall, dass vom
Schuldner keine Leistung zu erhalten ist, zu leisten ver-
spricht. — Damit soll jedoch nicht gesagt werden, dass dio
Haftung als eine Folge der Leistungspflicht zu betrachten
ist. Wahrscheinlich hat man sich das Verhältnis nicht immer
so zu denken, (und darin würde sich dann die Haftung von
der Strafe unterscheiden), dass Zwang gegen den Haftenden
gerechtfertigt ist, weil\' er dadurch, dass er nicht leistet, seine
Pflicht verletzt. Vielleicht kann man z. B. vom Bürgen
sagen, dass Zwang gegen ihn erlaubt ist, nicht weil cr
unrechtmässig handelt, wenn or nicht zahlt, sondern weil er
dem Gläubiger das Hecht eingeräumt hat. Zwang gegen ihn
anzuwenden, wenn nicht gezahlt wird. Solche
Fragen können
hier jedoch unentschieden bleiben; es handelto sich in die-
som § nur um dio Terminologie. Es mussto gerechtfertigt
werden, dass die Obligation als Haftung betrachtet wird,
und trotzdem bei jeder Obligation gesprochen wird von
einer Loistungspflicht, von einem Sollen.

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§ 2. Einteilung der Obligationen; Scluildvcrbindliclikeii
und Yerbindliclikcit auf Cüegonleisiung.

Dio Tradition und das B. W. vorlangon bei allen Vor-
trägen olmo Ausnahme, sollen sie obligatorisch wirken, das
Vurhandensein einer causa. In der Gestalt lässt sich die
Regel nur aufrecht erhalten, wenn man unter causa in ver-
schiedenen Fällen etwas sehr verschiedenes versteht. Es ist
daher notwendig, zwischen den einzelueu Verträgen,, für
welche die in woitorm Sinne als causa bezoichnoten Um-
stände nicht dieselbe Bedeutung haben können, zu unter-
scheiden. Dazu haben wir uns jedoch vorher mit der Ein-
teilung der Obligationen zu beschäftigen. Es handelt sich
Imupteächlich um die Obligationen aus gesensoitigon Vor-
trägen. Auf den Begriff des gegenseitigen Vertrags selbst
konunt es dabei weniger an. !Man pflegt zu sagen, ein Ver-
trag sei gegenseitig, wenn daraus auf beiden Seiten Ver-
pflichtungen entstehen, „so dass jeder Teil zugleich Gläubi-
ger und Schuldner wird" (
Deunüuug). Es ist wahrscheinlich,
dass man iu der That, wo von gegenseitigen Verträgen ge-
sprochen wird, etwas andres im Auge hat. Dazu soll nur
bemerkt werden, dass Vorträge, welche regelmässig gegen-
seitig sind in diesem Sinne (Kauf, ^ficto u. s. w.), auch so
abgeschlossen werden können, diiss daraus (zunächst) nur

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auf der einen Seite eine Verpflichtung entsteht. Dadurch
aber verlieren dieselben in keiner Weise ihren sonstigen
Charakter, und es ist bei keiner der für gegenseitige Ver-
träge geltenden Bestimmungen ein Grund vorhanden, sie in
solchen Fällen nicht anzuwenden. Hier kommt es in erster
Reihe nicht auf die Einteilung der Verträge an, sondern auf
die der Obligationen; im nächsten § soll dann versucht
werden, die Verträge einzuteilen nach den aus ihnen ent-
stehenden Obligationen.

Zuerst können diejenigen Verbindlichkeiten ausgesondert
werden, bei denen die Leistung in einer persönlichen Be-
mühung (Aufsicht, Sorge überhaupt, Vertretung bei Rechts-
geschäften u. s. w.) oder nur in einem Unterlassen besteht,
uud aus diesem Grunde, ungenau ausgedrückt, den Leisten-
den nichts kostet, — d. h. dass durch die unentgeltliche
Übernahme oder sonstige Entstehung der Verpflichtung, oino
solche Leistung zu machen, das Vermögen des Obligicrten
nicht verringert wird. In diesem § ist fortan ausschliesslich
von W e r 11 e i s t u n g e n die Rode.

Verspricht nun jemand einem andern, ihm oino Wert-
leistung zu machen, z. B. ihm ein Pferd zu liefern, dann
ist dio daraus entstehende Verpflichtung zunächst danach zu
unterscheiden, ob sio selbständig ist, oder ob dio Lieferung
stattfinden soll gegen Zahlung eines Preises, oder gegen eino
sonstige Leistung, dio dem Wort des Pferdes wenigstens
ungefähr entspricht (Gegenleistung). Der Unterschied in dor
vermögensrechtlichen Bedeutung dieser beiden Vorträge und
der aus ihnen entstehenden Verbindlichkeiten beträgt eben-
soviel wie dor volle Wert des Pferdes. Dio einfache (ein-
seitige) Verpflichtung, einem andern oino Wertloistung zu
machcn, soll hier, wegen ihres engen ZusammenhangH mit
der Schuld, Schuld Verbindlichkeit genannt wer-

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den, vom Standpunkt des Berechtigten Schuld Forde-
rung; dagegen wird die Verbindlichkeit, welche in näher
zu erörternden Weise mit einer künftigen Gegenleistung in
Verbindung steht, Verbindlichkeit (Forderung)
auf Gegenleistung genannt.

Über die Schuldverbindlichkoit, — die einfache Verpflich-
tung, eine Leistung zu machen ohne weiteres, die Obligation,
an welche man an erster Stelle denkt, wenn von einer
Obligation im allgemeinen die llodo ist, und wie sie z. B.
nach römischem Hecht aus dor Stipulation entstand, — soll
zunächst nur bemerkt werden, dass sie nicht bloss aus
einseitigen Verträgen (Versprechen) entsteht, sondern auch
aus gegonsoitigen Verträgen nach von einer Seite erfolgter
Leistung, und dass sie auch dio meisten Obligationen um-
fasst, dio nicht aus einem Vortrag entstehen. Dass sie auch
aus einem gegenseitigen Vortrag entstehen kann, bedarf der
Erläuterung. Die in der Regel gegenseitigen Verträge kön-
nen auch als sogenannte Realvorträgo zu stände kommen.
Es ist dann, wenn von dor einen Seite geleistet ist, dor
andre Teil zur Gegenleistung (oder doch zur Rückerstattung
der crhaltenenon Leistung) verpflichtet; solange aber noch
von keiner Seite geleistet wurde, ist keiner verpflichtet, zu
leisten, oder auch nur dio Leistung dos andern anzunehnuMi.
Es ist von vornhorein klar, dass aus einem solchen Vortrag
nur von oinor Soito oino llauptvorbindlichkeit entstehen
kiinn (otwaigo Nebonverbindlichkoiton kommen für dio hior
zu ontschoidendon Fragen nicht in Betracht), und die IFaupt-
verbindlichkoit iat von dor aua einem in dor Regel einaeiti-
gon Geschäft nicht woaontlich vorachicdon. So cntatand z. B.
nach römiachon Rocht aus einem Darlohn nur dio oinaoitigo
Verpflichtung, das Erhaltono zurückzugeben. Aber auch aus
einem Tauach z. B. ontataml, nachdem von dor einen Seite

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geleistet war, nur eine einseitige Verpflichtung, es möchte
nun die sein, die versprochene Sache zu liefern, oder die,
die erhaltene zurückzugehen ; es hatte nur noch eine Leistung
stattzufinden, und damit war das ganze Geschäft erledigt. —
Nun sind aus einem gegenseitigen Vertrag im heutigen Sinne
in der Hegel die Vertragschliessenden schon verbunden vom
Augenblick des Vertragsschlusses an, ehe noch eino Leis-
tung stattgefunden hat; die schon vorher auf beiden Seiten
bestehende Verpflichtung kann im allgemeinen bezeichnet
werden als die Verpflichtung zum Austausch von Leistung
und Gegenleistung mitzuwirken. Dadurch aber, dass eino
solche Verpflichtung in einem frühern Stadium des Geschäfts
beatandon hat, wird in dieser Dinsicht das Wesen der nach
von einer Seite geschehener Leistung auf der andern Seite
bestehenden Verpflichtung zur Gegenleistung nicht berührt.
Es hat auch in diesem Fall nunmehr nur noch eino Leistung
stattzufinden, damit das ganze Geschäft erledigt sei. Vom
hier eingenommenen Gesichtspunkt aus besteht, wenn von
der einen Seite geleistet ist, auf der andern Seite eine
einseitige Verbindlichkeit, und zwar eino Schuldverbindlich-
keit; dass sie ihren Ursprung hat in einem gegenseitigen
Vertrug, fiillt dabei nicht ins Gewicht. Die Unterscheidung,
welche hier vorgeschlagen wird, bezieht sich nicht auf den
Ursprung der Obligation, wio das bei den üblichen Einteil-
ungen der Fall ist, sondern auf ihren Inhalt. Wenn nun
z. B. jemand für den rückständigen Kaufpreis empfangener
Waren ein Schuldversprechen abgiobt, kann man sagen,
dass er vorher aus einem Kauf verbunden ist, und nachher
aus einem Schuldversprechon ; dio Lage kann sich auch in-
sofern geändert haben, dass der andre Teil, um seine For-
derung als eino einseitige geltend zu machen, nicht mehr
zu beweisen braucht, dass cr seinerseits geleistet hat; dio

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11

Verpflichtung den Kaufpreis zu zahlen, ist trotzdem nicht
einseitiger geworden als sio war, und sie hat Iceinen andern
Inhalt bekommen. Ebenso ist die Verpflichtung dieselbe,
wenn z. B. wegen zugefügten Schadens ein Geldbetrag ge-
schuldet wird, oder aus diesem Grunde ein Schuldversprc-
chon abgegeben ist. Damit soll nicht gesagt werden, dass
der Ursprung der Obligation für ihr weiteres Schicksal un-
erheblich ist; der gemeinsame Charakter der verschiedenen
Obligationen, die hier Schuldvcrbindlichkeiten genannt wer-
den, ist aber ausgeprägt genug, um sie gemeinsam Ver-
bindlichkeiten andrer Art gegenüberstellen zu können.

Die Vcrbiudlichkeit auf Gegenleistung besteht wesentlich
darin, dass der Obligierto verpflichtet ist, zum Austausch
von Leistung und Gegenleistung mitzuwirken; er hat, soviel
das an ihm liegt, dafür zu sorgen, dass der Berechtigte dio
Leistung A für dio Leistung B bokommt. Sio kann in drei
Gestalten auftreten: 1. Der Obligierto braucht nur zu leisten
nach Empfang der Gegenleistung; findet dieselbe statt, dann
entsteht eine Schuldvcrbindlichkoit, kraft welcher er zu
leisten verpflichtet ist; vor Empfang dor Gegenleistung be-
steht seine Verpflichtung darin, dasa er dio Gegonleistung
anzunelimen hat. 2. Er braucht nur zu leisten, wenn ihm
dio Gegenleistung angeboteu wird; d. h. or ist nur zur
Erfüllung Zug um Zug verpflichtet. 3. Es kann Vorleistung
von ihm gefordert werden. In der Regel ist auch in den
beidon letztern Fällen anzunehmen, dasa or, wenn deraiulre
Teil vorzuleisten wünscht, verpflichtet ist, dio Gegenleistung
anzunohuion. Was diese vorschiodonon Fälle unter sich ver-
bindet, und sio untcrachoidot von der Schuldvcrbiudlichkoit,
ist, daas dio Verbindlichkeit auf Gegenleistung, obwohl sio
zu einer Wertloistung verpflichtet, dennoch das Vermögen
dea Obligicrten nicht verringert, wenigstens nicht mit den

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vollen Wert der Leistung, zu welcher er verpflichtet ist.
Dass weiter die Gegenleistung, soll sie als solche betrachtet
werden können, wenigstens ungefähr denselben Wert haben
muss wie die Leistung, ist schon gesagt. Aber schon der
Vertrag selber macht es wahrscheinlich, dass derjenige,
der die Verbindlichkeit übernimmt (also in der Regel beide
Teile), zur Zeit des Vertragsschlusses den subjektiven Wert
der Gegenleistung für sich für höher gehalten hat als den
der von ihm versprochenen Leistung, und dass also jener
Wert wahrscheinlich wirklich höher war. Einen Vermögens-
nachteil bildet die Verbindlichkeit für ihn nur dann (abge-
sehen von einer möglichen freigebigen Absicht), wenn er
sich geirrt hat, oder wenn das Wertverhältnis der beiden
Leistungen sich seitdem geändert hat. Der Nachteil be-
schränkt sich aber jedenfalls auf einen W o r t u n t e r-
schied; ist dieser Unterschied sehr gross, dann kann er
sich in einigen Fällen von der Verbindlichkeit befreien.
Für die verschiedenen Gestalten der Verbindlichkeit auf
Gegenleistung ist über dio Beziehung zwischen Leistung
und Gegenleistung folgendes zu bemerken. Ist der Obligiorto
nur nach empfangener Gegenleistung zu leisten verpflichtet,
dann ist, wio wir wissen, soino Verpflichtung zu leisten
eine Schuldverbindlichkoit; die schon vorher auf ihn ru-
hende Verbindlichkeit auf Gegenleistung hat nun eigentlich
diesen Inhalt, dass er verpflichtet ist, durch Annahmo der
Gegenleistung jene Schuldverbindlichkoit entstehen zu lassen.
Sie lastet auf seinem Vermögen, mit dem Wort eines mögli-
chen Wertunterschioda dadurch, dass dor Wert dor ao ent-
stehenden Schuldverbindlichkeit für ihn höher sein kann
als der dor Gegenleistung. Dasselbe gilt für allo Fällo, in
welchen jemand verpflichtet ist, Vorleistung anzunehmen.
Weshalb dio Verpflichtung zur Erfüllung Zug- um Zug auf

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13

dem Vermögen des Obligierten nur lastet mit einem even-
tuellen Wertunterschied, braucht nicht erklärt zu werden.
Bei der Verpflichtung vorzuleisten liegt hierfür der Grund
darin, dass durch die Leistung eine Schuldverbindlichkeit
zu Gunsten des Obligierten entsteht. Diese Schuldverbind-
lichkeit ist unter normalen Umständen gleichbedeutend mit
der Gewissheit, dass er die Gegenleistung erhalten wird.
Dass er nicht zu leisten braucht, wenn diese Gewissheit
nicht besteht, oder es sogar feststeht, dass er die Gegen-
leistung nicht erhalten wird, ist im B. G. B. für zwei Fälle
anerkannt; 1. für den Fall, dass dio Gegenleistung unmög-
lich geworden ist infolge eines Umstandes, den er nicht zu
vertreten hat (§ 323 und das Rücktrittsrecht des § 825),
und 2. für den Fall, dass dio Vermögensverhältnisso des
andern Teils die Erhaltung der Gegenleistung unsicher
machen (§ 321). Weder das eine noch das andre ist im
niederländischen Recht im allgemeinen anerkannt; letzteres
nur für den Fall des Konkurses (Art. 37 Fw.). In normalen
Fällen ist dio Gewissheit der Gegenleistung so gross, dass
bei den meisten gegenseitigen Verträgen unbedenklich von
der einen oder andern Seite
vorgoleiBtet wird, auch ohne
dasa eine Verpflichtung dazu besteht; überhaupt kommt ea
in der Regel auf die Reihenfolge dor Leistungen wenig an.
Wenn daher, wie nach dem B. G. B. 320 und 322),
überall wo keine Verpflichtung, vorzuleisten, übornommon
ist, nur ein Anspruch auf Verurteilung zur Erfüllung Zug
um Zug besteht, kann daraus nicht geschloasen
werden,
daas die VertragBchliessenden immer auch wirklich Erfül-
lung Zug um Zug beabsichtigten, und iat z. B. nicht anzu-
nehmen, daaa da überall nur dadurch, dasa der eine Teil
leistet, der andre in Verzug gerät.

Bei der Verpflichtung, vorzuleisten, muaa noch einen

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Augenblick stillgestanden werden. Erstens weil sich die
Verbindlichkeit auf Gegenleistung in dieser Gestalt am
wenigsten von der Schuldverbindlichkeit unterscheidet; ist
auf Grund der erstgenannten Verpflichtung eine Verurteilung
erfolgt, dann kann die Leistung im Wege der Zwangsvoll-
streckung erzwungen werden in derselben Weise, wie eine
einseitige. Zweitens ist, wie sich später zeigen wird, für
das niederländische Recht die Möglichkeit nicht ausge-
schlossen, dass überall, wo nicht der fordernde Teil zur
Vorleistung verpflichtet ist, oder ausdrücklich Erfüllung
Zug um Zug verabredet war, der andre Teil vorurteilt
werden kann, vorzuleisten. Die Verpflichtung, vorzuleisten,
unterscheidet sich nach dem soeben gesagten von der
Schuld
Verbindlichkeit dadurch, dass durch den Empfang der
Leistung der Empfänger zur Gegenleistung verpflichtet wird
(falls er nicht schon freiwillig vorher geleistet hat). Es be-
steht also eine gewisse Beziehung zwischen dor erstgenann-
ten Verpflichtung und einer Verpflichtung dos andern
Vertragsteils, Betrachtet man nun das aus gegenseitigen
Verträgen entstehende obligationcnrechtlichc Verhältnis als
bloss zusammengestellt aus zwei Verpflichtungen, welcho je
nur die Bowirkung der von jeder Seite versprochonen
Leistung zum Objekt haben — eino Betrachtungsweise,
übor welche das römische Recht nio hinaus gekommen
ist — dann läast sich dieso Beziehung nicht gehörig orklä-
rcn. Dazu ist es unbedingt notwendig, zu unterscheiden
zwischen der vom Vertragsschluss an bestehenden Verbind-
lichkeit auf Gegenleistung und der nach erhaltener Gegon-
leistung entstehenden Schuldverbindlichkeit, Wenn A dem
B versprochen hat, ihm cin (bestimmtes) Pferd zu liefern
für.fl, 500, hat dio daraus für A entstandene Verpflichtung
ihren bcsondcrn Charakter (als Verbindlichkeit auf Gegen-

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leistung) dem Umstand zu verdanken, dass, wenn die Lie-
ferung des Pferdes stattfindet, eine Schuldverbindlichkeit
entsteht, kraft welcher B verpflichtet ist dem A fl. 500 zu
zahlen, und nicht einer gleichzeitig mit der des A
(vom Vertragsschluss an) etwa bestehenden Verpflichtung
des B, das Pferd anzunehmen. Letztere kann, wie oben
schon angedeutet wurde, und jetzt näher ausgeführt werden
soll, auch fehlen, ohne dass dadurch die Verpflichtung des
A einen wesentlich andern Charakter erhält.

Nur dadurch, dass man, wie hier geschehen ist, auf jeder
Seite die unmittelbar aus dem Vertrag entstandene Verbind-
lichkeit für sich und als unabhängig von der mitunter auf
der andren Seite gleichzeitig bestehenden Gebundenheit
ähnlicher Art behandelt, und sie nur in Verbindung bringt
mit einer später eventuell aus einer Vorleistung entstehen-
den Schuldverbindlichkeit, — nur dadurch können die vcrr
schiodencn Fälle aufgeklärt worden, in denen aus in der
Regel gegenseitigen Verträgen nur auf einer Seite eino Ge-
bundenheit entsteht. .Man denke zunächst an den Fall, dasa ein
solcher Vortrag von zwei handlungsfiihigen Personen absicht-
lich so abgeschlossen wird, daas nur die eino obligiort sein
soll. Wie die Folgen des Vertrages aioh für beido Vertmga-
teile darauf beachränkon können, daas, wenn von der einen
Seite geleistet wird, auch die Gegenleistung zu erfolgen
hat, ao daas keiner der Vertragachliossenden vorher zu etwas
verpflichtet ist (Realvertrag), so können auch für den einen
Vertragöteil dio Folgen dos Vertmgea sich darauf beschrän-
ken, daas er zu leisten verpflichtet ist, wenn erdioGegen-
leiatung annimmt, während der andre Teil sofort obligiort
iat. A kann sich dem B verpflichten, ihm, wenn er es
wünscht, für fl. 500 ein Pferd zu liefern, ohne daaa B sich
verpflichtet, dem A das Pferd für den Preis abzunehmen;

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oder umgekehrt, B verpflichtet sich, es dem A abzunehmen,
ohne dass A sich verpflichtet, es ihm zu liefern. Auch diese
einseitige Verbindlichkeit auf Gegenleistung kann in
den drei oben beschriebenen Gestalten auftreten: Der Obli-
gierte braucht nur zu leisten, nachdem er die Gegenleistung
empfangen hat, die er jedoch anzunehmen verpflichtet ist, —
oder er braucht nur zu leisten, wenn ihm die Gegenleistung
angeboten wird, — oder er ist verpflichtet, vorzuleisten. —
In der Regel nun ist die Verpflichtung, zum Austausch von
Leistung und Gegenleistung mitzuwirken auf beiden Seiten
vorhanden. Dann ist das Bestehen einer ähnlichen Verpflich-
tung auf der andern Seite insofern erheblich, dass das Un-
terbleiben der Erfüllung nach einer angemessenen Trist
(nach niederländischem Recht vom Richter zu bestimmen,
Art. 1302 B. W.) dem andern Teil das Recht giebt, sich
von der auf ihm ruhenden Verpflichtung zu befreien (nach
niedorl. R.: Auflösung des Vertrags; nach dem B. G. B.:
Rücktritt). Dieses nun findet allerdings auf den Fall, dass
nu^ der eine Vertragstoil gebunden ist, keine buchstäbliche
Anwendung, denn der nicht gebundene Teil kann sich nicht
befreien von einer Verpflichtung, welche für ihn nicht bo-
steht. Es ist aber nicht einzuHohen, weshalb ihm nicht
dennoch das Recht gewährt werden sollte, soino Leistung
zurückzufordern, falls cr sie schon bewirkt hatte. Und auch
wenn er noch nicht geleistet hatte, is dio Hogonannto Auf-
lösung
{onthimling) des Art. 1302 B.W. für ihn nichtohno
Interesse, denn diese bewirkt hiebt nur dio Befreiung des
Klägers, sie ist auch nötig um das dort erwähnte Recht
auf Schadenersatz zu begründen, welches voraussetzt, dnsa
auch vom Beklagten keine Erfüllung mehr gefordert werden
kann. (Das Rücktrittsrccbt des § 32G B. G. B. ist nicht
mit einem Anspruch auf Schadenersatz verbunden.) — Dio

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17

Gebundenheit kann aus verschiedenen Gründen eine ein-
seitige sein; es gehören hierher z. B. die sogenannten negotia
claudicantia, aus denen nur der eino Teil gebunden ist, weil
der andre Teil nicht geschüftsfiihig war, und die Gebun-
denheit aus dem Angebot eines gegenseitigen Vertrags an
einen Abwesenden. In der Regel entsteht auch für den an-
Hings nicht gebundenen Teil, schon ehe er die Leistung des
gebundenen Teils empfangen hat, eino Verbindlichkeit (auf
Gegenleistung), infolge einer Erklärung seinerseits, welche
je nach dem besondern Fall einen verschiedenen Inhalt hat.
Auch der oben behandelte fertige, vollgültige Vertrag, wol-
chor oino einseitige Gebundenheit absichtlich erzeugen soll,
ist in der Regel nicht, wie oben angenommen wurde, auf
der einen Seite Realvortrag; auch dort soll in dor Regel
der anfiinglich nicht gebundene Teil, schon ehe ihm geleistet
ist, sich durch eino Erklärung binden. Diese später ein-
tretende Verbindlichkeit auf Gegenleistung auf der andern
Seite ist aber ebenso unerheblich wie eine gleichzeitige.
Hier soll auch nur betont wordon, dass oino Verbindlich-
keit auf Gegenleistung auf dor einen Seite vorhanden sein
kann, ohne dass sio gleichzeitig auf der andern Seite vor-
handen ist, und dass sio sich von einer einseitigen Ver-
bindlichkeit im gewöhnlichen Sinno (Schuldvorbindlichkoit)
dadurch untorschoidot, dass, w o n n der Obligierto später
wirklich zu leisten hat, auch dio Gegenleistung stattfin-
den niuss.

Dio Vorbindlichkeit auf Gogonloistung kommt nicht nur
vor boi den in dor Regel gegenseitigen Geschäften, wie
Kauf, Miete u. s. w., sondern mitunter auch bei in dor
Regol einsoitigon Geschäften, wolche übrigens, auch wenn
BIO in dieser flcstalt auftreten, nicht zu den gegcnHoitigon
gerechnet zu werden pflegen. Insbesondre wird hier ge-

2

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18

dacht an die durch Vertrag übernommene Verpflichtung,
ein Darlehn zu geben. Hat ausserdem der andere Vertrags-
teil sieh verpflichtet, das Darlehn anzunehmen (der Darlehn-
geber kann daran ein Interesse haben, wenn Zinsen bedun-
gen sind), dann sind alle Elemente anwesend eines, wio
man sagen könnte, beiderseitig bindenden gegenseitigen
Vertrages. Was unterscheidet einen solchen Vertrag von
denjenigen, welche man gegenseitige zu nennen pflegt? Die
Frage ist äusserst lehrreich. Nehmen wir an, dass A dem
B versprochen hat, ihm am
1 Jan. 1901 fl. 500 auszu-
zahlen, und B dem A, ihm am
1 Jan. 1902 diesen Be-
trag nebst
5 °/o Zinsen, also im ganzen fl. 525, zurückzu-
geben. Es ist nun erstens von vornherein klar, dass hior
an zwei selbständige einseitige Verpflichtungen, eine dea A,
dem B Anfang
1901 fl. 500 zu zahlen, und eine des B,
dem A Anfang
1902 fl. 525 zu zahlen, nicht gedacht wor-
den kann; völlig abstrakte Verträge in diesem Sinne, das
würde heissen völlig sinnlose, giobt es nicht. Dio Verpflich-
tung des A ist nicht, fl.
500 zu gobon schochthin, sondern
fl.
500 zu geben als 1) a r 1 o h n, d. h. mit der Masagabe,
dass B. ihm nach einiger Zeit densolbon Betrag zurückzahlt.
Ebensowenig ist dio Verpflichtung des B,
11. 525 zu geben
schlechthin, sondern fl.
500 zurück zugeben, und fl. 25
zu zahlen als Zinsen, d. h. als Entgelt für ein erhal-
tenes Darlehn. Boide Verpflichtungen setzen voraus, dnaa
dio Darlehnsumme wirklich ausgezahlt ist. Besonders dio
Verpflichtung, das Dargoliohonö zurückzuzahlen, entsteht
erst durch dio Auszahlung, und sogar aus dor Aus-
zahlung der Darlehnssummo, mehr noch als aua dom Vortrag.
Beim Darlehn hat man diesen Zusammenhang im allge-
meinen nio verkannt. Ungofilhr daasolbo abor kommt, wio
wir wissen, auch bei gegenseitigen Vorträgen Vor. Nehmen

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wir an, daas A dem ß versprochen hat, ihm den 1. Jan.
1901 ein Pferd zu liefern, und B dem A, ihm den Kauf-
preis ad fl. 500 nebst 5 % Zinsen zu zahlen ein Jahr nach
der Lieferung. Aus diesem Vertrag Icann im Prinzip ein
Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises auch nur entstehen
durch die Lieferung der verkauften Sache. Zwischen beiden
Fällen besteht aber folgender Unterschied. Wenn auch im
letztern Fall verabredet ist, dass erst einige Zeit nach
der Lieferung gezahlt werden soll, so würde doch der
Zweck des Vertrags als Kaufvertrag, d. h. der Aus-
tausch von Sache und Kaufpreis, ebensogut dadurch er-
reicht wordon können, dasa gleichzeitig geliefert und ge-
zahlt würde, oder zuerst gezahlt und dann geliefert. Es
ist daher z. B. denkbar, dass man dem Verkäufer, falls
der Käufer länger als ein Jahr im Verzug dor Annahme
bleibt, das Recht einräumt auf Zahlung des Kaufpreises zii
klagen (anders § 322 Abs. 2 B. G. B.). Beim Darlohn
dagegen hätte erstens eine gloichzoitigo Auszahlung und
Rückzahlung keinen Sinn, und würde auch der Zweck des
Vortrags als Darlohnsvortmg, d. h. ein Darlohn von A an
B, verfohlt wordon, wenn B zuerst etwas an A auszahlte,
und dieser später dieselbe Summo an B zurückgab. Dio
Reihenfolge dor Leistungen ist für don Kaufvortrag im all-
gemeinen gleichgültig, für den Darlehnavortrag wesentlich.
Zur Erfüllung des letztem gehört notwendig, erstens dasa
zwischen don beiden Leistungen einige Zeit vorgeht, und
zweitens dasa dio Leistung des Darlohngobera vorangeht. Ea
entsteht also beim Darlehn notwendig eine Schuldverbind-
lichkeit, und zwar notwendig auf Seiten eines vorher bo-
stinunton Vortragstoils. Dasa der Darlohnsvortrag zu den
einseitigen gorochnet zu worden pflegt, hat dariu seinen
ersten ürund. Zu den Rcftlverträgon des römischen Rechts

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20

wurde oben bemerkt, dass auch beim Tausch immer nur
eine Hauptverbindlichkeit, und zwar eine Schuldverbind-
lichkeit, entsteht; es ist dann aber in der Regel nicht im
voraus bestimmt, auf welcher Seite sie entstehen wird. Ein
zweiter Grund liegt darin, dass beim Darlehn die Verpflicli-
tung, es zu geben, oder die, es anzunehmen, erst in späterer
Zeit vorkommt (vgl. für das römische Recht in Bezug auf
das erste fr. 68 D. 45,1; in Bezug auf das letzte fr. 30
D. 12,1), Drittens kann vielleicht auch jetzt noch im Zweifel
angenommen werden, dass bei einem verabredeten Darlehn
die Vertragschliessenden sich nicht haben verpflichten wol-
len, es zu gehen und es anzunehmen, während bei in der
Regel gegenseitigen Verträgen sofortige Gebundenheit auf
beiden Seiten zu vermuten ist. — In Bezug auf dio in
der Regel gegenseitigen Verträge geht aus dem Gesagten
hervor, dass sie wesentlich Tausch Verträge sind in
einem weitem Sinne, zu deren essentialia dio Verschieden-
heit der Leistungen gehört; sio sollen hier fortan so genannt
worden, und, wenn nötig, als einseitig und beiderseitig bin-
dende Tausch vertrüge unterschieden worden. Zu den Ver-
trägen der andern Kategorie, welche Kreditverträge
genannt werden sollen, gehört nur das Versprechen, cin Dar-
lehn zu geben, obwohl es nicht undenkbar wäre, dass n u r
zum Zweck der Krcditvorlcihung dio Rückgabe von etwas
andcrm als dem Empfangenen verabredet würde. Eher lässt
sich sagen, dass oino Verabredung, nach welcher dasselbe
zurückgegeben werden soll, nur Krcditvorlcihung bczwcckon
kann; dabei macht es keinen Unterschied, wenn mit dor
Krcditvorlcihung eine Art Aufbewahrung in gcnero be-
zweckt wird (depositum irreguläre, das heutige Doposito),
oder vielmehr eine fruchttragende Verwaltiuig des Darge-
liehenen durch den Darlohnsempfänger auf eigene Gefahr

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für don Darlebnsgeber (vgl. § 700 B. G. B.). Wie bei jeder
Einteilung, so kann auch hier die Unterbringung einiger
Verträge bei der einen oder der andern Kategorie ihre
Schwierigkeit haben; wie aus dem Obigen hervorgeht, ist
es denkbar, dass zwei Verträge sich hauptsächlich nur unter-
scheiden durch ihre Analogie mit weiter aus einander lie-
genden Fällen.

Die letzten Seiten handeln schliesslich mehr von der
Einteilung der Verträge als von der der Obligationen;
es war das aber nötig, um zu zeigen, wio aus verschie-
denartigen Verträgen gleichartige Verbiudlichkeiton ent-
stehen können. Wenn auch, wie aus den oben gegebenen
Beispielen hervorgeht, die Verpflichtung, ein Darlehn zu
geben, nicht in jeder Beziehung dieselbe ist, wio dio Ver-
pflichtung, vorzuleisten bei einem Kauf, so sind doch beide
Verbindlichkeiten auf Gegenleistung, weil bei beiden der
Obligierte, wenn er leistet, dadurch einen Anspruch gewinnt
auf eine Gegenleistung. Ebenso sind dio Vorpllichtung, ein
erhaltenes Darlehn zurückzuzahlen, und die Verpflichtung,
don Kaufpreis zu zahlen für oin erhaltenes Pferd, beide
Schuldverbindlichkeiten.

