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Anatomici et Phyfiologici
Quarto xi0,/Oß •

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ÜBER

ENT WICKE LUNGS GE SCHICHTE

DER

T H I E R E.

BEOBACHTUNG UND REFLEXION

VON

Dr. KARL ERNST v. BAER.

ZWEITER THE IL.

MIT VIER KUPFERTAFELN.

Königsberg i8S7.

bei den Gebrüdern bornträger.

RIJKSUNIVERSITEIT UTRECHT

lllllill.............

1295 3190

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«ÉrWï

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STachricltt.

UP er Druck dieses Bandes wurde bereits im August des Jahres
1829 begonnen, ruhete dann, aus Mangel an Manuscript, 5 volle
Jahre, und konnte endlich in der Sten Hälfte des Jahres 1834
bis zum 38sten Bogen gefördert werden.

Eine Abhandlung, mit welcher der, jetzt in St. Petersburg
lebende, Herr Verfasser den Band zu schliefsen gedachte, die
Vorrede und die Erklärung der Abbildungen, haben wir bis zum
heutigen
Tage nicht erlangen können, sind auch seit 15 Mona-
ten ohne alle Antwort geblieben; daher hab&i wir die Hoffnung,
den Schlufs des Werkes zu erlangen, aufgeben müssen, und hal-
ten uns verpflichtet, diesen StenBand
auf Verlangen mehrerer
Käufer so auszugeben, wie er hier vorliegt.

Königsberg, den 2. August 1837.

Die Verleger.

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Vorlesungen

über

Zeugung und Entwicklung

der

organischen Körper

gehalten
vor

Aerzten und angehenden Naturforschern

als

Einleitung;

zu einem tiefern Studium
der

Entwickelungs\'g\'e schichte.

iL

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A uf Stellung der A ufg ab e.

Zwei Verhältnisse sind es vorzüglich, welche die Klage über die Unvollkommen- a. Organi-
heit unsrer Kenntnils vom Leben immer rege erhalten, die Unmöglichkeit den sc
Lebensprocefs des Organismus aus irgend einer Einzelheit herzuleiten, und die
Unfähigkeit der Physiologen den Moment seines Anfanges genau nachzuweisen.
„Was ist denn eigentlich das Leben des organischen Körpers"? fragt man und er-
wartet eine Lösung der Frage, welche das Leben aus etwas Anderem herleite,
wo möglich aus einer scharf begrenzten Einzelheit. Erklärungen, welche das
Leben etwa auf einen fortgehenden Oxydationsprocefs oder einen electrischen
Procefs zurückführen , pflegen daher bei Laien viel Glück zu machen, weil man
glaubt, einen solchen einzelnen, auch in der unorganischen Natur zu beobachten-
den Procefs vollständig zu kennen, und weil mit dem ersten Atom hinzutretenden
Sauerstoffes das Leben beginnen und bei völliger Sättigung aufhören müfste.
Alle Erklärungen dieser Art findet aber der Physiologe bald höchst unvollkommen,
nur Eine einzelne Richtung des Lebens berührend, und er lernt einsehen, dafs
überhaupt das Leben nicht aus etwas Anderem erklärt, sondern für sich aufge-
fafst und aus sich begriffen werden mufs. Auch rückt die Zeit immer näher , wo
selbst der Physiker gestehen mufs, dafs er bei seinen Versuchen die einzelnen
physischen Vorgänge aus dem Gesammtieben der Natur nur herausreifst und sich
dadurch den Anfang künstlich schafft. Schon wissen Avir, dafs kein chemischer
Procefs ist ohne einen galvanischen, kein galvanischer ohne eine magnetische
Thätigkeit, dafs Licht und Wärme sich gegenseitig bedingen, und es ist zu hof-
fen , dafs, eben so wie jetzt der Phj^siologe die complicirten Erscheinungen des or-
ganischen Lebens den physischen anpafst, man einst die physischen Erscheinun-
gen mit denen in lebenden Organismen vergleichen und aus ihnen verstehen lernen
wird. Dann wird wahrscheinlich die Klage über die Dunkelheit der Lebensver-
richtungen aufhören. Man wird sich gewöhnen, diese in ihrem gegenseitigen

A 2

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Verhältnisse zu betrachten, wie sie sind, ohne erzwungene oft lächerliche Erklä-
rungen und Zurückweisungen auf Einzelheiten in der unorganischen Natur.

b. Des Le- Mehr noch sieht man aber die Kenntnifs des organischen Lebens als un-
hn[S indivi? vollständig an, weil man den Moment seines Anfanges in jedem einzelnen Orga-
duum. nismus nicht genau nachzuweisen im Stande ist. Die Zeugung und Entwicklung

eines lebendigen Körpers fand man deshalb von je her besonders geheimnifsvoll
und wunderbar. Sie ist es aber nicht mehr als irgend
eine andere Lebenserschei-
nung, denn wir gewöhnen uns nur zu sehr an den Glauben, dafs wir das voll-
kommen verstehen, was wir mit unsern Sinnen oft wahrnehmen, und nur was
nicht unmittelbar vor unsern Augen oder unter unsern Händen geschieht, glauben
wir, sey uns unverständlich. Auch wer sonst nur wenig auf die Pflanzenwelt
achtet, hat sich wohl nach der Lösung des Geheimnisses gesehnt, Avie aus dem
Saamenkorne ein neuer Baum aufschielst. Dafs aber ein Baum jährlich Knospen
treibt und aus diesen Knospen Aeste hervorwachsen, regt selten die Wifsbegierde
des Nicht - Naturforschers auf — und doch ist der Unterschied fast nur der,
dafs jene Entwickelung
in der Erde von uns nicht gesehen, diese über der Erde
vor unsern Augen vorgeht. — Eben so findet man es nicht wunderbar, dafs
jeder Mensch, den wir um uns erblicken, jedes Thier und jede Pflanze sich er-
nährt und wenigstens einige Zeit des Lebens hindurch wächst. Die Ernährung
ist aber nichts als eine stete Umbildung. Der Mensch von heute ist schon nicht
\' ganz mehr der Mensch von gestern. Das Wachsthum ist Ernährung mit Bildung
neuer Körpermasse — in der That eine fortgesetzte Zeugung, und die Zeugung
ist nichts als der Anfang eines individuellen Wachsihums. — Das Wachsthum
finden wir nun ganz begreiflich, aber eben der Anfang ist es, den wir gern er-
kennen möchten. Vor allen Dingen suchen wir einen recht bestimmten Anfang,
eine scharfe Grenze zwischen Seyn und Nichtseyn. Ist aber in der Natur wirk-
lich ein solcher absoluter Anfang irgendwo bemerklich? Ist sie nicht ewige Ver-
änderung, und liegt es nicht vielleicht blos in der geistigen Anlage des Menschen,
clals er einen absoluten Anfang sucht?

c. Ob es im Man hat in der That Scharfsinn und Phantasie bis zum Uebermaafs angre-

Moment der . a

Befruchtung strengt, um diesen Moment aufzuspüren. \\\'or allen Dingen schien es am glaub-
neu beginnt?cjjsten^ fjajps jm Augenblicke der Befruchtung das neue Wesen wie durch einen
electrischen Schlag, oder durch Vereinigung zweier heterogener Stoffe, wie ein
chemischer Niederschlag oder durch irgend ein magisches Kunststück entstehen
müsse. Allein wie scharf man auch die Microscope wählte, wie sehr man auch
das Auge anstrengte, man sah gleich nach der Befruchtung nichts, Avas man nicht
vorher gesehen hatte. Erst einige Zeit später war das neue Pflänzchen oder das

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c

neue Thier erkennbar und schon im Wachsen begriffen. Vorher war aber doch
schon etwas, das zwar nock kein eigenes Leben besafs, der ersten Form des wer-
denden Thieres oder der Pflanze aber doch ähnlich war, und nur als Umbildung
dieses Theiles zeigte sich der selbstständige organische Körper.

Man mufste daher auf den Gedanken kommen, der Anfang falle vielleicht ^ & Ob die
nicht mit der Befruchtung zusammen , sondern die Frucht sey schon vorher in den men schon
Aeltern vorhanden und gelange jetzt nur in Verhältnisse, in welch en sie rascher "bt^n ?
fortwachse. In diesem Falle konnte man ihr Daseyn entweder im mütterlichen
oder im väterlichen Körper suchen. Im mütterlichen Körper höherer Thiere sind
allerdings in bestimmten Organen, den Eierstöcken, Theile enthalten, in wel-
chen nach der Zeugung die neuen Individuen sich finden und die man in ihnen
sich vorgebildet dachte. Diele Theile heifsen überhaupt Eier. — Sie lassen vor
der Befruchtung kein eigenes Leben erkennen. — Im männlichen Zeugungs-
stoffe der Thiere hatte man hingegen nach der Erfindung der Vergröfserungsgläser
eine überaus grofse Menge kleiner, offenbar selbststänJig beweglicher, also leben-
diger Körperchen entdeckt, eine Beobachtung, die für diejenigen Naturforscher,
welche nach einer Praeformation suchten, sehr willkommen war. Diese Thier-
chen sollten die augenscheinliche Brut der gröfseren Thiere seyn, in deren Zeu-
gungsorganen sie sich finden. Allein nun blieb wieder die Zeugungsgeschichte
dieser Thiere zu enträthseln. Hatte man sich einmal am Wunderbaren erhitzt,
so wurden alle Schwierigkeiten, wenn auch auf Kosten des gesunden Menschen-
verstandes, leicht überwunden. — Man warf von entgegengesetzter Seite die
ungeheure Anzahl der Thierchen des männlichen Zeugungsstoffes ein; allein die
Vertheidiger erwiderten, es wäre sehr glaublich, dafs im Augenblicke der Be-
fruchtung Millionen derselben sich mörderisch herumbissen, bis ein Uebrigblei-
bender in das Bläschen des weiblichen Eierstockes als glücklicher Sieger einzöge.
Schade nur, dals die
Cercarien, so nannten die Zoologen die Thierchen im
männlichen Zeugungsstoffe, gar keine Organe zum Beifsen
und überhaupt nicht
die entfernteste Aehnlichkeit mit den höheren Thieren haben, sondern aus einem
kleinen vordem Knöpfchen und einem langen zugespitzten Anhange bestehen,
ohne alle weitere Gliedmafsen. Nach kurzem Flor wurde diese Hypothese daher
auch vergessen und ruhte über ein halbes Jahrhundert, als in neuester Zeit zwei
sehr genaue Beobachter, Prevost und Dumas, sie modificirt wieder ins Leben
riefen, nach langen und sorgfältigen Untersuchungen der Saamenthierchen.
»Nicht das ganze Huhn, oder das Rind wird aus der
Cercarie gebildet", sagten
sie, „sondern nur (las Nervensystem, das Uebrige wächst dann aus dem weib-
lichen Zeugungsstoffe hinzu." In der That hat das Rückenmark, vereint mit dem

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Hirne in allen Thieren, in denen es vorkommt, einige Aelmlichkeit mit den Cer-
carien, wenn auch in mehr als millionenfacher Vergröfserung. Mit vielem Ver-
trauen war schon der erste Theil ihrer Arbeit durch den Druck bereits bekannt
gemacht, als dieselben Beobachter ähnliche Thierchen in den Zeugungsorganen
der Schnecken und den Muscheln fanden. Da weder Schnecken noch Muscheln
ein Rückenmark und Hirn, sondern ein Nervensystem haben, welches von der
Form der Cercarien gar sehr abweicht, so kostete es den Verfassern einige Red-
nerkünste, um in einem Nachtrage zu ihrer Zeugungstheorie zu erklären, sie
wollten nicht so verstanden seyn, als ob aus dem in das Ei gedrungenen Saamen-
thierchen unmittelbar das Nervensystem würde. — Das Eindringen derselben
veranlasse nur gleichsam eine vorbereitende Bildung. Mit dieser Erklärung hat-
ten sie aber selbst ihre Hypothese nicht gleichsam, sondern wirklich gestürzt 1).
ob mit Uebcrhaupt wird die Aufgabe, die man sich einmal aufgestellt hatte, den

Individuen1 definitiven Anfang der Bildung anzugeben, nicht gelöst, wenn man die Praeexi-
einer Jorm stenz iß den Körpern der Aeltern annimmt, denn man mufs nun weiterfragen:
kommen*zu- wann, wie und warum bildet sich hier der Anfang der Nachkommensehaft? Es
zeugt\'1 woV- lag sehr nahe, dafs man, um diese beschwerlichen Fragen zu beantworten, oder
den sind? vielmehr um ihnen auszuweichen, alle lebenden Körper bis in die letzte Genera-

tion mit den ersten Individuen sogleich geschaffen dachte. Im Eierstock des
Huhns sollten alle Küchlein, denen es das Daseyn geben kann, schon völlig aus-
gebildet liegen, und in den Eierstöcken jedes dieser Embryonen wieder die ge-
sammte Nachkommenschaft und so immer fort, nur so unendlich klein, dafs sie
unsern Werkzeugen unerreichbar sind. Sie warten da auf die günstigen Verhält-
nisse zur Ausbildung. In jedem organischen Körper mit vereinten Geschlechtern,
oder weiblichen Geschlechts, (wenn wir nämlich nach dem Gesagten diejenigen
Naturforscher nicht berücksichtigen, welche die Keime im Vater suchten,)
dachte man sich also den ganzen Inbegriff aller Nachkommen, so dafs wer eine
Mandel verspeist, nicht blos
Einen Mandelbaum im Keimzustande verzehrt, son-
dern die vielen Billionen und Trillionen, die in diesen wieder eingeschachtelt
sitzen. Obgleich diese Hypothese an Unsinn grenzt, so hat sie doch sehr ausge-
zeichnete Naturforscher zu Vertheidigern gehabt, und sie ist ein redendes Bei-
spiel von den Verirrungen, in die man gerathen kann, wenn man consequent statt
der Beobachtung Annahmen gelten läfst. Wäre diese Ansicht begründet, so
müfste nothwendig einst
eine Zeit kommen, wo der Gärtner keine Früchte von
seinen Apfelbäumen ziehen würde, und der Schäfer keine Lämmer von seiner

1  Annales des scienses. Tom. VII. p. 454.

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Heerde, wo auch der Mensch selbst ohne Nachkommen bleiben würde, und alles
Leben auf der Erde aufhörte, weil das im ersten Schöpfungsacte Entstandene nun
ausgebildet wäre. Der Schöpfer miifste sein Werk, das, trotz der vielen Wun-
der, doch so unvollkommen war, dafs es ein Ende fand, nachdem alles Anfangs
Gebildete ausgewachsen war, wieder von neuem beginnen. — Vergeblich
wandte man ein, dals nach dieser Hypothese eine Eiche zu den in ihr enthalte-
nen Eichbäunien der sechsten Generation sich verhalten müfste wie die Masse des
Erdballs zu der Muttereiche. Wie also gar zur 600ten oder 6000ten ? „Warum
nicht"? sagten die Vertheidiger dieser sogenannten Einschachtelungstheorie.
„Wir erkennen daraus nur, wie sehr wir uns über die Kleinheit, in welcher die
Natur wirken kann, verwundern müssen." Allein die Natur giebt dem Beobach-
ter derselben nur StolF zur Bewunderung .der Einfachheit, mit der sie wirkt, und
zur Verwunderung über die Geneigtheit, mit der der menschliche Witz ein ihm
wunderbar scheinendes Phänomen durch unendlich gröfsere und unbegreiflichere
Wunder erklärt.

Ich habe Ihnen die entgegengesetzten Beantwortungen über die Haupt- ƒ■ wie wir
frage in Bezug auf Zeugung und Entwickelung der organischen Körper angedeutet, Hortung"**
um dadurch Gesichtspunkte für den fernem Vortrag hinzustellen. Zugleich habe ^^tS-
ich aber ein Paar von den zur Einsicht in die Zeugung erfundenen Hypothesen
lien sammeln
mit wenigen Worten näher bezeichnet, um Sie darauf aufmerksam zu machen, W°
dafs solche dem langsamen Gange der Beobachtungen vorgreifenden Versuche zur
Einsicht es sind, welche die Zeugungsgeschichte so märchenhaft und wunderbar
erscheinen lassen; denn wenn auch ähnliche Hypothesen von den meisten Phy-
siologen längst als vorübergegangen betrachtet werden, so geht doch eine dunkle
Sage \\on ihnen im Munde Aller umher, welche nicht durch ihren Beruf selbst auf
die nähere Beobachtung dieses Verhältnisses hingewiesen sind, und diese dunkle
Sage hindert in der Auffassung einer einfachem und richtigem Ansicht und in der
Unterscheidung des wirklich Beobachteten von der Ergänzung derselben.

Sie werden sich leicht denken, dafs die vereinten Bemühungen vieler
Beobachter Stoff zu einem sicherern Urtheil geliefert haben mufs. An Bestrebun-
gen Hat es wenigstens nicht gefehlt, und wenn auch die Beobachtung in diesem
1 elde mit vielen Schwierigkeiten zu kämpfen hat und viele Lücken noch auszu-
füllen sind, so ist wenigstens unläugbar so viel gewonnen, dafs man aus der
r Beobachtung die Irrigkeit jener Extreme in den Vorstellungen über die Zeugung

und Entwickelung nachweisen kann. Denn es ist hier, wie bei der Untersuchung
aller Übrigen thierischen Verrichtungen, vor allen Dingen leichter nachzuweisen
welche Vorstellungen, die man, dem langsamen Gange der Beobachtung vorgrei-

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fend, als Möglichkeiten hingestellt hat, irrig sind, als vollständig den wahren
Hergang der Zeugung und EntWickelung einzusehen und aus den mannigfachen
Variationen das Wesentliche aufzufinden. Allein ich zweifle auch keinesweges,
dafs wir thatsächliche Renntnifs genug besitzen, um das Verhältnifs dieser Seite
des organischen Lebens zu andern zu erkennen und zum Theil wenigstens die
Mittel nachzuweisen, Welche die Natur anwendet, um einen neuen Organis-
mus. zu gestalten. Mehr aber kann die Physiologie als Kenntnifs des Lebens
eigentlich nirgends erreichen. — Die anhaltenden Untersuchungen über Ent-
wickelungsgeschichte sind aber zum Theil noch so neu, zum Theil sind die frü-
heren durch angenommene Ansichten so getrübt, dafs man behaupten darf, ihre
Ergebnisse seyen selbst den Aerzten im Allgemeinen noch wenig bekannt, den
Nichtärzten aber fast völiig fremd.

Ich möchte daher wohl den Versuch wagen, durch eine Darstellung des
Beobachteten Sie zu einer tiefern Einsicht in die Zeugungs - und Entwickelungs-
geschichte der organischen Körper zu führen und zu zeigen, wie dieselben we-
der vorgebildet sind, noch auch, so wie man sich gewöhnlich denkt, aus unge-
formter Masse in einem bestimmten Momente plötzlich anschiefsen. Die Schwie-
rigkeit über einen Gegenstand zu sprechen, der der Sphäre unsrer Schul - und
Universitätsbildung, die sich die allgemein menschliche nennt, so ganz fremd ist?
fühle ich wohl, und ich fürchte nicht ohne Grund, dals es mir unerreichbar seyn
wird, so verständlich zu werden als ich]wünsche, besonders weil das Hypothe-
tische Ihnen bis jetzt geläufiger seyn dürfte als das Factische. Mufs ich doch so-
gar voraussetzen, dafs Ihnen der Bau des Vogeleies unbekannt ist, denn obgleich
unter meinen verehrten Herrn Zuhörern wohl keiner ist, der njclit wüfste, dafs
Gänsegeschnatter einmal das Capitol gerettet haben soll, so ist, aufser den Medi-
cinern, wohl keiner, der mit dem Inhalte eines Gänseeies bekannt wäre, und ein
tüchtiger deutscher Schulmann würde überhaupt nicht wissen, dafs das Geflügel
Eier legt, wenn er\'s nicht aus dem Plinius oder Phädrus hätte.

Die Entwickelungsgeschichte der Vögel ist es, die durch die vorteilhafte
Gelegenheit zur fortgesetzten Untersuchung die Basis unsrer Kenntnifs der Erzeu-
gung und Ausbildung der Thiere geworden ist. Was wir von der Ausbildung
der übrigen Thiere wissen, ist für die meisten Klassen, besonders aber für die
Säugethiere, zu denen ja auch der Mensch in physischer Hinsicht gehört, so ver-
einzelt, dafs es nur durch die Vergleichung mit der Entwicklung der Vögel ver-
ständlich wird. Diese Vergleichung ist aber auch für unsern Zweck nothwendig,
damit wir einsehen, was in der Entwickelungsgeschichte der Vögel für die thie-

ri-

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Tische Entwicklungsgeschichte überhaupt gilt und Avas nur dieser Thierklasse
eigenthümlich
zukommt.

Ich werde nun, damit Sie selbst Stoff zum Urtheil erlangen, und nicht die
Ueberzeuguugen und allgemeinen Lehren, zu denen wir gelangen, als eine Tra-
dition aufzunehmen haben, sondern nach Ihrer eigenen geistigen Ausbildung zu
modinciren imStande sind, den Weg einschlagen, der dazu am meisten geeignet
scheint. Ich werde zuerst die Entwicklungsgeschichte der Vögel vortragen,
dann das Wesentlichste aus der Bildungsgeschichte anderer Thierklassen kürzer
gefafst hervorheben und mit der Ausbildung
der Vögel vergleichen, um endlich
zur Beleuchtung der Hauptfrage über das Wesen der Zeugung und der Entwicke-
lung des Embryo überzugehen, mit dem Bestreben, das Sichere, Unabweis-
bare, den darauf gegründeten Ansichten voranzuschicken, ohne überall einen streng
chronologischen We<> einzuschlagen, sondern nach einer solchen Anordnung, wie
ich sie für die Verständlichkeit vorteilhaft halte. Aus diesem Grunde werde ich
auch nicht mit der ersten Spur der Eier der Vögel beginnen, sondern mit der Be-
schreibung des gelegten, noch nicht bebrüteten Eies, weil Jedermann die be-
quemste Gelegeilheit hat, solche Eier zu untersuchen, um an ihnen die einzelnen
Theile kennen zu lernen *).

Da viele von Ihnen Aerzte sind, so darf ich annehmen, dafs es für Sie vor-
zügliches Interesse haben mufs, die Entwicklung des Menschen mit der der Vögel
durch die verbindende Brücke der übrigen Säugethiere verglichen zu sehen. Ich
nehme dabei an, dafs die meisten von Ihnen die menschliche Frucht so kennen,
wie unsere gewöhnlichsten anatomischen Handbücher sie geben. Ich darf ferner
annehmen, dafs Ihr Wunsch nicht allein daraufgerichtet ist, für die Hauptfrage
über die Art und Zeit der Entstehung des organischen Körpers und seines Lebens
sich eine Ueberzeugung zu gewinnen , sondern auch die Bildungsweise der ein-
zelnen Organe kennen zu lernen, weil ihre Bildungsweise so viel Licht auf ihre
physiologische Bedeutung wirft.

*) Meinen Lesern rathe ich auch recht nachdrücklich, beim Lesen der folgenden Paragraphen
ein Paar Eier zu Öffnen. Man breche oben einen Theil der Schaale weg und sehe zuerst
den Inhalt 4es Eies an, danh breche man die gesammte Schaale, wo möglich, in zwei Hälften
aus einander
und lasse den ganzen Inhalt des Eies in ein Gefäfs mit Wasser fallen , das tief
genug ist , am das Ei darin wenden zu können.

B

IL

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§. 2.

Bau des gelegten, noch nicht bebrüteten Vogeleies.

Alle Eier von Vögeln sind einander überaus ähnlich gebaut. Die Unter-
schiede beruhen nur auf Verschiedenheiten der Form, auf gröfserer oder geringe-
rer Dicke der Schaale, auf verschiedenen Quantitätsverhältnissen in den einge-
schlossenen Theilen, und auf geringen Abweichungen in der chemischen Be-
schaffenheit derselben. Da nun gar keine wesentlichen Unterschiede sich finden,
die Eier der Hühner aber in jeder Hinsicht am meisten bekannt und die chemische
Beschaffenheit nur an ihnen genau untersucht ist, so wollen wir das Hühnerei als
den Repräsentanten aller Vogeleier kennen lernen.
a. Eischaa- Wir finden zu äulserst eine ziemlich harte und spröde kalkige Eischaale
Taf. iri.Ca\' (Testet) 1). Bafs diese nicht aus einer gleichmäfsig und ununterbrochen zu-
Fi£ 3 a- sammenhängenden Lage von Kalkmasse besteht, ist schon daraus ersichtlich, dafs
jedes Ei, wenn es eine Zeitlang liegt, allmählig etwas von seinem Gewichte ver-
liert, indem ein Theil der Flüssigkeit des Eiweilses verdünstet. Noch gröfser ist
der Verlust in der Brutwärme. Man pflegt daher mit Recht die Schaale porös zu
nennen. Wenn man sich aber die Porosität so vorstellt, als ob die Schaale von
offenen Kanälen durchzogen sey, und sich dabei auf die Ansicht mit unbewaffne-
tem Auge und durch das Microscop, oder auf das Hervortreten von Luftblasen
unter der Luftpumpe beruft, so halte ich diese gewöhnlichste Vorstellung für un-
richtig. — Zuvörderst sieht man zwar schon mit unbewaffnetem Auge äufserlich
Gruben und unter dem Microscope viele hellere Stellen in der übrigens undurch-
sichtigen Eischaale, nirgends aber Löcher, durch welche das Licht ungebrochen
durchginge 2). Ferner wird der Mangel offener Durchgänge auf folgende Weise
erwiesen. Wenn man ein Stück Kalkschaale, von der man die unterliegende
Schaalenhaut vollständig entfernt hat, in verdünnte Salpetersäure legt, so bleibt,
nachdem die erdigen Theile aufgelöst sind, immer ein vollständig zusammenhän-
gendes, mit kleinen Zotten besetztes, ziemlich festes Blatt aus thierischem Stoffe
zurück, welches keine Löcher zeigt. Die Kalkmasse liegt also in einer zusam-

1  Die Eischaale wird auch Putamen und zuweilen Cortex im Lateinischen genannt.

2 #*)\' Ich weifs sehr wohl , dafs diese erste Bemerkung für sich allein nicht beweisend ist, denn
die Kanäle könnten so schief durch die Schaale gehen, dafs sie deshalb unter dem Microscope
nicht bemerkt würden; allein die Behandlung mit Salpetersäure und am meisten die erst un-
ten (§. 4) zu besprechende Entstehungsweise der Kalkschaale lassen über die Abwesenheit
von offenen Kanälen keinen Zweifel.

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menhängendenHaut aus thierischem Stoffe, und nur der Kalk läfst Lücken, nicht
aber der thierische Stoff*). Beim Verdunsten mufs also die Feuchtigkeit, wie
in vielen andern Verhältnissen, durch dieses vom unterliegenden Eiweifse feucht
erhaltene Blatt und seine Zotten hindurchgehen. Denselben Weg mufs die Luft
nehmen, wenn die Luftblasen, die man aus einem Eie, das, unter Wasser lie-
gend , einem verminderten Luftdrucke ausgesetzt wird, aufsteigen sieht, wirk-
lich aus dem Innern des Eies kommen 1). Bei starker Verdünnung der Luft
mag auch der vermehrte Druck von innen Zerreifsungen der nicht verkalkten
Stellen der Schaale erzeugen; denn nach sehr starkem und plötzlichem Auspum-
pen sieht man Luftbläschen an einzelnen Stellen wie fortlaufende Strahlen auf-
steigen. Dafs nicht ursprünglich offene Kanäle da sind, machen auch diejenigen
Eier wahrscheinlich, in denen der Embryo abstirbt und der Inhalt faul wird.
In ihnen ist die Luft zuweilen so stark zusammengeprefst, ohne einen Ausweg zu
finden, dafs beim Aufbrechen der Schaale der Inhalt mit einem lauten Knall weit
umherspriitzt. Ob in solchen Fällen vielleicht die weichen Theile der Schaale
mit den öligen Bestandteilen, die in den Eiern sich finden, getränkt sind und
deshalb die Luft nicht durchlassen, mag ich mit Bestimmtheit nicht entscheiden.
Offenbar aber ist es, dafs der Luft keine offenen Durchgänge sich in solchen
Eiern darbieten. Sie verbreiten keinen Geruch. Andere faul gewordene Eier
verbreiten einen sehr starken Geruch und werden rasch leichter.

In chemischer Hinsicht besteht die Schaale des Hühnereies nach
Prout 2) aus kohlensaurem Kalke mit etwas kohlensaurem Talk, zusammen im

1  Genauer angegeben ist das Verhältnifs so: Wenn die Eischaale eine Zeitlang der verdünn-
ten Salpetersäure ausgesetzt worden ist und schon viele Luftblasen sieh entwickelt haben, so
löst sich ein continuirliches festes Blatt, das unter dem Microscope kleine Vorragungen (Zot-
ten) erkennen läfst, von der innern Fläche ab. Ich habe den Versuch zu oft wiederholt und
zu sorgsam die Schaalenhaut entfernt, um zu glauben, dafs dieses Blatt eine übersehene, frei
aufliegende Schicht der letztern sey. Sie ist ein Theil der Schaale, die jetzt nur noch die
halbe Decke behält. Aus dem Ueberreste löst sich nun allmählig auch der Kalk auf und es
bleibt dann nur ein ganz dünner, nicht als Blatt zusammenhängender, schleimähnlicher Stoff
zurück. Die Kalkschaale enthält also eine feste, aus thierischem Stoffe gebildete Haut mit
Zotten und darüber noch etwas thierischen Stoff, von dem sich nicht bestimmen läfst, ob er
mit jener Haut und ihren Zotten ursprünglich zusammenhing, und durch die Wirkung der
Salpetersäure, die viele Luftblasen entwickelt, abgerissen ist, oder ursprünglich von ihr ge-
trennt war.

**) Es ist nämlich noch nicht erwiesen , dafs die Luft, die sich in Blasen erhebt, nicht dem Ei
vorher äufserlicli anhing. Dieses Anhängen läfst sich wenigstens von der zuerst aufsteigen-
den Luftmenge annehmen.

2  Philosophical Transactions 1822 und Schweigger\'s Neues Journal für Chemie und
Physik. N. F. Bd. VIII. S.
64.

B 2

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Betrage von 0,97; ein wenig phosphorsaurem Kalk mit etwas phosphorsaurem
Talk 0,01; einer thierischen, Schwefel enthaltenden Substanz 0,02; und einer
Spur von Eisen.

haut*"Men" Dicht unter der Schaale liegt eine weifse, dünne, aber doch ziemlich feste

branatestae. Haut, die Schaalenhaut (Membrana testae)*). Sie läfst zwei Blätter unter-

Taf III • • .

Fig.g. b, scheiden, die mit Ausnahme des stumpfen Endes dicht an einander kleben. Das
innere Blatt ist einfach und nach innen zu, wo es an das Eiweifs grenzt, glatt,
das äufsere Blatt aber, in welchem sich wieder mehrere (wenigstens zwei)
Schichten unterscheiden lassen, liegt eng an der Schaale an und zeigt, wenn man
es von dieser trennt, eine rauhe Oberfläche, indem kleine Verlängerungen von
der Schaalenhaut in die Schaale eingehen, welche bei der künstlichen Trennung
abreifsen und mit einem Theile wie zarte Zotten auf der Schaalenhaut sitzen blei-
ben. Diese Verlängerungen verknüpfen also die nicht verkalkte Schaalenhaut mit
der in der Schaale enthaltenen Haut aus thierischem Stoffe. (Siehe oben bei
a.~)
Am stumpfen Ende des Eies sind beide Blätter der Schaalenhaut, im Augenblicke
wo das Ei gelegt wird, nah an einander liegend. Nach dem Legen entfernen sie
sich aber hier immer mehr und es sammelt sich zwischen beiden eine Quantität
Luft an — der sogenannte
Luftraum.

Die Schaalenhaut hat zwar einzelne unregelmäfsige hellere Streifen, aber
keine Spur von Gefäfsen. In chemischer Hinsicht verhält sie sich wie verdich-
tetes Eiweifs.

c. Eiweifs, Im Innern der Schaalenhaut befindet sich eine beträchttiche Menge Ei-

Fig"sITcde. weifs (Alb um en) 1), an welchem man keine eigentümliche Textur erkennt.

Aenfseres Deutlich ist es indessen, dafs die äufsere Schicht desselben flüssiger ist, während

fx7ernu\'m.lb\' das mehr nach der Mitte liegende Eiweifs eine festere Consistenz hat. Deswegen

Fig. 3. b — c. fliefstj wenn man in die Schaale eine etwas gröfsere OefFnung schlägt, ein Theil

des Eiweifses ab, ein anderer bleibt zurück und bildet, den Dotter umgebend,

eine schwache Wölbung, als Beweis, dafs er einige Consistenz hat. Dieses Ei-
Mittleres °

Eiweifs,Alb, weifs behält auch, wenn man den ganzen Inhalt eines Eies aus einem weit
medium. geöffneten Ei unter Wasser so ausgiefst, dafs der Rand der Schaale das Eiweifs

*) Diese Haut liat viele Namen erhalten: Membrana testacea ; Membrana putaminis ; Membrana
ovi propria ;
Membrana succingens • Membrana ovi liquores amplectens ; Pellicula. Im Deut-
schen habe ich den Namen Schaalenhaut beibehalten, weil er ganz allgemein eingeführt und
für das Vogelei nicht unpassend ist. Die physiologische Bedeutung würde durch die Benen-
nung: Aeufsere Haut des Eiweifses oder Oberhaut des Eies,\' wohl noch treffender bezeichnet
werden.

1  Auch das Weifse vom Ei, Albor ovi.

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nicht verletzt, ziemlich seine Form und sinkt nur wenig zusammen, weil es^etwas

schwerer ist als das Wasser *). Nachdem man es ausgegossen hat, sieht man

ihm noch den Rest des flüssigen Eiweifses nachfolgen. Man kann aber in dem

dichten Eiweifs wieder ein innerstes Eiweifs unterscheiden, welches viel dichter innerstes

.. Euveus, Alb.

und zäher ist als das übrige, die Hagelschnüre so wie mit einer sehr dünnen internem, s,
Schicht die Dotterkugel zunächst umgiebt und an ihnen so fest hängt, dafs es fast j^e™\'
gar nicht vollständig zu entfernen ist. — Das mittlere Eiweifs verlängert sich
nach dem spitzen Ende zu und hängt hier unmittelbar an der Sehaalenhaut, ohne
zwischenliegendes äufseres Eiweifs, an. Wenn man nun den Inhalt des Eies aus-
giefst, so verlängert sich dieser angeheftete Theil sehr stark, ehe er abreifst. Weil
er sich so dabei schnurförmig ausdehnt, hat ihn Treddern **) das
Band des Ei- Band des Ei-
weifses (Ligamentum albuminis) genannt. Ich finde aber keine besondere \'

Structur in ihm und einen ganz ununterbrochenen Uebergang in das gesammte
mittlere Eiweifs, weshalb ich dieses sogenannte Band nur für das zugespitzte und
angeheftete Ende des mittlem Eiweifses halte. Eine ähnliche schwächere Anhef-
tung geht an das innere Blatt der Sehaalenhaut vom stumpfen Ende des Eies.
Eine besondere Haut, oder fester geronnene, abgesonderte Schicht an der Ober-
fläche des mittlem Eiweifses, die man unter dem Namen
Haut des Eiweifses Miniere
(Membrana albuminis\')
beschrieben hat, finde ich im frischen Eie nicht} weirses>
wohl aber erhält dieses Eiweifs eine festere Begrenzung, wenn man es in Wasser
liegen läfst. So oft man eine so gebildete äufsere Begrenzung wegnimmt, so oft
bildet sich eine neue, wie Purkinje sehr richtig bemerkt,
als sicherer Beweis,
dafs diese scheinbaren Häute sich erst durch die Berührung mit dem Wasser er-
zeugen.

Die chemische Untersuchung lehrt, dafs das Eiweifs des Hühnereies 0,85
Wasser, 0,12 Eiweifsstoff, 0,027 Speichelstoff und 0,003 schwefelsaure und salz-
saure Salze enthält (nach Bosto ck) ***). Aufser den Alkalien in Salzen ist
■-

*) Bei vielen Schriftstellern keifst diefes Eiweifs das innere, weil sie das dritte Eiweifs nicht
besonders aufzählen. t

**) Treddern Dissertatio sistens ovi avium Hstoriae et ineubationis prodromum. Jenae
1808. in 4.

***) Prout hat a.a. O. nur die entfernteren Bestandteile angegeben, die ungemein in der Quan-
tität wechseln. Er fand sie durch Verbrennung. Es fehlen also die wäfsrigen und flüchtigen
Theile. Die übrigen erhielt er in folgendem Verhältnisse:

Schwefelsäure _ 0,00015 — 0,00029

Phosphorsäure - 0,00045 — 0,00048

Chlor - 0,00087 — 0,00094

Kali und Nation (zum Theil kohlensauer) - 0,00272 - 0,00293
Kalk- und Talkerde (eben so) _ - - 0,00025 - 0,00032

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gewöhnlich noch ein Theil der Alkalien ungebunden, weshalb das Eiweifs alka-
lisch reagirt.

d. Dotter- In dem Eiweifse schwebt die gelbe Dotterlcugel. Sie besteht aus dicklicher

jus vitella- Dottersubstanz, welche von einer dünnen Haut, der Dotterhaut, umgeben wird.

Ihre Form ist nicht völlig kugelig, sondern ellipsoidiseh, indem ihre längste Axe
wie die längste Axe des Eies gerichtet ist. Auch ist sie nicht ganz in der Mitte
des Eies, sondern, da sie leichter als das Eiweifs ist, so erhebt sie sich etwas in
ihm gegen den Theil der Schaale, welcher bei irgend einer Lage des Eies oben
liegt. In der Mitte der obern Fläche des Dotters erblickt man durch die Dotter-
haut durchschimmernd einen weifsen kreisförmigen Flecken, den Hahnentritt oder
die Narbe. Von der Dotterkugel aus sieht man nach beiden Enden des Eies in das
Eiweifs zwei weifse gedrehte Stränge hineinragen, welche die Hagelschnüre hei-
fsen. Wir wollen jetzt diese Theile einzeln ins Auge fassen und mit den letzteren
anfangen.

schimp61" Die Hagelschnüre QCh alazciè) haben ihren Namen davon erhalten,

Chalazae, dafs man beim ersten Anblick in jedem Ende des Eies zwei Reihen zusammen-
hängender rundlicher Körperchen, die durch ihre weifse Farbe sich bemerlclicli
machen, zu erblicken glaubt. Eine nähere Betrachtung zeigt aber bald, dafs
man hier gedrehte Schnüre vor sich hat und dafs die weifsen Klümpchen nichts
sind, als Windungen dieser Schnüre. Gewunden sind nämlich die Schnüre im-
mer, wenn auch nicht immer auf dieselbe Weise. Entweder ist jede Schnur nur
in sich gewunden, so dafs sie selbst grade ist wie ein Seil, und man spiralförmige
Streifen, die Andeutungen der Windungen, nur an ihrer Oberfläche sieht. Sie
ist aber auch dann nicht so gleichförmig dick wie ein Seil, sondern einzelne
Stellen sind dicker. Oder jede Schnur ist auch selbst wie ein Pfropfenzieh er um
einen mittlem nicht ausgefüllten Cylinder gedreht. In diesem häufigem Falle
besonders erscheinen die dem Auge am meisten zugekehrten Abschnitte als klum-
pige Massen, wenn man ihren Zusammenhang in der Tiefe nicht gleich be-
merkt **). Diese Schnüre werden aber nicht wie Seile aus zusammengedrehten

Vor dem Verbrennen ist aber ein Theil des Schwefels und Phosphors im ungesäuerten Zu-
stande da.

*) Gr (inclines; Tractus albuminosi; Appendices albuminis. Bei den letzteren Benennungen ist
aufser dem weifsen Strange auch das dritte Eiweifs mit eingeschlossen.
Ligamenta suspenso-

ria vitelli. ■

*) Nicht selten sieht man auch auf jeder Seite zwei gesonderte weifse Stränge, einen graden,
nur in sich gewundenen, und einen meistens diinnern, der wie ein Pfropfenzielier in einiger
Entfernung sich umr den andern windet. Seltener sind auf einer Seite der Eier zwei Hagel-
schniire, die sich nicht um einander winden und mehr oder weniger von einander abstehen.

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Fäden, sondern aus einer verdrehten Haut gebildet; denn nach der Dotterkugel zu
breitet sich jede Schnur trichterförmig in eine Haut mit auseinanderlaufenden
Falten aus, welche bald früher, bald später sich an die Dotterhaut anlegt. Man
kann die beiden Trichter bei gehöriger Vorsicht bis ziemlich weit über die Dot-
terkugel verfolgen, und wenn es auch in den meisten Fällen nicht gelingt, den
einen Trichter über die ganze Dotterkugel weg bis in den Trichter der andern
Seite zu verfolgen, so leidet es doch
keinen Zweifel, dafs beide nur Theile einer
gemeinschaftlichen Haut sind, welche die Dotterkugel umgiebt, (denn nirgends
findet man ein bestimmtes Ende der Haut eines Trichters,) und nur in der Mitte
so eng an die Dotterhaut angedrückt ist, dafs man sie in den meisten Fallen hier
nicht abtrennen kann. Da nun die Trichter selbst nur die nicht verdrehten Enden
der Hagelschnüre sind, so sind die letzteren die verdrehten Enden einer Haut,
welche die Dotterkugel umgiebt. Man hat sie die
Haut der Hagelschnüre (Mem - ^utJerHa
braria chalazifera\\ genannt 1). — Es kommen Eier vor, wo diese Haut we- Membrana \'

J s O J .-Iii - i chalazifera

mger eng an der Dotterkugel anliegt und die Trichter sich sehr ausbreiten, ehe sie
die Dotterkugel berühren. In solchen Fällen pflegt der Theil der Haut, dér die
Trichter bildet, nicht so durchsichtig, wie gewöhnlich, sondern weifs;, wie ein
mattgeschlifFenes Glas zu. seyn. Ich habe ein Huhn besessen, das lauter Eier
legte, in welchen die beiden sehr weiten und weifsen Trichter den gröfsten Theil
der Dotterkugel verhüllten. In andern Fällen sieht man von dem Trichter einer
Hagelschnur zu dem Trichter der andern auf jeder Seite eine weifsliche, bald
schmalere, bald breitere Binde verlaufen, welche, wenn
sie auf beiden Seiten sich
findet, wie ein Ring oder künstlicher Horizont die Dotterkugel umgiebt. Man
hat diese Binde den
Gürtel des Dotters (.Zona) genannt. Ich halte ihn weder Gürtel,
für einen selbstständigen Theil, noch für constant. Vielmehr scheint er mir eine
ähnliche Metamorphose der Haut der Hagelschnüre, wie jene oben erwähnten
weifsen Trichter, wofür auch der grofse Wechsel in der Breite, in der Stelle des
Vorkommens und im ganzen Vorkommen selbst spricht 2). Auch habe ich ihn
viel häufiger vermifst, als gefunden. Zufall mag es seyn, dafs, während diejenigen
Schriftsteller, welche auf diesen Gürtel ein Gewicht legen und ihm eine beson-
dere Bestimmung zuschreiben, ihn in frisch gelegten Eiern beobachteten, ich ihn
häufiger in Eiern sah , die wahrscheinlich längere Zeit gelegen hatten, am häu-
figsten näihlich im Monat August in angekauften Eiern , von denen um diese Zeit

1  Wie Purkinje habe auch ich mehr als ein Mal eine weiCse Binde grade über den Hahnen-

2 tritt verlaufend gesehen.

