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E NT WICKELUNGSGESCHICHTE

DER

T H I E R E.

BEOBACHTUNG UND REFLEXION

von

, Dr. KARL ERNST v. BAER.

erster theil.

MIT DREI COLORIRTEN KUPFERTAFELN.

KÖNIGSBERG 1828.

bei den g e ej ti d i r 5f bornträger.

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AN

MEINEN JUGENDFREUND

D R. C H RI S T I A N P A N D E R.

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"Beiträge zur Entwickelungsgeschichte wollen hier in die Welt treten. Be-
vor sie selbst reden, ist über ihre eigene Entwickelungsgeschichte zu berich-
ten, damit man wisse, was sie erzeugt, gepflegt und sonst auf sie gewirkt
hat. Wer aber wird ein freundliches Ohr schenken der Rede des Vaters,
die vielleicht länger sich ausspinnt, als sie sollte, da er kaum weifs, ob er
das Vorliegende eine verspätete Frühgeburt oder eine frühzeitige Spätgeburl
nennen soll? Wohl nur der Jugendfreund, den früh gleiche wissenschaftliche
Liebe mit ihm verband!

Du hast noch ein näheres Recht, ja vielleicht eine Verpflichtung, des
Kindleins Pathe zu seyn. Wenn nämlich die Bildung der Frucht ein Wachs-
thum über die Schranke des Individuums hinaus ist, so dürfen die vorliegen-
den Untersuchungen sich rühmen, eine Folge jener für die Naturwissenschaft
ewig denkwürdigen Verbindung zu seyn, in welcher ein in physiologischen
Forschungen ergrauter Veteran, ein von Eifer für die Wissenschaft glühen-
der Jüngling und ein unvergleichlicher Künstler sich verbanden, um durch
vereinte Kräfte eine feste Grundlage für die Entwickelungsgeschichte des thie-
rischen Organismus zu gewinnen. Du wurdest der Sprecher dieses Triumvi-
rates, Dir also überreiche ich, was ich dem Vereine widmen möchte, zu
dessen Bildung eine zufällige Veranlassung gegeben zu haben, mir das unver-
diente Glück zu Theil wurde, indem ich Dich bei unsrer Begegnung in Jena
bewog, nach Würzburg zu kommen, um meinen Herrn und Meister D öl Ii n-
ger kennen zu lernen, in dessen Hause jeder angehende Naturforscher Anre-
gung, Unterstützung und Belehrung jeglicher Art fand. Du bliebst länger,
als Du gewollt hattest. Da entwickelte sich jene glückliche Zeit, (wie gern
verweilt meine Erinnerung bei ihr!) in welcher uns Döllinger und Nees
von Esenbeck nach Würzburg und Sickershausen wie zwei Pole zogen,

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die sich aber nicht gegenseitig flohen, sondern selbst anzogen. Auf einer
solchen Wanderung nach Sickershausen war es, wo Döllinger, als wir über
den kleinen Steg gingen, der, von dem Wege aus Kitzingen nach Mainbern-
heim ab, gegen Sickershausen leitet, den Wunsch äufserte, dafs ein junger
Naturforscher unter seinen Augen, eine neue Reihe von Untersuchungen über
die Entwickelung des Hühnchens anstelle, und hinzufügte, er hoffe, dafs sich
wichtige Resultate ergeben würden. Der Vorschlag zog mich ungemein an,
aber mein Aufenthalt in Wiirzburg konnte nicht mehr lange währen und auch
in andrer Hinsicht ging die Unternehmung über meine Kräfte. Zum bessern
Glücke für die Wissenschaft warst Du in der Nähe und Du fafstest den Ge-
danken mit Wärme auf, der in Sickershausen zu einem festen Plane sich ge-
staltete. So begannen die Untersuchungen, deren Anfangen ich noch beiwoh-
nen konnte und für die ich eine grofse Vorliebe mitnahm. — In Königs-
berg zu einem neuen Berufe angekommen, hatte ich anfangs diesem Gegen-
stande keine Zeit zu widmen. Als ich aber im Jahr 1818 Deine Disserta-
tion erhielt, ward der Wunsch in mir rege, dafs auch der ungenannte Freund
der ersten Zeile sein Scherflein zur Entwickelungsgeschichte beitragen möge.
Er wurde bald noch lebendiger, als Deine Beiträge ankamen. Sie gaben mir
Licht, aber das Faltensystem wollte mir durchaus nicht zusagen und gegen
die Darstellung von der allmähligen Bildung des Amnions meinte ich Zwei-
fel hegen zu dürfen. So ging ich 1819 an die erste eigene Beobachtung,
die nur auf Verständnifs Deiner Untersuchungen gerichtet seyn konnte. Die
Bildung des Amnions fand ich zwar wie Du sie angegeben hast, aber die
Faltungen glaubte ich als Abschnürungen auffassen zu müssen. Im folgenden
Sommer wurde eine neue Reihe von Untersuchungen begonnen. Jetzt ward
es mir zuerst klar, dafs ein Schatten, den die innere Fläche Deiner Primi-
tivfalten wirft, und die schräge Richtung, in welcher diese Erhebungen nach
aufsen in die Fläche der Keimhaut übergehen, wodurch ihr Uebergang schwer

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kenntlich wird, Dich zu der Ansicht verleitet haben, als lägen die Wirbel-
anfänge nach aufsen neben den Primitivfallen, während sie doch in ihrem
Innern liegen. An diese Bemerkung knüpfte sich meine ganze fernere Unter-
suchung, denn gleich einem leuchtenden Strahle schofs es mir nun durch die
Seele, wie der Typus im Bau der Wirbelthiere sich allmählig im Embryo
ausbildet. — Schon früher nämlich hatten sich in mir die Vorstellungen von
den verschiedenen Typen im Bau der Thiere gestaltet, von denen ich endlich
im Vten Bande der Verhandlungen der Leopoldinischen Akademie eine Skizze
vorgelegt habe, und über welche bereits im Winter von 1816 auf 1817
Hartmann, Fowelin und andre unsrer Freunde in Berlin meinen ersten
Lehrkitzel in vier oder fünf Vorlesungen aushalten mufsten 1\'). Es sind die-
selben Vorstellungen, welche ich in jener Schrift im Jahr 1819 zu entwik-

1  Also vor Erscheinung von Cuvier\'s Règne animal. Ich erlaube mir, diesen geringfügigen
Umstand zu bemerken, um mich zu rechtfertigen, wenn ich die in dem vorliegenden Buche
zum Grunde gelegten Ansichten über die Verwandtschaftsverhältnisse der Thiere als die mei-
nigen behandle, in so fern man Etwas sein Eigenthum nennen kann , was eine Frucht der
Zeit ist. Denn dafs Cuvier\'s Eintheilung des Thierreiches in vier grofse Gruppen, die so
unendlich fruchtbar für die Erkenntnifs des thierischen Baues geworden ist, durch mehr-
fache Entdeckungen, unter denen seine eigenen oben an stehen, vorbereitet gewesen seyn
mufs, sieht man schon daraus, dafs Rudolphi\'s vorgeschlagene neue Eintheilung der
Thiere in seinen Beiträgen zur Anthropologie und allgemeinen Naturgeschichte im Grunde
dieselbe ist. Auch diese vortreffliche Abhandlung, die später mit Cuvier\'s unsterblichem
Werke meinen Vorstellungen mehr Festigkeit und Klarheit gegeben hat, war mir damals
noch nicht bekannt. Nur der Einwirkung war ich mir bewufst, die Oken\'s Nachweisung
der Wirbel im Schädel auf mich gehabt hatte, und der Vergleichung dieses Verhältnisses niit
denjenigen niedern Thieren, die ich selbst untersucht hatte. Hiermit mag man meine Vor-
liebe für diese Ansichten von den thierischen Verwandtschaften entschuldigen, die mir die
Beobachtung im Felde der Entwickelungsgeschichte überall wieder zu geben schien. Ru-
dolphi und Cuvier haben mehr den Zweck, Eintheilungsgriinde für eine systematische An-
ordnung der Thiere zu geben. Worin ich von ihnen abweichen zu müssen glaube, habe
ich in der siebenten Abhandlung meiner Beiträge für den genannten Band der
Nova Acta
Acad. Nat. Curios.
hervorgehoben. .IJeberhaupt bitteich jenen Aufsatz , so wie die Bemerkun-
gen über das äufsere und innere Skelet in Meckel\'s
Archiv 1826 mit dem vorliegenden
Buche als ein organisch zusammengehöriges Ganzes zu betrachten. Sie kommen aus derseU
ben Wurzel und sind nur verschiedene Blätter desselben Stammes.

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kein unternahm, von der ich Dir die vier ersten Bogen mitgetheilt habe.
Mehr sind nicht gedruckt^ weil es mich in Verlegenheit setzte, mein eige-
ner Verleger zu seyn und ich das
nonurn prematur in annum in Anwendung
bringen wollte. Es wurde nach dieser Vorbereitung mir nun klar, wie von
einer Mittellinie aus sich Deine Primitivfalten, die ich später Rückenplatten
benennen lernte, nach oben und die Bauchplatten nach unten schlagen, um
den animalen Theil des Wirbelthiers zu bilden, und wie im plastischen
Theile der Typus der Mollusken sich offenbart. So wurden mir die Unter-
suchungen über Entwicklungsgeschichte immer lieber, da sie sich mit mei-
nen übrigen Ansichten von der thierischen Organisation überall verschmolzen
und beide gegenseitig die Gewähr ihrer Wahrheit zu geben schienen. Jetzt
wird man freilich, wenn der Eilt wickelungsgang sich so unendlich einfach
zei«ft, finden, dafs sich das alles von selbst so*verstehe und kaum der Be-

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stätigung durch die Untersuchung bedurft hätte. Aber die Geschichte vom
Ei des Columbus wiederholt sich täglich, und es kommt mir darauf an, es
einmal auf den Ring gestellt zu haben. — Wie langsam man übrigens in
der Erkenntnifs dessen, was sich von selbst versteht, fortschreitet, besonders
wenn beachtungswerthe Auctoritäten entgegenstehen, davon habe ich an mir
selbst Erfahrungen genug gemacht. Obgleich ich schon im Jahr
1820 er-
kannt hatte, dafs der Typus der Wirbellhiere die ganze Entwicklungsge-
schichte beherrscht, und meine Untersuchungen während der Sommer
1821,
1822
und 1823 fortsetzte und in dem zuerst genannten Jahre bereits nach die-
sen Ansichten in der hiesigen physicalisch - medicinischen Gesellschaft eine
Reihe von Vorlesungen mit Demonstrationen verbunden hielt, so hatte ich
doch den dunklen Streifen, der sich schon früh in der Mittelebene zeigt,
nicht für das erkannt, was er ist, weil Du, mein Freund! ihn für das
Rückenmark angesehen hast. Ich hatte ihn nicht erkannt, obgleich ich im-
mer eingestehen mufste, den Zusammenhang zwischen der spätem Form des

Rü-

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Rückenmarkes und diesem dunklen Faden nicht hegreifen zu können. Ueber-
haupt hat mich die Erfahrung gelehrt, dafs der Fortgang der Entwicklung
so einfach und so gleichmäfsig ist, dafs man, so bald er für irgend einen Theil
gefunden ist, nicht begreifen kann, wie man ihn nicht vorher gesehen hatte.
Es wird sich immer finden, dafs unter allen möglichen Weisen, die man
sich ersinnen kann, die Natur die einfachste und zunächst liegende befolgt.
So kann ich jetzt nicht ohne Vergnügen an die lange Sorge denken, die mir
die Entstehungsweise der Leber verursacht hat. Ihr erstes Auftreten ist sehr
schwer
aufzufinden, und wird nur zu leicht verkannt, weil die Vorbildung
zur Leber selbst gar keine äufsere Aehnlichkeit hat. Nachdem ich nun, im-
mer rückwärts gehend, die Weise der Entstehung vollständig gefunden,
konnte ich nicht mehr begreifen, wie ich andre Möglichkeiten in meinem
Geiste gestattet hatte. Nicht anders ist es mir mit dem Athmungsapparate
ergangen. Seine Entstehungsweise, lange ein Räthsel für mich, ist die mög-
lichst einfache. Unsre Phantasie aber schreitet so leicht über den einfachen
Gang der Natur weg!

Ich habe aber noch Historisches zu berichten. Bis zum Jahr 1823
waren also meine Untersuchungen fortgesetzt und hatten mir bereits die Fun-
damental-Resultate gegeben, von welchen aus alles übrige betrachtet werden
mufs. Vorzüglich hatte ich jedoch in der frühern Bildung mich zu orienti-
ren gesucht, und da ich schon mit dem Gedanken umging, einst eine aus-
führliche Darstellung zu geben, mich vor allen Dingen bemüht, die schwie-
rigen ersten Tage der Entwickelung vollständig kennen zu lernen. Darauf
trat eine lange Lücke ein, indem die Anlegung eines zoologischen Museums
hieselbst mir die Nöihigung auflegte, mich näher mit der beschreibenden Zoo-
logie zu beschäftigen, auch einzelne anatomische Arbeiten mich in Anspruch
nahmen.

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Die Wiederaufnahme der unterbrochenen Untersuchungen verdanke ich
dem freundlichen Zureden unsers ersten Lehrers in der Anatomie und Physio-
logie, der die Liebe für diese Fächer in uns erweckt hat, meines jetzigen
Collegen Burdach. Nachdem von demselben der Plan zu einer umfassen-
den Bearbeitung der Physiologie entworfen und die Realisirung derselben be-
gonnen war, hatte er die Güte, mich zu einer Bearbeitung der Entwickelungs-
geschichte des Hühnchens für diese Physiologie aufzufordern. So schmeichel-
haft es mir auch war, an einem so ehrenvollen Platze eine kurze Darstel-
lung meiner bisherigen Erfahrungen zu geben, so wäre es meinen Wünschen
noch mehr entsprechend gewesen, nur über die Entwickelnng der ersten fünf
Tage zu berichten, weil ich nur für diese Zeit mit einiger Vollständigkeit
orientirt zu seyn glaubte, und ich den Wunsch hegte, bei meiner Darstellung
der Entwickelungsgeschichte, so viel an mir läge, die Aufnahme von Unrich-
tigkeiten zu vermeiden. Indessen liefs ich mich zur Uebernahme des Ganzen
bewegen und glaubte mir nur das Recht vorbehalten zu müssen, meinen Bei-
trag als
opusculum in opere betrachten zu können, und nicht blofs erzählend
zu verfahren, sondern die zunächst liegenden allgemeinen Resultate, wie ich
sie schon im Jahr 1821 vorgetragen hatte, mit aufnehmen zu dürfen.

So entstand, nachdem ich im Jahr 1826 und 1827 die früheren Pe-
rioden noch einmal untersucht und in der spätem, so viel die Zeit erlaubte,
mich umgesehen hatte, die nachfolgende Abhandlung. Sie wurde, so wie
sie niedergeschrieben war-, theilweise von Ende des Augusts
1827 an, meinem
Collegen übergeben. Nachdem gegen Ende des Septembers die Ablieferung
bis zu dem Schlüsse des
§. 7 (nach dem vorliegenden Abdrucke) erfolgt war,
fand es sich, dafs wir uns doch nicht gehörig verständigt hatten. Burdach
wünschte einige allgemeiner scheinende und nicht streng zur Erzählung gehö-
rige Bemerkungen entweder an andere Stellen versetzt oder ganz weggelassen
zu sehen. Ich konnte mich zu den Versetzungen nicht entschliefsen, da ich

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die Stellen , in welche sie eingerückt werden sollten , noch nicht kannte,
willigte aber gern in die Weglassung, für welchen Fall ich einen schon ge-
schriebenen Bogen (es ist der §. 8 dieses Abdruckes) zurückbehalten zu müs-
sen glaubte, da die meisten allgemein scheinenden Bemerkungen nur Vorbe-
reitungen für diesen Paragraphen sind.

Später erst, nach Ablieferung des Ganzen bis §, 14, fand ich, dafs
durch ein Mifsverständnifs dennoch einige jener Bemerkungen an andre Orte
des Hauptwerkes verlegt waren, und in der für den Druck genommenen
Abschrift meines Manuscriptes, um es mehr dem Ganzen anzupassen, noch
kleine Umgestaltungen vorgenommen waren, die, wenn sie auch nicht we-
sentlich seyn mochten, doch um so mehr den Wunsch in mir rege machten,
das Ganze in seiner ursprünglichen Form mit seinen Unvollkommenheiten er-
scheinen zu lassen, da ich den Umfang der Veränderungen nicht kannte,
während ich ursprünglich die Absicht hatte, dieser vorläufigen Skizze eine
erweiterte, mit zahlreichen Abbildungen versehene Entwickelungsgeschichte
des Hühnchens später folgen zu lassen.

Bei einer neuen Durchsicht des Manuscriptes habe ich nur einige Un-
vollkommenheiten des Ausdruckes vierändert, Marginalien über den Inhalt der
einzelnen Abschnitte zum bequemern Gebrauche beigefügt, und ein Paar Be-
merkungen, eben nicht von Bedeutung, sind unter den Text gesetzt. Selbst
was ich über die Bildung der Wolffischen Körper gesagt hatte, ist in seiner
ursprünglichen Form geblieben, obgleich ich bei Ausarbeitung des Manu-
scriptes über sie durch Rathke\'s Darstellung der spätem Umbildung (ver-
gleiche:
Neueste Schriften der naturforschenden Gesellschaft in Danzig, Bd. I.
Heft 4.) sehr in Zweifel gesetzt war. Jetzt hat Rathke, wie ich erfahre,
selbst seine frühere Ansicht geändert. Wenn ich seine jetzige auch noch
nicht näher kenne, so würde ich doch nun nicht mehr zweifeln, dafs die
Wolffischen Körper nichts sind, als vorübergehende Nieren, ähnlich den blei-

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denden Fischnieren. Es freut mich wenigstens, für die Art ihrer Bildung
die Ansicht verfochten zu haben, dafs sie aus einem Blutgefäfse hervorspros-
sen. Ich hoffe, dafs diese sich bewähren wird.

Vielleicht hätte ich das Ganze umarbeiten sollen, um die trockne Er-
zählung durch eingestreute Anwendungen auf physiologische Fragen lebendiger
zu machen. Das aber hätte ein neues Werk gegeben, was ich nicht beab-
sichtigte, und mir die Möglichkeit einer spätem ausführlichen Bearbeitung ab-
geschnitten. Auch hebt sich wohl nach einer Frist von drei Vierteljahren
allerdings manches Verhältnifs klarer hervor, und besonders tritt uns eine
consequentere Benennung entgegen, wenn wir die angenommene erst in der
Ausarbeitung erprobt haben. Indessen habe ich in dieser Hinsicht auch nur
Eine Umänderung vorgenommen. Ich habe die Benennung Keimhaut nur für
den hautfÖrmigen Theil gebraucht, welcher nach allen Seiten vom Embryo
sich ausbreitet, für die frühere Zeit aber, wo der Embryo noch gar nicht
verschieden ist von einer umgebenden Keimhaut, sondern beide Theile nur
ein indifferentes Ganzes bilden, schien mir die Bezeichnung
Keim der Sache
und der Sprache am angemessensten. Das Wort Keimblatt, welches Du zu-
gleich mit Keimhaut anwendest, hat das Unbequeme, dafs in diesem Blatte
wieder Blätter zu unterscheiden sind und in manchen Thieren der Keim schon
beim Hervortreten sackförmig ist. Die Benennung Rückenplatten und Bauch-
platten hätte ich auch vielleicht nach einer Verbesserung, die ich später ken-
nen lernte, verändern sollen. Burdach nennt sie Spinalplatten und Visce-
ralplatten. Nun bilden die ersten allerdings in den Wirbelthieren die obere
Hälfte des Leibes, welche das Rückenmark enthält, und die letztern die un-
tere Körperhälfte, welche die bildenden Organe einschliefst. Allein ganz
entschieden schien mir der Vorzug auch nicht, denn die Benennung
medulla
spinalis,
von welcher das erstere Wort abgeleitet wird, ist selbst wieder ab-
geleitet, und zwar morphologisch unrichtig abgeleitet von
Spina, dem Stamme

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der Wirbelsäule. Dieser Stamm hat aber eben sowohl Beziehung zur obern,
als zur untern Hälfte des Körpers der Wirbelthiere. Zweitens würden die
beiden Platten, aus welchen die gegliederten Thiere sich bilden, nach dieser
Benennung Visceralplatten genannt werden müssen. Die Thiere sind aber
wohl nicht blos Bäuche. Ueberdiefs hatte ich die frühere Benennung auch
schon in Druckschriften gebraucht. So ist sie denn auch hier beibehalten,
da die obere und untere Fläche der Thiere nicht nur im gemeinen Sprach-
gebrauche, sondern auch in der zoologischen Kunstsprache Rücken - und Bauch-
fläche
(venter, gastraeum) benannt werden. Wenn in gegliederten Thieren nicht
für beide Flächen besondere Plattenpaare auftreten, so wird es am passendsten
seyn, das einfache Paar Seitenplatten zu nennen, besonders da die Centrailinie die-
ser Platten mehr in der Bedeutung der Centrailinie der Bauchplatten der Wirbel-
thiere, die Schlufslinie in der Bedeutung der Schlufslinie der Rückenplatten der-
selben steht, (worüber ich auf das 4te
Corollarium zu ScJiol. V. verweise,) ohne
jedoch vollständige Uebereinstimmung zu haben. Hiervon suche ich den Grund
in dem Schema der Entwickelung selbst, welches in den Wirbelthieren den Pri-
mitivstreifen, den Inbegriff aller Centrallinien, in die Mitte stellt, in den geglie-
derten Thieren ihn aber an der einen Fläche läfst, welche die untere wird. —
Dieselben Gründe, die mich bestimmt haben, das Wort Rückenplatten beizu-
behalten, mufsten mir aber auch die Benennung Rückensaite als unpassend er-
scheinen lassen, da dieser Theil zwischen Rücken und Bauch in der Mitte liegt.
Ich habe ihn in dem zweiten Abschnitte dieses Buches Wirbel- oder Spinalsaite
genannt, konnte aber die Umänderung in der bereits zum Drucke beförderten
Entwickelungsgeschichte selbst nicht mehr anbringen. Die Veränderung ist in-
dessen so einfach, dafs Mifsverständnisse dadurch nicht zu fürchten sind.

Diesen ausführlichen Bericht über die erste Abhandlung der vorliegenden
kleinen Sammlung, glaubte ich mehr mir selbst als dem Publicum schuldig zu
seyn, um den neuen Abdruck zu rechtfertigen. Die Erzählung der Entwickelung

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des Hühnchens ist, wenn auch nicht kurz, dennoch ihrer ursprünglichen Bestim-
mung gemäfs gedrängt und beschränkt sich nur auf das, was zur Darstellung der
Vorgänge gehört, ohne vollständige Rücksicht auf die Leistungen meiner Vorgän-
ger zu nehmen. An einigen Stellen, wo mir eigene Beobachtungen fehlten, und
ich doch wichtige Verhältnisse nicht übergehen wollte, wie das Maafs des Gewichts-
verlustes und die Weiterbildung der an der Lunge hängenden Blasen zu Luftsäcken,
habe ich die benutzten Auctoritäten genannt. Alles übrige bitte ich als den Be-
richt über eigene Untersuchungen anzusehen. So ist, was ich über die Blutbil-
dung zweifelnd anführe, auch nicht als Widerspruch gegen Deine oder Wolff\'s
Darstellung zu betrachten, sondern soll nur genau angeben, wie weit ich selbst ge-
langt bin. Das erste Strömen im dunklenTheile der Keimhaut aufzufinden, scheint
mir so unendlich schwierig, dals ich darauf aufmerksam zu machen nicht für über-
flüssig hielt, da man jetzt in Inaugural-Dissertationen die Sache so darstellt, als
ob sie nach Eröffnung von ein Paar Dutzend Eiern Jedem entgegenträte. Dafs es
C. Fr. Wolff und Dir gelungen ist, die erste Bewegung zu erkennen, wenn Ihr
Euer Augenmerk anhaltend auf diesen Gegenstand gerichtet habt, bestimmt läug-
nen zu wollen, war meine Absicht nicht. Auch bin ich vollkommen davon über-
zeugt, dafs erst durch die Bewegung des Blutes die Gefäfswand sich bildet, aber
zwischen dem Mangel einer festen Gefäfswand und der Bewegung ohne vorgebil-
dete Bahn, sind noch viele Zwischenstufen, welche wohl in Embryonen kaltblü-
tiger Thiere, die lange unter dem Microscope leben, sich auflinden lassen. Im
Hühnchen wird man die erste Bewegung kaum in tausend Fällen einmal treffen
können, vielleicht nie. Dieses näher aus einander zu setzen, würde mich hier
zu weit führen.

Die Zahl der von mir geöffneten Eier mag sich auch, wie bei der Würzbur-
ger Untersuchung, auf ein Paar Tausend belaufen. Du weifst aber sehr wohl, dafs
solche Zahlen den Erfolg eben nicht ausmachen, und dafs es vielmehr darauf an-
kommt, die Embryonen in den am meisten belehrenden Momenten zu erhalten,

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und diese gehörig zu benutzen, nachdem man die nöthige Fertigkeit erlangt hat,
vor allen Dingen aber auf ein deutliches Bewufstseyn von Dem, was man sucht.
Die Verwunderung über die Kleinheit der Theile, an der die Vorzeit sich erfreute,
genügt nicht mehr. Wie und woraus sie sich her vorbildeten, müssen wir erfor-
schen , sie deshalb in der Bildung rückwärts verfolgen und zu diesem Zwecke eine
grofse Zahl von Embryonen untersuchen.

Eine vollständige Reihe von Abbildungen zu liefern, war mir jetzt nicht
möglich, theils weil ich ein noch wenig geübter Zeichner bin, theils weil Kupfer-
stiche , die man nicht unter seinen Augen ausarbeiten lassen kann, selten genügen,
und eine bedeutende Zahl derselben in Königsberg anfertigen zu lassen nicht mög-
lich ist, der Kosten nicht zu gedenken. Die idealen Abbildungen, die diesen
Theil begleiten, werde ich unter meinen Augen stechen lassen, und dem zweiten
Theile eine Tafel Abbildungen über einige wichtige Momente der Entwicklungs-
geschichte beifügen. Diese soll auswärts gestochen werden, um daran zu erfah-
ren , welchen Grad von Richtigkeit man auf diesem Wege erlangen lcann. — So
sehr ich mich bemüht habe, in den Zeichnungen der beiden ersten Tafeln die mög-
lichste Richtigkeit mit einleuchtender Verständlichkeit zu verbinden, und sie des-
halb im Verlaufe von sieben Jahren mehrmals umgezeichnet habe, so finde ich
doch, dafs beide Aufgaben sich nicht vollkommen verbinden lassen. Wo sie sich
entgegentraten, habe ich die der Deutlichkeit vorwalten lassen, und ich hoffe in
der That, dafs die Betrachtung derselben in fortlaufender Reihe das Wesentlichste
in der Entwicklungsgeschichte, die Hervorbildung des Embryo aus einem blattför-
migen Theile, dem Beschauer lebendig vor die Seele stellen wird. Indessen mufs-
ten doch offenbare Unrichtigkeiten vermieden werden. So durften die Figuren V
und VI, da sie Längsdurchschnitte in der Miltelebene des Thiers sind, das Herz
nicht so lang darstellen, als es um diese Zeit mit seinen Zipfeln wirklich ist, son-
dern nur die Länge seines Mitteltheiles zeigen. Eben so wird man in den Queer-
durchschnitten der letzten Zeit die Höhe der häutigen Theile der Bauchwand we-

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niger ansehnlich linden, als man sie vielleicht nach dem beschreibenden Texte er-
wartet. Man
mufs sich hierbei erinnern, dafs diese Schnitte, um die allmählige
Metamorphose
des Darmes zu zeigen, sämmtlich in derjenigen Gegend der Bauch-
höhle
gedacht sind, die sich zuletzt schliefst. Anderes bemerkt die schon in den
Druck gegebene Erklärung der Abbildungen. Ich
erinnere nur noch, dafs nicht
alle
Zwischenglieder gegeben werden konnten und eben deshalb eine Figur auch
wohl zur Erläuterung einer Bildung angeführt wird, die einige Stunden vorher-
ging-

Für die Darstellung der Entwicklungsgeschichte habe ich noch zu bemer-
ken, dafs ich den Embryo immer nach seiner horizontalen Lage beschrieben habe,
nicht so, wie man die Raumverhältnisse in organischen Körpern wohl nach dem
Baue des menschlichen bestimmt. Die Bauchfläche heifst also die untere, das
Kopfende das vordere.

So viel über den ersten Abschnitt! Ihm ist, um dem Ganzen Leser und
Käufer zu verschaffen, ein zweiter neu beigegeben, in welchem ich unter dem
Namen
Scholien und Corollarien einige allgemeine Bemerkungen mittheile. Eine
gröfsere Strenge für Reinheit der deutschen Sprache mag sie Folgesätze
und Zusätze
nennen. Sie sollen Skizzen aus meinem wissenschaftlichen
Glaubensbekenntnis
über die Entwicklungsgeschichte der Thiere geben, wie es sich aus der Beobach-
tung
des Hühnchens und verwandten Untersuchungen in mir bisher gestaltet hat

Es war vielleicht zu kühn, jene allgemeinen Umrisse, die bestimmt waren
nach längerer Zeit auf das gröfsere Werk zu warten, schon jetzt zu geben, da für
sie kaum die Frucht eines ganzen Lebens hinreicht, und die genauere Untersu-
chung über Entwicklungsgeschichte der übrigen Thierklassen erst begonnen ist,
ich auch von Rathke\'s Untersuchungen über das Krebsei nur die frühem Resul-
tate und von den Ergebnissen seiner Beobachtungen am
Blennius viviparus noch
gar nichts kenne, meine eigenen Beobachtungen an wirbellosen Thieren, so wie
an Fischen aber noch dürftig sind. Was ioh von wirbellosen Thieren untersucht
habe, ist hie und da in der Schrift angeführt. Von Fischen hatte ich vor mehre-
ren

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ren Jahren bereits Gelegenheit, ein Paar kleine, durchsichtige Individuen in den
Kiemen von Muscheln zu finden. Alle spätem Bemühungen haben mir nur ein-
mal lebendigen Barschlaich verschafft, der in zweien Tagen abstarb, noch ehe es
zur Entwicklung eines Gefäfssystems kam, so dafs meine Kenntnifs des Fisch-
embryo viel mangelhafter ist, als die der andern Wirbelthiere, da ich Amphibien
und Säugethiere wohl untersucht habe.

Dennoch habe ich nicht angestanden, jene Umrisse schon jetzt zu geben,
weil einige Jahre in dem Leben eines einzelnen Beobachters wohl nur wenig in ih-
nen ändern werden, und weil Niemand sicher ist, ob die vorgefafste Meinung nicht
aufsein Auge mehr einwirkt, als er glaubt und weifs. Deswegen hoffe ich Dank
zu verdienen, wenn ich sie jetzt gebe, und zur Prüfung und Berichtigung
auffordere; denn irrige, aber bestimmt ausgesprochene allgemeine Resultate,
haben durch die Berichtigung, die sie veranlassen, und die schärfere Beach-
tung aller Verhältnisse, zu der sie nöthigen, der Wissenschaft fast immer
mehr genützt, als vorsichtiges Zurückhalten in dieser Sphäre. Anders ist es
mit der Beobachtung. Diese kann nie genau genug seyn.

Erfolgreicher ist es freilich für die Anerkenntnis unserer Bemühun-
gen, solcher allgemeinen Resultate sich so viel möglich zu enthalten. Man
bekämpft diese Aussprüche, wenn sie zu allgemein scheinen und übersieht
nur zu leicht alles Andere darüber. Das habe ich nicht übersehen können,
da die Geschichte der Arbeiten über die Entwickelung der Thiere mich nur
zu lebhaft daran erinnert. An Oken\'s Untersuchungen über die Entwicke-
lung der Säugethiere hat sich der stumpfeste Witz geübt und hat nicht auf-
gehört den allgemeinen Resultaten, die er ausspricht, zu widersprechen.
Darüber scheint man aber fast nicht anerkennen zu wollen, welchen Werth
die unmittelbare Beobachtung in diesen Untersuchungen hat. Sie gehört
offenbar zu den genauesten, die wir über Säugethiere besitzen, und die all-
gemeinen Sätze, obgleich ein grofser Theil von ihnen jetzt als irrig erschei-

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nen mufs, haben doch die Erkenntnifs der Entwicklungsgeschichte dadurch
unendlich gefördert, dafs sie die Naturforscher zu einem deutlichem Bewufst-
seyn brachten. So hoch ich auch Dutrochet\'s und Cuvier\'s Belehrun-
gen über die Entwickelung der Säugethiere schätze, so scheint es mir doch
unläugbar, dafs Oken\'s Untersuchungen der Wendepunkt für eine richtigere
Erkenntnifs des Eies der Säugethiere geworden sind.

Die Erinnerung an das Schicksal der 0keuschen Bestrebungen Holst
mir nur Einen Wunsch ein, den ich nicht unterdrücken will. Mögen meine
Nachfolger, die nothwendig meine Richter sind, mir die Bitte nicht abschla-
gen, meinen Bericht über die Entwicklungsgeschichte des Hühnchens stets
von den angehängten Folgerungen zu unterscheiden, und die Erzählung über
die Veränderung der letzten Tage nur als gelegentliche Ergänzung anzusehen.
Es würde Beschränktheit verrathen, wenn ich glaubte, nicht auch in der
frühern Zeit geirrt zu, haben, aber das Zeuguifs, den Irrthum nach Kräften
vermieden zu haben, hoffe ich zu verdienen. Dafs ich in den Anhängen

o

dreister gewesen bin, habe ich so eben erklärt. Obgleich ich immer von
dem Bestreben erfüllt war, nichts zu sagen, was ich nicht verlheidigen könne,
so halte ich aus den angegebenen Gründen doch manches Verhältnis sehr
scharf und bis ins Einzelne bestimmt ausgesprochen. Das gilt besonders von
einem Theile dessen, was ich über das Schema der Entwickelungsweise der
Wirbel[hiere sage. Ich glaubte dieses Schema, nach dem was ich in Vögeln,
Amphibien und Sängethieren beobachtet habe, vollständig ausmalen zu müs-
sen, damit es Richtschnur für künftige Untersuchungen und Vergleichungen
werden könne. Diese mögen bestimmen, was weniger allgemein ist und
Avie
sich das Schema im Einzelnen modificirt, dessen Gültigkeit im Allgemeinen
ich nicht bezweifeln kann. Ich betrachte das Einzelne als hingestellte Frage-
sätze. Deshalb wird mich jede Belehrung und Beleuchtung herzlich freuen.
Es ist nicht Sache Eines Menschen, die Gesetze der Ealwickelungsgeschichte in
allen Modifikationen zu durchschauen , und es soll mir vollständiger Lohn seyn,

-ocr page 25-

Gedanken aufgeregt zu haben. Das Meiste scheint mir freilich so schlagende
Wahrheit zu haben, dafs ich nicht umhin kann, zu hoffen, es werde bald
als solche anerkannt werden. Dabin rechne ich die Ansicht von der Meta-
morphosenreihe des Individuums.

Um diese beiden Abhandlungen auch für angehende Naturforscher und
Aerzte verständlich zu machen, die mit dem Studium der Entwickelungs-
geschichte sich noch nicht beschäftigt haben, suchte ich nach zweien früher
von mir gehaltenen populären Vorträgen eine leicht fafsliche Darstellung zu
entwerfen, die ich, da dieser
erste Band schon ansehnlich geworden ist, für ei-
nen zweiten, in wenigen Wochen nachfolgenden, mit dem das Ganze schliefst,
zurückgelegt habe. Sie wird vor allen Dingen auch als Ergänzung der ersten
Abhandlung dieses Bandes zu betrachten seyn. Hier setze ich den Bau des
befruchteten Eies als bekannt voraus. Dort soll ein Abrifs der Bildung des
Eies bis zur Befruchtung gegeben werden und eine Beschreibung seiner Theile,
damit man sich in der Darstellung der Entwickelungsgeschichte orientiren
könne. Wenn ich dabei wenig Eigenes gebe, so ist hierüber Niemand an-
zuklagen als Purkinje, der mir so wenig Neues zu sagen und zu finden
übrig gelassen hat. Dennoch hoffe ich, dafs diese Darstellung für Anfänger
nicht überflüssig erscheinen wird. Ich weifs aus eigner Erfahrung, wie
schwierig
es ist, sich die erste Einsicht in die bisherigen Leistungen im Fache
der Entwickelungsgeschichte zu erwerben, besonders wenn man mehrere Schrift-
steller zugleich oder rasch nach einander studirt, wo die Verschiedenheit der
Benennungen,
auch wenn sie nicht grofs ist, doch sehr verwirrt. Daher
wird auch das Wesentlichste
in dem Fortgange der Entwickelung des Hühn-
chens mit
zwei Pinselstrichen nochmals zusammengefafst werden, weil man,
ohne mit dieser Vorkenntnifs ausgerüstet
zu seyn, in der Darstellung des Ein-
zelnen sich nur
zu leicht verliert. Auch soll, da die Aerzte in der Regel
mehr mit der Form des Eies des Menschen und der
übrigen Säugethiere in

späterer Zeit bekannt sind, zur Zurechtfindung derselben eine kurze Verglei-

c 2

<r

-ocr page 26-

chung des Eies der Vögel und der Säugetliiere gegeben werden. Für Männer
vom Fache werde ich noch eine oder die andre Abhandlung hinzufügen, viel-
leicht auch eine bereits ausgearbeitete, aber vorläufig noch zurückgelegte, in
welcher ich versuche, dem Grunde der verschiedenen Organisations-Typen nä-
her zu treten.

Doch schon zu viel, wenn auch nicht dem Freunde, doch wohl jedem
Andern. Mögen Dir diese Blätter eine lebendige Erinnerung an glückliche
Tage seyn! Was ich im Anfange erzählte, brauchte ich freilich Deinem Ge-
dächtnisse nicht zurückzurufen, allein ich glaubte es unter Deiner Adresse
öffentlich berichten zu müssen, weil ich im frohen Gefühle, eine Veranlas-
sung zu den
Würzburger Untersuchungen gegeben zu haben, in einer Druck-
schrift öffentlich gesagt habe, ich hätte eine
„ansam qualemcunque" dazu
geboten. Da könnte ein Glossenmacher glauben, ich hätte mehr Verdienste
um dieselben, als ich habe, nämlich gar keine.

Ein Anderes habe ich aber noch Dir und dem Würzburger Trium-
virate zu sagen. Indem ich die nachfolgende Erzählung über die Entwicke-
lungsgeschichte des Hühnchens nochmals durchlese, finde ich, zu eigner
Ueberraschung, dafs ich Deiner Darstellung mehrmals widersprochen habe,
obgleich ich nichts weniger im Sinne hatte, als einen Commentar, sey er
widerlegend oder bestätigend, über frühere Arbeiten zu schreiben. Habe ich
etwa Eure Leistungen herabsetzen wollen? Dann miifste ich verkannt haben,
wie viel ich Euren Untersuchungen für die eigenen verdanke. — Oder ist es
meine Absicht gewesen, durch Widerspruch gegen meine Vorgänger mir einen
Schimmer zu erborgen? Dann halte ich von Malpighi bis auf die neueste
Zeit wohl reichlichem Stoff finden können.

Nur der Wunsch hat mich immer beseelt, die Vorgänge der Entwicke-
limg, wie sie mir erschienen sind, überzeugend darzustellen. Deswegen
mufste ich, wo ich solchen Lehren, die vielfach in die Wissenschaft über-
gegangen sind und die mir nicht begründet schienen, bestimmt widersprechen,

-ocr page 27-

um den Leser nicht in Zweifel zu lassen. Aus diesem Grunde habe ich,
wenn meine Darstellung auch sonst gedrängt ist und keinesweges auf histo-
rische Erörterungen eingeht, doch bei der Entwickelungsgescliichte des Dar-
mes den immer noch von manchen Seiten mifsverstandenen, zum Theil aber
auch irrenden Wolff ausführlich berücksichtigen müssen. Aus demselben
Grunde habe ich aber auch Dir zuweilen widersprochen, da Dein Werk mit
Recht die höchste Achtung sich erworben hat und seine Unvollkommenheiten,
wenn sie da sind, Gewicht erhalten haben. Untersuchungen zu widerlegen,
die bald spurlos vorübergehen, ist überall vergeblich und lag ganz aufser der
ursprünglichen Bestimmung dieser Abhandlung. Es ist aber das Erkennungs-
zeichen einer tüchtigen Arbeit, dafs man oft auf sie zurückkommen mufs,
entweder bestätigend oder widerlegend. Linné hat man fast ein Jahrhundert
hindurch widerlegt, und noch sehr lange wird man bei irgend einer Unter-
suchung aus dem Felde der beschreibenden Naturforschung Linné nicht über-
gehen können. Das eben ist die Spur eines grofsen Mannes, die sich Jahr-
hunderte lang erhält.

So ist es also nur eine Frucht der Anerkenntnifs der Würzburger Ar-
beiten, die Du bekannt gemacht hast, wenn ich Deinen Namen öfter nenne,
als andere. Dafs eine Nachlese auch für die erste Zeit der Entwickelung noch
übrig geblieben sey, wirst Du nach eilfjähriger Frist, in der Du selbst wei-
ter geforscht hast, am wenigsten bezweifeln. Und wer liefse auf diesem
schwierigen Felde, wro jeder Halm einzeln und sorgsam gesammelt seyn will,
nicht noch volle Aehren stehen, auch wenn er sein ganzes Leben der Ernte
widmete, und wer nähme nicht einige taube Aehren für volle mit. Selbst
Caspar Friedrich Wolff, der wohl das Vollendetste in anatomischer Un-
tersuchung leistete, hat geirrt! Glücklich nur, wem es gelang, Eine reife
Garbe zu binden, weiche Frucht giebt für fernere Aussaat! Du hast durch
nähere Erkenntnifs der Spaltung im Keime, welche Wolff dunkel geblieben
war, ein Licht gegeben, das sich auf alle Formen der Entwickelung ausbrei-

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tet. Zufrieden würde ich seyn, wenn man es als meinen Antheil betrach-
tet, nachgewiesen zu haben, dafs der Typus der Organisation die Entwicke-
lungsweise bedingt. Noch Manchem wird ein Preis zu Theil werden. Die
Palme aber wird der Glückliche erringen, dem es vorbehalten ist, die bil-
denden Kräfte des thierischen Körpers auf die allgemeinen Kräfte oder Le-
bensrichtungen des Weltganzen zurückzuführen. Der Baum,
aus welchem
seine Wiege gezimmert werden soll, hat noch nicht gekeimt!

I. Ent-

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Entwickelungsgeschich\'te

H

h

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E i e.

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V o r w o r t.

Pander erfolgt die EntWickelung des Hühnchens im Eie unter einem
Wärniegrade zwischen 28° und 32° R. Ich halte diese Angabe im Allgemeinen
für richtig, wenn man nicht jene Grenzen für unübersteiglich ansieht, und ich
weifs aus Erfahrung, dafs es räthlich ist, bei der Brütmaschine sich zwischen
diesen Extremen zu halten. Indessen irrt man, wenn man glaubt, dafs eine
hö-
here Wärme sogleich todtet, und eine niedere die Entwickelung hemmt. Viel-
mehr dürfte bei eifrig brütenden Hennen, wenn ihr Nest trocken liegt, die
Wärme wohl häufig über 32° seyn. Hievon überzeugte mich vorzüglich das Ge-
fühl der eignen Hand. An der Brütmaschine hatte ich mich so gewöhnt, die
Temperatur von 51°, die, wenig die menschliche Temperatur übersteigend, ein
angenehmes Gefühl von Wärme erregt, zu erkennen, dafs ich schon ohne An-
sicht des Thermometers mit Sicherheit entscheiden konnte, ob das Lampenfeuer
zu vermehren war, oder nicht. Ich habe aber mehrere Hennen gehabt, deren
Nest meiner Hand nicht das Gefühl von angenehmer Wärme, sondern von einem
gelinden Grade von Hitze gab, die 32° zu übersteigen schien. Unmittelbare Mes-
sungs - Versuche habe ich noch nicht anstellen können, weil mir kein hinläng-
lich kleines Thermometer zu Gebote stand. — In der Brütrnaschine war die
Temperatur zuweilen auf kürzere Zeit bis zu 35° gestiegen, ohne dafs die Eier ab-
gestanden wären, ausgenommen wenn sie das Metall unmittelbar berührten.
Im letztern Falle zeigte der zunächst gelegene Theil des Dotters eine Zersetzung,
und jüngere Embryonen, sie mochten mehr oder weniger von der angegriffenen
Stelle des Dotters entfernt liegen, waren immer todt. Bei einer Wärme, die
einige
Grade geringer als 28° ist, stirbt der Embryo noch weniger ab, sondern
er entwickelt sich nur langsamer; dann folgt ein noch tieferer Grad der Tempe-
ratur, welcher ohne
Weiterbildung das Leben doch erhält. An einem Eie, wel-
ches ich im Juli
öffnete, nachdem es 30 Stunden lang in der Stube gelegen hatte,

A 2

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bemerkte ich, dafs das Herz ohne Anwendung künstlicher Wärme eine Pulsation
machte. Ich
wartete nun auf einen zweiten Herzschlag, un&dieser erfolgte wirk-
lich nach einer sehr langen Pause. Hierdurch aufmerksam gemacht, stellte ich
Versuche an, und fand, dafs in allen Eiern, die ich im Juli (bei ansehnlicher
Hitze im Freien) in einer nach Norden liegenden Stube, in welcher iiberdiefs zur
Abkühlung die Fenster während der Nacht immer offen standen, der Embryo nach
Verlauf von vier und zwanzig Stunden
nie abgestorben war, sondern der Herz-
schlag in sehr langen Zwischenräumen, zuweilen von weniger als einer Minute,
in andern Fällen von 5 und mehr Minuten fortbestand. Meine Versuche stellte
ich mit Embryonen an, die nicht über fünf Tage alt waren; es ist aber nicht zu
zweifeln, dafs die ältern und selbstständigern Embryonen mit noch mehr Kraft
ihr Leben erhalten. In der zweiten Hälfte des Augustes überlebten die jungem
Embryonen eine Abkühlung von 24 Stunden nicht. An den längere Zeit hindurch
ohne Absterben in der Abkühlung erhaltenen Embryonen bemerkte ich keine an-
dere Veränderung, als dafs mir die Gefäfse weniger voll, und das Blut weniger
geröthet schien.

Em flu (\'s der Aufser der Wärme hat auch die Lage des Eies auf die Entwickelung Ein-

Eifc! e Hufs, denn Eier, die in der Brütmaschine eine senkrechte Stellung haben, pfle-
gen bald abzusterben.

Ungleich- Mit dem Einflüsse des verschiedenen Wärmegrades auf die Lebens-Aeu-

derf!Entwik- fserung im Fötus steht die Verschiedenheit der Zeit für die einzelnen Stufen der
keiung. Entwickelung im innigsten Zusammenhange. Ueber die Ungleichheit in der Zeit,
in der die Eier sich entwickeln, haben schon alle Beobachter geklagt, welche
diese Entwickelungs - Geschichte nach der Zeitfolge darzustellen unternahmen.
Eine neue Erörterung könnte also überflüssig scheinen. Indessen finde ich sie
nothwendig, um die Grundsätze vorzulegen, nach welchen ich die einzelnen Pe-
rioden der Entwickelung festgestellt habe. Wenn man nicht solche Grundsätze
festhält, so kann man eine ganz monströse Entwickelungs - Geschichte liefern, de-
ren einzelne Bestimmungen durchaus nicht zusammen passen. Selbst der genaue
Wo 1 ff hat manche Angaben, die gar nicht mit einander zu vereinen sind. Am
Ende des zweiten Tages soll nach ihm das Herz vom wahren Amnion oder der se-
rösen Schicht des Keimblattes noch nicht bedeckt seyn (eine sehr langsame Ent-
wickelung!); nach dem Ende des dritten Tages soll sich der Fötus so krümmen,
dafs der Kopf den Schwanz berührt (eine Form, die er selten vor dem fünften
Tage hat!), und erst nach dem Ende des fünften Tages soll der Harnsack
(Allan-
tonin, Chorion)
hervortreten (wieder eine so langsame Entwickelung, dafs durch-
aus ein Aufenthalt hier Statt gefunden haben mufs!). Alle drei Beobachtungen

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können an sich richtig seyn, allein sie sind auf keine Weise mit einander zu ver-
einigen.

Die Ungleichheiten in der Periodicität der Entwickelung sind von doppel-
ter Art: l) Ungleichheit im IVebeneinanderseyn der Erscheinungen, 2) Ungleich-
heiten im Fortgange der gesammten Entwickelung.

Die Ungleichheiten der ersten Art sind nicht sehr bedeutend. Im Allge-
meinen findet man, dafs Theile um so mehr in gleichem Maafse fortschreiten, je
beneinan-
enger ihre physiologische Beziehung, namentlich in der Entwickelung selbst ist. Erscheinun-
Gekrös- und Darmbildung bedingen sich gegenseitig so unmittelbar, dafs sie ein- gen-
ander nicht voraneilen können. Dagegen steht die Ausbildung des Hirns und des
Darmes weniger in Uebereinstimmung. Am unbestimmtesten schien mir das Ver-
hältnifs der allgemeinen Krümmung des Körpers zur übrigen Ausbildung. Zu-
weilen bildet am Ende des dritten Tages der Hals einen rechten Winkel mit dem
Rumpfe, und in andern Fällen ist um dieselbe Zeit der Rücken vom Hinterhaupte
an fast gerade. Augenscheinlich ist aber das Verschwinden von Theilen, deren
Wirksamkeit aufgehört hat, den meisten Abweichungen unterworfen. Die
Grenzvene habe ich zuweilen am Ende des fünften Tages nicht mehr und in an-
dern Fällen am zehnten Tage noch ganz deutlich erkannt.

Viel schwankender als das Verhältnifs des Nebeneinanderseyns ist das Fort- T
schreiten der Ausbildung nach der Dauer der Bebrütung, und eine wahre Plage
Dauer der
für den Beobachter, der, wenn er einen bestimmten Moment beobachten will,
fast gar nicht zum Ziele kommt, wenn er nicht alle Verhältnisse beachtet und be-
herrscht. Ich habe schon gesehen, dafs Eier, die bereits im siebenten Tage der
Bebrütung waren, Embryonen enthielten, wie sie im Anfange des dritten Tages
hätten seyn sollen. Bei den Eiern in der Brütmaschine hört ohnehin fast alle Be-
rechnung auf, wenn man nicht eine stete Wache, die für gleichmäfsige Tempera-
tur sorgt, unterhält. Den Grund dieser Abweichungen in jedem einzelnen Falle
anzugeben ist nicht leicht, da mehrere Verhältnisse zugleich wirken. Aus eige-
ner Erfahrung glaube ich hierüber Folgendes sagen zu können.

Zuvörderst entwickeln sich, wie es mir schien, im Allgemeinen die Eier EinfluCs der

l ährp^ipit

schneller im Frühlinge und Anfange des Sommers, als im Herbste. Allein die
Mitte des Sommers stand auch nicht zurück, so dafs ich noch nicht ganz sicher
hin, ob die Jahreszeit einen eigenthümlichen Einflufs hat, oder dieser vielleicht
auf dem Einflüsse der Wärme beruht. Indessen schien mir doch die rasche Ent-
wickelung im Anfange des Maies ersteren zu beweisen. Auf jeden Fall erzeugt
aber die Jahreszeit nur eeringe Abweichungen. Viel ansehnlicher ist der oben £;?.flufs <]er

l "1 i T?- n oö i Warme.

berührte ÜmJiufs der Wärme, und so allgemein anerkannt, dafs er nicht näher

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zu beweisen ist. Ich habe stets gefunden, dafs diejenigen Eier, welche unter der
Brust der Henne liegen, sich rascher entwickeln, als diejenigen, die am Rande
des Nestes unter dem Flügel sind.

Einflurs Am auffallendsten aber ist, wenigstens für die ersten Tage der Bebrütung,

de«nEies!ter die Verschiedenheit der Entwickelung, je nachdem die Eier kurze oder lange Zeit
vorher gelegt waren. Wenn ich am Ende des Juli vom Markte Eier kaufte, so
brachte ich im Durchschnitt kaum die Hälfte derselben zur Entwickelung, im
August weniger als die Hälfte, und im September unter dreifsig Eiern zwei. Da
die meisten Eier, die man in diesen Zeiten vom Markte kauft, lange gelegen ha-
ben, und ich zu denselben Zeiten andere Eier, die bei mir kurz vorher gelegt wa-
ren, fast alle zur Entwickelung brachte, so konnte ich nicht nur die alte Bemer-
kung bestätigen, dafs Eier, wenn sie längere Zeit gelegen haben, und für unsere
Geruchsorgane noch völlig frisch erscheinen, doch zur Entwickelung nicht taug-
lich sind, sondern ich glaubte auch zu erkennen, dafs, abgesehen von den gar
nicht befruchteten Eiern, im Dotter eine Metamorphose vorgegangen war. Be-
kanntlich ist auch in nicht bebrüteten Eiern eine langsame Verdunstung. Aufser-
dem schien mir aber in der Umgebung des Keimblattes eine ansehnlichere Lage
von weifslichen Dotterkügelchen sich angesammelt zu haben, als man in frischen
Eiern findet. Da diese weifsen Kügelchen mit denen übereinstimmen, welche
während der Bebrütung sich in den Halonen sammeln, so glaube ich, dafs die-
selbe Metamorphose, welche der Dotter während der Bebrütung unter dem Ein-
flüsse des Keimblattes erfährt, auch ohne Bebrütung jedoch überaus langsam, in
ihm eintritt. Eine Folge davon ist, dafs nun, wenn das Ei der Bebrütung unter-
worfen wird, ein Mifsverhältnifs zwischen Keimblatt und Dotter sich findet, wel-
ches entweder die Entwickelung ganz hindert, oder, wenn es noch nicht so weit
vorgeschritten ist, sie verzögert, indem das Mifsverhältnifs nur langsam überwun-
den wird. Alte Eier können gegen frische bei demselben Wärmegrade um einen
bis zwei Tage zurückbleiben, wie ich im Bereiche der ersten fünf Tage gefunden
habe. Ueber die spätere Zeit habe ich weniger bestimmte Erfahrung.

Nack wei- (jm nun doch die Zeiten für die einzelnen Entwickelungsstufen bestimmen

sätzen 1 "die zu können, suchte ich eine Normal - Entwickelung festzustellen. Ich wählte Eier,
wickthmg* welche wenige Tage vorher gelegt waren, und schob sie unter die Brust der brii-
bestimmt Menden Henne. Ich bestimmte nun die Entwickelungsstufe für das Ende des er-
sten , zweiten u. s. w. bis zum Ende des fünften Tages, und suchte die Zwischen-
zeiten theils annäherungsweise durch Schätzung, theils durch unmittelbare Beob-
achtung zu finden. Ich glaubte das Ei unter günstige Umstände bringen zu müs-
sen, um darnach die Zeit zu bestimmen, weil offenbar viele Momente die Ent-

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Wickelung verzögern können, es aber nicht gut denkbar ist, dafs, besonders un-
ter dem Huhne, nicht in der Maschine, die Entwickelung viel über das Normale
getrieben werden kann. In derThat kam es mir auch nicht darauf an, alles recht
frühzeitig zu linden, und ich habe nicht den höchsten Grad der Entwickelung,
die zuweilen um einige Stunden vorgeschritten schien, sondern den unter den an-
geführten günstigen Umständen gewöhnlichsten, als den normalen angenommen.
Dazu kommt noch, dafs ich nicht eine hinlängliche Zahl von Eiern erhalten
konnte, die so eben gelegt waren, um mit ihnen Versuche anzustellen. Auf die
Erwärmung eines Eies müssen wenigstens ein Paar Stunden hingehen, und man
würde besonders für die ersten Momente der Entwickelung eine Priorität von eini-
gen Stunden erhalten , wenn man Eier beobachtete, die sich noch nicht abgekühlt
haben. Schon aus diesem Grunde sieht man, dafs ich eher zu lange als zu kurze
Zeitmaafse angegeben habe.

Man könnte noch den Einwurf machen, ob die Entwickelung, wie ich sie
für die ersten fünf Tage festgesetzt habe, zu der Durchschnittszeit der ganzen Ent-
wickelung von 21 Tagen pafst, oder ob nicht die Eier, wenn sie immer unter der
Brust der Henne liegen, früher zur Reife kommen würden ? Es ist möglich — ja
wahrscheinlich. Allein ein Versuch läfst sich darüber kaum anstellen, da die
Hennen nur in der ersten Zeit die Eier ruhig liegen lassen, nachher aber, wahr-
scheinlich weil sie die Ungleichheit in der Ausbildung bemerken, die innern nach
aufsen schieben, so dafs dann ein Ei, das bis zur Beweglichkeit des Fötus unter
der Brust gelegen hat, nachher an den Rand des Nestes kommt, wo es sich etwas
langsamer entwickeln und in der Regel von der gewöhnlichen Zeit nicht sehr ab-
weichen wird. Ueberhaupt ist die Bestimmung der Zeit bei dieser Wandelbar-
keit etwas Unwesentliches, leider nur etwas Unvermeidliches für die Darstellung,
um von dem Zusammenseyn der Erscheinungen eine Ansicht zu geben. Genauig-
keit ist nur für das relative, nicht für das absolute Zeitmaafs wichtig. So habe
ich nicht angestanden, die Ausbildung des ersten Kreislaufs der Einfachheit we-
gen an das Ende des zweiten Tages zu setzen, obgleich nach meinen vergleichen-
den Beobachtungen sie eigentlich um ein Paar Stunden früher fallt.

Die ganze Entwickelung des Hühnchens imEie habe ich zur bessern Ueber- Einteilung
sieht in drei Perioden getheilt, nach der Verschiedenheit des vorherrschenden kekmg.""
Kreislaufs. Die erste Periode reicht bis zur völligen Ausbildung des ersten Kreis-
laufs und währt ungefähr zwei Tage. Die zweite Periode umfafst die Zeit des
Kreislaufs durch die Dottersackgefäfse. Sie währt drei Tage, wenn man sie bis
dahin rechnet, wo die Harnsackgefäfse genug ausgebildet sind, um wesentlichen
Antheil am Kreislaufe zu nehmen. Die dritte Periode, durch den Kreislauf ver-

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mittelst dieser Gefäfse bezeichnet, reicht bis zur Geburt oder bis zum Vortreten
des Lungenkreislaufs, welcher endlich die vierte Periode, das Leben aufser dem
Eie, umfassen würde.

Verlust am Ein Phänomen, das während der ganzen Brütezeit sich zeigt, ist die Ver-

minderung des Gewichtes vom Eie. Nach Pfeil (De evolutione pulli in ovo incu-
bato. Dissertât, inaug. Berol. 1823. in append.) verlieren die Eier im Durch-
schnitte während der ganzen Zeit der Bebrütung 117 Gran an Gewicht, und zwar
ist der Verlust in den letzten Tagen etwas geringer, weil auch der Vorrath vor?
flüssigen Stoffen geringer ist. Ein Gewichtsverlust zeigt sich auch in Eiern, die
nicht bebrütet sind, jedoch in weit geringerem Grade, so dafs diese während
ein und zwanzig Tagen ungefähr
29 Gran verlieren.

Der Gewichtsverlust beruht ohne Zweifel auf einer Verdunstung eines Thei-
les vom Inhalte des Eies.

Er-

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Erste Periode.

§• i.

Erster Tag.

Oie erste Wirkung (1er Bebrütung besteht in fortgehender Sonderung zwischen «-Sonderling
Keim, Dotter und Dotterhaut, wobei ersterer an Umfang zunimmt. Schon in
vom Dotter
den ersten Stunden sondert sich nämlich der Keim von dem Dotter besser ab, als
früher, hängt aber immer an der Dotterhaut, so dafs er beim Abziehen derselben
ihr folgt. Allein im Umfange des Keimes hängt die oberflächliche Schicht des
Dotters in den ersten Stunden doch noch so an der Dotterhaut, dafs sie mit ihr ab-
gezogen wird, nach der Mitte des ersten Tages nicht mehr. Auch der Hügel der
Keimschicht (Pander\'s Kern des Hahnentrittes) folgt der Dotterhaut, schält sich
jedoch auch nicht glatt vom Dotter ab, sondern nimmt etwas Dottersubstanz mit.
Dagegen ist schon sehr früh die Mitte dieses Hügels etwas von der Mitte des Kei-
mes getrennt durch eine sehr geringe Quantität Flüssigkeit. Der Keim wird da-
bei dünner und mehr in sich zusammenhaltend, d. h. also mehr blattförmig.

Bei zunehmender Consistenz des Keimes entwickeln sich in ihm 2 Lagen, Sonderung
eine oberflächliche dünnere aber festere Oberhaut-ähnliche, und eine untere, des Keime?
dickere, mehr körnige, weniger in sich zusammenhängende. Die Sonderung Dic^em der
selbst läfst sich natürlich in ihrem Beginnen nicht erkennen, sondern erst, wenn
sie ein Resultat geliefert hat. Ihr Anfang fällt wahrscheinlich in den Anfang der
Bebrütung. Sie läfst sich schon vor der zwölften Stunde nachweisen, wenn
man den Keim vorsichtig mit Nadeln unter dem Microscope zerreifst. Vollstän-
dig ist die Sonderung aber erst später, und zwar kurz vor dem Auftreten des
Embryo etwas deutlicher, als bald nachher. Wir nennen die obere Lage mit
P ander das
seröse Blatt *), die untere das Schleimblatt.

*) Diese Benennung ist wenig passend und inufs einst mit einer neuen vertauscht werden, da
diese Schicht, jetzt zwar wie ein Holser Ueberzug erscheinend, doch die Grundlage des gan-
zen animalischen Theiles ist. Darnach könnte man sie etwa das animalische Blatt nennen-
Ich habe die Pander\'sche Benenuu^g der Blätter beibehalten.

ß

r

-ocr page 38-

2) in der Ungefähr gleichzeitig mit dieser Sonderung in der Dicke des Keimblattes

erfolgt eine andere vom Mittelpunkte nach der Peripherie, indem die Mitte des
Keimblattes heller, der Umfang aber dunkler wird, weil in der Mitte das seröse
Blatt, im Umfange das Schleimblatt vorherrscht. Der helle Raum in der Mitte —
der durchsichtige Fruchthof (Area pellucida) ist anfänglich klein und ziemlich
rund, wird aber bald länglich und an einem Ende breiter. Aus dieser eirunden
Form geht er gewöhnlich in eine deutlich birnförmige über, die er in der zwölf-
ten Stunde nur bis zur Bildung der Kopfkappe des Embryo zu haben pflegt, in-
dem das breitere Ende immer mehr an Breite zunimmt. Der dunkle Theil des
Keimes umgiebt den hellen, wie ein breiter Ring.

e Erhebung |j diese Zeit hat der Keim einen Durchmesser von 8 bis 4 Linien, ist

des Keimes. . 7

mit Ausnahme seines Randes stark nach oben gewölbt, wodurch auch die Dotter-
haut hier hervorsteht, wie die Hornhaut des Auges. Ueber ihm wird also das
Eiweifs verdrängt. Das Schwinden des Eiweifses über ihm ist aber zu grofs, als
dafs es allein von der Wölbung des Keimes und des darüber liegenden Thei-
les der
Dotterhaut abhängen sollte. Es scheint vielmehr die ganze Dotterkugel
sich innerhalb des Eiweifses immer mehr zu erheben, wodurch der innere nach
oben liegende Keim der Schaalenhaut näher kommt. Diese Veränderung ist na-
türlich in den folgenden Tagen merklicher als im ersten.

Der Keim ist unterdessen vollständig von den unter ihm liegenden Theilen
geschieden; denn beim Abziehn der Dotterhaut mit dem Keime bleibt der Hügel
der
Keimschicht zurück, der nach oben eine Vertiefung zeigt, umgeben von ei-
d. Halonen. nem Weifsen kreisförmigen Rande. Dieser weifse Rand der obern Fläche ist durch
eine kreisförmige Furche, welche eine helle Flüssigkeit enthält, von einem an-
dern weifsen Kreise getrennt, den der Dotter bildet, und der wieder durch eine
Furche sich von der zunächst nach aufsen liegenden Dottermasse scheidet. Indem
diese kreisförmigen Wälle und die zwischen ihnen befindlichen mit Flüssigkeit
gefüllten Furchen durch den Keim durchschimmern, entsteht das, was man
Ha-
lonen
nennt. Aehnliche Sonderungen in helle und dunkle Ringe sind auch in dem
Keime, und zwrar schon in unbebriiteten Eiern. Wenigstens ist der Rand dessel-
ben dunkler als die Mitte, noch ehe der eigentliche fast körnerlose und durch-
sichtige Fruchthof sich gebildet hat. Die Halonen im Dotter beginnen bald nach
der achten Stunde, sind Anfangs kreisförmig, dann ein klein wenig länglich und
wachsen mit dem Keime. Ihre Zahl ist ursprünglich 2— S. Am zweiten Tage
aber werden die Wälle, welche die kreisförmige Grube trennen, durchbrochen,
und die Gruben laufen wellenförmig zusammen, wobei es unmöglich wird, die
Zahl der Halonen zu bestimmen. Sie liegen in dieser spätem Zeit nur unter dem

-ocr page 39-

Umfange der Keimhaut, deren Mitte ganz iiher einer Flüssigkeit schwebt. Es
sammelt sich nämlich unter dem Keime immer mehr Flüssigkeit, weswegen der
Hügel der Keimschicht schon bedeutend von ihm absteht, und daher auch nicht
immer an derselben Stelle im Verhältnifs zu dem Fötus verdünnt liegt. Diese
Flüssigkeit mag theils aus der Masse des benachbarten Dotters ausgeschieden seyn,
theils aber aus der Centraihöhle des Dotters sich erhoben haben. Da der Gang,
der aus der Centraihöhle nach dem Keime führt, durch den Hügel der Keimschicht
oben gleichsam verstopft ist, so mufs die Flüssigkeit sich in Kreisen um jenen
Hügel sammeln, wodurch sich die oben bemerkte Furche zwischen dem Hügel
und der übrigen Fläche des Dotters leicht erklärt. (Vergleiche Fig. I.) Dafs aber
auch der Dotter unter dem Embryo selbst umgewandelt wird, lehrt die weifsliche
Farbe, welche der nicht flüssige Theil annimmt.

Um die Metamorphosen zusammen zu fassen, welche von der Keimhaut «.NeueSon-
als solcher abhängen, erwähnen wir hier noch einer, welche allerdings erst deut- de^K^m\'
lieh beobachtet wird, wenn schon die erste Grundlage des Embryo erschienen ist. haut
Zwischen der löten und 20sten Stunde bemerkt man in dem äufsern dunkeln ^"ieder FIä_
Theile der Keimhaut eine durch gröfsere Dunkelheit auffallende Kreislinie, welche
"wie ein aufgeworfener Saum nach unten vorragt. Genauer angesehen zeigt sie
sich nicht ganz kreisförmig, sondern aus 2 Bogenlinien bestehend, welche zu bei-
den Seiten am meisten ausgebildet sind, nach vorn und hinten (im Verhältnifs
zum werdenden Embryo und zu dem in der Mitte
liegenden Fruchthofe) aber un-
scheinbarer
werden, und vorn gleich Anfangs auffallend, zuweilen auch hinten,
aber stets weniger deutlich gegen einander eingebogen sind. Durch diese beiden
Bogenlinien wird der den Fruchthof umgebende dunkle Theil der Keimhaut wie-
der in 2 Ringe getheilt, einen äufsern und einen innern. Nur in dem innern
Ringe bilden sich die am 2ten Tage entstehenden Gefäfse, weshalb man ihn mit
Recht den
Gefäfshof (Area vasculosa) genannt hat. Schon vor dieser Scheidung >n derDicke.
in der Fläche, aber weniger in die Augen fallend, entsteht eine übereinstimmende
in der Dicke der Keimhaut. Zwischen dem serösen und dem Schleimblatte bil-
det sich nämlich eine Schicht von Kügelchen, welche P a n d e r das
G-efäfsblatt
nennt, da aus diesen Kügelchen sich später die Gefäfse bilden. Es fehlt diese
Schicht in dem äufsern Ringe. Sie findet sich dagegen im Gefäfshofe und im
durchsichtigen Fruchthofe. Vorherrschend ist sie als wahre Gefäfsschicht im Ge-
fäfsraume, so dafs derselbe Wechsel, welchen wir in der Keimhaut der Tiefe nach,
d. h. in seiner Dicke finden: seröses Blatt, Gefäfsblatt, Schleimblatt, sich auch
in der Ebene vom Centrum zur Peripherie zeigt, im (durchsichtigen) Fruchthofe,
dem Gefäfshofe und dem äufsern Ringe, den man, um ihm einen Namen zu ge-

B 2

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ben, den Dotterhof nennen könnte, Im Fruchthofe nämlich ist das seröse Blatt,
im Gefäfshofe das Gefäfsblatt und im Dotterhofe das Schleimblatt vorherrschend.
/. Erst« An- Bis über die Mitte des ersten Tages hat noch kein Theil des Embryo sich

bryodes Em zu bilden angefangen. Um die vierzehnte oder fünfzehnte Stunde tritt das erste
Rudiment desselben auf. Dieses besteht keinesweges in den beiden Primitivfal-
ten Pander\'s, sondern in einem mittlem Streifen, der etwa if Linie lang ist,
und den ich
Primitivstreifen nenne. Er ist der Vorläufer der Wirbelsäule und
g. Lage des liegt in der Längenachse des durchsichtigen Fruchthofes. Die Längenachse des
Fruchthofes entspricht aber nicht der Längenachse des Eies, sondern der Quer-
achse desselben, und zwar liegt der Kopf des zukünftigen Embryo, der in dem
ersten dunklen Streifen schon durch ein etwTas dickeres Ende angedeutet wird,
nach links, das Schwanzende nach rechts, wenn man das Ei in seiner Längen-
achse so vor sich stellt, dafs das stumpfe Ende dem Beobachter zu- und das spitze
Ende abgekehrt ist, der Keim aber nach oben liegt. Hiernach ist die linke Seite
des Embryo nach dem stumpfen Ende des Eies gerichtet, die rechte nach dem
spitzen Ende. Indessen ist diese Lage nicht immer so bestimmt, dafs die Län-
genachse des Embryo mit der Längenachse des Eies genau einen rechten Winkel
bildete, der Winkel weicht vielmehr so ab, dafs die erstere bald auf der einen,
bald auf der andern Seite sich mehr der letztern nähert, so dafs, freilich in sehr
seltenen Fällen, beide Achsen fast zusammenfallen können, wobei denn der Kopf
des Embryo bald dem stumpfen, bald dem spitzen Ende des Eies zugekehrt ist.
Nur einmal fand ich den Embryo umgekehrt liegen, so dafs sein Kopf in
der Hälfte
des Eies lag, in der das Schwanzende hätte liegen sollen. Dieses Ei war nach
dem spitzen Ende zu in seiner Schaale gebrochen. Es steht nämlich die Entwik-
kelung der Eier nicht gleich still, wenn die Schaale Brüche bekommt, obgleich
sie auch nie bedeutend vorzuschreiten scheint, so weit meine Erfahrungen reichen.
k. Grund Diese Beobachtung scheint einen Wink über den nächsten Grund von der

dieser Lage. gteumig c]es Embryo zu geben. Da nämlich die Luft immer am stumpfen Ende
des Eies eintritt, das nicht verbrauchte Eiweifs dagegen nach dem spitzen Ende
desselben allmählig getrieben wird, so scheinen sich stumpfes und spitzes Ende zu
einander zu verhalten, wie aufnehmender und ausscheidender Pol, und berück-
sichtigen wir die Lage des Eies während seiner Bildung, so erkennen wir, dafs
es im Eileiter so liegt, dafs das stumpfe Ende dem aufnehmenden und das spitze
Ende dem ausschneidenden Pole nicht nur des Organes, sondern des ganzen müt-
terlichen Körpers zugekehrt ist. Auf jeden Fall müssen die heterogenen Substan-
zen, die in der Längenachse des Eies hinter einander liegen, erregt durch Wärme,
einen dynamischen Prozefs hervorbringen, der längs der Achse des Eies vor

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sich geht, und der vielleicht nach genauen physikalischen Versuchen näher zu be-
stimmen seyn wird. Dagegen glaube ich
auf die verschiedene Wärme-Empfindung,
die man hat, wenn man das stumpfe oder das spitze Ende des Eies mit der Zunge
berührt, wenig Gewicht legen zu dürfen, denn da das Eiweifs ein gröfseres Lei-
tungsvermögen für die Wärme hat, als die Luft, so folgt daraus, dafs die wär-
mere Zunge am spitzen Ende schneller abgekühlt wird, als am stumpfen. Ein
Ei, das auf 29° — 30° R. erwärmt ist, scheint der Zungenspitze an beiden Enden
gleich warm zu seyn. Ein ziemlich empfindliches Thermometer an beide Enden
eines nicht erwärmten Eies angesetzt, oder in dieselben eingesenkt, liefs mich kei-
nen Unterschied finden. Indessen will ich auf diese Beobachtung gar kein Ge-
wicht legen, da
ich nicht alle störenden Einflüsse vermeiden konnte. Aber auch
die Versuche von Murray (Edinb. phisical journal 1826), nach denen das stum-
pfe Ende wärmer seyn soll, erregen nicht volles Vertrauen. Vielmehr scheint
diese Frage noch einer neuen, sehr sorgfältig anzustellenden Untersuchung zu be-
dürfen.

Der Prozefs, der längs der Achse des Eies wirksam ist, hat die Folge, dafs
in dem über dieser Achse liegenden Keime der neu anschiefsende Stoff nach links
sich in rundern, d. h. für die Fläche in breitern, für die Masse in dickern For-
men sammelt, als nach rechts, wo die Formen mehr spitz auslaufen. So war es
schon in der birnförmigen Gestalt des Fruchthofes, so ist es in dem Primitivstrei-
fen des Embryo und allen übrigen Theilen desselben im Allgemeinen. Dieses Ver-
hältnifs dürfte daher mit dem Electromagnetismus in Beziehung zu bringen seyn.

Was nun den früher erwähnten Primitivstreifen anlangt, so besteht er nur !;trei£
kurze Zeit, weshalb P an der ihn in der Darstellung der Entwickelungsgeschichte
ganz ausgelassen hat. Gesehen hat er ihn jedoch ohne Zweifel, denn die Abbil-
dungen in Tab. I. Fig. 4. 5. Tab. II. Fig. 2. in
Pandels Beiträge u. s. w. kann
ich nur auf diesen Streifen beziehen. Er ist auch sehr verschieden in seinem Aus-
sehen. In der Regel besteht er aus einer Ansammlung von ziemlich lose zusam -
menhängenden Kügelchen. Der Fruchthof ist nämlich um diese Zeit noch nicht
so hell, als später, und enthält noch ziemlich viele Kügelchen, die sich aber im
Primitivstreifen noch besonders ansammeln, der daher wegen
gröfserer Dunkel-
heit von geübten Augen schon ohne
Vergröfserung erkannt wird. Er ist mehr
°der weniger erhaben, und wenn ich nicht sehr irre, steht seine Erhebung mit
«ler Dunkelheit im Gegensalze. Einige Mal sah ich ihn als einen erhabenen, nach
unten hohlen, dann aber fast durchsichtigen Wulst, der sich wohl f Linie aus
der Ebene erhob, wie nicht nur der Schatten, sondern besonders auch das Her-
abgleiten an seinen Seiten mit einer feinen Sonde oder Borste lehrte. Kaum ist es

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glaublich, dafs diese Variationen auf einander folgen müssen als Stufen der fort-
schreitenden
Entwicklung, vielmehr ist wohl die hohe Auftreibung des Primitiv-
streifens nur
Abweichung von dem normalen Verlaufe; denn man sieht nicht recht
ein, wie sich diese beiden Formen des Primitivstreifens aus einander entwickeln
sollen. So viel ist aber gewifs, dafs vor dem Auftreten der Pander\'schen Primi-
tivfalten der Stamm der Wirbelsäule immer zuerst durch einen mittlem unpaari-
gen Streifen markirt wird.
k. Kücken- Aus diesem Streifen erheben sich bald zu beiden Seiten die Erhabenheiten,

welche Pander Primitivfalten nennt, die aber einen andern Namen erhalten müs-
sen, indem sie weder das Erste des Embryo, noch wahre Falten sind. Sie sind
zuerst unregelmäfsige, rundliche, ziemlich dunkle Wülste. Der Raum zwischen
ihnen ist heller. Es scheint also, dafs die Körner aus dem Primitivstreifen nach
den Seiten weichen. Sie treten zwischen der 16ten und 18ten Stunde auf, und
erreichen einander beim ersten Auftreten weder am vordem noch am hintern
Ende. Ueberhaupt bilden sich die beiden Enden zuletzt, aber doch bald aus.
Mit dem obern Rande stehen sie etwas weiter
von einander, als mit der Grund-
fläche , indem der obere noch zugerundete Rand über der Mitte der Grundfläche
liegt. (Fig. 2.) Aus diesen beiden Wülsten wird der Rücken (denn nicht an, son-
dern in ihnen bilden sich, wie wir zeigen werden, die Rudimente der Wirbel-
bogen) , weshalb sie
Rückenplatten heifsen mögen.

Die Metamorphose der Rückenplatten ist verschieden, je nachdem der Pri-
mitivstreifen mehr körnig und weniger gewölbt, oder mehr ein hohler Wulst ist.
Im erstem Falle nämlich erhebt sich unter fortgehender seitlicher Ausbreitung der
Basis die obere Kante dieser Platte in einen scharfen Kamm, dessen Schneide
zuerst gerade in die Höhe gerichtet ist, nach der innern Seite ganz senkrecht ab-
schüssig gegen die Furche 1) (Spatium carinatum Malpighi\'s und Pander\'s)
nach aufsen aber allmählig herablaufend. Später sind die Schneiden gegen einan-
der gekehrt, und

ragen also über die sie trennende Furche vor (Fig. 3.) und errei-
chen einander endlich, wodurch die Furche in einen geschlossenen Kanal verwan-
delt wird. Sie verwachsen darauf mit einander. — Je mehr aber der Primi-
tivstreifen gewölbt ist, um desto mehr sind die Schneiden oder Kämme der Rük-
icenplatten nach aufsen gekehrt. Ihre Vereinigung mufs daher später und lang-
samer erfolgen. Ja, in einem Falle, wo die Erhebung des Primitivstreifens wohl
§ Linie betrug, waren die Kanten der Rückenplatten so nach aufsen gekehrt, dafs
diese fast horizontal lagen, wie man durch untergebrachte Sonden leicht fand-

1  Rüchen für che oder Rüchenspalte.

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dennoch war schon der erste Anfang von 3 Wirbeln in jeder Platte zu erkennen,
so dafs ich nicht glauben kann, dafs sie sich jemals vereinigt hätten, sondern ver-
muthe, dafs hier sich eine Rückgratsspalte gebildet haben müfste, so selten auch
diese Krankheit in Vögeln vorzukommen scheint.

Mit den Rückenplatten bildet sich aber noch ein anderer Theil, den ich JA\\tfxlcken~
die
Rüchensaite (Chorda dorsalis) nenne. Dies ist ein Streifen, der gerade in der
Achse der zukünftigen Wirbelsäule und also des ganzen Fötus verläuft. Er be-
steht ursprünglich aus einer einfachen Reihe dunkler Kügelchen, die nach dem
vordem Ende mehr
zusammengedrängt, am hintern Ende mehr vereinzelt sind.
Man erkennt ihn in seiner ersten Bildung wegen seiner Dünne nur, wenn das
Wasser, in welchem man den Keim untersucht, sehr rein von Dotterkügelchen
ist. Er nimmt darauf an Dicke und Festigkeit zu, indem die Zahl der Kügelchen
in ihm sich mehrt. Das vorderste Ende ist schon sehr früh in einen runden, viel
dickern Knopf ausgebildet, und die ganze Rückensaite gleicht daher schon vor
dem Ende des ersten Tages einer sehr dünnen Nadel mit einem zarten Knopfe.
Dieses Ansehn behält sie auch ferner, indem sie allmählig stärker wird, und sich
(freilich mit dem ganzen Embryo) krümmt. Diese Saite ist olfenbar übereinstim-
mend mit der Knorpelsäule, welche sich in der Wirbelsäule einiger Knorpelfische
während des ganzen Lebens findet. Wie bei jenen legen sich im Huhne die Wir-
belkörper um die Saite, aus denen man sie bis in die Hälfte der Entwickelung,
Wo sie allmählig stärker wird, wie eine Schnur hervorziehen kann. Sie ist nicht
nur die Achse, um welche sich die ersten Theile des Fötus bilden, sondern der
wahre Maafsstab für den ganzen Leib und alle Hauptsysteme.

Ihre Entstehung scheint mir mit der Entstehung der Rückenplatte gleich-
zeitig. Zwar sieht man, wenn die Rückenplatten zuerst deutlich werden, die
Rückensaite oft noch nicht; indessen liegen doch in der Mitte unter der Rücken-
furche einzelne Kügelchen in einer geraden Linie, und diese Kugelreihe ist nichts
anders, als die werdende Rückensaite. Auch habe ich deutlich gesehen, dafs bei
stark gewölbten Primitivstreifen die Rückensaite bestimmt schon da war, ohne
Spur von Rückenplatten. Die Norm der Entwickelung scheint also darin zu be-
stehen, dafs der Primitivstreifen, bald nach seiner Entstehung, in zwei Seitenhälf-
ten, die Rückenplatten, und einen mittlem Streifen, die Rückensaite, sich scheidet,
und zwar so, dafs ziemlich zugleich beide Theile entstehen, aber zu Anfange die
Entwickelung nach den Seitentheilen rascher geht, wenigstens deutlicher bemerkt
wird.

Die Rückensaite nun ist es, welche von allen Beobachtern, die das Rücken-
mark sehr früh gesehen haben wollen, für dieses Organ gehalten worden ist; denn

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das Rückenmark fehlt als gesonderter Körper durchaus vor der Verwachsung der
Rückenplatten. Die Lage der Riickensaite in der Mittellinie des Körpers konnte
zu dieser Verwechselung Veranlassung geben, indessen ist es immer merkwürdig,
wie man einen so haardünnen und dabei dunklen, vorn mit einfachem Knopfe en-
digenden Körper, dessen Knopf zu den Hirnblasen in gar keiner Beziehung steht,
und welcher mit seiner Umgebung eng verwachsen ist, für das Rückenmark hal-
ten konnte.

Scheide \' Die Einfügung der Rückensaite ist nämlich ganz eigenthümlich. So wie
der Rücken- eine einfache Reihe von dunklen Kügelchen die Riickensaite sich zu bilden

saitGo

anfängt, sieht man auch diese Linie von einem hellen Saum umgeben, und je
dunkler die Rückensaite wird, desto heller ist dieser Saum, bis er die Durchsich-
tigkeit von Glas erhält. Da der Saum aber von allen Seiten erscheint, so ist er
eigentlich eine Scheide für die Rückensaite. Er ist mit dieser letzten ursprüng-
lich ein Ganzes, und in den beiden ersten Tagen so eng mit ihm verbunden, dafs
nur die allergrofste Geduld und die feinsten Nadeln im Stande sind, die Saite von
der Scheide zu trennen, und am ersten Tage mag der Versuch wegen der Dünne
der Saite nie
ganz gelingen. Um diese Zeit sind beide Theile wirklich nur Eins,
das so in sich gesondert wird, wie wir fast überall, wo im Embryo sich ein dunk-
ler Körper bildet, auch neben ihm einen Gegensatz von heller Masse ohne Kügel-
chen werden sehen. Auffallend ist nur in der Scheide für die Rückensaite die Fe-
stigkeit, die diese glashelle Masse hat. Am dritten Tage läfst sich die Rücken-
saite mit einiger Vorsicht aus der Scheide ziehen, und vom 4ten Tage an gelingt
der Versuch ziemlich leicht.
n Umbeu- Die Scheide umgiebt auch den Knopf der Rückensaite. Hier ist es, wo

v\'rder" ^ie vorflern Enden der Rückenplatten zusammenstofsen, nicht unmittelbar an den
Knopf, sondern durch die Scheide von ihm getrennt, indem alles, was gegen die
Riickensaite wächst, durch die Scheide von unmittelbarem Anstofsen an sie abge-
halten wird. Der Rücken ist also ursprünglich grade eben so lang, als der Stamm
der Wirbelsäule oder die Rückensaite. Allein da die Rückenplatten schneller
wachsen, als die Rückensaite, so krümmen sie sich, und besonders ihre obere
Kante. Beim ersten Auftreten der Rückenplatten sind sie nämlich nicht mehr ge-
krümmt , als der Primitivstreifen war, und dieser ist in der Länge nur so viel ge-
krümmt , als die Wölbung der Mitte der Keimhaut beträgt. Indem sie aber sich
vergröfsern, bilden sie nicht nur mit ihrer ganzen Masse einen Bogen, dessen
Krümmung nach oben gerichtet ist, sondern vorzüglich krümmt sich ihre obere
Kante an dem vordem Ende etwas um den Knopf der Rückensaite nach unten.
Die Folge davon ist, dafs, wenn man jetzt den Fötus von oben betrachtet, er

vorn

endes.

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vorn 2 Spitzen (die vorragenden Umbeugungen der Rückenplatten) hat. Diese
vordem Umbeugungen nehmen immer zu, und ziehen auch das vordere Ende der
Rückensaite mit sich. Es ist mithin der ganze Stamm der Wirbelsäule, aber nur
am vordersten Ende, umgebogen, und diese Umbeugung wird zum Kopf, in wel-
chem der Knopf der Riickensaile die Mitte der Schädelbasis einnimmt. (Fig. II.
und in späterer Form Fig. III.) Nach vorn grenzt diese Umbeugung mit halb-
mondförmigem Rande an den nicht umgewandelten Theil der Keimhaut, mit dem
sie einen Winkel bildet, der allmählig spitzer wird.

Wenn ich so eben die Umbiegung des Vorderendes vom Embryo als aus o^Abschnü-
dem Harken Wachsthum der Rückenplatten hervorgehend dargestellt habe, so ge-
Embryo von
schah es mehr, um die Metamorphose anschaulicher zu machen; denn allerdings Keun*
sieht man bald, dafs diese Veränderung von einem tiefern gemeinsamen Grunde
bedingt wird, der sich in allen Theilen der Bildung als ein Streben offenbart, den
Embryo von dem umgebenden Theile des Keimes und des übrigen Eies zu schei-
den *). Kaum hat sich nämlich das vordere Ende der Wirbelsäule umgekrümmt,
so zieht sich der benachbarte Theil der Keimhaut nach hinten an die untere Flä-
che des Fötusrudimentes, indem die Stelle, wo der Umschlag der Keimhaut vom
vordem Ende des Fötus in die Fläche der übrigen Keimhaut abgeht, immer mehr
nach hinten rückt, und dadurch wirklich eine
Leibeshöhle von vorn nach hinten
sich zu formen anfängt, deren untere Wand jetzt nur von der Keimhaut gebildet
ist. (Fig. III.)

Dieser Vorgang beruht also l) auf dem Wachsthum des Embryo, der sich
schneller vergröfsert als seine Basis, aufserdem 2) aber auch auf beginnender
Verengerung der Communication.zwischen dem Embryo und der Keimhaut, wel-
che aber erst am zweiten Tage deutlich wird; denn die erste Umbeugung der
Rückenplatten erfolgt erst um die 20ste Stunde, das weitere Zurückweichen von
der Umbeugung der Keimhaut am Ende des ersten Tages. Dadurch wird ein
Theil der vordem Hälfte des Fruchthofes aus der Ebene gezogen und er erscheint
nun nicht mehr birnförmig, sondern biscjuitförinig.

Wir verfolgen nun jene Verengung der Verbindung zwischen dem Embryo ^Anlage
und der Keimhaut hier nicht weiter, sondern kehren vielmehr zu den Rucken-
platten zurück. Während sich diese mit ihren obern Kanten einander nähern,
erscheinen in ihnen die Wirbel in zwei gegenüber liegenden Stücken für jeden
Wirbel. Sie bestehen, wie die Rückensaite, aus zusammengedrängten Körn-

Denjenigen Theil des Keime3, welcher sich nicht zum Embryo umgeformt hat, werden wir in
Zukunft die
Keimhaut nennen, und wir haben diesen Ausdruck schon angewendet für die Zeit,
in welcher schon ein Anfang vom Embryo da
ist.

C

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dien, welche Flecken bilden, umgeben von hellen Umkreisen, die zu ihnen in
demselben Verhältnisse stehen, wie die Scheide zur Rückensaite. Eine andere
dem
Knorpel ähnlichere Textur ist durchaus noch nicht da. Die Flecken sind
zwar beim ersten Auftreten noch
nicht ganz viereckig, gehen aber sehr bald in
diese Form über, wodurch die hellen Zwischenräume Queerbändern gleich wer-
den. Diese Anlagen der Wirbel bilden sich in der Gegend, wo der kammför-
mige erhabene Theil der Rückenplatten in den ebenen übergeht, und die Kante
des Kammes wird von ihnen nicht erreicht. Die Folge davon ist, dafs es scheint,
als bildete sich der Wirbel neben den Rückenplatten, indem man, wenn der
Rücken sich zu schliefsen anfängt, bei der Ansicht von oben auf jeder Seite neben
den Wirbelanfängen nach innen einen hellen Streifen bemerkt, den zwei Schatten
begrenzen. Dieser helle Streifen ist der durchsichtige übergebogene Kamm. Der
äufsere Schatten ist die Grenze der Höhle für das Rückenmark, wie besonders die
Betrachtung der Fig. 3.
deutlich macht, wo wir oben in 3\' die Ansicht der Rük-
kenseite haben, durch punktirte Linien auf den Queerdurchschnitt reducirt.
Dafs die Wirbelanfänge wirklich in den Rückenplatten liegen, erkennt man, wenn
man beide Platten mit Nadeln aus einander legt, wobei ein Theil der Wirbel-
rudimente mit umgelegt wird, und vorzüglich in den Fällen, wo die Rückenplat-
ten, auf den hochgewölbten Primitivstreifen sitzend, ganz nach aufsen gekehrt
sind. In diesen sah ich die Wirbelrudimente, die ganz im ersten Beginnen wa-
ren , vollständig umgeworfen. Die ersten Wirbelrudimente entstehen gegen Ende
des
ersten Tages und zwar in der Halsgegend; von da bilden sich nach vorn und
hinten neue.

Dafs sich die Ränder der Primitivfalten kräuseln, und Buchten bilden,
q Schlafs indem sie sich einander nähern, bezweifle ich. Zwar sieht man in der Regel
des Ruckens, s0jcjie Kräuselungen, wenn man Embryonen, deren Rücken eben im Begriff ist,
sich zu schliefsen, in kaltem Wasser untersucht. Man erkennt aber auch, dafs
diese Kräuselungen sich allmählig immer mehr von einander geben und die Rük-
kenfurche sich weiter öffnet. Durch die Einwirkung des kalten Wassers werden
nämlich die Rückenplatten von einander gezogen, und da die Wirbelrudimente
etwas fester sind, als ihre Zwischenräume, so zieht sich die Mitte jedes Wirbels
etwas weniger zurück. Untersucht man Embryonen um dieselbe Zeit in warmem
Wasser, so sieht man die Kräuselungen so lange nicht, als das Wasser warm bleibt.
Weniger gewifs bin ich darüber, ob auch im vordem oder Kopf - Theile der Wir-
belsäule vor dem Schlüsse keine Erweiterungen sind. Es hat allerdings zuweilen
das Ansehn, doch fand ich, dafs wenigstens die innern einander zugekehrten
Ränder der Rückenplatten immer gerade waren, und nur der umschlossene Raum

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d. h. also die Seitentheile der Platte sich nach aufsen wölbten, jedoch ohne abge-
sonderte Zellen zu bilden, in einer gleichmäßigen Erweiterung, mit Ausnahme
des vordersten Endes.

Während diese Veränderungen im Rücken am Ende des ersten Tages er- r- Erhebung

i» i _ ° o dos Embrvo

toigen, erhebt sich der Embryo von dem Dotter, und der ganze durchsichtige und des
Fruchthof nimmt an der Erhebung Antheil, und zwar gleichmäfsig, da in ihm Fruchthofes\'
der Umfang der Bauchplatten noch nicht bestimmt ist. Alle Blätter sind zugleich
erhoben und liegen dicht an einander. Nur nach vorn fangen die Blätter an, sich
zu trennen, und zwar in Folge des Zurückziehens unter das Kopfende, was wir am
zweiten Tage näher ins Auge fassen werden.

Am Ende des ersten Tages hat also der Embryo folgende Beschaffenheit, -f. Allgemein
Man erkennt in ihm nur noch Bildungsgewebe, oder jene Grundmasse aller thie- fenheit^des
tischen Theile, welche aus einem eiweifsähnlichen Grundschleime und unvoll- Sn\\bryam

Jinde des er-

standig isolirten Kügelchen besteht. In einer Gegend sind mehr Kügelchen, in sten Tages,
einer andern ist mehr geronnener Grundschleim angehäuft; nirgends ist die Spur
einer continuirlichen Faser. Der Embryo ist nach oben gewölbt, wie ein umge-
stülptes ganz flaches Boot, Von den zukünftigen Theilen des Thieres
ist noch
nichts kenntlich, als die Rückensaite und die beiden Rückenplatten, die der Ver-
wachsung nahe sind
und 5 bis 7 Wirbel enthalten. Ueberhaupt ist also nur die
obere Hälfte des Thieres da. Die untere oder Bauch-Hälfte ist noch gar
nicht von
der
Keimhaut abgesondert. Die Theile, welche wir weiter unten als Bauchplat-
ten bezeichnen werden, scheinen zu beiden Seiten der Wirbelsäule schon ange-
legt, denn neben der Wirbelsäule ist die Keimhaut etwas dicker, und im vorder-
sten Ende sind die Bauchplatten schon etwas kenntlich. Sie sind aber nach aufsen
noch nicht begrenzt, und da sie sich offenbar nicht aus dem jetzt schon sichtba-
ren Rudimente des Embryo entwickeln, sondern aus dem benachbarten Theile
der Keimhaut, so sieht man daraus, dafs der Embryo noch nicht gegen die Keim-
haut begrenzt ist, mit Ausnahme des vordem scharf begrenzten Endes. Ueber-
haupt wird man aus der Darstellung erkannt haben, dafs das Rudiment des Em-
Der Embryo
bryo nichts ist, als eine besondere Modification einer Stelle des Keimes, eine iso- gewandelter
lirte Wucherung desselben, ein Verhältnifs, welches während
der ganzen Ent-der
Wickelung im Eie bleibt, nur mit der Veränderung, dafs jener isolirte Theil,
den wir Embryo nennen, und der jetzt nocli unbedeutend ist
gegen die übrige
Keimhaut, bald der wesentliche wird, und diese beherrscht.

Der Embryo dieses Zeitraums hängt also nicht blofs mit der Keimhaut zu- Schichten
sammen, sondern geht ohne bestimmte Grenze in sie über. Im Embryo kommen im Embry0,
daher auch alle Schichten der Keimhaut wieder vor. Das Schleimblatt liegt ganz

C 2

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dünn und lose an der untern Fläche der Wirbelsäule. Das seröse Blatt setzt sich
ununterbrochen in die glatte äufsere uud innere Oberfläche der Rückenplatten fort.
Der Inhalt der Rückenplatten ist der festeste Theil im Embryo. Viel lockerer ist
eine
Schicht von weichem Bildungsgewebe zwischen den Rückenplatten und dem
Schleimblatte. Es ist durch den Augenschein nicht ganz fest zu bestimmen, ob
nur diese lose Schicht, oder auch der Inhalt der Rückenplatten als der Gefäfs-
schicht angehörig anzusehen ist, da der Inhalt der Rückenplatten nach aufsen
nicht scharf begrenzt ist. Ueberdies ist die Gefäfsschicht in der Keimhaut nicht
ein so selbstständiges Blatt, wie das seröse und Schleimblatt. Sie ist gegen beide
nicht scharf begrenzt, und überhaupt nur das Bildungsgewebe zwischen jenen
beiden Blättern, gleichsam die Leibesmasse zwischen der Oberhaut und der
Schleimhaut jenes nicht zu höherm Leben bestimmten Theiles vom Keime; denn
offenbar kann man den ganzen Keim, da ein Theil desselben zum Embryo wird,
als den ungeformten Leib des Thieres selbst betrachten, der nichts ist, als ein
grofser, nicht geschlossener Darmsack.

Auf jeden Fall ist aber jene weiche Schicht unter der Wirbelsäule der Ge-
fäfsschicht in der Keimhaut durch den lockern Bau ähnlicher, und nimmt auch
allein die Gefäfse aus der Gefäfsschicht der Keimhaut später auf und löst sich von
den Rücken- und Bauchplatten, nicht aber von der Gefäfsschicht der Keimhaut.
Ferner ist auch die innere Masse der Rückenplatten nicht nur jetzt, sondern auch
im ganzen zweiten Tage innig mit der Oberfläche derselben verbunden, und das
Auge unterscheidet keine Grenze zwischen jener Masse und der äufsern allerdings
heilern Bekleidung. Beides scheint nur eins, und erst am dritten Tage wird eine
bekleidende Schicht abtrennbar. Man kann daher die ganzen Rückenplatten als
Wucherungen des serösen Blattes betrachten 1).

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Fassen wir alles, was von der Entwickelung am ersten Tage gesagt ist, in
einen allgemeinen Ausdruck zusammen, so finden wir das Characteristische die- cterder Ent-
ser ersten Bildung in einen bis jetzt nur noch am vordem Ende begrenzten
Hervor-

am ersten

wachsen aus dem Keime, wodurch dieser in einen Embryo und eine Keimhaut Tase-
sich scheidet.

Der Stoff für das Wachsthum des Embryo kann jetzt wohl nur von der un- *;^srt0Nffah_
tern Fläche kommen, wo sich eine Flüssigkeit aus dem Dotter angesammelt hat.
kommt von
Dafs der Dotter selbst wieder Stoff aus dem Eiweifs angezogen hat, scheint mir
nicht zu bezweifeln; denn, wenn auch der Dotter jetzt noch nicht augenschein-
lich gewachsen ist, so ist doch die Zunahme desselben in den folgenden Tagen
nicht zu verkennen. Sehr deutlich ist aber jetzt schon die Abnahme desEiweifses
und wohl gröfser, als sie durch die blofse Yerdünstung seyn könnte, wie man
daraus sieht, dafs sie in solchen Eiern, die keinen Embryo enthalten, unbedeu- t
tend ist. Besonders ist das Eiweifs über dem nach oben gewölbten Fruchthofe
zurückgewichen.

§. 2.

Zweiter Tag.

Wenn wir die Erzählung der Bildungen des ersten Tages damit schlössen,
dafs sie im Wesentlichen auf einem Hervorwachsen des Fötus aus den ursprüng-
cterder Ver-
liehen Theilen der Dotterkugel beruhen (§. 1. u.), so wollen wir den Bericht über a\'"n
den zweiten Tag mit der Bemerkun J l^eginiien, dafs in ihm die Isolirung des Fö- Tase-
tus aus den Theilen der Dotterkugel auch durch Abgrenzung des Zusammenhan-
ges immer mehr hervortritt, welche für die vordere Hälfte des Körpers schon eine
Abschnürung wird, und dafs, so wie anfänglich aus dem Stamme der Wirbel-
säule nur eine Entwickelung von der Seite nach oben bemerkt wurde, um eine
Höhle für die Centraltheile des Nervensystems zu umschliefsen, nun auch eine
Entwickelung aus derselben von der Seite nach unten hervortritt, um eine Höhle
für die plastischen Organe zu bilden, und somit der allgemeine morphologische
Character des animalischen Theiles vom Wirbelthiere vollständig wird. Wir
schicken diese Bemerkung voran, weil nur nach dieser Ansicht die Vorgänge in
der ersten Hälfte des zweiten Tages, die alle auf den bezeichneten Metamorpho-

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sen beruhen, deutlich dargestellt werden können. In der zweiten Hälfte des zwei-
ten Tages gehen sie zwar noch fort, allein sie werden mehr verdeckt durch Ent-
wicklung eines Hauptgegensatzes in dem nunmehr selbstständig gewordenen Fö-
tus , in der Entwickelung des Nerven - und Blutsystems,

äüngder~ Zuvörderst betrachten wir die Weiterbildung dessen, was am vorigen Ta-

ckenpiattei?, ge schon begonnen war, die Bildung des Rückens und der in ihm enthaltenen
Höhle. Nachdem die Aneinanderlegung der Rückenplatten mit geraden, nicht
gebuchteten Rändern bewirkt ist, erfolgt die Verwachsung derselben. Sie ist am
Anfange dieses Tages so zart, dafs die leiseste Berührung mit der Nadelspitze sie
trennt , ja die Contraction, welche die Rückenplatten durch kaltes Wasser erfah-
ren, sie zerreifst, und die wenigstens in einem Theile der Länge bestehende Ver-
bindung unter den Augen des Beobachters sich löst.

Die Verwachsung tritt zuerst hinter dem künftigen Kopfe auf, und
verbreitet sich von da
ziemlich rasch nach vorn und hinten. Nur in der
Gegend des künftigen Kreuzbeins klaffen die Dorsalplatten einige Zeit von ein-
ander, und bei tüchtiger Untersuchung scheint es, als ob sie sich hier wäh-
rend des ganzen zweiten Tages nicht erreichten, indem die dunkeln Streifen,
welche die Rückenplatten ihrer Dicke wegen jetzt bilden, hier noch am Ende
des zweiten Tages aus einander laufen. Indessen zeigt die Untersuchung mit der
Sonde, dafs dennoch um diese Zeit eine Verwachsung erfolgt ist, dafs nur die
Grundflächen der Rückenplatten hier weiter von einander stehen, die obern Kan-
ten sich dagegen stärker umgebogen und einander erreicht haben, ihrer Durch-
sichtigkeit wegen aber nicht sogleich erkannt werden. Es bleibt also der Kanal
für das Rückenmark *), der eben durch die Verwachsung der Rückenplatten er-
zeugt wird, in der Kreuzgegend eine Zeitlang offen, schliefst sich aber dann, be-
hält jedoch eine breite Grundfläche.

c. Vermeh- Während der Verwachsung der Rückenplatten nimmt die Zahl der Wir-

rung der , ° 1

Wirbel. belrudimente zu, und da die neuen Wirbel sowohl vor als hinter den frühern sich
ansetzen, so
ist es eben nicht leicht, die Gegend zu bestimmen, in welcher die
iörsten Wirbelrudimente sich gezeigt haben, da map, wenn sich eine vermehrte
Zahl von Wirbeln zeigt, nicht einmal bestimmen kann, wie viele sich vor, und
wie viele sich hinter den frühesten angesetzt haben.
Zwar liegen um die 30ste
Stunde die vordersten Wirbelrudimente ziemlich dicht hinter der Gegend, wo das
Schleimblatt sich unjbeugt, allein abgesehen davon, dafs diese Stelle selbst in

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der Wirbelsäule in Ermangelung vieler andern Theile sich schwer bestimmen
läfst, so ist es auch offenbar, dafs innerhalb der Wirbelsäule der Raum vor den
ersten Wirbeln bedeutend anwächst. So viel ist aber gewifs, dafs weit mehr Wir*
bei hinter als vor den ersten sich erzeugen. Die Wirbel werden immer deutlicher
viereckig und zwischen ihnen die hellen Stellen bandförmig, nur die ersten und
letzten Wirbel sind noch unregelmäfsig. In der Mitte des zweiten Tages sind
10 bis 12 Wirbel da.

Schon wenn die Verwachsung der Rückenplatten im vordem Theile des <*• Sciiädei

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Rückens erfolgt, ist der eingeschlossene Kanal etwas weiter, als im hintern Theile, höhle,
so dafs man deutlicher und etwas weiter von einander stehend die zwei Schatten
sieht, welche die innere Höhlung dieses Kanals zeigt. Diese Erweiterung ist die
erste Andeutung der Schädelhöhle, und ragt mit ihrer hintern Spitze bis über die
Stelle, wo die Umbeugung des Schleimblattes sich um die 30ste Stunde befindet
Inder 86sten Stunde reichen beide gleich weit nach hinten, indem die Schädel-
höhle durch die fortgehende Umbeugung
der Rückenplatten mehr nach vorn rückt.
Die Schädelhöhle hat im ersten Auftreten noch keine Einschnürungen und Erwei-
terungen, bis auf das vorderste Ende, welches sehr früh, und wenn nicht zu-
gleich mit dem Schlüsse der Rückenplatten, doch gleich nach demselben, eine
ganz kleine rundliche Höhle bildet, die kaum den 6ten Theil einer Linie im
Durchmesser haben kann, so dafs die gesammte Höhle für den Centraltheil des
Nervensystems einen hohlen Raum bildet, der eben so, wie die Rückensaite, die
Gestalt einer Nadel hat, nur weiter ist, als die Rückensaite. Sehr bald, und
zwar schon um die 30ste Stunde, vergröfsert sich die vorderste Höhlung auf eine
sogleich näher zu beschreibende Weise, und hinter ihr entsteht eine zweite Er-
weiterung für die Vierhügel, hinter dieser eine dritte sehr viel längere für das
verlängerte Mark. Diese letzte Zelle hat selbst wieder geschlängelte Wandungen,
so dafs man in ihr eine gewisse Unbestimmtheit der Bildung, oder eine Neigung,
in mehrere Zellen zu verfallen, erkennt. Besonders ist eine Einschnürung ziem-
lich deutlich, welche den Raum in eine vordere kürzere rundliche, und eine hin-
tere längere engere Abtheilung einigermaafsen trennt. Diese Einschnürung ist
bald mehr bald weniger früh bemerkbar, bildet sich aber nicht weiter aus. Da-
her kommt es, dafs die Beobachter bald 3, bald 4 Hirnzellen auftreten lassen.
Die vorderste dieser Zellen, oder diejenige, welche die früheste war, umschliefst
in späterer Zeit die Schenkel des grofsen Hirns und die Sehhügel. Die enge run-
de Gestalt, welche sie im ersten Erscheinen hat, verändert sie schon um die
dreifsigste Stunde, indem sie im hintern Theile ihres Umfanges sich erweitert
hat, und nach vorn sich etwas zuspitzt, Diese seitliche Ausdehnung des hintern

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Theils nimmt ziemlich rasch zu und treibt zu beiden Seiten rundliche Erhöhun-
gen hervor, — die ersten Anfänge der Augen. Um die 33ste Stunde hat das
vordere Ende des Embryo sehr viel Aehnlichkeit mit dem Kopfe einer Fliege, in-
dem die vordere Zelle nach hinten sich stark erweitert hat, nach vorn aber ver-
engt ist. Auf dem Vorderende selbst sind kleine Vorragungen, welche man, nach
der Ansicht von oben, für Spitzen halten könnte. Es sind aber vielmehr Leisten,
wie man erkennt, wenn man das umgebogene Vorderende an seiner vordem Flä-
che betrachtet. Um die 36ste Stunde sind diese Leisten stark vorspringend, auch
erkennt man um diese Stunde die Augen sehr bestimmt als solche. Sie sind ein
wenig nach unten gerückt. Wenn man nämlich das Vorderende etwas auf die
Seite dreht, bemerkt man nach unten eine seitliche Vorragung. Dreht man den
Kopf ganz auf die Seite, so sieht man in dieser Gegend eine helle Kreisfläche, um-
geben von einer dunklem Kreislinie. Der Kreis selbst ist so hell, dafs man durch

a

ihn und durch den ganzen Kopf wie durch Wasser sehen kann, wenn beide Au-
genrudimente in der Achse des Beobachters liegen, während die übrige Seiten-
fläche des Vorderendes schon einige Undurchsichtigkeit hat. Die Augen sind also
seitliche Hervortreibungen der hintern Region der vordem Hirnzelle. Ich habe
nicht finden können, dafs diese Stelle vorher in dem Kopfende der Riickenplatten
angedeutet oder vorgebildet wäre, vielmehr mufs ich glauben, dafs die Augen
aus dem Innern der Hirnzelle hervorgetrieben wurden, und nur ihre äufsere ver-
dünnte Wölbung der ursprünglichen Seitenwand des Kopfendes angehörte.
S h^Tf der Was ist nun aber das Hervortreibende ? Diese Frage führt uns nothwendig

undWirbel- auf eine andere. Was ist im Kanal für Hirn und Rückenmark , und wann und
hohle. treten die Centraltheile des Nervensystems auf? Ich habe schon früher be-

merkt, dafs ich gewifs bin, sie seyen noch nicht da, wenn die Rückenplatten
sich der Verwachsung nähern. Dieselbe Beobachtung habe ich auch in Frosch-
eiern gemacht, die ich in Salpetersäure erhärtet hatte. Läge hier ein Rücken-
mark offen da, es könnte auf dem dunklen Grunde der schwarzbraunen Rücken-
furche, da das Eiweifs durch die Salpetersäure verzehrt wird, schwerlich der
Untersuchung entgehen. Ich glaube aber auch mit Sicherheit behaupten zu kön-
nen , dafs Rückenmark und Hirn noch nicht angeschossen sind, wenn die Rük-
kenplatten des Hühnchens erst kürzlich verwachsen sind; denn, wenn man die
Verwachsung mit einer feinen Nadel trennt, erscheint der Inhalt des eingeschlos-
senen Kanals völlig hell, und auch die innere Fläche der Wände ist hell. Selbst
wenn die Hirnzellen auftreten, enthalten sie noch gar keine feste Nervenmasse.
Es mufs aber doch etwas da seyn, was sie aus einander treibt. Wenn man den
Rücken eines Fötus aus dieser Periode unter Wasser ölfnet, so tritt keine Luft-
blase

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blase hervor, auch findet man, dafs die Hirnblasen im kalten Wasser nur wenig
zusammenfallen. Man sieht hieraus, dafs weder Luft noch ein blofser Dunst im
Rückenkanale und den Hirnzellen sich findet, sondern eine tropfbare, durchsich-
tige Flüssigkeit. Später, wenn das Hirn schon gebildet, aber noch sehr hohl ist,
läfst sich in ihm eine Quantität Flüssigkeit sehr leicht und bestimmt erkennen, und
es ist wohl keine Frage, dafs diese früher die ganze Höhlung ausfüllte. Statt des
Hirns und Rückenmarkes ist also ursprünglich nur eine Flüssigkeit da. Der erste
Anfang vom Auftreten des Auges wird auch nur von ihr bewirkt. Sie ist die Vor-
läuferinn der Centraltheile des Nervensystems, und als solche war sie schon bei
Erhebung der Rückenplatte vorhanden. Gegen die Mitte des zweiten Tages wird
Hirn und Rückenmark erkennbar. Unter welchen Formen es geschieht, soll an-
gegeben werden, wenn wir auch die übrigen Veränderungen bis zu dieser Zeit
verfolgt haben werden.