Der Ilauptunterschied zwischen Sohuhlvorbindlichkoit und
Verbindlichkeit auf Gegenleistung liegt, wio gesagt, im
Vermögenswert; erstere hat im Prinzip don Wert der
Leistung, zu welcher der Obligierte verpflichtet ist, der
Wert dos letztern ist das sogenannte Erfüllingsinteresso. Dor
Unterschied spricht sich daher um deutlichsten aus, wo das
Unterbleiben der Erfüllung zu einer Ästinuition des Interesse
führt, entweder so, dass der Obligierte von vornherein nur
zur Zahlung eines Geldbetrages verurteilt wird, oder in der
Weise, dass er zwar zu einer
bestimmten Leistung verur-
teilt wird, bei deren Unterbleiben aber im Wege der Zwangs-

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Vollstreckung nur ein Geldbetrag erhalten werden kann.
Bezeichnend ist es in dieser Beziehung, dass nach römi-
schem Recht, wer sich mittelst Stipulation verpflichtet hatte,
ein Darlehn zu geben, nicht verurteilt werden konnte zur
Zahlung des versprochenen Betrages, sondern nur zur Er-
stattung des Interesse, weshalb es sich empfahl, eine Con-
ventionalstrafe zu stipulieren (vgl. das oben citierto fr, G8
D. 45, 1). Daraus geht hervor, dass dio römische condem-
natio sich nicht nur auf eine Geldcondemnation beschränkte,
sondern in der That auf eine Erstattung des Interesse, und
diese Eigentümlichkeit somit nicht auBschliesslich durch dio
Technik der Zwangsvollstreckung bedingt war. Bemerkens-
wert ist auch, dass man sich in diesem Fall nicht der ein-
fachen Stipulation auf geben (spondesne C daro ?) bediente,
m. a. W. dass eine stipulatio oredendi causa nicht vorkam.
Es fehlte also im römischen Recht entweder die Möglichkeit
oder die Sitte, sich die wirkliche Auszahlung eines Darlohns
zu sichern. Nach niederländischem Recht ist es fraglich,
ob demjenigen, der in obligierender Weise (im Zweifel
muss, wie schon bemerkt wurde, angenommen worden, dass
nur ein Roalvertrag beabsichtigt war) versprochen hat, ein
üarlehn zu geben, im Wege dor Zwangsvollstreckung der
versprocheno Botrag genommen werden kann. Auch die
Tauschverträgo bioton in dieser Beziehung viel Unklares,
wio überhaupt das sogenannte materielle Prozossrccht, für
welches oino Littoratur fast gänzlich fehlt, und wobei die
Praxis sich hauptsächlich leiten lässt von einem, durch
Tradition entstandenen, unmittolbaren P]mpfinden. Es soll
hier nur zweierlei bemerkt wordon: 1. Wer aus einem
Tauschvcrtrago klagt, pHcgt, wenn cr soinorseita geleistet
hat, dicaes in der Klageschrift zu behaupten. 2. Wenn noch
von keiner Seite geleistet ist, wird fast immer Auflösung

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des Vertrags und Erstattung dos Erfflllingsinteresse gefor-
dert. — Nach dem B. G. B. soll derjenige, welcher auf
Gruud der Nichterfüllung von Seiten des andern Teils vom
Vertrage zurücktritt, keiuen Anspruch haben auf das Er-
füllungsintercsse. In den Motiven zum Entw. I. Les. (II,
S. 211, ad § 369) wird darüber gesagt: „Rücktritt und aus
„dem Vertrage entspringender Anspruch auf Schadenersatz
„schlicssen sich aus. Denn der Rücktritt soll die Bcthciligtcn
„iu dio Lage versetzen, als ob der Vortrag nicht gcsohlosson
„wäre (§ 427). Hiermit verträgt sich ein Anspruch auf das
„Erfüllungsinteresse nicht." Es ist jcdoch dio Frage gestattet,
ob es wirklich richtig oder angemessen war, dieses Rück-
trittarccht dem vcrtragsmässigen llücktrittsrccht gleichzu-
stellen, das nicht wio dieses voraussetzt, dass dio Erfüllung
durch dio Schuld dca andern Teiles unterbleibt. A und B
haben einen Tauschvertrag geschlossen. Nehmen wir an, cp
sei ein Tausch in engerm Sinno vereinbart; A soll dem B
die Sache a liefern, und dieser dafür dem A dio Sache b.
A wünscht, dass der Vertrag erfüllt werde; B verweigert
seine Mitwirkung. Wird nun dem B, entweder nach Art. 1302
B. W. vom Richter, oder nach § 326 B. G. B. von A,
oino Nachfrist bcstinnnt, und ist B bis nach deren Ablauf
säumig geblieben, dann ist davon dio Wirkung, dass, wenn
auch A CB ist, der dio Erfüllung ablehnt, doch nicht dieser,
sondern B, für dio Nichterfüllung verantwortlich zu machen
ist. A kann das in zweifacher Weise ausnutzen. Er kann
soincrseits Iciaton, oder, wenn or schon geleistet hatte, B
das schon Geleistete behalten lassen, und hat dann Anspruch
auf Ersatz des Schadens, den or dadurch leidet, dass ihm
dio Sache b nicht geliefert ist. Er kann aber auch dio Sache
a bohaltcn, odor, falls or sio schon geliefert halte, zurück-
fordern. Erhält or sie zurück, dann ist allerdings der Zu-

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stand hergestellt, der bestanden haben würde, wenn das
Geschäft nicht zu stände gekommen wäre. Das ist indessen
nicht genug, denn B war verpflichtet, dafür zu sorgen, dass
er statt der Sache a die Sache b bekommen sollte, und es
ist seine Schuld (die Schuld des B), dass das nicht geschehen
ist; er ist also verpflichtet, dem A das Interesse zu erstatten,
das er daran hatte (daran, dass er die Sache b bekam statt
der Sache a). — Es war hier deshalb über diese Frage zu
sprechen, weil in der Verpflichtung, das Erfüllungsinteresse
zu erstatten, sich das "Wesen der Verbindlichkeit auf Ge-
genleistung klar und deutlich ausspricht. Das Erfüllungs-
interesse ist der Wert der Verbindlichkeit auf Gegenleistung.
So hat man es übrigens auch immer verstanden, wenn dio
Erfüllung infolge des Konkurses des einen Vertragsteils
unterbleibt.

Fast immer, sagten wir, wird, wenn noch von keiner Seite
geleistet ist, Auflösung und Schadenersatz gefordert. Kann in
jenem Stadium auch Leistung gefordert werden, und unter
welchen Voraussetzungen? Muss der Kläger vor oder boi
Erhebung der Klage seinerseits Leistung anbieten? Muss
cr sich wenigstens bereit erklären, auch seinerseits zu leisten ?
Ist infolgedessen der Beklagte so zu verurteilen, dass or
nicht zu leisten braucht, wenn ihm nicht dio Leistung dos
Klägers angeboten wird (Verurteilung zur Erfüllung Zug
um Zug)? Muss dio Klage von vornhoroin beschränkt wer-
den auf oino Verurteilung zur Erfüllung Zug um Zug?
Dio niederländischen Gesetzbücher enthalten darüber keine
Bestimmungen; es ist lediglich zu ontacheidon nach der
Natur der gegenseitigen Verträge und dor mutmasslichen
Absicht der Vcrtragachliessondon. Hior soll nur folgendes
bemerkt worden. Wio von vielen behauptet wird, iat im
allgemeinen keiner verpflichtet, zu loiaten, wenn ihm nicht

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die Gegenleistung angeboten wird. Dass etwas derartiges
dem praktisehen Bedürfnis entspricht, oder entsprechen
würde, soll hier nicht in Frage gestellt werden ; ob es nicht
im allgemeinen der Absicht der Vertragschliessenden ent-
spricht, soll ebenfalls dahingestellt bleiben; dass es aber
logischorwoise aus dem Wesen der Tauschverträge her-
vorgehe, muss entschieden verneint werden. Dass der Kläger
ein verschiedenes Recht hat, je nachdem er schon geleistet
hat oder noch nicht, wird hier darzulegen versucht; es
kommt aber im letztern Fall weniger an auf die Erfüllung
Zug um Zug, als auf etwas andres. Es wird sowohl von
denen, die nur ein Recht auf Erfüllung Zug um Zug
annehmen, wio auch hier, davon ausgegangen, dass, wenn
der Kläger noch nicht geleistet hat, die Leistungspflicht
dos Beklagten sich dadurch von einer einseitigen Verbind-
lichkeit unterscheidet, dass sie in einer gewissen Beziehung
steht zu einer künftigen Leistung, oder, wenn man will,
zu einer Lcistungspflicht, auf Seiten des Klägers. Diese Be-
ziehung besteht aber nicht darin, oder braucht nicht not-
wendig darin zu bestehen, dass dor Beklagte nur nach
oder gleichzeitig mit dem Kläger zu leisten hat, sondern
darin, dass der Kläger überhaupt noch zu leisten hat.
Kkli.er (Jahrb. f. d. gem. Recht, IV, S. 341) unterstellt,
dass oin Pferd verkauft ist für 200 Thlr., und frogt dann :
„Wird etwa der Kilufor denken: der iat mir dies
„Pferd schuldig geworden, gleich als wenn es
„ihm schenkwoiso versprochen wäre? oder dor Verkäufer:
„dor ist mir 200 Thlr. schuldig geworden,
„gleich als wenn or ihn» diese Summo dargeliehen hätte H
„Gewiss nicht." Nach
Kki.lku liegt nun der Unterschied
darin, dass diese Leiatungon nur beansprucht worden können,
wenn dio Gegenleistung angeboten wird. Wir können aber

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fragen: Wenn einer der beiden verpflichtet ist, vorzuleisten,
schuldet er dann etwa seine Leistung, als ob er sie schenk-
weise versprochen hätte, oder als ob er ein Darlehu erhalten
hätte? Einfache Verurteilung zur Leistung ohne weiteres
kann nur derjenige fordern, sagt
Keller (p. 34U), der
seinerseits geleistet hat. „Soll er dies mit liecht fordern
„können, dann muss die von seiner Seite bereits geschehene
„Erfüllung, oder was ihr gleichkommt, vorliegen, und solcho
„gehört dann allerdings unentbehrlich zu seinem Klagegrund,
„denn durch diese Thatsacho erst ist seine Forderung zu
„einer einseitigen, selbständigen und absoluten geworden."
Wenn aber der Beklagte verpflichtet ist, vorzuleisten, dann
ist seine Verpflichtung ebensowenig eine „einseitige, selb-
ständige und absolute" und doch muss er da verurteilt
werden können, zu leisten, ohne dass ihm dio Gegonleistung
augebotcn wird. Darin kann also nicht das ifcrkmal liegen
der Verbindlichkeit auf Gegenleistung. Und zwar nicht nur,
weil das Hecht, dio Leistung bis zur Bowirkung der Gegcu-
leistung zu verweigern, in bestimmton Fällen vertragsmässig
ausgeschlossen sein kann, sondorn weil, ohne dass dadurch
das Wesen dor gegenseitigen Verträge verkannt würde, auch
angenommen werden kann, dass es, wo dio Gesetze darüber
achwcigen, nur vorhanden ist, wenn os ausdrücklich verein-
bart ist. Es kann auch angenommen wordon, dass dio
lloiheufolge der Leistungen, wenn darüber nichts vereinbart
ist, den Vertragschlicssenden gleichgültig war, und dass der-
jenige zuerst zu leisten hat, von den» zuerst Leistung gefordert
wird, üb das im allgemeinen der Absicht der Parteien wider-
sprechen würde, ist hier dio Frage nicht, aondern ob es
dem Wesen dor gegcnacitigcn Verträge widoraprcchen würde.
Ea würde daa ebonaowenig wio die Zuhiaaigkcit einer ver-
tragsmäsaigcn Vorloistungapflicht. Im normalen Fall, wenn

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27

freiwillig geleistet wird, und von einem Prozess keine Rede
ist, wird unbedenklich vom einen oder vom andern Teil
vorgeloistet. Weshalb das möglich ist, haben wir oben ge-
sehen. Wer zuerst leistet, erhält dadurch ein einseitiges
Fordorungsrecht auf die Gegenleistung; wo auf der andern
Seite anfangs ebenfalls nur oino Verbindlichkeit auf Gogon-
loistung bestand, besteht, nachdem die erste Leistung statt-
gefunden hat, eine Schuldverbindlichkoit. Dieses einseitige
Forderungsrecht auf die Gegenleistung hat unter normalen
Umständen den Wort der Gegenleistung. Das Zurückbehal-
tungsrecht ist, wo es vorhanden ist, nur eine Sicherung
der Gegenleistung (vgl. fr. 13, § 8 D. 19, 1); das Wesent-
liche ist dor Anspruch auf dio Gegenleistung, und ein
solcher Anspruch entsteht aus dor orston Leistung immer,
ungeachtet, ob freiwillig vorgeloistet wird oder infolge einer
Verurteilung, und im letztern Fall ungeachtet, ob dio Ver-
pflichtung, vorzuloiston, vertragsmässig übernommen war,
oder nur versäumt war, dio Leistungspflicht auf Erfüllung
Zug um Zug zu beschränken.

Wir nohmon also für das niodorländischo Recht an, dass,
wo nicht dor Kläger vorzuloiston hat, odor aus irgend oinem
Grunde nur oino Verpflichtung zur Erfüllung Zug um
Zug als vorhandon zu betrachten ist, auch auf Grund oinor
Verbindlichkeit auf Gogonleiatung auf Verurteilung zur
Leistung ohno woitores geklagt worden kann, und nicht
nur auf Vorurtoilung zur Erfüllung Zug um Zug. Steht
nun eine solche Vorurtoilung völlig gloich mit dor Vor-
urtoilung auf Grund oinor Schuldverbindlichkoit, wio sie
z. IJ. erfolgt, wenn dor Kläger schon goloiatot hat? Das iat
gewiss nicht der Fall, wenn os auch aua dor eigontlichon
Verurteilung, den» Tenor des Urteil«, nicht hervorgeht.
Darin spricht sich in dioaom Fall nun allerdings dio Ho-

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28 .

deutung des Urteils nicht so deutlich aus, wie es zu wün-
schen wäre. Auch wenn nicht verurteilt wird zur Erfüllung
Zug um Zug, sollte doch möglichst deutlich im Urteil aus-
gedrückt werden, dass verurteilt wird zu einer Leistung
auf Gegenleistung. Der Umstand, dass durch den Empfang
einer Leistung eine Schuldverhindlichkeit entsteht, kraft
welcher der Empfänger eine Gegenleistung zu machen hat,
macht in einem gewissen Sinne die Leistung zu einer an-
dern ; jedenfalls wird dadurch die Leistungspflicht eine andre,
und ebenso die Verurteilung zur Leistung. Am deutlichsten
tritt das beim versprochenen Darlehn zum Vorschein. Wenn
A dem B versprochen hat, ihm ein Darlehn zu geben von
fl. 500, wird er ihm diesen Betrag nicht geben auf die
Behauptung des B hin, dass er diesem aus einem frühern
Geschäft noch fl. 500 schuldet; er wird das Geld nur geben,
wenn B anerkennt, durch den Empfang Schuldner des A zu
werden. Verlangt er einen schriftlichen Beweis dor Auszah-
lung, dann wird or sich nicht begnügen mit einer einfachen
Quittung, aus welcher zu schliessen wäre, dass or dem B die
Summe geschuldet hätte, sondern er lässt ihn erklären, dnss cr
sie als Darlehn empfangen hat, oder auch nur dass or ihm
fl. 500 schuldet oder zu zahlen verspricht. Ist es in einem
solchen Falle möglich, den A verurteilen zu lassen zur
Zahlung von fl. 500, dann sollte er auch nur verurteilt wor-
den, sie als Darlohn zu zahlen. Dasselbe gilt nun auch für
Tauschverträge, wenn es dort auch nicht so deutlich zum
Vorschein tritt. Wie derjenige, welcher aus einer Schuld-
verbindlichkeit zu fordern berechtigt ist, nur eine Leistung
anzunehmen braucht, dio ihm gemacht wird als eine ge-
schuldete, so braucht derjenige, welcher zur Leistung auf
Gegenleistung verpflichtet ist, nur zu leisten,«wenn seine
Leistung angenommen wird als eine nicht geschuldete, im

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29

Gegenteil, als eine, infolge deren der Empfänger zu schul-
den anfängt. Später soll bemerkt werden, dass es nach der
heutigen Sitte nicht üblich ist, auf Grund einer Verbindlich-
keit auf Gegenleistung ein Schriftstück abzugeben, in welchem
einfach eine Loistungspflicht anerkannt wird, unbedingt,
ohne die für die Leistung erwartete Gegenleistung zu er-
wähnen. Wenn nun auch das Urteil eino Erkennung, ein
Erkenntnis, sein soll, und nicht bloss eino Ermächtigung
zur Zwangsvollstreckung, wenn es das zwischen den Parteien
bestehende Verhältnis klarstellen soll, dann müsste, wenn
jemand auf Grund einer Verbindlichkeit auf Gegenleistung
verurteilt wird, zu leisten, auch dabei dio Gegenleistung
erwähnt werden. Wer ein Pferd verkauft hatte für fl. 500,
müsste verurteilt werden, das Pferd zu liefern „gegen
Zahlung", d. h. mit dor ^faBsgabo, dasa dor Käufer zu
zahlen hätte, wenn auch nicht Zug um Zug. Darauf, näm-
lich auf dio Anerkennung, dass der Kläger, wenn or dio
Leistung erhält, auch seinerseits zu leisten hat, kommt es
an, mehr ala auf dio Erfüllung Zug um Zug. Auch in einer
solchen Verurteilung würde dor wirkliche Charakter der
Vorbindlichkeit auf Gegenleistung sich deutlich aussprochen.
— Nun ist abor zu bemerken, daa in dor jetzigen Praxis
auf einem Umwege thatsächlich dassolbo erreicht wird.
Nehmen wir einen Augenblick an, daas auf Grund einer
Verbindlichkeit auf Gegonleistung nur oino Verurteilung
wio dio soeben bcHohriobono erfolgen könnte, dann müssto
selbstverständlich dio Klage oino ähnliche Klausel enthalten.
N\\ni enthält aber thatsächlich, wenn auch in andrer Form,
dio Klageschrift nach dor jetzigen Praxis schon dasselbe.
Donken wir una, dass A dem D für il. 500 ein Pferd vor-
kauft hat. Möglichcrwoiso kann nun A, auf dio einfache
liohauptuug hin „dass B ilun ein Pferd verkauft habe für

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30

fl. 500", ohne weiteres fordern, dass dieser verurteilt werde,
es ihm zu liefern. Er kann aber keineswegs ohne weiteres
geltend machen, „dass B ihm versprochen habe, ihm ein
Pferd zu liefern", ohne etwas von Kauf oder Kaufpreis zu
erwähnen. Mit einer solchen Klage würde er in den Nie-
derlanden, wie in Prankreich und in Deutschland, ohne
Zweifel abgewiesen werden, wenn es sicli herausstellte, dass
kein einseitiges Versprechen, sondern ein Tauschvortag zu-
stande gekommen war. Man hat das in verschiedener Weise
zu motivieren versucht. Nach der herrschenden Auffassung
enthielte der Kaufvertrag allerdings ein solches Versprechen,
es könnte aber nur unter Angabe des „Bestimmungsgrundes"
oder etwas derartigem geltend gemacht wordon; der Kläger
hätte dio das Versprechen begleitenden Umstände darzu-
legen, u. s. w. Das alles ist immer ziemlich unbestimmt ge-
blieben ; ein allgemeiner Ausdruck für das, was dor Kläger
in den weit auseinander liegenden Fällen, in denen nach
dieser Theorie ein „materieller" oder „Causal"-vertrag vor-
liegt, anzuführen hätte, war nicht zu finden. Man mussto
notwendig auf ein jus in causa positum vorweisen, m. a. W.
auf das juristische Empfinden. Eben dio Gesetze dieses
Empfindens hat aber die Rechtswissenschaft an erster Stollo
zu erforschen. Der oigentlicho Grund, weshalb dio oben er-
wähnte Klage im angedeuteten Falle nicht genügen würde,
ifit, dass B überhaupt nicht versprochen hat, schloohthin
ein Pferd zu liefern (nicht, dass cr es nicht schlechthin
versprochen hat), sondern nur, ein Pferd zu liefern gegen
Zahlung von fl. 500, m. a. W. dass or nicht eine Schuld-
verbindlichkoit, sondern eine Verbindlichkeit auf Gogon-
loistung übernommen hat. — Wird nun, wie also orforder-
li(!h ifit, vom Kläger ausgeführt, „B habe ihm vorsprochon,
ihm,ein Pferd zu liefern gegen Zahlung von fl. 500", oder,

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was dasselbe ist, „B habe ihm für fl. 500 ein Pferd ver-
kauft", und erfolgt daraufhin die Verurteilung des B, das
Pferd zu liefern, dann wird thatsächlich nicht nur aus der
Klage, sondern auch aus dem Urteil hervorgehn, dass es
sich handelt um eine Leistung auf Gegenleistung, und zwar
weil das Urteil als Ganzes auch die Klage zu enthalten
pflegt. Der eigentliche Inhalt der Verurteilung ist in der
Klage zu suchen; diese ist wie eine Bitte, welche vom
Richter in der Regel nur mit „bewilligt" oder „nicht be-
willigt" beantwortet wird.

Das veranlasst indessen noch eine andre Frage. Wenn
Klage erhoben wird aus einem gegenseitigen Vertrag, und
noch von keiner Seite geleistet ist, wird dns in der Regol
aus der Klage hervorgehn. Muss das auch zur Bedingung
gestellt worden fflr dio Richtigkeit der Klage P Muss in der
Klage in irgendwelcher Form anerkannt werden, dnsa von
Seiten des Klägers noch nicht geleistet istP Das in diesem
§ Ausgeführte giebt zu oinor solchen Frage einige Veran-
lassung. Nur nachdem dor Kläger geleistet hat, ist seine
Forderung eino einseitige; aio kann also vorher nicht wie
eine einseitige geltend gemacht worden. Wenn in der Klnge
nur eine Loistungspflicht des Beklagten behauptet, und
keine Lcistungspflicht des Klägers erwähnt wird, und dar-
aufhin eino Verurteilung erfolgt, konnte daraus geschloasen
wordon, dio Loistungspflicht des Beklagten sei eino oin-
aoitigo gewesen, und der Kläger hätte schon geleistet. Wäre
eino sololio Schlusafolgorung gerechtfertigt, dann müasto die
Klago abgewiesen werden; dor Beklagte konnte verlangen,
daaa im Prozeaso, wie bei dor Leistung, fpstatände, daas
noch eine Gegenleistung zu erfolgen hat. Einem derartigen
Zweck, wenn auch keinem andern, könnte dio Erklärung
des Klägers dienen, er sei bereit, wenn der Beklagte, die

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geforderte Leistung macht, auch die Gegenleistung zu
machen. Eine solche Erklärung wird immer dazu beitragen,
den Rechtstreit klarzustellen, auch wenn sie sonst keine
direkten materiellen Folgen hat. Im allgemeinen ist es fast
undenkbar, dass während des ganzen Prozesses dahingestellt
bleibt, und auch aus dem Urteil nicht ersichtlich ist, ob
der Kläger schon geleistet hat oder nicht. Dennoch muss
die gestellte Frage verneint werden. Allerdings ist in zehn
Fällen neunmal die einfache Klage auf Leistung aus einem
Tauschvertrag, sagen wir die Klage auf Zahlung eines Kauf-
preises, eine Klage auf Zahlung für verkaufte und ge-
lieferte Waren. .Wenn aber einmal auch vor der Liefe-
rung ohne weiteres auf Zahlung des Kaufpreises geklagt
werden kann, ist sio es nicht, wenn nicht ausdrücklich be-
hauptet wird, die Lieferung hätte stattgefunden. Dann aber
muss auch angenommen werden, dass, wenn eine Verur-
teilung erfolgt auf dio Klage hin; „der Beklagte hat von
mir cin Pferd gekauft für fl. 500, und nun fordre ich, dass
er verurteilt werde, mir diesen Betrag zu zahlen", — dass
damit dann auch nicht ausgemacht ist, dass der Kläger das
Pford schon geliefert hatte. Der Beklagte kann also später
noch dio Lieferung des Pferdes fordern, und der nraprüng-
licho Klilger hat, wenn er dann behauptet, dio Lieferung
hätte damals
eehon stattgefunden, das zu beweisen. Wollte
man das letztere verneinen, dann müssto man die oben gc-
etollte Frage bejahen.

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§ 3. Einteilung der Verträge; dio einzelnen Ycrträgo
nnd dio daraus onstchenden Vorlundlichkoiton. .

Wie aus verscliiedenartigen Verträgen gloichartige Ver-
bindlichkeiten entstehen können, und also die Vorbindlich-
koiten nicht oingetoilt wordon können nach den Vorträgen,
aus welchen sie entstanden sind, so können aus demselben
Vertrag
YorHchiedonartige Verbiudlichkoiton entstehen, und
ist also auch oino consequent durchgeführte Einteilung dor
Verträge nach den aus ihnen ontstehendon Vorbindlichkoiton
nicht möglich.
Nur aus o i n o ni Vortrag entsteht oino ein-
zige Verbindlichkeit, nämlich aus dem sogenannten Schuld-
vorsprechon, dem auf das Erzeugen einer unbedingten
Schuldvorbindlichkcit gerichtoton Vortrag, llior aber kommt
CS weniger
an auf dio Einteilung dor Vorträge, als darauf,
dio wichtigsten dor übWchcn Yortrilgo z\\i untorsuclion in
Uoxug auf dio Art dor durch sie erzeugten Vorbindlichkoi-
ton. lio\\ den moisten Vorträgen ist indessen oino llauptvor-
bindh\'chkoit zu unterschoidon, und daraus kann, wenn auch
keine Einteilung, doch
oino gowisso lloihonfolgo fiir dio
Hohandlung der vorschiodonen Verträge entlehnt wordon.

Zuerst können danach dio Vortr/igo genannt wordon, aus
denen eine Hauptvcrbindlichkoit entstellt, "wolcho nicht zu
oinor Wortloistung verpflichtet; os wird dabei jedoch nur
au solche Verpflichtungen gedacht, an wolchen, wonn sio

3

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34 .

auch für den Obligierten keinen Yermögensschaden bedeu-
ten, dennoch der Berechtigte ein Vermögensinteresse hat.
Zu diesen Verträgen muss nun aber gleich bemerkt wer-
den, dass, wenn einer solchen Verpflichtung nicht nachge-
kommen wird, eine Schuldverbindlichkeit entsteht, kraft
welcher der Obligierte den Schaden zu ersetzen hat, der
für den Berechtigten aus dem Nichtnachkemmen entstanden
ist. In diesem Sinne entsteht aus jedem obligatorischen
Vertrag unter Umständen eine Schuldverhindlichkeit; daher
ist es auch, wie wir später sehen werden, manchmal zwei-
felhaft, ob nicht der Vertrag unmittelbar auf die Begrün-
dung dieser eventuellen Schuldverbindlichkeit gerichtet war.

Als reiner Freundschaftsdienst kann eigentlich nur die
(unentgeltliche) Annahme eines Auftrags betrachtet wer-
den. Dabei zeigt sich jcdoch dio Eigentümlichkeit, dasa
dor Obligierte sich durch einfache Kündigung (zur rechten
Zeit) von seiner Verpflichtung befreien kann, dass er also
überhaupt nicht eigentlich obligiort, gebunden, ist; oder
man müssto das Vorhandensein einer alternativen Obligation
annehmen, die entweder auf Besorgung des übornommenen
Geschäfts oder auf Kündigung ging, eino Construktion, dio
nicht gerade natürlich wäre. Ebenfalls ein reiner Freund-
schaftsdienst wäre dio Übernahme dor Verpflichtung, oino
Sache in Verwahrung zu nehmen; dieselbe kommt jedoch
selten vor. Dor Verwahrungsvertrag, wie er vorzukommen
pflegt, ist Realvertrag; nach der Übergabe der zu vorwahren-
don Sache entsteht jedoch nicht nur dio Verpflichtung,
für dieselbe zu sorgen, sondern auch dio Verpflichtung, sie
zurückzugeben. Das letzte ist ebenfalls keine Wortleistung,
aber doch eine Leistung ganz andrer Art aja z. B. dio
Besorgung eines Geschäfts oder ein sonstiger Freundschafts-
dienst; sie steht der Wertleistung sehr nahe, und wurde

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im ältern Recht ihr bisweilen in gewissen Beziehungen
gleichgestellt. Dieselben Verpflichtungen, für die Sache zu
sorgen und sie zurückzugeben, sind auch bei der Leihe
vorhanden; diese bildet jedoch einen Freundschaftsdienst
in umgekehrter Richtung, vom Eigentümer gegenüber dem
Inhaber. Dieser Umstand hat einen modifizierenden Ein-
fluss auf untergeordnete Punkte. Der Entleiher kann z. B.
verpflichtet sein, gewisse Aufwendungen zu machen, welche
ihm nicht vom Verleiher zu erstatten sind, oder den Wort
der Sache zu erstatten, auch wenn sio ohne sein Verschul-
den verloren geht. Die Übernahme solcher Verpflichtungen
(welche z. B. bei der unentgeltlichen Verwahrung der
causa entbehren würde) wird gerechtfertigt durch den in der
üebrauchsüborlassung liegenden Vorteil; sie pflegt jedoch
nicht als eino eigentliche Gegenleistung betrachtet zu wer-
den. Selten wird in obligiercnder Absicht das Versprechen \'
erteilt, einem andern den Gebrauch einer Sache unentgelt-
lich zu überlassen; auch der Leihvertrag ist im Zweifel
Realvertrag. In Bezug auf dio Verpflichtung, für ein Faust-
pfand zu sorgen und es zurückzugeben, gilt dasselbe wio
bei der Leihe; übor dio Übernahme dor Verpflichtung, ein
Pfand zu geben, kann vorh\'iuflg nur gesagt wordon, dass
sio in Bezug auf dio causa dor Übernahme einer Bürgschaft
gleichsteht. — Zu den Vorträgen dieser Art soll noch
zweierlei boinerkt werden. Erstens dass der Obligierto
manchmal verpflichtet ist, Aufwendungen zu machen, welehe
ihm vom Borechtigton erstattet werden nnisson. Eino solcho
Verpflichtung ist oino Verbindlichkeit auf Gegenleistung,
denn dio Aufwondung ist eino Wertloistung, und wenn dabei
auch nicht immer im gewöhnlichen Sinno dem Fordcrunga-
berechtigtcn goleistct wird, so wird doch für ihn gcloistot.
Sio führt aber nicht dazu, dasa dor Obligierto verurteilt

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wird, die Aufwendung zu machen; auch hier besteht die
"Wirkung darin, dass der Obligierte verpflichtet ist, den
Schaden zu vergüten, der dadurch entstanden ist, dass er
die Aufwendung nicht gemacht hat, also darin, dass eine
Schuldverbindlichkeit entsteht. Zweitens bemerken wir fol-
gendes. Die persönlichen Bemühungen, von denen hier die
Rede ist (Besorgung von Geschäften, Sorge für eine fremde
Sache), sind hauptsächlich nur deshalb keine Wertleistungen,
weil sie nicht als solche betrachtet werden, was aus dor
unentgeltlichen Übernahme der Verpflichtung dazu hervor-
geht. Leistungen derselben Art, allein dann in der Regel
umfangreicher, können auch als Wertleistungen betrachtet
werden und als solche Gegenstand von Tausclivorträgen
sein. In einigen Fällen könnte dio persönliche Bemühung
so aufgefasst werden, dass sio ungefilhr wio eine Aufwen-
dung, etwa als Zeitaufwand, vergütet werden müsste. Das
pflegt jedoch boi Obligationen aus Verträgen nicht vorzu-
kommen; dio Vergütung wird, wo sio vereinbart ist, in dor
Regel als Besoldung aufgefasst, und der Vortrag ist dann
als ein Tauschvertrag zu behandeln. — Von „unbonannton"
Verträgen gehört hierher u. a. noch dio Übernahme der
Verpflichtung, etwas zu unterlassen, das dem andern Teil
schadon würde, welche einer äusserst mannigfachen Anwen-
dung fähig ist.

Über dio Tauschverträgo und übor den Kreditvertrag ist
im vorigen § schon eingehend gesprochen. Aus dem letztem
entstehen eine oder zwei Verbindlichkeiten auf Gegenleistung,
nämlich die Verpflichtung, ein Darlehn zu geben, und bia-
woilen auch die, es anzunohnion — wolcho boide, wenn
ihnen nicht nachgekommen wird, wohl in dor Regel dazu
führen, dass das Interesse zu erstatten ist — und nach der
Auszahlung dor Darlehnssummo oino Schuldvorbindlichkcit.

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Aus den Tausch vertrügen entsteht in der Regel auf beiden
Seiten eine Verbindlichkeit auf Gegenleistung, und, wenn
die Erfüllung nicht Zug um Zug stattfindot, durch dio
Leistung von der einen Seite eine Schuldverbindlichkeit auf
der andern. Ausserdem entsteht aus dem Vertrag oft dio
Verpflichtung, für eine dem andern Teil zu liefernde
Sache zu sorgen, oder zu sorgen für eino dem andern Teil
gehörige Sache und dieselbe zurückzugeben.