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ein grofser Theil nicht ganz frisch zw seyn pflegt. Dasselbe hat Purkinje
beobachtet.

Viel ist darüber gestritten worden, ob die Hagelschnüre hohl sind,
oder nicht. Es kann nämlich keinem Zweifel unterworfen werden, dafs
während der Bebrütung die Dotterkugel an Umfang zunimmt und die Masse
des Dotters flüssiger wird, während das Eiweifs an Flüssigkeit verliert. Es
geht also wohl Flüssigkeit aus dem Dotter in das Eiweifs über. Da war es
denn einigen Beobachtern wahrscheinlich, dafs die Hagelschnüre wie Saug-
adern oder ähnliche Kanäle die Flüssigkeit dem Dotter .zuleiteten. Um diese
Ansicht geltend zu machen, hat man behauptet, das dem Dotier zugekehrte
Ende der Hagelschnüre münde durch eine Qeffnung der Dolterhaut in die Dotter-
kugel ein und das abgekehrte Ende löse sich in Franzen auf, die als Saugfasern
wirken. Allen diesen Angaben kann ich nicht beistimmen. Zuvörderst mufs
man den Trichter der Hagelschnur von der Dotterhaut unterscheiden. Zwar ist
der Trichter oft klein, und es liegt dann auch seine Spitze nahe an der Dotter-
kugel , doch kann man die Dotterhaut immer wenigstens im Umfange einer Linie
abtrennen, und man sieht deutlich unter dem Microscope, dafs die Dotterhaut hier
keine OefFnung hat. Der Trichter ist allerdings hohl, seine Spitze geht nothwen-
dig in die Hagelschnur ein und läfst eine feine Sonde zuweilen eine Linie weit fort-
schieben *), allein bald verliert sich alle Höhlung. Ferner kann man allerdings
die Haut der Hagelschnur etwas aufdrehen, wenn man sich die grofse Mühe nicht
verdriefsen läfst, das zähe, eng anliegende innerste Eiweifs schichtenweise sorg-
sam zu entfernen, aber meistens wird man kaum ein Paar Linien weit den Strang
aufdrehen, weil die Haut sehr dicht verschnürt ist und im natürlichen Zustande
keine Höhlung hat. Nur wenn die Hagelschnur kurz und in grader Linie ge-
dreht ist, kommen einzelne kleine Stellen vor, wo die Haut, aus der sie besteht,
so wenig verschnürt ist, dafs im Innern eine kleine Lücke bleibt. Doch sind
diese Stellen sehr beschränkt. Eben so wenig sehe ich am abgekehrten Ende
Saugfäden. Dieses ist vielmehr unregelmäfsig kolbig und nur das anhängende Ei-
weifs mag den Schein von solchen Fäden angenommen haben, indem man die
eigentliche Hagelschnur aus ihm herauszog. Die Hagelschnüre sind also wohl
nicht die Kanäle, durch welche die dünnen Theile des Eiweifses in den Dotter
dringen. Vielmehr sind sie die allerscliwierigstezi Wege, welche sich das Eiweifs
wählen könnte; denn da die Dotterhaut in dieser Gegend sicher nicht durchbohrt
._____ist,

*) In den meisten Fällen läfst sich ohne Abtrennung des dritten Eiweifses auch die feinsteSonde

nicht in die Ifagelschnur einführen.

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ist, so müfste die Flüssigkeit auch hier durch die genannte Haut hindurchdringen,
wie im übrigen Umfange der Dotterkugel, und müfste sich außerdem noch einen
schwierigen Weg durch die verschnürte Hagelschnur bahnen, während sie im
übrigen Umfange des Dotters nur durch die sehr dünne Dotierhaut und die mit ihr
verschmolzene Haut der Hagelschnüre vom Eiweifs getrennt ist *).

Man hat den Hagelschnüren noch eine zweite Bestimmung zugeschrieben,
und zwar mit etwas mehr Recht, die Bestimmung, die Dotterkugel in einer eigen-
thümlichen Lage zu erhalten. Wie man nämlich auch das Ei drehen mag, so
liegt doch, so lange die Längenaxe des Eies horizontal bleibt, der Dotter so in
ihm, dafs der Hahnentritt die Mitte der obern Wölbung einnimmt. Man rindet
also, wenn man ein Ei aufmacht, den Hahnentritt oben. Dreht man nun das
geöffnete Ei ein wenig, s0 sieht man, dafs die Dotterkugel im Verhältnifs zur
Eischaale sich nach der entgegengesetzten Richtung dreht, im Verhältnifs zur
übrigen Welt seine Lage beibehält. Man vermutbete schon lange, dafs die Ha-
gelschnüre dieses bewirkten, glaubte aber ehemals, die äufsern Enden der Hagel-
schnüre wären an die Eischaalenhaut angewachsen und hielten die Dotterkugel
wie an zwei Seilen befestigt. Allein diese erste Vorstellung ist ohne Zweifel
falsch; denn wären die Hagelschnüre an die Schaalenhaut befestigt, so müfsten
sie sich aufdrehen lassen, wenn man das Ei in einer der
frühern Drehung der
Hagelschnüre entgegengesetzten Richtung um seine Axe drehte, was aber nie ge-
lingt. Ferner sieht man leicht ein, dafs grade bei dieser Einrichtung die freie Be-
weglichkeit der Dotterkugel sehr beschränkt wäre, da doch die Hagdschnüre ein
gewisses Maafs der Drehung nicht überschreiten könnten. Endlich überzeugt
man sich auch leicht durch die Ansicht, dafs die Hagelschnüre die Schaalenhaut
nicht erreichen. — Man hat daher jetzt eine andere und zwar folgende Vorstel-
lung. Das äufsere Eiweifs ist flüssig. In ihm kann also die Dotterkugel mit dem
zähem mittlem und innern Eiweifse schwimmen. Die Hagelschnüre, eng um-
geben vom innersten Eiweifse, ragen wie zwei Zapfen nach beiden Enden des
Eies in das Eiweifs hinein und bewirken, dafs die Axe, die man von ihnen aus
durch die Dotterkugel ziehen kann, zu der Axe des gesammten Eies dasselbe Ver-
hältnifs behalten mufs. Dadurch wird es völlig unmöglich, dafs der Hahnentritt
nach dem stumpfen oder spitzen Ende des Eies hinrollen kann. Damit aber der
Hahnentritt immer oben liegt, sagt man weiter, sind die Ilagelschnüre nicht ganz
m die Milte der Dotterkugel angefügt, sondern sie sind dem Hahnentritte etwas

ö O \'

)

*) Ueber den vermeintlichen hohlen Gang in den Hagelschnüren siehe noch ein Wort unter den

Anhängen,

II. c

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naher. Wenn man durch die Befestiguugsstelleu der Hagelschnüre eine Ebene
legte, so würde diese die Dotterkugel in zwei ungleiche Hälften theilen, von de-
nen die kleinere zu der gröfsern sich verhalten würde wie 4 zu 5. Der vorher
beschriebene Gürtel soll diese Grenze bezeichnen und die Dotterkugel zugleich
durch sein Umfassen so halten, dafs die gröfsere Abtheilung stets nach unten zu
sinken strebt. Da nun die Dotterkugel auf den Hagelschnüren mit dem umgeben-
den dritten Eiweifse wie auf zwei schwebenden Zapfen ruht, so wird sich die
kleinere Hälfte mit dem Hahnentritte stets nach oben kehren. In der Mitte der
kleinern Hälfte aber befindet sich der Hahnentritt. — Ich halte auch diese An-
sicht nicht für ganz richtig in allen Theilen. Unleugbar ist es zwar, dafs die
Hagelschnüre die
Längenaxe der Dotterkugel in der Axe des Eies halten, allein
die Lage des Hahnentrittes nach oben kann von ihnen allein nicht bedingt, höch-
stens in den meisten Fällen durch sie befördert werden. Es sind nämlich die
Hagelschnüre allerdings häufig dem Hahnentritte näher angefügt, als dem entge-
gengesetzten Punkte. Doch ist es auch keinesweges selten, dafs der Abschnitt, in
welchem der Hahnentritt sich befindet, der gröfsere ist, und ich habe Hühner er-
nährt, die nur solche Eier legten. Dennoch lag der Hahnentritt auch in diesen
Eiern oben. Ueberhaupt ist nichts im Ei so wechselnd, als die Hagelschnüre 1).
Es kommen einzelne Fälle vor, wo an dem einen Ende auch nicht eine Spur von
einer Hagelschnur sich zeigt. Einmal fand ich die eine Hagelschnur nur zwei
Linien vom Hahnentritte und um wenig mehr als einen Quadranten von der an-
dern Hagekohmir entfernt. Der Hahnentritt lag dennoch fast ganz oben und nur
so viel von der Milte ab, als ihn die benachbarte Hagelschnur hinderte, die mit
ihrem
freien Ende sich an die Scliaale drückte. Sind dieses auch nur sehr seltene
Fälle, so sind geringere Unrege]mäfsigkeiten in den Befestigungspunkten eben so
wenig selten, als im Bau der Hagelschnüre. Sehr selten kommt es dagegen vor,
dafs der Hahnentritt nicht nach oben liegt. In der Regel wird man, wenn in
einem aufgebrochenen Ei der Hahnentritt nicht oben erscheint, bemerken, dafs
das dickere Eiweifs an dem Bruchrande der Schaale sich reibt und also nicht un-
gehindert sich drehen kann. Eben so liegt auch zuweilen der Hahnentritt an dem
in eine mit Wasser gefüllte Schaale gegossenen Ei nicht nach oben, weil wegen
zu wenigen Wassers, oder aus andern Gründen, das Eiweifs am Boden der Schaale
eine Friction erleidet. Bringt man ein solches Ei zum Schweben, so kehrt sich

1  Schon in diesem Umstände liegt ein Beweis, dafs die Hagelschuüre nicht sowohl eine
wichtige und nothwendige Bestimmung haben, als vielmehr die unvermeidlichen Folgen
eines Bildungsherganges sind, von dem wir später hören werden. (Vergl, §.4.)

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fast immer cler Hahnentritt nach oben — und wenn es nicht geschieht, so ist die
Dotterkugel selbst unregelmäfsig gebildet. Nach allem diesem kann die bestimmte
Stellung des Hahnentrittes von den so wechselnden Hagelschnüren nicht abhängen.
Der Grund, weshalb der Hahnentritt die obere Lage behält, liegt wohl vorzüglich
und zunächst in der Dotterkugel und zwar in einer Höhlung derselben, von der
wir sogleich mehr hören werden.

Die Dotterhaut (Cuticula vitelli) ist eine ganz einfache1) durch- h flotter
sichtige sehr dünne Haut. Sie besteht aus einem einzelnen Blatte, das wie eine cuZa\'vitelli,
Oberhaut die Dottermasse überzieht. Sie ist ein fast kugeliger Sack, ohne irgend g; {; f
eine sichtbare Oeffnung und ohne Spur von Gefäfsen. Heber dem Hahnentritt
ist sie besonders dünn und durchsichtig,
auch etwas stärker gewölbt. Im übri-
gen Umfange liegt eine dünne Schicht weifslicher Dotterkörner ziemlich eng an
ihrer innern Fläche an, doch ohne eingewachsen zu seyn (wie im frühem Zu-
stande), denn man kann sie abwischen.

Die Dottermasse selbst oder die Dottersubstanz 2) ist gelb gefärbt, von ^Dotter,
einem hellen Schwefelgelb bis zur Pomeranzen-Farbe wechselnd. Im unbebrü- Fig.
2. c. d.
teten Ei ist sie nicht flüssig, sondern nur sehr weich, mit Wasser eine milchige
Aullösung bildend. Sie besteht im Allgemeinen aus Körnchen, die durch etwas-
ungefärbtes und ungeformtes Eiweifs verbunden sind. — Die Körnchen, von
denen die gelbe Farbe der Dottersubstanz herrührt, sind
von verschiedener Art.
Einige sind gröfser und ziemlich regelmäfsig kugelig. Sie haben einen Durch- <
messer von 0,005 bis 0,0125 Linien und bestehen wieder aus kleineren, weniger
gesonderten Körnchen. Ueberaus viel zahlreicher ist eine ungeheure Menge ganz
kleiner Körnchen, die selbst unter sehr starker Yergröfserung wie Funkte erschei-
nen, ohne scharf bestimmbare Formen. Der Grölse nach in der Mitte stehend
sind andere, nicht regelmäfsig runde, meist längliche, hellere Massen, denen
man ungeachtet ihrer Helligkeit deutlich anzusehen glaubt, dafs sie nicht hohle
Bläschen sind, in welchem Falle sie auch regelmäfsiger
seyn müfsten. Sie sind
nicht zu verwechseln mit glänzend hellen Oeltröpfchen, die in allen Dottern sich

1  Membrana vitelli. W o 1 ff spricht von zweiBlättern der Dotterhaut, einem innern und einem
äufsern. Unter dem innern Blatte verstellt er die Keimhaut, die im Umfange fest an der Dot-
terhaut anklebt. — Dutrochet hat in einer frühern Arbeit
{Mémoires de lasociélé méd.
d\'émulation T. VIIf.
v. j etSeq. _ Meckel\'s deutsches Archiv f. Phys. Bd. V. S. 536) eine
erste und zweite Dotterhaut beschrieben. Die erste ist dieselbe, die er später (
Journal de
Physique Tom,
88, p. 120. Meckel\'s deutsches Archiv für Phys. Bd. VI. S. 381) die bei-
tragende Haut (
Membrana chalazifera) nennt; die zweite ist die gewöhnlich sogenannte Dot-

terhaut.

2  Das Golbe vom Fi; F.igelb,

C 2

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finden, und sehen vielmehr aus wie kleine Klümpchen Eiweifs. Eine vierte Art
von Körpern ist rund, kleiner als die erste Art und enthält im Innern ein einzel-
nes kleineres rundes Körnchen oder Bläschen. Diese vierte Art von Körpern finde
ich meist nur in der Umgegend der Centraihöhle und auch da nicht in allen
Eiern 1).

Im Innern des Dotters ist nämlich ein Raum, der nicht von gewöhnlicher
Dotiermasse ausgefüllt ist, sondern nur eine eiweifshaltige Flüssigkeit mit einer
geringen Quantität einer sehr weichen, weifsen, kleinkörnigen Masse enthält.
Von dieser
Centraihöhle erhebt sieh ein hohler Gang nach dem Hahnentritte 2).
Ich zweifle nicht, dafs in der Höhlung der Grund liegt, warum der Dotter sich
stets so dreht, dafs der Hahnentritt nach oben sieht. Zuvörderst schien mir die
Centraihöhle selbst, so unregelmäfsig auch ihre Form ist, ihren Mittelpunkt nicht
im Mittelpunkte der Dotterkugel, sondern dem Hahnentritte etwas näher zu ha-
ben. Ferner macht aber auch der hohle Gang das Uebergewicht der entgegen-
gesetzten Seite entschieden. Diese also sinkt nach unten und der Gang ist nach
oben gerichtet. Der Gang aber geht immer auf den Hahnentritt zu; sogar in dem
oben (§.2. e.) erwähnten Ei, wo der Hahnentritt so nahe an der einen Hagel-
schnur sich befand, endete der Gang unter jenem, und dem entsprach die Stellung
des Dotters. Die Bildungsgeschichte des Eies macht es überdies wahrscheinlich,
dafs die Centraihöhle und der Hahnentritt in ihrer Entwickelung sich gegenseitig
bedingen, und schon hierdurch wird es einleuchtender, dafs sie auch in der
Stellung zunächst einander bestimmen 3). -— Die Centraihöhle und der Kanal
sind von einer Lage kleinerer und weifserer Körnchen ausgekleidet, als die übrige
Dottermasse enthält.

\\

Die Hauptbestandteile des Dotters sind Eiweifsstoff 0,17, Wasser 0,54,
und Oel oder flüssiges Fett 0,29. Wenn man ihn verbrennt, so bleibt etwas

1  Die verschiedenen Arten der Dotterkörnchen sind sehr gut abgebildet in Grui thu i s en\'s
Beiträgen zur Physiognomie Tab. III. Die dritte Art von Körnchen, welche weifslich und un-
regelmäßig ist, fehlt aber.

2  Häufig erreicht er den Hahnentritt nicht ganz.

3  Es ist auffallend, dafs Purkinje, der zuerst die Centraihöhle in seiner Gratulations-
schrift an BlumsnBach ausführlich befchriebeu hat, nachdem man sie seit dem Bellini-
scheik Problem
{Comment. Bononienses, Vol. II.) ziemlich vergessen hatte, dennoch die Stellung
der Dotterkugel von den Hagelschiniren ableitet. Ich habe diesen Punkt so ausführlich be-
handelt, weil er fast der einzige ist, in welchem ich von Purkinje abweiche, obgleich ich
auch in diesem Abschnitte das Vorgetragene nur nach eigener Untersuchung gebe, mit
Aus-
nahme der chemischen Notizen.

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phosphorsaure Kalkerde und Soda zurück nebst einem gallertartigen Stoffe und
einer Spur von freier Phosphorsäure 1).

Der wichtigste Theil der Dotterkugel endlich ist der schon öfters erwähnte, h. Hahnen-
nach oben liegende weifse und runde Flecken, den man im gemeinen Leben den ilwa."
Hahnentritt oder die Narbe 2) (Cicat ricula) zu nennen pflegt. Bei genaue- FiS-2- e-
rer Untersuchung lafst er zwei über einander liegende Theile erkennen, einen
oberflächlichem und einen tiefern. Jener ist in frischen, normal gebildeten
Eiern eine runde Scheibe von 1| bis 2 Linien Durchmesser und etwa Linie
Dicke, die sich mit gehöriger Vorsicht abheben läfst. Aus ihr entwickelt sich
der Embryo. Unter ihr liegt noch eine zweite, mehr unregelmäfsige Masse, die
m den Dotter tiefer eingesenkt und so unbestimmt gegen ihn begrenzt ist, dafs
man sie nicht rein ausheben kann.

Bänder nennt jenen ersten scheibenförmigen Theil seiner Dünne wegen
die „Keimhaut-" oder das „Keimblatt"
(Blast o derma) 3). Ich habe ihn
(Blastos) genannt, weil aus ihm zwar das künftige Thier wird, er aber
jetzt nicht die Beschaffenheit hat«, die uns sonst veranlafst, einen Theil mit dem
Worte Haut zu belegen f). Er hat nämlich so wenig Consistenz in sich, dafs er,

i. Keim,
Blastos,

0,00006 —0,00021
0,00350 — 0,00400
0,00028 — 0,00044
0,00027— 0,00051
0,00061 — 0,00068

1  Die entfernteren Bestandteile des Dotters sind nach Prout a. a. O.:

, Schwefelsäure -

Phosphorsäure - - -

Chlor - -

Kali und Natron (zum Theil kohlensauer)
Kalk und Talkerde ("eben so) -
Eine geringe Menge Eisen.
NB. Schwefel und Phosphor kommen aber auch im ungesäuerten Zustande vor.

2 *#) Ich werde den Ausdruck Narbe nicht weiter für diesen Theil gebrauchen, da ich die Stelle,
an welcher der Eierstock sich Öffnet um den Dotter austreten zu lassen — das
Stigma —
nicht anders zu benennen weifs, als Narbe. Den Ausdruck Hahnentritt behalte ich bei, weil
er zu allgemein verbreitet ist, um ihn zu vermeiden.

Er umfafst also Keim und Keimschicht, wie sie im Vogelei erscheinen. In der That bedür-
fen wir auch eines Wortes, welches die
gesammte Ansicht dieses weifsen Fleckens ohne wei-
tere Bestimmung der Theile, die die Ansicht erzeugen, umfafst. Das fühle ich sehr leb-
haft in diesem Augenblicke, wo ich über das verschiedene Aussehen derselben auf einige Be-
merkungen des Anhanges verweisen will.

Diese Stelle wird auch „der Flecken", Macula ovi, und von Harvey gemeinschaftlich
mit der über dem Hahnentritt gewölbten Dotterhaut
Ovi oculus genannt.

3  Pander\'s Keimhaut ist neuerlich auch Membrana germinativa genannt.

f) Der Hauptgrund aber, der mich bestimmt, Pander\'s Benennung Keimhaut mit einem an-
dern Worte zu vertauschen, liegt darin, dafs ich einen Namen zu wählen wünschte, der auf
denselben Theil in allen organischen Körpern pafst. Er ist in vielen Fischeiern sehr dick —
beitn Hecht ist seine Mitte wie ein Berg erhoben, weshalb die Benennung Keimhaut nur auf
den Umfang angewendet werden kann. Der Ausdruck Keim dagegen pafst für alie\'fhiere und

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nngeachtet seiner nicht unbedeutenden Dicke, sehr leicht zerbröckelt, und besteht
aus dicht zusammengedrängten, kleinen, weifslichen Körnchen, die durch we-

nigen

ungeformten Stoff schwach zusammengehalten werden. Meistens ist die
Mitte des Keimes schon vor der Bebrütung — jedoch nur wenig — heller als
der Umfang.

Die weifsgelbe Masse unter dem Keime nennt P a n d e r den Kern des Hah-
nentrittes (Nucleus blast o der matis\')
, ein Ausdruck, den man auch ver-
meiden möchte, da er der unwesentlichste Theil ist. Ich nenne ihn die
Keim-
srJiidht (Stratum proligeruni), weil er aus einer ungeformten, nicht regel-
mäfsig und selbstständig gebildeten Schicht von weifslichen Kügelchen besteht^
auf welcher der Keim ruht, und weil der Ausdruck Keimschicht auf das Ver-
hältnifs dieser Masse im frühern Zustande, wo er den Keim vorzubereiten
scheint, gleichfalls pafst (vergl. §. 3. ƒ.) und überhaupt nichts bedeutet, als der
Theil des Dotters, der mit dem Keim in nächster Beziehung steht. Die Keim-
schicht ist nicht nur ohne bestimmte Grenzen in den Dotter eingesenkt, sondern
klebt-auch an den Rand des Keimes an. In der Mitte aber steht sie von ihm ab
und in diesem Abstände ist etwas Flüssigkeit mit einigen Klümpchen weifsen
Stoffes. Die Mitte der Keimschicht ist viel dicker und ragt daher wie ein Zapfen
in
den Dotter hinein. Wir nennen ihn den Hügel der Keimschicht, Cumulus

k, Keim-
schi cht,
Stratum

proligerum.

Hügel der
Keim-

schicht, Cu- p r o Hge rus

mulus proli-
gerus

Nachdem wir nun den Bau eines gelegten, aber noch nicht bebrüteten
Eies und seine einzelnen Theile kennen gelernt haben, wollen wir seiner Bildungs-
geschichte und der Entstehungsweise dieser einzelnen Theile bis zum Augenblicke

des Legens nachforschen.

§.3.

Bildung des Vogeleies im Eierstocke.

«. Dotter- Schon lange bevor ein Vogel ausgewachsen ist, sieht man in seinem Eier-

Taf/nr. stocke kleine Bläschen, deren Inhalt anfänglich ziemlich hell und flüssig ist.
Fig. l. c. Diese Bläschen wachsen je nach derGröfse des Vogels zu dem Umfange von Hirse-
körnern oder Erbsen heran, machen die Oberfläche des ursprünglich flachen

Pflanzen. Die Keimkörner der niedern Thiere und Pflanzen sind nichts anderes, und man hat
also jetzt nur zu sagen, der Keim ist bald ein Körnehen, hald ein Hügel (Fische), bald ein
■hohler Sack (Schnecken), bald eine kleine Platte (Vogel).
*) Kern des Hahnentrittes,
IVucleus cicatriculae, nach Fand er.

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Eierstockes hügelig und bleiben dann in dieser Gröfse bis zur Paarungszeit. Sie
sind die künftigen Dotterkugeln. So wie nämlich die Paarungszeit heranrückt,
schwellen die meisten sehr an, immer aber bleiben einige unentwickelt für die
Zukunft aufbewahrt. Die anschwellenden erhalten zugleich einen dickern Inhalt,
der bald milchig aussieht, sich darauf immer mehr gelb färbt und als Dotter zu
erkennen giebt. Die vergröfserten Dotierkugeln treten dabei viel weiter aus der
Fläche des Eierstockes hervor und ziehen ihre nächste Umgebung, einen Theil des
Eierstockes nämlich, aus der übrigen Masse hervor. Wenn nun eine Dotterkugel
schon grofs ist, so hängt der hervorgezogene Theil
nur vermittelst eines dünnen
Stieles mit dem übrigen Eierstocke zusammen. Der ganze Eierstock sieht, wenn
recht viele vergröfserte Dotterkugeln an ihm hängen, wie eine Traube mit gro-
l\'sen reifen Beeren aus, da der verbindende Mittellheil des Eierstockes unbedeu-
tend gegen die Doiterku^eln ist. Um sich davon eine Vorstellung zu machen,
denken Sie sich nur, dafs der Dotter eines Huhns und so jedes andern Vogels schon
im Eierstocke zu dem Umfange gelaugt, den er im gelegten Ei haben soll. Wo
viele Eier nach einander gelegt werden, ist freilich nur immer eine Dotterkugel
ganz grois, während die übrigen noch nachwachsen. Indessen ist doch die ganze
Masse der reifenden Eier ungeheuer im Verhältnifs zu der Gröfse des unreifen
Eierstockes. — Die gröfseren Dolterkörner aus unreifen Dotterkugeln zertheilen
sich im Wasser sehr schnell in
kleinere Körnchen; zuweilen sah ich dabei eine
Haut als Hülle des grofsen Dotterkorns zurückbleiben — meistens konnte ich
jedoch kein solches Häutchen bemerken. Hiernach scheint es, dafs bei der Aus-
bildung des Dotters neue Dotterkörner sich durch Auflösung der früheren bilden.

Schon wenn die Dotlerkugeln noch ganz kleine weifsliche Blasen sind, fin-
det man jede von einer eigenen, fast sphärischen Hülle umgeben, die wir
Kapsel ^Kapsel,
(:Theca) nennen wollen. Diese Kapsel wächst nun mit dem Dotter zugleich und Fig. l. b.
wird beim Hervortreten des Dotters an die Wand des Eierstockes angedrängt. Sie
besteht nicht aus einer ganz einfachen Haut, sondern aus zwei eng mit einander
verbundenen Schichten. Die innere ist dicker, mit sammetartig unebener, nach
innen gekehrter Fläche, und in ihr sind viele kleine hellere Stellen. Sie hat über-
haupt Aehnlichkeit mit solchen Häuten, welche die Anatomen Schleimhäute nen-
nen; die hellen Stellen scheinen aber offene Mündungen von Blutgelafsen zu
seyn, so dafs die Doiterkugel durch unmittelbaren Zutritt des Blutes ernährt zu
Verden scheint *). Bis in die Dottersubstanz wird das Blut aber nicht dringen

iernher gedenke ich nächstens iu MeckeVs Archiv für Anatomie und Physiologie et*as

ausführlicher zu sprechen.

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können, da man in der Dotter haut keine Lücken bemerkt. Die äufsere Schicht
der Kapsel ist viel dünner und besteht aus einem gleichmäfsig verdichteten Zell-
gewebe.

C. Narbe, Wenn der Dotter anfängt aus der Fläche des Eierstockes in Form einer

Stigma. ...

Fig. 1 — 2. Beere herauszuragen, so zeigt sich auf dem vorspringenden Theile dieser Beere
ein bogenförmiger weifser Streifen. Er entsteht dadurch, dafs hier die Kapsel
schon ursprünglich, oder doch sehr früh an die Haut des Eierstockes angeheftet
ist. Auch geht kein Blutgefäfs in diese
Narbe (Stigma) ein, vielmehr sieht man
die zahlreichen und weiten Blutgefäfse, mit denen jede/Beere sowohl in der äu-
fsern Haut, als in der Kapsel reichlich versehen ist, am Ran,de der Narbe auf-
hören , oder netzförmig in einander übergehen. Da die Narbe also nicht durch
Blutgefäfse ernährt wird, so verliert sie an Festigkeit und bekommt eine Geneigt-
heit aufzureifsen. Am Rande der Narbe ist aber die Kapsel mit der Haut des
Eierstockes vollständig verwachsen. Nun sieht man leicht ein, dafs, wenn der
Andrang von innen immer stärker wird, die Narbe ihm bald nicht mehr wider-
stehen kann, zuletzt aufreifsen mufs und die Dotterkugel herausfallen läfst, aber
ohne Kapsel, indem diese, die an den Rand der Narbe angewachsen -\\®ar, mit
dem Eierstocke durch Blutgefäfse verbunden ist, mit der Dotterkugel aber nir-
gends zusammenhängt, zurückbleibt. Ein solches Aufreifsen, befördert, wie es
scheint, durch eine vitale Auflösung der Mittellinie in der Narbe, erfolgt nun
wirklich, wenn das Ei gelegt werden soll. Die Hauptveranlassung dazu giebt die
Befruchtung, welche eine so starke Spannung hervorbringen mufs, dafs die
Narbe nicht mehr widersteht. Die meisten Vögel legen auch in der That nur
Eier, nachdem sie befruchtet worden sind. In sehr productiven Vögeln machen
sich die Dotter aber auch selbst frei, und bekanntlich legen die Hühner, die eben
die productivsten Vögel sind, Eier, auch wenn sie entfernt von einem Hahne ge-
halten werden, obgleich etwas später, als wenn sie befruchtet worden sind.
Dasselbe ist bei anderem Hausgeflügel wenigstens nicht selten. Einzelne Bei-
spiele hat man von vielen Vögeln.
d. Kelch, Wenn der Dotter herausgetreten ist, sieht die zurückgebliebene Beere,

1\\.% F3g\'1 die ihn einschlofs, wie ein hohler Kelch (\'Calyx) aus. Die äufsere Wand des
Kelches *) nämlich wird von der hervorgedrängten Wand des Eierstockes gebil-
det (welche noch einen ganz dünnen Ueberzug von einem Luftsacke hat); die
Höhlung ist nichts als die aufgerissene, viel dickere Kapsel **); der Rand ***)

,—•— iS[

*) Fig. 1. ci. **) Ebend. b.

***) Ebend. c. (im Durchschnitte). In dieser Figur mufs man sich die Dotterkuge] wegden-
ken, um den Kelch zu haben.

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ist aber nicht kreisförmig, sondern zweilippig , wie sich leicht denken läfst, da
er durch die aufgerissene Narbe gebildet wird. Zwischen der äufsern Wand und
der Kapsel ist etwas aufgelockerte Masse 1), die
dem Eierstocke selbst angehört,
und der
Stiel (Petiolus) 2), in welchen die Kapsel nicht hineinragt, enthält
nur diese Masse. Bald nachdem der Dotter ausgetreten ist, verschrumpft der
Kelch, da nichts da ist, was ihn ausgedehnt erhält, und in weniger. Tagen zieht
er sich wieder in die Masse des Eierstockes zurück, eine kaum merkliche Spur für
einige Zeit zurücklassend. Zuweilen, aber lange nicht immer, ist die Höhlung
des zurückgezogenen Kelches von der Gröfse eines Stecknadelknopfes noch lange
im Eierstocke kenntlich und ist dann von einem gelben Saume umgeben, so dafs
er grofse Aehnlichkeit mit jenen Narben hat, die im Eierstocke der Säugethiere
nach dem Austritte des Eies zurückbleiben, eine Zeitlang offen sind und gelbe
Körper genannt werden. In andern Fällen verwachsen die Lippen des Kelches
mit einander, noch ehe er ganz Idein geworden ist.

Wir müssen aber nun, ehe wir die Dotterkugel auf dem fernem Wege
verfolgen, ihre Beschaffenheit vor dem Austritte näher kennen lernen, um zu
wissen, was für die Bildung des gesammten Eies der Eierstock hergiebt und
was nicht.

Schon ehe der Dotter seine völlige Reife im Eierstocke erlangt hat, läfst ^ Dotte^
sich eine dünne Haut erkennen, die ihn ganz umgiebt und nirgends mit der Kap-
cula\'viteiii.
sei verwachsen ist. Es ist die Dotterhaut. Sie umhüllt den Dotter beim Austritte
eben so, wie später im gelegten Ei, hat aber jetzt kein Eiweifs um sich. Wenn
der Dotter reif ist, läfst sich an ihr keine Organisation erkennen; sie scheint
vielmehr eine dünne Oberhaut und unterscheidet sich von ihrem spätem Zustande
im gelegten Ei nur dadurch, dafs an ihrer innern Fläche eine dichtere Schicht
von Dotterkügelchen enger anliegt. In unreiferen Dotterkugeln ist die Dotterhaut
dicker; es sind viele Körnchen in ihr eingewachsen und bilden eine innere Schicht
von ihr. In ganz kleinen Eiern ist statt einer dünnen Oberhaut eine dicke, ganz
aus kleinen Kügelchen bestehende Schicht, und es scheint daher, dafs diese dicke
Schicht sich erst allmählig in die bekleidende oberhautähnliche Dotterhaut und
jene Lage von Dotterkügelchen theilt, welche man im gelegten Ei, durch wei-
fsere Farbe ausgezeichnet, die ganze Masse des Dotters überziehen sieht 3). So
viel ist gewifs, dafs, wenn die Dotterkugel nur noch die Gröfse einer Erbse hat,

1  Fig. 1. zwischen a und b.

2 * ) Ebend. 1.

3  Vergleiche oben §. 2. ƒ.

II.

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die körnige Haut, welche den Dotter zunächst umgiebt, noch nicht einmal eine
glatte äufsere Fläche hat 1).

Schicht"1" I11 der Dotterkugel ist ferner schon sehr lange vor der Reife, an einer

Stratum pro- Stelle der Oberfläche, doch am häufigsten in der Nähe des Kelch-Stieles, zuwei-
^Te. len aber auch dicht an der Narbe, oder an irgend einer Stelle des Kreises, der
durch die kleine Axe des Dotters bestimmt wird, nie an den Enden der Längenaxe,
ein weifser Flecken zu sehen, der meist durch die Kapsel und den ganzen Kelch
durchschimmert. Da auf dem Dotter des gelegten Eies auch ein weifser Flecken
ist, so war es sehr natürlich, dafs man den Flecken auf dem Dotter, so lange er
noch im Eierstocke liegt, für denselben hielt, und ihn auch den Hahnentritt
nannte. Das ist auch in gewisser Hinsicht richtig. Nur ist der Flecken auf dem
noch nicht ausgetretenen Dotter kein wirklich gesonderter Theil, sondern nur
eine Modification des Dotters, die durch keine bestimmte Grenze vom übrigen
Dotter, und namentlich der oberflächlichen weifsen Schicht desselben, geschieden
wird. Ich betrachte sie daher nur als eine besondere Schicht des Dotters und
habe sie bereits in der Beschreibung des gelegten Eies
Keimschicht (Stratum
Keimschei- proligerum} genannt. An der Oberfläche dehnt sie sich scheibenförmig aus
proligerusl^ (Keimscheibe, Discus pro ligerus). Die Mitte aber ist verdickt, und diese
cVr^Keim- mittlere Erhabenheit ragt nach innen gegen den eigentlichen Dotter vor, als
Hü-
schicht, Cu- gel der Keimschicht ( Cumulus p r olig e rus) 2").

mulus proli-

8erus\' . Die Keimschicht hat in der Mitte eine ganz kleine helle Stelle, die fast wie

Wäschen™ ein Nadelstich aussieht. Bei näherer Betrachtung aber findet sich ein sehr klei-
prolificl »es, höchst zartes Bläschen, mit heller Flüssigkeit gefüllt, mitten im Hügel der
Fig. i bei e. Keimschicht liegend und bis in den Mittelpunkt der Keimscheibe vorragend.

Dieses Keimbläschen (J^esicula prolifica s. J^es. Purkinj i) ist schon
sehr früh im Dotter bemerkbar, denn wenn die Dotterkugel nur noch eine halbe
Linie im Durchmesser hat, ist schon das Keimbläschen in ihr sichtbar, und in
Eiern von der Gröfse einer Erbse ist es fast eben so grofs wie in ausgewachsenen
Dottern. Ja nach Untersuchungen in andern Thieren wird es wahrscheinlich,

1  Diejenigen Beobachter, welche die Schaalenhaut schon im Eierstocke gesehen zu haben
glauben, müssen entweder die Kapsel oder die ursprünglich körnerreiche Dotterhaut dafür
angesehen haben. Die Schaalenhaut fehlt dem Ei sogar in der obern Hälfte des Eileiters,
worüber die Untersuchung gar keinen Zweifel übrig läfst.

2  Im Dotter des Vogels liegt keine Nöthigung, beide Abschnitte, die nicht scharf von einander
abgegrenzt sind, besonders zu benennen, allein die Eier von andern Thieren machen es räth-
lich, diese Abschnitte auch im Namen zu scheiden. Hierüber mehr bei Vergleichung der
Entwickelung verschiedener Thierklassen.

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dafs dieses Bläschen zuerst da ist und das übrige Ei sich darum bildet. Ob es
auch im Huhn vor dem ersten Entstehen der Dottermasse auftritt, mufs noch un-
entschieden bleiben, weil die Dicke der Kapsel und der Dotterhaut die Unter-
suchung hindert. So viel ist aber gewifs, dafs es verhältnifsmäfsig um so grofser
ist, je weniger die Dotterkugel sich entwickelt hat. Es ist ferner gewifs, dafs es
in der ersten Zeit mehr in der Mitte des Dotters liegt und sich dann der Oberfläche
nähert: eine Wanderung, die im Huhne schon sehr früh erfolgt, in manchen an-
dern Thieren aber erst spät. Ja wenn ich nicht irre, so rückt es auch in dem
schon reifenden Vogeldotter immer mehr durch die Keimschicht hindurch gegen
die Oberfläche. In dieser Wanderung könnte wohl der Grund für die Bildung der
Centralhöhle und ihres Kanales liegen. In dem Froschei, wo die Wanderung der
Bläschen spät erfolgt, ist dieses freilich augenscheinlicher als im Vogelei. Der
Inhalt des Keimbläschens ist zwar eine ganz durchsichtige Flüssigkeit, in derselben
schwimmen aber doch sehr kleine und helle Körnchen.

So haben wir nun alle Theile des Dotters, so lange er im Eierstocke sich Folgen
\\ befindet, kennen gelernt, und es wird Zeit seyn, dafs wir der Entwickelung fruchtung.
des Eies, bis es gelegt wird, folgen; doch beleuchten wir vorher noch die Frage,
welche Wirkung die Befruchtung hat.

Nach der Paarung reifst die Narbe des Kelches auf und läfst den Dotter
austreten. Da aber, wie schon bemerkt wurde, dieses Austreten bei Hühnern
häufig und auch bei andern Vögeln in seltenen Fällen ohne Paarung eintritt, so ist
für dasselbe die Paarung nicht unumgänglich nothwendig, sondern nur förderlich.
Hiernach darf man den Austritt der Dotterkugel als Folge einer gewissen R.eife
betrachten. Diese Reife wird bei sehr productiven Vögeln-auch ohne Paarung er-
reicht , obgleich stets langsamer, bei den meisten tritt aber die Reifung ohne Be-
gattung nicht ein, und man sieht also, dafs in den meisten Fällen der weibliche
Vogel allein die Eier nicht bis zu voller Reife bringt. Um die Zeit des Austrittes
schwindet aber auch das Keimbläschen, und da seine Wand sehr dünn ist, so
bleibt von ihm nichts übrig als ein ganz kleines Tröpfchen Flüssigkeit. Das Ver-
schwinden des Keimbläschens scheint ebenfalls durch die Befruchtung befördert
zu werden, erfolgt aber, wenn diese ausbleibt, auch ohne sie, denn schon im Ei-
leiter findet man das Keimbläschen nie mehr, die Befruchtung mag erfolgt seyn
oder nicht. Purkinje stellt daher die Frage auf, ob das Keimbläschen nicht
etwa durch den Eileiter zerdrückt werde
P Ich glaube diese Frage verneinen zu
dürfen; denn für\'s Erste habe ich nun schon zwei Mal in völlig reifen, dem Aus-
tritte ganz nahen Dotterkugeln von Vögeln das Keimbläschen nicht finden kön-
nen, obgleich die Lücke in der Keimschicht, in welcher das Keimbläschen sei-

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nen Sitz hat, noch zu erkennen war, aber, wie es mir schien, kleiner und mit
unregelmäfsigem, zerrissenem Rande, als ob das Keimbläschen so eben geschwun-
den, die Lücke aber noch nicht ausgefüllt wäre. Das Schwinden des Keimbläs-
chens scheint hiernach in nächster Beziehung mit dem Austritte des Eies zu ste-
hen , welches der Ausdruck einer gewissen Reife ist und nur mittelbar von der
Befruchtung abhängt *).

Eine unmittelbare Folge hat aber die Befruchtung in der Bildung des Kei-
mes , der sich nie ohne vorhergegangene Befruchtung zeigt. Da diese Bildung im
Eileiter erfolgt, so werden wir später darauf zurückkommen (§. 4. ƒ.).

§. 4.

Weiterbiläung des Eies im Eileiter.

d. Eileiter. Endlich folgen wir der Dotterkugel des Huhns auf ihrem fernem Wege.