Die Bildung des Gesichtstheils vom Kopfe scheint durch das Hervortreten /. Gesicht,
der Augen veranlafst zu werden. Das Auge bezeichnet die Grenze zwischen Schä-
del und Gesicht, Zugleich aber zeigt sich eine Masse hinter dem Auge, die nicht
unmittelbar zu dem Kopftheile der Rückenplatten gehört, sondern, — da auf der
untern Fläche Kopf und Rumpf (mit Inbegriff des Halses) noch durch gar nichts
unterschieden werden, denn noch fehlt die Mundöffnung, — das vorderste Ende
der Bauchplatten zu seyn scheint.

Die Bauchplatten aber sind es, von welchen wir schon oben bemerkten, g. Bauch-
dafs sie nach unten eben so (§. 2.«.) zu einer Höhle unter der Wirbelsäule sich Platten-
verbinden, wie es oben die Rückenplatten thun, jedoch geht jenes Schliefsen sehr
viel langsamer vor sich, und wird im Grunde nur mit dem Ende der Bebrütung
vollständig bewirkt.
Da die Metamorphose der Bauchplatten nicht in ihrer gan-
zen Länge gleichzeitig ist, so kommt es vor allen Dingen darauf
an, von den
Bauchplatten überhaupt eine Vorstellung zu gewinnen. Man sieht in der Mitte
des zweiten Tages in der hintern nicht
geschlossenen Hälfte des Embryo zu bei-
den Seiten der Rückenplatten in der Keimhaut ein Paar breite dunkle Bänder,
welche parallel mit der
Wirbelsäule herablaufen. Durch eine helle Linie sind sie
von den Rückenplatten und durch eine andere nach aufsen von der nicht veränder-
ten Keimhaut getrennt. Sie liegen hier hinten noch innerhalb der allgemeinen
Wölbung, welche der Fruchthof um diese Zeit bildet, und bestehen aus einer
verhältnifsmäfsig festen und halb durchsichtigen Masse, welche eng an dem serö-
sen Blatte anhängt, und aus diesem gleichsam herausgewachsen scheint, gerade
wie früher die Rückenplatten. Verfolgt man diese Platten nach vorn, wo schon
der vordere Theil des
Leibes geschlossen ist (§. l.o. §. 2.£.), so bemerkt man,

D

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dafs die Bauchplatten hier in den geschlossenen Theil hineingehen und die Seiten-
wand bilden. Sie reichen bis zum Knopf der Rückensaite. "VVolff schon hat
ihnen den passenden Namen
Bauchplatten (Laminae abdominales) 1) gegeben, al-
lein P ander hat diese Benennung mit dem Ausdrucke Bauchfalten (Plicae abdo-
minales) vertauscht, und setzt ihre Entstehung an den Schlufs des zweiten Tages.
Allerdings krümmen sie sich um diese Zeit nach unten, und bilden dadurch eine
Faltung in der Keimhaut, allein es ist keinem Zweifel unterworfen, dafs sie schon
viel früher in der Ebene der Keimhaut kenntlich sind, und sobald der vordere
Theil des Embryo von unten umschlossen ist, zeigenQueerschnitte desselben, dafs
die Seitenwände aus zwei ansehnlich dicken Platten gebildet werden. Sie sind also
im Vorderende schon am Anfang des zweiten Tages, weiter nach hinten etwas
später kenntlich, ja im Grunde schon am Ende des ersten Tages angelegt, aber
noch nicht von der übrigen Keimhaut abgegrenzt. (§. 1. s.)
h. Kopf- Um die Schliefsung des andern Leibesendes genauer zu beschreiben, keh-

happe" ren wir zum Ende des ersten Tages zurück, und erinnern nur, dals die Rücken-
saite oder der Stamm der Wirbelsäule am vordersten Ende sich nach unten ge-
krümmt hatte, und die Umbeugung des Keimblattes eine ganz kurze Strecke sich
hinter den Knopf der Rückensaite zog (§. 1.
o. Fig. III.). Mit dem Beginnen des
zweiten Tages rückt diese Umbeugung immer weiter nach hinten, und so wird
denn der Embryo immer weiter von unten geschlossen und bekommt in seinem
vordem Ende eine stets wachsende, vom Schleimblatte ausgekleidete Höhle.
(Fig. IV.)

Zugleich mufs der Theil der Keimhaut, welcher von der Umbeugung nach
vorn verläuft, um in die übrige Fläche der Keimhaut überzugehen, das Vorder-
ende des Kopfes verdecken, wenn man es von unten betrachten will. Wir nen-
nen diesen Theil die
Kopf kappe (Fig. IV. p r). Es wird aus der Darstellung so-
wohl als aus der Ansicht der Abbildung allgemein verständlich seyn, dafs die
Kopfkappe nichts Selbstständiges, sondern ein unmittelbarer Theil der Keim-
haut ist.

i. Erste Sobald mit dem Ende des ersten Tages die Anlage der Kopfkappe entsteht,

derBmter. wird in ihr auch schon eine Trennung der Blätter der Keimhaut angedeutet. In
der ersten Hälfte des zweiten Tages geht diese Trennung rasch vorwärts, so dafs
um die Mitte desselben das obere oder seröse, im Umschlage also das vordere, Blatt
um eine halbe Linie vom Schleimblatte absteht. Die Trennung verliert sich auch

1  Da sie aber die ganze Länge der untern Fläche einnehmen , was Wolff nicht erkannte, so sollte
man sie lateinisch
Laminae ventrales nennen.

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nie wieder, denn es wird liier, da die Abschnürung nicht blofs von vorn nach
hinten, sondern auch zugleich von der Seite im Vorderende des Körpers erfolgt,
der körnige Inhalt des Gefäfsblattes von beiden Seiten zusammengeschoben, wo-
durch schon das seröse Blatt vom Schleimblatte entfernt gehalten werden mufs.
Eine unmittelbare Folge davon ist, dafs die Kopfkappe in der Milte des zweiten
Tages in ihrem serösen Blatte viel kürzer ist, als im Gefäfs- und Schleimblatte.

(Fig. IV.)

Das Zurückweichen des Umschlages der Keimhaut ist der Anfang der Ab-
schnürung des Embryo von der übrigen Keimhaut, welche wir am dritten Tage
allgemein im ganzen Umfange linden werden. Da sie vorn zuerst auftritt, so er-
hält der Embryo auch im vordem Ende zuerst eine Höhlung. Diese Höhlung
(dg)
ist unmittelbar durch das Schleiniblatt von allen Seiten gebildet, denn das Schleim-
blatt ist die unterste Schicht im Rudiment des Embryo, und die oberste im um-
geschlagenen Theile der Keimhaut. Die Höhlung selbst ist noch sehr weit , und
reicht vorn an die Umbeugung der Wirbelsäule, welche den Boden der Höhlung
bildet. Sie ist also hier in Form eines Blindsackes geschlossen. Nach hinten geht
sie durch eine ansehnliche runde, offene Mündung (wo der Umschlag aufhört)
in den Raum über, in welchem der Dotter liegt. Offenbar ist diese Höhlung der
vorderste Theil des werdenden Speisekanals, und mit diesem unbestimmten Na-
men wollen wir ihn vorläufig belegen, da noch keine Abtheilungen in ihm sich
gebildet haben, um sie als Rachenhöhle, Speiseröhre oder dergl. zu unterschei-
den, obgleich der umgebogene Theil der Wirbelsäule sich als Decke der Rachen-
höhle schon jetzt characterisirt. Das offene Ende der vordem Höhlung (Fig. III.
IX.
g) nennen wir den vordem Eingang in den Speisekanal. Die Wolff\'sche Be-
nennung Fovea cardiaca, welche Meckel bald Magengrube, bald Herzgrube
übersetzt, mufs durchaus vermieden werden. Sie hat gewifs zu dem schweren
Verständnisse der W o 1 ff\'sehen Arbeit sehr wesentlich beigetragen. Denn wie
soll man es verstehen, dafs die Fovea cardiaca bald in die Speiseröhre, bald in
den Magen, dann in den Darm, oder gar in die Darmrinne Wolff\'s, d. h. in die
Lücke zwischen den Blättern des Gekröses führen soll, abgesehen davon, dafs die
letztere Angabe nicht ganz richtig ist ?

Indem sich nun der vordere Theil des Speisekanals bildet, sieht man schon
an den Seitenwänden desselben die vordem Enden der so eben beschriebenen
Bauchplatten. Am Knopf der Rückensaite stofsen sie unter sich zusammen, wei-
ter nach hinten aber stehen ihre untern Ränder von einander ab, und die Lücke
ist also blofs von der zurückgezogenen Keimhaut (§. 1. o.) ausgefüllt. In der Ge-
gend des Umschlages gehen die Bauchplatten noch mehr aus einander, und ihr

D 2

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hinterer Theil liegt, wie bemerkt wurde, nur schwach ausgebildet in der Ebene
des Keimblattes.

i. Anlage Wir erwähnten, dafs durch das Abscheuren der vordem Hälfte des Leibes

dun "erzb l und das damit verbundene Zusammenrücken der vordem Enden der Bauchplatten,
(denn dafs auch diese ursprünglich ziemlich horizontal gelegen haben, versteht sich
von selbst, und ist auch in den ersten Stunden des zweiten Tages kenntlich,)
indem der körnige Inhalt der Gefäfsschicht aus dieser Gegend zusammengedrängt
wird. Es zeigt sich nämlich zwischen dem serösen und dem Schleimblatte schon
am Ende des ersten Tages eine dunkle, körnige Masse, die in 2 seitliche Schen-
kel nach hinten in die Seitenränder der Kopfkappe ausläuft. Beide Schenkel
sind nach vorn durch einen ganz dünnen Faden verbunden. Während der ersten
Hälfte des zweiten Tages rücken beide Schenkel immer mehr zusammen, wodurch
allmählig eine dunkle Masse in Form eines umgekehrten sich bildet. Sie hat
nämlich, da die Schenkel von vorn nach hinten zusammengeschoben werden, ei-
nen vordem gemeinschaftlichen Stamm und hinten zwei Schenkel, und ist der
Stoff, aus dem sich das Herz bilden soll. Der Stoff, sage ich, denn noch kön-
nen wir ihn nicht das Herz selbst nennen, da er weder scharf begrenzt, noch hohl,
sondern eine Körnermasse von zäher Consistenz ist, welche ihrer Dicke
wegen
etwas nach unten vorragt.

Um die Mitte des zweiten Tages nun wird die beschriebene Masse hell und
im Innern flüssig, während die äufsere Fläche sich zu einer Wandung umformt.
So entsteht das Herz, indem diese Masse sich in flüssiges Blut verwandelt, wäh-
lend gleichzeitig oder ganz kurz vorher im flüssigen Inhalte des Rückenkanals sich
die feste Nervenmasse von Hirn und Rückenmark zu sondern angefangen hat.
Die beiden wichtigen Momente der Blut-und Nervensystem-Bildung haben wir
nun näher ins Auge zu fassen.
m. Hirn und Kurz vor der Mitte des zweiten Tages sieht man zuerst an der innern Flä-

mark, che der Rückenplatten, die vor wenigen Stunden einen geschlossenen Kanal mit
mehreren Zellen im vordem Theile desselben gebildet haben, eine trübe Abson-
derung. Diese Absonderung enthält ansehnliche, ziemlich dunkle Körnchen, die
durch eine helle zähe Masse verbunden werden, und sieht aus wie ein mit dem
Pinsel aufgetragener Ueberzug, welcher mit der innern Fläche der Rückenplatten
sehr fest verbunden ist. Er ist zu weich, um ihn ein wahres Blatt zu nennen.
In der 2ten Hälfte des 2ten Tages bildet der Niederschlag mehr ein Continuum und
kann den Namen eines Blattes erhalten. Man erkennt das Blatt beim Oeffnen des
Rückenkanals als eng an der Wand desselben anliegend. Auch im senkrechten
Durchschnitte ist das Blatt kenntlich, — allein es ist noch so dünn, dafs bei un-

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geöffnetem Fötus der Rückenkanal blofse Flüssigkeit zu enthalten scheint. Läfst
man den Embryo einige Stunden in kaltem Wasser liegen, so wird diese Körner-
schicht weit deutlicher, und man erkennt nun, namentlich in den Hirnzellen,
auch von aufsen eine dunkle, körnige Bekleidung, die ganz das Ansehn von matt
geschliffenem Glase
hat.

Viel habe ich mich mit der Frage beschäftigt, ob diese erste Anlage des
Centraltheils vom Nervensysteme aus zwei von einander gesonderten Blättern be-
steht, welche erst später unter sich verwachsen, oder nicht. Ich mufs mich ge-
gen die gewöhnliche Meinung erklären. Oft habe ich nämlich aus Queerschnitten
von Embryonen der 2ten Hälfte des zweiten Tages, und noch öfter aus dreitägi-
gen Embryonen das zarte Rückenmark herausgenommen, und wenn dieses ohne
Quetschung und Zerreifsung gelungen war, zeigte sich das Rückenmark immer
als ein geschlossener, seitlich zusammengedrückter Kanal. Nach oben ist die
Wandung des Kanals sehr dünne, eben so auch ursprünglich nach unten, wo sie
jedoch bald an Dicke zunimmt. An den Seiten ist die Wand aber dicker, dunk-
ler, körnerreicher, und diese vorherrschende Dicke der Seiten nimmt immer zu,
so dafs man allenfalls sagen könnte, der hohle Cylinder bestünde aus zwei ur-
sprünglich vereinigten Hälften, die wir in Zukunft mit dem Namen der Blätter
des Rückenmarks belegen werden. Die Marklage, welche die Hirnzellen im In-
nern bekleidet,
scheint bei erster Ansicht wirklich während des zweiten Tages
nach oben getheilt zu seyn, weil die Wandung der Zellen, von oben angesehen,
ganz durchsichtig ist; diese Ansiebt gewinnt dadurch noch an Augenscheinlich-
keit , dafs in der Mittellinie der obern Wölbung ein zarter, dunkler Strich ver-
läuft. Allein eine nähere Betrachtung zeigt, dafs dieser Strich die noch nicht
verwischte Naht der Rückenplatten ist, und wenn man den Embryo längere Zeit
in Wasser liegen läfst, und die dunkelkörnige Lage, wie oben bemerkt wurde,
deutlicher erscheint, sieht man bestimmt, dafs die Hirnzellen auch von oben von
ihr bekleidet sind, sogar die Gegend, wo später die vierte Hirnhöhle entstehen
soll. Ich halte also auch das Hirn für eine in mehrere Zellen getheilte, oben völ-
lig geschlossene Blase, und spreche diese Meinung nur nach sehr sorgfältigen, viel-
fach wiederholten und nicht blols im Vogeleie bestätigten Untersuchungen aus. In-
dessen mufs ein sehr wesentlicher Umstand ins Auge gefafst werden. Der Cen-
traltheil des Nervensystems enthält am 2ten Tage nicht blofs das eigentliche Ner-
venmark, sondern auch seine Hüllen in indifferenter Verbindung. Keinesweges
aber kann ich beistimmen, wenn man behaupten wollte, was ich in der Mittel-
linie des Körpers am 2ten Tage gesehen habe,, sey blofs harte Hirnhaut, und aus
oder an dieser bilde sich erst später Markmasse, vielmehr glaube ich, es sey,

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was jetzt in der Mitte liegt, dasselbe, was die Seitentheile bildet, und daraus
würden erst die Hüllen fiir Hirn und Rückenmark ausgeschieden. Denn ganz iu
der Mittellinie, so dünn auch hier das Blatt sejn mochte, sah ich doch immer
noch Kügelchen, die ich für wahre Nervenkiigelchen hielt.

Was nun die äufsere Form des Centraltheiles anlangt, so ist das Rücken-
mark, wie ich bemerkte, eine seitlich zusammengedrückte Röhre mit verhält-
nifsmäfsig ansehnlicher Höhlung, die eine Flüssigkeit enthält. Das verlängerte
Mark ist eine unmittelbare, allmählig sich erweiternde Verlängerung dieser Höhle,
in welcher die Gegend für das künftige kleine Hirn ein wenig abgegrenzt ist. Die
Vierhügel bilden eine Zelle vor diesem. Bis hieher liegt das Hirn in gerader Linie
mit dem Rückenmarke. Nur die Zelle, welche am frühesten sich gezeigt hatte,
ganz am vordem Ende lag, und aus welcher die Augen herausgetreten sind, liegt
vor dem Knopfe der Wirbelsäule, und da diese nach unten umgebogen ist, unter
dem übrigen Hirne.

Untersucht man die Dicke der Hirnwand, so findet man, dafs sie im obern
gewölbten Theile sehr unbedeutend ist, nach unten aber zunimmt, so dafs der un-
tere Rand jeder Hälfte im vordem Theile des Hirns schon das Ansehn eines ver-
dickten Fadens hat. Dieser Faden nun, der zukünftige Schenkel des grofsen
Hirns, läuft um den Knopf der Rückensaite herum, und erreicht hier auf der
Schädelbasis sein Ende in einer Verlängerung, die nach unten geht, und sich zum
Trichter ausbildet. Dieser ist wohl das wahre ursprüngliche Ende vom Central-
theile des Nervensystems, und ein umgebogenes Ende der zuerst erschienenen
Zelle. Aber es liegt nun (gegen Ende des zweiten Tages) vor dieser Zelle noch
eine durch einen mittlem Einschnitt getheilte. Diese vorderste Doppelzelle halte
ich jetzt, nachdem ich mich lange nicht habe orientiren können, für entwickelt
aus den beiden Leisten, deren ich aus dem Anfange des zweiten Tages erwähnte
(§. 2.
d.), und für die Hemisphären. Hiernach werden die Hemisphären erst spä-
ter entwickelt, aus der Zelle, wrelche ursprünglich die erste ist, und das vordere
umgebogene Ende der Hirnschenkel, mit ihrer blattförmigen obern Ausbreitung,
und den Trichter umfafst.
n. Sehnerve. Her Kanal vom Hirn zum Auge ist nun auch mit einer dünnen Lage Ner-

venmark ausgekleidet, und somit ist auch der Sehnerve anfänglich hohl und un-
mittelbare Fortsetzung des Hirns,
o, Ohr und So wie in der ersten Hälfte des zweiten Tages das Auge aus der vordem

Hörnerve. Hirnzelle hervorgetrieben wird, eben so tritt in der zweiten Hälfte das Ohr aus
dem verlängerten Marke hervor, als ein mit Nervenmark ausgekleideter hohler
Cylinder, der die Rückenplatte an dieser Stelle etwas hervortreibt. Die Hervor-

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treibung endigt aber nicht sphärisch, wie im Auge, sondern , wie es scheint, ist
die äufsere Fläche etwas concav. Auf jeden Fall steht der vordere Rand der Aus-
treibung nicht mehr vor, als der hintere. Die Auskleidung von Nervenmark ist
der Gehörnerv.

Von andern Nerven sah ich nichts.

Die Ausbildung des Blutsystems habe ich nicht in allen einzelnen Momen-
ten verfolgen können. Nach P a n d e r sollen schon sehr früh unter dem serösen
Blatte dunkle Inselchen sich bilden, welche aus kleinen Kügelchen bestehen.
Gegen die 20ste Stunde soll das inselartige wieder verschwinden und die ganze
Fläche gleichförmig mit Kügelchen angefüllt seyn. Gegen die 30ste Stunde zei-
gen sich wieder zarte Risse zwischen den Kügelchen. Diese sammeln sich von
neuem zu Inseln, welche zuerst eine gelbliche Farbe annehmen, dann nach und
nach roth werden, und nun die von Wolff beschriebenen Blutinseln sind. Diese
Inseln verlängern sich, werden schmaler, greifen mit ihren Enden in einander,
und bilden ein röthliches Netz mit durchsichtigen Zwischenräumen. So entstehen
zarte Ströme röthlicher Kügelchen, die sich nach ihrer verschiedenen Dicke in
Aeste und Stämme einreihen. Der Zwischenraum zwischen diesen Strömungen
wird unterdessen durch eine zarte Haut ausgefüllt.

Ich kann über die Blutbildung nur sagen, dafs in dem Gefäfsblatte am er-
sten Tage Bläschen entstehen, vom Bildungsgewebe zusammengehalten, dafs et-
was später dunkle Körner sich zeigen, dafs dann zwischen diesen Körnern Risse
sich bilden, welche die Körner wie Maschen umgeben. Den Inbegriff der Kör-
ner, welche von einer solchen Masche umgeben sind, nennt Pander eine Insel.
In den Rinnen erkennt man bald eine Strömung, welche ich jedoch nur im durch-
sichtigen Fruchthofe sehen konnte, da der Gefäfshof zu dunkel ist, um so zarte
Strömungen erkennen zu lassen. Im Gefäfsliofe sieht man vielmehr eine Flüssig-
keit in grofsen Massen sich ansammeln, sich röthen und dem blofsen Auge als
Blutstropfen erscheinen, und zwar sah ich im Gefäfshofe schon Blutinseln, wenn
ich im Fruchthofe noch keine Strömung entdecken konnte. Dagegen ist das, was
im Fruchthofe zuerst fliefst, ungefärbt, und es bilden sich in demselben gar keine
rothen Blutstropfen. Ja es schien mir, dafs zuerst Bewegung im Herzen sich fin-
det, etwas später die Strömung in den Rinnen des Fruchthofes und zuletzt erst ein
Hinzuströmen des rothen Blutes aus dem Gefäfshofe. So viel ist gewifs, dafs im
Herzen einige Stunden hindurch eine ganz helle Flüssigkeit sich bewegt, die nicht
etwa nur deshalb ungefärbt erscheint, weil ihre Quantität gering ist, denn zu der-
selben Zeit sind schon rothe, oder wenigstens gelbe Blutinseln im Fruchthofe, de-
ren Durchmesser geringer ist, als die Weite des Herzens. Nicht ohne grolse Be-

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denklichkeit gebe ich diese Darstellung als das Resultat meiner bisherigen Unter-
suchungen, da sie durchaus meinen Vermuthungen nicht entsprochen haben. Es
schien nämlich vielmehr wahrscheinlich, dafs durch Zuströmungen aus dem Keim-
blatte das Herz zuerst mit Blut versorgt werde, deshalb möchte ich zu wiederhol-
ten Untersuchungen auffordern, denn die Blutbildung in warmblütigen Thieren
zu erforschen, unterliegt fast unendlichen Schwierigkeiten, und nur sehr viel-
fache Beobachtungen können so viele einzelne glückliche Momente geben, dafs
daraus eine vollständige und zuverlässige Geschichte dieser Bildung entworfen wer-
den kann. Selbst die vielbesprochene Strömung des Blutes, ohne Kanäle,
würde mir am Hühnchen nicht erweisbar scheinen, denn so oft ich auch Strömun-
gen im durchsichtigen Fruchthofe sah, erkannte ich doch jedes Mal einen überaus
zarten Schatten zu beiden Seiten der Strömung, der, wenn er auch nur die Grenze
des benachbarten Bildungsgewebes andeutete, doch anzeigte, dafs das Blut in
einer
ausgefurchten Bahn sich bewegte. Dagegen habe ich an Eidechsen - Em-
bryonen,
deren Kreislauf man stundenlang beobachten kann, mit Bestimmtheit
gesehen, dafs aus einer Schlagader für das Hirn sieben bis acht dünne Strömchen
über die Wölbung dieses Organs flössen, und dafs, je nachdem jeder einzelne Herz-
schlag kräftiger oder schwächer war, die beiden hintersten Strömungen näher oder
entfernter von den vordem verliefen, als entscheidenden Beweis, dafs durch ein
halbllüssiges Bildungsgewebe hier das Blut ohne vorgezeichnete Bahn getrieben
wurde.

q. Herzbil- Wir gehen zur Bildung des Herzens und der Gefafsstämme über. Der er-

UT1g steren glaube ich sehr vollständig gefolgt zu seyn. Gegen die Mitte des zweiten

Tages scheint die dunkle Masse, die in der untern Wandung des vordem geschlos-
senen Theils des Embryo zusammengetrieben war, zu schwinden; indem diese
Gegend hell wird. Untersucht man das vordere Körperende aber von der Seite,
so bemerkt man eine stärkere Hervortreibung nach unten, also nicht Abnahme,
sondern Vermehrung des Umfanges. Sehr bald sieht man auch Pulsationen und
die Wandung des Herzens. Dafs das Herz aus der dunklen zusammengescho-
benen Masse geworden ist, wird schon daraus ersichtlich, dafs die Schenkel jener
Masse, deren äufserste Zipfel nicht hell geworden waren, jetzt Schenkel des Her-
zens sind. Die früheste Form des Herzens, die ich beobachtet habe, war näm-
lich folgende. Nach hinten, dicht am Umschlage des Schleimblattes, lief es nach
beiden Seiten in zwei Schenkel aus, deren Anfang hohl zu seyn schien, die aber
nach der Seite ganz unbestimmt sich in die Keimhaut verloren, ohne Gefäfse auf-
zunehmen, aber durchaus auch
nicht mit offenen Mündungen, sondern von noch
nicht aufgelöster Körnermasse begrenzt. Von dem Vereinigungswinkel der Schen-
kel

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kel verlief ein ganz heller Kanal nach vorn, nicht gerade, sondern unregelmafsig
geschlängelt, weil der Raum ihm offenbar zu kurz war. Nach vorn verengerte
sich der Kanal ein wenig und theilte sich in 2 äufserst dünne und zarte, ich
möchte sagen, mehr angedeutete als ausgebildete Schenkel. Diese vordem Schen-
kel gingen etwas aus einander und zugleich nach vorn und nach oben, als ob sie
die Dicke und die Rückenfläche der Rachenhöhle erreichen wollten, schienen sich
aber im Bildungsgewebe, das-das Yorderende der Wirbelsäule von unten verdeckt,
mit unbestimmten Grenzen zu verlieren, noch ehe sie die Wirbelsäule erreichten.
Im Herzen befand sich eine ganz helle Flüssigkeit, die durch Pulsationen bewegt
wurde. Die Bewegung in dem Herzkanale war eine undulirende, von hinten nach
vorn verlaufende, die sich durch lange Beschreibung unmöglich so deutlich
machen läfst, als wenn ich sage, dafs die Art der Bewegung grofse Aehnlichkeit
mit der Bewegung in dem Rückengefäfse der Insecten hat, wie man diese Bewe-
gung in den Larven des Nashornkäfers schon von aufsen beobachten kann. Indem
nämlich eine Gontraction von hinten nach vorn verlief, sah man deutlich, dafs
das enthaltene Blut, noch ehe die Contraction das andere Ende erreicht hatte,
wieder zurücklief, eine Bewegungsart, welche in dem Herzen der Insecten den
Streit erregt hat, ob die Bewegung von vorn nach hinten oder von hinten nach
vorn geschieht, die aber nothwendig daraus hervorgeht, dafs, weil das Gefäfs
geschlossen ist, oder nur enge Ausgänge hat, nur die von der Contraction
zunächst
gefafste Blutmasse vorwärts und eben deshalb die übrige Masse zugleich rückwärts
betrieben wird. Hieraus schon kann man schliefsen, dafs das Herz in dieser
Bildungsperiode, wenn es nicht ganz verschlossen ist, doch nur wenig Blut aus-
treibt. Auch habe ich in dem durchsichtigen Fruchthofe keine Blutströmung
nach dem Herzen hin entdecken können. Im Gefäfsraume war noch keine deut-
liche inselartige Ansammlung der Kügelchen. Die Lage des Herzens ist um diese
Zeit ganz unter dem zukünftigen Kopfe, denn die Anlage des verlängerten Markes
reicht nach hinten, wie wir bemerkten, bis an die Gegend, wo nach unten der
Umschlag der Keimhaut ist. Die hintern Schenkel des Herzens liegen aber grade
in diesem Umschlage. Hirn und Herz reichen also nach hinten gleich weit. Die
vordem aus dem Herzen tretenden Schenkel gehen
bis an den Knopf der Rücken-
saite, und nur sehr wenig ragt also nach vorn das Hirn über das Herz. In
dieser
Lage ist das Herz zu beiden Seiten umschlossen von den vordem Theilen beider
Bauchplatten. Es scheint in seinem Räume sehr beengt und eben daher die ge-
schlängelte Gestalt zu haben. Bei der Weiterbildung treibt das Herz die Bauch-
platten wie ein Keil auseinander , und ragt nach unten heraus in Form eines
Bruches. Die Schlängelungen des Herzkanals verwandeln sich nun sogleich in

E

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Eine continuirliche Krümmung, welche schon jetzt nach rechts, zugleich aber
noch mehr nach unten gewölbt ist. Nur die vordersten Enden der Bauchplatten,
welche wirklich verwachsen waren, bleiben verbunden. Hinter diesen Stellen
ist der Zwischenraum zwischen den Bauchplatten nur von der Keimhaut ausgefüllt,
und zwar ist nur die vordere Hälfte des Herzens vom serösen Blatte bedeckt; die
hintere Hälfte des Herzens liegt, da der Umschlag des serösen Blattes nicht so
weit nach hinten reicht, zwischen dem serösen und dem Schleimblatte. Von der
Kopf kappe ist aber das ganze Herz überdeckt, wenn wir die Kopfkappe nach
dem Schleimblatle messen. (Vergl. Fig. IV.)

Das so hervorgetretene Herz ist weit deutlicher sichtbar, als früher. Sein
Inhalt ist anfangs noch völlig ungefärbt. Ich habe die Bewegungen in ihm, etwa
2 bis 3 Stunden nach der früher beschriebenen Form, sehr deutlich gesehen. Sie
sind nicht mehr undulirend, sondern von hinten nach vorn gehend beinahe in
der ganzen Länge gleichzeitig und treiben den Inhalt wirklich heraus, so wie sie
auch Blut aus den Venen, die in den Seitenzipfel des Herzens eintreten, auf-
nehmen. Nach jedem Austreiben des Blutes ist ein Moment der Ruhe. Dann
dehnt sich das Herz in seiner ganzen Länge aus und saugt das Blut aus den Venen
in einem langsamen Zuge ein. Darauf folgt eine kürzere Contraction. Da das
Herz um diese Zeit in einem einfachen Bogen hervorragt, so geben seine Bewe-
gungen das Bild einer sehr langsamen Infpiration mit kürzerer Exspiration. Diese
Bewegungen hatten ganz das Ansehen, als ob die Aufnahme des Blutes das Primäre
und Bedingende, die Ausstol\'sung desselben das Secundäre sey.

Bildung Die beiden Kanäle, die aus dem vordem Ende des Herzens hervortreten,

1 P J" A 0lt3 e •

sind um diese Zeit ganz deutlich ausgebildet. Sie gehen, die Rachenhöhle um-
fassend , bis an die Decke derselben, d. h. bis an die umgebogene Fläche der
Wirbelsäule, und krümmen sich hier an die vordere Grenze der innern Höhlung
des Körpers nach oben, laufen an der untern Fläche des Rückgrats fort und ver-
einigen sich wahrscheinlich nachdem sie eine Zeitlang getrennt gewesen sind,
was man freilich jetzt noch nicht nachweisen kann, da sie unter der Wirbelsäule
alle Wandung zu verlieren scheinen, und ihr Inhalt zu hell ist, um sie nach
diesem zu verfolgen, das Zusammenfliefsen ist aber noch vor dem Schlüsse des
zweiten Tages deutlich nachzuweisen. Es ist nach dem Frühern wahrscheinlich,
dafs durch das Blut aus diesen beiden Gefäfsen erst allmählig eine Aorta aus-
gegraben wird, nachdem eine Zeitlang vielleicht das Blut sich unbestimmt im
Bildungsgewebe verloren hatte. Wenigstens konnte ich in der erwähnten
Bildungsstufe noch durchaus keine aus dem Fötus hervortretenden Arterien er-
kennen. Uebersieht man nun, wie die erste im Herzen bemerkliche Strömung

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gegen das Vorderende des Hirns andrängt, wie dann das Blut sieh eine Bahn längs
der Basis des Schädels und der untern Fläche des Rückgrats ausgräbt, so scheint
aus der Beobachtung selbst unmittelbar hervorzugehen, dafs das Blut vom
Vorderende des Nervensystems angezogen und nach dem hintern Ende desselben
fortgestofsen wird.

Die Umbildung, die das Herz bis zum Ende des zweiten Tages oder bis ]Jjd
zur vollständigen Ausbildung des ersten Kreislaufes, mit der wir den ersten Zeit-
Herzens,
räum beendigen, erleidet, besteht darin, dafs seine Krümmung sich vermehrt,
indem es noch weiter zwischen den Vorderenden der Bauchplatten hervortritt.
Zugleich nähern sich seine beiden Enden ein wenig. Namentlich zieht sich das
vordere Ende zurück. Das vorderste Paar der austretenden Arterienbogen ist
jetzt leicht zu erkennen und steigt noch bis an die Decke der Rachenhöhle hinauf,
schlägt sich also nicht sogleich um die verdauende Höhle, sondern steigt noch
erst nach vorn, indem sich das vordere Ende des Herzens, welches zur Wurzel
der Aorta wird, zurückgezogen hat. Aufserdem findet man im dritten Viertel des
zweiten Tages noch ein zweites hinteres Paar am Gefäfsbogen, welches aus dem
Herzen tretend hinter dem vorigen um den Anfangstheil der verdauenden Höhle
sich bildet, und eben so zart werdend, wie früher das erste Paar, nach oben
verschwindet. Am Ende des zweiten Tages scheint sich ein dritter Bogen hinter
dem zweiten auf dieselbe Weise zu bilden. Die vermehrte Krümmung des
Herzens ist am Ende des zweiten Tages mit der Convexität nicht nur nach unten,
sondern schon sehr merklich nach rechts gerichtet. Genauer angegeben liegt der
Zusammentritt der Venen ziemlich in der Mitte des Leibes. Von hieraus geht
der durch die Verbindung derselben entstandene gemeinschaftliche Herzkanal an-
fangs ein wenig nach links, krümmt sich dann stark nach rechts, zugleich geht
er zuerst nach unten und dann nach oben, und in dem ganzen Verlauf von hinten
nach vorn. Das Herz bildet also einen nach unten und rechts vorragenden Bauch,
und es ist ganz unrichtig, wenn P an der dem Herzen eine Krümmung nach links
giebt, indem die Krümmung des hintern Endes nach links immer geringer ist, als
die Krümmung nach rechts und die erstere sich schon am Anfange des folgenden
Tages ganz verliert. Im Wesentlichen ist das Herz noch am Ende des zweiten
Tages ungetheilt, indessen erkennt man doch schon in der äulsern Form die
Spuren einer Abgrenzung der Kammern gegen den venösen Theil und gegen den
Aortenwulst. Da die bestimmtere Ausbildung aber in die nächste Periode gehört,
so werden wir dort die Art der Entwickelung angeben. Auch sieht man eine
dunkle Linie
in dem mittlem Theile des Herzens, deren Bedeutung auch erst
später klar wird.

E 2

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t. Bildung Das übrige Gefäfssystem hat bei seiner ersten Ausbildung folgende Ge-

GefäS"86" staltung. Ein grofser Blutbehälter, nächst dem Herzen der weiteste Kanal für
systems. ,]as Blut, hat sich in den beiden dunklen Halbbogen gebildet, welche den
Gefäfshof gegen den Dotterhof begrenzen. Da beide Bogen einen Kreis bilden,
der nach vorn immer einen deutlichen Einschnitt hat, zuweilen auch nach hinten
einen weniger tiefen, so ist das Gefäfs auch ein kreisförmiges, aus zwei Bogen-
hälften bestehendes. Jeder Bogen ist nach hinten am dünnsten, nach vorn
weiter. Dieser
Bluthreis (sinus terminalis) ist lange ohne eigene Wand, eine
blofse Lücke zwischen dem serösen und dem Schleimblatte; es ist aber unrichtig,
dafs er nie eine eigne Wand bekomme, vielmehr ist am Ende der zweiten Periode
die Wand leicht darstellbar, indem man das seröse Blatt abtrennt. In diesem
spätem Zustande verdient er den Namen
Grenzvene (Vena terminalis). In dem
Blutkreise sieht man am frühesten rothes Blut. In jedem Halbbogen ist die Auf-
nahme des zuströmenden Blutes in der Mitte, indem diese von den letzten Enden
der Schlagadern erreicht wird. Die Bewegung des Blutes geht von der Mitte in
einem stärkern Strom nach vorn, in einem schwächern nach hinten. Ain vordem
Ende treten aus dem Blutkreise eine Menge Blutadern hervor, die sich sammeln,
so dafs sie bald in einem, bald in zwei Stämmen zum Embryo gelangen. Diese
Verschiedenheit beruht nicht auf verschiedenen Entwicklungsstufen, sondern
findet sich in allen Perioden bis zum Verschwinden des Blutkreises. Sind zwei
Venenstämme da, so tritt jeder in einen Schenkel des Herzens ein. Ist nur ein
Stamm gebildet, so geht er in den linken Herzschenkel, der rechte Schenkel ist
dann doch nicht ganz ohne Vene. Es tritt nämlich eine kleine Vene von der
rechten Seite aus dem Gefäfshofe in ihn ein, die durch ihre feinsten Zweige wohl
mit dem Blutkreise in Verbindung steht, aber nicht als Stamm aus ihm kommt.
So wie die eine oder das Paar vorderer Venen nach hinten gegen den Embryo
herabsteigt, so verläuft dagegen eine etwas später sich entwickelnde aufsteigende
Vene aus dem hintern Theile des Gefäfshofes nach vorn und senkt sich in den
linken Schenkel des Herzens ein. Die beiden Schenkel sind überhaupt nichts als
die doppelten Venenstämmchen, die alles Blut in das Herz führen. Es fliefst nun
durch das Herz, durch eine gemeinsame Pulsation des Herzens f\'ortgestofsen, in
die zwei oder drei Bogen - Paare, kommt durch diese an die untere Fläche der
Wirbelsäule, fliefst hier in zwei Armen fort, die endlich über dem Speisekanale
in einen Stamm zusammenlaufen. Dieser Stamm der Aorta theilt sich bald wieder
in zwei Aeste, welche ziemlich nahe zusammen liegend nach dem hintern Ende
des Fötus verlaufen, vorher aber, in der Mitte des Verlaufs, fast im rechten
Winkel einen Ast abgeben, der viel stärker als die nach dem hintern Ende ver-

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laufende Fortsetzung ist, sich im Gefäfsraume verzweigt und mit «einem letzten
Ende den Blutkreis erreicht.

Da das Herz noch ein fast ganz ungetheilter Kanal ist, so ist die Pulsation
anfangs auch noch eine ununterbrochene in der ganzen Länge des Herzkanals,
durch die Arterien bis in den Blutkreis. Am Schlüsse des Tages, wo das Herz
stärker gekrümmt ist, wird die Einheit der Pulsation weniger kenntlich.

Die Bedeckung des Herzens hat sich unterdessen auch verändert. Die kappe< Kopf
Umbeugung des serösen Blattes, welche in der ersten Hälfte des zweiten Tages
lange still zu stehen schien, während der Umschlag der andern Blätter fort-
rückte, wodurch denn auch nur der vorderste Theil des Herzens in der 36sten
Stunde vom serösen Blatte bedeckt war, geht im letzten Yiertheil des Tages
rasch weiter, so dafs am Schlüsse diefer Periode fast das ganze Herz von unten
einen Ueberzug vom serösen Blatte hat und nicht viel mehr als die Herzschenkel
in der Umbeugung zwischen dem serösen und Schleimblatte liegt.

Da wir, mit Ausnahme des Nerven- und Gefäfssystems, die übrigen Yer-
änderungen nur bis zur Mitte dieses Tages fortgeführt haben, so ist hier noch ^chnünmg
kurz zu bemerken, dafs, .wie so eben gesagt wurde, die Kopfkappe mit allen
ihren Schichten weiter nach hinten sich verlängert. Auch wölbt sie sich nach
unten, während sie früher fast flach gelegen hat. Ihr gegenüber bildet sich am
Ende dieses Tages, indem das Schwanzende nicht nur über die Verbindung des
Embryo mit der Keimhaut hinaus gewachsen ist, sondern diese einen ähnlichen
Umwurf am hintern Ende beginnt, wie schon viel früher am vordem, eine
Schwanzkappe, die jedoch am Ende des zweiten Tages noch ungefähr so kurz ist,
als die Kopfkappe am Ende des ersten Tages. Indessen wird hiermit hinten auch
schon eine Grube durch das Schleimblatt gebildet — ein hinteres Ende des
Speisekanals vom Embryo. Zugleich senken sich die Bauchplatten etwas, so
dafs also eine Abschnürung des Embryo vom Keimblatte schon von allen Seiten
eingeleitet ist.

Die Form des Embryo ist nach der gegebenen Darstellung die eines um- Fo?mdes
gekehrten Schuhes, in welche die Form des umgestülpten Blattes dadurch über- Embryo,
gegangen ist, dafs das vordere Ende auf eine ansehnliche Strecke, das hintere
auch schon auf eine ganz kurze umschlossen ist und die Seitenwände herab-
gebogen sind.

Der Vollständigkeit wegen führen wir nur noch an, dafs in den Seiten- d\'^ätteHn
theilen eine Spaltung der Blätter beginnt und dafs aus der vordem Grenze der de
" Bauch-
Kopfkappe eine Falte nach oben sich zu erheben anfängt (§. 5. g.). Die Bedeu- pIatten\'
tung beider Vorgänge wird aber erst am dritten Tage klar.

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4;Ani??fzur Nach der Mitte des zweiten Tages sieht man hinter dem umgebogenen

JYlunabil- 1 _ . , tu- i • i i eo

dung. Ende der Rückensaite an der untern 1 lache eine dunkle Bogenlinie. Es ist eine

Art Narbe in umgekehrtem Sinne. In dieser Bogenlinie wird nämlich das Vorder-
ende der Bauchplatten immer dünner, um am Anfang des folgenden Tages ganz
aufzureifsen, um die Mundöffnung zu bilden.

KrÜdes Die Krümmung des Embryo nimmt in der ersten Hälfte dieses Tages wenig

Embryo. zu, in der zweiten krümmt sich das Kopfende so, dafs die Zelle für die Vier-
hügel die vorderste Spitze bildet.
aa. Verän- Der Fruchthof ist schon im Anfange dieses Tages biscuitförmig geworden,

des Frucht- indem bei Bildung der Kopfkappe ein Theil seiner vordem Hälfte sich an den
hofes. Embryo gelegt hat, diese vordere Hälfte also schmaler erscheint, als sie
früher war.

bb. Die Die Halonen waren am Anfange des Tages geschlängelt, und verlieren sich

schwingen, am Ende ganz wegen Zunahme der Flüssigkeit unter dem Embryo.

§. 3.

Allgemeiner Char acter der ersten Bildungs - Perio de.

Die Geschichte der ersten Periode lehrt, dafs der Embryo ein zu höherer
Selbstständigkeit
erwachter Theil des Keimes ist, dafs, so wie seine Selbstständig-
keit
sich offenbart, der Typus der Wirbelthiere, Entwickelung aus einem Stamme
nach oben und nach unten
hervortritt, und dafs dann im animalischen Theile
©ine Gliederung als Hineinbildung des Typus der
gegliederten Thiere sich zeigt.

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Zweite Periode,

Vorbemerkung.

Die zweite Periode wird characterisirt durch den Kreislauf in den Dotter-
gefäfsen, ohne Kreislauf in den Gefafsen des Harnsackes, der erst am Ende dieser
Periode vorbereitet wird, so wie der Kreislauf durch die Dottergefäfse am Ende
der ersten Periode vorbereitet wurde. Die Grenze zwischen der zweiten und
dritten Periode ist noch weniger genau zu bestimmen, als die zwischen der ersten
und zweiten. Indessen scheint die naturgemäfseste Grenze in dem Momente zu
liegen, wTo der Harnsack so weit vorgetreten ist, dafs er die Schaalenhaut erreicht,
und daher die Athmung übernehmen kann. Nach dieser Abtheilung umfafst der
zweite Zeitraum den dritten, vierten und fünften Tag. In dieser Zeit steht also
der Embryo mit der Keimhaut in lebhafterer Wechselwirkung, als früher, wo er
sich nur von ihr abzugrenzen schien. Die Isolirung geht auch im zweiten Zeit-
räume fort, und erscheint räumlich als
Abschnürung, d. h. als gesteigerte Form
der Abgrenzung und als
Einhüllung des Embryo,

§. 5.

• Dritter Tag.

Indem die Abschnürung des Embryo von der Keimhaut, welche schon AHgemei-
in der ersten Periode begonnen hatte, während der zweiten Periode fortschreitet, ter.
wird durch sie die Bildung der Brust und des Unterleibes, so wie des Gekröses
und des Speisekanals bewirkt. Die Erzeugung dieser Theile geht nur aus einer
besondern Modification der Abschnürung hervor, welche schon am Ende des
zweiten Tages auftrat, die aber erst am dritten Tage sich in ihren Wirkungen zu
erkennen giebt,
und die wir daher jetzt im Zusammenhange betrachten.

Vorher bemerken wir nur noch, dafs Brust- und Unterleibshöhle in der i. Untere
Entstehungsweise nicht verschieden sind, sondern gemeinschaftlich durch die Körpers. deS
Bauchplatten gebildet werden. — Da sie im Embryo mehr noch als im erwach- Bauchseite"

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seilen Vogel eine gemeinsame ununterbrochene Höhle bilden, die unter der
Wirbelsäule des Rumpfes liegt; so werden wir unter der Benennung: Bauchhöhle,
beide zusammenfassen, und in dieser Brust- und Unterleibsgegend unter-
scheiden. — Da aber die Bauchplatten auch den Hals umschliefsen, und dieser
ursprünglich hohl ist, so ist auch seine Höhlung von der Bauchhöhle nicht ge-
trennt. Erst später schwindet seine Höhlung, indem das Herz zurücktritt.
C. Spaltung Die Bauchplatten waren am Ende der ersten Periode noch fast in der Ebene

Bauchpiat- des Keimblattes, jedoch schon nach der untern Fläche concav, und mit dem
ten- äufsern Rande tiefer stehend, als mit dem innern. Vom Schlüsse des zweiten

Tages an nimmt die Aushöhlung der Unterfläche des Embryo rasch zu, indem die
Bauchplatten sich immer mehr mit ihrem äufsern Rande nach unten neigen.
Zugleich aber erfolgt eine Trennung innerhalb der Bauchplatten. — Die Tren-
nung besteht darin, dafs eine obere Lage von einer untern in der ganzen Breite
der Bauchplatten bis zum innern Rande geschieden wird. Da dieser innere Rand
bis an den Stamm der Wirbelsäule reicht, so geht also die Trennung bis an den
Rand der Unteriläche der Wirbelsäule. — Sie erfolgt sehr rasch und die untere
Lage vergröfsert fleh zugleich, wodurch sie nach unten sich wölben mufs,
während sich etwas Flüssigkeit zwischen beide Lagen absetzt. Eine nothwendige
Folge der Wölbung nach unten, oder vielmehr ein Begleiter derselben, ist der Um-
stand , dafs am Rande der Wirbelsäule der innere Rand der gelösten untern Lage,
da sie hier angeheftet bleibt, sich immer mehr senkrecht stellt. Indem der senk-
recht gestellte innere Rand sich zugleich verdickt, so erscheint er natürlich von
unten oder von oben betrachtet nur als ein dunkler Streifen, indem das Uebrige
der untern Lage fast durchsichtig ist. — Ferner wird es leicht verständlich, wie
es das Ansehen habe, als ob der senkrechte, durch Dicke ausgezeichnete Rand-
streifen , wenn man seinen Uebergang in den durchsichtigern gewölbten Theil der
untern Lage nicht berücksichtigt, aus den Seitenrändern der Wirbelsäule hervor-
gewachsen sey. — Dieses Ausdruckes hat sich denn auch Wolff zuweilen be-
dient , um die Sache anschaulicher zu machen, allein er hat so vielseitig und um-
ständlich die ganze Metamorphose, so wie den Uebergang dieser Blätter in die
nach unten gewölbte tiefere Lage der Keimhaut (Wo lff
\'s falsches Amnion) dar-
gestellt, dafs jener Ausdruck nicht zu MifsVerständnissen hätte Veranlassung ge-
bensollen. — Wolff hat die Metamorphose, die wir darzustellen angefangen
haben, mit einer Sicherheit und Vollständigkeit beschrieben, welche gar keine
wesentliche Unrichtigkeit zuliefs. — Leider aber hat er sich mancher
Benennung
bedient, welche für den Gegenstand nicht recht pafst, und daher zu falschen
Vorstellungen führen konnte. So steht die Rinne, welche Wolff Darmrinne

nennt,

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nennt, mit dem Darmkanale gar nicht in nächster Beziehung, sondern ist eine
Lücke zwischen beiden später geschlossenen Blättern des Gekröses. Hierzu kom-
men noch seine vielfaltigen Wiederholungen, welche mehr verwirren als aufklä-
ren. — Selbst Pander scheint über die Wolff\'sche Barstellung, so wie über
den eigentlichen Hergang in Zweifel geblieben zu seyn. (
Beiträge zur Entwich e-
lungsgeschichte S. 22.) — Ich habe es mir daher besonders angelegen seyn las-
sen, die Entstehungsweise des Gekröses und Darmes mit Genauigkeit zu verfolgen,
und kann als Resultat dieser Bemühungen versichern, dafs W o 1 ff\'s Darstellung
nur an der Unvollkommenheit leidet, dafs er das Schleimblatt vom Gefäfsblatte
nicht unterscheidet. — Fügt man diese Unterscheidung, durch welche Pander
der
ganzen Entwickelungsgeschichte Licht gegeben hat, noch hinzu , so sind alle
einzelnen
Angaben Wr o 1 ff\'s richtig.

Wir wollen, um diese Metamorphose gehörig verstehen zu können, vor-
her noch einen Blick auf den Zustand des Embryo vor Beginn derselben werfen. —
Wir haben an ihm einen Mitteltheil und zwei Seitentheile. Diese sind die bei-
den Bauchplatten; jener besteht nach oben aus den verwachsenen Rückenplatten,
welche schon Rückenmark umschliefsen. Unter ihnen liegt die Rückensaite mit
ihrer Scheide umgeben, von ungeformtem, nicht ganz lockerem, an die Basis der
Rückenplatten anstofsendem Bildungsgewebe, als Grundlage der künftigen Wir-
belsäule. Weiter nach unten ist die Aorta umgeben von einer durchsichtigen,
lockern, der untern Fläche der Wirbelsäule lose verbundenen Masse von Bildungs-
gewebe. — Fragt man nun nach den ursprünglichen Schichten des Keimblattes,
die alle in die Bildung des Embryo übergegangen sind, so findet man das Schleim-
blatt noch sehr dünn auf der ganzen untern Fläche vom Mitteitheile des Embryo
ausgebreitet, und bei gehöriger Vorsicht und Uebung leicht trennbar, indem es
überall nur durch ein wTenig Bildungsstoff angeheftet wird. — Die Aorta, mit der
hellen umgebenden Masse, welche die untere Hälfte des Stammes vereint, gehört
wohl dem Gefäfsblatte an. In den Seitentheilen oder den Bauchplatten ist, so
lange sie horizontal liegen, keine bestimmte Trennung der Lagen erkennbar.
Indem sie sich aber am Ende des zweiten Tages herabkrümmen, entsteht in ihnen
jene oben berührte Spaltung in eine obere und eine untere Lage. — In der un-
tern Lage lassen sich wieder zwei Schichten deutlich erkennen, die jedoch immer
an einander geheftet bleiben. Die untere ist das Schleimblatt, die obere ist dik-
ker, durchsichtiger, enthält die Blutgefäfse, und wird von nun an als das eigent-
liche Gefafsblatt von uns betrachtet werden, da es sich in das Gefäfsblatt des Ge-
fäfsliofes fortsetzt, obgleich wir es immer als durch Beobachtung noch nicht ent-

F

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schieden müssen gelten lassen, ob die eigentliche Bauchplatte nicht auch dem ur-
sprünglichen Gefäfsblatte (der ersten Zeit) ihren Ursprung verdankt.

In der obern Lage nämlich lassen sich jetzt auch zwei Schichten erkennen,
die noch enger an einander gefügt sind, als die Schichten der untern Lage. —
Es hat sich das seröse Blatt als eine Oberhaut etwas gesondert, von einer dickeru,
anfangs gefalteten, bald aber in sanfter Wölbung ausgebreiteten Platte aus dunk-
lerem Bildungsgewebe. •— Letztere ist die
eigentliche Baachplatte, aus der das
fibröse System, die Knochen, Muskeln und Nerven der Bauchwände (mit Ein-
schlufs der Brust- und der Halswände) sich erzeugen. Sie bilden also mit den
Diese Spal- Rückenplatten gemeinschaftlich den animalischen Theil des Rumpfes, während

Trennung in

die abgelöste untere Lage den vegetativen Theil bildet. Diese am Schlüsse des
]1sc3ienniund zweiten Tages in den Seitentheilen eintretende Trennung ist im Grunde nur eine
Tlf^id^L" Fortsetzung der schon früher in der Kopfkappe bemerklichen. — Sie geht wäh-
hes! GS " rend des dritten Tages rasch fort, so dafs bald die untere Lage stark nach unten
Durch die- gewölbt ist. — Die Wölbung wird noch dadurch vermehrt, dafs auch die ei-
entsteht""die gentlichen Bauchplatten, indem sich ihre Faltung hebt, ihren untern Rand nach
woPifTs °fii- unten 1111 d innen krümmen. — Da aber unter der Wirbelsäule das Gefäfsblalt
sches Am- sjdi nicht ablöst, so hat das nach unten gerichtete Gewölbe eine tiefe, mittlere,
rinnenförmige Einsenkung, welche Wolff die
Oeffnung des falschen Amnions
nennt, indem bei ihm der nach unten gewölbte Theil der Keimhaut, da er den
Embryo gewissermaßen von unten verhüllt, das falsche Amnion Reifst. — Es
wird aber um diese Zeit, nach dem Gesagten, nicht der ganze Embryo verhüllt,
sondern die untere Fläche der Wirbelsäule ist unverdeckt, und man könnte das
falsche Amnion als aus zwei Gewölben gebildet beschreiben, wenn beide nicht
vorn und hinten zusammenliefen. — Beide Gewölbe gehen nämlich vorn in die
Kopfkappe und hinten in die Schwanzkappe über, was nothwendig so seyn nmfs,
da ja diese beiden Kappen auch nichts sind, als Theile der Keimhaut, weiche
Theile des Embryo von unten überwölben, und es ist nun ganz klar, dafs die Bil-
dung der Kopf- und Schwanzkappe die Anfänge einer Metamorphose sind, wel-
che jetzt allgemein ist, und den ganzen Embryo mit Ausnahme der Wirbelsäule
verhüllt; man kann daher mit gröfstem Rechte die Seitentheile
Seitenlappen
nennen. Kopfkappe, Schwanzkappe und Seitenkappen sind die einzelnen Regio-
nen des falschen Amnion oder einer
allgemeinen Kappe. Mit diesem Namen be-
legen wir nämlich die ganze Wölbung der untern Lage der Keimhaut, welche
Wolff da
s, falsche Amnion nennt. Die letztere Benennung ist ohnehin von Pan-
d e r für etwas ganz anderes gebraucht worden. Von der allgemeinen Kappe
zeigt

m on.

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uns Fig. VI. die Kopf- und Schwanzkappe im Längendurchschnitte, Fig. 6\' und
6" aber die Seitenkappen im Oueerdurchschnitte.

Wir bemerkten schon, dafs der innere Rand der abgetrennten untern Lage d. Gekrös-
der Bauchplatten sich bald senkrecht stellt, und sich verdickt. Der verdickte platten>
Theil sondert sich durch zwei immer deutlicher werdende Winkel von den benach-
barten Theilen ab, durch einen obern Winkel (Fig.
6\' h.) von der untern Fläche
der Wirbelsäule, durch einen untern Winkel (oder den Wulst nach WolfF)
(ebend. i.) von dem nicht verdickten, aber desto mehr gewölbten TheiJe des Ge-
fäfsblattes. Der verdickte Streifen zwischen beiden Winkeln ist nichts anderes,
als eine
Gekrösplatte. Ziemlich rasch nämlich spitzen sich die untern Winkel bei-
der Seiten zu und rücken zugleich gegen einander, bis sie sich erreichen. Bevor
sie sich
erreicht haben, bilden beide Gekrösplatten mit der untern Fläche der Wir-
belsäule, die noch von dem nicht abgetrennten Theile des Gefafsblattes bekleidet
bleibt, — einen Halbkanal. Dieser ist es, den Wolff die
Darmrinne nennt; sie
ist offenbar nichts, als eine Weiterbildung seiner
Oeffnung des falschen Amnions.
Die Verbindung der beiden untern Winkel ist das, was Wolff die Naht nennt.
Wolff irrt aber, wenn er glaubt, dafs vor der Bildung der Naht die
Lücke des
Gekröses
(seine Darmrinne) völlig offen ist, und dieser Irrthum rührt daher, dafs
Wolff das Schleimblatt nicht berücksichtigte. Dieses Blatt liegt nämlich nur so
lange an der Wirbelsäule an, als die Gekrösplatten noch nicht senkrecht stehen.
So wie aber die
Gekrösplatten sich senkrecht stellen, wird die zarte Bindemasse
zwischen dem Schleimblatte und den übrigen Lagen in der Mitte des Embrjo im-
mer lockerer, und das Schleimblatt steht daher ab. — Wenn nun die untern
Winkel beider Gekrösplatten sich einander nähern, so schieben sie sich über dem
Schleimblatte weg und lösen dieses immer mehr von der Wirbelsäule ab, so dafs
nach gebildeter Naht keinesweges ein Theil des Schleimblattes in der nun geschlos-
senen Naht enthalten, sondern das ganze Schleimblatt von derselben hervorgetrie-
ben ist. Es folgt daraus, dafs, so lange die Gekrösplatten noch nicht senkrecht
stehen,
der Halbkanal zwischen ihnen nach unten allerdings völlig offen und nach
oben von der Schleimhaut ausgekleidet ist, dafs aber, wenn die untern Ränder
oder Winkel der Gekrösplatten sich einander nähern, der Halbkanal nicht nach
unten offen, sondern von dem hervorgetriebenen, sehr dünnen Schleimblatte über-
deckt ist. Hieraus sieht man ferner, dafs, wenn nach Bildung der Naht die Lücke
völlig umschlossen ist, sie von allen Seiten nur vom Gefäfsblatte umgeben ist. Es
wird also dieser Kanal im Gekröse auf ähnliche Weise durch das Gefäfsblatt ge-
bildet, wie oben der Kanal für das Rückenmark durch Verwachsung der
RÜcken-
platten Die Lücke im Gekröse ist dreiseitig eine Kante, ist nach unten gegen

>

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44

die Naht gerichtet, zwei Flächen seitlich gegen die Gekrösplatten und eine Fläche
nach oben gegen den Theil der Gefäfshaut, der an der Wirbelsäule angeheftet
bleibt. Die Lücke verbleibt ziemlich lange unausgefüllt, wenigstens den ganzen
dritten Tag hindurch, aber unter steter Veränderung, denn sie nimmt an Breite
zu, aber an Höhe stets ab, bis sie ganz verschwindet. Die obern Winkel beider
Gekrösplatten nämlich rücken nicht von der Stelle, gehalten durch die, unten zu
besprechende, Bildung der Wolff\'sehen Körper, und da der Fötus immer breiter
wird, so inu Ts die obere Fläche sich vergröfsern. Dagegen legen sich die Gekrös-
platten, vom Augenblicke der Bildung der Naht an, immer mehr an einander, wo-
bei sie in senkrechter Richtung zunehmen, so dafs in der zweiten Hälfte des drit-
ten Tages die Platten in der Mitte des Leibes schon eine ansehnliche Höhe haben
und also schon ein unverkennbares Gekröse bilden.

Diese Bildungsart des Gekröses stimmt nicht nur so vollkommen mit seinem
Baue in erwachsenen
Thieren, dafs sie schon dadurch an sich klar ist, sondern
ist auch von mir so vielfältig in allen einzelnen Momenten gesehen, dafs darüber
nicht der geringste Zweifel obwalten darf. Was die Untersuchung bei den ver-
schiedenen Uebergängen sehr erleichtert, ist der Umstand, dafs die Veränderung
nicht in der ganzen Länge des Fötus gleichzeitig erfolgt. Vielmehr rückt die Ver-
wachsung d. h, die Bildung der Naht allmählig von vorn nach hinten fort, und
vor der Mitte des dritten Tages findet man daher im hintern Theile des Fötus die
Naht noch nicht gebildet, während in der Mitte sie da ist und nach vorn schon et-
was Gekröse. Nach der Verwachsung der Gekrösplatten in ihrer ganzen Länge
ist aber
das Wachsthum des Gekröses etwas hinter der Mitte des Rumpfes bei wei-
tem rascher,
als in der übrigen Länge. Verfolgt man in der ersten Hälfte des drit-
ten Tages die Gekrösplatten nach vorn bis in den schon umschlossenen Theil des
Leibes, so sieht man, dafs hier über dem schon gebildeten Theile des Speisekanals
ein eben solches sehr kurzes Gekröse ist, welches nur am vordersten Ende des
Speisekanals aufhört; dafs die Platten des Gekröses sich, nachdem sie die Naht
gebildet haben, nach unten aus einander begeben, den aus dem Schleimblatte ge-
bildeten vordem
Theil des Speisekanals umfassen und sich nach unten wieder
vereinigen, so dafs also der schon geformte Theil des Speisekanals aus einer in-
nern, von dem Schleimblatte gebildeten, und aus einer äufsern, von dem Geföfs-
blatte erzeugten Röhre besteht. Wir sehen daraus, dafs dieser vorderste Theil sich
auf eben die Weise früher gebildet haben mufs, die wir nun sogleich vom Darme
näher beschreiben wollen, w o sie sich im Fortschreiten besser beobachten läfst,
. Darmpiat- Wir kehren also wieder zu dem offenen Theile des Leibes zurück. Bis

en- zur Schliefsung der Naht des Gekröses verhält sich das Schleimblatt ganz leidend.

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Kaum aber ist dieses erfolgt, so wird es selbstständig. Nach geschlossener Naht
erhebt sich nämlich auf jeder Seite ein schmaler Streifen des Gefäfsblattes mit dem
Schleimblatte zugleich von neuem aus der horizontalen Ebene in die senkrechte.
Beide Streifen stofsen mit ihren obern Rändern an die Naht oder an das Gekröse,
da während dieser Zeit die Naht sich in das Gekröse d.
h. aus einer Linie in eine
Fläche auszieht. Der untere Rand des sich erhebenden Streifens geht in einen
Winkel in die (relativ) horizontale Fläche der Seitenkappen über. Beide Strei-
fen sind an ihrer innern Fläche concav, an der äufsern convex und umschliefsen
also einen Halbkanal, welcher der noch offene Darm ist. So wie früher derTlieil
des Gefäfsblattes,
der sich abgrenzte zur Bildung der Gekrösplatte, um so mehr
sich verdickte,
je mehr er sich senkrecht stellte, eben so verdickt sich der neu
sich
abgrenzende Theil von oben nach unten, und diese Verdickung findet sich
ebenfalls im
Schleimblatte, wenn auch nicht ganz in demselben Maalse, und be-
weiset eben, dafs das Schleimblatt nicht unthätig bei dieser Metamorphose ist.
Es scheint vielmehr bedingend. Wir nennen nun diese beiden Streifen
Darmplat-
ten
, und machen darauf aufmerksam, dafs sie aus dem Sclileimblatte und demGe-
fäfsblatte zugleich bestehen. Die Darmplatten nähern sich einander nach unten
immer mehr, und bilden so eine ziemlich tiefe Rinne von der Mitte des Sten Ta-
ges an. Wir nennen sie
Darmrinne, da sie den nicht geschlossenen Theil des
Darm - oder Speisekanals umfafst. Alles scheint anzudeuten, dafs die Rinne sich
bald in der ganzen Länge
durch eine Naht schliefsen will. Indessen erfolgt die
Umwandlung des Halbkanals in ein geschlossenes Rohr nur allmählig und nicht
durch eine mittlere Naht, sondern indem sich von den beiden Enden aus die schon
geschlossenen Anfangs- und Endtheile des Speisekanals gegen die Milte verlängern.

Während nämlich von den Seiten die Keimhaut sich gegen den Embryo
wölbt, um mit ihren innersten Tlieilen in die Organisation des Embryo überzu-
gehen, war dasselbe in der Längendimension von den beiden Enden aus schon
früher erfolgt, wie uns die Abbildungen IV. V. und VI. versinnlichen werden.
Wir wissen, dafs am Ende des 2ten Tages die Kopfkappe schon bedeutend war,
und dafs auch mit dem hintern Ende der Embryo über seine Anheftung an das
Keimblatt hinauswuchs, so dafs von unten aus betrachtet das hinterste Ende der
Wirbelsäule durch den Umwurf der Keimblätter schon etwas verdeckt wurde.
Die Stelle dieser hintern Umbeugung rückt nun während des dritten Tages immer
mehr nach vorn. Eben so rückt die
Umbeugung, welche die hintere Grenze der
Kopfscheide bezeichnet, immer weiter nach hinten. Durch das Fortschreiten
beider Umbeugungen wird immer mehr vom Gefäfs - und Schleimblatte nach in-
nen gekehrt und wird durch diese Umkehrung unmittelbarer Theil des Speise-

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Kanals. Natürlich laufen die schon geschlossenen röhrenförmigen Theile mit offe-
nen Mündungen gegen den noch
Tingeschlossenen mittlem Tlieil oder die Darm-
rinne aus. Die Wände der geschlossenen Enden des Speisekanals hören hier aber
nicht auf, sondern biegen sich nach allen Seiten in die Kappe und die Keimhaut
als ihre unmittelbare Fortsetzung um. Nur mit ihrer oberu Wand gehen sie durch
die Darmrinne unmittelbar in einander über. Der Eingang in den Mastdarm ist
während des ganzen dritten Tages sehr weit, und der Mastdarm selbst ist in der
ersten Hälfte des dritten Tages nur eine weite und tiefe Grube, ähnlich der Form der
Rachenhöhle am Anfange des zweiten Tages. Am Ende des dritten Tages ist je-
ner ein weiter, etwas gekrümmter Trichter, dessen stumpfes Ende fast ganz bis
an die Spitze der Wirbelsäule reicht und hier bestimmt geschlossen ist, indem
sich vom After noch keine Spur erkennen läfst. Da nun der hintere über der Ver-
bindung mit dem Dotter hervorragende und verdünnte Theil des Embryo in Forin
eines kurzen Schwanzes herabgekrümmt ist, so scheint es, als ob der Darmkanal
in den Schwanz hineinragte, im Grunde aber ist der wahre Schwanz noch gar
nicht da, sondern wächst erst vom vierten Tage an über den Mastdarm hinaus,
mit Ausnahme eines überaus kleinen Spitzchens, welches schon am Ende des drit-
ten Tages sich zeigt. Der vordere Theil des Speisekanals ist am Anfange dieses
Tages ziemlich weit, nur die zukünftige Speiseröhre enthaltend. Der Theil, der
sich in der Mitte dieses Tages bildet, wird zum Magen, ist aber noch unmerk-
lich weiter, als der am Ende desselben Tages sich bildende Anfang des Zwölffin-
gerdarmes. Nur noch ungefähr ein Drittheil der ganzen Länge des Speisekanals
bat am Schlüsse des dritten Tages die Form einer Rinne: diesen ungeformten Theil
nennt Wolff den Mitteldarm. Es ist aber der zukünftige ganze Dünndarm des
Huhnes.

Wenn wir mit Wolff die Bildung der umschlossenen Enden des Speise-
kanals, um sie in ihren einzelnen Momenten verfolgen zu können, als eine Hin-
einstiilpung der Kopf- und Schwanzscheide dargestellt haben, so versteht es
sich von selbst, dafs diese Hineinstülpung nicht auf ganz mechanische Weise zu
denken ist, wodurch die früher in eine Fläche ausgebreiteten Blätter der Keim-
haut sich in Falten zusammenlegen miifsten, vielmehr ist diese Einstülpung mit
einem
organischen Wachsen verbunden, und man kann mit demselben Rechte sa-
gen , dafs, nachdem durch die Enden der Rückensaite die Stellen für Mund und
After bestimmt sind, beide Enden des Speisekanals aus den untern Schichten der
die Dotterkugel umkleidenden Keimhaut herausgezogen würden, so dafs die Dot-
terkugel der gemeinschaftliche
Mitteltheil beider Enden des Speisekanals ist, in
welche beide übergehen. Noch richtiger ist es, wenn wir die Darmbildung
mit

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der vorhergehenden Gekrösbildung, so wie die Zusammenneigung der Bauch plat-
ten als fortgehende Abschnürung des Fötus vom Dotter und dem ihn bekleidenden
Keimblatte betrachten, denn die Verbindung zwischen beiden verengert sich bis
zum Ende des 5ten Tages immer fort, nicht nur relativ zum wachsenden Fötus
(was als ein blofses Ueberwachsen des Fötus gedeutet werden könnte), sondern
auch absolut. Im Grunde aber besteht die Metamorphose aus allen dreien Momen-
ten zugleich. Dafs ein wirkliches Hineinstülpen des Keimblattes da sey, lehren
die Gefäfsstämme, deren Einmündungssteilen immer mehr sich hineinziehen, so
dafs z. B. die eintretenden Venenstämme am Anfange des dritten Tages ganz am
hintern Rande der Kopffalle gerade eingehen, im weitern Verlauf des dritten Ta-
ges aber um den hintern Rand der Kopfsclieide herum nach innen laufen
müssen
und, ganz verdeckt von ihm , zusammen münden. Dafs zugleich ein Ausziehen der
Enden des Speisekanals Statt finde, sehen wir daraus, dafs die schon gebildeten
Cyliuder anfänglich weit sind, dann sich immer dünner ausziehen, und erst später
und
zwar da, wo sie nicht in Berührung mit dem noch nicht ausgezogenen Theile
des Dotters sind, in sich selbst sich zu einer weitern Höhlung ausdehnen.
Die
Abschnürung lehrt, wie schon bemerkt wurde, die absolut kleiner werdende Com-
municationsöffnung zwischen Dotter und Fötus, und dafs dieses Verhältnifs im
Grunde das vorherrschende ist, ergiebt sich wohl daraus, dafs hieran alle Schich-
ten des Keimblattes und alle Theile des Fötus, die mit ihm
verbunden sind, und
zwar von allen Seiten in der Längen - und Queerdimension, zu gleicher Zeit Theil
nehmen. Es bildet sich daher am Darmkanal keine untere Naht, weder im
Schleimblatte noch im Gefäfsblatte, sondern es ist so , als ob eine unsichtbare
Hand die Communication zwischen Embryo, Keimhaut und Dotter zusammen-
schnürte , wobei das, was vom Darme gebildet wird, nicht erst aus zwei Hälften
erwächst, sondern sogleich ganz da ist.

Das war es, was wir oben (§. 4. §. 5. «.) als die für diese Periode characte- g- Umhüi-
ristische Abschnürung bezeichneten. Wir erwähnten aber zugleich der Einhiil- bryo^durch
lung des Embryo. Diese geschieht auf folgende Weise. Indem die Blätter inner-
halb der Bauchplatten sich von einander trennen und die untere Lage (Gefäfsblatt pe.
und Schleimblatt) sich blähend nach unten wölben, während der untere Rand
der sich nach unten und innen bewegenden eigentlichen Bauchplatte sich über dem
Gefäfsblatte grade so wegschiebt, wie die Gekrösplatte über dem Schleimblatte
um die Naht zu bilden, hebt sich der äufsere Rand der Seiteukappen über den un-
tern Rand der Bauchplatte ungefähr bis zur Höhe der Rückensaite des Fötus, und
geht erst in dieser Höhe in einem anfangs stumpfen, dann rechten, zuletzt spitzen
Winkel in das übrige Keimblatt über. (Fig. 6\',
6"). In der Längendimension

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war dieser Winkel am vonlern Rande der Kopf kappe schon viel früher da. Er
wird im Verlauf des dritten Tages spitzer und erhebt sich bis über das Vorder-
ende des Kopfes. (Fig. VI.
t.) An der Schwanzkappe tritt der Winkel, in wel-
chem die Schwanzkappe hinten endet, erst im Verlauf des dritten Tages auf, et-
was früher als der Winkel der Seitenkappen. Es bildet sich also ein scharfer
Winkel im ganzen Umfange der allgemeinen Kappe, in Form eines elliptischen
Ringes, in welchem das Keimblatt scharf umwendend aus der Kappe in seine
übrige Fläche übergeht. Die Ebene dieses Ringes streift denRücken des Embryo ;
der gröfsere Theil des Embryo liegt unter dieser Ebene, ist also in den Dotter ein-
gesenkt. Der Ring verengt sich und verdeckt etwas die Seitenränder, Kopf- und
Schwranzende des Embryo. Von unten angesehen ist der Embryo ganz verhüllt,
von oben nur in seinem Umfange. Dadurch wurde WolfFveranlafst, diese Wöl-
bung der Keimhaut, die wir die allgemeine Kappe genannt haben, um es sogleich
deutlich zu machen, dafs die Kopfkappe nur der Anfang dieser Bildung war,
das
falsche Amnion zu nennen.

Die Umhüllung, die der Embryo durch die Kappe von unten erhält, ist
die Vorbereitung zur Bildung einer vollständigen Einhüllung durch das wahre
Amnion. Die Kappe enthält nämlich schon einen Theil des Amnion und bald
bildet sich auch der übrige auf folgende Weise.
h Einbül- So w ie die Kappe sich in jedem einzelnen Theile zu bilden anfängt, ent-

dUng wXe kält sie alle Schichten des Keimblattes. Bald aber zeigt sich die oft besprochene
Amnion, Trennung der Blätter. So wie sich der scharfe Winkel des Umfangs der Kappe
gebildet hat, ist auch schon die Trennung bis dahin gediehen, und nun erhebt
sich das seröse Blatt selbstständig in eine Falte, die wir die
Amnionsfalte nennen.
Die Basis der Amnionsfalte ist der elliptische Ring, den der Winkel der Umbeu-
gung bildet. Die Falte erhebt sich aber natürlich nicht im ganzen Umfange zu-
gleich, da die Kappe selbst und der Winkel nicht gleichzeitig sich
ausbilden.
Zuerst tritt sie am Vorderende der Kopfkappe auf, und die bogenförmige Falte, die
wir schon am 2ten Tage (§. 2. x.) vor dem Kopfe des Embryo bemerkten, ist der
Anfang dieser Bildung. Diese vordere Falte zieht sich ziemlich rasch über den
Kopf und Hals, und da sie eine Erhebung des serösen Blattes aus der vordem
6 renze der Kopfkappe ist, so wird erst jetzt aus der Kopfkappe eine
Kopfscheide,
welche den Kopf umhüllt, unten aus der Kopfkappe (Fig. Vl.pr), oben aus der
Amnionsfalte (rt) bestehend. Im Anfange des dritten Tages tritt ihr entgegen
eine ähnliche Falte aus dem hintern Ende
der Schwanzkappe, und verwandelt diese
jn eine wahre
Schwanzscheide. Bald erhebt sich nun auch die Falte von der Seite
aus den Rändern der Seitenkappen, indem die Schenkel der vorder» und hintern

Fal-

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Falten sich gegen einander verlängern und sich erreichen. Schon vor der Mitte
des dritten Tages hat man also eine zusammenhängende elliptische Falte, die sich
erhebt und zugleich nach oben immer verengt, wodurch sie einen Sack um den
Fötus beschreibt, der sich allmählig schliefst und nichts Anderes ist, als das wahre
Amnion. Zwar habe ich schon Eier untersucht, bei denen das Amnion am Ende
des dritten Tages ganz geschlossen war, indessen glaube ich doch als Norm an-
nehmen zu müssen, dafs, auch ohne alle Verzögerung in der Ent wickelung, am
Ende des Sten Tages das Amnion gewöhnlich noch eine Oeffnung von einer Linie
Länge, und zwar über dem Lendentheile des Rückens behält, da das Amnion
vom Kopfe aus nicht nur am frühesten anfängt sich zu entwickeln, sondern auch
am raschesten damit fortfährt. Indem sich die Oeffnung immer mehr verengt,
sieht man an ihrem vordem und hintern Ende eine kurze Narbe, so dafs es scheint,
es sey hier eine wahre Verwachsung.

Die Basis der Amnionsfalte sitzt auf dem Umfange der Kappe. Da sie aus
dem serösen Blatte der Keimhaut gebildet wird, so ist es natürlich, dafs, wenn
wir von den Seitenwänden aus die innere Lamelle der Amnionsfalte verfolgen,
wir an dem serösen Blatte fort bis zu der anliegenden Bauchplatte gelangen.
(Fig. 6".) Eben so läfst sich eine Continuität der innern Lamelle der Falte überall
durch das seröse Blatt bis zum Umfange des Fötusleibes erkennen, wir mögen von
vorn, von hinten, oder von der Seite ausgehen. So finden wir den Umfang des
Ueberganges von der äufsern Fläche des Fötus in das seröse Blatt der Keimhaut,
und es ist klar, dafs, wenn durch irgend einen Umstand entweder die Basis der
Amnionsfalte oder die äufsere Lamelle dieses Blattes unkenntlich würde, man
noch augenscheinlicher den Zusammenhang des Amnions mit dem Fötus erkennen,
und den ganzen Theil des serösen Blattes vom Rande der Falte an bis zum Fötus
als zum Amnion gehörig ansehen würde. Ein solcher Umstand tritt aber später
wirklich ein, und das Amnion, wie es später selbstständiger erscheint, besteht
dann nicht blofs aus der Amnionsfalte (Fig. VI.
r t, s u), die am 3ten Tage her-
vorwächst, sondern auch aus dem Theile, der schon früher da war
(jp r, q s).
Da der Uebergang des Fötus in das seröse Blatt sich eben so wohl abschuürt, als
seine Uebergänge in andere Blätter, so rückt mithin die Uinbeugung von allen
Seiten näher zusammen. So war am Ende des vorigen Tages der hinterste Theil
des Herzens noch unbedeckt vom serösen Ueberzuge und lag zwischen dem serösen
Blatte und dem Schleimblatte. Im Verlaufe des dritten Tages wird durch Fort-
rücken der Umbeugung nicht nur das Herz ganz von einem serösen Ueberzuge
bedeckt, sondern dieser geht noch hinter das Herz und bekleidet den obersten
Theil der zukünftigen Brustgegend. Eben so wird der hinterste Theil der Unter-

G

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leibsgegend von einem serösen Ueberzuge bedeckt. Yon der Seite rückt zwar der
Uebergang auch näher zusammen, da aber die Bauchplatten sich anfänglich
gefaltet hatten und erst allmählig aus der Faltung sich nach aufsen stellten, so
fehlt noch eine aus dem serösen Blatte gebildete seitliche Wandung.

mun Krüdes Während diese Abschnürung und Umhüllung sich bildet, bleibt der

Embryo. Embryo nicht gerade, sondern er krümmt sich in doppelter Hinsicht. Wir
erinnern uns, dafs schon am ersten Tage das vorderste Ende der Rückenplatten
vor und nach der Verwachsung sich über den Knopf der Rückensaite hinüber bog,
dafs am zweiten Tage der hintere Theil des Kopfes bis zum Ende des verlängerten
Markes eine leichte Krümmung nach unten erhielt. Diese Krümmung nimmt
vom Anfange des dritten Tages an rasch zu. Die Folge davon ist, dafs das vor-
dere Ende des Fötus tiefer nach unten geschoben wird, und damit hängt die
stärkere Wölbung der Kopf kappe nach unten zusammen. Zugleich schiebt sich
immer mehr von dem Rücken über und an den Knopf der Rückensaite. Am
Ende des 2ten Tages stand nur die vorderste Hirnblase oder das grofse Hirn und
nicht
einmal vollständig vor dem Knopf der Rückensaite. Im sten Tage geht
auch die zweite Hirngegend darüber weg, und der vordere Rand der Vierhügel
erreicht beinahe den Knopf. Mehr aber noch als die vordere Kopfgegend rückt
der hintere Theil des künftigen Kopfes, der am zweiten Tage äufserlich von dem
Übrigen Rücken gar nicht zu unterscheiden war, nach vorn, was man am deut-
lichsten an dem nach vorn rückenden Ohre erkennt. Eine Folge davon ist, dafs
die Kopftheile sich
immer mehr zusammendrängen, und nun erst die Form eines
Kopfes annehmen. Am Anfange des 2ten Tages ist die erste Hirnblase, der
dritte Ventrikel mit dem Trichter, der vorderste Theil des ganzen Embryo her-
vorgetreten ; am Sten Tage bildet die Blase der Vierhügel das vordere Ende, das
aber allmählig auch nach der Bauchseite sich bewegt, indem am Ende des dritten
Tages auch schon eine Krümmung im Nacken bemerklich wird, die aber erst am
4ten Tage sich mehr ausbildet. Zugleich krümmt sich auch das Hinterende des
Körpers nach unten.

k. Drehung Im Vorderende ist ferner die Krümmung eine doppelte, denn wenn sie

Seite. er auch als eine Krümmung nach unten beginnt, so verbindet sich doch sehr bald
mit ihr eine Drehung auf die linke Seite, so dafs die Spitze des Kopfes sich nach
der rechten Seite des Fötus dreht. Die Drehung beginnt am Kopfe und rückt
allmählig fort, so wie der Fötus sich schliefst. Der offene Theil des Leibes ist
den dritten Tag hindurch noch gerade, oder, ehe der Schwanz sich auf die linke
Seite dreht, Sförmig gebogen, auf dem Bauche liegend.

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Das Drehen des Embryo auf seine linke Seite ist ein sehr wichtiges
Moment in der Bildungsgeschichte des Fötus, denn mit ihm hängen viele Ver-
änderungen, namentlich die Metamorphose des Herzens auf das innigste zu-
sammen. Die linke Seite des Embryo zeigt schon bei Entwicklung des Kreis-
laufes eine physiologische Verschiedenheit von der rechten, denn sie ist im Ver-
hältnifs zu dieser die receptive, aufnehmende Seite. Die aufsteigende Vene
steigt am linken Rande des Fötusleibes in die Höhe und geht von links nach rechts
in den Fötus ein. Sind zwei herabsteigende Venen da, so ist doch die linke
stärker und hat ein weiteres Flufsgebiet, wie man wohl den Umfang der Körper-
gegend nennen kann, aus welchem das Venenblut aufgenommen wird, als die
rechte absteigende Vene. Ist nur eine solche Vene, so ist es eben die linke, und
auf der rechten Seite bildet sich erst allmählig eine kleine analoge, welche das
Blut aus der Kopfscheide aufnimmt. Von der linken Seite strömt nämlich nicht
nur das Venenblut ein, sondern auch die Eingänge in den Speisekanal, besonders
der vordere, stellen sich immer mehr links, und der ganze offene, rinnenförmige
Theil des Speisekanals liegt mehr links, und nach der Drehung liegt der ganze
Dotter an der linken Seite des Vogel - Embryo.

Wie wichtig dieses Verhältnifs seyn mufs, sieht man daraus, dafs in allen
Thieren, bei denen der Dottersack nicht gleich anfangs vom animalischen Theil
umwachsen wird, wozu immer eine ursprüngliche
Ausdehnung des Keimblattes
gehört, sondern der Fötus vom Dottersacke auf kürzere oder längere Zeit sich ab-
schnürt, der Dottersack an der linken Seite des Fötus liegt, so der Dotter bei
Eidechsen, Schlangen, Vögeln, so die Nabelblase in allen Säugethieren, die ich
bisher im Embryonenzustande zu untersuchen Gelegenheit hatte. Unter mehreren
hundert Embryonen des Huhnes fand ich nur zwei, welche die rechte Seite dem
Dotter zugekehrt hatten. In dem einen war die Drehung noch nicht weit vorge-
schritten, und das Herz hatte ganz die gewöhnliche Form und Lage, so dafs ich
zweifelhaft bin, ob diese falsche Wendung sich nicht noch aufgehoben hätte.
In
dem andern Falle aber hatte schon der halbe Fötus sich auf die rechte Seite ge-
dreht, die hintere Hälfte war nicht ganz gerade, sondern eigenthümlich gedreht,
als ob sie eine Gewalt erlitten hätte. Das Herz war hier ganz umgekehrt
gestellt; die Vorkammer lag nach rechts, die Wölbung der Kammern nach links,
und so war in allen seinen Theilen das umgekehrte Verhältnifs der Lage, die wir
als die normale beschreiben werden. Ich kann daher,nicht zweifeln, dafs hier
ein Situs inversus sich zu bilden angefangen habe. Etwas häufiger fand ich bei
Säugethier-Embryonen, namentlich in Schweinen, wo das Ei des Fötus, nicht
durch eine harte Schaale eingeschlossen , mehr durch die äufsern Umgebungen in

G 2

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der Eilt Wickelung der ihm eigentümlichen Raumverhältnisse gehindert wird,
die \'Nabelblase nach rechts liegen, etwa in 12 Fällen einmal, aber nie ohne dafs
die Nabelblase eine verdrehte Form halte, indem beide Zipfel derselben nach
demselben Ende des Eies hinliefen.
i. Gefäfs- Von diesen Betrachtungen nehmen wir Veranlassung, zur Metamorphose

Anfange d™ des Gefäfssystems während des dritten Tages überzugehen, da auf dieses System
dritten Ta- c|[(; J)rehung den gröfsten Einflufs ausübt.

Während des dritten Tages nun erweitert sich nicht nur der Gefäfshof,
sondern die Grenzvene tritt immer stärker hervor. Es mehrt sich auch sichtlich
die Zahl der Blutgefäfse im Gefafsraume. In die Gegenden, welche ursprünglich
fast nur von Venen besetzt waren, in die Kopf kappe und das vordere und hintere
Ende des Gefäfsraumes, verzweigen sich die Arterien, und in den Seitentheilen des
Gefäfsraumes bilden sich neue Venen, die sich auf der linken Seite in die auf-
steigende Vene ergiefsen, auf der rechten Seite aber einen eignen kleinen Stamm
bilden, der, da er nicht das Blut aus dem hintern Theile des Gefäfsraumes
empfängt, niemals die Gröfse der aufsteigenden linken Vene erhält, und mit der
rechten absteigenden Vene dicht vor ihrem Eintritt in das Herz sich verbindet.
Beide Venenstämme der linken und rechten Seite treten in einen gemeinsamen
Stamm zusammen, der schon das hintere Ende des Herzens ist; denn jene
Stämme sind dasselbe, was wir im 2ten Tage die Herzschenkel (§. 2.
q.) genannt
haben. Dieser gemeinschaftliche Stamm wird erst im Verlaufe dieses Tages
durch Entwicklung der Leber vom eigentlichen Herzen getrennt, erscheint aber
im Anfange noch als integrirender Theil desselben, so wie er nach hinten un-
mittelbar in die beiden Herzschenkel sich auszieht.

Wir wissen, dafs am Ende des 2ten Tages das Herz selbst noch die Form
eines Kanals hat, dessen Anfang in der Mittellinie der Bauchfläche liegt, der sich
von hier unter steter Erweiterung zuerst ein wenig] nach links und dann stärker
nach rechts, zugleich aber nach unten krümmt. Von der Stelle der stärksten
Convexität nach rechts und unten nimmt die Weite dieses Kanals wieder ab und
er geht wieder nach links und oben, theilt sich dann schon am Anfange des
dritten Tages in vier Paar Bogen, von welchen der erste dicht am hintern Rande
der nun geöffneten Mundspalte verläuft und den stärksten Blutstrom aufnimmt,
der hinterste aber so schwach ist, dafs er nur mit grofser Sorgfalt erkannt wird
und von dem durchschiefsenden Blute noch nicht geröthet erscheint. Zwischen
den Gefäfsbogen verdünnt sich die Körpermasse in den bis zum ersten Bogen
reichenden Bauchplatten, und so entstehen allmählig drei Paar Spalten, und zwar
die beiden vordem zuerst, dann die dritte. Die Spalten gehen durch bis in die

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innere verdauende Höhle, den Anfang des Speisekanals, der sich zur Rachen-
höhle bildet. Da während des zweiten Tages bestimmt noch keine Spalten be-
stehen , sondern diese sich mit dem Uebergange in die zweite Periode durch Tren-
nung bilden, so ist es nothwendig, dafs sie anfanglich im Wachsen begriffen sind,
sie nehmen aber an Breite so zu, dafs sie die Gefafsbogen unmittelbar erreichen,
vielmehr befinden sich die Blutgefäfse in sichelförmigen Abschnitten der Bauch-
platten, die nach aufsen convex und breiter, nach innen concav und schmaler
sind. Wir nennen sie mit ihrem Entdecker Rathke
Kiemenbogen, da ihre Kiemen-
Uebereinstimmung mit den Kiemenbogen der Fische durch den Gefäfsbogen boge"
augenscheinlich ist. Der vierte Kiemenbogen ist also mit der übrigen Bauch-
platte noch in unmittelbarem Zusammenhange. Die Spalten sind ursprünglich
beinahe parallel und senkrecht gegen die Rückensaite als Achse des Körpers
gerichtet.

Die vier Gefafsbogenpaare treten aber an der untern Fläche der Wirbel-
säule nicht unmittelbar in einen Aortenstamm zusammen, sondern die Bogen jeder
Seite vereinigen sich zu einem Gefäfse, das wir eine
Aortenwurzel nennen wollen,
und beide Aortenwurzeln vereinigen sich erst eine ziemliche Strecke hinter dem
vierten Bogen (es ist immer noch vom Anfange des dritten Tages die Rede) in
einen gemeinschaftlichen Stamm, die
Aorta. Der Stamm theilt sich sehr bald
wieder
und vertheilt sich auf die am Schlüsse des zweiten Tages angegebene Weise.

Es wird Zeit seyn, die einzelnen Theile des Gefäfssystems zu benennen,
oder, was dasselbe ist, mit dem spälern Zustande desselben zu vergleichen.
Sämmtliche Venen kommen aus der dem Dotter zugekehrten Keimhaut und sind
Dottervenen. Schleimhaut und Gefafsblatt sind aber der werdende Darmkanal
mit dem Gekröse, denn wenn auch anfanglich nicht diese ganzen Blätter Darm zu
werden scheinen, so geschieht es doch später. Die Ven.en sind also
Nabel-
Gelrösvenen,
Venae omphalo - mesentericae. Da der schon geformte Theil des
Speisekanals noch keine eigenen Venen zeigt, überhaupt dieser Theil auch der
Hals- und Brustgegend angehört, so sind sie auch das gesammte
Pfortadersystem.
Venen im schon geformten Fötus lassen sich noch nicht unterscheiden. Es be-
schränken sich also sämmtliche Venen dieser Zeit nicht nur auf das Pfortader-
system, sondern auch auf den Theil
desselben, der vom Darm und Gekröse
kommt. Diese Pfortader geht auch nicht nur unmittelbar in das Herz, sondern
ihr kurzer Stamm ist eben von dem
aufnehmenden Theile des Herzens noch gar
nicht unterschieden. Am Herzen selbst ist die stärkste Wölbung, die zukünftige
Spitze. Man kann also mit Recht sagen, dafs die Spitze des Herzens nach rechts
gekehrt ist. Ein Unterschied zwischen der Herzkammer und dem venösen Theile,

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oder der künftigen Vorkammer, so wie zwischen jener und dem Aortenwulst, ist
auch noch gar nicht deutlich, wenn auch der weitere Verfolg lehrt, dafs aus dem
gewölbten Theile die Kammer wird. Dagegen sieht man im Innern dieser Haupt-
wölbung einen dunkeln Streifen, den ich lange für zurückgebliebenes Blut ange-
sehen habe, in welchem ich aber endlich den feinen Rand einer im Innern befind-
lichen Falte erkannte. Es ist die zukünftige Scheidewand der Herzkammern,
welche schon aus dem zweiten Tage stammt (§. 2. r.), und schon bei der ersten
Entstehung des Herzens, wenn nicht gebildet, doch veranlafst sejn mufs. Es ist
also nicht eine linke Kammer zuerst da, sondern eine Kammer, welche beide
zukünftige einschliefst. — Ueber die Bedeutung der Arterien ist wenig mehr zu
sagen, als dafs die beiden grofsen aus dem Embryo tretenden Aeste die Nabel -
Gekrösschlagadern, Arteriae omphalo-mesentericae, sind,
m. Weiter- Die Weiterbildung, welche das Gefäfssystem im Verlaufe des dritten

Gefäfs- deS Tages erfährt, besteht aufser den Veränderungen im und am Herzen darin, dafs,
systems. nachdem die Venen in den Seitentheilen des Gefäfshofes sich vermehrt haben, die
Stämme, in welche sie gesammelt werden, sich immer mehr an die Arterienr
stamme anlegen. So liegt neben jeder Gekrösschlagader eine Vene, welche in
queerer Richtung auf den Embryo
zu verläuft. Am Rande des sich bildenden
Darmes und Gekröses tritt jede derselben in die benachbarte aufsteigende Vene.
Am linken Rande liegt die ursprüngliche aufsteigende Vene, die aus dem hintern
Ende des Gefäfsraumes kommt. Am rechten Rande hat sich der gemeinschaftliche
Stamm einer andern aufsteigenden Vene gebildet, die ein kleineres Flufsgebiet
hat und daher enger ist. Alle vier Venen ahmen offenbar die Verzweigung der
Aorta nach. So bildet sich allmählig der erste Kreislauf um. Da die Umbildung
aber nicht sehr auffallend ist und nur eine unmittelbare Weiterbildung, so wollen
wir sie die zweite Form des ersten Kreislaufes nennen. Vollendet wird diese Um-
bildung erst am 4ten Tage, denn am Ende des 3ten liegen die Seitenvenen nur
mit ihren Verzweigungen an den Arterien mit den Stämmchen etwas vor den-
selben. Ueberhaupt nehmen in der Keimhaut die Arterien eine tiefere Lage ein,
als die mehr nach oben liegenden Venen, so dafs die
Gekrösschlagadern unter
den aufsteigenden Venen weggehen, um in den Gefäfsraum zu kommen, während
in den Hauptstämmen das Verhältnifs umgekehrt ist, da die Aorta an die Wirbel-
säule angeheftet ist, die Venen aber in dem noch nicht zum Gekröse vereinigten
Theile des Gefäfsblattes liegen. Auch ihr
gemeinschaftlicher Stamm, der am
Ende des dritten Tages selbstständiger und länger ist, liegt unter dem Speisekanal,
während die Aorta immer über ihm liegt. — In der Aorta verlängert sich der
Stamm, und die Theilungsstelle rückt also immer tiefer herab, die letzten Enden

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der Aorta verlieren sich auf den im Verlauf des dritten Tages entstehenden Harn-
sack (Allantois). Endlich wird das Gefäfssystem wesentlich dadurch verändert,
dafs die Aorta sich in den Leib des Fötus verzweigt (zuerst läfst sich die
Entstehung der Carotiden erkennen), und dafs eben so Venen im Embryo sich
bilden, von denen die Drosselvenen am Ende des dritten Tages schon sehr deutlich
sind. Wir verweisen aber die nähere Betrachtung der Körpergefäfse auf den
vierten Tag, wo sie mehr im Zusammenhange betrachtet und verständlicher
gemacht werden können, nachdem von den Umbildungen des Herzens und seinen
Umgebungen gesprochen ist, und brechen hier nur mit der Bemerkung ab, dafs
am Ende des dritten Tages, also aufser der Pfortader, schon ein Körpervenen-
system da ist.

Das Herz ist mit seinen Ein - und Ausgängen so steten Umänderungen ^ Uni
unterworfen, dafs es von einer Stunde zur andern Verschiedenheiten erkennen Herzens,
läfst. Da die Veränderungen mannigfaltig und gleichzeitig sind, so rnufs man,
um sie im Einzelnen zu verstehen, sie sogleich in ihren allgemeinsten Resultaten
überblicken.

Diese bestehen erstens darin, dafs das Herz mit seinen Anhängen sich
immer mehr nach hinten zurückzieht. Da zu gleicher Zeit die über der Rücken-
saite liegenden Theile sich nach vorn schieben, so wird das Lagerverhältnifs des
Herzens zum Hirne ganz umgeändert. Während nämlich das Herz in seiner ersten
Bildung ganz unter dem Hirne lag und grade so weit nach hinten reichte, dafs das
Hirn diese Lage noch am Ende des zweiten Tages nicht sehr verändert hatte,
liegt am Ende des dritten Tages nur das vorderste Ende des Herzens, in so fern
man die Aortenzwiebel als solches ansehen kann, unter dem verlängerten Marke
als hinterstem Ende des Gehirns. Rechnet man die Aortenzwiebel nicht mit zum
Herzen, so liegt das ganze Herz hinter dem Hirne.

Zweitens schiebt sich das Herz in seinen einzelnen Theilen zusammen,
während es sich zurückzieht, so dafs die vordem Theile sich mehr zurückziehen,
als die hintern. Ja der aufnehmende Theil rückt sogar weiter nach vorn. Eine
Folge davon ist, dafs die Mitte des Herzens weit mehr nach unten hervorgetrieben
wird, und am Ende des dritten Tages wie ein weiter Kropf, nur bekleidet vom
serösen Ueberzuge, zwischen dem Vorderende der Bauchplatten hervorragt, seiner
allgemeinen Richtung nach, dem Kopfe parallel.

Drittens zieht sich das aufnehmende Ende des Herzens, während der Leib
sich immer mehr schliefst und auf die linke Seite dreht, nach links hin. Nach
dem ersten Viertel des dritten Tages ist schon diese linke Lage sehr deutlich und
nimmt bis zum Ende dieses Tages immer mehr zu. Eine Folge davon ist, dafs

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die Krümmung, welche das Herz ursprünglich von der Schenkelverbindung aus
nach links machte (§. 2.
s.), bald aufhört und die Beugung nun ganz nach rechts
geht. Sie geht so weit, dafs die Wölbung der Umbeugung nicht blofs nach un-
ten, sondern auch sehr stark nach rechts vorragt, aber unter fortgehender Ver-
änderung, so dafs sie anfangs mehr nach rechts, nachher mehr nach unten und
etwas nach hinten gekehrt ist.

Viertens scheidet sich das Herz in differente Abtheilungen. In der Milte
des zweiten Tages habe ich noch keine Begrenzung zwischen Herzzipfel und sei-
nem Milteitheile, den ich Herzkanal genannt habe, so wie zwischen diesem und
dem nach vorn austretenden Bogen erkennen können. Das Herz ist durchaus nur
der Zusammentritt der Gefäfse und organisirt nie die Gefafse. Am Ende des
zweiten Tages aber werden drei Abtheilungen angedeutet (§. 2.«.), deren Abgren-
zung immer deutlicher hervortritt. Mit dem Anfange des dritten Tages wuchert
nämlich die convexe Seite der Hauptkrümmung im Ansatz neuer und zwar dunkle-
rer Masse. Diese Masse, die in späterer Zeit immer mehr anschwillt, schwam-
mig aussieht und endlich aus verwebten Fäden besteht, ist die zukünftige Mus-
kelmasse der Herzkammer. Sie ist schon sehr früh scharf begrenzt, endet nach
vorn und hinten mit einer
kleinen Vorragung und nimmt nur die convexe Seite
ein, so dafs die concave noch ganz die einfache Gefafsform und Durchsichtigkeit
behält. Eben diese Begrenzung giebt mehr die Ansicht vom Hinzutritt einer
neuen Bildung , als von Verdickung einer schon bestehenden. Diese Bildung be-
zeichnet die künftige Kammer und enthält schon beide, da die innere Falte von
der convexen Seite sich immer deutlicher erhebt. Später verdickt sich aber auch
die eigentliche Gefäfswand in der Kammer und in dem Theile des Herzens, der
vor ihr liegt, der Aortenzwiebel, die noch das Ansehen eines gleichmäfsigen, je-
doch von rechts nach links und von unten nach oben gekrümmten Kanals hat.
Die Grenze zwischen Kammer und Aortenzwiebel hat anfangs auch noch keine
deutliche Einschnürung, die aber doch am Ende des dritten Tages schon kennt-
lich wird. (Das Fretum Haller\'s.) Je mehr das Herz sich in drei Abtheilungen
scheidet, um desto mehr verwandelt sich der anfangs einfache Pulsschlag in einen
dreifachen.

o. Umbil- Die Aortenzwiebel erhält eine Krümmung, indem sie sich zurückzieht.

Geflfsbogen Diesem Zurückziehen folgen die Gefäfsbogen, jedoch nur langsam und mehr mit
apparate.en~ ihrem untern als mit ihrem obern Theile.
Besonders zieht sich der vordere Kie-
men!) ogen zurück, indem die dicht vor ihr
liegende Mundspalte sich immer mehr
öffnet. Eine Folge davon ist, besonders
da zugleich der Rückentheil sich nach
vorn schiebt, dafs der Blutstrom im
ersten Bogen, der ursprünglich grade nach

oben

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oben stieg, später zwei Beugungen macht, zuerst schiefst er aus der Aortenzwie-
bel etwas nach vorn, um in den ersten Kiemenbogen zu gelangen, beugt in die-
sem dann um, sich nach oben den Kiemenbogen entlang zuwendend. An der
Stelle
dieser Umbeugung entsteht hierdurch eine sackförmige Erweiterung, welche wie
eine vordere kleine Zwiebel aussieht. Sie ist in Panders Entwiclcelungsgc-
schichte Taf. IX. Fig. III. aus einer etwas spätem Zeit (dem 4ten Tage) abgebil-
det, in welcher sie gewöhnlich nicht mehr recht kenntlich ist. Nachdem das
Gefäfs dem ersten Kiemenbogen entlang gestiegen ist, krümmt es sich wieder nach
vorn, um die Gegend zu erreichen, die es ursprünglich vor dem Zurücktreten
der Kiemenbogen inne hatte, die Decke der Rachenhöhle nämlich. Hier kehrt
es scharf um, als Anfang der Aortenwurzel seiner Seite. Aus dieser Umgebung
tritt schon im Verlaufe des dritten
Tages ein Gefäfs in das Hirn. Es kann nur die
Kopfschlagader seyn. Dieser vorderste Bogen war, wie wir wissen, der erste,
der sich gebildet hatte. Er ist in der ersten Hälfte des dritten
Tages der stärkste,,
erscheint im weitern Verlaufe desselben aber immer schwächer, während der
zweite und dritte stärker werden. Am Ende des dritten Tages erkennt man schon
mit Mühe im ersten Gefäfsbogen den Blutstrom, theils weil der erste Kiemen-
bogen sich mehr verdickt als die andern und an seinem untern Ende zurundet, da
er bestimmt ist, eine besondere Metamorphose einzugehen, theils weil wirklich
der Blutstrom an sich schwächer wird, was man daraus erkennt, dafs er den An-
fang der Aortenwurzel nicht mehr auszufüllen vermag, sondern am Ende dieses
Tages der Blutstrom aus dem zweiten Bogen, wo er die Aortenwurzel erreicht,
sich theilt, ein Theil des
Blutes wendet sich gegen den Stamm der Aorta, ein
kleinerer Theil aber läuft rückwärts gegen den Ursprung der Aortenwurzel.
So
unerwartet es mir erschien, dafs in demselben Kanale das Blut erst nach der einen
und dann nach der andern Richtung fliefst, so kann ich doch an der Richtigkeit
der gegebenen Darstellung nicht zweifeln, weil ich die allmähligen Uebergänge
deutlich gesehen habe. Am vierten Tage nämlich verschliefst sich der vordere
Gefäfsbogen, und die Kopfschlagader wird jetzt nur aus der Wurzel der Aorta durch
die hintern Bogen mit Blut versorgt. Von der Kopfschlagader wird also nur der
obere Theil unmittelbar aus dem ersten Bogen, und zwar aus seiner Umbeugung
in die Wurzel der Aorta, gegen den Kopf hervorgetrieben. Der Stamm der Kopf-
schlagader ist aber der
Anfang der Aortenwurzel selbst.