Der Gosellschaftsvortrag ist nicht zu den Tauschver-
trügen zu zählen. Aus demselben können eine grosse An-
zahl verschiedenartiger Verpflichtungen entstehen, welche
hier nicht behandelt werden können; es braucht nur be-
merkt zu werden, dass die unmittelbar aus dem Vertrag
entstehende Verpflichtung, an dor Bildung des Gesellschafts-
vermögens mitzuwirken oder in einer sonstigen Weise im
gemeinsamen Litoresso thätig zu sein, wenn sie auch nicht
völlig den Charakter einer Verbindlichkeit auf Gegenleis-
tung hat, ihr doch wesentlich gleichsteht.

Als besondere Vertragsart sind noch dio Glücksvorträge
zu erwälnien. Sie unterscheiden sich dadurch, dass für einen
der. Vertragstoile oder für beido, aber jedenfalls in unglei-
cher Weise, vom Zufall abhängig gomaclit wird, ob sie zu
leisten haben worden oder nicht, oder welche Höhe dio von
ihnen zu nmchendo Leistung haben soll. Insbesondre kann
vom Zufall anhängig gemacht worden, entweder a. welcher
Teil zu leisten haben wird, ov. auch in welcher Höhe,
ober b. für den einen Teil (während der andre auf jeden
Fall zu leisten hat), ob er leisten soll oder nicht, ev. auch
in welchor IFöhe, oder nur in welcher Höhe or zu leisten
haben wird. „Vom Zufall" bedoutot hier: von einem unbo-
kaiuiton Umstand, der keine Sohuldursache ist. Wird es vom
Zufall abhängig genuioht, ob auf beiden Seiton geleistet

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werden soll oder nicht, dann ist kein Glücksvertrag, sondern
ein bedingter Tauschvertrag vorhanden; ebenso wenn die
Beträge beider Leistungen in entsprechender Ilöhe von
demselben Umstand abhängig gemacht werden. Wird eine
einseitige Leistung vom Zufall abhängig gemacht, dann ist
ebenfalls kein Glücks vertrag vorhanden, sondern eine be-
dingte Schenkung. Es entsteht aber auch aus dem Glücks-
vertrag nur auf einer Seite, und zwar auf einer im voraus
bestimmten, eine Verbindlichkeit, wenn der Glücksvertrag
Realvertrag ist; es ist dann die eventuelle Leistungspfliclit
des einen Teils ausser vom Zufall auch davon abhängig,
dass vom andern Teil (vor der Entscheidung) eino gewisse
Leistung gemacht ist, welcho dieser aber nicht verpflichtet
ist, zu machen. Die aus dem Glücksvortrag entstehenden
Verbindlichkeiten sind in der Regel Schuldverbiudlichkeiteu.
Als besondre Art der Glücksvcrträge sind die Versicherungs-
verträge zu nennen.

Dio unmittelbar auf Erzeugung einer Schuldverbindlich-
keit gerichteten Verträge sind zunächst danach zu unter-
scheiden, ob eino bedingte oder oino unbedingte Leistungs-
pflicht begründet werden soll. Im letztem Fall wird der
Tertrag hier Schuldvorsprechen genannt. Etwas ganz andres
ist in der Regol ein bedingtes Vorsprechen, namentlich
wenn man nicht an dio abstrakten Schulbeispielo und dio
manchmal oxccntrische Casuistik des Corpus Juris denkt,
sondern an dio thatsächlich üblichen\'Vorträge. Als Bedingung
findet man eigentlich nur den Empfang einer Gegenleistung
odor einen eventuell ontstehendcn Schaden (oder oino Hand-
lung des Versprechenden, aus dor für den andern Teil
Schade entstehen kann). Ist dio Bedingung der Empfang
einer Gegenleistung, dann liegt ein Realvertrag\'vor; wird
jedoch, wio es in den wichtigem Fällen dio Regel ist, der

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Vortrag schriftlich geschlosson, dann nimmt cr selten dio
Gestalt eines bedingten Versprechens an. So könnte z. B.
ein Darlehnsvertrag (als Realvortrag) so geschlosson worden,
dass der eine Teil verspricht, dem andern dio Darlohns-
sumino zurüciczugebon, falls or sio erhält. Wenn er aber
nicht verpflichtet sein soll, sio anzunehmen, ist die Abgabe
dieses Versprechen vor der Auszahlung des Darlohns über-
flüssig; ausserdem müssto, um dio Rückforderung zu or-
möglichen, später in einer zweiten Urkunde der Empfang
des Darlohns bescheinigt werden. Darum ist es einfacher
und genügt es, erst bei der Auszahlung ein Versprechen
abzugeben, und zwar das unbedingte Versprechen, das
zugleich als erhalten anerkannte Darlohn zurückzuzahlen,
oder einfach diesen bestimmten Betrag zu zahlen. — Die
Bedingung kann auch sein ein eventueller Schado, in dor
Regel entweder ein aus einer Handlung dos Vorsprochondon
ov. ontstohcndor Schado, odor doch ein solcher, dor im all-
gomoinon von ihm verhütet wordon kann. Das Vorsprechen
ist dann manchmal von der Obornahme dor Verpflichtung,
oino derartige Handlung nicht vorzunehmen, oder das Ent-
ötohon des Schadens zu verhüten, schwer zu untoracheidon.
Dio Vereinbarung, daaa ein Schade vom Voraprochendon
erstattet wordon soll, gleichviel ob or ihn hat verhüten
können odor nicht, würde, wio sich später zeigen wird, als
Bolbatiindigea Voraprochon der causa ontbohron. Dagegen
kann vereinbart wordon, dass dor Vorsprechende oino im
voraus boatinunto Leistung machen soll, wenn or oino ge-
wisse Handlung vorninunt, wolcho
dem andern Thoil schaden
könnte, bis zu oinom gowiason Grade unabhängig von dor
Höhe dos wirklichen Sclmdons,
odor sogar unabhängig davon,
ob wirklich Schado ontaUuidon iat.

Über das (unbodingto) Schuldvorsprcchon, das uns im

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folgenden fast ausschliesslich heschäftigen wird, ist hier
weiter-nichts zu sagen; es ist der Vertrag in seiner ein-
fachsten Form, gerichtet auf Erzeugung der Obligation in
ihrer einfachsten Form, die Schuldverbindlichkeit. Werfen
wir aber zugleicherzeit einen Blick zurück auf die andern
Verträge, dann sehen wir, dass bei allen Schuldverbindlich-
keiten entstehen können, dass aber nur aus dem Schuld-
versprechen (vorausgesetzt, dass es verbindlich ist) ohne
weiteres eine Schuldverhindlichkeit entsteht. Bei allen andern
Verträgen muss noch etwas dazu kommen. Beim bedingten
Versprechen ist es die Erfüllung der Bedingung; bei den
Realverträgen, von denen hier nur die in Betracht kommen,
bei welchen die Gebundenheit durch eine Wertleistung ent-
steht, (also nicht die, bei welchen sie dadurch entsteht, dass
eine Sache nur in dio Dotention eines andern gebracht wird),
ist es die Vorleistung; ebenso bei den Tauschvorträgen,
welche, wie im vorigen § ausgeführt wurde, immer einen
Realvertrag enthalten; bei den Glücksvorträgen ist es dor
unbekannte Umstand, von dem die Loistungspflicht abhän-
gig gemacht ist. Endlich entsteht aus allen Verbindlichkeiten,
welche keine Schuldverbindlichkeiten sind, eine Schuldver-
bindlichkeit, wenn durch ihre Nichterfüllung dom Berech-
tigten Schade entsteht. Um also eine Schuldfordorung gel-
tend machen zu können, genügt in keinem dieser Fälle der
Beweis, dass ein Vertrag zustande gekommen ist; es muss
immer noch etwas andres bewiesen worden, in der Regel
entweder eino Vorleistung oder ein entstandener Schade.
Allerdings haben wir gesehen, dass es möglich ist, aus
einem Tauschvertrag eine Wertleistung zu fordern, auch
ohne dass eine geschehene Vorleistung behauptet wird; es
wird dann aber auch keine Schuldforderung geltend gemacht
(auch wenn die Vorleistung wirklich stattgefunden haben

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sollte), und die Verurteilung ist nur aufzufassen als die
Verurteilung zu einer fjoistung auf Gegenleistung.

Es kann aber noch bemerkt werden, dass die Vorträge
hier nur unterschieden worden sind nach den Verbindlich-
keiten, welche sie nach der Meinung der Vertragschlicssen-
den erzeugen sollten; es ist dahingestellt geblieben, z. B.
auch bei den Glücksverträgen, ob sie eine solche Verbind-
lichkeit wirklich erzeugen. Im folgenden wird sich nun
zeigen, dass nach niederländischem Recht auch das Schuld-
versprechen nicht zur Geltendmachung einer Schuldforderung
ausreicht; wie boi den andern Verträgen irgend ein Ereignis
bewiesen wordon muss, das nach dem Abschluss des Vor-
trages stattgefunden haben soll, so muss boi dor Klage aus
einem Schuldvorsprcchon ausser dem Beweis des Vortrags
noch ein andrer Beweis geführt worden, dor sich bezieht
auf etwas, das dem Vortragsschluss vorangegangen sein soll,
dio Schuld.

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§ 4. Die Scliiild.

Der Begriff der Schuld, wie cr unsern spätem Aus-
führungen zu Grunde liegt, und in diesem § klargestellt
werden soll, fallt nicht zusammen mit dem der Obligation,
aher ebensowenig mit dem des Sollens in der jetzigen Be-
deutung; wahrscheinlich ist die Schuld in jenem Sinne ein
älteres Sollen. „Schulden" war aber ursprünglich gleich-
bedeutend mit „sollen", und auch heutzutage werden die
Wörter „Schuld", „schulden", „schuldig" in einer weitern,
ethischen Bedeutung gebraucht, überall wo eine Pflicht,
ein Sollen in ethischem Sinne vorhanden ist. Andrerseits
hat, wie sich auf ethischem Gebiet der Begriff der Pflicht
erweitert hat, auf dem Gebiete des Rechts sich der Unter-
^schiod zwischen sollen und müssen verwischt, und wird auf
das Vorhandensein einer Leistungspflicht geschlossen, überall
wo für eino Leistung persönlich gehaftet wird. Es werden
daher auch Verbindlichkeiten als Schulden bezeichnet; jedoch
ist dabei wiederum ein doppelter Sprachgebrauch zu unter-
scheiden. In theoretischen Erörterungen, in Überschriften
(wio z. B. über dem IL Buch des B. G. B. „Recht der
Schuldverhältnisso", wo es „Recht der Verbindliclikeiten"
heissen sollte) u. s. w. bedeutet Schuld dann und wann im
allgemeinen Obligation; wo sonst von Schulden gesprochen
wird, namentlich in Gesetzesvorschriften (wie z. B. in Fw.

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oder K. 0.), in Urkunden, und unbewussterweise regel-
mässig auch in
juristiscbeu Abhandlungen, werden damit
nur Schuldvcrbindlichkeiten gemeint. Den erstem Sprach-
gebrauch können wir bei Seite lassen; es handelt sich hier
also nur darum, den Begriff der Schuld in der ältern,
eigentlichen Bedeutung einerseits zu unterscheiden von dem
des Sollens in ethischem Sinne, andrerseits von dem der
Schuldverbindlichkeit. — Besonders rein hat sich der
SchuldbegrifF erhalten in der kaufmännischen Buchführung;
bezeichnenderweise wird dabei umgekehrt noch das Wort
„sollen" in der Bedeutung von „schulden" gebraucht.

Eine Schuld (im eigentlichen Sinne) ist vorhanden, wenn
die Billigkeit (aequitas) fordert, dass jemand von einem
andern eino Leistung eines gewissen Wertes erhält. Dio
Schuld deutet auf ein gestörtes Gleichgewicht in den Ver-
mögcnsvcrhältnissen zweier Personen. Das Vermögen des
einen ist, wenn man das in dor Kegel gleichzeitig be-
stehende Fordcrungsrecht nicht als Vermögensbestand teil
mitrechnet, geringer als es nach IMlligkcit sein sollte, oder
genauer gesagt, es würde geringer sein als es soin soll,
wenn man kein Fordcrungsrecht erteilte. Vom andern ver-
langt dio Billigkeit, dass er diesen Zustand aufhobt. Dor
Grund dafür ist nicht immer, dass or sonst auf Koston des
erstem boreichert sein würde, sondorn oft, dass or für eino
Vermögonsmindorung des erstem verantwortlich zu machen
ist; manchmal auch beides. Aber eben weil or jene Ver-
niögensminderung zu ersetzen hat, ist or, so lang das nicht
von ihm oder einem andern gethan wird,
reicher als or sein
sollte, wenn man, wio oben, die iu der Regel zugleichorzeit
bestehondo Schuldvorbindlichkoit boi der Berechnung seines
Vermögens nicht in Minderung bringt. In diesem Sinne
wird, was wir hier Schuld nennen, von
Unonm {lulcidivgc

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tot de Hollandsche Ecchtsgeleerdheid, B. III, D. 2, §§14—18),
als
onetenhcid (Ungleichheit) bezeichnet.

Aua dieser Umschreibung geht hervor, dass keine Schuld
vorhanden ist, wo eine Leistung gemacht werden soll, welche
keine Wortloistung ist. Wichtiger iat, dass auch der nicht
schuldet, welcher verpflichtet ist, eine Leistung auf Gegen-
leistung zu machen. Die Leistung, die infolge einer Schuld
stattzufinden hat, iat eine endgültige; man könnte sie eine
Endleistung nennen. Wenn durch eine Leistung der Em-
pfänger verpflichtet wird, das Erhaltene zurückzugeben oder
eine Gegenleistung zu machen, wenn dadurch der Empfän-
ger zu schulden anfängt, hat dor Zustand des Gleichge-
wichts eben vor der Leistung bestanden. Dass also, wer
versprochen hat, ein Darlehn zu geben, den versprochenen
Betrag nicht schuldet, ist ohne weiteres klar. Er trägt die-
sen Betrag nicht als Dobet-poston in seine Bücher ein, und
könnte es auch nicht thun, ohno zugleicherzeit sein späteres
Hecht auf Rückzahlung als Credit-posten einzutragen; ein
ziemlich aicherea Merkmal, dass keine Schuld vorhanden ist.
Ebenso ist klar, dass aus einem Tauschvertrag anfänglich
auf keiner Seite etwas geschuldet wird. Eine Schuld von
A* an B und oino in domaolbon Wert von B an A würden
sich gegenseitig aufhoben: jedenfalls kann aus domsolbon
Geschäft nicht zugleicherzeit auf beiden Seiten oino Schuld
bestehen. In den Büchern wird daher auf Grund einea
Tauschgeschäfts ein Debet- bczw. Oreditposton erst einge-
tragen, wenn dio erste Leistung stattfindet. Auch wird erat
dann ein Schuldversprochen oder ein Schuldanerkenntnis ab-
gegobon. Wonn aus irgend etwas, muss aus dem Gebrauch
des Schuldanerkonntnissos hervorgehen, waa das Wort „schul-
den" bedeutet; es bezeichnet dort immer nur eine Sdiuldvor-
bindlichkoit. Eine Schrift mit diesem Inhalt: „Ichbokonno,

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dem A fl. 500 zu schulden für ein Pferd, das er mir liefern
wird", wäre fast unverständlich, und könnte nur durch Deu-
tung einen Sinn erhalten; und zwar nicht als Schuldaner-
kenntnis im Sinne des § 781 B. G. B., sondern nur als
schriftlicher Beweis eines ahgeschlossenen Kaufvertrags. Da-
gegen würde aus folgendem Inhalt: „Ich bekenne, dem A
fl. 500 zu schulden für ein Pferd", ohne weiteres hervorgehen,
dass der Aussteller das Pferd erhalten hätte; ebenso ginge
aus dem Inhalt: „Ich bekenne, dem A fl. 500 zuschulden
aus einem Kauf, unmittelbar hervor, dass dem Aussteller
das Gekaufte geliefert wäre. Eino übliche Form ist: „Ich
bekenne, dem A fl. 500 zu schulden für gekaufte und er-
haltene Waren"; dieselbe Wondung findet man auf den
Rechnungen dor Detailhändler
{„J)c Heer A — dcbctaan —
Ii — voor aan Ucd. vcrJcocM en geleverd-y)
und in Klage-
schriften
{y,Aangezicn de eischer aan den gcdaagde hceft ver-
Jcocht cn gcleverd, gelijk dczc van genen hecft geJcocht cn ont-
mn^c?/" ....) Ein Schuldversprechon oder ein Schuldaner-
kenntnis pflegen heutzutage nicht abgegeben zu werden vor
dem Empfang der Gegenleistung, oder doch nur wenn diese
in kürzester Zeit, Zug um Zug, erwartet wird; dio Abgabo
eines unbedingten Versprechens für eino erst für später
erwartete Gegenleistung liegt (glücklicherweise) nicht in
unscrn Sitten, wie in denen der Römer. Nur im Handel
kommt etwas derartiges vor, oino Erscheinung, die uns
später besonders beschäftigen wird. Ilior genügt es, zu be-
merken, daaa, wenn in solchcn Fällen das Wort „schulden"
gebraucht wird, ea aich in Wirklichkeit nur um die Fik-
tion oinor Schuld handelt; die Absicht des Ausstellers ist,
sich zur Zahlung einer Geldsumme so zu verpflichten, wio
er dazu verpflichtet sein würde, wenn er sio schuldete.

Geschuldet wird also nur eine endgültige Wertloistung,

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und ein Sollen, das nicht der Inhalt sein kann einer
Schuldverbindlichkeit, kann auch nicht der Inhalt sein einer
Schuld. Dagegen giebt es nicht in allen Fällen, in welchen
eine Schuldverbindlichkeit besteht, auch eine Schuld; nicht
immer wenn jemand einem andern eine endgültige Wert-
leistung machen soll, wird sie von ihm auch geschul-
det. Nach
Grotius entsteht eine Verbindlichkeit entweder
aus der oben erwähnten
onevenheid oder aus toezeggimj
(Zusage, Versprechen). In unsrer Definition sagten wir, dass
eine Schuld besteht, wo eine Leistung von der Billigkeit
gefordert wird; damit sind namentlich die Fälle ausge-
schlossen, in denen sie stattzufinden hat, ausschliess-
lich weil sie versprochen ist. Darin unterscheidet sich die
Schuld nicht nur von der Schuldverbindlichkeit, sondern
auch vom Sollen in ethischem Sinne; denn nach der heuti-
gen Moral soll man thun, was man versprochen hat.

Eine Schuldverbindlichkeit eines nicht Schuldenden be-
steht, wie wir wissen, in erster Reihe wo jemand infolge
eines Vertrages haftet für die Schuld eines andern, d. h. bei
dor Bürgschaft. Nach dem oben Gesagten gilt das nun nicht
nur, wenn man annimmt, dass der Bürge überhaupt nur haf-
tet, und nicht verpflichtet ist eventuell zu leisten, sondern
auch wenn man in der Bürgschaftsübernahmo daa Vorspre-
chen sieht, zu leisten, wenn vom Schuldner keine Leistung zu
erhalten ist. Abgesehen von der Übernahme der Bürgschaft,
ist kein Grund vorhanden, weshalb der Bürge leiaton soll;
daas jemand, der nach Billigkeit aelber leisten sollte, die
Bürgachaft übernimmt, ist doch wohl ein selten vorkommender
Fall. Wenn jemand neben einem andern dio Haftung für
oino Schuld übernimmt, und es geht aus dem Geschäft her-
vor, dass dio Schuld auch ihn angeht, wenn auch nur teil-
weise, dann haftet er als Mitschuldnor und nicht als Bürge.

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Eine Sehuldverbindlichkeit und keine Schuld besteht wei-
ter, wo jemand einem andern etwas versprochen hat, das
ilim überhaupt nicht geschuldet wurde, auch nicht von
einem Dritten, m. a. W. wo die Abgabe des Versprechens
eine Schenkung war. Sie ist eine Schenkung, eben weil nichts
geschuldet wurde, der Promittent das wussto, und dennoch
versprach; aber auch dadurch, dass er verspricht, filngt er
nicht zu schulden an. Dio Verbindlichkeit aus einem schonk-
weiso abgegebenen Versprechen ist sogar der einzige Fall
oinor Schuldverbindlichkeit ohne Schuld; daher ist auch in
diesem Falle dio Schuld in dor eigentlichen technischen Be-
deutung, wenn nicht am leichtesten, dann doch am schärf-
sten zu unterscheiden. Wonn jemand einem andern otwas
auf Gegenleistung versprochen hat, z. B. ein Pferd zu
liefern gegen Zahlung eines Kaufpreises, kann man von
ihm sagen, cr sei dem andern schuldig, or schulde ihm,
dem Vortrage nachzukommen, den Vertrag zu halten, ihn
zu erfüllen, — man kann nicht von ihm eagon, or
Bchuldo
dem andern ein Pferd, or stehe für den Wort des Pferdes
in dor Schuld dos andern. Das würde nur zutrolfon, wonn
er mehr zu gobon als zu erhalten hätte. Es könnte daher
insofern auch zntrelFon, wo or schonkwoiso versprochen hat,
ein Pferd zu lioforn; man kann dann nicht nur sagen, ea
sei soino Pflicht und Schuldigkeit seinem Vor8pre(!hen nach-
zukommen, sondern auch, or steho in dor Schuld dor andern,
or schulde ihm ein Pferd (in othischom Sinne). Wonn abor
jemand .sngt, auf ihm ruho allerdings dio Pflicht, oinom
andern einen gewiaaen Botrng zu zahlen, nicht abor weil
or ihm dieaon Betrag achuldo, sondern nur weil or es ihm
aus roinor Liberalität vorsprochon habe, — dann kann man
nicht bohaupton, was cr sagt soi unverständlich. Er hat
dann eben das Wort „achulden" in dor apozifischon Bedeu-

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tung gebraucht,\' von der hier die Rede ist. Es lässt sich
auch nicht leugnen, dass nach der allgemeinen ethischen
Anschauung die Loistungspflicht auf Grund eines schenk-
weise erteilten Versprechens eine andre ist, als z. B. die
Pflicht, ein erhaltenes Darlehn zurückzugeben. Dass man
auch sprachlich berechtigt ist, nur in Fällen der letztern
Art von einer Schuld im eigentlichen Sinne zu sprechen,
geht daraus hervor, dass man im uneigentlichen Sinne auch
vom Bürgen sagen kann, er sei, weil er die Verpflichtung
dazu nun einmal übernommen habe, auch schuldig, den
Gläubiger schadlos zu halten, wenn vom Schuldner keine
Zahlung zu bekommen ist, während doch, wie wir wissen,
vom Bürgen niemals ohne weiteres gesagt wird, er schulde
den Betrag der Forderung. — Eine Schwierigkeit liegt
scheinbar auch darin, dass der Schenker nicht selten oin
Schuldanerkenntnis abgiebt; das ist jedoch in der That
nicht schwer zu erklären. Dass es ihm nicht schaden kann,
ist leicht einzusehen. Wer auf Gegenleistung verbunden ist,
erklärt nicht, dass er schuldet, weil daraus zu schliessen
wäre, dass er endgültig zu leisten hätte. Auch der Bürge
erklärt nicht, zu schulden, sogar wenn er sich als Solbst-
•schuldner verpflichtet, in welchem Falle er doch auch haf-
ten soll, als ob er schuldete, weil aus der Erklärung, dass
er wirklich schuldete, hervorginge, dass noch eino zweite
Schuld bestünde. Der Schenker aber hat endgültig zu leis-
ten, und haftet allein, als ob er schuldete; dio Erklärung,
dass er schuldet, kann ihm also nicht schaden. Aber sio
kann ihm nicht nur nicht schaden; es ist auch ein Grund
vorhanden, weshalb er sie abgeben soll. Denn Bürgschaft
und bindendes Schonkungsversprechen sind zwar dio wich-
tigsten Fälle einer Schuldverhindlichkeit ohne Schuld; un-
endlich wichtiger aber sind die Fälle, in welchen eine

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Schuldverbindlichkeit nicht zur Existenz gelangt ist, eben
weil die Schuld fehlte. Dazu ist, wie wir später seheu
werden, auch zu zählen die Unverbindlichkeit eines form-
losen Versprechens, wenn es schenkweise erteilt wurde.
Wenn daher mittelst notarieller Urkunde eine Schenkung
gemacht wird, spricht man darin nicht von einer Schuld;
wo aber versucht wird, die Formvorschrift zu umgehen,
darf nicht aus dem Versprechen hervorgehn, dass es schenk-
weise erteilt wird, und wird darin eino Schuld erwähnt,
eben weil keine vorhanden ist.

Giebt es also nicht überall eine Schuld, wo oino Schuld-
vcrbindlichkeit vorhanden ist, so giebt es umgekehrt fast
immer eine Schuldverbindlichkeit, wenn eine Schuld besteht.
Mau könnte letztere auch so definieren: „Eino Schuld ist
vorhanden, wo die Billigkeit das Bestehen einer Schuldvor-
bindlichkoit verlangt;" man begreift leicht, dass es dann in
der Regel auch oino Schuldverbindlichkeit wirklich giebt.
Ursprünglich muss dieser Zusammenhang ein unmittelbarer
gewesen sein, und vorstand es sich wohl, wio eigentlich
auch jetzt noch, von selbst, dass, wer schuldete, auch haf-
tete ; dio Fälle, in denen geschuldet und nicht gehaftet wurde,
waren Ausnahmen, welche jedenfalls nicht vermutet worden
konnten. Wer daher zu schulden bekannte, bekannte damit
auch zu haften, und das ist wohl dor Grund, weshalb auch
heute noch ein Schuldanerkonntnis als dio Anerkennung
einer Verbindlichkeit aufgcfasst wordon darf. Wio nun also
das Wort Schuld auch das Vorhandensein einer Schuldver-
bindlichkoit andeutete, hat man schliesslich umgekehrt auch
alle Schuldvorbindlichkoiten als Schulden bezeichnet. Dazu
hat wahrscheinlich beigetragen, dass dio Existenz dor Schuld
hauptsächlich nur Bedeutung hat für dio Entstehung dor Ver-
bindlichkeit, und dass es, wo einmal mit odor ohne Schuld

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eine Schuldverbindlichkeit entstanden ist, in einem gewissen
Sinne gleichgültig ist, ob eine Schuld besteht oder nicht.
Wer aus einer Schuldverbindlichkeit haftet, haftet schliess-
lich immer, als ob er schuldete. Das gilt sogar vom Bür-
gen, und auch wo dieser nicht als Selbstschuldner haftet;
wenn einmal die Voraussetzung für ein aktives Porderungs-
rccht gegen ihn eingetreten ist (erfolgloser Versuch der
Zwangsvollstreckung gegen den Hauptschuldner), kann gegen
ihn vorgeschritten worden wie gegen den Schuldner selbst.
Es ist jedoch zu bemerken, dass zwar, wo von Schulden im
allgemeinen gesprochen wird, z. B. beim Konkurse, dabei
in der Regel auch die Schuldverbindlichkoiten ohno Schuld
mit einverstanden sind, dass aber selten, wo es sich nur
um eine solche handelt, von einer Schuld gesprochen wird.

Dio Schuld im eigentlichen Sinne unterscheidet sich, auch
wo sie gleichzeitig mit einer Schuldverbindlichkoit vorhanden
ist, von dieser u. a. noch dadurch, dass sio nicht wie diese
eine bestimmte Leistung zum Gegenstand hat; jedenfalls
kommt es boi ihr weniger an darauf, dass eine bestimmte
Leistung gemacht wird, als auf den Wert der zu machenden
Leistung. Wo daher z. B. dio bindondo Kraft eines Vertra-
ges bedingt wird durch das Bestehen einer Schuld, sind dio
Vertragschlicssenden frei in der Wahl dor zu vorsprochondon
Leistung, und muss nur dor Wert dieser Loistung dem Be-
tnag der Schuld ungofilhr entsprochen. Wonn manchmal
dennoch oino bestimmte Leistung, odor besonders oino be-
stimmte Sache, als geschuldet bezeichnet wird, deutet das
entweder auf oino Schuldverbindlichkoit, oder man moint
damit nur, dass im Worte dieser Loistung odor dieser Sache
geschuldet wird. Im täglichen Loben bedeutet „Ich schulde
Ihnen noch drei Glas Bier" oder „drei Tage Arbeit" ebenso
oft, dass für das genannte noch zu zahlen ist, als dass es

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noeli zu leisten ist. In der Regel wird nur ein Geldbetrag
als geschuldet erwähnt. Auch damit wird dann eine Schuld-
verbindlichkeit bezeichnet; der Fehler ist aber nicht sehr
gross, wenn man sich auch bei der eigentlichen Schuld so
ausdrückt. Wenn daher im Folgenden gesagt wird, jemand
schulde einem andern fl. 500, dann ist das so zu verstehen,
dass er ihm schuldet im Betrage von fl. 500; oder wenn
gesagt wird, er schulde ihm ein Pferd, dann bedeutet das,
dass er ihm schuldet im Werte eines Pferdes. Dabei ist im
Auge zu behalten, dass die Schuld an sich keine unmittel-
bare aktive Bedeutung hat; es kann nicht aus einer Schuld
geklagt werden. Sie hat nur secundäre aber höchst wichtige
Wirkungen, nnd äussert sich hauptsächlich darin, dass, wo
sio vorhanden ist, eino Schuldverhindlichkeit entsteht t)dor
mittelst Vortrages zur Entstehung gebracht werden kann. Die
Schuldverbindlichkeit nun hat einen bestimmton Inhalt, ver-
pflichtet zu einer bestimmten Leistung. Der Schuld am näch-
sten steht dio Geldschuld(-Verbindlichkeit). Wenn aber einmal
eino Verbindlichkeit eine Geldzahlung zum Gegenstand hat,
dann kann sie ebensowenig durch oino Leistung andrer Art
aufgehoben worden (es sei denn, dass der Gläubiger damit
einverstanden ist) als, wo eine andere Leistung zu machen
ist, der Obligierte sich von dieser Verpflichtung bofroien
kann durch eine Goldzahlung. — Die Schuld hat überhaupt
eino weniger ausgeprägte Individualität als dio Verbind-
lichkeit; sio ist sozusagen eine amorphe Masse. Man kann
kaum sagen, dass zwei Schulden von demselben an donsel-
ben sich zu einer verschmolzen; überhaupt besteht zwischen
zwei Personen nur „Schuld" zu einem gewissen Betrage.
Daher heben sich aucli zwei Schulden in entgegensetzter
Richtung ipso jure im Betrage der kleinsten auf. Natürlich
ist diese Eigenschaft der Schuld nicht sehr wichtig, wo die

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Yerbindlichkeiten diese Wandlungen nicht mitmachen. Das
Mittel, die Verbindlichkeiten in Übereinstimmung zu bringen
mit der Schuld, ist die Abrechnung. Am deutlichsten aber
kommt die erwähnte Beschaffenheit der Schuld zur Geltung,
wo ein sogenanntes Conto-corrent-Verhältnis besteht. Letzteres
besteht wesentlich darin, dass zwischen zwei Personen auf
Grund ihrer Handelsbeziehungen auch ohne Abrechnung
immer nur eine einzige (Geld-)schuldverbindlichkeit besteht
zu Lasten des jeweilig Schuldenden im Betrage der jewei-
ligen Schuld.

Über das Verhältnis zwischen Schuld und Schuldverbind-
lichkeit, wo letztere befristet oder bedingt ist, kann folgen-
des bemerkt werden. Vorausgesetzt, dass die Verbindlich-
keit in normaler Weise mit einer Schuld zusammenhängt,
d. h. dass infolge der Verbindlichkeit eine Leistung statt-
zufinden hat, wo eine Leistung geschuldet wird, — ist eine
Schuld vorhanden vor dem Ablauf der Frist, aber nicht
vor der Erfüllung der Bedingung. Ungenau, abor vielleicht
deutlicher, ausgedrückt: Die Schuld kann befristet sein,
aber nicht bedingt; die befristete Schuld besteht schon von
Anfang an, dio bedingte besteht erst nach der Erfüllung
dor Bedingung. Die Behandlung einer eventuell entstehen-
den Schuld als schon vorhandenen Schuld im Werte des
Risico gehört der spätem Zeit an; in England hat man
oino Berücksichtigung bedingter Forderungen im Konkurflc
erst in neuester ^ Zeit für möglich ,gehalten (vgl. jedoch
fr. 45 § 1, fr. 73 § 1 D. 35, 2).

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§ 5. Dio Scliiililiirsache.

Die oben gegebene Definition der Schuld liiast, trotz ihrer
Form, nur erkennen was eine Schuld ist, nieht wann
08 eino Schuld giebt, denn sie veranlasst sofort dio woitoro
Frage, wann denn eigentlich dio Billigkeit fordert, dass
eine Wertleistung gemacht wird. Scheinbar ist dieso Frage
einer oinigermassen beatinnnton Beantwortung nieht fähig,
denn nichts scheint zweifelhafter als dio Billigkeit. Und
dennoch, wenn auch in einem eoncroten Fall dio JIcinungen
darüber geteilt sein können, so Uisst es sieh doch im all-
gemeinen mit ziemlicher Sicherheit bestinnnen. Eino Angabe
der Umstände, denonzufolgo dio Billigkeit fordert, dass
eine Wertleistung gemacht wird, eino Angabe der ver-
Hchiedonon S e h u 1 d u r s a c h o n also, ist leichter als sio
scheint. Sie soll zugloieherzeit das Bild der Schuld ver-
vollstilndigen.