Dieser Weg ist in allen Vögeln ein einzelner auf der linken Seite liegender Ei-
leiter , dem nur zuweilen ein unentwickelter auf der rechten Seite gegenüber liegt.
Der ausgebildete Eileiter der linken Seite ist ein ziemlich langer und daher ge-
wundener Kanal, im Innern von einer Schleimhaut gebildet, äufserlich mit einer
Muskelschicht bedeckt und an einem muskelreichen Gekröse hängend. Das vor-
dereEnde ist sehr dünn und geht mit trichterförmiger, schief abgeschnittener Oeff-
nung in die Bauchhöhle. Dieser sogenannte
Trichter geht nach hinten in einen
langen darmförmigen Abschnitt mit vielen innern Falten über, den wir den
Ei-
leiter
im engern Sinne nennen wollen. Darauf folgt eine kurze gerundete muskel-
reiche Abtheilung, welche
Eihälter heifsen mag, da das Ei längere Zeit in ihm
verweilt. Er ist im Innern mit vielen und grofsen Zotten besetzt. Zuletzt folgt
der engere
Eiergang, der offen in die Kloake eingeht **).

b. Aufnah- In allen Thieren scheint die Reife des Eies oder das stärkere Andrängen

yziq Dot-

terkugel. der Dotterkugel gegen den Kelch, wodurch die Narbe desselben endlich sich öff-
net, eine besondere Erregung im weiblichen Geschlechtsapparate hervorzubrin-
gen , indem in allen Thieren, wo ein vom Eierstocke getrennter Eileiter da ist,
dieser mit seiner offenen, in die Bauchhöhle gehenden Mündung, sich dem Eier-

*) Hierzu kommt noch ein viel wichtigerer Grund aus andern Thieren (siehe unten §. 8), wo
das Keimbläschen früher schwindet.

**) Die vier hier bezeichneten Abschnitte wurden von den Alten unter verschiedenen Namen auf-
geführt, als:
Infundibulum, Oviductus , Uterus und Vagina. In neuerer Zeit ist man mehr
gewohnt, das Ganze Eileiter zu nennen und in demselben vier Gegenden zu unterscheiden.

/

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stocke nähert und, wenn er ihn erreichen kann, sich an ihn anlegt, um so die
heraustretende Dotterkugel aufzunehmen. Im Yogel wird nicht der ganze Eier-
stock umfafst, sondern nur derjenige Kelch, der das reifste Ei enthält. Es
scheint sogar, dafs dieses Anlegen der trichterförmig erweiterten Ausmündung
des Eileiters in die Bauchhöhle sich so eng an den Kelch legt, dafs er gleichsam
an ihm saugt und dadurch den Austritt des Eies befördert. Es ist nämlich keinem
Zweifel
unterworfen, dafs der Eileiter die Fähigkeit hat, sich in seinen einzelnen
Theilen zu bewegen, und dadurch etwas Fremdes gewissermafsen einzuschär-
fen und dann
weiter zu bewegen, was am auffallendsten in Fröschen ist, wo we-
nigstens viele Eier zuerst in die Bauchhöhle fallen und dann vom Eileiter aufgeso-
gen werden. In einem Huhne fand ich auch den Trichter des Eileiters in sich der
Queere nach gerunzelt, indem er einen Kelch umfafst hielt. Er legt sich also
nicht blofs an, sondern zieht sich in sich selbst zusammen.

So schlürft sich der Eileiter des Huhns die Dotterkugel ein, welche von
der Dotterhaut umschlossen ist und die Keimschicht enthält, deren Keimbläschen
aber schon verschwunden ist.

Nun treibt der Eileiter die Dotterkugel durch seine ganze Länge hindurch, und^

wobei er dieselbe umfafst und sich so in sich zusammenzieht, dafs das Ei nicht in ben.
gerader Linie fortschiefst, sondern bei der Fortbewegung immer um seine Axe
gedreht wird. Die Bewegung des Eies ist also eine schraubenförmige. Da die
Dotterkugel im Eierstocke so liegt, dafs die Keimschicht fast immer dem Stiele
des Kelches zugekehrt ist, da ferner die trichterförmige Mündung des Eileiters
den Kelch von der Seite umfafst, so tritt die Dotterkugel in solcher Lage in den
Eileiter ein, dafs die Keimschicht nicht vorn oder hinten ist, sondern an der Seite.
Vorzüglich wird aber diese Stellung dadurch bedingt und mehr gesichert, dafs
diejenige Axe, die von der Keimschicht durch den Mittelpunkt des Dotters geht,
auffallend kürzer ist als die senkrecht auf dieser Axe stehende 1). Letztere wird
daher bald in die Längenrichtung des Eileiters gestellt werden, wie auch der Dot-
ter eingetreten seyn mag. Wenn nun das Ei schraubenförmig im Eileiter fort-
gedreht wird, so beschreibt die Keimschicht, aus der sich jetzt der Keim zu lösen

1  Hiernach wird es auch verständlicher, warum die Keimschicht, wenn sie nicht in der Nähe
des Stieles vom Kelche ist, sich zuweilen in derNarhe zeigt. Sie bleibt nämlich im kleinsten
Kreise des Dotters. In ganz kleinen Eiern von der Gröfse eines Hirsekornes habe ich diese
längliche
Gestalt nicht mit Sicherheit zu erkennen vermocht. Sollte sie schon da seyn , so
könnte man vielleicht sagen
, dafs das Keimbläschen gegen die nächste Stelle der Oberfläche
des Eies sich bewegt und eben deshalb die Gentraihöhle, als ursprünglicherSitz des Keim-
bläschens, der Keimschicht (einer Wirkung des Keimbläschens) näher liegt, als der entge-
gengesetzten Seite.

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anfängt, schraubenförmig zusammenhängende gröfste Kreise, während der Mit-
telpunkt des Dotters immer in der Mitte bleibt.

Der Eileiter erhält von dem Augenblicke an, wo er sich anschickt das
Ei aufzunehmen, einen stärkern Zuflufs von Blut, wie man schon an der dün-
nern , trichterförmigen Bauchmündung durch etwas vermehrte Röthung erkennt.
Am übrigen Eileiter sieht man mehr eine Verdickung der Masse und auf der innern
Fläche einen Ergufs von Eiweifs, der besonders stark an der Stelle ist, an wel-
cher sich das Ei eben befindet. Es ist offenbar, dafs der Reiz des durchgehen-
den Eies besonders den Ergufs von Eiweifs bedingt, da man, wenigstens wenn
das Ei in der untern Hälfte des eigentlichen Eileiters sich befindet, nur in seiner
Umgebung Eiweifs sieht. Der Eileiter wird in der That so aus einander getrieben,
dafs die Falten völlig ausgeglichen werden und aus ihnen das Eiweifs ausgeprefst
wird. Es ist mir leider, so viele Hühner ich auch diesem Wunsche geopfert
habe, noch nicht geglückt, das Ei im Anfange des Eileiters zu finden, durch den es
ziemlich, rasch hindurch zu gehen scheint. Purkinje fand es hier und sah, wie
das Eiweils nach vorn und nach hinten in einen runden Strang sich auszog, un-
gefähr nach der Form, die das innerste Eiweifs hat, aber ohne Hagelschnüre.
Im mittlem Theile des Eileiters sah ich das Ei schon ganz in seiner ausgebildeten
Form, das spitze Ende vorausgehend, noch ohne Spur von einer äufsern beklei-
denden Haut. Das Eiweifs klebt vielmehr eben so fest an der Wand des Eileiters,
als in sich und am Dotter. Es schien überall von gleicher Consistenz. Von Ha-
gelschnüren konnte ich ebenfalls auch noch keine Spur finden, obgleich das Ei-
weifs ganz durchsichtig war.

Das Eiweifs hat eine grofse Neigung zu gerinnen, und man wird finden,
dafs immer, wo es an irgend einen andern Körper grenzt, eine dünne geronnene
oberflächliche Schicht sich bildet, wie wir schon oben (§. 2. c.) zeigten. Hier-
auf mufs auch die Bildung der Schaalenhaut und der Haut der Hagelschnüre be-
ruhen. Beide scheinen mir eigentlich dem Eiweifse anzugehören und die Häute
der äufsern und der innern Fläche desselben zu seyn. Beide werden erst im letz-
ten Theile des eigentlichen Eileiters und im Eihälter sichtbar. Da sich um das
Ei, so lange es im Eileiter sich befindet, immer neue Schichten Eiweifs anlegen,
so kann sich keine äufsere Haut bilden. Diese scheint im Ende des Eileiters zu
entstehen, wo ich sie deutlich sah, und sich zu verstärken, indem das Ei aus dem
Eileiter in den Eihälter durch den etwas verengten Uebergang gedrängt wird;
denn im Eihälter,
wto ich das Ei sehr oft sah, fand ich immer schon die Schaalen-
haut gebildet.

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Auffallender ist es, dafs auch die Haut der Hagelschnüre nicht gesehen ^ Büdung
wird, so lange das Ei im Eileiter sich befindet. Noch im hintern Ende des Eilei-
schnüre und
ters fand ich das Eiweifs völlig durchsichtig ohne Hagelschnüre, und wenn das lhrer aut\'
Ei erst kurze Zeit in dem Eihälter liegt und die ersten Kalkkrystalle der Schaale
sich zeigen, sind die Hagelschnüre noch sehr kurz und nur bei sorgfältiger Beob-
achtung kenntlich. Deutlicher und länger sind sie, wenn die Kalkschaale ihrer
Vollendung nahe ist. Ich gestehe, dafs das Fehlen dieser Haut im Eileiter mich
lange zweifelhaft gelassen hat, ob sie denn wirklich die innere Abgrenzung des
Eiweifses gegen die Dotterkugel sey: eine Ansicht, die so ganz natürlich und un-
abweisbar aus allen Verhältnissen derselben hervorzuleuchten scheint. Ist die
Haut der Hagelschnüre die innere Begrenzung des Eiweifses, so können ihre ver-
schnürten Enden, die Hagelschnüre selbst, nicht füglich anders erzeugt werden,
als vor der Bildung der Kalkschaale, zu einer Zeit nämlich, wo eine Kraft, wel-
che auf Bewegung des Eies wirkt, auf die Enden des Eiweifses besonders wirken
kann, sey es durch unmittelbares Drehen dieser Enden, oder auch nur durch
Halten derselben. Die Haut der Hagelschnüre steht nämlich zu der Dotterkugel
in einem Verhältnisse, das wir uns am besten versinnlichen, wenn wir uns eine
mit Wasser gefüllte Blase in einem häutigen Gylinder, etwa ein entleertes Darm-
stück, gesteckt denken. Lassen wir nun das Ganze sich nach einer Pachtung um
seine Axe schwingen, wobei wir aber die Enden des Darmes festhallen, so wer-
den diese Enden immer mehr verschnürt werden. Eben so werden sie verschnürt,
wenn wir die Mitte, wo sich die Blase findet, halten und dagegen drehende
Kräfte auf die Enden wirken lassen, oder wenn wir das eine Ende halten und an
dem andern allein drehen, wobei denn die Mitte nach derselben Richtung, aber
nur in halb so viel Umkreisen sich drehen wird. Alle diese Verhältnisse gelten
noch, wenn wir statt eines wirklichen Haltens nur ein Zurückbleiben, sey es
auch nur durch die Nachgiebigkeit des anhängenden Eiweifses, annehmen. Ein
jedes Hindernifs gegen die Drehung wirkt als ein relatives Halten, was wohl an
sich so klar ist, dafs es unnöthig erscheint, die Sache noch anschaulicher zu ma-
chen. Wenn wir aber das Ganze drehen, und die Enden durch nichts gehindert
werden sich eben so zu drehen wie die Mitte, so kann gar keine Verschnürung
entstehen.

Es ist nun keinem Zweifel unterworfen, dafs das Ei im Eihälter stark ge-
dreht wird. Man kann die Drehung in einem gleich nach der Tödtung geöffneten
Huhne sehen, und die Drehung ist zuweilen so gewaltsam, dafs das stumpfe Ende
des Eies nach der Kloake der Mutter hingekehrt wird, wie nicht nur von Pur-
kinje, sondern auch von mir mehrfach beobachtet ist. Dennoch glaube ich

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nicht, dafs das Drehen des Eies im Eihälter allein die Chalazen erzeugen könne,
weil es zuvörderst nicht die innere Haut des Eiweifses von der Dotterkugel ab-
ziehen könnte, um die Hagelschnur daraus zu bilden, und weil das Eiweifs mit
Ausnahme der letzten Zeit eine ziemlich gleiche Consistenz hat und kein flüssiges
Eiweifs nach aufsen liegt. Bei dieser gleichmäfsigen Zähigkeit des Eiweifses mufs
eine Kraft, welche zunächst drehend auf die Schaale wirkt, die Dotterkugel bald
mit bewegen. Wenn überdiefs die Bewegungen im Eihälter gleichmäfsig seyn
sollten, so würde jeder Theil im Ei sehr bald die seiner Entfernung von der Axe
zukommende Geschwindigkeit haben und gar keine Drehung mehr erleiden. In
der Ueberzeugung, dafs die Verschnürung der Hagelschnüre früher erfolgt, be-
stärkt mich folgende Beobachtung. Ein Ei, das mit ganz weicher, unvollendeter
Schaalenhaut gelegt war, untersuchte ich in Bezug auf die Chalazen und sah zu
meiner Verwunderung nur an dem einen Ende einen ganz kleinen Anfang dersel-
ben , am andern aber war das Eiweifs durchaus durchsichtig, ohne Spur der ver-
schnürten weifsen Hagelschnur. Das Ei blieb so mehrere Stunden liegen, und
nach Verlauf derselben sah ich auch in dem früher völlig durchsichtigen Ende eine
ganz vollständige Hagelschnur. Ich schliefse hieraus, dafs zum Weifswerden
und zur vollständigen Absonderung der innern Fläche des Eiweifses einige Zeit er-
fordert wird, dafs aber dennoch diese Fläche vollständig verdreht seyn kann,
ohne weifs zu werden. Ein Ei wird nämlich mit weicher Schaale gelegt, wenn
es zu kurze Zeit im Eihälter verweilt hat. Diese Zeit hat im vorliegenden Falle
nicht hingereicht zum Undurchsichtigwerden und zum Selbstständigwerden der
innern Fläche des Eiweifses. Das Verdrehen der innern Fläche war aber schon
vollständig erfolgt, wie die nachfolgende Erscheinung der Hagelschnur lehrte.
Hiernach wäre meine Ansicht von der Bildung der Hagelschnüre folgende. Die
innere Fläche des Eiweifses hat, wie überhaupt die Grenze des Eiweifses, eine
Neigung zum Gerinnen. Wenn nun das Ei im Anfange des Eileiters fortge-
schraubt wird, so verdreht der spiralförmig sich zusammenziehende Eileiter die
dünnen säulenförmigen Verlängerungen des Eiweifses, da er sie jetzt unmittelbar
mit fassen kann. Die innere Fläche des Eiweifses wird also mit verdreht und zu-
gleich verlängert, von der Dotterkugel gleichsam abgesponnen; denn wenn sie
auch ursprünglich nur an der Dotterkugel lag, so mufs sie sich doch immer mehr
davon nach beiden Enden abziehen (indem sie sich zugleich verlängert), wenn
die Enden des Eiweifses vom Eileiter gefafst werden, gleichviel ob sie dabei für
sich gedreht oder nur gehalten werden, während die Dotterkugel gedreht wird.
Die innere Fläche des Eiweifses kann aber bei dieser Vorstellung doch nie die äu-
fsere Fläche desselben erreichen, wie denn auch nie die eigentliche Hagelschnur

die

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die Schaalenhaut erreicht. Allmählig kommt aber immer mehr Eiweifs hinzu und
das Verdrehen der ersten säulenförmigen Enden (des später mehr gesonderten drit-
ten Eiweifses) kann jetzt weniger unmittelbar, sondern nur durch die Zähigkeit
des Eiweifses bewirkt werden.

Wenn im Eihälter die Schaale sich zu bilden anfängt, ist im Anfange das
Eiweifs noch von ziemlich gleicher Zähigkeit. Es sind die werdenden Hagel-
schnüre mit dem sie zunächst umgebenden innersten Eiweifse von dem übrigen
Eiweifs noch gar nicht abgegrenzt. Aus diesem Grunde mufs bei der Drehung die
Verschnürung zunehmen. Wäre aber die Drehung im Eihälter gleichmäfsig, so
würde bald jeder Theil die Geschwindigkeit der Bewegung erhalten, welche sei-
ner Entfernung von der Axe, um welche die Drehung geht, entspräche, und alles
relative Lagenverhällnifs der Theile im Ei würde von jetzt an unverändert bleiben.
Weil man aber in der letzten Zeit vom Verweilen des Eies im Eihälter das dritte
Eiweifs vom mittlem mehr gesondert findet *) und eben so zwischen Schaale und
dem übrigen Eiweifse sich ein mehr flüssiges, oder das äufsere Eiweifs zu zeigen
anfängt, so vermuthe ich, dafs die Bewegungen des Eihälters ungleich und ruck-
weise sind, (wofür auch schon die verwandten Bewegungen des Fruchthälters der
Säugethiere sprechen,) dafs also die Schaale, auf welche die Bewegung zunächst
wirkt, am Eiweifse zerrt und dadurch die Sonderungen veranlagt werden. Ich
will damit keinesweges läugnen, dafs im Eiweifs selbst eine Neigung liegen mag,
die flüssigen Theile mehr nach aufsen zu sammeln, jenes Verhältnffs würde aber
die Sonderung erleichtern, würde es auch anschaulich machen, warum das mittlere
Eiweifs an beiden Enden in der Axe des Eiweifses, also an der Schaalenhaut fester
anhängend bleibt. — Dafs auch die Neigung der Dotterkugel, einen bestimmten
Theil nach oben zu richten, auf die Drehung der Hagelschnüre Einflufs hat, will
ich hier nur erinnern, ohne es näher durchzuführen, da dieser Umstand wohl nur
wenig Einflufs hat und ich schon zu lange bei diesem Gegenstande verweilt habe,
weil ich ihm einige Wichtigkeit zuschreibe 1}.

Das Ei verweilt ziemlich lange im Eihälter, meistens gegen 24 Stunden. £
Hier wird nun auch, wie schon im Vorbeigehen öfters bemerkt wurde, die Ei-
schaale gebildet. Aus den grofsen Zotten des Eihälters wird nämlich eine Flüs-
sigkeit ergossen, die weifs und zähe ist,
wie Kalkmilch in verdünntes Eiweifs

1  Wie der Leser aus einer spätem Stelle in dem „Leuchtkugeln" überschriehenen Abschnitte
ersehen wird.

E

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gegossen. Mit Hülfe dieser Flüssigkeit bildet sich jetzt eine ziemlich feste Haut
und in derselben erscheinen Ralkkrystalle, die zuvörderst einzeln und weit von
einander getrennt sind, dann an Zahl zunehmen und nicht mehr zu unterscheiden
sind. Diese Kalkkrystalle lagern sich nicht auf die Haut auf, sondern liegen in
ihr, so dafs man, wenn s(ie anfangen einander zu erreichen, unter dem Micro-
scope eine diinne Schicht organischer Masse über und unter der Kalklage abtren-
nen kann. Der Kalk wird also nicht eigentlich von aufsen angesetzt, vielmehr
scheint die Schaalenhaut den ergossenen Stoff aufzusaugen und die festen Theile
nach aufsen abzusetzen, die flüssigen Theile aber auszuscheiden unter ihrer innern
Fläche, wo sie als
äufseres Eiweifs sich sammelt, wodurch die Verbindung des
frühern Eiweifses mit der Schaalenhaut immer mehr sich löst 1).
g. Bildung Auf dem Wege, den das Ei im Eileiter zurücklegt, bildet sich der Keim,

es Keimes. ^^ (]as Ei befruchtet war. Da vor der Aufnahme desselben in den Trichter
das Keimbläschen zu schwinden scheint, so liegt die Vermuthung nahe, dafs un-
mittelbar aus dem Inhalte des Keimbläschens der Keim gerinnt. Diese Vermu-
thung erhält noch dadurch mehr Gewicht, dafs das Keimbläschen, so viel ich
habe beobachten können, beim Pieifen des Dotters immer mehr aus der Keim-
scliicht emportaucht und gegen die Dotterhaut vorragt. Wenn er reifst, wird
sein Inhalt also zwischen Keimschicht und Dotterhaut sich ergiefsen.

Dennoch scheint der Keim nicht eine unmittelbare Bildung des Keimbläs-
chens, denn zuvörderst wird aus dem Inhalte des Keimbläschens in unbefruch-
teten Eiern kein Keim. Wenn solche Eier gelegt werden, so besteht der Hah-
nentritt nur aus einer unregelmäfsigep , gegen den Dotter nicht scharf begrenzten,
weifsen Masse, die sich nicht in Form einer zusammenhängenden Platte abheben
läfst. Es ist also nur eine Keimschicht da und sie unterscheidet sich nur von der
Keimschicht des unreifen Dotters- durch gröfsere Ausdehnung und eine ungleich-
mäfsige Vertheilung der weifsen Substanz, die kleine, wenig zusammenhängende
Inselchen bildet. Daraus schon wird es wahrscheinlich, dafs die Flüssigkeit des
Keimbläschens sich mit der Keimschicht verbunden hat, hier jedoch ohne eine
gesonderte Bildung hervorzurufen. In befruchteten Eiern, die ich im Eileiter
fand, schien mir die Keimschicht verdickt, in sich mehr zusammenhängend ohne
gesonderten Keim, aber doch zwei Schichten andeutend. Erst im Eihälter konnte

1  Einige Beobachter läugnen das äufsere Eiweifs im eben gelegten Ei völlig. Ich habe
allerdings zuweilen das äufsere flüssige Eiweifs im eben gelegten Ei noch nicht völlig abge-
grenzt gefunden , obgleich in andern Eiern die Sonderung sehr deutlich war. Ich glaube
mich aber nicht zu irren, wenn ich behaupte , dafs, je härter die Schaale wird, um so flüssi-
ger unter ihm das Eiweifs werde, noch ehe es völlig von dem tiefern abgesondert wird.

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ich einen Keim von einer unten liegenden Keiraschicht abtrennen. Hiernach
glaube ich, dafs der Inhalt des Keimbläschens sich mit der ursprünglichen Keim-
schicht verbindet, und dafs, wenn eine Befruchtung erfolgt ist, in dieser Masse
eine Sonderung in einen aufliegenden, in sich mehr zusammenhängenden und
schärfer begrenzten Keim, und eine unten liegende Keimschicht erfolgt.

Nachdem der Bau des Eies vollendet ist, wird es ziemlich rasch durch den
Eiergang in die Kloake getrieben, auf welche Bewegung ohne Zweifel die Zusam-
menziehungen des musculösen Eihälters austreibend wirkt. Aus der Kloake wird
das Ei endlich völlig zur Welt gebracht.

§. 5.

Veränderungen des Eies ivährend der Bebrütung.

Ein jedes Ei entwickelt sich nur unter dem Einflüsse einer bestimmten
Wärme. Das Hühnerei fordert eine Wärme von etwa 28 — 33°. Jede künstlich
erzeugte Wärme kann zwar dazu dienen, die Natur aber giebt dem Ei die Wärme
durch den Trieb der Mutter, auf ihren Eiern zu sitzen, und der Trieb der Mut-
ter wird hervorgerufen theils durch eine psychische Thätigkeit, ein Gefühl, dafs
die Eier einst ein Theil von ihr waren, welchem Verhältnis sie nur allmählig
entwachsen können, und ein körperliches Bedürfnils, hervorgerufen durch ver-
mehrte Wärmeerzeugung. Bei einigen Vögeln ist der geistige Trieb stärker -—
es sind diejenigen, die schon im Vorgefühl der kommenden, oder vielleicht rich-
tiger im Gefühl der im Eierstocke sich bereits entwickelnden Eier eine künstliche
Wiege für sie bauen, wie die Singvögel und die Raubvögel; bei andern ist es mehr
das körperliche Bedürfnifs — es sind diejenigen, welche kein Nest bauen, wie
die Hühner und die meisten Schwimmvögel. Die ersteren kennen ihre Eier, den
letzteren sind alle Eier für den Anfang gleichgültig. Sehr merkwürdig aber ist
es, dafs auch bei den letzteren das mütterliche Gefühl später erwacht. Manche
Hühner vertheidigen die Eier, auf denen sie einige Zeit gesessen haben, mit gro-
i\'ser Hartnäckigkeit. Sie werden in psychischer Hinsicht erst während des Brü-
tens Mütter, welche nun für die Eier Sorge tragen, die sie vorher liegen Helsen*).

\'*) Wie überall in der Natur, ist auch hier Gradation Hühner, welche noch keinen Trieb
zum Brüten haben, lassen ihre Eier liegen. Ist aber eine brütende Henne in der Nähe, so
legen sie gewöhnlich ihre Eier zu den bereits bebrütpten und die Bruthenne steht willig auf,
um ihnen Platz zu machen und die Eier unter ihre Pflege zu nehmen. Sie wird nun Mutter
dieser Eier. — Eine Bereitwilligkeit, an welche die Existenz unsers europäischen Kuckucks
geknüpft ist,

E 2

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Noch merkwürdiger aber ist es, dafs umgekehrt das psychische Bediirfnifs, die
Jungen zur Entwicklung zu bringen, auch die körperliche Fähigkeit dazu er-
zeugt. Singvögel, denen man die Eier wegnimmt, legen neue, was sie ohne
diese Veranlassung nicht gethan haben würden, und Hühner, denen man ein-
zeln die Eier vor dem Auskriechen der Küchlein wegnimmt, behalten nicht sel-
ten 8 bis 10 Wochen lang die erforderliche Brütwärme, die sie verloren haben
würden, wenn nach 5 Wochen sämmtliche Küchlein ausgeschlüpft wären *).

Doch ich darf hier mich nicht weiter in das Brütgeschäft einlassen, da ich
für das vorgesteckte Ziel nur die Veränderungen des Eies, nachdem es gelegt wor-
den ist, ins Auge zu fassen habe.

Verdiin- Nachdem ein Ei gelegt worden ist, verliert es immer an Gewicht, es mag

bebrütet werden, oder nicht. Im letztern Falle ist der Verlust rascher, nach Been-
digung der Bebrütung hat das Ei nach Prout\'s Beobachtungen 0; 16 seines Ge-
wichtes verloren und es schwimmt jetzt auf dem Wasser, obgleich es, nachdem
es gelegt war, stets untersank**). Es ist also der zum Auskriechen reife Em-
bryo lange nicht so schwer, als der ursprüngliche Inhalt des Eies.

Aber auch ohne bebrütet zu werden erleidet das Ei fortwährend einen Ge-
wichtsverlust, der zwei Jahre hindurch im Durchschnitte täglich Gran beträgt,
in der ersten Zeit etber beträchtlicher, über einen Grau täglich, später unbedeu-
tender ist ***). Der Gewichtsverlust zeigt sich auch in unbefruchteten Eiern.

*} Icli kann mich nicht enthalten, hier eine für mich sehr interessante Erfahrung mitzutheilen.
In einem Stalle, der einer brütenden Henne zum Aufenthalte angewiesen war, trieben auch
einige Enten ihr Wesen, die sich häufig im Wasser einer benachbarten Wanne badeten. Der
nicht gedielte Stall wurde dadurch einem Sumpfe gleich, und auch das Stroh, aus welchem das
Nest des Huhnes geformt war , wurde allmählig durchweicht. Das Nest war deshalb auch kalt
und die Entwicklung der Eier ging sehr langsam vor sich. Ich liefs nun aus trocknem Stroh
ein neues Nest machen. Als ich wenige Stunden darauf unter den Leib der Henne griff, um
ein Ei wegzunehmen, fuhr ich erschreckt mit der Hand zurück, weil ich im ersten Augen-
blicke das Gefühl hatte, als ob das Stroh brenne. Von der Unmöglichkeit eines Brandes so-
gleich überzeugt, untersuchte ich das Nest nochmals mit der Hand und fand es ganz ungemein
heifs. Die Eier liefsen sich anfühlen wie Eier, die in der Brütmaschine eine Hitze von mehr
als 36° R. erlangt haben. Diese übermäfsige Hitze nahm allmählig ab und in weniger als
24 Stunden hatte das noch völlig trockne Nest die gewöhnliche Wärme.

Ich schliei\'se hieraus, dafs die Warmeproduction des mütterlichen Körpers sich auf dem
feuchten Neste vermehrt hatte. Diese Vermehrung ist aber gerade dem gewöhnlichen Ein-
flüsse der Feuchtigkeit entgegengesetzt, weshalb es mir scheint, dafs
der Trieb, den Eiern
trotz des Verlustes durch das verdünstende Wasser die gehörige Wärme zugeben, hier die
Wärmeerzeugung des Körpers vermehrt hatte.

**) Nach Front (PhHosophical Transactions 1822) hat das Ei vor der Bebrütung ein specifisches
Gewicht von 1,08 bis 1,09.

***) Ebenfalls nach Prout a. a. O.

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37

i

Er ist also kein Lebensact, sondern eine rein physische Verdunstung, die nur un-
terbleibt , wenn man durch einen Ueberzug von Firnifs oder auf ähnliche Weise
die Verdunstung hindert. Hiermit soll aber nicht behauptet werden, dafs, wenn
sich das Küchlein entwickelt , das Leben desselben auf die Verdiinstung gar kei-
nen EinHufs habe; besonders in der letzten Zeit.

Das Verdunsten des Eiweifses hat eine merkwürdige und für die Entwicke- c. Erzen-
lung des Küchleins sehr wichtige Folge. Das Eiweifs nämlich, das an Masse ver- Luft? V
liert, zieht sich zusammen. Da es am spitzen Ende fester anhängt, so zieht es
sich vom stumpfen Ende mehr ab. Ihm folgt das zunächst anliegende innere Blatt
der Schaalenhaut. Es würde also zwischen beiden Blättern am stumpfen Ende ein
leerer Raum entstehen, wenn sich-hier keine Luft ansammelte. Diese zeigt sich
aber gleich nach dem Beginne der Verdiinstung und zwar nur in Eiern mit harter
Schaale — in Eiern mit unvollendeter Schaale nicht. Die letzteren fallen viel-
mehr zusammen, wenn die Verdiinstung wirkt. So entsteht also der
Luftraum*)
in den gewöhnlichen hartschaaligen Eiern als Folge der Verdiinstung. Die Luft
könnte man als von aufsen eingedrungen annehmen, wenn das stumpfe Ende der
Schaale hinlänglich weite Poren hätte. Allein die chemische Untersuchung
spricht dagegen, indem die Luft des Luftraumes beträchtlich reicher an Sauerstoff-
gas ist, als die atmosphärische Luft, denn ihr Sauerstoffgehalt wechselt von 0,25
bis 0,27 1). Es mufs also die Luft aus den Theilen des Eies selbst stammen.
Entweder kann die Feuchtigkeit des Eiweifses, indem sie, durch die weichen
vom Kalke nicht ganz ausgefüllten Theile der Schaale verdünstet, die in ihr ent-
haltene Luft nicht mitnehmen, und diese sammelt sich nun zwischen beiden Blät-
tern der Schaalenhaut am stumpfen Ende an, wo wegen Zusammenziehung des
Eiweifses ein leerer Raum entsteht, oder es tritt unmittelbar aus dem nicht ver-
dünsteten Eiweifse Luft aus, weil der Druck, unter welchem das Eiweifs früher
war, sich verringert hat, indem am stumpfen Ende ein leerer Raum sich zu bil-
den anfängt. Immer mufs die ausgeschiedene Luft, wenn sie früher dem Eiweifs
beigemischt war, sauerstoffreicher seyn, als die atmosphärische, da Fliissigkei-

1  Dieses Maafs fand Hr. Doctor D ulk. Schon B i s c h o ff hatte auf den Sauerstoffreichthum
der Luft in den Eiern aufmerksam gemacht
\\N. Journal für Ch. u. Ph. iV. R. B. IX. S. 446)
und die Menge desselben zu 0,22 bis 0,245 angegeben. Weil diese Anzeige etwas kurz war,
bat ich Hn. Dr. Dulk die Untersuchung zu wiederholen. Das Resultat dieser Untersuchung
ist für die Entwickelungsgeschichte und die gesammte Physiologie so wichtig, dafs ich es für
Pflicht halte, die von ihm mir gewordene gütige Mitthcilung hier in einem Anhange voll-
ständig bekannt zu machen.

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ten, wenn sie Luft aufnehmen, ein gröfseres Verhältnifs von Sauerstoffgas ent-
halten, als clie atmosphärische Luft. Endlich bleibt noch die Möglichkeit zu be-
rücksichtigen, dafs die Luft durch chemische Zersetzung aus dem Inhalte des Eies
abgesondert seyn könnte, da, wenn die Schaale undurchdringlich ist, der Eintritt
der Luft in das Eiweifs schwer verständlich wird 1).

Wir können aber aus dem Sauerstoff-Reichthum der Luft, wie sie auch
entstanden seyn mag, weiter schliefsen, dafs wenigstens bei dem gewöhnlichen
Drucke der Atmosphäre dieser kein freier Durchtritt durch die Schaale gestaltet
ist, wodurch sich die oben (§. 2.
a.) gegebene Darstellung vom Bau der Schaale
bestätigt. Auch scheint die Luft im Lufträume immer etwas weniger comprimirt,
als die atmosphärische.

Hiernach bereitet sich das Ei des Yogels nicht nur durch das Verdunsten
clie für die Athmung des Embryo nothwendige Atmosphäre selbst, und zwar eine
sauerstoffreichere, als die allgemeine atmosphärische Luft ist. Das Ei ist sogar
durch seine Schaale gegen die äufsere Luft verschlossen, um seinen SauerstofF-
Reichthum nicht einzubüfsen. Es ist nun auch begreiflich, wie Ermann durch
mehrjährige Untersuchungen folgende Resultate finden konnte:

1. „ Während der Bebrütung in verschlossenen Gefäfsen findet keine Ab-
„sorbtion weder der atmosphärischen Luft noch des Sauerstoffgases Statt; auch
„wird kein Gas dabei erzeugt."

2. „Eier erleiden während der Bebrülung den nämlichen Gewichtsver-
lust, als diejenigen, worin sich ein Junges ausbildet!! (Diefs ist sehr wichtig,
„und durchaus wahr.)"

3. „Das Ueberfirnissen des stumpfen Theils des Eies, wodurch während
„der
ganzen Bebrütung das Eindringen der Luft in diese Region verhindert wurde,
„schadete der Entwicklung des Fötus nicht im mindesten ; zum Beweis, dafs die
„Luft, die sich in der Regel daselbst ansammelt, keinen wesentlichen Respira-
„tionsprocefs einleitet" 2).

1 Prout fand, wie\' wir bemerkt haben, die chemische Qualität des Dotters und des Eiweifses
sehr wechselnd. Diese Verschiedenheit könnte wohl auf einer langsamen Zersetzung beru-
hen , die auch in unbebrüteten Eiern erfolgt, und es verlohnte sich wohl der Mühe , dafs ein
Chemiker eben gelegte Eier genau mit Eiern vergliche, die schon einige Zeit gelegen haben.
Die Abwesenheit des Luftraumes in weichschaaligen Eiern macht jedoch die Entstehung der
Luft durch chemische Zersetzung unwahrscheinlich.

2  Den Nachsatz erlauben wir uns doch zu bezweifeln. Ergeht in der That nicht unmittelbar
3us den Beobachtungen hervor, wie wir zeigen zu können hoffen.

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4. „UnbefruchteteEier in SauerstofFgas ausgebrütet zeichneten sich in kei-
ner Hinsicht von denen aus, die in atmosphärischer Luft derselben Temperatur
ausgesetzt wurden."

5. „Unbefruchtete Eier in SauerstofFgas während der Bebrütung gesperrt,
erscheinen nach 21 Tagen eben so frisch, als wenn man sie in atmosphärischer
Luft bebrütet hätte." *)

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Diese Beobachtungen lehren theils die Abgeschlossenheit des Vogeleies von
der äufsern Atmosphäre, vielleicht nur mit Ausnahme des Endes der Bebrütung;
,--denn

ist. Sie enthält nicht nur die genaue Angabe der eingeschlagenen Methode der Untersuchung
und die speciellen Beweise für die in der
Isis mitgetheilten Resultate, die hier als indirecte
Beweise für den Abschlufs des Eies gegen die Atmosphäre aufgeführt sind, sondern auch eine
Reihe directer Beobachtungen, vom Ausbilden der Küchlein in Eiern, die in abgeschlossener,
nicht erneuerter atmosphärischer Luft und in irrespirabeln Gasarten der Brütwärme ausge-
setzt waren. Die Resultate lassen sich kurz so zusammenfassen,

1) In abgeschlossener, nicht erneuerter atmosphärischer Luft gelang es sehr oft, dieKüch-
lein bis zum 18ten oder 19ten Tage zu entwickeln.

2) In reinem Wasserstoffgas wurden 2 Kibitzeier und 3 Hühnereier bebrütet. Bei der Er-
öffnung fanden sich ein Hühnchen und ein Kihitz so weit entwickelt, dafs der Dottersack
schon zum Theil in der Leibeshöhle aufgenommen war. Beide Vögelchen lebten und schie-
nen gesund. Die drei andern Eier waren nicht befruchtet und zeigten aufser der Verdünstung
gar keine Veränderung. Ein zweiter Versuch wurde mit 4 Hühnereiern gemacht. Am 22sten
Tage geöffnet, enthielten alle völlig ausgebildete Küchlein, deren Dottersack vollständig in den
Leib getreten war. Aber die Küchlein waren sämmtlich todt. Ein dritter Versuch mit 5 Hüh-
nereiern zeigte am 22sten Tage zwei Embryonen, die am 6ten , einen der am 8ten , und einen
vierten der am Ilten Tage abgestorben war; das 5te Ei hatte ein völlig reifes aber todtes
Hühnchen.

3) In kohlensaurem Gas wurden ?uvörderst 10 Finkeneier bebrütet und nach 14 Tagen geöff-
net. Fünf Embryonen waren früher abgestorben, ein 6ter sehr weit entwickelt und vier fast
ganz reif, da der Dottersack
Zum Theil in den Leib aufgenommen war. Uebergehen wir-
einen zweiten Versuch, der wegen des gewählten hygrometrischen Mittels nicht gelungen war»
so finden wir in einem dritten von mehreren Hühnereiern einige früher abgestorben, eins aber
so weit entwickelt, dafs schon die Schaale angepickt zu seyn schien.

4) In möglichst reinem Stickgas wurden 3 Eier bebrütet. In zweien hatten die Embryonen
sich bis zum 19ten oder 20sien Tage entwickelt, im dritten Ei war der Embryo früher abge-
storben. Selbst in Stickgas, das von nitrösem Gase nicht ganz rein schien, hatten Hühner-
eier bis zum 14ten Tage sich entwickelt.

Nur Physiker vom Fach werden die Vorsichtsmafsregeln vollständig zu würdigen wissen,
welche Hr, Prof. Ermann angewendet
hat, um jede Täuschung zu vermeiden, theils um die
Gasarten möglichst rein zu erhalten und mit ihnen ohne Vermischung mit atmosphärischer
Luft die Glocken zu füllen, in welchen die Eier
bebrütet werden sollten, theils um ein luft-
dichtes , den Eiern durch die Ausdünstung nicht schadendes Mittel
?um Verkitten zu erhal-
ten , vorzüglich aber um die Feuchtigkeit, die während der Bebrütung sich aus den Eiern
entwickelt, durch ein hygroscopisches Mittel zu entfernen, ohne die Glocke
zu öffnen. Ich
konnte nur
die Ausdauer, mit der alle diese Schwierigkeiten überwunden wurden, und die
Erfindungsgabe des Physikers bewundern, mit der die früheren Erfahrungen benutzt wur-
den, um
die Versuche umzuändern. Wenige Gegenstände haben meine Aufmerksamkeit
so sehr gefesselt, als diese Untersuchungen. Von der
einen Seite schien es mir unmöglich,
einen Einwand gegen sie zu finden, und wenn Ermann selbst in jenem Briefe an Oken
noch die Absicht erneuerter Bestätigung zu
erke nften giebt, so lag diese wohl nur in dem
Wunsche,
die Hühnchen auch wirklich auskriechen zu sehen. Von der andern Seite schie-
nen die Resultate mit allen bisherigen Erfahrungen in schreiendem Widerspruche zu stehen.
Ein thierisches Leben
ohije Wechselwirkung mit der Luft ! Ja eine sehr deutlich verschie-
dene Färbung in den Schlagadern und Blutadern vom Chorion des Vogels und doch keine
Athmung! Besonders mufste dieser scheinhare Mangel an Athmung mir auffallend und an-
stöTsig seyn,
da das bisherige Resultat meiner Untersuchungen über Entwickelungsgeschichte

mich

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denn bis zum völligen Auskriechen hat Ermann kein in irrespirabeln Gasarten
bebrütetes Ei gebracht, theils, dafs die Verdunstung, und also auch die Erzeu-
gung einer athembaren Luft im Ei ein rein physischer, vom Leben nicht beding-
ter Vorgang ist. Ja die Natur bedient sich dieser Verdunstung, um einen gehö-
rigen Vorrath von Luft zu erzeugen, bevor das Küchlein deren bedarf. So lassen
alle Vögel ihre Eier eine Zeitlang liegen, bevor sie sie bebrüten.

In der ersten Zeit — beim Hühnchen fünf Tage hindurch oder ein wenig:

ü

länger — bleibt der Embryo vom Lufträume entfernt. Nach dieser Zeit wird er
durch einen höchst einfachen Mechanismus gegen den Luftraum hingewälzt. Be-
vor wir aber diesen verstehen können, müssen wir noch andere Veränderungen
im Ei ins Auge fassen.