Während der arterielle Theil des Herzens eine dicke Wandung erhält, bleibt p, Ven-ä.
der venöse Theil dünnwandig und ist eine wahre Vene, die wir nur wegen der ^SS des
Pulsation und weil sie früher gegen die jetzige Herzkammer gar nicht abgegrenzt
war, zum Herzen gerechnet haben. Die Zipfel des Herzens haben wir schon als

H

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die eintretenden Venenstämme erkannt. Der gemeinschaftliche, aus beiden ent-
stehende gröfsere Venenstamm wird die künftige Vorkammer. Indem nämlich
das venöse Ende des Herzens sich nach links und vorn zieht, wird dieser Stamm
länger ausgezogen. Ungefähr nach dem ersten Viertheil des dritten Tages be-
kommt er an seinem vordem Ende zwei, jetzt noch überaus kleine seitliche Erwei-
terungen. Es sind die beiden Vorkammern, oder vielmehr die beiden Ohren der-
selben. Da hier eine Umbeugung von links nach rechts ist, so liegt der Anfang
des linken Herzohres bedeutend mehr nach vorn, als der Anfang des rechten, ein
Lagenverhältnifs, das bis zum Ende des dritten Tages, wo beide sehr merklich
zugenommen haben, ja schon gekerbt sind, immer wächst. Die herausgewach-
senen Seitentaschen, wie man sie nennen kann, sind fast gleich anfangs dickwan-
diger, als die durchgehende Vene. Nie habe ich eine von den Anhängen allein
gesehen, so klein sie auch waren, und ich habe sie schon von YTo Linie, viel-
leicht von noch kleinerer Basis, bemerkt.
Es entstehen also beide Herzohren zu-
gleich. Man kann aber von dem Herzen in dieser Periode mit gleichem Rechte
sagen, dafs es zwei Vorkammern habe, denn der Anfang beider Vorkammern ist
da, und dafs es nur Eine Vorkammer besitze, denn die mittlere Höhle ist durch-
aus ungetheilt;
am richtigsten aber drückt man sich aus, wenn man ihm zwei
Herzohren und Einen Venensack zuschreibt, obgleich das zwischen ihnen liegende
vordere Ende der Vene noch so wenig ausgedehnt ist, dafs es kaum den Namen
eines Sackes verdient. Es hat aber physiologisch die Bedeutung desselben,
der\' Lehe"8 Indem das venöse Ende des Herzens sich zurückzieht, zieht es sich zugleich

und Tren- nach oben gegen die Wirbelsäule. Die Folge davon ist, dafs der gcmeinschaft-
Körpervenen liehe Venenstamm sich gegen den ^ordern Eingang des Speisekanals hineindrückt
Pf" t^der (man erinnere sich, dafs die Zusammenmündung der Venen im Anfange des drit-
ten Tages den unternRand dieses Einganges bezeichnet). Die Vene wird also oben
von dem Speisekanal mit zwei Schenkeln umfafst. Diese Schenkel sind um die
Mitte des dritten Tages hohle Pyramiden, mit breiter in den Speisekanal über-
gehender Basis, und die ersten Anfänge der Leber. Kaum haben sie nämlich die
Vene umklammert, so verlängern sie sich auch in den die Vene zunächst enthal-
tenden Theil des Gefäfsblattes, welches den vordem Eingang in den Speisekanal
von unten umgiebt, und verzweigen sich dabei, einen Ueberzug der Gefäfshaut
immer vor sich her treibend. Da nun zugleich der schon geschlossene Theil des
Speisekanals sich immer mehr nach hinten verlängert und sich verenget, so ragen
beide hohle Kegel mit den
hervorgetriebenen Enden hervor, während die Basis
natürlich mit der innern Wand des Speisekanals in Verbindung bleibt. Die her-
vorgetriebenen Theile erscheinen nun blattförmig und umschliefsen eng die Vene.

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Ia diesen Blättern verzweigen sich die Spitzen der hervorgetretenen Kegel, wäh-
rend die Basis sich immer mehr verengt und die Gestalt eines Cylinders annimmt.
Die Verzweigung zeigte das Microscop durch eine verästelte dunkle Figur im In-
nern jedes Blattes an. Die Form der Leber ist hiernach am Ende des Tages fol-
gende. Sie besteht aus zwei kleinen blattförmigen Hälften, den beiden Leber-
lappen , welche fast senkrecht auf dem Speisekanal stehen, und aus der Fläche
des Gefäfsblattes hervorragen, den Venenstamm umschliefsend, der noch unge-
theilt zwischen ihnen hindurchgeht. Diese Durchgangsstelle ist aber doch als die
künftige Verästelung der Pfortader bezeichnet. Nachdem diese Stelle im Venen-
stamme durch Entwicklung der Leber fixirt ist, zieht sich der Venenstamm über
denselben bis zum Eintritte in das Herz etwas mehr aus, und die Körpervenen,
die in der 2ten Hälfte des dritten Tages
sich bilden, münden in den Raum zwi-
schen Leber und Herz ein. Wir haben also jetzt einen continuirlichen Venen-
stamm, der bis zur Leber Pfortader ist, von da an Stamm der Körpervenen und
endlich gemeinschaftlicher Venensack der Vorkammern.

Die Entwicklung der Leber führt uns zur nähern Betrachtung der Gefäfs- r. Fernere
schicht auf dem Speisekanale und des Speisekanals selbst. Wir müssen nämlich des^Spd«-
einen Faden, den wir früher fallen liefsen (§. 5. d.e.), wiederaufnehmen. Es kanals-
wurde die Umbildung des Gefäfs - und Schleimblattes der Keimhaut in den Speise-
kanal dargestellt. Wir erinnern kurz, dafs durch eine von allen Seiten wirkende
Abschnürung das Gefäfsblatt sich zu zwei Gekrösblättern, die sich über dem
Schleimblatte zu einer Naht verbinden, dann aber gemeinschaftlich mit dem
Schleimblatte sich zu einem R.ohre schliefsen. Am Ende des dritten Tages ist auf
diese Weise der grofste Theil des Speisekanals zu einem Rohre gebildet, ungefähr
ein Drittheil in der Mitte ist noch offen, aber doch schon ein deutlicher Halbkanal.
Der ganze Speisekanal besteht also aus zwei Schichten oder in einander steckenden
Röhren (Halbröhren im mittlem Theile). Die innere Röhre ist aus dem Schleim-
blatte gebildet und wird zur Schleimhaut des künftigen Darmes. Sie ist körnig
und dunkler als
die andere Schicht. Die äufsere Röhre nämlich, aus dem Gefäfs-
blatte gebildet, ist heller, durchsichtiger, glatter, und erleidet eine eigenthüm-
liche Metamorphose. So wie sich der Speisekanal zu einem umschlossenen Rohre
bildet, schwillt in ihm die Gefäfsschicht, die im Keimblatte ganz dünn war, auf.
Man kann von diesem Aufschwellen
am besten ein Bild geben, wenn man sagt,
sie nähme an Umfang zu, wie ein aufgehender Teig, oder wenn man sich ein
Stück Gummi denkt, das mit Wasser
befeuchtet aufschwillt, durchsichtiger und
weicher wird, ohne zu zerfliefsen. Eben so wird diese äufsere Lage des Speise-
kanals bis zum 5ten Tage immer dicker und durchsichtiger, so dafs am 4ten und

H 2

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5ten Tage die innere Röhre des Speisekanals von einer viel dickern durchsichtigen
Scheide
umschlossen ist.

Die Weite der innern Röhre des Speisekanals nimmt dagegen, bis zum
4ten Tage wenigstens, ab. Wir erinnern, wie weit die erste vordere Einstül-
pung am ersten und zweiten Tage war. Dasselbe gilt für die auf den Anfang des
dritten Tages fallende Entstehung des hintern Theiles vom Speisekanal. Beide
Enden nehmen während des dritten Tages, indem sie sich verlängern, an Weite
ab. Nach W o 1 ff und Pander sollte man glauben, dafs jeder Theil des Speise-
kanals schon in der Bildung seine Individualität annähme, indem sie die einzelnen
Zeitmomente angeben, in welchen sich durch Einstülpung die einzelnen Ab-
schnitte des Speisekanals: Speiseröhre, Magen, Zwölffingerdarm u. s. w. formen.
Ich
kann dieser Darstellung nicht beistimmen, sondern finde, dafs der Darm sich
nach denselben Gesetzen bildet, wie das Herz, so dafs er zuerst in seiner allge-
meinen Individualität sich von dem übrigen Leibe sondert, so lange aber in sich
gleichmäfsig ist, und später erst die Differenz in seinen einzelnen Theilen auftritt.
Freilich braucht nicht schon der ganze Speisekanal gebildet zu seyn, bevor die
einzelnen Theile sich abgrenzen. Die Theile aber, die eben in der Bildung be-
griffen sind, die Eingänge nämlich, sind nicht Theile der Speiseröhre, des Ma-
gens und Zwölffingerdarms oder Mastdarms, wie z. B. Wolff von der Mitte des
dritten Tages ganz genau angiebt, welche Theile der Wand des Magens gebildet
sind, und welche nicht. Man kann nämlich, mit eben so viel Recht als Wo lff,
das Umgekehrte behaupten, und die ganze Oeffnung des Darmes, den Raum näm-
lich zwischen beiden Eingängen, für identisch mit dem spätem Dottergange halten,
der nichts ist, als die Verengerung dieser Oeffnung; wonach im vordem Theile
des Speisekanals schon am zweiten Tage Rachenliöhle, Speiseröhre, Magen und
Dünndarm enthalten wäre. — Ich finde, dafs immer in einiger Entfernung von
den Eingängen, also in den schon früher gebildeten Theilen des Speisekanals, die
Individualität der einzelnen Abschnitte auftritt. So sähe ich in der ersten Hälfte
des dritten Tages in der obern Hälfte des Speisekanals die Rachenhöhle abgegrenzt.
Sie ist verhältnifsmäfsig sehr grofs, besonders aber weit, und verengt sich nach
unten. Auf sie folgt ein enger Theil, der ganz kurz ist, und dann ein weiterer,
der in die Oeffnung übergeht, und also in der Bildung begriffen ist; dieser wei-
tere Theil ist aber nicht der Magen, denn aus ihm treten die Verlängerungen her-
vor, welche zu Lebergängen werden, der zukünftige Magen ist also entweder mit
der Speiseröhre im engen Theile oder mit dem Zwölffingerdarm im weitern Theile
enthalten. Beide Abschnitte sind aber nicht einmal gegen einander abgegrenzt,
sondern gehen ganz allmählig in einander über, und der Unterschied der Weite

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beruht nur darauf, dafs immer der Eingang weiter ist, als der früher gebildete,
nachher in der Verengung begriffene Theil. Am Ende des dritten Tages ist auch
der Theil verengt, aus dem die Lebergänge kommen, da der Eingang nun weiter
nach hinten liegt, und man sieht von der Rachenhöhle einen engen Kanal bis in
die Nähe des Eingangs verlaufen, der in der Mitte kaum merklich aufzuschwellen
anfängt, um die Gegend des Magens abzugrenzen, eine Abgrenzung, die aber erst
am vierten Tage deutlich ward. Dasselbe gilt vom hintern Theile des Speisekanals,
w ie weit der Mastdarm reicht, ist in dem gleichmäfsigen Kanale erst dann anzu-
geben, wenn die Blinddärme hervorbrechen, was frühestens am Ende des dritten
Tages erfolgt, und zwar nicht am Eingange, sondern in dem schon umschlosse-
nen Theile, wo innerhalb der gleichmäfsigen Röhre erst dadurch ein Grenzpunkt
gegeben wird.

Aus der aufgeschwollenen Gefafsschicht des Speisekanals entwickeln sich
im Verlaufe des dritten Tages die Lungen, die Leber, das Pankreas, die Blind-
därme und der Harnsack. Alle diese Theile treten hervor, indem die Schleim-
haut des Speisekanals aus der gleichmäfsigen Röhre sich in die Gefafsschicht hin-
einstülpt, und zwar alle aus dem umschlossenen Ende des Speisekanals, keine
aus dem offenen Theile. Die Verschiedenheit derselben beruht nur auf geringen
Modifikationen der Entwickelungsweise, im Wesentlichen bleibt sie jedoch für
alle gleich.

Schon nach der Mitte des dritten Tages sieht man in der Gefafsschicht, j. Entwicke-
weiche den Speisekanal hinter der Rachenhöhle, die, wie ich bemerkt habe, Lungen!
schon ihre Selbstständigkeit hat und auffallend grofs und auf jeder Seite von vier
Spalten durchbohrt ist, stark aufgeschwollen. Die Aufschwellung reicht bis an
den vordem Eingang. Ungefähr in der Mitte sieht man zwei Höckerchen von
noch nicht \\ Linie Höhe. Nach vorn und unten verlaufen diese Höckerchen ganz
allmählig in die übrige Gefafsschicht ohne Grenze. Ihr hinterer Rand ist aber et-
was aufgeworfen, und man sieht den aufgeworfenen Rand etwas nach oben ver-
laufen , wo die Höckerchen auch ein wenig vorragen. Die Masse der Höckerchen
ist völlig übereinstimmend, und auf keine Weise abgegrenzt von der Gefäfsschicht
des Speisekanals. Jedes Höckerchen enthält eine kurze, kegelförmige Höhle,
welche in den Speisekanal mündet. Die Höcker aber werden zu den Lungen,
und die innern Kanäle sind die Luftröhrenäste, welche auf entgegengesetzten Sei-
ten aus dem Speisekanal treten. Der Stamm der Luftröhre fehlt. Ob schon am
Ende des dritten Tages beide Luftröhrenäste zusammentreten, weifs ich noch nicht.
Am vierten ist kein Zweifel mehr darüber.

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t. Entwicke- Von der Entwickelung der Leber wurde bei Gelegenheit des Gefäfssystems

ber8und des gesprochen. Das Pankreas entwickelt sich fast auf dieselbe Weise und fast um
Pankreas, dieselbe Zeit. Kaum haben die kegelförmigen Verlängerungen, welche die zu-
künftigen Lebergänge werden, angefangen eine cylindrisehe Gestalt anzunehmen,
so tritt zwischen ihnen eine Ausstülpung hervor, die aber langsam sich vergrö-
fsert, so dafs sie am Ende des 3ten Tages noch kaum bis in die Mitte der Dicke
der Gefäfsschicht reicht und äufserlich durchaus keine Vorragung bildet. Die
körnige innere Fläche deutet jedoch an der Spitze schon einige Verzweigungen an,
die freilich mehr das Ansehen von Schleimgrübchen haben.

Blind- Die Blinddärme zeigen sich erst mit dem Ende des dritten Tages, oft erst

därme, am Anfange des vierten, als zwei senkrecht auf dem Speisekanal aufsitzende seit-
liche Ausstülpungen. Sie sind gleich anfangs von beträchtlicher Weite und bilden
äufserlich zwei stumpfe Höcker auf dem Darme durch kegelförmiges Heraustreten
des Schleimblattes gegen das Gefäfsblatt, dann scheinen sie fast still zu stehen in
der Entwickelung, so dafs es in der Weiterbildung gar keinen Unterschied macht,
wenn sie auch erst am 4ten Tage ihre Entwickelung beginnen. Später wachsen
sie zwar wieder rasch, allein eine Verzweigung bildet sich erst ganz spät und
bleibt in der Form von Schleimgruben stehen.

Harnsack, Aus dem hintern Ende des Speisekanals erhebt sich ferner bald nach der

Bildung desselben, schon etwas vor der Mitte des dritten Tages, eine kleine blasen-
förmige Hervorstülpung, die einzige von allen, die sich nie verzweigt, sondern
immer die Blasenform beibehält. Es ist der
Harnsacl (Allantois), beim Vogel ge-
wöhnlich Chorion genannt. Er gleicht beim ersten Austritte aus dem Darmende
einem stumpfen Kegel; die Basis verschnürt sich aber bald, und die Spitze wird
halbkugelig. Er wächst bis zum Ende des dritten Tages nur sehr langsam, kaum
über dieGröfse eines Nadelkopfes, und von unten angesehen erhebt er die Schwanz-
kappe ganz unmerklich. Nicht nur aus der Entstehungsweise an diesem Tage,
sondern aus der Beschaffenheit des Harnsackes selbst bis zum sechsten Tage, ist es
überaus leicht zu erkennen, dafs er aus zwei Blättern, einem innern Schleimblatte
und einem äufsern Gefäfsblatte, besteht.

Verglei- Vergleichen wir nun diese Her vorstülpungen in ihrem ausgebildeten Zu-

Glmnfrstifier stände, so finden wir, dafs in den vordersten, also in den Lungen, die Verästelung
p.ingert aus am weitesten sich ausbildet, nächst diesen iii der Leber, weniger im Pankreas,
kanaiepeise" nur angedeutet
ist sie in den Blinddärmen, und sie fehlt ganz im Harnsacke. Der
Grad der Verästelung nimmt also von vorn nach hinten ab, allein dieselbe Reihen-
folge ist nicht in der Zeit der Verästelung; denn die Leber verästelt sich
am frü-
hesten und ansehnlichsten, nächst dieser
das Pankreas. Die Lunge erhält wäh-

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read der ganzen zweiten Periode keine Verästelung. Auf das schnellere Auftreten
der Verästelung wirkt also wohl die Beziehung, die jedes Organ zunächst zu dein
frühern Verhältnisse des Fötus hat.

Viel schwieriger, als bei allen denjenigen Organen, die durch ein Hervor- ^^ ^Y^^f
treiben der Schleimhaut gegen die Gefäfsschicht des Speisekanals sich bilden, ist
die Entstehungsweise des Harn - und Geschlechts-Apparats in allen einzelnen
Momenten zu verfolgen. Wir müssen, um ihren Ursprung zu erkennen, zu der
Spaltung des Keimblattes zurückkehren (§. 5.
d.) und erinnern, dafs ein Streifen
der untern Lage sich senkrecht stellt als Gekrösplatte, dafs ferner die untern
Winkel beider Gekrösplatten zur Bildung der Naht gegen einander neigen. Durch
dieses
Zusammenneigen wird der Winkel, den die Gekrösplatte oben mit der
Bauchplatte bildet, immer gröfser. In diesem Winkel nun erscheint in der
zweiten Hälfte des dritten Tages ein rundlicher Streifen oder dicker Faden, der
am Ende des dritten Tages nicht nur im Queerschnitte, sondern auch wenn man
die Kappe von unten aufschneidet, der ganzen Länge nach zu erkennen ist.
Jener runde Streifen ist der erste Anfang des von R athke so genannten IVolffi-
schen Körpers, welcher von der Herzgegend bis zum Harnsacke reicht. Er zeigt
schon auf der freien Wölbung abwechselnde Erhabenheiten und Einschnürungen.
Die Erhabenheiten sind dunkler, weil sie aus dichterer Masse bestehen. Die
Einschnürungen sind heller.

Queerdurchschnitte lassen schon am Ende des dritten Tages einen Kanal im
Innern dieses Körpers dicht an seiner Anheftung erkennen, und zuweilen sieht
man ein Blutströpfchen in dem Kanale. Damit stimmt es, dafs man in Embryo-
nen , die am Schlüsse dieses Tages schon weiter vorgerückt und blutreicher sind,
einen rothcn Streifen längs dieses Körpers durchschimmern sieht. Es scheint mir
daher, dafs jeder Wolffische Körper sich auf und aus einem Blutgefäße hervor-
bildet; obgleich es mir noch nicht gelungen ist, den Zusammenhang dieses Blut-
gefafses mit andern vollständig aufzufinden. So viel ist aber gewifs, dafs diese
Körper niemals eine vereinte Masse darstellen, die sich erst später spaltet. Viel-
mehr sind sie durch die Gekrösplatten von einander getrennt, und vor der Bil-
dung der Gekrösplatten sind nicht nur die Wolffischen Körper noch nicht da,
sondern nicht einmal der Raum, in
dem sie sich bilden, da eben dieser Raum
erst durch die Spaltung der Bauchplatte gegeben wird. (§. 5. c.)

Auf der Bauchplatte sieht man die Extremitäten in der zweiten Hälfte d r. Anlage
dieses Tages als schmale Leistchen entstehen. täten.

Die Rückenplatten haben sich wenig verändert, ausgenommen dafs sie ».■ Rücken-
dicker geworden sind. Die Wirbelanlagen in ihnen steigen seitlich bis über die Plattea*

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Rückensaite herab. Nach oben erreichen sie sich aber nicht. Die Wirbel-
rudimente gehen bis zur Schwanzspitze und vorn bis über das Ohr, so dafs man
vor dem Ohre noch zwei Wirbel, wenn auch nicht immer im dritten, doch im
vierten Tage erkennt. Auffallend ist es, dafs die Wirbel, welche in ihrer Ent-
stehung dunkler waren, als die Zwischenräume, am dritten Tage heller werden.
Zuerst sieht man in der Mitte jeder Wirbelhälfte noch dunkle Körnermasse, dann
wird auch diese hell, und es sind die schmalen Zwischenräume dunkler, als die
Anlage der Wirbel. Dieses Hellerwerden, das sich in allen Kncchen findet,
scheint mir der eigentliche Uebergang in den Knorpelzustand, obgleich der
Knorpel jetzt noch sehr weich ist. Ob nun die Zwischenräume zwischen den
Wirbeln blofs dunkler erscheinen, weil die Wirbel heller geworden sind, oder
ob wirklich etwas Neues sich hier erzeugt hat, läfst sich wohl kaum durch Beob-
achtung entscheiden. Ich sehe wenigstens kein Mittel zur Entscheidung der
Frage, ob schon die Rückenmarksnerven da sind, oder nicht. Wenn man die
Zartheit des
Sehnerven bei seinem Auftreten, oder das enge Anliegen seiner Mark-
masse an die Umgebung betrachtet, so kann man kaum die Hoffnung hegen,
aus den dicken, wenig durchsichtigen Rückenplatten und zwischen den verhält-
nifsmäfsig festen Wirbeln die ersten Anfänge der Nerven auszuarbeiten, oder
ohne Zergliederung zu sehen. Das Erhärten im Weingeist giebt keine Hülfe, da
die ganze Masse des Embryo noch dem Eiweifse sehr ähnlich ist; so wird sie
überall weifs, und nur wo die Nervenmasse schon in bedeutender Quantität an-
gehäuft ist, zeichnet sie sich durch gröfsere Weifse aus, wie der Centraltheil des
Nervensystems.

Das Rückenmark ist noch stark seitlich zusammengedrückt, die beiden
Blätter sind viel dicker geworden und füllen den Kanal fast ganz aus. Sie reifsen
sehr leicht von einander, hängen jedoch in der obern und untern Flache durch
ein sehr zartes Blättchen zusammen. Dieses Blättchen scheint aber fast keine
Nervenmasse mehr zu enthalten, sondern eine einfache Membran zu seyn. Jede
Seitenhälfte des Rückenmarkes ist durch eine mittlere helle Furche in einen obern
und einen untern Strang getheilt.

Im verlängerten Marke treten beide Nervenblätter nach oben weit aus
einander,
um die vierte Hirnhöhle zu bilden, die aber noch von einer Lamelle
bedeckt ist. Jedes
Rückenmarksblatt bildet mehrere kurze Faltungen, und im
vordem Rande der hintersten
Hirnzelle treten beide Blätter wieder zusammen,
um die Vierhügel
zu bilden. Das übrige Hirn bildet eine grofse Blase, die in
mehrere Zellen getheilt ist, eine für die Vierhügel, eine
vor denselben, und zwei
für die Hemisphären. In diesem ganzen Umfange schien mir das Hirn nach oben

ge-

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geschlossen. Die Hirnmasse ist noch ganz dünne, ein in Zellen getheiltes Blatt.
Kaum ist der untere Rand des Blattes als zukünftiger Hirnsehenkel etwas dicker.
Zwischen beiden verdickten Rändern ist eine in der Mitte gerade durchlaufende
Verdünnung. Einen Sehhügel oder andere Hirnganglien kann ich nicht unter-
scheiden. Der Trichter, der am zweiten Tage blofs nach unten gerichtet war,
richtet sich, im Verfolge des stärkern Zusammenkrümmens des Vorderendes vom
Embryo und des Zusammenrückens aller Hirntheile, immer mehr nach hinten
und ist verhältnifsmäfsig noch sehr weit. Die Hemisphären sind klein. Zwi-
schen der vordersten doppelten Hirnzelle (den Hemisphären) und der darauf fol-
genden einfachen nach hinten zu, war von der innern Fläche aus der Austritt des
Sehnerven sehr deutlich als eine Oeffnung zu erkennen. Der Sehnerve selbst, noch bb- A"ge.
sehr deutlich hohl, läuft zuerst nach hinten (im Verhältnifs zum ganzen Embryo),
das heifst also nach der Schädelbasis und dann nach aufsen, und entwickelt sich
bald in eine Blase, die eine Eiweifskugel einschliefst. Die Wand jener Blase
oder die Netzhaut war deutlich erkennbar, auch liefs sich die Linse an der Ober-
fläche jener Eiweifskugel vollkommen unterscheiden.

An der Unterfläche jeder Hemisphäre des grofsen Hirns erscheint im Ver- cc" Riech
laufe des dritten Tages eine kleine runde helle Fläche, umgeben von einem
dunklen Kreise. Es ist der gegen die Basis des Schädels hervortretende Riech-
nerve, der hohl ist, und dessen cylindrische Wandung von unten gesehen als
ein Kreis erscheint. Diese Stelle hat auffallende Aehnlichkeit mit dem ersten
Auftreten des Auges und des Ohres. Aeufserlich bemerkt man aber an der untern
Fläche des Schädels noch keine Veränderung.

Das Ohr schien, aufser dafs es mit der Umgebung nach vorn gerückt war, dd- °hr-
seit dem vorigen Tage sich nicht verändert zu haben.

Während des dritten Tages nimmt das Eiweifs sehr merklich ab. Die Di~;ibr,\'

gen Theil

Keimhaut hat sich bis über die Hälfte der Dotterkugel ausgebreitet. Die Hallonen des Eies,
sind ganz geschwunden und unter dem Embryo liegt eine gleichmäßige Flüssigkeit
zwischen ihm und der eigentlichen Dottermasse. An dieser wird die Zunahme
des Umfanges bemerklich. Die Dotterhaut wird über dem Embryo dünner.

§. 6.

Vierter Tag.

Am vierten Tase geht die Abschnürung des Fötus bedeutend weiter, a\\ Vorb«-

i p • • m n merkung.

immer aber bleibt noch ein Theil des Darmes rmnenformig otten. Die Ein-
hüllung des Embryo durch das wahre Amnion wird im Anfange dieses Tages
vollendet, wenn sie nicht schon am Schlüsse des vorigen erfolgt war«

I

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b. Einhüi- Der Vorgang der Einhüllung ist sehr einfach. Von allen Seiten rückt der
dasSAmnion! innere Rand der elliptischen Amnionsfalte gegen die Mitte zusammen, bis die

Oeffnung sich mit einer weifsen Narbe über dem Lendentheile des Rückens
schliefst. Am Ende dieses Tages ist oft auch die Narbe nicht mehr kenntlich.
Da zugleich die Spaltung der Blätter in der allgemeinen Kappe bis zum Umfange
derselben fortgegangen ist, so steht das abgelöste seröse Blatt jetzt nur mit der
Amnionsfalte in Verbindung, und wir haben daher nun plötzlich ein geschlossenes
Amnion (Fig VII und VIII. und Fig. 7"), entstanden aus der Amnionsfalte (t
us), dem serösen Blatte der Kappe (Fig. VII. r p, q s und Fig. 7.) und über-
gehend in die untere Wand des Embryo, so viel davon schon durch das seröse
Blatt gebildet ist
(ßp\\ qb) (§. 5. h.)

c. Panders j}a t|as Amuion aber aus einer Falte gebildet ist, so folgt daraus, dafs

jtä i®C116S. - 9

Amnion. über dem geschlossenen Amnion noch ein Blatt liegt, welches an die Stelle der
Naht angeheftet, im übrigen Umfange aber frei ist. Es ist das obere Blatt der
Amnionsfalte
(r t u s~). Dieses Blatt hat Pander das falsche Amnion genannt.

\'L ., Ab- Was die Abschnürung anlangt, so finden wir, dafs der kreisförmige Um-

schnüruner ö

des Embryo, wurf, welcher durch die Kopfscheide, die Schwanzscheide und die Seitenscheiden
dimg. 1 gebildet wird, sich von allen Seiten gegen die Mitte zusammenzieht. Die Com-
muiiication zwischen dem Embryo und dem Eie erscheint nun schon als blofse
Oeffnung, die mit dem Worte
Nabel bezeichnet wird. Es mufs einleuchten, dafs
dieser Nabel kein neuer Theil ist, sondern die Stelle, wo der Embryo in die
übrigen Eitheile übergeht, die nur durch Verschnürung die jetzige Form erhalten
hat. Vergleichen wir nämlich unsere Abbildungen VII. VI. bis zu I. und die
Queerdurchschnitte in derselben Reihenfolge rückwärts, so finden wir, dafs eben
dieser Nabel früher die weite Oeffnung des Leibes, noch früher der ganze Um-
fang des offenen Leibes und endlich am ersten Tage noch ganz unbegrenzt war,
da der Embryo selbst keine Grenze halte. Da der Nabel der Uebergang vom
Embryo in das Ei ist, so müssen in ihm sich sämmtliche Blätter der Keimhaut
wiederfinden, und wir wollen diese einzelnen Blätter unterscheiden, da ihre fer-
nere Geschichte nicht dieselbe bleibt. Am meisten nach aufsen ist eine Scheide
vom serösen Blatte
(p q). Sie geht nach oben in die Haut des Embryo über,
nach unten in das seröse Blatt der Kappe. Da aber das seröse Blatt der Kappe in
diesem Tage zum Amnion wird, so geht diese Scheide also ins Amnion über.
Man könnte sie den Amnionsnabel, noch besser den
Hautnabel oder Bauchnabel,
nennen; denn der sonst wohl gebrauchte Name Nabelscheide ist in so fern nicht
recht passend, als diese Scheide für die Leibeshöhle selbst den Nabel bildet. In
ihr ist
eine zweite Röhre, welche wieder aus zwei Röhren besteht, die aber

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immer vereinigt bleiben, und dalier nur einen gemeinschaftlichen Kanal bilden.
Im Innern dieses Kanals ist nämlich ein Uebergang des Schleimblattes aus dem
Schleimblatte der Dotterkugel in die innere Fläche des Darmes. Nach aufsen
ist ein übereinstimmender Uebergang aus dem Gefäfsblatte in die Gefäfsschicht
des Darmes. Und dieser Kanal ist überhaupt ein blofser
Darmnabel, der im
Hautnabel liegt. Seine Höhlung führt aus dem Räume, den der Dotter einnimmt,
in die Höhlung des Speisekanals, und zwar durch den vordem und den hintern
Eingang in die schon gebildeten Enden des Speisekanals, unmittelbar aber gegen
die Darmrinne. Es ist nur uoch ein kleiner Theil des Darmes rinnenförmig.
Immer ist diese Darmrinne schon von beiden Seiten gewölbt und nur nach unten
offen. Die Höhlung des Hautnabels führt in die Bauchhöhle, welche in der
zweiten Hälfte des vierten Tages eine ansehnliche Weite hat.

Wir wollen nun der Entstehung der Bauchhöhle nachgehen, welche plötz-
lich aufgetreten zu seyn scheint, da ein ansehnlicher freier Raum im Embryo sich
findet, welcher Speisekanal, Leber, die Wolffischen Körper und den Harnsack
umschliefst. Das Gekröse hängt tief herab bis zu dem Theile des Darmes, der
noch rinnenförmig ist, und theilt dadurch die Bauchhöhle fast in zwei Hälften.
Das giebt uns Licht über die Entstehung der Bauchhöhle. Diese ist aber nichts
anderes, als die Vereinigung der beiden Lücken, welche am dritten Tage in den
Bauchplatten sich bildeten, wie aus der Ansicht der Fig. 5, 6 und 7. deutlich
werden niufs. Ginge um jene Zeit das Gefäfsblatt (das zukünftige Gekröse) nicht
in einer langen Strecke in das Keimblatt über, so würde schon am dritten Tage
die Bauchhöhle die gewöhnlichen Verhältnisse haben. Doch überblicken wir ihre
Bildung vom Anfange bis zum Ende des vierten Tages! In den beiden ersten
Tagen hat der Embryo gar keine Bauchhöhle, also auch keine offene. Man kann
zwar dem Embryo in der ersten Periode einen offenen Bauch zuschreiben, in so
fern die zukünftigen Bauchwände noch in der Ebene des Keimblattes liegen, aber
keine offene Bauchhöhle. Offen ist dagegen seine Darmhöhle, d. h. sein
Speise-
kanal. Am Ende des zweiten Tages beginnt nun jene Spaltung (§. 2. und so
lange die Spaltung im Bereiche jeder Bauch platte bleibt, sind zwei Bauchhöhlen
da, als schmale Spalten (Fig. 5.). Im Verlaufe des dritten Tages nehmen beide
Höhlungen an Weite zu, bleiben aber immer getrennt, bis auf ganz enge Com-
municationen, die vorn im umschlossenen Theile des Embryo, vor und neben
dem
Herzen sich finden müssen (§. 5. c.). Die Trennung zwischen der obern
und untern Lage des
Keimblattes geht am Ende des dritten Tages über die äufsern
Grenzen der
Bauchplatten hinaus und trennt das seröse Blatt im Umfange der
Kopf kappe, der Schwanzkappe und der Seitenkappen, d. h. im Umfange der

I 2

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allgemeinen Kappe, wenn nicht im dritten, doch im vierten Tage (§. 5. h.). Da
zu gleicher Zeit die Abschniirung des Embryo von der übrigen Keimhaut weiter
schreitet, so erhält die gedoppelte Bauchhöhle immer mehr untere Wand und
Seitenwand. Da ferner die Spaltung von der Bauchplatte durch den Nabel in die
Kappe fortgeht, so mufs sich der Darmnabel vom Hautnabel trennen. Deshalb
stofsen beide Bauchhöhlen im Nabel zusammen. Je enger der Darmnabel wird,
um desto weniger ist die Bauchhöhle getheilt. Die Verengerung geht aber im
Darmnabel rascher vor sich, als im Hautnabel, und dieser Unterschied wird noch
vergröfsert durch das Durchdrängen des Harnsackes, wovon weiter unten. Am
Ende des vierten Tages erkennt man schon kaum mehr, dafs der Darmnabel
früher die Bauchhöhle getheilt hatte, besonders da der Nabel jetzt ziemlich weit
unter den untern Rand der Bauchplatten gerückt ist, oder mit andern Worten,
da die Bauchhöhle nur oben von den Bauchplatten, nach unten aber von einer
Verlängerung des serösen Blattes gebildet wird. Es ist aber diese Verlängerung
des serösen Blattes nicht mehr blofse Oberhaut, sondern scheint aus zwei
Schichten zu bestehen, und ist wahre Haut. Die Bauchhöhle hat also oben zu
beiden Seiten die Bauchplatten, die immer noch schmal sind; weiter nach unten
ist sie von der Haut bis auf die Nabelöffuung umschlossen. Nach hinten geht die
Bauchhöhle ursprünglich bis an die Stelle, wo das hintere Ende des Speisekanals
an die Bauchplatten stöfst. Nach vorn scheint das Verhältnifs weniger einfach,
ist im Grunde aber doch dasselbe. Die Rachenhöhle wird nämlich, wie unten
das Afterende, unmittelbar von den Bauchplalten umfafst. Bis hierher hat sich
also die Trennung der Bauchplatten nicht erstreckt. Es ist nur der Unterschied,
dafs die Rachenhöhle weit länger ist. Ihre Grenze ist noch immer durch die
hintersten Kiemen- (Arterien-) bogen bezeichnet, welche am vierten Tage der nun
hinzugetretene fünfte Bogen ist. Die Kiemenspalten gehen also durch die Wand
der Rachenhöhle hindurch, ohne auf einen Raum zu stofsen, der das Verhältnifs
der Bauchhöhle hätte. Hinter ihnen spitzt sich die Rachenhöhle zu, um in den
übrigen Speisekanal überzugehen, der viel enger ist, und hier
hat man gleich eine
umgebende Höhle, welche das Herz umfafst und sich in die
Bauchhöhle fortsetzt.
Erinnern wir uns nun, dafs schon sehr früh in der Kopf kappe die erste Spaltung
der Blätter eintritt, so sehen wir leicht ein, dafs mit diesem Momente eigentlich
die Bildung der Bauchhöhle begann. Daraus folgt, dafs die Bauchhöhle im An-
fange gewissermalsen aufserhalb des Embryo lag und zuerst nur das Herz enthielt;
dafs diese Bauchhöhle sich dann durch Spaltung in die Bauchplatten nach hinten
in zwei Schenkel fortsetzte; dafs dann beide Schenkel hinten zusammenliefen,
sobald der Harnsack nicht mehr von den Blättern der Schwanzkappe eng um-

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schlössen war, und nun endlich die Bauchhöhle die Darmhöhle umschliefst, mit
Ausnahme des Darmnaheis, in welchem die Darmhöhle die Bauchhöhle durch-
bohrt. Nach aufsen communicirt die Bauchhöhle mit dem Räume des Eies, der
zwischen dem Amnion und der tiefern Lage der Kappe liegt und mit dem Räume
zwischen Amnion und dem obern Blatte der Amnionsfalte, oder dem serösen
Ueberzuge.

Die Betrachtung der Bauchhöhle führt uns nothwendig zu der Bestimmung ƒ. Aligemei-
anderer Regionen des Embryo. Hinten ist die Wirbelsäule über die Bauchhöhle lies Embryo,
und etwas über die Darmhöhle hinaus gewachsen, und letztere haben sich zurück-
gezogen. Wir haben also jetzt erst einen wahren Schwanz. Der Rumpf wird
durch die beiden Paare der Extremitäten bezeichnet. Die Bauchhöhle geht aber
viel weiter nach vorn in den Hals. Es scheint mir nämlich unbedenklich, dafs
der Tlieil des Leibes, der vor der vordem Extremität liegt, der Hals ist, denn
die Bauchplatten in diesem Theile, werden zu den Wänden des Halses, sobald ,
sich das Herz zurückgezogen hat. Jetzt aber liegt nicht nur das ganze Herz, son-
dern selbst die Leber im Halse.

Während des vierten Tages wendet sich zuerst das Schwanzende stark ge-
gen den Kopf und legt sich auf die linke Seite. Nur der eigentliche Rumpf zwi-
schen beiden Extremitäten ist gerade. Der Hals ist sehr stark gekrümmt, so da Ts
die Stirn gegen die zuküuftige Brust gekehrt ist und der Ueb ergang des Rücken-
marks in das
verlängerte Mark die vorderste Region des ganzen Thierchens ein-
nimmt. Die Rückenseite des Halses ist also viel länger als die Bauchseite. Der
Kopf hat sich viel mehr zusammengeschoben, und die Zelle für die Vierhügel ist
die gröfste Hirnzelle. An Länge betragen Kopf und Hals zusammen ungefähr so
viel als der Rumpf. An Masse kommt aber der Kopf allein dem Rumpfe gleich.

Wenden wir uns nun an die einzelnen Theile des Embryo, und zwar zu- f;n^eise"
erst an die Theile in der Bauchhöhle. Der Speisekanal ist noch fast gerade. Nur
der mittlere noch nicht umschlossene Theil, oder die Darmrinne, liegt tiefer, in-
dem sich hier das Gekröse verlängert hat. Der vordere Eingang in den Speise-
kanal ist enger, als in der ersten Hälfte des dritten Tages. Im vordem Theile des
Speisekanals ist nicht nur die Rachenhöhle begrenzt, sondern hinter ihf1 folgt noch
eine verengte, aber sehr kurze Röhre, die Speiseröhre. Hinter dieser findet sich
eine längliche Erweiterung, der Magen, der aber noch ganz in der der Längen-
achse des gemeinsamen Kanals ist und nur ein etwas erweiterter Theil desselben.
Seine stärkste Wölbung ist nach dem Rücken, zuweilen sogar etwas nach rechts
gekehrt. Hinter diesem der Zwölffingerdarm, der allmählig sich erweiternd in
den vordem Eingang ausläuft. Die Darmrinne ist am Ende dieses Tages nur noch

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| Linie lang. Im hintern Theile der Speiseröhre ist der weite Darm, dessen
Grenze die Blinddärme bezeichnen, im Uebrigen vom hintern Theile des engen
Darmes, der in den hintern Eingang übergeht, nicht verschieden. Mundöffnung
weit. Einen After habe ich am vierten Tage noch nicht entdecken können.

h. Lunge. Die Gefäfsschicht hat sich in dem schon gebildeten Theile des Speisekanals

noch mehr aufgelockert, und gleicht einer halb durchsichtigen Gallert. Die Lun-
gen heben sich nach unten mehr aus dieser Schicht hervor, hängen aber doch noch
durch ein von ihrem Abtrennen aufgehobenes Blatt mit dem Speisekanale zusam-
men. Die Röhre in jedem Lungenflügel hat sich nach hinten in ein kleines Säck-
chen blasenföraiig erweitert und nach vorn sehr verlängert, so dafs beide Bron-
chien in einem sehr spitzen Winkel zusammenstofsen. Dann folgt ein kurzer ge-
meinschaftlicher Kanal, der am Ende dieses Tages oft erst § Linie lang ist, die
Luftröhre nämlich, die mit der Speiseröhre hinter der Rachenhöhle zusammen-
mündet.

». Leber. Die Leber ist in zwei flache Körper ausgebildet, die wie Platten die Pfort-

ader umfassen. In diese Platten haben sich beide Lebergänge weiter verzweigt.
Die innere Fläche der Lebergänge ist körnig, wie die innere Fläche des Darmes.
Beide Lebergänge haben sich nicht nur in die Leberlappen verlängert, sondern
auch mehr aus dem Darme herausgezogen, so dafs sie meistens schon an der Basis
zusammenstofsen, am Ende des Tages aber schon einen gemeinschaftlichen Kanal
zu bilden pflegen. Zwischen die Lebergänge haben sich Verlängerungen der
Vene hineingezogen.

k Pankreas. Das Pankreas ist nocllL nicht oder nur sehr wenig aus der Ebene der Ge-

fäfsschicht hervorgebrochen.

i. Biinddär- Die Blinddärme bilden noch kurze und stumpfe Kegel, die senkrecht auf

me" der Achse des Speisekanales stehen.

m.Harn sack. Der Harnsack, der im vorigen Tage und am Anfange dieses Tages nur we-

nig sich vergröfserte, weil er seiner Entstehung nach nothwendig zwischen das
seröse und Gefäfsblatt der Schwanzkappe eindrängt, wächst in der zweiten Hälfte
des vierten Tages sehr rasch, nachdem die Trennung beider Blätter, welche der
Harnsack zu unterstützen scheint, überall erfolgt ist. Zuerst drängte er sich zwi-
schen den genannten Blättern der Schwanzkappe, und dann, immer wachsend,
zwischen dieselben Blätter der rechten Seitenkappe hinein. Er wird dabei dünner
und durchsichtiger. Seine Basis zieht sich in einen hohlen Stiel aus. Die Spitze
nimmt eine kugelförmige Gestalt an und hat am Ende dieses Tages die Gröfse ei-
ner W icke oder Erbse. Ein schönes Gefäfsnetz, das er aus dem Leibe hervor-
hebt und das durch eine Verzweigung der Aortenäste gebildet wird, ist in seiner

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Gefäfsschicht enthalten. Die innere Schicht oder das Schleimblatt ist davon sehr
leicht unterscheidbar.

Die Lücke im Gekröse verengt sich, theils indem die Gekrösblätter sich n. Lüde im
auch nach oben an einander legen, theils indem sich in die Lücke etwas Bil-
dungsgewebe absetzt.

Die Wolffischen Körper enthalten ein der Länge nach verlaufendes Blut- Woiffi-

^ _ sehe Körper®

gefäfs. Die dunklen Queerstreifen haben sich vergröfsert und sind unbezweifelt
hohle Röhrchen, von dunkler Wandung umgeben, ungefähr so wie die Leber-
gänge in ihrer ersten Bildung; nur sind jene sehr viel enger. Sie scheinen aber
Blut zu enthalten. Wenn sie Blut enthalten, so münden sie ohne Zweifel in das
Längsgefal\'s ein.

Die beiden Hauptäste, in welche sich die Aorta schon am zweiten Tage ,y^ei£\'efHfs*
spaltete, laufen zwar an derselben Stelle, an welcher später die Wolffischen Kör-
per sich finden, allein am dritten Tage schon, und noch mehr am vierten, sieht
man die Aorta in einem ungetheilten Stamme bis in die Nähe des Harnsackes ver-
laufen, wo sie erst in zwei Aeste sich spaltet, und die Gekrösschlagader ist jetzt
ein einfacher Ast dieses gemeinschaftlichen Stammes. Es scheint also, dafs beide
Hauptäste der Aorta sich wirklich verengt haben (wohl durch Verlängerung aus
dem Mittelstamme), und man kann die Ueberzeugung nicht gewinnen, zu der sonst
der Anschein führen könnte, dafs aus diesen ursprünglichen Hauptästen die Wolf-
fischen Körper sich bilden. Auffallend aber bleibt es immer, dafs zwischen den
vordem Enden der Wolffischen Körper die Aorta viel weiter ist, als im übrigen
Verlaufe, und es wäre daher auch möglich, dafs der Stamm der Aorta sich hier
theilt und die Fortsetzung erst später zwischen den beiden frühesten Aesten sich
bildete. Die Gefafsstämme, auf denen die Wolffischen Körper sich bilden, sind
aber vielleicht noch eher Venen, welche der Aorta entsprechen, und also dieHaupt-
wurzeln der untern Hohlvene wären. Am vierten Tage ist auch eine Drosselvene,
die das Blut aus dem Kopfe zurückführt, sehr deutlich, und im untern Rande
jeder Bauchplatte ist noch eine Vene, die mit der Drosselvene jeder Seite vor dem
Eintritte in das Herz sich verbindet. Sie scheint also die Intercostalvene zu seyn.
Sie entsteht, wie schon bemerkt ist, und wie man hier deutlicher als an irgend
einer andern Stelle beobachten kann, so, dafs die
Leibesmasse in einzelnen Punk-
ten flüssig wird, die Flüssigkeit sich ansammelt, roth wird, in Form von Blut-
punkt en erscheint und erst allmählig in Rinnen verläuft. Im Leibe des Embryo
scheint, so weit die Beobachtung reicht, die Venenbildung der Arterienbildung
voranzugehen.

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Am vierten Tage sondert sich das Pfortadersystem schon sehr deutlich vom
Hohlvenensystem dadurch, dafs die Pfortader sich in die Leber verzweigt, in
verhältnifsmäfsig ungeheuer weiten und kurzen Kanälen und dadurch, dafs der
Venenstamm, in welchem sich die Pfortader freilich noch mit ihrem Stamm ver-
längert, bis zum Herzen eine sehr bemerkliche Strecke verläuft.

Vom Herzen liegt der venöse Theil noch ganz nach links. Beide Herz-
ohren vergröfsern sich ansehnlich und bekommen Einkerbungen. Sie münden in
den gemeinschaftlichen Venensack. Die Verdickung der Wand, welche anfang-
lich nur in den Herzohren herrschte, verbreitet sich am vierten Tage von ihnen
aus auch auf den zwischenliegenden Venensack, der am Ende des vierten Tages
nicht mehr die ursprüngliche Venenwand hat. Deswegen will ich von jetzt an
die beiden Herzohren mit dem Venensacke zusammen die (noch einfache) Vor-
kammer nennen. Die
Kammer spitzt sich allmählig sehr zu. Die Spitze ist an-
fangs mehr nach rechts gerichtet, rückt dann aber immer mehr nach hinten.
Ihre Wände
nehmen sehr an Dunkelheit zu, und auch der vordere Rand pflegt am
Ende dieses Tages nicht recht hell zu seyn. Zwischen Kammer und Vorkammern
wird der helle Zwischenkanal (Canalis auricularis) ansehnlicher. Der Aorten-
wulst verdickt sich mit einer Hauptwölbung nach unten und links, und scheint
erst jetzt den Namen eines eigenen Theils des Herzens zu verdienen. Die innere
Höhlung hat in der Mitte eine grofse Weite, wie schon das durchschiefsende Blut
während der Circulation zu erkennen giebt. Macht man feine Queerschnitte, so
findet man, dafs die Höhlung nicht cylindrisch ist, sondern in jedem Queer-
schnitte eine Spalte bildet, welche in der Mitte schmal, zu beiden Seiten weiter
ist. Ist das ausgeschnittene Stück aber etwas lang, so kann man nicht durch die
Spalte von einer Fläche zur andern hindurch sehen, weil die zweischneidige Höh-
lung sich etwas um ihre Achse dreht. Die Kammer sieht äufserlich noch unge-
theilt aus. Im Innern findet man aber eine stark vorspringende Falte, welche die
Höhlung in zwei Abtheilungen scheidet, die längs des freien Randes der Falte
mit
einander Communication haben. Dieselbe läuft auf der einen Seite bis an die
Basis der Aortenzwiebel, auf der andern bis in den Ohrkanal. Ob sie auch in
dem Venensacke ist, konnte ich nicht unterscheiden, denn dieser ist zu undurch-
sichtig, um ohne Zergliederung eine innere Falte in ihm zu erkennen, und zu
klein, um eine zuverlässige
Zergliederung gelingen zu lassen. Die Falte in der
Herzkammer scheint mir nur eine Vergröfserung der schon am dritten Tage deut-
lich gesehenen Falte. Sie verläuft aber jetzt auf eigenthümliche Weise schief, so
dafs durch sie ein rechtes und zugleich hinteres Fach von einem linken und vor-
dem

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dem abgegrenzt wird. Beide Fächer münden gemeinschaftlich in die Höhlung
der Aortenzwiebel ein.

Mit den Gefäfsbogen und den ihnen zugehörigen Kiemenbogen und Kie- r- Kiemen -
menspalten gehen merkwürdige Veränderungen vor.
 Geföfse ""n

Zuvörderst wird der Blutstrom in dem ersten Bogen immer schwerer zu lhnen-
erkennen, und am Ende dieses Tages sah ich ihn nie. Der Grund liegt theils in
einer Verdickung des Bogens, theils aber in wirklicher Abnahme des Blutstro-
mes. Auch der zweite Gefäfsbogen wird allmählig schwächer, ist aber am Ende
des Tages, wenn
der Embryo kein Blut verloren hat, doch noch bei gehöriger
Aufmerksamkeit kenntlich. Dagegen verstärken sich der dritte und vierte Bogen
sehr, und nehmen bei weitem die meiste Blutmasse auf. Auch bildet sich im
Verlaufe dieses Tages ein fünfter hinterster Bogen, den ich auf der linken Seite
immer schwächer fand, als auf der rechten. Am Ende dieses Tages haben wir
also wieder vier Blutströme, die aber nicht die Blutströme des dritten Tages sind.
Dafs ich mich hierin nicht geirrt habe, erweisen mir vielfältige Beobachtungen,
die im Einzelnen anzuführen hier nicht möglich ist. Während dieser Metamor-
phose am vierten Tage verdickt sich der erste Kiemenbogen sehr, und sein unte-
res Ende wird kolbig. Da er dieses Ansehn in geringem Grade schon am dritten
Tage hatte, so ist schon daran seine Identität kenntlich. Der zweite Bogen er-
hebt sich dagegen nach aufsen in ein Blatt, welches nach oben und unten in die
allgemeine Ebene des Halses ausläuft, in der Mitte aber mit elliptischem Rande
stark vorragt; der convexe Rand dieses Blattes ist zuerst fast nach aufsen, je
mehr es wächst, um desto mehr aber nach hinten gerichtet, so dafs man am Ende
des vierten Tages etwas von hinten beobachten mufs, um die ansehnliche zweite
Kiemenspalte, die er etwas überdeckt, zu erkennen*). Zwischen dem vierten
und fünften Gefäfsbogen bildet sich eine länglich-rundliche Spalte, während die
andern Spalten sich etwas vergröfsern, mit Ausnahme der vordersten, die sich
durch ein zartes Bildungsgewebe in der zweiten Hälfte des vierten Tages anfüllt,
und am Ende desselben völlig geschlossen ist, nur in der Durchsichtigkeit die ehe-
malige Trennung zu erkennen gebend. Wir haben also auch drei Kiemenspalten,
die nicht die frühern sind, indem eine neue hinzugekommen und eine frühere
verschwunden ist (§. 5. o.). Der
ganze Apparat der Kiemenbogen hat, von der
untern Fläche angesehen, eine auffallende Aehnlichkeit mit dem Kiemengelüste
der Fische, besonders wenn wir dieses im skelettirten Zustande betrachten. Alle

*) Dieses Blatt ist es, welches Rathke Kiemendeckel nennt, dessen Bedeutung es zu haben
scheint,

K

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Bogen halten sich etwas verdickt, am meisten freilich die beiden ersten, und ihre
untern Enden werden nicht blofs durch eine dünne Haut verbunden, wie am
dritten Tage, sondern sie sind zusammengerückt, und in der Mittellinie liegt
ein Streifen festeren Bildungsgewebes, ähnlich der mittlem Knochenreihe im
Kiemengerüste der Fische. Spaltet man die Rachenhöhle auf, so sieht man,
wie sie vorn breiter ist und nach hinten sich trichterförmig verengt. Im vordem
Theile ist eine etwas verdickte, aber noch wenig isolirte Stelle über den beiden
ersten Kiemenbogen. Diese verdickte Stelle zeigt nach hinten schon zwei kurze
Schenkel. Ich halte sie für die erste Anlage des Zungenbeins.

Da der stärkste Strom des Blutes durch den dritten und vierten Gefafsbogen
geht, so wird jetzt noch ein gröfserer Theil der Aortenwurzel zur Kopfschlag-
ader. An diesem Tage fand ich anfser derselben ein Gefäfs, das ich für die
Wirbelschlagader hielt. Das Blut, das auf das Hirn geführt wird, breitet sich
fast strahlenförmig in mehrere Bogen über die Hirnblasen aus, und sammelt sich in
Venen, von denen eine in Form eines Blutleiters in der Mittellinie der Vierhügel
liegt. Aus der Aorta gehen sehr deutliche Gefäfszweige in alle Wirbelzwischen-
räume ein. Im Gefäfshofe liegen Venen und Aorten mit ihren Verzweigungen
dicht neben einander.

Die Wirbelanlagen in den Rückenplatten verlängern sich nach unten gegen
die Wirbelsaite, wodurch der Stamm der Wirbelsäule mehr ausgebildet wird;
nach oben erreichen sie sich aber nicht.

Die Extremitäten verwandeln sich aus Leisten in Blätter, welche hinten
breiter und zugerundet sind, und nicht mehr auf dem Rande der Bauchplatte zu
sitzen scheinen, sondern, da diese breiter geworden sind, auch auf der Furche
zwischen den Bauch- und Rückenplatten ihre Basis haben.

Im Rückenmarke bilden sich beide Blätter mehr aus und sondern sich von
einer äufserst zarten Hülle, welche noch sehr eng an den Rückenmarksblättern
anliegt, und kaum ohne Verletzung getrennt werden kann. Ich habe daher nicht
unterscheiden können, ob die Rückenmarksblätter oben mit einander verwachsen
sind, oder nicht, doch scheinen sie blofs von der Hülle
zusammengehalten, nach
unten sind sie aber durch eine dünne Masse verbunden, die nicht zur Hülle gehört.
In jedem Blatte zeigt eine deutliche innere Furche eine Theilung in einen obern
und einen untern Strang an, von denen der untere stärker ist. Im verlängerten
Marke legen sich beide Blätter weit aus einander; die Kräuselungen, die man am
dritten Tage sah, sind zu deutlichen Queerstreifen geworden. Die vierte Hirnhöhle
ist noch von einem Blatte bedeckt, das Nervenmasse zu enthalten scheint. Nicht
nur zeigt es unter dem Microscope diese Ansicht, sondern es wird auch im Wein-

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geiste völlig weifs, wie Nervenmasse. Dieses aufliegende Blatt klebt an den
Rückenmarksblättern im ganzen Umfange der vierten Hirnhöhle eng an, läfst sich
aber ohne alle Zerreifsung glatt von ihnen ablösen, und scheint eine Verdickung
der hier schon mehr getrennten Hülle. Aus allem geht also hervor, dafs aus der
ursprünglichen kanalförmigen Anlage für den Centraltheil des Nervensystemes sich
eine Hülle von dem eigentlichen Nervenmarke trennt, dafs dieses Nervenmark
nach oben gespalten ist, was am fünften Tage noch viel deutlicher wird, und dafs
auf der vierten Hirnhöhle, wo sich die Blätter des Nervenmarkes am weitesten
aus einander geben, eine Lage von nervenähnhcher Masse aufliegt, grade wie
auf der vierten Hirnhöhle mancher Amphibien. Diese aufliegende Masse ist,
wie in den Amphibien, so auch im Hühner-Fötus, vom kleinen Hirne und ver-
längerten Marke getrennt. Das kleine Hirn ist schon deutlich da. Die Rücken-
marksblätter breiten sich nämlich, nachdem sie die vierte Hirnhöhle gebildet
haben, auf jeder Seite in ein mehr senkrecht stehendes rundliches Blättchen aus.
Beide Blättchen klaffen hinten weit aus einander, stofsen aber nach vorn zu-
sammen , und umschliefsen einen kurzen und engen Kanal, der in die Blase der
Vierhügel führt. Diese Blätter waren im Grunde schon am dritten Tage kennt-
lich, obgleich weniger bestimmt, da sie überhaupt von der äufsern Hülle noch
nicht deutlich geschieden waren. Am vierten Tage aber ist der Character des
kleinen Hirnes unverkennbar, wenn auch nicht alleTheile desselben da sind, die
dem kleinen Hirn in höhern Thieren zukommen. Die Vierhügel bilden die
gröfste Blase. Sie erscheint nach oben geschlossen; die Höhlung, die sie enthält,
wollen wir die Sylvische Hirnhöhle nennen. Die darauf folgende Hirnblase, die
früheste von allen und ursprünglich die vorderste, bildet die Region der dritten
Hirnhöhle und ist viel niedriger und kürzer, als die eben beschriebene. Aus der
Mitte der Decke dieser Hirnhöhle zieht sich in der zweiten Hälfte dieses Tages
schon die Nervenmasse etwas zurück, so dafs man eine helle Lücke in der Mittel-
linie erkennt. Zugleich bekommt sie in der Decke eine seichte Einkerbung der
Oueere nach. Die dritte Hirnhöhle steigt tief gegen die Schädelbasis herab, und
diese Verlängerung ist der Trichter. Da die Vierhügel weiter nach vorn (im
Verhältnifs zum ganzen Embryo) liegen, und überhaupt alle Hirntheile, die ur-
sprünglich hinter einander lagen, sich allmählig zusammenkrümmen, so bleibt
eine Lücke zwischen dem Trichter, dem kleinen Hirne und den Vierhügeln. Die
Lücke ist jetzt schmaler, als am dritten Tage. In dieser Lücke liegt die Rücken-
saite und zugleich umgebendes, dem Stamme der Wirbelsäule gehöriges Bildungs-
gewebe, mit
immer schärfer werdender Umbeugung. Von der Stirn und
Scheitelgegend aus sind die Seitenventrikel durch eine tiefe Einsenkung von ein-

K 2

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ander abgegrenzt, aber nicht völlig geschieden. Es scheint, dals ihre Nerven -
blätter in der Mitte zusammenstofsen, sie sind aber von der Hülle noch nicht
deutlich getrennt. Das Hirn besteht also aus Blasen, welche ich nach den Ven-
trikeln benannt habe, da sonst ein Name gefehlt hätte, um die Blase für die
dritte Hirnhöhle zu bezeichnen. Allein die Wandung dieser unter sich zusammen-
hängenden Blasen ist nicht mehr ein so einfaches Blatt, als am dritten Tage. So
wie schon im Rückenmarke der untere Strang jeder Seite deutlicher ist, so ist die
Fortsetzung desselben im Hirne als ein erhabener Strang noch viel kenntlicher.
Diesen Strang sieht man, obgleich seitlich immer in die Seitenwand übergehend,
deutlich auf den Boden der vierten Hirnhöhle und der Sylvischen Höhle bis in die
dritte Hirnhöhle verlaufen. Hier bildet der Strang den Trichter. Während aber
am Anfange des dritten Tages die hintere Wand des Trichters das eigentliche
Ende des untern Randes des Rückenmarkes schien, und am Ende des dritten
Tages, wo man schon die Andeutung eines Stranges erkennt, der Uebergang in
die vordere und hintere Wand des Trichters gleichmäfsig war, ist am vierten
Tage der Uebergang in die hintere Wand des Trichters schwach im Verhältnifs
zu dem sehr verdickten Uebergange in die vordere Wand. Diese ist jetzt das vor-
zügliche Ende des Stranges, in welches er mit ziemlicher Dicke übergeht, und
dadurch dem Eingange des Trichters einen wülstigen Saum giebt. Dieses Ende
des Stranges bildet in der Vorderwand des Trichters eine Anschwellung, die fast
wie eine plötzliche Umbeugung aussieht, allein bei der Kleinheit der Theile läfst
sich darüber nicht mit Bestimmtheit entscheiden. Endlich verliert sich der
Strang aber auch mit einer kaum merklich erhobenen Fortsetzung in die Blase
des Sei ten ventrikels seiner Seite oder in die Hemisphäre des grofsen Hirnes.
v. Sinnes- Mehrere der Hirnventrikel verlängern sich in die hohlen Sinnesnerven,

sirmes- " Die hohlen Eingänge in dieselben sind an erhärteten Hirnen von der innern Fläche
Organe. (|er Hirnblasen aus deutlich und ohne viel Schwierigkeit erkenntlich, und zwar
der Eingang in den Hörnerven aus der vierten Hirnhöhle zwischen den Blättern
des kleinen Hirns und den Blättern des verlängerten Markes, der Eingang in den
Sehnernen aus dem dritten Ventrikel vor dem Trichter, der Eingang in den
Riechnerven aus dem Seitenventrikel in der untern Fläche desselben. Da noch
keine Faserung zu erkennen ist, so kann man über den Uebergang der einzel-
nen Hirntheile nur nach der äufsern Gestaltung urtheilen, und nach diesen
scheinen die Sinnesnerven nicht aus beschränkten Stellen, sondern vom ganzen
Umfange der Hirnblasen zu entspringen; so dafs also z. B. der
Sehnerve nicht von
der Stelle käme, die künftig zum Sehhügel wird, sondern im eigentlichen Sinne
des Wortes eine Verlängerung
der Hirnblase ist, die die dritte Hirnhöhle einschliefst.

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Hiernach sind überhaupt die Sinnesnerven Hervorstülpungen desHirnes in die
Leibesmasse, und die Sinnesorgane dadurch bewirkte Modificationen der letztern.

Am deutlichsten bewährt sich dieses im Auge. Oeffhet man ein in Wein- w- An8e-
geist erhärtetes Auge vom vierten Tage, so findet man die Netzhaut verhältnifs-
mäfsig sehr dick und fest, so dafs man sie ohne sonderliche Mühe vollständig von
den andern Blättern getrennt darstellen kann. Dieses Markblatt bildet nun eine
feste kugelförmige Höhle, welche durch einen hohlen Kanal mit der dritten Hirn-
höhle verbunden ist, und füglich als ein nach der Seite getretener Hirnventrikel
betrachtet werden könnte. Der Kanal, der sich in diesen Ventrikel ausdehnt,
der künftige Sehnerve nämlich, steigt von innen nach aufsen, dehnt sich dann
plötzlich zur Netzhaut aus, und zwar so, dafs in derselben Richtung, die der
Sehnerve schon vor dem Eintritte hatte, in der hintern (oder, wenn wir den Kopf
auf die Schädelbasis stellen, untern) Fläche der Netzhaut ein heller Streifen ver-
läuft, in welchem dieselbe sehr verdünnt ist. Allerdings ist der verdünnte Streif
auch nach innen gestülpt, aber nur sehr wenig. Die Verdünnung sieht aber
grade so aus, wie am dritten Tage die vertiefte Furche, die durch die untere
Mittellinie aller Hirnblasen durchgeht (§. 5. aa.), oder die untere Naht der
Rückenmarksblätter. Hiernach wäre jede Netzhaut nach hinten (oder unten)
beinahe gespalten.

Die Blase der Netzhaut hat keinen so dünnen Inhalt, als die Hirnblasen,
sondern ein
dickflüssiges Eiweifs, den Glaskörper, der sich, nach der Behandlung
in Weingeist, ausschälen läfst. Die Netzhautblase ist ferner nicht überall durch
Nervenmasse geschlossen, sondern hat eine kreisförmige Oeffnung an ihrem Ende,
welche durch die Linse ausgefüllt wird. Diese ist ziemlich ansehnlich. Die
Kapsel und die Linse selbst sind deutlich zu unterscheiden. Die Blase der Netz-
haut ist von einer völlig getrennten Haut umgeben, die auf der innern Fläche
schon sehr stark dunkel gefärbt ist. Die dunkle Färbung hat sie jedoch nur bis
zur Linsenkapsel, d. h. also so weit auch die Netzhaut geht. Vor dieser Stelle
ist sie ganz durchsichtig, und liegt dicht an der Vorderwand der Kapsel an.
Eben dem Gegensatze zur Netzhaut mufs sie ihre dunkle Färbung verdanken,
denn unter dem Streifen, wo diese verdünnt ist, bleibt jene ungefärbt. Dies ist
die so viel beschriebene sogenannte Spalte in der Gefafshaut, die aber keine Unter-
brechung des Zusammenhanges ist. Die äufsere Haut liegt eng auf der Augen-
haut, ist verdünnt und gewölbt, ohne Spur von Augenlieder. Die vordere
Augenkammer fehlt.

Von dem Ohre kann ich nur angeben, dafs sein innerer Theil noch mehr Ohr.
verdeckt ist, als am dritten Tage. Im Boden der Rachenhöhle erkannte ich

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aber eine tiefe gegen das Ohl\' gerichtete Grube, wahrscheinlich der Anfang der
Ohrtrompete.

y. Nase, An der Stelle, wo am dritten Tage der Riechnerve hervortritt, bildet sich

am vierten Tage in der nun verdickten Schädelmasse ein längliches Grübchen mit
wulstigem Rande, die Nasengrube. Beide Nasengruben liegen ziemlich dicht

zusammen.

oberkie- Unter dem Auge, und zwar vom hintern Rande desselben anfangend und

nach vorn wachsend, erhebt sich eine schmale Leiste aus Bildungsgewebe. Es
ist der zukünftige Oberkiefer. Der Unterkiefer ist als solcher noch nicht kennt-
lich, obgleich er schon da ist, denn der erste Kiemenbogen verwandelt sich in
ihn, und in so fern er am vierten Tage schon dicker wird, als die andern, hat die
Umwandlung in den Unterkiefer auch begonnen.
aa. Ändere Was die Metamorphose derEitheile anlangt, so bemerken wir fortgehende

Thsilc de

Eies,e 68 Verminderung des Eiweifses, besonders über dem Dotier, weshalb dieser mit der
umgebenden Hülle oft schon die Eischaalenhaut berührt. Hierdurch und durch
den Umstand, dafs ein bedeutender Theil des Gefäfshofes am Lufträume sich her-
abzieht , scheinen die Gefäfse desselben der unmittelbaren Einwirkung der Luft
ausgesetzt. Der Gefäfshof dehnt sich nämlich allmählig über die Hälfte der Dot-
terkugel aus, den übrigen Raum hat der Dotterhof fast ganz eingenommen, so
dafs nach unten kaum ein Kreis von wenigen Linien im Durchmesser von der
Keimhaut unbedeckt bleibt. Die Dotterhaut ist viel zarter geworden und zerreifst
leicht. Der Dotter hat sich merklich vergröfsert und ist gröfstentheils flüssig ge-
worden, indem er zugleich eine weifsgelbe Farbe annimmt. Er gleicht einer
Emulsion. Diese Metamorphose beginnt zuerst unter dem Embryo, und zem
sich dann im ganzen Umfange der Dotterkugel. Der Luftraum hat ansehnlich
zugenommen.

§. 7.

Fünfter Tag.

Vorbe- Der fünfte Tag scheint bestimmt zu seyn, das zu vollenden, was der dritte

ing- und vierte eingeleitet haben, und die Verhältnisse vorzubereiten, die in der drit-
ten Periode in Wirksamkeit treten; denn die Abschnürung des Embryo erreicht
den höchsten Grad. Dagegen entwickelt sich der Harnsack zum Athmungsorgan
b. Abschnü- Der Nabel verengt sich nämlich von allen Seilen, und zwar ist der Darm-

a

merkung.

terga"ngDOt~ n&kel am Ende dieses Tages schon ein enger Kanal, der senkrecht in den Darm
führt.
Dieser Kanal ist der Dottergang, der von nun an bis kurze Zeit vor der

)

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Gehurt fast unverändert bleibt. Vorderer und hinterer Eingang in den Speise-
kanal sind zusammengerückt, und kein Theil des Darmes ist mehr rinnenförmig.
Der Hautnabel ist zwar viel weiter, als der Darmnabel, wird aber doch, nach-
dem der weite Theil des Harnsackes durchgetreten ist und nun der diinn sich
ausziehende Stiel dieser Blase nachfolgt, sehr viel enger, als am vierten Tage.
Er umschüefst den Dottergang und den Stiel des Harnsackes mit den zu beiden
gehörigen Gefäfsen.

Der Harnsack liegt nun gröfstenlheils aufserhalb des Leibes, vund nur der c. Lage des
Stiel geht in diesen ein. Da der Harnsack sich zwischen der Gekrösplatte und Harnsackes
Bauchplatte der rechten Seite durchgedrängt hat (§. 6.m.), so liegt er immer
rechts am Embryo, und zwar in dem Räume zwischen der obern und untern Lage
der Kappe, und wenn diese schwindet, zwischen dem Amnion und der serösen
Hülle. Der Harnsack erreicht einen Durchmesser von 4 — 5 Linien und ist sehr
gefafsreich.

Beide Blätter des Amnions erleiden aber auch eine Metamorphose. Nach- <{■ Seröse

. . Iii i T Hülle.

dem sich das Amnion geschlossen hat, lösen sie sich von einander, und diese Lö-
sung scheint noch durch die Vergröfserung des Harnsackes befördert zu werden.
Dadurch wird l) das Amnion jetzt eine nach oben abgelöste, selbstständige Hülle,
2) hat sich aus dem obern Blatte eine neue Hülle gebildet, die oben das Amnion
mit dem Embryo bedeckt, nach aufsen aher so weit reicht, als die Keimhaut,
deren
seröses Blatt sie ja ehen ist. Dieses seröse Blatt ist nur jetzt sehr weit von
der untern Lage getrennt, so dafs ein ausgedehnter Raum zwischen dem Amnion,
der tiefern Lage des Keimblattes, und dem abgelösten serösen Blatte da ist, in
welchen Raum die Bauchhöhle des Embryo durch den Hautnabel übergeht.

Auf die Entstehung dieser neuen äufsern Hülle, die wir die seröse Hülle
nennen, folgt eine merkliche Verdünnung und endliche Zerreifsung der Dotter-
haut. So bald diese zerrissen ist, zieht sich das Eiweifs rascher als früher vom
Dotter weg, und weicht nach dem spitzen Ende des Eies, wo man noch eine Zeit-
lang die Hagelschnüre findet.

Die Keimhaut hat sich unterdessen so vergröfsert, dafs der Gefafshof fast <?. Ausdeh-
§ des Dotters einnimmt und der Dotterhof den übrigen Raum. Der Dotterhof ist KdmW.
sehr dünn und klebt so fest am Eiweifse an, dafs er beim Abtrennen des Eiweifses
leicht zerreifst, daher die Angabe, dafs der Dotter hier gar nicht umschlossen sey,
sondern eine Lücke seiner Hülle durch das Eiweifs, wie durch einen Pfropf ver-
schlossen werde, wogegen eine sorgfältige Untersuchung mir entschieden zu spre-
chen scheint.

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f. Die Kap- Da die Spaltung innerhalb der Keimhaut immer weiter vorrückt, so ist

pe schwin- endlich nichts da, was die untere Lage am Rande der Kappe in die Höhe hielte.

u6t. i »i i i

Der Winkel, den der Umfang der Kappe gebildet hat, wird nämlich durch die
Trennung aufgehoben. Der ganze Umfang sinkt also wieder, und hiermit ist
das Ansehn der Kappe verschwunden, wenn man nicht noch den trichterförmigen,
an die untere Fläche des Embryo sich anlegenden Uebergang der Keimhaut in den
Dottergang dafür gelten lassen will,
p-. Form des Der Embryo liegt ganz auf der linken Seite und ist so stark zusammen-

Embryö, gekrümmt, dafs Kopf und Schwanz sich meistens berühren. Da nun der Harn-
sack an der rechten Seite des Embryo liegt, so erreicht er die höchste Gegend und
wird nur durch die seröse Hülle von der Schaalenhaut getrennt.

Der Kopf ist dem Rumpfe an Masse gleich. Die Yierhiigel ragen stark
vor, der Hals wächst rasch, ist aber an der untern Seite noch immer viel kürzer,
als an der obern, so dafs er sich nicht gerade strecken läfst. Der Nacken ist hin-
ter dem Kopfe besonders stark, aber in einen grofsen Bogen fast gleichmäfsig
gekrümmt.

Die Bauchplatten haben sich ansehnlich in der Höhe vergröfsert. Die
Bauchhöhle ragt noch etwas in den Hals. Die Leber liegt schon im Rumpfe in
der Gegend der vordem Extremitäten, aber vom Herzen befindet sich noch mehr
oder weniger vor denselben. Das Zurückziehen des Herzens scheint auf die Krüm-
mung des Halses zu wirken, da die Gefäfsbogen noch mit der Rachenhöhle ver-
bunden sind und durch das Herz nach hinten gezogen zu werden scheinen.
h. Darm- Beide Darmhälften bilden einen scharfen Winkel unter sich gegen den Dot-

kanai. tergang, indem das Gekröse sich stark in der Mitte seiner Ausdehnung vergrö-
fsert hat.

Die Weite des Speisekanals hat im Allgemeinen zugenommen, und die ein-
zelnen Theile treten viel bestimmter hervor. Der Magen ist nicht nur scharf ab-
gegrer.gegen den Darm, sondern ist viel weiter und ragt nach links in Form ei-
nes Blindsacks vor und bekommt eine dicke Wandung.
, Athmungs- Die Lungenflügel haben sich von dem Speisekanale fast ganz gelöst, der

organe. se}ir merklich verlängerte Mitteltheil liegt aber noch eng an. Die Luftröhrenäste
nicht nur haben sich verlängert, sondern auch der Stamm der Luftröhre ist, je-
doch weniger, gewachsen, und der Speiseröhre ganz ähnlich, aus einem engen,
dunklen Kanal von Schleimhaut mit einer dicken äufsern Lage der Gefäfsschicht
bedeckt. Man sieht also, dafs Speisekanal und Luftweg sich so von einander
trennen, dafs die Scheidewand immer weiter nach vorn sich verlängert *).

Die

oder die Luftröhre sich mehr herauszieht.

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Die Leber ist sehr ansehnlich. Beide Lappen sind dicker geworden, und k- Leber,
scheinen im Innern eine schwammige Textur zu haben. Eine genauere Unter-
suchung zeigt, dafs die Yenen sich überall mit weitenAesten zwischen die Gallen-
gänge verzweigt haben. Die Gallengänge haben einen gemeinschaftlichen Stamm.

Das Pankreas tritt aus der Gefafsschicht hervor und hebt einen Theil der- Pankreas,
selben vom Speisekanal ab. Um die Stelle, wo das Pankreas hervortritt, bildet Windung™
der Darm eine starke Windung. So entsteht eine erste Umbeugung oder Schlinge,
die dem Zwölffingerdarm eigen ist, und am nächsten Tage deutlicher wird. In-
dem sich der Magen zu wölben anfing, hatte sich die Gefafsschicht dieser Gegend
sehr verdickt. Da nun die stärkste Wölbung des Magens ursprünglich nach oben
und zuweilen etwas nach rechts lag
(§. 6.g.), am fünften Tage aber der Magen
sich so dreht, dafs die Wölbung sich nach links stellt, so wird die äulserste Lage
der Gefäfsschicht, indem sie an der Drehung keinen Antheil nimmt, vom Magen
getrennt, und wandelt sich später in ein gesondertes Blatt, das Netz, um. In Netz,
diesem Blatte sieht mau zuerst am fünften Tage ein blutrothes Körperchen, die \'
Milz.

Die Blinddärme haben noch die Form von stumpfen Kegeln. Der weite , nBlllld-

därme. Wei-

Darm ist ganz kurz. Der After erscheint in Form einer einfachen Queerspalte. ter Darm.
Dadurch wird der Schwanz für immer abgegrenzt.

Die Wolffischen Körper haben an Höhe und Breite sehr zugenommen, und o. Wolffi-
sind überaus blutreich. An ihrer innern Fläche erscheint ein rundlicher Streifen S° e Korper-
von Bildungsgewebe, der Hoden oder Eierstock. Nach oben und aufsen ein an-
derer blattförmiger Theil, der vom Wolffischen Körper in die Wand der Bauch-
höhle übergeht. Die hohlen Queergänge im W olffischen Körper verzweigen sich
und winden sich. Man sieht im Wolffischen Körper nach dem Absterben des
Embryo einzelne Blutströpfchen, und es schien mir deutlich, dafs diese Blut-
ansammlungen im Innern der erwähnten Gänge liegen, und ich kann daher nicht
umhin, die schon früher ausgesprochene Ansicht (§. 5.^.) hier noch zu bestäti-
gen , dafs die Wolffischen Körper ursprünglich aus Verzweigungen eines Gefäfs-
stammes sich bilden, welches mit Sicherheit zu bestimmen mir nicht gelungen
ist, wie im nächsten Abschnitte näher untersucht werden soll. Am 5ten Tage
sieht man deutlich den Stamm der Hohlvenen mit vielen kleinen Wurzeln aus der
innern Seite der vordem Enden beider Wolffischeu Körper hervortreten und hin-
ter der Leber hinaufsteigen.

Das Herz ist noch mehr zusammengezogen, als früher, so dafs die Vorkam- P. Herz,
rner an die Aortenwurzel angrenzt. Zwar liegt immer noch jene links und etwas
nach hinten, diese rechts und etwas nach vorn, allein das linke Herzohr ist so

L

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zurückgewichen, dafs es ungefähr gleiche Höhe mit dem rechten hat, und das
letztere liegt
nicht blos an der linken Seite der Kammer, sondern schon etwas
über ihr. Die Spitze der Kammer ist nach hinten gekehrt und hat sich mehr zu-
gespitzt. Beide Herzohren sind stärker gekerbt, und krümmen sich etwas nach
unten; der mittlere Yenensack läfst äufserlich eine beginnende Einschnürung be-
merken.

Der Ohrkanal hat seine gröfste Länge und ist so durchsichtig, dafs man
in ihm eine innere Falte als dunklen Streif erkennt. Die Herzkammer ist völlig
dunkel, die Scheidewand in ihr hat so zugenommen, dafs sie das Innere in zwei
Kammern trennt, die nur durch eine längliche Lücke mit einander in Verbindung
stehen.
In der Aortenzwiebel sind zwei von einander getrennte Gänge, die aber
äufserlich nicht zu erkennen sind. Es mufs also die Mitte des spaltförmigen Ka-
nals , den wir am vierten Tage fanden, verwachsen seyn. Beide Gänge scheinen
sich etwas um einander zu drehen, so dafs der eine, der mehr nach unten liegt,
von hinten und
rechts nach vorn und links geht, der andere, der mehr oben ver-
läuft,
von hinten und links nach vom und rechts geht. Der erste kommt also
aus der rechten Abtheilung der Kammer, der letztere aus der linken. Beide schei-
nen durch zwei verschiedene Blutströme entstanden. Da nämlich die Falte in der
Herzkammer immer mehr in eine schiefstehende unvollständige Scheidewand
sich ausbildet, mufs der Blutstrom in ihr getheilt werden, der eine läuft mehr
nach der Bauchseite in den Raum, wrelcher zur linken Kammer sich auszubilden
bestimmt ist. Indem dieser nun in der Spitze der Kammer,sich umwendet, um
in den anfangs einfachen Kanal der Aortenzwiebel zu gelangen, erhält er noth-
wendig, aufser der Richtung von hinten nach vorn, die von links nach rechts und
von unten nach oben; der Strom in der zweiten Höhlung läuft mehr oben und
nach rechts, indem er hier umkehrt erhält er die Richtung von rechts nach links,
und von oben nach unten. Die Richtung von hinten nach vorn ist beiden Strömen
gemeinschaftlich, allein da sie beide aufserdem noch eine verschiedene haben, so
kann es nicht fehlen, dafs sie, obgleich anfangs in einen gleichmäfsigen, fast
runden Kanal zusammengedrängt (am dritten Tage), diesen Kanal allmählig nach
zwei Richtungen ausfurchen (am vierten Tage §.
6. q.). Beide Richtungen können
aber nicht ganz aus einander fahren, sondern da alles Blut doch nur durch die
ausführlich beschriebenen Gefäfsbogen in der Aorta seinen Ausgang findet, so
müssen beide Ströme in einem Bogen allmählig die entgegengesetzte Richtung an-
nehmen. Daher die spiralförmige Drehung. Die spätere Umänderung der Rich-
tung kann, glaube ich, allein die Entstehung der Lungenschlagader erklären.
Wir werden daher später wieder auf sie zurückkommen (§. 9.
s.)} wollen sie aber

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jetzt aus den Augen verlieren, weil das Phänomen dadurch wenigstens für die Dar-
stellung sehr complicirt wird. Indessen machen wir darauf aufmerksam, wie
eben durch den Umstand, dafs beide Ströme, nachdem sie sich kreuzend aus ein-
ander gefahren sind, wieder sich gegen einander richten müssen, das knollenar-
tige Ansehen der Aortenzwiebel entsteht, welches dieselbe am Ende des vierten
und im Anfange des fünften Tages auszeichnet. Diese Anschwellung ist eine Folge
der seitlichen Erweiterung der innern Höhle, und wächst allmählig von hinten
nach vorn. Sie ist etwas weniger auffallend am Ende des fünften Tages, weil die
Ausdehnung bis in das vordere Ende sich erstreckt hat.

Nachdem also die innere Höhlung am vierten Tage zu einer gedrehten
Spalte ausgefurcht war, und die beiden Blutströme in den Winkeln dieser Spalte
hinschiefsen, drängt sich in die unausgefüllte Mitte der Spalte das benachbarte
Bildungsgewebe hinein, und aus der gedachten Spalte werden zwei spiralförmig
um einander sich windende Kanäle. Die Scheidewand zwischen beiden ist noch
schmal.

Wir sahen am Schlüsse des vorigen Tages vier Gefäfsbogen, von denen die
beiden mittlem die stärksten waren. Der vordere (ursprünglich der zweite Bo-
gen) wird am fünften Tage immer schwächer, und ist bald nicht mehr zu erken-
nen. Die hintersten Bogen, die am vorigen Tage noch sehr schwach waren, wer-
den stärker, jedoch der linke nie so stark, als der rechte. Man sieht daher auf
der rechten Seite drei starke Gefäfsbogen, auf der linken Seite auf den ersten An-
blick oft nur zwei; den dritten erkennt man nur bei einiger Aufmerksamkeit.

Die ehemalige erste Kiemenspalte wird unterdessen ganz unkenntlich: die
vierte oder hinterste Spalte bleibt nur klein und ist mehr rundlich, als die andern.
Gegen Ende des fünften Tages verschliefsen sich die beiden hintersten Spalten.
Etwas länger besteht die ursprünglich zweite Spalte; obgleich sie von dem immer
mehr sich vergröfsernden und nach hinten sich richtenden Lappen,1 den Rathke
Kiemendecke] nennt, überdeckt wird
, so ist sie doch, wenn derselbe aufgehoben
wird, noch am Schlüsse dieses Tages deutlich. Auch die hintern Spalten sind,
ehe sie verwachsen, etwas schief gestellt, so dafs man die Kiemenbogen ein we-
nig nach vorn schieben mufs, um sie zu sehen. Es ist, als ob die Kiemenbogen
durch die Gefäfsbogen nach hinten gezogen würden. Der ehemalige erste Kie-
menbogen verdickt sich aber sehr, und hebt sich aus der Ebene der übrigen Kie-
menbogen sehr merklich hervor. Eben dadurch wird nun auch der Kiemendek-
kel, der jetzt mit ihm verwachsen ist, flacher gestellt. Der erste Kiemenbogen
ist nämlich in der Umwandlung zum
Unterkiefer begriffen. Dieser besteht also
nie aus zwei getrennten Hälften. sondern hat in der Mitte den fünften Tag hin-

L 2

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durch nur eine Einkerbung. Oberhalb der beiden ersten Kiemenbogen, d. h.
der Rachcnhöhle näher, bildet sich das Zungenbein,
dessen beide hinteren Aeste
ich jetzt sehr deutlich erkannte. Sie liegen zunächst am zweiten Kiemenbogen,
und die Enden sind daher dem Kiemendeckel zugekehrt, wie in
den Fischen.

wVrifeïtïiiTe. Der Rücken ist noch immer sehr flach, dagegen die Furche zwischen Rük-

ken- und Bauchplatten ziemlich tief. Die Wirbelhälften erreichen einander nach
unten und umschliefsen die Rückensaite, die ansehnlich an Dicke zugenommen
hat. Auch nach oben scheinen sie sich mit sehr dünnen Fortsetzungen zu errei-
chen , an den Seiten aber werden sie consistenter, indem in ihnen dunkelkörnige
Masse sich ansetzt. Sie nimmt sowohl die innere als die äufsere Fläche jedes Wir-
bels ein. Die dunkle Masse der äufsern Fläche geht ununterbrochen bis in die
Bauchplatten ein, und dieser Theil der dunklen Streifen mufs die Queerfortsätze,
auch wohl die Rippen enthallen. Am fünften Tage habe ich endlich zuerst die
Rückenmarksnerven erkannt, jedoch nur, indem ich die Bauch platte von der
Wirbelsäule abrifs, wo denn die zarten Nervenenden zwischen je zwei Wirl>eln
kenntlich waren.

Extremi- Die Extremitäten haben sich merklich nach hinten verlängert und ihre

Form verändert. Aus einem zugerundeten, fast beilförmigeu Blatte, welches sie
am vierten Tage darstellten (§. 6.£.), werden sie meifselförmig. Sie haben näm-
lich einen rundlichen Stiel, der in ein zungenförmiges Blatt ausläuft. Die Basis
des Stiels sitzt in der Rinne zwischen der Rücken- und Bauchplatte, der Bedeu-
tung der Extremitäten entsprechend. Bis um diese Zeit sind sich die Extremitä-
ten so gleich, dafs, wenn man sie abgeschnitten sieht, man sie schwerlich von
einander unterscheiden wird. Im Stiele bildet sich gewöhnlich noch im Verlaufe
des fünften Tages ein Winkel, der für die vordere Extremität Ellenbogengelenk,
für die hintere Kniegelenk ist. Beide Gelenke sind sich völlig gleich. Im Ober-
arm und Oberschenkel findet sich ein dunkles Fleckchen, die Anlage des künfti-
gen Knorpels und Knochens; der Unterarm und Unterschenkel zeigten zwei dunkle
Streifen. Im letzten zungenformigen Ende ist ein dunklerer innerer noch un-
getheilter Lappen enthalten, der ganz die Form des gesammten Lappens nach-
ahmt. Am Ende des fünften Tages wird das zungenförmige Ende breiter.

t. Kiefern. So wie die Extremitäten am fünften Tage sich viel rascher entwickeln, als

früher, so auch die Kiefern. Vom Unterkiefer sprachen wir schon bei Gelegen-
heit der Kiemenbogen. Der Oberkiefer wird allmählig zu einem ziemlich ansehn-
lichen Blatte, welches unter
den Augen liegt, und sich gegen einen von oben zwi-
schen beiden Nasengruben herabsteigenden Stirnfortsatz verlängert, ohne ihn an

s

täten

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diesem Tage zu erreichen. Der Oberkiefer ist also nicht nur nicht vereint, son-
dern doppelt gespalten.

Das ganze Rückenmark ist jetzt von einer deutlich isolirten Hülle umgeben. Centrai-
Nur an einigen Stellen der Hirnblasen ist diese Hülle, wie es scheint, noch nicht Nerren-
ganz getrennt, namentlich in der Mitte der Decke. Das Rückenmark ist im All- systems\'
gemeinen seitlich zusammengedrückt. Seine gröfste Höhe und Breite hat es den
Extremitäten gegenüber. Am schmälsten ist es im Halse. In der Nackenkriim-
mung geben sich plötzlich die Blätter des Rückenmarkes ans einander, und wer-
den viel breiter, schliefsen sich dann als kleines Hirn, dessen Blätter viel mehr
nach oben (oder hinten, wenn wir das Hirn für sich betrachten) vorragen, als
früher. Die Verbindung zwischen kleinem Hirne und Vierhügeln ist in einen an-
sehnlichen Kanal ausgezogen, der dem hintern Theile der Wasserleitung der er-
wachsenen Vögel entspricht. Die Vierhügelblase aber ist sehr vergröfsert, über-
ragt daher vollständig die hintere Wasserleitung und nach vorn einen Theil der
dritten Hirnhöhle. Die Blase dieser letztem Höhle hat sich am wenigsten ausge-
dehnt , und sieht daher kaum mehr blasig aus. Dagegen hat sie sich in ihrem
Boden verlängert. Die Eingänge in die Sehnerven und ihre nächste Umgebung
weichen nämlich nach hinten (oder unten, wenn wir das Hirn auf seine Basis ge-
stellt denken) zurück, und bilden unter (vor) dem Trichter eine diesem ähnliche
Vorragung. Beide Eingänge werden dadurch einander sehr genähert. Wir wol-
len diese Verlängerung die
Sehnervengrube nennen. Sie ist schon am vierten
Tage kenntlich. Die obere Einkerbung in queerer Richtung, die am vorigen
Tage in der Decke dieser Gegend bemerklich wurde (§. 6.
u.), hat am fünften
Tage einen hintern, mehr cylindrischen Theil von einem vordem, mehr blasigen,
abgegrenzt. In diesem Theile stehen die Markblätter oben aus einander. Die
Blase für die Seitenventrikel oder das grofse Hirn ist sehr tief, die Blase für die
Sylvische Hirnhöhle (Vierhügel) weniger tief in der Mitte der Decke eingesenkt.
Von der innem Fläche aus sah ich aber deutlich Hirnmasse auf diesen einsprin-
genden Falten. Ich kann also das Hirn nicht für gespalten an dieser Stelle anse-
hen, obgleich von oben betrachtet der Anschein da ist, da die weniger weifse
Hülle sich in die Spalte einsenkt und die Hirnmasse verdeckt. Im Innern des
Hirns linden wir die oben beschriebenen Stränge (§. 6.«.), die wir schon Hirn-
schenkel nennen können, da sie den Stamm für alle Hirntheile zu bilden scheinen,
sehr verstärkt. Sie verlaufen in den ganzen Umfang des Trichters, aber am
schwächsten in die obere (oder hintere, wenn das Hirn auf seine Basis gestellt
wird) Wand desselben, stärker in die untere (oder vordere), welche zugleich die
obere (hintere) Begrenzung des Ueberganges in die Sehnervengrube ist, mit der

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stärksten Fortsetzung endlich in die Hemisphären, wo sie kolbig vor dem Eingang«
in den Riechnerven aufhören.

Das Hirn hat sich am fünften Tage am stärksten in seinen vordem Theikn
wegen sich selbst gekrümmt. Wenn wir das Hirn für sich in dieser Hinsicht
beschreiben wollen, ohne auf die Krümmung des ganzen
Embryo selbst Rücksicht
zu nehmen, jedoch auch ohne das Hirn auf seiner Basis ruhend zu denken,
sondern das vordere Ende des Leibes bildend, so finden wir die Vierhügel am
meisten nach vorn liegend, nach oben und unten fast gleich weit überragend.
Aus dem Rückenmarke steigt das verlängerte Mark in einem stumpfen Winkel
nach unten. Darauf folgt eine zweite Umbeugung auch im stumpfen Winkel,
indem der Stamm des kleinen Hirns nach vorn verläuft. Dann kommt die recht-
winkliche Umbeugung in den Stamm der Vierhügel. Von hier geht die Um-
beueung so stark fort, dafs die Spitze des Trichters nach oben gegen den Stamm
des kleinen Hirns gerichtet ist, und die Hauptfortsetzung der Hirnschenkel in die
Hemisphären fast gerade nach hinten läuft. Früher war der Eingang in
die Seh-
nervengrube in dieser Richtung, noch früher der Trichter. Dieser ist der zuerst
umgebogene Theil, der schon am zweiten Tage sich vor der Umbeugung der
Rückensaite herabkrümmt ($. 2. m.). Hieraus wird ersichtlich, dafs der Hirn-
schenkel am unmittelbarsten zu jeder Zeit in den Theil des Hirns übergeht, der
am meisten nach hinten gerichtet ist. Mit der veränderten Krümmung
ist eine
Umänderung im Wachsthum verbunden. Der Trichter ist noch am dritten Tage
sehr weit, so wie aber die vordere Zusammenkrümmung zunimmt, und der
Trichter gegen die Rückensaite gedrängt wird, nimmt sein Wachsthum ab.

Um die Veränderungen in der Krümmung des Hirns selbst bestimmen zu
können, habe ich die Richtungen nur nach ihnen bezeichnet, indem ich die
Region der Vierhügel die vordere genannt habe. Nehmen wir aber auf den
Embryo selbst Rücksicht, so finden wir, da er am fünften Tage stärker, als an
irgend einem andern gekrümmt ist, die Vierhügel noch mehr nach unten, als
nach vorn gerichtet, und die vorderste Region des Embryo ist eigentlich unaus-
gefüllt, der Einschnitt nämlich hinter den Vierhügeln, zwischen ihnen und dem
verlängerten Marke.

v. Auge. Das Auge hat sich sehr vergröfsert und seinen weifsen Streifen behalten.

In der Netzhaut sieht man diesen Streifen jetzt erhaben, und aus zwei Strängen
bestehend, die eine Furche zwischen sich lassen, ähnlich den Hirnschenkeln in
den verschiedenen Hirnregionen. Ich fand nicht, dafs die umgebende dunkle
Haut hier deutlich nach innen gestülpt war, wie Huschke angiebt, obgleich
sie an die äufsere Fläche der beiden Nervenstränge Pigment absetzt. Mitten unter

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dem Nervenstreifen ist sie aber ohne Pigment, und zu einer wirklichen Einstül-
pung ist kaum Raum, da die Furche zwischen beiden Nervensträngen von innen
angesehn nicht erhaben, sondern vertieft ist. So sieht wenigstens das Verhältnifs
in Augen, die in Weingeist erhärtet sind, aus. In frischem Zustande habe ich
sie weniger untersucht. Auf jeden Fall besteht der Streif in der Netzhaut aus zwei
Wülsten und einer sehr zarten Verbindung. Die dunkle Haut des Auges schien
früher einfach und setzte sich ununterbrochen in die Hornhaut fort Jetzt fangt
sie an sich zu spalten, ein äufseres ungefärbtes aber noch dünnes Blatt steht in
unmittelbarem Zusammenhange mit der Hornhaut, ist also die harte Haut
(Sclerotica); das innere Blatt ist dunkel gefärbt und hört am Rande der Linsen-
kapsel auf. Es ist die Gefafshaut. Der Glaskörper und seine Haut sind deutlich
gebildet. Die Linse hat eine starke Wölbung.

Die Nasengruben werden weit tiefer und durch den vorspringenden Stirn- w, Nase,
fortsatz mehr getrennt.

Das Ohr wird durch einen runden erhabenen Saum bezeichnet. Gewöhn- Ohr.
lieh ist aber diese Grube während des fünften Tages noch sehr unansehnlich.
Nach innen scheint das Ohr durch die Eustachische Trompete schon eine Oeffnung
zu haben. Die äufsere Oeffnung bildet sich dagegen gewöhnlich am folgenden
Tage, so dafs sie erscheint, wenn die Kiemenspalten geschlossen sind. Ich habe
sie aber auch nicht ganz selten gesehen, wenn noch eine oder die andere Kiemen-
spalte da war.

§. B.

Allg emeiner Char acter der zweiten Periode.

Ueberblicken wir die Vorgänge der zweiten Periode, so finden wir zu- Die v.or;

v 1 \' gange sind

vörderst eine Reihe von Erscheinungen, welche die in der ersten Periode aufge- dreifach,
tretene Abgrenzung des Embrjo von der Keimhaut fortsetzen, ferner Erscheinun-
gen» welche in dieser Periode neu auftreten und für sie wesentlich sind, und
endlich Fortschritte der innern Ausbildung als Vorbereitung für die Zukunft.

Die Äbschnürung und Einhüllung haben wir schon als höhere Form des
Selbstständigwerdens characterisirt, denn durch sie scheidet sich der Embryo von
duaiisirung.
den übrigen Theilen des Eies. Wir erwähnen ihrer hier nur einmal, um in
einem Ueberblicke darzulegen, wie eben aus diesem Grunde die Vorgänge der
Abschnürung und Einhüllung im ganzen Umfange des Embryo erfolgen, und wie
sie in gleichmäfsiger Folge hervortreten, früher nämlich in der Längenachse, und
zwar zuerst am vordem, dann am hintern Ende, später \'in der Queerachse, und

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endlich im ganzen Umfange. So haben wir zuerst eine Kopf kappe, dann eine
Schwanzkappe, darauf Seitenkappen. Alle sind nur nach einander erscheinende
Theile der allgemeinen Kappe, die zuletzt als Ganzes wirkt und den Nabel bildet.
Eben so tritt die Amnionsfalte zuerst vorn, dann hinten, zuletzt an der Seite auf,
und schliefst sich endlich, von allen Seiten zusammenwachsend. Schon früher
waren die Dottervenen in derselben Reihefolge aufgetreten, zuerst die vordem,
dann die hintern und zuletzt die seitlichen. Noch früher hatte der Embryo sich
vorn, dann hinten und später an den Seiten zusammengekrümmt. Wir sehen
also alle Vorgänge, die auf das Verhältnifs des Embryo zu der Keimhaut Bezug ha-
ben, denselben Gang gehen, und eine Menge der einzeln nach einander aufgeführ-
ten Erscheinungen lassen sich auf den einfachen Satz zurückführen, dafs, während
der Embryo sich nach dem angegebenen Gange zusammenrollt, das benachbarte
Keimblatt sich zuerst mit seiner untern, plastischen Lage unter des Embryo
unterer Fläche bei Bildung der
Kappe, und dann mit seinem obern Blatte über
seiner obern Fläche in derselben Folge zusammenzieht, um das Amnion zu
formen.

c. Ausbii- Die der zweiten Periode eigentümlichen Vorgänge sind: 1) die in der

plastischen ganzen Breite des Keimes (des Embryo nämlich und des Keimblattes), mit Aus-
Leibes Ist uahme der Mittellinie, entstehende Trennung zwischen dem plastischen Theile
der zweiten von der einen und dem animalischen Theile von der andern Seite; 2) die Wen-
genthümlich dung des Embryo auf die linke Seite, und 3) die Versetzung der Ingestion nach
der linken Seite, nachdem sie früher die Unterfläche beherrscht hatte. Es ist
auffallend, dafs diese drei scheinbar heterogenen Metamorphosen in der Zeit zu-
sammenfallen, und wir dürfen schon vermuthen, dafs ein Gemeinsames ihnen
zum Grunde liegt.

Was zuvörderst das letzte Verhältnifs anlangt, das Auftreten der Ingestion
auf der linken Seite, so haben wir dieses schon oben (§. 5. £.) besprochen, und
"ezeigt, wie das Venenblut und der Dotter von der linken Seite in den Embryo,
oelien.
Dagegen wendet sich das, was aus dem Embryo hervorgetrieben wird,
nach der rechten Seite, wie der Harnsack mit seinem Inhalte. Ja die ganze
rechte Seite des Embryo wächst in der zweiten Periode
merklich kräftiger und
rascher, und in dieser kräftigen Entwicklung während der frühesten Zeit könnte
vielleicht der Grund liegen, dafs bei vielen Wirbelthieren auch in späterer Zeit
die rechte Seite kräftiger ist, als die linke. Es geht also auch die Abscheidung
neuer Masse mehr nach rechts, als nach links. Ja fast in allen einzelnen Organen
offenbart sich dasselbe Verhältnifs, und übt auf die Gestaltung der Theile seinen
Einflufs. Von der linken Seite empfängt das Herz sein Blut, und nach der rechten

treibt

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treibt es dasselbe aus. Hierauf beruht die Art der Gefäfsvertheilung in den Säuge-
thieren und Vögeln, indem, wie auch die einzelnen Modificationen seyn mögen,
immer der Hauptstrom des Blutes zuerst nach rechts geht.

Der Grund vom Uebertreten der Ingestion nach der linken und der Egestion
nach der rechten Seite möchte vvold darin liegen, dafs die linke Seite des Embryo
ursprünglich nach dem ingestiven Pole des Eies zugekehrt ist. Es scheint näm-
lich , dafs, während der Embryo in seiner ersten Bildung mit der aufnehmenden
untern Fläche dem Dotter zugekehrt ist, auch das polare Verhältnis im Eie sich
der Keimhaut und dem Embryo allmählig mittheilt. Daher schon in der ersten
Periode der Eintritt des Venenblutes von der linken Seite. Wenn nun die linke
Seite allmählig immer mehr Antheil an der physiologischen Bedeutung der untern
Fläche nimmt, so scheint es nothwendig, dafs sie auch räumlich in ihre Verhält-
nisse tritt, und sich nach unten stellt. Dies ist es eben, was wir mit^andern
Worten ein Drehen des Embryo auf seine linke Seite genannt haben. Der Embryo
steht nämlich zum Dotter in nächster Beziehung und empfängt aus ihm seine
Nahrung. Seine ingestive Seite mufs daher immer dem Dotter zugekehrt seyn.
Die Umänderung des ingestiven und egestiven Gegensatzes und die Wendung auf
die linke Seite, sind also nur Erscheinungen derselben Metamorphose.

Aufnahme von der linken und Ausscheidung nach der rechten Seite ist
Character des Molluskentypus. Wir schliefsen also, dafs
in der zweiten Periode
der Typus der Mollusken sich der bisher symmetrischen Anlage des l>Virbelthieres
einbildet. Man darf aber nicht sagen, dafs der Embryo des Huhnes jetzt auf der
Bildungsstufe der Mollusken stehe. Wirbelsäule, Rückenmark und Hirn sprechen
zu sehr dagegen. Vielmehr sind nur die plastischen Organe nach dem Typus der
Mollusken gebaut, und im animalischen Theile ist nur eine leise Andeutung von
Aesymmetrie in der stärkern Entwicklung der rechten Hälfte. Die seilliche
Ungleichheit wurde aber begleitet von einer Spaltung der Schichten des Keimes
in eine obere und eine untere Lage. Diese Spaltung ist, wie wir gezeigt haben
(§. 5. c.), nichts als die Bildung der Bauchhöhle, eiue Trennung des plastischen
Theils vom animalischen durch einen mit Feuchtigkeit gefüllten Raum. Das
Selbstständigwerden derjenigen Theile des Keimblattes und des Embryo, welche
bestimmt sind, die plastischen
Organe zu erzeugen, und, was ganz dasselbe ist,
die Bildung der Bauchhöhle, die ja in der ersten Zeit alle plastische Organe von
der Rachenhöhle bis zum After enthält, scheint demnach auch eine unmittelbare
Folge der Versetzung der Ingestion auf die linke Seite. Ist diese aber wieder die
Folge der Einwirkung
des gesammten Eies auf den Keim, so scheint Alles, was
die zweite Periode besonders characterisirt, auf dieser Einwirkung zu beruhen.

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wirdDaderCh Vergleichen wir den Typus der Wirbelthiere mit andern Hauptabschnitten

Character des Thierreiches, so linden wir, dafs sie sich von allen übrigen Formen l) durch
tiiieril1 voll- die der Länge nach durch das ganze Thier laufenden Centraltheile unterscheiden •
ständig, 2) dafs aufserdem der animalische Theil den Typus der gegliederten Thiere nach-
ahmt, jedoch mit dem Unterschiede, dafs von der Centraiachse eine überein-
stimmende Bildung nach oben und nach unten geht, dafs also aufser der seitlichen
Duplicität noch eine Duplicität nach oben und nach unten sich zeigt, und s) dafs
der plastische Theil nach dem Typus der Mollusken gebaut ist. Es bedarf nicht
mehr der Nachweisung, wie alle diese Charactere in der Entwicklung des Hühn-
chens deutlich und rasch hinter einander hervortreten. Wir bemerken nur nach
allem Vorhergehenden, dafs dasselbe schon am Anfange des dritten Tages das
Wesentliche des Wirbelthieres vollständig enthält. — Mit dem Hervorbrechen
des Harnsackes reiht sich der Vogel - Embryo in diejenige Abtheilung der Wirbel-
thiere , die weder ihr ganzes Leben, noch ihre Jugend im Wasser zubringen.

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Dritte Periode.

9-

Sechster und siebenter Tag.

Der Luftraum ist in steter Yergröfserung. Die Keimhaut umfafst den «■ Aiigemei-
ganzen Dotter. Der letztere ist daher in eine mit dem Embryo zusammenhängende E^heiIe des
Hülle eingeschlossen, die man
Dottersack nennt. Am Dotterhofe klebt das Ei-
weifs, welches sehr an Consistenz zugenommen hat, fest an, und eben so in der
Spitze des Eies an der Schaalenhaut. Den Gefäfshof umgiebt viel mehr als die
Hälfte des Dotters; die Grenzvene wird enger, oder fangt schon an zu schwinden.
Auch die übrigen Gefäfse sind weniger voll. Die aufsteigende und die absteigende
Vene schwinden am schnellsten und sind am siebenten Tage oft nicht mehr kennt-
lich. Uebrigens liegt überall ein Venenast neben einem Arterienaste. Der Dotter
hat sehr an Masse zugenommen und ist fast ganz flüssig, mit Ausnahme eines
kleinen Theils, der in der untern Hälfte der Dotterkugel und nicht an der Keim-
haut anliegt, sondern mehr nach innen sich befindet. In dem flüssigen Theile
des Dotters sind die gröfsern Dotterkügelchen sehr ansehnlich, mit blofsen Augen
leicht kenntlich, von bis Linie im Durchmesser, und ziemlich hell, offenbar
von einer beträchtlichen Menge enthaltener Flüssigkeit. Zerdrückt man ein
solches Kügelchen, so fallen viele kleinere heraus. Da nun die Zahl der grofsen
Dotterkügelchen im Verhältnifs zu der ganzen Masse abgenommen hat, so ist auch
nicht zu zweifeln, dafs sich viele von ihnen aufgelöst haben. Der Harnsack über-
wächst den Embryo von der rechten Fläche desselben nach allen Seiten und breitet
sich aus, je nachdem er zwischen der neuen serösen Hülle, der tiefern Lage des
Keimblattes und dem Amnion Raum findet. Dadurch wird der Harnsack sehr
zusammengedrückt, läfst sich aber doch deutlich als eine zusammenhängende
Blase erkennen, welche eine ganz helle Flüssigkeit enthält. Am siebenten Tage
hat diese zusammengedrückte Blase den Umfang eines Thalerstiickes, und die
beiden Hälften sind merklich durch die enthaltene Flüssigkeit gesondert, jede
Hälfte läfst noch deutlich das Gefäfsblatt und das Schleimblatt unterscheiden.
Das Gefäfsblatt legt sich sehr eng an die seröse Hülle, und diejenige Hälfte des

M 2

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Sackes, welche an dieser Haut anliegt, ist gefäfsreicher, als die nach unten ge-
kehrte. Durch die innige Anheftung des Harnsackes an den obern Theil der
serösen
Hülle wird der Embryo gleichsam oben angehängt. Eine Folge davon ist,
dafs jetzt der Embryo nicht in den Dotter hin eindrückt, sondern den Uebergang
des Dottersackes in den Dottergang sogar etwas in die Höhe zieht; damit schwin-
det denn die letzte Spur der Kappe. Das Amnion nimmt vom fünften Tage au
schnell an Umfang zu, und füllt sich mit vieler Flüssigkeit.

Gewöhnlich findet man den Embryo nicht mehr in der Mitte der obern
Fläche des Dotters, sondern nachdem stumpfen Ende übergeneigt. Die Veran-
lassung der Ortsveränderung scheint zum Theil in der Ortsveränderung des Ei-
weifses zu liegen, zum Theil im eignen Gewicht des Embryo. Indem nämlich
am fünften Tage die Dotterhaut reifst, und nach Zerreifsung derselben das Eiweifs
sich nach dem spitzen Ende zurückzieht, wird die Dotterkugel etwas gedreht.
Da um diese Zeit über dem Dotter sehr wenig und unter ihm noch ziemlich viel
Eiweils ist, und dies letztere der Dotterkugel fester anhängt, so folgt daraus,
dafs, indem das Eiweifs nach Zerreifsung der Dotterhaut sich nach dem spitzen
Ende des Eies zusammenzieht, die obere Hälfte des Dotters nach dem stumpfen
Ende gedreht wird. Das eigne Gewicht des Embryo vermehrt diese Drehung.
Das Maafs derselben ist aber sehr verschieden, und hängt vielleicht davon ab,
dafs die ganze Dotterkugel mit ihrem serösen Ueberzuge sich bald früher, bald
später durch den Harnsack an die Schaalenhaut anheftet. Zuweilen bleibt der
Embryo ganz in der Mitte angeheftet, dann breitet sich dennoch der Gefäfshof
mehr nach dem stumpfen als nach dem spitzen Ende aus.