Sohuldursachen giebt es nur von zweierlei Art: Zuge-
fügter Schado und erhaltonor Wort; d. h. eino Schuld
entsteht entweder infolge des Umsttuulcs, dass demjenigen,
zu dessen Gunsten sie entsteht, ein Soluido zugefügt wird,
oder infolge dos Umatandos, dass derjenige, der anfangen
soll zu sehuUlon, auf Kosten des orstorn eino Wertlcistung
erhält. Boidon Arten gemein ist der oben schon orwähnto
Umstand, dass das Vermögen des Gläubigers eine Sehmälcrung

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erlitten hat, und daher geringer ist, als es sein sollte (wenn
man die in der Regel zugleicherzeit mit der Schuld be-
stehende Forderung nicht als Vermögensbestandteil mit-
rechnet) ; verschieden ist der Grund, weshalb im einen
oder im andern Fall diese Lücke vom Schuldner ausgefüllt
werden soll. Was den erhaltenen Wert anbetrifft, liegt
dieser Grund wohl zum Teil in der Bereicherung, zum
Teil aber auch darin, dass der Schuldner durch dio An-
nahme der Loistung dazu mitgewirkt hat, und also für den
dadurch vom Gläubiger erlittenen Schaden verantwortlich
gemacht werden kann.
Grotius unterscheidet ebenfalls zwei
Arten der
onevenheid: die onevenheid, durch welche jemand
bereichert
(gehaetct) ist oder sein würde, und die, welche
von einem andern verursacht ist. Letztere vorteilt er aber
wiederum in zwei Unterarten; die eine ist durch
misdaad
(hier: unerlaubte Handlung), die andre tcr minnc (in Güte)
verursacht. Diese letzte Unterart rechnet damit, dass aus
einer erhaltenen Loistung, besonders beim Realvertrag, ge-
haftet wird über das Mass dor Bereicherung hinaus im
Betrage des erhaltenen Worts. Gehaftet, denn
Grütius\'
Unterscheidung bezieht sich auf dio Obligation. Hior wird
diese Unterart mit der Bereicherung zusammongofasst als
erhaltener Wert, und hinzugefügt, dass möglicherweise in
einzelnen Fällen der Betrag der Schuld bestimmt wird durch
dio Boreichorung, im allgomoinon aber durch den Wort der
erhaltenen Loistung. In den Fällen der erstem Art ist os
aber fraglich, ob nicht auch dort eine sogenannte obligatio
naturalis entsteht über das Mass der Bereicherung hinaus.

Wogen zugefügten Schadens entsteht oino Schuld in den-
selben Fällen, in denen doswegon nach dor allgo-
moinon Rogel eine Obligation entsteht (Art.. 1401,
B.W.; Art. 1382 G.G.; § 823 B.G.B.); wonn auch dio

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Vorschrift in den verschiedenen Gesetzgebungen verschieden
lautet, so ist doch in allen versucht, den Anspruch auf
Schadenersatz zu erteilen, wo die Billigkeit fordert, dass
oin Schade von einem andern ersetzt wird, und werden
sie auch alle von der Praxis in diesem Sinne angewandt.
Dass eine der Voraussetzungen der Ersatzpflicht darin
besteht, dass der haftbar gemachte den Schaden ver-
schuldet hat, daran Schuld hat, wird hier nur
bemerkt, um erinnern zu können an die Verwandschaft
der Begriffe Schuld (Verschulden, culpa) und Schuld
(debitum).

Wegen erhaltenen Wortes entsteht keine Schuld, wenn
durch dio ompfangone Leistung eine Schuld getilgt wurde,
oder wenn eine Schenkung vorlag; in allen andern Fällen
entsteht eine Schuld, also namentlich, wenn dio Leistung
stattfand in der Erwartung einer Gegenleistung oder infolge
der irrtümlichon Annahme, dass sie geschuldet wurde, oder
wenn etwas aus dom Vermögen des einen ohne Leistung
in das Vermögen eines andern geraten ist (z. B. jenuuul
eignet sich in gutem Glaubon oin fremdes Tier an, das
sich unter seine Heerde gemischt hat).

Schon aus diesen kurzen Angaben ist ersichtlich, dass
dio causa als Schuldursacho etwas bedeutend weniger un-
bestimmtes ist als die causa-begrifTo der andern causa-lehrcn.
Sio sind natürlich in mannigfacher Weise der Berichtigung
und Vorvollstäiuligung fähig; ebenso lassen sie, auch wenn
sio richtig sein sollten, in manchen oinzelnon Fällen Zweifel
übrig, ob eino Schuld besteht oder nicht. Hier kann auf
Einzelheiten nicht eingegangen werden; es soll nur bemerkt
werden, dasa es in nuinchen Fällen nicht weniger zweifel-
haft ist, ob eine Obligation besteht oder nicht, und dass
man sich dennoch zur Entscheidung der letztem Frage nicht

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zu berufen braucht auf die scheinbar wenig bestimmte
Billigkeit, sondern nur das Gesetz anzuwenden hat.

In einem Punkt jedoch ist es nötig etwas tiefer einzu-
dringen, weil sonst eine oben aufgestellte Behauptung miss-
verstanden und als unrichtig bezeichnet werden könnte. In
der Einleitung wurde gesagt, dass eine Schuld niemals ent-
steht aus einem Vertmg. Man hat das so zu verstehen,
dass eine Schuld nicht beliebig mittelst Vertrages erzeugt
werden kann; auf einem Umwege kann es vorkommen,
dass die Schuld thatsächlich ihre einzige Ursache in einem
Vertrag hat. Dcnnoch entsteht auch in solchen Fällen die
Schuld aus einer der genannten Schuldursachen und zwar
aus zugefügtem Schaden; es kommt nur auf den BegriiT des
Verschuldens und auf den des Schadens an. In der Regel
wird Schade zugefügt durch eine That, mitunter aber auch
durch ein Unterlassen. Wenn nämlich jemand verpflichtet
war, das Entstehen eines Schadens zu verhüten, und das
nicht gethan hat, wo er es doch konnte, wird gesagt, dass
er den Schaden verursacht, verschuldet hat. Nun kaini die
Verpflichtung, einen Schadon zu verhüten, vertragsmässig
übernommen werden; daa Vorhandensein einer Schuldur-
aacTio ist, wie wir später sehen werden, dabei nicht
erforderlich. Entsteht dann dor Schade, daini entsteht auch
eine Schuld; dio Ursache dieser Schuld ist der Schado,
aber aus dem Schaden entsteht nur deshalb eino Schuld,
weil der Schuldner infolge dea Vortrages verpflichtet war,
ihn zu verhüten. Wäre der Vertrag nicht zu stände gekom-
men, dann wäre auch keine Schuld entatandcn. In diesem
Falle entsteht die Schuld jedoch immer noch nicht aua-
schliesslich aus dem Vertrage; ea ist seitdem noch etwas
andres vorgefallen. Es giebt nun auch Fälle, in welchen
nach j^em Vertragsschluss nichts vorfällt, und eben

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dadurch eino Schuld entsteht. Z. B. jemand übernimmt
unentgeltlich die Verpflichtung, für einen andern ein Ge-
schäft zu besorgen (Auftrag); das Vorhandensein einer
Schuldursacho ist auch dabei nieht erforderlich. Wird nun
der Auftrag nicht ausgeführt, dann entsteht eine Schuld;
denn dadurch, dass der Auftrag nicht ausgeführt wird, sagt
man, gehe dem Auftraggeber der Vorteil verloren, den er
aus der Besorgung des Geschäfts gehabt hätte, und dieses
sei ein Schade, der, wie oben, vom Beauftragton verschul-
det sei. Wäre hier kein Vertrag zustandegekommen, dann
hätte nicht nur kein Verschulden, sondern auch kein Schado
bcHtiindon, denn ein Schado ist nur deshalb vorhanden,
weil der Auftraggebor infolge des Vertrags einen Anspruch
daran hatte, dass das Geschäft für ihn besorgt wurde. Bio
philosophische Frage, ob nicht doch etwas nach dem Ver-
tragsschluss Vorgofallones, nämlich dio Nichtausführung des
Auftrags, als Ursache der Schuld betrachtet werden könnte,
wollen wir nicht berühren. Es kann aber bemerkt worden,
dass eino solche Schuld denn doch nicht nach Belieben durch
Vertrag erzeugt worden kann, denn dazu ist orfordorlioh
dio Möglichkeit, dass der Beauftragte durch Besorgung des
Geschäfts, also ohne sein eigenes Vermögen anzugreifen,
dem Auftraggeber einen bodoutcndon Vorteil vei^schafTt. —
Dieso Erscheinung war besonders doshalb zu erwähnen, weil
sio sich bei der Übornahmo einer Vorbindliehkoit auf Go-
genloistung, sowohl bei den Tausch vertrügen wie boin» Kre-
ditvertrag, wiederholt. Wer oino Verbindlichkeit auf Ge-
genleistung übernimmt, schmälert dadurch zunächst sein
Vermögen nicht, vorausgesetzt, dass dor Wort der Gegen-
leistung dein dor von ihm vorsprochonen Leistung ent-
spricht; dadurch aber, dass or dieser Verbindlichkeit nicht
nachkommt, kann den> andern Teil Sehade ontstehcn, und

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somit infolge des Vortrags auch eine Schuld und eine Schuld-
verbindlichkeit, kraft welcher er diesen Schaden zu erset-
zen hat.

Endlich kann noch bemerkt werden, dass die Schuld-
ursache zum Teil zusammenfällt mit der causa, von der in
fr, 7, §§ 2 und 4, D. 2, 14 gesprochen wird. Diese um-
fasst insofern weniger als die Schuldursache, als sie nur
eine erhaltene Loistung und nicht einen zugefügten Scha-
den berücksichtigt. Sie umfasst mehr als die Schuldursacho,
weil sie auch bestehen konnte in der Übergabe einer Saclie,
welche aber im Eigentum des Übergebenden verblieb, und
eine solche Übergabe ist nicht immer eine Loistung und
nio oino Wortloistung. Man kann sagen, dass dennoch dor
Inhaber, wenn er die Sache nicht zurückgiebt, sich dadurch
auf Kosten des Eigentümers bereichert, doch das ist nicht
eine Folge der Nichtzurückgabe, sondern der eventuell darin
liegenden Aneignung, und diese ist keine Voraussetzung dor
Klage auf Rückgabe. — Fällt also dio causa in dieser
Bedeutung nicht vollständig zusammen mit der
Schuldursache,
so war doch dio Rollo, welche sie im römischen Recht spielte,
eine ähnliche wio die, wolcho dio Schuldursacho in unsorm
Recht spielt: nuda pactio obligationcm non parit.

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§ (i. Schuld und CJesotz.

Die bedeutendste Wirkung der Schuld, welche aber in
dieser Schrift weiter nicht in Betracht kommt, ist dio, dass
der Gesetzgeber versuchen wird, wo es eine Schuld giebt,
auch ein Forderungsrecht {Schuldfordorung) zu erteilen. Es
ist das im allgemeinen auch geschehen; von den oben ge-
nannten Fällen fehlen im B. W. (wie im C. C.) nur dio
zuletzt genannte zufällige Bereicherung, wclcho sehr selten
vorkommt (vgl. jedoch Art. 1397 Abs. 2 B.W.; Art. 1377
Abs. 2 C. C.), und dio Leistung in der Erwartung einer
Gegenleistung, welche regolmässig von einem Vortrag be-
gleitet ist, aus dom eino Obligation entsteht.

Wo oino Schuld besteht und keine Verbindliohkoit, giebt
CS eino Bogenannte natürliche Verbindlichkeit. Es versteht
sich, dass, was man eine obligatio naturalis nennt, keine
Haftung ist; man könnte es eher als Schuld ohne Haftung
bozoichnon. Dabei muss jedoch im Auge behalten wordon,
dass, wo num von einer natürlichen Vorbindlichkoit zu
sprechen pflegt, nicht immor eine Schuld im oigentlichon
Sinne vorhanden ist, sondern sehr oft ein othisches Sollen
andrer Art. Nicht selten beruht
sogar dio ethische Leistungs-
pflioht auf einem Versprechen, das keine Obligation erzeugt
hat, oben weil oino Schuld fehlte; vorzugsweise in solchen
Fällen pilegt man von oinor Ehrenschuld zu sprechen. Der

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Begriff der natürlichen Verbindlichkeit ist daher ein ziem-
lich verschwommener, und die rechtlichen "Wirkungen könuen
nicht bei allen natürlichen Verbindlichkeiten dieselben sein.

Kommt es umgekehrt auch vor, dass im Gesetz ein For-
derungsrecht (Schuldforderung) erteilt wird, wo keine Schuld
besteht? Die Frage kann nicht unbedingt verneint werden.
Abgesehen von seltenen Ausnahmen, z. B. von der Alimen-
tationspflicht, welche auf einer ethischen Pflicht beruht, die
der eigentlichen Schuld volkommen gleichsteht, beruhen die
unmittelbar aus dem Gesetz fliessenden Schuldverbindlich-
keiten entweder auf Bereicherung (im französischen und
niederländischen Rccht nur die condictio indebiti) oder auf
zugefügtem Schaden. Im letztern Fall nun ist in con-
creto nicht immer beim Haftenden das Verschulden vor-
handen, das wir als Element der Schadenzufügung als
Schuldursache erwähnt haben. Es darf dabei indessen zwei-
erlei nicht vergossen worden. Erstens: Wenn auf jenmndem
eine gesetzliche Verpflichtung ruht, welche keine Schuld-
verbindlichkeit ist, z. B. dio Verpflichtung, eine gewisse
Sorge anzuwenden, und es entsteht Schade dadurch, dass
er.dieser Pflicht nicht nachkommt, dann wird es dafür ge-
halten, dass er den Schaden verursacht hat; etwas ähnliches
haben wir schon bei den Obligationen aus Vorträgen kennen
gelernt (S. 56). Zweitens muss im Auge behalten werden,
dass os, auch wo einfach ausgesprochpn wird, jemand habe
einen in gewisser Weise entstandenen Schaden zu ersetzen,
oder hafte für einen gewissen eventuellen Schaden, — dass
cs auch da dio Absicht ist, ihm dio Pflicht aufzuerlegen,
einen solchen Schaden zu verhüten. Aber auch wenn man
das im Auge behält, kann es vorkommen, dass.jonuind
infolge einer derartigen Bestimmung einen Schaden ersetzen
muss, \'welchen er nicht verschuldet hat. Nicht nur ist dio

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Beweislaat befreffend das Verschulden vielfach eine umge-
kehrte; in manchen Fallen ist der Beweis, dass der Ange-
sprochene den Schaden nicht verschuldet habe, oder dass er
ihn sogar unmöglich habe verhüten können, ausgeschlossen.
In concreto kann es also vorkommen, dass die Schuld fehlt.
Es giebt aber wohl kaum eine Vorschrift, welche jemand
haftbar macht für einen Schaden, welchen er nicht i m
allgemeinen und in der Regel zu verhüten im
stände ist. Deshalb (und aus historischen Gründen) darf
angenommen werden, dass auch in solchen Fällen ein For-
dorungsrccht erteilt wird auf Grund einer präsumierten
Schuld, welche unter Ausschluss des Gegenbeweises für
bewiesen gehalten wird, und also thatsächlich eine fingierte
Schuld sein kann.* Mit Sicherheit lässt sich das indessen
nicht feststellen, da der Gesetzgeber unmittelbar bestimmt,
dass es oino Verbindlichkeit giebt, und in einem gowiaaon
Sinne sich um dio Frage, ob oino Schuld boatoht oder nicht,
nicht zu kümmern braucht.

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§ 7. Schuld und Vortrag.

Das eigentliche Gebiet der Schuld und der Schuldursache
ist das der obligatorischen Verträge. Der Gesetzgebor kann
eine Schuldverbindlichkeit erzeugen, ungeachtet ob eine
Schuld besteht oder nicht, und wo unmittelbar aus dem
Gesetz hervorgeht, dass es eine Schuldverbindlichkoit giobt,
haben wir nicht mehr zu fragen, ob auch oino Schuld vor-
handen ist. Der Gesetztgebor hat abor auch dem Individuum
dio Befugnis eingeräumt, Verbindlichkeiten zu erzeugen
durch Vertrag, und dabei spielt dio Schuld eine bedeutende
Hollo. Das dabei obwaltende Prinzip ist, dass ein formloser
Vertrag nur insofern eine Schuldverbindlichkoit erzeugen
kann, als vor oder gleichzeitig mit dieser oino Schuld bo- ,
steht oder entsteht. Dabei lassen sich dio folgenden ein-
zelnen Pällo unterschoidon. — Der Vortrag, dor (einseitig)
oino unbodingto Schuldvorbindlichkcit erzeugen soll (Schuld-
vorsprechcn), ist nur dann bindend,_ wonn im Worte dor
versprochenen Loistung geschuldet wird, d. h. wenn dem
Versprechen oino Schuldursacho vorangegangen ist odor
das Vorsprechen gloich beim Entstehen dor Schuld (z. B.
beim Empfang eines Darlohns) erteilt wird. .Todoch kann
angenommen worden, dass das Versprechen auch dann bin-
dend ist, wonn es erteilt wurde in dor Erwartung, dass oino
Schuldursacho ox continonti eintreten würde (z. B. das Vor-

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63

sprechen, ein Darlehn zurückzuzahlen, wird erteilt vor dem
Empfang des Darlohns, welcher aher unmittelbar in Aus-
sicht steht), und die Schuldursache thatsächlich eingetreten
ist. — Der Vertrag, der eine bedingte Schuldverbindlichkeit
erzeugen soll, ist bindend, wenn in der Erfüllung der Be-
dingung zugleicherzeit eine Schuldursache liegt. Es ist dies
eine ziemlich selbstverständliche aber dennoch notwendige
Ergänzung des soeben Gesagten. Wenn das unbedingte
Versprechen, eine gewisse Geldsumme zu zahlen, bindend
ist, wenn der Promittent vom andern Teil oin Darlehn
erhalten hatte oder erhält, versteht es sich von selbst, dass
ebenso bindend ist der Vertrag, bei dem jemand verspricht,
ein Darlehn zurückzuzahlen, wenn er es erhält. Andrer-
seits versteht es sich, dass ein Vertrag, bei dem oino Lois-
tungspflicht abhängig gemacht wird vom Eintreten eines
beliebigen Umstandes, der keine Schuldursacho ist, eben-
sowenig bindend ist, wio oin unbedingtes Versprechen ohne
causa. Es kann aber auch eine vom Zufall abhängig gemachte
Lcistungspflicht übernommen werden auf Grund einer be-
stehenden Schuld oder beim Empfang einer Gegenleistung.—
Dio Verträge endlich, die entweder eino Verbindlichkeit auf
Gegenleistung erzeugen sollen oder die Verpflichtung, eine
Leistung zu machen, welche keine Wertloistung ist, bedür-
fen der causa nicht. Dabei kann in Erinnerung gebmcht
worden, dass aus don Verträgen dieser Art eino Schuldver-
hindlichkeit nur ersteht, wenn entweder eino erste Leistung
stattfindet oder durch dio Nichterfüllung der übernommenen
Verpflichtung Schado erlitten wird, — dass es aber eine
Folge dos Vertrages sein kann, entweder dass von einem
Schaden überhaupt die Rede ist oder dass aus dem Schaden
oino Schuld entsteht.

Was die Art der versprochenen Leistung anbetrilFt, ist man

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G4

bei den Verträgen, die eine Schuldverbindlieblceit erzeugen
sollen, nicht gebunden durch die Schuld oder ihre Ursache;
es ist das einer der Gründe, weshalb hier der Schuld kein
bestimmter Inhalt beigelegt wird, sondern nur ein gewisser
Wert. Was den Wert der versprochenen Leistung anbetrifft,
sind die Vertragschliessenden nicht streng gebunden an
den Betrag der Schuld, wie er durch ihre Ursache bestimmt
wird. In der Regel wird umgekehrt vom Wert der ver-
sprochenen Leistung auf die Höhe der Schuld geschlossen,
was allerdings eine Beweisfrage ist; es ist aber mehr als
eine Beweisfrage, wenn auch der Gegenbeweis, nämlich dass
der Wort der Schuldursache geringer war als der der ver-
sprochenen Leistung, ausgeschlossen ist oder nicht zur
Herabminderung der Verbindlichkeit führt. Damit hängt
aufs engste zusammen, dass eine Verbindlichkeit nicht so-
gleich aufhört eine Verbindlichkeit auf Gegenleistung zu
sein, wenn der Wert der Gegenleistung geringer ist als
der Wert der dafür versprochenen Leistung. Wenn Je-
mand verspricht, für eine Sache einen Preis zu zahlen,
ist der Vertrag ein Kaufvortrag, auch wenn der ver-
sprocheno Preis den Wert der Sache um etwas übersteigt;
wenn jemand versprochen hat, für oino Sache einen Preis
zu zahlen, und dio Sache erhalten hat, dann wird im
allgemeinen angenommen, dass er den Kaufpreis schuldet,
auch wenn dieser etwas mehr betragen sollte, als der Wort
der Sache. Dasselbe gilt auch für das Sehuldvorsprcchen.
Eino Grenze is im allgemeinen nicht zu bestimmen. Für
den Fall z. B. dass ein Käufer sich im Irrtum befunden
hat über den Wert der gekauften Sache, enthalten manche
Gesetzgebungen besondre Bestimmungen; für anclre Fälle
fehlt in der Regel jede Vorschrift. Wenn z. B. jemand, der
einem\' andern durch eine unerlaubte Handlung Schaden zuge-

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G5

fügt hat, aus diesem Grunde versprochen hat, ihm eine ge-
wisse Geldsumme zu zahlen, kann er sich im allgemeinen
nicht durch den Beweis, dasa der Schade weniger betragen
hat, von der Verpflichtung befreien, zu zahlen, was er
darüber hinaus versprochen hat. Nur wenn der Unterschied
sehr gross wäre, könnte er behaupten, dass für das Ver-
sprechen keine genügende causa vorhanden wäre. Uber-
haupt ist es auffallend, dass immer nur von einer fehlenden
oder einer unerlaubten causa dio Rede ist (die falsche causa
ist keine besondre Art), und niemals von einer ungenügen-
den. Könnte er beweisen, dass er überhaupt keinen Schaden
zugefügt hatte, dann wäre soin Versprechen wegen Man-
gels einer causa unbedingt kraftlos. — Eigentümlich ist,
dass weder C. C. noch B. "NV. eine Beschränkung der Con-
ventionalstrafo enthalten, dagegen nach dem B. G. B. (§ 343)
eine unverhältnisnu\'issig hohe Strafe vom Richter herab-
gesetzt werden kann. Dio causa des Strafversprcchcns ist
dor durch dio Nichterfüllung dem Forderungsbercchtigtcn
entstehende Schade; in § 343 B. G. B. kommt das ausge-
zeichnet zur Geltung. In Übereinstimmung mit dem oben
gesagten braucht dio Strafe nicht gleich als „unangemessen"
betrachtet zu worden, wenn sio höher ist als dor durch dio
Nichterfüllung verursachte Schado; sio soll aber, wenn sio
einmal als unangemessen betrachtet wird und herabgesetzt
werden «oll, durch das Erfüllungsintercsso bestimmt werden.

Dio materielle Bedeutung der causa für das Rccht der
obligatorischen Vorträge ist damit erledigt und bedarf nur
noch dor Verdeutlichung. Wir beschränken uns dabei auf
dio fehlende causa; dio ungenügende causa bleibt von jetzt
an ausser Betracht, und über dio unerlaubte causa wird
später bosondors zu sprechen sein.

Das Vorhandensein einer Sohuldursaeho ist nach dem

G

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66

oben gesagten erforderlich beim Schuld versprechen; soll
aus einem Vertrag infolge eines spätem Umstandes eine
Schuldverbindlichkeit entstehen, dann muss dieser Umstand
zugleicherzeit eine Schuldursacho sein; Verbindlichkeiten,
welche keine Schuldverbindlichkeiten sind, können durch
Vertrag erzeugt werden ohne Rücksicht auf eine Schuld-
ursacho. Nach der herrschenden Lehre, wie übrigens auch
nach Art. 1371 B. W., ist bei allen obligatorischen Ver-
trägen das Vorhandensein einer causa erforderlich. Es ver-
steht sich, dass man nun auch bei allen anerkanntermassen
gültigen Verträgen irgend etwas als causa zu bezeichnen
bestrebt gewesen ist. Die verschiedenen Umstände, dio in-
folgedessen als causa bezeichnet werden, sind nicht nur
sehr verschiedener Natur, sie stehen auch in sehr verschie-
denen Beziehungen zum Vertrag und zur Obligation. So wird
z. B. bei manchen Vorträgen der Umstand, dass der Vertrag
diesen oder jenen Inhalt hat, als causa bezeichnet. Das gilt
namentlich von den gegenseitigen Verträgen; was man dabei
als causa zu bezeichnen pHogt, ist thatsächlich nur der Um-
stand, dass der Vertrag eben ein gegenseitiger ist. Allordings
pflegte man früher die Gegenleistung, oder dio Verpflichtung
zur Gegenleistung, als die causa der Verpflichtung zur Leistung
oder dessen Übornahmo zu bezeichnen. Das könnte jedoch
nur dann richtig sein, wenn nicht nur aus dem gegenseitigen
Vertrag zwei einseitige Verbindlichkeit entständen, sondern
auch der Vertrag sich eigentlich aus zwei oinBoitigon Ver-
trägen zusammenstellte. Das ist jedoch entschieden unrichtig.
Was hior als Schuldursacho bezeichnet wird, ist immer etwas
ausserhalb des Vortrags liegendes. Damit steht nicht in
Widerspruch, dass hei den bedingten einseitigen Verträgen,
und . bei den anderen Verträgen, aus denen eventuell eine
Schuldverbindlichkeit entsteht, schon aus dom Inhalt des

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G7

Vertrages hervorgeht, dass eine Schuldverbindlichlceit daraus
nieht entstehen soll, ohne dass eine Schuldursaehe einge-
treten ist; aus solchen Verträgen kaun dennoch eino Schuld-
forderung nicht geltend gemacht werden, ohne dass, ausser
dem Vertragsschluss, noch etwas andres, das Eintreten der
Schuldursache nachgewiesen wird. In Art. 1371 B. W. ist
hauptsächlich nur an das Sehuldversprechen mit vorher-
gehender oder ungefähr gleichzeitiger causa gedacht. Das
soll hier nicht bewiesen werden; wir bemerken nur, dass
thatsächlich nur das Schuldvcrsprechen die eigentümlichen
Schwierigkeiten dor causa-lehro veranlasst. Bei den Vor-
trägen, bei welchen die Verpflichtung übernommen wird,
eine Leistung zu machen, welche keine "Wertlcistung ist,
ist dio Frage, ob oino causa vorhanden sei, niemals ernst-
lich gestellt worden. In England hat man sich vergebens
angestrengt z. B. beim Auftrag etwas zu finden, das als
consideration betrachtet worden könnte. Wenn solche Vor-
träge oino causa haben, ist es jedenfalls etwas, das schon
aus dem Inhalt dos Vertrags hervorgeht, also etwas, das
nach unsrer Ansieht keino causa (Schuldursacho) ist, und
wenn es eino causa sein soll, von selbst gegeben ist. Das-
Holbc gilt von gegenseitigen Vorträgen in Bezug auf dio
daraus gleich anfangs ontstchendon Verbindlichkeiten auf
Gegenleistung; in Bezug auf dio nach der ersten Leistung
entstehende
Schuldvorbindlichkeit, wie überhaupt in Bezug
auf Vorträge, aus denen durch oino spätere Schuldursacho
oino Schuldvorbindlichkoit entstehen soll, gilt das soeben
gesagte, dass erstens schon aus dem Vortrag hervorgeht,
dasH dio Schuldvorbindlichkoit nicht entstehen soll ohno
causa, und zweitens dio Schuldursacho immer zu beweisen
ist. Dor einzige Vortrag, bei welchem dio Frage, wio os
sich mit der causa vorhält, wirkliche Schwierigkeiten macht,

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ist das Schuldversprechen. Auch dabei wird nicht selten
eine causa in der Yertragsurkunde erwähnt; das gehört
dann aber nicht zum Inhalt des Vertrags, sondern es
ist ein in derselben Urkunde aufgenommenes Anerkenntnis.
Es bleibt übrigens auch dann nicht nur die Frage übrig,
ob die causa mit genügender Deutlichkeit bezeichnet ist,
sondern es kann auch in Zweifel gestellt werden, ob dio
causa wirklich vorhanden war. Bei keinem der andern Ver-
träge sind solche Schwierigkeiten denkbar, denn was dio .an-
fängliche Gebundenheit unmittelbar aus dem Vertrage anbe-
trifft, kommt kein ausserhalb des Vortrags stehender Umstand
in Frage, und wenn aus dem Vortrag eine Schuldvorbind-
lichkeit entstanden sein soll, ist es infolge eines später einge-
tretenen Umstandes, der auf alle Fällo bewiesen werden muss.

Beschränken wir uns nun weiter auf das Schuldvorsprcchon,
dann finden wir zwischen der am Anfang dieses § gegebenen
Darstellung und der herrschenden Meinung noch diesen
Unterschied, dass nach der erstem das Schuldversprochen
.auch dann einer causa entbehrt, wonn es schonkwoiso erteilt
wurde. In materieller Hinsicht ist kein Unterschied vor-
Ininden, denn es ist oben ausdrücklich nur von formlosen
Verträgen dio Rede gewesen, und die Schenkung, welche
in der Erteilung eines Versprechens besteht, bedarf der no-
tariellen Beurkundung. Es lässt abor dor genannte Unter-
schied auf eine tiefer gehende Verschiedenheit schliessen
in der Auffassung dor causa überhaupt. Wenn von zahl-
reichen Schriftstellern, besonders unter den älfx3rn, und bis
in die letzte Zeit auch von richterlichen Entschoidungon,
davon ausgegangen wird, dass das schenkweiso erteilte Vor-
sprechen der causa entbehrt, dann ist es, weil dio causa
nicht nur etwas ausserhalb des Vertrags stehendes, son-
dern\'auch etwas objektives ist, die Schuldursacho; hat es

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69

cine causa, dann ist die causa etwas subjektives. Und dar-
aus ist wieder folgendes zu schlicssen. Wenn die causa etwas
subjectives ist, etwas in der Vorstellung des Prouiitteuteu,
das ihn veranlasst, das Versprechen zu erteilen, ist ciue
causa eigentlich immer vorhanden, und kann das Pehlen
der causa nur bedeuten, dass die Vorstellung des Promit-
teuten nicht der Wirklichkeit entsprach, dass er sich im
Irrtum befand. Das letzte kann nicht vermutet werden;
wenn dagegen die causa etwas objektives ist, ist sie Quelle
der Obligation neben dem Vertrag, und muss ihre Exis-
tenz bewiesen werden. Darüber im nächsten §. Derselbe
Unterschied deutet aber zugleichcrzeit auf eine verschiedene
Auffassung der bindenden Kraft der Verträge in ihrem
Prinzip. Wenn dio causa etwas subjektives ist, kommt es
nur darauf an, was der Promittent gewusst und gewollt
hat; das Versprechen ist bindend, sobald wio es erteilt
wurde bei voller Kenntnis der Sachlage. Ist dio causa etwas
objektives, etwas, das unabhängig ist von dor Einigung der
Vertragschlicssenden, dann ist es die Frage, ob der Promit-
tent befugt war, sich durch ein formloses A^\'ersprcchen
zu binden. Ist das letztere richtig für das niederländische
Recht, dann gilt darin nicht dio Formfreiheit dor obliga-
torischen Verträge, die nach der herrschenden Ansicht das
Prinzip des heutigen Vcrtragsrcchts im Gegensatz zum
rönuschcn sein soll. Die Kategorien des römischen Rechts
sind abgeschafft, abor die causa ist als allgemeines Erfor-
dernis an ihre Stelle getreten. Fino Folge davon is, dass
z. 11. jetzt alle gegenseitigen Vorträge Consonsualvorträgc
sind. Aber was dio einseitigen Verträge anbetrifft, ist der
Zustand nicht so, dass sie jetzt alle die Kraft der Stipula-
tion haben, mit der sie inhaltlich ühoroinstimmon, sondorn
dass die Stipulation im heutigen Rccht fohlt. Dabei war

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die Stipulation eine sehr wenig um8t<ändliche Form. Sie
bestand eigentlich nur darin, dass dio Vertragschliessenden
deutlich sagten, dasa es aich um die Begründung einer Obli-
gation handelte, und nicht um eine blosse Verabredung;
das gilt auch für die Zeit, wo nur das Wort „spondeo" diese
Bedeutung hatte. In Deutschland ist die Stipulation ersetzt
durch das schriftliche, also auch nicht völlig formlose,
Schuldversprechen oder Schuldanerkenntnis. Nach nieder-
ländischem Recht hat der formlose, mündliche oder schrift-
liche, einseitige Vertrag nur ungefähr die Bedeutung des
constitutum debiti proprii. Für das Versprechen einer nicht
geschuldeten Leistung, d. h. für das schenkweise erteilte
Versprechen, das Versprechen, das eigentlich der „reine"
Vertrag ist, der „Vertrag an sich", weil es nicht nur „abstra-
hiert" von der Existenz einer Schuld, sondern offen bekundet,
dass eine Schuld nicht vorhanden ist, — für don Fall also,
dass jemand sagt: „Ich verspreche dem A, ihm fl. 500 zu
zahlen, ausschliesslich weil es mir gefällt, ihm das zu ver-
sprechen", — dafür ist die sehr kostbare und sehr umständ-
liche Form der notariellen Beurkundung erforderlich. Die
objektive causa kann definiert werden als ein Grund, kraft
dessen schon geleistet werden sollte, abgesehen vom erteilton
Versprechen. Nach niederländischem Recht kann ein binden-
des Schuldveraprechen nur dann formloa erteilt werden, wenn
schon eine Schuld, und daher, abgesehen von einigen seltenen
Fällen, auch schon eino Schuldverbindlichkeit vorhanden ist.