Wenden wir uns zuerst an das Eiweifs, so finden wir dieses während der
Bebrütung im Allgemeinen fester werden. Doch sieht man im Anfange am st um-
e. Verände-
pfen Ende viel flüssiges Eiweifs sich ansammeln, vielleicht weil der immer leichter Eiw8e7f«e\'es
werdende Dotter sich mehr nach oben gegen die Sehaale erhebt, das flüssige Eiweifs
verdrängt und das festere Eiweifs sich nach dem spitzen Ende hin zusammenzieht,
das flüssige also nach dem stumpfen Ende weichen mufs. Auch scheint
jenes flüs-
sigere Eiweifs am stumpfen Ende nach den chemischen Untersuchungen von

mich belehrt hatte, dafs die sogenannte Entstehung und Bildung des Embryo nichts anders
als ein Wachsthum sey, und dafs zwischen dem Leben des Embryo und des gebornen Thiers
nur relative Unterschiede beständen. Dafs viele Embryonen in den Ermann\'schen Ver-
suchen frühzeitig abgestorben waren, gab mir nicht den geringsten Einwurf gegen die
Schlüsse, da ich nur zu oft erfahren hatte, wie viele Küchlein bei künstlicher Bebrütung
auch in atmosphärischer Luft nicht bis zum Auskriechen gelangen. So befand ich mich in
einem peinlichen Dilemma. Von der einen Seite mufste ich die Gültigkeit der Versuche
durchaus anerkennen, von der andern aber mufste ich das Resultat durchaus läugnen. _
Ein merkwürdiger Beweis, wie leicht wir aus
einer Beobachtung durch eingeschobene Sup-
position mehr folgern, als in ihr liegt. Erst später fiel mir die Möglichkeit bei, dafs das
Ei sich das respirable Gas selbst bereiten könne, wovon meine Leser schon oben die Be-
stätigung gehört haben. — Es ist nach den Untersuchungen des Hn. Dr. Dulk nicht
mehr zu zweifeln, dafs das Ei schon vor dem Bedarf des Embryo eine Quantität sauerstoff-
reiche Luft bereite. Da im weitern Verlauf der Bebrütung die Veranlassung zur Erzeugung
fortbesteht, so wird auch immerfort neue Luft bereitet. Während der gröfsern Hälfte der
Bebrütung wenigstens nimmt das Ei gar keine Luft von aufsen auf, und es bedarf ihrer nicht,
wie Ermann erwiesen hat. Ob in der letzten Zeit des Embryonen - Lebens nicht durch die
Schaale Luft eindringt, wie die sich ablösende Schaalenhaut vermuthen läfst, müssen noch
spätere auf diese Frage gerichtete Untersuchungen lehren. Aus Ermann\'s Beobachtungen
scheint fast hervorzugehen, dafs das Küchlein, wenigstens in dem Augenblicke, wenn es mit
dem Schnabel in den Luftraum dringt, hier eine reinere Luft verlangt, als
es in den abge-
schlossenen Eiern vorfindet. Dagegen ist die
Verdunstung des Eiweifses, wie Ermann\'s
Versuche lehren, für die ganze Zeit der Bebrütung nothwendig,
denn ohne sie kann sich im
Ei keine Luft absondern.

IL 1\'

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Prout Oel aus dem Dotter aufzunehmen 1). Späterhin bemerkt man nur noch
das feste Eiweifs, und zwar immer mehr in einen Klumpen gesammelt, am spitzen
Ende des Eies. Es hat den gröfsten Theil seines Wassers und seiner Salze verloren.
ƒ. Veratide- Die Dotterkugel dagegen, in der Masse des Eiweifses schwebend, nimmt

DeitersdeS vom Anfange an Wasser und Salze aus dem Eiweifse auf. Sie schwillt davon an,
und erhebt sich innerhalb des Eiweifses, so dafs sie schon am 5ten Tage dicht
unter der Sehaale liegt. Die Dottersubstanz wird flüssiger, zuerst unter dem
Keime, dann allmählig in der ganzen Dotterkugel, und sieht endlich wie eine
Emulsion aus. Es scheint, dafs bei der Vergröfseruug des Dotters, in welcher
nicht nur sein Umfang, sondern auch sein absolutes Gewicht sehr merklich
wächst, die einzelnen Dotterkörner, wenigstens die Dotterkörner der ersten und
gröfsten Art, sich wie Schwämme voll Feuchtigkeit saugen, dafs dann in ihnen
die enthaltenen Körnchen (§. 2
. g.) mehr ausgebildet werden, ■ ungefähr wie bei
einem Kugelthier, und endlich die Dotterkörner platzen und die enthaltenen
Körnchen des zweiten Grades mit der aufgenommenen Flüssigkeit ausgiefsen.
Das Deutlicherwerden der enthaltenen Körnchen glaubte ich zu bemerken, und das
Aufplatzen scheint Eichwald im bebrüteten Ei beobachtet zu haben 2), wie
ich es im Eierstock sah. Die Stoße, die der Dotter aufnimmt, verliert er allmäh-
lig wieder an den Embryo, der um so mehr aus ihm zieht, je gröfser er wird.
Die Folge hiervon ist, dafs der Dotter, nachdem er gegen die Mitte der Brütezeit
sehr in Masse zugenommen hatte, wieder anfängt abzunehmen und am Schlüsse
der ßrülezeit in beträchtlich geringerer Menge da ist, als beim Beginnen der-
selben.

g. Bildung Indessen nicht alle chemischen Bestandteile, welche der Embryo am Ende

standenSuh" der Bebrütung besitzt, lassen sich als in den ursprünglichen Theilen des Eies be-
Bxäütung deX re*ts vorhanden nachweisen, obgleich es keinem Zweifel unterworfen ist, dafs der
Embryo sich nur aus den Substanzen des Eies bilden kann. So sehen
Avir zwar
den Phosphor allmählig im Eiweifse abnehmen, und dagegen im Dotter sich meh-
ren und dann als Phosphorsäure mit Kalk verbunden in den Knochen des Embryo

1  Am angeführten Orte. Prout irrt jedoch, wenn er glaubt, dafs nach dem siebenten Tage
das dünnere Eiweifs am stumpfen Ende keine Mischung erlitten habe, indem er annimmt,
der Dotter sey noch von
der Dotterhaut umgeben. Die Haut., welche jetzt den Dotter um-
giebt,
ist aber nicht die ehemalige Dotterhaut, sondern die Keimhaut. Die Dotterhaut ist
aufgelöst, und die Flüssigkeit, welche sich zwischen ihr und der Keimhaut angesammelt hatte,
mischt sich nothwendig nach dem Schwinden der Dotterhaut mit dem Eiweifse des stumpfen
Endes. Die Aehnlichkeit mit Molken schreibe ich der Vermischung der eben erwähnten se-
rösen Flüssigkeit mit dem Eiweifs zu.

2  Disquisitio physiologica in Ovum humanuni. Casani 1824. 4. p. 8.

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sich sammeln; allein der Phosphor nimmt im Dotter rascher zu, als ihn das Ei-
weifs verliert, und woher die grofse Menge Kalk stammt, ist auf chemischem
Wege noch viel weniger nachzuweisen, denn das Eiweifs und der Dotter enthalten
nur wenig von dieser Substanz, und an der Schaale ist weder durch das Gewicht
eine merkliche Abnahme erwiesen, noch liefse es sich auch physiologisch begrei-
fen , wie aus der völlig leblosen Schaale etwas aufgelöst und in den Dotter geführt
werden kann. Eine chemische Auflösung kann die Schaale noch weniger erfah-
ren. Wir müssen also, nachdem die Chemiker viele vergebliche Versuche ge-
macht haben, die in dem Embryo enthaltene Kalkmasse in den Substanzen des
Eies aufzufinden, annehmen, dafs das bildende Leben diesen Stoff aus den Be-
standtheilen des Eiweifses und Dotters auf eine den Chemikern nicht verständliche
Weise sich allmählig bereite, nicht, wie die Chemiker an todten Stoffen können,
blofs ausscheide. Eben so mehrt sich der geringe Vorrath von Eisen unaufhörlich
während der Bebrütung. Aus keinem andern Verhältnisse kann die Physiologie
mit so viel Sicherheit die Fähigkeit des lebenden thierischen Körpers erweisen,
Stoffe, die uns chemisch einfach scheinen, neu zu erzeugen, als aus der Geschichte
der Entwickelung des Hühnchens 1).

Der Dotter bleibt nicht immer von der einfachen Dotterhaut umschlossen,
die ihn zu Anfang umgab. Es wächst nämlich alhnählig der Keim mit seiner Pe-
ripherie um den Dotter herum. Wir erinnern uns zwar (§. 2. h.), dafs im geleg-
ten Ei der Keim von der Dotterhaut abstand. Dieses Verhältnifs hört aber bald
auf, ja in einigen Eiern (vielleicht sind es solche, die sich im Leibe der Mutter
weiter entwickelt haben als gewöhnlich,) klebt der Keim mit seiner Peripherie
schon vor der Bebrütung an der Dotterhaut. Bei den meisten erfolgt diese An-
heftung wenige Stunden nach dem Beginne der Bebriitung. Die Anheftung ist
bald so innig, dafs man beim Abtrennen der Keimhaut (wir werden gleich hö-
ren, dafs diese der peripherische Theil des Keimes ist,) keine bestimmten Grenzen
findet. Die Keimhaut wächst so rasch, dafs sie am Ende des zweiten Tages
schon die Hälfte der Dotterkugel umgiebt, am fünften Tage dieselbe aber ganz
umhüllt hat. Bei dieser Ausdehnung ist immer ein breiter Piand eng an die Dot-
terhaut angeheftet, während der gröfsere, mittlere Theil etwas absteht und in
dem Zwischenräume zwischen Dotterhaut und Keimhaut sich etwas Flüssigkeit
ansammelt. Wegen der peripherischen Anheftung hielt man die Keimhaut bis zu
den neuen Würzburger Untersuchungen für einen zu der Dotterhaut gehörigen

1  Ausführlicher siehe die chemische Veränderung der Theile des Eies in der angeführten Ab
handlung-von Prout.

F 2

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Theil und nannte sie das innere Blatt der Dotterhaut 1). Die eigentliche Dotter-
haut wird im abgelösten Theile immer heller und dünner und schwindet endlich
mit der mit ihr vereinten Haut der Hagelschnüre. Dieses Schwinden der Dotter-
haut bringt nun plötzlich den unterdessen gebildeten Embryo in den Luftraum.
Der Embryo nämlich liegt oben auf dem Dotter. Ihm gegenüber ist die Stelle,
welche die Keimhaut zuletzt erreicht, indem sie den Dotter umwächst. Hier
klebt sie also auch noch an der Dotterhaut. An der Dotterhaut klebt wieder das
Eiweifs, das im Umfange der Dotterkugel auf eine sehr dünne Schicht vermindert
und namentlich über der obern Gegend derselben ganz geschwunden ist. Das Ei-
weifs, das sich schon sehr verdickt hat, klebt ferner auch an dem spitzen Ende
der Schaalenhaut. Wenn nun die Dotterhaut über dem Embryo (bei/. Taf. III.
Fig. 2.) aufreifst, so rollt sich auch die dünne Schicht Eiweifs, die die Dotter-
kugel umgab, zurück und läfst die Keimhaut frei, mit Ausnahme des untersten
Theiles, wo die Keimhaut an der noch nicht ganz geschwundenen Dotterhaut und
durch diese am Eiweifs anklebt. Das Eiweifs aber, das bisher in einer kleinen
Spannung durch die Dotterhaut gehalten ist, zieht sich in sich zusammen, zieht
also den untern Theil der Dotterkugel gegen das spitze Ende der Schaale und rollt
hierdurch die Dottermasse so herum, dafs der Embryo gegen den Luftraum ge-
kehrt wird.

i. Umände- Indem der Keim sich allmählig ausbreitet und um den Dotter herum

Keimes. es wächst, bildet der eine Theil von ihm, der die Mitte einnimmt, sich zum Em-
maTtZder-- Jjraus3 der übrige bei weitem gröfsere Theil ist dünn und hautförmig. Wir
bryCUnd Em~ nennen ^n deshalb die
Keimhaut (B lasto der ma). Die Keimhaut ist zwar ge-
wissermafsen eine Ausbreitung des Embryo und hängt mit ihm zusammen , ja ein
grofser Theil der Keimhaut wird zuletzt in den Embryo aufgenommen; diese
Keimhaut enthält auch Blutgefäfse, welche Stoffe aus dem Dotier aussaugen und
in den Embryo führen zur Ernährung desselben, und bildet schon in dieser Hinsicht
ein Ganzes mit dem Embryo. Indessen ist sie doch als ein dünnes Blatt von dem
Embryo merklich verschieden, und so können wir wohl dasVerhältnifs am richtig-
sten ausdrücken und auffassen, wenn wir sagen: Der Keim bildet sich während
seiner Yergröfserung in zwei Theile aus, die unter sich sehr verschieden im An-
sehn sind, im Lebensprocesse aber doch zusammengehören, die Mitte wird zum
Embryo, die viel breitere Peripherie zur Keimhaut. Die Art und Weise, wie
sich der Embryo ausbildet, werden wir bald genauer untersuchen (§. 6). Jetzt

1  Dafs diese Ansicht in gewisser Hinsicht begründet ist, werden wir nachträglich sehen.

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kommt es uns nur darauf an, die Weise, wie sich beide abgrenzen, kennen zu
lernen.

Der Keim liegt, wie wir wissen, ursprünglich oben auf dem Dotter in k- Umbii-
Form einer Platte. Würde er nun, überdeckt von der Dotterhaut, ganz gleich- Keimhaut in
mäfsig fortwachsen, so würde er bald den Dotter in Form eines gleichmäfsigen
Sackes umhüllen. So ist aber die Yergröfserung des gesammten Keimes nicht. cus
Vielmehr wird die Grenze zwischen der Mitte, die zum Embryo sich umformt,
Pig.4.Fig.5.
und dem Umfange, der Keimhaut nämlich, immer enger. Die Folge davon ist,
dafs bald, und zwar schon am 4ten Tage, nur eine enge Communication zwischen
dem Embryo und dem Unter ihm liegenden Sacke der Keimhaut besteht. Weil
dieser Sack den Dotter bald ganz umschliefst, wird er der
Dottersacl (Saccus
vitellarius) 1)
genannt. Die Dotterhaut umschliefst also jetzt, bevor sie
schwindet, den Dottersack, der durch die aufgenommene Flüssigkeit noch grö-
fser ist, als ursprünglich die Dotterkugel war, ferner den sehr viel kleinern
Em-
bryo mit dem sogleich zu beschreibenden Amnion und dem Harnsacke. Sie kön-
nen sich diesen sehr einfachen Vorgang am besten versinnlichen, wenn Sie sich
denken, vor Ihnen stünde die ursprüngliche Dotterkugel etwa tausendfach ver-
gröfsert, mithin als ein ziemlich ansehnlicher Sack, und Sie schnürteil nun entwe-
der durch Umfassen mit der Hand oder mit einem Bindfaden einen kleinen Theil
des Sackes von dem übrigen viel gröfsern ab, jedoch nur so weit, dafs die Höh-
lung beider Abschnitte noch durch eine Öeffnung mit einander verbunden blieben.
Die gröfsere Abtheilung (b in der Abbildung) würde dann den Dottersack vor-
stellen, die kleinere (a) den Embryo, und der offene I£anal (e) aus einer Äb-
theilung in die andere wäre der Nabel.

Diese bildliche Darstellung würde in der That die richtigste Vorstellung
nicht nur von dem Verhältnisse des Embryo zum Dottersacke geben, sondern
auch eben so einfach als wahr zeigen, wie sich das Verhältnifs ausbildet. Gerade
so wird in der Mitte des Keimes eine längliche Stelle zuvörderst gewölbter und da-
durch von dem übrigen Keime abgegrenzt. Dann krümmt sich der Rand dieser
Stelle nach unten und das ganze abgegrenzte Feld erhebt sich in Form eines
Schildes., Während nun innerhalb dieses Schildes eine Menge anderer Verände-
rungen erfolgen, um den Embryo zu gestalten, die wir später ins Auge fassen
werden, neigt sich der Rnnd immer mehr nach unten und er verengt sich, bis er
schon am 4ten Tage nur noch einen länglichen Uebergang aus dem Embryo in
den Dottersack frei läfst. Es ist also der Vorgang ganz so, wie wir ihn am Sacke

1  Auch Dotterblase; Darmsack; Darmblase; Vesicula intestinalis; Vesica viiellaria.

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N

uas bildlich vorstellten, und es fehlt nichts als das Werkzeug für die Abschnürung,
die Hand oder der Bindfaden. Die Natur vollführt diese Operation ohne ein sol-
ches äufseres Hülfsmittel. nach einer innern Veränderung, die durch das Wort
Abschnürung vollkommen bezeichnet wird. Wirklich hat, wie in jener bild-
lichen Darstellung, der Embryo eine Höhlung, die von der innern, ursprünglich
untern Fläche des Keimes gebildet wird und durch einen engen Kanal in den
Dotiersack übergeht.

I. Spaltung Durch den Umstand allein, dafs mehrere Metamorphosen gleichzeitig bei

fnBiätter"eS der Gestaltung des Embryo vor sich gehen, wird ihre Auffassung etwas schwie-
riger, wenn auch die Metamorphosen au sieh ganz verständlich sind. So inufs
ich Sie nun bitten , so bald Ihnen die Vorstellung von dieser ganz einfachen Ab-
schnürung geläufig ist, sich eine gleichzeitige Spaltung des gesammten Keimes in
mehrere Schichten zu denken. Er trennt sich in zwei Hauptblätter, eine ober-
flächlichere und eine tiefere, beide scheiden sich wieder in zwei Schichten, wel-
che sich aber nicht völlig von einander trennen. Aus dem oberflächlichem Blatte
bilden sich die animalischen Theile des Embryo , aus dem liefern die vegetativen
oder plastischen. Hiernach wollen wir beide Hauptblätter das
animalische und
das
vegetative benennen1). Von, der Ausbildung des Embryo an sich sprechen

Taf, I. iL
Taf. IV. F. 5

Ii

) Das animalische Blatt ist das seröse Blatt Pander\'s, das vegetative Blatt besteht aus Pan-
dels Gefäfsblatt und Schleimblatt.

Die verschiedenen Schichten, welche sich irn Keime bilden,, sind zuerst in den Würzburger
Untersuchungen gehörig ins Auge gefafst worden, und nur unter den dort gewählten Namen
waren sie den Physiologen bekannt geworden. Aus diesem Grunde schon bemühte ich mich
bei Erzählung der Entwickelungsgeschiclite des Hühnchens, wie sie im ersten Theile sich fin-
det, die Würzburger Namen beizubehalten, zum Theil aber , wie man leicht erkennen wird,
mit Widerstreben des Stoffes. Die Benennungen Schleimblatt und Gefäfsblatt scheinen mir
sehr glücklich gewählt, weil sie die Bedeutung dieser Schichten vollständig aussprechen.
Dagegen war mir die Benennung des serösen Blattes unbequem , erstens weil dieses Blatt nur
in seinem peripherischen Theile ein blofser Ueberzug bleibt, im Embryo dagegen die wichtig-
sten Theile bildet, in diesem und später zum Theil sogar im Amnion in zwei Schichten sich
scheidet, und zweitens weil er offenbar für sich den Gegensatz zu den beiden andern Schich-
ten bildet, da aus ihm der ganze animalische Leib des Embryo wird. Deshalb konnte ich
nicht umhin, als ich von der Bildung der Bauchhöhle sprach, zu sagen, dafs der Keim sich
hier in zwei Lagen, eine animalische und eine plastische, trennt (Erster Theil S. 42),
und
im 4ten Scholion, wo ich nachweise, wie die Primitivorgane der Wirbelthiere im Keime
durch die primäre Sonderung sich bilden, war es ganz unvermeidlich, dieses obere Haupt-
blatt als den Gegensatz der beiden andern zu behandeln. So mag es denn hier gleich von
vorn hinein als das bezeichnet werden, was es ist, als das animalische Blatt. Wir wer-
den uns durch diese Benennung eine Menge Umschreibungen und Demonstrationen erspare^
wenn wir zur Vergleichung der Entwickelungsgeschiclite der Wirbelthiere unter sich und
mit den niedern Thieren übergehen. Unser vegetatives Blatt also enthält eine
Schleimhaut-
schicht
und eine Gef\'dfsschicht, das animalische Blatt ist aber übereinstimmend mit Pan-

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wir aber später besonders. Für jetzt interessirt uns nur das Verhältnifs des Em-
bryo zu den andern im Ei enthaltenen Theilen. verbin-

Nennen wir nun den ganzen Inbegriff der Verbindung des eigentlichen dung des
Embryo mit den aufser ihm liegenden Theilen den Nabel QUmbilicus), so at^emThei-
müssen wir an diesem, wenn sich das animalische Blatt von dem vegetativen im ,®s^nes
ganzen Keime trennt, einen äufsern und einen innern unterscheiden können. Der
Nabel. Taf.
äufsere Nabel, den man gewöhnlich schlechtweg den Nabel nennt, und den ich V\' Flg"
zur bestimmtem Unterscheidung den
Hautnabel benennen will, ist die Grenze des pfjj gV\'e_
Embryo gegen die andern Theile, die seine ehemalige Peripherie bildeten, inner-
halb des animalischen Blattes. Der innere Nabel dagegen ist der Uebergang aus
den innern vegetativen Theilen des Embryo in das vegetative Blatt des Dotter-
sackes. Man nennt ihn gewöhnlich den
Dottergang(Ductus vit ellarius), Ta{
weil er einen offenen Gang aus der Höhle des Darmes vom Embryo in die Höhle Fig. 6. C.
des Dottersackes bildet. Er ist also ein
Darmnabel. Das vegetative Blatt des
Dottersackes läfst wieder zwei untergeordnete Schichten unterscheiden, eine Ge- ■
fafsschicht und eine Schleimhautschicht. In dem erstem allein sind Blutgefäfse,
im andern nicht. Jene Blutgefäfse gehen in die Blutgefäfse des Embryo über.
Man nennt die Schlagader
Dottersaclschlagader (Arteria vitellarid) und die
Blutader die
Dottersachblutader [Vena vit ellari a) 1).

Der Dottersack wird in der letzten Zeit nur von der vegetativen Schicht Ä Bildung
gebildet, indem die animalische allmählig schwindet. Schon lange vorher hat
desAmnions.

° . Taf. I. u. II.

sich die letztere etwas abgelöst, und ist eine eigene Metamorphose eingegangen Fig. iv. v.
zur Bildung einer Blase, die den Embryo zunächst umgiebt, und die man das vi\'lL und
Amnion 2) oder auch wohl das Schaafh\'dutchen nennt. Die Entstehung dieser 58-
Blase erfolgt sehr früh, am dritten und vierten Tage, zu der Zeit, wo die Keim-
haut sich in die beiden Hauptblätter trennt. Indem sich nämlich der Rand des

1  Beide heifsen auch, besonders in andern Thierklasseri, Nabelgekrcsgefäfse (Vasa otnpkalo-
mesenterica)
, weil sie aus dem Gekröse kommen und durch den Nabel gehen.

2  Früher wurde diese Haut gewöhnlich Amnios genättnt. In neüerer Zeit hat man aber
zur
bessern Uebereinstimmung mit dem Worte Chorion häufiger die von uns beibehaltene
Endigung auf on angenommen. Sonst kommt auch der Name Indusium vor.

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Embryo nach unten neigt, um der Nabel zu werden, bleibt der gröfste Theil der
Keimhaut in der ursprünglichen Lage; da aber der gesammte Rand des Embryo
im ganzen Umfange ununterbrochen in die Keimhaut übergeht, kann doch, wenn
dieser Rand sich nach unten neigt, um sich zu verengern, nicht die ganze Keim-
haut in ihrer ursprünglichen Lage bleiben , sondern die nächste Umgebung von
jenem Rande des Embryo wird durch den sich herabbiegenden Rand des Embryo
auch nach unten gezogen 1), und der herabgezogene Theil, der nothwendig ein
länglicher (zugleich etwas breiter) Ring seyn mufs, weil auch der Rand des Em-
bryo ein länglicher Ring ist, geht überall in einem ziemlich scharfen Winkel in
den Theil der Keimhaut über, der seine Lage nicht verändert hat. Dieser Win-
kel mufs auch im ganzen Umfange sich finden und also ein länglicher Ring seyn,
in so fern man eine vorspringende Kante einen Ring nennen kann. Sie sehen
leicht ein, dafs, wenn wir nun die Dotterhaut, die jetzt noch da ist, wegnähmen,
und diese Metamorphose von oben betrachteten, wir in eine Grube hineinsehen
würden, deren Rand von jener Kante gebildet würtle. Im Innern der Grube sä-
hen wir den Embryo , jedoch nicht frei umher schwimmend, sondern mit seinem
Rande unmittelbar nach allen Seiten mit dem Boden der Grube, durch diesen mit-
telbar mit der Wand und durch diese Wand mit dem Rande der Grube zusammen-
hängen; denn der Embryo ist ja die umgewandelte Mitte des Keimes, und ein
Theil der Keimhaut bildet eben diese Grube 2). Sie sehen ferner leicht ein, dafs,
wenn dieser Rand der Grube sich immer mehr verengern sollte, sie sich in eine
geschlossene Höhle, oder, da die Grube von einer Haut gebildet wird, in eine
geschlossene Blase verwandeln müfste. Diese Umwandlung erfolgt aber in der
That, und die neu entstandene Blase heifst das Amnion und enthält etwas Flüssig-
keit, das
Fruchtwasser Liquor amnii)3), die sich allmählig in der Grube
angesammelt hat.

Aber

1  Ich mufs hier besonders bitten, bei Durchlesung dieses Abschnittes die am Rande angezoge-
nen Abbildungen wiederholt zu vergleichen.

Von dieser Grube zeigen uns die Figuren 6\'6" und 7\' der zweiten Tafel Queerdurchschnitte.
Hier ist ƒ der Rand der Grube im vegetativen und
g im animalischen Blatte. Die Figuren IV.
V. VI. zeigen Längsdurchschnitte derselben Grube:
r ist der vordere, s der hintere Rand der
Grube im vegetativen,
t und u im animalischen Blatte. Wie die Dotterhaut, die hierdurch
eine punktirte Linie angedeutet ist, über die Grube wie ein. schlecht schliefsender Deckel
weggeht, machen dieselben .Abbildungen sehr anschaulich.

Ausführlicher siehe über Bildung des Amnions mit steter Hinweisung auf die Abbildungen

2 im ersten Theile S. 47 — 50 und S. 66, ,

3  Auch Schaafwasser,

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Aber nicht beide Hauptblätter der Keimhaut bilden das Amnion. Im An-
fange freilich, wenn der Rand des Embryo seine Wanderung nach unten beginnt,
liegen das animalische und das vegetative Blatt noch ziemlich an einander, aber
Fig. 5. 6\'.
so wie es immer bestimmter nach unten rückt, trennen sich beide Blätter rasch FlS" IV" V\'
von einander und die Trennung schreitet von der Wirbelsäule des Embryo fort.
Das vegetative Blatt sinkt überall tiefer als das animalische, und würde, wenn
wir es aus dem Innern des Dotters betrachten könnten, puffig aussehen und wie
eine Blase den vordem und hintern Theil des Embryo verdecken ; nur seine Mitte,
die Wirbelsäule nämlich mit Ausnahme ihrer Enden, würde sichtbar bleiben,
weil hier das vegetative Blatt am animalischen eng anliegt. Eine solche Ansicht
haben wir nun wirklich, wenn wir den Embryo in diesem Zustande im Wasser
liegend, so dafs nichts zerstört wird, von unten aus mit dem Microscope be-
trachten. Diese Ansicht hat WoIfF bewogen, die scheinbare Blase das falsche
Amnion zu nennen. Ich habe sie die
Kappe (Involucruni) genannt, aus Ka,PPe> Tn
Gründen, die ich sogleich anführen werde. Vorher mache ich nur die Bemer-
kung, dafs die Kappe, oder Wo 1 ff\'s falsches Amnion, nach der ganzen gegebe-
nen Darstellung nichts ist als die oben beschriebene Grube, von unten angesehen
und nur in so fern verschieden, als das tiefere vegetative Blatt vom animalischen
Blatte später absteht, weshalb die Kappe stärker gewölbt erscheint, als die Grube,
von oben angesehen, vertieft ist. Die Kappe ist, eben weil sie nur die tiefere
Schicht jener Grube ausmacht, nicht eine geschlossene Blase, sondern lielse sich
eher mit einer Mulde *) vergleichen, auf welcher die Dotterhaut wie ein über sie
weggehender Deckel liegt. Nun hörten wir aber so eben, dafs die Grube sich oben
schliefst , um das Amnion zu bilden. An diesem Schlüsse hat jedoch die Rappe
keinen An theil, denn die Trennung zwischen dem animalischen und vegetativen
Blatte geht vom Embryo fort bis an den Winkel, wo der herabgezogene Theil
der Keimhaut in den übrigen, nicht aus der Lage gezogenen übergeht, d. h. bis
an den Rand^ler Grube und endlich noch weiter. Yon dem Augenblicke

an näm- Fig. 6". 7\',

lieh , wo beide Blätter in diesen Winkel getrennt sind, wird der Winkel in dem
vegetativen Blatte schwächer und glättet sich allmählig ganz aus, so dals der frü- 7//, g,
her herabgeneigte Theil ganz unmerklich in den jetzt mehr herabgesunkenen äu- VIL VHI\'
fseril Theil übergeht. Die gapze Ansicht der muldenförmigen Kappe ist also nun
geschwunden, wenn wir den Embryo von unten betrachten. Das animalische

••*} Die aber in der Mitte der Wölbung eine Rinne hat, wenn wir sie von unten betrachten,
oder in der Mitte der Vertiefung eine Erhebung , wenn wir sie, nach Wegnahme des anima-
lischen Blattes, von oben ansehpn. Jene Rinne und diese Erhebung sind natürlich einerlei
und nichts als die Anheftung des vegetativen Blattes an den Stamm der Wirbelsäule vom Embryo.

II G

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Blatt dagegen bildet seit dem Augenblicke seiner Trennung vom vegetativen Blatte
den Winkel viel schärfer aus. Dieser wird dadurch eine ringförmige Falte, und
weil die Falte immer mehr gegen die offene Mitte wächst, wird der Eingang in
die Grube immer mehr verschlossen, bis endlich das Amnion vollständig wird.
Das Amnion wird hiernach blos aus dem animalischen Blatte gebildet. Im An-
Fig.\' vnft u. failge nimmt das vegetative Blatt in so fern Antheil (nach dem Obigen), als es
eine untere Bekleidung bildet, dann löst sich, wie gesagt, diese Bekleidung,
welche nur auf dem untern zuerst gebildeten Theile des Amnions war, und das
Amnion liegt frei da. Es ist aus diesem ganzen Vorgange augenscheinlich, wie
nun das Amnion durch den Nabel des Embryo in die Haut des Embryo übergeht,
denn der Hautnabel ist ja nichts als der allmählig nach unten gestellte und ver-
engte Rand des Embrjro, der sich von der Keimhaut nicht löst, der Uebergang des
Embryo in das animalische Blatt.

Hiermit glaube ich die Bildung des Amnions mit möglichster Deutlichkeit
gezeigt zu haben. Es ist wahrlich ein ganz einfacher Vorgang — eine Einhül-
lung des Embryo in einen Theil des animalischen Blattes der Keimliaut, woran
vor der Trennung des animalischen Blattes vom vegetativen auch dieses Antheil
nimmt. Hiermit ist im Grunde alles gesagt und dieser Ausdruck ist zugleich der
richtigste. Ich habe ihn nur in so viele einzelne Worte und Reden aufgelöst,
weil man so leicht falsche Vorstellungen mit nimmt, welche in jenen Einzelheiten
hoffentlich ihre Widersprüche linden werden. —

Haben Sie nun von der Bildungsweise des Amnions die richtige Ansicht
gewonnen, so füge ich nur noch hinzu, dafs dieselbe Metamorphose zwar noth-
wendig im ganzen Umkreise des Embryo erfolgt, aber nicht im ganzen Umfange
gleichzeitig. Zuerst wird der Embrj o an seinem vordem Ende geschlossen, oder,
übereinstimmender mit unsrer so eben gegebenen Darstellung gesagt, sein vor-
Kepfkappe. c]erer Hand stellt sich zuerst nach unten, um vorderer Rand des Nabels zu werden.
Tat. i. Fig. Hier ist also auch zuerst ein Herabsinken des zunächstliegenden Theiles der
i
,L iv. V. ]^ejn]])au[} und zwar schon am zweiten Tage. Betrachtet man nun das Ganze
von unten, so wird das vordere Ende des Embryo durch diese Herabsenkung ver-
hüllt. Den verhüllenden Theil nennt Wolff die
Kopflappe (Invo hierum
Taf. i, f. v. capitis). Die Trennung des animalischen Blattes vom vegetativen erfolgt auch
am vordem Ende zuerst, also erhebt sich auch hier zuerst vom Rande der Grube
das animalische Blatt in Form einer Falle. Am dritten Tage ist diese Falte schon
Kopfscheide, sehr grofs und jetzt kann man die Umhüllung des Kopfes wohl eine Kopfscheide
rfg
\'vi \'prt (Vagina capitis) nennen, da der Kopf auch von oben verdeckt wird. Etwas
später als am vordem Ende sieht man dieselbe Metamorphose am hintern Ende.

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Wir bemerken eine Schwanzlappe (JnvolucT u m caudae), die zu einer f^^112
Schwanzscheide (Vag in a caudae) auf dieselbe Weise sich umgestaltet 1). Sehr ^vanz-
bald darauf erfolgt dasselbe an den Seiten, und man kann diese Bildung zur voll- Fig. v. 9 s.
ständigen Consequenz
Seitenhappen und in der W eiterbildung Seitenscheiden nennen. ^ ? s "*
Nun sind aber auch Kopfkappe, Schwanzkappe und Seitenkappen gar nicht mehr pen^Seiu\'n-
von einander getrennt, sondern nur Theile einer allgemeinen Senkung der Keimhaut pf161^?/
um den Nabel des Embryo, jener Senkung, welche Wolff das falsche Amnion £/•
Fig. 7\'
genannt hat. Eben aus diesem Grunde habe ich dafür den Namen der Kappe "

gewählt 2). Die Kopfkappe ist nichts als der zuerst erscheinende Abschnitt
der Kappe. Es ist also wohl zu merken, dafs Kopfkappe, Schwanzkappe und
Seitenkappen nur Gegenden und zwar gar nicht abgegrenzte Gegenden der allge-
meinen Kappe sind. Eben so sind Kopfscheide, Schwanzscheide und Seiten-
scheiden, wenn man nur auf das animalische Blatt Rücksicht nimmt, Gegenden
des werdenden Amnions.

Aus der Geschichte vom Entstehen des Amnions geht hervor, dafs dieser Seröse

BI 3 S 6* T ti f

Sack, anfänglich nach oben, mit dem übrigen Theile des animalischen Blattes der II f. Fig.#. h k
Keimhaut zusammenhängen mufs. Da nämlich das Amnion durch denSchlufs einer
kreisförmig verwachsenden Falte vollständig wird und das untere Blatt dieser Falte
in den Sack des Amnions, das obere Blatt aber in den nicht für das Amnion ver-
brauchten Theil des obern Blattes der Keimhaut geht, so mufs nach erreichtem
Schlüsse^ welcher mit einer Yernarbung endet, in dieser Narbe das Amnion an
dem obern oder animalischen Blatte der Keimhaut hängen.

Wir können für den nicht in Embryo und Amnion umgewandelten Theii Fig.VII. tu
des animalischen Blattes der Keimhaut die Pandersehe Benennung „seröses *Ig\'7
Blatt" benutzen, da dieser Theil immer dünn bleibt und keine weitere Umbil-
dung, als seine allmählige Auflösung, die vor der Beendigung des Fötuslebens
erfolgt,- erfährt, er auch einen besondern Namen haben mufs, weil er, so bald das
Amnion vollendet ist, allmählig im ganzen Umfange bis zum Rande der Gefäfs-
schicht der Keimhaut sich von dem vegetativen Blatte trennteund in ihm weit ab-

1  Wolff hat die Verhüllung des Kopfes in allen Stufen der Ausbildung Vagina capitis und die
Verhüllung des Schwanzes involitcrum caudae genannt. Meckel nennt sie Kopfscheide und
Schwanzscheide. Obgleich ich die Namen vermehrt habe, glaube ich doch die Darstellung
klarer und einfacher gemacht zu haben.

2  Den Ausdruck Kopfkappe gebraucht schon Pan der für W o 1 ff\'s Vagina capitis. Ich habe
diese Benennnng nicht nur beibehalten, sondern auch die ganze Bildung , von der die Ivopf.
kappe der Anfang ist, Kappe genannt. Die Benennung falsches Amnion läfst man am be-
sten ganz eingehen, weil
Pan der sie für etwas Anderes gebraucht, als Wolff, und des Leis-
tern falsches Amnion zu vielfachen Mifsveröländnissen Veranlassung gegeben hat.

G 2

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steht. Das vegetative Blatt allein also bildet jetzt unmittelbar den Dottersack
(siehe oben im Anfange des Abschnittes n), und aus dem animalischen Blatte ist
aufser dem animalischen Theile vom Leibe des Embryo das Amnion geworden,
das den Embryo umhüllt und eine geschlossene
seröse Blase oder Hülle (Vesica
serosa
) 1), welche Amnion und Dottersack umsehliefst, anfänglich oben am
Amnion anhängt, bald aber von ihm sich löst und dann in den Verhältnissen der
früher geschwundenen Dotterhaut steht. Es bleibt eine Lücke zwischen der serö-
sen Hülle und beiden eingeschlossenen Säcken. In diese Lücke geht die Lücke
zwischen Hautnabel und Darmnabel über, da jener in das Amnion und dieser in
den Dottersack übergeht. Die Lücke zwischen Hautnabel und Darmnabel ist aber

eine OelFnung der Bauchhöhle des Embryo, ein Bauchnabel könnte man sagen _

jene Lücke zwischen der serösen Hülle auf der einen und Amnion und Dottersack
auf der andern Seite, steht also mit der Bauchhöhle in Verbindung, und ist eine
aufserhalb des Leibes liegende Bauchhöhle, so wie der Dottersack eine aufserhalb
des Leibes liegende Verlängerung des verdauenden Kanales oder der Darmhöhle
ist. Diese Bemerkung kann Ihnen aber erst völlig verständlich werden, wenn
wir später die Bildungsgeschichte des Embryo näher betrachten. Ich erwähne
der Bauchhöhle des Embryo hier auch nur, um zu bemerken, dafs was aus der
Bauchhöhle desselben hervorwächst, in jene Lücke kommen mufs. Ein solcher
Theil ist der Harnsack, zu dem wir jetzt übergehen.

Aufser dem Amnion bildet sich nämlich noch eine Hülle um den Embryo
aus einem Sacke, der aus dem Leibe desselben hervorwächst und dessen Bildungs-
geschichte folgende ist. Aus dem hintersten Ende des Speisekanales, der werden-
den Kloake, stülpt sich schon am dritten Tage eine rundliche Aussackung nach
unten hervor, wächst am vierten und fünften Tage aus dem Nabel und zwar zwi-
schen Hautnabel und Darmnabel langsam hervor, und kommt daher in den Raum
zwischen Amnion, Dottersack und seröse Hülle. Es wächst diese Ausstülpung
nach rechts aus dem £eibe heraus. Am 5ten Tage hat der herausgetretene Theil
schon die Gröfse einer Erbse, und derüebergang in die Kloake ist in einen dünnen
hohlen Stiel ausgezogen. Diesen Sack nennen wir den
Harnsack (Saccus uri-
narius"),
weil er nicht nur aus der Kloake kommt, in welche die Harnwege
übergehen, wie bei den Säugethieren in die Harnblase, sondern weil er in der
zweiten Hälfte der Bebrütung wirklich Harn aufnimmt, der in dem Sacke in

p. Harn-
sack,
Saccus
urinarius.
Taf. tl.
Fig, VI. VII.
Vlll.
m.

1  Falsches Amnion bei Pander.

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Der Darmkanal hat von Anfang an zwei Schichten, eine innere aus einer
Schleimhaut und eine äufsere aus einer Gefäfsschicht gebildete. Diese Schichten
müssen also auch im Harnsacke seyn, und man kann sie leicht in
der frühem Zeit
wahrnehmen. Später vereinigen sie sich bei der schnelleu Ausdehnung des Harn-
sackes so innig, dafs man sie nicht so deutlich unterscheiden kann. In der äufsern
Schicht bildet sich das Gefäfsnetz weiter aus, welches aus zwei Arterien das Blut
empfängt. Diese Arterien hei Isen
Nabelschlagadern (Arteriae umbilicales)
und sind zwei Aeste der Aorta, die der Harnsack bei seinem Hervorwachsen mit
heraushebt. Durch eine Vene, di
e Nabelvene (Vena umbilicalis), geht das Blut
aus dem Harnsacke in den Leib des Embryo zurück, indem die Vene sich mit dem
Stamme der Körpervenen des Embryo kurz vor dem Eintritte in das Herz ver-
bindet.

weifslichen klumpigen Massen sich zeigt1). Der Stiel heifst Harngang (Ura-

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Diese Gefäfse haben ihren Namen davon, dafs sie durch den Nabel gehen.
Denselben Weg mufs freilich Alles nehmen, was den Embryo mit seinen Anhän-
gen verbindet, also auch die Dottersackgefäfse, weshalb man die jetzt beschrie-
benen zur bestimmtem Unterscheidung die
Harnsachgefäfse nennen sollte.

Nachdem der Harnsack auf der rechten Seite aus dem Leibe des Embryo
hervorgewachsen ist, breitet er sich, das Amnion überdeckend, zwischen diesem
und der serösen Hülle immer mehr aus. Er mufs bei seiner fernem Ausdehnung
auch den Dottersaclc umwachsen, und zwar, da er ein geschlossener Sack ist, so
umwachsen, als wenn man eine aufgeweichte und zusammengedrückte Schweins-
blase um einen Körper wickelte. Die eine Hälfte des Sackes mufs nämlich nach
innen liegen, und die umwickelten Theile (hier Amnion und Dottersack) zunächst
umgeben, die andere Hälfte, durch die zusammengedrückte Höhle des Sackes ge-
trennt, mufs nach aufsen liegen. Auf der innern Hälfte des Sackes nimmt das
Gefäfsnetz allmählig ab, und auch die rechte Nabelarterie verschwindet allmählig,
während das Gefäfsnetz in der äufsern Hälfte des Sackes immer mehr sich ausbil-

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clet und die linke Nabelarterie so zunimmt, dafs sie zuletzt der alleinige Stamm
der Schlagadern wird.