Am sechsten Tage sah ich die erste Bewegung im Embryo, welche im
Zucken einzelner Glieder bestand, und vom Hinzutreten der kalten Luft hervor-
gerufen zu seyn schien. Am siebenten Tage ist die Bewegung allgemeiner. Der
Embryo schwingt im Amnion hin und her auf dem Nabel, wie auf einem be-
festigten Stiele. Am auffallendsten war es mir, dafs dieses Hin - und Her-
schwanken nicht blofs vom Embryo bedingt wird, sondern noch mehr vom
Amnion, welches sich bald an dem einen, bald an dem andern Ende zusammen-
zieht, indem es sich runzelt. Es schien mir daher eine Art unregelmäfsiger Pul-
sation im Amnion.

Der Embryo ist stark gekrümmt, indessen doch weniger, als am fünfteil
Tage. Namentlich nimmt die vordere Fläche des Halses sehr zu. Seine Krüm-
mung vermindert sich daher, und er kann nun im todten Fötus ziemlich gerade
gestreckt werden. Mit dem Geraderwerden des Halses ist das Zurückweichen des
Kopfes nach der Rückengegend verbunden und dadurch das schärfere Hervor-

h. Lage des
Embryo,

d. Gestalt
des Embryo.

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treten eines Höckers im Nacken, der die Umbeugung des Rückenmarkes in das
Hirn bezeichnet. Der Rumpf ist sehr aufgetrieben durch Yergröfserung der Leber
und Eintritt des Herzens in den Rumpf. Dennoch hat der Kopf wenigstens so viel
Mas.se, als der Rumpf.

Der Nabel ist nicht mehr eine blofse Oeifhung oder ein Ring, sondern ein
Kanal, der am Ende des siebenten Tages l Linie lang ist. Man kann in der That
den Vögeln eine Nabelschnur zusprechen, die nur kurz ist und hohl bleibt. In
der Höhlung derselben liegt der Stiel des Harnsackes mit seinen Gefäfsen und eine
Darmsehlinge mit dem Dottergange, nebst den dazu gehörigen Gefäfsen.

Die Dottergefäfse sind zum Theil aus dem Frühern bekannt. Die Arterie Bestim-
ist ein Zweig der absteigenden Aorta. Eine Vene bildet den Stamm der Pfortader, Gefäfse, die
mit welcher sich die andern Darmvenen verbinden. Sie mufs fortan die vordere £JJ
Dottervene heifsen, denn von nun an tritt noch eine hintere Dottervene auf,treten-
welche längs des hintern Theils des Speisekanals nach hinten bis dahin läuft, wo
die Venen aus dem Schwänze, der Kloake und so weiter zusammentreffen, und
verbindet sich mit diesen. Am zehnten Tage hat sie schon eine sehr ansehnliche
Weite und läfst nicht zweifeln, dafs sie der communicirende Ast zwischen Pfort-
ader und Rumpfvenen ist, den man erst in neuerer Zeit beschrieben hat, obgleich
er im erwachsenen Vogel sehr ansehnlich ist, und von hinten nach vorn dicker
werdend ununterbrochen in den Stamm der Pfortader übergeht. Die Gefafse des
Harnsackes sind die insbesondere so genannten Nabelgeßifse. Aus dem Früheren
wissen wir, dafs, indem der Harnsack hervortritt, er zwei Aeste der absteigen-
den Aorta mit sich nimmt. Wir werden später hören, dafs im Vogel allmählig
die rechte dieser Nabelschlagadern schwindet. Eine sehr starke Nabelvene kommt
vom Harnsacke, steigt an der untern Bauchwand nach vorn und läuft in dem
Einschnitt der Leber an der untern Fläche fort. In frühester Zeit habe ich ihre
Endigung nicht deutlich unterscheiden können. In späterer Zeit giebt sie einen
sehr starken Ast an jede Hälfte der Leber, verbindet sich dann am vordem Ende
dieses Organs mit einer Lebervene, die sich sogleich in die Hohlvene, deren
Stamm von oben sich in die Leber eindrückt, einmündet. Man kann also fast mit
demselben Rechte sagen, dafs die Nabelvene in den Stamm der Hohlvene geht,
oder dafs sie in eine Lebervene sich mündet. Der Theil der Nabelvene, welcher
nach der Vertheilung in die Leber bis zum Hohlvenensystem reicht, wäre also
dem Ductus venosus Arantii der Säugethiere
zu vergleichen. Einen unmittel-
baren Uebergang in die Pfortader aufserhalb der Leber habe ich nicht gefunden.
Die Pfortader geht an der hintern Fläche in die Leber. Im Innern derselben
mögen wohl Communicationen seyn. Ja, in der frühern Zeit sind sie wohl nicht

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zu bezweifeln, da die Pfortader selbst unmittelbar in die Holllader geht und die
Uebergänge nur allmählig dünner werden. Die Beobachtung kann hierüber kaum
entscheiden, da die Leber so am Gefäfse durchzogen ist, dafs sie noch am zwölf-
ten Tage sich ganz von der Injectionsmasse färben läfst. Ich habe eine Leber aus
dieser Zeit vor mir, die wie ein Klumpen Injectionsmasse aussieht, von einer
Haut überzogen. Zerreifsungen sind dabei nicht zu linden.

/. Bauch- Die Bauchplatten sind noch sehr schmal, und nehmen anfangs ein Drit-

platten. ^gjj ^ dann fast die Hälfte der Höhe des Bauches ein; das Uebrige dieser Höhe
wird von der Bauchhaut umschlossen, welche mehrere Schichten deutlich unter-
scheiden läfst. So wie das Herz sich aus dem Halse zurückzieht, schliefst sich
die Höhle des letztern, indem die Bauchplatten sich daselbst enger zusammen-
legen. In den Bauchplatten ist der Anfang der Rippen kenntlich als dunkle
Streifen.

, , Rücken. Aus den Wirbelbogen schiefsen bald, nachdem sie oben geschlossen sind,

ganz merkliche Dornfortsätze hervor, wodurch der Rücken schiefer wird. Die
h. Extremi- Extremitäten haben sich verlängert, ihre Basis hat sich auf den Bauch- und Rük-
kenplatten ausgebreitet und sie haben sich in alle vier Hauptglieder getheilt. Ober-
arm und Oberschenkel sind sehr
kurz; Ellenbogengelenk und Knie nach aufsen
gerichtet, wie bei den meisten Amphibien; Unterarm und Unterschenkel laufen
etwas nach hinten, aber besonders der erstere, doch noch mehr nach unten.
Hand - und Fufsgelenk haben noch keine Selbstständigkeit, sondern die Richtung
des Unterarms und Unterschenkels wird durch die Endglieder fortgesetzt. Bis an
diese Gelenke ist noch grofse Uebereinstimmung in beiden Extremitäten. In den
\' Endgliedern ist zwar auch noch die ursprüngliche Uebereinstimmung nicht zu
verkennen, allein es tritt doch auch schon die Individualität deutlich hervor. In
ersterer Hinsicht sehen wir, wie beide Endglieder an Breite zugenommen und
ihre freien Ränder mehr nach unten gerichtet haben, als früher, besonders in der
vordem Extremität. Beide Endglieder haben sich in breite Platten umgewandelt,
welche die Form eines Kreisausschnittes haben. Der dunkle Inhalt, der am fünf-
ten Tage noch die Form des ganzen Endgliedes nachahmte, hat sich jetzt in ein-
zelne Strahlen gesondert. In diesen Strahlen schiefsen die verschiedenen Glieder
der Mittelhand und Finger, so wie des Mittelfufses und der Zehen an, und zwar
allmählig von den erstem anfangend bis zum letzten Gliede der letztern; denn die
dunklen Strahlen sind die
einzelnen Finger und Zehen, welche in der hellen Platte,
wie in einer Schwimmhaut liegen, aus welcher noch kein Finger hervorragt.
Fufswurzel und Mittelfufs sind noch eben so kurz, als Handwurzel und Mittelhand.
In der Fufswurzel bildet sich nicht ein einzelner Knorpel, sondern so viel als Ze-

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lien da sind. Eine Differenz zeigt sich aher darin, dafs im Endgliede der vordem
Extremität gleich anfangs drei Strahlen (Finger), im Endgliede der hintern Extre-
mität vier Strahlen (Zehen) sich bilden. Bei denjenigen Hühnern, welche fünf
Zehen haben, bilden sich auch alle fünf zugleich. In dem Flügel ist gleich an-
fangs der Mittelfinger der längste, der vordere oder der Daumen der kürzeste Fin-
ger. Im Fufs ist die vorderste Zehe die kürzeste, die vorletzte nach aufsen und
hinten die längste, allein der Unterschied ist so unbedeutend, dafs der Rand den-
noch in beiden Extremitäten kreisförmig aussieht. In allen einzelnen Zehen- und
Fingerstrahlen sind die Knorpel der einzelnen Glieder eingesenkt in eine fortlau-
fende Scheide, welche den Inhalt jedes einzelnen Strahls umfafst. Diese Scheide
ist die fibröse Hülle der Knochen.

Der Stirnfortsatz verlängert sich rasch nach unten und hinten (oder nach i, Kiefern,
vorn und unten, den Kopf auf der Basis ruhend gedacht). Zu beiden Seiten sei-
ner Wurzel liegen die Nasengruben. Die Oberkieferfortsätze wachsen gegen den
Stirnfortsatz. Am sechsten Tage ist ein tiefer Einschnitt zwischen beiden, des-
sen Spitze auf die Nasengrube trifft. Am siebenten Tage erreicht der Oberkie-
ferfortsatz jeder Seite den Stirnfortsatz unterhalb der Nasengrube. An der Spitz«
wird aber der Stirnfortsatz noch nicht vom Oberkieferfortsatz erreicht, es bleibt
vielmehr immer noch auf jeder Seite des Stirnfortsatzes ein kürzerer Ausschnitt,
welchen die Nasengrube nicht mehr erreicht. Die Mundöffnung hat daher auf
jeder Seite einen breiten Schenkel. Die Mitte wird verengt durch den vorragen-
den Unterkiefer. Dieser vergröfsert sich rasch und spitzt sich zu. Es ist derselbe
Theil, den wir früher als ersten Kiemenbogen beschrieben haben. Er besteht
also niemals aus zwei gesonderten Hälften, sondern ist vom Anfange an verwach-
sen. Nach innen von ihm liegt in der Mittellinie die Zunge als eine erhabene
Leiste.

Die noch bestehenden Gefäfsbogen Jiaben sich, nachdem die Kiemenspal- k. Hals,
ten mit Bildungsgewebe angefüllt worden, von der Rachenhöhle getrennt, und
ziehen sich rasch zurück, so dafs sie nur sehr wenig vor dem Herzen liegen.
Eben dadurch wird die vordere Fläche des Halses frei und kann sich verlängern
und gerade strecken. Der Kiemendeckel überwächst die zweite Kiemenspalte
und verlängert sich nach hinten, dicht an die Fläche des Halses sich anlegend
und daher rasch unkenntlich werdend. Zuweilen sieht man seinen hintern Rand
am Ende des sechsten Tages noch als ein erhabenes Leistchen vorragen. Nach
dem sechsten Tage habe ich nie eine Kiemenspalte entdecken können.

Durch die Ausbildung der Kiefern ist die Rachenhöhle nach vorn in eine i. Mund-
Mundhöhle verlängert. h5hle-

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Speise- Speiseröhre hat sich sehr verlängert, der Muskelmagen springt stark

rühre. nacj1 Ifnfrs VOr, und zeigt zwei helle Stellen, die sehnigen Mittelpunkte beider
Muskelmassen. Die Höhlung des Magens ragt weit über den Austritt des Zwölf-
fingerdarms hinüber. Vor dem Muskelmagen erkennt man den Vormagen. Beide
sind aber noch wenig abgegrenzt,
n. Magen Der Darm bildet hinter dem Magen eine Schlinge, welche den Zwölffin-

und Darm. „.er(jarin enthält, und weiter nach hinten eine zweite Schlinge, die aus zwei ganz
einfachen und gleichen Bogen besteht: der erste geht von der Schlinge des Zwölf-
fingerdarmes unmittelbar in den Nabel und ist der vordere Theil des Dünndarmes.
Der zweite geht aus dem Nabel eben so einfach zum After und enthält den hintern
Theil des Dünndarmes und den Dickdarm. Die Blinddärme entwickeln sich rasch
in diesen beiden Tagen. Am siebenten haben sie die Länge einer Linie, und lie-
gen dicht am Darme an, die blinden Enden nach vorn gekehrt,
o. Leher. Die Leber nimmt eine Menge Blut auf, und erscheint fast eben so roth,

wie die von Blut angefüllte Vorkammer des Herzens. Der linke Leberlappen, der
den Magen bedeckt, ist merklich kleiner, als der rechte. Die Milz ist vom Ma-
gen völlig abgetrennt.

P. Ath- Im Athmungsapparate finden wir die Luftröhre verlängert und sehr rasch

mungsappa- wacjlsent} j)^ Luftröhrenäste werden dadurch verhältnifsmäfsig kürzer. Der
Winkel, in welchem die Luftröhrenäste sich verbinden, wird stumpfer. Die
Lungen sind ganz getrennt vom Speisekanal, oder nur durch einen Streifen Bil-
dungsgewebe mit ihm verbunden. Jede Lunge theilt sich durch eine Einschnü-
rung in zwei Hälften, eine vordere gröfsere, und eine hintere innere, die viel
schmäler ist. Die vordere Hälfte ist solider. In ihr sieht man dunkle zusammen-
laufende Streifen noch sehr undeutlich. Es sind Verästelungen der innern Höhle.
Im hintern Theile ist die Höhlung ansehnlicher und nicht astförmig verzweigt.
Es ist dieselbe, welche schon früher (§. 6. h.) bemerkt wurde. Wo die Luftröhre
in die Rachenhöhle übergeht, zeigt sich eine kleine Erhabenheit, der Anfang des
Kehlkopfes. Der Uebergang selbst ist verengt. Am fünften Tage schien die
Luftröhre mehr unmittelbar in die Rachenhöhle überzugehen, und die Speise-
röhre senkte sich von oben in einen Bögen in die hintere Spitze der Rachenhöhle
ein. Jetzt ist die Ansicht anders, die Speiseröhre ist mehr die unmittelbare Fort-
setzung der Rachenhöhle. Diese Veränderung scheint mit der mehr gelösten
Krümmung des Halses zusammenzuhängen.
q, Woiffi- Schon am fünften Tage bemerkte ich, dafs sich nach obon und aufsen vom

scher Kör- Wolffiscben Körper ein blattförmiger Theil zeige. Man erkennt ihn am besten
im Q ueerdurch schnitte. Er geht in die Bauchwand über, und es bleibt zwischen

ihm

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ihm und dem Wolffischen Körper eine Lücke. Am sechsten und siebenten Tage ,
sieht man plötzlich an derselben Stelle einen sehr dickwandigen Kanal in der gan-
zen Länge der Wolffischen Körper fortlaufen. Nach hinten sich verdickend geht
er in das Ende des Mastdarmes oder die zukünftige Kloake ein (§. 10.
m.); nach
vorn läuft er weit über das Ende der Wolffischen Körper hinaus. Er scheint aus
dem losgetrennten Blatte, das man dem werdenden Bauchfelle zuschreiben kann,
gebildet, und da dieser Kanal später zum ausführenden Gange der Geschlechts-
theile, d.h. zum Eileiter oderSaamenleiter sich ausbildet, so liegt die Yermuthung
sehr nahe, dafs er in seinem ersten Auftreten den Kanälen entspricht, welche aus
der Bauchhöhle mehrerer Fische in die Geschlechtsöffhung führen. In der gan-
zen Länge des Wolffischen Körpers ist er bestimmt hohl. Vorn läuft er über die
Spitze des letztern hinaus, wird plötzlich dünner, vielleicht indem die Höhlung
des Kanals in die Bauchhöhle übergeht, und die dünne Fortsetzung konnte ich
über die ganze Lunge fort bis nah an den vordem Theil des Herzens verfolgen.
Hier verlor ich aber immer den Faden in der Nähe der Vorkammer, ohne seine
Endigung bestimmt angeben zu können.

In den hintern Theil dieses Kanals schienen mir, vom siebenten Tage an,
zahlreiche Gänge aus dem Wolffischen Körper einzugehen. Hiernach könnte man
auf die Vermuthung fallen, dafs dieser Kanal das umgewandelte Blutgefäfs sey.
Allein dagegen spricht die Weite und Dicke des Kanals. Auch konnte ich ihn
nie durch Injectionen der Blutgefäfse füllen. Ferner ist von hier an Rathke\'s
Darstellung, nach welcher dieser Kanal sich zum ausführenden Gange des Ge-
schlechtsapparates umbildet, nicht zu bezweifeln, und ich werde fortan dieser
Darstellung folgen, und den Kanal den Ausführungsgang des Geschlechtsappara-
tes nennen.

Dagegen mag ich aber auch die frühem Angaben, nach welchen der Wolf-
fische Körper ursprünglich aus einem starken Blutgefäfse sich bildet, nicht auf-
geben, so wenig ich auch beides zu vereinigen im Stande bin. Injicirte ich am
sechsten oder siebenten Tage Embryonen mit Glück, so füllte sich immer ein
Blutgefäfs, das unter dem Ausführungsgange in der ganzen Länge des Wolffischen
Körpers verlief und sich mit zahllosen Aesten in ihm verzweigte. Ich konnte
nicht mit Bestimmtheit ermitteln, ob es eine Vene oder Arterie sey, da beide Ar-
ten von Blutgefäfsen in Embryonen sich durch Injeetion zugleich anfüllen. Im
frischen Zustande sah ich gewöhnlich zwei Gefäfsstämme. Da die Aorta immer
bis zu dem Wolffischen Körper weiter ist und dann plötzlich dünn wird, so ist
es wahrscheinlich, dafs sie bedeutende Aeste in diese Körper schickte, und da
die ersten Hauptäste, in welche die Aorta im dritten Tage sich spaltet, gerade da

N

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liegen, wo die Wolffischen Körper sich erzeugen, so ist es möglich, dafs diese
aus ihnen hervorwachsen, und der Stamm der Aorta zwischen ihnen sich fest-
setzt. Ferner haben wir gesehen, dafs vom fünften Tage an deutlich aus dem
vordem Ende des Wolffischen Körpers eine starke Yene hervortritt, die mit der
benachbarten sich zu einem Stamme verbindet, der in die Hohlvene geht, oder
vielmehr jetzt den Stamm der hintern Hohlvene eben so ausmacht, wie in späte-
rer Zeit die beiden Hauptwurzeln der hintern Hohlvene aus den Nieren hervor-
treten. Es ist daher glaublich, dafs das Yerhältnifs der Blutgefäfse, wenigstens
der Venen, jetzt im Wolffischen Körper eben so ist, wie später in den Nieren.
Darnach könnte man vermuthen, dafs der dünne Faden, der aus dem hintern
Ende des Wolffischen Körpers zum Mastdarm-Ende geht, auch eine Vene sey, da
eine eben solche Vene später in die Nieren tritt. Dann würden die Wolffischen
Körper früher im Verhältnisse der Nieren stehen, jedoch ohne Ausfuhrungsgang
und ohne Secretion seyn. Ist der Faden ein Ausführungsgang, so ist die Aehn-
lichkeit mit den Fischnieren noch gröfser.

Ich führe diese Vermuthung nur an, um zu zeigen, dafs die Bildungsweise
des Wolffischen Körpers mir durchaus nicht klar ist, und unterdrücke mehrere
andere, wodurch der früheste Zustand mit dem spätem in Verbindung gebracht
wérden könnte. Es mufs hier etwas Wesentliches noch unentdeckt, oder von
mir nicht richtig gesehen seyn. Auch von der Niere weifs ich nur zu sagen, dafs
sie am Ende des fünften oder Anfange des sechsten Tages als eine dünne , fast un-
geformte Masse an der obern Fläche des Wolffischen Körpers entsteht.

Im Herzen sind die einzelnen Abschnitte mehr zusammengerückt. Die
Vorkammer schiebt sich aus ihrer linken Stellung allmählig über die Kammern.
Beide Herzohren liegen in einer Ebene, das linke ist noch das gröfsere. Der ge-
meinschaftliche Venensack hat nicht mehr blos die Gefafswand, sondern die Wan-
dung der ursprünglichen Herzohren, hat sich in diese hinein verlängert, und um-
giebt sie schon ganz. Im Innern scheint die Spur einer unvollständigen Scheide-
wand zu seyn, als Folge der äufsern Einschnürung. Indem sich der Venensack
ausgebildet hat, werden die ursprünglichen Theile der Vorkammern immer mehr
nach unten geschoben, und zeigen sich nun deutlich in der Lage als die Herz-
ohren. Der Ohrkanal Haller\'s wird bald unkenntlich, indem er sich in die Kam-
mern hineinschiebt, zugleich aber von der Muskelmasse der Kammern überwach-
sen wird. Dieser Ohrkanal scheint also die von der nervösen
Oeffnung jeder Kam-
mer in ihre Höhlung hinein ragende Verdoppelung der innern Haut des Herzens
zu bilden. Die Herzkammer hat nicht nur ihre Gestalt und Lage verändert, son-
dern erscheint schon äufserlich als eine doppelte. Man sieht nämlich an der untefri

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Fläche eine Furche, welche eine kleinere rechte, bei weitem nicht bis zur Spitze
reichende Kammer von der linken bis zur Spitze gehenden sondert. Die Aorten-
Zwiebel ist in einen Bogen ausgezogen, und hat am Ende des sechsten Tages, wenn
man das Herz von der Bauchseite betrachtet, ganz das Ansehn, als ob sie nur
aus der rechten Kammer entspränge, denn sie sitzt rechts von der Furche auf,
welche beide Kammern abgrenzt. Bei Eröffnung des Herzens findet man auf die-
ser Furche die Scheidewand, welche bis an die Aortenzwiebel reicht, diese hat
weniger das Ansehn eines Knollen, als früher. In ihr sind jetzt zwei weit ge-
trennte Kanäle enthalten. Der mehr nach der Bauchseite liegende kommt aus der
rechten Kammer, und bedeckt, von dieser Fläche angesehen, ganz den andern
Gang, und eben aus diesem Grunde scheint, von unten gesehen, die Aortenzwie-
bel aus der rechten Kammer zu kommen. Sie kommt aber aus beiden zugleich.

So viel zum allgemeinen Yerständnifs. Das Ansehn des Herzens verändert
sich indessen in diesen beiden Tagen so sehr, dafs wir noch mehr die einzelnen
Veränderungen nach der Zeitfolge durchgehen müssen.

Wir erinnern , dafs die rechte Kammer im Grunde schon lange da war,
aber mit der linken offene Gemeinschaft hatte, und mehr nach der Rückenseite
lag. Indem nun mit dem Schlüsse des fünften Tages die Vorkammern von links
nach der Mitte sich bewegen, werden auch die Herzkammern etwas um ihre Axe
gedreht. Es erscheint daher die rechte Kammer auch an der untern oder Bauch-
üäche, aber nur mit dem vordersten Ende, sieht deshalb, wenn man das Herz
nicht umdreht, wie eine Ideine seitliche Blase aus. Die Aortenzwiebel sitzt auf
der Scheidewand, und scheint noch um diese Zeit mehr der linken Kammer an-
zugehören, weil die rechte überhaupt nur am Rande sich zeigt und man den
Uebergang aus der linken Kammer in die Aortenzwiebel an der linken Seite der-
selben deutlich sieht. Dieses Ansehn gewinnt das Herz gegen Ende des fünften
Tages; sie ist entwickelter in der ersten Hälfte des sechsten. — Es ist merk-
würdig, wie schnell nun die rechte Kammer theils wirklich wächst, theils zu
wachsen scheint. Indem nämlich die Drehung fortschreitet, kommt nicht nur
mehr von der rechten Kammer an der Bauchfläche zum Vorschein, sondern da
das Blut jetzt aus der rechten Hälfte der Vorkammern von vorn nach hinten hin-
einschiefst, und dann wieder nach vorn und links umkehren mufs, wird die
Wand der Kammer immer mehr von der Scheidewand abgehoben, daher dies ra-
sche Deutlichwerden der abgrenzenden Furche. Dazu kommt noch, dafs die
linke Kammer eben auch durch die Drehung sich immer mehr in einen Kegel ver-
wandelt, die nun geschlossene Scheidewand also immer mehr gewölbt wird, und
daher .das Blut, das in die rechte Kammer tritt, nothwendig die Wand derselben

N 2

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abhebt, wodurch die Furche deutlicher wird. Am Ende des sechsten Tages steht
die Aortenzwiebel schon ganz vor der rechten Kammer, und am siebenten Tage
ist in der Herzkammer selbst wenig Drehung mehr zu erkennen, wohl aber im
Innern der Aortenzwiebel. Diese sieht nun weniger wie ein Knollen aus, und
scheint nun wieder weniger entschieden aus der rechten Kammer zu kommen, als
am Ende des sechsten Tages. Der Grund liegt darin, dafs der Kanal aus der
rechten Kammer, der nach links verläuft, jetzt schon an der Basis der Zwiebel
den linken Rand derselben einnimmt, denn die arteriöse Mündung dieser Kammer
ist schon sehr weit nach links gerückt. Die Umbeugung ihres Kanals, um sich
mit den andern zu verbinden, ragt also mehr nach der Rückenseite vor, und
nicht, wie früher, nach links 1). Ueberhaupt wird die Umbeugung des Kanals
schwächer, denn die Trennung beider Kanäle geht immer weiter nach vorn. Am
Ende des siebenten Tages ist die Aortenzwiebel in der ganzen Länge breiter ge-
worden, und man findet beide Kanäle im Innern ganz getrennt, ja sie werden
schon durch Furchen äufserlich etwas gesondert. Während dieser Umgestal-
tung verändert sich die Form des Herzens, indem sie anfangs breiter und dann
schmaler und länger ist. Auch seine Richtung bleibt nicht ganz dieselbe. Am
fünften Tage ist die Spitze des Herzens nach hinten gerichtet. Sobald es aber
ganz in die weite Bauchhöhle getreten ist, neigt sich die Spitze wieder etwas
nach unten.

der Arterien8 Am Schlüsse des fünften Tages sahen wir auf jeder Seite drei Gefafsbogen,

stamme. von denen der hinterste auf der linken Seite aber immer schwächer bleibt, als der
auf der rechten. Dieses Verhältnifs scheint darauf zu beruhen, dafs in der
Aortenzwiebel zwei Ströme sind, die sich um eiuander winden, und sich dann
zu einem gemeinschaftlichen Stamme, aus welchem eben jene Bogen kommen,
zusammenmünden. Der Strom aus der rechten Kammer hat nach der am fünften
Tage gegebenen Beschreibung an dem Ende, wo er mit dem andern zusammen-
mündet , die Richtung von links nach rechts und von unten (der Bauchseite) nach
oben (der Rückenseite). Da nun die hintern Bogen nicht so stark nach unten
herabsteigen, als die vordem, so wird der Strom aus der rechten Kammer vor-
züglich die hintern Bogen anfüllen. Da derselbe zugleich die Richtung von rechts
nach links hat, so schiefst er dem hintersten linken zurücklaufenden Bogen fast
ganz vorbei und vertheilt sich in den letzten rechten und vorletzten linken Bogen.

1  In dem veränderten Ansehn, welches der Aortenwulst in den verschiedenen Perioden der
Drehung gewährt, mufs man den Grund suchen, dafs frühere Beobachter ihm bald Gemein-
schaft mit der rechten, bald mit der linken Kammer zuschrieben. Die verschiedenen Grade
der Drehung können nur durch eine Reihe von Abbildungen kenntlich gemacht werden.

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Der hinterste linke Bogen wird daher nur sehr schwach angefüllt, und im Ver-
laufe des sechsten Tages schwindet er ganz. Der Strom aus der linken Kammer
hat dagegen zuletzt die Richtung von oben nach unten, und füllt daher vorzüglich
die beiden vordersten Bogen an, die am tiefsten herabsteigen. Der mittlere
Bogen der rechten Seite mag am fünften Tage an beiden Strömen gleichen Antheil
haben, später aber nur an dem Strome aus der linken Kammer. Beide Ströme
nämlich, welche, ich möchte sagen, nur gezwungen durch die frühere Einfach-
heit des Kanals zusammenlaufen, lösen sich hier an der Spitze der Aortenzwiebel
allmählig eben so von einander, als schon früher an der Basis derselben, und am
Ende des sechsten und Anfange des siebenten Tages geht der Strom aus der
rechten Kammer nur in die hintern Bogen der rechten und den jetzt ebenfalls
hintersten Bogen der linken Seite. Der Strom aus der linken Kammer geht in
beide vordere Bogen und aufserdem, vielleicht weil er überhaupt der stärkere
Strom ist, auch in den mittlem Bogen der rechten Seite. Beide Ströme sind nun
im Innern der Aortenzwiebel völlig getrennte Kanäle, wie Injectionen mich ge-
lehrt haben, obgleich man äufserlich die Trennung nicht erkennt. Wir haben
also jetzt fünf Bogen, zwei auf der linken, drei auf der rechten Seite. Die bei-
den hintern Bogen beider Seiten werden von der rechten Kammer, die übrigen
von der linken Kammer ausgefüllt. Nach oben laufen sämmtliche Bogen einer
Seite in die Aortenwurzel dieser Seite zusammen. So bleibt das Verhältnifs im
Grunde während der ganzen dritten Periode, jedoch mit allmähliger Umänderung,
indem die hintern Bogen sich mehr in die Lungen verzweigen. Wir werden im
nächsten §. diese Metamorphose genauer und im Zusammenhange mit der spätem
Form betrachten, nachdem wir hier ihren Uebergang aus der ersten Form berück-
sichtigt haben.

Endlich ist noch zu bemerken, dafs das Herz jetzt mit einem Herzbeutel be
versehen scheint, den ich zuweilen auch am fünften Tage zu bemerken glaubte.
Von der Entwickelung desselben weifs ich nur so viel anzugeben, dafs man auf
dem Herzen, nachdem es sich mit Muskelmasse umhüllt hat, eine Schicht durch-
sichtigen Stoffes bemerkt, bestimmt, den serösen Ueberzug des Herzens zu bilden.
Der äufsere Theil des Herzbeutels wird eine ähnliche Bildungsweise haben.

Am Centraltheile des Nervensystems erkennt man jetzt aufser der zuerst auf- m"s
getretenen Hülle, welche an Festigkeit zugenommen hat, eine zweite innere eng
anliegende. Jene ist die harte, diese die weiche Hirn - und Rückenmarkshaut.
Das Rückenmark hat da, wo die Nerven der Extremitäten hervortreten, bedeutend
an Dicke zugenommen. Beide Verdickungen laufen aber noch zusammen, so
dafs der ganze Rumpftheil verdickt ist gegen den weit dünnern Halstheil. Die

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untern Stränge des Rückenmarkes sind, wenigstens im Rumpfe, stärker, als die
obern. Nimmt
man die Hülle weg, so sieht man eine Spalte an der obern Fläche
des Rückenmarkes. Beide Blätter liegen aber doch eng an einander, gleichsam
zusammengeklebt. In kaltem Wasser rollen sie sich jedoch nach aufsen, nachdem
man die Hülle entfernt hat. An Embryonen vom sechsten Tage habe ich mehrere
Nerven vom Rückenmarke aus bis tief in die Bauchplatten ausgearbeitet. Sie sind
überaus dünn, nicht einmal von der Dicke eines Haares.

v. Him. Im Hirne sind die Vierhügel der vorherrschende Theil, der weit über die

Allgemeine °

Form. andern vorragt und dem Kopfe eine stumpfe Spitze giebt. Am siebenten Tage
nimmt ihr Wachsthum jedoch schon ab. Da der Nackenhöcker sich in diesem
Zeiträume schärfer hervorhebt, so ist nun auch der Winkel, den hier das Rücken-
mark mit dem verlängerten Marke macht, viel schärfer, als früher. Er ist fast ein
rechter. Eben so wird der darauf folgende Winkel der Uebergang aus dem ver-
längerten Marke in das ldeine Hirn aus einem stumpfen zu einem rechten Winkel.
Ueberhaupt also werden die hintern Einbiegungen des Hirnes schärfer. Dagegen
lost sich die vordere Hälfte des Hirnes etwas aus der Krümmung, und alle einzelnen
Theile rücken der Rückenseite des Embryo näher, ganz entsprechend der allge-
meinen Form des Körpers, die wir oben aus einander setzten (§. 9.
d.).

Wenn wir nämlich die Umbeugung der Rückensaite als den festen Punkt
der Drehung betrachten, so können wir diese am besten dadurch anschaulich
machen, dafs wir sagen, alle Abschnitte des Hirnstammes mit seinen Ent-
wicklungen (den Hirnblasen), die nach der Lage des gesammten Embryo über
(oder den Kopf auf seine Basis gestellt, hinter) dieser Umbeugung liegen, knicken
sich schärfer ein. So sehen wir die Vierhügel nicht mehr vor (über) der Um-
beugung der Rückensaite, sondern mit dem gröfsten Theile des Umfanges über
(hinter) ihr. Dadurch stofsen nicht nur die Vierhügel ganz an das noch gespaltene
kleine Hirn, sondern überdecken die hintere Wasserleitung völlig und den Ueber-
gang in das kleine Hirn. Ja, die Decke der Vierhügel wird durch das Zu-
sammenschieben sehr stark gefaltet mit zwei bis drei tiefen Faltungen, die schief
nach vorn gerichtet sind, gerade so, als ob der vordere Theil der Vierhügel sich
in beschleunigtem Rückzüge über den hintern Theil habe schieben müssen. Dals
dieser Ausdruck nicht blofs das Verhältnifs versinnlicht, sondern wirklich das
Wesen desselben angiebt, schliefse ich daraus, dafs die harte Hirnhaut nie in
diese Faltungen eingeht. Ja, es schien mir oft sogar, als ob
selbst die weiche
Hirnhaut darüber wegginge, während ich in andern Fällen deutlich die weiche
Hirnhaut aus der Falte hervorgezogen habe. In die mittlere Einsenkung zwischen

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Leiden Hirnhälften, die an Tiefe sehr zunimmt, geht dagegen die harte Hirnhaut
immer tief ein.

Unter (Vor) der Umheugung der Rückensaite strecken sich die einzelnen
Theile etwas mehr gerade, wenigstens der Hirnstamm, denn die Hemisphären
rücken freilich so nach oben, dafs sie sich etwas über die Blase der dritten Hirn-
höhle neigen. Aber eben dieses Verhältnifs beruhtauf der Tendenz, sich nach
dem Rücken zu ziehen, die im untern (vordem) Theile des Hirnes waltet. Die
Ursprünge der Riechnerven, die am dritten und vierten Tage in der Mitte der
untern Fläche zu finden waren, liegen jetzt fast ganz vor, und sind es in Zukunft
noch mehr.

Indem die Blase des grofsen Flirnes sich gegen die Blase des dritten Ven-
trikels
verlängert, wird die Abgrenzung zwischen beiden Blasen tiefer, so dafs
äufserlich die Seitenfläche der Hemisphäre wie ein Hügel nach hinten vorsteht 1).
Da
zugleich die mittlere Einschnürung sehr an Tiefe gewonnen hat, und diese
mittlere Einschnürung auch die vordem Enden der Hemisphären weiter von ein-
ander trennt, so sieht man im Innern der Blase des grofsen Hirnes einen tief hinein-
ragenden Bogen, welcher vorn mit zwei nahe an einander liegenden Schenkeln in
die Basis jeder Hemisphäre übergeht. Nach hinten
läuft dieser Bogen auch in zwei
weiter getrennte Schenkel aus, die nichts anderes sind, als die seitlichen Einschnü-
rungen, welche die Hemisphären gegen die Blase des dritten Ventrikels abgrenzen.
Der ganze Bogen mit seinen vier Schenkeln ist überhaupt kein neuer Theil, sondern
eine Ansicht, die durch die Einkerbungen hervorgebracht wird. In der That ist
es leicht begreif lieh, dafs, wenn man an einer Blase die Decke vorn und oben in
scharfem Winkel eindrückt, und nach hinten eben so durch seitliche Eindrücke
die Blase von einer hintern Fortsetzung abschnürt, ein solcher vierschenklicher
Bogen entstehen mufs. Der vierschenkliche Bogen ist offenbar dem Gewölbe der
Säugethiere entsprechend und unterscheidet sich nur dadurch, dafs in
ihm keine
dicken Längenbündel sich bemerken lassen. Er besteht hier im Vogel
-Embryo
vielmehr nur aus einer einspringenden Falte, deren Ränder das Gewölbe dar-
stellen. Es ist daher das Gewölbe schon von Anfange an da und am fünften Tage
schon ganz deutlich, wir setzen aber hier seine Bildung besonders aus einander,

1  Indem wir es für nothig hielten, bei Beschreibung der allgemeinen Form des Hirnes auf die
Krümmung des ganzen Embryo Rücksicht zu nehmen, haben wir sowohl dies Lagen-
verhältnifs zum ganzen Embryo,
als zu dem Kopfe für sich angegeben. Der Versuch dieses
auch bei Beschreibung des einzelnen durchzuführen,
hat aber gezeigt, dafs sie dadurch nur
undeutlich wird. Deswegen ist in diesem Abschnitte bei Beschreibung der einzelnen Theile
das Hirn auf seiner Basis ruhend beschrieben.

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weil am sechsten Tage die Verhältnisse unverkennbar sind. Am siebenten Tage
scheinen die vordem Schenkel des Gewölbes etwas dicker an ihren Enden
, wo sie
in den Boden des Hirnes übergehen. Es geht aus der gegebenen Darstellung her-
vor, dafs unter den hintern Schenkeln des Gewölbes ein offener Uebergang in die
Blasen der dritten Hirnhöhle sich findet.

Was aber das Offenseyn der ganzen Hirnmasse anlangt, so kann man jetzt
darüber näher entscheiden,
da die weiche Hirnhaut zu erkennen ist. Bei Eröff-
nung der Hemisphäre linde ich immer noch die mittlere Einseukung ganz von
einer continuirlichen Lage Nervenmasse bedeckt. Allerdings springt die Nerven-
masse in erhärteten Hirnen an der Kante der Einsenkung leicht von einander.
Dieser Umstand rührt aber wohl ohne Zweifel von
dem scharfen Winkel her, in
welchem beide Seiten zusammenstofsen
, denn das Aufreifsen erfolgt mit zackigen
Rändern, und da ich stets Nervenmasse in der Mittellinie erkannt habe, so
zweifle ich nicht, dafs die
Decke des groi\'sen Hirnes bis jetzt nicht offen gewesen
ist. Eher könnte man noch zweifeln, ob nicht die Decke der Vierhügel
am
sechsten Tage sich öffnet, denn die Mittellinie der Einsenkung ist am siebenten
Tage sehr dünn und hängt noch sehr eng mit der weichen Hirnhaut zusammen.
Ich finde aber dennoch keine wahre Lücke im Markblatte. Später wird das
Markblatt dicker und die Einsenkung nimmt ab. Wenn nun die bisherige Dar-
stellung richtig war, so läfst sich mit Bestimmtheit behaupten, dafs das grofse
Hirn und die Vierhügel bis jetzt in ihrer Decke nicht offen gewesen sind. Da-
gegen ist die dritte Hirnhöhle in ihrem vordem Theile ganz weit geöffnet, ja die
Ränder der Seitenblätter drängen stark nach aufsen, so dafs der Saum der letztern
sich umwirft, wenn man die Hirnhaut wegnimmt. Ueber die Oeffnung der
vierten Hirnhöhle ist nie ein Streit gewesen. Nur im ersten Auftreten ist auch
hier der Centraltheil des Nervensystems geschlossen (§. 2. m. §. 5. aa.).

Oeffnet man das Hirn, so sieht man im Innern desselben jetzt sehr deut-
lich den gestreiften Körper, um den der Seitenventrikel sich windet. Es ist der
Kolljen, von welchem wir am fünften Tage berichteten, dafs er das eine Ende
des Hirnstammes bilde. Er wächst vom fünften bis zum
siebenten Tage sehr
rasch, und wie es scheint vorzüglich in die Höhe, denn die Fortsetzung des Hirn-
stammes scheint jetzt mehr in seine Basis zu gehen, als in seine Masse, eine An-
sicht, die zum Theil auch darauf beruhen mag, dafs das grofse Hirn sich etwas
aus seiner Krümmung gehoben hat.

An der Spitze des Trichters bemerkt man ein kleines Knöpfchen, den
Hirnanhang, der noch wenig vom Trichter getrennt ist, und vielleicht einer Ver-
wachsung der Spitze des Trichters seinen Ursprung verdankt.

Die

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Die Sehnervengrube ist enger und tiefer geworden. Beide Eingänge der
Sehnerven sind dadurch zusammengerückt, und bilden, wenn man von der Basis
die Sehnerven wegschneidet, zuerst eine zweischenkliche, dann eine ganz ein-
fache OefFnung in der Spitze dieser trichterförmigen Yorragung, die jetzt ansehn-
licher ist, als der eigentlich sogenannte Trichter. Aus der Spitze dieser Vorra-
gung treten die Sehnerven hervor. Man sieht leicht ein, dafs die Spitze dieser
hohlen Vorragung nichts ist, als die Kreuzung der Sehnerven, denn bis jetzt lief
jeder Sehnerve, ohne sich mit dem andern zu kreuzen, in das Auge seiner Seite.
Eine Kreuzung ist auch jetzt noch nicht, aber sie ist vollkommen
vorbereitet, wie
wir im nächsten Zeitabschnitte finden werden.

An der innern Fläche der dritten Hirnhöhle sieht man eine rundliche Vor-
ragung— den Sehhügel. Er war schon am fünften Tage angedeutet, tritt aber
jetzt bestimmter hervor. Er ruht auf dem Hirnschenkel, hebt sich aber noch
mehr aus dessen Fläche hervor, als der gestreifte Körper, so dafs der Hirnschen-
kel unter ihm wegzugehen scheint.

Aus ihm geht ein schmaler Wulst oder ein Strang in die hintere Wand der
Sehnervengrube, und ein Theil des Hirnschenkels scheint in eben diesen Strang
überzugehen, die Stränge beider Seiten laufen in einander über; doch beruht diese
Beschreibung nur auf dem äufsersten Ansehn, indem ich noch immer keine deut-
liche Faserung erkenne.

Die hohlen Eingänge in den Hörnerven und den Riechnerven konnte ich
vom Anfange dieser Periode an nicht mehr auffinden.
Die Stelle, an welcher der
Riecbnerve austritt, ist nur sehr dünnwandig.
Der Eingang in den Sehnerven
ist, wie bemerkt wurde, noch hohl, aber der Sehnerve scheint solide und läfst
sich leicht in zwei Stränge theilen. Die Netzhaut ist noch sehr dick, dicker, als
die Decke des grofsen Hirns. Sie reicht aber in dieser Dicke nicht mehr bis an
die Linse, sondern in einiger Entfernung von der Linse sieht man sie plötzlich
dünn werden, und der dünne ringförmige Theil hat am 6ten
Tage noch das An-
sehn eines sehr verdünnten Nervenblattes, am 7ten aber ist er durchsichtiger und
giebt sich als das Strahlenblättchen zu erkennen.
An derselben Stelle, wo die
Netzhaut aufhört, sieht man nun auch in der dunklen Haut eine Trennung in
Aderhaut und Ciliarkörper.
Letzterer bekömmt einige sehr kleine Falten. Ich
weifs
nicht, ob es eine wahre Trennung ist, oder ob nur die Netzhaut und Ader-
haut sich von der Linse zurückziehen und das Strahlenblättchen und der Ciliar-
körper neu hinzugetretene Theile sind. Auffallend ist der geringe Zusammenhang
zwischen Gefäfshaut und Ciliarkörper, denn oft bleibt nach Erhärtung im Wein-
geist der Ciliarkörper beim Aufheben der Gefäfshaut auf dem Glaskörper und der

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Linse liegen. Die Trennung zwischen Gefäfshaut und der noch sehr dünnen har-
ten Augenhaut ist ganz vollständig, und die Hornhaut steht nur mit der letztern in
Verbindung. Die Gefäfshaut ist unter der Netzhautfalte, die zwei starke Wülste
enthält, noch ungefärbt, aber der weifse Streifen ist nur an der Eintrittstelle des
Sehnerven ansehnlich. Nach aufsen nimmt er ab.

Ohr. Das Ohr ist nach aufsen geöffnet. Diese Oeffnung liegt über der Mund-

spalte. Man kann sie nicht mit der ersten Kiemenspalte verwechseln, weil sie
in den Rückenplatten und nicht in der Bauchplatte liegt. Die Ausmündungen bei-
der Eustachschen Röhren rücken einander näher, und die Röhren selbst liegen
nur an der Anlage des Keilbeins an, nicht in derselben.
y. Nase. Die Nasengrube nimmt am sechsten Tage an Tiefe zu. Indem der Ober-

kiefer mit dünner Spitze den Stirnfortsatz erreicht, bleibt zwischen beiden eine
Lücke, der Nasengang, der nach aufsen als äufsere Nasenöffnung ausgeht, mit
dem andern Ende aber in die Mundhöhle geht. Dieser Gang ist kurz, indem er
fast senkrecht hinabsteigt, denn die Einmündung des Nasenganges in die Mund-
höhle ist ganz dicht hinter der Schnabelspitze, wie in Amphibien. Der ganze
Nasengang geht unter der Nasengrube weg, welche nur von oben.in den Nasen-
gang einmündet.
Das Riechorgan hat sich also früher gebildet, als der für die
Athmung bestimmte Luftkanal; denn jene schon am 4ten
Tage bemerkte Nasen-
grube ist das eigentliche Riechorgan.

§. 10.

Achter, neunter und zehnter Tag.

a. Alige- Der Dotter scheint noch an Umfang zuzunehmen. Der Gefafshof derKeim-

ieüe. El haut dehnt sich bis auf | des Dottersackes aus. Die Grenzvene schwindet aber
ganz. Auch die andern Gefäfse nehmen ab, jedoch die Arterien mehr, als die Ve-
nen. Ja, in letzteren ist die Abnahme vielleicht nur scheinbar, denn während sie
an der Oberfläche weniger deutlich erscheinen, ragen sie auf der untern Fläche
wie erhabene Wülste sehr stark vor. Sie sind hier mit einem gelben, Dotterkügel-
chen enthaltenden und daher von ihnen gefärbten Zellgewebe stark bedeckt. Die
zarten Aeste, welche wenig Blut enthalten, sehen deshalb gelb aus. (Haller\'s
vasa lutea.\') Dafs diese feinen Reiser unmittelbar unveränderte Dottermasse auf-
nähmen, wie man sich gedacht hat, scheint mir sehr zweifelhaft. Das gelbe
Ansehn leite ich nur vom Ueberzuge her. Rührte das gelbe Ansehn von enthalte-
nem Dotter her, so miifsten in den gelbenGefäfschen die gröfsern Dotterkügelchen
seyn, da diese vorzüglich die färbenden sind, ja es müfsten viele solcher grofsen

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Dotterkügelchen zugleich in einem Gefäfsaste sich finden, um so dünne Ströme
gelb zu färben. Es sind aber die gröfsten Dotterkügelchen sehr viel gröfser, als
die Blutkügelchen, und wenn die Venen hinlänglich weite Mündungen hätten, um
jene aufzunehmen, so ist nicht einzusehen, wie das Blut nicht ausfliefst, da die
geringste Verletzung einer Vene der Keimhaut das Blut von allen Seiten dahin zu-
sammenfliefsen läfst. Es schien mir, dafs im Embryo des Hühnchens die Gefafse
immer vom Blute mehr ausgedehnt sind, als im erwachsenen Thiere, weil sich in
jenem auch für kleine Gefäfse viel schwerer eine Verschliefsung entweder durch
Zusammenziehendes Gefäfses oder durch einen Blutpfropf bildet, als in diesem.
Dagegen ist es keinem Zweifel unterworfen, dafs der flüssige Theil des Dotters
von den Venen aufgesogen wird, denn vom lOten Tage an ist die Abnahme des
Dotters beträchtlicher, als die Aufnahme durch den Dottergang allein bewirken
könnte, und in den feinern Venenzweigen ist das Blut so wenig gefärbt, dafs mau
die Beimischung eines wenig gefärbten Wassers zu erkennen glaubt. Auch führt
die Aufnahme des flüssigen Theiles von Eiweifs darauf hin.

Das seröse Blatt hat sich bis zum äufsern Umfange des Gefäfshofes getrennt,
und der Harnsack verbreitet sich in diesem Räume nach allen Seiten. Die Ge-
fafse mehren sich in demselben sehr. Der Uebergang seiner Arterien in die Ve-
nen scheint in den feinern Zweigen unmittelbar. Die linke Kabelarterie ent-
wickelt sich stärker, als die rechte. Der Harnsack bedeckt den gröfsten Theil
des Dottersackes als eine geschlossene Blase. Die eine Hälfte dieser Blase liegt
nämlich auf dem Amnion und dem Dottersacke, die andere an der serösen Hülle
und mit ihr an der
Schaalenhaut. Diese äufsere Hälfte ist viel blutreicher als die
innere. Beide Hälften sind durch die enthaltene Flüssigkeit getrennt. Jede Hälfte
besteht ursprünglich aus dem der Flüssigkeit zugekehrten Schleimblatte und dem
Gefäfsblatte. Beide Blätter werden aber im Verlaufe dieser Tage in der untern
Hälfte und im Stiel, also da, wo die Athmung weniger vorherrschend ist, un-
kenntlicher , und scheinen besonders in letzterer nur ein Blatt zu bilden, von wel-
chem ich nicht habe bestimmen können, ob es das ursprüngliche Schleimblatt
oder Gefäfsblatt oder eine Verwechselung beider ist.

Das Amnion ist stark angefüllt von Flüssigkeit. Das Hin- und Herschwan- ^
ken des Embryo, unterstützt von Contractionen des Amnions, ist am achten Tage
sehr lebhaft, weniger lebhaft in den folgenden Tagen. Dafs das Amnion dabei
selbstthätig ist, erschien mir unverkennbar, (obgleich ganz unerwartet,) denn
erst nachdem das Amnion sich an* einem Ende unter starker Runzelfing zusammen-
gezogen hatte, bewegte sich der Embryo nach dem entgegengesetzten Ende von
der Flüssigkeit getragen. Reizte ich das Amnion mit der Nadel, so wurden die

0 2

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Zusammenziehungen lebhafter, oder traten wieder hervor, nachdem sie aufge-
hört hatten. Die Bewegung des Embryo ist daher durchaus keine Kreisbewegung,
wie
in Schnecken-Embryonen, sondern ein Hin- und Herschwanken durch eine
Art
Pulsation hervorgebracht.
Gestalt Der Fötus wächst stark vom 8teil bis zum loten Tage. Er ist noch sehr

gekrümmt, doch kann wegen stärkeren Hervortretens des Bauches der Kopf lange
nicht mehr den Schwanz berühren, Immer noch ist die rascheste Entwickelung
im Kopfe, und es scheint dieser noch entschiedener dem Rumpfe an Masse über-
legen , als in den früher besprochenen Tagen, was vielleicht daher rührt, dafs
für die äufsere Ansicht das Hinterhaupt jetzt bestimmter zum Umfange des Kopfes
gehört. Der Oberschnabel hat anfangs auf beiden Seiten noch einen Ausschnitt,
welcher später in eine sanfte Ausrundung übergeht, und am Ende des zehnten Ta-
ges kaum bemerklich ist. Auf der Spitze des Oberschnabels entsteht ein kreide-
weifser Flecken. Die Form des Kopfes wird viel runder, indem die Vierhügel
weniger vorragen.

Der Hals wird bedeutend länger und freier, doch ist er hinten noch merk-
lich länger, als vorn. Der Nackenhöcker ist am 8ten Tage noch sehr stark vorra-
gend, später weniger. Am 9ten und loten Tage erheben sich in der Haut die
Federbälge, zuerst auf der Mittellinie des Rückens vom Halse bis an den Steifs
und auf den Hüften. Am stärksten ragen die Bälge der Steuerfedern auf dem
Steifse vor.

d, Extremi- In f]en Extremitäten tritt die Differenz mehr hervor. Der Ellenbogen rich-

tet sich nach hinten, das Knie nach vorn. Flügel und Fufs sind aber am 8ten
Tage in ihrer Richtung noch ganz abhängig vom Unterarm und Unterschenkel.
Die Finger der Hand sind also mit ihren Spitzen nach vorn gerichtet, die Zehen
nach hinten. Dann tritt eine Selbstständigkeit im Hand-und Fufsgelenke ein;
ersteres richtet sich mit seiner Streckseite nach vorn, letzteres nach hinten. Die
Fingerspitzen bewegen sich daher in einem Bogen von vorn nach hinten, die Ze-
henspitzen von hinten nach vorn. Am Schlüsse des zehnten Tages berühren sich
die einander zugekehrten Ellenbogen - und Kniegelenke fast. Die Zehen sind sehr
stark nach vorn gerichtet, die Finger noch etwas mehr nach unten als nach hin-
ten. Zugleich entwickeln sich die Finger und Zehen, so dafs zuvörderst die An-
lage aller Glieder jedes Fingers und jeder Zehe sich innerhalb der Hautlappen bil-
den , und dann die Finger über die Hautlappen herauswachsen. Beim Heraus-
wachsen bleiben der mittlere Finger und der hintere vereint, ja sie werden durch
die sich verdickende Haut noch enger verbunden, weshalb man am Ende des zehn-
ten Tages sie äufserlich nicht mehr von einander unterscheidet. Es sind die bei-

c.

des Embryo.

täten.

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den im Hauptflügel enthaltenen Finger. Der Vorderfinger wächst dagegen mehr
nach vorn hinaus, ist am neunten Tage völlig abgesondert und wird der Stamm
des Afterflügels. Da das vordere Endglied sich zugleich nach hinten richtet, so
hat es am 1 Oten Tage schon vollständig den Character des Flügels. Es fehlen nur
die Federn. An der hintern Extremität sondert sich eben so die vordere Zehe
zuerst und stellt sich immer mehr nach innen, indem sich die Sohlenfläche,
welche ursprünglich nach innen gekehrt war, nach unten stellt und wird die
Hinterzehe; die andern Zehen wachsen ebenfalls über die Zehenhaut, jedoch ge-
sondert und mit ungleicher Geschwindigkeit, wodurch die Ungleichheit in der
Länge der Zehen zunimmt, und am Ende des lOten Tages auch der Fufs schon
im Allgemeinen seine Form hat. Nägel fehlen aber noch.

Der Nabel ist trichterförmig und erscheint daher als unmittelbare Fort- Nabel.
Setzung des Bauches, in welche die Darmschlinge so tief hineinragt, dafs der Dot-
tergang in
der Spitze des Trichters liegt.

Die Bauchplatten nehmen bedeutend an Höhe zu und erreichen einander pl^e®aueh"
vorm An dieser Stelle entsteht gegen Ende dieses Zeitabschnittes das Brustbein als Nerven,
eine kurze und breite Platte, ohne Spur von Kamm. Ich konnte nicht bemer-
ken , dafs sich dieser Knorpel aus zwei Hälften bilde. Zu beiden Seiten werden
die Rippen viel früher deutlich begrenzt, zwischen den Rippen schiefsen Muskeln
an. In dieser Periode habe ich endlich auch zuerst Nerven mit Deutlichkeit nicht
blos
gesehen, sondern auch im ganzen Verlaufe ausgearbeitet, und zwar nun auch
fast alle Nerven des Rumpfes. Sie sind indessen schon viel früher da, und ich
habe bemerkt, dafs ich die abgerissenen Enden schon am fünften Tage erkannte
und einen Theil des Stammes am sechsten und siebenten Tage verfolgte, al-
lein wegen der geringen Gonsistenz sind sie, besonders ohne Erhärtung durch
Weingeist, erst lange nach der Bildung im weitern Verlaufe zu erkennen. So ist
es kaum zu bezweifeln, dafs die eigentümliche Verzweigung des herumschwei-
fenden Nerven durch das Zurückweichen
der Aortenbogen und den frühesten, ver-
hältnifsmäfsig hohen, Stand des Luftröhrenendes veranlafst wird. Auch glaubte
ich zuweilen den herumschweifenden Nerven am Hühnchen am fünften Tage als
ein höchst zartes Fädchen gesehen zu haben, jedoch nie mit
hinlänglicher Bestimmt-
heit. Ob jemals die Beobachtung nachweisen könne, dafs die Nerven in das
Rückenmark hinein- oder aus diesem herauswachsen, bezweifle ich durchaus.
Zwar scheint das Rückenmark während der beiden ersten in dieser Darstellung
angenommenen Perioden glatt, wenn man es aus seiner Höhle nimmt, und man
sieht keine Einfügung der Nerven; da aber in den Rückenmarksnerven wahr-
scheinlich, wie im Rückenmarke selbst, die Scheide erst später sich entwickelt,

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so ist es natürlich, tlafs ein so zartes Fädchen aus ganz weicher Masse bestehend
und dabei wenig gefärbt und dünner als ein Haar keine Spur zurückläfst. Dafs
die
Sinnesnerven offenbar aus dem Hirne hervorwachsen, beweist nicht, dafs die
andern
Nerven auf dieselbe Weise entstehen, denn die Sinnesorgane werden eben
erst durch die Hervorstülpungen des Hirnes erzeugt. Die Bauchplatten und Rük-
kenplatten bilden sich aber unabhängig vom Rückenmarke. Dafs die Nerven aus
den sich bildenden Muskeln oder andern Theilen in den Centraltheil hineinwach-
sen, ist mir wenigstens eben so unwahrscheinlich, als das Entgegengesetzte, da
eine solche EntWickelung irgend eines Theils von einem Ende zum andern fort,
so dafs das Eine Ende neuen Ansatz bekommt, mir sonst nirgends vorgekommen
ist. Vielmehr scheint jeder Theil gleich ganz da zu seyn, und nur aus sich eine
Entwickelung zu erfahren. Hiernach ist es wahrscheinlich, dafs, sobald eine
hinlängliche Differenzirung in den Bauchplatten oder andern Theilen da ist, um
Nervenmasse von anderer Masse, sey es auch nur auf der untersten Stufe der Dif-
ferenzirung , zu
scheiden, der Nerve seiner Ausdehnung nach immer ganz da ist
und beide
Enden hat, das centrale wie das peripherische,
o Muskeln Bald nachdem sich die Knorpeln gebildet haben, sieht man auch Fase-

cherlngknb ruDgen in dem anliegenden Bildungsgewebe, — die werdenden Muskeln nämlich.

Ihre Sehnen sind ununterbrochene Fortsetzungen der Knochenhaut. In der Stufe
der Bildung, die wir hier darstellen, sind schon ziemlich alle Muskeln der Extre-
mitäten kennbar, besonders aber die auf dem Hüftbeine und dem Schulterblatte
liegenden, welche man, nach Entfernung der Haut, schon mit unbewaffnetem Auge
sehr deutlich unterscheiden und mit dem Messer trennen kann. Mehr eingesenkt
in das allgemeine Bildungsgewebe und weniger von
ihm geschieden sind die Mus-
kelbäuche am Vorderarm und Unterschenkel. In der hintern Extremität zeigt
sich auch am frühesten Verknöcherung. Der erste Verknocherungspunkt findet
sich im Schienbein am Anfange des neunten oder am Ende des achten Ta-
sjes. Er ist am Ende des neunten Tages schon ansehnlich und hart. Um diese
Zeit tritt Verknöcherung im Oberschenkel und in den ersten Gliedern der Ze-
hen ein.

h. Lage der In der Bauchhöhle ist durch das vollständige Hineintreten des Herzens die

in derBauch- Lage der enthaltenen Eingeweide sehr verändert. Leber und Magen sind nämlich
höhle. Ma- sekr zurück gedrängt. Da sich zugleich die Leber sehr vergröfsert, steht der Bo-
§e"\' den des Magens nicht weit von der hintern Wand der Bauchhöhle ab. Eben da-

durch hat der Bauch so bedeutend an Höhe gewonnen, indem der Darm, der sich
merklich vergröfsert hat, nach unten geschoben ist. Der Vormagen ist sehr deut-
lich und selbstständig ausgebildet. Das blinde Ende des Magens ragt weit über

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den Austritt des Darines vor. Am Anfange dieses Zeitabschnittes geht die
Höhlung des Vormagens noch fast ohne Verschnürung in die Höhlung des Muskel-
magens über, und letzterer ist mehr der Boden des Magens, als ein selbstständiger
TheiL Es ist daher mehr Aehnlichkeit mit dem Bau des Magens derjenigen
Vögel, die vom Raube leben, später ist die Sonderung äufserlich und innerlich
schärfer. Der Magen geht hiermit in die Form über, die er in den Vögeln,
welche von Körnern leben, hat.

Verfolgen wir den Speisekanal weiter nach vorn, so finden wir die Speise- KroPf-
röhre nicht nur weiter, sondern sie erweitert sich besonders am untern Theile
des Halses in eine blasige Auftreibung, deren Gonvexität nach rechts sich richtet.
Es ist der Kropf. Er scheint schon am siebenten Tage angedeutet und ist vom
achten an unverkennbar.

Der Darm hat sich bedeutend vergröfsert, aber doch lange nicht in dem lJarm.
Maafse, wie der Magen. Aus der ersten Schlinge des Darmes wächst jetzt das
Pankreas bedeutend in die Länge hervor, die zweite Schlinge ragt bis aus der
Nabelöffnung hinaus. Die vordere Hälfte des Dünndarmes hat sich zu sehr ver-
längert, um in einem einfachen Bogen in diese Schlinge überzugehen, die hintere
Hälfte des Darmes hat sich weniger verlängert; aber der weite
Darm unterscheidet
sich durch die gröfsere Weite schon auffallend vom engen Darme. Die Blind-
därme sind i— Linien lang, eben so lang ist der weite Darm. Dieser letztere ist
deutlich durch
eine Falte gegen die Kloake abgegrenzt. Ich weifs nicht anzu-
geben , ob die Falte nicht schon früher sich gebildet hat. Gegen Ende dieses
Zeitraumes zeigt sich die erste Spur der
Bursa Fabricii, Wahrscheinlich entsteht
sie auch durch Hervorstülpung. Doch habe ich ihre Ausbildung nicht vollständig
verfolgen können. Die Afterspalte ist von einem vorragenden Wulste umgeben.

Die Leber erscheint nicht mehr so roth als früher, sondern mehr braun- i\' ^eiier

und Milz

gelb ; die Blutgefäfse haben sich verengt und das Parenchyma ist schon vermehrt.
Injectionen färben jedoch die Leber noch vollständig. An derselben zeigt sich
die Gallenblase. Die Milz ist vom Magen weiter entfernt und wird von einem
Blatte gehalten, das zum Magen geht. Dieses Blatt ist jetzt schon sehr dünn und
hat daher vollständig die Beschaffenheit des Netzes.

Das Bauchfell ist jetzt unverkennbar, aber dicker als im spätem Zustande, BaucI>-
und ein weniger in sich zusammenhängendes und verdichtetes Blatt. Man erkennt
nämlich schon früher einen durchsichtigen Ueberzug, der alle Organe, so weit
sie an die Bauchhöhle grenzen, überzieht und ihnen das Ansehn gieht, als ob sie
mit einer Leimauflösung überstrichen wären. Dieser Ueberzug wird in fort-
gehender Entwickelung immer mehr blattförmig, d.h. consistenter und dünner.

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So scheinen alle serösen Häute sich zu bilden, indem die an eine mit thierischem
Wasser gefüllte Höhle grenzenden Organe einen solchen Ueberzug erhalten.
n.Athmuttgs- Die Athmungsorgane bilden sich in dieser Zeit rasch aus. Der vordere

Organe. ^eil der Lunge wird dicker und drängt sich immer näher an den Rücken an.

Die innern Verzweigungen in ihm nehmen sehr zu, und sind schon am achten
Tage von sehr bestimmten Wänden gebildet, während sie früher wie mit dem
Pinsel nur zart in die Masse hineingezeichnet schienen. Zuerst theilt sich jeder
Luftröhrenast in zwei Hauptäste und diese gabelförmig immer weiter. Aus
diesen gröfsern Gängen wachsen gegen Ende dieses Zeitabschnittes äufserst zarte
und dünne Cylinder hervor, die parallel neben einander stehen, und nicht eigent-
lich gabelförmig aus den gröfsern Aesten kommen, sondern seitlich in Reihen
aus ihm hervortreten. Diese dünnen Cylinder haben alle ein blindes knopf-
förmiges Ende, das gegen den Umfang der Lunge gerichtet ist. Die ganze Ver-
keilung giebt am
zehnten Tage unter dem Microscope einen prachtvollen Anblick.
Der hintere und innere Theil behält während dieser Tage das Ansehn einer
schmalen Leiste. Das Microscop zeigt aber im Innern schon am achten Tage die
Höhlung nicht ungetheilt, sondern in drei bis vier sackförmigen Erweiterungen
hervorgestülpt, die nach vorn in einen gemeinschaftlichen Kanal übergehen, nach
hinten aber ihre gröfsere Wölbung haben, ohne jedoch aus dem hintern Rande
des Streifens hervorzuragen. Die Erweiterungen des Kanals sind also an diesem
Tage durchaus nur innerlich. Die hinterste dieser Erweiterungen scheint dieselbe
blasige Höhle zu seyn, die wir am vierten Tage bemerkten (§. 6.h.; §. 9.p.).
Am zehnten Tage ragen diese Blasen schon nach hinten aus dem Rande hervor,
besonders die hinterste, welche fast die Gröfse eines Stecknadelknopfes hat. Die
Wand ist aber durch die Vergröfserung dünner und durchsichtiger geworden. —
Die Luftröhre verlängert sich in diesen Tagen sehr rasch. Sie ist an den
Theilungsstellen in beide Aeste verdickt, als Vorbildung des untern Kehlkopfes,
und eben so an ihrem vordem Ende etwas becherförmig erweitert, als Vorbildung
des obern Kehlkopfes. Der Uebergang in die Rachenhöhle ist jedoch wieder in
eine Spalte verengt und bildet, von wulstigen Rändern umgeben, die Stimmritze.
Zwischen beiden Kehlköpfen ist die Luftröhre am dünnsten, und da die erweiter-
ten Stellen anfangs sehr ausgedehnt sind und erst ganz allmählig in die verengte
Mitte übergehen, so hat es fast das Ansehn, als ob die Luftröhre sich von vorn
und hinten gegen die Mitte
ausgebildet hätte. Knorpelringe fand ich noch nicht.

Nieren. Von den Nieren ist zu bemerken, dafs Läppchen in ihr sich ausbilden;

der Rand der Nieren wird daher mehr gekerbt. Die Nieren verkürzen sich; des-
halb werden die Harnleiter in ihrem hintern Theile ganz frei.

Die

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Die Wolffischen Körper verkürzen sich immer mehr. Sie werden in der p- Woiffi-
Mitte breiter, spitzen sich dagegen nach den Enden, besonders nach dem vordem S° eKorper-
zu. Nach den Geschlechtern entwickelt sich aber ein sehr auffallender Unter-
schied. Im männlichen Geschlechte wachsen die Theile, obgleich sie gegen die
benachbarten Organe in der Entwicklung sehr zurückbleiben, doch mehr als im
weiblichen, und im weiblichen Geschlechte bleibt der rechte Körper etwas hinter
dem linken zurück. Die Gefäfse in ihnen vermehren sich. Der ausführende
Kanal der Geschlechtstheile bekommt im Weibchen ein weit breiteres vorderes
Ende, als im Männchen. Der dünne Faden
des Wolffischen Körpers fängt im
männlichen Geschlechte an zu schwinden und wird gegen Ende des zehnten
Tages unkenntlich.

Die zeugenden Organe beider Geschlechter ziehen sich zusammen, aber zu Hoden und
verschiedenen Formen nach den beiden Geschlechtern. Im männlichen Ge- S °° e\'
schlechte werden sie schotenförmig, und sind nun nicht mehr als Hoden zu ver-
kennen ; im weiblichen Geschlechte werden sie zu dreieckigen Platten.

Im W esentlichen bleibt die äufsere Form des Herzens von jetzt an dieselbe, f- Herz.
Kleine Veränderungen gehen aber doch fort. So wird die Spitze des Herzens
immer schärfer und überragt mehr die rechte Kammer als früher. Die Drehung
des Herzens scheint auch noch ganz leise fortzuschreiten. Es stellt sich allmählig
wieder in die Längenachse des Körpers, nachdem die Spitze
eine Zeit lang nach
unten gerichtet war. In der rechten Herzkammer sieht man die muskulöse
Klappe sehr deutlich, so wie auch die übrigen Kläppchen des Herzens und die
isolirten Muskeln sich unterscheiden lassen. Von den beiden Vorkammern ist die
linke immer noch die gröfsere. Beide sind dicht an die Kammer eingerückt.
Wir haben früher bemerkt, dafs die erste Anlage der Vorkammern zwar in ge-
doppelter Zahl entspringt, dafs diese Anfänge aber die zukünftigen Herzohren
sind, dafs dagegen der Venensack zwischen beiden eine ungetheilte Höhle ist.
Allein in dem Zeiträume, den wir jetzt betrachten, kann man unbezweifelt von
zwei communicirenden Venensäcken sprechen, denn in der gemeinschaftlichen
Höhlung sind sehr deutlich durch eine einspringende Vorragung zwei Abtheilun-
gen kenntlich. Diese Vorragung, die zukünftige Scheidewand, bildet einen
Bogen, der am breitesten ist, wo die Scheidewand der Kammern auf den Venen-
sack stöfst; von hier läuft er an der untern Wand des Venensackes (das Herz
immer in seiner horizontalen Lage gedacht) nach der vordem Wand fort, und
scheint sich vor
der Erreichung der Veneneinmündung, die in der obern Wand
ist, zu verlieren. Man kann also auch noch gar nicht sagen, ob die Hohlvene
in den linken oder rechten Venensack geht, denn an dieser Fläche schien nur noch

P

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keine Abtheilung zu seyn. Die Hohlvene hat aher bei ihren Eintritte die Rich-
tung nach links, ein Verhältnifs, das von der Metamorphose des Herzens un-
mittelbare Folge zu seyn scheint. Während der zweiten Periode nämlich mufste
die Hohlader sehr stark nach links verlaufen, um den venösen Theil des Herzens
zu erreichen. Im demselben bog sich die Vene in einen sehr spitzen Winkel um
gegen den zurücklaufenden Ohrkanal. Indem mit dem Uebergange in die dritte
Periode der venöse Theil des Herzens sich mehr nach der Mitte zieht, wird die
linke Biegung des Blutstromes immer stumpfer, aber doch nur ganz allmählig.
Die Krümmung dieses Bogens war zugleich nach vorn gerichtet. Dieselbe Rich-
tung hat er noch, mit geringerer Biegung nach links, und der Blutstrom wendet
daher in der linken Hälfte des gemeinschaftlichen oder noch sehr wenig getheilten
Venensackes um. Davon scheint die immer noch bestehende stärkere Auftreibung
der linken Wand abzuhängen. Der Blutstrom ging in der zweiten Periode durch
beide Kanäle des von einer Scheidewand allmählig getheilten Ohrkanals in die
Kammer. Das thut er auch jetzt noch, indem er in die venösen Oeffnungen
beider Kammern, welche den Ohrkanal aufgenommen haben, hineinströmt.
Die Venensäcke sind, wie anfänglich die Herzohren, nur seitliche Erweiterungen
dieses Stromes.

Ich habe nur von einer Hohlvene gesprochen. In der zweiten Periode ist
es ganz klar, dafs nur ein Venenstamm, der vor dem Eintritte in das Herz zu
beiden Seiten die vordem Hohlvenen als Aeste aufnimmt, in das Herz tritt. Jede
vordere Hohlvene wird zusammengesetzt aus der Drosselvene, den Armenvenen
und den Intercostalvenen ihrer Seite. Dies Verhältnifs ändert sich jetzt nur in
so fern um, als das\'gemeinschaftliche Stämmchen der Hohlvene immer kürzer
erscheint. Am achten und neunten Tage ist nur noch die Mündung gemeinschaft-
lich. Später treten aber auch die Mündungen aus einander. Es scheint also
immer mehr von dem Stamme der Vene verloren zu gehen, und es entsteht die
Frage, ob das Schwinden dadurch zu erklären ist, dafs die Vene mehr in das
Herz hinein wachse, oder dafs mehr vom Venenstamme sich in die Venensäcke
umwandelt. Das Hineinwachsen
der Vene macht uns die Entstehung der Klappen
anschaulicher, allein die Klappen scheinen nur die innere Wand der Venen zu
enthalten. Da überdies das Auftreten der Klappen grofsen Abweichungen unter-
worfen ist, (denn zuweilen sah ich am achten Tage zwei kleine Klappen an der
Einmündung der Hohlvene, in den meisten Fällen konnte ich sie nicht unter-
scheiden,) so dürfte wohl eine
Umwandlung, welche mehr die äufsere als die
innere Wand ergreift, das
vorherrschende Verhältnifs seyn, da es überdies auch
das durchgehende in der ganzen Entwickelung des Herzens ist; denn wir erinnern

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uns, dafs die Herzoliren und die Venensäcke von Anfang an nur Umwandlungen

7 o o

der Hohlvene sind.

Die Aortenzwiebel hatte schon am siebenten Tage nicht mehr die Gestalt
einer Zwiebel, sondern mehr eines breiten, zuweilen schon gefurchten Gefäfs-
stammes. Jetzt sieht man sie tief gefurcht und durch die Furchen scheinbar in
vier Kanäle getheilt. Untersucht man die Sache genauer, so findet man, dafs die
drei Kanäle der rechten Seite in einen kurzen gemeinschaftlichen Stamm zu-
sammeniliefsen, und dafs der linke Kanal noch einen rechten obern verdeckten
Ast hat. Es sind nämlich die beiden Hauptströme, die man schon am siebenten
Tage im Innern der Aortenzwiebel getrennt findet, jetzt auch äufserlich getrennt
und kürzer geworden. Ihre ehemalige vordere Vereinigung ist vollständig gelöst.
Der eine
dieser Hauptstämme kommt aus "der linken Kammer, liegt bei seinem
Ursprünge mehr oben, und wird also bei der Betrachtung von der untern Fläche
von dem andern verdeckt. Er theilt sich in die beiden Trunci anonymi, welche
die Speiseröhre zwischen sich lassen, und einen dritten Bogen, der auf der rechten
Seite hinter dem Truncus anonymus verläuft. Der zweite Hauptkanal kommt
aus der rechten Kammer, liegt bei seinem Ursprünge mehr nach unten, ist aber
gleich nach links gerichtet. Er theilt sich in zwei Kanäle, von denen der eine
mehr unten liegend neben dem linken Truncus anonymus nach links verläuft, der
andere mehr nach oben und rechts über die Gefäfsbogen weggeht, welche nach
dieser Seite aus dem ersten Hauptstamme sich wenden.

Auffallend ist die Kürze der gemeinschaftlichen Stämme. Die Metamor-
phose der Gefäfsbogen ist jetzt bis auf einen gewissen Grad gediehen, welcher die
Umwandlung der ersten Form in die Gefäfsvertheilung verstehen läfst, die wir
im erwachsenen Vogel kennen. — Wir hatten nämlich ursprünglich einen ein-
fachen Kanal, der aus der Herzkammer kam, und sich in fünf Paar nicht zu-
gleich, sondern nach einander entstehender Bogen theilte. Alle Bogen einer Seite
liefen in eine Aortenwurzel zusammen, und beide Aortenwurzeln bildeten den
Stamm der Aorta. Von den fünf Paar Bogen schwand zuerst der erste, und dann
der zweite. Am fünften Tage sind also nur drei Paar Bogen, und die Aorten-
wurzel, so weit sie den beiden ersten Bogen angehört, scheint in den Stamm der
Kopfschlagader umgewandelt zu seyn. Unterdessen hat der Ursprung der Aorta
sich verdickt, und ein kolbiges Ansehn gewonnen. Er enthält nämlich zwei
Ströme, die sich um so mehr scheiden, je vollständiger die Trennung der Kam-
mern wird. Beide Ströme laufen aber noch eine Zeitlang nach vorn zusammen.
Der eine Strom kommt aus der linken
Kammer und richtet sich gegen den ur-
sprünglich dritten Bogen beider Seiten und den vierten der rechten Seite. Der

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andere Strom kommt aus der rechten Kammer und vertheilt sich in den vierten
Bogen der linken und den fünften Bogen der rechten Seite. Der fünfte Bogen der
linken Seite schwindet. Zugleich ziehen sich die Bogen von der Rachenhöhle
nach hinten zurück. Endlich sind im jetzigen Zeitabschnitte beide Ströme auch
äufserlich geschieden. Die Aorta entspringt noch aus zwei Wurzeln, welche
verhältnifsmäfsig kürzer sind, als früher. Die rechte Wurzel wird vom dritten,
vierten und fünften Bogen ihrer Seite gespeist, die linke schwächere vom dritten
und vierten Bogen ihrer Seite. Die Aorta bekommt also noch das Blut aus beiden
Kammern, und zwar erhält jede Wurzel einen Bogen aus der rechten Kammer,
und aufserdem nimmt die rechte Wurzel zwei Bogen aus der linken Kammer, die
linke nur einen aus derselben auf. Der fünfte Bogen der rechten Seite hat seine
Lage etwas verändert, da er über defii aus der linken Kammer kommenden Ur-
sprünge der Aorta weggeht. Den Grund dieser Umänderung kann man in der
Richtung des Blutstromes aus der rechten Kammer suchen.

Die fünf jetzt bestehenden Bogen bleiben für immer, verändern aber ihre
Bedeutung. Die beiden dritten Bogen gehen noch mit ziemlich starkem Strome
in die Aortenwurzel ihrer Seite über. Man denke sich aber diese Uebergänge
schwächer werdend, wie später erzählt werden soll, dagegen den Uebergang in
die Kopfschlagader und Armschlagader stärker, wodurch diese als unmittelbare
Verzweigungen der Bogen sich zeigen, so erscheinen beide Bogen als die Trunci
anonymi, wie wir sie schon benannt haben. Der fünfte Bogen der rechten und
der vierte Bogen der linken Seite schicken jetzt schon kleine Zweige in die Lunge.
Der Hauptstrom dieser Bogen geht dagegen in die Aorta. Man denke sich die
Verzweigung in die Lunge so verstärkt, dafs sie die Fortsetzung der Bogen bildet,
den Uebergang in die Aorta aber schwächer werdend, so haben wir aus beiden
Bogen die Lungenarterien und aus jeder einen communicirenden oder Botalli\'schen
Gang in die Aorta. Wenn nach der Geburt auch diese schwinden, so hat sich
also der ganze Ursprung der Aorta aus der rechten Kammer in die Lungenschlag-
adern umgewandelt. Während alle übrigen Uebergänge in die Aorta schwächer
werden, verstärkt sich der vierte Bogen der rechten Seite immer mehr und bildet
vor dem Auskriechen des Hühnchens die Hauptwurzel der absteigenden Aorta,
bald nach demselben aber die
einzige.

Ich habe der folgenden Darstellung vorgegriffen, um von nun an die ver-
schiedenen
Bogen nach der Bedeutung, die sie allmählig annehmen, benennen
zu können.
Es sollen also in Zukunft die jetzt bestehenden ersten Bogen
(d. h. die dritten nach der ersten Bildung) die ungenannten Stämme (Trunci
annonymi), oder, da diese Bezeichnung ungeschickt ist, die vordem Schlagader-

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stamme, die hintersten Bogen (oder der rechte fünfte und linke vierte Bogen der
ersten Bildung) die
Lungenschlagadern, und endlich der vorletzte Bogen der
rechten Seite die
absteigende Aorta oder der hintere Schlagader stamm heifsen.

W ie die beiden Körper, welche man bald als Schilddrüsen, bald als
Thymusdrüsen des Vogels angesehen hat, die (Jeberbleibsel der Kiemenbogen
seyn sollen, wofür Huschke sie hält (Isis Bd. XX. S. 403), ist nicht recht ein-
zusehen. Die Kiemenbogen gehen in die Wand des Halses über, und die Masse,
die sie bildet, weicht nie bis dahin zurück, wo jetzt die Gefäfsbogen liegen.
Auch fand ich diese Körper nicht an den vordem Schlagaderstämmen, sondern
auf jeder Seite als zwei ldeine blutreiche Körperchen nahe an der Ursprungsstelle
der Kopfschlagader, aus welcher jedes Körperchen einen kleinen Ast erhielt.
Gerade diese Lage könnte aber, da der hinterste Theil der Kopfschlagader ur-
sprünglich zur Wurzel der Aorta gehört hat, darauf hinführen, dafs diese kleinen
Körper den geschwundenen ersten Gefäfsbogen (nicht Kiemenbogen) ihren Ur-
sprung verdankten. Allein ich habe von der Umbildung nichts wahrgenommen.
Beide Körperchen haben eine auffallende Aehnlichkeit mit der Milz und, wenn ich
nicht irre, mit dem ersten Zustande der Wolffischen Körper. Sie hängen noch
inniger mit den Drosselvenen zusammen, als mit der Kopfschlagader, und scheinen,
unter dem Microscope betrachtet, aus verästelten und verwickelten Gefäfsen zu
bestehen. Wenn ich diese Gefäfsdriisen, wie man sie nennen könnte, am Halse
deutlich sah, waren auch immer die Nervenknoten im Vagus und Sympathicus
deutlich. Unter dem Microscope hatten die Nervenknoten und die Gefäfsdrüsen
grofse Aehnlichkeit, da man in den ersten eben so die Vertheilung der Nerven-
fäden , die in der Mitte der Körperchen sich zu verwickeln schienen, bemerkte.
Nur die dunklere Farbe der Gefäfsdrüsen unterschied sie von den Nervenknoten.
Das erste Auftreten beider Theile habe ich noch nicht verfolgen können.

Im Rückenmarke sondern sich die Anschwellungen, aus denen die Nerven n[;r^ucken"
der Extremitäten entspringen. Während nämlich früher das Rückenmark (§. 9.
u.)
im ganzen Rumpfe verdickt erschien, verdünnt sich jetzt verhältnifsmäfsig die
Mitte desselben, und die Anschwellungen weichen nach vorn und hinten aus ein-
ander. Uebrigens hat jede Eintrittsstelle eines Nerven eine kleine Anschwellung
für sich. Die Blätter des Rückenmarkes klaffen jetzt deutlich aus einander, be-
sonders im Halse; die untern Stränge des Rückenmarkes sind an der Austrittsstelle
der Nerven für die Extremität viel stärker, als die oberen.

Das Hirn verändert seine Gesammtform während dieser drei Tage gar sehr. G
Die Vierhügel, die schon am siebenten Tage weniger wuchsen, bleiben im form.
Wachsthum so zurück, dafs sie niederzusinken scheinen, und zwar
um so mehr,

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da sie wohl in die Breite zu wachsen fortfahren, aber nicht mehr in die Höhe.
Die stärkste Entwickelung ist jetzt in den Hemisphären des grofsen Hirns, die
sich nach allen Seiten wölben, vorzüglich aber gegen die Vierhügel hin sich ver-
längern. Dadurch wird die Blase der dritten Hirnhöhle, die schon am sechsten
und siebenten Tage in der Entwickelung sehr zurückgeblieben war, fast ganz
überdeckt. Man sieht also, wenn man das Hirn von seiner Decke aus betrachtet,
fast nur die Vierhügel und das ansehnlichere grofse Hirn. Zwischen beiden ist
eine tiefe, noch ziemlich breite Queerspalte, auf deren Boden man die Blase der
dritten Hirnhöhle findet, mit ihrer geöffneten und hinaufgedrückten Decke.
Hinter den Vierhügeln ist das kleine Hirn mit deutlichem Mittelkörper. Die
wesentlichste Veränderung besteht aber wohl darin, dafs man jetzt in den meisten
Gegenden sehr deutlich Faserungen auftreten sieht, die sich zum Theil in dicke
Bündel zusammenlegen.
Einzelne Doch, gehen wir die einzelnen Abschnitte durch. Indem das grofse Hirn

!lle\' wächst, verändert sich seine äufsere Ansicht, besonders aber die Ansicht der in-
nern Theile. Der Theil, den wir dem Gewölbe des Säugethierhirnes gleichge-
setzt haben, ist schon am achten Tage kaum mehr zu kennen, die mittlere Ein-
senkung wird tiefer; da aber zugleich die gestreiften Körper stark wachsen und
besonders nach hinten, so werden die hintern Schenkel des Gewölbes stark erho-
ben und aus einander gezogen. Die Mittellinie des Gewölbes stellt sich daher im-
mer mehr senkrecht gegen den Boden des grofsen Hirnes. Die mittlere, aus zwei
sich immer näher an einander legenden Blättern bestehende und bis auf die Mittel-
linie des Gewölbes reichende Einsenkung ist also jetzt schon unverkennbar der
Theil des Vogelhirnes, den man die strahlige Scheidewand nennt , und der sich
von der durchsichtigen Scheidewand der Säugethiere dadurch unterscheidet, dafs
er in Ermangelung eines Balkens bis an die Decke sich fortsetzt. Die
Seitenven-
trikel werden enger. Nach der Basis des Hirnes zu findet man Kreuzungsfasern.

Dadurch, dafs sich die Mittellinie des ehemaligen Gewölbes oder der un-
tere Rand der werdenden Scheidewand mehr senkrecht stellt und die hintern
Schenkel nach oben und aus einander geschoben werden, wird auch der Ueber-
gang aus der Höhle des grofsen Hirns in die dritte Hirnhöhle erweitert,
und da
die dritte Hirnhöhle in der Decke geöffnet ist, so hat das grofse Hirn hier einen
mittelbaren Ausgang. Diesen mittelbaren Ausgang durch die Decke der dritten
Hirnhöhle hatte das grofse Hirn schon am siebenten und sechsten Tage, ja
noch
früher. — Damals aber hatte bestimmt das grofse Hirn keinen andern unmittel-
baren Ausgang, so dafs die Seitenventrikel also nur mit der mittlem durch das
ganze Hirn gehenden Höhle communicirten. Ob nun der Ausgang, den die Ven-

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trikel des grofsen Hirnes in diesem Zeitabschnitte gewinnen, blos dadurch entsteht,
dafs die hintern Schenkel des Gewölbes aus einander gezogen werden, oder ob
wirklich ein Theii der Hirnwand aufreifst, kann ich leider nicht mit Bestimmt-
heit entscheiden. Am achten Tage und am Anfange des neunten sind die Ventri-
kel noch überall geschlossen. Am 1 Oten Tage schien mir aber in der That der
hintere Uebergang der Scheidewand in der Decke jedes Ventrikels auch bei dem
vorsichtigsten Abtrennen der Hirnhaut eine Lücke in der Continuität, von schar-
fen Rändern umgeben, zu offenbaren. Es ist aber äufserst schwer hierüber mit
Bestimmtheit zu entscheiden, da die Scheidewand um diese Zeit nach oben über-
aus dünn ist und die Analogie des Amphibienhirnes dagegen spricht.

Indem das grofse Hirn und die Blase der dritten Hirnhöhle sich näher zu-
sammenschieben, vergröfsern und erheben sich die Sehhügel ansehnlich. -—
Von ihnen sieht man einen erhabenen, breiten Streifen, der nach aufsen um den
Hirnschenkel herum nach unten verläuft, hervortreten, eine deutlich gefaserte
Structur annehmen, mit dem gleichnamigen Streifen der andern Seite sich ver-
binden , zum Theil kreuzen und in die Sehnerven übergehen. Der Streifen ist
also der Sehnervenstreifen, der die Sehnerven mit dem Sehhügel und der Vier-
hügelhälfte jeder Seite in Verbindung setzt. Früher war namentlich der letzte
Theil weit von den Sehnerven entfernt, und ein Zusammenhang nicht anders als
durch fremdartige Theile zu
erkennen. Jetzt aber sind die Vierhügel ziemlich
dicht an die Sehhügel gerückt. Der Sehnervenstreifen ist aber auch nicht etwas
ganz Neues, das sich zwischen zwei Theile hinein lagert, sondern eine Ausbil-
dung der äufsern Wand der Hirnbasis, und schon am siebenten Tage glaubte ich,
durch die spätere Form aufmerksam gemacht, eine überaus schwache Erhebung
zu erkennen. Der Boden der dritten Hirnhöhle führt in den Trichter, an dem
ich nur bemerkte, dafs sein
knopfförmiger Anhang deutlicher vom Trichter ge-
schieden und von einer Grube des werdenden Keilbeines enger umfafst wird.
Die Sehnervengrube füllt sich in diesen Tagen auch allmählig aus und man er-
kennt keine Eingänge in die Sehnerven mehr. Ich habe schon früher bemerkt
(§. 8.v.), dafs beide Eingänge der Sehnerven sich näherten und endlich in die
Spitze der Grube zusammenrückten (§.
9.0.). Jetzt ist gar kein Eingang mehr
und die Nerven sind gekreuzt. Um sich deutlich zu machen, wie die Sehnerven
vorher nicht gekreuzt sind, nachher aber gekreuzt, ohne doch jemals ihren Ur-
sprung oder ihr Ende zu verändern, erinnere man sich an das Verhältnifs der Seh-
nerven, wie es am vierten und fünften Tage ist. Jeder Nerve hat seinen beson-
dern hohlen Eingang an der Seitenwand einer trichterförmigen Grube. Man
denke sich nun, dafs jeder Sehnerve sich verlängert, indem er sich immer mehr

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aus dem Hirntheile herauszieht. Stellen wir uns das Herausziehen ganz mecha-
nisch vor, wie aus einem zähen Teige, so wird immer mehr von der Wand der
gemeinschaftlichen Sehnervengrube in die Substanz der Sehnerven umgewandelt.
Eine nothwendige Folge davon ist, dafs zuletzt die Spitze der Grube beiden Ner-
ven gemeinschaftlich wird, und beide hohlen Eingänge über derselben zusammen-
rücken. Jene Spitze ist jetzt die Kreuzungsstelle. Wenn nun unterdessen die
Fasern deutlich geworden sind, so kommen sie an dieser Stelle von Leiden Seiten
zusammen. Man erinnere sich, dafs am vierten und fünften Tage keine deut-
lichen Fasern sich erkennen lassen, dafs es vielmehr das Ansehn hat, als ob der
Sehnerve von der gesammten Wand der dritten Hirnhöhle käme. Denkt man sich
nun den Umfang des Ueberganges (der freilich durch nichts bezeichnet ist) nicht
allzu klein, so ist nicht nur ein Theil der rechten Wand der dritten Hirnhöhle,
sondern auch ein kleinerer Theil der angrenzenden linken Wand Ursprung des
Sehnerven der rechten Seite, und es kann gar nicht auffallen, dafs später bei
deutlicher Faserung jeder Sehnerve von beiden Seiten kommt. Diese Darstellung
scheint eben zu erweisen, dafs immerfort die Sinnesnerven aus dem Hirne heraus-
wachsen, was für die erste Bildung so klar vor Augen liegt.

Die Decke der dritten Hirnhöhle verändert sich durch Faltung, indem sich
das grofse Hirn und die Vierhügel zusammenschieben. Der hintere Theil der
Decke, der keine OefFnung hatte, faltet sich zwar auch etwas, erhebt sich aber
nicht, sondern verdickt sich nur durch Faltung. Er hat am
lOtenTage schon
deutlich den Character der hintern Commissur. Unter
ihm liegt ein Kanal, den
ich die
vordere Wasserleitung nennen will. Es ist der hintere Theil der ursprüng-
lich ein
Ganzes bildenden und nachher sich in einen vordem und einen hintern
Abschnitt scheidenden Blase der dritten Hirnhöhle ($. 7.«.). Der Theil der Decke
aber, der unmittelbar von den Sehhügeln ausgeht, und der zum Theil geöffnet
ist, erhebt sich und faltet sich, und zwar nicht eigentlich durch das Zusammen-
rücken des grofsen Hirnes und der Vierhügel (denn
nach unten stofsen diese noch
nicht an einander), sondern, wie es scheint, durch ein Zusammenknicken der Hirn-
schenkel selbst und ein Aneinanderrücken der einzelnen
Theile an der Basis des
Hirnes.

Am meisten verändern die Vierhügel ihr Aussehen. Die Faltungen, die
wir vom siebenten Tage beschrieben, nehmen am achten zu. Gleichzeitig wird
die mittlere Einsenkung breiter. Oeffnet man um diese Zeit eine Hälfte der Vier-
hügel, so sieht man eine seitliche Höhle sich zwischen die einzelnen Faltungen
verzweigen. Die Faltungen nehmen den vordem Theil der Vierhügel ein und las-
sen einen kleinern hintern Theil glatt. Das ist alles, was ich von der Abtheilung

der

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der Vierhügelmasse in ein vorderes und ein hinteres Paar Anschwellungen gesehen
habe, deren Serres erwähnt. Am neunten Tage fangen die Faltungen an, unter
sich zu verwachsen, und am loten Tage hat man fast nur eine einfache Höhle
auf jeder Seite mit einer dicken Wand. Diese Höhle communicirt mit der gegen-
über liegenden unter der mittlem immer breiter werdenden Einsenkung. Die Vier-
hügel bestehen also aus zwei immer mehr nach den Seiten rückenden Blasen,
durch einen breiten mitten durchgehenden Kanal verbunden. Der mittlere Ka-
nal,
welcher die mittlere Wasserleitung heifsen kann, geht vorn in die vordere,
hinten in die hintere Wasserleitung über, und ist jetzt nur noch wenig weiter,
als diese beiden. Seine Decke ist nach hinten sehr dünn. Im Innern der Vier-
hügel knickt sich der durchgehende Hirnschenkel nach oben ein, und damit
hängt die Verkürzung der Vierhügel wohl zusammen. Von innen angesehen hat
diese Einknickung einige Aehnlichkeit mit einem Hirnganglion, ist aber jetzt noch
lange nicht so frei, wie die innern Ganglien der Vierhügel in niedern Wirbel-
thieren.

Das kleine Hirn wächst rasch, nachdem sich beide Blätter vereinigt ha-
ben. Von der Vereinigung sieht man am Ende des siebenten Tages statt des ein-
fachen Blattes ein durch Faltung und Einkerbung gedoppeltes Blatt, selten eine
dreifache Faltung. Am zehnten Tage ist schon ein deutlicher Wurm da, denn
die Mitte der Verwachsung verdickt sich. Obgleich man nach unten keine Brücke
bemerkt, so sind doch die
Hirnschenkel unter dem kleinen Hirne sehr verdickt.

Die vierte Hirnhöhle erhält ein sehr verändertes Ansehn. Die Umbeugun-

n

gen der Hirnschenkel werden nämlich immer schärfer, so dafs die vierte Hirn-
höhle sich immer mehr unter dem kleinen Hirne versteckt. Sie geht nach hinten
nicht unmittelbar in die Spalte des Rückenmarkes über, vielmehr sind die Rücken-
marksplatten hier nicht nur verwachsen, sondern die Verwachsung bildet sogar
eine Vorragung, die dem kleinen Hirne ähnlich, jedoch viel kleiner als das letz-
tere ist.

Alle Fortsetzungen der harten Hirnhaut, Sichel, Zelt u. s. w. sind stark
ausgebildet. Merkwürdig aber ist es, dafs der Schädel fast noch ganz die Consi-
stenz einer Haut hat. Nur das Keilbein, das Hinterhauptsbein und die Gegend
um das innere Ohr haben eine etwas festere Consistenz. In der Wirbelsäule sind
die Wirbel ringförmig, indem der Körper nur sehr wenig dicker ist, als der Bo-
gen; die Rückensaite läfst sich jedoch am Ende dieser Periode nicht mehr so leicht
ausziehen, als früher. Noch ist der ganze Wirbel knorpelig.

Die Gröfse der Augen könnte man fast ungeheuer nennen. Beide zusam-
men betragen mehr als die Hälfte des Kopfes. Bis zum siebenten Tage waren die

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Augen völlig unbedeckt. Am achten Tage sieht man rund um das Auge in der
Haut einen fast kreisförmigen Saum, nur nach innen ist der Kreis etwas verlän-
gert. Hier
sieht man dagegen innerhalb des Saumes eine dünne Falte sich bil-
den , letztere ist die Nickhaut. Der kreisförmige Saum erhebt sich in Form einer
Falte gegen die Mitte, jedoch mehr von oben und von unten, als von beiden Sei-
ten. Dadurch wird allmählig eine Ellipse gebildet, welche am loten Tage noch
so weit ist, dafs der gröfste Tlieil des Auges unbedeckt bleibt. Die harte Augen-
haut ist sehr dünn. Die Gefafshaut hat noch einen länglichen Flecken ohne
Pigment, der, vom Eintritte des Sehnerven nach dem Rande zu immer schmaler
werdend, in ziemlicher Entfernung vom Rande aufhört. Dann sieht man aber
weiter nach aufsen an der innern Fläche des Ciliarkörpers wieder einen weilsen
Strich. Dieser schien jedoch nicht im Ciliarkörper, sondern auf seiner innern
Fläche aufzuliegen, und in einer Falte zu bestehen, aus der ich zuweilen eine (in
Weingeist geronnene) Masse hervorzog, die an die
Campanula Halleri im Fisch-
auge erinnert. Ueberhaupt bildet die Netzhaut an dem pigmentlosen Streifen jetzt
eine deutliche Falte nach innen, die in dem Glaskörper sich eindrückt. Der Ci-
liarkörper wächst und ist an der hintern Fläche von einer dünnen Haut bedeckt,
die sich jetzt scharf von der Netzhaut sondert, und die ich früher schon als Strah-
lenblättchen bezeichnet habe. Sie scheint nämlich an der Linsenkapsel aufzuhö-
ren, oder mit ihr verwachsen zu seyn. Sehr deutlich ist es, dafs die Netzhaut
mit aufgeworfenem, zuweilen gekerbtem Saume sich von dem Strahlenblättchen
sondert. Gegen Ende dieses Zeitraumes erscheint die Regenbogenhaut als ein
schmaler Ring an der OefFnung der Gefäfshaut. Sie ist noch ungefärbt.

. Nase. Der Nasengang stellt sich allmählig mehr horizontal, theils indem der

Schnabel mehr hervortritt, vorzüglich aber dadurch, dafs der Oberkiefer, nach-
dem er den Stirnfortsatz erreicht hat, nach innen sich gegen den benachbarten
ausdehnt, und von der Schnabelspitze aus nach hinten zu immer mehr mit ihm
verwächst, wobei sich zugleich die Nasenscheidewand bildet. Dadurch werden
also die Gaumenbogen geformt. Vorn stofsen sie an einander, nach hinten wer-
den sie durch einen Schlitz getrennt. In diesen Schlitz laufen die Nasengänge aus.
Gegen Ende dieses Zeitraumes fangen die Gaumenbogen schon an zu verknorpeln.
Die Muscheln wachsen aus der Nasengrube hervor gegen den Nasengang,
ohr. Der äufsere Gehörgang ist weit und tief. Die Eustachische Röhre ist nicht

ganz so weit, als im frühern Zustande, aber noch nicht vom Keilbeine umfafst.
Spaltet man diese Röhre auf, so führt sie zum innern Ohr, welches mehrere Theile
zeigt, die ich nicht bestimmen kann, da ich ihrer Entwicklung nicht stufenweise
gefolgt bin. Unter andern sieht man eine weifsliclie Blase, noch von weicher

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Masse umgehen, wahrscheinlich den Vorhof. Die Bogengänge sind am Ende die-
ses Zeitraumes vom Schädel aus auch zu finden.

§. 11.

Eilfter bis dreizehnt er Tag.

Der Luftraum nimmt immerfort zu, dasEiweifs ab. Der Dottersack wird
schlaff und fallt zusammen. Er ist also weniger gefällt. Die grofsen Dotterkii-
gelchen scheinen sich sehr vermindert zu haben. Der Gefäfshof hat sich fast über
den ganzen Dotter ausgedehnt. Nur ein kleiner Theil, von etwa vier bis fünf
Linien im Durchmesser, wird blos vom Dotterhofe umgeben. Indem der Dotter-
hof sich so verkleinert,
scheint er wirklich zu schwinden, wenigstens glaubte ich
um diese Zeit auch bei vorsichtigem Abtrennen des Eiweifses oft eine wahre Lücke
in der Umkleidung des Dotters zu sehen. Wenn auch die Grenzvene nicht mehr
bemerkt wird, so ist doch ihre ehemalige Stelle sehr kenntlich, denn die Keim-
haut ist im Dotterhofe sehr zart und dünn, im Gefäfshofe ist sie dagegen sehr viel
dicker, besonders in ihrem Schleimblatte. Dieses ragt mit tiefen, gekräuselten
Falten, die schon am Anfange dieser Periode kenntlich waren, jetzt aber eine Tiefe
von mehr als einer Linie erlangt haben, in die Dottermasse hinein. Die Falten
sind wieder mit kleinen Runzeln besetzt und offenbar
den Darmfalten analog, die
in vielen niedern Wirbelthieren die Stelle der gesonderten Darmzotten vertreten.
In jeder Falte liegt eine gröfsere Vene, und in den kleinen Runzeln zartere Ve-
nenäste.

Bei stärkerer Entwickelung des Harnsackes schwindet auch die seröse
Hülle des Dotters. Ich habe leider versäumt, die Zeit anzumerken, in welcher
diese Hülle nicht mehr gefunden wird, und kann jetzt, wo ich keine frischen
Eier zu untersuchen
Gelegenheit habe, das Versäumte nicht nachholen. Doch
glaube ich, dafs
im nächsten Zeitabschnitte diese Hülle nicht mehr da ist. Der
Harnsack umwächst nun allmählig den ganzen Dotter mit dem Amnion, so dafs,
da
er im Allgemeinen nach rechts fortschreitet, er sich selbst erreicht. Wo er
sicherreicht, verwachsen die Ränder dieses Sackes. Ueberhaupt wird die ur-
sprüngliche Form desselben bald ganz unkenntlich. Es ist schon am dreizehnten
Tage die linke Nabelarterie entweder allein oder doch vorzüglich entwickelt, und
die rechte kaum bemerklich. Die Stämme und Hauptzweige der Arterie so wie
der Nabelvene scheinen oft zwischen der äufsern und innern Hälfte des Sackes
zu liegen, indem sie die innere Hälfte nach der Höhlung hineinfalten. Da die Stelle
ihres Hervortretens, der Nabel nämlich, und auch ihre Enden durch Anheftung

• Q 2

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des Harnsackes an die Schaalenhaut befestigt sind, so nehmen die gröfsern Aeste,
indem sie wachsen, eine sehr verschiedene Stellung an, wodurch die verbindende
Haut auf verschiedene Weise gefaltet erscheint, verwächst und unkenntlich wird.
Zuweilen hat es ganz das Ansehn, als ob dieses gewöhnlich sogenannte Chorion
nur aus einem Blatte bestünde, indem die innere Hälfte nicht im Zusammenhange
dargestellt werden kann. Man sieht aber aus der ganzen Entwickelungsweise,
dafs, wenn der Harnsack sich selbst in seinem Wachsthume erreicht hat, Amnion
und Dottersack von zwei Lagen desselben umgeben sind, einer innern und äufsern,
von denen jede ursprünglich aus dem Schleimblatte und dem Gefäfsblatte bestan-
den hat. Gewöhnlich sind beide Hälften auch noch vollständig zu entwickeln.
In der Flüssigkeit zwischen beiden Lagen sieht man jetzt zarte, weifse, flockige
Streifen und Klümpchen als Niederschlag aus dem Hirne. Die Stämme der Ve-
nen und Arterien des Harn&ackes unterscheiden sich durch die Farbe, jene ent-
halten ein helleres, diese ein dunkleres Blut. Die Arterien sieht man bei jedem
Pulsschlage in den Stämmen sich strecken, und in der Nähe der befestigten Stel-
len sich krümmen.
c. Amnion. Das Amnion erhält zarte aber deutliche Gefäfse.

d Gestalt Die Bewegungen des Embryo sind selbstständiger, seine Lage wechselt im

Einzelnen sehr und scheint von Nebenumständen der Umgebung abzuhängen.
Doch ist er dem stumpfen Ende näher, als dem spitzen. Gewöhnlich liegt er hier
in Form eines Ringes, der die Queerperipherie des Eies einnimmt. Er scheint be-
haart, und diese Haare haben die Farbe des künftigen Huhnes. Untersucht man sie
genauer, so findet man, dafs sie keine wahren Haare, sondern die (am 13tenTage
bis auf vier Linien) verlängerten, schmalen und nicht geöffneten Federbälge sind,
Avelche die künftigen Federn mit ihrer Färbung enthalten, mit äufserst zarten,
noch nicht in gesonderte Strahlen aufgelösten Fahnen. Der Rumpf übertrifft den
Kopf schon merklich an Masse.

Der Schnabel hat keinen Ausschnitt mehr, wird stumpfer und erhält sei-
nen hornigen Ueberzug. Die Zehen bekommen Nägel. Die Oberhaut an den Fii-
Isen theilt sich in Schilder und Schuppen, ist aber noch weich, die Ilinterzehe
stellt sich ganz nach hinten.

e. Nabel. In den Nabel hängt jetzt eine, nicht mehr einfache, sondern gewundene

Schlinge des sich stark verlängernden Darmes tief herab und bis aus dem Nabel
heraus, so dafs in derTliat einTheil des Darmes aufserhalb des Leibes liegt, auch
wenn man den Nabel zur Bauchhöhle rechnet, da die Höhlung des Nabels mit ihr
in offener Communication steht. Der Stiel des Harnsackes ist dagegen mit dem
Nabel verwachsen. Die Bauchplatten verlängern sich stark gegen den Nabel, er-

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reichen ihn jedoch noch nicht und lassen eine elliptische Lücke zwischen sich, die
nur von der Bauchhaut bis zum Hautnabel ausgefüllt wird.

W as der Hautnabel für die Bauchhaut ist, das ist diese Lücke für die
Bauchplatten, die jetzt sich in Knorpel, Muskeln und Nerven getheilt haben, und
die animalischen Theile des Leibes, so viel davon unter der Wirbelsäule liegt,
bilden. Ich möchte die Lücke daher den
Leibesnabel nennen. Sie nimmt lange
nicht mehr die ganze Länge des Rumpfes ein. Daher ist vorn, wo die Bauchplat-
ten zusammengestofsen sind, Raum für die Vergröfserung des Brustbeines, wel-
ches am lOten Tage noch sehr kurz ohne Kamm und völlig weich war. Das
Brustbein und mit ihm der ganze Brustkasten verlängern sich rasch nach hinten.
Das erstere erhält einen zarten Kamm.

Das Knorpelskelet ist am dreizehnten Tage ziemlich vollständig da. Da- ƒ. Skeiet.
her sind auch überall die Muskeln unverkennbar. Die Verknöcherung ist erst im
Beginnen, zeigt sich aber, nachdem im vorigen Zeitabschnitte die Verknöche-
rung nur in der hintern Extremität bemerkt wurde, mit dem Ilten Tage auf so
vielen Punkten, und schreitet so rasch fort, und so viel ich gesehen habe, nicht
in allen Individuen auf völlig gleiche Weise, dafs man erst nach einer Reihe von
blos über diesen Gegenstand angestellten Untersuchungen die normale Reihenfolge
genau wird bestimmen können. In einem Embryo vom Anfange des zwölften
Tages, den ich eben vor mir habe, sind Verknöcherungen in den gröfsern Röh-
renknochen der Extremitäten, im Schlüsselbeine und Schulterblatte, auch im
Schaambeine und dem Hüftbeine. Die Verknöcherung der vordem Rippen ist
anderthalb Linien lang. In der Wirbelsäule haben sich die Körper verdickt, die
vordem haben untere Dornfortsätze erhalten, so dafs die Wirbel ziemlich die Form
haben, die ihnen im ältern Vogel zukommt.