In materieller Hinsicht weicht dieses Ergebnis weniger
ab von der herrschenden Ansicht, als es vielleicht scheint.
Sehen wir das Schuldversprechon etwas näher an. Dabei
ist abzusehen von den Fällen, in denen äusserlich eine

aelbständige Loistungspflicht übernommen, thatsächlich aber
*

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das Schuldversprechon in Erwartung einer künftigen Ge-
genleistung erteilt wird; darüber wird in § 10 die Rede
sein. Wir nehmen also an, dass der Promittent sich wirk-
lich hat verpflichten wollen, eine endgültige Wertleistung
zu machen, und unterscheiden dann folgende Mögliehkeiton.
Entweder es hat eine Schuld bestanden, oder es hat keine
Schuld bestanden. Im letztern Fall hat der Promittent go-
wusst, dass er nicht schuldete, oder er hat es nicht gewusst. Im
letztgenannten Fall ist auch nach der herrschenden Meinung
das Schuldversprechon nicht verbindlich wegen mangelnder
causa. Hat der Promittent nicht geschuldet, und wussto er
das, dann liegt eine Schenkung vor (vgl.
Hamakek, Weehhl.
V. Pi-io. II, Not. A. cn lieg. 1899 S. 249). Das letzte kann
nun allerdings wieder bestritten werden; in der Regel verlangt
nuin als positives Merkmal der Schenkung den sogenann-
ten animus donandi, den man bezeichnen könnte als den
Wunsch, den andern Teil zu beroiohorn. Dor Wille,
den andern Teil zu bereichern, ist vorhanden, sobald der
Promittent (oder Tradent) weiss, dass or nicht schuldet. Es
lässt sich fragen, ob nicht dieser Wille als Merkmal der
Schenkung genügt, und ob nicht dor animus donandi im
oben bezoichnoton Sinne zu den juristisch unerhoblichon
Motiven der Handlung gehört. Es lässt sich behaupten,
dass dio Schenkung z. Ii. von den römischen Juristen in
diesem negativen Sinno aufgofasst wurde; lässt man das
credeiuli causa oder ob causam datum oder promissum aus-
ser lîotraeht, dann lässt sieh dio Definition „donari videtur,
quod nullo jure cogento conccditur" (fr. 82 D. 50, 17)
sehr wohl verteidigen. Lassen wir jedoch. dio genauere
Definition der Schenkung dahingestellt, und fragen wir:
Wenn nun aber der Proniittent gowusst hat, dass or nicht
Bchuldeto, und doch auch nicht den animus donandi hatte?

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Dann ist das Yersprcchen wiederum in keiner Form
bindend. Die Lehre vom animus donandi hatte eben den
Zweck, derartigen Versprechen die bindende Kraft zu ver-
sagen. Dieser Punkt soll jetzt noch etwas näher ausgeführt
werden.

Nach römischem Recht genügte zur Erzeugung einer
Schuldverbindlichkeit eine Stipulation. Unter Umständen
war dieselbe anfechtbar; dazu gehörte unbedingt der Fall,
dass sie zustande gekommen war unter der Voraussetzung, dass
der versprochene Betrag geschuldet wurde und eine Schuld
in Wirklichkeit nicht bestand. Diese Voraussetzung jedoch
war eine subjective; es kam nur darauf an, was die Ver-
tragschlicssenden, besonders der Promittent, gewusst und
gewollt hatten. Die condictio indebiti war also nur dann
begründet, wenn der Promittent sich über das Bestehen der
Schuld im Irrtum befunden hatte, und dieser Irrtum musste
sogar, wio allgemein angenommen wird, cin entschulbarer
gewesen sein. Hatte der Promittent gewusst (oder sogar
auch nur wissen müssen), dass er nicht schuldete, und
hatte er dennoch das Versprechen erteilt, dann war es nach
römischem Recht unantastbar. Wio wurde das nun von den
jömischcn Juristen gerechtfertigt? Damit, dass der Promit-
tent (bezw. der Tradent) dann eben hatte schenken wollen;
fr.
47 D. 38, 1; fr. 7, § 2 1). 41, 4; fr. 12 D. 4«, 2;
fr. 53 D, 50, 17. Auch Bäiir hat sich dieses Argument
nicht entgehen lassen. Er unterstellt, dass zwar dio Nicht-
existcnz dor Schuld, welche angeblich dio Erteilung des
Versprechens veranlasst haben soll, nachgewiesen ist, aber
nicht, dass dor Promittent sich darüber im Irrtum befunden
hat, und sagt dann (Anerkennung, § 19, 3. Ed. S. 55):

-Wenn nun bei diesem zwischen Schuld und Nichtschuld

ff 0

„schwebenden Non liquet der Richter gleichwohl sich dahiu

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73

„entscheidet, dass es boi der geschehenen Zahlung zu ver-
„bleibon habe, so liegt der letzte Rochtfcrtigungsgrund hior-
„für darin, dass der Zahlende ja auch ohno allen Rechts-
„grund sich seines Vermögens ontäussern, d. h. sehe n-
„k 0 n kann; und dass daher Derjenige, welcher zwar ohno
„erkennbare Schuld, aber auch ohno erkennbaren Irrtum
„zahlte, als ein solcher angesehen werden dürfe, der habo
„schenken wollen. Dieser Gedanke hat in einer Mehrzahl
„von Stollen seinen Ausdruck gefunden": (folgen dio soeben
citierten Stollen). Das letzte ist nun nicht ganz richtig; in
den citierten Stellen wird nicht von einem Non liquct,
sondern vom Fall gesprochen, dass os positiv feststeht, dass
dor Tradent oder Promittent wussto, dass cr nicht schuldoto.
Aber andrerseits war, wie oben schon bemerkt wurde, in
diesem Fall nach der Ansicht der römischen Juristen eine
wirkliche Schenkung vorhandon; dor Schonkungswillo war
nach ihrer Auffassung nichts als der Wille, oino nicht go-
schuldeto Zuwendung zu machon. Die IFauptsacho ist aber
von
Raiik richtig orfasst, nämlich, dass jene Stollen den
Zweck hatten, zu erklären, weshalb die condictio indebiti
nur begründet war, wenn ein Irrtum vorlag. Ein in Stipu-
lationsform erteiltes Vorsprochon war unanfechtbar, wonn
OS erteilt war boi voller Kenntnis dor Sachlage; hatte keine
Schuld bestanden und hatte dor Promittent das gowusst,
dann hatte er oben schenken wollen. Natürlich wurde daboi
nicht gedacht an dio IJoschränkungon, denen auch in Rom
dio Schenkung unterworfen war, namentlich durch dio lex
Cincia, sonst hätte dio Construktion dos Vorsprechcns als
oino Schenkung gerade dazu führen müssen, es nicht
bindend zu erklären. — Wenden wir uns nun von» römischem
Rocht dor khissischon Zeit unmittolbar zu dor herrschen-
den Auffassung im 17. und 18. Jahrhundort. Dort finden

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wir erstens dio Auffassung, dass die Verträge im allge-
meinen nunmehr von jeder Form entbunden seien; an der
Stello der Stipulation finden wir also ein formloses Ver-
sprechen. Andrerseits wurde indessen angenommen, dass
alle Verträge ohne Unterschied eine causa haben müssen;
von abstrakten Verträgen wusste man nichts. Als causa
wurde unter anderm der animus donandi betrachtet. End-
lich finden wir dio ganze Materie beherrscht durch das
Prinzip, dass Schenkungsabsicht nicht leicht anzunehmen
ist. Denken wir uns nun folgenden Fall. Jemand hat
ein Schuldversprechen erteilt; wir können annehmen, ein
formloses. Es steht fest, dass er nichts geschuldet hat; er
kann aber nicht behaupten, sich im Irrtum befunden zu
haben. Er erklärt, er habe allerdings gewusst, dass er nicht
schuldete, er habe das aber damals dem scheinbaren De-
weisc seiner Schuld gegenüber nicht beweisen können, dor
Kläger habe ihm mit sofortiger Verfolgung gedroht, welche
ihn in grosse Ungelegenheitcn gebracht haben würde, oder
sogar den Konkurs über ihn verhängen lassen wollen, waa
seinen Kredit erschüttert, und seinen Ruin herbeigeführt
hätte. Von einem eigentlichen Zwang soll hier nicht dio
Rede sein; das Versprechen wäre dann unverbindlich, auch
ohno dsiss das Fehlen der Schuld bewiesen zu werden
brauchte. Konnte nun der Kläger behaupten, wenn es sieh
so zugetragen habe, habe der Promittent schenken wollen ?
Ilätto man dio Schenkungsabsicht, noch ebenso aufgcfasst,
wio dio römischen .luristcn sio auffassten, dann hätte auch
das Prinzip, dass eine Schenkung nicht vermutet worden
sollte, nichts genützt, denn hier war unzweifelhaft bewie-
sen, dass eino Schenkung in dem Sinne stattgefunden
hatte. Man vorstand aber zugloieherzeit unter einer Schen-
kung etwas andres. Um sich darauf berufen zu können.

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hätte der Kläger wahrscheinlich machen müssen, dass der
Promittent sich bei der Erteilung des Versprechen hatte
leiten lassen von Gefühlen der Prcundachaft und des Wohl-
wollens, dass er den Wunsch gehabt hatte, den Kläger zu
bereichern, dass Freigebigkeit das Motiv seiner Handlung
gewesen war. Und wenn man den UegrilF dor Schenkung
in dieser Weise beschränkte, war es nicht um die dafür
geltenden positive Form
Vorschrift ebenfalls zu beschränken,
sondern um in Fällen wie dem oben erwähnten eine Berufung
auf den animus donandi als causa unmöglich zu machen. —
Lassen wir die Formvorschrift einen Augenblick dahinge-
stellt. Nehmen wir an, dass die Schenkung zwar keine causa
hat, dass sio aber kraft positiver Gesetzesvorschrift dennoch
verbindlich ist. Oder, was auf dasselbe hinauskommt, nehmen
wir an, dass der animus donandi eine genügende causa ist.
Auf welche causa kann dann in einem Fall wie dem soeben
erwähnten der Kläger sich berufen, wenn die Erteilung
eines Schuldversprechens unter solchen Umständen nicht
als Schenkung betrachtet werden darf? So verschiedenartiges
man auch früher und später als causa betrachten zu dürfen
geglaubt hat, darunter ist nichts zu linden, das hier an-
wendbar wäre; eher noch wird man finden, dass solche
Fälle unter don Gesichtspunkt der unerlaubten causa ge-
bracht worden. In der allorlotzten Zeit hat man allerdings
versucht, schon den Willen sich zu verpflichten, oder etwas
derartiges, als hinreichende causa zu betrachten. Wenn
aber dio causa oin positives Erfordernis für die Gültigkeit
des Versprechens sein soll, oder wenn sogar dessen Vor-
handensein selbständig bewiesen werden muss, kommt etwas
derartige« nicht in Betracht. Die causa im Sinne des B. W.
muss doch zum mindesten etwas sein, von dem bewiesen
worden kann, dass es nicht vorhanden gewesen ist. — Wio

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man es nimmt, nach der Auffassung, der die Bestimmungen
des B. W. entstammen, ist ein Schuldversprechen, wenn
auch der Promittent gowusst hat, dass er nicht schuldete,
aber auch nicht hat schenken wollen, nicht bindend. Um
das zu erreichen, hat man einerseits den Begriff der Schen-
kung eingeschränkt. Andrerseits hat man aber dazu auch
nicht selten den Begriff der Schenkung wieder ausgedehnt
auf jede wissentlich nicht geschuldete Zuwendung, und sich
gleichzeitig auf die Form bedürftigkeit der Schenkung be-
rufen. Dass
OS ursprünglich der Zweck jener Form Vorschrift
gewesen ist, gerade dio Versprechen zu treffen, welche ohne
Schuld, aber auch ohno eigentliche Schenkungsabsicht, er-
teilt sind, soll hier nicht behauptet werden; sie ist aber oft
dazu benutzt, die Klage aus oinem solchen Versprechen abzu-
weisen. Wo der Kläger nicht im stände war, die Existenz
einer gehörigen causa zu beweisen, ist wiederholt entschieden,
dass in der Erteilung des Versprechens bestenfalls eine Schen-
kung gesehen worden könnte, welche, weil sio der vorge-
schriebenen Form entbohrte, unverbindlich soi. Mitunter
wurde sogar erwogen, das vom Kläger angeführte sei keine
genügende causa, und dio Erteilung der Versprechens so-
m i t als oino Schenkung zu botrachton. Es war nicht nur
\'eine woitverbroiteto Ansicht, dass dio Schenkung keine
causa habe; man begegnet nicht selten dor Ansicht, dass ein
schriftliches Loistungsvorsprechon, wonn darin keine causa
angegeben, odor auch nur das Versprochene als geschuldet
bezeichnet ist, eine Schenkung eoi," odor wenigstens so lango
als oino Schenkung zu betrachten sei, wio eine causa nicht
bewiesen werde. Diese Anschauung ist bozoichnond, obwohl
überflüssig. Unzweifelhaft ist jedoch folgendes: Wenn der
Kläger nicht behaupten kann, dass das Versprochene ihm ge-
schuldet wurde, odor wenn sogar im Prozesse feststeht, dass

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es nicht geschuldet wurde, ist ein formloses Yersprcchen
unverbindlich, und es braucht nicht ermittelt zu werden,
ob der Promittent irrtümlich geglaubt hat zu schulden, oder
hat schenken wollen, oder aus irgend einem andern Grunde
das Yersprcchen erteilt hat. Das ist der feste Kern der hier
dargestellten causa-lehre, und man wird wohl thun, daran auch
de lege ferenda festzuhalten. Mau wird künftig nicht mehr
von dem, der sich auf ein Schuldversprechen beruft, den
Beweis verlangen, dass das Versprochene geschuldet wurde;
man wird abor immer in gewissen Fällen eine Anfechtung
des Versprechens zulassen müssen. Dieser Anfechtung ist
als Voraussetzung das F\' o h 1 o n einer Schuld zu
Grunde zu legen. Der „rechtliche Grund" von dem in §812
B. G. B. die Rode ist, ist in der Regel, wenn auch nicht
immer, eine Schuldursache. Ala Voraussetzung der condictio
indebiti verlangt das B. G. B. schon nicht mehr, wio daa
gemeine Rocht, den Beweis einea Irrtums; os gestattet aber
dem Beklagten, zu boweiaen, daas der Kläger gewusst hat,
dass er nicht schuldete (§ 814). In Bezug auf dio Übernahme
einer Sohuldverbiiullichkcit atchtdaa in einem eigentümlichen
Widerapruch zur Formbedürftigkeit der Schenkung, wenn
aio in dor Erteilung eines Vorsprechens beateht 518);
es iat wahrscheinlich die romanistischo Gleichstellung der
Anfechtung des abstrakten Vortrags mit der Rückforderung
einer Leistung daran achuld. Wir nehmen an, dass jemand
leistet, in diesem Fall durch dio Erteilung eines Vorapro-
chena, „zum Zwecke dor Erfüllung einer Verbindlichkeit",
obwohl or weiss, dasa keine Vorbindlichkeit besteht; wie
man aich daa zu denken hat, iat auch schon nicht ganz
klar, denn ca kann sich nicht einfach darum handeln, dasa
die gemachte odor veraprooheno Leistung ala goachuldet be-
zeichnet wird. Wir können uns kaum den Fall denken, dass

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hier keine Schenkung vorläge, und dennoch der Gläubiger
einen bessern Anspruch hätte auf Aufrechterhaltung
des Geschäfts, als wenn ihm geschenkt wäre.

Das Erfordernis einer objektiven causa gilt nicht für den
Erlass (anders im englischen Recht). Inwiefern ein ohno
causa übertragenes dingliches Recht zurückgefordert werden
kann, oder die Übertragung ein Recht auf Schadenersatz
begründet, ist eine Frage, welche hier nicht zu behandeln
ist. Es soll nur bemerkt werden, dass dafür nicht dasselbe
zu gelten braucht, wie für das ohne causa erteilte Schuld-
versprechen ; dass beides unter denselben Gesichtspunkt
fallen sollte, ist eine Anschauung, welche dem niederlän-
dischen Recht völlig fremd ist. Die Rückforderung einer ge-
schehenen Zahlung, wird beherrscht von den Vorschriften über
die condictio indebiti (Art. 1395 IF. 13. W.); die Verteidigung
gegen ein Schuldversproclion von den Vorschriften übor dio
causa (Art. 1371 ff. B. W.). Wenn boide von demselben
Gesichtpunkt aus betrachtet werden sollen, dann ist es in
einer andern Weise. A hat dem B oino Zahlung gemacht,
und behauptet, ihm nichts geschuldet zu haben. Nun ist
08 dio Frage, ob ein Grund vorhanden ist, B zur Rück-
zahlung zu zwingen, etwas aus dem Vermögen des B in
das des A übergehen zu lassen. Hat dagegen A dem B oin
Schuldversprechen erteilt, und behauptet or, ihm nichts ge-
schuldet, zu haben, dann ist es dio Frage, ob oin Grund
vorhanden ist, etwas aus dem Vermögen des A in das dos
J} üborgehon zu lassen. Wo ein Prözess geführt wird übor
das Forderungsrccht selbst, wird dasselbe niemals als schon
zum Vermögen des Berechtigten gehörig betrachtet, so dass
dio Bestreitung als eine Rückforderung zu betrachten wäre.

Über die unerlaubte causa braucht hior nur sehr
wenig gesagt zu werden. Eine unerlaubte causa ihi eigent-

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liehen Sinne, eine unerlaubte Schuldursache, ist nur dann
vorhanden, wenn etwas versprochen wird als Gegenleistung
für eine unerlaubte Leistung. Ob aus einem unerlaubten
Verhalten überhaupt eine Schuld entstehen kann, können
wir dahingestellt lassen; jedenfalls kann auf Grund einer
solchen Schuld keine Verbindlichkeit übernommen werden.
Dieser Fall ist nun freilich auch nach der üblichen Auf-
fassung der typische Fall der unerlaubten causa; ausserdem
aber werden unter denselben Gesichtspunkt alle Verträge
gebracht, welche man für nicht verbindlich hält, weil sie eine
gesetzwidrige oder unsittliche Tendenz haben. Die Be-
ziehung dieser Tendenz zum Vertrage ist wiederum eine sehr
mannigfache. Auffallend ist jedoch, dass in sehr vielen solchen
Fällen keine Schuld vorhanden ist, und der Vortrag also
eher als ein Vertrag ohne causa betrachtet werden müssto;
die ünsittlichkoit des Vortrages liegt dann darin, dass jemand
sich etwas versprechen lässt, das ihm nicht geschuldet wird.
Dazu gehört z. B. der Fall, dass sich jemand etwas ver-
sprechen lässt für eino Leistung, welche er schon ander-
weitig verpflichtet ist zu machon; auch der Vertrag, bei
welchem Wucherzinsen versprochen worden, kann dazu ge-
bracht wordon. — Dio Gowohnhoit, bei allen Vorträgen,
welche aus irgend einen» Grunde dem Richter verworilich
vorkommen, von einer unerlaubten causa zu spreolien, hat
einerseits dazu beigetragen dio causa-lohro zu verwischen,
weil sie dazu veranlasste, unter causa überhaupt dio Tendenz
eines Vertrages zu verstehen, und ist andrerseits Ursache
gewesen, dass dio Lohre von den verworfliohon Verträgen
sich nicht hat entwickeln können. Der Fall, dnss etwas ver-
sprochen ist als Gegenleistung für eino unerlaubte Leistung,
ist gewiss nicht der einzige Fall eines verwerflichen Ver-
trages; es giebt andre Verträge, welche auf keinen Fall

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bindend sein dürfen. So giebt es z. B. Handlungen, bei
denen man vollständig frei ist, bei denen man aber auch
frei bleiben soll. Es ist z. B. nicht unsittlich, seine Stimme
nicht auszubringen bei einer politischen Wahl; es ist aber
unsittlich und unstatthaft, sich zu verpflichten, nicht zu wäh-
len, oder eine bestimmte Person zu wählen. Es ist da noch vie-
les aufzuklären; es bringt jedoch keinen Schritt weiter, wenn
man in solchen Fällen von einer „unerlaubten causa" spricht.

Verschieden beantwortet wird die Frage, ob, wie man
es auszudrücken pflegt, eine natürliche Verbind-
lichkeit eine genügende causa ist, d. h. ob auf Grund
einer bloss moralischen Verpflichtung eino Schuldverbind-
liehkoit übernommen werden kann. Es wurde oben bemerkt,
dass man sehr verschiedene Erscheinungen unter den Ge-
sichtspunkt der natürlichen Verbindlichkeit zu bringen pflegt,
und dass daher nicht bei allen natürlichen Verbindlichkei-
ten die Wirkungen dieselben sein können. In Bezug auf
die gestellte Frage kann dio Lehro von der Schuld die Ent-
scheidung bringen. Ein auf Grund einer natürlichen Verbind-
lichkeit erteiltes Sehuldversprechen ist als bindend zu be-
trachten, wenn eine Schuld im eigentlichen Sinne vorhanden
.war. In den andern Fällen, in denen man von einer natür-
lichen Verbindlichkeit zu sprechen pflegt, reicht dieso nicht
aus, um dem Schuldvcrsprechen den Charakter einer Schen-
kung zu nehmen; aber gerade doshalb kann sehr w.()hl auch
in diesen andern Fällen die Bückforderung des freiwillig
geleisteten ausgeschlossen sein (Art. 11190, Abs. 2, B. W.;
Art. 1235, Abs. 2, C. C.).

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§ 8. Der Beweis der causa, iiishcsoudrc mittelst
Aiierkoiiiitiiisses.

Ein Schuldvorsprechen erzeugt eino Verbindlichkeit nur
dann, wenn eino Schuld vorhanden ist; wer daher aus
einem Schuldvorsprechen Klage erhobt, muss behaupten
und beweisen, dass es oino Schuld giebt, oder eino Schuld-
ursache gegeben hat. Der Beweis des einen ist auch der
Beweis des andern: wenn dio Existenz einer Schuld be-
wiesen ist, folgt daraus, dass es oino Ursache gegeben hat;
und wenn bowiesen ist, dass es eino Schuldursache gegeben
hat, folgt daraus, dass eine Schuld zur Existenz gelangt
ist, und bis auf weiteres, dass sie existiert. Das Vorhanden-
sein einer causa muss vom Kläger (Gläubiger) bewiesen
werden; darin liegt die Ilaupteigentümlichkoit des nieder-
ländischen Rechts in Bezug auf die causa. Es weicht darin
auch vom französischen Recht ab. In Frankreich koiuito
auf Grund des Art. 1132 C. C. „La
Convention n\'est pas
„moins valablo, quoiquo la cause n\'en soit pas oxprimöo",
angenommen werden, dass das Vorhandensein einer causa
vermutet werden darf. Dio entsprechende Vorschrift im
B. W., Art. 1372, erhielt folgende Fassung: „Wenn keine
„oorzaali ausgedrückt ist, und dennoch oino erlaubte an-
wesend ist, odor auch wenn oino andre erlaubte
oonank
„als dio ausgedrückte besteht, ist niehtsdestoweniger der

G

«

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82

„Vertrag von Kraft (hat ... der Vortrag bindende Kraft)."
Es sollte damit, wie uns von
Asser {Het B. W. vergelelcen
mct het Weth. Nap.
S. 480 f.) bezeugt wird, entschieden
werden, dass allerdings eine Urkunde über ein Schuldver-
sprechen nicht deshalb der Beweiskraft entbehrt, weil sie
die causa nicht erwähnt, dass abor in diesem Fall das Vor-
handensein der causa anderweitig bewiesen werden muss.
Es ist weiter darin entschieden, dass es gestattet sein soll,
eine andre causa anzuführen, als dio in der Urkunde er-
wähnte; denn, sagt
Asser, wenn man nicht vorpflichtet iat,
in der Urkunde die causa zu erwähnen, iat man „a for-
tiori" auch nicht verpflichtet, dio richtige zu erwähnen.

Der Beweis kann durch allo Mittel erbracht werden,
was im allgemeinen keine weiteren Erörterungen veranlasst,
insbesondre aber durch dio Berufung auf eine Anerkennung.
Eine Folge davon ist, dass dio Bowoiavorschrift für den,
der aie anzuwenden versteht, schlieaalich nur zu einer sinn-
losen Förmlichkeit führt; es fehlt abor in der Rochtage-
achichte keineswegs an ähnliche Sinnlosigkeiten. Dio An-
erkennung kann gleich in dio Urkunde aufgenommen worden,
welche das Schuldvoraprochen enthält; os ist also bloss an
Stelle des einfachen Schuld
Versprechens eine doppelte Er-
klärung erforderlich. Man könnte schreiben: „Ich veraprocho
dem A, ihm fl. 500 zu zahlen; es iat eino causa vorhan-
don." Kaum mehr Bedeutung hat z. B. dio Klausel „Wert
erhalten", welche nach einer stilndigen Praxis als Bowoia
einer gehörigen causa genügt. Aua dem bisher üoaagton
geht hervor, dass dio Existenz einer causa ebenfalls nach-
gewiesen ist, wenn dio Urkunde lautet: „Ich versprccho
dem A, ihm zu zahlen Fl. 500, wolcho ich ihn»
schuld e", oder: „Ich bokenno dem A zu schulden fl. 500,
welche ich ihm zu zahlen veraprocho"; aus der Anerkennung

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der Schuld folgt notwendig, dass sie eine Ursache gehabt
hat. Namentlich die letztere Passung ist sehr häufig; an-
lässlich eines so gefasston Schriftstückes erwog der II. R.
in der Entscheidung vom 13 Febr. 1870 (W. 3192): „dass
„also die Urkunde enthält eine einseitige Verbindlichkeit
„(d.h. einen Vertrag zur Begründung einer einseitigen Ver-
„bindliclikeit, ein Schuldversprechen) zu zahlen eine be-
„stimmte Summe in barem Geld, und dass als oor^aa/c jener
„Verbindlichkeit (jenes Versprechens) in der Urkunde aus-
„gedrückt ist eine dabei (darin) anerkannte Schuld." Dieso
Entscheidung stimmt, wie schon gesagt wurde, üborein mit
einer schon vor Jahrhunderten in Frankreich herrschenden
Praxis, und dio ihr zu Grunde liegende Anschauung kommt
in der niederländischen Praxis auch jetzt noch häufig zur
Geltung; von den Schriftstellern aber scheint keiner dio
Entscheidung vorstanden zu haben. Über sio schreibt
Nahku
(der übrigens anzunehmen schoint, dass der II. R. hier,
wio in der Tliat andre Gorielito gethan haben, Anerkennung
als dio causa betrachtot): „Wor anerkennt „zu schulden"
„und infolgedessen „zu zahlen vorspricht" legt vielleicht
„zwei vorschiodeno Erklärungen ab, aber in dor Regel, so
„würde ich mit
Jukking und den Entwerfern dos künftigen
„deutschen Gosotzbuehes annehmen (gemeint ist der Entw.
„1. Los. des B.G.B.) ist hior nur ein Gedanke in zweierlei
„Fassung vorhanden, und von causa also keine Spur." Inso-
fern ist dies richtig, als man mit der Abgabe einer solchen
Urkunde nur einen Zweck hat, dio Erzeugung einer
Schuldvorbindlichkoit, oder boBSor, dio Möglichkeit, oino
Schuldfordorung cinzuklngon; es wird aber noch in weiten
Kreisen gefühlt, dass dazu boido Erklärungen orfordorlieh
sind. Es verdient jodenfallH Beachtung, dass man in so
zahllosen Schuldurkundon, vielleicht in den meisten (ab-

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gesehen von den im Handel gebräuchlichen Formeln), diese
doppelte Formel vorfindet. Dass sie sehr alt ist, mögen
eine Anzahl Urkunden aus der Mitte des 14. Jahrhunderts
beweisen, mitgeteilt von
P. Püntschart (Schuldvortrag
und Treugelöbnis, S. 402, n. 2); merkwürdig ist auch eino
daselbst (im Text) mitgeteilte Stelle aus der Glosse zum
Sächsischen Weichbildsrecht: „Ir sollit wissin: is sint
„nicht vil wort die eynen man schuldig machen; sunder
„spricht eyner zu dem andern: „du bist mir das schuldig";
„gehner antwortet „jo"; spreiche denn disser: „gelabstu
„donne is mir zu geben?" unde ghener antwort: „ich gelab
„is" ...." (wir eitleren auch noch den Schluss des Satzes:)
„ ... unde gelabit er denne mit siechten werten, er is also
„phlichtig zu leisten, als ab er sich sero verbünde" (v.
Daniels, v. Gruuen u. Kühns, Rechtsdekmäler des deut-
schen Mittelalters, I, S. 276). Ein einfaches Loistungsvor-
sprechen ohne Schuldanerkennung ist unvollständig, und legt
besonders don Gedanken einer Schenkung nahe. Dass ein Ver-
sprechen ohne Schuldanerkennung an sich eine Schenkung
ist, war anfänglich auch dio Ansicht des H. R. Jemand
liatte einem andern „als in seinem Dienst beschäftigt" und
„als Belohnung für die von ihm bis dahin geleisteten Dienste,
gezeigte Treue und Anhänglichkeit" eine „Besoldung" zuge-
legt für die Zeit seines Lebens. Die Behauptung des Be-
klagton, dass hier eine Schenkung vorlag (es ging das fast
aus jedem Worte hervor), wurdp vom H. R. (Entsch. vom
29. Nov. 1850, W. 1179) für begründet gehalten: „erstens,
„weil die Schrift keine Anerkennung enthält der Exis-
„tenz einer Schuld..." Noch deutlicher drückt sich dio
Entsch. vom 4. Apr. 1851 (W. 1215) aus in einer ähnlichen
Sache: „dass, wo die vom Kläger als Bewein dieser For-
„derung produzierten Sclwiftstücke durciiaus keine Aner-

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„kennung einer bestellenden Schuld oder Verbindlichkeit
„vom Aussteller an den Kläger enthalteu, dieselben keinen
„Vertrag darstellen, aus welchem für die Beklagten eine
„Verpflichtung ex contractu ihres Erblassers hat geboren
„werden können"; diese Worte bilden eine selbständige Er-
wägung. — Soll durch die Urkunde das Bestehen eines
Forderungsrechts völlig bewiesen werden, dann muss dem
Versprechen noch eine Schuldanerkennung zugefügt worden;
eher genügt dio Schuldanerkennung allein, ^fan ist sich
der Bedeutung eines solchen Zusatzes unter Nichtjuristen
im allgemeinen so wohl bewusst, dass er gerade bei Schen-
kungen, welche aus irgend einem Grunde das Licht des
Tages nicht vertragen können (Benachteiligung von Gläu-
bigern, Verkürzung gesetzlicher Erbteile, Steueruntcrsclila-
gung, u. 8. w.) oder bei welchen mun einfach die Kosten
einer notariellen Urkunde hat sparen wollen, sozusagen
niemals fehlt.