Die äufsere Hälfte des Harnsackes ist Athmungsorgan des Embryo. Zu- </• Chorion.
vörderst kommt durch die oben (§, 5. h) erwähnte, durch Zerreifsung der Dot-
terhaut bewirkte Drehung der Dotterkugel der Embryo und mit ihm ein Theil des
Harnsackes an den Luftraum, dessen athembares Gas ohne Zweifel durch das in-
nere Blatt der Schaalenhaut und die seröse Hülle, so lange diese besieht, hin-
durch auf das Blut wirkt. Indem der Harnsack sich rasch ausdehnt, schwindet
auch die seröse Hülle. Der Harnsack umwächst das ganze Ei und kommt daher
endlich mit sich selbst in Berührung. Wir können uns dieses leicht versinn-
lichen, wenn wir zu der bildlichen Darstellung iiiit der Schweinsblase zurückkeh-
ren. Ist diese Blase sehr grofs im Yerhältnifs zu dem Körper, um den ich sie
wickele, so wird sie sich, nachdem der Körper ganz umwickelt ist, zum Theil
selbst überdecken. Im lebendigen Harnsacke des Hühnchens verwachsen solche
Ueberdeckungen. Die ursprüngliche Form wird dadurch ganz verändert. Die
nach innen liegende Hälfte wird nämlich immer dünner und legt sich an das Am-
nion und den Dottersack an 1); die äufsere Hälfte verwächst zu einer in sich ge-
schlossenen, alleTheile des Eies umgebenden blutreichen Hülle. Diese Hülle klebt
nun auch immer fester an die Schaalenhaut an, die sich
etwas mehr von der Ei-
schaale zu losen scheint. In diesem Zustande heifst die Verbindung von der äu-
fsern Hälfte des Harnsackes mit der Schaalenhaut das
Clwrion 2). Die Schlag-
adern desselben führen dunkles , die Venen helles Blut. So ist die Athmung in
dieser Haut wohl nicht zu bezweifeln. Ich vermuthe, dafs sie jetzt im ganzen
Umfange athmet.

Ueberblicken wir nun die Veränderungen, die allmählig im Ei bis zum si(Tjlt der 6r~
Auskriechen des Küchleins erfolgen, so sehen wir nach dem Obigen, dafs das Veränderun-
Eiweifs allmählig bis auf einen ganz kleinen Rest, der dem Dottersacke anklebt, der Bebrü-
schwindet, theils durch .Verdunsten, theils durch Uebergang in den Dotter; dafs tung-
sich dadurch eine Quantität Luft im stumpfen Ende sammelt ; dafs die Masse des
Dotters zuerst zunimmt, dann wieder durch Uebergang in den Embryo abnimmt;
dafs die Haut, welche ursprünglich den Dotter umgab, mit der Haut der Hagel-
schnüre schwindet, dagegen der Keim in der Mitte sich zum
Embryo iu der Peripherie
zur Keimhaut ausbildet, welche den Dotter umwachst; da Ts die Grenze zwischen
Embryo und Keimhaut sich zu einem Nabel verschnürt und
die Keimhaut nun einen

1  Dutrochet nennt di ese innere Hälfte die mittlere Haut, Meiribi etna media.

2 ♦*) Gefäfshaut.

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dem Embryo anhängenden Dottersack bildet, der durch den Dottergang mit dem
Embryo in Verbindung steht. Er besitzt Blutgefäfse, welche Dottersackgefäfse
heifsen und längs dem Dottergange in die Gefäfse des Gekröses übergehen. Der
Dotiersack enthält aber bald nur noch das tiefere vegetative Blatt der Keimhaut.
Das animalische Blatt der Keimhaut hat sich in zwei umgebende Blasen oder Hül-
len ausgebildet, das Amnion und die seröse Blase. Beide sondern sich von einan-
der , die letztere löst sich auf und nur die erstere erhält sich bis zur Reife des
Embryo, schliefst aber um diese Zeit viel weniger Fruchtwasser ein, als früher,
weil das Fruchtwasser in der letzten Zeit stark abnimmt. Auch ist aus dem In-
nern des Embryo, und zwar aus seinem vegetativen Theile ein gefäfsreicher Sack
hervorgewachsen, der Harnsack, der ihn und seine Anhänge (Dottersack und
Amnion) als ein gedoppelter Sack alhnählig umwächst. Die äufsere Hälfte dieses
Sackes Wird reich an Blutgefäfsen, welche der Athmung dienen, umgiebt alle in-
nern Theile des Eies, verwächst in sich zu einer geschlossenen Blase und hängt an
der Schaalenhaut an. Er heifst in diesem Zustande Chorion. Seine Blutgefäfse
heifsen Nabelgefäfse.

Es ist also bereits während der Bebrütung das Eiweifs mit der Haut der
Hagelschnüre und der Dotterhaut geschwunden. Yon der Keimhaut ist der peri-
pherische Theil des animalischen Blattes ebenfalls verloren gegangen. Vom Harn-
sacke ist die innere Hälfte unkenntlich geworden, die äufsere ist aber als Chorion
in voller Blütlie. Der Dottersack hat mit der Masse des Dotters abgenommen,
auch der Inhalt des Amnions ist wie der Dotter zum Theil vom Embryo verzehrt.
Dagegen ist der Embr3ro mit seinem noch offenen Nabel in steter Zunahme begrif-
fen, und so kann man wohl sagen, dafs während der ganzen Bebriitung der Em-
bryo immer mehr die übrigen Eitheile beherrscht und in sich aufnimmt,
j-.Trennune Am Schlüsse der Bebriitung wir4 diese Herrschaft vollendet, der Dotter-

des Embrycv j ^ nätolic}i in den Nabel des Embryo ein und lagert sich in seine Baueh-

von aen an- & .

dem Eithei- h\'öhle, wo der Rest des Dotters, nach dem Auskriechen immer noch zur.Ernäh-
hmg, rung dienend, nach einigen Wochen ganz verzehrt ist. Es wird also der ganze
Dottersack Theil des Embryo. Nach dem Eintritt des Dotiersackes, der unge-
fähr am 19ten oder 2Osten Tage der Bebriitung erfolgt ist, verengt sich der Nabel
rasch, die Blutbewegung durch die Nabelgefäfse und die Athmung durch da»
Chorion werden ynvollkommner. Das Küchlein strebt daher durch die Lunge zu
athmen, - indem es mit dem Schnabel in den. Luftraum .dringt.,< oder" sogleich\' die
Schaale von innen sprengt. Hat das Küchlein eine Athmung durch die Lungen
erreicht, so hört die Blutbewegung durch die Nabelgefäfse bald völlig auf, der
Nabel schliefst sich ganz und trennt das Thier von seinen Anhängen. Jenes
^ kriecht

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kriecht nun aus und läfst seine Hüllen, Amnion, Chorion mit der Schaalenhaut
und der Eischaale zurück.

Vergleichen wir nun noch zum Schlüsse das unbebrütete Ei mit dem Küch-
lein und dem Ei nach dem Auskriechen, so finden wir:

1) dafs die Fruchtstoffe, Dotter und Eiweifs, in das Küchlein zur Bildung
desselben übergegangen sind. Etwas vom wäfsrigen Theile des Eiweilses ist je-
doch durch Verdiinstung verloren gegangen, und ein andrer Theil, zur Bildung
des Fruchtwassers verwendet, ist auch nicht ganz aufgenommen;

2) dafs sämmtliche Hüllen, welche das Ei ursprünglich hatte, Dotterhaut,
Haut der Hagelschnüre, Schaalenhaut und Schaale, nicht in den Embryo auf-
genommen sind;

3) dafs aus dem Keime sich der Embryo durch eine fast unendliche Ver-
gröfserung gebildet hat;

4) dafs aber auch von dem vergröfserten Keime ein Theil nicht zum Leibe
des Küchleins geworden ist, nämlich der peripherische Theil vom animalischen
Blatte, als Amnion und seröse Hülle, und ein aus dem Innern stammender, also
mehr centraler als peripherischer Theil des vegetativen Blattes — der Harnsack.

Von allen Theilen aber, die nicht zum Leibe des Küchleins geworden sind,
trennt es sich beim Auskriechen.

§. 6.

Allgemeine Bildungsweise des Vogel-Embryo.

"Wir haben bisher den Embryo als bestehend angenommen, um die Ge-
schichte der sogenannten Eihäute im Zusammenhange betrachten zu können. Es
wird Zeit seyn, dafs wir jetzt zu dem wichtigsten Theile unsrer Betrachtungen,
zu der Bildungsgeschichte des Embryo, übergehen. Doch fassen wir zuerst die
allgemeinen Verhältnisse seiner Bildungsweise und seines Lebens ins Auge!

Um diese recht zu verstehen, müssen wir aber den Baudesausgewach- A. Primäre
senen Thieres, das dadurch werden soll, ganz durchschauen und vor allen Dingen S° ^j "^8
die allgemeinen Verhältnisse dieses Baues auffassen, ohne uns durch die zahllosen
belthiere
Einzelheiten zerstreuen und verwirren zu lassen. Für diesen Zweck bitte ich Sie, heterogenen
einigen vorläufigen Betrachtungen über den Bau nicht allein der Vögel, sondern Schichten-
überhaupt der Wirbelthiere Ihre Aufmerksamkeit zu schenken. AlleThiere näm-
lich, welche nicht zu den Insecten und Würmern gehören, das heifst also die Fi-
sche, die Amphibien, die Vögel und die Säugethiere, stimmen in den wesentlich-
II. H

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sten Verhältnissen ihres Baues mit einander überein. Man hat daher in neuerer
Zeit angefangen, diese Thiere mit einem gemeinschaftlichen Namen zu bezeich-
nen, indem man sie Wirbelthiere nannte. — Fragen wir nun nach den wesent-
lichsten Differenzen innerhalb des Leibes der Wirbelthiere, so werden wir diese
nicht in einzelnen beschränkten Organen finden, wie etwa im Herzen, dem Hirne
oder dem Magen , weil sich bald ergiebt, dafs solche beschränkte Organe mit an-
dern zusammenhängen, die man als ihre Fortsetzungen oder als Modificationen
von ihnen ansehen kann. Der Magen geht an einem Ende in die Speiseröhre, am
andern in den Darm über und ist in manchen Wirbelthieren von beiden kaum zu
unterscheiden, das Herz verlängert sich in die Gefäfse, das Hirn setzt sich in das
Rückenmark fort, und beide bilden zusammen nur ein Ganzes, das aus Nervenmark
besteht. Wie wichtig also auch jene einzelnen Theile für das Leben seyn mögen,
nicht sie allein bilden die Hauptverschiedenheiten, da sie in ähnliche Theile sich
fortsetzen. Fafst man aber den Inbegriff solcher sich ähnlichen Theile zusam-
men, so erkennt man, dafs sie ein fortlaufendes Ganzes durch die gesammte Länge
des Leibes bilden. Es giebt mehrere solcher
Inbegriffe von ähnlichen und unter
sich zusammenhängenden Theilen, die alle durch das ganze Thier hindurch ge-
hen. Sie müssen sich also wie Schichten bedecken und einschliefsen. Diese un-
ter sich verschiedenen Schichten bilden die durchgreifenden Unterschiede im Kör-
per, und da sie sehr früh und vor allen andern Vorgängen im Keime des Hühn-
chens sich sondern, so wollen wir sie vorher im ausgebildeten Thiere aufsuchen
und dann von ihrer Ausbildung sprechen. Um aber den Typus im Bau eines Vo-
gels zu erkennen, mufs mau durchaus auf alle Wirbelthiere zugleich Rücksicht
nehmen.

Stamm. In allen Wirbelthieren findet man eine Reihe von Knorpeln oder Knochen,

die eng verbunden sind und zusammen eine nach hinten zugespitzte und nach vorn
im Kopf endende Säule bilden. Ja in einigen Fischen, wie in den Lampreten und
andern Knorpelfischen , ist nur eine continuirliche, nicht in einzelne Abschnitte
gegliederte Säule. Diese Säule heifst, sie mag gegliedert seyn oder nicht, das
Rückgrath oder der
Stamm der Wirbelsäule 1). Ihre einzelnen Theile (die Wir-
belkörper) sind durch die Knochenhaut, die im Grunde mit zu den Knochen ge-
hört, so verbunden, dafs sie immer in Einer (geraden oder gebogenen) Linie

1  „Stamm der Wirbelsäule", weil die Anatomen gewohnt sind, unter der Benennung Wir-
belsäule die Summe der Wirbel mit Inbegriff der Bogen, die in ausgewachsenen Menschen
mit den Wirbelkörpern verwachsen sind, zu bezeichnen. Der Stamm der Wirbelsäule oder
das Rückgrath, wovon wir hier sprechen, umfafst nur die Summe der Wirbelkörper.

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bleiben müssen und sich weder von einander zu entfernen, noch einander zu nä-
hern vermögen. Zwar können sie, um nicht einen steifen Balken zu bilden, sich
auf jeder Seite etwas gegen einander neigen, dann müssen sich aber eben so weit
die entgegengesetzten Ränder entfernen und die Mitten bleiben immer in gleichem
Abstände. Durch solche Einrichtung ist dieser Stamm nicht nur fähig der Stamm
des gesammten Knochengerüstes zu seyn und alle übrigen Knochen sind fester
mit ihm verbunden, als nach der Peripherie zu, sondern er bildet auch in der That
die mittlere Axe fiir die ganze Organisation desThieres, wie wir sogleich sehen
werden, und für die Entwicklung des gesammten Körpers, wie sich bald erge-
ben wird.

Der Stamm des Thieres liegt horizontal, wenn wir uns das Thier in hori- ß Rücken

o \' theil,

zontaler Stellung denken, welche aufser dem Menschen allen andern Thieren zu-
kommt. Was in dieser Stellung über dem Stamme liegt, wollen wir den
Riiclen-
theil,
und was unter ihm liegt, den Bauchtheil 1) nennen.

Ueber dem Stamme liegt in einer engen, aber langen Höhle der Central- Nerven-
theil des Nervensystems, dessen vorderes verdicktes Ende man Hirn, und dessen
längern und dünnern Theil man Rückenmark nennt. Im Innern des Hirns aller
Wirbelthiere sind zusammenhängende Höhlen. Aber auch in der Mitte des
Rückenmarkes ist eine enge Höhle, die mit den Hirnhöhlen in Verbindung steht
und nur beim Menschen im Alter undeutlich wird, aber in seiner Kindheit so wie
in andern Thieren das ganze Leben hindurch bestimmt da ist. Wir können da-
her Hirn und Rückenmark zusammen als eine Röhre mit sehr dicken Wänden und
enger Höhlung uns denken. Das vordere Ende dieser Röhre wäre dann noch in
einzelne Abtheilungen (die Hirntheile) aufgeschwollen. Das Ganze ist eine Röhre
von Nervenmark und soll
Nervenröhre 2) heifsen.

Umschlossen wird diese Nervenröhre von einer Reihe Knochen oder Knor- Fieisch-

pel, welche obere Wirbelbogen oder Wirbelbogen schlechtweg heifsen. Meistens Rücke!i-°f\'S
V . theiU.

1  Ich sage „Rückentheil" und „Bauchtheil", weil llliger mit den Ausdrücken „Rücken-
seite1\' und „Bauchseite" nur die Flächen meint, wie es im Bedürfnisse der systematischen
Zoologie liegt und die Zusammensetzung dieser Wörter gut ausdrückt. Für den gesamm-
ten Inhalt dieser Seiten bedürfen wir auch eines Wortes, um deti Bau der Wirbelthiere
darzustellen. Ich hätte die Ausdrücke Rückenhälfte und Bauchhälfte gebraucht, wenn ich
nicht diese Ausdrücke sehr passend für die Hälften des Rückentheils und Bauchtheils hätte
verwenden können. Auch sind die gewählten Bezeichnungen andern Benennungen , wie z. B.
Hintertheil, die Iiiiger aufgenommen hat, analog gebildet.

2  Ich hätte lieber den Ausdruck Markröhre (von Nervenmark) gewählt, wenn derselbe
nicht
schon für die innern Höhlungen der Knochen gebraucht würde. So schien mir das
Wort Nervenröhre
noch das beste.

H 2

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sind diese Wirbelbogen mit den Wirbelkörpern, die den Stamm der Wirbelsäule
bilden, wenn er getheilt ist, verwachsen. Dafs aber die Verwachsung nicht
nothwendig ist, lehren erstens alle diejenigen Thiere, in welchen der Stamm eine
continuirliche, nicht gegliederte Säule ist, denn in ihnen bleiben die Wirbelbogen
immer getrennt, ferner auch einige andere Thiere, welche ein in einzelne Knochen
getheiltes Rückgrath haben 1), so wie alle Embryonen von Wirbelthieren. Die
Wirbelbogen, obgleich unter sich nur im Kopfe verwachsen, wo sie den Schädel
bilden, und zuweilen im Becken, im übrigen Rumpfe aber von einander als Kno-
chen fast immer getrennt, werden doch auch hier durch Bandmasse (fibröse Häute)
zusammengehalten. Die sogenannten Bänder der Anatomen sind aber nichts als
Uebergänge der Knochenhaut von einem Knochen zum andern. Betrachten wir
nun die Knochenhaut im Ganzen, so sehen wir, dafs auch sie eine Röhre bildet,
welche unten in den Stamm übergeht und durch ihn erst vollständig wird, nach
oben in einen Kamm ausläuft. In der Wand dieser Röhre sind die Wirbelbogen
enthalten. In ihrer Höhlung liegt, umschlossen von ihr, der Centraltheil des
Nervensystems oder die Nervenröhre. Auf dieser knöchernen Röhre hingegen fin-
det sich eine Lage Muskeln zur Bewegung der Wirbelbogen. Diese Muskellage
grenzt äufserlich an eine andere, die der Bauchhälfte des Thieres angehört. Um-
fassen wir einmal die Muskeln und Knochen, da sie in der That nicht vollkom-
men geschichtet sind, sondern die Knochen zum Theil in die Muskelschicht ein-
greifen, zusammen unter dem Namen der
Fleischschicht, so bildet diese Fleisch-
schicht im Rückentheile eine Röhre, welche nach unten erst durch den Stamm des
Leibes vervollständigt wird und an den Bauchtheil sich anlegt.
luti Ueber der Fleischschicht liegt endlich noch die Haut, die in die Haut des

Bauchtheiles ohne Grenze übergeht.
y, Baucii- Unterhalb des Stammes, (wir denken uns das Thier immer mit dem Rum-

pfe und Kopfe in horizontaler Lage,) liegt eine ansehnliche Höhle, wTelche nur in
Säugethieren durch das Zwerchfell in eine Brust- und Bauchhöhle getrennt
wird.
In dieser gemeinschaftlichen, oder in zwei gesonderte Abtheilungen getrennten
Höhle liegen diejenigen Organe, welche zur Ernährung und Umbildung des thie-
rischen Körpers dienen, von den Blutgefäfsen freilich nur die Stämme, da die
Zweige sich in alle Theile des Leibes verbreiten, in die Muskeln so gut wie in die
Knochen und in das Rückenmark. Unter dem Halstheile des Rückgraths ist zwar
in den meisten Thieren die Höhle nur eng, aber die vegetativen oder plastischen
(d. h. die bildenden) Organe ziehen sich am Halse als Speiseröhre und Luftröhre

1  So die Schildkröten, das Krokodill, mehrere Fische in ihren vordem Wirbeln.

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fort und endigen sich am Kopfe in der Mund- und der Nasenhöhle. Mund- und
Nasenhöhle sind in der That für den Kopf dasselbe, was für den Rumpf Brust-
und Bauchhöhle
siud, nur dafs die beiden ersteren nie völlig getrennt werden 1).

Diese plastischen Organe und Blutgefäfsstämme, die auf der untern Fläche
des Rückgraths sich finden, werden nun auch von knöchernen Bogen umgeben,
Bauchtheils.
die am Kopfe die Nasenhöhle und weniger vollständig die Mundhöhle umschlie-
fsen. Sie führen hier verschiedene Namen, als: Zungenbein, Flügelbein (oder
Flügelfortsatz), innere Wand des Oberkiefers u. s. w. Am Rumpfe nennt man
sie Rippen, wenn sie lang und mit dem Rückgrath beweglich verbunden sind,
dagegen untere Wirbelbogen, wenn sie klein und unbeweglich sind. Wenn näm-
lich die plastischen Organe nicht bis an das hintere Ende des Rückgraths reichen,
so sind die unteren Knochenbogen hinter der plastischen Höhle nur klein, immer
unbeweglich und umfassen nur die hinteren Enden der Blutgefäfsstämme. Ein sol-
cher über die plastischen Organe nach hinten hinausragender Theil heifst immer
ein Schwanz, er mag dünn seyn, wie gewöhnlich, oder dick, wie im Wallfische
und in den eigentlichen Fischen. Er enthält immer eine Fortsetzung des Wirbel-
stammes, obere Wirbelbogen und, wenn er nicht ganz kurz ist, auch untere
Wirbelbegen.

Nun ist zwar zu bemerken, dafs nicht in allen Wirbelthieren in sämmt-
lichen Gegenden der untern Körperhälfte sich solche Knochenbogen finden, allein
es giebt keine Gegend, welche sie nicht in einigen Thieren enthielte. In der
eigentlichen Bauch- oder der Hinterleibsgegend sind
z. B. bei sehr vielen Thieren
Rippen, obgleich sie bei Säugethieren fehlen. Ja es giebt mehr Wirbelthiere mit
Bauchrippen, als ohne dieselben. Am Halse sind zwar die Rippen nicht sehr
häufig, allein sie kommen doch bei manchen Thierformen vor, und in einigen,
wie z. B. in den Schlangen,
ist der Hals kaum vom übrigen Rumpfe verschieden.
Wo nun auch die Rippen in einzelnen Gegenden nicht ausgebildet sind, da werden
sie doch zum Theil ersetzt, theils durch eine faserige Haut, welche sonst die
eigentlichen Knochen enthält, man kann daher das Yerhältnifs so ansehen, als ob
die Entwicklung der Knorpel und Knochen nur unterblieben wäre; theils finden
sich kurze seitliche Verlängerungen der Wirbel — die sogenannten Queerfort-
sätze, die so gelagert sind,
dafs, wenn sie gehörig verlängert wären, sie die Höhle
umschliefsen würden. Wo wirkliche Rippen sich zeigen, sind sie nichts als
ab-

1  D!e Fische haben eben so wenig eine wahre Nasenhöhle, als eine wahre Brusthöhle. Die
Nase der Fische besteht nur aus den beiden Nasengruben, die auch in den Embryonen an-
derer Wirbelthiere sich bilden , bevor eine Nasenhöhle von der Mundhöhle geschieden wird.

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gelöste Verlängerungen dieser Queerfortsätze. Weil aber die Rippen nur durch
den Einflufs der plastischen Höhle modificirte untere Wirbelbogen sind, so wollen
wir sie unter der letztern allgemeinen Benennung mit begreifen.

So wie die oberen Knochenbogen von einer Muskellage bedeckt sind, eben
so die unteren, sie mögen ausgebildet seyn, oder nicht. Fassen wir nun auch hier
Knochen und Muskeln nebst Zubehör in den gemeinschaftlichen Ausdruck Fleisch-
schicht zusammen, so haben wir auch im Bauchtheile eine röhrenförmige
Fleischschicht.

Haut. Auch sie ist von einer Schicht Haut bedeckt.

(Animali- Diese durch den Stamm oben ergänzte und an den Rückentheil angren-

lSg *bthei~ zende Fleischschicht bildet mit ihm zusammen und der beide umgebenden Haut
die Abtheilung des Körpers, welche die Physiologen die
animalische nennen, die-
jenige nämlich , welche vom Willen des Thieres regiert wird und ihm eine deut-
liche Empfindung giebt, diejenige, welche mit Hirn und Rückenmark durch
Nerven unmittelbar verbunden wird.
(Vegetative Eingeschlossen von dieser Abtheilung ist "die vegetative oder plastische,

Abtheiluug.) ^ uur unter dem Wirbelstamme liegt, also zum Bauchtheile des Thieres gehört,
nur mit wenigen Ausgängen (Mund, Nase, After, Geschlechtsöffnung) versehen.
Sie ist ohne Einflufs des Willens thätig und giebt im gesunden Zustande keine
deutlichen Empfindungen. In ihr ist die Symmetrie sehr verwischt, ja in der
Mitte ist dieselbe kaum kenntlich. Alle diese Eigenthiimlichkeiten nehmen aber
ab, je mehr sie sich der animalischen Abtheilung nähert oder ganz mit ihr ver-
einigt. Nun wird aber die vegetative oder plastische Abiheilung ganz umschlos-
sen von der animalischen. Sie mufs daher, wenn sie Oeffnungen haben soll, mit
jener in Verbindung kommen und sie durchbohren. An diesen Oeffnungen also
und in der Nähe derselben haben die vegetativen Apparate auch Empfindung, freie
Beweguug und Symmetrie, eben weil die Oeffnungen der animalischen und der
vegetativen Abtheilung gemeinschaftlich sind.
Schleim- Werfen wir jetzt einen Blick auf die vegetativen Apparate, um sie unter

° l * einer einfachem Form auffassen zu können! Eine Schleimhaut bildet überall die
innere Wand derselben. Diese Wand läuft wie ein Rohr durch den ganzen Darm
hindurch, ist im Mägen sackförmig erweitert, in der Speiseröhre wieder verengt,
im Munde nochmals erweitert, immer also ein Rohr, nur nicht von gleicher
Weite. Die Nasengänge gehören mit dazu. Nicht nur gehen sie hinten ganz
offen in die Mundhöhle über (in manchen Thieren sogar in sehr kurzer Entfer-
nung hinter der Mundspalte), sondern die Entwicklungsgeschichte zeigt auch,
dafs die Nasengänge durch hervorgewachsene Knochenblätter allmählig abge-

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schnürte Theile eines ursprünglich für Mund- und Nasenhöhle gemeinschaftlichen
Raumes, der
Rachenhöhle, sind. Doch wir wollen nicht vorgreifen! In die
Speicheldrüsen, in die Leber, in das Pankreas gehen verästelte Röhren aus der
Haupt röhre.
Denken wir uns diese Aeste kleiner und immer kleiner, so werden
sie endlich nur unbedeutende Ausstülpungen des Rohrs der Schleimhaut seyn und
zuletzt
ganz schwinden. Für den Athmungsapparat gilt dasselbe, und im Vogel,
von dem wir doch jetzt vorzüglich sprechen, ist es auch augenscheinlich für den
Harn- und Geschlechtsapparat, mit Ausnahme des Eierstockes. Dafs in Säuge-
thieren die Harn - und Geschlechtswege gesondert sind — davon später! — So
läfst sich also auch die Schleimhaut als eine Röhre mit Erweiterungen oder Aus-
stülpungen denken.

Aber die Schleimhaut macht nirgends allein die plastischen Organe, überall ^^fs-
liegt noch eine andere Schicht auf ihr, die sehr reich an Gefäfsen ist. In den
Drüsen ist sie die eigentliche Substanz des Organes mit den Gefäfsen, am Darme
und den Athmungsorganen enthält sie eine Schicht von Gefäfsen mit einer Muskel-
schicht. Sie läfst sich also auch als Röhre betrachten, welche die Röhre der
Schleimhaut einschliefst. Allein über dem Darme ist diese Röhre nicht sogleich
geschlossen, sondern es zieht sich die Gefäfsschicht durch das Gekröse bis an die
Wirbelsäule hinauf und enthält hier noch die Aorta und die Hohlvene *). Wei-
ter nach vorn aber gehört unterhalb der Schleimhautröhre das Herz zum Inbegriff
dieser Theile. Die in die animalische Abtheiljmg gehenden Aeste der Aorta und
Hohlvene lassen wir vorläufig unberücksichtigt. ^

Denken wir uns nun aus Gründen, die sich später (dieser §. o.} rechtfer- Schichten
tigen werden, die Extremitäten jetzt noch ganz weg, so besteht der Körper der lieh röhrig
Wirbelthiere, vereinfacht gedacht, aus folgenden durchgehenden Theilen oder ^/pSmftiv-
Schichten: wlrbel*"

I. dem Stamme, der solide ist und die Aufsenwelt nirgends erreicht; thiere.

II. dem Rücken theile, welcher zusammengesetzt ist aus: Fig\' I.M\'
i ) einer vollständigen innern Nervenröhre,

2) einer diese umkleidenden, durch den Stamm ergänzten Röhre von
Fleisch,

3) der einen Hälfte seiner Hautröhre, welche die Fleischröhre bedeckt
und von allen Schichten des Rückentheils allein die Aufsenwelt berührt;

») Man sieht leicht, dafs ich mit dieser Gefäfsschicht nicht das seröse Blatt des Bauchfelles
ineine. Dieses seröse Blatt ist eine innere Oberhaut, welche entsteht, weil hier die Organe
an einen unausgefüllten Raum grenzen.

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III. dem Bauchtheile, welcher besteht aus:

1) einer vollständigen Schleimhautröhre, welche die innere Fläche des
Bauchtheiles bildet,

2) einer sie bekleidenden Röhre einer Gefäfsschicht, die überdiefs sich
bis an den Stamm erhebt, und an seine untere Fläche sich anlegt,

S) einer durch den Stamm zu einer Röhre ergänzten Fleischschicht, die
früher genannte umgebend, aber nicht unmittelbar, sondern getrennt
durch einen Raum, den man die Bauchhöhle nennt,

4) der andern Hälfte einer Hautröhre, welche die Fleischröhre bedeckt
und die Außenwelt unmittelbar berührt.

Hieraus folgt also, dafs bei einem senkrechten Durchschnitte durch das
Wirbelthier die einzelnen Schichten,
aus denen es besteht, eine Ansicht gewäh-
ren müssen, wie die vorliegende Figur sie zeigt (Taß
III. Fig. 4). Diebeiden
durch den Stamm ergänzten, gegen einander liegenden Röhren der Fleischschicht
(b und c) müssen die Form der Ziffer 8 haben, deren Mitte der Stamm (ci) ein-
nimmt. Im obern Kreise dieser 8 ist die Röhre von Nervensubstanz- (ci), im un-
tern Kreise ist zu innerst ein kreisförmiger Durchschnitt der Schleimhaut (ƒ),
umgeben von einer Gefäfsschicht, die sich bis unter den Stamm (a) verlängert (V).
Das Ganze wird umgeben von der Haut Qi). Alle diese Schichten sind also, wie
hier der Durchschnitt zeigt, röhrig, wenn wir den Stamm sowohl zur obern als
zur untern Fleischschicht rechnen. Die Fleischschicht nämlich bildet eine Dop-
pelröhre, eine
Rückenröhre und eine Bauchröhre.

Diese Röhren enthalten alle einzelnen Organe, und da sich die letzteren,
wie wir bald hören werden, aus ihnen allmählig herausbilden, so wollen wir sie
Primitivorgane nennen. Die Primitivorgane sind also die so eben aufgezählten
röhrigen Schichten, mit dem Unterschiede nur, dafs die Schleimhautröhre für
sich allein gar keine Umbildungen eingeht, sondern immer nur in Verbindung mit
dem sie umgebenden Theile der Gefäfsschicht. Wir müssen daher beide Schich-
ten als Ein Primitivorgan zusammenfassen und können für dasselbe das längst ge-
brauchte Wort
Darmkanal gebrauchen, Dagegen geht der Theil der Gefäfs-
schicht, welcher sich von der Schleimhautröhre entfernt, eigenthümliche Bildun-
gen ein, und es fehlt leider an einem ganz passenden Worte, um dieses Primitiv-
organ damit zu bezeichnen. Der eine Theil derselben, der über dem Darme in
Form zweier Blätter sich befindet, heifst das Gekröse. Es ist jedoch nicht der
..\' ein-

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einzige, denn das Herz ist ein durch starke Umwandlung unkenntlich gewordener
ähnlicher Theil — eine unter dem vordem Abschnitt des Darmkanals vorragende
selbstständige Verlängerung der Gefäfsschicht. In Ermangelung einer andern
gangbaren Benennung wollen wir deshalb die gesammte selbstständige Verlänge-
rung der Gefäfsschicht das
Gekröse nennen und uns erinnern, dafs es als Primitiv-
organ mehr umfafst, als im gewöhnlichen Sprachgebrauche.

Es bildet sich von diesen Primitivorganen die animalische Abtheilung des

Leibes:

die beiden Fleischröhren mit dem Stamme,

die Nervenröhre,

die gemeinschaftliche Hautröhre;

die plastische Abtheilung aber:

der Darmkanal, aus einer Schleimhautschicht und einer Gefäfsschicht be-
stehend, ,

das Gekröse oder der selbstständige Theil der Gefäfsschicht.

Bekanntlich ist die animalische Abtheilung des Leibes symmetrisch aus zwei Symme-
gleichen Hälften, einer rechten und einer linken, gebaut *). Die plastische Ab- Röhren!*60
theilung ist, wie wir bemerkten, nur an ihren Enden symmetrisch, aber doch so,
dafs die rechte Hälfte als eine Modilication der linken betrachtet werden kann.
So
mufs man den Gallengang als in der Mitte liegend sich denken, und die rechte
Hälfte der Leber als eine vermehrte, die linke als eine verminderte Hälfte anse-
hen. Vor allen Dingen bitte ich aber vorläufig, um in der folgenden
Demonstra-
tion keinen Anstofs zu finden, auch den vegetativen Theil sich symmetrisch vor-
zustellen, weil er in sehr früher Zeit in der That symmetrisch ist.

Wegen der Symmetrie im Bau der Wirbelthiere können wir uns alle Pri- d• Die Röh-
mitivorgane derselben als aus zwei Hälften verwachsen denken. W enn wir nam- sich daher
lieh ein Wirbelthier von oben herab in der Mittelebene bis in die Nervenröhre sen^Platten
spalten würden, ohne mit dem Schnitte die untere Wand der Nervenröhre zu tref- denken-
fen, und es dann eben so von der untern Fläche aus in der Mittelebene bis in
die
Darmröhre
spalten (nachdem diese symmetrisch in die Mitte gestellt ist), ohne
die obere Wand des Darmes einzuschneiden und die durch die Spaltung erhaltenen
Theile aus einander legen wollten, so würde das ganze Thier in zwei gleiche

ifüfBbCtrrff ?Mlh\\ : 1\' / \' :

*) Die Ausnahmeil von dieser Symmetrie sind sehr selten, wie in den Schollen und der Nase

einiger Getaceen. Doch sind auch diese Ungleichheiten nur Veränderungen einer ursprüng-
lichen Symmetrie.

IL I

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Rückenhälflen und zwei gleiche Bauchhälften zerfallen, die noch unter sich zu-
sammenhängen würden, wie in vorliegender
Figur 1. der Tafel iy.

Das Gegenüberliegende enthielte dann nur Gleichnamiges, nämlich die
Hälften der aufgespaltenen Röhren, die uns als Platten erscheinen würden, weil
die Halbröhren, aus denen sie bestehen, durch das Auseinanderbeugen platt wer-
den würden. Wir
hätten nämlich in jeder Rückenhälfte eine Platte für Hirn und
Rückenmark, oder kürzer eine
Marlplatte (a b), davon abstehend eine Fleisch-
platte des Rückentheils mit der bekleidenden anliegenden Haut, die wir zusam-
men zur Unterscheidung von einer ähnlichen Platte im Bauchtheile die
Rüclen-
platte
(f g) nennen wollen. In jeder Bauchhälfte hätten wir eben so eine Fleisch-
platte mit der bekleidenden eng anliegenden Haut, und diese beiden Schichten
nennen wir zur Unterscheidung von den ähnlichen Theilen des Rückens
die Bauch-
platte
(f—h). Beide Bauch platten und Rückenplatten würden durch den, bei-
den angehörigen, in der Mitte liegenden, Stamm verbunden werden und gemein-
schaftlich mit den Markplatten die animalische Abtheilung bilden. Getrennt von
der Bauchplatte (durch die ebenfalls gespaltene Bauchhöhle) und nur anhängend
am Stamme, hätten wir ferner auf jeder Seite eine
Gekrösplatte (i h) und eine
Darmplatte (k V). Die Darmplatte würde nach dem Obigen aus einer Schleim-
hautschicht und einer Gefäfsschicht, die Gekrösplatte aber nur aus der Fort-
setzung der Gefäfsschicht bestehen. — Alle diese
gegenüberliegenden Hälften
würden mit den gleichnamigen der andern Seite noch zusammenhängen, wenn
wir nämlich den Stamm als gemeinschaftliches Glied der Rücken- und Bauch-
platten betrachten.

Das Uebereinanderliegende würde aber heterogen seyn, und zwar so, dafs
das am meisten Aufliegende das am meisten Animalische,
d. h. in sich Lebendige,
das Unterste, das am meisten Vegetative, d.h. Bildende, Lebendigmachende
wäre, und die Zwischenglieder wären Abstufungen dieses Gegensatzes.

e. Alle Piat- Denken wir uns ferner die Lücken weg, so dafs jede Markplatte eng an-

aus\'\'denen an Rückenplatte und mit ihr nur eine gemeinschaftliche Platte bildete, so

die Röhren würde diese Platte eine gesammte Rückenhälfte enthalten, oder eine Bückenplatte
lassen sich im weitem Sinne sejai. Eben so wollen wir die unter sich verbundenen Darm-
HauptjAat-^ platten zwischen die Gekrösplatten hineinschieben und beide mit den Bauchplatten
führenr-ÜCdie verbinden! Dann erhalten wir zwei Bauchplatten im weitern Sinne, die nichts
Rückenplat- sind als die beiden gesammten Bauchhälften. Ein so umgewandeltes Wirbelthier
Bauchpiat-16 würde vierschneidig seyn, und ein senkrechter Queerschnitt miifste die Form eines
ten. Taf iv. Hegenden Kreuzes haben, wie die Figur 2. anschaulich macht.

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Wir können aber die Form noch mehr vereinfachen und die Art der Aus- ƒ. Noch
bildung wird es rechtfertigen, wenn wir uns die Bauchplatten im weitern Sinne
facht \'büden
noch mehr flach gestellt denken und die Rückenplatten im weitern Sinne, die oh- alle P!atten

. ., . r ., . zusammen

nehin stets viel kleiner sind, noch kleiner werden, gleichsam in sich einsinken Eine Platte
lassen. Dann wird die Hautbekleidung der Rückenplatten nicht nur ohne Absatz Ssnen
in die Hautbekleidung der Bauchplatten, -sondern nach innen auch in die Mark- faf\'iv\'pN
platten, die jetzt auch nur eine Bekleidung bilden, übergehen. Wir haben dann
überhaupt nur Eine allgemeine Platte, und was früher gesonderte Platten darstellte,
bildet jetzt nur einzelne Schichten dieser allgemeinen Platte. Wir haben ganz
unten eine Schleimhautschicht, darüber eine Gefäfsschicht, über dieser eine
Fleischschicht und ganz oben eine Schicht, welche aus der Haut und den Mark-
platten gebildet ist.

Noch einfacher können wir uns diese Platte nur dadurch denken, dafs wir g-oderend-
die Differenzen der Schichten immer mehr abnehmen lassen, bis sie gar nicht deutliche*
mehr bemerklich sind. Schichtung.

So ist aber die ursprüngliche Form des Vogels in der That. Wir sind h- EirJe soj-
nämlich durch diese vorausgeschickten Betrachtungen der Entwickelungsweise des ur^früng-\'
Embryo der Vögel näher gerückt, als Sie vielleicht vermuihen. So wie wir uns KeLfedres
das Thier immer mehr vereinfacht dachten, um die Grundform seiner Bildung zu Vogeieics.
erkennen, so entwickelt es sich allmählig, jedoch in umgekehrter Reihenfolge.

Wir können so vorbereitet, die Darstellung der Entwickelungsweise des *\'• Die«er

o i i • T- Keim son

Vogel-Embryo sehr kurz Tassen, denn wir kehren nun wieder zur Entwicke- dert sich der

lungsgeschichte des Hühnchens zurück, nachdem wir, nur um die allgemeinen i^\'schich-*1

örganisationsverhältnisse aufzufassen, unsern Blick auf alle Wirbelthiere ausge- gtt!tderr

dehnt hatten. Wir wollen also wieder von dem gelegten noch nicht bebrüteten in Höfe.

Taf II! FS

Ei ausgehen. Sie erinnern sich, dafs in ihpi der Keim eine kleine, runde, aus Taf. lv/f.7.
wenig zusammenhängenden Körnern bestehende -Scheibe ist (§. 2. i.). Während
der Bebrütung löst sich nicht nur diese Scheibe mehr vom Dotier und der Keim-
schicht ab, sondern sehr bald verliert sich auch die Gleichmäfsigkeil in der

j O

Scheibe, während sie, wie wir bereits früher (§. 5. h.) bemerkten, rasch sich
vergröfsert und den Dotter umwächst i an
der Dotterhaut anhaftend. Die obere
Fläche wird glatter, in sich zusammenhängender; die untere, dem Dotier zuge-
kehrte weicher, unebener. Doch sind es anfänglich noch keine gesonderten
oder auch nur trennbaren Blätter, vielmehr sind es jetzt
nur die Flächen des Kei-
mes, welche diese Verschiedenheit zeigen, gerade so wie Polypen an ihrer äu-
fsern und der innern, verdauenden Fläche denselben Gegensatz zeigen. Die Milte
zwischen beiden Flächen ist in unserm Keime wie im Polypen eine indifferente

I 2

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Masse. Obgleich dieser Gegensatz in beiden Flächen des gesammten Keimes be-
steht, so entwickelt sich doch ein ähnlicher in der Breite des Keimes, seine Mitte
nämlich wird heller 1), die Peripherie dunkler 2): ein Gegensatz, der oft schon
vor dem Legen eingeleitet war.

Der Gegensatz beider Oberflächen entwickelt sich weiter, und man kann
nun von einer obern und einer untern Schicht sprechen; jene wollen wir die
Haut sei licht 3), diese die Schleirnhautschicht nennen. Die Masse, die zwischen
beiden liegt, hängt zum Theil mehr an der untern Schicht, zum Theil mehr an
der obern an. So entwickeln sich allmählig zwei innere Schichten, eine untere
und eine obere. In der untern von ihnen werden die Körner heller, lösen sich in
Bläschen auf, und endlich fängt der Inhalt dieser Schicht zum Theil an zu fliefsen.
Sie wird eine
Gefäfsschicht. In der obern werden die Körner dunkler, sie wird
eine
Fleischschicht

1  Der „durchsichtige Hof" (Area pellucida) bei W o 1 ff. Harvey und Malpighi hielten
diese durchsichtige Stelle von Anfang an oder wenigstens nach der Erscheinung des Embryo
für das Amnion und benannten sie so. I
m Appendix bält Malpighi ihn auch mitunter für
das Chorion, indem er in der Kopfscheide den Anfang des Amnions erkennt. Er kommt aber
zu keiner bestimmten Ansieht. Haller hatte Malpighi\'s erste Ansicht angenommen,
nannte diese Gegend aber auch
Nidus pulli in den Beschreibungen. Malpighi\'s Benen-
nung
Colliquamentum, die man gewöhnlich als Synonyme hierher zieht, geht doch wohl
mehr auf die Flüssigkeit unter dem Keime, von der Malpighi glaubte, dafs sie in einem
eigenen Sacke eingeschlossen sey — doch auch wieder ohne zu einer Bestimmtheit im Irr-
thume zu kommen. Den Namen Fruchthof gab P and er in der deutschen Arbeit; in der
lateinischen ist die Wo 1 ff\'sehe Benennung beibehalten.