Es ist aber die ganze Wirbelsäule noch knorpelig, mit Ausnahme eines sehr
kleinen verhärteten Punktes in jedem Wirbel. Dieses Pünktchen liegt im Innern
des Wirbelkörpers und umfafst die Rückensaite mit zwei kurzen Schenkeln. Vor-
her schon war die Rückensaite, die jetzt im Verhältnifs zu dem dickern Knorpel
hell erscheint, in jedem Wirbel durch das Wachsen seines Körpers verengt, so
dafs die Rückensaite die äufsere Form eines Lymphgefäfses hatte. Die Verenge-
rung nimmt mit dem Auftreten der Verknöcherungspunkte rasch zu. Die ersten
Verknöcherungspunkte erscheinen in den Hals - und Brustwirbeln, während die
Backenwirbel noch keine haben. Vier und zwanzig Stunden später als der eben
beschriebene Verknöcherunsszustand,
am dreizehnten Tage also, sind schon an-

o ? .

sehnliche Verknöcherungspunkte zu beiden Seiten in den Wirbelbogen, dagegen
wachsen die Verknöcherungen in den Wirbelkörpern äufserst langsam. Hierin

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mag der Grund liegen, dafs man diese bisher übersehen hat, besonders da sie in
den dickern Wirbelkörpern der Säugethiere schwerlich durchscheinend seyn
werden.

Im Kopfe fand ich am Ende des zwölften Tages Verknöcherungspunkte
fast in allen denen Knochen, die vom Schädel mehr entfernt sind. Der Zwischen-
kiefer ist schon hart, der Jochbogen ist fast verknöchert, obgleich weich; im
Unterkiefer sind Knochen von 2§ Linie Länge, kleinere im Oberkiefer, in den
vordem und hintern Gaumenknochen, im Quadratbeine, sogar in den Hörnern des
Zungenbeines, ferner ein starker Knochen an der Grundfläche der Augenscheide-
wand (wohl der Keilbeinschnabel). Die Schädeldecke war noch überaus dünn
und weich, doch waren die vordem Fortsätze der Stirnbeine verknöchert. Auch
ein kleinerer Theil des Schläfenbeines war verknöchert, die Bogengänge selbst
aber noch knorpelig. Die Basis des Schädels oder die Fortsetzung der Wirbel-
körperreihen bestand aus dicken Knorpelmassen, welche kleine Knochenkerne
enthielten. Einen Tag später sind fast alle Knochen des Kopfes wenigstens zum
Theil
verknöchert, und die Schädeldecke ist als eine grofse Fontanelle zu
betrachten.

g. Bauch- Der Bauch wächst in seinem hintern Theile langsamer, als im vordem.

ingeweide. ^ uun <jas Herz eine ansehnliche Gröfse hat, auch die Leber rasch wächst, ob-
gleich nie in
dem Maafse, wie in Säugethieren, so reicht der Magen bis in die
Gegend des Nabels. Hierin scheint der Grund zu liegen, dals um diese Zeit ein
ansehnlicher Theil des Darmes im Nabel liegt, und sogar mit mehreren Windun-
gen aus ihm heraushängt. Die hohle Nabelschnur verlängert sich dabei fast bis
auf einen halben Zoll.

h. Speise- Verfolgen wir den Speisekanal von vorn nach hinten, so linden wir die

innere Fläche der Speiseröhre mit ansehnlichen Längsfalten besetzt. Der Kopf
ist mehr begrenzt, als in früherer Zeit, und ragt stark nach rechts vor. Nach
dieser Seite hat die ganze Speiseröhre eine Krümmung, so dafs sie nicht mehr
über der Luftröhre liegt. Der Vormagen ist ansehnlich erweitert, äufserlich und
innerlich gegen den Muskelmagen begrenzt. Er ist dickwandig, und auf seiner
innern Fläche sind die Schleimdrüsen sehr deutlich. Der Muskelmagen hat eine
sehr dicke Muskelwand und überhaupt die bleibende Form. Von ihm geht rechts
der Zwölffingerdarm ab bis zum Nabel, krümmt sich dann scharf um, steigt
rechterseits bis zur Unterfläche der Leber, in dieser scharfen Umbeugung das
Pankreas umfassend. Von der Leber wendet sich der Krummdarm wieder nach

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hinten, geht von der rechten Seite in den Nabel, macht aufserhalb desselben
einige Windungen, die von dem verlängerten Gekröse gehalten werden, nimmt
in einer Windung den Dottergang auf, steigt an der Nabelwand wieder zurück
und geht auf der linken Seite in den weiten Darm über, der sich längs des Kreuz-
beines in einfacher Krümmung zur Kloake begiebt. Dafs man den im Nabel
liegenden Theil des Dünndarmes in der That als herausgetrieben durch die Enge
des Bauches betrachten darf und nicht blos als neu gebildete Verlängerung des
Darmes, schliefse ich daraus, dafs die Blinddärme, die am dreizehnten Tage die
Länge von vier Linien haben, jetzt fast ganz im Nabel liegen. Der Dickdarm ist
am wenigsten gewachsen, hat aber an Weite bedeutend zugenommen. An der
Leber ist die Gallenblase grün gefärbt, und etwas Galle findet sich im Zwölffinger-
därme und im Magen. — Im Allgemeinen hat also der Verdauungsapparat schon
seine bleibende Form, wenn wir davon absehen, dafs ein Theil des Dünndarmes
hervorgetrieben ist.

Die Kloake ist vom Darme deutlich geschieden. In die Kloake geht mit »• Kloake,
weiter Mündung, aber mit Veränderung der Structur, die Bursa Fabricii über.
Diese ist nämlich an ihrer innern Wand gefaltet. Beim Uebergange in die Kloake
hören die Falten auf. Hier münden die Ausführungsgänge des Geschlechts-
apparates und die der Nieren, ein. Aufserdem geht der Stiel des Harnsackes in
die Kloake. Dieser Stiel ist in der Nähe der Kloake erweitert, obgleich der
Uebergang selbst eng ist. Die Erweiterung spitzt sich gegen den Nabel wieder
zu. Das ist es, was von einigen Beobachtern die Harnblase genannt ist.

Die Nierenläppchen theilen sich sehr, wodurch der äufsere Rand der Nieren.
Nieren noch gekräuselter aussieht, als früher. Der Harnleiter ist deutlich bis in
die Kloake zu verfolgen. Um den zwölften Tag entstehen nach Rathke die
Nebennieren am vordem Ende der wahren Nieren.

Die WoIfKschen Körper verkürzen sich immer mehr, sind aber noch sehr }\' Wo5ffi-

tv xr l •• • _ sehe Körper.

blutreich. Die Verkürzung ist im weiblichen Geschlechte, besonders auf der
rechten Seite, fortwährend stärker, als im männlichen. Die innern Gänge win-
den sich mehr und rücken auf der einen Seite gegen den Hoden 1), der sich auch
verkürzt, und auf der andern Seite in den Ausführungsgang übergehend näher
zusammen. Der letztere verliert sein vorderes Ende im männlichen Geschlecht,
im weiblichen ist er rechts viel mehr verkürzt, als links. ,

1  Wird wohl nicht richtig seyn.

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Lungen. Die Lungen hatten sich schon an die Rippen angelegt. Von fetzt an

machen die Rippen tiefe Eindrücke, als oh die Lungen immer mehr nach oben
drängten, und die Lungen verwachsen mit dem Brustkasten, indem der von
beiden Seiten ausgeschiedene Peritonealüberzug sie zusammenleimt. Beim Ueber-
gange aus dem vorigen Zeitabschnitte in diesen haben die Lungen oft ein pinsel-
artiges oder sammtartiges Ansehn, indem die dünnen letzten Röhrchen aus der
ursprünglich allgemeinen Fläche hervorragen, sie werden aber bald wieder zu-
sammengekittet, und am dreizehnten Tage haben sie ganz die bleibende Form.
Die hintere mit Bläschen gefüllte Leiste beginnt dagegen erst jetzt ihre Ent-
wickelung. Nach Rathke\'s handschriftlichen Mittheilungen sind am Anfange
dieses Zeitraumes vier Bläschen auf jeder Seite *). Die Bläschen drängen sich
aus der Fläche hervor, und zwar die hintersten bei weitem rascher, als die vor-
dere. Jene reicht am dreizehnten Tage frei in die Bauchhöhle hinein bis
zum Nabel.

Die Luftröhre wird in ihrer Dicke gleichmäfsiger, doch bleibt das vor-
derste Ende noch -weiter, als das hintere. Die Luftröhre sondert sich in mehrere
Schichten, die am dreizehnten Tage sich leicht von einander trennen lassen. Die
innerste Schicht ist die dünne, doch feste Schleimhaut (welche sich von der sie
zunächst umgebenden Schicht so vollständig löst, dals man sie aus derselben, wie
aus einer Scheide hervorziehen kann. Rathke). Sie wird umgeben von einer
zweiten, viel festern und dickern Schicht, welche sich in lauter hintereinander
liegende Ringe mit ihren kurzen Zwischenmassen scheidet. Es sind die Luft-
röhrenringe mit den fibrösen Zwischenräumen. Enger liegt an dieser mittlem
eine dritte äufsere Schicht, welche gefasert und nach beiden Seiten verdickt ist.
Sie besteht aus einem muskulösen Ueberzuge, der zu beiden Seiten die Musculi
sterno-tracheales bildet. Die Erweiterung des obern Kehlkopfes nimmt zu, so
dafs er in zwei flache Seitentaschen ausgedehnt scheint. Zuletzt
lassen sich alle
Theile des Kehlkopfes unterscheiden, sogar die kleine erhabene, vom Schildknor-
pel noch immer vorspringende Leiste erscheint als ein zartes Strichelchen am Ende
dieses oder dem Anfange des nächsten Zeitraumes. In diesem Zustande zeigen die
Kehlkopfknorpel deutlich ihre Uebereinstimmung mit den Luftröhrenringen
oder Theilen derselben, von deren Form sie weniger abweichen, als später.

Herz. Die rechte Vorkammer des Herzens bekommt die Gröfse der linken. Die

hintere Hohlvene tritt in die rechte Vorkammer nach der Scheidewand, die sich

jetzt

Ich habe nämlich nur drei gesehen.

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jetzt bis hierher verlängert hat. Der Blutstrom ist gegen die linke Kammer ge-
richtet. Die hintere Hohlvene nimmt kurz vor dem Eintritt in das Herz die rechte
vordere Hohlvene auf. Die linke vordere Hohlvene hat aber eine selbstständige
Mündung, indem auf die oben (§. 10.
q.) angedeutete Weise die gemeinschaft-
liche Mündung tiefer in die Vorkammer hineingezogen ist. Es hat fast das An-
sehn, als ob diese Mündung jetzt das eirunde Loch, oder die Lücke in der
Scheidewand einnähme. Die Mündung der hintern Hohlvene steht nahe an der
Einmündung der linken
vordem Hohlvene. Beide sind durch eine kleine Klappe
getrennt, welche das Blut aus der letzten Vene nur in die rechte Vorkammer ge-
langen läfst, das der hintern Hohlveùe vorzüglich in die linke Vorkammer, ob-
gleich, da die Vene nicht geschlossen ist, doch auch die rechte Vorkammer
angefüllt werden mufs.

Was die ehemaligen Gefäfsbogen anlangt, so ist die Umänderung lebhaft. Arterien-
Die vordem Schlagaderstämme lösen sich allmählig mehr von den hintern Bogen. stamme\'
Sie gehen am dreizehnten Tage ganz unmittelbar in die Kopfschlagader und Arm-
schlagader über, und erscheinen als Stämme derselben. Ihre Uebergänge in
die beiden Aortenwurzeln werden dagegen dünner und gehen in immer schärfer
werdenden Winkeln ab, haben also mehr die Form von communicirenden Aesten.
Die Lungenschlagadern gehen in gleichmäfsig fortlaufenden Bogen über in die
Wurzeln der Aorta, jedoch auf
verschiedene Weise nach den beiden Seiten. Auf
der linken Seite ist die Lungenschlagader, da der communicirende Ast aus dem
vordem Schlagaderstamme schwach ist, die Wurzel der Aorta selbst und bei
weitem stärker als die rechte Lungenschlagader. Auf der rechten Seite erweitert
sich nämlich der hintere Schlagaderstamm auf Kosten der Lungenschlagader
dieser Seite, so dafs jener vorzüglich die rechte Wurzel der Aorta bildet und
die Lungenschlagader nur als Ast aufnimmt, — Veränderungen, welche anzu-
deuten scheinen, dafs immer noch die linke Kammer ihr Blut mehr nach rechts,
die rechte Kammer mehr nach links treibt. Jede Lungenschlagader giebt über-
dies einen zarten Zweig in die benachbarte Lunge. Der vordere Theil des
Körpers wird also nun aus der linken Kammer mit Arterienblut versorgt, der
hintere aus der linken und rechten zugleich.

Das Hirn von oben angesehen sieht fast aus, wie das Kreuz (trèfle) in p. Hirn,
den Kartenblättern. Die Vierhügelmasse ist in zwei Anschwellungen weit nach
der Seite gerückt. Die Mitte der Decke ist ganz niedergesunken und bildet
eine sehr breite Verbindung zwischen beiden Vierhügel - Anschwellungen.

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Vordere, hintere und mittlere Wasserleitung machen nun einen ununter-
brochenen Kanal aus. Den hintern Arm des Kreuzes bildet das kleine Hirn,
das sich zwischen die beiden Vierhiigelblasen einkeilt, und die Hohe derselben
erreicht hat, aufserdem die an das kleine Hirn anstofsende Verwachsung beider
Rückenmarksblätter. Den vordem Arm des Kreuzes endlich nimmt das grofse
Hirn ein, welches sich nach vorn zuspitzt. In der Mitte, wo diese vier Arme
zusammenstofsen, ist eine Vertiefung, aus welcher ein Hügel vorragt, aber nicht
ganz bis zur Höhe der andern Theile. Der Hügel besteht offenbar aus Hirn-
masse, und kann nichts anders seyn, als die im vorigen Zeiträume in Falten
nach oben geschobene Decke der dritten Hirnhöhle. Der Hügel ist nämlich an
der untern Fläche hohl, wie ein umgestürzter Kessel, und läuft vorn mit zwei
durch eine Spalte (die ursprüngliche Spalte in der Decke der dritten Hirnhöhle)
getrennte dünne Schenkel in die Sehhügel über. Nach hinten aber scheint er
durch ein weifses Blatt in die hintere Commissur überzugehen. Es ist ein-
leuchtend , dafs dieser Hirntheil, der am dreizehnten Tage nicht eine Linie von
den Sehhügeln absteht, die Zirbel ist. Es wäre hiernach die Zirbel die auf-
gehobene (§. 10.
t.) und später verkümmerte Decke der dritten Hirnhöhle, so
wie der Hirnanhang die abgestorbene Spitze des Trichters oder des ursprünglichen
Endes der dritten Hirnhöhle ist.

Die früher erwähnte Verwachsung der Blätter des Rückenmarkes bei
ihrem Uebergange in das Hirn erhebt sich nun und legt sich an das kleine Hirn
an, wodurch die vierte Hirnhöhle ganz verdeckt wird. Das kleine Hirn ist
beträchtlich vergröfsert und hat Queereinschnitte in seinem Mitteitheile be-
kommen, wodurch es in Blätter getheilt wird. Die beiden aus einander ge-
wichenen Vierhügelmassen enthalten aber noch eine kleine Höhle, die mit der
Wasserleitung communicirt. In jeder Höhle ist jetzt ein länglich rundes deut-
liches Ganglion. Die Wände sind durch die Verwachsungen dick geworden.
Die Sehhügel sind sehr ansehnlich und im Verhältnifs zu den andern Hirntheilen
gröfser als im erwachsenen Vogel. Die vordere Hirncommissur bildet sich auch
vollkommen aus.

In den Augen sehen wir jetzt die Augenliederspalte sehr verengt, die
kreisförmige Falte nämlich in ein oberes und unteres deutliches Augenlied umge-
wandelt, welche
nicht mehr durchsichtig sind. Im Auge selbst ist die Linse
nicht mehr so
convex als früher. Dadurch schon wird die Bildung einer vor-
dem Augenkammer veranlafst. Die Regenbogenhaut
fangt an sich zu färben,

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und zwar vom innern Rande aus. Die Netzhaut wird allmählig dünner.
Die Falte der Netzhaut ragt stark in den Glaskörper hinein, und wird von
der Eintrittsstelle des Sehnerven aus von dem neu sieh bildenden Fächer
durchwachsen, der gefaltet tief in den Glaskörper sich einbohrt. Ich habe
noch nicht eine unmittelbare Continuität des Fächers mit der Gefäfshaut ent-
decken können.

Im Ohre ist das Trommelfell deutlich. Es liegt sehr schief. Die Ohr- r. Ohr.
trompete liegt in einer Furche des Keilbeines, noch immer nicht von seiner
Masse umschlossen.

Vierzehnter bis sechzehnter Tag.

Der Dottersack fällt immer mehr zusammen und wird von den Stämmen Chorion.
der Nabelgefafse unregelmäfsig eingeschnürt. Der Harnsack umschnürt das ganze
Ei, und heftet sich, da die seröse Hülle fehlt, unmittelbar an die Schaalenhaut,
jedoch so, dafs sich beide immer durch Abziehen leicht trennen lassen. Am
spitzen Ende des Eies scheinen die Ränder des Harnsackes, wenn das Eiweifs
sehr fest an der Schaalenhaut sitzt, dieses zu durchschneiden, denn man findet
zuweilen ein wenig Eiweifs am spitzen Ende des Eies aufserhalb des Harnsackes,
das übrige innerhalb desselben. Die ursprüngliche Bildung des Harnsackes
ist durch die Verwachsung mit sich selbst ganz unkenntlich geworden. Er
scheint eine continuirliche Hülle zu sejn, und mag von jetzt an den Namen
Chorion führen.

Die Stellung des Embryo ist noch weniger bestimmt, als in der nächst b. Form
vorhergehenden Zeit. Indessen fand ich den Kopf immer nach der Brust ^fdes
"ekehrt wenn auch noch nicht immer unter dem rechten Flügel. Der enge
Raum im Eie erlaubt dem Embryo nicht mehr, in der Queerachse des Eies zu
bleiben, sondern bei fortgehendem Wachsthume wird er jetzt immer ent-
schiedener mit seiner längsten Dimension in die Längenachse des Eies geschoben.
Davon mögen die endlosen Verschiedenheiten in der Gestalt des Dottersackes
und in der Stellung der Nabelgefäfse abhängen, wodurch eben die ursprüngliche
Form des Chorions noch unkenntlicher wird. Ein um diese Zeit aus dem Eie
genommenes Küchelchen schnappt nach Luft.

R 2

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Zuerst rücken immer mehr Darmwindungen aus dem Hautnabel hervor,
der sich dabei erweitert; dann fangen sie an, sich wieder etwas zurückzuziehen.
Der Leibesnabel rückt dem Hautnabel sehr nahe. Die Federbälge mit den ent-
haltenen Federn verlängern sich und erreichen am sechzehnten Tage eine Länge
von 8 Linien, ohne sich zu öffnen, so dafs, mit unbewaffnetem Auge be-
trachtet, das Hühnchen durchaus behaart erscheint. Die Hornplatten auf
den Füfsen und dem Schnabel nehmen an Festigkeit und Farbe zu. Die Nägel
werden spitzer.

c. Herz. Im Herzen rücken die Einmündungen der linken vordem Hohlvene und

der hintern Hohlvene bedeutend aus einander. Die Klappe zwischen ihnen wird
undeutlich, oder geht in die Eustachische Klappe über; ein muskulöser W ulst
scheidet aber den ßlutstrom aus der linken vordem Hohlvene vom eirunden
Loche. Aeufserlich
angesehen scheinen die rechte vordere Hohlvene und die
hintere Hohlvene eine gemeinschaftliche Mündung zu haben. Im Innern aber
ist schon eine
Scheidung angedeutet. Die Einmündung der hintern Hohlvene
ist nämlich mit zwei Klappen besetzt, deren Bedeutung und Stellung jetzt deut-
licher ist. Die eine zieht sich von der Mündung der hintern Hohlvene nach
der Lücke der Scheidewand und durch dieselbe hindurch. Sie ist also die
Klappe des eirunden Loches. Die andere geht aus der gegenüber liegenden
Wand der
Vene hervor, reicht mit dem einen Ende bis zur Einmündung der
linken vordem Vene und trennt
daher beide Blutströme; mit dem andern Ende
erreicht sie die Stelle, wo die rechte vordere Hohlvene und die hintere Hohl-
vene
zusammenstofsen. Es ist die Eustachische Klappe, wie die spätere Zeit
deutlicher zeigt. Jetzt wird also das Blut aus der vordem Hälfte des Körpers
vorzüglich in die linke, das Blut aus der hintern Hohlvene in die rechte Vor-
kammer geleitet.

d. Schlag- Die vordem Schlagaderstämme lösen sich immer mehr von der Wurzel der
aderstämme-herabsteigenden Aorta, und öfter habe ich den verbindenden Kanal am sech-
zehnten Tage nicht mehr finden können. Die Lungenschlagadern geben viel
stärkere Aeste in die Lungen, als früher, wobei ihr Uebergang in die hintere
Schlagader weit schwächer wird.

e. Athmungs- Von den Lungen selbst weils ich keine bedeutende Veränderung anzu-

apparat, ge}jen Die Entwickelung der Säcke am hintern Rande der Lunge hat Rathke
weiter verfolgt, und gefunden, dafs sie in die Bauchhöhle gegen die verschiedenen

/

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Organe sich verlängern, indem sie das Bauchfell vor sich hertreiben. Nach
diesen (handschriftlich mitgetheilten) Beobachtungen wird aus dem hintern,
schon in dem vorigen Zeiträume tief in die Bauchhöhle hineinragenden Sacke
der grofse Luftsack des Hinterleibes, aus den beiden vordersten werden die Luft-
sticke des Herzens (Bulla cordis anterior et posterior).

An der weiter gewordenen Luftröhre sind nun auch alle Theile des
untern Kehlkopfes zu unterscheiden, und von der bleibenden Form. Am obern
Kehlkopfe sind die früher schon kenntlichen Knorpel ebenfalls zur bleibenden
Form umgewandelt. Die Leiste aus dem Schildknorpel hat sich erhoben, und
die einzelnen Muskeln sind schon kenntlich. Die Stimmritze scheint sehr eng
von ihnen verschlossen zu werden, denn in der Luftröhre findet man um diese Zeit
Luft und nicht Flüssigkeit, wie im Verdauungsapparate.

Die Nieren werden massiger und haben ein weniger getheiltes Ansehn, ĥ Harn - und
Die Nebennieren treten mehr hervor. Der Stiel des Harnsackes erweitert sich in apparat.
der Nähe der Kloake.

Im Geschlechtsapparate tritt die Verschiedenheit der Geschlechter immer
bestimmter hervor. Die Hoden nähern sich der bohnenförmigen Gestalt, und in
ihnen treten nach Rathke die Saamengefäfse auf. Die Eierstöcke dagegen
bleiben flach. Der rechte entwickelt sich nicht weiter, und der linke nimmt
vorn an Breite zu. Der rechte Wolffische Körper bleibt auch in der Ent-
wicklung im weiblichen Geschlechte stehen, wahrend der linke noch etwas
fort zu wachsen scheint. Im Männchen sind die Wolffischen Körper grölser.
Der Faden des W olffischen Körpers ist im Weibchen noch vorhanden. Der
auffallendste Geschlechtsunterschied ist aber wohl im Ausführungskanale. Im
männlichen Geschlechte haben sich die vordem Enden verloren, der hintere
Theil dagegen wird länger und enger, auch etwas gebogen und hat schon ganz
den Character des Saamenleiters. Im Weibchen verschrumpft der rechte Aus-
führungsgang , bis auf einen kurzen und dünnen Faden, der in die Kloake geht,
aber den Wolffischen Körper lange nicht erreicht, der linke dagegen behält
seine ganze Länge und verdickt sich. Sein vorderes Ende dehnt sich zum
Trichter aus, und das hintere erweitert sich. Zugleich rückt dieser nun deut-
liche Eileiter vom Wolffischen Körper ab nach aufsen.

Vom Hirne bemerke ich nur, dafs das kleine Hirn sich mehr erhebt und g. Hirn,
nach vom sich tiefer zwischen die Vierhügelblasen einkeilt. Diese rücken dabei

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allmählig nach unten und die Zirbel wird mehr erhoben, so dafs ihre Verbindung
mit der Region der dritten Hirnhöhle dünner wird. Die Zahl der Einschnitte
des kleinen Hirnes vermehrt sich beträchtlich.

h Auge. Das obere und untere Augenlied erreichen einander und schliefsen die

Augeuliederspalte mehr oder weniger, jedoch ohne zu verwachsen. Die vordere
Augenkammer bildet sich durch
verminderte Wölbung der Linse und ver-
mehrte Wölbung der Hornhaut weiter
aus, und da zugleich die Regenbogen-
haut wächst, so grenzt sich auch eine hintere Augenkammer ab, jedoch ohne
völlig gesondert zu seyn, da kein Pupillenmembran erscheint.

i. Ohr und Das innere Ohr verknöchert schon im Anfange dieses Zeitraumes. Inder

Nase sind die Muscheln lang ausgezogen. Die Schuppen am Eingange der Nase,
welche
die Familie der Hühner auszeichnen, treten deutlich hervor.

§. 13.

Siebzehnter bis neunzehnter Tag.

Der Dottersack verliert immer mehr Inhalt und faltet sich daher in
mehrere durch tiefe Einschnürungen gebildete sackförmige Abschnitte. Oft ist
in dieser Zeit nur Eine tiefe Einschnürung, wodurch der Dottersack zweilappig
wird. Der Dottersack schien mir gegen das Ende der Entwicklung im Eie
immer dunkler als früher, wahrscheinlich von dem fortgehenden Verluste der
flüssigen Theüe. Der Harn-Niederschlag mehrt sich stark im Chorion, welches
sich auf keine Weise mehr entwickeln läfst. Das Eiweifs schwindet allmählig
ganz. Auch nimmt die Flüssigkeit des Amnions ab.

Die Lage des Hühnchens wechselt, doch liegt es stets zusammen-
gekrümmt, so dafs es mit seinem ganzen Körper fast die Form des Eies hat,
und immer liegt die Längenachse des zusammengekrümmten Hühnchens in
der Längenachse des Eies. Eine Queerlage gestattet der Raum nicht mehr.
Gewöhnlich, liegt aber das vordere Ende des Hühnchens nach dem Lufträume
zu, Schon früher war der Kopf gegen die Brust zurückgebogen. Im vorigen
Zeiträume war aber die Krümmung einfach und nach dieser die Spitze des
Schnabels nach hinten gekehrt. Jetzt tritt allmählig eine doppelte Krümmung
ein, so nämlich, dafs der Hals nach hinten .gebogen bleibt, das Kopfende aber
wieder nach vorn sich krümmt. Der Kopf liegt gewöhnlich unter dem rechten

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Flügel und richtet allmählig die Schnabelspitze nach vorn. Eine Folge dieser
Stellung ist, dafs die Spitze des Schnabels nahe an dem Theile der Eihäute liegt,
der den Luftraum begrenzt.

Während im vorigen Zeitabschnitte immer mehr Darmmündungen aus
dem Nabel hervortraten, erweiterte sich dieser sehr. Zugleich scheint die
Bauchhaut an dem Hautnabel herausgewachsen, indem der Leibesnabel sich
dem Hautnabel nähert. Es wird nämlich das seröse Blatt der Keimhaut dicker
und erhält eine complicirte Organisation. Es scheint diese höhere Entwickelung
vom Nabel aus fortzuschreiten und zeigt eine unmittelbare Verlängerung des-
jenigen Blattes der Bauchhaut, welches an den Bauchwänden anliegt. Diese
höhere Organisation breitet sich in der gegenwärtigen Periode sehr aus, und
zugleich trennt sich das seröse Blatt vollständig von dem Gefäfs - und Schleim-
blatte. Da nun in dem jetzigen Zeiträume der vorgefallene Darm in die Bauch-
höhle zurücktritt, folgt ihm auch der Dotter, umgeben von dem Gefäfs - und
Schleimblatte. Der Dottergang erweitert sich dabei. Am neunzehnten Tage
hat der Eintritt des Dotters erst begonnen, weshalb wir später noch einmal
darauf zurückkommen werden. Im Allgemeinnen behalten die Federn ihre
Bälge während dieser ganzen Zeit, obgleich sie fast die Länge eines Zolles
erreichen.

Die rechte Vorkammer scheint jetzt gröfser als die linke. Das eirunde
Loch des Herzens und die Einmündung der hintern Hohlvene rücken immer
weiter aus einander. Die stark entwickelte Eustachische Klappe trennt jetzt
auch die Mündungen der hintern Hohlvene und der rechten vordem Hohlvene
ganz entschieden von einander. Sie zieht sich aus bis an die Grenze zwischen
der vordem linken und der hintern Hohlvene. Durch sie wird dem Blute der
beiden vordem Hohlvenen nur der Eintritt in die rechte Vorkammer gestattet,
dagegen leitet diese Klappe das Blut aus der hintern Hohlvene durch das
eirunde Loch in die linke Vorkammer, obgleich, da die Klappe nicht die
untere Wand der Vorkammer erreicht, so viel Blut über die Klappe über-
strömen wird, als die rechte Kammer aufser dem unmittelbaren Zuflusse aus
beiden vordem Hohlvenen zu fassen vermag.

Die Eustachische Klappe ist die Fortsetzung der rechten Wand der Hohl-
vene. Aufserdem sieht man gewöhnlich noch eine kleine Klappe als Fort-
setzung der linken Wand. Die Klappe des eirunden Loches habe ich überaus

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wechselnd gefunden, zuweilen schien sie ganz zu fehlen und, in andern
Fällen safs sie am ganzen Umfange des eirunden Loches an, und ragte in
Form einer kurzen Röhre in die linke Kammer hinein, so dafs ich nicht
im Stande bin, das normale Verhältnils in diesem Zeiträume anzugeben.
Ueberdies habe ich es nicht oft genug im frischen Zustande untersuchen
können.

Die communicirenden Kanäle zwischen den vordem Schlagadern und
Wurzeln der Aorta schwinden in der Regel. Zuweilen sah ich jedoch einen
noch am neunzehnten Tage. Die Lungenschlagadern verzweigen sich stark
in die Lungen, und die Uebergänge in die Aorta erscheinen immer mehr als
blos communicirende Kanäle. Da nun die linke Wurzel blos aus diesem Kanale
besteht, so ist sie sehr viel dünner, als die rechte.

Unter den Lungen ist die Haut, welche die Stelle des Zwerchfelles der
Lage nach vertritt, völlig ausgebildet und verhältnifsmäfsig fest.

Die Leber ist gelb. In den Blinddärmen sind die Schleimgruben sehr
deutlich,

§. 14.

Zwanzigster und ein und zwanzigster Tag.

In den beiden letzten Tagen beginnt schon das Auskriechen. Wir
werfen hier aber nur noch einen Blick auf die Vorbereitungen. — Aus dem
Amnion hat sich allmählig fast alle Feuchtigkeit verloren, eben so aus dem
Räume zwischen der äufsern und innern Hälfte des Chorions, wo desto mehr
Harnniederschlag sich findet. Der Embryo nimmt aufser dem Lufträume fast
die ganze Höhlung des Eies ein, denn der Dottersack ist auch in den Leib
des Embryo getreten. Mit dem neunzehnten Tage ungefähr beginnt dieses
Eintreten, indem der Dottersack nur von seiner nächsten Hülle umgeben dem
Darme folgt, per Nabel ist nicht weit genug, um den Dottersack in seinem
ganzen Durchmesser durchzulassen. Es tritt daher zuerst nur der dem immer
mehr erweiterten Dottergange nahe gelegene Theil ein, indem er sich zu-
spitzt. Ist aber nur ein Theil des Dottersackes so durch den Nabel gegangen,
so erweitert er sich wiederum in der Bauchhöhle, und der Dottersack besteht
nun aus zwei Hälften, einer innern und einer äulsern, welche durch eine

ver-

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verengte Stelle, die im Nabel liegt, mit einander Gemeinschaft haben. Es
zieht sich aber immer mehr von der äufsern Hälfte durch den Nabel, so dafs
also die Vorragung im Dottersacke immer weiter fortrückt, bis endlich der
ganze Sack in die Bauchhöhle schlüpft. Der in die Bauchhöhle eingetretene
Theil behält hier nicht seine sphärische Gestalt, sondern legt sich in alle leeren
Räume der Bauchhöhle hinein, und formt sich also nach den Lücken, welche
andere Theile hier lassen. Dann aber scheint sich der Ueberzug des Dotters
wieder zusammen zu ziehen, und im Augenblicke des Auskriechens, noch mehr
aber bald nachher, erhält er eine selbstständige fast kugliclie Form, jedoch mit
Einschnitten, welche die Gefafse veranlassen.

Wenn der Dotter ganz in die Bauchhöhle getreten ist, so verengt sich
der Nabel rasch und fangt an zu vernarben, wobei die äufsere Hülle des Dotter-
sackes wie ein Bruchsack zurückbleibt und abgeschnürt wird.

Die Form des Leibes wird durch den eingetretenen grofsen Dottersack
sehr verändert. Der spitz hervorgedrängte Nabel bildet das hintere Ende des
Leibes, indem der After in die Höhe geschoben wird. Der Nabel hat erst
in der letzten Zeit seinen vollständigen Character erhalten, indem das, was
wir Hautnabel und Leibesnabel genannt haben, zusammenrückt, und ver-
wachsen ist.

Der concurrirende Ast aus der rechten Lungenschlagader in den hintern
Arterienstamm und die linke Wurzel desselben aus der linken Lungenschlag-
ader sind sehr eng geworden und bilden zwei Botalli\'sche Gänge, von denen der
rechte sehr viel kürzer ist, als der linke.

§. 15.

Vom Auskriechen des Hühnchens.

Wenn das Hühnchen die gewöhnliche Lage hat, so nämlich liegt, dafs
das Vorderende an den Luftraum stöfst, der Hals zurückgekrümmt ist, der
Kopf unter dem rechten Flügel liegt, mit der Schnabelspitze nach vorn gerichtet,
so steht diese Spitze ganz nahe an der Gegend des Chorions, welche den Luft-
raum begrenzt. Ein geringer Versuch, den Kopf aus dieser Lage zu bringen,
durchstöfst das Chorion, und die Schnabelspitze dringt in den Luftraum. Das
Hühnchen kann nun, ohne übrigens seine Lage zu verändern, etwas Luft

S

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einziehen, und mithin auch einen Ton von sich gehen. Ich habe zuweilen
schon zwei Tage vor dem Auskriechen, und ohne dafs das Ei irgend einen
Rifs hatte, das Küchlein in der Schaale piepen gehört. Dabei bleibt es lange
in seiner Lage, wie mich die Beobachtung an mehreren Eiern, die ich öffnete,
gelehrt hat. Der Kreislauf in den Nabelgefafsen geht fort. Hat die Athmung
einmal begonnen, so wird sie auch fortgesetzt, wie man an der Bewegung
des Brustkastens und des ganzen Küchleins erkennt. Lunge und Luftsäcke
können aber in dieser Stellung nicht gehörig ausgedehnt werden.

Da der Kopf des Küchleins auf einer Seite liegt, und schon wegen des
hohen Kammes des Brustbeines nicht in der Mitte liegen kann, so ist auch die
Stelle, wo das Chorion durchstofsen wird, nicht in der Mitte des Luftraumes,
sondern dem Rande, also auch der Eischaale, näher. Verstärkte Bewegungen
bringen also die Schnabelspitze an die Eischaale. Oft ist das durchgestofsene
Loch ganz am Rande des Luftraumes, und schon die erste Bewegung drängt
an die Eischaale an. Ist der Andrang stark genug, so bekommt diese Risse.
Gewöhnlich wird aber auch zugleich ein Stückchen der Schaale abgesprengt,
ohne dafs die Schaalenhaut reifst. Oft mag die Schnabelspitze, wenn sie
nicht sogleich den Luftraum erreichte, sondern aufserhalb seines Randes zuerst
die Eischaale zersprengte, erst später in den Luftraum dringen und dem Küch-
lein den hier befindlichen Luftvorrath zuführen; denn auffallend ist es, dafs
zuweilen fast vier und zwanzig Stunden nach dem Absprengen des ersten
Stückchens der Schaale verfliefsen, ehe das Loch merklich vergröfsert wird.
Liegt aber der Kopf nach dem spitzen Ende des Eies hin, so wird die Oeffnung
rascher erweitert, und die Schaalenhaut durchgestofsen. Bei dieser Lage des
Küchleins hörte ich es niemals vorher piepen.

Hat das Hühnchen die Oeffnung des Eies so erweitert, dafs es nicht
nur freien Zutritt von Luft hat, sondern auch den Hals etwas ausstrecken
kann, so bleibt es eine Zeitlang in dieser Stellung, wobei es frei und stark
athmet. Bis zu diesem freien Athmen schienen mir die Gefäfse des Chorions
stark mit Blut angefüllt, und die ganze Haut schien keinesweges abgestorben.
So wie aber ein ungehindertes Athmen eintritt, verliert das Chorion sein
Blut und es stirbt ab. Es löst sich dann vom Nabel und das Küchlein verläfst
das Ei.

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§. 16.

Allg emeiner Char acter der dritten Periode.

Die Vorgänge der dritten Periode zeigen uns die Herrschaft, welche
der Embryo über die übrigen Eitheile gewinnt. Wenn zuerst der Embryo
nur ein Theil der Keimhaut war, so wird jetzt die Keimhaut ein Theil des
Embryo. Während er in der zweiten Periode sich von den übrigen Eitheilen
abschnürte, und sich einhüllte, nimmt er sie jetzt allmählig in sich auf. Der
Dotter mit der ganzen Keimhaut tritt unmittelbar in den Leib des Embryo ein.
Mittelbar geht das Eiweifs denselben Weg. Auch die Flüssigkeit des Amnions
verliert sich. Nur die Theile, welche der Embryo aus sich heraus getrieben
hat, der Harnsack und die Haut, welche eine Verlängerung des Bauchfelles
zu seyn scheint, nimmt er nie wieder auf. Die Herrschaft, welche der
Embryo allmählig über die übrigen Eitheile gewinnt, ist offenbar eine höhere
Form des Selbstständigwerdens, wovon das Leben aufserhalb des Eies endlich
die höchste ist, in welcher das Thier nicht mehr die Theile des Eies, sondern
die Außenwelt zu seiner Selbstbildung verwendet.

Wir haben beim Schlüsse der zweiten Periode bemerkt, dafs während
derselben der Character des Wirbelthieres vollständig wird, indem der anima-
lische Theil nach dem gedoppelten Typus der gegliederten Thierreihe und
der plastische nach dem Typus der Mollusken sich formt, und dafs bald der
Embryo durch Entwickelung des Harnsackes in die Reihe derjenigen Wirbel-
thiere tritt, welche sich nicht im Wasser entwickeln.

Erst im Verlaufe der dritten Periode wird das Hühnchen zum Vogel
durch die eigenthümliche Ausbildung der Athem - Organe, und äufserlich wird
diese Thierklasse kenntlich, indem sich die Schnabelbildung kund giebt,
und die vordere Extremität die Form des Flügels annimmt. Bald ent-
wickeln sich auch die Federbälge. Es ist aber zuvörderst ein Vogel über-
haupt, nicht ein Vogel aus der Familie der Hühner. Erst allmählig offen-
bart es sich, dafs aus dem Embryo ein Landvogel sich entwickelt, in-
dem die Schwimmhaut unkenntlich wird, und darauf reiht er sich in die
Familie der Hühner ein, wenn der Kopf sich bildet, der Vormagen sich
vom Muskelmagen scheidet, die stumpfen Nägel auf den Füfsen, und die
Schuppe über der Nasenöffnung sich zeigen. Zuletzt tritt der Character der

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Gattung auf durch den Kamm auf der Stirne, die eigentümliche Schnabel-
bildung
u. s. w. Endlich bildet sich die Individualität aus, und wird erst
mit der Höhe des Lebens aufserhalb des Eies vollendet; denn offenbar sind
die eben ausgekrochenen Küchlein einander viel ähnlicher, als die ausge-
bildeten Hühner.

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C o r

Entwickelun

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und

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6 II

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s Hühnchens

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S c h o 1 i o n I.

Ueber die Sicherheit in der Beobachtung der Embryonen.

Die erste Frage, die uns entgegentritt, wenn wir aus Beobachtungen über die a, Zweifel.
Entwicklung irgend einer Thierform eine Einsicht in das Wesen dieses Vor-
ganges gewinnen wollen, ist wohl die: Bis zu welchem Grade der Sicherheit
geht überhaupt die Beobachtung an Embryonen ? Die Schärfe des Auges und der
Werkzeuge findet ja bei jeder Untersuchung eine Grenze, so also auch bei Be-
trachtung des Embryo. Wenn nun das Microscop vor der Befruchtung und gleich
nach derselben keinen Embryo gewahr wird, wie können wir die Ueberzeugung
gewinnen, dafs keiner da ist ? Dieser Einwurf, früher häufig selbst von Beob-
achtern microscopischer Gegenstände geltend gemacht, wird jetzt vorzüglich von
Laien gehört, ist aber bei ihnen um so häufiger und nachdrücklicher. In der
That ist es schwer, eine Zuversicht zu jenen negativen Angaben zu gewinnen,
wenn man weifs, dafs die Naturforscher von vielen Gegenständen, die das unbe-
waffnete Auge sehr wohl erkennt, den Bau mit Sicherheit und Vollständigkeit an-
zugeben nicht im Stande sind. Eine Milbe sieht jedermann, und doch ist es selten
möglich, mit Genauigkeit ihre Frefswerkzeuge zu bestimmen, und noch viel
weniger ihren innern Bau zu erforschen. Sie besitzt ohne Zweifel ein Nerven-
system; es dürfte aber keinem Naturforscher gelingen, dasselbe darzustellen.
So deutliche Beweise von der Beschränktheit unserer Mittel für die Untersuchung
dürfen wohl dem Zweifel Raum geben: „ Ob nicht der ganze Embryo mit allen
seinen Theilen da seyn kann, aber so fein gebaut, dals Messer und Microscop
ihn nicht erreichen ? "

Es scheint mir daher nicht überflüssig, diese Frage etwas näher ins
Auge zu fassen, und ich hoffe, dafs die Beleuchtung derselben zuvörderst
bestimmen wird, was der Beobachtung entgehen kann und was ihr nicht
entgeht, dann aber auch zur Einsicht in die Beschaffenheit des Embryo bei-
tragen wird.

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Man fürchtet also, die Kleinheit des Embryo und die Feinheit seines
werde ihn ganz — oder einzelne seiner Theile dem Auge unkenntlich
machen. — Ich glaube dagegen behaupten zu dürfen, dafs der Embryo, je
jünger er ist, um so weniger
fein*) gebaut ist. — Wenn wir an einem er-
wachsenen Huhne irgend einen Theil in seinem Gewebe untersuchen und dann
das Gewebe desselben Theiles im Küchlein, so lange es im Eie ist, vergleichen,
so finden wir immer, dafs das Gewebe im erwachsenen Thiere feiner, im jüngern
gröber ist» — Wählen wir statt der übrigen Theile einen Muskel als Beispiel,
weil liier das Yerhältnifs sehr augenscheinlich ist! Ein Muskel aus einem er-
wachsenen Huhne läfst sich unter dem Microscope in Bündel, diese in Fäden
theilen, und in den Fäden lassen sich bei gehöriger Sorgfalt wieder sehr feine
Fasern unterscheiden, zu deren Betrachtung eine starke Vergröfserung erfordert
wird. Je jünger nun das Huhn ist, um desto weniger dünn sind die Elementar-
fasern der Muskeln. In einem Embryo aber aus der Mitte der Bebrütung sind
die
Durchmesser der Muskelfasern noch beträchtlicher, obgleich sie schwer genug
von
einander zu trennen und microscopisch zu unterscheiden sind. Die Schwierig-
keit liegt aber nicht in ihrer Dünne, denn diese wird schon von einer scharfen
Linse erreicht, sondern in der Weichheit und Unbestimmtheit der Form. Die
Muskelfasern sehen
in ihrer Entstehung fast wie eine Reihe unförmlicher Klümp-
chen von ansehnlicher Gröfse aus.

Was von den Muskeln bemerkt ist, gilt auch von allen übrigen Theilen.
Die einzelnen organischen Elemente, aus denen sie bestehen, sie seyen Fasern,
Kügelclien oder Blättchen, sind um so feiner ausgearbeitet, je entwickelter das
Thier ist. So ist die Faserung des Hirnes und Rückenmarkes, so bald sie kennt-
lich wird, wie mit grobem Griffel gezeichnet, und es scheinen nur die gröfsern
Stränge zu seyn, in denen erst später die untergeordneten Fasern sich bilden
sollen. In frühester Zeit ist aber gar keine Faserung im Hirne. Ueberhaupt ist
ja in den ersten Tagen des Embryonenlebens noch gar keine Textur kenntlich,
wenn man nicht fast durchsichtige, nicht scharf begrenzte Körnchen, die auch
in den hellen Theilen sich finden, dafür ansehen will. In andern Theilen sieht
man dunklere Körnchen, entweder verbunden oder umgeben von einer durch-
sichtigen ungeformten Masse. Diese Körnchen, meist wieder aus untergeordneten
Körnchen bestehend, sind im Yerhältnifs zu den Theilen, die sie zusammensetzen,
so
grofs, dafs man sagen könnte, der Embryo gleiche in frühester Zeit einem
_______ Bilde,

*) Ich vermeide mit Bedacht das Wort zart, welches so wohl Dünne als Weichheit in sich schliefst.

Zart ist der Embryo gewifs!

b. Der
Embryo ist
nicht fein Baues
gebaut,

weder im
Gewebe,

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Bilde, das aus Pflastersteinen oder Granitblöcken zusammengesetzt ist. Am
ersten Tage besteht die Wirbelsaite fast nur aus einer Reihe solcher Kügel-
chen, die man mit ziemlicher Bestimmtheit zählen kann. Wenn an einer
Stelle zwei neben einander liegen, so wird sogleich dadurch dieser Theil
unförmlich.

Das vom Gewebe Gesagte findet auch seine Anwendung auf die äufsere noch in der
Form. Alle Theile sind um so roher und ungeformter,
je jünger sie sind. Die Formier
Extremitäten geben das am meisten in die Augen springende Beispiel; es gilt Theile-
aber für alle Theile. Im Hühner-Embryo von zwei mal
24 Stunden kenne ich
nur einen einzigen Theil, der dünner als ein Haar ist, die Wirbelsaite nämlich.
Ein Haar ist aber schon dem blofsen Auge erkennbar und kann leicht unter dem
Microscope bis zur Stärke einer Stange vergröfsert werden.

Da die Wirbelsaite der dünnste Theil ist, den man findet, so hat es keine Die

Wahrscheinlichkeit, dafs im Embryo Theile vorkommen, die ihrer Dünne wegen StzLht\'aiso
dem Microscope gar nicht erreichbar wären. Der Embryo hat überhaupt, je Wjder e!n~
jünger er ist, um so weniger kleine Theile. Alle Theile sind im Augenblicke 6
ihres Werdens im Verhältnifs zum Umfange des Embryo grofs zu nennen, wenig-
stens sind sie nie dünn und fein. Die Weite des Darmes nimmt im Anfange mehr
als | von der Weite der Bauchhöhle ein. Diejenigen Organe, welche durch Her-
vorstülpung aus allgemeinen Apparaten sich bilden, müssen zwar auch im Ver-
hältnifs zum Embryo allmählig gröfser werden, was am auffallendsten sich am
Harnsacke zeigt, allein sie haben wenigstens eine sehr breite Basis. So z. B. die
Extremitäten; so alle Hervorstülpungen aus dem Darme.
Die Lebergänge sind
im Werden colossal gegen die spätere Zeit; der Harnsack und die Lungen haben
beim Hervortreten eine weite Communication mit dem Darme, eben weil sie, je
jünger, um so mehr nur Modificationen des Darmes sind. — Noch weniger
»och den
kann der ganze Embryo des Huhnes sich durch seine Kleinheit verstecken. Wenn fryoTerB^
er zuerst bemerkt wird, ist er schon über eine Linie lang und
man kann daher obachtu«g-
mit der gröfsten Sicherheit behaupten, dafs im Anfange der Bebrütung der
Embryo nicht da ist, denn schon bei mittelmäfsiger Vergröfserung lassen sich im
Fruchthofe die einzelnen Kügelchen unterscheiden, von denen der Embryo beim
Erscheinen mehrere hundert enthält. Die Gröfse dieser Kügelchen , die hell oder
dunkel in allen organischen Theilen sich finden, macht ein Vorgebildetseyn des
Embryo in der zweiten und dritten
Generation völlig unmöglich.

Dagegen giebt es andere Grenzen, die der Untersuchung Schranken setzen <*. Hinder-
und die eben in dem Mangel an bestimmter Form und Ausbildung liegen. Die üntersÜ! di*
ursprüngliche Gleichmäfsigkeit aller Theile macht, dafs wir diese erst
erkennen chung gebe»

T

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aber die Un- wenn die Differenz bis auf einen gewissen Gratl gestiegen ist. Das gilt besonders
£eit™For- von der Trennung der ersten Anlage in über einander liegende Blätter und der
men und die e[nze]nen Organe in constituirende Elemente. So sind gewifs die Nervenfäden

geringerem- " ° . . . i • i • 1

sistenz. sehr viel früher da, als wir sie unterscheiden, nicht wegen ihrer Dünne, aber
wohl wegen ihrer Zartheit, Durchsichtigkeit und Uebereinstimmung mit der
umgebenden Masse für uns unkenntlich. Angenommen, die Nerven wären schon
gesondert, aber Linie im Durchmesser, weich und durchsichtig: durch
welche Mittel wollten wir sie von der umgebenden Masse der Bauchplatten unter-
scheiden? Wären sie dunkel, so würde ein solcher Durchmesser schon von einer
scharfen Linse erreicht werden; wären sie starr, so würden sie zwar, wenn sie
zugleich hell wären, auch nicht ohne Zerreifsung des Leibes sichtbar seyn, diese
aber würde sie blofslegen und deutlich zeigen, wie die Fasern eines zerrissenen
Papiers. Glücklicher Weise läfst aber das grobe Gefiige, das der früheste Embryo
in allen leicht zu unterscheidenden Theilen offenbart, mit Sicherheit schliefsen,
d als die Nerven schon bei der ersten Sonderung eine viel ansehnlichere Dicke
haben,
immer aber bleibt es gewifs, da Ts sie in ihrem Entstehen nicht zu beobach-
ten sind. Ueberhaupt können wir alle Ausbildung im Innern eines Theiles erst
gewahr werden, wenn sie schon eine Zeitlang fortgeschritten ist. Dagegen läfst
sich jede Veränderung des äufsern Umrisses sowohl am ganzen Embryo, als an seinen
einzelnen Theilen sogleich erkennen, weil die Kleinheit an sich kein Hindernifs wird.

Was Aus diesen Gründen ist für die Untersuchung der Embryonen, wenigstens

die Methode der Embryonen höherer Thiere, fast nie eine sehr starke Vergröfserung erforder-
suchungter~ lieh- Eine solche verwischt die geringen Unterschiede in der Textur und ver-
folgt- dünnt die Schatten, an denen man oft ganz allein die Lagerung, so wie die Ge-
staltung innerer Theile erkennt, zu sehr. Ein gröfseres Bedürfnifs als die starke
Vergröfserung ist es, die verschiedenen Schatten, die sich oft decken, mit Bestimmt-
heit zu unterscheiden und den Embryo nach allen Seiten wenden und ihn unter
schwacher Vergröfserung zergliedern zu können. Meine Untersuchungen haben
mich viel rascher weiter geführt, nachdem ich angefangen hatte unter einer Linse
von etwa 5 Linien Brennweite zu beobachten, unter welcher ich mit beiden Händen
an dem in einem mit Wasser gefüllten Uhrglase liegenden Embryo arbeiten konnte.
Ich habe mich hierzu eines von A
d a m s in London verfertigten Taschenmicroscopes
bedient, welches nicht nur als einfaches Microscop mit 1 bis 3 Linsen, sondern auch
nach Bedürfnifs als zusammengesetztes gebraucht werden kann. Nicht oft habe ich
eine oder zwei Linsen zu der ersten hinzugefügt, seltener den Tubus des zusammen-
gesetzten Microscopes
angewendet und nur sehr selten zu einem stärkern Microscope
meine Zuflucht genommen, und auch dann meist ohne den gehofften Erfolg.

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Scholion II.

Die Ausbildung des Individuums im Verhältnifs zu seiner Umgebung.

Die obigen Bemerkungen über die rohen Formen und das grobe Gefüge a üie We_
des Embryonenleibes können für die Erkenntnifs des Wesens der Entwickelung ^.heit
benutzt werden. Wenn es nämlich auch an sich klar ist, dafs, obgleich jeder
herrscht die
Fortschritt in der Entwickelung nur möglich gemacht wird durch den vorherge- AusblldlulS-
henden Zustand, dennoch die ganze Entwickelung von der gesammten Wesenheit
des Thiers, welches werden soll, beherrscht und geleitet wird, und nicht der
jedesmalige Zustand das allein und absolut Bedingende für die Zukunft wird, so
ist es doch nicht ohne Interesse, dieses Verhältnifs aus der Beobachtung erweisen
zu können. Ich glaube aber, dafs sich ein solcher Beweis führen läfst.

Wenn wir eine Anzahl ausgewachsener Hühner ganz genau mit ihrer äu-
fsern und innern Gestaltung auf eine Tafel zeichnen wollten, so würden wir zwar
einige Unterschiede erkennen, aber doch nur unwesentliche, die auf die Lebens-
verhältnisse wenig Einflufs ausüben können, wie etwa längere und kürzere Hälse,
stärkere und schwächere Füfse und dergleichen mehr. Je jünger die Embryonen
aber sind, um desto mehr Unterschiede und im Verhältnifs zur geringen Ausbil-
dung um desto bedeutender scheinende, würden wir gewahr werden. Das wird
für die erste Bildung sehr auffallend, und alle Beobachter machen diese Bemer-
kung. Würden Embryonen von der Bildungsstufe, wo der Rücken sich schliefst,
eben so, aber bis zu dem Maafse der Erwachsenen vergröfsert, auf eine Tafel ne-
ben einander gezeichnet, so würde man, ganz abgesehen von dem raschern oder
langsamem Fortschreiten der gesammten Entwickelung, die gröfsten Unterschiede
erkennen,
und glauben, diese Embryonen könnten nicht zu derselben Form sich
ausbilden. Bald ist das Verhältnifs des Kopfes zum Rumpfe in einem Individuum
viel gröfser als im andern; bald sind die Embryonen mit Ausnahme der Wirbel-
saite und der Anlage der Wirbel durchsichtig wie Glas, bald sind sie viel dunk-
ler. Einige sind stärker gekrümmt oder mehr aus der Keimhaut erhoben, als an-
dere. In einigen wird man die Wirbelsaite nicht bis zum Ende des Leibes rei-
chen sehen, in andern werden die
Bauchplatten schon im ganzen Umfange kennt-
lich seyn.
Noch gröfser sind die Verschiedenheiten, wenn wir weiter zurück-

* T 2

-ocr page 176-

gehen 1), und ich habe schon in der Erzählung der Entwicklungsgeschichte des
Hühnchens (§. 1. «\'.) darauf aufmerksam gemacht, wie verschieden der Primitiv-
streifen sich
gestaltet. Da die Bildung noch auf einer so niedrigen Stufe der Ent-
wickelung
steht, dals man nicht viel mehr als Erhebungen und Kügelchen sieht,
so
erscheinen eben deshalb die Unterschiede um so gröfser, und man kann kaum
begreifen, wie diese Verschiedenheiten zu demselben Resultate führen und wie
nicht neben vollkommflen Hühnern zahllose Krüppel entstehen. Da aber die Zahl
der Krüppel unter den ältern Embryonen und erwachsenen Hühnern nur sehr ge-
ring ist, so mufs man zurück schliefsen, dafs die Verschiedenheiten ausgeglichen
werden, und jede Abweichung, so viel möglich, zur Norm zurückgeführt wird.
Daraus ist aber ersichtlich, dafs nicht der jedesmalige Zustand ganz allein und
nach allen seinen Einzelheiten den zukünftigen bestimmt, sondern allgemeinere
und höhere Verhältnisse ihn beherrschen. So kann, glaube ich, die Naturfor-
schung, der man so gern den Vorwurf macht, dai\'s sie materialistische Ansichten
begünstige und nähre, aus der Beobachtung selbst die streng materialistische Lehre
widerlegen und den Beweis führen, dafs nicht die Materie, wie sie grade angeord-
net ist, sondern die
Wesenheit (die Idee nach der neuen Schule) der zeugenden
Thierform die Entwichelung der Frucht beherrscht.

h. Wachsen- Deswegen ist auch das wesentlichste Resultat derEntwickelung, wenn wir

dq Sellist»1" •

.ständigkeit sie im Ganzen übersehen, die zunehmende Selbstständigkeit des werdenden Thiers.

des Embryo \\yjr haben schon in der Entwickelungsgeschichte des Hühnchens die verschiede-
ist das we _ o ö

sentlichste nen Stufen derselben mit besondern Namen belegt, und es wird hinlänglich seyn,
sie hier nach einander zu überblicken, um den Fortgang anschaulicher zu ma-
chen.

Der Embryo ist anfangs nur einv Wucherung des Keimes, also ein Theil
desselben, ja, so gar ein Theil ohne bestimmte Grenze. Später erst finden wir
eine
Abgrenzung vom übrigen Keime, oder der Keimhaut, aber er steht zu die-
ser noch in einem sehr untergeordneten Verhältnisse, von ihr sein Blut zur Er-
nährung erhaltend. Beide bilden ein zusammengehöriges Ganze. Kaum hat je-
doch der Embryo seine Grenze gefunden, so fängt er an sich noch mehr zu schei-
den. Einen Theil des Keimes wandelt er in einen Leib um (Rücken-, Bauch-,
Gekrös - und Darmplatten), durch
Abschnürung vom übrigen Keime. Mit einem

1  Ich habe in der Abhandlung über die Entwickelungsgeschichte des Hühnchens (f 1. I.) berich-
tet, dafs ich zuweilen die Rückenplatten ohne die Wirbelsaite gesehen habe. Jetzt habeich
dagegen in einem Primitivstreifen noch ohne Spur von Rückenplatten eine vollständige Wir-
belsaite beobachtet.

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andern Theile umhüllt er sich (Amnion). Was früher Theil war, will ein Selbst-
ständiges werden, bedarf aber noch der Keimhaut und hört nicht auf, mit ihr
ein Ganzes zu bilden. Endlich wird seine Herrschaft über die Keimhaut entschie-
den und er nimmt sie mit dem ganzen Dotter als Theil in sich auf. Keimhaut und
Embryo sind also vom Anfange an ein Ganzes, welches sich im Vogel nie trennt,
mit Ausnahme eines Theiles vom serösen Blatte. Nur die übrigen Eitheile wer-
den beim Auskriechen als unnütz verlassen. Da der Embryo sie nicht in sich auf-
nehmen kann, so
sondert er sich von ihnen und zeigt hierin den letzten Grad sei-
ner wachsenden Selbstständigkeit. Jetzt steht er nur noch im Verkehr mit der
gesammten Natur, welche früher nur
durch das Ei auf ihn wirkte.

Wo der Embryo vom Anfange an sehr grofs ist, ist der Dottersack so früh
ein Theil von ihm, dafs er zur Ausbildung seiner Selbstständigkeit keiner vorher-
gehenden Abschnürung bedarf. So im Frosche. Ein geringer Grad von Abschnü-
rung, aufweiche bald eine Beherrschung folgt, scheint in den Knochenfischen.
Anders ist es im Säugthier-Embryo. In diesem, der die Anlage zur höchsten
Ausbildung in sich trägt, geht die Abschnürung und die Einhüllung rascher vor
sich, als im Hühnchen. Sie geht auch weiter. Hier ist es nicht blofs das obere
Blatt der Keimhaut, welches das Amnion bildet, sondern auch die untere Lage,
die im Huhne, bei der Bildung der Kopfkappe, man möchte sagen, nur die Miene
macht, den Kopf zu umhüllen, und bald niedersinkt. In Eiern von Hunden sah
ich eine Falte der Keimhaut, mit allen Blättern wie eine Kaputze bis an die Mitte
des Rückens über den Kopf gezogen, so dafs die vordere Hälfte des Embryo wirk-
lich in
dem Darmsacke lag, obgleich nicht frei. Eben so wie die Einhüllung, geht
auch die Abschnürung weiter und ist rascher. Sie zieht sich zu einem Strange
aus (Nabelschnur), als ob der Embryo die Keimhaut flöhe. Merkwürdig ist es
gewifs, dafs die Nabelschnur des Menschen so viel länger ist, als in irgend einem
andern Säugethiere, und da für die ansehnlichere Länge kaum ein Zweck sich nach-
weisen lälst, so finden wir hierin um so mehr einen Beweis, dafs die Länge der-
selben nur der Ausdruck eines höhern Verhältnisses seyn mufs, der früher auf-
blühenden Selbstständigkeit des Embryo nämlich. Die lange fortgehende Ab-
sehnürung der Säugethiere ist aber auch der Grund, dafs, wenn der Embrj^o den
gehörigen Grad von Selbstständigkeit erhalten hat, er den weit von ihm getrenn-
ten Dottersack nicht mehr in sich aufnehmen kann.

Das Beispiel der Säugethiere, in welchen der Darmsack nicht in den Leib f^der ~
eingeht, darf uns wohl nicht abhalten, Embryo und Keimhaut als ein Ganzes zu S^ststän-^
betrachten, und den Keim selbst für das unausgebildete Thier anzusehen. Dazu
durch dieEe-
kommt noch, dafs der Keim von dem Augenblicke an, wo die Entwickelung be- gesetzt!"8

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ginnt, mit seinem Rande eng an der Dotterhaut auliegt, so dafs man diese als eine
Oberhaut des Keimes und also auch des Embryo betrachten kann, wodurch schon
jetzt
angedeutet wird, wie die Dottermasse vom werdenden Thiere umschlossen
wird. Da ferner der Keim sich aus der Keimschicht, diese wieder aus dem Dot-
ter
sondert, so ist selbst die Dotterkugel vor der Befruchtung nichts als die nie-
drigste Form des Thiers, aber eine so niedrige Form, dafs das Thier noch gar
keine Selbstständigkeit hat, sondern nur Theil des mütterlichen Körpers ist.
Die
Zeugung der höhern, in Geschlechter getrennten Thiere, scheint in der That aus
zwei Momenten zu bestehen. Zuerst wird die Möglichheit eines neuen Thiers durch
unmittelbares Wachsthum des mütterlichen Körpers gegeben. Es bleibt aber nur
Theil. Durch die Befruchtung wird aus dem Theile ein Ganzes,
ähnlich in sei-
nem Wesen den zeugenden Aeltern, zu deren Organisation es sich unter den er-
forderlichen Verhältnissen herauf bildet. In den niedern Thieren, wo kein Ge-
gensatz von Geschlechtern ist und jedes Individuum also die Idee dieser Thierform
ganz enthält, bedarf es nur der Reife,
um zu zeugen. Zeugen ist hier unmittel-
bare Verlängerung des Wachsthums über die Gr enzen des Individuums hinaus und
Fortpflanzung nichts als ein Fortwachsen über sich selbst. In solchen Thieren
hingegen, welche entweder doppeltes Geschlecht besitzen, oder getrennten Ge-
schlechtes sind, erzeugt das Wachsthum in dem einen Geschlechtsapparate die
Anlage zu dem neuen Keime als einen Theil von sich, und die Einwirkung des

entgegengesetzten Geschlechtes hebt die Herrschaft des ersteren auf.

* *

*

Corollarium über die Paarung.

Man mufs, wie es scheint, in der Paarung oder der gegenseitigen Einwir-
kung beider Geschlechter wieder einen doppelten Act, die Begattung und die Be-
fruchtung, so wie eine doppelte Wirkung unterscheiden; die erste besteht darin,
die Frucht der Herrschaft des weiblichen Eierstockes zu entziehen, die zweite
darin, ihr ein individuelles Leben zu geben. Für die erstere scheint das männ-
liche Geschlecht nur in so fern thätig, als es den weiblichen Geschlechtsapparat
zu einer höhern aussondernden Thätigkeit aufregt. Dem aufbewahrenden weib-
lichen Character wird die männliche, aussondernde Richtung mitgetheilt. Eben
deshalb kann das Aussondern des Eies zuweilen auch ohne Paarung erfolgen, in-
dem die Einwirkung des Männchens durch andere Verhältnisse ersetzt wird.
Dieses geschieht jedoch um so seltener, je höher das Leben der Thierform ent-
wickelt ist. Die Graafschen Bläschen der Säugethiere scheinen nicht ohne Be-

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gattung oder ihr analoge Reizung des weiblichen Geschlechtsapparates sich zu öff-
nen. Häufiger kommt dieses schon in Vögeln vor, und es ist sogar Regel bei dem
productivsten derselben, dem Haushuhne; jedoch erfolgt auch hier der Austritt
des Eies erst wenn der Eierstock überfüllt ist. In den Fröschen gehen zwar die
Eier stets vor der Befruchtung ab, allein ich habe mehrmals beobachtet, dafs die
Eier viele Wochen, ja zuweilen vielleicht ganz zurückgehalten werden, wenn
man die Weibchen allein hält. Das Abgehen der Eier scheint also durch das Um-
fassen des Männchens, wo nicht allein bedingt, doch gar sehr beschleunigt zu
werden, und dieses Umfassen ist in der That eine Begattung 1). Nachtschmetter-
linge legen nicht selten gleich nach dem Auskriechen aus der Puppenhülle Eier,
vorzüglich aber, wenn man sie aufspiefst, oder wenn sie in ganz engen Behält-
nissen gehalten, oder sonst belästigt werden. Aus Allem geht hervor, dafs das
Heraustreiben des Eies allerdings durch den weiblichen Geschlechtsapparat be-
wirkt wird, dafs dieses aber in der Regel durch die Einwirkung des männlicheu
Geschlechtes dazu aufgeregt wird, dafs aber auch wohl andere Aufregungen den
Einflufs des männlichen Geschlechtes ersetzen können.

Was die zweite Wirkung der Paarung anlangt, oder die Begründung eines
selbstständigen Lebens, so scheint hierzu die Einwirkung des männlichen Ge-
schlechtes und zwar durch seinen Zeugungsstoff viel nothwendiger, als zur Lösung
des Eies, und im Allgemeinen um so nothwendiger, je höher das Leben entwickelt
ist und vielleicht je mehr die Differenz der Geschlechter ausgebildet ist. Wenig-
stens kennt man in den Wirbelthieren keine sichere Beobachtung der Entwicke-
lung von Jungen ohne Befruchtung. Die Erfahrungen, die man von Salamandern
anführt, sind nicht beweisend. Blumenbach sah einen Salamander nach fünf-
monatlicher Einsamkeit Junge zur Welt bringen,
(Kleine Schriften S. 136). Da
er aber die Jahreszeit nicht angiebt, so darf man hieraus nicht auf eine Zeugung
ohne vorhergegangene Befruchtung schliefsen, was Blumenbach auch nicht
thut. Wurfbain
(Salamandrologia p. 83J machte eine ähnliche Beobachtung,
da aber die Jungen nach fünfmonatlicher Einsperrung der Mutter im März reif zur

1  Für die Fisch-Weibchen mag die Nähe des Männchens auch ohne Berührung doch nicht ohne
Einflufs seyn, und es wäre nicht überflüssig, genaue Beobachtungen anzustellen, ob einzeln
gehaltene Weibchen, immer und eben so früh laichen, als andere. Ich vermuthe diesen Einflufs,
weil ich erfahren habe, dafs Froschweibchen, die in einem grofsen Blechkasten mit vielen an-
dern Fröschen gehalten wurden1, laichten, obgleich ich nicht bemerken konnte, dafs sie von
Männchen umfafst wären, denn jeden Abend nahm ich die gepaarten Frösche heraus und doch
fand ich zuweilen am Morgen Laich, der sich nicht entwickelte. Einer solchen Einwirkung
des Geschlechtes aus der Entfernung fehlt es auch nicht an Analogie , wenn wir uns erinnern,
welchen Einflufs die Nähe der Bienenkönigin auf das Leben des ganzen Stockes ausübt.

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Welt kamen, so stammten sie offenbar vom vorigen Jahre. Dagegen sollen die
Eier von eben
ausgekrochenen Schmetterlingen zuweilen Embryonen entwickeln,
und für diese
Erfahrung spricht die Autorität eines Pallas. An Blattläusen hat
man
Zeugung ohne Befruchtung vielfach beobachtet. Hierin schon liegt ein voll-
ständiger Beweis, dafs bei der Befruchtung das männliche Geschlecht nicht allein
wirkt und das weibliche Geschlecht ganz leidend sich verhält. Vielmehr scheint
die Frucht aus einem weiblichen Geschlechtsapparate weiblicher Natur, welche
durch das Keimbläschen repräsentirt wird, und es bedarf der Einwirkung des
männlichen Zeugungsstoffes derselben Thierart, um die Idee des Thiers vollstän-
dig zu machen und
ihm die Möglichkeit der Entwicklung zu geben. Wie nun
die Einwirkung des männlichen Geschlechtes ersetzt werde, um jene Eier der
Schmetterlinge oder die Früchte der Blattläuse zur Entwickelung zu bringen, ist
um so mehr unbegreiflich, als der Zeugungsstoff einer merklich verschiedenen
Thierart nicht einmal befruchtend wirkt. Vielleicht darf man annehmen, dafs
diese Eier ursprünglich nicht weiblicher Natur, sondern weiblich - männlich waren,
bei den Blattläusen als normale Folge vom Einflufs der Jahreszeit, bei jenen
Schmetterlingen als besondere Abweichung, zu welcher die Insecten schon da-
durch eine Neigung offenbaren, dafs das Keimbläschen in ihnen ungemein früh
schwindet. — Indessen bleiben neue Bestätigungen vom Auskriechen der Eier
unbefruchteter Phalaenen sehr zu wünschen.

Scho-

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Scholion IIL

Innere Ausbildung des Individuums.

Nachdem wir im vorigen Scholion die wachsende Selbstständigkeit des Am dem
Embryo als einer lebendigen Selbstheit und die Veränderungen in seinem Verhält- ne^ftTutdas
nisse zu den nächsten Umgebungen ins Auge gefafst und erkannt haben, wie er
Besondere
aus einem Theile zum Ganzen heranwächst, wollen wir jetzt einen Blick auf den dreifacher
Weg werfen, den seine innere Ausbildung nimmt. Wir werden hier eine Wie- Form\'
derholung desselben Vorganges finden. Es ist nämlich, wenn man den Fortgang
der Ausbildung betrachtet, vor allen Dingen in die Augen springend, dafs aus
einem Homogenen, Gemeinsamen allmählig das Heterogene und Specielle sich
hervorbildet. Dieses Gesetz der Ausbildung ist wohl nie verkannt worden, und
ist so vorwaltend in allen einzelnen Momenten der Metamorphose, dafs es gar nicht
möglich ist, über die Ausbildung genau zu berichten, ohne immer im Sinne der-
selben sich auszudrücken. Sie ist daher auch in unsrer Darstellung überall so
vorleuchtend, dafs es überflüssig scheint, sie hier erweisen zu wollen. Ueber
die
Weise des Vorganges werden aber einige Betrachtungen nicht überflüssig seyn
und im Folgenden ihre Anwendung finden. Es lassen sich drei Formen der Diffe-
renzirung unterscheiden.

Durch Sonderung wird zuvörderst der Keim in heterogene Lagen getheilt, Primäre
die bei fortgehender Entwickelang immer mehrEigenthümlichkeit gewinnen, aber eng
schon im ersten Auftreten eine Anlage zu dem Gefüge verrathen, das sie später
auszeichnen soll. So ist im Keime des Vogels, sobald er im Anfange der Bebrü-
tung in sich Zusammenhang gewinnt, eine mehr glatte continuirliche obere Fläche
und eine mehr körnige untere Fläche zu unterscheiden. Es sondert sich dann die
Keimhaut in zwei getrennte Lagen, von denen die untere in den plastischen Lei-
bestheil des Embryo, die obere in den
animalen übergeht, und von denen die un-
tere wieder deutlich zwei eng verbundene Blätter hat, das Schleimblatt und das
Gefafsblatt, die obere, wenigstens im
Embryo, auch in zwei Lagen sich theilt,
in die Haut nämlich und die Theile, die ich die
eigentlichen Bauch- und Rücken-
platten genannt habe, und welche das Knochen-, Faserhaut-und das Muskel-

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system mit den dazu gehörigen Nerven in der Indifferenz enthalten. Um einen
Namen für die folgenden Betrachtungen zu gewinnen, nenne ich diese Schicht

die Fleischschicht.

Die Spaltung im animalischen Theile wird zwar innerhalb der Keimhaut
nie vollständig erreicht, doch scheint die Anlage dazu nicht ganz zu fehlen (vergl.
Anmerkung zu §. 1. der Entwickelungsgeschichte). Dafs auch das Rückenmark
im Wesentlichen eine solche abgelöste Schicht ist, läfst sich am Huhne zwar nicht
so augenscheinlich nachweisen, als die Abblätterung der andern Schichten, allein
das äufserst feste Anliegen der ersten erkennbaren Anlage des Rückenmarkes an die
innere Fläche der Rückenplatten giebt dieser Entstehungsweise einen sehr grofsen
Grad von Wahrscheinlichkeit. Hierzu kommt noch, dafs in Fröschen das Rük-
kenmark im ersten Entstehen sehr dunkel, fast schwarz ist. Es scheint hier also
deutlicher eine Abblätterung von der schwarzen Keimhaut. Jedoch glaube ich,
dafs das Wasser im Rückenkanale nicht ohne Einflufs auf diese Bildung ist. Es
nimmt innerhalb des genannten Kanals sehr rasch ab, nachdem die erste Anlage
des
Rückenmarkes aufgetreten ist, und so wie das Rückenmark gesondert da steht,
ist
seine innere Fläche überaus weich, wie von Wasser durchzogen, und nimmt
rasch an Dicke zu. Im Frosche zeigt sich auch die innere Fläche des Rückenmar-
kes schnell heller gefärbt. Es hat also den Anschein, als ob das Wasser in die
Organisation des Rückenmarkes und des Hirnes einginge. Das würde aber nicht
hindern, das Rückenmark im Wesentlichen für eine Abblätterung der Rücken-
platten zu halten, und jene Infiltration mit dem Wasser des Rückenkanales wäre
dem Aufschwellen der Gefafsschicht zu vergleichen, die wir bemerkt haben (vergl.
§. 5. der Entwickelungsgeschichte). Das Abblättern des Rückenmarkes hat nur
das Eigenthümliche, dafs es erst erfolgt, nachdem der Rücken geschlossen ist.

Die Differenzirung des Keimes in Schichten giebt also die Haut der innern
nicht verschlossenen Höhlen oder die
Schleimhaut, ferner die Schicht für die
Stämme des Gefäfssystems,
die Fleischschicht, die Hautschicht und für die Wir-
belthiere die
Nervenschicht oder die Schicht für die Centraltheile des Nervensy-
stems. Die beiden letztern haben in Bezug auf den Keim dieselbe Ursprungsstätte,
nämlich die obere Fläche des Keimes. Da nun der Embryo der Wirbelthiere sich
durch doppeltes Zusammenrollen bildet, was wir im nächsten Scholion ausfuhr-
licher betrachten wollen, so werden aus diesen Schichten Röhren. _ So viel

von der Sonderung in Schichten, die wir die primäre Sonderung nennen wollen,
sd^\' sonde" Aufser der Differenzirung in Blätter erfolgt später eine andere im Innern

rung, der Blätter, indem sich Knorpel-, Muskel - und Nervenmasse scheiden, einTheil
der Masse aber flüssig wird und in die Bahn des Blutes übergeht. Bei dieser in-

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nern Differenzirung nehmen also einzelne Elemenlartheile die Natur der Schichten
an, indem sie zu Nervenmasse und Blut sich bilden. So werden denn zwei von
den in Röhren umgewandelten Blättern allgemeine Systeme, indem die Differen-
zirung, welche sie abschied, sich in den andern Blättern wiederholt, und die ur-
sprünglichen Röhren sind nur die Centraltheile dieser Systeme. Andere durch in-
nere Differenzirung entstandene Theile, wie die Knochen, bilden sich nur in ge-
wissen Schichten. Ich nenne diese Form der Differenzirung die
histologische Son-
derung.

Eine dritte Form der Differenzirung ist vorzüglich eine Differenzirung der d• ,Morpii°-
äufsern Gestaltung. Einzelne Abschnitte der ursprünglich aus den Schichten ge-
Sonderung.
bildeten Röhren entwickeln sich nämlich zu individuellen Formen, welche in spä-
terer Zeit besondere
Verrichtungen haben, die zwar in der allgemeinsten Bezie-
hung
untergeordnete Glieder der Verrichtung der ganzen Röhre sind, aber doch
von den Verrichtungen anderer Abschnitte abweichen. So scheidet sich die Ner-
venröhre in Sinnesorgane, Hirn und Rückenmark, die Schleimhautröhre in Mund-
höhle, Speiseröhre, Magen, Darm, Athmungsapparat, Leber, Harnsacku.s.w.
Die Besonderheit in der Entwickelung ist nämlich entweder mit einem vermehr-
ten oder verminderten Wachsthume verbunden.

Nie ist zwar ein vermehrtes Wachsthum im ganzen Umfange einer Röhre
gleichmäfsig, es ist aber doch bald mehr ausgebreitet, bald mehr auf eine Stelle
beschränkt. Ist es ausgebreitet, so hat der Vorgang mehr den Character einer
Abgrenzung eines Abschnittes gegen den andern, so die Scheidung von Hirn und
Rückenmark, von Magen und Darm. Zeigt sich aber das vermehrte Wachsthum
auf einer beschränkten Stelle des Umfanges einer Röhre, so giebt sie uns mehr
das Bild einer Hervorstülpung. So die Entwickelungsweise der Sinnesorgane *)
aus der Nervenröhre, des Athmungsapparates, der Leber, des Harnsackes aus
der Schleimhautröhre (in Verbindung mit der Gefälsschicht). Im Grunde ist aber

*} Ich meine hierbei vorzüglich die höhern Sinnesorgane. Vom Auge und Ohr zeigt dieEntwicke-
lungsgeschichte diese Bedeutung ganz klar. Was die Nase anlangt, so scheint die Hervorstül-
pung blofs den Stamm des Riechnerven oder den Riechkolben zu umfassen. Im Grunde ist
auch hier das Verhältnifs wohl nur relativ. Das Auge nämlich scheint eine Hervorstülpung der
Nervenröhre
durch die Fleischschicht (die die Knochen mit enthält) bis an die Hautschicht,
und die äufsern Theile des Auges sind dadurch hervorgerufene Metamorphosen der Haut. Das
Ohr möchte ich eine Hervorstülpung der Nervenröhre bis
in die Fleischschicht und zwar bis in
die Knochenlage derselben nennen. Dieser Hervorstülpung wächst dann eine Einstülpung der
Hautschicht entgegen. Die Nase wäre eine Hervorstülpung der Nervenröhre bis
an die
Fleischschicht, denn die
eigentlichen|Riechnerven, die gewöhnlich sogenannten Aeste, möchten
wohl nicht durch Hervorstülpung, sondern durch innere Differenzirung entstanden seyn.

U 2

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die Entwickelungsweise dieselbe und der Unterschied nur relativ. Solche isolirte
Umbildungen der allgemeinen Röhren haben etwas Gemeinsames und man hat
schon im Alterthume diese Uebereinstimmung erkannt, indem man sie Organe
nannte. Ich nenne diese Differenzirung die morphologische Sonderung. Die
histologische Sonderung, von der wir so eben sprachen, ist davon verschieden,
und tritt in jedem Organe noch besonders auf, weshalb jedes Organ auch Ver-
längerungen der allgemeinen Systeme, des Nerven - und Gefäfssystemes nämlich,
enthält. In vielen erscheinen auch Muskelfasern, nur in wenigen Knorpel (oder
Knochen), wie in der Luftröhre und dem Kehlkopfe, aufser der Fleischschicht,
wo diese histologischen Elemente vorherrschend sind.
e- N^rg^ld1s So bildet sich durch eine dreifache Differenzirung die Heterogenität des

<iung, son-Körpers aus, und jedes einzelne Organ, so wie jeder gröfsere Inbegriff von
Umbildung. Organen zeigt eine zunehmende Selbstständigkeit, wie wir wohl die Besonderheit
eines jeden einfachen Organes oder eines Inbegriffes von Organen nennen können.
Je weiter wir
zurückgehen, um desto mehr finden wir nicht nur die einzelnen
Organe,
sondern auch die histologischen Elemente mit einander verbunden. Die
Beobachtung selbst zeigt mehr als es irgend die Darstellung kann, dafs alles
Einzelne früher in einem Allgemeinen mit enthalten war. Es ist in der That
leichter sich hiervon zu überzeugen, als den Beweis zu fuhren, wenn es nicht an
sich klar scheint. Nur gegen die roheste Ansicht der
Neubildung mag Folgendes
bemerkt werden:

1) Wenn durch innere Differenzirung ein Theil sich bildet, war nicht
vorher eine Lücke da. Wo z. B. sich ein Nerve oder die Grundlage eines Knor-
pels erzeugt, war nicht vorher eine Lücke, sondern eine gemeinsame Masse, die
sich in Nerv und Nichtnerv scheidet. Am deutlichsten für das Auge ist unter
den Vorgängen der histologischen Sonderung wohl die Bildung der Knorpel.
Ueberall, wo zur Bildung der Anlage eines Knorpels sich dunkle Körnerhäufchen
sammeln, sieht man um ihnen herum die Masse ganz hell werden. Dieser Vor-
gang zeigt die histologische Sonderung augenscheinlich. Ueberhaupt scheint die
histologische Sonderung im Vergleich zu der morphologischen, mehr eine
plastische zu seyn, Gegensätze hervorrufend.

2) Dafs nirgends ein Neues sich bildet, das mit einem schon früher Ge-
bildeten nicht zusammenhinge, sondern im Gegentheile sich ihm erst anfügte.
Nichts also schwimmt frei umher, sich hier oder da anfügend, wie man es sonst
wohl vom ganzen Embryo und noch neuerlich vom Rückenmarke sich gedacht
und gelehrt hat. Vielmehr ist die morphologische Sonderung eben so wohl Her-
vorbildung eines Besondern aus einem Allgemeinen, wie die histologische Son-

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derung, mit dem Unterschiede nur, dafs die morphologische Sonderung auf
einem modificirten Wachsthume beruht, und also
relative Differenzen giebt, die
histologische Sonderung aber, wie eben bemerkt wurde,
antagonistische. Ein
jedes Organ ist also ein modiücirter Theil eines allgemeinern Organes, und in
dieser Hinsicht kann man sagen, dafs jedes Organ schon in den Fundamental-
organen enthalten ist, und zwar mit seinem ganzen Umfange. Ich glaube mich
deutlicher zu machen, wenn ich mich auf ein besonderes Beispiel berufe. Der
Athmungsapparat ist ein besonders hervorgewachsener ursprünglich nur sehr
kleiner Theil der Schleimhautröhre. Er war also schon in der Schleimhautröhre
enthalten, und zwar mit seinem ganzen Inbegriffe; denn wenn man auch zuerst
nur die Lungen deutlich als seitliche Ausstülpungen hervortreten sieht, so ist
doch zwischen ihnen an der untern Fläche eine Stelle, welche bald eine ganz
schwache Erhebung bildet. Diese ist die künftige Luftröhre, und wenn sich die
Lungen so weit gelöst haben, dafs ihre Verbindung mit der Schleimhautröhre nur
noch eng ist, so verlängert sich unter fortwährendem Hervortreten der Lungen
diese Stelle in die Luftröhre. Es fehlt also genau genommen die Luftröhre nie
ganz, sondern sie entwickelt sich nur langsamer und später als die Lungen.
Dasselbe Verhältnifs scheint mir überall, jedoch in verschiedenem Grade. So ist
die Ausbildung der Extremitäten offenbar ein Theilen in besondere Abschnitte,
allein das erste Hervortreten der Extremitäten könnte man, nach der blofsen
Ansicht, fast eine hinzutretende Neubildung nennen, so wenig war ihre Ent-
wicklung vorbereitet, wenn nicht die schon gesonderte Hautschicht ununter-
brochen von den Rücken - und Bauchplatten aus über die erste Anlage der Ex-
tremitäten wegginge.

In der Bildung der einzelnen Organe wiederholt sich also das Verhältnifs,
welches zwischen dem Embryo und seiner nächsten Umgebung Statt findet — es
besteht in einer fortgehenden Sonderung, mit dem Unterschiede nur, dafs die
Organe sich nicht lösen, weil sie nie ein Ganzes werden, sondern Theile bleiben.
Daher auch nicht ein Organ das andere in sich aufnimmt und nur wenige Theile
durch die andern völlig vernichtet werden.

Ganz entgegengesetzt dieser Darstellung ist die Lehre von Serres. Nach
ihm soll der ganze Organismus entstehen durch Zusammenwachsen ursprünglich
ist der An-
getrennter Elemente, so dafs auch die einfachsten Theile wenigstens aus zwei
Hälften zusammengesetzt würden. Sie beruht nicht auf genauer Beobachtung, Wachs-
Serres führt diese Ansicht so
consequent durch, dafs er sogar behauptet, die
Vorstellung, die man von dem organischen Wachsen habe, sey eine ganz ver-
kehrte , alle Vergröfserung eines Organes bestehe vielmehr in einer Anlagerung

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neuer Tlieile von aufsen *). Mir ist nichts in lebenden Körpern bekannt, was
auf diese Ansicht führte, als etwa die Bildung des mütterlichen Th^ile\'s der
Placenta. Hier lagert sich wirklich auf die innere Fläche des Fruchthalters ein
ausgeschiedener Stoff auf und verwächst, wenigstens in den Thieren, in welchen
mütterlicher und kindlicher Theil der Placenta zu Einem Körper sich zu ver-
einigen bestimmt sind, zuvörderst mit dem Fruchthalter. Es scheint auch bei
Wiederkäuern ein ähnliches Verhältnifs, obgleich kindlicher und mütterlicher
Theil nie zu einer Einheit werden. Aber es ist wohl zu bemerken, dals dieser
Stoff von demselben Theile ausgeschieden wurde und nicht von außen hinzuge-
fügt ist und Blutgefafse sich in ihn verzweigen. Es ist also hier nur ein über-
rasches Wachsen, wo der wachsende Theil seine eigene Schranke durchbricht,
und die Bildung neuen Stoffes schneller ist, als die histologische DifFerenzirung
in ihm. Dafs die Horntheile nach den Serres\'schen Vorstellungen sich ver-
gröfsern, ist bekannt, aber eben deshalb hat man ihnen mit Recht das organische
Wachsthum abgesprochen. — Nach Serres beruht also das organische
Wachsen in Vereinigung von lauter isolirt und neu entstandenen Einzelheiten.
Wir behaupten dagegen, die Entstehung eines Organes ist wie die Entstehung
des Embryo nur der Anfang des Wachsthums und das Wachsen eine Fortsetzung
der Entstehung, die aber nur scheinbar ist und auf
Umbildung beruht. Ein
absoluter Anfang ist nirgends bemerklich,
meine Rieh endlich die Richtung anlangt, nach welcher die Ausbildung fort-

tungderAus- schreitet, so tritt es eben so klar in jedem Momente der Bildung dem Beobachter
bildung. entgegen, dafs sie von der Mitte zur Peripherie fortgeht. Aus dem Innern des
Eierstockes tritt die ganze Dotterkugel hervor. Aus der Mitte des Dotters tritt
das Keimbläschen an die Peripherie; aus der Mitte stammt auch vielleicht die
Masse der ganzen Keimschicht. Aus der Mitte der Keimschicht bildet sich der
Keim. Die Mitte des Keimes bildet sich zuerst als Fruchthof zur Erzeugung des
Embryo vor. Aus der Mitte des Fruchthofes bildet sich der Embryo, erst all-
mählig einen Theil der Peripherie in seinen Leib umwandelnd. Was f*}m
Embryo zuerst da ist, ist recht eigentlich seine Mitte, von wo aus die Bir ig
nach allen Seiten fortschreitet. Wenn sich Rücken - und Bauchhöhle später
durch Verwachsung von den Seiten her sehliefsen, so ist das nur eine Ver-
wachsung in peripherischen Theilen; denn die Kämme der Rückenplatten und
die untern Ränder der Bauchplatten sind ihrem Wesen nach peripherische Theile.

f) Annales des sciences naturelles, Tome XII. Sept.

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Die nähere Erörterung darüber gehört für das nächste Scholion. Nur in der Ver-
knöcherung der schon gebildeten Knorpel gehen häufig die peripherischen den
mehr centralen voran.

Hier erlaube ich mir nur noch die Bemerkung, dafs die Entwickelung
nach der Peripherie, von der wir im nächsten Scholion mit besonderer Beziehung
auf die Wirbelthiere sprechen werden, nicht so zu verstehen ist, als ob jedes
einzelne Atom erst aus der Mitte hervorgetreten wäre. Nur der Fortschritt der
Entwickelung hat diese Richtung, und daraus folgt zwar, dafs jeder Theil früher
der Mitte näher gelegen hat, nicht aber, dafs alle Masse ganz in der Mitte gelegen
hat, was im strengsten Sinne genommen eine Unmöglichkeit wäre. Schon das
rasche Wachsen des Keimblattes lehrt, dals jeder Theil desselben, da wo er ist,
sich nährt.

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Scholien IY.

Ueber das Schema, das die Entwickelung der Wirbelthiere befolgt.

§. 1.

Im Keime und werdenden Embryo zeigt sich in allen Dimensionen dieselbe

Reihenfolge von Differenzen.

Je weiter wir in der Entwickelungsgeschichte zurückgehen, um desto
mehr fallen alle
Vorgänge zusammen. Es ist daher kaum möglich, irgend ein
Verhältnifs von seinem Entstehen an zu verfolgen, ohne auch andere wieder-
holend zu berühren. Dieses zur Entschuldigung, wenn hier einige Bemerkungen
nur Fortsetzungen oder Wiederholungen von Bemerkungen aus dem dritten
Scholion scheinen, und andre vielleicht spätem Erörterungen vorgreifen. — Es
kam mir nur darauf an, eine Reihe von Betrachtungen zusammen zu fassen, die
sich vorzüglich auf die Bildungsweise der Wirbelthiere beziehen. Sie sollten
dem folgenden Scholion als Vorbereitung dienen. Dieses letztere wird auch näher
zu scheiden sich bemühen, was in dem vorhergehenden mehr allgemeine Gültig-
keit hat und nur der Darstellung wegen in engern Zusammenhang mit Verhält-
nissen gebracht ist, die nur im Wirbelthiere walten.

So zusammengesetzt auch und scheinbar verworren der Bau eines aus-
gewachsenen Wirbelthiers ist, so einfach und nach allen Richtungen gleich-
rnäfsig ist der Fortgang der Ausbildung dieser Form in der ersten Zeit.
a. Die Ueberblicken wir zuvörderst die Scheidung, welche in der Dicke des

der primä-Keimes auftritt als seröses Blatt, Gefäfsblatt und Schleimblatt, so finden wir die
rurig wieder" Wiederholung derselben Düferenzirungen auch in der Fläche, wie schon in der
aUenDime? Entwicklungsgeschichte §. 1. bemerkt wurde, da im Dotterhofe das Schleimblatt,
sionenlmdes im Gefäfshofe das Gefäfsblatt vorherrscht und der Fruchthof dem serösen Blatte
Keimes. entspriclit. Da der Keim keinen merklichen Gegensatz von vorn und hinten hat,
so kann in dieser Dimension dieselbe Folge nicht auffallend werden. Als ganz
schwach angedeutet läfst sie sich jedoch auch finden, indem nach hinten wirklich
der Dotterhof überwiegt, nach vorn aber der\' Gefäfshof und besonders der Frucht-
hof

j

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liof breiter ist, als nach hinten. — Sobald aber der Embryo auftritt, ist es sehr Eben so
auffallend, dafs seine ganze Ausbildung von einem fortgehenden Centralisiren des im Embryo-
serösen
Blattes in der vordem, des Gefäfsblattes in der mittlem und des Schleim-
blattes in der hintern Region des Embryo begleitet wird; denn wenn das seröse
Blatt die Bedeutung des
animalen Theiles hat, so findet es seine höchste Aus-
bildung im Hirne und Kopfe, wie das Gefäfsblatt im Herzen, das Schleimblatt
im Darme und vorzüglich wohl im Magen, welcher eben so ein umgebogener
Theil des Schleimblattes ist, wie das Hirn mit dem Schädel für das seröse Blatt
und das Herz für das Gefäfsblatt sind. Im Embryo offenbart sich dieselbe Reihen-
folge von
Differenzen auch in der Dimension der Tiefe um so offenbarer, je früh-
zeitiger wir ihn betrachten, was allerdings schon an sich nothwendig ist, da der
Embryo nur eine Wucherung des Keimes ist. Wir finden aber auch in der Fläche
dieselbe
Aufeinanderfolge, wenn wir den Embryo in dem Zustande, wo sein Leib
noch nicht geschlossen ist, betrachten; denn da vom serösen Blatte nur der
mittelste Theil sich in den Leib des Embryo umwandelt, so hat es für diesen nur
einen geringen Umfang, während das Gefäfsblatt und das noch gröfsere Schleim-
blatt zu der Integrität des Embryo gehören und künftig ganz in ihn übergehen.

W ir haben also dieselbe Folge von Differenzen :

I) in dem Keime und der Keimhaut, und zwar

a) in der Dimension der Tiefe als

l) seröses Blatt, 2) Gefäfsblatt, 3) Schleimblatt.

b) in der Dimension der Fläche als

i) Fruchthof, 2) Gefäfshof, 3) Dotterhof.

c) in der Dimension der Länge, in so fern der Fruchthof vorn am meisten

breit ist, der Gefäfshof weniger, mit einem vordersten Einschnitte, der
Dotterhof aber nach hinten vorherrscht.

Von dieser dreifachen Gliederung ist die in der Längendimension am
wenigsten, die in der Flächendimension am stärksten ausgebildet, der Gesammt-
form des Keimes entsprechend, der nach der Dimension der Fläche ausgebildet ist.

II) im Embryo; nämlich:

a) in der Dimension der Tiefe als

l) animalischer Theil, 2) Gefäfsblatt, 3) Schleimblatt.

b) in der Dimension der Breite als

1) Leib des Embryo, 2) Gefäfshof, S) Dotterhof.

c) in der Dimension der Länge als

1) Hirn und Schädel, 2) Herz, S) Verdauungsapparat.

X

-ocr page 190-

Im Embryo ist also dieselbe Gliederung, wie im Keime, jedoch ist sie
in
der Längendimension am stärksten ausgebildet, wie diese überhaupt im
Embryo die
bestimmende ist.

und dem vordem Ende

Ueberhaupt entspricht also
die obere Fläche der Mitte

a- S-

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und dem hintern Ende.

die untere Fläche

der Peripherie

Man konnte indessen in der Fläche der Keimhaut, nachdem der Embryo
kenntlich geworden ist, vier Glieder annehmen, wenn man den Embryo als
Theil des gesammten Keimes betrachtet, nämlich von aufsen nach innen Dotter-
hof, Gefäfshof, Fruchthof und Embryo, wo das vierte Glied ein später hinzuge-
kommenes ist. Dieselbe Vermehrung der Gliederung finden wir aber auch, wenn
wir die Blätter im Embryo vergleichen, indem sich die Schicht für das Rücken-
mark später sondert,-zwar erst wenn der Rücken geschlossen ist, aber ganz dieser
neuen vierfachen Gliederung analog als die höchste Potenz des Thierischen
im Thiere.

c. Nach Fragen wir, in welcher Reihenfolge sich die einzelnen Schichten des

heiifoige^61" Keimes in den Leib des Embryo umwandeln, so finden wir diese Umwandlung
wandelt sich zuerst im serösen Blatte, während das Gefäß- und Schleimblatt noch unter ihm

der Keim in M . . \'

den Embryo unverändert fortgehen, dann im Gefäfsblatte, wo durch Bildung des Herzens und
der Aorta diese Umwandlung kenntlich wird, endlich im Schleimblatte, welches
am längsten sich passiv verhält. Die Umwandlung geht also von oben nach
unten fort. Sie schreitet aber auch von vorn nach hinten fort, denn es bekommt
der Kopf seine Grenze früher als das hintere Ende, und zugleich von der Mitte
zur Peripherie, denn die peripherische Begrenzung tritt am Hühnchen erst am
zweiten Tage auf, wo die Bauchplatten sich abgrenzen, nachdem die Mitte schon
längst Embryo geworden war. Die Umwandlung schreitet also nach der oben
aufgestellten Reihenfolge fort, und so, wie sich die einzelnen Pole der Dimensionen
entsprechen.

um

-ocr page 191-

Die Abschnürung als höhere Form der Abgrenzung geht nothwendig den- g
selben Weg. Sie "wird zuerst kenntlich im serösen Blatte, dann im Gefafsblatte,
geht die Ab-
endlich im Schleimblatte, und dabei schreitet sie in jedem folgenden Blatte ^Tsich^
immer weiter vor, als im vorhergehenden, so dafs zuerst unter dem Kopfe die
Keimhaut von vorn nach hinten sich zurückzieht, wobei das seröse Blatt das
bedingende scheint, dann das Gefäfsblatt sich löst und sich schneller nach hinten
zieht, darauf das Schleimblatt. Eben so am hintern Ende, wo durch die
Trennung der Blätter eine Lücke für den Austritt des Harnsackes gebildet wird,
und von der Seite, wo die anfangs gespaltene Bauchhöhle, die Gekrös - und
Darmplatten gebildet werden. Dabei erscheint in jedem einzelnen Blatte die
Abschnürung am frühesten in der Längendimension, und zwar zuerst vorn, dann
hinten und darauf an den Seiten, wie ich §.
6. d. der Entwicklungsgeschichte
des Hühnchens schon bemerkt habe. Sobald nämlich der Embryo einige Selbst-
ständigkeit hat, ist sein lebendiges Centrum nicht mehr ein Punkt, sondern eine
Linie, und für diese Axe
wird der Gegensatz von Centrum und Peripherie in den
von Axe und Seiten umgewandelt.

Die Bildung des Amnions ist nichts als eine Weiterbildung dieser Ab-
schnürung, welche innerhalb des serösen Blattes die nächste Umgebung des
Amnions.
Embryo (Amnion) von dem übrigen Umfange dieses Blattes (seröse Hülle) bis zur
völligen Trennung abschnürt. Sie schreitet also auch eben so in der Entwicke-
lung fort, denn die Amnionsfalte sehen wir ebenfalls zuerst vorn, dann hinten,
darauf an den Seiten. Dafs die Umhüllung in ein Amnion für die Thiere, in
welchen sie vorkommt, nur eine Weiterbildung der Abschnürung ist, giebt
vielleicht den Grund, warum in den Säugethieren, bei denen die Abschnürung

am stärksten ist, das Amnion am frühesten auftritt. (Schol. II. &.).

#

§. 2.

Eine doppelt symmetrische Entwicklung von einer Axe ausgehend verwandelt in
den iVirbelthieren die Schichten der primären Sonderung in Röhren.

Nachdem wir im dritten Scholion die Art und Weise im Allgemeinen ins a. Das
Auge gefafst haben, durch welche aus dem einfachen Embryo ein zusammen- fje:
gesetztes Thier sich bildet und eine auf dreifache Weise sich offenbarende Son- ^Sbeithier
derung allmählig im Embryo wirksam gesehen haben, wird es nicht überflüssig
gleicht
seyn, diesen Faden hier wieder aufzunehmen und in Beziehung auf die Aus- einer 8\'
bildung der Wirbelthiere weiter zu verfolgen. Es ist wohl keinem Zweifel unter-
worfen j dafs jene drei Arten der Sonderung in allen Thierformen vorkommen,

X 2

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in so fern sie nicht fast ganz einfach sind. Für die Wirbelthiere mufs aber der
Fortgang der
Ausbildung ein eigenthümlicher seyn. Nun wissen wir aus der
Entwickelungsgeschichte des Huhnes, dafs sich zuerst eine Axe bildet, dafs von
dieser aus eine Entwickelung nach der Seite, dann nach oben und wieder gegen
die
Mittelebene fortgeht, und durch Verwachsung eine Röhre sich nach oben
bildet, an welcher nur die obere oder animalische Schicht
des Keimes Theil
nimmt; dafs darauf eine andere Fortbildung in entgegengesetzter Richtung von
den Seiten nach unten fortgeht, woran sowohl die animale als die plastische
Schicht Theil hat. Denselben Fortgang habe ich im Frosche vollständig verfolgt,
und wenn ich auch keinen Embryo von andern Amphibien, von Fischen und von
Säugethieren gesehen habe, in welchem der Rücken noch offen gewesen wäre,
so liefsen doch die jiingern Embryonen mit Sicherheit erkennen, dafs auch hier
dasselbe Schema waltete, denn die Wirbelsaite und die kaum verwachsenen
Rückenplatten habe ich in allen erkannt. Nehmen wir nun darauf keine Rück-
sicht, dafs auf
der Bauchfläche am Vogel, Säugethier und den meisten Amphi-
bien
längere Zeit hindurch eine Gegend (der Nabel) ungeschlossen bleibt, und wir
können dieses um so mehr, da in andern Wirbelthieren, wie im Frosche, sich
kein wirklicher Nabel bildet, so sehen wir, dafs der Embryo der Wirbelthiere
zuvörderst aus
zwei Hauptröhren besteht, einer obern für die Rückenhälfte und
einer untern für die Bauchhälfte. Jede Röhre ist aus seitlichen Hälften zusammen-
gewachsen, und zwar so, dafs in jeder Röhre nur die der andern zugekehrte
Linie, wo zwischen beiden Hauptröhren die Wirbelsaite als gemeinschaftliche
Axe liegt, ursprünglich central ist, die Seitentheile und
die der Axe abgekehrte
Schlufslinie aber einst excentrisch, nnd zwar diese Schlufslinien (für die obere
Röhre die oberste Linie, für die untere Röhre die unterste Linie) einst am
meisten peripherisch waren. . Wir können das Schema, welches die Wirbelthiere
in ihrer Entwickelung verfolgen, seinem Queerdurchschnitte nach mit einer 8
vergleichen, wenn wir uns denken, dafs von der Mitte aus nach oben
und unten
die Gestalt dieser Ziffer vollendet wird.
b. Dadurch Da ferner theils gleich nach dem Schlüsse nach oben , theils während des

den^Schich- Schlusses nach unten, im Embryo die Sonderung in Schichten eintritt, so bilden
ten R~hKei~ Schichten ^ald Döhren. Diese Röhren
nenne ich die Fundamentalorgane,
" da aus ihnen die speciellen Organe sich allmählig ausbilden. Sie müssen sich
nothwendig einander einschliefsen, aber nicht auf ganz gleiche Weise. Die
Figur 4. der Tafel III. giebt eine Durchschnitts-Abbildung dieser Röhren. Ihr
gegenseitiges Lagerungsverhältnifs ist notwendiges Product der primären Son-
derung und des Schema der Entwickelung.

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Erinnern wir uns nochmals, dafs der Keim sich in zwei Lagen theilt, eine <=. Lage-

• • rungsvcr*

animalische und eine plastische, dafs die plastische wieder aus einem Gefafsblatte hältnifs die-
und einem Schleimblatte besteht, die animalische aber später sich ebenfalls in ^f.^n^"\'
eine obere und untere Schicht sondert, dafs ferner an der Bildung der Bauchhälfte Fw-
beide Lagen Antheil haben, an der Bildung der Rückenhälfte aber nur die anima-
lische Lage, und dafs beide Hälften durch ein Zusammenwachsen von beiden
Seiten nach oben und unten gebildet werden; so folgt daraus:

1) dafs das Schleimblatt eine innerste Röhre in der Bauchhälfte des
Thieres bildet. Wir nennen dieses Fundamentalorgan die
Schleimhautröhre
(Fig.
4. f.). Aus ihr bilden sich alle diejenigen Organe, durch welche das Thier
mit der Aufsenwelt einen Stoffwechsel unterhält. Es ist dieselbe Fläche, die
auch der Keim der ernährenden Dottermasse zugekehrt hatte.

2) dafs das Gefäfsblatt in der Bauchhälfte die Schleimhautröhre umgiebt.
Da aber das Gefäfsblatt schon einen Schlufs bildete (die Naht des Gekröses), ehe
die Schleimhaut sich schlofs, so formt es zwei Röhren, eine über der Schleim-
hautröhre, welche nichts enthält, sich allmählig verengert und endlich verwächst,
und eine zweite, welche die Schleimhautröhre genau umgiebt. Diese
gedoppelte
Gefiifshautröhre (Fig.
4. e.) unterhält allen Stoffwechsel im Innern des Leibes,
und die Gefäfse, die sich in ihr bilden, dringen daher später in alle Theile des
Leibes ein.

3) dafs die ursprünglich untere Schicht der animalischen Lage, welche
wir die Fleischschicht genannt haben (Schob III.), zwei Röhren bilden mufs,
eine
Rückenröhre (/) und eine Bauchröhre (c), welche beide umhüllend sind,
indem die letztere die beiden früher genannten Röhren umgiebt, die erstere aber
die Nervenröhre. Bei weiterer Sonderung trennt sich die Fleischschicht wieder
in eine innere Knochenschicht (mit Inbegriff der fibrösen Häute) und eine Muskel-
schicht. Das Skelet hat also nach diesem Typus auch untere und obere Bogen,
mit einer mittlem Säule, und stellt überhaupt das ganze Schema der Entwickelung
am vollständigsten dar. Da beide Röhren der Fleischschicht über einander liegen,
und die Knochenlage in beiden Röhren nach innen liegt, so gehört die gemein-
schaftliche Axe beider Röhren und des ganzen Thieres dem Skelette an.

4) Es bleiben nun noch im Embryo der röhrenförmige Centraltheil des
Nervensystems, oder die
Nervenröhre (d) und die Haut (A), welche eine allge-
meine äufsere Röhre über beide Röhren der Fleischschicht bildet. Diese beiden
Theile stammen in Hinsicht auf den Keim aus demselben Bette. Sie sind die jetzt
abgesonderte obere Schicht von der animalen Lage des Keimes. Sie müssen auch
ursprünglich zusammengehangen haben, so dafs sie beim Schlüsse des Rückens

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eine innere engere und eine äufsere weitere mit dieser verwachsene Röhre bildeten,
und sind nur
durch den Schlufs der beiden Blätter der Rückenröhre von einander
getrennt.
Vielleicht beruht es hierauf, dafs nur die Nervenröhre vom Anfange an
geschlossen gefunden wird, indem wir sie erst als selbstständig erkennen, wenn
die beiden Kämme der Fleischschicht sie von der Haut getrennt haben.

Die ursprüngliche Uebereinstimmung von Haut und Rückenmark scheint
wichtig, und wenn die erstere die Peripherie, das letztere das Centrum des
animalen Nervensystems ist, so sehen wir, wie durch die Entwickelung auf die
einfachste Weise ein Theil des ursprünglich Gemeinschaftlichen nach innen gestellt
wird, durch Bildung der Rückenröhre, während der andere Theil an der Peri-
pherie bleibt. In dem eingeschlossenen, innern Theile entwickelt sich nun das
thierische Leben zu seiner höchsten Blüthe, während der peripherische Theil auf
niederer Stufe stehen bleibt. — Eben so theilt sich später wieder die Nerven-
röhre in zwei Schichten, in eine umhüllende, die Häute, und eine umhüllte,
das
Nervenmark. So auch die Haut, die sich allmählig in Lederhaut und Ober-
haut
scheidet. Bezeichnen wir nun den Gegensatz von der weniger lebendigen
Haut und dem mehr lebendigen Rückenmarke mit — und -f-, so sehen wir, dafs
in jedem Gliede sich derselbe Gegensatz wiederholt. In der Gliederung der
hineingetretenen Rückenröhre von der Fleischschicht kehren sich die Pole aber
bei der Sonderung in Knochen und Muskeln um, die leblose Seite ist nach innen,
die lebendigere ist nach aufsen gekehrt. Dadurch entsteht folgende Reihe von
Gegensätzen:

Hautschicht. Rückenröhre der Fleischschicht. Nervenschicht.