Dio Schuldanerkennung, welche cin Schuldvcrsprcchen be-
gleitet, soll die causa beweisen. Wenn man aber sngt, dio
Schuldanerkennung und das Schuldversprechen hätten die-
selbe Bedeutung, wären nur zwei Ausdrücke für denselben
Gedanken, dann ist das nicht unrichtig. Die Aushändigung
einer Urkunde, welche nur dio Anerkennung einer Schuld
enthält, hat nach der Anschauung der betoiligton Personen
dieselbe Bedeutung, wio dio Aushändigung eines schriftlichen
Schuldvorsprechens. Vollkommen richtig sagt auch
Bähu:
„Im gewöhnlichen Loben würde man schwerlich Gewicht
„darauf logen, ob ein Schuldschein ein ausdrückliches Zah-
„lungsversprcchon enthalte odor nicht." Das schriftliche
Schuldancrkcnntuis und das schriftliche Schuldvcrsprcchen
haben beido „im gewöhnlichen Leben" dioselhc Bedeutung,
weil sie denselben Zweck und nach der Anschauung dor

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Nichtjuristen denselben Erfolg haben, und nach ihrer An-
sicht das Schuldanerkenntnis dazu sogar das geeignetere
Mittel ist. Eino solche Anschauung soll man Ii i s t o-
r i s 0 h erklären. — Schuldanerkenntnis und Schuldver-
sprechen haben denselben Zweck. Wenn jemand einem an-
dern ein schriftliches Zahlungsversprechen aushändigt, hat das
den Zweck, ihm die Möglichkeit zu verschaffen, einen An-
spruch auf Zahlung geltend zu machen. Wenn jemand einem
andern ein schriftliches Schuldanerkenntnis aushändigt, hat
das denselben Zweck; os soll dem letztem dio Möglichkeit
vorschafFon, einen Anspruch auf Zahlung geltend zu ma-
chen, und zwar dadurch, dass es einen Anspruch auf Zah-
lung beweist. Dass das Anerkenntnis wenigstens ur-
sprünglich nur Beweismittel war, ist schwer zu leugnen ;
nach der Ansicht deren, dio Anerkonntnieso geben und sich
geben lassen, ist es aucli ein genügendes Beweismittel. Nach
dem buchstäblichen Inhalt soll das Zahlungsvorsprochen
einen Anspruch erzeugen, das Anerkenntnis einen schon
bestehenden beweisen. Thatsächlich dient das orstoro nur
äusserst selten dazu, ein Forderungsrccht zu erzeugen, wo
noch keines vorhanden ist; in dor Regel soll es nur dazu
dienen, dio Geltendmachung eines bestehenden Fordorungs-
reohts zu sichern und zu erleichtern. Umgokolirt kann das
Anerkenntnis dazu benutzt werden, den Beweis eines An-
spruchs zu scliafFcn, wo keiner vorhandon ist, und damit
die Möglichkeit den Anspruch -geltend zu machon, als ob
man ihn hätte. Ob man beweisen kann, ein Recht zu haben,
oder es wirklich hat, ist praktisch dasselbe, jedenfalls bis
auf die Erbringung des Gogonbowoisos. Das Schuldaner-
kcnntnis soll also dio Möglichkeit Hchaffen, einen Anspruch
auf Zahlung geltend zu machen, zunächst (bis auf den
Gcgenbewois, wo derselbe möglich ist) unabhängig davon.

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ob ein Ansprucli vorliandon ist oder nicht. Diese Verwen-
dung des Schuldanerkenntnisscs ist uralt; um nicht weiter
zurückzugreifen, erinnern wir, dass sie schon von
Gajus
(III, 134) als unter den Porogrinen gebräuchlich erwähnt
wird. Zu bemerken ist noch, dass die Anerkennung einer
nicht vorhandenen Schuld kaum als eine Umgehung des
Gesetzes zu betrachten ist, und keineswegs als etwas uner-
laubtes; wenn das Gesetz der Anerkennung Beweiskraft
beilegt, rechnet es mit der Möglichkeit, oder soll es doch
damit rechnon, dass sie nicht der Wahrheit entspricht. Dar-
auf kommen wir später zurück. — Wio ist man aber dazu
gekommen, das Anerkenntnis dem Versprechen sogar vor-
zuziehen? Woher kommt es, dass man oft dem Zahlungs-
vcrspreclien als blosse Form die Worto anhängt: „ ... welcho
ich ihm schulde", und niemals dem Schuldanorkcnntnis als
blosse Form die Worte: „... welche ich ihm zu zahlen
vorspreche". Dafür muss dio Erklärung bei der causa-lehro
gesucht werden. Ein Rocht wio das römische Rocht der
klassischen Zeit gab dazu keine Veranlassung, üb und
welcho Nachteile dem Gebrauch dos Schuldanerkenntnisses
im Wege standen, können wir dahingestellt lassen. Jeden-
falls aber genügte ein Versprechen, wenn es in Stipula-
tionsform erteilt wurde; über dio Stipulation konnte eino
Urkunde aufgenommen werden. Dabei zeigte sieh jedoch
allmählig etwas ähnliches, wio anderswo boim Sehuldanor-
kenntnis; man unterlicss es nach und nach, dio Stipulation
wirklich vorzunehmen, und erwälinto nur in dor Urkunde,
dass sio stattgefunden hatte. Und doch wäre es wohl in dor
, Regel ziemlich einfach gewesen, die Stipulation wirklich
vorzunehmen, während n>an dadurch, dass mau das unter-
licss, sich der Gefahr aussetzte, dass der Gegner sich darauf
berufen würde und im Stande sein würde, es zu bowoison.

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Wenn man es dennoch that, war es ursprünglich wohl haupt-
säclüich, weil man dem Gegner einen solchen Verstoss ge-
gen Treu und Glauben nicht zutraute; auch ist anzunehmen,
dass die Eichter den Gegenbeweis nicht leicht als erbracht
ansahen, weil sie vermuten konnten, dass, wenn auch die
Stipulation nicht stattgefunden haben möchte, es doch mit
der Schuld seine Richtigkeit hatte. Schliesslich wurde der Ge-
genbeweis ausgeschlossen; nach c. 14 C. 8,38 durfte nur
noch „liquidis ac manifestissimis probationibus" nachge-
wiesen werden, dass einer der beiden Vertragschliessenden
sich ausserhalb der „civitas" befunden hätte, in welclier es
hiess, dass die Urkunde aufgenommen wäre. Dass dadurch
faktisch eine litterarum obligatio an dio Stelle der verborum
obligatio getreten war, wurde Inst. 3,21 anerkannt. Faktisch;
denn formell beruhte die obligiorende Kraft der Urkunde
darauf, dass sie eine Stipulation bewies. Noch vieles hatte
sich inzwischen ausserdem geändert. So nahm man an, das
die verschiedensten Ausdrücke für ein erteiltes Vorsprechen
eine Stipulation andeuten sollten. Besonders aber bediente man
sich jetzt auch vielfach des schriftlichen Schuldanorkennt-
nisses; diese Sitte ist wohl dem zuzuschreiben, dass die
damaligen römischen Bürger zum bei weitem grösston Teil
finkel waren der Peregrinen aus
Gajus\' Zeit. Das Schuld-
anerkonntnis wurde nun schliesslich auch als Versprechen
aufgefasst. Das kann hier indessen ausser Betracht bleiben;
es ist uns nur zu thun um den Gegensatz zwischen dem
spezifisch römischen Recht und dem heutigen niederländi-
schen. Im späteren römischen Recht finden wir faktisch an
Stelle der Stipulation eine Urkunde, die cautio; im Prinzip
enthielt die cautio eino Stipulation, oder bewies sio doch
eine Stipulation. Der heutzutage übliche Schuldschein da-
gegen enthält an erster Stelle dio Anerkennung einer Schuld ;

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sehr oft fohlt ein Versprechen darin überliaupt, und wo es
vorhanden ist, dient es eigeulich nur dazu, um Zalilungs-
frist, Zahlungsort oder sonstige Modalitäten der Leistung
anzudeuten, welche sich in der eigentlichen Schuldanerken-
nung nicht unterbringen lassen. Dieser Schuldschein kann
nicht entstanden sein unter den Einfluss des reinen römischen
Rechts; er ist entstanden unter dem Einfluss eines Rechts,
nach welchem eine Schuldverbindlichkeit nicht erzeugt wer-
den konnte durch ein blosses formloses Versprechen oder
durch ein so wenig umständliches formelles Versprechen wie
die Stipulation, — nach welchem aber, allerdings infolge
einer sonderbaren Inconsequenz, durch dio Abgabe eines
Anerkenntnisses der Beweis geschaffen worden konnte für
das Bestehen einer Schuldverbindlichkeit, — nach welchem
auch ein formloses Versprechen zur Begründung einer
Schuldforderung genügte, wenn in einer hinzugefügten Aner-
kennung bezeugt wurde, dass eine causa vorhanden war.
Das letzte geschieht abor ebenfalls durch dio Anerkennung
einer vorhandenen Schuld. Und wenn nun angenommen
wurde, dass dio Anerkennung einer Schuld schon an sich
zur Ocltcndmachung einer Schuldforderung genügte (inwie-
fern das für das heutige Recht richtig ist, werden wir im Fol-
genden sehen), nnissto dio llinzufügung eines Versprechens
überflüssig erscheinen. — Wir gelangen also zu folgen-
dem Ergebnis. Wo eine Schuld vorhanden war, der nor-
male und bei weitem häufigste Fall, ist das Schuldanor-
kenntnis der natürliche Ausdruck für „id, (piod agitur",
nämlich dio prozessualische Sicherung eines bestehenden
Forderungsrechts. Wo keine Schuld vorhanden war, ist ge-
gen das Schuldanerkenntnis dor üegenbcwcis zulässig. Aber
dcnnoch befindet sich in diesem Fall, wer sich auf ein
Schuldanorkcnntnis berufen kann, in einer günstigem Lage

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als der Inhaber eines blossen ScbuldversprcchonB, Der erstere
kann jedenfalls abwarten, dass der Gegenbeweis erbraclit
wird; der leztore dagegen muss dio Schuld beweisen, und die-
ser Beweis ist ihm nicht nur dort unmöglich, wo os keine
Schuld gab, sondern manchmal auch, wo eine vorhanden war.
Es ist also unter allen Umständen das Schuldanerkenntnis
vorzuziehen. Aber auch nur mit dieser Wirkung des Schuld-
anorkonntnisses (fiir Deutschland fügen wir hinzu: mit dieser
früheren Wirkung) ist sein häufiger Gebrauch zu erklären.
Wir legen grosses Gewicht auf diese Erklärung, weil, wenn
sie richtig ist, damit die verschiedenen Ansichten, nach
wolclion das Anerkenntnis nach der Meinung der Beteiligten
eine andre Bedeutung haben sollte, widerlegt sind.

Das Schuldanorkenntnis ist nach der Ansicht der beteilig-
ten Personen immer Beweismittel. Es tritt entweder auf in
Verbindung mit oinem Schuldvorsprcchon, und soll dann
dio causa beweisen; odor dor Schuldschein enthält nur oino
Schuldanorkonnung und soll dann unmittelbar oin Fordo-
rungsrecht beweisen. Reicht das Schuldanerkonntnis, wenn
os nur Beweismittel sein soll, auch wirklich aus zur Geltend-
machung des Forderungsrcchts? Keine Schwierigkeit macht
ein Anerkenntnis, welches den Ursprung der Schuld so
genau bezeichnet, wio os zur S u b s t a n z i i o r u n g der
Klage jedenfalls dann erforderlich wäre, wenn woder Ver-
sprechen noch Anerkennung vorhanden wäre, und die Ur-
sache der Schuld, etwa durch Zeugen odor Eidoszuschiebung
zu beweisen, zugleich als Ursprung dor geltend gemachten
Schuldfordorung angeführt würde. In der Regel abor ent-
hält der Schuldschein eino so genaue Angabo der Schuld-
ursacho nicht, sondern entweder dio Anerkennung einer
Schuld schlechthin, oder eino allgomoino Andeutung der
^A r t des Geschäfts, welches das Entstehen dor Schuld vor-

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anlasst haben soll, oder eine allgemeine Andeutung der Exis-
tenz einer causa, wie „Wort erhalten" u. s. w. Genügt eine
entsprechende Umschreibung der Forderung zur Begründung
einer Klage? Bei der Beantwortung dieser Frage handelt es
sich ausschliesslich um das Erfordernis der Substanziierung;
wollen wir in Bezug auf den Beweis der causa zu einem
Ergebnis" gelangen, dann muss vorher feststehen, was wir
unter dieser sogenannten Substanziierung dor Klage zu ver-
stehen haben. Diese Substanziierung ist jedoch ein unklares
Institut, über welches eino Litteratur fast vollständig fohlt.
Wahrscheinlich kann es oben nur mit Zuhilfenahme der
causa-lehro erklärt werden; wir müssen uns dabei jedoch auf
Hypothesen beschränken, ifassgebend für diese ganze Materie,
ist Art. 5, 3° W. v. B. Rv., nach welchem die Klageschrift
enthalten soll: „Dio Mittel und den Gegenstand dor Klage..."
Was das bedeutet, was insbesondre dio „Klagomittel" sind,
ist schwer zu sagen; darüber kann nur dio Praxis einigen
Aufschluss geben. Wird ein Forderungsrccht geltend gemacht,
dann soll nach der herrschenden Ansicht in der Klageschrift
gesagt werden, wie dio Forderung entstanden sein soll.
Sollte das aus der oben citierten Vorschrift hervorgehen,
dann müssto dasselbe gelten, wo
auf Grund eines dinglichen
Rechts geklagt wird;
J<Vukk verlangt folgerichtig, dass im-
mer Tliatsachon angeführt werden, und aus denselben auf
die Entstehung eines Rechts geschlossen wird. Der herrschen-
den Praxis entspricht das aber nicht. Wenn auf Grund
eines dinglichen Rechts geklagt wird, wird regelmässig nur
gosagt, welches Rccht geltend gemacht wird (Eigentum, Niess-
brauch u. s. w.) und auf welcho Sache; thatsächlich vorlangt
niemand, dass auch erzählt wird, wio das Rccht erworben sein
soll. Soviel ist sicher, dass dio IvlagCHclirift andeuten soll,
um was CS sich handelt, welches Recht geltend gemacht

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-wird. Bei dinglichen Ansprüchen genügt dazu in der That die
Bezeichnung des behaupteten Rechts und der Sache, auf
welche man behauptet das Recht zu haben. Ein Forderunga-
recht dagegen wäre mit der Andeutung der Art des Rechts
(Schuldforderung) und des Gegenstandes (der Leistung,
z. B. Zahlung von fl. 500) nicht genügend indentifiziert.
Man kann derselben Person gegenüber mehrere Forderungen
haben mit demselben Inhalt, z. B. auf Zahlung desselben
Geldbetrages. Nun ist nichts besser geeignet, um anzudeuten,
welche Forderung gemeint wird, als die Angabe, wann und
auf welche Weise sie entstanden sein soll. Wenn aber das
der einzige Zweck sein aollte der sogenannten Substanzi-
ierung der Forderung, dann würde jede andre Identifizierung,
wenn sie möglich iat, ebenfalls genügen, und könnte man
es insbesondre als eine genügende Andeutung des geltend
gemachten Anspruchs betrachten, wenn eingeklagt wird die
Forderung, welche der Beklagte in der produzierten Urkunde
anerkannt hat, denn dieser muss wiaaen, welche Forderung
er anerkennt. Wahrscheinlich ist schon oft aus ungefiihr
diesem Grunde eine Forderung zugewiesen; es wäre dann
dieses das sogenannte „klagen aus Anerkennung", über
welches man sich zu beachwcren pfiegt, wenn die Substanzi-
ierung zu wünschen übrig lässt. Der herrschenden Ansicht
entspricht aber, wie gesagt, auch das nicht. Wahrscheinlich
handelt es sich hier in der That um ein besondres Erfordernis
der Klage aus einer Schuldforderung, und zwar um die Angabe
der causa; diese wäre dann erforderlich, ungeachtet ob ein
Schuldversprechen erfolgt ist, oder aus dor ursprünglichen
Obligation geklagt wird. Wir kommen später darauf zu-
rück. Vorher haben wir uns noch einen Augenblick mit
der herrschenden Auffassung zu beschäftigen. Diese ver-
langt, dass unter allen Umständen angegeben wird, wie

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93

die Obligation, aus welcher Klage erhoben wird, entstan-
den sein soll, und sie versteht das, die Entstehung der
Obligation, im römischen Sinne. Geschieht das, — wird
angegeben wie die Obligation entstanden sein soll, — dann
wird die Forderung, wie sie dann umschrieben ist, durch ein
allgemein gehaltenes Anerkenntnis nicht bewiesen. Letzteres
genügt also an sich zur Begründung einer Klage nicht, es
sei denn, dass man als Quelle der Obligation etwas anzu-
deuten vermag, das ebenfalls durch den Schuldschein be-
wiesen wird. Man hat deshalb versucht, sozusagen in
die Schuldanerkennung einen obligatorischen Vertrag hin-
einzuinterpretieren ; dieser Vertrag wäre dann (im römischen
Sinne) die Quelle der Obligation, und die Klage wäre durch
den Beruf auf diesen Vertrag als Quelle der Obligation
genügend substanziicrt. Vorangegangen auf diesem Wege
ist
Otto Bühu ; von ihm abor wird gerade dieser doch im-
merhin etwas gewagte Gedankensprung als selbstverständ-
lich hingestellt: „Im gewöhnlichen Leben würde man schwer
„Gewicht darauf legen, ob cin Schuldschein ein ausdrück-
„liches Zahlungsversprcchon enthalte odor nicht. Jeder Un-
„bcfangone wird sagen: „es versteht sich von selbst, dass
„wer seinem Gläubiger gegenüber schuldig zu sein bekennt,
„auch zahlen will". Und so ist es in der That. Wenn ich
„beurkunde („bescheinige", „bekenne") schuldig zu soin,
„so will ich mich auf dieso Schuld verpflichten.
„M. a, W. das urkundliche Schuldbokenntniss enthält still-
„schweigend ein Zahlungsversprocho n."
(§ 58, 3. Aull. S. 192), und etwas weiter (S. 193):
„...ein Beweismittel für die Schuld wollen, heisst
„dio Schuld wollen, und die Schuld wollen, heisst
„die Schuld vorsprechen". Danach wäre die Aner-
kennung selbst eigentlich kein Vertrag, oder jedenfalls nicht

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94

der Vertrag, aus welchem geklagt werden kann; es müsste
vielmehr ein Vertrag als beabsichtigt betrachtet werden,
etwa was die englischen Juristen einen implied c o n-
t r a c t nennen, und zwar ein Schuldversprechen. Den jet-
zigen Auffassungen entspricht das wohl nicht mehr. Ein-
verständnis herrscht über das Wesen der Anerkennung noch
keineswegs; im algemeincn abor wird jetzt in Deutschland
die Anerkennung selbst als ein Vertrag betrachtet, und als
ein Vertrag sui generis. Auch im B. ö. B.: „Zur öültiglvoit
„eines Vertrags, durch den das Bestehen eines Scliuldverhält-
„nisses anerkannt wird .. ." (§ 781). Mit dieser Vorschrift is
jedoch andrerseits in dieser Beziehung nur entschieden, dass
die Anerkennung ein Vertrag sein kann. Dabei wurde als
in der Wissonscliaft feststehend betrachtet, dass auf Grund einer
Anerkennung, wenn sie al Vertrags aufzufassen ist, Klage
orlioben werden kann ; dass die Abgabe und Annainno oinor
schriftlichen Anorkennungserkh\'irung immer, oder auch nur
im Zweifel, als Anerkennungsvortrag aufgefasst worden soll,
(vgl. Sächs. B. G. B. § 1398) hat man nicht sagen wollen.
Über diesen eigentlichen Anerkennungsvertrag (Feststol-
lungövertrag) sprechen wir später; hier sprechen wir nur
ganz allgemein übor die Construktion, nach welcher, wo
ein öchriftliches Anerkenntnis abgegeben ist, oin Vortrag
irgendwelcher Art als Quelle eines EordorungBrcchts be-
trachtet wird, welches mit dem Hinweis auf diesen Vertrag
als seinen Ursprung gehörig substanziiort sein soll. Dio Frage
selbst, ob dio Abgabe eines Anerkenntnisses als oin obliga-
torischer Vertrag construiert worden darf, kann dabei un-
entschieden bleiben; wir wollen nur ins Licht stellen, dass
diese Construktion oino ziemlich künstliche ist. Sio führt
auch nicht zum erwünschten Ergebnis. — Wer oin Schuld-
anerkonntnis abgiebt, will oinem andern dadurch dio Möglich-

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95

keit verachafFen, ein Forderungsreclit gegen ihn geltend zu
machen. Beide glauben den Zweck damit zu erreichen, weil
sie wissen, dass ein Anerkenntnis das Anerkannte beweist;
sie glauben, daaa ein allgemeinen gehaltenes Anerkenntnis
ein ausreichendes Beweismittel ist, weil sie keine Ahnung
haben vom Erfordernis der Substanziierung der Klage. Der
„Unbefangene" wird sagen: „ea versteht sich von seibat,
dass, wer schuldet, auch zahlen muss; wie die Schuld
entstanden iat, iat dabei gleichgültig". Und wenn man ihm
jenes Erfordernis klar machte, würde er nicht verstehen,
welchen Wert dazu ein Versprechen haben könnte. Er würde
sagen: „Welchen Sinn hat ea, wenn ich zu zahlen verspreche,
was ich schon bekenne zu schulden?" Mau kann verspre-
chen, was man bekennt zu schulden, innerhalb eines ge-
wiaaen Zeitraumea zu zahlen, an einem gewissen Ort, davon
Zinsen zu entrichten, dafür etwas andres zu leisten, u. a. w.;
aber ea noclimal zu zahlen zu versprechen schlechthin, würde
nmn „im gewöhnlichen Leben" ala etwas überflüsaigea und
uuorheblichea betrachten. Man würde auch nicht vorstehen,
daas dadurch eino neue Obligation entstünde, welche im
Veraprochon ihren Ursprung hiitto. Ea könnte beliauptet
werden, daaa die Abgabe eines Sohuldschoines, auch wenn
dieser ein Zahlungaveraprechon enthält, nacli der Ansicht der
Beteiligten doch ungefähr nur dio Bedeutung hat dea rönu-
achen constitutum debiti projirii; es ist
das jedenfalls dann der
Kall, wenn dio Schuldanerkennung dio erste Stelle einnimmt
(„loh bekenne dem A zu schnldou 11. 500, welche ich ihn»
zu zahlen vorspreche am . ..") Darauf in allgomeiniMi
einzugehen, würde una indesaen zu weit führen. Was aber
dio Substanziierung der Klage anbetrilTt, dazu kann ea in
dor That nicht boitmgon, wenn
nmn, waa nmn zu achuldon
bekennt, nociunal zu zahlen verspricht. Wenn die Klage

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nicht gehörig substanziiert ist, wenn man sagt: „Ich ford re
von Dir die fl. 500, die Du mir in diesem Schuldschein zu
schulden bekannt hast", dann ist sie es ebensowenig, wenn
man sagt: „Ich fordre von Dir die fl. 500, die Du mir in
diesem Schuldschein zu zahlen versprochen hast." In beiden
Fällen kann man mit gleichem Recht, oder, wenn man will,
mit gleich wenig Recht, fragen: „Wo soll die Schuld her-
gekommen sein ? Wie soll die Schuld, die ich damals aner-
kannt habe, entstanden sein? Wie soll ich die fl. 500, die
ich Dir damals zu zahlen versprochen habe, schuldig ge-
worden sein?" Wenn etwas substanziiert werden soll,
worüber später, dann ist es die Schuld; die causa, dio Schuld-
ursacho, soll angegeben werden. Die ganze Construktion
ist romanistiech gedacht; um so bemerkenswerter ist es,
dass wahrscheinlich im römischen Recht das sogenannte
Substanziicrungserfordernis einen ähnlichen Zweck hatte. Es
war eine Consequenz des Prinzips: nuda pactio obligationem
non parit. Wenn man den Kläger zugelassen hätte, mittelst
Anerkenntnisses den Beweis zu liefern, dass eino irgendwie
entstandene Obligation vorhanden war, welcho den Beklagten
verpflichtete, eine gewisse Leistung zu machen, hätte thatsäch-
lich ein undum pactum eine Obligation erzeugen können,
d. h. man hätte durch ein formloses Geschüft die Möglich-
keit herbeiführen können, ein Forderungsrccht geltend
zumachen. Dio römischen Juristen sahen das ein, und ver-
langten deshalb den Beweis einer Thatsache, welche nach
dem damaligen Recht eine Obligation erzeugte. Eino solche
Thatsache war die Stipulation, aber nicht weil sio ein
Vortrag war, sondern weil sio oben die Stipulation war.
Was wird aus diesem System, wenn man behufs Sub-
stanziierung der Klage die Berufung zulässt auf ein nudum
pactum, das noch ausserdem künstlich in ein andres Gc-

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schüft hineininterpretiert \\yerden muss? — Schliesslich soll
bemerkt werden, dass das Anerkenntnis, auch wenn die
Abgabe und Annahme ein obligatorischer Vertrag sein
sollte, immer noch ausserdem Beweismittel bleiben muss.
Wenn man sagt, das Anerkenntnis beweise, dass die Be-
teiligten übereingekommen sind, das Anerkannte solle zwischen
ihnen gelten, beweist es einen Vertrag, aber nicht mehr
die causa dieses Vertrages.

Ob die Schuldanerkenuung ein Versprechen begleitet,
oder selbständig auftritt, in beiden Fällen ist sie Beweis-
mittel im Sinne des B. W. Es ist nun die Beweiskraft des
Anerkenntnisses nach niederländischem Recht, welches in
diesem Punkte mit dem französischen übcreinstinnnt, näher
ins Auge zu fassen. Abgesehen vom „gerichtlichen Aner-
kenntnis" (confessio in jure) unterscheiden B. W. und C. C.
zwischen dem schriftlichen und dem mündlicheu Anerkenntnis.
Wir ziehen es vor, ein echtes und eiu unechtes Anerkenntnis
zu unterscheiden. Ein unechtes Anerkenntnis ist vorhaudeu,
wo jemand sich eine Anerkenming sozusagen hat entschlüpfen
lassen ; in dem Falle kann es keinen Unterschied nuichen, ob
das mündlich odor schriftlich gcschah. Dieses unechte Aner-
kenntnis ist ein echtes Beweismittel; es dient dazu, beim
Richter dio lîborzeugung hervorzurufen, dass das Auer-
kannte wahr ist. Demselben ist vom Richter auch nur so-
viel Gewicht beizulegen, als es wirklich dazu beitrügt, diese
Oberzeugung hervorzurufen; es ist oino nicht gcsotzliche
Präsumtion im Sinno dos Art. 1959 B. W. (Art. 1353 C. 0.),
also was uuin im Strafprozess oin Indiz
{annwijzimj) nennt.
Das echte Anerkenntnis dagegen ist eino Erklärung, welche
absichtlich dazu abgelegt wird, einem andern einen Beweis
zu verschaffen von dem, was anerkannt wird. Als echtes
Anerkenntnis kommt heutzutage fast nur das Bchriftlichc in

7

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Betracht; der Art. 1965, der für das mündliclieA-nerkenntnis
die Vorschrift des Art. 1959 wiederholt, geht offenbar davon
aus, dass ein mündliches Anerkenntnis in der Regel ein
unechtes ist. Das schriftliche echte Anerkenntnis ist in der
Regel beim ersten Blick als solches zu erkennen; es unter-
scheidet sich hauptsächlich dadurch, dass es entweder nur
die Anerkennungserklärung in möglichst kurzer Passung
enthält, oder nebst derselben andre Rechtserklärungen, d. h.
Erklärungen, welche absichtlich dazu abgelegt werden, einen
rechtlichen Erfolg hervorzurufen. Ein unechtes Anerkenntnis
ist z. B. die Einräumung der Schuld in einem Brief. Dieses
echte Anerkenntnis ist kein Beweismittel im eigentlichen
Sinne; es ist aber ein Beweismittel im Sinne des Gesetzes.
Es ist nicht die Frage, ob es beim Richter die Überzeugung
hervorruft, dass das Anerkannte wahr ist; seine Wirkung
ist, dass infolge positiver Gesetzesvorschrift das Anerkannte
für bewiesen gehalten wird. Es begründet eino gesetz-
liche Präsumtion, Art. 1953, 4« B. W. (Art. 1350, 4\'\' C. C.).
Dieses Anerkenntnis ist theoretisch ein Vortrag, denn es
ist eino Erklärung, wolcho nur wirksam ist, wenn sio ange-
nommen, oder, was dio Sache violleicht besser ausdrückt,
entgegengenommen wird; schliesslich gilt abor dasselbe z. B.
vom Vorsprechen. Es ist aber kein obligatorischer Vertrag,
auch nicht wonn das Bestehen einer Verbindlichkeit aner-
kannt wird. Es ist ebensowenig ein Boweisvortrag, wenigstens
nicht in dem Sinne, dass daboi dio Verpflichtung übernom-
men würde, das Anerkannte nicht zu leugnen. Dio Beweis-
kraft des Anerkenntnisses beruht unmittelbar auf dem Prinzip,
nach welchem man sich gegen jemand unter gewissen Vor-
aussetzungen auf dessen eigene Worte berufen kann. Auch
das gilt schliesslich ebenso vom Vorsprechen. — Für die
Gültigkeit der Anerkennungserklärung in Bezug auf Hand-

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lungsfäliiglieit u. s. w. gelten dieselben Voraussetzungen,
wie für die Gültigkeit von Recbtserklärungen überhaupt.
Was den Inhalt betrifft, k&nn man den Satz aufstellen, dass
auf Grund des Anerkentnisses nur das Enstehen oder Be-
stehen solcher Rechtsverhältnisse als bewiesen betrachtet
werden darf, über welche man durch Rechtsgeschäft zu
verfügen befugt ist; nicht nur weil sich sonst etwaige Be-
schränkungen dieser Befugnis umgehen Hessen, sondern auch,
weil die Beweiskraft des Anerkenntnisses nach dem oben
gesagten auf derselben Grundlage beruht, wie die bindende
Kraft des Vertrages. Insbesondre müssto man auch an-
nehmen, dass durch oin formloses Anerkenntnis nur solche
Rechtsverhältnisse bewiesen werden können, welche be-
gründet worden können durch einen formlosen Vertrag.
Mau hat diese Consequenz im allgemeinen richtig gezogen;
nur nicht hior bei der Schuldanerkennung. Wenn man, wo
keine Schuld vorhanden ist, nicht befugt ist, durch einen
formlosen Vortrag oino Schuldverbindlichkeit zu erzeugen,
sollte man nicht nur den Beweis durch Anerkenntnis dor
Schuld als Gültigkeitsbedingung des Vertrages ausschliesson,
sondern auch don Beweis einer Schuldverhindlichkeit über-
haupt, sei es durch ein Anerkenntnis der Schuldverbindlich-
keit selbst, sei es durch ein Anerkenntnis der Thatsachcn,
aus welcher sie entstanden sein soll. Und doch muss man
annohmon, dnss dio causa durch Anerkenntnis bewiesen
werden kann. „Wenn keine
oorzaak ausgedrückt ist, und
„dennoch eine erlaubte anwesend ist...", sagt Art. 1372
B. W. Wenn also eine causa „ausgedrückt" ist, braucht sio
nicht mehr bewiesen zu wordon; sio ist dadurch bewiesen,
dass die Urkunde sio erwähnt. Darin liegt der grosso Fehler
der hier behandelten causa-lehre, und zugleicherzeit der
Schlüssel zu ihrem Verständnis. AVenn man aber diesen

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lÖO

Fehler gemacht hat, ist das sicher nicht ohne Zweck ge-
schehen; man hat nur auf einem Umwege einem neuen
Institut Eingang verschaffen wollen, das sich mit gebietender
Notwendigkeit aufdrängte: Die Begründung von Schuldver-
bindlichkeiten mittelst Privaturkunde. Für das Vorhanden-
sein der causa einen wirklichen, objektiven Beweis zu
verlangen, ist schon seit mindestens einem Jahrtausend nicht
mehr thunlich; wollte man das verlangen, dann könnte
keine einzige Schuldverbindlichkeit durch eine Urkunde
bewiesen werden, oder z. B, nur durch die notarielle Be-
scheinigung eines vor den Augen des Notars bar ausge-
zahlten Darlehns. Es war unbedingt notwendig, den Ange-
sprochenen zu belasten mit dem Beweise, dass eino causa
nicht vorhanden gewesen ist. Faktisch giebt es iinter
diesen Umständen ein selbständig bindendes Schuld verspre-
chen, welches, als blosse Form, eine Schuldancrken-
nung enthält.

Dass eine Schuldverbindlichkeit mittelst Privaturkundo
bewiesen und also thatsächlich auch begründet werden kann,
geht auch aus Art.
1915 B.W. (Art. 1326 C. C.) hervor;
vgl.
Hamakek, Weclzhl. v. Friv. R, Not. A. cn lieg. 1899,
S. 243. Mohr ist, glauben wir, aus dieser Bestimmung nicht
zu schliessen. Die Vorschrift betrifft dio eigentliche, unmit-
telbare Beweiskraft der Urkunde, — den Beweis, dass dio
in ihr enthaltene Erklärung abgegeben ist von dem, der sie
unterschrieben hat; man hat in diesem Fall eine besondre
Garantie dafür schaffen wollen, .dass er ihren wesentlichen
Inhalt gekannt hat, als er sio abgab. Welcherart aber
dieso Erklärung sein muss, damit sio dio Schuldverbind-
lichkeit beweise, sagt dio Vorschrift nicht.