2  Area opaca nach Pander.

In der angezogenen Abbildung ist die Hautschicht weifs, begrenzt durch einen schwarzen
Strich, die Fleischschicht dunkel, die Gefäfsschicht roth und die Schleimhautschicht gelbin
Uebereinstimmung mit den Abbildungen der drei ersten Tafeln.

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69P

Die beiden iiinern Schichten reichen nicht so weit, als die beiden einschlie-
fsenden , welche beide bis an die äufserste Grenze des Keimes gehen. Die Gefäfs-
schicht geht nur bis ungefähr in die Mitte des peripherischen dunkeln Theiles
vom Keime. Da nur in der Gefäfsschicht sich die ersten Gefäfse erzeugen, so zer-
fällt nothwendig der Peripherie nach der dunkle Theil der Keimhaut in einen in-
nern Hof, der bald sehr reichlich mit Gefäfsen besetzt erscheint und den wir da-
t. Iir. F. 3
her den
Gefäfshof Area v as culo s a) nennen wollen. Er ist durch eine ^

sehr weite Grenzvene (Vena terminalis) 1) von dem gefäfslosen Theile, dem T.in.f.3.h

t2_/ _ T IV F 7 jw

Dotterhofe (Area vitellaria) ***), geschieden. Der Dotterhof besteht nach Taf jn\'p\'g\'

dem Gesagten nur aus zwei Schichten, der Hautschicht und der Schleimhaut- hß- Taf.iv.

schicht. Im Gefäfshofe kommt noch die Gefäfsschicht hinzu.

Eben so theilt sich aber auch der durchsichtige Theil des Keimes in zwei k- DeJT ^

nsrste Uox

Abtheilungen, die Mitte und die Peripherie. Nachdem sich zuvörderst der ganze ist der Em-
durchsichtige Hof erhoben hatte, erhebt sich die Mitte desselben stärker, in Form bryo*
eines länglichen Schildes, und ist der zukünftige
Embryo>. Der peripherische }J\'a c
Theil, den wir den
Fruchthof (Area g er mi nat iv a~) nennen, sinkt aber wie- t. III. F. 4,i
der nieder in die Ebene des Gefäfshofes. Der Embryo ist also jetzt ein noch we- Tzf-lV-
nig verschiedener Theil des Keimes. Die Fleischschicht erstreckt sich nicht bis
über den Embryo hinaus.

Von dem Augenblicke an nun, wo sich die Mitte in Form eines Schildes l. Im Em-

- br o fixirt

erhebt, nennen wir alles Uebrige des Keimes, das dieses Schild umgiebt, oder den sirLy}l° cYn.e
Inbegriff der dreiliöfe,
dieKeimhaut (Taf. IV. Fig. 7. c — e), von der wir schon Axe*
oben(§.
5.i. k.) gesprochen haben, das Schild aber, obgleich es jetzt noch sehr dünn
ist, den
Embryo. Er ist, wenn auch schildförmig, doch gleich Anfangs länglich,

1  Von der Farbe so benannt. Der Name Schleimhof wäre den übrigen Namen analoger,
schien mir jedoch zu ungeschickt. Aus den Schriftstellern ist mir keine Benennung für diesen
Abschnitt erinnerlich.

2  Area umbilicalis bei M a 1p i g hi. > Figura venosa bei Haller. W o I ff gebraucht zuerst
die Benennung Gefäfshof, Area vasculosa, die ich beibehalten habe. Im Deutschen kommen
auch die Benennungen Aderfläche, Aderhof, Gefäfsraum vor.

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und seine Längenaxe macht einen rechten Winkel mit der Längenaxe des Eies.
In diesem werdenden Embrjo zeigt sich bald die Längendimension noch mehr
vorherrschend, und das Erste was in ihm erkennbar wird, ist ein in der Axe
des Schildes sich erhebender W ulst, der
Primitivstreifen (No ta prim i t i v a) *).
einenSchluis Von diesem aus erheben sich zu beiden Seiten zwei andere Wülste, wobei

über und ei- cjer primitivstreifen selbst unkenntlich wird und in seiner Mitte eine sehr dünne

nen andern

unter der aus dunkeln Kügelchen bestehende Linie erscheint. Diese Linie, die TVirbel-
dein sich die saite (Chorda spinalis), ist die Mitte des Stammes und wird von einer heller
Rühren\'6n ln werdenden Peripherie umgeben. Die beiden seitlichen Wülste, die mehr nach
jm Riik oben vorragen als die Mitte, sind die beiden Rückenhälften oder
Ruclenplatten
kentheileals (JLaminae dorsales)**) im weitern Sinne. Sie enthalten nur die Hauischicht
platten^6" und die Fleischschicht. Ihre oberen Kämme erheben sich, neigen sich von bei-
den Seiten gegen einander und verwachsen, den Rücken bildend. Nachdem der
Rücken sich geschlossen hat, oder frühestens während des Schlusses, löst sich der
eingeschlossene Theil der Hautschicht von der Fleischschicht ab, nimmt rasch an
Dicke zu und bildet so den Centraltheil des Nervensystems in Form einer etwas
zusammengedrückten Nervenröhre. Später sondert sich diese Nervenröhre wieder
in die scheidenförmig umgebenden Häute und zwei unten zusammenhängende
phm<^ark"
Marlplatten. Der übrige Theil der Hautschicht wird die Haut des Rückentheils,

so wie aus der Fleischschicht die Rückenröhre der Fleischschicht sich bildet.
ß. imBauch- Etwas später, als die Rückenhälften sich nach oben erheben, neigen sich

Bauchpiat- die breiteren Bauchhälften oder Bauchplatten (Laminae ventrales***\') im
weitern Sinne nach unten. Sie nehmen den ganzen Umfang des Embryo ein. Ihre
Senkung geht aber viel langsamer vor sich, und während derselben erfolgt die
schon früher (§. 5. /.) erwähnte Spaltung des gesammten Keimes in ein anima-
lisches und ein vegetatives Blatt. Die Spaltung geht vom Embryo aus und setzt
sich von ihm erst in die Keimhaut fort. Nur in der Gegend des Stammes trennen
sich beide Blätter nicht von einander, im übrigen Umfange des Embryo sind sie
aber sehr bald getrennt. Die Lücke zwischen beiden Blättern ist die Bauchhöhle
im weitesten Sinne, nämlich eine Höhle zwischen den animalischen und vegeta-
tiven Theilen — eine Lücke, die ursprünglich fast so lang ist als das ganze

ten

■*) Ausführlicher irn ersten Bande §. 1. ƒ—i.

*) Primitivfalten, Plicae primariae nach P and er, Spiegelplatten bei B u r d a c h, Malpighi
nennt sie mit dem Wirbelstamme zusammen
Carina.

***) Fasciae abdominales bei Wolft, welcher glaubte, dafs sie nicht über den Hinterleib
hinaus gingen. Auch benennt Wolff nur die Bauchplatten im engern Sinne, oder den ani-
malischen Theil so, Visceralplatten bei Burdach,

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Thier, indem nur das vorderste Ende des Darmkanales (die Rachenhöhle) und
das hinterste Ende desselben an die umgebenden animalischen Theile angeheftet
bleiben *).

Ursprünglich waren es also die beiden gesammten Bauchhälften oder die Gekröspiat-
Bauchplatten im weitern Sinne, die sich gegen einander zu neigen anfingen, dann \'
trennt sich das animalische Blatt — die Bauchplatte im engern Sinne — von
dem
vegetativen Blatte. Wenn nun zwischen beiden eine einigermafsen ansehnliche
Lücke entstehen soll, so müssen nothwendig die beiden seitlichen Hälften des ve-
getativen Blattes sich rascher neben einander neigen und früher sich erreichen,
als die Hälften des animalischen Blattes oder die Bauchplatten im engern Sinne.
So ist es in derThat. Zuerst erreichen sich in der Mittellinie zwei riemenförmige
Taf. Ii F. 6\'
Streifen, die in der Gefäfsschicht zu beiden Seiten des Wirbelstammes, von dem?
wie gesagt, das vegetative Blatt sich nicht ablöst, sich verdicken, ihre unteren
Ränder dann gegen einander neigen und verwachsen lassen. So wie sich die un-
teren Ränder der verdickten Riemen an einander neigen, löst sich die Schleimhaut-
schicht,, die bisher überall an der untern Fläche der Gefäfsschicht eng anlag, hier
ab,
und die beiden unteren Ränder der so eben beschriebenen Riemen erreichen ein-
ander, indem sie die Schleimhautschicht vom Stamme der Wirbelsäule lösen und
entfernen, wodurch also jetzt zwischen dem Stamme und der Schleimhautschicht
diese beiden riemenförmigen Theile der Gefäfsschicht sich allein finden. Wir nen-
nen beide riemenförmigen Theile der Gefäfsschicht die
Gekrösplatten QLaminae
mesentericae),
denn, was sich so eben gebildet hat, ist nichts anders als das
Gekröse, dessen beide Blätter in der Mitte ihrer Ausdehnung sehr bald rasch
wachsen. Den Schlufs beider Blätter nennen wir mit W öl ff die
Naht (Sutu ra)
des falschen Amnions **).

Da die Naht nicht einen Theil der Schleimhautschicht mit einklemmt, son- ufdttDarin"
dern vor
sich wegschiebt, da ferner die Gekrösplatten an ihren unteren Rändern in T \' g
die übrige Ausdehnung der Gefäfsschicht sich fortsetzen, so ist auch jetzt noch die 6"
i k.
Schleimhautschicht überall an die Gefäfsschicht angeheftet. Bald nachdem nun
die Naht des Gekröses sich gebildet hat, werden eben so Wie vorher, nur inner-
halb der Gefäfsschicht, zwei andere Riemen , aus der Gefäfsschicht und Schleim-
hautschicht zugleich bestehend, zu beiden Seiten der Naht selbstständig. Sie
verdicken sich/ grenzen sdfch durch einen immer schärfer werdenden Winkel von
-•nvjH -ja■i\'.\'bf -xlftft ^muni ;:ri Ihm» ui-o, <t«i

*) Ueber die Bildung der Bauchhöhle siehe das Ausfiihrliphere im ersten Bande S. 40 — 44.

S^ 64 — 67. " j \' ; ,, ^ ~ \\ {om^Jo\'Q l fli \' Äff «

*) Die Lücke zwischen beiden Gekrösplatten, bevor sie an einander wachsen, nennt Wolff
Apertura Amnii spurii.

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dem übrigen vegetativen Blatte ab, neigen dann diese unteren Winkel immer
mehr gegen einander, bis beide endlich verwachsen, indem zugleich die schmalen
Platten selbst, die wir
Darmplatten (Lam. intestinales) nennen, sich zu
Halbkanälen krümmen. So entsteht aus beiden ein Rohr, welches der Darm-
kanal ist.

Während dieser Vorgänge neigen sich auch die Bauchplatten im engern
Sinne mit ihren ursprünglich äufseren, jetzt unteren Rändern einander immer
mehr, und es wird also auch die animalische Abtheilung des Leibes geschlossen.

So werden also die schon früh im Keime sich bildenden Schichten in Röh-
ren umgewandelt, und es wird die oben entwickelte Grundform aller Wirbelthiere
erzeugt, von welcher ein jedes einzelne Wirbelthier eine besondere Modifica-
tion ist.

Ich habe vorläufig, um die wesentliche Uebereinstimmung in der Bildung
des Riickentheiles und des Bauchtheiles erkennen zu lassen, noch nicht
auf einen
Unterschied aufmerksam gemacht, der in der Art, wie sich beide schliefsen, her-
vortritt. Dieses mag hier nachträglich geschehen. -•— Nur der Rückentheil, der
sich viel früher schliefst, als der Bauchtheil, verwächst wirklich in seiner ganzen
Länge in einer Naht,, indem zwei Kämme sich gegen einander neigen. Im Bauch-
theile verwachsen auch die Gekrösplatten in einer Naht, jedoch nur in der Mitte
des Embryo, da an seinem vordersten und hintersten Ende, wTo das vegetative
Blatt sich vom animalischen, nicht entfernt > die Gefäfsschicht sich gar nicht zu
einer selbstständigen Gekrösplatfe! ausbildet. ? Darmplatten und Bauchplatten
schliefsen sich aber nicht in einer wirklichen Naht , vielmehr verengt sich ihre Pe-
ripherie von allen Seiten her gleichzeitig, indem die ursprüngliche Peripherie
des Embryo, durch welche er in die Keimhaut übergeht, sich zuvörderst nach
unten neigt und dann immer enger wird: ein Vorgang, den wir schon früher mit
der Benennung einer Abschnürung treffend bezeichnet zu haben glauben (§, 5. i.).
Wir haben dabei gehört, dafs auf solche Weise die ursprüngliche Peripherie sich
in eine Verengerung verwandelt, die man überhaupt den Nabel nennt, dafs dieser
Nabel also der Uebergang des Embryo in die Keimhaut ist, dafs, Weil dieser
Uebergang jetzt verengt ist, die übrige Keimhaut nun in Form von Säcken an dem
Embryo hängt. Es ist uns ebenfalls schon früher klar geworden, dafs wegen der
Trennung beider Blätter sowohl im Embryo
als in der Keimhaut der Nabel\'ein
doppelter ist, ein innerer und ein äufserer. Der innere Nabel oder der Dotter^-
gang ist der Uebergang aus - döm vegetativen Theile des^Embryö Und\'
namentlich
seinem Darme in den Dottersack, dem in einen Sack verwandelten vegetativen
Blatte der Keimhaut. Dieser Uebergang ist schon sehr früh eng. Der äufsere

Na-

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Nabel ist innerhalb des animalischen Blattes der Uebergang aus dem Embryo in
die Keimhaut. Der dem Embryo zunächst liegende Theil vom animalischen Blatte
der Keimhaut bildet sich aber zu einem Sacke um den Embryo herum aus — zu
dem Amnion 1). Der äuXsere Nabel ist also ein Uebergang des Embryo in das
Amnion. Er zieht sich ebenfalls in einen kurzen, aber viel weitern Kanal aus.
Lange Zeit hindurch ist es\' nur die Hautschicht, welche den äufsern Nabel bildet.
Zuletzt, wenn schon der Dottersack in den Leib getreten ist, erreicht auch die
Fleischschicht des Embryo den Nabel. So bildet sich also auch für diese Schicht
ein Nabel, den man einen
Fleischnabel nennen könnte. Innerhalb des Hautnabels
liegt aufser dem Dottergange noch ein hohler Uebergang aus der Kloake in den
Harnsack, der
Harngang (JJrachus) 2) genannt.

Vollständig verwächst der Nabel im Vogel erst, nachdem der Dottersack
in den Leib eingetreten ist, und dieser Schlufs des Nabels ist zugleich die Tren-
nung des Embryo vom Amnion und dem zu einem Chorion umgewandelten Harn-
sacke (§. 5.
s.).

Man wird leicht einsehen, dafs die Abschnürung an der Bauchfläche, wie
sie
sich im Vogel zeigt, nur eine Modification eines Schlusses durch Zusammen-
neigen von beiden Seiten ist, und dafs ich, um die Gleiehmäfsigkeit der Ausbil-
dung der Wirbelthiere einleuchtend zu machen, wohl vorläufig die Bauchbildung
als den einfachen Gegensatz der Rückenbildung darstellen durfte (dieser §. un-
ter nz.). Sollten Sie jedoch auf die Modification, die sich in der Nabelbildung
offenbart, mehr Gewicht
legen wollen, so brauchte ich blofs, der spätem Dar-
stellung vorgreifend, zu
bemerken, dafs bei vielen Wirbel ihieren, den Knochen-
fischen und Batrachiern zum Beispiel, gar keine wahre Nabelbildung ist und die
Bauchplatten des Embryo sogleich den ganzen Dotter umwachsen, ohne vorher-
gehende Abschnürung. Jene Embryonen sind aber vom Anfange an grofs im Ver-
hältnifs zu der Dottermasse. Die Embryonen der Vögel und Säugethiere sind im
Anfange sehr klein. Sie können den Dotter nicht so bald umgeben. Nur indem
sie früher sich nach unten zu schliefsen anfangen, als sieden Dotter zu umgeben
vermögen, entsteht der Vorgang,
den wir Abschnürung genannt haben, und erst
später tritt bei den Vögeln der anfänglich abgeschnürte allmählig kleiner gewor-
dene Dottersack in den Leib ein und wird nun von den Bauchplatten umgeben,
wie bei den Fischen gleich Anfangs. Die Nabelbildung also, statt ein Einwurf
gegen die Uebereinstimmung in der Ausbildung
des Rücken- und Bauclitheils zu

1  Die gesammte Uebersicht der Umwandlung des Keimes in den Embryo und seine Anhänge
habe ich in der
Taf. IV, Fig. 7 darzustellen versucht,

2  Auch Iiarnschnur.

IL K

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seyn, ist vielmehr eine Folge und also eine Bestätigung derselben. Die Bauch-
bildung kann hinter der Rückenbildung nicht zu weit zurückbleiben, und es er-
scheint daher eine Abschnürung, wenn der Dotter nicht bald genug umfafst wer-
den kann. Geschlossen wird der Bauch aber nicht eher vollständig, als bis der
Embryo der andern Theile des Eies nicht mehr bedarf.
o. jene Wir haben früher gesehen, dafs, wenn wir nur die wesentlichsten Unter-

teiltes Zu- schiede im Bau der Wirbelthiere ins Auge fassen, alle weniger hervorstechenden
sammenroi- Unterschiede aber schwinden lassen, der Leib der Wirbelthiere aus mehreren röh-

len der

Schichten renförmigen Primitivorganen besteht, von denen jedes einen wesentlichen Cha-
ren SoiTde" rakter hat. Wir fanden eine Röhre für die Aufnahme und Umwandlung fremden
ten^Röhren Joffes aus der Aufsenweit — der Darmkanal mit seinen Anhängen, eine umge-
siäid die Pri- bende und nach oben verlängerte Röhre fiir die Bewegung des neu aufgenommenen
des^Euiln-yo! Stoffes, das Gekröse — eine Doppelröhre für die Bewegung des Thieres selbst, —
die Fleischschicht, eine Röhre für sein inneres Leben, sein Begehren und Em-
pfinden — die Nervenröhre; und ganz nach aufsen eine Röhre zur Abgrenzung
gegen die Aufsenwelt — die Haut. (Vergl. diesen §. a.) Darauf haben wir ge-
funden, dafs im Keime sich Schichten über einander bilden, die allmählig einen
verschiedenen Charakter annehmen, und da diese Schichten die ersten Differenzen
sind, die im Keime auftreten, so wollen wir die Erzeugung derselben die
primäre
Sonderung
nennen (unter £.). So eben (m.) haben wir endlich noch gehört, dafs
eine besondere Art der Umwandlung, von der wir später bemerken werden, dafs
sie nur den Wirbellhieren zukommt — durch ein Zusammenwachsen über und
unter einer Axe diese Schichten in Rohren verwandelt, jedoch so, dafs zugleich
die Schichten sich bis in die Nähe der Axe in zwei Hauptblätter trennen, dafs nur
das obere Blatt mit seinen zwei Schichten an dem Schlüsse nach oben Theil hat,
den Schlufs nach unten aber alle Schichten erfahren, dafs endlich die Gefäfsschicht
sich zum Theil von der Schleimhautschicht trennt, ohne dafs diese irgendwo un-
bedeckt bliebe, und es ist nun kaum mehr nöthig hinzuzufügen, dafs die dadurch
entstandenen Röhren eben diese Primitivorgane sind, denn wir haben sie schon
so benannt.

p. In allen Aber fragen könnten Sie, was denn jene Axe sey, die wir die Wirbel-

orgTnen ist saile genannt haben? Sie ist nicht der gesammte Wirbelstamm, sondern nimmt
emeCentral- nur (]ie Mitte desselben ein, da die Wirbelkörper erst allmählig um die Wirbel-
eine Schlufs- saite sich herum bilden. Sie ist nur die (später verschwindende) Axe des Stam-
Taf^lli. mes e^Jen deshalb auch die Axe für die gesammte Bildung des Embryo, denn
Fig. 4 und 5. von j]ir aus schreiten alle einzelnen Bildungen fort. Schon das Zusammenrollen
nach oben und nach unten beurkundet dieses Verhältnifs, Dadurch wird sie,

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während sie ursprünglich nur die mittlere Axe in einer Fläche war, zur mittlem
Axe eines Körpers, indem das Peripherische in
der Fläche hier auch das Obere
und Untere des Körpers bildet. Durch diese Umbildungsart bleibt die Axe auch
die Mitte einer andern neu entstandenen Fläche, der Mittelebene des Körpers.
Diese Fläche aber ist nicht organisch repräsentirt, sondern sie ist nur ein räum-
liches Verhältnifs, und es liegt eben in dieser besondern Weise der Umbildung der
primären Sonderung, dafs die Mittelebene durch alle Primitivorgane durchgeht.
Einige liegen über, andere unter der allgemeinen Axe. Da aber alle Primitiv-
organe durch einen Schlufs erst zu Röhren geformt werden, so ist in jedem Primi-
tivorgane eine
Schlufslinie, in welcher die Verwachsung erfolgte. Es ist diejenige
Linie, welche in jedem Primitivorgane dem Rücken und dem Bauche am meisten
zugekehrt und von der Axe am weitesten entfernt ist (wie Taf. III. Fig. 5. uns
zeigt, wo für alle Primitivorgane, die wir hier im Durchschnitte sehen, die
Schlufslinien nach
m und n hin liegen). Die Haut hat sogar zwei Schlufslinien.
Alle diese Schlufslinien waren nicht nur ursprünglich peripherisch, sondern für
jedes einzelne Primitivorgan mehr peripherisch, als der übrige Inbegriff desselben.
Dagegen ist in jedem Primitivorgane auch eine
Centrallinie, welche der Axe des
gesammteu Thieres oder der allgemeinen Centrailinie am meisten zugekehrt ist.
Diese Linie war für alle eiuzelne Primitivorgane nie peripherisch, sondern ur-
sprünglich central. Sämmtliche Centrallinien liegen in der Mittelebene über ein-
ander und nicht sehr weit von einander. (In Taf. III. Fig. 5. liegen die Durch-
schnitte sämmtlicher Centrallinien in der Linie
x — (3). Nur die Haut hat als Pri-
mitivorgan keine Centrallinie, weil die Centrallinie, die ihr zukam, so lange sie
blofs horizontale Schicht war, jetzt als Centrallinie der Nervenröhre von der spä-
ter abgetrennten Haut entfernt ist.

Bedenken Sie nun, dafs alle Primitivorgane nur von einander gelöste Dar Pri-
Schichten sind, welche ursprünglich unter sich zusammenhingen, so wird es ^enthielt
Ihnen einsichtlich, dafs der Primitivstreifen eben nichts anders seyn kann, als der central-0116
Inbegriff aller dieser Centrallinien, und dafs also der Primitivstreifen unkenntlich ünien.
werden »mufs, wenn die Schichten sich mehr von einander lösen. Während nun
die Wirbelsaite weniger ist, als der Stamm der Wirbelsäule, nämlich nur
seine Centrallinie, ist der Primitivstreifen mehr als der Stamm, da er die Cen-
trallinien aller übrigen Primitivorgane enthält und den Primitivstreifen mit seiner
nächsten Umgebung, aus welchen die Wirbelkörper werden. ^
Die Ex

Bei jener EntWickelung der wesentlichsten Verhältnisse im Bau der Wir- tremitäten
belthiere,\' die uns auf die Primitivorgane führte, habe ich auf die Extremi- äufsere°ine
täten keine Rücksicht genommen, theils um die Uebereinstimmung im Bau der flicht"

K 2

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Rücken- und der Bauchtheile besser hervorheben zu können, theils um deutli-
cher zu zeigen, wie die ersten Vorgänge im Embryo auf die Ausbildung dieser
Hauptverschiedenheiten gerichtet sind. Im Embryo erkennt man aber in der
That die Extremitäten nicht, wenn die Rückenhälften schon ganz und die
Bauchhälften schon gröfstentheils vereinigt sind. Jetzt wollen wir nachträglich
auch auf die Extremitäten Rücksicht nehmen. Denken wir uns einmal die
vorragenden Theile der Extremitäten, nämlich die Hände, Unterarme, Ober-
arme, die Fiifse, Unterschenkel, Oberschenkel in sich selbst hineingescho-
ben , wofür ich die Rechtfertigung erst später geben werde, so wird nichts übrig
bleiben, als die Anheftung der Extremitäten an den Rumpf. Diese Anheftung
geschieht theils durch Knochen, theils durch Muskeln mit ihren Sehnen, die wir
wieder zusammen mit dem Ausdrucke Fleisch begreifen wollen. Bei allen Wir-
belthieren sind zwar höchstens zwei Paar Extremitäten am Rumpfe, allein die
Muskeln, die zu ihnen gehen, sind bei sehr vielen so weit ausgedehnt, dafs sie
zqsammenstofsen. Hiernach würden die Extremitäten mit ihren Wurzelgliedern
eine
äufsere Fleischröhre bilden, welche die beiden Fleischröhren des Rumpfes
einschliefst und für das Verhältnifs des Thieres zu seiner Umgebung bestimmt ist,
indem durch die Entwickelungen aus dieser Röhre das Thier fähig wird, seinen
ganzen Körper in oder auf einem Elemente zu bewegen. Dasselbe räumliche Ver-
hältnifs ist zwischen den Kiefern und dem Kopfe, mit
der geringen physiologi-
schen Modifikation, dafs die Kiefern, den Mund umgebend, zum Fassen und
Verkleinern der Speisen dienen 1).

Die erste Anlage der Extremitäten in den Embryonen der Wirbelthiere
rechtfertigt diese Ansicht ganz, denn sie erscheint auf jeder Seite als eine sehr
lange Leiste 2). Die Grenzen von der Basis dieser beiden Leisten nach oben und
nach unten lassen sich zwar nicht genau angeben, allein eben weil man nirgends
ein bestimmtes Aufhören sieht, darf man vermuthen, dafs sie, sehr dünn wer-

1  Nur um die Extremitäten nicht aus der Gesammtiibersicht auszulassen, wollte ich sie hier
nicht übergehen. Ich fühle aber sehr wohl, dafs sich die Verhältnisse ihres Baues nicht noch
kürzer fassen lassen, als im ersten Theile (s. Seite 181 — 197) geschehen ist, und fürchte
vielmehr, dafs selbst jene Darstellung für Diejenigen zu kurz aeyn wird, die nicht den bis-
herigen Versuchen, das Typische in der Skeletbildung aufzufinden, gefolgt sind. Mehr
werde ich von dem Wunsche erfüllt, denselben Gegenstand einmal noch ausführlicher zu be-
handeln und mit Abbildungen zu begleiten, als ihn noch kürzer zu fassen.

2  Ich habe seit der Herausgabe des ersten Bandes sehr deutlich gesehen, dafs am dritten Tage
die vordere und hintere Extremität jeder Seite zusammenhängen und zusammen nur
Eine
Leiste oder, um von der angenommenen Benennung nicht abzuweichen, Eine Platte bilden,
die vorn und hinten in einen höhern Wulst sich erhebt. Die ursprüngliche Ausdehnung nach
oben und unten bis zur Mitte des Rückensund des Bauches beruht mehr auf einer Einsicht
von der Notwendigkeit, als auf unmittelbarer Ansicht durch Beobachtung. Hierüber noch
ein Wort in einem Anhange.

-ocr page 85-

dend, auf der einen Seite bis zu den Kämmen der Rückenplatten und auf der an-
dern Seite bis zu den äufseren Rändern der Bauch platten reicht, eine Ausdehnung,
welche auch die spätere Ausdehnung der Wurzelglieder der Extremitäten nach-
weist. Hiernach würden die Extremitäten in der That zuvörderst eine äufsere
Fleischröhre bilden, welche beide Hauptröhren des Rumpfes einschliefst und
selbst nur von der Haut eingeschlossen wird. Allein diese äufsere Fleischröhre
wird erst kenntlich, wenn die Rückenplatten sich vereint haben. Sie ist das
Primitivorgan für die Extremitäten.

Diese äufsere Fleischröhre kann hiernach eben so wie die Haut keine Cen-
trallinie, sondern nur zwei Schlufslinien haben, denn mit einer Linie würde sie zwar
an dem Schlufs des Rückens und mit einer andern an dem Schlufs des Bauches Theil
haben, aber keine Linie wäre in ihr zu finden, welche der Axe des gesammten Kör-
pers anläge und in dem Primitivstreifen mit enthalten gewesen sejn könnte. Wir
brauchen blofs zu einer frühern Darstellung (dieser §. unter/.) zurückzukehren,
um uns klar zu machen, worin das begründet liegt.

Legen wir in der vorliegenden Figur die Fleischschicht der Rückenplatten
a h" und eben so die Fleischschicht der Bauchplatten a c" ganz flach aus einander,
so erscheint sie uns in ab und ac. Dann werden die Extremitätenplatten buc"
die Lage von bc haben, da sie, im Queerdurchschnitte betrachtet, von der
Schlufslinie des Rückens bis zur Schlufslinie des Bauches reichen.

c"

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Aus dieser Figur ist ersichtlich, dafs innerhalb des Keimes, vor Erhebung
der Rückenplatten, die Extremitätenplatten ihrer Lage nach die Fortsetzungen
der Rückenplatten seyn würden, wenn sie irgend vorhanden seyn sollten. Das
Daseyn der Extremitätenplatten ist für diese Zeit freilich nicht erweisbar. Da sie
aber sich später gar nieht bilden könnten, wenn nicht auf irgend eine Weise ihre
Anlage da wäre, so können wir wohl sagen, dafs durch das Zusammenrollen nach
oben und nach unten die Fleischschicht des Keimes
a c so getrennt wird, dafs ein
Theil
ab nach oben zur Bildung der Rückenwand ab" erhoben, ein anderer ac
zur Bildung der Bauchwand ac" nach unten geführt und ein dritter für beide be-
kleidend zur Bildung der Extremitäten verwendet wird. Die Extremitätenplat-
ten, für welche ursprünglich auch die Rückensaite die Centrailinie war, verlie-
ren daher bei der Umbildung zum Primitivorgan ihre Centrallinie, gerade so wie
die Haut. Diese beiden Primitivorgane nun, die Haut und die äufsere Röhre der
Fleischschicht, die in ihrer Bildungsweise übereinstimmen, indem sie von ihrer
ursprünglichen Centrallinie abgeschnitten werden, haben auch in ihrer physiolo-
gischen Bedeutung Uebereinstimmung, da sie es sind, welche sich unmittelbar
auf das Verhältnils des Thieres zur Aufsenwelt beziehen. Mit der Haut wird die
Aufsenwelt empfunden, mit den Extremitäten bewegt sich das Thier gegen die
Aufsenwelt, während ihre innern abgegrenzten Theile die Nervenröhre, so wie
die Rücken- und Bauchröhre der Fleischschicht, «ich auf das Thier selbst bezie-
hen. Die ursprünglichen Extremitätenplatten entwickeln sich sehr bald, jede in
zwei von einander sich sondernde leistenförmige Erhabenheiten (die vordere und
hintere Extremität); und aus jeder tritt dann eine Wucherung hervor (der vorra-
gende Theil der Extremität). Diese sondert sich wieder in mehrere Abschnitte.
Das führt uns zu der zweiten Form der Ausbildung, zu der wir jetzt übergehen.
b. Morpho- Ein ausgebildetes Wirbelthier besteht nämlich nicht wirklich aus gleich-

So^nderung. mäfsigen, in einander geschichteten Röhren. Wir haben den Bau der Wirbel-
f. Die ein- thiere auf den allgemeinen Charakter von mehreren um einen Stamm gesammelten
und einander einschliefsenden Röhren nur dadurch zurückgeführt , dafs wir uns
die einzelnen Modifikationen wegdachten, und dabei erkannten wir, dafs eine jede
Röhre eine ursprüngliche und wesentliche Verschiedenheit von den andern Röhren
zeigt. In der Wirklichkeit bestehen aber diese Primitivorgane wieder aus hete-
rogenen Abschnitten, die einen geringem Grad von Verschiedenheit unter sich
haben. Diese Abschnitte, die man Organe zu nennen pflegt, theilen den allge-
meinen Charakter der Röhre, der sie angehören, unterscheiden sich aber durch
untergeordnete Besonderheiten von den andern Abschnitten. So ist in der
Schleimhautröhre bei Luft athmenden Wirbelthieren ein Eingang (die Nase) und

zelnen Or-
gane sind
Abschnitte
Her Primi-
tiyorgane.

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ein Nebenast (der Athmungsapparat) zum Verkehr mit der Luft , der andere Ein-
gang zur Aufnahme und sein Kanal zur Verarbeitung der Speise bestimmt. In
diesem Kanale selbst ist ein Theil verengt und blofs leitend, die Speiseröhre; ein
anderer, der Magen, ist erweitert und vernichtet die Eigentümlichkeit der Spei-
sen; noch andere Stellen sind aus der Röhre herausgestülpt und verästelt. Sie
heifsen Drüsen (Speicheldrüsen, Leber, Pancreas) und übergiefsen den Speise-
brei mit umändernden Säften. Solche Abschnitte von einem gewissen Grade von
Eigentümlichkeit kommen in allen Hauptröhren vor. So sehen wir die Nerven-
röhre vorn zu einem Hirne verdickt, hinten zu einem Rückenmarke verdünnt.
Eben so sind auch im Hirne wieder untergeordnete Abtheilungen.

Alle diese Abschnitte, die durch gröfsere oder geringere Eigentümlichkeit t. Sie ent-v
von andern Abschnitten derselben Hauptröhre sich unterscheiden, sind bei der morpho"-11
Bildung der Primitivorgane noch nicht da, sondern es treten erst später in den fesrcuhne Son"
einzelnen Gegenden der letzteren die Besonderheiten auf. Diese Umwandlung
nenne ich die
morphologische Sonderung, weil sie das gleichmäfsige Primitivorgan
in heterogene Formen theilt.

So, glaube ich, müssen wir zuvörderst den Unterschied dieser beiden «. Zeitli-
Sonderungen auffassen. Nun wollen wir erst hinzufügen, dafs genau genommen häitnä^der
kein einziges Fundamentalorgan als ganz gleichmäfsige und vollständige Röhre Prären

, , . i "-1 und jnor-

auch nur kurze Zeit besteht. Die morphologische Sonderung tritt zwar immer phologi-
später auf, als die primäre; denn bevor die Schichten geschieden sind, ist keine dSungS°n~
Spur von Theilung in Organe, aber wohl beginnt der Anfang der morphologi-
schen Sonderung, ehe aus den Schichten, welche die primäre Sonderung erzeugt
hatte, vollständige Röhren geworden sind. So sieht man, schon wenn der Rücken
sich schliefst, das vordere Ende etwas verdickt und man kaun schon die Bildung
des Kopfes, und also auch des Hirnes, einigermafsen erkennen, wenn auch seine
hintere Grenze sich nicht bestimmen läfst, allein die Abgrenzung einer Haut-
schicht (aus der ja Hirn und Rückenmark werden) war bereits deutlich. Der
Speisekanal ist zwar schon in den Abschnitten geschlossen, welche nachher durch
spater eintretende Individualität sich scheiden, allein er ist noch nicht in seiner
ganzen Länge fertig, sondern in der Mitte noch ungeformt, wenn die Enden
schon anfangen sich umzuformen. — Dieses mag hinreichen, um in der Dar-
stellung des Einzelnen nicht irre zu werden.

Für die Ausbildung der verschiedenen Organe aus den Primitivorganen,
oder jenen zu Röhren umgewandelten primären Schichten, gelten gewisse allge-
meine Regeln, die wir kurz berühren wollen.

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v. Allmäh- Zuvörderst erhalten alle einzelnen Organe ihre Besonderheit erst allmählig,

duaHsirelr1" so dafs sie, je weiter zurück man sie in ihrer Ausbildung betrachtet, um so we_
morphologi ner vcm ihrer spätem Eigenthümlichkeit zeugen. So nimmt in allen verästelten
sehe Sonde - Organen die Verästelung zu. Sie sind im Anfange abgerundete kegelförmige Vorra-
rung" gungen, dann theilen sie sich an der Spitze und die Vertheilung schreitet allmählig
weiter vor. So sind ferner alle verengten Theile irgend eines gröfsern Apparates im
Entstehen (im Verhältnifs zu den verwandten Theilen) weiter und alle erweiterten
Theile sind früher enger, als im spätem ^Zustande. Der Magen z. B. ist, wenn er
kenntlich wird, nicht viel weiter als der Darm. Dagegen sind die Ausführungs-
gänge der Speicheldrüsen, der Leber, die Luftröhrenäste u. s. w. ungeheuer weit in
der
ersten Bildung. Auch die Schnabelspitze, der Unterschenkel, die Fufswurzel
und jeder andere im ausgebildeten Thiere verdünnte Theil ist Anfangs sehr dick. —
Es haben also mit Einem Worte alle einzelnen Organe früher eine rohere unbe-
stimmtere
Form, und die Wirksamkeit der fortgehenden morphologischen Sonde-
rung zeigt sich in der fortgehenden Ausbildung dieser Form. Hierdurch wird es
nicht nur anschaulich, wie die
Primitivorgane die Summe aller einzelnen Organe
sind, in die sie sich umbilden, sondern es wird auch unsere gewählte Darstel-
lung
gerechtfertigt, nach der wir alle Primitivorgane als ursprünglich gleichmä-
fsige Röhren zu betrachten verlangten, wenn auch die morphologische Son-
derung zum Theil in ihnen beginnt, bevor sie als Röhren vollkommen vollendet
sind. —

w. Variatio- Alle Ausbildung der einzelnen Organe beruht also auf einem modificirten

äufsern Wachsthume in einem gröfsern oder geringem Theile seiner Ausdehnung, und nur
morphologi- in der äufsern Erscheinung sind Verschiedenheiten. Ist der Abschnitt eines Fun-
schen Son- damentalorgans, welcher durch vermehrte Entwickelung nach dem Umfange sich
verändert, von ansehnlicher Länge, so erscheint uns eine solche Veränderung als

f o

eine Verdickung oder Vergrößerung, so die Bildung des Hirns und des Schädels.
Ist dagegen ein vermehrtes Wachsthum in die Länge, bei geringer Entwickelung
nach der Peripherie, so erscheint uns der Erfolg als Verdünnung, wie die Bil-
dung der Speiseröhre und des Rückenmarkes. Ist eine stark vermehrte Entwicke-
lung nur auf eine kleine Stelle eines Fundamentalorganes beschränkt, so erscheint
uns eine solche Entwickelung als ein selbstständiges Hervorwachsen, obgleich sie
im Grunde nichts ist als eine auf beschränkter Stelle sich äufsernde Vermehrung
des allgemeinen Wachsthums. Diese Wucherungen sind aber entweder hohl, so
dafs die innere Fläche des Fundamentalorganes in sie eingeht, oder nicht. Im er-
stem Falle bezeichnet man sie am deutlichsten mit dem Ausdrucke Her vorstülpung

oder

/

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oder Aussackung, im letztern Falle kann man sie ein Hervorwachsen nennen,
wenn die werdende Höhe bedeutend im Verhältnifs zur Basis ist, wie z. B. bei der
Entwickelung der Dornfortsätze, oder bei dem allgemeinen Ausdrucke „Wuche-
rung " stehen bleiben, wenn die Basis ansehnlich ist.

In diesen Modificationen der morphologischen Sonderung zeigen die einzel-
nen Primitivorgane durchgreifende Verschiedenheiten, denn wir werden bald se-
hen , dafs die Eigentümlichkeit jedes einzelnen Primitivorganes seiner morpholo-
gischen Sonderung einen bestimmten Charakter giebt. (§. 6
ee. und folg.) Vor-
her wollen wir aber noch einige allgemeine Verhältnisse dieser Art von Sonderung
ins Auge fassen.

Ueberall hat die gemeinsame Entstehungsweise der Primitivorgane auch auf A11nie\'

ne Einwir—

die fortgehende Ausbildung der einzelnen Besonderheiten aus ihnen den gröfsten kung der Bil
Einflufs. So scheint in allen Primitivorganen die Centrailinie zu fernem Bildungen der Primitiv
nicht geneigt zu seyn und alle besondere Bildung von der Centrailinie zurSchlufs- a,,f

linie weiter vorzurücken, nach demselben Wege, welchen auch bei der Entstehung logische Son
der Primitivorgane selbst die Entwickelung nahm. Auch bei den Ausstülpungen, derung*
die doch ursprünglich aus dem Primitivorgane heraus gerichtet sind, bemerkt
man diesen Einflufs, so dafs paarige Hervorstülpungen, wenn sie nur nicht der
Centrailinie sehr nahe hervortreten, wie aus der Medullarröhre die Sinnesorgane,
sondern der Schlufslinie näher sind, wie etwa die beiden ursprünglichen Leber-
gänge oder die Lungenäste, bald an der Schlufslinie selbst zusammenstofsen und
einen mittlem Stamm erhalten. Nennen wir nun den Weg, den irgend ein grö-
fserer oder kleinerer Theil bei seiner Ausbildung zurücklegt, seinen
Bildungsho-
gen
, so ist dieser Bildungsbogen für alle Theile, die gar nicht aus der Wand des
Primitivorganes hervortreten, ein unmittelbarer Abschnitt des Bogens von der
Centrallinie zu der Schlufslinie innerhalb des Primitivorganes, oder ein ursprüng-
licher Bildungsbogen. Organe, die aus der Ebene des Primitivorganes hervor-
treten, haben zuvörderst eine abweichende Richtung, allein dieselbe schliefst
sich allmählig immer mehr an die Richtung des ursprünglichen Bildungsbogens
an. Selbst Bildungen, die aus einem Primitivorgane durchbohrend in ein ande-
res dringen, erfahren diesen Einflufs, wenn auch in geringerm Maafse, so dafs
alle Bildungsbogen nach den beiden Schlufslinien gerichtet sind.

Auch scheint es mir, dafs alle paarigen Organe, welche symmetrisch ihren
Ort verändern, nach den Schlufslinien wandern; nicht umgekehrt*).

Ausführlicheres über diese Verhältnisse siehe im ersten Theile S. 170 u. s. w

IL L

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So viel über die morphologische Sonderung in Bezug auf das Verhältnifs von
der Centrallinine zur Schlufslinie in jedem Primitivorgane. Dieses Verhältnifs be-
ruht, wie Sie wissen, wieder auf einem ursprünglichen Verhältnisse von der
Mitte zur Peripherie, welches die Schichten der primären Sonderung in Röhren
umwandelte und jetzt bei der morphologischen Sonderung noch fortwirkt. Die
Mitte fiir die Entwickelung der Wirbelthiere ist aber nicht ein Punkt , sondern
eine Linie — eine Axe für die gesammte Bildung. Betrachten wir jetzt auch das
Allgemeine der
morphologischen Sonderung in Bezug auf die Ausdehnung inner-
halb dieser Axe!