Oberhaut, Lederhaut. Muskel, Knochen. Häute, Nervenmark.

— - - Hh — — 

Eine ähnliche oder verwandte Gliederung ist schon deshalb für die untere
oder Bauchhälfte wahrscheinlich, weil die ersten Glieder dieselben sind und weil
sie nach demselben Typus gebaut ist, nur mit dem Unterschiede, der aus der
Verschiedenheit der ursprünglich untern aufnehmenden Fläche des Keimes und
seiner obern hervorgeht. Auf jeden Fall scheint hier ein Glied mehr zu seyn.
Doch wage ich nicht, die Gliederung aufzustellen, da es noch fraglich ist,
welcher von den ursprünglichen Röhren die Muskelschicht des Darmes angehört,
ob dem Gefäfsblatte, oder dem
Schleimblatte. Bedenkt man indessen, dafs auch
in dem isolirten Theile des Gefäfsblattes Muskelfasern sich bilden, im Herzen
nämlich, dafs ferner das Gefäfsblatt auf dem Darme beträchtlich anschwillt
(Entwicklungsgeschichte 5.), und zwar in der Magengegend am meisten, so

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darf man wohl vermuthen, dafs die Muskelschicht, die im Athmungsapparate
sogar von Knorpeln und Knochen begleitet wird, dem Gefäfsblatte angehört.

Solche Röhren hat jedes Wirbelthier als Fundamentalorgane. Wo sich
der Embryo vom Dotter abschnürt, können wir im Dotter, wenn wir ihn uns
cylindrisch denken, noch eine aufser dem Leibe liegende Röhre für das Gefäfs-
blatt und das Schleimblatt erkennen, die durch Einschnürung von den im Leibe
enthaltenen Rohren geschieden sind. In denselben Embryonen bildet sich nun
durch die Amnionsfalte aus dem serösen Blatte eine Röhre, welche den gesammten
Embryo einhüllt (Amnion), und eine zweite, welche den Embryo mit dem Darm-
sacke umschliefst (seröse Hülle). Es sind dieselben Thiere, welche im Harn-
sacke auch ein hervorgetretenes Organ haben.

Werfen wir noch einen allgemeinen Blick auf das gegenseitige Yerhältnifs d- Gestai-
der Fundamentalorgane, so scheint uns dieses eine nähere Einsicht in die Organi- MluiilT der
sation der Wirbelthiere zu versprechen. Aufser der Haut, welche beide Hälften
des Wirbelthieres umschliefst, finden wir zwei Paar Fundamentalorgane. Das
eine Paar ist doppelröhrig, die Fleischschicht und das Gefäfsblatt. Wird hier-
durch ein gewisser Grad von ursprünglicher Uebereinstimmung ausgesprochen?
Wir lassen es dahin gestellt seyn, können es aber doch nicht unbemerkt lassen,
dafs diese beiden es sind, in welchen die meiste histologische Sonderung sich
später entwickelt. Das andere Paar besteht aus einfachen Röhren, die eine ist
oben, die andere unten. Jene bildet das Innere des animalischen Leibes, diese
das Innere des plastischen Leibes. Jene wird von der obern Röhre der Fleisch-
schicht, diese von der untern Röhre der Gefäfsschicht eingeschlossen. Im All-
gemeinen wird also im Wirbelthiere oben das animalische Leben, unten das
plastische Leben vorherrschen. In der Längendimension wiederholt sich das-
selbe Yerhältnifs, da überhaupt von vorn nach hinten dieselbe Aufeinanderfolge
ist, wie von oben nach unten (§. 1.
b.). — Mit dem Verhältnisse von aufsen und
innen ist es anders, wegen des doppelten Zusammenrollens. In der Bauchhälfte
nämlich ist die untere Fläche des Keimes zur innern geworden, in der Rücken-
hälfte nur der mittlere Theil der obern Fläche, während das Uebrige der obern
Fläche für den ganzen Leib zur äufsern Grenze wird. Deshalb ist der Gegensatz
der obern und untern Hälfte nicht vollkommen.

Fruchtbarer als die Betrachtung des blofsen Lagerungsverhältnisses der Fortgang
Fundamentalorgane dürfte ein Rückblick auf ihren Bildungsfortgang für die ganze cenuamnil\'
Entwickelungsgeschichte seyn. Da alle Bildung von einer Axe aus, nach beiden iSen
Seiten und nach oben und unten fortgehend, eine Fläche in zwei Hauptröhren
Fundamen-
umwandelt, wie schon öfter bemerkt wurde (Schol. IV. §, 2. a.), so können wir taloiS0, er<

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Bildungs- diesen Fortgang durch das Schema Fig. 5. darstellen. Die Ansicht dieser Ab-
bogen. bildung, besonders wenn wir sie mit Fig. 4. vergleichen, versinnlicht uns, wie
der Keim aus der Gestalt einer Platte sich zum Embryo umbildet. Geht nämlich
alle
Entwicklung vom Centrum zur Peripherie, zugleich aber auch aus der
Fläche nach oben und unten von einer Axe a, so wird aus der Peripherie die
obere und untere Mittellinie des ganzen Körpers gebildet. Die beiden punktirten
Linien
m m und n rl zeigen an, wo die Schlufslinie des Rückens und des Bauches
herstammen, wenn wir sie auf die vergröfserte Platte des Keimes beziehen. Sie
sind die äufsersten Grenzen des Theiles vom Keime, der sich in die Rückenhälfte,
und des Theiles, der sich in die Bauchhälfte verwandelt. Dadurch wird es an-
schaulich , was wir oben bemerkten, dafs die Schlufslinien der Rücken - und
Bauchhälfte ursprünglich am meisten peripherisch waren,
m m und n n sind
die Wege, die diese Theile zurücklegen würden, um aus dem Keime den Embryo
zu bilden, wenn keine Vergröfserung zugleich Statt fände. Alle Blätter wachsen
aber bei dieser Ortsveränderung zugleich vom Centrum nach der Peripherie zu,
so dafs jeder einzelne Punkt in einem bestimmten Bogen fortrücke Nehmen wir
jetzt nur auf die Bildung der Fundamentalorgane Rücksicht, so können wir die
Richtung derEntwickelung mit denjenigen bogenförmigen Linien unsrer 5ten Figur
bezeichnen, in denen kleine Pfeile zur Andeutung der Richtung enthalten sind.
Ich nenne den Weg, auf welchem jeder Punkt während der Bildung fortrückt,
seinen
Bildungsbogen. b, c, d, e, / in Fig. 5. sind nun die Bildungsbogen für
alle Theile, die in der Ebene ihrer Schicht bleiben, ohne aus ihr hervorzu-
treten 1). Auf welches Fundamentalorgan jeder Bildungsbogen sich bezieht,
ergiebt sich leicht aus der Vergleichung mit
Fig. 4., da die Bezifferung die-
selbe ist.

Es wird nun aus dieser Fig. 5. auch klar, dafs man durchaus nicht
die ganze Mittelebene des Embryo für central ansehen darf, dafs vielmehr,
so wie im ganzen Embryo, eben so in jedem röhrigen Fundamentalorgane,
eine
Centrallinie ist, von welcher aus die Bildung fortschreitet, und ihr
gegenüber in derselben Röhre eine
Schlufslinie sich findet. Die Central-
linie eines jeden Fundamentalorganes ist der Axe des ganzenj Thieres am
meisten zugekehrt. Sie ist die einzige, die in der ganzen Röhre ursprüng-
lich einfach war.
Die Schlufslinie ist aus zwei am meisten peripherischen

Hälf-

1  Diese sind die ursprünglichen Bildungsbogen im Gegensätze zu den durchbohrenden Bildungs-
bogen. (Schol. IV. §. 3. m.).

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Hälften gebildet, denn jedes Fundamentalorgan ist aus einer Fläche in eine
Röhre umgewandelt 1).

Um uns hiervon zu überzeugen und es zugleich zu versinnlichen, denken
wir uns eine Ebene senkrecht durch den Leib des Thiers gelegt. In
Fig. 4. ist
*, y der Durchschnitt dieser Ebene. Verfolgen wir ihn nun von oben bis unten,
so treffen wir zuerst auf Haut, dann auf Knochen und auf die obere Naht des
Rückenmarkes. Alle diese Stellen sind nicht ursprünglich einfach, sondern durch
Verwachsung der Rückenplatten einfach geworden. Folgen wir der Linie weiter,
so stöfst sie noch einmal auf die Nervenröhre, aber da, wo sie ursprünglich ein-
fach ist. Hier ist also ihre Centrallinie. Weiter fortgeführt trifft die Ebene auf
die Wirbelsaite und ihre Umgebung, die Centrailinie für beide Röhren der
Fleischschicht und die Axe des ganzen Thiers. Noch weiter nach unten kommt
sie auf das Gefäfsblatt. Es ist hier die nie getheilt gewesene Centrallinie dieses
Blattes. Bald darauf treffen wir nochmals auf das Gefäfsblatt in der Naht des
Gekröses, also auf eine verwachsene Stelle. Noch weiter erreicht unsre Mittel-
ebene zuerst die Schleimhautröhre, an der Linie, die nie peripherisch gewesen
ist, dann zum zweiten Mal dieselbe Röhre, wo sie einst peripherisch war. An
der Bauchfläche stöfst sie wieder auf die Fleischschicht und auf Haut, in einer
Linie, die einst die äufserste Peripherie war 2). So hat also jede der Funda-
mentalröhren eine der Axe des ganzen Thiers zugekehrte Linie, und diese Linie
ist zugleich die Axe für die Bildung dieser Röhre. Nur diese Linie ist ursprüng-
lich central. In jeder Röhre ist aber eine andere von der gemeinschaftlichen Axe
abgekehrte Linie, und was in dieser Linie liegt, war für jede Röhre einst am
meisten excentrisch. Nur die Hautschicht macht eine Ausnahme. Sie ist überall
excentrisch gewesen. Ihre Axe ist ursprünglich mit der Centrallinie der Nerven-
röhre identisch, von welcher die Haut nur später abgeschnitten wird und nun als
Haut gar keine Centrallinie hat.

Auch bei der Weiterbildung, wenn aus den Fundamentalorganen durch ƒ. Anwen-
morphologische Sonderung (Schol. III. cZ.) sich die einzelnen bleibenden Organe Prüfemi3
ausbilden, wirkt das aufgestellte Schema immer fort. Denn es lassen sich fol-
gende allgemeine Regeln bei der Weiterbildung erkennen ;

1  Dafs die Bauchhälfte sich mehr durch Abschnürung als durch wirklich seitliche Verwachsung
bildet, ist kein Einwand. Die doppelte symmetrische Entwickelung schliefst die Vorstellung
von Verwachsung in sich. Jenes Verhältnifs ist nur eine Modification, wovon wir den Grund
später beleuchten wollen. (Vergl. §. 8.
d. dieses Scholions.)

2 *♦) Verlängert man die Linie x y bis in den Dottersack, wie in unsrer Abbildung geschehen ist,
so trifft sie auch hier nur auf Theile, die ursprünglich peripherisch waren,

Y

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1) Die Centrailinie aller einzelnen Fundamentalorgane scheint im Allge-
meinen") eben so wenig geneigt, irgend eine weitere Entwickelung zu erfahren, als
die Axe des gesammten Thiers, oder die Wirbelsaite. In der Nervenröhre bleibt
sie unverändert, eben so in der Gefäfshautröhre, wo ihr vorderster Theil nur
schwindet. So auch in der Schleimhautröhre. Dennoch bestimmt sie immer die
Richtung der Entwickelung, denn alle fernere Entwickelung scheint immerfort
nach der Richtung der Pfeile in unsrer 5ten
Figur fortzugehen, woraus eine zweite
allgemeine Regel folgt:

2) Alles, was aus der Schlufslinie irgend eines Fundamentalorganes hervor-
tritt, bleibt in der Mittelebene und theilt sich nicht wieder seitlich. Wenn diese
Regel Wahrheit hat, so ist sie nur eine nothwendige Folge des in unsrer
Fig. 5.
abgebildeten Schemas der Entwickelung und eben dadurch eine Bestätigung
desselben. Soll nämlich die Fortbildung nach den punktirten Linien dieser
5ien
Figur fortschreiten, so kann etwas, das in dieser Richtung fortgeht, so bald
es die Mittelebene
erreicht hat, diese nicht wieder verlassen. Da es hierauf sein
Gleichnamiges der andern Seite trifft, kann es wohl, wenn die Entwickelung
stark ist, innerhalb der Mittelebene wachsen, aber nicht aus ihr heraus 1).
Suchen wir einige Beweisgründe auf! Der Athmungsapparat tritt aus der
Schleimhautröhre hervor, aber so, dafs die Lungen aus den Seitentheilen aus-
gestülpt werden, der Luftröhrenstamm aus der untern Fläche oder der Schlufs-
linie. Jene verzweigen sich, diese nicht, die Luftröhrenäste nämlich sind schon
ursprünglich seitlich und die Stämme der Lungen. Der Harnsack tritt aus der
Schlufslinie seines Fundamentalorganes hervor und bleibt ungetheilt. Die Dorn-
fortsätze, die Flossenträger, die Flossenstrahlen, lauterYorragungen der Mittelebene,
können eine ungeheure Länge erlangen, spalten sich aber nicht seitlich. Die so-
genannten untern Dornfortsätze, welche an der untern Fläche der Brust- und

1  Das hindert aber nicht die Schlufslinie irgend eines Fundamentalorganes, statt bei weiterer
Entwickelung von der Centrallinie sich zu entfernen, vielmehr derselben sich nähert. Dieses
Verhältnifs mufs vielmehr eintreten, wenn in den Seitentheilen eines Fundamentalorganes
eine stärkere Entwickelung ist, als in den ursprünglich peripherischen Rändern, welche die
Schlufslinie bilden. In der ganzen Nervenröhre erzeugt ein solches Verhältnifs in späterer
Zeit die Einschnitte in der Mittelebene.

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Bauchwirbel mehrerer Vögel hervorstehen, und bei einigen, wie in der Gattung
Colymbus, sehr lang und an der Spitze in zwei seitliche Bogen gespalten sind,
machen keine Ausnahme, denn sie liegen nicht, wie die untern Dornfortsätze
des Schwanzes, in den Bauchplatten, gehören nicht zu der Knochenlage der
Bauchröhre und scheinen überhaupt nicht durch einen Schlufs erzeugt, sondern
Wucherungen aus dem Stamme der Wirbelsäule nach innen zu von dieser Röhre.
Hiernach müssen sie bei weiterer Entwickelung nach unserm Schema in seitliche
Bogen auslaufen. Die gespaltenen Dornfortsätze der Halswirbel des Menschen
könnten eher für eine Ausnahme gelten, allein sie sind nicht nur unbedeutend,,
sondern auch durch die Muskeln hervorgezogen, und ihre Grundlage, die fibröse
Haut, ergänzt sie als Nackenband. Bedenklich sind freilich die Dornfortsätze der
Schildkröten, die oben in eine Platte sich ausdehnen. Allein das Entwickelungs-
schema mufs nothwendig bei den Schildkröten auf eine ganz eigene Weise modi-
ficirt seyn, welche auf nähere Untersuchung ihrer Entwickelung sehr begierig
macht. Vielleicht liegen die Rückenplatten in diesen Embryonen sehr tief, so
dafs sie von den Bauchplatten überwachsen werden. Auf jeden Fall mufs es
erlaubt seyn, sie ganz unberücksichtigt zulassen, bis ihre Entwickelung unter-
sucht ist.

3) Wenn irgend ein Organ seine Stelle seitlich und symmetrisch ver-
ändert (die Veränderung in der Längenrichtung und die unsymmetrische Wan-
derung nach der Seite lassen wir für jetzt unberücksichtigt), so geschieht dieses
nur von der Centrallinie in seinem
Bildungsbogen ngch der Schlufslinie derselben
hin1). Nur in dieser Richtung, glaube ich, können Organe fortrücken, nicht
in der entgegengesetzten nach der Centrallinie hin. So rücken die Rippenknorpeln
mit ihrer ganzen Umgebung, den geraden Bauchmuskeln, den Brustwarzen
der
Säugethiere, der Arteria mammaria u.s.w. der Mittellinie des Bauches immer
näher. So wissen wir ferner aus Rathke\'s Untersuchungen, dafs die Ge-
schlechtstheile der Fische allmählig der Schlufslinie des Bauches zurücken.
(Neueste Schriften der naturforschenden Gesellschaft in Danzig, Bd. /. Heft 3.)
Von den Hoden und Eierstöcken der Säugethiere ist es längst bekannt. Dagegen
rücken die Geschlechtstheile derlnsecten nach der Mittellinie des Rückens, wie
Herold gelehrt hat. In den Insecten geht aber die Entwickelung nur nach dem
Rücken hin, worüber im V. Scholion mehr. Sie haben ihre Schlufslinie oben.

1  Das hindert natürlich nicht, dafs ein Theil bei allseitiger Vergrößerung nicht mit einem Ende
auch der Centrallinie näher rückte, wie die Rippen an die Wirbelkörper sich anlegen, doch
scheint immer das entgegengesetzte Ende stärker zu wachsen.

Y 2

-ocr page 200-

4) Die Centrallinien aller Fundamentalorgane liegen über einander in der
Mittelebene. In
Fig. 5. enthält die Linie « ß die Durchschnitte aller Central-
linien.
Erinnern wir uns nun, dafs sämmtliche Blätter sich nur allmählig von
einander getrennt haben, und je weiter wir zurückgehen, um so mehr eine einzige
Schicht bildeten, so erkennen wir, wie alle Centrallinien früher dichter zusam-
menlagen, ja nur Absonderungen einer einzigen ursprünglichen Centrallinie des
Keimes sind, und es wird uns klar, wie das früher bei Bildung des einfachenKeimes
erkannte Gesetz, dafs alle Entwickelung aus einem Centrum nach der Peripherie fort-
schreitet (Schol. III. g.), auch beim Auftreten der doppelt symmetrischen Ausbil-
dung fortwirkt und alle Entwickelung wahrhaft excentrisch ist. Das Auseinander-
treten der Centrallinen selbst ist nichts als ein besonderer Ausdruck dieses Gesetzes.
Nur eine mittlere Centrallinie bleibt bei dieser Sonderung die Axe des Ganzen.

5) In der Regel ist in den Wirbelthieren jedes Organ, das einfach ist,
ursprünglich in der Mittelebene gewesen, oder das gleichnamige Organ der andern
Seite ist als verkümmert anzusehen. Jeder einfache Theil scheint nämlich ent-
weder ursprünglich einfach, wenn er aus einer Schlufslinie stammt, oder einfach,
indem seine zwei gleichnamigen Hälften durch den Fortgang der Entwickelung in
die Schlufslinie geführt wurden. — Ich stelle diesen Satz etwas zweifelnd hin,
weil mir der erste Bildungsmoment der Milz nicht recht klar ist. Indessen ist es
gewifs, dafs sie im Hühnchen, je früher man sie untersucht, um so mehr in der
Mitte liegt. Sie scheint also aus der Mitte zu stammen und nach links zu rücken.
In Hinsicht der Leber ist hierüber kein Zweifel. Die Entwickelungsgeschichte
der Leber, der ich in allen einzelnen Abstufungen gefolgt bin, liefert überhaupt
die schönsten Bestätigungen für die Betrachtungen dieses Paragraphen. Sie tritt
gedoppelt auf als zwei Lebergänge, welche Ausstülpungen aus den Seitentheilen
der Sehleimhautröhre sind. Dann verwachsen beide Lebergänge nach unten,
also an der Schlufsseite für ihren Bildungsbogen. Durch weiteres Hervortreten
der Lebergänge wird endlich auch die Mitte zwischen beiden hervorgehoben, und
nun ist der Lebergang in seinem Stamme einfach. Aus diesem stülpt sich wahr-
scheinlich die ungetheilte Gallenblase hervor. Wodurch aber die Leber und die
Milz aus ihrer Seitenlage weggerückt werden, können wir erst später unter-
suchen (Schol. IV. §. 3.
i. und Schol. V. §. 3. g.). Bedenken erregt auch das
Pankreas. Es scheint eine seilliche Hervorstülpung. Allein ich mufs bemerken,
dafs ich sehr oft beim ersten Erscheinen desselben, auf der entgegengesetzten
Seite, obgleich nicht ganz gegenüber, eine ähnliche kleine Ausstülpung der
Schleimhautröhre sah, die sich aber nicht weiter entwickelt. Das Pankreas der
rechten Seite scheint also schon in der Bildung abzusterben.

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§- S.

Weitere Umbildung aus der einfachen Röhrenform.

Wir haben im vorigen Paragraphen zu zeigen gesucht, wie durch das
Schema, welches die Entwickelung der Wirbelthiere beherrscht, aus einem blatt-
förmigen Keime, in welchem eine primäre Sonderung in Schichten gegeben ist,
die Grundform der Wirbelthiere gebildet wird, die aus heterogenen in einander
steckenden Röhren besteht. Es wird nun nicht unpassend sejn, die weitere
Umbildung zu verfolgen, um zu untersuchen, ob in derselben auch einige allge-
meine Verhältnisse aufgefunden werden, wodurch sie uns verständlicher wird.

Diese Umbildung erfolgt durch morphologische und histologische Son-
derung. Wir finden dabei zuvörderst, dafs je früher ein Fundamentalorgan auf-
getreten ist, um so rascher es sich auch umbildet, so dafs die Röhrenform in den
frühesten Fundamentalorganen fast nur in der Idee besteht.

Es entwickelt sich überhaupt die Rückenhälfte rascher als die Bauchhälfte. d

Nach §.!.&. dieses Scholions wiederholt sich aber das physiologische Verhältnifs, den ver-
das in der Dimension der Tiefe von oben nach unten sich offenbart, auch in der

Dimensio-

Flächendimension vom Centrum nach der Peripherie zu und, so bald der Embryo Umbildung\'6
als solcher sich zeigt, am stärksten in der Längendimension von vorn nach hinten,
wirkt.
Hiermit übereinstimmend wächst die Mitte des Embryo stärker, als seine Peripherie,
und hierauf läfst sich die ganze Metamorphose, die wir Erhebung und darauf
folgende Abschnürung des Embryo genannt haben, zurückführen, denn die Er-
hebung ist ja ein Zurückbleiben der Peripherie des noch ganz in der Fläche aus-
gebreiteten Embryo gegen die Mitte, wozu bei fortgehendem Wachsthunie auch
wirkliche Verkleinerung tritt. — Indem dasselbe Verhältnifs des schnelleren
Wachsthumes in der Längendimension vorn am stärksten wirkt, wird die Bil-
dung des Kopfes dadurch veranlafst.

Die Rückenplatten nämlich erheben sich, ihr oberer Rand wächst am bf1"dIJadurcj)1
raschesten und besonders am vordem Ende. Schon aus diesem Grunde müssen
die Centrai-
sie sich vorn nach unten umbeugen. Dazu kommt noch, dafs auch die Ab- pUndamen!n
schnürung am vordem Ende zuerst wirksam ist. So wird der vorderste Theil der ta5or§aneru
Rückenröhre rasch umgebogen und die Abgrenzung des Kopfes wird dadurch
angedeutet, obgleich nach hinten die Grenze noch nicht bestimmt ist und auch
vorn und unten der Anfang der Bauchplatten ohne Abgrenzung an dem Vorder-
ende der Rückenplatten anliegt. Nun entsteht das merkwürdige Verhältnifs, dafs
bei fortgehender Krümmung jedesmal der am meisten nach vorn liegende Theil
des Kopfes, in welchem unterdessen ein Hirn sich zu sondern angefangen hat, am

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stärksten wächst. So wird die Ungleichheit in der Rücken - und Nervenröhre
erzeugt, und wenn nun die Gefäfsbogen nach Verwachsung der Kiemenspalten
sich lösen und zurücktreten, schiebt sich der Kopf wieder mehr zurück und be-
kommt auch eine schärfere hintere Grenze. Auf solche Weise scheidet sich das
Hirn vom Rückenmarke, zugleich der Schädel vom Rücken, das Gesicht von den
übrigen Bauchplatten.

Die erste Anlage des Herzens und die erste Anlage des Kopfes liegen über
einander, und unläugbar ist das Herz für das Gefäfsblatt eben das, was der
Schädel für die Rückenröhre oder das Hirn für die Nervenröhre ist. So wie nun
der Kopf sich nach vorn stellt, mufs die Anlage des Herzens hinter ihm liegen,
weil sich das Verhältnifs von oben und unten in das von vorn und hinten um-
wandelt. So wie aber das Hirn sich immer mehr nach hinten schiebt, eben so
das Herz. Der mittelste Theil des zuerst fast geraden Herzens strebt nach unten,
dann nach hinten, und wird nun deutlich die Spitze der Herzkammer. Dieselbe
Metamorphose scheint den Magen innerhalb der Schleimhautröhre zu bilden, denn
ein Theil der untern Fläche tritt hervor und verlängert sich dann nach hinten.
So
zeigt sich dieselbe Umbeugung in allen Schichten in der Reihenfolge von oben
nach, unten und zugleich von vorn nach hinten. In derselben Reihenfolge wird
auch die Umbeugung schwächer.
c. Derjenige Wir haben schon bei verschiedenen Gelegenheiten bemerkt, dafs eine

welchen6der Metamorphose, die in irgend einer Schicht eintritt, in der andern sich wieder-
strom der ^0}t unt] möchten daher die Bildung der Centraltheile in den andern Blättern als

ernährenden ? tt -n i i \' ir > r>

Flüssigkeit Wiederholungen und nothwendxge Begleiter der Kopf- und Hirnbildung in dem
SnfsS serösen Blatte betrachten. Diese Bildung aber (und also auch die Bildung der
rascher au an(jern Centraltheile) scheint, wie wir zeigten, davon bedingt, dafs die obere
der entge- Fläche sich rascher entwickelt, als die untere, die Mitte rascher, als der Umfan^
gengesetzte. ^ Vorderende rascher, als das hintere Ende. Sollte für das raschere Wachsthum
dieser Pole der verschiedenen Dimensionen (wozu später noch die rechte Seite hin-
zutritt) nicht vielleicht noch ein übereinstimmendes Verhältnifs aufzufinden seyn,
welches man, wo nicht als Grund, doch als Begleiter betrachten kann ?

Wenn wir unsern Blick vom Embryo des Huhnes abwenden und auf das
Wachsthum der organischen Körper überhaupt werfen, um zu erfahren, welcher
Abschnitt derselben am stärksten wächst, so scheint eine allgemeine Regel sich
darin zu offenbaren, dafs in einem Organismus diejenige Seite irgend einer
Dimension, gegen welche die organische Strömung gerichtet ist, sich rascher
bildet. Es ist als ob dort der in Bewegung gesetzte organische Stoff mehr Nei-
gung und Möglichkeit bekäme, in die Masse der Organismen überzugehen. So

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ist es in der Reihe der gegliederten Thiere das hintere Ende, welches so stark
wuchert, dafs es nicht lange vom Gesammtorganismus gehalten wird, besonders
wo es
diesem an einem hohen Grade der Entwickelung fehlt , sondern selbst-
ständig werdend abfällt. In allen aus dem Eie gekrochenen Wirbelthieren, die
nun die Nahrung durch den Mund aufnehmen, wächst der hintere Theil des
Leibes stärker, als der vordere. In den Mollusken bleibt auch später das Kopfende
im Wachsthum zurück. In den Pflanzen wächst der überirdische Theil stärker,
als der unterirdische, und aus jedem Knoten geht die Entwickelung mehr nach
oben, als nach unten. Damit stimmt es auch, dafs, wo die Entwickelung nach
oben
besonders rasch vor sich geht, wie in den gröfsern Pilzen, der Wurzeltheil
besonders Hein bleibt.

Diese Bemerkung auf das Ei des Huhnes angewendet, leitet uns zu der
Frage, welchen Weg hier der ernährende Stoff nimmt? Es ist wohl kaum zu
der Tiefe ist
bezweifeln, dafs der Keim zuvörderst von unten ernährt wird, denn seine uutere Fiäch/\'auf-
Fläche bildet sich nach Art der verdauenden Flächen in den niedern Thieren, und nehmend,
der Kanal, der aus der Centraihöhle, die im Innern des Dotters sich findet, nach
der Oberfläche desselben führt, scheint der Weg für den ernährenden Stoff. Von
diesem Kanale wird wohl die Bildung des Keimes bedingt, denn er findet sich
nie an einer andern Stelle, als an der, wo der Kanal endet. So ist der Keim,
wenn dieser Kanal nicht senkrecht auf der Axe, die man durch beide Hagel-
schnüre ziehen kann, steht, auch nicht in der Mitte des Dotters, sondern an der
Stelle, wo jener die Oberfläche erreicht. Ich halte daher den Kanal für die Bahn
der ernährenden Flüssigkeit, obgleich er in der That zuweilen an seinem Aus-
gange verstopft scheint, was jedoch mehr ein Schein seyn mag, der von der
Weichheit der umgebenden Theile abhängt. Diejenige Fläche nun, welche dem
Dotter abgekehrt ist, oder die obere, bildet sich in der That, wie wir wissen,
rascher aus.

Wenn der eigentliche Embryo auftritt, so mufs seine Peripherie mehr auf- ^ der
nehmend seyn, als seine Mitte, denn vom ganzen, gröfser gewordenen Keime der Fläche
wird Nahrungsstoff aufgenommen, und vielleicht von der Peripherie noch mehr Periphe"
als von der Mitte, da der abgelöste Hügel des Keimlagers jetzt auf dem
Ausgange
des bezeichneten Kanales wie ein Stöpsel ruht und die Flüssigkeit zwingt, nach
aufsen auszuweichen, wodurch sich die Halonen bilden. Doch auch ohne auf
dieses fast zufällig scheinende Yerhältnifs Rücksicht zu nehmen, ist es klar, dafs,
da in einem grofsen Theile der Keimhaut Blut bereitet wird und dieses nach der
Gegend hinströmt, wo die Bildung des Embryo begonnen hat, das Blut von der

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Peripherie zum Centrum strömt. Es ist nun, wie wir ohen zeigten, wirklich
rascheres
Wachsthum in der Mitte und langsameres in der Peripherie.

Dafs das Kopfende rascher wächst, als das entgegengesetzte Ende, scheint
dieser Analogie zuwider, indem das Kopfende in den Wirbelthieren der auf-
nehmende Pol ist. Allein während der ersten Bildung ist er es noch nicht. Da
nämlich die untere Fläche und die
in einen Nabel verschnürte Peripherie auf-
nehmend sind, so ist die aufnehmende Stelle jetzt nicht im Kopfe, ja sie ist vom
Kopfende weiter entfernt, als vom Schwanzende, denn da das vordere Ende sich
in jeder Beziehung und auch in Hinsicht der Abschnürung früher bildet, als das
hintere, so ist der Nabel, er mag noch weit offen, oder schon ziemlich verengt
seyn, immer mehr hinten, als vorn. Weil nun durch ihn die Nahrung eintritt,
so ist es mit dem Frühern übereinstimmend, dafs der Kopf rascher wächst.
In
der That kann man auch, wenn man das Wachsthum in der Längendimension
untersucht, nicht behaupten, dafs es das hintere Ende ist, welches sich am
langsamsten bildet. Es wächst zwar langsamer, als der Kopf, aber am lang-
samsten bildet sich der Theil der Längendimension, der dem Nabel entspricht 1).
Der Kopf bekommt erst allmählig den Character des ingestiven Poles, und da in
der zweiten Hälfte des Embryonenlebens die Beckengegend stärker wächst, so
mochte ich darin einen Beweis mehr linden, dafs jetzt der Kopf auch thätig als
ingestives Ende wirkt und Fruchtwasser verschluckt.

Man wird hier ohne Zweifel einwenden, dafs ich mich im Kreise drehe,
wenn ich sage, dafs das Kopfende durch sein rascheres Wachsthum vom Nabel,
als der Gegend der Nahrungsaufnahme, entfernt wird, und seine Entfernung von
der
Gegend der Egestion wieder als Grund seines raschern Wachsthums betrachte.
Ich habe dagegen zu bemerken, dafs ich hier, wie überhaupt in dem ganzen
Paragraphen, nicht so wohl nach den Gründen der Bildung suche, als nach den
Uebereinstimmungen, die uns vorläufig wichtiger sind, als die tiefsten Gründe
selbst, indem die letztern schwerlich auf den ersten Anlauf sich vollständig
werden erkennen lassen. Auch ist die raschere Yergröfserung des Kopfendes erst
dann recht auffallend, wenn die Abschnürung schon bedeutend vorgerückt ist
und der Kopf weit über den Nabel hinaus ragt. Allein es kam mir nur darauf an,
zu zeigen, wie die Uebereinstimmung, welche überhaupt das vordere Ende des
Embryo mit der obern Fläche offenbart (§. 1.
b. dieses Scholions), sich auch
darin bewährt, dafs der Strom der ernährenden Flüssigkeit gegen ihn gerichtet

ist.

1  Daher das starke Hervortreten des Bauches.

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ist. Dieses Verhältnifs ist ganz offenbar, sobald die Kopf kappe sich gebildet
hat, da das eintretende Blut nun die Richtung gegen den Kopf hat. Freilich ist
eben die schnellere Entwicklung der Abschnürung am vordem Ende schon ein
Beweis, dafs an diesem Ende die Bildung rascher vorschreitet, was wir als ein-
faches Factum betrachten dürfen, so lange es uns nicht möglich ist, das be-
stimmende Moment anzugeben, welches dem einen Ende des Embryo die Anlage
zur Kopf bildung giebt.

Spater wird die linke Seite des Embryo im Verhältnifs zur rechten die auf- sf
nehmende, wie in der Erzählung der Entwickelungsgeschichte ausführlich erörtert
aufnehmend,
ist, und in der That bildet sich nun die rechte Seite etwas rascher.

Mit dieser Metamorphose steht das Drehen des Embryo auf seine linke h; Die iauf-

... . . nehmenden

Seite in Verbindung, welches, wenn ich nicht irre, auf einer andern, einflufs-Pole der ver-
reichen und merkwürdigen Uebereinstimmung beruht, die sich etwa so aus- D^eSmm
sprechen liefse: Der aufnehmende Pol des Embryo strebt immer dasselbe Lagen-
wechseln in

b ® ihrsr Herr-

verhältnifs zum Dotter zu behalten. Zuvörderst ist die ganze untere Fläche des schaft, und
Keimes gleichmäfsig aufnehmend; wenn darauf für den Embryo die Peripherie sehende r
mehr aufnehmend wird, als die Mitte, so stellt sich diese Peripherie nach unten. "immtinder

L Lage zum

Wir haben zwar oben mit Recht das Erheben des Embryo aus der Fläche des Dotter die

Keimes als Erfolg eines rascheren Wachsthums der Mitte gegen die zurück- Sgr herr-
bleibende
Peripherie angesehen, allein man mufs gestehen, dafs die fernere Ab- sehenden
schnürung,
die Bildung des Nabels, etwas mehr ist, als ein Zurückbleiben.
Wenn aber in der Peripherie ein Streben auftreten sollte, sich nach unten zu
stellen, so könnte dieses Streben keinen andern Erfolg haben, als eine von allen
Seiten zugleich wirkende Abschnürung, oder eben das, was wir die Nabel-
bildung nennen. In dem Verhältnisse der aufnehmenden Seite zum Dotter scheint
also der Grund zu liegen, dafs die Bauchhälfte des Thiers sich nicht durch wirk-
liche Naht, sondern
durch Abschnürung schliefst. — Später ist die linke Seite
mehr aufnehmend, als die rechte, und indem sich nun der Embryo auf die linke
Seite wendet, nimmt dieser Pol blofs die Stelle ein, welche der aufnehmende Pol
in andern Dimensionen schon früher eingenommen hatte.

Ich mufs es einem folgenden Abschnitte (Schob V. §. 3.) überlassen, her- dJ\' J^j^
vorzuheben, wie es mir wesentlich scheint, dafs alle Bewegung innerhalb des auf
die linke
Wirbelthiers eine vorherrschende Richtung nach rechts hat, und, wie diese nur diTasyiJ^
realisirt wird durch die asymmetrische Anordnung vom plastischen Theile des Ordnung Ii"
Leibes. Der Embryo ist aber völlig symmetrisch, so lange der plastische Theil plastischen
vom animalischen sich noch nicht gelöst hat. Ja selbst in der ersten Zeit dieser z£fg"atS &T\'
Trennung konnte ich keinen andern Unterschied gewahr werden, als dafs sie auf

Z

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der rechten Seite etwas rascher zu erfolgen scheint. Doch ist dieser Unterschied
äufserst gering, ur.d ich habe bei Betrachtung der Röhrenbildung der Fundamen-
talorgane
nicht Grund gehabt, ihn zu berücksichtigen. Sobald aber die linke
Seite
sich als die mehr ingestive offenbart, wird diese Symmetrie aufgehoben,
und zwar zuerst
im vordersten früher gebildeten Theile des Leibes. Der auf-
nehmende Theil des Herzens zieht sich nach links, und durch ihn tritt das Blut
in der Richtung nach rechts in den Embryo ein. Hierdurch scheint die Aus-
beugung vom Mitteitheile des Herzens nach rechts veranlafst. Um diese Zeit ist
die Thätigkeit desselben mehr eine aufnehmende. Das Blut wird also nach rechts
eingesogen. Sobald aber der mittlere Theil des Herzens durch stärkere Wandung
zu einer Herzkammer sich umformt und mehr ausstofsend wirkt, verändert es
seine Stellung so, dafs der Erfolg ein Fortstofsen des Blutes nach rechts ist. Die
Spitze der Herzkammer nämlich bewegt sich in einem Bogen nach hinten und
links. Ueberhaupt scheint mir die allmählig immer mehr auftretende Asymmetrie
darauf zu beruhen, dafs alle bewegenden Kräfte mehr nach rechts als nach
links wirken, worüber ich auf den angeführten ausführlichen §. 3. g. desSchol. V.
verweise. Die Magenwölbung stellt sich nach links, um nach rechts fortzu-
stofsen, die Leber nach rechts, weil die Pfortader hierher drängt. Die Milz
wandert aus der Mitte nach links und begründet schon durch diese Lagenver-
änderung die Yermuthung, dafs ihre Verrichtung vorzüglich eine fortbewegende
ist. So ist also das Auftreten der Asymmetrie im plastischen Theile nur eine
Fortbildung vom Drehen auf die linke Seite, das wir im ganzen Embryo bemer-
ken, und scheint mit ihm abhängig vom Vorherrschen der Ingestion auf der
linken Seite des ganzen Keimes.
k. Das Wir wissen ferner, dafs der Embryo sich ällmählig stark zusammen-

Mmffl«»11 krümmt, so dafs das vorderste Ende nach hinten, das hintere nach vorn gerichtet
ton Eähn-y° Auch dieses Verhältnifs scheint sich in den Fundamentalorganen, und

liehen Er- zwar in allen zu wiederholen, nicht nur indem sie die Krümmung theilen, was
in der Bil- an sich nothwendig ist, sondern indem alle isolirten Bildungen oder Hervor-
KSTE stülpungen aus der vordem Hälfte der Fundamentalorgane am stärksten nach
gleitet. hinten, und alle Bildungen aus der hintern Hälfte am stärksten nach vorn sich
verlängern. So wachsen die Hemisphären nach hinten und überdecken die Zelle
der dritten Hirnhöhle; die Lungen, der Magen verlängern sich nach hinten.
Die Blinddärme, der Harnsack, der Fabricius\'sche Beutel, aus der hintern Hälfte
stammend, verlängern sich nach vorn.
l. Alle Ver- Ich zweifle nicht, dafs sich noch mehr Analogien zwischen Umbildungen

heiten der der Fundamentalorgane und des ganzen Embryo, so wie zwischen den einzelnen

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Bildungen aus den Fundamentalorganen nachweisen liefsen. Ist doch die ur- einzelnen
sprüngliche Uebereinstimmung der Extremitäten so grofs, dafs man sie völlig
ursprünglich
gleich nennen kann, und ich habe schon in der Bildungsgeschichte des Hühnchens §ennger-
erzählt, wie aus der gleichen Grundgestalt die Verschiedenheit sich allmählig
hervorbildet und wie eine übereinstimmende Umänderung auch im Rückenmarke
sich offenbart. Aber auch zwischen wenigen gleichen Bildungen, wie zwischen
den einzelnen Abtheilungen des Hirnes und des Herzens u. s. w., lassen sich die
ursprünglichen Uebereinstimmungen ahnen, doch enthalte ich mich sie weiter zu
verfolgen, da offenbar die Analogien viel sicherer und zahlreicher aufzufinden
seyn werden, wenn mehr Thierformen in den Einzelheiten ihrer Entwickelung
verfolgt seyn werden.

Unbemerkt darf ich aber nicht lassen, dafs ich, um die Bildung des >«• Durch-
Embryo in ihrer Einfachheit besser zu erkennen, zuvörderst nur die Formung der Bildungen
Fundamentalorgane und ihrer unmittelbaren Sonderung in heterogene Abschnitte J™
betrachtet habe. Auf solche Bildungen nur sind die im
§.2. e. erläuterten ur- taiorgane in
sprünglichen Bildungsbogen zu beziehen. Es giebt aber noch eine andere Reihe as andere>
von Bildungen, welche aus einem Fundamentalorgane in das andere hinein und
zum Theil durch dasselbe dringen. Sie beziehen sich alle darauf, die innern
Fundamentalorgane
mit der Aufsenwelt in unmittelbare Wechselwirkung zu
bringen. Dahin gehören die höheren Sinnesorgane, welche aus der Nervenröhre
in die Rückenröhre der Fleischschicht treten, bis sie entweder die Hautschicht
erreichen, oder von ihr erreicht werden. Sie bilden keine offenen durchbohren-
den Kanäle, da die Hautschicht selbst die Fähigkeit hat, die sensibeln Ein-
wirkungen der Aufsenwelt aufzunehmen. Sie wachsen daher nur
bis an die Haut,
oder es wächst ihnen die Haut entgegen. Anders ist es mit den entsprechenden
Hervorbildungen der Schleimhautröhre. Diese sind durchbohrend und erzeugen
den Mund, den After und die Kiemenspalten, die letzteren als seitliche Durch-
bohrungen der Bauchplatten, die ersteren als mittlere Durchbohrungen derselben
in der Nähe der Endgrenzen zwischen Rücken - und Bauchplatten. Da diese
Bildungen nicht innerhalb der Fundamentalorgane bleiben, so folgen sie
durch-

) Erregen doch die Frösche, deren Entwickelung ich nächst der Bildungsgeschichte der Vögel
am genauesten kenne, schon darin Bedenken, dafs der gemeinschaftliche Ausgang ihrer
beiden Kiemenhöhlen in späterer Zeit nach links liegt. Es beruht aber wohl dieses Verhältnis
auf der stärkern Entwickelung der rechten Seite und ist schon in so fern der Bildung der Vögel
analog, und es bleibt noch zu bestimmen, ob wirklich das geathmete Wasser hier
nur aus-
strömt. Später wenigstens, wenn die Lungen sich bilden, geht die Luft mehr nach
rechts
als nach links.

Z 2

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bohrenden Bildungsbogen, wie wir diese in Fig. 5. der Taf. III. mit den Pfeilen
y angedeutet haben. Von ihnen gilt nicht die Regel, dafs die vordem nach
hinten und die hintern nach vorn sich entwickeln (vergl. h. dieses §.). Aber das
allgemeinere Gesetz, von der Centrallinie nach der Schlufslinie fortzurücken,
scheint auch auf sie einzuwirken, wenn auch wegen der ursprünglichen Richtung
dieser Bildungsbogen etwas schwächer, denn die Augen rücken offenbar von der
Axe aus mehr nach der Rückenfläche zu, in schwächerem Mafse auch die Ohren,
deren Bildungsbogen schon ursprünglich mehr horizontal ist.
dungen^zwi- Eine Ausnahme von diesem allgemeinen Einflufs der ursprünglichen

sehen beiden Bildungsbogen machen vielleicht die wenigen Bildungen, welche beide Haupt-
röhren. röhren (Schob IV. §. 2. a.~) mit einander verbinden, wie die Eustachische Röhre,
der Thränenapparat, die Schwimmblase einiger Fische und einige Luftsäcke der
Vögel. Diese scheinen in der That aus einer Hauptröhre in die andere überzu-
gehen. Doch ist ihre
Bildungsgeschichte sehr dunkel, und es bleibt für die Unter-
suchung noch eine schöne Aufgabe, zu bestimmen, in welchem Verhältnifs] ihre
Entwicklung zu den ursprünglichen Bildungsbogen steht.
gisch^SorT Ueber die histologische Sonderung habe ich noch weniger zu sagen. Ihre

derung. Wirksamkeit ist fast nur in den Resultaten zu beobachten. Schon oben (§. 2. d.)

bemerkte ich, dafs sie in den doppelröhrigen Fundamentalorganen am stärksten
auftritt. Ich habe dort auch bei Gelegenheit der Sonderung in Schichten der
Trennung in Knochen und Muskeln erwähnt, glaube jedoch, dafs sie mehr eine
histologische Sonderung ist, was wenigstens für die in Sehnen enthaltenen
Knochen vieler Fische deutlich ist, und auch für die Knochen der Extremitäten.
In höheren Thieren nehmen freilich die Knochen des Stammes eine solche Lage
an, dafs sie fast eine innere Schicht für die Muskeln bilden, indessen sprechen
schon die Fortsätze für eine histologische Sonderung. Die Knochenbildung
scheint mir daher eine histologische Sonderung, die nur in der äufsern Form sich
an die primäre Sonderung anschliefst.

Dafs die Nerven mit Ausschlufs der Sinnesnerven sich durch histologische
Sonderung aus der Fleischschicht bilden, obgleich die letztern Hervorstülpungen
aus der Nervenröhre sind, wird wohl schon aus der
Ansicht unsrer Fig. 5.
Taf. III. anschaulich. Wüchsen sie, wie Serres glaubt, von der Peripherie
zum Centrum fort, um endlich das Rückenmark zu erreichen, so würde diese
Entwickelung gegen alle Analogie seyn. Wahrscheinlich treten sie in ihrer
ganzen Länge auf, wenn die histologische Sonderung weit genug vorgerückt ist,
um ihnen Daseyn zu geben. Dafs hierüber die Beobachtung selbst nicht ent-
scheiden läfst, ist schon in der Entwicklungsgeschichte des Hühnchens ausfuhr-

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lieh besprochen. Für das plastische Nervensystem ist die Bildung durch histolo-
gische Sondernng noch weniger zu bezweifeln.

Ich breche hier ab, weil ich nicht weifs, was sonst die histologische
Sonderung der Wirbelthiere auszeichnete, und schon die zuletzt angeführten Ver-
hältnisse sind ihnen nur in so fern eigenthümlich, als in andern Thieren das
ganze Nervensystem diesen Ursprung zu haben scheint, in den Wirbelthieren nur
der peripherische Theil.

Corollarium über den Bau und die Entwickelung der
Extremitäten der Wirbelthiere*

Es ist im Verlaufe der Betrachtungen dieses Scholions die Ausbildung der fl- Bau der
Extremitäten fast völlig unberücksichtigt geblieben, um die Rumpf- und Kopf- ten.
bildung der Wirbelthiere in ihrer ganzen Einfachheit aufzufassen. Das Schema,
das wir mit einer 8 verglichen haben, kann offenbar nur für die Bildung des
Leibes (mit Einschlufs des Kopfes) gelten, nicht für die Bildung der Glied-
maafsen. Die Entwickelungsnorm dieser letztem soll nun hier in einem beson-
dern Anhange ins Auge gefafst werden, da wir dieselbe später bei Vergleichung
der Hauptunterschiede in der Ausbildung der Thiere anwenden werden. Wir
müssen aber, um den Fortgang der Entwickelung zu erkennen, vorher einige
Blicke auf die allgemeinen Organisationsverhältnisse in den Extremitäten der
Wirbelthiere werfen.

Untersuchen wir den Typus, nach welchem diese Extremitäten gebildet
sind, so finden wir zuvörderst einen innern knöchernen Stamm, umgeben von
einer Lage Muskeln, die wieder von der Haut umhüllt werden und beide ver-
sehen mit Nerven und Blutgefafsen. Der knöcherne Stamm ist in mehrere Glieder
getheilt, und darnach gliedert sich die ganze Extremität. Diese ist aber entweder
ausgebildet, oder verkümmert, in welchem Falle sie ihre Aufgabe, der Orts-
bewegung des Thiers zu dienen, nicht erfüllt. Solche in der Entwickelung
verkümmerte Extremitäten sind z. B. die Extremitäten der Schlangen.

Wenden wir uns nun an die Form der ausgebildeten Extremitäten, und For^"d J^6
zwar zuvörderst nur der Extremitäten für den Rumpf, ohne Rücksicht auf ihre ben
ist zwei-
Nachbildungen im Kopfe, so finden wir in ihnen 2 oder 4 Hauptglieder. In den- gliedr,g-
jenigen Thieren nämlich, die, wie die Fische und Cetaceen, sich stets in einem
flüssigen Elemente aufhalten, welches die Last des Körpers trägt, sehen wir
innerhalb der Extremitäten nur
Ein wahres Gelenk, und zwar an der Stelle, wo

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die Extremität aus dem Umfange des Rumpfes hervortritt. Gelenke aber be-
stimmen die Gliederung des Leibes, denn nach ihnen formen sich die Muskeln.
Wenn
auch ein solches Glied aus mehreren trennbaren Knochen besteht, so hat
doch diese Trennung auf die übrige Organisation wenig Einflufs und scheint
ihren Grund mehr in einer nicht ganz aufgehobenen Analogie mit andern Formen
zu haben. Ich stehe daher nicht an, die Flosse der Cetaceen und der Fische für
Ein Hauptglied anzusehen, obgleich in der erstem sich Knochen finden, die un-
laugbar mit den Oberarm- und Unterarmknochen der Landthiere übereinstimmen,
in den Fischen aber Knochen, welchen diese Bedeutung zugeschrieben werden
kann, innerhalb der Flosse sich nicht finden, sondern jenseit des Gelenkes in
dem Theile, der mit dem Rumpfe verbunden ist. Das eine dicht an den Rumpf
angeschlossene und der äufsern Ansicht versteckte Glied nenne ich das Rumpf-
glied
oder Wurzelglied, das andere hervorragende, in Ermangelung eines bessern
Ausdruckes, das
Endglied. Das letztere ist immer bestimmt, unmittelbar auf
dasjenige Element der Aufsenwelt einzuwirken, auf oder in welchem das Thier
sich
bewegen soll. So hat es in dieser ersten Form der Extremität mehrere
Knochenreihen, die durch eine feste Haut zu einem breiten Ruder verbunden
sind, um gegen Wasser zu stofsen. In solcher Form heifst es
Flosse.

c Eine In denjenigen Wirbelthieren, die sich auf dem festen Boden bewegen

andre Form un(j w0 (]er yjeib getragen werden rnufs, um fortbewegt zu werden, treten noch
gliedrig. zwei Mittelglieder auf. Das Rumpfglied nämlich bleibt immer an den Rumpf an-
geschlossen, das Endglied liegt zum Theil oder ganz auf dem Boden, und die
Mittelglieder tragen das Rumpfglied und mit ihm den Rumpf.

d Endglied. Die Endglieder bestehen für die Bewegung auf festem Boden aus getrennten

Knochenreihen. In jeder Knochenreihe sind wieder untergeordnete Gelenke, so
dafs dieses Glied in mehrere Hebelreihen sich theilt. Oft wird nur ein kleiner
Theil dieser Hebel, die vordersten Glieder nämlich, auf den Boden aufgesetzt,
dennoch sind aufserdem jene zwei Mittelglieder da. Ein solches in Hebelreihen
getrenntes Glied heifst nun
Hand oder Fufs, je nachdem eine Hebelreihe der
andern entgegengesetzt werden kann, oderjnicht. — Für die Bewegung in der
Luft, welche zu dünn ist, um den Rumpf zu tragen, fehlen die Mittelglieder eben-
falls nicht, da der Stöfs gegen diese Flüssigkeit nicht blofs nach hinten, sondern
auch nach unten ausgeführt werden mufs. Getrennte Hebel finden aber nicht
gehörigen Widerstand. Für die Luft ist daher das Endglied wieder zu einer
Fläche ausgebildet, allein die Knochen sind verkümmert, entweder nur verdünnt
(Fledermäuse), oder zugleich verkürzt (Vögel), und die Haut mit oder ohne ein-

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gesetzte Theile (Federn) bildet die Fläche, welche immer zusammengelegt werden
kann. Ein solches Endglied nennen wir einen
Flügel.

Man wird, ohne dafs ich nöthig habe, weiter in den Bau des Endgliedes
einzugehen, zugeben, dafs der Bau desselben ganz besonders von der Beschaf-
fenheit des Elementes bedingt wird, auf welches es zu wirken hat, um eine Orts-
bewegung hervorzubringen, dafs seine Gestaltung also von der Aufsenwelt be-
dingt ist. Nur so viel wollen wir für die spätere Benutzung bemerken, dafs je
entschiedener die Beziehung ist, die das Endglied zu einem flüssigen Elemente
hat, um so mehr seine Spitze nach hinten
gerichtet ist. Man denke an die Flos-
sen der Fische, Cetaceen, die Flügel der Fledermäuse und Vögel, die Füfse der
Seehunde. Bei der Bestimmung, auf einen festen Boden zu wirken , ist die Spitze
der Extremität bei höherer Ausbildung nach vorn gerichtet 1), bei geringer Aus-
bildung, wenn der Leib wenig getragen wird, nach aufsen, wie mehr oder we-
niger in den Reptilien. Wegen der unmittelbaren Beziehung dieses Theiles zur
Aufsenwelt hätte ich ihm gern einen allgemeinen Namen gegeben, der dieses Ver-
hältnifs ausspräche, konnte aber keinen finden, der nicht durch seine Länge un-
anwendbar geworden wäre. Deswegen müssen wir bei dem Ausdrucke „,,
End-
glied "
stehen bleiben.

Das Endglied ist also überhaupt (wenn wir auf beide Hauptformen der Ex-
tremität Rücksicht nehmen), nach dem Einflüsse des Aufenthaltsortes, Flosse,
Flügel, Fufs oder Hand, und zerfällt in allen Formen wieder in untergeordnete
Theile, in eine Wurzel (Hand und Fufswurzel), eine Mitte (Mittelhand und Mittel-
fufs), und die Enden (Finger und Zehen). Diese untergeordneten Glieder sind bald
gar nicht durch Gelenke getrennt, also unentwickelt, bald
durch unvollständige
oder vollständige Gelenke gesondert.

Das Rumpfglied (Schulter und Becken), obgleich es mit dem Endgliede ^Rumpf-
nicht im Widerspruch stehen kann, scheint doch zunächst vom Bau des Leibes
abhängig. Zuvörderst wird seine Stelle durch den Leib bestimmt. Die gewöhn-
lichste Anlagerung ist die am Anfange und am Ende des Rumpfes, weshalb man
die Extremitäten Brust- und Bauchgliedmaafsen genannt hat. In den Fischen steht
aber das Paar der Bauchgliedmaafsen in der gröfsern Zahl von Arten vor oder un-
ter den Brustgliedmaafsen, und auch in den sogenannten Bauchflossern liegt es
doch stets vor dem hintern Ende der Rumpfhöhle, und nicht selten fehlt es ganz.

1  Die Richtung nach vorn konnte in unsrer Fig. 7. nicht dargestellt werden, da sie eine Durch-
schnittsfigur ist. Ich habe das Endglied deshalb grade nach unten gerichtet dargestellt, wie es
im gröfsten Theile seiner Länge in den Thieren steht, die ihren Leib hoch tragen.

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Vergleichen wir nun den Bau der Fische in Bezug auf Ortsbewegung mit dem Bau
der andern Wirbelthiere, so fällt uns als Hauptunterschied auf, dafs die Fische
sich
vorzüglich durch plötzliche Krümmung des hintern Theiles vom Körper fort-
bewegen. Darauf bezieht sich die fast allgemeine seitliche Applattung und die
Vergröfserung der Mittelebene durch Rückenflosse, Afterflosse und Schwanzflosse.
Bei dieser Bewegungsart ist daher der vordere Theil des Leibes der relativ feste
Punkt der Bewegung. In denjenigen Thieren also, in welchen der feste Punkt
der Bewegung an das vordere Ende des Leibes fällt, sind die Bauchgliedmaafsen
nicht am hintern Ende des Rumpfes, sondern weiter nach vorn gelagert. Dafs
dieses Verhältnifs in der That die Lagerung bestimmt, sieht man
daraus, dafs die
Bauchflossen im Allgemeinen weiter nach vorn liegen
i) in denjenigen Fischen,
deren Schwanz sehr lang, und 2) in denjenigen, die einen sehr grofsenKopf haben,
wo also der feste Punkt der Bewegung weit nach vorn liegt. Man kann nach die-
ser Ansicht mit ziemlicher Sicherheit die Stelle der Bauchflossen bestimmen, wenn
man die Form eines Fisches und die Stelle des Afters (zur Bezeichnung der Länge des
Schwanzes) auf eine Tafel zeichnet. Ist z. B. der Leib am höchsten in der Gegend
der
Brustflosse, so dafs bei der Krümmung des Leibes diese Gegend den relativ
festen Punkt abgiebt, so liegt die Bauchflosse grade unter der Brustflosse. Ist der
Kopf nicht sehr grofs, die Bauchhöhle aber nicht kurz, und der Leib von ziemlich
gleicher Höhe oder in der Mitte am höchsten, so liegt die Bauchflosse hinter der
Brustflosse. Auch auf die Anlagerung der Brustflosse hat der feste Punkt der Be-
wegung Einflufs; denn, lassen wir zuvörderst diejenigen Knorpelfische unberück-
sichtigt, welchen eine besondere Entwickelung des Halses zukommt, wodurch
die
Brustflossen vom Kopfe entfernt werden, so finden wir das Wurzelglied der
Brustflosse um so inniger mit dem Kopfe verbunden, je gröfser dieser ist. Ist er
klein, wie im Aal, und der Leib dabei lang, so steht das Wurzelglied der Brust-
flosse bedeutend nach hinten vom Kopfe ab. In der Gattung
Petromyzon fallt
der feste Punkt der Bewegung ganz nach vorn in die Mundöffnung selbst, da sie
sich mit dem Maule festzusaugen pflegt und den ganzen Leib auf diesem vorder-
sten Ende hin und her schwingt. Hier fehlt nun die Brustflosse ganz, was uns
daher zu rühren scheint, dafs sie das Bestreben hat, in das vorderste Ende zu
rücken und gleichsam in den Kiefern mit enthalten ist *).

Diefs mufste vorangeschickt werden, um bei der Bestimmung der allge-
meinen Form der Wurzelglieder in Anwendung zu kommen. Der knöcherne Theil
jedes Wurzelgliederpaares scheint mir ein Ring zu seyn, der (immer ohne Rück-
sicht

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sieht auf die Schildkröte) beide Hauptröhren des Leibes der Wirbelthiere, oder,
was damit zusammenhängt, beide knöcherne Ringe des Rumpfskelettes einschliefst.
Die
Fig. 7. auf Taf. III. soll dieses Verhältnifs versinnlichen, de, ed bilden zu-
sammen einen Ring, welcher beide Ringe des Rumpfskelettes umschliefst. Den-
ken wir zuvörderst nur an das Wurzelglied der Brustextremität, so werden wir
die Abbildung ohne Widerrede ganz entsprechend linden. Ein
oberes Schlufsstüci
(Schulterblatt) Fig. 7. d entspricht mit seinem obern Rande den Dornfortsätzen.
In den Knochenfischen heftet es sich unmittelbar an die Schädeldecke, d. h. an
die ausgebreiteten Dornfortsätze der Schädelwirbel an, in mehreren Rochen hef-
ten sich die obern Schlufsstücke der Wurzelglieder an die Dornfortsätze der Wir-
belsäule, ja in Torpedo sogar unter sich die Wirbelsäule einschliefsend. In den
Lungenthieren ist es zwar mit den Dornfortsätzen der Wirbel nicht verwachsen,
aber ihnen genähert, durch einen Muskel angeheftet und es bedeckt wenigstens
die obern Wirbelbogen, so dafs es verlängert die Dornfortsätze erreichen würde.
Es ist also nach oben der Ring nur nicht völlig geschlossen. Nach unten geht ein
anderes Schlufsstiick (Schlüsselbein), welches in der Regel doppelt ist, nicht
selten aber auch völlig fehlt und die Schlufslinie der untern Hauptröhre erreicht.

Die Muskeln, die dem Rumpfgliede der Extremität angehören, sind viel
weiter ausgedehnt, als der schmale Knochenring, und bilden eine Lage über den
Muskeln des Rumpfes. Muskeln und Knochen machen aber ursprünglich eine
indifferente Masse aus, und so weit ein Muskel reicht, so weit reicht (man erlaube
mir den Ausdruck) die Beziehung des Knochens. Gesetzt nun, dieselbe Grund-
gestalt, welche für die Brustextremität in die Augen springend ist, gälte auch für
die Bauchextremität, so würden die Rumpfglieder der Extremitäten eine dritte
wenn auch weniger vollständige Röhre bilden, welche die beiden Röhren der
Fleischschicht (die Rücken - und Bauchröhre) umgiebt.

Hier nun müssen wir den Einwand aufnehmen, dafs vielleicht die Bauch-
extremität der angenommenen Grundform gar nicht entspricht. Man betrachtet
häufig die Rumpfglieder (ja die ganze Extremität) nur als Wiederholung der Rip-
pen, in welchem Falle unsre oben ausgesprochene Ansicht ganz irrig wäre. Man
hat dabei wohl vorzüglich das Becken im Auge. Dieses umgiebt in der That in
den meisten Landthieren die Bauchhöhle unmittelbar und scheint daher in der Be-
deutung von verwachsenen Rippen zu stehen. Dazu kommt noch, dafs das Bek-
ken ziemlich oft nach oben gar nicht, oder nicht viel über die Queerfortsätze der
Beckenwirbel hervorragt. Der Schultertheil der vordem Extremität und dasBek-
ken der hintern Extremität sind aber unbezweifelt Modificationen derselben Grund-

Aa

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form. Wenn nun das Becken nur eine Wiederholung der Rippen ist, so müfste
diefs auch für die Schulter gelten.

Wir geben vor allen Dingen zu, dafs die Schulter oder der Knochengür-
tel des
Rumpfgliedes der vordem Extremität, und das Becken oder der Knochen-
gürtel des Rumpfgliedes der hintern Extremität nach derselben Grundgestalt ge-
bildet sind. Dieser Satz ist so allgemein anerkannt, dafs er keines Beweises be-
darf. Wir erinnern nur, wie übereinstimmend beide Theile in den kriechenden
Amphibien sind, und dafs sie ihre gröfste Verschiedenheit in den Fischen, in den
Vögeln und einigen Säugethieren zeigen.

Nun liegt aber die Schulter immer nach aufsen von den untern Knochen-
bogen des Rumpfes, nie innerhalb der Knochenröhre (wenn wir diese Knochen-
bogen nämlich durch die verbindende Knochenhaut als zusammenhängend uns
denken), das Becken nimmt zwar häufig Theil an dieser Röhre, aber doch nicht
immer. In den Fischen ist sehr häufig der obere Theil des Beckens gar nicht aus-
gebildet. Wo er sich findet, bedeckt er die Knochenringe des Rumpfes. Sose-
hen wir ihn in denjenigen Rochen und Haien, wo er länger ist, mit seinem obern
Ende sich über die Wirbelkörper erheben. In diesen Fischen sind freilich die
Pvippen wenig ausgebildet. In einigen Knochenfischen, wie in
Gasterosteus acu-
leatus
und Exocetus politans 1), sieht man ihn aber deutlich auf den Rippen auf-
liegen. Wir können daraus schliefsen, dafs, wenn er in höhern Thieren, wo seine
Stelle bestimmt am hintern Ende des Rumpfes ist, keine Rippen bedeckt, der
Grund darin liegt, dafs die Rippenbildung in allen Thieren, wie selbst die Fi-
sche zeigen, am hintern Ende des Rumpfes erlischt.

In den drei obern Thierklassen legt sich der Beckengürtel an einen Theil
der Wirbelsäule (die Beckenwirbel) an und, scheint dadurch wesentlich vom Schul-
tergürtel verschieden. Wenn wir nun glauben, dafs eine solche Anlagerang schon
eine Umbildung aus einer allgemeinem Grundform ist, der dieses Verhältnifs nicht
zukommt, so mufs nachgewiesen werden, wodurch sie begründet wird.

Ich glaube zwei Einflüsse zu erkennen, welche diese Anordnung bewir-
ken. Den ersten spricht der oben aufgefundene Satz aus, dafs
je mehr der feste
Punkt der Bewegung in die Gegend fällt, welche einer Extremität ihrem ursprüng-
lichen
Character nach angehört, um so mehr diese Extremität mit der Wirbelsäule
verbunden ist. In höhern Thieren fallt aber der feste Punkt der Bewegung in das
hintere Eude des Rumpfes. Das Bedingende dieses Verhältnisses ist} tief in der
Organisation begründet. Am auffallendsten scheint es mit der Bildung des Cen-

1  Wie ich, aufmerksam gemacht durch Meckel\'s vergleichende Anatomie, Bd. II. S. 308., sehe.

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traltheiles vom Nervensystem übereinzustimmen, denn wir finden, dafs je mehr
das Hirn das Rückenmark beherrscht, um so mehr im Allgemeinen der feste Punkt
der Bewegung in dem entgegengesetzten Ende des Rumpfes fixirt ist. Wird nun
aber aus irgend einem Grunde der feste Punkt der Bewegung in die Beckengegend
versetzt, so mufs nach unserm aufgefundenen Satze die dahin gehörige Extremi-
tät eine festere Anheftung gewinnen. In der That finden wir, dafs in den Am-
phibien, wo dieser feste Punkt weniger bestimmt am hintern Ende, überhaupt
weniger fixirt ist, die Anheftung nur lose bleibt. Man denke an Salamander,
Schildkröten, Chamäleonen und andre Eidechsen. In den springenden Fröschen
ist natürlich die Anheftung stärker. Am stärksten ist sie aber in den Vögeln, wo
im Alter nicht selten eine wirkliche Verwachsung ist.

Ein zweiter Grund für die Besonderheit der hintern Extremität scheint mir
darin zu liegen, dafs sie die hintere ist. Eine Verschiedenheit in Bezug auf die
Bewegung geht nämlich für beide Extremitäten schon aus den ihnen ursprünglich
zukommenden Stellen hervor, im Verhältnifs zu der Richtung der Bewegung.
Der Wille des Thiers richtet die Bewegung nach vorn, und vorn ist für das Thier
eben nichts als die Gegend, nach welcher sein Wille die Bewegung richtet. Nun
ist aber die eine Extremität vor dem Rumpfe, die andere hinter dem Rumpfe be-
festigt. Die vordere Extremität hat daher die Aufgabe, den Rumpf, den wir uns
als Last im Schwerpunkte concentrirt denken können, zu ziehen, oder in mehr
aufrechter Stellung, ihn zu heben, die hinter dem Schwerpunkt liegende, ihn
zu schieben und in aufrechter Stellung, (also auch im Sprunge) zu stützen und
zu tragen. Dafs beide Extremitäten in Beziehung auf den Schwerpunkt des Lei-
bes ein entgegengesetztes Verhältnifs haben, scheint schon dargestellt durch die
Lagerung der Wurzelglieder. Das vordere bildet einen Gürtel, der (mit Aus-
nahme der Fische)
schief von hinten nach vorn niedersleigt, das hintere steigt in
entgegengesetzter Richtung von vorn nach hinten nieder *). Aus diesem ursprüng-
lichen Unterschiede scheint es mir hervorzugehen, dafs die hintere Extremität,
wenn sie sich an das Rumpfskelet anlegt, ihre Anlagerung an dem Stamme der
Wirbelsäule, der Stütze des ganzen Leibes sucht. Nur dadurch kann sie selbst
wieder die Stütze des Leibes werden. Diese Anlagerung erfolgt aber nicht ganz
unmittelbar am Stamme, indem der Beckengürtel seiner ursprünglichen Form
nach nicht eine Entwickelurig aus dem Stamme der Wirbelsäule und noch weni-
ger aus dessen unterer Hälfte ist, sondern dadurch , dafs ihr der Stamm der Wir-

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belsäule in Form von Queerfortsätzen entgegenwächst, und diese Queerfortsätze
sind nicht wie die meisten Queerfortsätze höherer Thiere aus dem obern Bogen
kommend, sondern sie gehen ganz horizontal und unmittelbar von den Körpern
ab 1). \'

An die Queerfortsätze der hintersten Rumpfwirbel angelagert nimmt aller-
dings das Becken auch die Natur der Rippen an,
und zwar um so mehr, da die
ursprünglichen Rippen hier fehlen. Dafs aber die Beckenknochen auch dann
nicht
auf die Bedeutung der Rippen sich beschränken, sieht man l) daraus, dafs
die Muskeln, welche von den Beckenknochen zum Oberschenkel gehen, offenbar
den Muskeln entsprechen, die vom Schulterblatte zum Oberarm herabsteigen und
das Schulterblatt doch ein auf der Rippe aufliegender Theil ist; 2) daraus, dafs
die Beckenknochen meistens über die Queerfortsätze hervorragen. Am augen-
scheinlichsten ist dieses Hervorragen wohl an den Beckenknochen der Vögel. Ihr
oberer Rand erreicht die
Dornfortsätze der Beckenwirbel und ist oft mit ihnen
verwachsen. Es ist auch in den meisten Säugethieren und dem Menschen unver-
kennbar, wenn es auch weniger deutlich ist , dafs der Ring des Beckenknochens
über den untern Ring des Rumpfskelettes nach oben hinüber ragt.

Nach allem diesem glaube ich als allgemeines Resultat aussprechen zu dür-
fen: Die
Rumpf,glieder der Extremitäten bilden eine Hülle um beide Hauptröhren
des Rumpfes, welche in der Mitte des Rumpfes mehr oder weniger unterbrochen
ist, am vordem oder hintern Ende aber sich concentrirt. Jede Extremität ist um
so enger mit der Wirbelsäule verbunden, je mehr der feste Punkt der Bewegung
in der Gegend fixirt ist, wo die Extremität hingehört. Ist die Gegend, an welche
nach dem allgemeinen Typus eine Extremität sich lagern sollte, sehr beweglich,
so entwickelt sich die letztere gar nicht, oder rückt von dieser Stelle weg, der Gegend
des festen Punktes zu. Aus der Stellung im Ferhält rufs zum Rumpfe geht es
aber hervor, dafs die hintere Extremität die Aufgabe hat, den Rumpf zu schie-
ben und zu stützen, die vordere, ihn zu ziehen und zu heben 2). Deshalb liegt in
der erstem die Neigung an Queerfortsätze, in der letztern, sich an die der Bewe-

1  Was wir Queerfortsätze nennen, ist überhaupt wohl nicht immer dasselbe, was ich hier aber
nicht weiter verfolgen mag. Nur bitte ich, wo in diesem Buche von untern Bogen der Wirbel
in den Wirbelthieren die Rede ist, nicht alles, was Queerfortsatz heilst, darunter zu begreifen.
Die meisten Queerfortsätze höherer Thiere stehen zwischen Bauch- und Rückenröhre in der

Mitte.

2  Eben aus diesem Verhältnisse scheint es hervorzugehen, dafs die vordere Extremität mehr An-
lage entwickelt, auf Flüssigkeiten zu wirken. Sie ist gewöhnlich die stärkere Flosse und sie al-
lein wird zu einem Flügel, da ein Thier nicht durch die Luft gestofsen, aber wohl durch die-
selbe gezogen und gehoben werden kann.

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gung dienenden Dornfortsätze zu befestigen. Die erstere erhält durch diese Befe-
stigung zngleich eine Verwandtschaft mit den Rippen.

Ueber die Mittelglieder nur wenig! Sie sind doppelt, ein oberes (Oberarm ƒ.Mittelgr-
und Oberschenkel) und ein
unteres (Unterarm und Unterschenkel). Zwischen
beiden ist ein Gelenk (Ellenbogen und Knie), das ich
Mittelgelenh nenne. Das
Gelenk, welches das untere Mittelglied mit demEndgliede verbindet (Handgelenk
und Fufsgelenk), mag
Endgelenk heifsen. — Das obere Mittelglied wird immer
nur aus einem Knochen gebildet, das untere Mittelglied meistens aus zweien, so
dafs das Verhältnifs vom obern und untern Schlufsstücke des Wurzelgliedes sich
vielleicht in den Mittelgliedern wiederholt. Doch lassen wir das ganz dahin ge-
stellt seyn, und bemerken nur, dafs in der That im Allgemeinen von den beiden
Knochen in dem untern Mittelgliede in denjenigen Thieren der eine um so mehr
schwindet, je unvollständiger der untere Schlufs des Rumpfgliedes, besonders in
der Brustextremität in Hinsicht seiner Knochentheile ist. — Es kommt uns nur
darauf an, zu zeigen, dafs der Bau der Mittelglieder von den Rumpfgliedern und
den Endgliedern zugleich bedingt werde. Sind die Endglieder mit ihren Spitzen
nach aufsen gekehrt, so sind sie mit beiden Knochen des untern Mittelgliedes ein-
gelenkt. Können sie in der Lage bedeutend wechseln, so sind sie vorzüglich an
Einem Knochen eingelenkt, und dieser hat die Fähigkeit, sich um den andern zu
drehen, welcher enger mit dem obern Mittelgliede verbunden ist. Sind sie im-
mer nur vorwärts gerichtet, so bilden sie nur mit einem Knochen das Endgelenk,
der andre ist entweder nicht entwickelt, oder liegt nur am Gelenke an. Wenn
nun aber die Richtung des Endgliedes von dem Elemente bedingt wird, auf wel-
ches es wirken soll, so scheint hiernach wieder das Endglied bestimmend auf die
Bildung des Mittelgliedes, besonders des untern Mittelgliedes einzuwirken. —
Der Einflufs des Rumpfgliedes scheint mir auch offenbar. Im Allgemeinen ist die
Richtung des obern Mittelgliedes der Richtung des Rumpfgliedes (in seinem Kno-
chentheile betrachtet) entgegengesetzt, und zwar scheint es, dafs je mehr das vor-
dere Rumpfglied von hinten nach vorn gerichtet ist, um so mehr sein oberes Mit-
telglied die Richtung von vorn nach hinten hat, und je mehr das hintere Wurzel-
glied von vorn nach hinten steigt, um so mehr sein oberes Mittelglied von hinten
nach Vorn herabsteigt, als wollten die obern Mittelglieder sich dem Schwerpunkte
nähern, nachdem die Wurzelglieder sich mit ihren untern Enden von demselben
abgekehrt haben. Dadurch werden die Mittelgelenke mit ihren Streckseiten ein-
ander zugekehrt, wie die weiter unten eingedruckte Figur anschaulich macht.
Wo die Wurzelglieder mehr senkrecht herabsteigen, ist das Miltelgelenk mehr
nach aufsen gerichtet, wie besonders die Amphibien zeigen, deren tief herabhän-

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gender Leib vom auswärts stehenden Ellenbogen und Knie abzuhängen scheint 1).
Die
Verschiedenheit in der Richtung der Mittelgelenke und ihre Uebereinstimmung
mit den
Wurzelgliedern ist recht auffallend im Frosche. — Das untere Mittel-
glied hat eine dem obern Mittelgliede entgegengesetzte Richtung. Die Folge (oder
vielleicht der Grund) davon ist, dafs das Endgelenk unter dem Wurzelgelenke
steht, das Mittelgelenk mag nach aufsen gerichtet seyn, oder nach dem Schwer-
punkte zu, d. h. in der vordem Extremität nach hinten, in der hintern nach vorn.
In den Endgelenken erscheint eine wesentliche Verschiedenheit, und eben daraus
wird es klar, dafs die Richtung des Endgliedes nicht von den übrigen Gliedern
der Extremität bedingt wird, sondern von dem Verhältnisse zur Aufsenwelt.
Wäre nämlich ein einfacher Gegensatz in den Endgliedern, wie in den übrigen,
so müfsten sie mit ihren Spitzen einander um so mehr zugekehrt
seyn, je mehr
die Mittelgelenke einander zugekehrt sind, in solchen Thieren also, die den Leib
am besten tragen. In diesen aber sind am entschiedensten beide Endglieder nach
vorn gerichtet, um auf den Boden zur Bewegung nach vorn zu wirken. Wären
hier die
vordem Endglieder den hintern entgegengesetzt gebaut, so würden sie
den Rumpf durch ihre Bewegung nach hinten schieben. Das hintere Endgelenk
ist um so mehr ein Gewerbgelenk mit der Streckseite nach hinten, je mehr die
Streckseite des Knies nach vorn gerichtet ist, weil das Endglied dadurch die ent-
gegengesetzte Richtung vom untern Mittelgliede erhält. In so fern das Handgelenk
der Gegensatz des Fufsgelenkes ist, hat es seine Beugeseite nach hinten. In der
That können die Säugethiere,
mit viergliedrigen Extremitäten das vordere End-
glied nach hinten beugen und in der Ruhe hat es meistens diese Stellung. Da aber
beim Gehen das vordere Endglied nach vorn gerichtet werden rnufs, so hat es auch
nach vorn eine Beugeseite, und das Gelenk bildet sich also aus einem ächten Ge-
werbgelenke in eine besondere Form von Gelenken um. Diese Umbildung ist um
so entschiedener, je weniger selbstständig die Mittelhand ist. Ist nämlich die
Mittelhand sehr lang (Hufthiere), so steht die Mittelhand beim Gehen gerade und

1  In den Amphibien sind die Mittelgelenke nach aufsen gerichtet, wie in unserer Abbildung 7.
Oberes und unteres Mittelgelenk bilden auch dann einen Gegensatz, aber innerhalb einer Ebe-
ne, welche die Mittelebene des Leibes in einen grofsen Winkel schneidet. Es beruht auf Grün-
den der Mechanik, dafs in dieser Stellung die Kraft der Muskeln weniger kräftig auf das Tra-
gen des Rumpfes wirkt, die Amphibien schleppen daher ihren tief herabhängenden Leib.
Diese Form ist, wie die Entwickelungsgeschichte lehrt, die ursprüngliche für die viergliedrigen
Extremitäten, aber auch Folge von einer umgekehrten Stellung der Endglieder, wenn sich diese
in Flossen umwandeln, so im Knie der Seehunde. Die andere Form, wo die Mittelgelenke
einander zugekehrt sind, ist die höhere Ausbildung, wodurch der Rumpf mehr unmittelbar
unterstützt und vom Boden erhohen wird. Die Ebene, in welcher oberes und unteres Mittel-
glied liegen, ist hier mit der Mittelebene des Leibes mehr oder weniger parallel.

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das Handgelenk hat noch eine ziemlich entschiedene Streckseite nach vorn. Je
kürzer aber die Mittelhand (Plantigraden), um desto mehr nimmt sie Theil an der
Richtung der Finger, und das Gelenk ist zwar in Hinsicht auf seine cylindrische
Gelenkfläche ein Gewerbgelenk, hat aber keine entschiedene Streckseite und
bildet dadurch einen Uebergang zu dem freien Gelenke; kommt noch die Fähig-
keit der seitlichen Drehung hinzu, die sich mehr oder weniger bei diesem Gelenke
einfindet, so wird der Character des freien Gelenkes vollständig.

Um es anschaulicher zu machen, wie die Aufsenwelt die Richtung des
Endgliedes bestimmt, der Bau des Wurzelgliedes mehr vom Rumpfe abhängt,
beide gemeinschaftlich aber die Form der zwischenliegenden Gelenke und damit
auch die Lage der Mittelglieder bestimmen, füge ich hier eine aus blofsen Linien
zusammengesetzte Abbildung bei, die den Typus der Extremitäten eines auf
festen Boden gehenden und den Leib tragenden Thieres darstellt.

x ß stellt den Stamm der Wirbelsäule vor.

A, a die der Schlufslinie des Rückens zugekehrten Enden der Rumpfglieder.

B, b die der Schlufslinie des Bauches zugekehrten Enden der Rumpfglieder.
AB, ab die Rumpfglieder.

C, c das Wurzelgelenk.

C D, c d die oberen Mittelglieder.

D, d die Mittelgelenke.

DE, d e die unteren Mittelglieder.

E, e die Endgelenke.

F, ƒ die Spitzen der Endglieder.
E F, e f die Endglieder.

Ich habe hier den Bau der Extremitäten der Wirbelthiere beleuchten g. Kiefern,
müssen, um später eine Yergleichung derselben mit den Extremitäten der ge-
gliederten Thiere anstellen zu können, weil diese Yergleichung zu der Einsicht

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in das Verhältnifs zwischen Wirbelthieren und gegliederten Thieren wesentlich
gehört. Die Theorie der Kieferbildung würde uns mehr fern liegen, wenn sie
nicht auf die Ansicht von der Bildung der Extremitäten zurückwirkte. Dafs
nämlich Kiefern und Extremitäten Modificationen eines Grundtypus sind, ist
augenscheinlich, und es dürfte wohl jetzt nach Oken von den meisten Natur-
forschern anerkannt seyn, welche nicht überhaupt die Grundlage eines allge-
meinen Typus, aus welchem die Mannigfaltigkeit des Baues entwickelt
ist,
läugnen. Die Kiefern aber nähern sich so sehr der Natur der Rippen, dafs man
von ihnen einen Grund hernehmen kann, auch die Extremität des Rumpfes für
verstärkte Rippen anzusehen. Ich erlaube mir daher noch einige Bemerkungen
Über die Kiefern.

Wir haben schon oben für die Extremitäten des Rumpfes erkannt, dafs
ihre Wurzelglieder sich der Natur der Rippen nähern können, dafs in den Fällen,
wo die Extremität sich an die Wirbelsäule anlegt, sie zugleich die Natur der
Rippen mit ihrer innern Fläche annimmt, mit der äufsern aber dem ursprüng-
lichen Verhältnisse, einen äufsern Bogen zu bilden, treu bleibt, dafs aber nur
die eine Extremität dieses Doppelverhältnifs erreicht, weil sie,»ihrer Beziehung
zu der Last des Rumpfes gemäfs, eine festere Anheftung sucht. Dasselbe können
wir auf die Kiefern anwenden. Sie haben nicht das Kopfskelet zu tragen, sollen
aber die Nahrung fassen, halten und zerdrücken. Dieses geschieht, indem sie
sich gegen einander bewegen. Das Zerdrücken wird aber am vollkommensten
erreicht, wenn das eine Paar dieser Gliedmaafsen mit dem Kopfskelette ver-
wachsen ist, um eine feste Unterlage dem Drucke des andern Paares entgegen-
zustellen. Das finden wir nun in der That, denn die vordem Kiefern sind ge-
wöhnlich mit dem Schädel verwachsen. Wir haben also auch am Kopfe ein
Kiefern-Paar, welches in der Regel verwachsen ist (mit Ausnahme nämlich der
niedern Wirbelthiere), während das andere beweglich bleibt, wie wir am
Rumpfe (wieder mit Ausnahme der niedern Wirbelthiere) ein verwachsenes und
ein freies Extremitäten-Paar fanden. Dafs im Kopfe das vordere Paar der Glied-
maafsen verwächst, im Rumpfe das hintere Paar, hebt die Analogie nicht auf,
sondern bestätigt sie, denn wir finden zuvörderst darin die Wiederholung der
Uebereinstimmung der beiden Enden des Leibes, wie sie schon die an beiden
Enden sich zuspitzende Wirbelsäule und manches andre Verhältnifs zu erkennen
giebt. Hier ist aber insbesondere nicht zu übersehen, dafs vermöge der Hirn-
bildung der Schädel nach vorn stärker entwickelt ist, als nach hinten, und er
also vorn mehr Fähigkeit hat, als hinten, den festen Punkt für die Kiefer-
bewegung abzugeben, daher mit ihm der vordere Kiefer aus demselben Grunde

ver-

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verwächst, der am Rumpfe die hintere Extremität zur Verwachsung bestimmt.
In der That finden wir in denjenigen Thieren, wo der vordere Theil des Hirnes
besonders stark entwickelt ist, in den Säugethieren, die vorderen Kiefer inniger
verwachsen, als in andern Thierklassen, wo sie mehr oder weniger beweglich
sind. Es ist daher auch ganz übereinstimmend mit dem für die Bauchextremität
Gefundenen, wenn die Oberkiefer zugleich die untern Wirbelbogen des Kopfes
wiederholen. Die Seitenwände der Nasenhöhle haben offenbar Uebereinstimmung
mit den Gaumenbogen und diese mit den absteigenden Flügeln des Keilbeines,
sie alle sind Wände einer plastischen Höhle, und gewifs die untern Bogen der
Schädelwirbel, was am Keilbeine besonders deutlich ist. Die Zahnränder des
Oberkiefers, die über den Schlufs jener untern Bogen der Schädelwirbel hinaus-
ragen, haben aber offenbar eine andere Bedeutung, eben so das äufsere Blatt des
Oberkiefers höherer Thiere. Die Kieferhöhle der Säugethiere scheint mir nichts
als eine Lücke zwischen dem Theile des Oberkiefers, der ursprünglich die Be-
deutung der untern Bogen der Schädelwirbel hat, und dem Theile, der in der
Bedeutung der Extremitäten steht.

Hiermit haben wir angedeutet, dafs im Oberkiefer der höheren Thiere
eine zweifache Grundbeziehung vereint ist, wie im Becken der höheren Wirbel-
thiere. Um zu zeigen, wie dieses Verhältnifs sich allmählig ausbildet, schlagen
wir einen andern Weg ein.

Wenden wir uns an diejenigen Wirbelthiere, die dem Grundtypus am
nächsten stehen, die Fische also, so finden wir in ihnen die Kiefern sehr ver-
schieden gebildet. In vielen sind beide Kiefern vorstreckbar, keiner also ist an-
gewachsen, wie denn auch die Fische diejenigen Thiere sind, in welchen das
Becken gar nicht mit der Wirbelsäule unmittelbar verbunden ist. In den Ex-
tremitäten erkannten wir zwei Hauptformen, solche, welche den Leib nicht zu
tragen haben, und solche, die ihn tragen. Die ersteren wirken einfach durch
Stöfs auf das Element, in welchem sie den Leib fortbewegen, und das hintere
Ende der Wirbelsäule nimmt dann immer an der Fortbewegung Antheil, die
letztern sind die einzigen, welche (wenn auch nicht in allen Formen) Gegenstände
der Aufsenwelt fassen und gegen den Leib bewegen können. Die ersteren sind
zweigliedrig, die andern viergliedrig. Die Kiefern zeigen uns auch 2 Haupt-
formen. Entweder finden wir in dem ganzen Kiefergerüste nur ein Gelenk —
wie in den Säugethieren und einigen Amphibien, oder zwei Gelenke — wie in
allen den Formen, in denen ein an beiden Enden beweglicher Quadratknochen
ist, ja in seltenen Fällen, wie im Stör, sogar drei Gelenke. Das obere Gelenk
scheint aber den Inbegriff der hintern Kiefern nicht zu schliefsen. Ein Theil

Bb

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nämlich des Kopfgerüstes, den wir Schläfenschuppe nennen, scheint noch zum
Inbegriff der
Kopfextremitäten zu gehören, wie schon mehrfach von den Natur-
forschern
ausgesprochen ist. Dieser Deutung mufs man beistimmen, wenn man
bedenkt, wie die Schläfenschuppe oft zwar sich in das Schädelgerüste eindrängt,
allein meist mit Schuppennähten die Ränder der andern Knochen deckt, zu-
weilen auch von der Schädelhöhle ausgeschlossen ist,
ja in einigen Fällen, wie
in den normalen Schlangen, sogar ganz lose und beweglich an der Schädeldecke
anliegt. Ich linde nämlich keinen Grund, diesen ersten Knochen
im Kiefergerüste
der wahren Schlangen für das Warzenbein zu halten. Wie käme das Warzen-
bein zu einem Gelenke an seinem untern Ende? Dagegen ist es deutlich ein
Kopfschulterblatt, nach unten mit vollständigem Gelenke, nach oben ohne aus-
gebildetes Gelenk sich anfügend au die Gegend, wo die Dornfortsätze der Schädel-
wirbel sind. Auch die Entwickelungsgeschichte scheint nachzuweisen, dafs sich
in die Kopf bildung der höheren Thiere etwas an - und einfügt, was nicht
ursprünglich zu
den Schädelwirbeln gehört. Man sieht nämlich anfangs die
Wirbelabtheilung in der hintern Gegend des Schädels sehr deutlich. Nachher
wird
sie plötzlich undeutlich, als ob sich etwas Neugebildetes auflegte. — Wenn
man nun für das Kiefergerüste, und namentlich zuerst für den Hinterkiefer noch
einen Theil mitzählen darf, der meistens mit dem Schädel verbunden ist, so
haben wir folgende Hauptabschnitte für die Kieferbildung: zuvörderst ein
Wurzelglied, welches hier
ein Schädelglied ist, wie in den eigentlichen Ex-
tremitäten ein Rumpfglied; ferner ein Endglied, welches unmittelbar auf die
Beute wirkt. Zwischen beiden sind zuweilen zwei Mittelglieder, und in dieser
Form zeigt die Kieferbildung ganz die Bildung der Extremitäten. In den Kiefern
sind zwar die zwei Mittelglieder selten, viel häufiger ist nur ein auf beiden
Seiten bewegliches Mittelglied (in den meisten Fischen, allen Vögeln,
sehr vielen
Amphibien). Auch erkennt man noch in den Knochenfischen mit vorstreckbaren
Kiefern ein undeutliches Mittelgelenk zwischen dem Wurzelgelenke, welches
Schädel und Quadratknochen verbindet, und dem Endgelenke.

Wir finden also in den Kiefern dieselben Hauptabschnitte, wie in den
Extremitäten, und wenn in ihnen gewöhnlich nur Ein Mittelglied ist, so dürfte
dieses eben in dem Unterschiede zwischen Kopf - und Rumpfextremitäten be-
gründet seyn. Wie wir unter den wahren Extremitäten zweigliedrige und vier-
gliedrige fanden, so haben wir auch eine verschiedene Zahl der Gliederung in
den Kiefern gefunden, nämlich viergliedrige (der Stör), dreigliedrige und zwei-
gliedrige. Es scheint, dafs im zweiten Falle das untere Mittelglied im Endgliede
mit enthalten ist, daraufführt die Bildung des Endgelenkes, welches den Gelenk-

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köpf nach oben, die Pfanne nach unten hat, wie das Mittelgelenk der Extremi-
täten. In den zweigliedrigen Kiefern ist der Gelenkkopf bald am Endgliede (in
den
Säugethieren), bald im Wurzelgliede (Chelonier, Batrachier, Crocodille),
so dafs uns im ersten Falle das Mittelglied vom Endgliede, im letzten vom
Wurzelgliede aufgenommen scheint. Ganz eben so finden wir in den zwei-
gliedrigen Extremitäten des Rumpfes die Mittelglieder bald vom Wurzelgliede
(Fische), bald vom Endgliede (Cetaceen) aufgenommen.

Hiermit dürfte wohl die Uebereinstimmung des Hinterkiefers mit den Ex-
tremitäten deutlich gemacht seyn. Viel kürzer ist der Beweis zu führen, dafs der
Unterkiefer die untern Bogen der Kopfwirbel umgiebt. Das lehrt das Zungen-
beingerüste von den Fischen bis zu den Säugethieren herauf. Diesem Gerüste
kommen andre auch überdeckte Verlängerungen von oben entgegen. Am klar-
sten ist das Verhältnifs an den Schädeln der Cetaceen, hier sehen wir nämlich
hinter den untern Flügeln des Keilbeines eine ganz ähnliche untere ffügelförmige
Verlängerung des Hinterhauptbeines, welche offenbar die Reihe der untern
Bogen fortsetzt. In den Hufthieren erschemt dieser Fortsatz schmaler als soge-
nannter Griffelfortsatz des Hinterhauptes. In höheren Säugethieren haben wir
dagegen einen Griffelfortsatz am Felsenbein. Dafs überhaupt im hintern Theile
der Kopfwirbel die untern Bogen nicht vollständig sind, scheint mir daher zu
rühren, dafs, wie die Entwickelungsgeschichte lehrt, der Mund hier durch-
bricht , und man darf wohl annehmen, dafs,
je nachdem der Mund etwas weiter
nach hinten oder nach vorn durchbricht, der letzte oder der vorletzte Schädel-
wirbel mehr in seinem untern Bogen unentwickelt bleibt.

Endlich wäre noch der Beweis zu führen, dafs der Vorderkiefer mit dem
Hinterkiefer ursprünglich dasselbe Verhältnifs hat. Betrachten wir die Knorpel-
fische, so finden wir, dafs Vorder- und Hinterkiefer nur in ihren Endgliedern
getheilt sind, die Mittel - und Wurzelglieder völlig gemeinschaftlich haben. In
den Knochenfischen mit vorstreckbaren Kiefern löst sich das Mittelglied allmählig
in zwei Reihen einzelner Knochen auf; diese Trennung ist in den Fischen, deren
Kiefern nicht vorstreckbar sind und deren Oberkieferbeine gröfser zu seyn pflegen,
noch stärker; der Oberkiefer, der sich an den Schädel anlegt, verliert aber sein
eigenes Endgelenk, dagegen stellt er mit dem Mittelgliede (Quadratknochen)
durch den Jochbogen noch in Verbindung und ist von hier aus noch verschiebbar
(Vögel und viele Amphibien). Endlich legt sich der Jochbogen an das Schuppen-
bein an, so dafs es das Ansehn hat, das Wurzelglied sey für beide Kiefern immer
gemeinschaftlich. So glaube ich, wird der schwer zu deutende Jochbogen, am
besten verstanden, als gelenkloses Mittelglied des Vorderkiefers.

Bb 2

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Der Vorderkiefer löst sich also, je weiter wir in das Thierreich aufsteigen,
um so mehr vom Hinterkiefer ab und legt sich an die untern Bogen der vordem
Schädelwirbel an, drängt sich ein und nimmt Antheil an ihren morphologischen
Verhältnissen, wie das Becken an den Verhältnissen der Rippen Antheil nimmt.
h. Ent- Wenden wir nun diese morphologische Episode auf die Entwickelungs-

derExtrefni- geschichte der Extremitäten an, so bemerke ich zuvörderst, dafs ich dieselbe nur
täten. an den Landthieren kenne, also an den viergliedrigen Extremitäten. Sie scheint
im Anfange für alle sehr übereinstimmend, wie ich an Eidechsen, Vögeln,
Schaafen, Schweinen, Kaninchen, Hunden und am Menschen beobachtet habe.
Selbst der Flügel der Vögel ist in der ersten Bildung dem Fufse derselben und
dem Fufse der Eidechsen gleich. Zuerst zeigen sich schmale, in die Länge
gestellte Leisten, die auffallend lang sind und dadurch zu beurkunden scheinen,
dafs die Extremitäten ihrer ursprünglichen Idee nach dem ganzen Rumpfe ange-
hören ; die Verdickung des Rückenmarkes in der ganzen Länge des Rumpfes,
welche sich dann am vordem und am hintern Ende concentrirt, dürfte auch darauf
hindeuten. Diese Leisten liegen zuerst nur auf den Bauchplatten und dehnen sich
dann nach oben und nach unten aus. Es scheint hiernach, dafs die Gegend des
Wurzelgelenkes sich zuerst bildet und von hier aus die Bildung des Wurzelgliedes
sich nach oben und unten ausdehnt, woraus man später erkennt, dafs die Ex-
tremität nicht blofs den Bauchplatten angehört, sondern beiden Hauptröhren
gemeinschaftlich ist. Zugleich hebt sich aus der Gegend des Wurzelgelenkes eine
Erhabenheit hervor, und wir sehen also nach aufsen auch die übrigen Theile der
Extremität sich entwickeln. Die Vorragung krümmt sich etwas nach unten und
trennt sich in einen runden Stiel und eine flache Platte. Die Platte ist das End-
glied, der Stiel enthält beide Mittelglieder. Noch sind die Extremitäten gleich
und kein Gelenk ist deutlich. Dann bekommt der Stiel einen nach aufsen ge-
kehrten Winkel als Mittelgelenk. Hieraus ist ersichtlich, dafs die ursprüngliche
Form der Mittelgelenke, wie ich oben annahm, die ist, mit der Streckseite
nach aufsen gerichtet zu seyn. Wie nun beide Mittelgelenke ihre Individualität
ausbilden, zuerst das Endglied die Richtung der untern
Mittelglieder theilt und
auch die Endgelenke ihre Besonderheit erhalten, ist in der Entwickelungs-
geschichte des Hühnchens ausführlich erzählt, hier kam es nur darauf an, zu
zeigen, in welchem Verhältnifs die Entwickelung der Extremität zu dem Ent-
wickeln ngsschema des Rumpfes steht und dafs man sie nicht für eine blofse
Wiederholung der Bauchplatten ansehen darf.

Was ich von der Entwickelung des Ober - oder Vorderkiefers gesagt habe,
stimmt ganz mit der so eben entwickelten Ansicht, dafs es eine Extremität ist,

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welche sich an andre Kopftheile anlegt und mit ihnen verwächst. Dagegen
könnte man in der Entwicklungsgeschichte des Unterkiefers einen Beweis finden,
dafs er eine Rippe sey. Die Kiemenbogen sind nämlich getrennte Abschnitte der
Bauchplatten, und wenn in ihnen ohne weitere Veränderung Knochenbogen sich
entwickeln, so müfsten wir diese Rippen nennen. Nun habe ich gesagt, dafs
aus dem ersten Kiemenbogen der Unterkiefer sich bildet. Ich freue mich, schon
bei Ausarbeitung der Entwickelungsgeschichte bemerkt zu haben, dafs sich der
erste Kiemenbogen durch Auflagerung neuer Masse verdickt. Noch viel deut-
licher habe ich dies Verhältnifs später in Embryonen von Säugethieren gesehen,
wie ich in Meckel\'s
Archiv für Anatomie und Physiologie, Jahrgang 1828.
Heft 1. berichtet habe. Die Verdickung des ersten Kiemenbogens erfolgt also
nicht durch gleichmäfsige Ausdehnung nach allen Seiten, sondern durch Auf-
lagerung, d
.h. durch Vermehrung der Masse unter der Haut, wie man daraus
erkennt, dafs der Gefälsbogen ganz nach innen liegt. Es ist mithin auch hier der
Kiefer, obgleich vom ersten Kiemenbogen nicht getrennt, ein aufliegender Tlieil,
so wie sich auch sein Wurzelglied als aufliegender Theil am Schädel bildet.

Cor oll avium über eine consequentere Eintheilung und
Bearb eitung der ^Anatomie.

Die Entwickelungsgeschichte könnte uns veranlassen, eine consequentere
Bearbeitung der Anatomie einzuführen. Man pflegt seit Bichat\'s unsterblichen
Untersuchungen eine allgemeine Anatomie, oder die Lehre von den verschiedenen
Geweben, in neuerer Zeit Histologie genannt, von der Beschreibung der einzelnen
Theile zu sondern. In dem beschreibenden Theile läfst man aber Inbegriffe von
gleichartigen Theilen, die sogenannten organischen Systeme, und Inbegriffe von
ungleichartigen Theilen, die Apparate, aufeinanderfolgen. Diese Eintheilung
ist nicht consequent, denn jene Gleichartigkeit beruht nur in der Ueberein-
stimmung des innern Baues oder des Gewebes, und die Ungleichartigkeit in der
Ungleichartigkeit der Gestaltung. In ersterer Hinsicht glaubt man das Hirn nicht
von den Nerven trennen zu dürfen. Man ist aber auch darin nicht consequent,
denn das Herz, das im Gefäfssystem mit aulgeführt wird, hat ein anderes Gewebe,
als die Gefäfse. Man fafst diese wegen des innigen Zusammenhanges und der
gemeinschaftlichen Wirkung zusammen. Im Grunde ist also das Princip, dem
man folgt, vorzüglich biologisch. Aber auch darin ist man wieder unbeständig,
denn alle Theile der Hand wirken gemeinschaftlich, doch glaubt man die

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Knochen in Verbindung mit andern Knochen, und die Muskeln eben so in Ver-
bindung mit andern Muskeln abhandeln zu müssen. Man sieht aber leicht ein,
dafs man mit demselben Rechte die Muskeln des Magens besonders abhandeln
müfste,
was nur deswegen nicht geschieht, weil man sie nicht einzeln sondern
kann, und hiervon liegt der Grund nur darin, dafs der Magen der höheren \'
Thiere keine festen Theile enthält, wie der Magen der Krebse. Die Isolirung
der Muskeln in der Hand ist eben so nur eine Folge vom Daseyn der Knochen.

Die Botaniker sind durch die Natur selbst auf eine andre Scheidung ge-
kommen. Ihre Anatomie beschäftigt sich nur mit den histologischen Elementen
und die morphologische Kenntnifs der Organe der Pflanze wurde sonst unter dem
Namen der Terminologie bearbeitet. Diese sogenannte Terminologie oder die
Kenntnifs der äufsern Theile ist sich jetzt bewufst, dafs sie eine Organologie ist,
da alle Organe der Pflanze äufserlich getrennt sind.

In dieser Eintheilung ist offenbar mehr Consequenz. Sollte man ihr nicht
in der
Morphologie der Thiere folgen können und diese schärfer in eine Histologie
oder die Lehre von den organischen Elementen, und Organologie oder besondere
Morphologie, scheiden. Ursprünglich hat man alle Theile des Körpers, die eine
gewisse Besonderheit haben, Organe genannt und das Hirn wie das Herz für
Organe gehalten. Jetzt scheint man ihnen dieses Recht streitig machen zu wollen,
weil sie weniger zusammengesetzt sind, allein das Hirn hat seine Blutgefäfse und
das Herz seine Nerven so gut als der Magen. Die Botaniker halten einen Theib
der nur aus Zellgewebe besteht, nichts desto weniger für ein Organ, wenn er
gesondert da Hegt. — In den Thieren kann man jede besondere Modilication der
Fundamentalorgane für Organe ansehn, und wenn man ganz der Entwickelungs-
weise folgt, wird man in der Nervenschicht der Wirbelthiere zwei Organe er-
kennen, Hirn und Rückenmark, in der Fleischschicht Schädel und Gesicht,
Rücken und Bauchwand, so wie man einzelne Organe in der Schleimhautröhre
unterscheidet. Die Knochen, Muskeln und Blutgefäfse in ihnen sind die organi-
schen Elemente. Ob für den Vortrag eine solche Eintheilung die passendere wäre,
jst eine andre Frage. Für die Erkenntnifs des Baues scheint sie es offenbar.

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Scholion V.

Ueber das Verhältnifs der Formen, die das Individuum in den
verschiedenen Stufen seiner Entwickelung annimmt.

l.

Die herrschende Vorstellung, dafs der Embryo höherer Thiere die bleibenden
Formen der niederen Thiere durchlaufe.

Ueber das Verhältnifs der Formen, die der Embryo allmählig annimmt,
ist zwar schon im Verlaufe der Erzählung von der Entwickelungsweise des Hühn-
chens an den geeigneten Stellen gesprochen. Es scheint mir aber bei der Wichtig-
keit des Gegenstandes und dem Interesse, welches man ihm besonders in neuerer
Zeit geschenkt hat, passend und nothwendig, jenem Verhältnisse eine besondere
Untersuchung zu widmen, da es mir etwas anders darstellt, als es nach der
herrschenden Meinung seyn sollte.

Um bei der Entwicklung meiner Ansicht verständlich zu werden und das, in"

~ dividuelle

was ihr wesentlich ist, schärfer hervorheben zu können, sey es erlaubt, zu- Entwicke-
vörderst die jetzt herrschende Vorstellungsweise von den Bildungsstufen des R^he^der^

Embryo zu beleuchten. Thierformen

Wenige Darstellungen von Verhältnissen in der organischen Welt haben so entsprechen,
viel Beifall gefunden, als die: dafs die höheren Thierformen in den einzelnen
Stufen der Entwickelung des Individuums vom ersten Entstehen an bis zur erlangten
Ausbildung den bleibenden Formen in der Thierreihe entsprechen, und dafs die
Entwiclcelung der einzelnen Thiere nach denselben Gesetzen, wie die der ganzen
Thierreihe, erfolge, das höher organisirte Thier also in seiner individuellen Aus-
bildung dem/Wesentlichen nach die unter ihm stehenden, bleibenden Stufen durch-
läuft , so dafs die periodischen Verschiedenheiten des Individuums sich auf die
Verschiedenheiten cler bleibenden Thierformen zurückführen
lassen.

Diese Idee, lebendig geworden zu einer Zeit, wo aufser von Malpighi
und
W olff noch keine zusammenhängenden Untersuchungen über die frühern
Perioden der Entwickelungseeschichte irgend eines Thiers angestellt waren
und

O o o o

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vorzüglich durchgeführt von einem Manne, der über die Entwicklungsgeschichte
der höheren
Organismen wohl die meiste Kenntnifs besafs, konnte nicht umhin,
grofse
Theilnahme zu erregen, da sie von einer Menge specieller Beweise unter-
stützt wurde. Sie gewann noch mehr Gewicht, da sie sich fruchtbar erwies,
indem eine Reihe Mifsbildungen verständlich wurden, wenn man sie als Folge
eines partiellen Stehenbleibens der Entwickelung auf früheren
Bildungsstufen be-
trachtete. — Kein Wunder also, dafs sie
mit Wärme aufgenommen und schärfer
durchgeführt wurde.

b, Folge- Einige Vertheidiger wurden so eifrig, dafs sie nicht mehr von Aehnlich-

malhierauf keit, sondern von völliger Gleichheit sprachen, und thaten, als ob die Ueber-
gebaut hat. ejnstimmung überall und in jeder Einzelnheit nachgewiesen wäre. Noch kürzlich
lasen wir in einer Schrift über den Blutlauf des Embiyo, nicht Eine Thierform
lasse der Embryo des Menschen aus. Man lernte allmählig die verschiedenen
Thierformeu als aus einander entwickelt sich denken — und schien dann, von
einigen Seiten wenigstens, vergessen zu wollen, dafs diese Metamorphose nur
eine Vorstellungsart sey. Unterstützt durch die Erfahrung, dafs in den ältern
Schichten des Erdkörpers keine Reste von Wirbelthieren vorkommen, glaubte
man erweisen zu können, dafs eine solche Umwandlung der verschiedenen Thier-
formen wirklich historisch begründet sey, und erzählte endlich ganz ernsthaft
und im Einzelnen, wie sie aus einander entstanden wären. Nichts war leichter.
Ein Fisch, der ans Land schwimmt, möchte dort gern spazieren gehn, wozu
er
seine Flossen nicht gebrauchen kann. Sie verschrumpfen in der Breite aus
Mangel an Uebung und wachsen dagegen in die Länge. Das geht über auf Kinder
und Enkel einige Jahrtausende hindurch. Da ist es dann kein Wunder, dafs aus
den Flossen zuletzt Füfse werden. Noch natürlicher ist es, dafs der Fisch auf
der Wiese, da er kein Wasser findet, nach Luft schnappt. Dadurch treibt er
endlich in einer eben so langen Frist Lungen hervor, wozu nur erfordert wird,
dals einige Generationen sich unterdessen ohne Athmung behelfen. — Der lange
Hals der Reiher rührt daher, dafs ihre Stammeltern diesen Theil oft ausstreckten,
um Fische zu fangen. Die Jungen bekamen nun schon etwas ausgezogene Hälse
mit auf die Welt, und cultivirten dieselbe Unart, die ihren Nachkommen noch
längere Hälse gab, woraus denn zu hoffen ist, dafs, wenn die Erde nur recht alt
wird, der Hals der Reiher gar nicht mehr zu messen seyn werde. ~ Eine un-
vermeidliche Folge jener als Naturgesetz betrachteten Vorstellungsweise war die,
dafs eine früher herrschende, seitdem ziemlich allgemein als unbegründet be-
trachtete Ansicht von der einreihigen Stufenfolge der verschiedenen Thierformen
allmählig wieder festern Fufs gewann, und wenn auch oft nicht deutlich aus-

ge-

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gesprochen, ja selbst ohne Bewufstsejn der Forscher bei Urtheilen über thierische
Formen in
Anwendung kam. Auch mufs man gestehen, dafs, wenn jenes Natur-
gesetz angenommen wurde, die Consequenz ebenfalls die Aufnahme dieser Ansicht
forderte. Man hatte dann nur
Einen Weg der Metamorphose, den der fernem
Ausbildung, entweder erreicht in Einem Individuum
(die individuelle Meta-
morphose),
oder durch die verschiedenen Thierformen (die Metamorphose des
Thierreiches)
, und die Krankheit durfte man geradezu eine rück schreitende Meta-
morphose
nennen, weil eine einreihige Metamorphose wie eine Eisenbahn nur
vorwärts oder rückwärts gehen läfst, nicht zur Seite.