Wer auf Grund eines Schuldversprechens Klage erhebt,
muss beweisen, dass es eino causa, eino Schuldursacho, gege-

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101

bon hat. Wird dor Beweis verlangt einer bestimmten
Scbuldursache, oder genügt der Beweis der Existenz einer
Schuld überhaupt? Auch diese Frage veranlasst nur in Bo-
treff des Beweises durch Anerkenntnis eine nähere Erörte-
rung. Nach einer verbreiteten Ansicht, auch von
Moltzer
(Hand. d. Ned. Jur. Ver. 1889, I. S. 199) vertreten, kön-
nen immer nur Thatsachen, nicht Rechtsverhältnisse, den
Gegenstand einer Beweisaufnahme bilden. Für dio gewöhn-
lichen Beweismittel ist das unbedingt richtig; os scheint
das aber eine Folge der Beschaffenheit dieser Beweismittel.
Für das Anerkenntnis braucht es deshalb nicht zu gelten.
Man denko sich, dass ein dingliches Recht anerkannt ist.
Ist ein solches Anerkenntnis wertlos, und muss, wenn der
Anerkennende später das Recht leugnet, die Thatsache be-
wiesen werden, aus welcher es entstanden sein soll? Dass
durch Anerkenntnis unmittelbar ein Recht bewiesen wordon
kann, hängt allerdings zusammen mit dor bcsondorn Natur
dieses Beweismittels, das nicht eigentlich beweist, sondern
vielmehr des Beweises enthebt, weil das Anerkannte für be-
wiesen gehalten wird. Es hängt auch damit zusammen, dass
das Anerkenntnis sozusagen oin Beweismittel mit zwei
Stufen ist; dio Urkunde beweist dio Anerkennung, und dio
Anerkennung soll das Recht beweisen. Dasselbe gilt daher
für allo Präsumtionen, auch für dio nichtgosetzlichcn. Beim
Beweis durch Präsumtion wird irgend eino Thatsache be-
wiesen, aus welcher auf das Bestehen des Rechts geschlossen
werden kann, und nicht die Thatsache, aus dor das Recht
entstanden ist. Man wird sagen, es worden dabei dann doch
immerhin Thatsachen bewiesen. Gewiss, abor auch das An-
erkenntnis, dio Abgabe der Ancrkennungsorklärung, ist eino
solcho Thatsache, aus welchor ebenfalls unmittolbar auf das
Bestohon des anerkannton Rechts geschlossen worden kann.

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102

Das Anerkenntnis gehört ja auch nach der Auffassung des
B. W. zu den Präsumtionen. Der Satz, dass nur Thatsachen
Gegenstand der Beweisaufnahme sein können, ist richtig,
wenn man die Präsumtionen nicht zu den Beweismitteln
zählt, was theoretisch auch ohne Zweifel richtiger ist. llap
soll dann aber auch nicht vergessen, dass beim Beweis durch
Präsumtion, und somit auch beim Beweis durch Anerkennt-
nis, ebenfalls Thatsachen bewiesen werden. Bewiesen wird
die Thatsache der Anerkennung, und zwar mittelst Urkunde.
"Wenn der Kläger nun daraus schliesst, dass ein Recht besteht,
ist das keine eigentliclie Beweisführung; aber darauf kann
man dann auch nicht die Regeln der Beweisführung anwenden.

Wir halten es also für möglich, durch Anerkenntnis zu
beweisen, dass es eino Schuld gegeben hat, ohne auch nur
anzudeuten, wie sie entstanden sein soll. Die Frage, ob ein
solcher Beweis genügt, muss vom materiellen Recht aus
beantwortet werden. Sio wurde vom II. R. in der Entsch.
vom 13. Febr. 1870 (W. 3192) bejaht. In zweiter Instanz
war vom Provinzial-Gerichtshof in Süd-IIolland (Entsch. v.
4. Okt. 1869, W. 3194) erwogen: „dass hier erforderlich war
„der Beweis, nicht unbestimmt dass es gab eino Schuld-
„ursache, sondern bestimmt worin diese bestanden hat, einer-
„seits zur Beurteilung der Rcchtsgültigkeit des Vertrages,
„sowie andrerseits damit ersichtlich sei in welcher Sache
„(von welcher Schuld) der Schuldner durch die von ihm
„geforderte Zahlung befreit werden soll, worüber keine Un-
„sicherkeit bestehen gelassen wérden darf." Dagegen erwog
der II. R.: „dass das Gesetz nirgends bestimmt, dass
„dio Bezeichnung einer Verbindlichkeits-oorr««/.-, um gültig
„zu sein, nur in gewisser vorgeschriebener Weise geschehen
„dürfe, und daher auch nicht fordert, dass der Inhaber
„eines Schuldbekenntnisses wio das hier gemeinte, ausser-

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„dem von anderswo beweisen müsse, dass er, obwohl als
„solcher anerkannt, wirklich ist Gläubiger, und ebensowenig
„wie und in welcher "Weise er das gewor-
„den ist für den Betrag, für den der Unterschreiber sich
„ihm gegenüber als Schuldner bekannt hat." — Die Praxis
ist, auch sofern sie, was das materielle Recht anbetrifft,
auf dem Boden steht der hier dargestellten causa-lehro, in
diesem Punkt eine geteilte. Bei den meisten über die causa
geführten Prozessen handelte es sich um die Frage, ob eino
spezielle Schuldursacho nachgewiesen werden muss; sio
wird fortwährend mit dem eigentlichen causa-erfordernis
verwechselt.

Aus historischen Gründen ist anzunohmen, dass eine bo-
stimmto Schuldursacho angegeben worden muss; es scheint,
dass man das auch in Art. 1372 B. W. hat sagen wollen.
Asser {Het Ncd. B. W. vergclcJcen md het Wctb. Nap.
S. 480) bemerkt, dass Art. 1132 C. C. sich falsch aus-
drückt. Es steht dort: „La
Convention n\'est pns ihoins
„valablo, quoiquo la cause n\'en soit pas exprim(5e;" es hätte
sein müssen: „. ... n\'y soit exprimdo". Das letzte hat man
in Art. 1372 B.W. sagen wollen: „Wenn keine oorraaZ; aus-
„gedrückt ist, und dennoch eine erlaubte anwesend ist...."
Dio causa braucht in dor Vcrtragsurkundo nicht erwähnt zu
werden; daraus soll man aber nicht schliessen, dass sio
überhajipt nicht angegeben zu werden braucht. Sie muss
jedenfalls dann angegeben werden, wenn auf Grund des
Vertrages Klage erhoben wird;
Assek, S. 482: „Wer dio
„Erfüllung des Vortrages fordert, muss anlässlich dieses Ar-
„tikels den Mangel der Bezeichnung ergänzen ...." Wenn
nun eine Urkunde lautet: „Ich vorspreche dem A, ihm
fl. 500 zu geben, welche ich ihm schulde", dann ist damit
bewiesen, dass der Vertrag nicht ohno causa ist. .^^an kann

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104

aber nicht sagen, es sei die causa darin „ausgedrüclct", und
somit muss bewiesen werden, dass „eine erlaubte (sc, causa)
vorhanden ist"; beide Ausdrücke deuten darauf, dass die
Bezeichnung einer bestimmten causa verlangt wird. Dieses
Erfordernis steht indessen mit dem eigentlichen Kern der
causa-lehre (ein Schuldversprechen erzeugt eine Obhgation
nur dann, wenn eine Schuld vorhanden ist) nur in mittelbarem
Zusammenhang. Es hat damit wahrscheinlich folgende Be-
wandtnis, Wer Klage erhebt aus einem Schuldveraprechen,
muss zweierlei anführen, erstens den Vertrag, zweitens dass
das Versprochene geschuldet wurde. Die Schuld gehört also
zum Klagegrund, und diese Schuld muss substanziiert wer-
den ; d. h, der Kläger muss sagen, wie die Schuld entstan-
den sein soll, genau so, wie wenn er die Schuld selber (dio
ursprüngliche Schuldforderung) einklagt. Diese Pflicht des
Klägers, den Ursprung anzugeben einer Schuldforderung,
auf welche er sich beruft, ohne Unterschied, ob dieselbe ein
Schuldversprechen veranlasst hat, oder nicht, ist ein selb-
ständiges Institut, über welches wir im Folgenden noch
einiges zu sagen haben.

Vorher müssen wir bemerken, dass das Anerkenntnis
einer bestimmten Schuldursacho als Beweis der Existenz
einer causa durchaus keinen höhern Wert hat, als das An-
erkenntnis einer Schuld überhaupt. Es beweist namentlich
nicht, was es doch nach einer früher und später vielvor-
breiteten Ansicht besonders beweisen sollte, dass dio causa
eine erlaubte war. Wer schreiben will: „Ich verspreche dem
A, ihm fl. 500 zu zahlen", kann auch schreiben: „Ich be-
kenne, dom A fl, 500 zu schulden", aber auch ebensogut:
„Ich bekenne, von A ein Darlehn im Betrage von fl. 500
erhalten zu haben." Die letzte Fassung giebt ebensowenig
wio die beiden andern eino unnuttelbaro Ghirantie dafür.

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dass nicht eine Schenkung vorliegt oder ein unerlaubtes
Geschäft. Dennoch ist die Bezeichnung einer bcstininiton
Schuldursacho nicht ohne allen Wert. Sie beweist thatsäch-
lich nichts, aber sie erleichtert den Gegenbeweis.

Über diesen Gegenbeweis haben wir jetzt noch zu sprechen.
Der Gegenbeweis gegen ein Anerkenntnis ist unbeschränkt
zulässig, schon deshalb, weil er nicht ausgeschlossen ist
(vgl. Art. 1958 B.W.; Art. 1352 G.G.); sowohl von der
Rechtsgeschichte wio von der Praxis wird das bestätigt. Was
insbesondre dio Anerkennung einer causa anbetrifft, geht
aus der Unverbindlichkeit eines Vertrages mit falscher causa
deutlich hervor, dass dio Falschheit bewiesen werden darf.
Was das Gesetz eine „falsche causa" nennt, ist eine fiilsch-
lich anerkannte causa, d. h. dio wahrheitswidrigo Anerken-
nung einer causa. Vielleicht ist dieser Gegenbeweis richtiger
als eine Anfechtung oder als Widerruf zu construioron ;
was aber das Schuldanerkonntnis anbetrifft, so muss dasselbe
dann doch immerhin anfochtbar sein wogen mangelnder
causa. Wio man es nimmt, es möge sich handeln
Um einen
Gegenbeweis odor um oino Anfechtung, um dio Anfechtung
eines Anerkenntnisses oder die eines Vortrages, eines obli-
gatorischen odor eines sonstigen Vertrages, dor Beklagte hat
jedenfalls nur zu beweisen, dass or in Wirklichkeit nichts
schuldoto, odor, was dassolbo ist, dass das Anerkenntnis
nicht der Wahrheit entsprach. Er braucht keinesfalls zu
boweison, dass or sich im Irrtum befunden hat. — Dor
Beweis aber, dass cr dem Kläger überhaupt nichts schuldete,
ist oigontlich niemals unmittolbar zu führen. Denken wir
uns nun oinon indiskreten Schuldschoin. Es kommen drei
Fällo in Betracht. 1. Dor Beklagte hat schenken wollen;
or wird das positiv annehmbar machon müssen. 2. Er
hat geglaubt zu schulden, und 3. or hat sich vom Kläger

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(oder von einem andern) einschüchtern lassen (vgl. das S. 74
gegebene Beispiel). In den beiden letztern Fällen hat er zu
beweisen, erstens dass der Schuldschein abgegeben wurde
in Hinblick auf eine gewisse angebliche Schuld, uud zweitens
dass diese Schuld in Wirklichkeit nicht existierte. Der erste
Teil dieser Beweisführung wird in der Regel nun dennoch
die Darlegung enthalten müssen der Umstände, unter wel-
chen der Beklagte dazu gekommen ist, den Schuldschein
abzugeben, also im häufigsten Fall das Annehmbarmachen
eines Irrtums; das beste Mittel, wenn auch nicht das ein-
zige, den Richter davon zu überzeugen, dass eine nicht
existierende Schuld die Abgabe des Schuldscheins veran-
lasst hat, ist der Beweis, dass der Abgeber selber an die
Existenz dieser Schuld geglaubt hat. — Denken wir uns
nun andrerseits einen Schuldschein mit einer irgendwie spe-
ziell bezeichneten Schuldursache. Der Beklagte hat dann in
allen Fällen nur zu beweisen, dass diese spezielle causa
nicht vorhanden war; im häufigsten Fall, d.h. wenn der
Schuldschein ein Darlehn erwähnt, braucht nur bowiesen zu
werden, dass ein Darlehn nicht gegeben war. Ein solcher
Beweis ist oft schon schwierig genug; man soll aber vor-
laugen, dass die Bezeichnung der Sohuldursaeho wenigstens
so genau ist, dass darüber cin Eid zugeschoben werden kann.
Ist dieser Beweis gelungen, dann ist der Fall eines Vertrages
mit sogenannter falscher causa vorhanden. Der Vortrag ist
dann als solcher nicht, wio man aus Art. 1371 B. W.
schliesseu müsste, kraftlos; aus\'Art 1372 („.... oder auch
„wenn eine andre erlaubte
oorzank als die ausgedrückte be-
„steht, hat nichtsdestoweniger der Vortrag bindende Kraft")
geht hervor, dass der Vertrag nunmehr einem Vertrage ohne
ausgedrückte causa gleichsteht. Dor Kläger darf also be-
weisen, dass eine andre causa vorhanden war; es versteht

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sich, dass er dabei bestimmte Thatsachcn anzuführen hat,
schon weil er sich dabei nicht auf ein Anerkenntnis be-
rufen kann. Diese Bestimmung ist als eine Vergünstigung
des Schuldscheins anzusehen; sie rechnet mit der nun ein-
mal bestehenden Sitte, auch bei volkommen erlaubten Ge-
schäften eine fingierte causa zu erwähnen. Diese Sitte ist
ein Ergebnis des positiven causa-erfordernisses selbst.

Die Angabe einer bestimmten Schuldursacho ist also nicht
etwas völlig illusorisches; sie erleichtert den Gegenbeweis,
und giebt also eine gewisse Garantie dafür, auch dem Rich-
ter gegenüber, dass eine causa, und zwar eine erlaubte causa,
vorhanden war. Ist est aber nötig, damit dio Angabe der
causa diese Wirkung hat, — die einzige Wirkung, welche sie
mit Möglichkeit haben kann, — ist es dazu nötig, dass sie im
Schuldschein geschieht? Genügt es nicht vollständig, dass
sio bei Erhebung der Klage stattfindet P Man gestatte uns
hier eine Bemerkung de lege ferenda, welche vielleicht
dazu beitragen kan, eino jetzt schon bestehende Praxis zu
erklären. Als Beweis für das Vorhandensein einer causa
ist dio Angabe einer bestimmten causa im Schuldschoin
ebenso wertlos, wie dio unbestimmte Anerkennung einer
Schuld. Uiui nun ist es ungerecht, die causa als bewiesen
zu betrachten durch dio Angabo einer bestimmten causa
im Schuldschein, welche als Beweis wertlos ist, und andrer-
seits, wenn der Schuldschein eine solche Angabe nicht ent-
hält, einen wirklichen, selbständigen Beweis der causa zu
verlangen. Man verlange deshalb auch im letztem Fall nur
dio A n g a b o, nicht den Beweis, einer causa. Es wird
hier nur deshalb davon gesprochon, weil sich in der Praxis
schon etwas derartiges vorfindet, und es auch geschichtlich
zu rechtfertigen ist. Was sieht man, wenn aus einem „in-
diskreten" Schuldschoin goklagt wird? Es giobt anschoi-

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108

ncnd zwei Möglichkeiten. Erstens, es wird nur geklagt aus
dem Schuldschein, wie er lautet, also ungefähr in dieser
Weise: „Der Beklagte schuldet mir fl. 500, und hat mir in

diesem Schuldschein versprochen mir diesen Betrag am____

zu zahlen"; oder: „Der Beklagte hat mir in diesem Schuld-
schein versprochen, mir fl. 500 zu zahlen; er schuldete mir
diesen Betrag". Man wird einräumen müssen, dass eine solche
Fassung der Klage nicht gebräuchlich ist, sogar nicht in den
Ländern, wo von einem positiven causa-erfordernis schon
lange nicht mehr die Rede ist. Die andre Möglichkeit ist,
dass der Kläger angiebt, wie die Schuld, "welche die Abgabe
des Schuldscheins veranlasst hat, entstanden ist. Das letzte
sieht man in der Regel geschehen, und es geschieht,
glauben wir, weil der Kläger es für erforderlich hält, weil
sonst die Klage nicht gehörig substanziiert wäre. Nun
ist es deutlich, dass diese Behauptungen durch den indis-
kreten Schuldschein nicht bewiesen werden. Der Kläger
denkt aber nicht daran, darüber einen andern Beweis
anzubieten. Diese Gewohnheit wäre kaum zu erklären, wenn
es sich nicht um die soeben erwähnte Angabepflicht ohno
Beweispflicht handelte. Denn sonst muss man annehmen,
entweder dass die Behauptung zur Begründung der Klage
gehört, und dann muss sio bewiesen werden, oder dass
sio überflüssig ist, und sogar als dem Interesse des Klä-
gers widerstreitend betrachtet werden muss. Denn wenn
der Kläger einmal angegeben hat, wio die Schuld ent-
standen sein soll, ist dem Beklagten dio Anfechtung des
Schuldscheins bodentend erleichtert. Oder sollte der Kläger
vielleicht nur deshalb dio Schuldursacho nennen, weil das
einen bessern Eindruck macht? Die Tendenz wäre dann
doch dieselbe; der Richter soll nicht denken, dass es mit
der causa nicht seine Richtigkeit habe. — Wird die Schuld-

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109

Ursache vorn Kläger genannt (ohne Unterschied, ob er dazu
verpflichtet ist oder nicht), dann ist die Lage ziemlich die-
selbe, wie wenn der Schuldschein sie bezeichnet hätte. Be-
weist der Beklagte, dass in dor vom Kläger behaupteten
Weise eine Schuld nicht entstanden sei, dann ist damit dar-
gethan, dass dem Versprechen dio causa fehlt. Nun sind in
der Regel die Behauptungen des Klägers darüber nicht
völlig aus dor Luft gegriffen; die Behauptung des Beklagten
wird in den meisten Fällen dahin gehen, dass nur infolge
andrer, vom Kläger nicht erwähnter. Umstände eine Schuld ^
nicht zur Existenz gelangt sei. Dabei wird sich in der Regel
von selbst zeigen, wio es kam, dass dor Beklagte den Schuld-
schein abgegeben hat, z. B. weil er sich übor das Bestohon
einer Schuld im Irrtum befand. Bestreitet er schlechthin
dio Behauptungen des Klägers, und beweist or wirklich, dass
es eino solche Schuld nicht gogobon hat, dann bleibt aller-
dings dieser Punkt unaufgeklärt, aber os war nicht soino
Behauptung, sondern dio des Klägers, dass jene angebliche
Schuld dio Abgabe des Schuldschoins veranlasst hatte. Iis ist
möglich, dass oino andre Schuld bestanden hat; ob dor
Kläger, nachdem dio Nichtoxistonz dor zuerst von ihm ange-
führten causa bewiesen ist, sich noch auf oino andre causa
berufen kann, ist abhängig von dor Entscheidung dor wei-
tem Frage, ob man vorlangt, dass dio Schuldursacho in dor
Klageschrift bozoichnot wird, odor nur dass sio angegeben
wird, nachdem der Beklagte danach gefragt hat; im orBtorn
Fall botrachtot man sio als zum Klagegrund gehörig, und
wäre dio spätere Anführung oinor andern causa oino Klago-
ändorung. — Wonn nnin in dor Zukunft oino gewisse po-
sitive Garantie für dio Existenz oinor aiusa boibohalton will,
kann es sich nur um oino solcho Bohauptungspflicht handeln.
Man wird dann aber wohl thun (man gestatte uns auch

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110

noch diese Bemerkung de lege ferenda), in derselben Weise,
wie man den Beweis der causa, der Schuld, welche ein
Versprechen veranlasst hat, als erbracht ansieht, auch den
Beweis der unmittelbar geltend gemachten Schuldforderung
zu gestatten. Man gestatte dem Kläger, durch die Produktion
eines blossen Anerkenntnisses („Ich bekenne, dem A fl. 500
zu schulden") den Beweis zu erbringen, dass er ein
Forderungsrecht, wie das anerkannte, hat, und verpflichte
ihn, nur anzugeben, wie die Forderung entstanden
sein soll. Nur so kann man eine natürliche Gleichstellung be-
wirken zwischen Schuldversprechen und Schuldanerkenntnis.
Wenn man in solchen Fällen, um die Klage als substanziiert
bezeichnen zu können, die Abgabe des Anerkentnisses als
die vertragsmässige Begründung einer neuen Verbindlich-
keit construiert, erreicht man durch eine künstliche Con-
struktion nur eine illusorische Substanziierung. — Endlich
gestatte man auch dem Inhaber eines Schuldscheins mit
falscher causa-angabe, damit den Beweis zu liefern der
Existenz einer Schuld schlechthin, unter Angabo dor wahren
Schuldursacho.

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§ 9. Ausiijiliiiieii und besondre Fiillo.

Iu § 6 wurde gesagt, dass ein formloser Vertrag eine
Schuldverbiudlichiceit nur erzeugen kann in Verbin-
dung mit einer Schuld. Damit sollte nicht gesagt werden,
dass für Verträge, welcho unter Wahrung irgendwelcher
Form geschlossen werden, eine derartige Beschränkung nicht
gilt. Stellt mau über dieselbe Regel auf für alle Verträge
ohne Unterschied, dann giebt es verschiedene wichtige Aus-
nahmen.

Zuerst jedoch ist zu bemerken, dass man, ohne selber
zu schulden, dio Haftung übernehmen kann für dio Schuld
eines andern. Wenn nuin dio Regel so aufstellt, dass nur,
wer schuldet, eine Schuldverbindlichkeit übernehmen kann,
dann ist auch die Bürgschaft eino Ausnahme. Aber
wenn auch der Bürge nicht selber schuldet, so ist doch
eine Schuld vorhanden, obgleich oino fremde, und dio Exis-
tenz dieser Schuld ist wesentlich für dio Gültigkeit der
Bürgschaft. In diesen» Sinne ist Art. 1858 B. W. zu ver-
stehen: „Keine Bürgschaft kann bestehen, odor es muss
„eine gesetzmüssigo Ilauptverbindlichkeit geben" (vgl. Art.
2012 C. C.). Dio Existenz einer Ilauptverbindlichkeit ist
oino objektive Voraussetzung für dio Gültigkeit der Bürg-
schaft, und zwar weil die Ilauptverbindlichkeit nicht existiert
ohne Schuld; dio Möglichkeit der Übernahme einer Bürg-

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112

schaft für eine Schenkung kann man ruhig ausser Betracht
lassen. Die Bedeutung der citierten Vorschrift ist nicht, dass
angenommen wird, der Bürge hahe sich nur für den Fall
verpflichten wollen, dass die Schuld existiert; nein, wenn
keine Schuld vorhanden ist, fehlt auch der Bürgschaft die
causa. Ungenau ausgedrückt: Die Hauptverbindlichkeit ist
die causa der Bürgschaft. So ist auch Art. 1859 B. W. zu
erklären: „Ein Bürge kann sich nicht zu mehr verpflich-
„ten,.... als wozu der Hauptschuldner verpflichtet ist"
(kräftiger und zugleich bezeichnender Art. 2013 C. C. :„Le
„cautionnement ne peut excéder ce qui est dü par le débi-
„teur ...."); der Bürge ist nicht befugt, sich zu mehr zu
verpflichten, weil für den Mehrbetrag wiederum die causa
fehlen würde. Dagegen kann nach Art. 1858, Abs. 2 B. W. (Art.
2012, Abs. 2 C. C.) eino Bürgschaft übernommen werden für
eine Verbindlichkeit, welche, wie der Gesetzgeber sich aus-
drückt, „vernichtet werden kann durch eine Einrede", welche
nur die Person des Obligierten betrifft; als Beispiel wird
der Fall der Minderjährigkeit genannt. Wir wissen, dnss
noch immer darüber gestritten wird, ob eine „natürliche
Verbindlichkeit" eine genügende causa ist, und dass man
unterscheiden muss. In den Fällen nun, von denen hier die
Rede ist, wenn ein Vertrag nur deshalb unverbindlich ist,
weil einem der Vertrugschliessenden dio Ilandlungsfïihigkeit
fohlte, muss notwendig eine Schuld vorhanden sein.
Daher würde, wenn der ursprüngliche Promittent, nachtlein
er grossjährig geworden wäre,, sein Versprechen wiederholte,
dieses Versprechen eine causa haben, und kann aus dem-
selben Grunde schon gleich anfangs oin handlungsfilhiger
Dritte die Haftung überneiimen. — Alle ältern Schrift-
steller bemühen sich, auseinanderzusetzen, weshalb die (un-
entgeltliche) Übernahme einer Bürgschaft keine Schenkung

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113

ist. Was dabei den Ausschlag gegeben hat, ist wahrschein-
lich, dass, wie
Pothier es ausdrückt (Traité des Obligations,
n. 365): „le créancier ne reçoit.... rien au delà de ce qui
lui est du...." („devoir" cum dativo bedeutet immer
„schulden"; „je dois lui payer", „ich soll im zahlen"; „je-
lui dois", „ich schulde ihm"). Der Gläubiger bekommt vom
Bürgen etwas, das ihm geschuldet wird; dass nicht der
Bürge, sondern ein andrer, es ihm schuldet, kommt nicht
in Betracht. Im allgemeinen lässt sich der Satz aufstellen:
eine einzige Schuld rechtfertigt eine unbeschränkte Anzahl
Haftungen. — Wir teilen diese Betrachtungsweise mit als
historische Thatsache, ohne ein Urteil auszusprechen über
ihre Berechtigung. Wir bemerken nur noch, dass sich oino
ähnliche Auffassung bei den römischen Juristen vorfindet;
z. B. fr. 21, pr. D. 39, 5: „Ut mihi donares, creditori meo,
„delegante me, promisisti. Pactum valet: ille enim suum
„recepit." A will dem B schenken; er verspricht dem 0 ihm
einen Betrag zu zahlen, den ihm B schuldet; es ist das
keino Schenkung, weil dem C das Versprocheno geschuldet
wurde, wenn auch nicht von A. Man vergleiche auch fol-
genden Fall. A, welcher dem B zu schulden glaubt, ver-
spricht auf dessen Anweisung, an C zu zahlen, dor eine
Forderung auf B hat. Er kann das Versprechen nicht damit
anfechten, dass or irrtümlich geglaubt hat, dem B zu schul-
den; das Versprechen ist dagegen anfechtbar, wenn auch
die Schuld von B an C nicht existierte. Das letzte galt nun
auch, wenn die Delegation stattgefunden hatte, woil B dem
C hatte schenken wollen (fr. 2, §§ 3 und 4 D. 39, 5; fr.
7, D. 44, 4); in beiden Fällen wird dem 0 nichts gesohnl-
det. — Auf einer ähnlichen Anschauung beruhte auch wohl
die bindonde Kraft des constitutum dehiti alieni. Endlich er-
wähnen wir auch noch folgende verwandte Erscheinung im

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114

heutigen Recht. "Wir wissen, dass selten jemand haftet für
einen Schaden, den er nicht hat verhüten können. Wo aber
^[ehrere solidarisch haften, ist es regelmässig jedem einzel-
nen nicht gestattet, sich durch den Beweis, dass er persön-
lich den Schaden nicht hat verhüten können, der Verant-
wortlichkeit zu entziehen. — Die Bürgschaft muss nach
Art. 1861 B. W. (Art. 2015 C. C.) ausdrücklich
übernommen werden. Wenn man will, ist auch das eine Art
Form, wenn auch keine bestimmte; die Erklärung des Bürgen
muss so gefasst sein, dass daraus unzweifelhaft seine Absicht
hervorgeht, sich zu verpflichten. Die Vorschrift hängt ohne
Zweifel damit zusammen, dass der Bürge nicht schuldet.

Wird für die Übernahme der Bürgschaft eine Prämie ge-
zahlt, dann kann sie in Bezug auf dio causa der Versiche-
rung gleichgestellt worden. Über den Versicherungsvertrag
bemerken wir, dass dio Zahlung einer Prämio (oder auch
wohl eine sonstige Gegenleistung) erforderlich ist zur Gültig-
keit des Vertrages (Art. 246 W. v. K.); die Übernahme
der Vorsicherung ohne Gegenleistung wäre eino Schenkung.
Als Schuldursacho ist beim Versicherungsverträge weder aus-
schliesslich die Zahlung dor Prämio zu betrachten, dio in
der Regel sehr gering ist im Verhältnis zur Versicherungs-
summe, noch der vom Versicherten erlittene Schado, den
der Versicherer nicht verschuldet hat, sondern die Aussicht
des Versicherers, dio Prämio ohne Gegenleistung behalten
zu können, wenn kein Schado erlitten wird.

Eigentlich das einzige Vorsprechen, boi dem von oinor
Schuld überhaupt nicht die Rede ist, ist das schenkweiso
erteilte, oder, wio man es zu nennen pflegt, das Schon-
kungsvorsprochen; es ist bindend, wonn es nota-
riell beurkundet wurde. Man kann, was das heutige Recht
anbetrifft, nicht sagen, dass die Form der notariellen Bcur-

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115 I

kiindung das*\'Vorhandensein einer causa überflüssig macht;
wenn das in dieser Form versprochene nicht geschuldet
wurde und der Promittent auch nicht hat schenken wollen,
ist das Versprechen ebensowenig bindend wie ein formloses.
Der Unterschied ist nur, dass man sich, wo das Versprechen
notariell beurkundet ist, anstatt auf eine causa, auch darauf
berufen kann, dass eine Schenkung vorlag. Dass wir das
im B. W. nicht positiv ausgesprochen finden, — dass dio
Form
Vorschrift für Schenkungen als eine Beschränkung hin-
gestellt wird (Art. 1719 B. W.; Art. 931 C. C.), und nicht
die bindende Kraft des geschenkten Versprechens als eino
Ausnahme von der Regel der Unverbindlichkeit der Verträge
ohne causa, — das findet seinen Grund darin, dass mau den
animus donandi als eino causa betrachtete. Wenn nun auch dieso
Terminologie als weniger zutrcff\'end bezeichnet werden muss,
dann liegt darin doch kein Grund, weshalb das Recht nicht
gelten sollte, das man damit hat ausdrücken wollen. Man hat
also anzunehmen, dass der animus donandi bei notariell beur-
kundeten Verträgen dieselbe Rollo spielt wio eino causa. Der-
selbe muss daher jedenfalls bewiesen werden ; entweder weil
er eine causa ist, oder weil nur Schenkungen, nicht im allge-
meinen Verträge ohne causa, iu notarieller Form bindend sind.
Er wird in dor Regel dadurch bewiesen, daas iu dor Urkunde
das Geschäft als eine Schenkung bezeichnet wird. Erforderlich
ist das jedoch nicht. Auch wenn die Urkunde daa Vorsprechen
ala promissio debiti hinstellt, also eine falsche causa enthält,
oder, waa jedoch wohl seiton vorkommt, übor dio Veranlassung
dos Versprechens schweigt, wird man den Beweis gestatten
müsaen, dnss oino Schenkung beabsichtigt war.

Bei weitem dio intoreaaauteate der hierher gehörigen Er-
scheinungen iat der Vergleich. Wenn, wio ea in der
Regol der Fall ist, dabei oino Schuldverbindlichkeit über-

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nommen wird, braucht bei der Geltentmachung dieser For-
derung nicht nur nicht bewiesen zu werden, dass eine Schuld
vorhanden war, sondern es ist der andern Partei auch nicht
gestattet, zu beweisen, dass eine Schuld nicht vorhanden
gewesen ist. Der Vergleich hat die Wirkung eines rechts-
kräftigen Urteils, und kann nur in gewissen Fällen ange-
fochten werden (Artt, 1895—1901 B, W.; Artt, 2052—2058
C, C.), Als Absicht der sich vergleichenden Parteien muss
nicht bloss angenommen werden, dass eine Schuldverbind-
lichkeit bestehen soll, unabhängig davon, ob wirklich eine
Schuld existierte; der Vergleich geht dahin, dass fortan an-
genommen werden soll, es bestünde die streitige Schuld zu
einem gewissen Betrage, Darauf kann man sich berufen, wie
auf eine wirkliche Schuld, auch z, B, wenn später auf Grund
dieser vereinbarten Schuld eine neue Verbindlichkeit einge-
gangen ist, — Der Vergleich muss nach art. 1888, Abs, 2
B, W. (Art, 2044, Abs. 2 C. C.) schriftlich abgeschlossen
werden. Wie, wenn infolge des Vergleichs unmittelbar ein
schriftliches Zahlungsversprechen oder Schuldanerkenntnis
abgegeben wird? Man wird dann nicht sagen können, dass
der Vergleich schriftlich abgeschlossen ist. Anders vielleicht,
wenn aus dem Inhalt der Urkunde hervorgeht, dass die Abgabe
das Ergebnis eines Vergleichs war, — Eine Voraussetzung
des Vergleichs ist, dass von beiden Seiten nachgegeben wird.
Der typische Fall ist, dass A behauptet, an B eine Forderung
von H. 100 zu haben, und IJ behauptet, dem A nichts zu
schulden; beide einigen sich dahin, dass angenommen wer-
den soll, B schulde fl. 50, aber auch nur fl. 50. In einem
gewissen Sinne ist der Verzicht des A auf die Hälfte seines
behaupteten Anspruchs die causa für die Übernahme einer
behaupteten Nichtschuld durch B. Es liegt kein Vergleich
vor, wenn B zuerst die Schuld bestreitet, aber später nach-

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117

giebt, und die Schuld im vollen Betrage anerkennt. Auch
nicht, wenn er behauptet nur fl. 50 zu schulden, und A sich
damit zufrieden giebt. Man hat das in Art. 1888 B. W.
ausdrücken wollen, und deshalb der Definition des Art. 2044
die Worte zugefügt: „gegen Ubergabe, Verspreclien odor
Zurückhaltung einer Saclie". Diese Worte sind der c. 38 C.
2, 4 (vgl. 0. 3 C. 6, 31) entnommen, und sagen eigentlich
nur, dass ein blosser Verziclit kein Vergleicli ist.