Wir haben bisher nur von Abtheilungen gesprochen, die man Organe
nennt, deren Umfang bald grofs bald klein ist, und die in morphologischer Hin-
sicht keinesweges einerlei Bedeutung haben. Sie wissen aber, dafs noch andere,
unter sich mehr gleiche Abtheilungen, wenigstens in der animalischen Hälfte des
Leibes deutlich sind. Das Knochensystem zerfällt in hinter einander liegende
Wirbel. Diese bestehen aus einem Mittelkörper mit obern und untern Bogen,
denn wir haben schon gelernt die untern Bogen als den Gegensatz der obern zu
betrachten, wenn sie auch nicht immer mit den Mittelstücken, den Wirbelkör-
pern, ein ununterbrochenes Ganze bilden (§. 6 a.). Aehnliche Abtheilungen zeigt
das (animalische) Nervensystem. Einem Abschnitte des Centraltheils gehören im-
mer ein Paar nach oben und ein Paar nach unten gegen die Schlufslinien des
Rückens und des Bauches sich erstreckende Nerven, welche mit einander ver-
einigt sind, ehe sie mit dem Centraltheile in Verbindung stehen. Es bildet also
auch das Nervensystem eine Reihe von Ausbreitungen in der Form von Ziffer 8,
welche durch den Centraltheil zu einem Ganzen an einander gereiht sind. Die
benachbarten obern Nervenbogen und eben so die benachbarten untern Nervenbo-
gen sind aber auch unter einander durch hinüberlaufende
Fäden verbunden, so
wie die Wirbel, oder die morphologischen Elemente des Knochensystems durch
die schiefen Fortsätze zwar nicht unter einander verwachsen, aber doch an ein-
ander gefügt und durch das Periosteum wirklich verbunden sind. Eben so bilden
die Blutgefäfse Bogen nach oben und nach unten von einem Stamme ausgehend,
die Zwischenwirbel - und Zwischenrippengefäfse nämlich, wenn auch die letztern
in verschiedenen Regionen verschiedene Namen erhalten haben und zuweilen für
mehrere Wirbelabschnitte einen gemeinschaftlichen Stamm bilden, wie die Wir-
belschlagadern. — Auch diese Gefäfse, besonders die Venen, verbinden sich
durch Anastomosen. — Zwischen den Wirbeln ist nicht nur Knochenhaut,
sondern auch die tiefste Muskellage liegt nur zwischen den einzelnen Wirbeln.
Die mehr oberflächlichen Muskellagen verbinden freilich mehrere Wirbel, aber

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sie scheinen mir deshalb den Verbindungsmitteln in andern organischen Systemen
zu entsprechen.

Aus solchen hinter einander liegenden Wiederholungen besteht also zuvör-
derst die animalische Abtheilung des Leibes. Die Kunstsprache hat keine Be-
nennung für diese einzelnen Glieder. Am nächsten liegt wohl das Wort Wirbel,
allein dieses bezeichnet nur den Antheil, den das Knochensystem an einem solchen
Abschnitte hat. Ich schlage daher die Benennung:
morphologisches Element vor,
und bezeichne damit, dem Gesagten gemäfs, einen Wirbel mit einem benachbar-
ten Zwischenwirbelraume und allem was dazu gehört. Hiernach
besteht der
ganze Leib der TVirbelthiere aus einer Summe von morphologischen Elementen.
Da aber jedes morphologische Element einen Abschnitt der verschiedenen allge-
meinen Systeme enthält, so hat ein jedes solches System, oder in Bezug auf
Entwickelungsweise, jedes Primitivorgan seinen Antheil an den morphologischen
Elementen. Der Wirbel ist (mit seinem obern und untern Bogen) das morpholo-
gische Element für das Knochensystem. Ein doppelter Nervenring mit einem
Abschnitte von dem Centraltheile des Nervensystems ist das morphologische Ele-
ment des (animalischen) Nervensystems. So hat das Gefäfssystem seine morpho-
logischen Elemente, und zwar um so unverkennbarere und gleichmäfsigere, je
weiter wir in der Entwickelungsgeschichte zurückgehen. Wir dürfen also wohl
mit der Bemerkung schliefsen, dafs jedes Primitivorgan seine besondern morpho-
logischen Elemente hat, obgleich diese nie ganz von einander gesondert gefunden
werden.

Ferner mache ich auch darauf aufmerksam, indem ich Sie ersuche, immer Morpho-
noch auf den Bau der ausgewachsenen Wirbelthiere Ihre Aufmerksamkeit zu rieh- schütte, Ab
ten, dafs diese morphologischen Elemente weder in der Länge des ganzen Thie-
res sich völlig gleich sind, noch auch nach einem Ende in irgend einem Ver-
hältnisse stetig zu - oder abnehmen. Sie zeigen vielmehr gruppenweise gewisse
Besonderheiten, welche allen Gliedern dieser Gruppe zukommen. So bilden ei-
nige Wirbel mit sehr starker Entwickelung ihrer obern Hälfte den Kopf, und
andre mit vorzüglich verkümmerter Entwickelung der untern Hälfte den Hals.
Dann folgen andere mit starker Entwickelung der untern Hälfte, die den Rumpf
bilden und unter sich wieder nicht ganz gleich sind, so dafs sie besonders in hö-
hern Formen der Wirbelthiere wieder in zwei untergeordnete Abschnitte zerfallen,
und endlich bilden noch andere Wirbel, deren obere und untere Entwickelung
ziemlich gleich schwach zu seyn pflegt, den Schwanz. Um auch dieses Verhält-
nifs mit einem Ausdrucke zu bezeichnen, nenne ich diese Gruppen morphologi-
scher Elemente von einer gewissen Eigenthümlichkeit:
morphologische Abschnitte.

L 2

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Sie können einen gröfsern oder geringem Umfang haben, je nachdem eine be-
stimmte Modifikation sich mehr oder weniger ausdehnt oder in ihr neue Gegen-
stände sich entwickeln. So zerfällt der Leib der Wirbelthiere immer wenigstens
in einen Kopf und einen Rumpf, und beide Hauptabschnitte haben die Anlage
zu 2 Paar Extremitäten. Nicht so allgemein sind der Hals und der Schwanz.
Der Rumpf selbst wieder scheidet sich, jedoch nur in Säugethieren vollständig, in
Brust und Hinterleib.

dungswebe Was nun die Ausbildung dieser Verhältnisse anlangt, so werden die mor-

der morpho- phologischen Elemente im Embryo sehr früh fixirt, und sobald nur Knochen und
Elemente u. weiche Theile, Nerv und bewegliche Faser sich zu scheiden anfangen, geschieht
Abschnitte. es den Absätzen, die wir so benannt haben. Die Differenzen unter ihnen bil-
den sich sehr spät aus, so dafs im ersten Anfange nur der Unterschied bemerkt
wird, dafs die vordem morphologischen Elemente im Allgemeinen breiter sind,
als die hintern. Die Unterschiede aber, welche den einzelnen Gruppen derselben
eine gewisse Individualität geben, entwickeln sich viel später. Der Kopf z. B.
ist anfänglich gegen den Rumpf gar nicht begrenzt und die Brust hat eben so we-
nig ihren Charakter, da sie nicht das Herz und die Lungen enthält und nach un-
ten nicht geschlossen ist. Es sammeln sich also erst allmählig die ursprüng-
lich sehr ähnlichen morphologischen Elemente in heterogene morphologische
Abschnitte.

bb. In wel- Fragen Sie nun, in welchem Verhältnisse die morphologischen Elemente

hähnislrdie und morphologischen Abschnitte zu den Organen stehen, so kann ich darauf nur
morphologi- erwidern: in einem sehr verschiedenen. Ich müfste von Ihnen sehr mifsverstan-

schen Ele-
mente u. Ab-
den seyn, wenn Sie auch nur einen Augenblick geglaubt hätten, dafs die mor-

denOrganen phologischen Elemente und Abschnitte noch aufser den Organen im Körper wä-
stehen. ren. Da wir jeden Theil, der in Bezug auf seine Gestaltung oder seine Verrich-
tung eine gewisse Eigentümlichkeit hat, ein Organ nennen, so ist dieser Begriff
sehr schwankend und hat in morphologischer Hinsicht gar keinen bestimmten
Werth. Aus diesem Grunde eben scheint es notwendig, die Begriffe von mor-
phologischen Elementen und Abschnitten in eine wissenschaftliche Morphologie
einzuführen. Einige Organe bestehen nur aus einem einzigen morphologischen
Elemente, andere aus einem ganzen Abschnitte. Zugleich enthalten einige das
einfache oder mehrfache morphologische Element nur innerhalb eines Primitivor-
ganes, andere innerhalb mehrerer Primitivorgane. So gehört der Augapfel nur
Einem morphologischen Elemente an, das Hirn aber nimmt einen ganzen Ab-
schnitt ein, der wieder in mehrere Elemente zerfällt. Die Leber ist, trotz ihrer
ansehnlicheil Masse, nur die Entwickelung Eines morphologischen Elementes,

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während die kleine Schilddrüse zweien morphologischen Elementen anzugehöreil
scheint. —

Nach welchen Gesetzen die ursprünglich wenig verschiedenen morpho-
logischen Elemente sich in die Mannigfaltigkeit der Organe umwandeln, ist eine
wohl kaum noch ins Auge gefafste, aber doch für eine wahre, eindringende Er-
kenntnifs des organischen Baues ganz unabweisbare Aufgabe; denn es mufs einst
erforscht werden, welche allgemeinen Verhältnisse alle Einzelheiten bestimmter
Thierformen erzeugen. Nur einen kleinen Fingerzeig erlaube ich mir zu geben,
indem ich darauf aufmerksam mache, dafs das Nervensystem an seinem vordem
Ende sich in seinen einzelnen Abschnitten oder morphologischen Elementen mehr
individualisirt, nach hinten weniger, denn nach vorn haben wir die verschiede-
nen Abiheilungen des Hirnes und die Sinnesorgane, nach hinten ein fast gleich-
mäfsiges Rückenmark; dafs dagegen der Darmkanal sich nach hinten mehr in Ab-
theilungen individualisirt, denn vorn enthalten Mundhöhle und Speiseröhre meh-
rere ziemlich gleich bleibende morphologische Elemente, nach hinten aber wer-
den die Abschnitte heterogener. Es scheint mithin jedes Fundamentalorgan, in
der Region, in welcher es am meisten vorherrscht, auch eine höhere morpholo-
gische Sonderung zu erfahren.

Ich habe bei der Feststellung des Begriffes von den morphologischen Ele- ^ee. Morpho-
menten auf die vegetative Abtheilung des Leibes vorläufig nicht Rücksicht genom- mente in de*
men, sondern jene Elemente in der animalischen Abtheilung nachgewiesen und ^btheiiung.
sie dann stillschweigend auch in der vegetativen angenommen. Wir dürfen die
Frage jedoch nicht umgehen, in wie weit dieses geschehen durfte? Ich glaube in
jenem Verfahren Recht gehabt zu haben. Zwar sind die morphologischen Ele-
mente im Darmkanale des erwachsenen Wirbelthiers, besonders in der Mitte des-
selben, nicht mehr kenntlich, indessen sind sie an den Enden doch durch die
mehrfachen Paare von hinzutretenden Nerven und Blutgefäfsen noch angedeutet.
Je jünger aber das Thier ist, um desto deutlicher sind diese Abtheilungen. So
machen die Kiemenspalten mit ihren fünf Gefäfsbogen eine fünffache Gliederung
der Rachenhöhle ganz offenbar. Die Mitte des Darmes ist, je weiter wir im
Embryonenleben zurückgehen, um so mehr dem Anfangstheile desselben ähnlich
und läfst schon deshalb die Anlage zu einer Gliederung vermuthen. Diese wird
aber durch gewisse Verhältnisse noch kenntlicher gemacht. Sie wird unter andern
durch die erste Gcfäfsvertheilung angedeutet, am bemerklichsten bei den Säuge-
thieren. So lange in den Embryonen derselben der Darmkanal in dem gröfsten
Theile seiner Länge noch offen ist, ziehen sich an den Rändern desselben zwei Ve-
nen hinauf, die erst beim Eintritt in die sogenannte
Fovea cardiaca zu einem

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gemeinschaftlichen Stämmchen zusammenmünden. Diese Venen nehmen fast in
gleichen Abständen Aestchen auf *). Während sich aber der Nabel durch Verenge-
rung der offenen Bauch- und Darmhöhle mehr ausbildet, geht diese Regelmäfsig-
keit bald verloren, indem die kurze Verbindung beider Venen sich zu dem gemein-
schaftlichen Stämmchen der Dottersackvene rasch ausdehnt und jene 2 Venen nur
als untergeordnete Aeste derselben erscheinen, die immer mehr netzförmig sich
vertheilen. Da nun überdiefs eine andere Gruppe von Thieren, die Gruppe der
Glied erthiere, uns zeigt, dafs der Darmkanal, je reiner der allgemeine Typus aus-
geprägt ist, um so mehr auch Gliederung offenbart**), und dadurch den Beweis
liefert, dafs
diesem Primitivorgane überhaupt die Gliederung nicht fremd ist, so
glaube ich mit Recht behaupten zu können, dafs auch in den Wirbelthieren dem
Darmkanale und der gesammten plastischen Abtheilung des Leibes die Gliederung
in ursprünglich gleiche morphologische Elemente nicht absolut fehlt, sondern nur
in geringerm Grade beigegeben ist, sich aber allmählig immer mehr verliert.
dd. Die ve- Eben so verliert sich auch allmählig die Symmetrie der vegetativen Abthei-

fheiiung " lung des Leibes, besonders in der Mitte ihrer Ausdehnung. So lange nämlich
nererbUmbU~ der Darmkanal noch ein ganz gleichmäfsiges Primitivorgan ist, liegt er nicht nur
dang nnsym- eng an der animalischen Abtheilung an, sondern ist auch völlig symmetrisch. So
sind, um ein auffallendes Beispiel hervorzuheben, in sehr jungen Embryonen der
Säugethiere selbst die beiden herumschweifenden Nerven ganz gleich unter sich,
vollkommen seitlich gelegen und erst allmählig werden sie so umgeformt, dafs die
eine mehr vorn, die andere mehr hinten liegt und die rücklaufenden Aeste so ver-
schieden scheinen. Beim Eintritt der morphologischen Sonderung entfernt sich
überhaupt der Darmkanal, mit Ausnahme seiner beiden Enden, von der animali-
schen Abtheilung, und es entwickelt sich in ihm dann ein unsymmetrisches La-
gerungsverhältnifs aus dem symmetrischen. So wandern diejenigen
Organe, wel-
che mehr aufnehmend sind, nach rechts, diejenigen aber, welche mehr fortbe-
wegend sind, nach links. Hierdurch wird bewirkt, dafs die erstem nach
rechts
ziehen , die andern nach rechts stofsen. Es scheint nämlich dieser Lagerungsver-
änderung ein allgemeines Gesetz zum Grunde zu liegen, dafs alle lebendige Stö-
. ruug in den Wirbelthieren nach rechts gerichtet ist, sie mag aufserdem eine Rich-
tung nach vorn oder nach hinten haben. ***) Die Wesenheit der plastischen

Spätere Untersuchungen haben mich belehrt, dafs die zahlreichen und fast parallelen Geftffse,
die ich in der
Epistola de ovi marrimal. et hominis generi Fig, VII a abgebildet habe, Venen
sind , die auf jeder Seite in ein kurzes Stämmchen zusammenlaufen. Die entsprechenden Arte-
rien sind weniger sichtbar.
**j Man denke nur an
Nereis, Lumbriciis, Hirudo.

***) Ausführlich wird hierüber gehandelt im ersten Theile S. 213 u. folg.

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Abtheilung des Leibes besteht eben darin, den Stoff aus der Aufsenwelt aufzuneh-
men, ihn in organisch-lebendigen Stoff umzuwandeln und diesen fortzubewegen.
Wenn die organische Bewegung überhaupt eine vorherrschende Richtung nach
rechts hat, so werden eben durch diese Richtung nothwendig diejenigen Organe,
gegen welche die Bewegung gerichtet ist, oder welche mehr aufnehmend sind,
allmählig nach rechts, die Organe aber, von welchen die Strömung ausgeht, all-
mählig nach links gestellt werden, wie die Erfahrung in der That zeigt.

Hiermit hätten wir schon ein auffallendes Beispiel von dem Einflüsse, den ü\'eWe-

t ... f ii ..i i. i i i senheit jedes

die Wesenheit eines Primitivorganes auf seine allmählige Ausbildung ausubt. Prioritivor-
Verfolgen wir diesen Gesichtspunkt weiter, so finden wir bald, dafs das ur- fu"-^^die
sprüngliche Yerhältnifs eines Primitivorganes, die ihm seine Wesenheit giebt, An «einer

*■ ° _ . . morphologi-

auch die Art seiner morphologischen Umbildung bestimmt. Wir bemerken so- sehen Um-

gleich, dafs nur aus der Medullär röhre und dem Darmlanale hohle Wucherungen blIdnn£"
oder Ausstülpungen sich bilden, während die andern Primitivorgane nur solide
Wucherungen erleiden
. Medullarröhre und Darmkanal stimmen aber darin über-
ein, dafs sie die beiden innersten, eingeschlossenen Primitivorgane sind. In
beiden sind jedoch nur die nach aufsen gerichteten Wucherungen hohl, die nach
innen gerichteten solid. Es ist aber hier die
innere Fläche, welche immer an der
Wucherung Antheil nimmt.

So scheinen, wenn wir die einzelnen Primitivorgane durchgehen, um zu er- ff. Morpho-
kennen, wie ihr allgemeiner Charakter auf ihre morphologische Sonderung ein-
wirkt, die sogenannten Hirnganglien der neuern Anatomen nach innen gerichtete
Meduiiar-
solide Wucherungen der Medullarröhre. Die nach aufsen gerichteten Wucherun-
gen
desselben Primitivorganes sind von zweierlei Art. Einige drängen die Fleisch-
schicht vor sich her — die Hirnblasen. Sie haben einen gröfsern Umfang und
bleiben meistens hohl, obgleich sie allmählig an Höhlung verlieren, wie überhaupt
die gesammte Nervenröhre. Andere sind bestimmt, die Nervenröhre in nähere
Verbindung mit der Haut und dem vordem Ende der Schleimhaut zu bringen.
Dies sind die Sinnesorgane.
In die Fleischschicht mufs hier von der einen oder
der andern Seite eingedrungen werden. Die Hervorstiilpungen aus der Medullar-
röhre , die das Bedingende und Wesentliche für die Erzeugung der Sinnesorgane
sind, nehmen nur einen sehr kleinen Umfang derselben ein. Sie sind im Anfange
stets hohl, werden aber später häufig solid, indem die Wand der Hervorstülpung
sich verdickt. So wird der Augapfel von der Höhlung des Hirns abgesondert durch
Ausfüllung der Sehnerven und das innere Ohr durch Ausfüllung der Gehörnerven.
Die hohle Ausstülpung der Nervenröhre zur Bildung der Nase wird der Riechkol-
ben genannt, wenn sie hohl bleibt, wie in den meisten eigentlichen Vierfüfsern

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unter den Säugethieren, oder Riechnerv, wenn sie sich verschliefst, wie in den
höchsten Wirbelthieren, den Affen, und in den niedern Klassen der Wirbelthiere
fast aligemein.

düng dl"1Die liach

innen gerichteten Wucherungen aus dem Darmkanale, wie die ver-

Darmkanal«. schiedenen Falten, sind eben so wenig hohl, als die nach innen gerichteten Wu-
cherungen der Nervenröhre, indem die äufsere Wand des Darmkanals an ihnen
keinen Antheil nimmt. Dagegen werden die nach aufsen gerichteten Hervorbil-
dungen von der Gefäfssehicht und Schleimhautschicht gemeinschaftlich gebildet.
Sie sind nicht nur im Anfange hohl, sondern sie bleiben auch hohl. Hierin offen-
bart sich also ein merkwürdiger Unterschied zwischen den Ausstülpungen der Me-
dullarrölire und des Darmkanales, und dieser Unterschied beruht auf einem Unter-
schiede in der Wesenheit beider Primitivorgane. Die Medullarröhre scheint nur
hohl zu seyn, weil ihre Höhlung eine unmittelbare Folge ihrer Bildungsweise ist.
So wie aber die gesammte Medullarröhre allmählig an Höhlung verliert, oder ganz
solid wird, so auch ihre Ausstülpungen. Dagegen ist das Hohlseyn dem Darmka-
nale wesentlich und alle Ausstülpungen desselben beharren auch im Hohlseyn.
So liegt es auch im Charakter des Darmkanals, als eines Theiles der, ursprüng-
lich dem Dotter zugekehrten, Nahrung aufnehmenden Fläche des Thiers, dafs er
später, wenn der Dotter nicht mehr allein hinreicht, oder schon verzehrt ist, aus
der Aufsenwelt Nahrung aufnimmt. Durch die allgemeine Art der Ausbildung der
Primitivorgane wird aber der Darmkanal von der Aufsenwelt ganz abgeschlossen.
Ermufsalso, um mit derselben in Berührung zu kommen, die andern Primitiv-
organe durchbohren, und zwar nicht blofs bis zur Berührung mit der Haut, wie die
Sinnesorgane, sondern durch die Haut hindurch. Hierauf beruht die Bildung der
Mund - und Afterspalte, so wie der vorübergehenden Kiemenspalten *).

hh. Umbii- Dagegen sind die gesonderten Bildungen aus der isolirten Gefäfsschicht oder

dnng des Ge- i .. i . ° . ..

kröses/ dem Gekröse keine Ausstulpungen, insofern nicht eine innere Fläche dieses Pri-
mitivorganes, wie die Lücke des Gekröses sie empfänglich darbieten könnte, daran
Antheil nimmt. Diese Lücke, der Raum zwischen beiden Gekrösplatten (Taf. II.
Fig. 6 — 8 «.), füllt sich vielmehr sehr bald aus. Einige Bildungen werden aber
in so fern hohl, als ein Kanal von Schleimhaut sich später in sie verlängert und

Aus-

fc) Dafs für die Bildung dieser Spalten ein Hervordringen der Schleimhaut besonders wirksam ist,
kann man im Embryo des Frosches freilich deutlicher nachweisen, als im Embryo des Vogels.
Ich erinnere mich, dafs auch
J. Müller an einer Stelle, die ich nicht gleich wieder finden
kann , das ursprüngliche Verschiossenseyn des Mundes bezweifelt. Ich habe jedoch mich bei
Säugethieren , Vögeln, Fröschen und Fischen auf das Vollständigste hiervon überzeugt.

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Ausführungsgänge bildet, "wie für die vorübergehenden und bleibenden Nieren.
Anfserdem sind alle in so fern hohl, als sich in ihren Organen, durch histologische
Sonderung, (von der wir bald hören werden), hohle Gänge oder Gefäfse für das
BlutJbilden. Ein solches durch histologische Sonderung hohl gewordenes Organ
ist das Herz. Zu den Bildungen der Gefäfsschicht gehören ferner diejenigen, wel-
che vorzüglich aus Verzweigungen von Blutgefäfsen bestehen und die Weber
Blutdrüsen nennt, die Nebennieren, Schilddrüsen, die Thymus, die Milz. Ihre
Bildung scheint dadurch bedingt, dafs das Blut in verschiedenen Richtungen sich
vertheilt und sich dann wieder sammelt, während im Herzen nur eine grofse unge-
teilte Strömung ist. Ihnen fehlen die Ausführungsgänge. Aehnlich scheint mir
die erste Bildung der vorübergehenden Nieren, die aber bald ausführende Kanäle
erhalten. Auch die bleibenden Nieren so wie die zeugenden Geschlechtsorgane
stammen wohl aus diesem Primitivorgane.

Was aber die Umgestaltung des Primitivorganes selbst, abgesehen von sei-
nen einzelnen Wucherungen, anlangt, so scheint es nothwendig, diese besonders
ins Auge zu fassen, da ich annehmen darf, es werde Ihnen schwer seyn, indem
ausgewachsenen Wirbelthiere dasjenige Primitivorgan wieder zu erkennen, das
ich das Gekröse genannt und als eine durch die ganze Länge des Thiers hindurch
gehende Röhre, aus einer Gefäfshant gebildet, dargestellt habe (§. 6. o.). In
diesem Primitivorgane erhält die Substanz zwischen den Gefäfsen keine weitere
Ausbildung, sondern bleibt im Wesentlichen ungeformter thierischer Stoff, oder
das,
Avas die Anatomen Zellgewebe zu nennen pflegen. Sie sehen nun, dafs in
Gegenden, wo sehr viele Gefäfse vom Zellgewebe zusammengehalten werden,
wir bleibend eine Gefäfsschicht erkennen werden, dafs aber in Gegenden, wo nur
ganz einzelne Gefäfse übrig bleiben, wir nachher nicht eine Gefäfsschicht, son-
dern einzelne Gefäfsstämme im Zellgewebe sehen werden. Der Unterschied ist
nur ein relativer, das Ansehn weicht aber sehr ab. Im vordem Theile, wo E»ei
der Ausdehnung des Halses und dem Zurückweichen und Umbilden des Herzens
die Blutgefäfse sich in wenige und ziemlich lange Stämme sammeln, erkennen
wir später nicht mehr das ursprüngliche Verhältnifs. Die starke Entwickelnng
des Herzens und das Zusammenrücken seiner einzelnen Abschnitte hat ebenfalls
viel zur Veränderung der röhrigen Form beigetragen. Nach hinten macht das Zu-
sammenwachsen der Lücke des Gekröses, dafs später dieHauptstämme der Schlag-
und Blutadern hier nur in einer unförmlichen Masse Zellgewebe liegend gefunden
werden. Durch das Herabsteigen des Darmkanals von der Wirbelsäule wird aber
ein anderer Theil des Primitivorganes weit hervorgezogen und erscheint als ein
blattförmiges Gekröse. Man pflegt zwar in der beschreibenden Anatomie das Ge-
II. \' M

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kröse als aus zwei Blattern des Bauchfelles bestehend, zwischen denen Gefäfse und
Zellgewebe in Form eines Blattes enthalten sind, zu beschreiben. Morphologisch
richtiger würde man sagen: das Gekröse ist eine Gefäfshaut, die auf beiden Flä-
chen einen Ueberzug vom Bauchfelle hat, denn das
P eritonaeum ist, wie alle
serösen Häute, nichts als ein Ueberzug für eine innere Höhle. Eine solche Be-
schreibung wäre mit der Bildungsweise übereinstimmend.

ü. Umbiidug Noch entschiedener sind alle Wucherungen der aus der Fleischschicht gebil-

der verschie- ... . . . . .

denen Röh- deten Primitivorgane solide, indem die innere Fläche dieser Primitivorgane an der
Fleisch! Wucherung keinen Antheil nimmt, wenn auch einige später in sich hohl werden,
schicht. oder dadurch, dafs Verlängerungen aus dem Speisekanale in sie eindringen, wie
die
sogenannten Sinus der Nase im Kopfe der warmblütigen Wirbelthiere und die
Luftsäcke der Vögel im Rumpfe. Ferner ist zu bemerken, dafs die Fleischschicht
wohl keine Entwickelungen nach innen hat. Die Sattellehne und das Hirnzelt, be-
sonders das knöcherne, haben allerdings das Ansehn, als ob sie nach innen gehende
Wucherungen des knöchernen Theiles der Fleisschicht wrären, allein sie werden
nicht durch einige selbstständige Entwickelung der Fleischschicht erzeugt, sondern
dadurch, dafs das Hirn absatzweise in Blasen anschwillt, diese Blasen dann zu-
sammenrücken und hierbei das vordere Ende der Medullarröhre gleichsam zusam-
mengeknickt wird. Die Sattellehne und das Hirnzelt wird daher schon sehr früh,
nach vollendetem Zusammenrücken der einzelnen
Abschnitte des Hirns in ihrer
ganzen Höhe aus weicher Substanz gebildet. Die Verknöcherung erfolgt aber
deshalb erst später, weil überhaupt der Verknöcherungsprocefs ein späterer ist.
Allgemein sind dagegen die Entwickelungen der aus der Fleischschicht gebildeten
Primitivorgane nach aufsen. Die Fleischröhren des Rückens und des Bauchtheiles
wuchern besonders in der Mittelebene, es treten in allen Thierklassen die Dorn-
fortsätze , in den Fischen besonders noch die Flossenträger und die Strahlen der
Mittelflossen hervor, so wie mancherlei Stacheln und Kämme in der Mittellinie
des Bauches und Rückens auf derselben Metamorphose beruhen.

Die äufsere Fleichröhre wuchert eben so zur Ausbildung der Extremitäten.
In der Entwickelung dieser Theile ist besonders ein allmähliges Individualisiren
deutlich und sie bildet daher mehr selbstständige Organe, während die Wuche-
rungen der andern Fleischröhren nur untergeordneten Rang haben. Allein diese
Fortbildungen haben eine ganz andere Richtung als die übrigen, die von der Cen-
trallinie nach der Schlufslinie fortgehen. Die äufsere Fleischröhre hat gar keine
Centraliinie (§, 6. r.). Ihre Wucherungen gehen daher von einer Gegend zwischen
den Schlufslinien des Rückens und Bauches aus und von da sowohl nach beiden
Schlufslinien zur Bildung der Wurzelglieder, als auch nach aufsen zur Bildung der

• .Vi

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vorragenden Theile*). Die ursprünglich wohl ziemlich gleichmäfsige **) Fleisch-
röhre der Extremitäten erhebt sich hiernach in zwei Leisten, dann in vier längliche
Hügel. Ein jeder Hügel sondert sich mittelst eines werdenden Gelenkes in ei-
nen Wurzeltheil und einen vorragenden Theil. Der vorragende Theil sondert sich
in Landthieren wieder durch mehrfache Gelenke. Doch werden wir die Entwik-
kelungsweise der Extremitäten, deren wir hier nur erwähnen, um das Schema
derselben ins Auge zu fassen, näher untersuchen, wenn wir die Entwickelung der
Organe im Einzelnen verfolgen (§. 7. g.).

Was endlich das äufserste Primitivorgan oder die Haut anlangt, so hat diese Umbii-
in ihrer morphologischen Ausbildung wenig Selbstständigkeit, denn meistens wird Haut,
sie durch die Entwickelung der Fleischröhren bedingt. Indessen sind doch die
Ivarunkeln auf der Stirn oder der Nase einiger Yögel, die von den Rücken - und
Afterflossen einiger Fische (wie der Gattung
Zeus) auslaufenden Fäden selbstständige
nach aufsen gehende Verlängerungen der Haut in der Mittelebene. Aufser diesen
finden sich aber eben so vereinzelte nach innen gerichtete Entwickelungen — die
Hautdrüsen. Die äufsere Fläche der Haut
nimmt an diesen zuletzt genannten Bil-
dungen Theil, und wir können sie daher mit Recht als nach innen gerichtete Ein-
stülpungen ansehen. Sie sind bald in der Mittelebene, wie beim Babyrussa und
dem Moschusthiere, bald an der Seite, wie am Leibe vieler Jnsectenfresser (besonders
der Spitzmäuse) an der Schläfe des Elephanten, am Nacken des Kameeis. Von
anderer Art scheinen mir die innerhalb der Haut sich erzeugenden Bildungen, die
Schuppen, Haare und Federn. Sie sind eine Art von fester Ausscheidung, die mehr
oder weniger nach aufsen hervortritt, und scheinen zuerst einer andern Form von
Umwandlung, der histologischen, anzugehören***), zu der wir jetzt übergehen
wollen.

Schon im Verlaufe der zuletzt angestellten Betrachtungen haben wir Blutge-
fäfse, Nerven und Muskeln erwähnen müssen und wurden dadurch auf die dritte derung.
Form der Sonderung geführt. Um diese zu verstehen, müssen wir uns zuvörderst
erinnern, dafs wir in der bisherigen Darstellung der Entwickelung nicht auf die
Entstehung der Verschiedenheit des Gewebes, welche theils in den verschiedenen
Primitivorganen, theils in den einzelnen Organen sich zeigt, Rücksicht genommen
haben. Es mag jetzt geschehen.

*) Vergleiche die Seite 77 eingedruckte Figur, wo der Punkt, von dem die Bildung auszugehen
scheint, mit
a" bezeichnet ist.

**) Wenigstens in den höhern Wirbelthieren. In den niedern Wirbelthieren sind die Extremitäten
von Anfange an mehr von einander geschieden, weil hier die innern Fleischröhren mehr vorherr-
schen. Siehe die Anhänge.

Indem sich in der Haut die Wärzchen bilden, deren Product die Federn sind,

M 2

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n. Histoio- . Wir wissen, dafs der Embryo beim ersten Auftreten aus fast ganz homoge-
mente. Ie ner Masse besteht, die theils aus dunklen oder hellen Rügelchen oder Bläschen,
theils aus heller, blofs aus geronnener und nicht weiter geformter Masse zusam-
mengesetzt wird. So ist auch jedes einzelne Organ Anfangs in sich fast ganz ho-
mogen und erst später erscheinen in ihm Fasern, Blätter oder hohle Gänge. Die
Fasern werden unter sich verschieden, und überhaupt treten die Besonderheiten
des innern Gewebes auf.

Da die neuern Anatomen die Lehre von den Verschiedenheiten des Gewebes
mit den Namen der Histologie im Gegensatze zur Morphologie, der Untersuchung
der äufsern Gestaltung, belegt haben, so wollen wir die im Embryo auftretende
Scheidung in mannigfaches Gewebe die
histologische Sonderung nennen. Sie ist
eben so wenig als die früher betrachteten Formen der Sonderung eine Neubildung,
sondern nur eine Umänderung des schon Bestehenden, uiid zwar eine Scheidung
des Gleichartigen in verschiedene
histologische Elemente.

Im Allgemeinen tritt die histologische Sonderung später ein als die morpho-
ehes\'verhält" ? doch sind beide keinesweges der Zeit nach völlig geschieden, sondern

Hifs der hi- gehen gemeinschaftlich fort. Ja die Absonderung der Knorpel wird schon sehr
und°rno3Cpho- früh kenntlich, schon wenn der Rücken sich schliefst. Indessen nähert die Schei-
Sfniderung dung des ffcnjochensystems sich sehr der primären Sonderung, was ich schon frü-
her angedeutet habe und hier nicht weiter durchführen will, da es uns zu weit
ableiten würde.

dmi\'"B1Utb)1" Die Sonderung von Festem und Flüssigem gehört offenbar nur in diese Kate-
gorie — also auch die Blutbildung. Die Blutbildung ist Flüssigwerden von einem
Theile des Organismus. Der flüssig gewordene Theil des Organismus bewegt sich
zuvörderst gegen die Axe des Embryo; — das Blut hat also zuerst eine venöse
Strömung (was freilich in den sogenannten kaltblütigen Wirbelthieren leichter er-
wiesen wird als im Vogel), wird aber, so wie dieses Zuströmen entschiedene Bah-
nen erhalten hat, auf andern Bahnen auch wieder zur Peripherie zurückgestofsen.
Auf diesen Bahnen sondert sich eine feste Wand von dem Blute als seine Hülle ab,
und solche Wände sind die Gefäfshäute. Blut und Gefäfsbildung zeigen sich zuerst,
und einige Zeit hindurch allein, in derjenigen Schicht, die wir davon die Gefäfs-
schicht genannt haben. Allmählich äufsert sich aber dieselbe Metamorphose auch
im gesammten Embryo. Die flüssig gewordenen Theile gehen überall in die Bah-
nen, welche das Blut innerhalb der Gefäfsschicht sich gebildet hatte, und das in
die andern Schichten des Embryo eindringende Blut kommt aus den Arterien der
Gefäfsschicht. So ist denn bald das Gefäfssystem nicht mehr in einer einzelnen
dünnen Schicht enthalten, sondern es durchzieht, vielfach verästelt, den ganzen

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Embryo und einen grofsen T&efl seiner Haute. Es bilden sieli ßlütgefafse in allen
verschiedenen Schichten und allen einzelneu Theilen, so weit diese wahrhaft le-
bendig sind, und die Blutgefäfse müssen daselbst noch zwischen den jedem Organe
etgenthümlichen histologischen Elementen sich finden. Wie die ursprüngliche
röhrige Gefäfsschicht, die ein Primitivorgan bildete, allmählig ihre Gleichför-
migkeit verliert, haben wir
so eben (unter 7ih.~~) berührt. Aus dem jetzt Hinzu-
gefügten wird es Ihnen aber klar geworden seyn, wie bei weitem nicht alle Gefä-
fse aus dieser Schicht stammen, sondern alle an den Stellen selbst, an denen sie
sich bleibend zeigen, entstanden sind. Es finden sich sogar in späterer Zeit wahre
Gefäfshäute, welche keinesweges morphologische Sonderungen aus der ursprüng-
lichen Gefäfshaut sind. So bildet sich allmählig eine Gefäfshaut um die gesammte
Nervenröhre und ihre Verlängerungen in die Sinnesorgane und eine andere Gefäfs-
schicht in der Haut.

Recht deutlich wird das Wesen der histologischen Son&erung durch die Art , Muskel-

. ° mldinig

wie die Muskeln entstehen. Verfolgt man die Muskeln in ihrer Ausbildung, rück-
wärts bis zu einem Zustande, wo man kaum noch die Anlage zur Muskelbildung
erkennen kann, so findet man äufsersl weiche, von der Umgeljung kaum geson-
derte, nicht genau geformte, sondern absatzweise erweiterte und verengte, also
paternosterförmige, verhältnifsmäfsig ziemlich dicke Fäden. Sie sind entweder
in ihrer ganzen Länge vollständig, oder noch gar nicht sichtbar, wachsen also nicht
aus andern Muskeln hervor oder von einem Knochen zum andern, sondern entste-
hen in der Masse, die zwischen diesen Knochen liegt. Ihre Faden scheinen auch
nicht dadurch gebildet, dafs die Kügelchen, die schon früher in diesem Bildungs-
gewebe sich fanden, oder gar die Blutkiigelchen, wie Home glaubte, sich in Rei-
hen stellen, sondern die Fäden haben sich neu aus dem ungeformten Stoffe geson-
dert; denn immer findet man zwischen den Fäden noch die frühern Kügelchen.
Und je weiter zurück man die Muskelfasern verfolgt, desto ähnlicher findet man
sie am umgebenden Bildungsgewebe, bis man sie von diesem nicht mehr unter-
scheiden kann. Eben deshalb erscheinen sie zuerst paternosterförmig, indem
die Faserbildung im ersten Momente von der Bildung der elementaren Kügelchen
wenig verschieden ist. Diese Hervorbildung einer neuen Art des Gewebes ist es,
was wir histologische Sonderung nennen. Ich zweifle nicht, dafs jede zuerst
sichtbare Muskelfaser sich später wieder spaltet und also eigentlich ein werdendes
Bündel ist, denn die ersten deutlichen Fasern sind sehr dick, viel dicker als die
spätem. \'

Eben so wenig sind die einzelnen Nerven wirkliche Auswüchse aus der Ner- pp- Nerven-
venröhre. Sie werden vielmehr mit Ausnahme der Sinnesnerven, die (man eben blldung>

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defshalb als Theile des Hirnes selbst betrachten sollte, durch histologische Son-
derung als zusammenhängende Fäden in den andern Primitivorganen gebildet, in
dem animalischen Hauptblatte zu animalischen Nerven, in dem vegetativen Blatte
zu Nerven des vegetativen Systems.

So wiederholt überhaupt die histologische Sonderung dieselben Differenzen,
welche die primäre Sonderung gegeben hatte, und daher kommt es, dafs die Ner-
venröhre nicht alleiniger Nerv, sondern nnr der vorherrschende Nerv ist, dafs in
der Gefäfsschicht nicht allein Gefäfse sich bilden, wenn sie auch die Stämme ent-
hält, dafs die Fleischicht
nicht allein bewegende Muskelfasern hat, sondern diese
auch in der Gefäfsschicht um den
Darmkanal für die unwillkürliche Bewegung,
und im Herzen sich bilden. Ja die wesentlichen Differenzen der Primitivorgane
selbst werden erst durch histologische Sonderung vollständig ausgebildet. Aber
auch die morphologische Sonderung wiederholt dieselben Differenzen auf ihre
Weise. Sie macht, dafs in der Nervenröhre der vordere Theil, das Hirn, den
allgemeinen Charakter dieses Primitivorganes viel höher ausbildet, als der hintere
Theil oder das Rückenmark, dagegen die Fleischschicht sich im Rumpfe mehr aus-
bildet. Die Gefäfsschicht findet in der Brust, der Darmkanal im Hinterleibe die
höchste Ausbildung, obgleich alle diese Primitivorgane durch die ganze Länge des
Leibes gehen.

d. Gegen- Ueberblicken wir nun das gegenseitige Verhältnifs der drei Formen der Um-

häiSs der" bildung, so können wir doch das Allgemeinste davon, wenn wir uns erinnern,
der1 ümbii-" dafs die Primitivorgane nicht ursprünglich Röhren sind, sondern aus Schichten
zu Röhren werden, so aussprechen:

Die primäre, die morphologische und die histologische Sonderung wiederholen
dieselben Differenzen , die erste über einander, die zweite hinter einander und die
dritte in einander,

Die Folge davon ist, dafs diese Differenzen nicht absolut, sondern nur relativ im
Körper geschieden sind, indem dieselben Differenzen, welche als Hauptunter-
schiede in den Primitivorganen des Körpers sich entwickeln, als untergeordnete
Differenzen in den einzelnen Theilen wiederholt werden. Dieser Satz, hier nur
in Bezug auf die Wirbelthiere ausgesprochen, rnufs das richtige Yerständnifs der
Entwickelungsgeschichte begründen, indem er einsiehtlich macht, wie diePrimi-
tivorgane sich zu den organischen Systemen und einzelnen Organen, die unsere
Anatomie annimmt, verhalten. Es schien mir daher nothwendig, ihn der Bil-
dungsgeschichte der einzelnen Theile voranzuschicken. Um ihn verständiich zu
machen, glaubte ich mir erlauben zu müssen, von den Vögeln aus Blicke auf den

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Bau der übrigen Wirbelthiere zu werfen. Eine nähere Erläuterung dieses Satzes
scheint mir hier aber überflüssig, da ich ihn so ausführlich eingeleitet habe.