Von solchen, einer unbefangenen Untersuchung und genauem Kenntnifs
widersprechenden Anwendungen hielten sich zwar die Besonnenem und vor allen
Dingen derjenige Yertheidiger des Gesetzes frei, durch dessen Namen es am
meisten Ansehen erhielt, aber man darf nicht läugnen, dafs sie folgerecht aus
dem Gesetze hervorgingen und dafs schon dadurch Mifstrauen erregt werden
mufste *). Allein die Angriffe der Widersacher waren zum Theil nur auf die

*) Es schien hier nicht passend , irgend eine bestimmte Darstellung dieser Theorie wieder zu
geben , um dann ihre Widerlegung zu versuchen. Da sich ein gewisser Widerspruch in der
Natur bemerklich genug machte, so sind die Ausführungen durch verschiedene Männer sehr
verschieden ausgefallen. Immer waren diejenigen, denen am meisten specielle Kenntnisse
zu Gebote standen, vorsichtiger und unbestimmter, während diejenigen, die ihnen folgten,
viel bestimmter auftraten. Mir scheint die ganze Lehre mehr eine Entwickelungsstufe der
Naturwissenschaft, als das Eigenthum eines einzelnen Mannes. Man erkannte den ver-
schiedenen Grad der Ausbildung in den verschiedenen Thierformen. Man lernte einsehen,
dafs diese Thierformen als Modificationen von einander zu betrachten sind. Es war natürlich,
ja nothwendig, dafs man nun versuchte, die
einfachste Form dieser Modificationen durch-
zuführen , die der unmittelbaren Entwickelung aller Formen aus einer. Diese Entwickelung
nun als historisch begründet anzunehmen, ist nur als ein kleiner Schritt weiter zu betrachten,
zu welchem die Consequenz führen mufste. Eine Vergleichung mit der individuellen Ent-
wickelung gehörte dann nothwendig in denselben Ideenkreis, und es ist auf jeden Fall ein
Verdienst, den Versuch zumachen, wieweit sich die Kenntnifs der Entwickelungsgeschichte
in denselben einführen läfst.

[n der Ueberzeugung, dafs die ganze Ansicht in ihrem vollen Umfange eine not-
wendige Durchgangsbildung unserer naturhistorischen Kenntnisse ist, schien es nicht noth-
wendig, in der oben gegebenen kurzen Darstellung genau chronologisch zu verfahren.
Manche der angedeuteten Versuche, die Thierklassen als aus einander entstanden darzu-
zustellen, sind alter, als die bedeutendem Versuche, die Entwickelungsstufen des Embryo auf
die Klassenverschiedenheiten zurückzuführen. Das weifs ich sehr wohl und ich erwarte in
dieser Hinsicht keine Vorwürfe. Ich wählte nur die kürzeste Darstellung. Der ganze Kreis
von Vorstellungen, die ich hier genauer zu bestimmen hoffe, indem ich auf den Unterschied
zwischen der höhern und niedern Stufe der Ausbildung des thierischen Körpers und dem
Typus der Organisation aufmerksam mache, greift so vielseitig in alle Untersuchungen ein,
dafs man in einer überaus grofsen Zahl von Werken auf ihn stöfst, weshalb es ganz unwesent-
lich ist j eine einzelne herauszuheben,

Cc

-ocr page 230-

Uebertreibungen gerichtet, zum Theil schwach, da sie nicht auf eigene und sorg-
faltig an der Ausbildung derselben Thierform gemachte Beobachtungen sich stützen
konnten. Einzelne Ausnahmen mufsten auch nun wenig Gewicht haben, ohne
Einsetzung einer andern durchgreifenden Lehre. Da die allmählige Hervorbil-
dung des Embryo aus einer zarten homogenen Blasse zu gewaltig an die Leibes-
beschaffenheit der niedersten Thiere erinnerte, so mufsten alle Einwürfe als nur
gegen unbedeutende Kleinigkeiten verschwendet erscheinen, wenn man nicht,
diese UebereinStimmung anerkennend, noch ein anderes, verschiedenes Verhält-
nifs nachzuweisen vermochte.

Endlich mufste in neuester Zeit die Lehre von der Uebereinstimmung der
individuellen Metamorphose mit der denkbaren Metamorphose des ganzen Thier-
reiches ein besonderes Gewicht erhalten, als durch Rathke\'s glänzende Ent-
deckung Kiemenspalten in den Embryonen der Säugethiere und Vögel nachge-
wiesen und bald darauf sogar die Gefäfse dazu aufgefunden wurden.

§. 2.

Zweifel und Einwürfe,
a. Zweifel. Schon früh war meine Aufmerksamkeit auf das gegenseitige Verhältnifs

der bleibenden Thierformen gerichtet, und was mir dabei zuerst zur Evidenz
wurde, war, dai\'s dieses Verhältnifs auf keinen Fall als einreihige Fortbildung
betrachtet werden könne. Eine einreihige Fortbildung, wenn auch nur als logi-
scher Begriff, scheint aber für die bleibenden Thierformen ganz notliwendig,
wenn sie sich in der Entwickelung des Individuums wiederholen soll.

Ich lernte daher diese Lehre mit Mifstrauen betrachten, und hatte sie bei
Untersuchungen des Hühnchens im Auge, überzeugt, die fortgesetzte Beobachtung
der Entwickelung Einer Thierart müsse ein sichereres Urtheil geben, als eine
Menge einzelner, nicht zusammenhängender Vergleichungen. Da nun meine
Untersuchungen mich überzeugten, dai\'s der wesentliche Character des Wirbel-
thiers ungemein früh im Hühnchen auftritt und die ganze Entwickelungsgeschichte
beherrscht, so wählte ich bereits im Jahre 1823 meine Zweifel zum Gegenstande
eines akademischen Streitsatzes *). Indessen schien es passend, nicht früher öf-

Es kommt liier nur auf die Frage an, ob die Entwickelung eines Thiers im Wesentli-
chen darin begründet ist,
die Organisation bleibender Thierforiwen , die man als weniger ent-
wickelt betrachten kann , zu durchlaufen, oder mit andern Worten , ob die periodischen Ver-
schiedenheiten des Individuums und die Organisationsverschiedenheiten des ganzen Thierrei-
ches
auf einander zurückgeführt werden können. Hiermit hängt nothwendig die Frage zusam-
men , worin die Organisationsverscliiedenheiten des gesammten Thierreiches begründet sind.

*) Dissertatio defossilibus mammalium reliquiis, Regiomont 1823. 4an welche die thesis
angehängt ist: Legem a naturae scrutatorilus proclamatam „evolutionem, quam prima aetate

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fentlich von ihnen zu sprechen, als bis ich eine Reihe von Untersuchungen vorle-
gen würde. Auch war nieine Ueberzeugung in Bezug auf jenes Gesetz damals
mehr negirend. Jetzt glaube ich ein anderes an die Stelle setzen zu können, und
die erste Abhandlung dieser Sammlung giebt, wie ich glaube, eine passende Ge-
legenheit, dieses zu entwickeln.

Es wird nicht überflüssig seyn, vor allen Dingen einige Einwendungen
gegen die so eben besprochene Lehre anzuführen, die schon aus früheren Unter-
suchungen
von Embryonen sich machen liefsen und die dazu dienen mögen, in
denjenigen Lesern, welche ihr völlig zugethan sind, dem Zweifel Raum zu geben.
Es kommt dabei gar nicht auf eine Vollständigkeit an. Auch werde ich mich mit
kurzen Andeutungen begnügen.

Vor allen Dingen erregte es Bedenken in mir, dafs man fast nur die Ent-
wicklungsgeschichte der höchsten Formen kannte, die Entwickelung der Säuge-
thiere mit Inbegriff des Menschen und die der Vögel. Was nun in ihrem Embryo-
nen-Zustande vom bleibenden abwich, mufste wohl, wenn es irgend in der
Thierreihe eine Analogie fand, diese fast immer unter den niedern Thieren linden.

Dafs aber überhaupt zwischen dem Embrj onenzustande einzelner Thiere
und dem entwickelten Zustande anderer einige Uebereinstimmungen vorkommen,
scheint ganz nothwendig und nicht von Bedeutung. Sie können nicht fehlen, da
die Embryonen nicht aufserhalb der Sphäre der Thier weit liegen, und die Varia-
tionen, deren der thierische Leib fähig ist, doch durch eine innere Verknüpfung
und Wechselwirkung der einzelnen Organe für jede Form bestimmt werden , wo-
durch einzelne Wiederholungen nothwendig werden.

Um sich zu überzeugen, dafs ein solcher Zweifel nicht ganz ohne Gewicht
ist, denke man sich nur, die Vögel hätten ihre Entwicklungsgeschichte studirt,
und sie wären es, welche nun den Bau des ausgewachsenen Säugethiers und des
Menschen untersuchten. Würden nicht ihre physiologischen Lehrbücher Folgen-
des lehren können? „Jene vier-und zweibeinigen Thiere haben viele Embryo-
nenähnlichkeit, denn ihre Schädelknochen sind getrennt, sie haben keinen
Schnabel, wie wir in den fünf oder sechs ersten Tagen der Bebrütung; ihre Ex-
tremitäten sind ziemlich gleich unter sich, wie die unsrigen ungefähr eben so
lan^e; nicht eine einzige wahre Feder sitzt auf ihrem Leibe, sondern nur dünne
„Federschafte, so dafs wir schon im Neste weiter sind, als sie jemals kommen,
?ihre Knochen sind wenig spröde und enthalten, wie die unsrigen in der Jugend

auodque subit animal, evolutioni, quam in animalium serie observandam putant, respondere"
a natura alienam esse corttendo.

Cc 2

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gar keine Luft; überhaupt fehlen ihnen die Luftsäcke und die Lungen sind nicht
angewachsen, wie die unsrigen in frühester Zeit; ein Kropf fehlt ihnen ganz;
Vormagen und Muskelmagen sind mehr oder weniger in Einen Sack verflossen;
lauter Verhältnisse, die bei uns rasch vorübergehen, und die Nägel sind bei den
" meisten so ungeschickt breit, wie bei uns vor dem Auskriechen; an der Fähig-
keit zu fliegen haben allein die Fledermäuse, die die vollkommensten scheinen,
\'„ Theil, die übrigen nicht. Und diese Säugethiere, die so lange nach der Ge-
burt ihr Futter nicht selbst suchen können, nie sich frei vom Erdboden erheben,
„ wollen höher organisirt sejn, als wir ? "
b. Einwürfe. Soll es ein Naturgesetz seyn, dafs die Entwicklung des Individuums darin

besteht, bleibende Thierformen niederer Ausbildung zu durchlaufen, so müfsten:

1) in Embryonen keine Verhältnisse vorkommen, die nicht wenigstens
in einzelnen Thieren bleibend sind. Es giebt aber kein Thier, welches seinen
Nahrungsstolf mit sich herumtrüge, wie der Embryo den Dotter. Kein Thier
hat einen heraushängenden Darmtheil, wie der Dottersack ist. Aus der Entwik-
kelungsgeschichte der Vögel und einiger Säugethiere (besonders der Raubthiere),
wo dieser Dottersack sehr lange besteht, zu einer Zeit besteht, wo alle Verhält-
nisse des Vogel - und Säugthierleibes entweder die Ausbildung erreicht haben oder
ihr nahe sind, sollte man aber schliefsen, dafs es recht viele solcheThiere gäbe. —
In den Säugethieren treten unter allen Zähnen die Schneidezähne zuerst hervor.
Kein Thier dagegen hat ein bleibendes Gebifs, welches blofs Vorderzähne ent-
hielte.

2) So wie aber die Verhältnisse des Embryo in ihm Formen erzeugen,
welche in keinem erwachsenen Thiere vorkommen, wie der heraushängende Darm-
sack,
eben so machen sie es ihm unmöglich, manche grofseThiergruppen zu wie-
derholen. Alle Embryonen sind von Flüssigkeit umgeben, vermögen also nicht
unmittelbar Luft zu athmen. So kann schon der wesentliche Character der In-
secten, die lebhafte Beziehung zur Luft, sich nie in ihnen wiederholen. Des-
halb können auch die Säugthier-Embryonen nie den ausgebildeten Vögeln glei-
chen.

3) Es müfste ferner der Embryo höherer Thiere auf jeder Bildungsstufe
nicht mit einer Einzelheit einer bleibenden Thierform übereinstimmen, sondern
mit seiner Gesammtheit, auch wenn die eigentümlichen Verhältnisse des Embryo
gewisse Uebereinstimmungen ausschliefsen. Wollte man nämlich auch einräu-
men, dafs dem Embryo, als solchem, gewisse Verhältnisse eigentümlich und
bleibend seyn müssen, dafs er z. B. nur, weil er als Embryo vom mütterlichen
Körper Nahrungsstoff mitnehmen mufs, einen heraushängenden Dottersack habe,

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und in dieser Hinsicht mit bleibenden Thierformen nicht übereinstimmen könne,
so müfsten dennoch diejenigen Verhältnisse, deren Uebereinstimmung bald hier
bald da vorkommt, gemeinschaftlich seyn. Das ist aber nicht der Fall. Wenn
ich etwa dem Embryo, so lange beide Herzkammern noch nicht geschieden und
die Finger noch nicht von einander gesondert sind, die Organisation
eines Fisches
zuschreiben wollte, so finde ich doch keinen zusammengedrückten Schwanz und
tausend andre Dinge nicht, die allen Fischen schon sehr früh zukommen. Eben
so ist es, wenn ich irgend eine bleibende Thierform nehme und sie mit dem Em-
bryo einer höhern Form vergleiche. Man sagt, die Cetaceen hätten Fötusähnlich-
keit (d.
h. Aehnlichkeit mit Embryonen höherer Säugthierformen), weil ihre Ho-
den in der Bauchhöhle sind, weil einige von ihnen keine wahren Zähne haben,
weil das vordere und hintere Keilbein getrennt bleiben u. s. w. Allein die andern
Schädelknochen der Cetaceen verwachsen sehr früh und innig, geben also eine Al-
tersähnlichkeit. Ihre Kiefern sind sehr lang, obgleich alle Säugethiere und auch
die Cetaceen um so kürzere Kiefern haben, je jünger sie sind. Das Getrenntsein
der Schädelknochen ist aber nicht etwa Eigenthümliclikeit des Embr}ronenzusta
Il-
des, die niedern Thierklassen im erwachsenen Zustande fehlt; denn bei den Fi-
schenwird es wieder als Embryonenähnlichkeit hervorgehoben, dafs ihre Schä-
delknochen mehrfach getheilt sind und blofs an einander liegen, obgleich an der
Basis des Schädels die Einheit des Keilbeins, ganz umgekehrt wie bei den Ceta-
ceen, wieder eine Aehnlichkeit mit dem Alter der höchsten Säugethiere giebt.
Die Uebereinstimmung mit dem Fische oder dem Cetaceum ist also wohl nicht
das Bedingende für die Organisation des Embryo.

4) Es müfsten, wenn das zu untersuchende Gesetz begründet wäre, keine
Zustände in der Ausbildung von bestimmten Thieren vorübergehend vorkommen,
die nur in höheren Thierformen bleibend sind. Von solchen Uebereinstimmungen
lassen sich aber recht viele nachweisen. Freilich können wir sie nicht in der Ent-
wicklungsgeschichte des Menschen finden, da wir keine höhere Organisation
kennen. Allein schon die Säugethiere geben uns Beispiele genug. In allen sind
in frühester Zeit die Kiefern so kurz, wie sie im Menschen bleibend sind. Der
Scheitelkamm entwickelt sich in den Thieren, die damit begabt sind, sehr spät,
dennoch fehlt er den höchsten Formen. Die Beispiele mehren sich aber, je mehr
wir herabsteigen. Wir haben schon oben die Vögel redend eingeführt, um eine
Menge früher bekannter Verhältnisse nachzuweisen, in welchen der Embryo des
Vogels mit dem ausgewachsenen Säugethiere übereinstimmt. Wir können noch
mehrere hinzufügen. Das Hirn der Vögel ist in dem ersten Drittheile des Em-
bryonenzustandes dem Hirne der Säugethiere viel ähnlicher, als im erwachsenen

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Zustande. Die Vierhügel sind nicht herabgetreten, der Riechkolben ist hohl und
dick; es ist sogar eine Art Gewölbe da. Die Fufswurzel der Vögel bildet sich aus
mehreren
Knorpeln zu einem einzigen Knochen. Die Augen stehen im Hühnchen

anfänglich näher zusammen, als später, und geben ihm ein Menschengesicht. _

.Tunge Eidechsen besitzen ein sehr grofses Hirn. Die Froschlarve hat einen wah-
ren Schnabel, wie die Vögel, und vor dem Verluste des Schwanzes einen so langen
Darm, wie es nur in einigen Formen von Säugethieren bleibend ist. Die Frosch-
larve ist im ersten Anfange ungeschwänzt, ein Verhältnils, das nur in den höch-
sten Formen der Säugethiere vorkommt, denn selbst der erwachsene Frosch hat
einen innern Schwanz, wie man den langen Schwanzwirbel nennen mufs. — Die
Tausendfüfse, die Milben Und Hydrachnen haben, wenn sie aus dem Eie krie-
chen, nur drei Paar Füfse, wie die Insecten mit Metamorphose im ausgebildeten
Zustande. Wollte man nun auch die Arachniden meiner Ueberzeugung zuwider
für höher entwickelt ansehn, als die wahren Insecten, so wird doch Jedermann
eingestehen, dafs die Insecten mit Metamorphose höhere Ausbildungen der My-
riapoden sind. Solche Beispiele dürften gar nicht vorkommen, wenn die Entwik-
kelung der höhern Thierformen in einem Durchbilden durch die nieclern bestünde.

5) Wir müfsten die Organe oder gröfsern Apparate auf dieselbe Weise,
wie sie im Embryo höherer Thiere sich ausbilden, auch in den verschiedenen
Thierklassen, wenn wir diese als aus einander entwickelt zusammenstellen, er-
scheinen sehen. Das ist lange nicht immer der Fall. Die hintere Extremität ist
in den meisten Fischen nur in ihrem Endgliede vollkommen, im Embryo höherer
Thiere bildet sich das Wurzelglied zuerst.

6) Endlich müfsten solche Theile, die nur den höheren Thieren zukom-
men , in der
Entwicklung derselben sehr spät auftreten. Das ist durchaus nicht
der Fall.
Einige Theile der Wirbelsäule, der Stamm derselben und die Wirbel-
bogen sind
im Hühnchen früher da, als irgend ein anderer Theil. Wie kann das
Hühnchen
nun jemals Aehnliehkeit mit einem wirbellosen Thiere haben ?

Doch diese Bemerkung führt uns unsrer Aufgabe näher, und so soll denn
hier der Versuch gemacht werden, das wahre Verhältnifs aufzufinden.

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Orte beleuchtet (Nova acta Acad. C. L. C. Vol. XIII. Pars II. p. 739— 762.J,
da aber die daselbst gemachten Bemerkungen, hier ihre Anwendung finden sollen,
überdiefs jene Abhandlung in den Händen Weniger ist, so kann ich es nicht ver-
meiden,
einen Auszug aus dem dort Gesagten voranzuschicken, um darauf wei-
ter bauen zu können.

Vor allen Dingen mache ich darauf aufmerksam, dafs man den Grad der
Ausbildung des thierischen Körpers und den Typus der Organisation unterschei-
den mufs.
Der Grad der Ausbildung des thierischen Körpers besteht in einem grö-
fsern oder geringem Maafse der Heterogenität der Elementartheile und der einzel-
nen Abschnitte eines zusammengesetzten Apparates, mit einem Worte,
in der grö-
J\'sern histologischen und morphologischen Sonderung.
Je gleichmäfsiger die ganze
Masse des Leibes ist, desto geringer die Stufe der Ausbildung. Eine höhere Stufe
ist es, wenn sich Nerv und Muskel, Blut und Zellstoff scharf sondern. Je ver-
schiedener sie sind, desto entwickelter das thierische Leben in seinen verschie-
denen Richtungen, oder richtiger umgekehrt, je mehr das thierische Leben in
seinen einzelnen Richtungen ausgebildet ist, desto heterogener sind die Elemen-
tartheile , die dieses Leben in die Erscheinung treten lassen sollen.

Dasselbe Verhällnifs gilt für die einzelnen Abschnitte eines Apparates.
Höher ist die Organisation, wo die verschiedenen Abschnitte eines ganzen Systè-
mes oder Apparates unter sich ungleicher sind, und jeder Theil mehr Individua-
lität hat, als wo das Ganze mehr gleichmäßig ist. Eine höhere Ausbildung also
ist es, wo der Unterschied zwischen Hirn und Rückenmark gröfser ist, als wo
man die ursprüngliche Uebereinstimmung noch deutlich erkennt. Trennen wir
dieses Verhältnifs der höhern Ausbildung bestimmt von dem Verhältnisse der Ty-
pen, so werden manche Schwierigkeiten, welche bei der immer noch mehr oder
weniger herrschenden Ansicht von einer einzigen fortlaufenden Reihe der Weiter-
bildung von der Monade bis zum Menschen entgegentreten, leicht besiegt. Wir
wählen die Fische als Beispiel. Weil sie ein Hirn und Rückenmark, nebst einem
innern Skelette haben und überall deutlich den Haupttypus der Wirbelthiere tra-
gen, setzt man sie über alle Wirbellosen und wundert sich, dafs die Biene und
überhaupt die meisten Insecten mit Metamorphose uns mehr Kunstfertigkeit und
in jeder Hinsicht ein mannigfacheres Leben offenbaren. In der Biene aber sind
Nerv und Muskel viel difftrenter ausgebildet, als im Fische. Die einzelnen Ab-
schnitte eines Apparates oder eines organischen Systemes sind auch heterogener.
In den meisten Fischen ist der Magen wenig vom Darme und dieser wenig von den
Pförtneranhängen verschieden. Im Darme selbst ist oft der weite Darm vom en-
gen kaum zu unterscheiden. Im Nervensysteme zeigt uns der Fisch ein Hirn, wel-

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ches das Rückenmark wenig zu beherrschen vermag. In der Biene ist überall viel
gröfsere
Heterogenität. Das erste verwachsene Ganglienpaar, obgleich kein wirk-
liches Hirn, da wir nur den Theil des Organismus so benennen dürfen, welcher
das vordere Ende eines Rückenmarkes ist, beherrscht doch das übrige Nerven-
system mehr, als das Hirn der Fische, und hat mehr die Bedeutung eines Central-
theiles vom Nervensystem. Ich glaube daher, dafs in der That die Biene höher
organisirt ist, als der Fisch, obgleich nach einem andern Typus 1).
b. Typus der Typus nenne ich das Lagerungsverhältnifs der organischen Elemente und

SofmSa der Organe. Dieses Lagerungsverhältnifs ist der Ausdruck von gewissen Grund-
verhältnissen in der Richtung der einzelnen Beziehungen des Lebens, z.B. des auf-
nehmenden und ausscheidenden Poles. Der Typus ist von der Stufe der Ausbil-
dung durchaus verschieden, so dafs derselbe Typus in mehreren Stufen der Aus-
bildung bestehen kann, und umgekehrt, dieselbe Stufe der Ausbildung in mehreren
Typen erreicht wird. Das Product aus der Stufe der Ausbildung mit dem Typus
giebt erst die einzelnen gröfsern Gruppen von Thieren, die man Klassen genannt
hat.
In der Verwechselung des Grades der Ausbildung mit dem Typus der Bil-
dung scheint mir der Grund mancher mifslungenen Classification und in der offen-
baren Verschiedenheit beider Verhältnisse schon hinlänglicher Beweis zu liegen,
dafs die verschiedenen Formen der Thiere nicht eine eiuseitige Fortbildung von
der Monade bis zum Menschen darstellen.

Ich unterlasse es, dieser Bemerkung weiter zu folgen, da eine nähere Er-
örterung überflüssig wird, wenn es mir gelingt, das, was ich Typus nenne, an-
schaulich zu machen.

Der Typus also ist das Lagerungsverhältnifs der Theile. Es läfst sich leicht
erkennen, dafs die verschiedenen Typen Modificationen von gewissen Haupttypen
sind, in denen das Lagerungsverhältnifs besonders characterisirt ist, und dals
Zwischenformen vorkommen, welche die Charactere der Haupttypen entweder
zu einem Mitteltypus vereinigen, oder bei denen in der einen Hälfte des Leibes
der eine, in einem andern Theile der andere Haupttypus vorherrscht. DieseZwi-
__schen-

1  Man hat schon längst die Bemerkung gemacht, dafs unter verwandten Formen diejenigen,
welche im Wasser leben, in Entwickelung der animalischen
Functionen im Gegensatze zu den
plastischen hinter den auf dem Lande lebenden zurückbleiben , welche mehr Beweglichkeit und
geistige Anlage verrathen. Sollte der Grund nicht im Wasser selbst liegen? Der Gegensatz
vonNerv undMuskel scheint sich im Wasser nicht so stark zu entwickeln, als bei regerer Wech-
selwirkung mit der Luft. Die Muskeln sind weniger roth und weicher, die Nerven auch we-
niger weifs und consistent. Man kann sich des Bildes nicht erwehren, dafs beide aussehen,
als
ob sie
mit Wasser infiltrirt seyep. Wenn in den Fischen einige Muskeln durch Rothe sich aus-
zeichnen, wie die Kiefermuskeln des Störs, so sind auch die zu ihnen gehenden Nerven weifser,
als die übrigen.

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schenformen lasse ich vorläufig unberücksichtigt und verweise auf die angeführte
Abhandlung.
Die Haupttypen mufs ich aber hier nochmals hervorheben.

Ich glaube, dafs vier Haupttypen sich deutlich nachweisen lassen: der pe-
ripherische oder strahlige Typus, der gegliederte oder Längen-Typus, der mas-
sige oder Mollusken - Typus, und der Typus der Wirbelthiere 1).

Der peripherische Typus wird dargestellt durch einige tellerförmige Infu- periPhe-
sorien, die Rhizostomen, Medusen, Asterien. Die Dimension der Fläche ist in pus. " Ty
der äufsern Form
repräsentirt. Der Hauptgegensatz ist der vom Centrum zur Pe-
ripherie. Vom Mittelpunkt zum Umfange nämlich geht der Gegensatz der Auf-
nahme zur Ausscheidung. Diesem entsprechend ist die ganze Organisation strah-
lenförmig um einen Mittelpunkt vertheilt. Aufserdem ist nur noch der Gegensatz
von oben und unten ausgebildet, aber in schwächerem Grade; ein Gegensatz von
rechts und links von hinten und vorn besteht gar nicht. Die Bewegung ist daher
richtungslos. — Da die ganze Organisation strahlenförmig um einen Mittelpunkt
vertheilt ist, so sind die Centra aller organischen Systeme im Mittelpunkte oder
ringförmig um den Mittelpunkt gelagert, (so in der Mitte der Magen, um ihn die
Nerven und Gefäfskreise, wenn dieseTheile überhaupt ausgebildet sind,) von ih-
nen aus gehen die Aeste in die Strahlen ab. In jedem Strahle wiederholt sich,
was in einem sich findet, und jeder Strahl, bis an den Mittelpunkt fortgeführt, hat
einen gleichen Antheil auch an den Centraltheilen — (nur das Harnsystem scheint
davon eine Ausnahme zu machen,) so dafs man den ganzen Leib in eine Anzahl
gleicher Sectoren theilen kann, und der Verlust eines Strahles, sobald die Mitte
unverletzt bleibt, das Leben nicht stört, indem diesem für seine Integrität kein
nothwendiger Theil abgeht.

Im Längentypus, den wir in Vibrionen, in Filarien, im Gordius 2), in d Längen
den Naiden und in der ganzen Reihe der gegliederten Thiere finden, ist der Ge-
TyPlls-
gensatz von Aufnahme und Ausscheidung an die beiden Enden des Thiers verlegt
und dieser beherrscht die gesammte Organisation. — Mund und After sind an
den beidep Enden, gewöhnlich auch die Geschlechtstheile, doch finden diese zu-
weilen ihre Ausmündung weiter nach vorn, jedoch die weiblichen, die nicht blos

1  Ich lasse es liier unentschieden, ob man in denjenigen Thieren, wo die ganze Organisation mit
peripherischer Gleichförmigkeit nicht um einen Mittelpunkt, sondern um eine Axe gelagert ist,
wie in den Holothurien , nicht einen besondern Typus erkennen soll. Aufnahme und Ausschei-
dung bilden hier nicht den Gegensatz vom Centrum zur Peripherie, sondern zwei Enden einer
Linie, und um diese Axe herum ist die
übrige Organisation peripherisch vertheilt. Hierher könn-
ten auf niederer Stufe die Naematoideen gehören, und vielleicht noch niedere Formen.

2  Wenn diese Thiere oder einige von ihnen nicht vielleicht nach der vorigen Anmerkung in einer,
eigenen Typus mit den Holothurien zu bringen sind.

Dd

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ausscheidend, sondern auch aufnehmend sind, häufiger, als die männlichen. Wo
beide
Geschlechtsorgane vom hintern Ende weggerückt sind, liegt doch die Aus-
mündung der weiblichen gewöhnlich weiter nach vorn, als die der männlichen.
So in den Tausendfüfsen und der grofsen Familie der Krebse. Die Blutegel und
Regenwürmer bilden eine seltenere Ausnahme. Bei der bestimmten Fixirung des
Poles für die Aufnahme gelangen die Sinnesorgane als Werkzeuge für die Re-
ceptivität des Nervensystems früh zu einer bedeutenden Stufe der Ausbildung.

Der Darmkanal geht, so lange der Typus unverändert ist, gerade durch.
Eben so die Gefäfsstämme und das Nervensystem. Alle organische Bewegung hat
also diese Hauptrichtung, nur untergeordnete Aeste gehen seitlich ab und beson-
ders da, wo der Hauptgegensatz in der ganzen Länge wie in einer galvanischen
Kette sich wiederholt, so dafs in jedem einzelnen Abschnitte ein wiederholtes
Vorn und Hinten mit einem Antheil an den wesentlichen Bestandteilen des Or-
ganismus sich findet. Daher die Geneigtheit, in mehrere Theile nach der Länge
des Körpers zu
zerfallen. In den wahren mit Metamorphose versehenen Insecten
sammeln sich diese Glieder wieder in drei Hauptabschnitte, von denen im ersten
das
Nervenleben, im zweiten Bewegung, im dritten Verdauung vorherrscht, ob-
gleich keiner der drei Abschnitte eine dieser Lebensverrichtungen ganz entbehrt.

Neben dem Hauptgegensatze von vorn und hinten ist auf höheren Stufen
der Ausbildung noch ein schwächerer von oben und unten zu erkennen. Ein
Unterschied von rechts und links ist nur als sehr seltene Ausnahme bemerklich
und fehlt in der Regel. Eine senkrechte Ebene theilt daher den Leib in zwei
gleiche Hälften, weswegen man diese Organisation eine symmetrische nennen
darf. Alles, was einfach ist, liegt in dieser Mittelebene, so lange nicht durch Ver-
kürzung des ganzen Leibes der weniger verkürzte Darm aus der Mittelebene ge-
schoben wird 1), — und alles, was in der Mittelebene liegt, ist einfach, was
aufser ihr liegt, doppelt. In der Mittelebene ist aber eine Verschiedenheit von
oben und unten zu erkennen, nach unten sammeln sich die animalischen, nach
oben die plastischen Theile, wenn wir nur auf den innern Bau Rücksicht nehmen.
Die Stämme der animalischen Theile sammeln sich also nach unten und bilden
hier eine Art von Axe, von welcher die ganze Organisation zu beiden Seiten nach
oben fortgeht, ein Verhältnifs, das erst durch die Entwickelungsweise ganz klar
wird. (Vergl. Coroll. 4.).

1  In der That scheint nur in den Insecten mit Metamorphose der Darm aus der Mittelebene ge-
bracht zu werden, zuweilen erst in der letzten Verwandlung, zuweilen schon im Larven-
zustande.

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Die sensible und die irritable Lebensrichtung ist in dieser Thierreihe be-
sonders
ausgebildet. Die Bewegung ist lebhaft und um so mehr entschieden nach
vorn
gerichtet, je mehr der Leib in die Länge gezogen ist. Je mehr der Leib in
einigen Formen, wie in den Spinnen und Taschenkrebsen, verkürzt ist, um desto
wreniger ist die Richtung der Bewegung bestimmt. Die plastischen Organe sind
wenig ausgebildet — besonders sind Drüsen selten und sie werden meist durch
einfache Röhren ersetzt.

Einen dritten Typus glaube ich in dem Reiche der Mollusken zu erkennen, Massiger
und ich zähle zu demselben noch auf niedern Stufen der Ausbildung die Räder- TyPl,s-
thiere, und unter den Infusorien die gewundenen, oder sonst weder symmetrisch
noch peripherisch gebildeten. — Man kann diesen Typus den massigen nennen,
denn weder Länge noch Fläche sind vorherrschend, sondern der ganze Leib und
seine einzelnen Theile sind mehr in gerundete Massen geformt, die entweder
solide oder hohl sind.

Da der Hauptgegensatz der thierischen Organisation, der von Aufnahme
und Ausscheidung, nicht an die zwei entgegengesetzten Enden des Leibes, auch
nicht in das Centrum und die Peripherie versetzt ist, so zeigt sich fast immer
Mangel an Symmetrie. Fast immer liegt der ausscheidende Pol nach rechts vom
aufnehmenden. Das entgegengesetzte Yerhältnifs ist so selten, dafs man es ein
verkehrtes genannt hat. Dagegen ist der ausscheidende Pol bald dem aufnehmen-
den sehr nahe, bald weit von ihm entfernt, so dafs er dem hintern Ende des
Körpers sich nähert. Da der Weg der Verdauung immer durch diese beiden
Pole bestimmt wird, so ist er mehr oder weniger bogenförmig. In der einfächsten
Form ist der Weg ein einfacher Bogen, wie in
Plumatella. Wenn der Kanal
sich verlängert, wickelt er sich in der Mitte spiralförmig auf und die Spirale hat
wahrscheinlich ihre bestimmten Gesetze. So scheint der Anfangstheil des Darm-
kanales immer unter den folgenden zu liegen.

Auch der Hauptstrom der Blutbewegung geht in Bogen, die nicht mit der
Mittellinie des Thiers zusammenfallen. Ist die Spirale des Darmes in einer Ebene
gewunden, so bildet sich dadurch freilich mehr oder weniger Symmetrie, wie in
den scheibenförmigen Schnecken und den gleichschaligen Muscheln, aber diese
Symmetrie ist nur sehr unwesentlich, man könnte sie fast zufällig nennen, da sie
oft in sehr nahe verwandten Thieren fehlt.

Das Nervensystem besteht in zerstreueten Knoten, die durch Fäden zu
einem Netze verbunden sind, Die gröfsern von jenen sammeln sich um den
Schlund. Die geistigen Anlagen entwickeln sich sehr wenig und Sinnesorgane
treten erst spät auf. Die Bewegung ist sehr langsam und unkräftig. Bei dem

Dd 2

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Mangel an Gliederung verweben sich die Muskeln nach allen Richtungen und
wirken auf jeden Punkt mit einzelnen Bündeln, daher Contraction nach allen
Richtungen. Da dem massigen Typus gemäls die secernirenden Theile, welche
in
andern Typen als Röhren auftreten, sich hier zu Knäueln zusammeuwinden,
so sind die Drüsen häufig und ansehnlich. Am meisten und frühesten ausge-
bildet sind überhaupt die plastischen Organe, und man kann diesen Typus daher
auch den plastischen nennen. Da weder seitliche noch peripherische Gleichheit
ihm zukommt, so kann man weder durch eine, noch durch mehrere Ebenen den
Leib in gleiche Abschnitte theilen. Auch ist keine gerade Axe nachzuweisen,
um welche sich die Organisation vertheilt, sie wird vielmehr durch sehr mannig-
fache Curven bestimmt.
de/\'wiäeY Wirhelthieren finden wir einen vierten Haupttypus. Er ist aber

thiere. gleichsam aus den frühern zusammengesetzt. Wir unterscheiden nämlich einen
Theii?\'ISC^er animalischen und einen plastischen Theil des Leibes, welche zwar gegenseitig
auf ihre Gestaltung einwirken, von denen jedoch jeder einen andern Typus in
seiner Bildung offenbart. Im animalischen Theile erinnert schon die Gliederung
an den zweiten Typus, auch ist Aufnahme und Ausscheidung eben so an beide
Enden verlegt, aber doch besteht ein wesentlicher Unterschied. Der animalische
Theil der Wirbelthiere ist nämlich nicht blofs von einer Längenaxe aus nach
beiden Seiten verdoppelt, sondern zugleich nach oben und nach unten, und zwar
so, dafs die beiden seitlichen nach unten zusammenlaufenden Entwicklungen
den plastischen Theil einschliefsen, die beiden nach oben gehenden aber einen
Centralllieil des animalischen Lebens (Rückenmark und Hirn), welcher den
wirbellosen Thieren fehlt. Das feste Knochengerüste repräsentirt diesen Typus
am vollständigsten, indem aus einer mittlem Axe, dem Stamme der Wirbelsäule,
Bogen nach oben gehen, die in einen obern Kamm sich schliefsen, und Bogen
nach unten, die mehr oder weniger in einem untern Kamme zusammenlaufen.
Diesem entsprechend sehen wir vier Reihen von Nerveninsertionen am Rücken-
marke, welches selbst vier Hauptstränge und einen vierschneidigen Inhalt von
grauer Masse enthält. Eben so bilden die Muskeln des Rumpfes vier Haupt-
bäuche, wie man am deutlichsten an den Fischen sieht. Der animalische Theil
ist also doppelt symmetrisch gebaut.

Ich lasse es auch hier wie in der angeführten Abhandlung in den Ver-
handlungen der Kaiserl. Leopold. Academie
unentschieden, ob bei weiterer Aus-
bildung der Wirbelthiere das vordere Ende des animalischen Theiles immer mehr
sich dem strahl igen Typus nähert, und erinnere nur, dafs das Hirn mehr und mehr
um die dritte Hirnhöhle sich sammelt und auch die Hirngefafse aus einem all-

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mählig immer mehr kreisförmig sich rundenden Ringe an das Hirn treten, ob-
gleich dieser Ring von vier Gefafsstämmen gespeist wird, als Repräsentanten
eines Verhältnisses, wie aus einem ursprünglich vierzähligen Typus ein strahlen-
förmiger sich ausbildet.

Leicht nachweisbar scheint es mir aber, wie im plastischen Theile des g- Piasti-
Leibes der Typus der Mollusken herrscht, obgleich überall unter dem Einflufs Ta^in.1"1\'
des animalischen Theiles, wodurch der Typus bald mehr, bald weniger ver- Fig\' 6\'
deckt wird.

Vor allen Dingen erinnert schon das plastische Nervensystem, so wie die
Eigentümlichkeit der plastischen Muskeln an den Typus der Mollusken.

Es kommt aber besonders darauf an, nachzuweisen, dafs die wesentlichste
Eigenheit, die Richtung der lebendigen organischen Strömung, nach rechts hin
walte. Wenn nun dieser seitliche Gegensatz sich im aufnehmenden und aus-
scheidenden Pole selbst nicht offenbart, so liegt der Grund wohl darin, dafs der
plastische Leib vom animalischen umschlossen wird, und wo der erstere an die
Peripherie tritt, er ganz dem Typus desselben unterworfen ist. Mund und After
liegen deshalb in der Mittelebene des ganzen Körpers 1).

Wenden wir uns an die innern Theile, so dürfen wir ferner nicht ver-
gessen, dafs

1) fast alle organische Fortbegung eine rückgängige zur Folge hat. Wäre
das nicht, so müfste mit wenigen Pulsschlägen alles Blut aus dem Körper ge-
trieben seyn. Es kommt also nur darauf an, die Richtung derjenigen Bewegung
anzugeben, welche hier die bestimmende ist.

2) dafs auch in andern Fällen die Bewegung von der ihr ursprünglich
zukommenden Richtung abgelenkt werden kann, wenn sie einen Ausgangspunkt
hat, der nach den Gesetzen der Organisation auch der Endpunkt einer andern,
mehr Kraft besitzenden Organisation ist.

S) dafs durch den symmetrischen Einflufs des animalischen Theiles eine
Strömung innerhalb des plastischen Theiles in die Mittelebene gestellt wird. Wir
dürfen deshalb, wenn wir eine Bewegung auch nur zuweilen aufser dieser Ebene,
aber immer in derselben Richtung abweichend finden, diese als die ursprüng-
liche betrachten.

1  Doch liegt in den Larven der Frösche der After in der That rechts von der Mittelebene des
Schwanzes.

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Diese Bemerkungen werden durch die Anwendung, die sie sogleich finden
sollen, klarer werden.

«, Gefäfs- Betrachten wir zuerst die Blutströmung, so finden wir freilich in den

system, jachen den Hauptstrom des Blutes aus dem Herzen in der Mit telegene fortgehend,
ohne Zweifel aber nur wegen der Herrschaft des animalischen Theiles, in welcher
Hinsicht wir auf
eine bei dem Athmungsapparate zu machende Bemerkung ver-
weisen. Und doch ist es auch hier, als wollte das Blut nach rechts, denn die
Herzkammer der Fische scheint in der Regel nach der linken Seite mehr aus-
gedehnt, und nach links liegt auch die Vorkammer. Die Richtung, die das Blut
dadurch erhält, geht also allerdings mehr nach rechts, allein der sjanmetrische
Bau der Kiemen hält sie in der Mittelebene zurück. In allen Thieren mit Lungen
geht aber der Strom des Blutes aus der linken Kammer deutlich mehr nach
rechts als nach links, so dafs zur Ernährung der linken Hälfte des Kopfes das Blut
oft von rechts herüber kommen muls. Das giebt diesem Blute freilich wieder
eine Bewegung von rechts nach links, die wir als Folge der Symmetrie im anima-
lischen Theile ansehen müssen. Die vorherrschende Kraft zur Bewegung des
Blutes giebt nämlich gewifs die linke Herzkammer, und diese sendet das Blut
immer nach rechts. In den Eidechsen, Schlangen und Schildkröten geht alles
Blut, welches zur Ernährung der vordem Hälfte des Körpers bestimmt
ist, in
Einem Strome zuerst nach rechts, und von da vertheilt es sich erst. Das nach
vorn gehende Blut geht nun fast symmetrisch in zwei Strömen vorwärts, das für
die hintere Fläche des Körpers bestimmte Blut setzt in den Vögeln seine Richtung
ungetheilt nach rechts fort und mufs nun freilich, da die Symmetrie den Einflufs
, der bewegenden Kraft allmählig schwächt, sich nach links hinüber wenden, um

die Mitte zu erreichen. In den genannten Amphibien tritt die Herrschaft der
Symmetrie noch früher auf; der Blutstrom für die hintere Hälfte des Körpers ist
gleich anfangs getheilt, aber viel mehr Blut strömt nach rechts als nach links,
und das letztere vertheilt sich früher, als ob es mit weniger Kraft fortgetrieben
wäre. In den Fröschen ist die Vertheilung gleich anfangs ziemlich symmetrisch. —
In den Säugethieren steigt die Aorta zwar an der linken Seite der Wirbelsäule
herab, bedenkt man aber, dafs die Stellung der Aorta immer von einem gröfsern
gemeinschaftlichen Stamme für die vordere und hintere Schlagader bestimmt ist,
dafs dieser gemeinschaftliche Stamm immer nach rechts gerichtet ist und sich erst
nach links wendet, nachdem er auf der rechten Seite die Arterien der vordem
Körperhälfte abgegeben hat, oder indem er sie auf der Uinbeugung selbst abgiebt,
so läfst sich das Hinübergehen auf die linke Seite als Einflufs der Symmetrie be-
trachten; denn der Bogen, den die Aorta bildet, ist um so weiter, je kürzer der

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Hals ist. Das heilst mit andern Worten, die Aorta geht um so mehr nach der
linken Seite hinüber, je näher sie dem Kopfe steht, dessen Einflufs synimetri-
sirend ist. In den langhalsigen Säugethieren, -wo aus dem gemeinschaftlichen
Stamme auf der rechten Seite der Stamm für die Kopf- und Schlüsselbeinschlag-
ader (die vordere Aorta) abgeht, beugt sich der nach hinten gehende Ast so
rasch um, dafs man kaum sagen kann, er ginge nach links. In solchen Be-
trachtungen finden wir auch vielleicht die Erklärung, warum überhaupt die
Säugethiere in der Lage der absteigenden Aorta von den übrigen Lungenthieren
abweichen. Ich glaube, der Unterschied ist in dem gröfsern Blutbedürfnisse des
Hirnes begründet. Denken wir uns in einem ganz unbestimmten Wirbelthiere
den Blutstrom aus der linken Kammer nach rechts gehend. Ist das Blutbediirf-
nifs des Hirnes grofs, so wird dieser gemeinschaftliche Blutstrom aufser der
Richtung nach rechts zugleich mehr die Richtung nach vorn haben, als bei
Thieren mit kleinem Hirne und Kopfe. In den letztern wird daher das Blut, das
für die hintere Hälfte des Leibes bestimmt ist, nach Abgabe des Blutes für die
vordere Hälfte unter kurzer Fortsetzung des Stromes nach rechts sogleich durch
Einflufs der Strömung nach hinten umgebogen. Ist aber die Strömung nach
vorn stärker, so wird die Strömung nach hinten erst allmählig diese Richtung
besiegen, und die Aorta mufste noch weiter nach rechts und vorn fortgehen, oder
wenn der Einflufs der Symmetrie das nicht zuläfst, allmählig nach links über-
biegen , um nach hinten zu kommen. Dafs aber wirklich das Blut in den Säuge-
thieren eine stärkere Strömung nach vorn hat, lehrt wohl die gröfsere Länge des
gemeinschaftlichen Stammes, und dafs der Bogen um so weiter ist, je länger dieser
gemeinschaftliche Stamm wieder unter den Säugethieren selbst ist, bestätigt das
Gesagte. So kann man sich die Verschiedenheit in einer ungeformten Masse ent-
standen denken. Wie sie aus dem symmetrischen Kiemenapparate der Säuge-
thiere hervorgebildet wird, bleibt noch künftigen Untersuchungen zu
entscheiden
überlassen^

Auch wo das Herz in der Mittelebene des Körpers liegt, ist der Ursprung
der Aorta, so bald zwei Kammern da sind, immer so gelagert, dafs der Stöfs,
den die linke Kammer dem Blute giebt, nach rechts geht. Wenn die Spitze des,
Herzens nach links gerichtet ist, so wird dieses Verhältnifs noch stärker
(Fig. 6.
Pfeil
d.). Eine Richtung des Herzens nach rechts scheint nirgends normal. Ich
glaubte sie zuweilen bemerkt zu haben, überzeugte mich aber, dafs diese
Lage nur vom Hin - und Hergleiten in dem für die Untersuchung umgekehrten
Thiere herrühre. Deshalb wird es erlaubt seyn, in unsrer schematischen Ab-
bildung das Herz so zu stellen, wie es im Menschen und einigen andern

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Thieren 1) steht. Ich wähle die schiefe Stellung des Herzens, um an ihr zu
zeigen, wie die starke Ausbildung der Verhältnisse der Strömung in einem vor-
herrschenden Theile wohl eine entgegengesetzte Strömung in einem abhängigen
Theile desselben Systems erzeugen kann. Das Lungenblut strömt nämlich in den
meisten Thieren ziemlich gerade nach hinten in das linke Herz. "Wo aber dieses
sich so stellt, dafs es entschieden nach rechts treibt, erhält der Strom des Lungen-
blutes eine geringe Richtung nach links.
(Flg. 6. 1 •)

So viel von der Richtung der arteriellen Blutbewegung. Dafs auch der
venöse Strom sich nach rechts richtet, ist noch viel deutlicher. Das Blut aus der
linken Seite von der vordem Hälfte des Körpers geht sehr stark nach rechts hin-
über. Wir können daher summarisch den venösen Blutstrom aus dem vordem
Theile des Körpers mit dem Pfeile % bezeichnen. Dafs auch von hinten das
Venenblut nach rechts sich bewegt, lehrt die Ablenkung der hintern Hohlvene
nach rechts, je weiter sie vorrückt, so wie die Gestaltung des Rippenvenen-
stammes. Der Pfeil 3 repräsentirt diese Strömung.

Sie ist noch deutlicher im Pfortadersysteme (4).

Den Athmungsapparat linden wir, wenn wir einen Blick auf die gesammte
Thierreihe werfen, bald an das ingestive, bald an das egestive Ende des Leibes
geknüpft, bald der Länge nach zwischen beiden Extremen vertheilt. Diese ver-
schiedene Stellung scheint der Athmungsapparat einnehmen zu können, weil seine
Verrichtung sowohl in Ingestion als in Egestion besteht. Sehr nahe liegt die Ver-
muthung, dafs in denjenigen Thierformen, in
Vielehen der Athmungsapparat das
vordere Ende einnimmt, dasselbe mehr ingestiv wirkt, dagegen mehr egestiv,
wo er, wie in Holothurien, den meisten Mollusken, einigen Insectenlarven, sich
mit oder neben dem Darme ausmündet. Beziehen wir diese Vermuthung auf die
Umänderung des Blutes selbst, so mufs sie freilich noch Vermuthung bleiben,
denn von den wenigsten Thieren können wir für jetzt bestimmen, ob durch das
Athmen das Blut mehr Stoffe aufnimmt, oder mehr Stoffe verliert. Sehr deutlich
scheint es mir aber, dafs bei dem nach vorn gelegenen Athmungsapparate wenig-
stens die
ingestive Bewegung die bestimmende ist, so wie bei der Lagerung nach
hinten die egestive. In den Holothurien, den Mollusken, den durch das hintere

^.Athmungs-
apparat.

Ende

1  Die symmetrische Stellung des Herzens wird, wie es scheint, den Vierfüfsern zu allgemein zu-
geschrieben. Sie scheint mir nur den Thieren mit zusammengedrückter Brust zuzukommen.
In Thieren mit flacher Brust steht das Herz mehr oder weniger schief und zuweilen im
Embryonenzustände noch mehr als im Erwachsenen. So fand ich noch kürzlich in mehreren
Embryonen von Igeln das Herz sehr stark nach links gerichtet, viel weniger ip der Mutter.

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Ende Luft einziehenden Insectenlarven werden durch Muskelcontractionen die
Athmungsorgane entleert. Die Wiederaufüllung ist vorzüglich Folge der nach-
lassenden Muskelthätigkeit, wenigstens ist, wenn noch eine entgegengesetzte
Muskelthätigkeit hinzutritt, diese geringer, als die ausleerende. Umgekehrt ist es
in den Lnngenthieren. Die Aufnahme der Luft ist liier mehr activ, die Aus-
treibung mehr passiv. Der Weg für die Aufnahme wird also die Lagerung des
Apparates bestimmen, nicht der rückgängige Weg der ausgeleerten Luft. Nun
finden wir zwar die Lunge gedoppelt, aber in allen Thieren die rechte Lunge
gröfser und in
den ächten Schlangen sogar nur diese entwickelt, von der linken nur
eine Spur. Dazu kommt noch, dafs in einigen Cetaceen, wie in der Gattung
Physeter, das rechte Nasenloch verkümmert. Ja es mag noch allgemeiner sej-n,
dafs die rechte Nasenöffnung kleiner ist, als die linke, wie z. B. aus Sömmer-
ring\'s Beschreibung des fossilen Hyänenschädels hervorgeht
(Nova acta Nat.
cur. XIV. p. 14.). Wir können also durch den gelben Pfeil (5) in unsrer Figur
summarisch den Weg der Luft für die Athmung der Wirbelthiere bezeichnen.
In den Kiemen der Fische ist freilich eine solche seitliche Differenz wenigstens
nicht auffallend, allein die Kiemen sind so unmittelbar au den animalischen Theil
des Leibes geknüpft, wie schon die vorübergehenden Kiemenbogen der Embryo-
nen
von Lungenthieren beweisen, dafs die Asymmetrie des plastischen Leibes sich
in ihnen nicht entwickeln kann.

Wenn ein Apparat, wie der verdauende, von einem Pole zum andern y. Ver-
durch die ganze Länge des plastischen Leibes hindurchgeht, so kann er freilich fppa"J£~
nicht überall seinen Inhalt nach rechts treiben. Man darf nur erwarten, dafs in
den Abschnitten, wo die bewegenden Kräfte am stärksten hervortreten, die also
die bestimmenden für die Lagerung des Ganzen sind, die Bewegung diese Rich-
tung erhalte. Nun linden wir aber in allen Wirbelthieren, so viel mir bekannt
ist, den Magen nach links liegend und den Pförtner an seiner rechten Seite, so
wie den Anfang des Zwölffingerdarmes nach rechts gehend, er mag sich übrigens
zugleich nach vorn wenden, oder nicht. Der Magen treibt also seinen Inhalt nach
rechts. Dasselbe Verhältnifs ist häufig in dem muskulösen Mastdärme. Andere
Abschnitte müssen nun freilich von rechts nach links gehen, allein sie sind die
weniger thätigen. So denke ich mir, dafs, wenn die Speise in den Säugethieren
nach links geht, um in den Magen zu kommen, dieser entgegengesetzte Weg nur
durch die Macht
des Magens, der, um nach rechts zutreiben, links liegt, her-
vorgebracht wird. Auch ist es nur der hintere Theil der Speiseröhre, der vom
Magen beherrscht wird; denn wenn das Knochengerüste des Halses so stark ge-
krümmt ist, dafs die Speiseröhre von der untern Fläche desselben abgleitet, so

Ee

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liegt, wenn ich nicht irre, die Speiseröhre immer, mit Ausnahme des hintersten
Endes,
nach rechts. So fand ich seine Lage in Vögeln, in Schildkröten, im
Kameel, im
Faulthier, und wahrscheinlich ist sie in vielen andern Säugethieren
eben so. Wenn sich in den Vögeln ein gesonderter Kropf bildet,
so liegt auch
dieser nach rechts. Mithin hat die Bewegung vom Schlünde aus, die von den
kräftigen Schlingmuskeln beherrscht wird, ebenfalls
im Allgemeinen die Rich-
tung nach rechts. Vergleiche den Pfeil 6. 1)

Der Weg der Galle dürfte zwar in den meisten Fällen von rechts nach
links gehen, indessen kann man diese verkehrte Richtung als abhängig von der
Lage der Leber betrachten, welche von der vorherrschenden Strömung des Pfort-
aderblutes nach rechts gestellt wird. In der That stellt sich die Leber bei der
Entwickelung des Embryo um so mehr rechts, je mehr das Pfortadersystem sich
von den übrigen Gefäfsen scheidet.

Was die Geschlechtstheile anlangt, so sind sie bei engerer Verknüpfung
mit dem animalischen Leibe, welche auch aufser der Lagerung im erwachsenen
Zustande besonders durch die Entwickelungsgeschichte klar wird, in der Regel
ziemlich symmetrisch. Wo aber die Symmetrie weniger hervortritt, wie z. B.
in dem weiblichen Vogel, da ist nur der linke Eingang entwickelt, das Ei wird
also auch von links nach rechts fortbewegt. Wir zeigen also die Richtung dieser
Bewegung durch den Pfeil 8 an.

Alle Pfeile nun, die wir nach diesen Betrachtungen in unsre Figur ein-
_ gezeichnet haben, zeigen ihre Spitzen nach rechts gerichtet. — Nur die Harn-
wege scheinen sich diesem Gesetze nicht fügen zu wollen. Wo die Nieren nicht
übereinstimmend auf beiden Seiten sind, wie in mehreren Ophidiern, ist die Niere
der rechten Seite länger und mehr nach vorn gelegen. Es scheint daher der Weg
des Harnes vorherrschend nach links zu gehen. Sollte die vorherrschende Thätig-
keit der Nieren darin bestehen, Venenblut anzuziehen, während sie den Harn
blos abfiiefsen lassen: dann würden sie sich dem allgemeinen Gesetze fügen 2),

1  Dafs der Uebergang von rechts nach links wieder einer bestimmten Norm unterworfen ist^
dafs also eine bestimmte Form von Spiralgängen sich nachweisen lasse, wenn die Richtung
nach rechts nicht fortgesetzt werden kann, ist wohl nicht zu bezweifeln. Doch sind hier die
Störungen so mannigfach, und die Auffindung des Typus so schwierig, dafs dieser Versuch
uns zu weit führen möchte. Ohnehin halte ich die Strömung nach rechts für die vorherr-
schende und allen Systemen gemeinsame, und sie genügt uns hier.

2  Ueberliaupt aber ist das Vorherrschen der rechten Niere auch in den Schlangen nicht allge-
mein. Zuweilen wird die Länge derselben durch die gröfsere Dicke der linken Niere aufge-
wogen , wie ich in Vipera Berus sehe. In Tortrix Scytale finde ich aber das Vorherrschen
der rechten Niere nach Meckel und Finke offenbar. Merkwürdig ist es, dafs das Harn-
system das einzige ist, welches auch im peripherischen Typus abweicht.

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Genug für den Beweis, dafs im plastischen Theile der Wirhelthiere die
organische Strömung vorherrschend nach rechts geht, um zu erhärten, dafs die
Verhältnisse des Molluskentypus in dieser Hälfte des Wirbelthiers walten.

Wir sind nun die vier Haupttypen durchgegangen, und es wird für unsern h. uhterge-
Zweck hinlänglich seyn, nur noch kurz zu bemerken, dafs diese Haupttypen in pe?,nete Ty~
untergeordneten Formen abändern, wie Variationen auf ein Thema. So sind die
Glieder der gegliederten Reihe bald mehr gleich unter sich, gleichsam an einen
Faden aufgereiht, bald mehr um einen Mittelpunkt gesammelt. Auf diese Weise
bilden
sich Variationen der Haupttypen, die man sich als um ihn gelagert denken
kann und von denen einige ihm näher stehen, wenn sie den Character der Haupt-
typen reiner darstellen, andere mehr von ihm abweichen. Diese untergeordneten
Typen, verbunden mit einem bestimmten Grade der Ausbildung, geben das, was
wir Thierklassen nennen. Dabei wird bald das eine, bald das andere Lebens-
verhältnifs mehr ausgebildet, oder richtiger: die Ausbildung des Lebens nach
dieser oder jener Richtung erzeugt eben die Variationen der Haupttypen, wie diese
selbst wesentlich in ihren Lebenserscheinungen verschieden sind. So sind offen-
bar unter den Wirbelthieren die Vögel diejenigen, in welchen die Beziehung zur
Luft
vorherrschend ist. Sie durchzieht ihren ganzen Körper und für sie sind die
vordem Bewegungsorgane organisirt. Eben so die wahren geflügelten Insecten
in der Reihe der gegliederten Thiere. Die Thierklassen theilen sich wieder in
geringere Variationen, die wir Familien nennen, welche nicht nur den Haupt-
typus , sondern auch den Typus der Klasse mit besondern Modifikationen tragen,
wodurch sich der Character der Familie bildet. Modificationen geringem Gra-
des in diesem Familien-Character geben die Gattungen. So geht es fort bis zu
den Arten und Abarten.

Wenn es richtig ist, dafs alle gröfsern und kleinem Gruppen von Thieren
auf einem doppelten Verhältnifs beruhen, dem der höhern oder geringem Ausbil-
dung und der Variation der Haupttypen in "V erschiedenheiten geringem Grades,
und dieser wieder weiter, so ist eine einreihige Fortbildung des Thiers im gan-
zen Thierreiche eine unrichtige Vorstellung.

höhere Stufe
der Ausbil-
dung.

ß- Der Em-

Machen wir nun von dieser Uebersicht der bleibenden Formverhältnisse
unter den verschiedenen ausgebildeten Thieren auf die Bildungsgeschichte der eine \'immer

einzelnen Individuen die Anwendung!

Ee 2

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Vor allen Dingen ist es klar, daTs die Verhältnisse, welche wir höhern
und niedern Grad der Ausbildung des Thiers genannt haben, ganz übereinstim-
men mit der in der Entwicklungsgeschichte des Individuums immer mehr hervor-
tretenden histologischen und morphologischen Sonderung (vergl. Scholion III. c. d.).
In dieser Hinsicht ist also grofse Uebereinstimmung. Die Grundrnasse, aus der
der Embryo besteht, ist übereinstimmend mit der Körpermasse der einfachsten
Thiere. In beiden sind wenig bestimmte Formen, ein geringer Gegensatz von
Theilen, und die histologische Sonderung bleibt noch hinter der morphologischen
zurück. Wenn wir nun die niedern Thiere überblicken, in einigen mehr innere
Ausbildung bemerken, als in andern, und sie dann nach dieser Ausbildung in eine
Reihe stellen oder aus einander entwickelt uns denken; so ist es nothwendig, dals
wir in der einen wirklich historisch begründeten Folge und in der andern gene-
tisch gedachten Reihe eine Uebereinstimmung eben
in dieser fortgehenden innern
Sonderung finden, und es lassen sich also eine Menge Uebereinstinimungeu zwi-
schen dem Embryo höherer Thiere und der bleibenden Form niederer Thiere
nachweisen.

Unsre Erzählung der Entwickelungsgeschichte des Hühnchens ist nur ein
langer Commentar zu dieser Behauptung. Die Wirbelsaite ist der zuerst sich son-
dernde Tlieil. Von dieser erheben sich die Rückenplatten, bald treten auch die
Bauchplatten hervor und das Rückenmark sondert sich. Alle diese Bildungsmo-
mente treten sehr früh auf— und man sieht, dals von jetzt an von einer Ueber-
einstimmung mit einem wirbellosen Thiere nicht mehr die Rede seyn darf, dals
vielmehr die Verhältnisse, welche den wesentlichen Character des Wirbelthiers
bilden, die ersten sind, die auftreten. Es ist aber der Anfang der Entwickelungs-
geschichte für alle Klassen von Wirbelthieren sehr ähnlich. Deshalb können wir
nicht blofs für die Vögel, sondern allgemeiner sagen:
Der Embryo des Wirbtl-
thiers ist schon anfangs ein Wirbelthier ,
und hat zu keiner Zeit Uebereinslim-
murig mit einem wirbellosen Thiere. Eine bleibende Thierform aber, welche
den Typus der Wirbelthiere hätte, und eine so gelinge histologische und morpho-
logische Sonderung, wie die Embryonen
der Wirbeltliiere, ist nicht bekannt. Mit-
hin durchlaufen die Embryonen der Wirbelthiere in ihrer Erilwiclelung gar lceine
(bekannten) bleibenden Thierformen.

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Sollte sich aber für die Entwickelungsgeschiehte des Individuums als Inha-
ber einer besondern organischen Form gar kein Gesetz auffinden lassen? Ich glau- SidÄciT
be, ja, und will versuchen, es ans folgenden Betrachtungen zu entwickeln. Die mehr
Embryonen der Säugethiere, Vögel, Eidechsen und Schlangen, wahrscheinlich untergeord-
auch der Schildkröten, sind in frühern Zuständen einander ungemein ähnlich im ti^nenT"""
Ganzen, so wie in der Entwickelung der einzelnen Theile, so ähnlich, dafs man
oft die Embryonen nur nach der Gröfse unterscheiden kann. Ich besitze zwei
kleine Embryonen in Weingeist, für die ich versäumt habe die Namen zu notiren
und ich bin jetzt durchaus nicht im Stande, die Klasse zu bestimmen, der sie an-
gehören. Es können Eidechsen, kleine Vögel, oder ganz junge Säugethiere seyn.
So übereinstimmend ist Kopf- und Rumpfbildung in diesen Thieren. Die Extre-
mitäten fehlen aber jenen Embryonen noch. Wären sie auch da, auf der ersten
Stufe der Ausbildung begriffen, so würden sie doch nichts lehren, da die Füfse
der Eidechsen und Säugethiere, die Flügel und Füfse der Vögel, so wie die Hände
und Füfse der Menschen sich aus derselben Grundform entwickeln. Je weiter wir
also in der Entwicklungsgeschichte der Wirbelthiere zurückgehen, desto ähn-
licher finden wir die Embryonen im Ganzen und in den einzelnen Tlieilen. Erst
allmählig treten die Charactere hervor, welche die gröfsern, und dann die, welche
die kleinern Abtheilungen der Wirbelthiere bezeichnen.
Aus einem, allgemeinern
Typus bildet sich also der speciellere hervor.
Das bezeugt die Entwickelung des
Hühnchens in jedem Momente. Im Anfange ist es, wenn der Rücken sich schliefst,
Wirbelthier, und nichts weiter. Indem es sich vom Dotter abschnürt, die Kie-
menplatten verwachsen und der Harnsack hervortritt, zeigt es sich als Wirbel-
thier, das nicht frei im Wasser leben kann. Erst später wachsen die beiden
Blinddärme heraus, es tritt ein Unterschied in den Extremitäten ein und der Schna-
bel wächst hervor; die Lungen rücken nach oben; die Luftsäcke sind in der An-
lage kenntlich, und man kann nicht mehr zweifeln, dafs man einen Yogel vor sich
habe. Während sich der Vogelcharakter durch weitere Entwickelung der Fliiae]
und Luftsäcke durch Verwachsung der Mittelfufsknorpel u. s. w. noch mehr aus-
bildet, verliert sich die Schwimmhaut, und man erkennt einen Landvogel. Der
Schnabel, die Füfse gehen aus einer allgemeinen Form in eine besondere über,
der
Kropf bildet sich aus, der Magen hatte sich schon früher in zwei Höhlen ge-
schieden, die Nasenschuppe erscheint. Der Vogel erhält den Character der Hüh-
nervögel und endlich des Haushuhnes.

Eine unmittelbare Folge, ja nur ein veränderter Ausdruck des oben Ge- d. Je weni-
zeiiZten ist es, wenn wir sagen: Je verschiedener zwei Thierformen sind„ um detto ger die Ent"

r • TJ 7-1 -7 Wickelung

mehr mufs man in der Entwickelungsgeschichte zurückgehen , um eine Ueberein- vorgeschrit-

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ten ist, de- Stimmung zu finden1). Wir wollen, um zu zeigen, clafs das Verhältnifs nicht
findäetnlman blofs für die Wirbelthiere gilt, einige Beispiele aus der niedern Thierwelt wäh-
heterogene len\' Die Differenz unter den langschwänzigen und kurzschwänzigen Krebsen ist
Th?eregene nicht sehr grofs. Der Flufskrebs nun hat in der Mitte seines Embryonenlebens
einen ziemlich kurzen Schwanz im Verhältnifs zu dem breiten Bruststücke und
man würde ihn von kurzgeschwänzten Krebsen schwer unterscheiden, da diese
nach Cavolini\'s Abbildung im Embryonenzustande verhältnifsmäfsig lang ge-
schwänzt sind. Je weiter wir zurückgehen, um desto ähnlicher
finden wir im
Krebse die Frefswerkzeuge den Füfsen, ja sie sind im Anfange recht eigentlich
die vordem Füfse, und nichts weiter. Wir haben also nicht nur ein Näherstehen
am Grundtypus (Uebereinstimmung der verwandten Organe), sondern auch
eine
Aehnlichkeit
mit den Stomapoden, Amphipoden undlsopoden, die im ausgebil-
deten Zustande von den Decapoden viel mehr abweichen, als diese unter sich.
Dazu kommt noch, dafs in den Decapoden dasIlerz nach Rathke (
Iris Bd. XVII.
S. 1098.) spindelförmig auftritt und gewils noch eine Meuge bisher noch unbe-
kannter
Uebereinstimmungen. Noch früher, wenn die Füfse zur Seite wie kleine
Knötchen hervorkeimen, und noch keine Kiemen sichtbar sind, ist auch mit wah-
ren Insecten im Embryonenzustande die Uebereinstimmung nicht zu verkennen. —
Ein Schmetterling und eine Sägewespe sind noch als ausgewachsene Larven leicht
zu verwechseln. Man hat zwar solche Larven auch mit Würmern verglichen,
indessen mufs man gestehen, dafs der Unterschied in wesentlichen Theilen noch
sehr grofs ist. Diese haben rothes Blut und keine Luftgefäfse. In jenen ist bei-
des umgekehrt. In der That aber sind die ausgewachsenen Raupen den Myria-
poden viel ähnlicher, und nur in sehr früher Zeit, wenn noch keine Luftgefäfse
entwickelt sind, die sich wahrscheinlich durch histologische Sonderung bilden,
ist eine nähere Uebereinstimmung mit dem Embryo des Blutegels, so lange er noch
kein rothes Blut hat.

Diese Bemerkungen führen uns auf die Frage, ob wir denn nicht immer
weiter zurückgehend auf eine Stufe gelangen können, wo auch die Embryonen der
Wirbelthiere und der Wirbellosen übereinstimmen. Ich werde in einem spätem
Zusätze, wo besonders von der Verschiedenheit des Bildungsschema für die Haupt-
typen der Thiere gesprochen wird, zu erweisen suchen, dafs auch die gegliederte
Thierreihe mit einem Primitivstreifen ihre Entwicklung beginnt. In diesem kur-
zen Momente wTiirde also Uebereinstimmung zwischen ihnen und den Wirbelthie-

1  Diese Bemerkung hebt durchaus die frühere im ersten Scholion enthaltene, von der Unbestimmt-
heit derselben Form im frühesten Zustande, nicht auf.

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ren sejrn. In dem eigentlichen Keimzustande ist aber wahrscheinlich Ueberein-
stimmung unter allen Embryonen, die aus einem wahren Eie sich entwickeln.
Hierin
liegt ein wesentlicher Grund, den Keim für das Thier selbst anzusehen
(Schob IL). Wenn im Keime des Vogels der Primitivstreifen sich bildet, so sind
wir zwar geneigt zu sagen: jetzt fängt der Embryo an. Im Grunde ist dieses aber
nur der
Moment, wo für den Keim der Typus der PVirbelthiere auftritt, denn der
Primitivstreifen ist keinesweges der ganze Embryo, da die Theile, die sich zu
den Bauchplatten umbilden, offenbar neben ihm im Keime liegen. Es ist nur der
Theil des Keimes, der zuerst individuelle Bildung annimmt. Eine sogenannte
Keimhaut ist aber in den Eiern der gegliederten Thiere ganz deutlich sichtbar.
Sie ist in den Mollusken fast gewifs, denn das Ei der Schnecken hat eine ungleiche
Färbung der Oberfläche. Ueberdiefs habe ich die Keimschicht und das Keim-
bläschen, die Vorgänger des Keimes, deutlich gesehen. Deshalb ist es mir sehr
wahrscheinlich, dafs alle wahren Eier einen gesonderten Keim haben.

Je weiter wir also in der Entwickelung zurückgehen, um desto mehr flu- jjj^j;
den wir auch in sehr verschiedenen Thieren eine Uebereinstimmung. Wir wer- ten
sind viel
den hierdurch zu der Frage geführt: ob nicht im Beginne der Entwickelung alle Thiere ^ 6
Thiere im Wesentlichen sich gleich sind, und ob nicht für alle eine Gemeinschaft- 8lei<;h 1u1"d
liehe Urform besteht r Wir haben so eben bemerkt, dafs allen wirklichen Eiern
Kugeln,
ein gesonderter blattförmiger Keim zuzukommen scheint. Ein solcher scheint den
Keimkörnern, so weit wir ihre Entwickelung kennen, zu fehlen. Sie scheinen
ursprünglich solide ; indessen wäre es immer möglich, dafs sie schon beim Ablö-
sen von der Mutter eine innere Höhlung haben, ähnlich der Centraihöhle im Dot-
ter, welche nur wegen der Dicke der zuweilen ziemlich dunklen Wandung dem
Microscope entgeht. Gesetzt aber auch, sie wären anfangs solide und würden
dann hohl, wie es mir an Keimkörnern von Cercarien und Bucephaleu schien 1),
so erkennen wir doch, dafs der erste Act ihrer selbstständigen Lebendigkeit in
der Aushöhlung besteht, wodurch sie zu hohlen, dickwandigen Blasen werden.
Der Keim im Eie ist nach Schol. II. c. auch als eine Blase zu betrachten, welche
im Vogeleie zwar nur allmählig den Dotter umwächst, aber schon anfangs durch
die Dotterhaut in
der Umhüllung ergänzt wird, im Froscheie schon die Blasenform
hat, ehe der Typus der Wirbelthiere auftritt, ja im Säugethiere vom Anfange an
die geringe Dottermasse schon zu umgeben scheint 2). Da der Keim aber das

1  Nova Acta Acad C. L. C. Nat. cur. Vol. XIII. T. 2. p. 653.

2  Heusinger\'s Zeitschrift für organische Physik. Bd. II. S. 173.

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ühausgebildete Thier selbst1 ist, so kann man nicht ohne Grund behaupten, dafs
die einfache
Blasenform die gemeinschaftliche Grundform ist, aus der sich alle
Thiere nicht nur der Idee nach, sondern historisch entwickeln. Das Keimkorn
geht in diese Urform der selbstständigen Thiere unmittelbar aus eigener Kraft über,
das Ei aber erst nachdem seine weibliche Natur durch die Befruchtung
aufgeho-
ben worden ist (vergl. das Coroll. zu Schol. I.). Nach dieser Einwirkung tritt
die Sonderung von Keim und Dotter, oder von Leib und Nahrungsstoff auf. Die
Aushöhlung des Keimkorns ist nichts anders.. ImEie jedoch ist anfangs ein fester
Nahrungsstoff (der Dotter) und ein flüssiger in der Centraihöhle; der feste Nah-
rungsstoff wird aber auch bald flüssig.

ƒ. Die indi- Wenn wir oben bemerkten, dafs man, um die Uebereinstimmung zweier

Wickelung Thierformen zu finden, in der Entwickelung um so weiter zurückgehen mufs, je
Thierfor™ verschiedener diese Thierformen später sind, so erkennen wir daraus als Gesetz
men durch- (]er individuellen Entwickelung,

läuft nicht

die ausgebil- j") JJafs das Gemeinsame einer gröfsern Thiergruppe sich früher im Embryo bil-
deten
For- \' J ,
men niede-
det, als das Besondere.

xer Thiere. .

Hiermit stimmt es ganz, dafs die Blasenform die allgemeine Urform ist; denn was
wäre allen Thieren mehr gemeinsam, als der Gegensatz einer innern und äufsern
Fläche?

2) Aus dem Allgemeinsten der Formverhältnisse bildet sich das weniger Allge-
meine und so fort, bis endlich das Speciellste auftritt.

Das ist schon oben durch das Beispiel der Wirbelthiere und namentlich der Vögel,
so wie auch der gegliederten Thiere erhärtet. Wir stellen diesen Satz nur noch
einmal auf, um als unmittelbare Folgerung aus ihm folgende Sätze über die Auf-
gabe der Untersuchung anzureihen.

S) Jeder Embryo einer bestimmten Thierform, anstatt die andern bestimmten
Formen zu durchlaufen, scheidet sich vielmehr von ihnen.

4) Im Grunde ist also nie der Embryo einer höhern Thierform einer andern
Thierform gleich, sondern nur seinem Embryo.

Nur dadurch, dafs die am wenigsten ausgebildeten Thierformen Vom Embryonen-
zustande sich wenig entfernen, behalten
sie einige Aehnlichkeit mit den Embryo-
nen höherer Thierformen. Diese Aehnlichkeit ist also, wenn unsre Darstellung
gegründet ist,
auf keine Weise das Bedingende der Entwickelungsgeschichte hö-
herer Thiere, sondern nur eine Folge der Organisation der niedern.

Die

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Die Entwicklung des Embryo ist in Bezug auf den Typus der Organisa- g. Die indi-
tion so , als ob er das Thierreich nach der von französischen Systematikern so ge- wickelnng"\'
nannten
Methode analytique durchginge, immer sieh von den verwandten schei-ist, ei" port>

® schreiten

dend, zugleich aber von der niedern Stufe innerer Ausbildung zur höhern fort- aus einer all-
schreitend. Wir bilden dieses Verhältnifs durch die umstehende Tafel ab. Im l^mSTrine
Einzelnen kann sie eben so wenig genügen, wie jede Darstellung organischer Yer- spe~
hältnisse auf einer Fläche. So mufs auch das einzeln Aufgeführte immer für den
ganzen Character gelten, z. B. Flügelbildung und Luftsäcke für den gesammten
Vogel-Character. Die Darstellung kann auch nur sehr unvollständig seyn, da
die Untersuchung für die meisten Thierformen kaum begonnen ist.

Dieses Schema soll nur versinnlichen, wie es sich zuerst entscheidet, ob
die Frucht ein wahres Ei oder ein Keimkorn ist, wie im Keime der Eier dann
noch alle Thiere gleich sind (siehe oben unter e.), wie dann der Haupttypus sich
fixirt (was wir Auftreten des Embryo nennen), wobei es vorläufig noch unent-
schieden bleiben mufs, ob irgend ein Strahlthier aus einem wahren Eie sich
bildet. Tritt nun der Typus des Wirbelthieres auf, so ist der Embryo anfangs
nichts als VVirbelthier überhaupt, ohne bestimmten Character. Wirbelsaite,
Rücken- und Bauchröhre, Kiemenspalten, Kiemengefäfse und ein Herz mit ein-
facher Höhle bilden sich in allen aus. Dann aber tritt eine Sonderung ein. In
einigen wachsen Kiemenfasern hervor und kein Harnsack, in andern dagegen
verwachsen die Kiemenspalten und es tritt ein Harnsack hervor. Die erstem sind
Wasserthiere, wenn auch nicht alle bleibend, die andern Luftthiere. Die letztern
bekommen alle Lungen. Verfolgen wir aber zuvörderst die erste Reihe! Die
Embryonen sind längere Zeit einander sehr ähnlich, sie treiben lange Schwänze
hervor und schleudern sich mit ihnen im Wasser umher. Dagegen entwickeln
sich ihre Extremitäten im Verhältnifs zu andern Embryonen sehr spät und
schwach. Sie bekommen nun entweder nie wahre Lungen und werden also
Fische, oder es bilden sich wahre Lungen. Es entwickeln sich unter den
letztern
die Lungen entweder schwach, in welchem Falle die Kiemen bleibend sind und
die Thiere Sireniden werden, oder die Lungen entwickeln sich stärker und die
Kiemen bleiben entweder frei bis sie aufhören zu functioniren (Salamander), oder
die Kiemen werden überdeckt, der Schwanz verliert sich und mit ihm die Fisch-
ähnlichkeit
(ungeschwänzte Batrachier). — In der zweiten Reihe der Wirbel-
thiere, welche keine äufsern Kiemen erhält, ist wohl der wesentlichste Unter-
schied der, dafs in einigen sich ein einfacher Nabel bildet (Reptilien und Vögel),
in andern dieser Nabel sich in eine Schnur auszieht, nachdem er überhaupt sich
rascher gebildet zu haben scheint (Schob II. &.). Wie sich nun der Vogel vom

Ff

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Amphibium scheidet, ist schon oben gezeigt. Wahrscheinlich tritt auch bald ein
Unterschied im
Gefäfssysteme ein, dessen Veränderungen in den Amphibien aber
noch nicht
bekannt sind. Wenn die Kiemenspalten der Eidechsen noch offen
sind, sieht das Herz ganz aus
wie beim Vogel um dieselbe Zeit. So wie nun im
Vogel erst allmählig der specielle Character der Familie und der Gattung auftritt,
so auch im Säugethier. Schwein und Hund sind sich anfangs sehr ähnlich und
haben kurze Menschengesichter. Noch länger besteht
die Äehnlichkeit zwischen
Schwein und Wiederkäuer, deren Nebenklauen fast eben so lang sind, als die
beiden mittleren. Uebrigens sind die Embryonen von Säugethieren noch lange
nicht hinlänglich beobachtet, um angeben zu können, wie und in welchen
Momenten sie sich von einander scheiden. Am meisten noch kennen wir
die
Unterschiede in der Form und dem Baue der Eier. Da diese sehr mannigfach sind,
in ihrer Form und ihrem Verhältnisse zur Mutler, so habe ich, um
die Säuge-
thiere aus dem Schema nicht auszulassen, vorläufig die Vertheilung nach den
Eiern versucht. Man kann nämlich die Embryonen zuerst in solche theilen,
welche frühzeitig geboren werden, und die in einem ausgebildeten Zustande zur
Welt
kommen. Unter den erstem werden die Eier der Monotremen vielleicht
unversehrt geboren. In den Beutelthieren reifst der Embryo von den Eihüllen ab.
Die länger zurückgehaltenen Eier können in drei Hauptabtheilungen gebracht
werden. Zu der ersten Hauptabtheilung rechne ich Eier, in denen der Dotter-
sack noch lange fortwächst. Sie geben Säugethiere mit schmalen hakenförmigen
Nägeln (Krallen). In einigen bleibt der Harnsack früh in der Entwickelung
stehen und der Fruchtkuchen ist auf eine Stelle beschränkt, oder zweilappig1) —
Nager —; in andern entwickelt sich der Harnsack zu einer mittelmäfsigen Aus-
dehnung — Insectenfresser — ; in noch andern überwächst er das ganze Amnion
in der Queerdimension, und der Fruchtkuchen ist gürtelförmig (Fleischfresser). —
Eine zweite Abtheilung von lange entwickelten Eiern bilden Eier, in denen
Dottersack und Harnsack klein sind, der Mutterkuchen einseitig und klein ist
und wie es scheint dem Mutterkuchen der Nager entgegengesetzt liegt. Das
Amnion und die Nabelschnur sind hier am gröfsten. Diese Eier geben Thiere mit
flachen Nägeln und dreilappigen Hemisphären des grofsen Hirnes 2). Eine dritte

1  \') Dafs in den Nagern der Harnsack sehr klein bleibt, mufs ich vorläufig Cu vi er nachschreiben,
da ich in frühern Untersuchungen darauf nicht die gehörige Aufmerksamkeit gerichtet habe,
und ich jetzt drei Monate hindurch vergeblich mich bemüht habe, trächtige Kaninchen zu
erhalten. Dafs im Igel, einem Insectenfresser also, der Harnsack mittelmäfsig grofs ist,
habe ich kürzlich beobachtet.

2  Es wäre sehr interessant, die Eier der Makis zu kennen, um zu entscheiden, ob sie denen
der Affen sehr ähnlich sind, oder nicht.

-ocr page 255-

Darstellung des Fortschrittes der Entwickelung.

Zu Seite 225.

fein Keimkorn
(selbst Keim).

? Thiere des -peripherischen Typus.

<" ? strahlige
Entwicklung. —

gewundene
Entwickelung.

_ Thiere mit massigem Typus.

symmetrische
Entwickelung. —

— Thiere mit Längen- Typus.

Die
thieri-

3

C/2

c/3


• —

_05

sehe
Frucht*

ist

entwe-

der :

oder

ein Ei

mit 1

einein <(

Keime.

In die-

sem

tritt

jmf:

doppelt
symmetrische
F.ntwickelunff. —

("das Skelet
verknöchert

nicht — Knorpelfische.

. das Skelet

\'^verknöchert — Knochenfische.

Lun-

Lsen-

- Amphibien.
Die Kiemen-
fransen :

("verharren. — Sireniden.

Tbleiben äufser-

P
3

1

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&JD
a
3
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ver- l lieh —
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Urodelen.
glicht, j

werden um-
schlossen —
Anuren.

3

H

Tkeine Flügel und Luftsäcke —

f keine I Reptilien. u

Nabel-^ «

schnür, Flügel und Luftsäcke — Vögel. ~

P? ohne Verbindung mit der 3
rdie I Mutter — Monotremen.

früh J ^

abfällt nach kurzer Verbindungmit £

\'^derMutter — Beutelthiere. J2

U
:0

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einen
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vor-
wach-
sen-
den
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^ eine
j Nabel-
schnur,

Säuge-
thiere.

f wächst Tsehr wenig —
lange
 Nager.

*orl\' 1 mittelmäfsig —
Harn
 Insectenfresser.

("keine
wah-
ren
Lun-
gen;

sack J stark —
wächst: U
Fleischfressee.

die

länger
ver

harrt. ■

Der
Dotter -
^sack:

wächst
wenig,
der
Harn-
(_sack:

pwächst wenig.
1 Nabelschnur sehr
lang —
Affen,
Mensch.

fineinzel-
\\ nenHäuf-
wächst 1 chen —
sehr 1
Wieder-
lang. käuer.

Frucht-
(jkuchen:

ausge-
breitet.
Pachy-
dermen.
l^Cetaceen.

fKie-
men-
fran-
sen.

Es bil-
den
sich:

Wirbel thiere.
Sie haben eine
Wirbelsaite,
Rückenplat J
ten, Bauch-J
platten, Ner- \'
venröhre ,
Kiemenspal-
ten , und er
halten :

-ocr page 256-

Vïh uusw t«i»P meatftizq&$$ th« e\'«»i4T tèvs t>oa Imu 9ï»iài

•iiisadg atïifel&aâîrbsaiô w ff*)pb- wlfi >J)i-*ilJ\'i3iri3l asiifig gf?|> imiy «aiiauJjiïuwi i

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Abiheilung von Eiern hat einen bald verkümmernden Dottersack, allein einen
ungeheuer nach zwei Enden auswachsenden Harnsack. Diese Eier geben Huf-
thiere und Flossenthiere, und zwar Thiere mit gespaltenem Hufe, wenn der
Fruchtkuchen über das ganze Ei vertheilt, aber doch in einzelnen Stellen gesam-
melt ist. Andere Hufthiere undCetaceen, wenn der Mutterkuchen gleichmäfsig
ausgebreitet ist 1). — Hiernach wird die Hauptverschiedenheit der Säugethiere
auch schon sehr früh im Eie bestimmt, denn je nachdem der Harnsack stark her-
vorwächst, oder nicht, wird das Ei lang oder kurz 2). Im erstem Falle bekommt
der Embryo nicht nur eine breitere Hornbedeckung für die Finger, sondern auch
einen zusammengesetzten Magen, und was damit verbunden ist, lange Kiefern,
ein Haches Kiefergelenk, gewöhnlich zusammengesetzte Zähne, Unfähigkeit zu
greifen und zu klettern u. s. w. Es ist überhaupt die plastische Reihe unter den
Säugethieren.

Einem Einwurfe gegen die ganze Darstellung kann ich nicht umhin zu be-
gegnen, der dadurch begründet scheint, dafs zuweilen Embryonen nahe ver-
wandter Thiere schon früh ziemlich verschieden aussehen. Es sind nämlich die
Embryonen der Schlangen sehr früh aufgerollt, und unterscheiden sich dadurch
merklich genug von den Eidechsen. Das rührt offenbar von der ansehnlichen
Länge, in welche hier der Typus der Wirbeltliiere ausgezogen ist. Die Zer-
gliederung zeigt im innern Baue grofse Uebereinstimniung, und da das hintere
Ende der Eidechsen auch eine Spirale bildet, so rührt der Unterschied wohl nur
daher, dafs der Typus der Wirbelthiere in den Schlaugen mehr in die Länge
gezogen ist, und er
scheint überhaupt gröfser als er ist, weil er so unverhüllt da
liegt. Eben so sind die Larven mancher Insectenfamilien für die äufsere Betrach-
tung sehr verschieden nach den einzelnen Gattungen. Viel hängt hier vielleicht
davon ab, ob sie längere oder kürzere Zeit im Eie verweilen. Dennoch wäre
dieser einzige Einwurf, den ich gegen die gegebene Ansicht zu machen wüfste,
auch nicht von Bedeutung, wenn nicht eine innere Verschiedenheit verwandter
Larven nachgewiesen wird.

Von einem Durchlaufen des Embryo durch die ganze Thierreihe kann
schon deshalb nicht die Rede seyn, weil er nie aus einem Haupttypus in den
andern übergeht. Unser Schema lehrt aber auch augenscheinlich, wie der

1  Nack einer brieflichen Mittheilung von Rudolphi hat das Chorion des Delphins Aehnlich-

2 keit mit dem der Pferde. Nach Bartholin soll es eine Piacenta exilis seyn.
»«) Vielleicht ist der Unterschied noch früher schon in der Schaalenhaut kenntlich. Siehe;
lieber die GefäfsVerbindung zwischen Mutter und Frucht. Leipzig, 1828, Fol.

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Embryo nie durch eine andre Thierform hindurchgeht, sondern nur durch den
Indifferenzzustand zwischen seiner Form und einer andern, und je weiter er rückt,
desto geringer ist der Unterschied der Formen, zwischen welchen die Indifferenz
liegt. In der That zeigt die Abbildung, dafs der Embryo einer gewissen Thier-
form im Anfange nur ein unbestimmtes Wirbelthier, dann ein unbestimmter
Vogel und so weiter ist. Da er zugleich innerlich sich ausbildet, so ist er in der
ganzen Reihe seiner Ausbildung zugleich ein immer mehr entwickeltes Thier.

Aber, wird man hier einwenden, wenn dieses Entwicklungsgesetz
richtig seyn sollte, wie war es möglich, dafs man für das frühere so viele un-
läusbare Gründe anführen konnte. Die Sache ist ziemlich leicht erklärlich.
Zuvörderst ist der Unterschied so grofs nicht, als er beim ersten Anblicke scheint,
und zweitens hat man, wie ich glaube, bei jener Ansicht zuerst sich eine An-
nahme erlaubt und nachher vergessen, dafs sie nicht erwiesen war, vor allen
Dingen aber den Unterschied zwischen Typus der Organisation und Stufe ihrer
Ausbildung nicht beachtet. Da nämlich der Embryo allmählig durch fortgehende
histologische und morphologische Sonderung sich ausbildet, so mufs er in
dieser
Hinsicht mit wenig entwickelten Tliieren um so mehr übereinstimmen, je jünger
er ist. Ferner weichen die verschiedenen Thierformen bald mehr bald weniger
vom Haupttypus ab. Der Typus selbst ist natürlich nirgends rein ausgebildet,
sondern nur unter bestimmten Modificationen. Nun scheint es aber ganz noth-
wendig, dafs diejenigen Formen, in welchen die Thierheit am höchsten ausge-
bildet ist, am meisten vom Grundtypus abweichen. In allen Grundtypen näm-
lich , wenn ich sie richtig aufgefunden habe, liegt eine gleichmäfsige Vertheilung
der organischen Elemente. Wenn nun vorherrschende Centraiorgane sich bilden,
und vor allen Dingen ein Centraltheil des Nervensystemes, wonach wir doch am
meisten die höhere Ausbildung abmessen müssen, so wird nothwendig der Typus
bedeutend modificirt. Die Würmer, die Myriopoden haben einen gleichgliedrigen
Körper und stehen dem Typus näher als die Schmetterlinge. Ist nun das Gesetz
wahr, dafs bei der individuellen Ausbildung der Haupttypus zuerst bestimmt
wird und nachher die Modificationen, so mufs der unentwickelte Schmetterling
der ausgebildeten Scolopendra und selbst dem ausgebildeten Rundwurme ähnlicher
seyn, als umgekehrt die junge Scolopendra oder der junge Rundwurm dem aus-
gebildeten Schmetterlinge. Nimmt man nun auf die Eigentümlichkeiten des
Rundwurmes, das rothe Blut z. B., das er auch erst später erhält, nicht Rück-
sicht, so kann man leicht sagen, der Schmetterling sey anfangs ein Wurm.
Dasselbe ist deutlich bei den Wirbelthieren. Die Fische sind weniger vom
Grundtypus entfernt, als die Säugethiere, und besonders der grofshirnige Mensch.

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Sehr natürlich also, dafs der Embryo der Säugethiere dem Fische ähnlicher ist,
als der Embryo des Fisches dem Säugethiere. Wenn man nun im Fische nichts
erkennt, als das wenig ausgebildete Wirbelthier (und das ist die unbegründete
Annahme, deren wir oben erwähnten), so mufs man das Säugethier für einen
höher ausgebildeten Fisch halten, und dann ist es ganz consequent zu sagen, der
Embryo des Wirbelthieres sey anfangs ein Fisch. Deswegen durfte ich früher
behaupten (§. 1.), dafs mit der herrschenden Ansicht über das Entwicklungs-
gesetz die Ansicht von einer einseitigen Stufenleiter der Thiere nothwendig sich
verbindet. Nun ist aber der Fisch nicht blofs ein unvollkommenes Wirbelthier,
sondern hat aufserdem noch den Fischcharacter, wie die Entwicklungsgeschichte
deutlich nachweist.

Doch schon genug! Ich habe versucht, in der Versinnlichung des Ent-
wicklungsganges auch darzustellen, wie der Embryo des Menschen allerdings
dem Fische näher steht, alsumgekehrt, indem er sich weiter vom Grundtypus
entfernt, und nur aus diesem Grunde ist manches Problematische, wie die Nabel-
schnur der Monotremen, mit aufgenommen. Im Einzelnen kann diese Darstellung
eben so wenig alle Relationen richtig geben, wie jede andre Abbildung organi-
scher Verwandtschaften auf einer Fläche, auch wenn die Untersuchung schon
beendigt wäre, die doch kaum begonnen ist.

Wir fassen nur noch den Inhalt dieses Paragraphen an seinem Schlüsse
zusammen.
Die Eutwickelung eines Individuums einer bestimmten Thierform
wird von zwei Verhältnissen bestimmt, l) Von einer fortgehenden Ausbildung
des thierischen Körpers durch wachsende histologische und morphologische Son-
derung; 2) zugleich durch Fortbildung aus einer allgemeinem Form in eine mehr
besondere.

* *
*

i

Cor ollarien zum fiinft e n Scholion.

Die Entwicklungsgeschichte ist der wahre Lichtträger für Untersuchungen
über organische Körper. Bei jedem Schritte findet sie ihre Anwendung, und alle
Vorstellungen, welche wir von den gegenseitigen Verhältnissen der organischen
Körper haben, werden den Einilufs unsrer Kenntnifs der Entwickelungsgeschichte
erfahren. Es wäre eine fast endlose Arbeit, den Beweis für alle Zweige der
Forschung führen zu wollen. Da aber jene Vorstellungen von selbst sich umge-
stalten müssen, wenn man den Entwickelungsfortgang anders aufgefafst hat, so

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mag es erlaubt seyn, Einzelnes herauszuheben, um daran den Einflufs der hier
gegebenen Darstellung zu beurkunden und eben dadurch ihre Ausführlichkeit zu
rechtfertigen. Ich habe versucht, auch diese Zusätze oder Anhänge so zu ordnen,
dafs die frühern zum Verständnifs der nachfolgenden beitragen, doch hat es mir
nicht in allen Einzelheiten gelingen wollen, wenn ich nicht viele erläuternde
Episoden einschalten wollte. Man wird ohnehin über Wiederholungen zu klagen
haben. Die gröfste Wiederholung geht aber schon daraus hervor, dafs alle diese
Betrachtungen eben nichts sind, als Reflexe vom Inhalte dieses Scholions.

Erstes Corollarium.

Anwendung dieses Scholions auf die Lehre von den Hemmungsbildungen.

Es ist nicht mehr an der Zeit den Beweis zu führen, dafs die Mifsbil-
dungen nur verstanden werden können aus der Kenntnifs der regelmäfsigen Ent-
wickelung. — Nur über die Hemmungsbildungen erlaube ich mir ein Wort, da
man wohl hie und da das Yerstehen dieser Mifsbildung für unzertrennlich von der
Ansicht einer Durchbildung der höhern Thierform durch specielle niedere Thier-
formen angesehen hat, und glauben könnte, dafs ein Widerspruch gegen diese
Vorstellung auch ein Widerspruch gegen die Vorstellung von Hemmungsbildungen
sey. Die Lehre von den Hemmungsbildungen steht aber zu fest, um durch die
veränderte Ansicht von der Aufeinanderfolge der Formenverschiedenheiten in der
Entwickelung der höhern Organismen erschüttert zu werden. Jedoch wird man
diese Mifsstaltungen nicht für ein Zurückbleiben einer fremden Thierform die
der Embryo hätte durchlaufen sollen, sondern ganz einfach für ein theilweises
Stehenbleiben auf einer frühern Stufe der eigenen Entwickelung ansehen müssen.
Zuweilen ist allerdings eine Aehnlichkeit mit irgend einer bleibenden Thierform
in einzelnen Theilen in die Augen springend, allein es ist eben so leicht erweis-
lich, dafs diese Aehnlichkeit nicht das Bedingende der Mifsgestaltung, sondern
das Resultat anderer Verhältnisse ist, entweder 1) weil jene Thierform dem
Grundtypus näher steht, wo denn ein Zurückbleiben auf einer frühem Bildungs-
stufe eine höhere Form einer solchen nothwendig näher bringen muß, oder
2) weil ein umgeändertes Bildungsverhältniis sich dem ßihlungsverhältnisse des-
selben Theiles in einem andern Thiere nähern kann. So ist z. B. die Nase des
Menschen zuweilen in einen Rüssel verlängert, welche an den Rüssel des Schwei-
nes erinnert. Es geht aber die menschliche Nase nie durch eine Bildung hin-
durch , in welcher sie der Nase des Schweines ähnlich wäre. Vielmehr ist die

Nase

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Nase des Schweines in der vierten Woche des Embryonenlebens nicht nur der
Nase des frühen menschlichen Embryo ähnlich, sondern selbst der Nase des
erwachsenen Menschen viel ähnlicher, als in späterer Zeit. Dieses Verhältnifs
stimmt ganz mit der allgemeinen Regel. Die Nase der Luft atmenden Säuge-
thiere ragt gewöhnlich nicht über die Kiefern hervor. Die Besonderheit des
Schweinerüssels tritt also eben so wohl als die Besonderheit der menschlichen
Nase später aiif, ohne dafs eine Form durch die andere hindurch gebildet würde.
Wenn nun der Mensch den Rüssel eines Schweines hat, so ist das keine Hem-
mungsbildung, sondern die Folge einer abweichenden Bildung, die ein Resultat
hat, wie im Schweine, wo sie aus normalen Verhältnissen hervorgeht. — Da
wir grade eine Formabweichung der Nase vor Augen haben, so erinnere ich nur
an den Wolfsrachen, als einer unbezweifelbaren Hemmungsbildung, die aber
eben so sicher nicht ein Stehenbleiben auf einer andern Thierform ist.

Zweites Corollarium.

Anwendung der gegebenen Darstellung auf die Bestimmung der einzelnen Or-
gane in den verschiedenen Thierformen,

Die nähere Kenntnifs der Entwickelungsgeschichte wird uns auch einst die
einzig sichern Bestimmungsgründe für eine passende Benennung und richtige Beur-
teilung der organischen Theile in den verschiedenen Thierformen geben, und
schon jetzt läfst sich in dieser Hinsicht Einiges erkennen.

Da nämlich jedes Organ das was es ist, nur durch die Art seiner Eut-
wickelung wird, so kann sein wahrer Werth nur aus seiner Bildungsweise erkannt
werden. Wir urtheilen jetzt meistens nach einem unbestimmten Gefühle, statt
jedes Organ nur als isolirte Bildung seines Fundamentalorganes zu betrachten und
von diesem Gesichtspunkte aus die Uebereinstimmung und Verschiedenheit in den
verschiedenen Typen zu erkennen. Ein jeder Typus hat nämlich nicht nur seine
Fundamentalorgane, sondern in jedem Typus theilen sich diese in individuelle Or-
gane , die nicht ganz das seyn können, was sie in einem andern Typus sind. Wir
bedürfen daher einer vollständigen Benennung, welche nicht blos die Namen der
Organe aus dem Typus der Wirbeltiere auf die Organe anderer Typen anwendet,
sondern diesen eigene Namen giebt, wenn sie andern Ursprunges sind. Dieser
Forderung wird zwar kaum in einem Jahrhundert genügt werden können, indes-
sen wird es gut seyn, die Aufmerksamkeit darauf zu richten. Allerdings hat

schon oft die unmittelbare Beobachtung des ausgebildeten Thiers zur Erkennung

Gg

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der wesentlichen Verschiedenheit geführt; vielleicht hat man aber die bedingen-
den Verhältnisse weniger ins Ange fassen können.

Ich erinnere zuvörderst an die Frage, wie die Reihe von Nervenknoten auf
der
Bauchseite der gegliederten Thiere zu benennen sey. Ein Rückenmark bil-
den sie gewifs nicht, da dieses aus einer Nervenröhre besteht, die nur durch das
Schema, das die Entwickelung
der Wirbelthiere beherrscht, erzeugt wird. Dem
sympathetischen Nerven der Wirbelthiere sind jene Nervenknoten eben so wenig
vergleichbar, denn sie versorgen die der Willkühr unterworfenen Muskeln, und das
plastische Nervensystem liegt in den gegliederten Thieren auf der Rückenfläche 1).
Sie sind vielmehr die Enden der paarigen Nerven des animalischen Lebens, und
eben deshalb, wie schon Web er und Treviranus bemerkt haben, den im Wir-
belthier von ihrer Einfügung in das Rückenmark sogenannten Rückenmarksnerven
mit ihren Spinalganglien vergleichbar. Diese Nerven haben jedoch im geglieder-
ten Thiere nur eine Reihe von centralen und von peripherischen Enden, weil der
ganze animalische Theil des Leibes ein einfach symmetrischer und nicht ein dop-
pelt symmetrischer ist.

Ob man das vorderste Nervenknotenpaar der gegliederten Thiere Hirn nen-
nen soll, oder nicht, hängt ganz davon ab, welche Bedeutung man dem Worte
Hirn geben will. Gewifs ist es nicht
das Organ, welches wir in Wirbelthieren
Hirn nennen, denn dieses ist das vordere Ende der Nervenröhre, die den geglie-
derten Thieren fehlt. Es ist vielmehr das vorderste Knotenpaar in der Ganglien-
reihe, und da diese mit den Spinalganglien der Wirbelthiere zu vergleichen ist,
so erscheint jenes sogenannte Hirn für den Längentypus das, was der Gasser sehe
Knoten für die Wirbelthiere ist. Auch dieser nimmt ja Sinnesnerven auf. Man
scheint ein besonderes Gewicht darauf zu legen, dafs er
über dem Schlünde liegt.
Das scheint mir jedoch eine unrichtige Ansicht. Er liegt eigentlich nur
vor dem
Schlünde. Die MundöfFnung ist nämlich wenn wir den Längentypus ganz rein in
seiner Idee auffassen, nicht am vordersten Ende, sondern nach unten gerichtet,
so wie auch die Mundöffnung der Wirbelthiere nicht am vordersten Ende des Ty-
pus der Wirbelthiere liegt, sondern etwas hinter ihm nach der Bauchfläche zu,
weshalb ein Theil der Bauchplatten, die Wandung der Nase nämlich, vor und

1  Zwar war ich schon früher bestimmt worden, den sogenannten zurücklaufenden Nerven der
gegliederten Thiere für ihr plastisches Nervensystem zu halten, weil ich im Krebse ihn weit
verfolgt hatte, indessen bin ich durch eine briefliche Mittheilung des Herrn Prof. J. Müller
über den Gegenstand erst vollständig belehrt. Müller\'s Genauigkeit in der Untersuchung und
Feinheit in der Zergliederung ist es gelungen, diesen Nerven in der ganzen Ausdehnung der pla-
stischen Organe zu verfolgen, worüber derselbe mir eine vortreffliche Abbildung mitzutheilen
die Güte gehabt hatte.

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über der Mund Öffnung liegt Beim Hühnchen ist es sehr deutlich, dafs der Mund
nach unten durchbricht. Dafs in den gegliederten Thieren die Mundöffnung der
untern Hälfte der einfachen Ringe angehört, zeigen sehr deutlich die Krebse, aber
auch diejenigen Formen, die den Typus weniger verändert darstellen, die Anne-
liden. Im Regenwurm z. B. zeigt dieses Verhältnifs der über die Mundöffnung
hinausgehende sogenannte Rüssel deutlich. Er enthält die vordersten unvollstän-
dig ausgebildeten Ringe. Wenn nun in den gegliederten Thieren die Mundöff-
nung zwar vorn, aber doch an der untern Fläche ist und dem vordersten Ende der
Bauchfläche entspricht, so muls noth wendig ein Nervenknotenpaar vor der Mund-
öffnung
liegen, und dafs es der obern Wand näher liegt, als die hintern Knoten,
rührt eines Theils vom Durchbruche des Mundes, andern Theils davon her, dafs
es eben das vorderste Ende einnimmt. Sehr häufig liegt es wirklich in derselben
Ebene mit den übrigen, wie in den Crustaceen, wo der Mund weiter nach hinten
liegt, und in den Insecten, wo der Kopf mehr oder weniger mit der Mundöffnung
nach unten gerichtet ist. Nur in den Anneliden ist seine Lage entschieden, aber
doch nur wenig nach oben. Die hier folgende Skizze wird es anschaulich ma-
chen , dafs das sogenannte Hirn der Insecten die Bedeutung der hintern Ganglien
hat und
der Schlundring nur eine secundäre Bildung ist, abhängig vom Durch-
bruche des Mundes, veranlafst durch die Symmetrie des Baues und die nothwen-
dige Verknüpfung aller Ganglien 1).

*

Dafs das sogenannte Hirn in der Form häufig von den übrigen Ganglien ab-
weicht, kann kein Widerspruch seyn, da auch diese um so weniger gleich sind,
je verschiedener die einzelnen Abschnitte des Körpers ausgebildet sind. Dafs es
häufig (obgleich nicht immer) an Masse überwiegt, ist unmittelbare Folge der
Tg 0g am vordem Ende, worüber ich auf das 4te
Corollarium verweise.

Will man aber mit dem Ausdrucke Hirn nicht ein bestimmtes Organ, son-
dern den Centraltheil des Nervensystems überhaupt oder diejenige Nervenmasse
be-
zeichnen,
welche Sinneseindrücke empfängt, dann kann man allerdings den In-

1  Es freut mich, dafs ich noch vor Abgange des Manuscriptes das erste Heft von Meckel\'s Ar-
chiv für A. u. Ph. 1828 erhalte. Mü 11 er beweist hier, dafs in den Scorpioniden der Schlund
gar nicht von einem Nervenririge umgeben ist. Desto besser! Wir sehen daraus deutlich, dafs
dieser Ring nur abhängig ist von der Eage des Mundes und der Sinnes-Nervenknoten. In den
Spinnen ist Aehnliches.

Gg 2

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fecten ein Hirn zufchreiben. Nur mufs man sieb dieser Bedeutung bewufst blei-
ben
und für die erstere Bestimmung scheinen in den Spinnen die im Bruststücke
zusammengedrängten Nervenknoten als Hirn betrachtet werden zu müssen. Eine
Art Bewegungshirn!

Dasselbe gilt für das Nervenhalsband der Mollusken. Es ist nicht das Or-
gan
, welches wir Hirn nennen, auch nicht in den Cephalopoden, sondern ledig-
lich der Centraltheil eines Nervensystems, welches in seinen allgemeinsten Bezie-
hungen mit dem plastischen Nervensystem der Wirbelthiere verglichen werden
kann, welches aber, da es nicht an ein Hirn und Rückenmark als beherrschen-
den Centraltheil sich anschliefst, eine andere Form hat. Das sogenannte Hirn der
Cephalopoden kann ich für nichts anders als das Nervenhalsband der Gasteropoden
ansehn. In jenem sind die Ganglien zusammengeschmolzen, in diesem sind sie
mehr getrennt. Es ist ein Centrum des plastischen Nervensystems und kann nur
mit den
Ganglien verglichen werden, welche in Wirbelthieren Fäden an die Sin-
nesorgane und andre Kopftheile abgeben, hier aber kein herrschendes Centrum
haben, sondern sich dem Hirne unterordnen. Betrachtet man in den Wirbelthie-
ren das
Ganglion maxillare, das sogar auch einen Nerven aus dem Ohre erhält, in
Verbindung mit dem
Ganglion caroticum, petrosum, Vidi an um, ciliare, und den
Fäden, die an die Sinnesorgane und die Schlingwerkzeuge gehen, so
hat man auch
einen Ring, durch welchen der Anfang des verdauenden Kanales durchgeht.