Diese Einschränkung des VergleiclisbegrilFos ist beson-
ders für das niederländische Recht wichtig, weil nach die-
sem von einem allgemeinen Schuldanerkennungs-, oder
besser Schuldfeststellungsvortrag, niclit dio
Rede sein kann. Wir ziehen den letztern Namen vor, weil
nach unsrer Ansicht der Schuldanerkonnungsvortrag, wie
or z. B. auf S. 50 f. Prot. d. Komm. f. d. II Los. des Entw.
B. Q. B. boschrioben wird, mit der Abgabe eines schrift-
lichen Schuldanerkonntnissos in nur mittolbarom Zusammen-
hang steht. Das Ergebnis des Peststellungsvortragos kann
sein, dass fortan eino Schuldvorbindlichkcit bestehen soll,
ebenso wie es z. B. das Ergebnis eines Vergleichs sein
kann; das schriftliche Schuldanerkonntnis ist oin übor jene
Schuldverbindlichkeit ausgehändigtes Bowoismittol, und eben-
sowenig oino Beurkundung dos Foststellungsvertrages (d. h.
der dazu erforderlichen Erklärung desjenigen, dor Schuldner
sein soll) als es, falls dor Abgabe oin Vorgleich vorange-
gangen wäre, eino Beurkundung des Vergleichs sein würde. —
Das Vorhandensoin einer Schuld ist nach niederländischem
Rocht oin Erfordornia für dio Gültigkeit des Vortrages; os
versteht aich, daaa nicht im Woge dea Vortragea auagomacht
worden kann, daaa eine Schuld ala beatohond angenommen
worden aoll. — Man kann jedoch, auch wo kein eigent-
licher Vergleich vorliegt, dor Voroinbarung dor beteiligten

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118

Personen einen gewissen Speilraum lassen in Bezug auf
den Betrag (vgl. oben S. 64). Wenn z. B. jemand etwas
gekauft hat, und das ihm gelieferte nicht vollkommen dem
Vertrage entspricht, kann er auf die Ansprüche, die ihm
daraus erwachsen, verzichten, und die Verpflichtung über-
nehmen, trotzdem den vollen Kaufpreis zu zahlen; er könnte
das nicht, wenn ihm überhaupt nieht geliefert wäre.

Als eine Lücke der niederländischen Gesetzgebung be-
trachten wir es, dass darin, neben dem Vergleich, nieht
der Abrechnung eine Stelle eingeräumt ist. Wir glau-
ben, dass es auch nach geltendem Recht gestattet ist, sich
in Bezug auf die Existenz und die Höhe der Schuld
auf die Abrechnung zu berufen. Der Betrag, den der eine
Teil infolge der Abrechnung dem andern Teil zu zahlen
hat, wird regelmässig als geschuldet hingestellt, und wenn
z. B. eine Summe versprochen wird als Saldo eines Conto-cor-
rents, wird damit anerkannt, dass der Promittent die Summe
infolge verschiedener Operationen schuldig geworden ist. Es
handelt sich auch nicht darum, dass der Gegenbeweis ausge-
schlossen oder nur unter bestimmten Voraussetzungen zu-
lässig sein sollte; das liegt im allgemeinen, glauben wir,
nicht einmal in der Absicht der Vertragschliessenden,
und eine gegenteilige Absicht käme nicht in Betracht. Die
Absicht der Vertragschliessenden ist aber namentlich auch
wohl, dass ea nach der Abrechnung nicht mehr erforderlieh
sein soll, anzugeben, wio das gefundene Saldo entstanden
ist; der Abrechnungsvertrag\' ist sozusagen eine gegen-
seitige Ermächtigung, alles vorhergegangene zu vergessen.
Wenn jemand aus einem einfachen Schuldschein klagt, und
dabei erklärt, nicht mehr zu wissen, woher dio Schuld eigent-
lich kommt, zeugt das gegen ihn; wenn der Schuldschein
eino Abrechnung erwähnt, ist es erklärlich.\'Wenn, wio wir

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annehmen, im allgemeinen, wer eine Schuldforderung ein-
klagt, verpflichtet ist, eine bestimmte Schuldursache zu be-
weisen, oder auch nur anzugeben, ist es eine praktische
Notwendigkeit, statt dessen die Bezugnahme auf eine Ab-
rechnung zu gestatten. Besonders wo zwei Personen seit
Jahren in Conto-corrent stehen, und jede Rechnung anfängt
mit dem Saldo der vorigen Rechnung, kann man unmög-
lich verlangen, dass bis auf den Anfang des Verhältnisses
zurückgegriffen wird. Eine andre Frage ist indessen, ob
daran nicht sogar dio oben (S. 107] erwähnte Angabepflicht
scheltern wird. Ist einmal ein Abrechuungsvcrtrag mit dieser
Wirkung anerkannt, dann kann man in jedem Schuldschein
eine Abrechnung erwähnen. Der Beweis, dass thatsächlich
oino Abrechnung stattgefunden hat, kann schwerlich ver-
langt werden; der Beweis, dass keine Abrechnung stattge-
funden hat, ist fast unmöglich. Dass abgerechnet ist, oder
nicht abgerechnet ist, ist namentlich auch kaum cin passendes
Objekt für eine Eidesleistung. Es ist auch nicht wohl thun-
lich, den Abrechnungsvertrag nur unter gewissen Voraus-
setzungen zuzulassen, und darüber Beweis oder Gegenbeweis
zu verlangen. Dio einzige Voraussetzung für die Notwen-
digkeit einer Abreohuung ist nur eine gewisse Verwickelt-
hoit der Schuldbeziohungen, und wio gross dieselbe sein muss,
um eino Abrechnung zu rechtfertigen, muss man schliess-
lich der Beurteilung der beteiligten Personen überlassen.

Über dio sogenannte abstrakte Vorbindlichkeit aus llan-
dolspapiercn soll nur folgendes bemerkt werden. Der Grund-
gedanke zeigt sich am besten bei dor Promesso an Ordre
(Art. 208 W.
v. K.; Art. 188 C. do C.). Diese ist ein
einfaches schriftliches Zahlungsversprcchon, das abor dieselbe
abstrakt obligierendo Kraft hat wie z. B. der Wechsel. Sie
hat dazu indessen zwei Erfordernissen zu genügen ; erstens soll

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sie eine Valuta-klausel enthalten („Wert erhalten" oder „"Wert
in Rechnung"), und zweitens soll sie an Ordre gestellt sein.
Die beiden Erfordernisse sind in gegenseitigem Zusammen-
hang zu betrachten. Wenn jemand in einer Schrift, welche
dazu bestimmt ist, an Dritte veräussert zu werden, aner-
kennt, Wert erhalten zu haben (über die Klausel „Wert in
Rechnung" sprechen wir sogleich) und also das Versprochene
zu schulden, muss er, sobald er einen Dritten sich gegen-
über hat, diese Anerkennung gegen sich gelten lassen, weil
Dritte nicht wissen «können, ob sie der Wahrheit ent-
spricht. Die Valuta-klausel im Wechsel ist zu betrachten als
Rudiment eines Zahlungsversprechens, welches der Wechsel
ursprünglich enthielt, und welches noch immer als darin
stillschweigend enthalten betrachtet werden muss; dasselbe
gilt vom Indossament. Diese Construktion der abstrakt obli-
gierenden Kraft des eigentlichen Handelspapiers als eine for-
melle Beweiskraft der Valuta-klausel wird bestätigt durch
die Bestimmungen über die Anweisung (Artt. 210 bis 220
W.
v. K.), welche nicht dem C. de C. entnommen sind.
Die Anweisung enthält keine Valuta-klausel; ein Wechsel
ohne Valuta-klausel soll als Anweisung gelten. Der Inhaber
hat daher auch nur eino Regressforderung gegen seinen
unmittelbaren Vorgänger (wobei er zu beweisen hat, dass
er die Anweisung bezahlt oder als Zahlung angenommen
hatte), und eino ausserordentliche Regressfordorung gegen
den Aussteller, welche offenbar als Boroichorungsklage ge-
dacht ist. — Einen besondern\'Fall bildet die Verbindlich-
keit aus der Annahme eines Wechsels (vielleicht auch oinor
Anweisung); die Annahmeerklärung enthält keine Valuta-
klausel.

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§ 10. Das Scliuldvorsprechüii auf Gegoiileistiiiig.

Es ist heutzutage, wie oben S. 45 angedeutet wurde, im
allgemeinen nicht üblich, ein Schuldvcrsprechen zu erteilen,
wo es nicht die Absicht ist, dass eine endgültige Leistung
stattfinden soll, z. B. wo man einem andern ein Darlehn
geben will, oder der versprochene Betrag der Kaufpreis sein
soll für eine Sache, welcho noch gcliofert werden muss.
Von dieser Regel, giebt es im Handel oino Ausnahme. Wir
nehmen an, dass A dem B ein Darlehn geben will; es ist
das nicht der einzige Fall, wir können uns aber darauf be-
schränken. Er kann ihm dazu ein Schuldversprechon aus-
händigen, z. B. eine Promesso an Ordre (für den Wechsel
gilt, nach dem oben gesagten, entsprechend dasselbe), nicht
mit dor Absicht, ihm später das Vorsprochono selber aus-
zuzahlen, sondern damit B dio Promesso auf eigne Rechnung
an einen Dritten veräussern soll. In solchen Fällen kommt
dio Klausel „Wert in Rechnung" in Anwendung. Dio Be-
deutung dieser Klausel ist unter allen Umständen, dass A
auf Grund der Übergabe des Papiers in den Büchern des
B für den im Papier erwähnten Betrag kreditiert ist. In
unserm Hoispiel bedeutet das, dass mit der l)hergäbe der
Promesso das Darlehn als ausgezahlt gelton soll. A erhält
also gleichzeitig oino Schuldforderung auf B auf Rückzahlung
des Darlehns; darin liegt, Dritten gegenüber, dio causa für

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das in der Promesse enthaltene Versprechen. Dritten gegen-
über hat die Klausel „Wert in Rechnung" dieselbe Bedeu-
tung wie die Klausel „Wert erhalten".

In andern Fällen, sagten wir, ist es nicht üblich, ein
Schuld versprechen zu erteilen, wo es nicht dio Absicht ist,
dass eine endgültige Leistung stattfinden soll. Geschieht es
trotzdem, dann ist das Schuldversprechen nicht bindend,
wenigstens nicht als solches. Es kann nur dadurch eine
scheinbare Gültigkeit erlangen, dass die Gegenleistung als
erhalten, odor das Versprocheno aus oinom sonstigen Grunde
als geschuldet anerkannt wird.

In der herrschenden Theorie ist auch von einer künftigen
causa dio Rede; man hat dabei jedoch nicht das Schuldver-
sprechen im Auge, sondern die Übernahme einer Verbind-
lichkeit auf Gegenleistung oder einer bedingten Schuldver-
bindlichkeit. In der Theorie wird zwischen diesen ver-
schiedenen Verträgen nicht unterschieden; in der Praxis
werden sio oft verwechselt. Der Satz, dass oin in Hinblick
auf eine künftige Gegenleistung erteiltes Schuldvorprechon
als solches nicht bindend ist, enthält daher scheinbar otwas
neues. Wir wollen zuerst durch ein Beispiel deutlich machon,
dass eino Verwechslung hier sehr nahe liegt. A verkauft
dem B eine Sache, dio später geliefert worden soll; cr lässt
sich jodoch schon sogleich nach dem Abschluss dos Vor-
trages oin Schuldversprochen geben über den Kaufpreis.
Auf Grund dieses Schuld
Versprechens erhebt er Klage;
zuerst nehmen wir an, dass dio Sache immer noch nicht ge-
liefert ist. Wir nehmen weiter an, dass dio Beweisfrago
keine Schwierigkeiten macht; entweder das Schuldversprechen
enthält dio Anerkennung, dass dio Sache geliefert ist (oder
oino sonstige Anerkennung, dass Wort erhalten oder über-
haupt oino Schuld vorhanden ist), dor Beklagte bestreitet

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die Richtigkeit dieses Anerkentnisses, der Kläger räumt des
Unrichtigkeit ein, beruft sich aber auf den Kauf als die
wahre causa, — oder das Schuldversprechen enthält keine
solche Angabe, und der Kläger beruft sich sofort auf den
wahren Sachverhalt; der Beklagte räumt in beiden Fällen
den Kauf ein. Wie ist dieser Fall zu beurteilen? Nach
der herrschenden Theorie kaun man eine Lcistungpflicht
übernehmen in Hinblick auf eine künftige Gegenleistung;
es liegt nahe, daraus zu schlicssen, dass die Forderung
zugewiesen werden kann. Aber dio Theorie hat dabei den
gegenseitigen Vertrag im Auge, und nicht das Schuldver-
sprechen. Und was nun in Fällen, wie dem hier erwähnten,
am meisten zur Verdunkelung der eigentlichen Rechtsfrage
beiträgt, ist, dass hier ebenfalls ein (mündlicher) Kaufver-
trag abgeschlossen, und durch das Geständnis des Beklagten
bewiesen ist. W o n n hier eine Verurteilung erfolgt, ge-
schieht es, wio wir glauben, thatsächlich auf Grund dieses
Kaufvertrages, und nicht auf Grund des produzierten schrift-
lichen Schuldvorspechens. Wenn aber ursprünglich das Ver-
sprochene als geschuldet eingeklagt ist, muss nach unsrer
Ansicht dio Klage abgewiesen werden; in der späteren
Anführung des Kaufvertrages liegt eine Klageänderung.
Aus dem Gesagten geht jedoch hervor, weshalb dieser Un-
terschied in dor Pra.vis nicht zur Geltung kommt. — War
dio Sache inzwischen geliefert, dann ist vielleicht anders zu
entscheiden. Es wird eino Schuldforderung eingeklagt, uud
os besteht auch wirklich eino Schuldforderung. Aber auch
dann erfolgt dio Verurteilung thatsächlich auf Grund des
Kaufvertrages in Verbindung mit der späteren Lieferung
der verkauften Sache, und nicht auf Grund dos Schuld
Ver-
sprechens.

Denken wir uns, dass es sich nicht uui einen Kauf, son-

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dem um ein Darlehn handelt, dann können wir eine Unter-
scheidung machen, die beim Kauf vorhanden ist, aber dort
nicht so deutlich zum Vorschein tritt. Jemand erteilt ein
Schuldversprechon in der Erwartung, ein Darlehn zu er-
halten; regelmässig wird dabei das Darlehn als erhalten
anerkannt. liier ist ein Schuldversprechen erteilt anstatt eines
bedingten Versprechens. Dieser Fall bietet insofern wenig
Schwierigkeit, als das Versprechen jedenfalls nur bindend
sein kann, wenn das Darlehn inzwischen ausgezahlt ist.
Wir legen wenig Gewicht auf die Frage, ob hier zu ver-
urteilen ist auf Grund des produzierten unbedingten Zablungs-
versprechens, das nach unsrer Ansicht von Anfang an un-
gültig war, oder auf Grund des nicht in der produzierten
Urkunde enthaltenen bedingten Versprechens, das sich im
l^uf des Prozesses herausgestellt hat; — besonders weil doch
immerhin die Einzelheiten dieses letztern Vortrages in Bezug
auf Zinsen, Fälligkeit, Zahlungsort u. s. w. aus dem Schuld-
schein hergeleitet werden können. Schwierigkeit kann hier
nur der Beweis machen; wenn der Darlehnsgober ein-
räumen muss, dass das Darlehn im Augenblick der Abgabo
des Schuldscheins noch nicht ausgezahlt war, ist es oft
eino grosse Härte, wenn man von ihm einen andern Beweis
der Auszahlung verlangt. Aber in diesem Punkte, glauben
wir, ist nur im Wege dor Gesetzgebung zu helfen (vgl. im
römischen Recht die zeitliche Beschränkung der exceptio
non numoratae pecuniae). — Andrerseits denken wir uns,
dass jemand, der einem andern ein Darlehn geben will, ihm
ein Schuld versprechen aushändigt. Hier ist ein Schuld-
versprechen erteilt, wo es in Wirklichkeit die Absicht war,
dass eino Verbindlichkeit auf Gegenleistung übernommen
worden sollte. Wenn über don Kaufpreis einer noch nicht
gelieferten Sache\' ein Schuldvorspreclien ausgestellt wird.

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kann es beide Bedeutungen haben. Es bekommt jedenfalls,
nachdem die Sache geliefert ist, die Bedeutung eines be-
dingten Versprechens, d. h. der Übernahme einer bedingten
Schuldverbindlichkeit; es ist auch möglich, dass es von
Anfang an nur diese Bedeutung haben sollte, wenn z. B.
nebenbei vereinbart ist, dass der Käufer erst nach der Liefe-
rung zu zahlen braucht. Im allgemeinen kann jedoch ange-
nommen werden, dass dor Käufer, wenn er über den Kauf-
preis ein Schuldversprechen ausstellt, die Verpflichtung
übernimmt, eventuell vorzuloiston. Wir verstehen hier unter
einem Schuldversprechen auf Gegenleistung ein Schuldver-
sprechen, da.s erteilt ist, wo es die Absicht war, eino Ver-
bindlichkeit auf Gegenleistung zu übernehmen. Das Ver-
sprechen ist nicht nur erteilt in Hinblick auf oino Loistung,
die dor andre Teil machen soll, sondern es soll auch dio
Loistung, die infolge des Versprechens zu machon ist, in
Hinblick auf oino künftige Gegenleistung gemacht werden;
dio versprochene Loistung soll oino Vorleistung sein.

Ein derartiges Schuldversprechen ist als solches nicht
bindend. Das soll jetzt noch gerechtfertigt werden. Wir
können uns daboi beschränken auf dio beiden gogobonon
Beispiele:- das Versprochene soll oin Darlohn soin, odor es
soll der Kaufpreis soin für oino noch nicht golicferto Sache.
Scheinbar ist kein Grund vorhanden, weshalb oin solches
VorBprochon nicht bindend soin sollte. Warum sollte man nicht
in dieser Form oin Darlehn vorsprechen können? Dagegen ist
namentlich dann nichts einzuwenden, wenn man, auch wo
oin Darlohn als solches vorsprochon wurde, dom Berech-
tigten dio Befugnis einräumt, nicht bloss Schadenersatz zu
fordern, sondern dio Auszahlung dor Darlehnssummo zu
erzwingen. Warum sollte man nicht in dieser Woiso dio
Zahlung eines Kaufpreises vorsprechen können ? Da der

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Käufer sich sowohl verpflichten kann, vorzuleisten, als Zug
um Zug oder nach erhaltener Gegenleistung zu leisten, kann
er sich auch verpflichten, z. B. an einem bestimmten Tag
zu zahlen, ohne Unterschied, ob er da die Gegenleistung
schon erhalten hat oder nieht. Es kann aber in diesen Fällen
unmöglich die Absicht der Vertragschliessenden sein, dass
wirklich unter allen Umständen geleistet werden soll, auch
z. B. wenn der Berechtigte in Konkurs geraten ist, oder
wenn die Gegenleistung durch Verschulden des Berech-
tigten unmöglich geworden ist. Den Promittonten unter
solchen Umständen beim Wort zu halten, würde zu
grossen Ungerechtigkeiten führen. Das Versprechen muss
also unter gewissen Voraussetzungen wenigstens anfecht-
bar sein. Welche diese Voraussetzungen sein müssen, ist
entweder ziemlich leicht oder sehr schwer zu sagen.
Dürfte man, was insbesondere die gegebenen Beispiele an-
betriff\'t, annehmen, dass das Versprechen in denselben Fällen
anfechtbar ist, in denen keine Verurteilung erfolgen könnte,
wenn der Promittent, anstatt eines Schuldversprechens, das
Versprechen eiteilt hätte, ein Darlehn zu geben, oder einen
Kaufvertrag geschlossen hätte, mit der Verpflichtung den
Kaufpreis vorzuleisten ? Wenn ja, dann ist die Sache ziem-
lich einfach, aber os ist dann auch nicht mehr erHiclitlich,
welche Hedeutung eigentlich noch das Schuldversprechen
hat. Wenn nein, dann fehlt jeder Anhalt. — Es ist jedoch
die Erteilung eines Schuldversprechens unter solchen Um-
ständen als ein Missbrauch zu betrachten. Erstens weil
unbedingt versprochen wird, während es nicht die Absicht
ist, dass wirklich unter allen Umständen geleistet werden
soll. Zweitens weil es die Gefahr nahe legt, dass das Ver-
sprochene für geschuldet gehalten wird. Wir^bemerken auch
noch, dass, wo sich herausstellt, dass ein Schuldversprechon

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127

auf Gegenleistung vorliegt, es aich gleichzeitig herausstellt,
dass ein Vortrag auf Gegenleistung (Tauschvertrag oder
Kreditvertrag) zustandegekommen ist. Endlich kann die Ab-
weisung der Klage aus einem solchen Schuldversprechen nie
eine grosse Ungerechtigkeit sein; das Versprochene wird
nicht geschuldet. Es würde nur jemand, dem oin Darlehn
versprochen oder eine Sache abgekauft wäre, die Erfüllung
dieser Vertäge nicht erhalten können; er hätte sie sich
jedoch in einer passenden Weise siehern sollen.

Wir bemerken, dass das römiacho Recht im grossen und
ganzen zu denselben Ergebnissen führte. Wenn einmal fest-
stand, dass ein Versprechen (in Stipulationsform) erteilt
war in Hinblick auf eiu künftiges Ereignis (für das römi-
sche Recht war es im Prinzip unerheblich, ob dieses Er-
eignis eine Gegenleistung oder im algemeinen eino Schuld-
ursache war odor nicht), musste, wie allgemein angenommen
wird, wer aus dor Stipulation ein Fordcrungsrecht herleiten
wollte, beweisen, dass daa Ereignia atattgefunden hatte. Dio
Stipulatiim wurde also thatsächlich als oin bedingtes Ver-
sprechen behandelt. Hatte das Ereignis noch nicht stattge-
funden, dann konnte keine Verurteilung erfolgen, und zwar
nicht nur dann, wenn dio Leistung, falls sie schon ge-
schehen wäre, hätte zurückgefordert worden können, aondern,
wie es acheint, auch wo das nicht dor Fall war (vgl. z. B.
für den Fall, dasa oin Kaufpreia atipuliert war, fr. 25 1).
19, 1.) Oben (S. 22) ist schon bemerkt, dass nuin mittelst
Stipulation versprach, oin Darlehn zu geben („pecuniam
te mihi crediturum spondesP" fr. 08 D. 45, 1), aber nicht,
dio Darlehnssummo zu geben. Im Grunde genommen stand
einem solchen Gebrauch dor Stipulation nichta im Wege;
man konnte mittelat Stipulation vorsprechen, eino Leistung
unter denselben Umständen zu machen, unter deneu eine

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Leistung überhaupt gemacht werden konnte. Es scheint
jedoch, dass man es nicht that. Die Stipulation begründete
immer nur eine Schuldverbindlichkeit. Wo in Hinblick auf
ein künftiges Ereignis ein unbedingtes Versprechen erteilt
wurde, war es die Absicht, dass jedenfalls erst nach dem
Stattfinden des Ereignisses aus dem Versprechen geklagt
werden sollte. Man versprach ob causam futuram, und man
leistete ob causam futuram, aber man versprach nicht, ob
causam futuram zu leisten. Ob man es hätte thun können,
ist schwer zu sagen; denn eben weil man es nicht that,
hatten die römischen Juristen keine Veranlassung, die Frage
zu entscheiden. — Handelte es sich auch bei
Gajus IV,
126a um eine Stipulation? Es ist das nicht so unzweifel-
haft, wie für fr. 68 D. 45, 1. Wenn ja, dann liegt dort ein
Beispiel einer Stipulation auf Gegenleistung vor; aber auch
dort wurde dann die Frage, ob der Promittent verurteilt
werden konnte, schliesslich nach dem Inhalt des Kaufver-
trages oder dessen pacta adjecta entschieden.

Dass auch im heutigen Recht das Schuldversprechon auf
Gegenleistung etwas unnatürliches sein würde, davon kann
man sich überzeugen, wenn man sich die Frage vorlegt:
Kann aus dem Inhalt der Urkunde hervorgehen, dnss die
versprochene Leistung eine Vorleistung sein soll, und trotz-
dem ein Schuldversprechon vorliegen? Undenkbar ist das
nicht; man könnte schreiben: „Ich verspreche dem A, ihm
ein Darlehn zu geben von fl. .500", oder „Ich verspreche
dem A, ihm fl. 500 zu zahlen für ein Pferd, das er mir
liefern wird," und daran z. B. in der Terminologie des
§ 780 B. G. B. hinzufügen: „ ... dieses Versprechen soll
die Verpflichtung, dio Darlehnssumme (den Kaufpreis) am . ..
auszuzahlen, selbständig begründen," Würde join so gefasstes
Versprechen einen Widerspruch enthalten? Könnte es nach

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dem B. G. B. als Schuldversprechen gelten ? Wir wollen es
nicht entscheiden, und nur bemerken, dass eine solche Fas-
sung des Yersprochens, wenn auch denkbar, doch sicher
nicht üblich ist. Denken wir nur an die Verträge, die
wirklich vorzukommen pflegen, dann können wir sagen:
Ein Versprechen, aus dem hervorgeht, dass auf Gegenleis-
tung geleistet werden soll, hört dadurch auf, ein Schuld-
versprechen zu sein, und kann nur aufgefasst werden als
die Übernahme einer Verbindlichkeit auf Gegenleistung.
Ein Schuldversprechen liegt nur vor, wenn der Vertrag
wenigstens den Schein erweckt, dass die vei-sprochono Leis-
tung eine endgültige sein soll, — wonn dio Loistung ver-
sprochen wird wie oino geschuldete.

Darf man in Fällen, wie den hier erwähnten, das Vor-
sprechen, das äusserlich ein Schuldvorsprcchon ist, dennoch
als dio Übernahme oinor Verbindlichkeit auf Gegenleistung
construioron P Darf man sagen, aus den Umständen, unter
denen das Vorsprechen abgegeben sei, goho hervor, dass es
dio Loistungspflicht nicht „selbständig" begründen sollte,
und dass also in Wirklichkeit kein Schuldversprechen erteilt
sondern oin Kreditvertrag odor oiti Tauschvortrag abgo-
8chh)sscn wäroP In Deutschland schoint oino solcho Auf-
fassung nicht ausgeschlossen zu soin. Nach niodorländiHchom
(und französischem) Rocht ist" sio nicht zulässig; dor Inhalt
eines beurkundeten Vortrages soll, wonn dio Urkunde nicht
zweideutig ist, nur dieser ontnommon worden (Art. 1!178
B. W.: „Wonn dor Wortlaut eines Vortrages deutlich ist,
„darf nmn davon durch Auslegung nicht abwoichon.") Nach
Art. 19:U B. W. (Art. 1341 G. G.) ist koin Zougenbowois
zulässig „übor das was man bohaupton möchte, dass vor,
„boi, oder nach dor Aufnahme dor Urkunde gesagt wäro."
Die Fassung dieser Vorschrift lässt deutlich orkonnon, dass

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solche „Behauptungen" überhaupt ausser Betracht bleiben
müssen; wenn man etwas andres gewollt hat, als die Urkunde
enthält, hätte man das in der Urkunde sagen sollen. Wenn
also in einer Urkunde eine unbedingte Leistungspflicht über-
nommen wird, und aus der Urkunde auch nicht hervorgeht,
dass die Leistung in Hinblick auf eine künftige Gegenleis-
tung oder Rückleistung erfolgen soll, liegt ein Schuldver-
sprechen vor; dass das Versprechen die Leistungspflicht
in diesem Sinne selbständig begründen soll, geht dar-
aus hervor, dass über das Versprechen eine selbständige
Urkunde errichtet ist. Ein in dieser Form beurkundetes
Versprechen begründet entweder eine unbedingte Schuld-
verbindlichkeit, oder es ist überhaupt unverbindlich. — In
Bezug auf das Schuldversprechen führen dio oben erwähnte
Auff\'assung und die hier vertretene wesentlich zu dem-
selben Ergebnis; nach der einen liegt kein Sehuldverspre-
chen vor, und nach der andern ist os nicht bindend. Wir
würden die letztere Auffassung auch dann für richtiger
halten, wenn wir uns nicht auf Art. 1934 B. W. berufen
könnten. Wo ein Schuldschein abgegeben wird, ist es im-
mer die Absicht der Beteiligten, dio Möglichkeit zu schaffen,
dass das Versprochene eingeklagt wird, als ob es geschuldet
wurde. Wenn auch dio thatsilehlich beatohende Forderung
keine Sehuldforderung ist, so soll sie doch als eino solche
geltend gemacht wordon können. Man muss entweder don
Promittenten auf Grund des Schuldversprechens verurteilen,
und dabei dahingestellt lassen, ob die Leistung oino Vorleis-
tung oder eine geschuldete ist, — wie ea dio Consequenz
eines wirklich abstrakten Vertrages erfordern würde, — oder
man muss das Schuldversprechon ausser Betracht lassen.
Dio Übernahme der Verpflichtung, eino Vorleistung zu ma-
chen als solche, hat man darin nicht beurkunden wollen.

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STELLINGEN.

I.

Dö strekking der c. 13 C. 4,30 was niot, do bewijskracht
der cautio to beperken, maar dio to vorhoogon.

IL

Do geldigheid eener zoogenaamde wilsverklaring hangt
niot daarvan af, of men gewild heeft, wat men verklaarde
to willen, maar daarvan, of mon hoeft willen verklaren,
wat mon verklaarde.

III.

Naar Nederlandsch recht moot, behoudens do in do wot
vermoldo govallon van nietigheid of vorniotigbaarhoid van
rechtshandolingon, iodor goacht wordon, alles to hobbon
willen doen, wat hij godaan hoeft, en kan ton «lanzion van
oon wilsverklaring, afgelegd door iemand, dio meerderjarig
was, en niot onder curateelo stond, on ook niot lator onder
curateelo gesteld of inmiddels overleden is, niet beweerd
wordon, dat do wil oin haar af to loggen zou hebbon ont-
broken.

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134

IV.

Schuldvergelijking die „van rechtswege" intreedt, zooals
dat nader wordt omschreven in art, 1462 13. W., kan niet
afhankelijk zijn van do erkenning der tegenvordering in
een later proces.

V.

De eigenlijke beteekenis van het woord „hoofdelijk" is:
„als hoofdschuldenaar".

VI.

Do wissel bevat een last (jussus), en in de waardc-
erkenning het rudiment eenor promesse.

VII.

Art. 56 Fw. moet aldus worden verstaan, dat de deel-
hebbers in een gemeenschap wegens daartoe betrokkehjko
regresvorderingen bevoorrecht zijn op elkanders aandoelen.

VIII.

Art. 123 Fw. sluit niet uit, dat tegonbowijs wordt ge-
leverd, ook waar dit tegenover den gefailleerde zelf niot
toelaatbaar zou zijn.

IX.

Het rccht om rekening on verantwoording to vorderen
sluit niot uit het recht om „rauwelijks" het «aldo op to
vorderen, indien de eischer weet, hoeveel het bedraagt.

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X.

Ontdekking op lieeterdaad in den zin der wet is alleen
aanwezig, wanneer terstond blijkt, wie de dader is.

XI.

Of het gericht zijn van den wil des daders op zeker ge-
volg opzet is of oogmerk, is afhankelijk van de omschrij-
ving van het strafbaar feit.

XII.

De notaris, dio een akte opmaakt van een handeling,
waarvan hij weet, dat zij gesimuleerd is, maakt zich niot
schuldig aan valschhoid in geschrift.

XIII.

Art. 100, 2". Wetb. v. Strafr. is in strijd met art. 50 Gr.

XIV.

De zoogenaamde considerans eener wet maakt daarvan
geen deel uit, heeft geen kracht van wot, on behoeft niet
do goedkeuring der Staten-Qencraal.

XV.

De rochtsbetrekking tusschon don ambtenaar en het staats-
rcchtohjk lichaam, dat hom bezoldigt, is van privaatrochte-
lijken aard, in dion zin, dat zij behoort beheerHcht te
worden door do regels van het privaatrecht.

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XVI.

Do staathuishoudkunde onderstelt het geldend vermogens-
recht.

XVII.

De overheid behoort het geven van werk tegon la.ag
loon niet to bemoeilijken, en te zorgen, dat ook anderen
het niet doen.

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