Wie jeder Theil nur verstanden werden kann aus seiner Beziehung zum
Typus und seiner Entwicklung aus demselben, lehren uns andre Theile noch auf-
fallender. Die Luftröhren der Insecten sind freilich luftführende Organe, aber
nicht das Organ, welches wir in Wirbelthieren Luftröhre nennen, weil dieses
eine Entwicklung der Schleimhautröhre ist, die Luftröhren der Insecten aber ent-
weder durch histologische Sonderung oder durch Hineinstülpung der äufsern Haut
entstanden seyn müssen.

Zuweilen hat man dasselbe Wort für verschiedene Organe nur aus Mangel
eines andern Wortes angewendet, die Verschiedenheit aber allgemein anerkannt.
So hat kein Anatom wohl die Flügel der Insecten für gleich mit den Flügeln der
Vögel angesehen. Auch in den Füfsen hat man die wesentliche Verschiedenheit
der ersten Glieder wohl nie verkannt. Für die Antennen hat man mit Recht ein
besonderes Wort verwendet. Sie sind auch allerdings nicht in den Wirbelthieren.
Allein sie sind die Flügel des Kopfringes, das lehrt nicht nur ihre Stellung, son-
dern auch ihre Entwickelungsweise. Sie haben in der Puppe dasselbe Lagenver-
hältnifs wie die Flügel, mit dem Unterschiede nur, dafs sie vom Kopfe kommen.
Eben deshalb sind sie auch übereinstimmend mit den Seitenanhängen der Krebse.

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Welche Sinneseindrücke nun auch diese Antennen haben mögen, so sind sie doch
nie die Tastorgane, Riech- oder Hörorgane der Wirbelthiere, sondern empfin-
dende
Kopfflügel.

Ich möchte durch diese Betrachtungen verständlich machen, wie ein jeder
Typus für sich studirt seyu will, und im Grunde seine eigenen Organe hat, wel-
che nie ganz so in andern Typen sich wieder finden. Zuweilen wird zwar der
Unterschied nur gering seyn. Der Verdauungskanal entsteht bei allen Thieren
aus der dem Dotter
zugekehrten Fläche. In ihm wird der geringste ursprüngliche
Unterschied sich erkennen lassen. Allein in seiner fernem Gliederung in Organe
wird sich dennoch
für die Bedeutung der einzelnen Organe ein Unterschied auf-
finden lassen, denn bekanntlich ist es oft sehr schwer, die einzelnen Abtheilun-
gen, wie Magen u. s. w. zu benennen. Es wird besser gelingen, wenn wir jeden
Theil nur nach andern Thieren desselben Typus bestimmen. — Wie wenig sich
die Geschlechtstheile der massigen Reihe aus den Wirbelthieren deuten lassen, ist
bekannt. Noch auffallender ist das Tentakelsystem mit seinen Gefäfsen, welches
in mannigfachen Verschiedenheiten in den strahligen Thieren sich findet, denn
die flimmernden Rippen der Beroen und das Ringgefäfs einiger (wenn nicht aller)
Medusen darf man wohl als Modification dieses Systems betrachten. In den ge-
gliederten Thieren und den Wirbelthieren kennen wir aber nichts Aehnliches.
Es ist wohl dem peripherischen Typus eigenthümlich.

Es wird hinlänglich seyn zu bemerken, wie wenig also die Vorstellung
der Natur entspricht, dafs alle Thiere nur als zerstreute Organe der menschlichen
Organisation zu betrachten sind. Einige Organe des Typus der Wirbelthiere mö-
gen immerhin die Organe der massigen und der gegliederten Reihe in sich enthal-
ten, wie es für die Sinnesorgane wenigstens mir wahrscheinlich ist.

Wie selbst in den Wirbelthieren die Entwickelungsgeschichte nur in der
Deutung der Organe leiten kann, werde ich vielleicht in einer besondern Abhand-
lung zeigen.

Drittes Gorollarium.

Anwendungen auf die Erkenntnifs der thierischen Verwandtschaften.

Ich habe oben (Schob V. 1.) zu behaupten gewagt, dafs die Vorstellung «.Einreihige
von einer einreihigen Aufeinanderfolge der Thiere die vorherrschende ist, und ich ^Sf der
sehe voraus, dafs man diese Aeufserung für viel zu weit gehend ansehen wird, da ™"ceheStde
nur wenige Naturforscher unserer Tage sich laut und entschieden für dieselbe er-
Vorstei-
klären, ja nicht wenige bestimmt sich gegen dieselbe ausgesprochen haben. Ich lun8swe,se-
mufs daher meine Behauptung mit einigen Zügen zu beweisen suchen.

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Die Ansicht hat, wie ich glaube, viel mehr unbewufste als bewufste An-
hänger. Es scheint mir nämlich, clafs aus längst verflossener Zeit sich eine Menge
Vorstellungen, die auf der Ansicht von einer Stufenleiter beruhen, sich fortge-
pflanzt haben und ohne dafs wir es wüfsten, unsrer Ansicht der organischen Ver-
wandtschaft eine Farbe geben, die nicht aus der Untersuchung stammt. Sind die
Behauptungen, dafs die Cephalopoden oder die Krebse sich an die Fische anschlie-
fsen oder gar in sie übergehen, nicht Ausdrücke dieser Grundansicht ? Aus einer
unmittelbaren und freien Vergleichung der Organisation können sie doch wohl
nicht hervorgegangen seyn. Eben so unbegreiflich ist die Verbindung zwischen
den Ecliinodermen und Mollusken. Gehen diese Versuche, zwischen zwei entlege-
nen Ländern Brücken zu schlagen, nicht aus dem Bestreben hervor, jedes Glied auf
zwei Seiten anzuknüpfen P Hatte man nämlich die Crustaceen aus dem Typus, der
in den gegliederten Thieren herrscht, verstehen gelernt, so wollte man nun, da
man sie als die am meisten ausgebildeten derselben betrachtete, (womit ich nicht
einstimmen möchte,) auch von ihnen weiter gehen. Eben so glaubte man, es müsse
ein Weg von dem höchsten Strahlthiere zu andern Ländern führen. — Sehen wir
aber nach unsrer Ansicht die einzelnen Formen oder Gruppen von
Formen als Va-
riationen auf ein Thema an, so werden wir die Uebergänge nur einzeln finden
und nur als Folge der Umbildungsfähigkeit einer Form, eben deshalb nicht als an
sich nothwendig und bestimmend. Dann werden wir nicht verleitet werden, im
Heterogen Uebereinstimmung zu finden, indem wir die Stufenfolge nicht als das
Bedingende der thierischen Formverschiedenheiten ansehen.

Die Streitfrage, ob die gegliederten Thiere oder die Mollusken höher ste-
hen, scheint mir ebenfalls nur auf dieser Ansicht einer einreihigen Ausbildung zu
beruhen. Fafst man das Wesen der verschiedenen Typen gehörig auf, so
scheint
es leicht einsichtlich, wie in dem einen die plastischen Bildungen vorherrschen,
in dem andern Empfindungs - und Bewegungsorgane. Das Herz und die Leber
der Mollusken, so wie überhaupt ihre Drüsen, werden uns also wohl nicht be-
stimmen können, sie höher als die gegliederten Thiere zu stellen. Beinahe eben
so einseitig wäre es, diese alle über die Mollusken zu stellen, obgleich sie im All-
gemeinen doch durch gröfsere Mannigfaltigkeit der Aeufserungen des Lebens eher
auf eine solche Stelle Anspruch machen könnten. Im Grunde hat aber jeder die-
ser Abschnitte des Thierreiches sein eigenes Maafs, welches nur aus seinem Ty-
pus genommen werden darf. Je gröfser die histologische und morphologische Son-
derung , desto höher nach unsrer Ansicht die Ausbildung innerhalb desselben Ty-
pus. Eine geringere morphologische Sonderung ist aber immer eine Annäherung
an den Grundtj pus. Niedriger organisirt scheinen uns also die Anneliden wegen

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Gleichheit der Glieder trotz des Gefäfssystems, dessen Beschränkung in den In-
secten leicht verständlich ist durch die Entwickelung der Luftgefäfse. Nicht viel
höher stehen uns die Myriapoden, deren Freiswerkzeuge noch wahre Kopffüfse
sind und deren Kopf nur wenig von den übrigen, fast gleichen Ringen geschieden
ist. In den Thysanuren und Parasiten tritt mehr morphologische Sonderung her-
vor, und sie lassen den Bau der wahren Insecten ahnden.

So wie sich stufenweise Umbildungen von den Annulaten durch die Myria-
poden, Thysanuren, Parasiten zu den wahren Insecten erkennen lassen, eben so
durch die Isopoden, Amphipoden, Stomapoden zu den Decapoden und durch die
Scorpioniden zu den Araneiden. Warum man aber die eigentlichen Spinnen oder
die Decapoden unter den Krebsen für höher ausgebildet halten soll, als die eigent-
lichen Insecten, ist nicht klar. Etwa des vollständigen Gefäfssystems wegen?
Dieses ist ja nur Folge einer weniger lebhaftem Wechselwirkung mit der Luft, de-
ren stärkerer Einflufs immer die Entwickelung des thierischen Lebens fördert.
Giebt uns dagegen das Individualismen der organischen Bestandteile das MaaJs
für die Ausbildung, so bemerken wir in den zehnf\'üfsigen Krebsen aufser der ge-
ringen histologischen Sonderung, die mir offenbar scheint, eine Tendenz, Sinnes-
organe , Bewegungsorgane und plastische Organe in Einen Haupttheil zusammen-
zudrängen, wodurch zwar der Typus stark umgestaltet wird, die wesentlichen
Theile aber wenig gesondert werden; in den Spinnen ist wenigstens der plastische
Leib vom animalischen gesondert, in den Insecten mit Metamorphose aber schei-
den sich Sensibilität, Irritabilität und Plasticität, und zwar nur bei vollendeter
Entwickelung. Am höchsten ausgebildet unter ihnen scheinen mir wieder diejeni-
gen, deren Bruststück nicht wie im Floh, den Coleopteren, Orthopteren in
mehrere gesonderte Ringe zerfällt, sondern in Einen gesammelt ist. Diese sind es
auch, in denen die ursprünglich übereinstimmenden Theile, wie die Füfse und
Frefswerkzeuge, die gröfste Verschiedenheit erlangt haben. Sie sind es, welche
die am meisten ausgebildeten Flügel besitzen und die uns überhaupt die mannig-
faltigsten Aeufserungen des Lebens offenbaren. Zwar zeigen uns die Krebse ein
Ohr und eine Nase. Allein wir dürfen nicht übersehen, dals der Kopf der In-
secten klein genug ist, um solche Theile zweifelhaft zu machen, dal\'s einige Na-
turforscher sie wirklich gefunden zu haben glauben und dals auf jeden Fall die
Sinnesempfindungen nicht fehlen.

Wenn es gelingt, alle hergebrachten Vorstellungen von einer Stufenleiter b. Die ver-
ganz los zu werden, dann wird man jede Form als Modifikation einer allgemeinem T&iere\'^ind
Form und diese als Modification eines Grundtypus betrachten und von diesen Ge-
sichtspunkten aus verstehen lernen. Dann wrird man mehr darauf Bedacht haben,
gewisser

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Hauptfor- für jede Thierart die allseitigen Verwandtschaftsverhältnisse zu bestimmen, als die
Stelle in einer allgemeinen Stufenleiter. Sucht man aber nach einer Stufe der Aus-
bildung, so wird man diese nur nach dem Maafse der Sonderung der Theile und
innerhalb des Typus, dem das Thier angehört, aufzusuchen haben. Dafs aber
wirklich die hergebrachten Vorstellungen von einer Stufenleiter Leiter unserer An-
sichten geworden sind, dafür glaube ich doch noch einige Beweise aufstellen und
beleuchten zu müssen.

Man spricht so oft von Rückschritten in der Metamorphose einer ganzen
Thierform oder eines einzelnen Organes. Sollte sich unter solchen Rückschritten
wirklich etwas klar denken lassen, wenn man nicht annimmt, dafs die Gestaltung
eines Thiers das Bedingende der Gestaltung eines andern Thiers ist ? So viel ist
aber wohl einsichtlich, dafs einer solchen Darstellung schon die Vorstellung einer
Stufenleiter zum Grunde liegt. Wenn man nämlich die offenbar verwandten Thiere
zusammenstellt und nun sie mit den Formen ihrer höchsten Ausbildung an eine
andere Reihe unten anschliefst, so wird man in dieser einen Rückschritt erkennen.
Ich will nur kurz an das oben (Scholion V. §. 3.«.) benutzte Beispiel der Fische
erinnern. Ja man spricht von dem Rückschritte einzelner Organe, und setzt dann
doch voraus, dafs jedem Organe eine fortschreitende Entwickelung von der Mo-
nade zum Menschen zukomme, und dafs diese Entwickelung nach der Reihen-
folge der Thiere realisirt seyn sollte, wovon man denn nun die einzelnen Ausnah-
men angiebt. Sind aber die Organe Modificationen von Fundamentalorganen, und
diese verschieden nach dem Schema der Entwickelung (vergleiche das folgende
Corollarium), so scheint in der Aufgabe selbst eine irrige Voraussetzung zu
liegen.
Ich glaube daher, dafs es für die vergleichende Anatomie, wenn sie auf die Er-
kenntnifs der Bildungsgesetze gerichtet seyn soll, der einzig richtige Weg ist, au-
fser der steten Beziehung zu einem Grundtypus, dem das ganze Thier angehört,
die Organe für sich in den verschiedenen Formen zu vergleichen, wie Burdach
in seiner Physiologie unternommen hat, ohne die Formen so an einander zu reihen,
wie man die Thiere, denen sie angehören, in anderer Beziehung für mehr oder
weniger ausgebildet hält. Man wird dadurch erkennen, wie die allgemeine Bil-
dung des ganzen Körpers eines Thiers, oder sein Verhältnifs zur Aufsenwelt, auf
die Gestaltung der einzelnen Organe einwirkt und sich von verführenden Voraus-
setzungen frei halten.

c. Rück- Dafs aber diese Rückschritte in der Ausbildung der Organe nur ein Schein

schritte lie- sind, der auf einer vorausgesetzten einreihigen Ausbildung beruht, sieht man am
Insrer Vor- deutlichsten daraus, dafs sie schwinden, wenn man die Thiere nach einem andern
Seiie"gS organischen Systeme ordnet, als man eben zum Grunde gelegt hat. Ich hebe ein

Bei-

-ocr page 269-

Beispiel für viele hervor. Wenn ich die Ueberzeugung habe, dafs die geglieder-
ten Thiere in Eine Reihe fortgehender Ausbildung zu stellen sind, und sie nach
der Ausbildung im Gefäfssysteme ordne, so kann ich sie so auf einander folgen
lassen: Wahre Insecten, Myriapoden, Arachniden, Anneliden. Dann sind die
Augen durch die ganze Reihe zurückschreitend. Ordne ich sie nach den Sinnes-
organen und insbesondere nach den Augen, so sind umgekehrt die Gefäfse rück-
schreitend. Von den Athmungsorganen und dem Gefäfssysteme versteht es sich
ohnehin von selbst, dafs das eine gegen das andere zurückschreitend scheint, da
diese Sj^steme sich antagonistich bedingen. Betrachte ich sie als Modificationen
eines Grundtypus, in welchen bald dieses bald jenes System mehr aus der ein-
fachen Grundform umgebildet ist, so fallen alle Rückschritte weg.

Was ich hier von den gegliederten Thieren gesagt habe, um ein anschau- f ,Die Va~

i 7 -i i i • i i- • ii • ■. • i riationen

liches Beispiel für sie zu wählen, gilt durchaus nicht iur sie allem, auch nicht sind in ver-
blofs für das antagonistische Verhältnifs von Athmungsorganen und Gefäfssystem. System«!11
Es zeigt sich überall, wo überhaupt die Variation mannigfaltig ist. üeberblicken verscllieden\'
wir die verschiedenen Formen der Säugethiere, so finden wir für eine Reihe von
Organen andre Verwandtschaften,
als für eine andere. Nehmen wir auf die
Bildung des animalischen Theiles Rücksicht, die wir am Skelette am deutlichsten
abmessen, so sind die Fledermäuse von allen eigentlichen Vierfüfsern gar sehr
verschieden. Wir müssen in ihnen die am meisten abweichende Ordnung bilden.
In Hinsicht der Verdauungsorgane sind sie den Insectenfressern gleich. Pallas,
der in der
Zoographia rosso - asiatica die Fledermäuse mit dem Maulwurfe eng
verbindet, scheint mir daher eben so viel Recht zu haben, als Tiedemann,
der ungefähr gleichzeitig sie in seiner
Zoologie weit von einander trennt. Aus
denselben Gründen verbindet Tiedemann den Seehund mit dem Dugong, die
bei Pallas weit aus einander stehen. Dieser hat die Extremitäten, jener die
Zähne gelten lassen. Was lehren solche Beispiele anders, als dafs die verschie-
denen organischen Systeme verschieden variiren. Maulwurf und Fledermaus
suchen dieselbe Beute, jener in der Erde, diese in der Luft. Ihre Bewegungs-
organe sind daher verschieden nach dem Aufenthaltsorte. Der Dugong und der
Seehund sind beide im Wasser, haben llossenartige Extremitäten, aber was sie
im Wasser suchen, ist ganz verschieden. So ihr Gebifs und ihr Magen.

Giebt unter solchen Verhältnissen eine Annäherung an den Menschen nicht
immer für jedes organische System eine verschiedene Thierreihe, und wenn das
ist, sind die Rückschritte nicht sinnlos
P Es ist überhaupt der Mensch wohl nur
in Hinsicht seines Nervensystems und dem, was zunächst damit verbunden ist, die
höchste Form der Thiere. Der aufrechte Gang ist nur Folge der höhern Ent-

Hh

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Wickelung des Hirnes, da wir überall finden, dafs, je mehr das Hirn das Rücken-
mark überwiegt, um so mehr es sich über dasselbe erhebt. Ist diese Bemerkung
gegründet, so lassen sich alle körperliche Unterschiede zwischen dem Menschen
und andern Thieren auf die Hirnbildung zurückführen, und dann ist auch der
Vorzug des Menschen nur ein einseitiger, wenn auch der wichtigste. Man mufs
in der That vom Vorurtheil eingenommen seyn, wenn man nicht den Magen des
Rindviehes, der das Gras in Chylus umwandelt, für vollkommner hält, als den
Magen des Menschen.

Viertes Gorollarium.

Eiritheilung der Thiere nach der Entwickelungsweise.

a. Blick Es ist in der That merkwürdig, dafs man von den Thieren behauptet hat,

zen und ihre ihr Embryo durchlaufe die Formen anderer Thiere, die man für die niedern hält,
Eintheilung. ehrend etwas Aehnliches von den Pflanzen nie behauptet ist. Noch hat kein
Botaniker zu
beweisen gesucht, dafs der Embryo der dicotyledonischen Pflanzen
anfänglich monocotyledonisch sey, oder umgekehrt. Der Unterschied zwischen
den Monocotyledonen und Dicotyledonen besteht aber nur in einer Verschiedenheit
des Bildungstypus — und so bestätigt es sich auch hier, dafs der Typus gleich
anfangs bestimmt wird, einen ganz kurzen Moment etwa abgerechnet, wo äufser-
lich wenigstens kein Typus kenntlich ist. — Es bewährt sich ferner gleichfalls
an den Pflanzen, dafs in der Entwickelung zuerst die allgemeinere Form sich
zeigt und aus dieser die speciellere sich entwickelt; denn die Samenblätter sind
roh und wenig geformt, für eine Menge Pflanzen gleich, nur im Typus ver-
schieden, und darauf erst entwickeln sich die speciellen Formen der Blätter,
Knoten und Internodien, welche die individuelle Pflanzenform bestimmen.

Wir können vielleicht noch mehr von den Botanikern lernen. Sie haben
das Reich der Pflanzen in gröfsere Provinzen nach der Entwickelungsweise des
Embryo eingetheilt in
Acotyledonen, Monocotyledonen, Dicotyledonen. Man
könnte und sollte, demselben Principe folgend, das Reich der Thiere nach der
Entwickelungsweise eintheilen.

Indessen dürfte man einwenden, dafs ja die Bildung der Cotyledonen, als
der ersten Blätter, mit der spätem Form der blattförmigen Entwickelungen über-
einstimmt, und dafs die Eintheilung der Pflanzen nach den Samenblättern eben
nichts ist, als eine Eintheilung nach dem Typus der blattförmigen Bildungen
selbst, und also nach dem Bildungstypus der ganzen Pflanze. Diese Bemerkung
ist sehr richtig, aber sie beweist nicht, dafs die Eintheilung nach den Samen-

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blättern unpassend ist. Denn da im Embryonenzustande der Typus am reinsten
sieh zeigt, am wenigsten zu einer individuellen Modification umgewandelt, wie
eben schon das allgemeine Gegenüberstehen der Samenblätter in dicotyledonischen
Pflanzen erweist, wahrend die späteren Blätter oft abwechselnd stehen, so ist
eben der Character der Hauptgruppen — der Typus — im Embryonenzustande
deutlicher, und die Botaniker sind durch die gröfsere Einfachheit der Form-
verhältnisse und durch die gröfsere Leichtigkeit, den Embryo zu untersuchen,
dahin geführt, die Hauptgruppen nach ihm zu bilden. Die Zoologen sollten sich
bemühen, ihnen hierin nachzukommen und dabei von der Ueberzeugung aus-
gehen, dafs das Aufsuchen von verschiedenen Schematen der Entwickelung nichts
anders ist, als ein Suchen nach den verschiedenen Typen der Organisation, da
ja eben die besondere Entwickelungsweise die Besonderheit der Organisation
erzeugt.

Vergleichen wir vorher die Bildungsgeschichte der Pflanzen im Allgemeinen u,tPrinj^rer
mit der Bildungsgeschichte der Thiere, so werden wir manche Uebereinstimmung, zwischen
aber auch wesentliche Verschiedenheiten finden, die auf dem wesentlichen Unter- Thoren"*i"d
schiede zwischen Thier und Pflanze beruhen müssen, und diese Verschiedenheiten de.r, E,nt~

\' Wickelung,

können uns vielleicht einige Winke für die bisher noch nicht genug gekannten
Entwickelungsformen der Thiere geben. — Wir finden in den Pflanzen ebenfalls
wie bei den Thieren einen paarigen und einen unpaarigen Typus in den Mono-
cotyledonen und Dicotyledonen. Nie aber wächst
in den Pflanzen das Paarige
wieder zusammen, wie in den Thieren, sondern alle Entwickelung der Blätter,
der Blumenkronen, der Staubwege und selbst der Samenkapseln besteht in einer
fortgehenden
Entfaltung nach aufsen. Im Thiere wölben sich die paarigen
Platten gegen einander und verwachsen innig,
Hohlen umschlief send. Die vege-
tabilische Entwickelung ist also fortgehende Entfaltung, die animalische, wenig-
stens in den höheren Formen, eine Umbildung, auch wenn sie von einer Axe
ausgeht. Damit stimmt es auch, dafs in ersteren der bei der Zeugung mitgege-
bene Nahrungsstoff, der vor der Zeugung von der Masse des zukünftigen Embryo
noch nicht geschieden ist, nie ein innerer ist, und das lehrt uns wieder eine ur-
sprüngliche Verschiedenheit. Im Augenblicke nämlich, wo die Masse des wer-
denden Embryo sieh vom Nahrungsstoffe scheidet, wie der Keim vom Dotter,
mufs die Scheidung ein verschiedenes Lagerungsverhältnifs haben, worin wir
von neuem einen Beweis finden können, wenn es eines solchen überhaupt bedürfte,
dafs die erste Sonderung des Keimes nicht verschieden ist von seinem
fernem
Wachsthume, sondern nur der Anfang desselben, und eine Bestätigung der An-
sicht. dafs, wenn auch eine Zeitlang der thierische Keim in einigen Thieren den

Hh 2

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Dotter nur bedeckt, ohne ihn ganz zu umschliefsen, man doch diese Keimhaut
als umhüllend ansehen darf (denn sie strebt danach) und als das Thier selbst
(Schol. II. §. 2.).

c. Ver- Wenn wir die Entwickelungsweise der verschiedenen Thierformen kenn-

Formtnieder ten, so wäre es der naturgemäfse Gang der Untersuchung, in der Entwickelung
fun^\'^den vers°kiedenen Schemata der Bildung aufzusuchen und daran die Typen der
Thieren. Organisation zu erkennen. Leider aber ist die Untersuchung sehr -weit zurück,
und wir haben daher versucht, vorher die Typen nach den ausgewachsenen
Thierformen aufzustellen, und wollen nun die Frage über die Verschiedenheit der
Entwickelungsweise derselben etwas beleuchten.
d. Doppelt Das Schema, nach welchem die Wirbelthiere sich ausbilden, ist sehr aus-

sche^Ent- führlich von uns untersucht worden. Wir müssen aber zur nähern Vergleichung
de1^ Wirbel- Resultat hier nochmals wiederholen. Es läfst sich so zusammenfassen: Die
thiere. Entwickelung der Wirbelthiere geht von einer Axe nach oben, in zwei Blättern,
die in der Mittelebene verwachsen, und auch nach unten in zwei Blättern, die
ebenfalls in der Mitte verwachsen. Dadurch bilden sich zwei Hauptröhren über
einander. Während der Bildung derselben sondert sich der Keim in Schichten,
und so bestehen daher beide Hauptröhren aus untergeordneten Röhren, die sich
einschliefsen als Fundamentalorgane, und welche die Fähigkeit enthalten, zu
allen Organen sich auszubilden, durch wTelche die Oeconomie des gesammten
Lebens mit Ausnahme der Fortbewegung unterhalten wird. Diese Entwickelungs-
form darf man wohl, besonders da die Asymmetrie der plastischen Organe nur
durch Umänderung erreicht wird, eine
doppelt symmetrische, eine Evolutio
bigemina
nennen. (Schol. IV.) — Erst später wachsen Organe hervor, welche
dem Thiere die Fähigkeit geben, bewegend auf das Element einzuwirken, in
oder auf welchem es lebt — die Extremitäten. Diese Organe bestehen wenig-
stens aus zwei Hauptgliedern: das Wurzelglied und das Endglied; das erstere
bildet einen Gürtel, wrelcher beide Hauptröhren emschhelst. Der Bau des End-
gliedes wTird durch das Element bestimmt, auf welches es wirken soll. Wenn in
diesem Elemente der Rumpf schwebt, so finden sich keine
ausgebildete Mittel-
glieder. Soll aber der Rumpf auf dem Elemente getragen werden, so bilden sich
zwischen beiden Gliedern noch zwei Mittelglieder. (Corallar. zu Schol. IV.)
e. Sym- Was das Schema anlangt, nach welchem sich die gegliederten Thiere aus-

Entwicke- bilden, so ist nicht zu bezweifeln, dafs ihr Leib sich nach dem Rücken zu
Thieren de" schliefst. Schon Cavolini\'s Untersuchungen und Abbildungen über Ent-
Längen- Wickelung der Taschenkrebse lassen dieses Verhältnifs vermuthen. Es geht deut-
Typus. lieh hervor aus Herold\'s Untersuchungen über die Entwickelung
der Spinnen.

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Es ist von Rathke und mir mit Bestimmtheit am Flufskrebse beobachtet worden.
Mit ungemeiner Deutlichkeit kann man aber den ganzen Verlauf der Entwickelung
an der Wasserassel
(Ordscus aquaticus L.) verfolgen, wo auf dem goldgelben Dotter
der werdende weifse, mehr als im Krebse in die Länge gezogene Leib sich sehr
kenntlich macht. — Die Entwickelung geht ferner von einem Primitivstreifen
aus, welcher in der Mitte der Bauchfläche des werdenden Thieres liegt. Dieser
Primitivstreifen ist zwar im Flufskrebse etwas modilicirt, indem er am vordem
Ende in einen Kreis ausläuft, so dafs er ungefähr der
Raquette gleicht, mit der
man Federbälle wirft. Allein diese kreisförmige Erweiterung gehört wohl nicht
zum Grundtypus der Wirbellhiere, sondern scheint eine Besonderheit der Krebse
zu seyn, die daher rührt, dafs im vordem oder Bruststücke des Krebses die
Glieder um einen Mittelpunkt zusammengedrängt, der Typus also modilicirt ist.
In Fliegeneiern habe ich aber einen gleichmäfsigen, scharf ausgebildeten Streifen
gesehen, den ich für den nicht modificirten Primitivstreifen halte. — Es geht
ferner dem Primitivstreifen ein Keim vorher, den man auf den Eiern der Krebse
deutlich sieht, und den Herold aus Spinneneiern abbildet. Dieser Keim
scheint wie im Hühuerei\'e in Form eines sehr dünnen Ueberzuges den Dotter zu
umhüllen, ehe die Seitentheile des Leibes sich nach oben schliefsen.

Von dem Primitivstreifen nämlich erhebt sich der Leib des werdenden
Embryo in Form von zweien Blättern (wenn wir vorläufig auf die Bildung der
Extremitäten noch keine Rücksicht nehmen), die gegen die Mittellinie zusammen-
wachsen. Sie spalten sich ebenfalls, wie im Embryo der Wirbelthiere, in
mehrere Lagen, welche in einander liegende Röhren erzeugen. Es ist ofFenbar,
dafs eine innere Lage den Darm bildet, also eine Schleimhautröhre ist; eine
äufsere Lage bildet die Haut, die sich später wieder in zwei untergeordnete
Lagen theilt, die äufsere für das Hornskelet und die innere eng anliegende für die
eigentliche Haut. Zwischen der Hautröhre und der Schleimhautröhre liegt eine
mittlere, aus welcher sich die Muskeln und Nerven scheiden mögen. Es scheint
nämlich, dafs die Nerven dieser Thiere sich nur durch histologische Sonderung,
nicht aus einem eigenen Blatte bilden. Ob noch mehr Blätter da sind, ob
namentlich ein eigenes Gefäfsblatt sich unterscheiden lasse, werden wohl erst
Rathke\'s genaue und fortgesetzte Untersuchungen lehren.

Das Angegebene ist schon hinlänglich, für uns, um daraus zu erkennen,
dafs in den gegliederten Thieren die Entwickelung eine
von der Bauchfläche fort-
gehende symmetrische
ist, eine evolutio gemina. Das Schema für die Ent-
wickelung dieser Thiergruppen ist also nur die Hälfte von dem Schema der Ent-
wickelung der Wirbelthiere. Wenn wir dieses mit einer 8 vergleichen konnten,

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so ist jenes die Hälfte dieser Ziffer, und zwar die untere, dem Dotter zugekehrte
Hälfte, aber umgekehrt liegend. Auch die innern Theile haben in Bezug auf die
Centrallinie, von der die Bildung fortschreitet — die Mittellinie der untern Fläche,
in welcher aber keine gerundete Axe sich zu bilden scheint — dieselbe Lage;
denn
nach der Centrallinie (Taf. IJL Fig. 8. a) hin liegen die Stämme und
Centraltheile der animalischen Nerven und ein Theil des Gefäfssystems (wenn
auch diese Gefäfse nicht immer in der Mittellinie liegen, wie die Aorta und die
Hohlvene der höhern Thiere, so ist doch öfter der Fall z. B. bei den Krebsen
nach Audouin, beim Regenwurm, überhaupt wohl immer, wo die Bauch-
gefafse unpaarig sind; paarige müssen freilich seitlich seyn. Nach der Schlufslinie
zu (ebend. a) liegt das Herz mit andern Gefäfsen und hierher rücken die innern
Geschlechtsorgane, wenn sie sich einander nähern. In der Mitte liegt der Darm-
kanal, aber nach oben zu tritt aus ihm die Leber hervor. Kurz, die obere Mittel-
linie verhält sich in Hinsicht auf die innere Bildung des Rumpfes ganz wie eine
Schlufslinie, und der ganze Leib der Thiere dieses Typus ist in Hinsicht seiner
Entwickelungsweise im Wesentlichen mit der Bauchröhre der Wirbelthiere zu
vergleichen, wenn man sie in umgekehrter Lage sich denkt.

/. Was hier Man könnte daher die Frage aufwerfen, wie sie denn auch wirklich auf-

Rueken ist. geworfen ob man nicht richtiger die dem Erdboden zugekehrte Fläche eines
Insectes seinen Bauch und die entgegengesetzte seinen Rücken nennen sollte , um
die Uebereinstimmung vollständiger aufzufassen. Allein gegen diese Benennung
spricht die äufsere Ansicht des Thiers, nicht nur die Stellung, die es gegen den
Erdkörper behauptet, sondern auch der Bau seiner Extremitäten, seiner Sinnes-
organe und überhaupt seiner Oberfläche, ja Mund, After und Geschlechtsöffnun-
gen. Wollte man nämlich auch sagen: Die Insecten und ihre Verwandten sind
bestimmt, mit dem Rücken gegen den Erdboden gekehrt umherzugehen; diesem
Verhältnisse gemäfs haben sie ihre Extremitäten auf dem Rücken
: so linden wir
doch, dafs gewisse allgemeine Charactere, welche die obere Hälfte der Wirbel-
thiere gegen die untere auszeichnen, auch in der Hälfte, welche die Insecten ge-
wöhnlich nach oben kehren, im Verhältnifs zur untern bestehen.

Die vom Erdboden abgekehrte Fläche der Wirbelthiere ist wie in den
Gliederthieren die Streckseite des ganzen Thiers, gewöhnlich auch länger als die
entgegengesetzte Fläche, dunkler gefärbt, stärker behaart, mit dickern Haut-
decken versehen. Die letzten Verhältnisse könnte man freilich der unmittelbaren
Einwirkung des Lichtes zuschreiben. Allein die Mundöffnung ist auch in den
Gliederthieren nach unten gerichtet, und zwar scheint sie eben so, wie die Mund-
öffnung der Wirbelthiere durch eine Durchbohrung von der Schleimhautröhre

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aus zu entstehen 1); die Geschlechtsöffnung ist, wenn sie nicht nach hinten steht,
ebenfalls an der untern Fläche; die Sinnesorgane, wenigstens die Augen und
die
Antennen, gehören dagegen der obern Fläche oder derjenigen an, die wir die
Bauchseite nennen würden, wenn wir blofs auf den innern Bau und die Ver-
gleichung mit Wirbelthieren Rücksicht nähmen. Wir glauben diese Lage
der
Sinnesorgane damit erweisen zu können, dafs in den Anneliden die Augen offen-
bar nach oben liegen. Eben so ist es in den Arachniden. Eben so offenbar ist
das Verhältnifs in den Pseudentomen oder Insecten ohne Metamorphose. Aus
diesem Gründe kann man dasselbe von den Insecten mit grofsen Augen annehmen,
wo es allerdings im entwickelten Zustande weniger klar ist, aber doch im Larven-
zustande. Ich stehe auch nicht an-, es von den Crustaceen mit gestielten Augen zu
glauben, da es
bei denen mit ungestielten Augen klar ist. Die Antennen, ob-
gleich zuweilen etwas herabgedrückt, gehören doch wohl der obern Hälfte des
Kopfringes an, denn sie sind überhaupt für den Kopf in Hinsicht der Stellung
dasselbe,
was die Flügel für das Bruststück sind. Sie haben in den Puppen ganz
dieselbe Lage. Ist diese Bedeutung gegründet, so gehört auch die Nase, die
wir
nur in den Crustaceen mit Bestimmtheit kennen, der obern Hälfte des Bogens
an. — Etwas schwieriger ist das Verhältnifs des Ohres zum Grundtypus zu
bestimmen. Wir kennen es mit Sicherheit auch nur in den Krebsen, und es liegt
allerdings auf der untern Fläche des Kopfendes. Allein es gehört einem einge-
setzten Theile des äufsern Skelettes an, welches seitlich neben der auf der innern
Fläche deutlich erkennbaren Mittelleiste liegt. Wenigstens gehört also das Ohr
auch hier nicht unmittelbar der untern Fläche an, und bei dem Mangel anderer
Vergleichungspunkte, müssen wir uns damit begnügen, dafs das Ohr nicht nach-
weisbar der untern Hälfte des Kopfringes angehört.

Nehmen wir nun noch die Extremitäten hinzu, so finden wir, dafs alle
Theile, durch welche das gegliederte Thier mit der Aufsenwelt in unmittelbarer
Wechselwirkung steht, dieselbe Lage haben, wie im Wirbelthiere, gegen die
innern Theile aber eine umgekehrte. Da nun die vom Erdboden abgekehrte
Fläche in den Wirbelthieren und in den Gliederthieren viele Uebereinstimmung
hat, so suchen wir hierein
den Chciracter des Rückens und sagen lieber, dafs die

1  Da die Mundöffnung durch eine Durchbohrung nach unten gebildet wird, so scheint es noch
einsichtlicher, wie diejenigen Extremitäten, zwischen welchen der Mund durchbricht, zU
Frefswerkzeugen werden, und wenn der Kopf wenig Selbstständigkeit hat, den übrigen Ex-
tremitäten ähnlich bleiben , im Dienste des Mundes aber als Kopfextremitäten, oder Frefs-
werkzeuge, eine besondere Form annehmen , wenn der Kopf sie selbst hat.

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Entwicklung dieser Thiere vom Bauche nach dem Rücken geht, als dafs wir sie
auf dem Rücken umherlaufen liefsen.
g. Extremi. Die Fiifse der gegliederten Thiere mit den Extremitäten der Wirbeithiere

Typus.dieSeS verglichen, zeigen uns einige üehereinstimmung, aber auch wesentliche Ver-
schiedenheiten. Man kann den sogenannten Tarsus der Insecten
(Fig. 8. e) mit
dem Endgliede
(Fig. 7. h) der Extremität der Wirbeithiere sehr wohl vergleichen.
Es ist in jenem wie in diesem eine Theilung in mehrere untergeordnete Glieder
erkennbar, und das erste derselben pflegt auch gröfser zu seyn, als die übrigen.
Eben so ist in dem sogenannten Schienbeine der Insecten
(Fig. 8. d) und dem
untern Mittelgliede der Wirbeithiere
(Fig. 7. g) die Üehereinstimmung wohl nicht
zu läugnen. Zwischen beiden ist dasselbe Endgelenk (Hand- oder Fufsgelenk in
den Wirbelthieren). Eben so stimmt noch der Schenkel
(Fig. 8. c) der Insecten
mit dem obern Mittelgliede der Wirbeithiere
(Fig. 7. f), und das Gelenk zwischen
beiden scheint dasselbe Mittelgelenk (Knie oder Ellenbogengelenk), dessen
Streckseite nach oben und aufsen gerichtet ist. Allein schon das darauf folgende
Gelenk ist meist verschieden. Zwischen der sogenannten Hüfte
(Fig. 8. b) der In-
secten und ihrem Schenkel ist meist ein Gewerbgelenk, und zwischen dem Rumpf-
gliede der Wirbeithiere und ihrem obern Mittelgliede ein freies Gelenk. Das
oberste oder Rumpfglied endlich zeigt einen ganz verschiedenen Character.
Während es in Wirbelthieren einen Ring bildet, welcher sich oben und unten
an den Rumpf legt
(Fig. 7.de), ist die Hüfte der Insecten immer nur mit der
untern Hälfte eines Leibesringes verbunden, und wenn sie aus diesem Ringe
merklich hervortritt, hat sie immer die Richtung nach unten. Sie ist nur die
Hälfte vom Rumpfgliede der Wirbeithiere und man kann sie weder vollkommen
mit der obern Hälfte (Schulterblatt), noch mit der untern Hälfte (Schlüsselbeine)
vergleichen, da diese beiden Abschnitte nur ihre Bedeutung durch das Lagen-
verhältnifs zu den beiden Hauptröhren des Rumpfes erhalten. In der ausge-
bildeten Form des Insectenfufses haben wir also auch vier Hauptglieder, wie in
Wirbelthieren. Das Endglied wird ebenfalls vorzüglich durch die Beschaffenheit
des Elementes, auf das es wirken soll, bestimmt, die zwei Mittelglieder sind
den Mittelgliedern in der Extremität der Wirbeithiere verwandt , das Rumpfghed
ist völlig verschieden. Jener Aehnlichkeit ungeachtet besteht der Unterschied,
der für beide Provinzen des Thierreiches allgemein ist, dafs im Typus der Wirbei-
thiere ein knöchernes inneres Skelet die Stütze des Ganzen ist, im gegliederten
Thiere hingegen erhärtete Hautschienen die Stütze bilden.

Die Eigentümlichkeit der einzelnen Glieder ist freilich nur deutlich in
den Insecten mit Metamorphose, und zwar im ausgebildeten Zustande. In den

Ära-

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Araneiden, Scorpioniden, deu Cruslaceen aller Formen, den Myriapoden, ver-
lieren die Mittelglieder allmählig ihren selhstständigen Character und werden den
untergeordneten Abtheilungen des Endgliedes mehr gleich. Savigny hat mit
seinem Scharfblicke diese veränderten Formen auf die vollkommen ausgebildete
Form zurückgeführt, indem er nachweist, dafs die sogenannten Schenkel und
Schienbeine, also beide Mittelglieder, jedes für sich wieder in zwei untergeord-
nete Glieder zerfallen. Das ist ganz gut; man kann aber vielleicht noch einen
Schritt weiter gehn. Nur in den Scorpioniden und Araneiden behalten die Mittel-
glieder noch ihren Character durch die Form des zwischen ihnen liegenden Gelen-
kes. In
den Crustaceen und vorzüglich in denen, die nicht zu den Decapoden
gehören, und den Myriapoden, ist dieser Character geschwunden und mit ihm
auch die Eigenthümlichkeit des Oberschenkels und Schienbeines selbst. Man
kann in der That bei diesen Thieren mit eben so viel und mehr Grund die ganze
Extremität mit dem Endgliede der wahren Insecten vergleichen, und wird hierin
noch durch den Umstand bestärkt, dafs nach Savigny\'s Ansicht nur eine einzige
Spitze für das Endglied übrig bleiben würde. Savigny\'s Deutung kann uns nur
belehren, dafs ein Theil des Fufses der Crustaceen und Myriapoden auf die Mit-
telglieder bezogen werden mufs, wenn wir die Füfse dieser Thiere mit
den Fü-
fsen der vollkommenen Insecten vergleichen, dafs sie aber ihre Besonderheit ver-
loren haben und eben deshalb mehr Theile des Endgliedes sind, grade so wie
Oberarm und Unterarm in den Cetaceen in das Endglied aufgenommen sind. Nun
leben aber die Crustaceen im Wasser, und die Myriapoden kriechen unter Rinden
und Steinen fort. Wir sehen also auch hier, wie bei den Wirbelthieren, dafs, wo
der Leib nicht auf dem Erdboden getragen wird, die Mittelglieder der Extremitäten
ihren Character zu verlieren geneigt sind.

Der Flügel ist immer in der obern Hälfte des Leibesringes eingelenkt. In
den Amphipoden undlsopoden sieht man häufig am Rande der Leibesringe als Fort-
setzung des obern Bogens ein angefügtes Blättchen, welches in seiner allgemein-
sten Bedeutung wohl mit einem Flügel verglichen werden mufs. In andern Cru-
staceen und einigen Myriapoden sehen wir statt derselben unmittelbare Fortsetzun-
gen der obern Hälfte der Körperringe, sie mögen vereinzelt, oder mehrere unter
sich verwachsen seyn, dachförmig hervorstehen. Solche blattförmige Hervorra-
gungen können wir um so mehr nicht gelöste Extremitäten der obern Hälfte der
Körperringe nennen, da sie, so viel ich mich besinne, in geflügelten Insecten
nicht vorkommen und die Flügeldecken der Käfer ihre Bedeutung offenbar
nach-
zuweisen scheinen, besonders wenn sie, wie inBlaps, unter sich verwachsen sind.
Sie sind nur von den Ringen des Hinterleibes gelöst, weil in den Insecten mit Me-
li

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tamorphose die Extremitäten überhaupt sich auf das Bruststück concentrirt haben.
Erinnern wir uns nun, dafs Sa vi gny nachgewiesen hat, wie auch in den Anne-
liden immer zwei Reihen von unentwickelten Extremitäten vorkommen, so kön-
nen wir überhaupt den gegliederten Thieren eine zweifache Reihe von Extremitä-
ten zuschreiben, eine für die untere Hälfte der Leibesringe, bestimmt für die Be-
wegung auf dem Boden und im Wasser, und eine zweite aus der obern Hälfte der
Leibesringe, in den Anneliden, bestimmt für die Bewegung im Wasser, sonst
ober im entwickelten Zustande bestimmt für die Bewegung in der Luft. Nur den
Arachniden scheint die obere Reihe ganz zu fehlen.

Wie wir also in dem Typus der Wirbelthiere eine einfache Reihe von Ex-
tremitäten fanden, welche mit zweiarmigen Wurzelgliedern den Rumpf von sei-
ner obern und untern Fläche umlassen, erkennen wir dagegen im Längentypus
die Anlage für zwei Reihen von Extremitäten, deren Wurzelglieder einfach sind
und von denen die obere Reihe der obern, die untere Reihe der untern Hälfte der
Körperringe angehört. Die obere Reihe folgt nicht nur wenn sie mit den Leibes-
ringen
verwachsen ist, sondern auch während der Entwickelung des Individuums
im Puppenzustande der absteigenden Richtung der untern Extremitätenreihe (an-
gedeutet in
Fig.\'), doch ohne je mit ihr zu verwachsen. Im ausgebildeten
Zustande entfernen sie sich von einander, und während die Wurzelglieder der Wir-
belthiere einen Ring bilden, der die beiden Ringe oder Hauptröhren des Leibes
umschliefst (vergl.
Fig. 7), sehen wir in den Wirbelthieren aus dem einfachen
Ringe des Rumpfes die Extremitäten in zwei entgegengesetzte Winkel (gleichsam
eine nicht geschlossene 8) abgehen
{Fig. 8).

Der Flügel scheint mir eine vollständige Extremität. Ob man mit Jurine
in diesem Theile verschmolzene Mittelglieder erkennen will, oder nicht, ist ziem-
lich gleichgültig; auf jeden Fall ist der Flügel nach denselben Ansichten nur ein
Hauptglied zu nennen, nach denen wir die Flosse der Wirbelthiere dafür erklärt
haben.

Es mufste, indem wir nach dem Entwickelungsschema des Längentypus
suchten, von den verschiedenen Klassen der gegliederten Thiere gesprochen wer-
den , deren Bau und Entwickelungsweise bekannter ist, doch gilt dieses Schema
ohne Zweifel auch für diejenigen Thiere, welche nach dem Längentypus gebaut
sind, ohne so hoch organisirt zu seyn, dafs sie den gegliederten Thieren Cu vi er\'s
beigezählt werden könnten. Der einfach symmetrische Bau läfst über denselben
Entwicklungsgang wohl nicht zweifeln, und ich will nur auf den allmähligen
Uebergang von den Nereiden zu den Naiden, von diesen zu Gordius und Vibrio er-
innern.

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Die Entwicklungsgeschichte der Thiere des peripherischen Typus ist h- Strahle«
noch ganz im Dunkeln, und wir müssen uns daher begnügen, durch folgende Be- wicTefung
merkungen eine fortgesetzte Reihe von Beobachtungen zu ersetzen, da es hier an ri7cheTPTy
Gelegenheit fehlt, die Entwickelung der höhern Strahlthiere vollständig zu beob- p»,s-
achten. So viel ist wohl als sicher zu betrachten, dafs sie in diesen Thieren kei-
ner der beiden bisher betrachteten Entwickelungsweisen folgt. Ich habe kleine
Seesterne in Weingeist gesehen, deren Scheibe kaum eine Linie im Durchmesser
hielt. Sie hatten schon ganz die strahlige Form der erwachsenen Thiere. Die
Embryonen von Medusen sind ziemlich verschieden von den erwachsenen Thieren.
Ihre Gestalt ist glockenförmig. Sie scheinen nämlich eine innere Höhlung zu ha-
ben, die an dem einen Ende ausläuft. Ich gebe hier in
Fig. 9 eine neue Abbil-
dung , die freilich nur nach einer flüchtigen Zeichnung entworfen werden konnte,
weil die frühere Abbildung im
Deutschen Archiv für Physiologie 2?e?.VIII. Taf. IV.
Fig. 6 durch den Kupferstecher ganz unverständlich geworden ist und dem Texte
nicht entspricht, indem das eine Ende des Embryo nicht abgestutzt ist. Wie sich
dieser glockenförmige Embryo in eine gewölbte Scheibe umwandelt, habe ich
zwar noch nicht vollständig beobachtet, indessen scheinen nur zwei Umwandlun-
gen denkbar: entweder breitet sich der untere Rand der Glocke aus und die innere
Höhlung wird zur untern Fläche, oder die jetzige innere Fläche ist schon die künf-
tige innere Fläche. Dann mufs die äufsere Wand peripherisch stark zunehmen.
In beiden Fällen würde die Entwickelung nach allen Seiten ausstrahlend gleich-
mäfsig fortschreiten. Dafs im peripherischen Typus die Entwickelung von der
Mitte nach der Peripherie fortschreitet, wird auch durch die Entwickelungsweise
derjenigen Thiere wahrscheinlich, deren Leib nach dem Längentypus, modifi-
cirt durch den peripherischen Typus, gebaut ist. Ich habe oben bemerkt, dafs
im Primitivstreifen der Krebse das vordere Ende ringförmig gebaut ist, von die-
sem Ringe aus geht die Entwickelung nach allen Seiten fort, hier freilich durch
den Längentypus modificirt, so dafs die Tlieile, die vor und neben der künftigen
Mundöffuung sind, in der Ausbildung zurückbleiben. Indessen lassen sie erken-
nen
welche Form die Entwickelung ohne diesen Einflufs haben würde. Dasselbe
scheint sich mir noch aulfallender aus Herold\'s Untersuchungen über die Ent-
wicklungsgeschichte der Spinnen zu bestätigen, da in der Spinne die vordere
Hälfte des Leibes auch strahlenförmig gebaut ist, jedoch mit anderer Stellung der
Mundöffnung.

Für Untersuchungen über die Entwickelungsweise der Thiere aus dem i. Entwicke

massigen Typus, oder der Mollusken, fehlt es zwar keinesweges an Gelegenheit.

allein sie sind so schwierig, dafs wir trotz der angestrengten und sehr ehrenwer- mit massi

T : o §em TyPus-

-ocr page 280-

then Bemühungen von Stiebel, Carus und Pfeiffer doch über die Bildungs-
weise der einzelnen Theile fast nichts wissen. Stiebel dürfte etwas zu viel be-
richtet haben, und Carus ist so vorsichtig, dafs er uns über die innere Entwicke-
lung nur wenig sagt.

Von der Sehnsucht getrieben, zu erfahren, ob das Entwickelungsschema
dieser Thierform von dem der andern Typen verschieden sey, mufste ich mich
daher an eigene Versuche wagen, da ich für die Beantwortung dieser Frage kaum
Vermuthungen erhalten konnte. Zuerst wendete ich mich an die Muscheln, fand
aber aufser der Schwierigkeit, mir von irgend einer Art eine fortlaufende Reihe
von Embryonen zu verschaffen, in diesen selbst mehr Schwierigkeiten, als ich
erwartet hatte. In den kleinen Muscheln sind, wenn die Schaalen schon sehr
deutlich und von der merkwürdigen gleichschenkligen Form sind, (welche Ja-
cob s o n bewogen hat, neuerlich die ganz vernachlässigte Ansicht von Rathke
wieder aufzunehmen, dafs diese Thierchen gar nicht die Brut der Muscheln, son-
dern Schmarotzer sind), wenn die beiden Muskeln schon deutlich erkennbar sind
und die Schaalen mit Kraft an einander ziehen, alle übrigen Theile noch so hell
und so wenig different, dafs ich sie wenig von einander unterscheiden konnte.
Ich habe daher die Untersuchung der Entwickelung der Muscheln wieder aufgege-
ben und will nur aus dem spärlichen Inbegriffe meiner Ausbeute bemerken: l) dafs
die in den äufsern Kiemen befindlichen, zweischaaligen Thierchen ganz gewifs
die Brut der Muschel sind und nicht Schmarotzer, denn die Kiemen sind gefüllt
wenn der Eierstock entleert ist, man sieht unter den Eihüllen den Embryo sich
bilden, sich bewegen und hervorbrechen; 2) dafs die Entwickelung von der Seite
des Schlosses nach der entgegengesetzten fortzuschreiten scheint und zugleich von
vorn nach hinten, wodurch das hintere Ende erst später seine überwiegende Länge
erhält; 3) dafs eben aus der oben erwähnten Durchsichtigkeit mit einiger Sicher-
heit sich folgern läfst, dafs die Leber nicht so früh sich bilde, als man von den
Mollusken zu erwarten geneigt ist 1).

An die Entwickelung der Schnecken mich wendend, fand ich auch hier
die Untersuchung überaus schwierig und meine abgebrochenen Versuche sind
durchaus nichts weniger als genügend. Man mufs, weil der Embryo zu dick
und
undurchsichtig ist, um seine innern Umgestaltungen ohne Zergliederung zu er-
kennen, ihn unter dem Microscope zerlegen. Eine Zerlegung kann aber bei der
Kleinheit und Zähigkeit der Theile ohne die bedeutendsten Quetschungen undZer-

1  Carus wurde durch Untersuchung von jungen Ascidien sogar zu der Vermuthung einer unge-
mein späten Entwickelung der Leber geführt
(Mecktl\'s deutsches Archiv Bd. II.).

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reifsungen nicht erreicht werden. Eben deshalb müssen die Versuche sehr oft
wiederholt werden, bis man ein vollständiges Bild erhält. Ich glaube jedoch hin-
längliche Momente erlangt zu haben, um daraus über das Schema der Entwicke-
lung mir eine Ansicht zu bilden. Ich führe nur an, was zur Sache gehört. Wenn
ich hier und da nicht alles so erkennen konnte, wie meine Vorgänger, so mag der
Grund vielleicht darin liegen, dafs ich nicht so anhaltend untersucht habe, als sie.
Indessen ist es natürlich, dafs ich auf die eigene Beobachtung fortbaue. Andre
mögen entscheiden, ob und wo ich irrte.

Dafs die Eier der Wasserschnecken durch ein äufseres Eiweifs mit einan-
der verbunden sind, jedes Ei seinen Dotter, (in seltenen Fällen auch mehrere)
hat, dafs dieser Dotter in einem flüssigen Eiweifs enthalten ist, welches von einer
Hülle umschlossen wird, setze ich als bekannt voraus.

Der kürzlich gelegte Dotter besteht aus gröfsern hellern Bläschen, nebst
kleinern punktförmigen Körnchen, und es scheint fast, als ob jedes Bläschen seine
Atmosphäre von Körnchen hätte. Diese blasige Masse bildet aber nur das Innere
der Dotterkugel, die äufsere Hülle derselben ist dichter und kleinkörnig. Carus
beschreibt am eben gelegten Dotter zwei gegenüberliegende helle Stellen, durch
welche die Axe der künftigen Drehung bestimmt werden soll 1). Da man nun
später in der Axe der Drehung zwei Zapfen hervorragen sieht, so läfst Carus
vermuthen, ohne es jedoch bestimmt zu behaupten, dafs aus den hellen Stellen
diese Zapfen hervorwachsen. Von diesen Verhältnissen habe ich mich nicht über-
zeugen können. Zwei hellere Stellen konnte ich am frisch gelegten Dotter nicht
unterscheiden. Es schien mir nur eine da zu seyn, und oft ist auch diese sehr un-
kenntlich. Wenn man nun das Ei unter dem Microscope dreht, so sieht man al-
lerdings, sobald die helle Stelle nach unten Hegt, die Mitte des Eies wieder etwas
heller, was aber daher zu rühren scheint, dafs die unten liegende helle Stelle der
Bekleidung mehr Licht durchläfst, als durch den Dotter dringt, wenn die helle
Stelle zur Seite hegt, Mein Zweifel über die zwei hellen Flecken wird aber vor-
züglich durch eine etwas spätere Zeit bestimmt, wo das Ei noch ohne Drehung
ist und ganz bestimmt nur Eine sehr deutlich hellere Stelle hat, die etwas aus dem
Umfange des Eies hervorragt, und zwar vorzüglich mit Einem Rande. Bald dar-
auffängt nun das Ei an sich zu drehen, und die helle Stelle befindet sich nicht in
der Axe, sondern im Umschwünge der Drehung. Der weitere Verfolg läfst dar-

1  Von den äu/sern Lebensbedingungen der weift - und kaltblütigen Thiere. Leipzig 1824. 4to.
Erste Beilage.

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über keinen Zweifel, dafs diese helle Stelle die Sohle des werdenden Thiers ist,
und der am meisten vorspringende Rand wird in späterer Zeit das Kopfende.

Schon die ungleiche Färbung in der oberflächlichen Lage des Dotters läfst
eine
Iveimhaut oder einen Keim annehmen. Sollte es sich bestätigen, dafs, wie
Garus beschreibt und a. a. 0.
Taf.l. Fig. IV. J. abbildet, zwei gegenüberlie-
gende helle Stellen am Dotter sind, so würde man daraus schliefsen müssen, dals
der Keim an diesen Stellen erst später den weniger gefärbten Dotter überwächst,
und ich würde dann glauben müssen, dafs es mir nicht gelungen ist, eben geleg-
ten Laich zur Untersuchung zu erhalten, denn allerdings habe ich nicht den Laich
von eingefangenen Schnecken bei mir in der Stube legen lassen. Die ersten An-
fange des werdenden Embrjo wären diese hellen Stellen dann gewifs nicht, das
lehrt der weitere Verfolg.

Selbst wenn die Angabe von Carus als richtig befunden werden sollte, ist
doch, wie gesagt, nach ein Paar Tagen nur Eine helle Stelle da, und diese erhebt
sich in schiefer Richtung vom Dotter, wodurch ihre Durchsichtigkeit für die Beob-
achtung sehr vermehrt wird, und diese hervorgehobene helle Stelle ist die erste An-
lage für den am meisten animalischen Theil des Thiers. Der übrige Umfang des
Keimes scheint den Dotter noch ziemlich eng zu umgeben. Wenn aber die Dre-
hung schon deutlich wird, erscheint eine dunkle Kreislinie 1), die allmählig die
Dotterkugel von einer äufsern Hülle, die sie überall umgiebt, sondert. Der Dot-
ter nimmt nun an Färbung ab und wird bedeutend gröfser. Die Bläschen in ihm
sind vergröfsert, sehr deutlich durch das Microscop kenntlich, und scheinen auch
an Zahl zugenommen zu haben, so dafs man annehmen mufs, dafs sich allmählig
durch Aufnahme des Eiweifses immer mehrere von den dunklen Körnchen des Dot-
ters in Bläschen umwandeln. Was die Dotterkugel wie ein Sack umgiebt, ist der
Leib des Thiers. Das Ganze hat eine unregelmäfsig runde Gestalt, doch ragt in
dem umgebenden Sacke die früher erschienene helle Stelle weit vor. Etwas später
wird der Embryo kahnförmig, der in ihm liegende sehr deutlich zu unterschei-
dende jetzt mehr durchsichtige Dotter, in welchem man jedes einzelne Bläschen
erkennt, nimmt an dieser Gestalt Antheil und erscheint nierenförmig. Der um-
gebende Leib ragt von allen Seiten, auch am hintern , dem hellen Kopfende ent-
gegengesetzten Ende mit breitem Saume (für die Ansicht unter dem Microscope)
über dem Dotter hervor. Noch etwas später scheint der Dotter ganz das hinterste
Ende des Embryo einzunehmen. Dieses rührt zum Theil von der stärkern Kruni-

1  Eine Kreislinie für Jede Ansicht durch das Microscop, in der That also eine sphärische Be-
grenzung.

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mung des Embryo, zum Tlieil ist aber wirklich der Dotier mehr nach hinten ge-
rückt. Die Entwickelungsstufe, die ich jetzt meine, weife ich nach dem Zeit-
inaaße nicht zu bestimmen. Sie fallt nach Carus Darstellung auf den siebenten
Tag. -

Es sind um diese Zeit und schon etwas früher zwei seitliche Zapfen in der
Axe der Drehung kenntlich. Ich habe mich auf das Bestimmteste überzeugt, dafs
diese Zapfen die seitlich vorragenden Ränder des Kragens sind, wie schon Carus
vermuthet. Carus bemerkt ferner gegen Stiebe], dafs immer die hintere Hälfte
des Embryo die grofszellige ist. Das ist auch so auffallend, dafs Stiebel wohl
nur durch einen Schreibfehler zu der entgegengesetzten Aeulserung gekommen
seyn kann. Diese Ansammlung grofser Zellen halte ich aber für eine Art von
Dottersack, nämlich für den noch nicht in einen Darm ausgesponnenen Theil des
Dotters, denn es ist zuvörderst augenscheinlich, dafs die Zellen nicht in der Ober-
fläche liegen, wie man aus einem dünnen Saume erkennt, der den Umfang der
grofszelligen Masse umgiebt und selbst aus einer eben so feinkörnigen Masse be-
steht, als die Masse des Kopfes ist; ferner hat der Umfang der grofszelligen Masse
im Innern des Leibes eine ziemlich bestimmte Grenze, und endlich sind die Zellen,
oder vielmehr Bläschen vollkommen den Bläschen ähnlich, die man vom Anfange
an im Dotter, nur immer im Wachsen begriffen, erkennt, sie sind auch von der-
selben körnigen Masse umgeben. Endlich müfste der Dotter ganz plötzlich ver-
schwinden, nachdem er lange an Masse zugenommen hatte, wenn man ihn nicht
in diesem, jetzt im hintersten Ende liegenden Sacke wieder erkennen wollte.

Carus glaubt, dafs schon am siebenten Tage die hintere Spitze des Em-
bryo von einer Leber eingenommen werde. Ich habe mich hiervon nicht über-
zeugen können, und habe vielmehr die Leber mit Deutlichkeit erst an schon aus-
gekrochenen Schnecken beobachtet. Vielleicht ist sie schon in der letzten Zeit
des Lebens imEie, wo man um den überall gebildeten Darm eine weiche Masse
erkennt, an der ich bei der Zergliederung jedoch keine bestimmte Organisation
unterscheiden konnte, während ich doch nach dem Auskriechen die Gallengänge
gefunden zu haben glaube. — Wenn die Schaale zuerst als eine ganz durch-
sichtige Hülle von ausgeschiedenem Eiweifsstoffe kenntlich wird, eine Bildung,
die nach Carus auf den lOten und Ilten Tag fällt, ist das hintere Ende des ge-
krümmten Leibes von derselben grofszelligen Masse ausgefüllt, wie früher. Die
umkleidende Haut scheint aber merklich dünner geworden zu seyn, indem diese
Masse jetzt ziemlich dicht unter der Schaale liegt. In der Masse sah ich zwei in
spitzen Winkeln sich schneidende Schatten, die ich mir durchaus nicht anders
deuten kann, als dafs sich der Dottersack verlängert und dafs die hintere blinde

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Spitze sich um sich selbst umgeschlagen hat. Jetzt ist noch der Embryo ziemlich
symmetrisch, doch ragt das hintere umgeschlagene Ende der Dottermasse ein klein
•wenig nach rechts vor. Es gelang schon eine Zergliederung mit spitzen Nadeln
unter dem
Microscope einigermafsen und liefs einen engen vordem Theil desDarm-
kanales erkennen, der vom Kopfende nach dem hintern Ende fortlief und hier mit
plötzlicher Erweiterung, die nur zu leicht abreifst, in die grofszellige Masse über-
zugehen schien. Es ist mir nicht recht erinnerlich, ob es schon um diese Zeit,
oder wie es mir wahrscheinlicher ist, etwas später war, wo ich einen vordem
Theil des Darmes mit dem deutlich erkennbaren Magen ausarbeitete und hinter
dem Magen den Darm von der erweiterten Stelle
abrifs.

Es braucht kaum erzählt zu werden, wie das hintere Ende nun immer
mehr nach rechts geschoben wird und sich aufwindet, wobei sich die Schaale
verdickt und undurchsichtiger wird. In der zweiten Hälfte des Eilebens läfst sich
der ganze Darmkanal, der bis auf den Magen ziemlich gleich eng ist, ausarbeiten.
Er liegt nun im hintern Theile nicht mehr eng der äufsern Bekleidung an, son-
dern
zwischen beiden ist eine sehr weiche Masse, an der ich keine Structur er-
kennen konnte.

Man sieht leicht ein, was ich aus diesen Beobachtungen zu folgern geneigt
bin. Es scheint mir, dafs der Dotter von einem Keime umschlossen wird, dafs
dieser Keim, wie überall, das künftige Thier selbst ist, welches den Dotter als
NahrungsstofF umschliefst und eben deshalb die ganze Dotterkugel nichts ist, als
ein Embryo mit grofser verdauender Höhle. Im sackförmigen Keime erscheint
entweder schon bei der Geburt oder sehr bald nach derselben eine hellere Stelle,
durch welche man in den Dotter hineinsieht, und welche dadurch erkennen lälst,
dafs das Innere der Dotterkugel weniger dunkel ist, als der gröfste Theil der Ober-
fläche (des Keimes), und eben deshalb den Unterschied zwischen Keim und der
übrigen Dottermasse bemerklich macht. Die helle Stelle ist mit dem Fruchthofe
in der Keimhaut des Vogels in so fern verwandt, als diese einen eben solchen Ge-
gensatz zu dem körnigen Gefäfshofe und Dotterhofe offenbart, wie die helle und
glatte Stelle zu dem gröfsern dunklern und körnigen Theile des Keimes im
Schneckenei. Darin ist aber ein Unterschied, dafs in dem
Fruchthofe des Vogel-
eies der Embryo sich bildet und erst sehr spät der Gefäfshof in den Embryo mit
aufgenommen wird. In der Schnecke aber wird der dunkle Theil des Keimes
gleich anfangs Leibestheil, und zwar nicht ein umhüllter, sondern ein umhüllen-
der. — Der ganze sackförmige Keim sondert sich dann in zwei Hauptschichten,
eine äufsere animalische und eine innere plastische Schicht. Die letztere bleibt
nun unmittelbare Hülle des Dotters und wird die Haut des verdauenden Kanales,

wäh-

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während sie sich von der äufsern löst. Nur an zweien Stellen scheint sie mit den
äufsern verbunden zu bleiben, den künftigen Mund- und Aftergegenden. Die
Hauptmasse des Dotters, die ich Dottersack genannt habe, blofs um die sackför-
mige
Gestalt anzuzeigen, zieht sich nach hinten und rechts von dem hellen Flek-
ken zurück, wodurch dieser immer mehr als die vorragende Stelle kenntlich wird.
Es wird dadurch an den beiden Anheftungspunkten ein Mund- und ein Afterdarm
aus dem Dottersacke gleichsam ausgesponnen. Der mittlere Theil der Schleim-
hautröhre ist noch sackförmig, verengt sich aber auch bald, indem er zugleich
sich spiralförmig aufwindet und gegen die angrenzende Gegend der äufsern Hülle
andrängt. Dafs sich die Mitte des plastischen Theiles mehr nach hinten zieht, als
umgekehrt der animalische Theil sich nach vorn verlängert, schliefse ich aus dem
Dünnerwerden der äufsern Hülle über der Darmspirale. Es scheint in der That
als ob das Bild, das Cu vi er gebraucht, wenn er uns den Bau der gewundenen
Schnecken anschaulich macht, indem er sagt, ihre plastischen Organe lägen so,
als ob sie einen Bruch bildeten, durch die Entwickelungsgeschichte vollkommen
gerechtfertigt würde. Es hat ferner das Ansehn, als ob um diese Zeit die ersten
Windungen der Schnecke, wenn die Schaale sich zu bilden anfängt, von der Spi-
rale des Darmes ganz ausgefüllt wären. Wenn nun aber später der Darm auch
in
dieser Gegend sich verengt ? so kann er die Schaale nicht mehr ganz ausfüllen,
er nimmt eine andere Gestalt an, und dadurch wird vielleicht der Absatz der fast
ungeformten Masse veranlafst, die man in späterer Zeit des Embryonenlebens in
der Spitze der Schaale bemerkt.

Es versteht sich von selbst, dafs die Bildungsweise der nackten Schnecken
etwas abweichen mufs. Der Hauptunterschied läfst sich darin vermuthen, dafs
die Darmspirale weniger gegen die äufsere Hülle andrängt. Deswegen bleibt auch
der äufsere oder animalische Theil mehr symmetrisch, denn offenbar sind es die
plastischen Organe, welche die Spirale der äufsern Form erzeugen. Einen solchen
Einflufs der plastischen Orgaue auf die äufsere Form finden wir sonst nirgends.
In den andern Typen ist der animalische Theil durchaus der bestimmende, in den
Mollusken der plastische.

Ich mufs das Wenige an den Schnecken beobachtete vorläufig für die ganze
Reihe der Thiere des massigen Typus gelten lassen, da ich von der innern Bil-
dung der Muscheln noch gar nichts Zusammenhängendes berichten kann.

Doch schon hiernach scheint jeder Haupttypus der thierischen Organisa- k. Vergiei.
tion ein besonderes Schema der Entwicklung zu befolgen, was freilich sich nicht chung der

verschiede-

anders erwarten läfst, da die Art und Weise, wie die Theile an einander gefügt nen Em wik-
sind, nur das Resultat der Gestaltungsweise seyn kann. Im Grunde hätte ich also {^ngsfor~

Kk

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die Ausdrucke Typus und Schema mit einem gemeinsamen vertauschen können.
Ich habe sie nur aus einander gehalten, um eben dadurch recht auschaulich zu
machen, dafs jede organische Form, in Hinsicht des Typus, das was sie
ist,
durch die Art der Bildungsweise wird. Das Schema der Entwickelung ist nichts
als der werdende Typus, und der Typus das Resultat des Bildungsschema. Eben
deshalb ist der Typus erst ganz zu verstehen aus seiner Entwickelungsweise.
Diese bringt in die ursprünglich nach den wesentlichen Verhältnissen überein-
stimmenden Keime Verschiedenheit. Es müssen verschiedene Bedingungen oder
bildende Kräfte auf die Keime einwirken, um diese Mannigfaltigkeit zu erzeugen,
worüber wir später ein Paar Fragen aufwerfen wollen.

i. Ueber- Hier schliefsen wir aber noch die Bemerkung an, dafs die ursprüngliche

des^irTTilen Uebereinstimmung aller thierischen Keime auch in den ausgebildeten Formen
Entwicke- nicht ganz schwindet und dafs wir den tiefsten für uns erreichbaren Unterschied
men. " der Thierformen in der Entwickelungsweise aufzusuchen haben.

Was die ursprüngliche Uebereinstimmung anlangt, so erinnere ich, dafs
nach dem Corollarium des zweiten Scholions jedes Thier zuvörderst ein Theil
seiner Mutter ist, dafs es selbstständig wird, entweder durch unmittelbare Ent-
wickelung der Mutter selbst, oder nach Einwirkung eines männlichen Princips,
und dafs dann der erste Act der Selbstständigkeit darin besteht, in eine Blasenform
überzugehen, indem entweder das Ganze der Leib des neuen Thiers ist, oder der
werdende Leib (der Keim) sich von einem blofs ernährenden, von ihm um-
schlossenen Stoffe trennt. Hier theilen sich Thier und Pflanze, da die Pflanze
den ernährenden Stoff nicht umschliefst. Die Blasenform ist also der allge-
meinste Character des Thiers, der Gegensatz von äufserer und innerer Fläche
der allgemeinste und also wesentlichste Gegensatz im Thiere. (Vergl.
oben
Schob V. §. 4. d.)

Es bleibt noch ferner eine Uebereinstimmung zwischen allen Entwicke-
lungsformen. In allen Thieren nämlich, welche einen Keim und einen Dotter in
früher Zeit haben, scheidet sich der umgebende Keim in mehrere Schichten ; die
dem Dotier zugekehrte ist die plastische, aufnehmende, die von ihm abgekehrte
die mehr animalische, wenn auch die äufserste Grenze derselben nur Grenzorgan
wird, und sich mehr oder weniger mit einer ausgeschiedenen nicht lebendigen
Schicht bekleidet. Dafs nun das Gefafssystem, wenn es anders von der ver-
dauenden Höhle geschieden ist, sich nach aufsen von ihr, dem animalischen
Theile näher bildet, dafs im animalischen Theile Muskeln, Nerven u. s. w. sich
trennen, scheint ebenfalls noch der Idee des Thiers überhaupt anzugehören, und

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je weiter diese histologische Sonderung geht, desto mehr ausgebildet nennen wir
ein Thier.

Davon ganz verschieden ist aber das Lagerungsverhältnifs der Theile. \'«. Haupt
Dieses wird durch die äufsere Form der Entwickelung bestimmt. heite^der"

Wir haben vier Hauptformen oder von uns sogenannte Schemata der Ent- ^ntwicke-

. •, 1 . , lungsfor,

Wickelung unterschieden. men.

Die strahlenförmige Entwickelung (evolutio radiata), welche von einem
Mittelpunkte aus das Gleichnamige peripherisch wiederholt.

Die gewundene Form der Entwicklung (evolutio conto rta), welche das
Gleichnamige um einen Kegel oder andern Raum dreht.

Die symmetrische Entwicklung ^evolutio g emina), die das Gleichnamige
von einer Axe zu beiden Seiten bis zu einer der Axe gegenüberliegenden
Schlufslinie vertheilt.

Die doppelt symmetrische Entwicklung (evolutio bigemina), die von einer
Axe aus das Gleichnamige von beiden Seiten aus nach oben und unten ver-
theilt und in zwei Schlufslinien zusammenführt, so dafs die innere Schicht
des Keimes unten und die obere Schicht desselben oben umschlossen wird.

Wir wissen, dafs in den höhern Wirbelthieren der Keim sich bald in
zwei Theile sondert: einen Innern, den man insbesondere den Embryo, und
einen äufsern, den man die Keimhaut nennt. Ich habe schon bemerkt, dafs
jener nichts ist, als ein Theil des Keimes, der sich nach dem jedem Thiere eigen-
thümlichen Schema der Entwickelung umbildet, während der peripherische
Theil in der Entwickelung zurückbleibt. In Säugethieren, Vögeln und den
Reptilien ist der mittlere Theil nur klein gegen den äufsern und er umwächst all-
mählig den Dotter, die Schlufslinie der Bauchseite bildend. Im Frosche ist zwar
der äufsere Theil des Keimes sehr dick, doch ist, glaube ich, eine Sonderung
in Embryo und Keimhaut nicht zu läugnen, denn der mittlere Theil ist in dem
Augenblicke, wo sich der Rücken schliefst, noch sehr viel dicker, und die Ab-
grenzung ist ziemlich scharf zwischen den Bauch platten und dem einen äufsern
Theile, den ich für die Keimhaut ansehe. Die erstem wachsen gegen die Schlufs-
linie des Bauches zusammen. Eben so schien es mir in ganz jungen Barschen,
wo die Keimhaut viel dünner und durchsichtiger ist. Ich sah neben dem Stamme
der Wirbelsäule ein Paar sehr schmale dunklere Streifen als werdende Bauch-
platten. Aus diesem Grunde kann man, glaube ich, von den Wirbelthieren all-
gemein sagen, dafs der Embryo mit seinen Bauch platten den Dotter umwachsen
wird, obgleich dieser schon früher von der Keimhaut umhüllt ist. In den ge-
gliederten Thieren ist es eben so. Ihre Seitenplatten sind durch Dicke von der

Kk 2

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eigentlichen Keimhaut deutlich unterschieden, sie umwachsen auch den Dotter.
In den Mollusken aber
scheint der ganze Keim sich gleichmäfsig zu verändern.
Man darf von ihnen daher nicht sagen, dafs der Embryo den Dotter umwächst,
sondern
richtiger, dafs er vom Augenblicke der Befruchtung an umhüllend bleibt;
denn eine Sonderung des Keimes in Embryo und Keimhaut ist nicht kenntlich,
vielmehr wird der ganze Keim Embryo. Dasselbe würde höchst wahrscheinlich
im strahligen Typus Statt finden, wenn eine Thierform aus dieser Reihe sich\'aus
einem wahren Eie entwickeln sollte, worüber es an aller Erfahrung fehlt 1).
Wenn alle aus blolsen Keimkörnern werden sollten, so ist das Yerhältnifs noch
augenscheinlicher, da ja
ein Keimkorn, so viel wir wissen, sich ganz entwickelt
und nichts ist, als ein Keim ohne Dotter.

Wir dürfen hierbei ein interessantes Yerhältnifs nicht übersehen. In den-
jenigen Eiern, in welchen der Keim sich deutlich in einen Embryo und eine
Keimhaut sondert, ist es der animalische Theil des Embryo, der diese Sonderung
bedingt. Der animalische Theil ist es, der so stark wächst, dafs man die Ab-
grenzung des
Embryo gegen die Keimhaut erkennt. Erst wenn er die ganze Form
des Thiers bedingt hat, scheint der plastische Theil eine gewisse Selbstständig-
keit zu erhalten, die in den gegliederten Thieren sich öfters nur auf Abtrennung
beschränkt und dann die einzelnen Organe hervortreten läfst, in den Wirbel-
thieren aber doch so viel Macht erhält, dafs sich das plastische System unsym-
metrisch ausbildet. Von der Einwirkung des plastischen Theiles auf den ani-
malischen ist kaum hie und da eine Spur zu erkennen. Anders ist es in den
Mollusken. Der plastische Theil wird sehr früh selbstständig und er wirkt be-
stimmend auf die äufsere Form. Man sieht, wie der wesentliche Character des
Thieres sich sehr Irüh offenbart und wird es in der Entwickelungsgeschichte be-
gründet finden, dafs die Mollusken auf den Namen der plastischen Thiere An-
sprüche machen dürfen. Man wird hiernach auch besser beurtheilen, mit
welchem Rechte man die Mollusken mit dem vegetativen Abschnitte des Leibes
der Wirbelthiere vergleichen kann, nach dem vorwaltenden Character nämlich,
nicht nach der Summe aller einzelnen Theile. In den Mollusken nämlich ist auch
ein relativ animalischer Theil, der die ganze Peripherie einnimmt und in der
Sohle der Gasteropoden am meisten ausgebildet ist. Sie sind im Vergleich zu

1  Es kann kaum etwas für die Entwickelungsgeschichte jetzt interessanter seyn, als die Beob-
achtung der Entwickelung der Seesterne und nächst diesen der Cephalopoden. Nach Cavo-
lini sollen diese einen aus dem Munde heraushängenden Dottersack haben (
Abhandl. über
die Erzeugung der Fische und Krebse^
übers, von Zimmermann, 1792. S 54), was schwer
xti begreifen ist.

-ocr page 289-

andern Thieren lebendige Bäuche, allein da diese Bäuche sich selbstständig,
ohne Einflufs eines höher gebildeten animalischen Theiles entwickeln, so haben
sie doch auch einen Theil, der für sie mehr animalisch ist, und das ist derjenige,
der die äufsere vom Dotter abgekehrte Fläche ihres Keimes ursprünglich bildete.

In allen vier Formen verändert die dem Dotter zugekehrte Fläche des
Keimes ihre Lage zu demselben nicht, sondern behält dieselbe und wird die ver-
dauende Fläche des ausgewachsenen Thiers. In allen Formen ist ferner das
Peripherische des ausgewachsenen Thiers die äufsere dem Dotter abgekehrte
Fläche des Keimes. Deswegen glaubte ich oben mit Recht behaupten zu können,
dafs es das Yerhältnifs zum Dotter ist, welches im Keime die primäre Sonderung
in eine animalische und eine plastische Schicht erzeugt. — Aber nicht in allen
Thieren bleibt die
ganze äufsere Lage des Keimes äufserlich. In den Wirbel-
thieren wird durch die eine Hälfte der doppelt symmetrischen Entwickelung ein
Theil der äufsersten Fläche umschlossen und verwandelt sich in die Nervenröhre,
das Rückenmark mit dem Hirne, Theile, welche daher nothwendig den andern
Typen fehlen müssen. Ich möchte hieran recht anschaulich machen, wie es das
Schema der Entwickelung ist, welches den Hauptcharacter des Thiers erzeugt.
Nehmen wir an, dafs in irgend einem Gliederthiere, welches im Momente seiner
frühesten Bildung begriffen ist, ein Theil des Keimes von beiden Seiten sich
erhöbe und dadurch einen Theil der äufsern Fläche umschlösse, so würde der
umschlossene Theil ein animalischer Centraltheil seyn. Dann würden die innern
Organe alle im Yerhältnifs zu ihm wie im Wirbelihiere liegen, die plastischen
Nerven ausgenommen, welche durch den Einflufs des animalischen Nerven-
systems diesem letzten in den Wirbelthieren genähert scheinen. Im Verhältnifs
zur Aufsenwelt aber lagen alle innern Theile umgekehrt, da der Centraltheil selbst
nach unten liegen würde. Wollten wir das Thier umkehren, so würden alle
äufsern Theile im Verhältnifs zur Aufsenwelt verkehrt liegen, die Extremitäten
und die Sinnesorgane, und vorausgesetzt, dafs die Streckseiten und Beugeseiten
sich nicht durch den Hinzutritt des neuen Centraltheiles umgekehrt hätten, auch
diese. Hieraus schliefsen wir nun zurück, dafs durch das Auftreten eines Central-
theiles für den animalischen Leib zwar die Lage der plastischen Organe unver-
ändert geblieben ist und ihr Verhältnifs zu der nächsten animalischen Schicht,
das Verhältnifs zur Aufsenwelt aber und alles, was dieses Verhältnifs im Körper
repräsentirt, sich umgekehrt hat. Im erstem Falle, wo der Fortgang der Ent-
wickelung einfach symmetrisch ist, wird die Centrailinie, von der sie ausgeht,
Beugeseite des Thiers; bei doppelt symmetrischer Entwickelung wird die Seite,
von der sie ausgeht, Streckseite. Nach der Beugeseite hin entwickeln sich die

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Extremitäten und die Fufswerkzeuge. Schon dadurch erweist sie sich als die
dem Planeten in ihrer tiefsten Bedeutung zugekehrte. Nach der Streckseite, der
vom Boden abgekehrten, bilden sich die Sinneswerkzeuge aus.

Ich habe dieses Corollarium mit der Bemerkung begonnen, dafs man nach
der fintwickelungsweise die Thiere eintheilen sollte, und ich habe ausführlich
genug gezeigt, dafs die Haupttypen ihre eigene Form der Entwickelung haben.
Nur mit ein Paar Worten erlaube ich mir noch hier anzudeuten, dafs wir in der
Entwicklungsgeschichte, wenn wir sie genau genug für die verschiedenen
Klassen und Familien der Thiere kennten, wohl den sichersten Wegweiser auch
für die weitere Eintheilung erhalten würden. Haben wir diese im Auge, so
werden wir die wahren Insecten leicht für eine höhere Stufe der Ausbildung
erkennen, als die Arachniden und Crustaceen. Wir werden die Batrachier für
verschieden genug halten, um sie mit Blainville von den Reptilien als be-
sondere Klasse zu scheiden —- und was haben sie denn mit diesen anderes
gemein, als dafs sie keine Fische, keine Vögel, oder Säugethiere sind ?

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Allgemeinstes Resultat,

ff\'inie flaleisdbis osb üfoW IHlJJIiUMl aiaiclT ivh bau :i______e

Ueberblicken M ir den Inhalt sämmtlicher Scholien, so geht aus ihm ein
allgemeinstes Resultat hervor. Wir fanden, dafs die Wirkung der Zeugung darin
besteht, einen Theil zu einem Ganzen zu erheben (Schol. II.); dafs in der Ent-
wicklung die Selbstständigkeit im Verhältnifs zu seiner Umgebung wächst
(Schob II.), so wie die Bestimmtheit seiner Gestaltung (Schol. L); dafs in der
inuern Ausbildung aus allgemeineren Theilen speciellere sich hervorbilden und
deren Besonderheit wächst (Schol. III.); dafs das Individuum als Inhaber einer
bestimmten organischen Form allmählig aus allgemeineren Formen in die mehr
besonderen übergeht (Schob V.), und können nun das allgemeinste Resultat der
Untersuchungen und Betrachtungen wohl so aussprechen:

Die Entwichelungsgeschichte des Individuums ist die Geschichte der wachsen-
den Individualität in jeglicher Beziehung.
Dieses allgemeinste Resultat ist freilich so einfach, dafs es keines Beweises durch
Beobachtung zu bedürfen, sondern
a priori erkannt werden zu müssen scheint.
Allein wir glauben, dafs diese Einfachheit nur das Gepräge der Wahrheit und
eben deshalb auch Bürge derselben ist. Hätte man das Wesen der Entwickelungs-
geschichte von vorn herein so erkannt, wie wir es eben ausgesprochen haben,
so hätte man daraus auch deduciren können und sollen, dafs das Individuum
einer bestimmten Thierform diese erreicht, indem es aus einer allgemeinern in
die besondere übergeht. Allein die Erfahrung lehrt überall, dafs die Deductionen
immer sicherer werden, wenn ihre Resultate vorher durch die Beobachtung
ermittelt sind. Der Mensch müfste ein noch gröfseres geistiges Erb theil erhalten
haben, als er wirklich besitzt, wenn es anders sejn sollte.

Hat aber das eben ausgesprochene allgemeinste Resultat Wahrheit und
Inhalt, so ist es
Ein Grundgedanke, der durch alle Formen und Stufen der

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thierischen Entwicklung geht und alle einzelnen Verhältnisse beherrscht. Der-
selbe Gedanke ist es, der im Welträume die vertheilte Masse in Sphären sam-
melte und diese zu Sonnensystemen verband, derselbe, der den verwitterten
Staub an der Oberfläche des metallischen Planeten in lebendige Formen her-
vorwachsen liefe, Dieser Gedanke ist aber nichts als das Leben selbst, und die
Worte und Sylben, in welchen er sich ausspricht, sind die verschiedenen
Formen des Lebendigen.

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Erklärung der Abbildungen.

Tafel I. uncl II.

Die beiden ersten Tafeln enthalten Abbildungen von Durchschnitten des Hühner -
Embryo aus der ersten Zeit der Bebriitung, und sollen anschaulich machen, wie ein Theil des
Keimes sich in den Embryo umwandelt. Sämmtliche Abbildungen sind ungefähr sechsmal
vergröfsert. Die Durchschnitte sind theils Längsdurclischnitte, theils Queerdurclischnitte.
Im Allgemeinen ist der Gesichtspunkt immer im Auge behalten worden, alle Tlieile in ihrer
gegenseitigen Lage darzustellen. Indessen würde eine zu strenge Befolgung dieses Grundsatzes
dem Zwecke der Abbildungen, der möglichsten Deutlichkeit, nicht entsprochen haben. Des-
wegen ist 1) in den Längsdurchscimitteii auf die vom dritten Tage au auftretende Krümmung
des Kopf-und Schwanzendes nach der Seite nicht Rücksicht genommen, sondern die Mittel-
fläche des Körpers ist als eine Ebene angesehen. Eben so ist 2) in allen diesen Durch-
schnitten der Harnsack als in der Mittelfläche des Körpers gelegen betrachtet, und auch das Herz
mit seinen einzelnen Theilen. Endlich sind 3) die späteren Embryonen vom dritten Tage an
ein wenig aus der Krümmung gezogen, jedoch so, dafs der Embryo des fünften Tages immer
mehr gekrümmt erscheint, als der des vierten, und dieser mehr als der dreitägige, wodurch
das gegenseitige Verhältnifs weniger gestört ist.

Li allen Abbildungen ist die Dotterhaut durch eine punktirte Linie, die Keimhaut
durch drei verschieden gefärbte Linien angedeutet, indem das Schleimblatt gelb, das Gefäfs-
blatt roth und das seröse Blatt schwarz gefärbt ist. Dieselben Farben sind in den Theilen bei-
behalten , in welche sich die Keimhaut umwandelt. Wo aber der Schnitt auf ein wirkliches
Blutgefafs trifft, ist dieses durch Zinnober angedeutet, während das Gefäfsblatt als solches mit
Carinin gezeichnet ist. Um das später sich findende Körpervenensystem von den Dottervenen
(die zum Pfortadersystem gehören) zu unterscheiden, sind die erstem blau gezeichnet. Die
Dottergefafse sind aber mit Zinnober gefärbt, sie mögen Arterien oder Venen seyn.

Um den Zusammenhang der Gefäfse verständlicher zu machen, sind auch seitliche
Gefäfse angegeben. Diese .sind aber nicht durch ausgezogene, sondern durch punktirte Linien
angedeutet. damit das Auge sich sogleich bei der Ansicht Orientiren möge über das, was in
der Mittelebene und was aufser ihr liegt. In den Längsdurchschnitten konnten Rückenmark
und Rückenplatten nicht unterschieden werden, ohne der Deutlichkeit zu schaden.

LI

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Die Längsdurchschnitte sind mit römischen Ziffern bezeichnet, die ihnen entsprechen-
den Queer
durclischnitte mit arabischen Ziffern desselben Werthes. Die Buchstaben für die
Bezeichnung der einzelnen Theile sind nicht in allen Abbildungen sämmtlich aufgeführt, um
diese nicht durch
Ueberladung undeutlich zu machen, alle Läiigsdurchschnitte haben aber über-
einstimmende Bezeichnung, eben so die Queerdurchsclmitte eine zweite, so dafs die Bezeich-
nung in einer Figur leicht auf die andere übertragen werden kann, besonders da die Figuren so
gestellt sind, dafs sie sich leicht gegenseitig erläutern.

Die Tafel I. giebt Durchschnitte aus der ersten Periode, oder den beiden ersten
Tagen der Bebrütung, die
Tafel II. aus der zweiten Periode, oder den drei folgenden
Tagen , und zwar ist

Fig. I. Längsdurchschnitt "1 „ , , ,.x ,

1 , , . > aus der Mitte (oder etwas spaterj des ersten iages.

rig. 1. Queerdurchsclmitt J

Fig. II. Längsdurchschnitt "l , . TT.„,, , „

„ , , , . > aus der zweiten Hälfte des zweiten I ages.
1\'\'g. 2. Queerdurchschmtt J

Fig. III. Längsdurchschnitt { . . ,, , . ~

 ti. >aus dem Anlange des zweiten iages.

Fig. 3- yueerdurchschnitt J

NB. Die Nebenfigur 3\' giebt die Ansicht von der Rückenseite des Embryo.

Fig. IV. Längsdurchschnitt i ,Jer Mitte des zweiten Tages.
Fig. 4. Queerdurchsclmitt J

Fig. V. Längsdurchschnitt 1 „

„ iiT. > aus dem Jcaide des zweiten 1 ages.

hg. 5. yueerdurchschmtt J

Fig. VI. Längsdurchschnitt aus dem dritten Tage.

Fig. 6\' und 6" Queerdurchsclmitte von Embryonen desselben Tages. 6\' zeigt einen frühem,

6" einen spätem Bildungsmoment.
Fig. VII. Längsdurchschnitt aus dem vierten Tage.

Fig. 7\' und 7" Queerdurchsclmitte aus derselben Zeit, und zwar ist 7\' eine frühere, 7" eine

spätere Bildung.

Fis. VIII. Längsdurchschnitt 1 , .... ,,

D _ iTT. r aus dem fünften läge.
Fig. 8. yueerdurchschnitt J

NB. Damit die Queerdurchsclmitte, wenn man sie in der Reihe betrachtet, die all-

mählige Fortbildung erläutern, sind sie vom dritten und vierten Tage sämmtlich aus

derjenigen Gegend des Leibes gewälilt, in welcher der Darm noch nicht geschlossen

ist. Aus denselben Embryonen würden Queerdurchsclmitte in dem vordersten oder

hintersten Theil des Leibes ein ganz anderes Anselm gewähren. Fig. 8. ist als ein

Schnitt dicht hinter dem Dottergange zu betrachten.

Jn allen Längsdurchsclmitten wird bezeichnet durch:

A der Rand der Keimhaut.

B die Grenze des Gefäfsblattes derselben. In späterer Zeit bezeichnet B zugleich den

Durchsclmitt der Grenzvene.
C die Dotterhaut.
D die Eiscliaalenhaut.
E die Centraihöhle im Dotter.

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F der aufsteigende Kanal aus derselben.
G der Hügel der Keimschicht.
H der weifse Rand desselben.
ƒ
, K, L die Halonen.

a das vordere Ende der Wirbelsaite.
b das
hintere Ende derselben.
a b die Wirbelsaite.
c das
vordere Ende der Rückenplatte.
c h die Rückenplatte.

d das vordere Ende des Speisekanals ; später die Mundöffnmig.
e der Athmungsapparat.

JNB. In Fig. VI., wo der Athmungsapparat blos seitlich hervorgetreten ist, nicht
nach unten, findet sich dieser Buchstabe in Klammern eingeschlossen.
ƒ der Magen.

g der vordere Eingang in den Speisekanal.
h der Gallengang.
i die Leber.

k der hintere Eingang in den Speisekanal,

g k die Darmrinne, oder der nicht geschlossene Tlieil des Darmes.
I der Mastdarm.
m der Harnsack.
n die Blinddärme.

NB. In Fig. VII. ist dieser Buchstabe in Klammern eingeschlossen, weil die Blind-
därme nur seitlich hervorragen,
o das hintere Ende des Speisekanals; später die Afteröffnung vom Embryo.
p der Umschlag der Keimhaut heim Uebergange in die Kopfkappe.

Nach der Trennung derselben in zwei Lagen ist:
p die Umbeugung des serösen Blattes, und p die Umbeugung des Gef\'äls - und Schleim-
blattes.

q die Umbeugung der Keimhaut beim Uebergange des Embryo in die Schwanzkappe.
/• der vordere Rand der Kopf kappe, oder der Uebergang derselben in die übrige Keimhaut.
r die Stelle des serösen Blattes, die sich von hier gelöst hat.
p r die Kopfkappe.

S der hintere Rand der Schwanzscheide, oder Uebergang derselben in die übrige Keimhaut.
s das von dieser abgelöste seröse Blatt.
q s die Schwanzkappe.

rpqs Wolfs falsches Amnion. x

t der vordere Theil der Amiüonsfalte.
p r t die Kopischeide.
« der hintere Theil der Amnionsfalte.
q s u die Schwanzscheide.
p r t u s q das Amnion.

LI 2

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r t u s seröse Hülle, oder Fand er\'s falsches Amnion.
v die Vorkammer des Herzens.
tu die Kammern desselben.
x die Aortenzwiebel.

s die" Gekrösschlagader } JZUSleidl fÜr deU SPätern EmblT° clas Gekröse an.

u die Gekrösvene.
ß die Nabelvene.
y der KörperYenenstamm.
In den Oueerdurclisclmitten ist:
a die Wirbelsaite.

b der äufsere Rand der Rückenplatte.

c der obere Rand derselben, später die Mittellinie des Rückens.
b c die Rückenplatte.

d der äufsere (und später der untere) Rand der Baucliplatte.
b d die Bauchplatte.
e die Umbeugung des serösen Blattes.
d e der häutige Tlieil der Rauchwand.
ƒ der Rand der Seitenkappe.

g der seitliche Theil der Amnionsfalte, später der Schlufs des Amnions.
d e g das Amnion.
h der obere Winkel.

i der untere Winkel der Gekrösplatte, später die Naht des Gekröses.
h i die Gekrösplatte.
k das Gefafsblatt auf dem Darme.
I das Schleimblatt des Darmes.
/ƒ Wolff\'s falsches Amnion.
m der Wolffische Körper.
n die Lücke des Gekröses.
o die Aorta.
p der Harnsack.

Tafel III.

Diese Tafel enthält gröfstentheils ideale Abbildungen zur Versinnlicliuug gewisser Ver-
lialtnisse. Sie dient zur Erläuterung der Scholien und Corollarien. Einzelne Figuren werden
im zweiten Hefte ausführlicher berücksichtigt, als im ersten geschehen ist.

Fig. 1. Ein Kelch aus dem Eierstocke eines Vogels, mit dem enthaltenen reifen Dotter senk-
recht durchschnitten.

1 der Stiel des Kelches.

2 die Narbe des Kelches.

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S der Kelch selbst.

4 ein ganz zurückgesunkener Kelch, der das Ansehn eines sogenannten gelben Körpers
erhalten hat.

a die äufsere Haut des Kelches, eine Fortsetzung der äüfsern Haut des Eierstockes.
b die Kapsel.
c Dotterhaut.
ä Centraihöhle im Dotter,
e die Keimschicht mit dem Keimbläschen.

Fig. 2. Senkrechter Durchschnitt eines Hühnereies im Beginne der Bebrütung.
a Durchschnitt der Schaale.

b der Schaalenhaut.

c der Dotterhaut.

d der Centraihöhle im Dotter.

e des Keimes.

ƒ der Wölbung der Dotterhaut über dem Keime.

Fig. 3. Ein Ei, das etwa 24 Stunden bebrütet ist, von oben angesehen, doch so , dafs die
Schaale und die Schaalenhaut nur im Durchschnitte erscheinen.
a die Schaale.
b die Schaalenhaut.

c Grenze zwischen dem aufsern und mittlem Eiweifs,
c Ligamentum albuminis des T red dem.
d Grenze zwischen dem mittlem und innersten Eiweifs,
e, e Hagelsclmüre.
ƒ Dotterkugel.
g Grenze der Keimhaut.
g h der Dotterhof.
h Grenze des Fruchthof\'es.
h i der Gefäfshof.

i der Fruchthof mit dem Embryo in seiner Mitte.

Fig. 4. Idealer senkrechter Queerdurclischnitt des Embryo eines Wirbelthiers.
a der Stamm der Wirbelsäule.

b Rückenplatten. Beide bilden zusammen die Rückenröhre.
c Bauchplatten. Beide bilden mit einander die Bauchröhre.
d das Rückenmark.
e die Gefafshautröhre.
ƒ die Sclileimh»utröhre.
g falsche Nieren.
h Haut.
i Amnion.
k seröse Hülle.
I Dottersack.

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Fig. 5. Abbildung von der Umbildung des Keimes in den Embryo
a ß Inbegriff der Centrailinien aller Fundamentalorgane.
a Wirbelsaite.

b Bildungsbogen der Rückenplatten.
c der Bauchplatten.

d der Nervenröhre.

e der Gef\'äfsröhre,

ƒ der Sclileimhautröhre,

m Kamm der Rückenplatte.

m die Stelle im Keime, aus welcher er stammt.
n Kamm der Bauchplatte.

n die Stelle im Keime, aus welcher er stammt.
% durchbolirender Bildungsbogen des Auges.
y durchbohrender Bildungsbogen des Ohres.
Fig. 6- Ideale Abbildung der organischen Bewegungen im Wirbelthiere. Der Leib des
Thiers ist durchsichtig gedacht, so dafs man nur den Uinrifs erkennt. Auch der
Umrifs des Herzens ist angedeutet (in der Gestaltung ist die rechte Vorkammer etwas
über die Norm nach liinten gestellt). Die Ansicht ist von der Rückenfläche,
l\' Weg des rothen Blutes in die linke Kammer.

1 Balm desselben aus der linken Kammer.

2 Bahn des Venenblutes aus der vordem Hälfte des Körpers in die rechte \\ orkamxner.
S Bahn des Venenblutes aus der hintern Hälfte des Körpers in die rechte Vorkammer.

4 Bahn des Pf\'ortaderblutes. \'

5 Weg der eingeathmeten Luft.

6 Weg der Speisen aus dem Sclilundkopf\'e in die Speiseröhre.

7 Weg des Speisebreies aus dem Magen in den Darm.

8 Weg des Kotlies.

9 Weg der Eier.

Fig. 7. Idealer Durchsclmitt eines Wirbelthiers, um den Typus der Extremitäten daran zu
zeigen.

a Stamm der Wirbelsäule.
b oberer Wirbelbogen.
c unterer Bogen, oder Rippen.
d Rückenstück vom Rumpfgliede
e, Bauchstücke vom Rumpfgliede
ƒ oberes Mittelglied
g unteres Mittelglied
h Endglied
ti Endglied als Flosse
Fig. 8. Idealer senkrechter Durchschnitt eines Gliederthiers.
a Stamm oder Centrallinie der Körperringe.
a Schlufslinie.

der Extremität,

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b Hüfte.

c Oberschenkel

j tt , , . > der Extremität.

d Unterschenkel j

» Fufs.

ƒ Flügel.

ƒ\' Lage des unentwickelten Flügels.
Fig. 9. Embryo einer Meduse.

Fig. 10. Bildungsschema der Thiere des Längentypus,

Fig, l \\, Typus der Strahltbiere.

Fig. 12. Typus der Mollusken.

Fig. 13. Typus der Gliederthiere.

Fig. 14. Typus der Wirbelthiere.

-ocr page 300-

Halle,

gedruckt in der Gebauers chen Buclidruckerei.

*

-ocr page 301-

Verbesserungen.

Der Verfasser dieser Schrift lebt leider an einem Orte, an welchem ein anstän-
diger Druck nicht unter seinen Augen ausgeführt werden konnte, und zugleich so weit
entfernt von allen gröfsern Druckereien, dafs es ihm unmöglich war, die Correctur
selbst zu besorgen. Jedem andern Corrector mufste der Inhalt unverständlich seyn.
So haben sich denn Schreib - und Druckfehler erhalten, die zum Theil wenigstens das
Verständnifs um so leichter hindern können, je mehr schon an sich eine ausführliche
Darstellung derEntwickelungsgeschichte schwer fafslich ist. Aus diesem Grunde wer-
den die Leser vom Unterzeichneten angelegentlich ersucht, die nachstehenden Verbes-
serungen einzutragen.

S. V. Z. 12. lies: Frucht statt: Folge

— VIII. Z. 15.1.: nur st.: mir

— IX. — 10, 1.: Leber mit der \'ausgebildeten

Leber selbst st.: Leber selbst

— 9. Z. 6. 1. : immer mehr st: immer

— 10. Z. 7. 1.: von der zwölften Stunde an

st.: in der zwölften Stunde

--— 17. 1.: immer st.: innere

__ — — 35. 1. kreisförmigen Gruben st.: kreis-
förmige Grube

— 11. —4. 1.: werdenden Fötus st.: Fötus ver-

dünnt <-

— 12. — S4 1.: ausscheidenden st.: ausschnei-

denden

— 13. —- 12. 1.: physical st.: phisical

— 15. — 10. 1.: Dünne, nur st.: Dünne nur
---24. 1.: Rückenplatten st. : Rücken-
platte

— 16. — 14. 1.: ihr st.: ihm

_20. — 27, 1.: die Namen st.: den Namen

___30 1-: worden ist . . . hat st.: worden

sind .... haben

_2g__ 14-, 1.; vordem st.: andern

_28 _ 3. 1.: Abschnüren st.: Abscheuern

_ _3. l,; nicht mehr st.: viel mehr

— 33. — 6. 1.: Decke st.: Dicke

„ 34. _ 15. l : die Seitenzipfel st.: den Seiten-
zipfel

_ 37. __ 30. 1. : Bootes st.: Blattes

_ 58. — 5. 1 : und die st. : um die

_ 41, — 18. 1.: Scheide, unigeben st.: Scheide

umgeben

\\

S. 41, Z. 27. lies: einnimmt statt: vereint

— 43,—37.1«: dreiseitig, eine Kante st.: drei-

seitig eine Kante,

— 50. — 24. das Wort: „hervorgetreten" ist

auszustreichen

— 53. Z. 5. 1.: nicht so zu st.; so zu
---9. 1.: die Gefäfsbogen st.: den Gefäfs-

bogen

— 54. — 5. 1.: freien st.: feinen

— 55. — 19. 1.: Lagenverhältnifs st.: Lagerver-

hältnifs

 —--21. 1.: als das Hirn, st.: , dafs das Hirn

— 56. — 10. 1.: den st.: dem
---11. 1.: wie st.: nie

— 57. — 3. I.: wendend st. zuwendend

— — — 8. 1.: den ersten st.: dem ersten
--—23.1.: sichtheilt; st.: sich theilt:

— 64. — 19. 1.: Hülfe ; da .... ist, st. : Hülfe,

da .... ist;

— 67. — 18. 1.: eben nichts st.: aber nichts

— 69. — 33. 1. : der st.: der der

— 70. — 1, 1.: des Speisekanals st.: der Speise-

röhre

— 74.— 12. 1.: Arterien st.: Aorten
---24. 1.: sie st.: diese

— 76. — 14. 1.: wulstigen st.: wülstigen

— — — 27. 1.: viele Schwierigkeit st.: viel

Schwierigkeit

— 79. — 18. 1.: auch oben st.: nach oben

— 80.— 33. 1.: und besteht, der Speiseröhre

st.: und der Speiseröhre

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S. 87. Z. 30. lies: noch einmal statt: nur einmal

— 88. — 24.1. schon deshalb vermuthen st.: schon

vermuthen

— 89. — 26.1.: Asymmetrie st.: Aesymmetrie
_ 94t _ 14. 1.: bald nachdem st.: bald, nach-
dem

_ _ _15. 1.: schärfer st.: schiefer

_ 97, _36, 1.: schickt st.: schickte

__98, —2. 1.: fortsetzt st.: festsetzt

— — — 33. 1. : venösen st.: nervösen

— 102. —37. 1.: den Falten st.: der Falte

— 107. — 28. 1.: letzterem st.: letzterer

—. — — 3o. 1.; Verwachsung st.: Verwechse-
lung

— 108. —■ 33. 1.: bildet st.: bilden

— 126. — 28. 1.: Kropf st.: Kopf

___128._31. I.: nach innen st.: noch immer

_ _ _ 37. 1.: nah an der st.: nach der

_ 131. — 12, 1.: umgiebt st.: umschnürt

— 133. — 9.1.: auf st.: aus

__ 136. _3.1. : Vorkammer st.: Kammer

— 137. —20. 1.: communicirende st.: concurri-

rende

_ 245__37, l,: unterscheiden st. : erkennen

__£48. _31. 1.: seinen Leib st.: einen Leib

_156.__1.: polarische st.: plastische

— 165. — 23. 1.: b. st.: I.

— 167. — 4. 1.:,Dottersack st.: Dotter

— 169. — 33. 1 : doppelt st.: doppelte
--_35. 1.: 3.
h. st.: {. 3. I.

— 170. —34. I: nicht, dafs die st.: nicht die

— — — 18.1.: hier auf st.: hierauf

— 179. — 6. 1.: weniger st.: wenigen

Auch bitte ich um Verzeihung, dafs
vorkommt. Ich habe vielleicht versäumt
wie meine Absicht war.

S. 182. Z. 29. lies: den statt: der

— 191. — 2. 1.: Mittelhand ist st.: Mittelhand

— 195. — 9. 1.: derselbe 6t.: der Unterkiefer

— 196. — 1. 1.: in der Thierreihe st. : indasThier-

reich

— 199. — 12. 1.: da es sich mir st.: da es mir

— 201. — 17.1. daran st.: dann

— 202. — 3. 1.: nur wenig st.: nun wenig

— 211. — 27. I.: dem folgenden st.: den folgen-

den

— 213. — 27. 1.: organischen Strömung st.: Or-

ganisation

— 215, — 19.1.: mufs st.: mufste

— 219, — 9. u. 10. 1.: des Haupttypus st.: der

Haupttypen

— 223. _ 8. 1.: Er ist st.: Es ist

— 224. — 14. 1.: Entwickelung: st.: Entwicke-

lung,

— — — 29. 1.: ihrem st.: seinem

— 229. — 3. 1.: ist, andere st.: ist: Andere

— 238. — 1. I.: Diese st.: die

— — — 3. 1.; fortgepflanzt st.: sich fortge-

pflanzt

— 239. — 13. 1.: lebhaften st.: lebhaftem

— 243. — 27. 1.: Umhüllung st.: Umbildung

— 246. — 4.1.: gesonderte st.: gerundete

— 253. — 10. 1.: Dotter st.: Dotter,

— 259. — 16. 1.: untere st.: innere

— 262, — 1. 1.: Frefswerkzeuge st.: Fufswerk-

zeuge

— 266. — 13. 1.: ersten Tages st.: zweiten Tages

— 269. — 27. 1.: Gefäfshofes st.: Fruchthofes

derselbe Satz aufweite 225 und Seite 231
, ihn an der ersten Stelle wegzustreichen.

B a e r.

-ocr page 303- -ocr page 304- -ocr page 305-

Taf. M,

»

/\\

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