§• 7.

Entwickelang sw eise der einzelnen Theile des Vogels.

Vielmehr gehe ich jetzt, nachdem wir die allgemeinen Formen der Umbil-
dung kennen gelernt haben , zu der Bildungsgeschichte der einzelnen Theile des
Vogels über. Das zuletzt Vorgetragene wird dabei durch Verfolgung in die ein-
zelnen Vorgänge anschaulicher werden. Wir werden aber auch für die Darstel-
lung der Entwicklung der einzelnen Theile den Vorzug haben, uns kürzer fassen
zu können, indem wir von den allgemeinem Gesichtspunkten aus diese untersuchen
und die in frühern Betrachtungen gewonnenen Ausdrücke für die verschiedenen
Arten der Êildung anwenden werden. Auch nehme ich an, dafs es Ihnen nicht
sowohl auf eine Ausführlichkeit im Einzelnen und auf eine genaue Bestimmung
der Zeit*), als vielmehr auf eine lebendige Erkenntnifs der Art ankommt, wie
sich die Theile dés
Vogels aus dem frühesten Zustande, wo der Embryo nur aus
gleichmäfsigen Frim\'itivorganen besteht, hervorbilden. Auf dieEntstehungsweise
der Primitivorgane werde ich dabei nicht mehr zurückkommen, weil der Anfang
der Entwicklung für alle Theile gemeinschaftlich ist, und eben um diesen hier aus-
lassen zu können, habe ich ihn früher so ausführlich betrachtet. Ist Ihnen die
früheste Metamorphose, wie ich hoffe, einsichtlich geworden, so werden Sie
jetzt selbst die Geschichte jedes Theils bis zu, dem unbefruchteten Keim zurück-
führen können. Einige Wiederholung wird sich allerdings nicht
vermeiden las-
sen , da ich, um die morphologische Sonderung an sich und einige ihrer allgemein-
sten Gesetze verständlich zu machen, schon früher von der Umbildung in Organe
gesprochen habe. Indessen werden wir auch bei diesen Wiederholungen jetzt von
einem andern Gesichtspunkte ausgehen. Damals folgten wir der Umwandlung des
Keimes in die Primitivorgane, und der Primitivorgane in die einzelnen Organe spä-
terer Zeit, um zu sehen, was aus jenen wird. Es war eine Geschichte der Pri-
mitivorgane. Jetzt gehen wir von dem ausgebildeten Organismus aus und fragen:
wie sind seine verschiedenen Theile geworden ? Wir werden also die Geschichte
der organischen Systeme und einzelnen Organe verfolgen.

Auch werden wir hier nur die Entwickelungsgeschichte der Vögel berück-
sichtigen und später erst die Uebereinstimmungen und Unterschiede zwischen der
Entwickelung der Vögel und anderer Thierklassen aufsuchen.

■*) In diesen beiden Hinsichten verweise ich den Leser auf den ersten Theil.

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Das gesammte Skelett der Vögel bildet sich in den .Primitivorganen der
Fleischschicht.

Alle Knochen sind vorher knorpelig und dem Ivnorpelzustande geht wieder
ein anderer voran, wo die zukünftigen Knorpel aus zusammengedrängten, dunk-
len Körnchen bestehen. Das Knochensystem ist überhaupt vom Anfange an nur
das festere Gerüste des Leibes und die erste Anlage dazu ist eben nichts als eine der-
bere Ausbildung der Kügelchen an denjenigen Stellen, welche einst Knochen wer-
den sollen, innerhalb der ursprünglich weichen, aus kleinen Kügelchen oder Bläs-
chen und ungeformtem Stoife bestehenden, ziemlich gleichartigen Masse des Em-
bryo. Das Hellerwerden ist mit einer Auflösung der Kügelchen verbunden und
ein Uebcrgaiig in den ersten ganz weichen Knorpelzustand. Die Peripherie bildet
sich dann zur Knorpelhaut aus, während das Innere allmählig ein festerer Knor-
pel: wird. Jeder Knorpel ist gleich Anfangs ganz da, nicht etwa zur Hälfte, aber
unförmlich und bekommt später seine bestimmte Gestalt mit Vorragungen. Ein
stärkerer Zuflufs von Blut und ein Rauhwerden einer Gegend des Knorpels geht
seiner Verknöcherung voran. Die Verknöcherung schreitet in jedem einzelnen
Knorpel von der Mitte nach der Peripherie fort. Indessen finden sich bekanntlich
sehr häufig mehrere Verknöcherungspunkte in einem einzelnen Knorpel. So lange
diese
mehrfachen Verknöcherungen einander noch nicht erreicht haben, pflegt
man zu sagen, der Knochen bestünde aus mehreren einzelnen Knochen; ein Aus-
clruk, der meistens nicht richtig ist, indem der Knorpel, d. h. also der Knochen im
weichen
Zustande, ein ungeteiltes Ganzes bildet. Einige Knochen freilich sind
wirklich aus mehreren einzelnen Knochen zusammengewachsen, wie das Kreuz-
bein. Die inneru Höhlungen der Knochen fehlen im Ivnorpelzustande völlig und
sind nur eine Folge der Verknöcherung. Sie enthalten, wenn sie sich entwickeln,
Knochenmark. Nach der Geburt dringen aber in mehr oder weniger von diesen
Höhlen Luftsäcke ein und das Mark schwindet.

Die Gelenke werden mit den Knorpeln zugleich und zwischen ihnen durch,
histologische Sonderung erzeugt. Am deutlichsten läfst sich dieser Vorgang an
den Fingern und Zehen beobachten. Wenn das Endglied der Extremität eine
dünne Platte ist, sieht man in ihm so viele dunkle Strahlen entstehen, als sich
Finger oder Zehen bilden sollen, im Flügel des Hühnchens drei, im Fufse vier,
selten fünf. Diese Strahlen nehmen allmählig an Dunkelheit lind Dicke zu , wäh-
rend die zwischen
ihnen liegende Masse immer dünner und durchsichtiger wird
und daher das Ansehn eine£ Schwimmhaut gewinnt. In den Strahlen ist anfäng-
lich gar keine Gliederung. Diese tritt aber mit
der Verknorpelung ein, so däls
zwischen den fester gewordenen Massen der Knorpel Tröpfchen Flüssigkeit sich

samm-

b. DasKno-
chensystem
überhaupt.
a) Histologi-
sche Ausbil-
dung.

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97

sammeln. Die äufsere Begränzung dieser Flüssigkeit ist die Synovialhaut, und eine
gemeinschaftliche dunkle Scheide, die über die Knorpel und die Wasserbläschen
fortgeht, wird die Knochenhaut. Knorpel und Gelenke bilden sich also durch hi-
stologische
Sonderung innerhalb einer gleichmäfsigen Grundlage. Denselben Vor-
gang
beobachtet man, wenn auch wegen der geringem Durchsichtigkeit nicht so
deutlich, in der Gelenkbildung der obern Theile
der Extremität.

Was die Reihenfolge in der Ausbildung des Skelettes anlangt, so sehen wir ß Reihen -
die erste Ansammlung dunklerer Körner früher als irgend eine andere Bildungin Artbildung"
der Axe des Embryo, wo sie einen dünnen Faden bilden, den wir
Wirbelsaite Systems^e"
(Chorda vertehralis)*)
nennen. Die nächste Umgebung (die Scheide der
Wirbelsaite) wird dabei hell. Es ist also in der Axe eine histologische Sonderung.
Die Wirbelsaite wird dann hell und nimmt aflmählig an Dicke zu, bis sie den
Durchmesser einer ganz dünnen Darmsaite erreicht, erleidet aber weiter keine
Metarmorphose und wird um die Mitte des Embryonenlebens von den um sie her-
umwachsenden Wirbelkörpern ganz umschlossen und dadurch zerstört**). Bald
nachdem die
Wirbelsaite entstanden ist, zeigen sich, innerhalb der Rückenplatten
die Wirbelbogen in zwei getrennten Hälften, also paarige Flecken. Die ersten
erscheinen schon am Schlüsse des ersten Tages der Bebrütung. Darauf bilden sich
die Körner-Häufchen für die Knorpel der untern Bogen und zuletzt für die Knor-
pel der Extremitäten. Zugleich ist die Verknorpelung vorn etwas früher als hin-
ten, so dafs in der Wirbelsäule die Schwanzwirbel später und die hintersten zuletzt
sich zeigen, die Knorpel der
vordem Extremität früher da sind, als die entspre-
chenden Knorpel der hintern. Indessen ist diese Reihenfolge nicht
so vollständig,
dafs die Knorpel des Kopfes sich am frühesten bildeten. Die ersten Wirbelbogen
sieht man hinter dem Kopfe in der Gegend, in der auch zuerst die Kämme der
Rückenplatten sich an einander legen***).,- Beides scheint mir daher zu rühren,
dafs das vordere Ende der Rückenfurche schon jetzt etwas von dem Einflüsse des
allerdings noch nicht selbstständigen Hirnes erfährt, einem Einflüsse, der die Sei-
tenwände dieser Furche hier aus einander treibt und bewirkt, dafs überhaupt die
innere Fläche desselben, (der Hintertheil der werdenden Markplatten) die Fleisch-
schicht in der Entwicklung überwiegt und zurückhält. — Die Reihenfolge in
__—

*) Die Wirbelsaite habe ich in der Darstellung der Entwickelungsgeschichte des Hühnchens (im er-
sten Theile dieses Werkes) und in der Epistola de ovi m am mal. gencsi Rückensaite
{Chorda dorsalis
) genannt. Ueber den Vorzug der Benennung Wirbelsaite siehe die Vorrede
zum
ersten Theile.

**) Ausführlicher über die Wirbelsaite siehe Theil I. S, 15. 125»

***) Vergl. Erster Theil. S. 17. 22. 23.

IL N

< s I

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der Verknöcherung stimmt nicht ganz mit der Reihenfolge in der Verknorpelung,
denn die langen Knochen der Extremitäten verknöchern zuerst*). Doch kann man
auch nicht sagen, dafs regelmäfsig die von der Axe entfernten Knochen zuerst ver-
knöcherten, denn ich habe mit Bestimmtheit und gegen die gewöhnliche Meinung
gefunden , dafs in den Wirbelkörpern früher Verknöcherungen sich finden als in
den
W\'irbelbogen**). Die erstem sind nur so versteckt , dafs sie schwerer aufge-
funden werden. Vielmehr scheint das Gesetz für den Fortschritt der Verknöche-
rung auf einem doppelten Verhältnisse zu beruhen, der Fortschritt der Verknorpe-
lung aber auf einem einfachen. Die Verknorpelung geht nämlich nach der Rich-
tung der Bildungsbogen oder der allgemeinen Richtung der Ausbildung im Stamme,
also von der Axe
zur Peripherie und in den Extremitäten von dem Wurzelgelenke
in das Wurzelglied und in den vorragenden Theil. Die Verknöcherung folgt ei-
nes Theils demselben Gange, andern Theils verknöchern aber auch diejenigen
Knorpel rascher, die gerade in stärkerer Entwickelung begriffen sind, wenn die
Fähigkeit
zu verknöchern nicht blofs von dem einzelnen Knorpel, sondern auch
von der ganzen Ausbildung, namentlich von der Menge des vorräthigen Blutes ab-
hängt. Fun geht aber dem Momente, wo die Verknöcherung eintritt, die stärk-
ste Entwickelung der Mittelglieder der Extremitäten vorher, und zwar ist sie im
Vogel lebhafter in der Extremität als in der vordem, weshalb die erstere noch frü-
her verknöchert.

Die Wirbelsaite bildet sich, wie wir bemerkten, nicht zu dem gesammten
e. stamm Stamme der Wirbelsäule aus. Zwar vergrofsern sich die beiden Hälften der An-

der Wirbel-

säuie. läge zu den Wirbelbogen auch nach unten ***), doch scheinen sie nicht allein den

Wirbelkörper zu bilden. Vielmehr glaube ich erkannt zu haben, dafs hier un-
terhalb der Wirbelsaite sich für jeden Wirbelkörper ein eigenes Körnerhäufchen
und also ein eigener Verknorpelungspunkt erzeugt, der bald die obern Bogen er-
reicht. Ich habe zwar diesen Vorgang noch nicht in allen einzelnen Momenten
verfolgen können, weil man die erste Verdunkelung nur in
dünnen Schichten er-
kennt, in dieser Gegend aber der Embryo nicht nur am dicksten ist, sondern auch
die Wirbelsaite die Ansicht verdeckt, die früheste Bildung der Wirbelkörper
sich also nur durch sehr sorgfältige Zerstörung und Aufopferung vieler Embryonen
der ersten Zeit beobachten liefse; indessen spricht schon die spätere
Yerknöche-
rungsw eise für diesen Fortgang der Verknorpelung, freilich ohne ihn zu bewei-

*) Theil I. S. 110 u. S. 125.

**) Theil I. S. 125.

***) Theil. I. S. 74,

\' >

-ocr page 107-

«

99 s ■

sen*). Dafs die Wirbelkörper ihren eigenen Verknöcherungspunkt haben, ist
schon oben bemerkt.

Die obern, oder schlechthin sogenannten Wirbelbogen bilden sich aus zwei
Hälften, indem in beiden Rückenplatten gegenüberliegende Häufchen von dunlc- gen.
lenKörnern entstehen, die eine ganz kurze Zeit hindurch unregelmäfsig sind, sehr
bald aber ziemlich regelmäfsig viereckig werden. Diese beiden Hälften der Wir-
belbogen erheben sich allmählig in die Kämme der Rückenplatten, erreichen ein-
ander von beiden Seiten aber erst am fünften Tage, lange nachdem die Rücken plat-
ten sich vereinigt haben. Durch ihre Vereinigung wird der Wirbelbogen vollständig,
und nun erst wächst aus der Vereinigungsstelle für jeden Wirbel ein Dornfortsatz
hervor. Schon vor der Vereinigung nämlich ist der Wirbelbogen aus dem körni-
gen Zustande in den knorpeligen übergegangen. Die Verknöcherung schreitet
eben so gegen die Dornfortsätze fort. Die Ausbildung des Schädels, als der Summe
der vordersten Wirbelbogen, ist im Allgemeinen dieselbe und wird nur durch die
starke Ausdehnung des Hirnes modificirt. Die gewöhnliche Angabe, dafs die
Schädeldecke lange häutig bleibe, ist nämlich dahin zu deuten, dafs der Theil,
welcher in den Rückenwirbeln die Mitte des Bogens und den Dornfortsatz bildet,
hier sehr ausgedehnt und verdünnt ist. Die vollständige Durchsichtigkeit dieser
sogenannten Haut kommt eben von ihrer knorpeligen Beschaffenheit. Es scheint
wenigstens der gröfste Theil des Schädels in der innern Organisation ein Ganzes,
und nur durch Gestaltung äufserlich in morphologische Elemente getheilt. Dage-
gen sind die Wirbel des Kreuzbeins anfänglich eben so getrennt wie die andern
Wirbel, und nur der Einflufs der hintern Extremität scheint ihre endliche Ver-
wachsung zu bedingen**).

. In den untern Wirbelbogen (wir haben uns früher [§. 6. «.] über diesen Aus- wi^bo*
druck verständigt) scheinen Queerfortsätze und Rippen ein Ganzes zu seyn, so so-
lange sie nur aus körniger Masse bestehen, und erst später durch ein Gelenk sich
zu trennen, sobald der Knorpelzustand sich auszubilden anfängt. Dafs die Rippen
sich stärker entwickeln als die untern Bogen in andern Gegenden des Leibes , hängt
mit der allgemeinen Metarmorphose zusammen, welche den Leib in verschiedene
morphologische Abschnitte sondert, von denen einige stärker sich ausbilden als
andere; denn dafs die Entwickelung der Rippen nicht selbstständig ist, sondern
dem allgemeinen Wachsthume sich unterordnet, geht schon daraus hervor, dafs
die Bauchenden der Rippen, je jünger der Embryo ist, um so mehr nach vorn ge-

*) In den Fischen ist die Verknorpelung der Wirbelkörper über und unter der Wirbelsaite gans

augenscheinlich und unläugbar.
**) Vergl. Theil
I. S. 17. 64. 74. 84. 94.

N 2

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richtet sind. Da nämlich der Nabel die ursprüngliche Peripherie des Leibes ist,
so wachsen die gesammten Bäuchplatten und eben so die Verknorpelungen inner-
halb derselben alhuählig nach dem Nabel hin. Dieser aber ist anfangs sehr weit.
So ist das Brustbein im ersten Drittheil der Brütezeit noch ungemein kurz. Die
Kippen sind also nach vorn gerichtet. So wie das Brustbein sich immer mehr
gegen den Nabel verlängert, so zieht es die Bauchenden der Hippen auch mehr nach
hinten1). Die tiefern Gesichtsknochen bilden sich in dem vordersten Ende der
Bauchplatten und sind also die untern Wirbelbogen des Kopfes2).

/. Schwanz. Ueber die Schwanzbildung wollen wir hier nur noch bemerken, dafs im er-

sten Momente kein Schwanz da ist, indem die verdauende Höhle eben so weit
reicht als die
Wirbelsäule, dafs dann aber der Darmkanal sich etwas zurückzieht
und allmählig noch mehr die Wirbelsäule über das Ende des Darmkanales sich
verlängert und in dieser Verlängerung bald die Wirbelabtheilungen des Schwan-
zes sich zeigen. Man kann also mit Recht sagen, dafs der Schwanz
mit seinen
Knochen, Muskeln u. s. w. hervorwächst oder eine Wucherung der animalischen
Abtheilung des Leibes über die vegetative ist.
g. Extremi- J)]e Extremitäten des Rumpfes sind Wucherungen einer auf den Bauch- und

täten*

Rückenplatten liegenden Schicht, die man an den beiden ersten Tagen nicht er-
kennt , wohl aber schon am Uebergange in den dritten Tag. Wir haben sie des-
halb schon als eigenes Primitivorgan betrachtet (§. 6. r.) und die äufsere Fleisch-
röhre genannt, ohne damit bestimmen zu wollen, ob dieses Primitivorgan so früh
da war als die andern, oder sich später gesondert hat. Wir bemerkten auch,
dafs, nachdem man eine ganz kurze Zeit hindurch auf jeder Seite einen Wulst in
der ganzen Länge des Rumpfes beobachtet hat, jeder Wulst sich in zwei getrennte
Leisten, eine vordere und eine hintere sammelt, indem die Mitte unkenntlich wird,
dafs von der Basis
dieser Leisten aus eine Entwickelung nach oben, nach unten und
zugleich nach aufsen fortschreitet. Die Entwickelung nach oben und nach
unten
erzeugt den Rumpftheil der Extremität (Schulter und Becken). Der Ausgangs-
punkt dieser Entwickelung ist das Wurzelgelenk (Schulter und Hüftgelenk). Ver-
gleiche den Holzschnitt S. 77, wo
d" der Ausgangspunkt der Entwickelung ist.
Die Entwickelung nach aufsen erhebt den Kamm jeder Leiste zuerst in ein Blatt.

1  Noch auffallender ist die Lagenveränderung der Rippen in den Säugethieren, da in den Vögeln
auch
im erwachsenen Zustande derjenige Theil des Brustbeins, an welchen sich Rippen setzen,
kurz ist. Dieses Verhältnifs haben vielleicht Diejenigen nicht lebhaft genug
vor Augen , die über
die Deutung des Skelettes Licht
zu verbreiten suchen. Es scheint mir", dafs man nicht immer
sich daran erinnert, dafs das Skelett selbst nur ein Ausdruck der Gesammtorganisation ist, son-
dern ihm stillschweigend zu viel Selbstständigkeit zuschreibt.

2  Theil I. S. 25.

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Das Blatt theilt sich dann in einen Stiel und eine Platte (Mittelstück und Endglied).
Im Stiele bildet sich innerlich ein Gelenk und äufserlich ein nach aufsen gerichte-
ter Winkel (das
Mittelgelenk). Während früher der ganze vorragende Theil nach
aufsen und etwas nach hinten gerichtet war, ist jetzt nur die obere Abtheilung
des Stiels (das obere Mittelstück) nach aufsen gerichtet, das untere aber richtet
sich
immer mehr nach unten und etwas nach innen, so dafs die Bänder der an
Breite rasch zunehmenden Platten einander entgegengekehrt werden. Bis hier-
her ist die Entwicklung beider Extremitäten einander gleich, mit dem Unter-
schiede jedoch, dafs die hintere immer in derEntwiclcelung etwas zurückbleibt.—
Dafs
nun in den breiter gewordenen und dabei fast runden Platten des Endgliedes
dunkle Strahlen sich bilden, und in den Strahlen Knorpel und Gelenkblasen sich
erzeugen, haben wir so eben (§.
7. a. cc.) gehört. Es bleibt nur noch hinzuzufü-
gen, dafs die Knorpelkerne gegen die Bänder vorschreitet, so dafs zuerst die Knor-
pel der Mittelhand- und Mittelfufsknochen, dann die erste Gliederreihe, darauf
die zweite u. s. w. sich bilden. Wir wollen ferner noch darauf aufmerksam ma-
chen, dafs der später bemerkliche Längenunterschied der Strahlen Anfangs nicht
da ist,
denn wenn auch der erste und letzte Strahl in jeder Platte um ein Unbedeu-
tendes kürzer ist, so hängt dieser Unterschied nur von der allgemeinen Gestaltung
der Platte ab. Dafs dagegen die Zahl der Strahlen vom Anfang an die bleibende
ist, haben wir ebenfalls schon bemerkt, wir fügen aber noch hinzu, dafs in der
Mittelhand und dem Mittelfufse sich eben so viele Knorpel erzeugen, als Finger oder
Zehen da sind, indem jene Theile an den Strahlen Antheil haben. Erst sehr viel
später verwachsen die vier Knorpel des Mittelfufses und die drei Knorpel der Mit-
telhand zu einem Knochen. — Bald entwickelt sich in den Extremitäten ein Ge-
gensatz innerhalb der Uebereinstimmung; die Mittelgelenke kehren sich nämlich
einander zu, so dafs nun die vordem Endglieder nach vorn, die hintern nach hinten
gerichtet werden. Dann werden die Endgelenke selbstständig und zeigen densel-
ben Gegensatz; das vordere bildet einen vorspringenden Winkel nach vorn, das
hintere nach hinten. Die Spitze des Flügels richtet sich also nun nach hinten, die
Spitze desFufses nach vorn. Auch fängt die hintere Extremität, die früher gleiche
Länge mit der vordem hatte, rascher zu wachsen an. Der Daumen der hintern
Extremität beginnt nach hinten abzuweichen. In beiden Extremitäten wachsen die
Finger oder Zehen aus der verdünnten Haut der Platte hervor, und diese bildet nun
eine Art Schwimmhaut, die besonders an der hintern Extremität ansehnlich ist.
Zuletzt erscheinen die Nägel1), und die Schwimmhaut bleibt endlich als blofse

1  Theil I. S. 63. 74. 84. 94. 108. In Bezug auf die Benennung der Theile vergl. S. 181—197.

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Spannhaut in den Hühnern zurück; in den Schwimmvögeln wird sie gröfser und
heifst Schwimmhaut.

Aehnlich ist die Bildung der Kiefern und wesentlich nur dadurch ab-
weichend, dafs ihre Enden nicht so abstehen vom Kopfe, wie die Endglieder
der Rumpf-Extremitäten vom Leibe. Zur Bildung des Oberkiefers zeigt unter
deni Auge eine Verdickung eine beginnende Wucherung an. Beide Wuche-
rungen (die Oberkieferhälften) verlängern sich gegen die Nasengruben. Zwischen
die Nasengruben tritt dagegen eine Vorragung von der Stirngegend — der soge-
nannte
Stirnfortsatz -— herab, eine Verlängerung der Wirbelsäule, wie sie hin-
ten im Schwänze ist. Dieser Stirnfortsatz ist anfangs breit, jedoch von den beiden
Hälften des Oberkiefers getrennt (es ist,\'also doppelter Wolfsrachen da), dann
schliefst er sich an sie an, nicht mit der Spitze, sondern mit zwei kleinen , seit-
lichen Vorragungen, und die Mitte wächst zu einer dünnen Spitze aus*). Der Un-
terkiefer entwickelt sich aus den vordersten Kiemenbogen durch eine Wucherung
der äufsern Fläche, so als wenn am Leibe die Extremitäten, statt frei hervorzu-
wachsen, an die Rippen sich anklebten**). Die untere Schicht aber, die in die-
ser Region die Bauch platten fortsetzt, erzeugt das Zungenbein, eine Wiederholung
der Rippen.

Das Nervensystem der Vögel, so wie überhaupt aller Wirbelthiere, besteht
aus
zwei Abtheilungen, einer vegetativen und einer animalischen. Die animalische
Abtheilung läfst uns wieder einen Centraltheil und peripherische Fäden erken-
nen, — Der Centraltheil wird gebildet durch eine Abblätterung von der innern
Fläche der Rückenplatten im weitern Sinne des Wortes, also durch primäre Son-
derung. Die peripherischen Fäden der animalischen Abtheilung bilden sich hin-
gegen durch histologische Sonderung in der Fleischschicht und eben so die ge-
sammte vegetative Abtheilung in dem Vegetativen Hauptblatte. Dabei ist wohl
nirgends ein Verwachsen oder Zusammenschmelzen ursprünglich getrennter Theile.
Zwar sieht man mehrere Tage hindurch keine Nerven-Insertionen an der Seite des
Rückenmarkes. Allein da das letzte scheidenlose Ende der Nerven ungemein zart
seyn mufs, so wird es kaum möglich seyn, beim Abtrennen des noch eng an der
Wand seines Behältnisses anhaftenden Rückenmarkes diese Fäden zu erkennen.
Hat man doch die Nervenanfügung an das frei liegende Rückenmark der
Petromy-

" *) Theil I. "s. 78. 84. 95.

**) Im Grunde würde man sich wohl noch richtiger ausdrücken, wenn man sagte, auf den beiden
vordem Kiemenbogen bildet sich die hintere Kopf-Extremität, denn die vermehrte Wucherung
sieht man deutlich an beiden. Nun findet man den Knorpel des Unterkiefers allerdings nur im
ersten Kiemenbogen,
so lange diese sich noch unterscheiden lassen, allein so wie wir zu den
Extremitäten auch ihre Muskeln rechn en , sollten wir es auch mit dem Unterkiefer thun , und
dann liegt er wohl auf den beiden ersten Kiemenbogen, Ihre Gemeinschaft in der Wucherung
ist augenscheinlich,

h. Kiefern.

i. Das Ner-
vensystem.
Peripheri-
scher Theil
desselben.

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an

108

zonlen so lange übersehen, bis Carus sie entdeckte] Das enge Anliegen des >
Rückenmarkes in der
ersten Zeit macht uns auch die Möglichkeit, ja die Not-
wendigkeit der ursprünglichen Verbindung klar. Bedenkt man nämlich, dafs
das Rückenmark am zweiten Tage nicht viel mehr, als die innere Fläche der ver-
wachsenen Rückenplatten ist, dafs auch am dritten Tage,
wo es doch schon eine
selbstständige Organisation hat, seine äufsere Fläche noch so eng an der Wand an-
klebt, dafs sie ohne gewaltsame Mittel sich nicht löst, so sieht man leicht ein, dafs,
wenn in der Entwickelung eine Notwendigkeit liegt, zwischen zweien Wirbeln
ein Nervenpaar zu erzeugen, dieses Nervenpaar oder die erste Spur seines Werdens
bis an das Rückenmark reichen rnufs. Ja man überzeugt sich leicht, dafs bei
dem gewaltsamen Abtrennen des Rückenmarkes von der Wand die Nervenwurzeln
unkenntlich werden müssen , denn nur durch das Zurücktreten des Rückenmarkes
von der Wand seines Behältnisses werden diese Wurzeln ausgezogen und man könnte
in gewisser Hinsicht sagen, dafs sie früher gar nicht da sind *). Eben so wenig
bedarf das plastische Nervensystem einer Anknüpfung an das animalische, da das
vegetative und das animalische Hauptblatt unter der Wirbelsäule sich gar nicht von
einander trennen, eine histologische Sonderung also von Anfang an zusammenhän-
gende Fäden in beiden erzeugen kann.

Die Ablösung der innern Fläche der Rückenplatten erfolgt erst, nachdem h. Centrai-
der Rücken geschlossen ist **). Der Centraltheil des Nervensystems ist daher auch vensystemsr
eine geschlossene Röhre, welche wir als Primitivorgan aufgeführt und die Medul-
larröhre (§. 6.0.) genannt haben. Dafs diese Röhre auch nach dem Rückenkamme
hin keine Lücke hat, lernte ich vorzüglich dadurch, dafs ich von unten, also von
dem Wirbelstamme aus, in den Rückenkanal eindrang und die Nervenröhre als
einen zusammenhängenden Ueberzug von den Wirbelbogen abtrennte. Allein
diese Nervenröhre enthält jetzt noch mehr als den Centraltheil selbst; sie enthält
zugleich seine Hüllen, die sich noch nicht gesondert haben. Sobald nämlich die
Rückenplatten sich an einander geschlossen haben, werden ihre innern Flächen
etwas dunkler und die Körnchen in ihnen werden gröfser. Wenn nun diese in-
nere Fläche sich ablöst, um eine Röhre zu bilden, so sieht man im ganzen Um-
fange dieser Röhre eine Bienge ansehnlicher Körnchen oder Kügelchen in eine un-
geformte Grundmasse eingesenkt. Die Nervenröhre unterscheidet sich also auch

*) Wenn man nämlich nur den Theil der Nerven seine Wurzel nennen will , der zwischen dem

Knochen und dem Rückenmark« in späterer Zeit enthalten ist.
**) Erster Theil S. 28. 154-. oder im Momente des Schlusses. Ich liahe diesen Gegenstand noch-
mals untersucht, doch erkenne ich das Rückenmark der Vögel als selbständig erst nach dem
Schlüsse.

■T3

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schon im Gewebe sehr früh von der umgebenden Fleischschicht, wo die Körnchen
viel kleiner und weniger gesondert bleiben, sie unterscheidet sich auch von der
Anlage zu Knorpeln dadurch, dafs die Körnchen viel heller bleiben. Hier haben
Sie also ein recht auffallendes Beispiel, wie in den Primitivorganen aus einem
ursprünglich gleichmäfsigen Gewebe das jedem derselben eigenthümliche sich all-
mahlig ausbildet. Da nun dieselbe Differenzirung des Gewebes die Nervenfäden
in der Fleischschicht erzeugt, so möge dieses Beispiel Ihnen zum Verständnifs ei-
ner früher ausgesprochenen Lehre dienen, dafs die primäre und histologische Son-
derung dieselben Differenzen in verschiedenen räumlichen Verhältnissen wiederho-
len (§. 6. qq.y\'— Nicht lange besteht die Gleichheit im Gewebe der Nerven-
röhre, denn bald wird die äufsere Fläche derselben glatter, gleichmäfsiger, wäh-
rend die innere körnerreicher wird. Die äufsere FlächeJ löst sich darauf jund bildet
eine marklose Hülle, welche sich später in die einzelnen Hüllen sondert. Das In-
nere dagegen nähert sich immer mehr der Natur des Nervenmarkes. Doch dieses
bildet keine gleichmäfsige Röhre, sondern ist nach den Seiten am meisten verdickt,
so dafs man jetzt nicht sowohl einen regelmäfsigen Cylinder, als eine Vereinigung
zweier Blätter hat. An der Centrallinie, d. h. nach dem Wirbelstamme zu, fand
ich diese Blätter stets zusammenhängend, obgleich die Verbindungsstelle viel dün-
ner ist, als die anstofsenden Seitentheile. An der gegenüberliegendenSchlufslinie
ist dagegen, so wie die Markplatten sich von ihrer Hülle sondern, eine Spalte,
und die Markplatten liegen hier im gröfsten Theile der Länge des Rückenmarkes
mit ihren obern Bändern nur aneinander, im Hirne dagegen klaffen sie an einzelnen
Stellen weit auseinander, an andern ist die Decke ganz ununterbrochen, wie vor
der Trennung von der Hülle.
h Rücken- ^ir müssen daher von den einzelnen Abtheilungn besonders handeln. Die

Nervenröhre theilt sich in zwei Hauptabschnitte, das Hirn und das Rückenmark.
Eine solche Scheidung beginnt schon vor dem Schlüsse der Rückenplatten, indem
der vordere Abschnitt weiter ist als der hintere. Beide sind um diese Zeit von
ziemlich gleicher Länge, doch ist die Grenze nicht genau bestimmt. Während
nun das Hirn in heterogene Theile sich ausbildet, bleibt das Rückenmark ziemlich
gleichmäfsig und wächst mit dem ganzen Leibe stark in die Länge. Der hintere,
im Rumpfe liegende Theil wird allmählig dicker als der vordere oder Halstheil.
Die Verdickung des Rumpftheiles tritt aber besonders an zweien Stelleu hervor,
welche den Extremitäten entsprechen, eben so wie in der äufsern Fleischröhre die
Wucherung aus einer ursprünglich gleichmäfsigeu Leiste sich nach vorn und hin-
ten concentrirt. — Die Markblätter des Rückenmarkes liegen früher der ganzen
Länge nach mit ihren obern Bändern aneinander ohne verwachsen zu seyn. Nach

der

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der Mitte desEmbryonenlebens verwachsen diese Bänder, später jedoch an der
Stelle, wo die vordere Verdickung des Rückenmarkes ist und gar nicht an der hin-
tern. Diese
Verwachsung liegt anfänglich ganz oben und das Rückenmark bildet
überhaupt hier einen scharfen Kamm, weil beide Blätter nach oben verdünnt sind.
Später
senkt sich die so gebildete Naht immer mehr nach unten in die Höhlung
des Rückenmarkes hinein1). Der Grund hiervon scheint mir in einer stärkern
Wucherung der Seitentheile des Rückenmarkes zu liegen, durch deren Ausdeh-
nung die obern Kanten der Blätter nach innen gerollt werden. Eben so wird
auch und zwar schon früher die dünne blattförmige Verbindung der untern Rän-
der nach oben geschoben. Da zugleich das Rückenmark an Masse zunimmt und
von den Wänden der einschliefsenden Rückenplatten zurücktritt, so sehen Sie
leicht, clafs nicht nur der Kanal im Rückenmarke sich verengern, sondern dafs
er auch vierschneidig werden niufs. Allmählig nimmt aber bei fortgehendem Zu-
sammenrollen des Rückenmarkes die Höhlung noch mehr ab, es bleibt endlich
nur ein ganz enger Kanal übrig und die ehemaligen Schneiden des Kanals sind
gröfstentheils
mit grauer Masse angefüllt. — Die untern Stränge des Rücken-
markes sind viel früher verdickt (und also strangförniig) als die obern, die länger
blattförmig bleiben. Man hat lebhaft gestritten, ob die graue oder die weifse
Masse des Rückenmarkes früher sich bildet, und welche zu der andern hinzutritt.
Es scheint mir, dafs keine von beiden Behauptungen richtig ist. Die Markplat-
ten des Rückenmarkes sind ursprünglich weder so weifs und gefasert wie später
die weifsen Stränge, noch auch so grau wie die graue Masse, Sie befinden sich
in
einem Indifferenzzustande und bestehen einige Zeit ganz ohne Faserung. Dann
sieht man eine Abtheilung in vier Hauptstränge, die sich besonders von der innern
Fläche aus kenntlich macht. Später mehrt sich die Zahl der Stränge und noch
später sieht man in den Strängen Faserungen. Von Anfange an aber ist die innere
Fläche weicher, durchsichtiger, weniger ausgebildet, als die äufsere. Wenn nun
die innere Höhle vierschneidig wird, so hat sie überall eine Bekleidung von wei-
cherer und weniger ausgebildeter Masse. Bei forlgesetztem Zusammenrollen und
Vermehrung dieser Masse erscheint sie endlich beim
Durchschnitte als graues

Kreuz, denn die innere ungeformte halbdurchsichtige Masse wird grauer, wäh-
rend die äufsere weifser wird. — Bemerken müssen wir endlich, dafs das
Rückenmark in der frühesten Zeit an den Verbindungsstellen mit den Nerven
durchaus nicht angeschwollen ist, später finden sich kleine Erweiterungen an den
selben, die endlich wieder undeutlich werden.

1  Im Rumpfe erfolgt dieses sehr spät, im Halse früher.

IL

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Him. Je weiter wir in der Entwickelung zurückgehen , um desto mehr ist das

Hirn dem Rückenmarke ähnlich. Sehr würde man aber irren, wenn man glaub-
te, dafs das Hirn aus dem Rückenmarke hervor- und in die Schädelhöhle hinein
wachse. In der That hat man diese Ansicht verfochten, nachdem man erkannt
hatte, dafs das Hirn als vorderes Ende des Rückenmarkes betrachtet werden kann.
Wenn aber das Hirn das vordere Ende des Rückenmarkes ist, so könnte man mit
eben so viel Grund das Rückenmark ein hinteres Ende des Hirnes nennen und dar-
aus folgern, das Rückenmark müsse aus dem Hirne hervorwachsen. Ja diese
Ansicht würde sogar noch etwas richtiger als die obige seyn, da in der That das
Rückenmark langsamer eine verhältnifsmäfsige Gröfse erreicht, als das Hirn.
Der richtigste Ausdruck für das
gegenseitige Verhältnifs von Hirn und Rücken-
mark ist aber, dafs sie beide Modificationen eines Primitivorganes sind. Das
zeigt die Entwickelung dentlich und eben deshalb haben wir den etwas schwer-
lallig scheinenden Namen Medullarröhre aufnehmen müssen. Beide Hauptab-
schnitte im Centraltheile des Nervensystems entstehen in den
Räumen, die sie
später inne haben, aus einem gleichmäfsigen Ganzen, aus welchem eine morpho-
logische Sonderung erst allmählig die Verschiedenheiten entwickelt.

Die erste Eigentümlichkeit, die in dem vordem Ende der Medullarröhre
sich offenbart, ist ihre gröfsere Weite, die nächste ist die Neigung, in einzelne
Abschnitte sich zu sondern, welche jeder für sich eine Erweiterung erfahren und
zwischen denen daher Verengerungen bleiben. Solche Erweiterungen haben die
Beobachter
Hirnbläschen (Vesiculae cerebrales) genannt 1). Diese Bläs-
chen werden nicht von der Nervenröhre allein gebildet, sondern auch von der
umgebenden Rückenröhre, die eben dadurch im vordem Ende des Thieres zur
Schädelhöhle wird. Nachdem zuerst ein vorderes rundliches Bläschen von dem
viel längern hintern Räume sich abgegrenzt hatte, theilt sich fast gleich darauf
auch dieser, und man hat nun drei Bläschen, ein vorderes, ein mittleres und ein
hinteres, welches sich gegen das Rückenmark allmählig zuspitzt 2). Die vor-
dere Blase wird das grofse Hirn, die hintere das kleine Hirn mit dem verlänger-
ten Marke, und die mittlere die sogenannte Vierhiigelmasse mit einem entsprechen-
den Theile der Hirnschenkel. Das vordere Bläschen theilt sich aber bald in zwei
Abtheilungen, indem die vorderste und obere (wegen anfangender Krümmung des
Embryo freilich nach unten gerichtete) Wand sich rasch hervorstülpt. Sie stülpt
sich aber doppelt oder zu beiden Seiten neben der Mitte hervor, so dafs diese im

1  Auch wohl Hirnzellen (Cellulae cerebrales.)

2  Theil I. S. 23.

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Verhältnifs zu den Seitentheilen eingesenkt bleibt. Die hintere Region der ersten
Hauptbläschens bleibt unpaarig und grenzt auch etwas von den vordem gedoppel-
ten ab. Auch sondert sich die hintere Hauptblase in zwei, eine vordere kürzere
und eine hintere längere. So sind also fünf Bläschen aus den ursprünglichen
dreien
entstanden 1). Das vorderste ist durch die mittlere Einsenkung gespal-
ten. Seine Höhlung enthält die beiden später sogenannten Seitenventrikel, und
seine Wandung die Hemisphären. Das zweite Bläschen umfafst den Raum, den
man später die dritte Hirnhöhle nennt. Es hat jetzt noch eine eben so vollkom-
mene Decke, als die andern Abtheilungen. Das dritte Bläschen umfafst den Vier-
hügel 2) und seine Höhlung ist die zukünftige Wasserleitung, die bald die
W eite eines sehr ansehnlichen Hirnventrikels hat. Das vierte Bläschen wird das
kleine Hirn und das fünfte das verlängerte Mark. Aus diesen fünf morphologi-
schen Elementen wird das Hirn gebildet , denn die vorübergehende Dreizahl der
primären Hirnbläschen scheint nur anzudeuten, dafs gewisse Abgrenzungen ein
wenig später kenntlich werden.

Noch haben aber diese Bläschen wenig von den Eigenthümlichkeiten, die
sie erhalten sollen, weswegen wir sie auch nicht nach den Theilen, die aus ihnen
werden, benennen können, ohne uns zu verwirren und zu falschen Vorstellungen
zu verleiten. So hat
das zweite Bläschen noch keine Sehhiigel in seinem Innern,
durch welche es später besonders charakterisirt wird. Wollte ich das dritte Bläs-
chen nach dem Vierhügel benennen, so müfsten Sie mich ebenfalls mi fsverstehen,
da man unter diesem Namen nicht einen Theil der Hirnschenkel mit begreift, der
aus
dieser Zelle sich hervorbildet. Wir können auch den Ausdruck Bläschen
nicht für die ganze Entwicklung beibehalten, da einige sehr bald den Charakter
einer Blase einbiifsen, indem sie z. B. ihre Decke verlieren. Es scheint mir daher
am passendsten eine Bezeichnung zu wählen, welche nicht nur für alle Umwand-
lungen des Vogelhirnes anwendbar ist, sondern auch die Vergleichung der ver-
schiedenen Hirnformen sehr erleichtern mufs. Ich nenne daher die fünf hier auf-
gezählten Bläschen nach der Reihe von der ersten zur letzten: das
Vorderhirns
Zwischenhirn, Mittelhirn , Hinterhirn,
und Nachhirn. Sie bilden fünf morpho-
logische Elemente des Hirnes, die
im Anfange der zweiten Periode der Entwicke-
lung noch blofse Bläschen sind. Die Höhlungen aller Bläschen communiciren mit
einander, und man kann daher mit Recht sagen-, dafs das Hirn in der ersten Pe-

1  Theil I. S. SO. 64.

2 »*) Es ist für die Darstellung des Hirnbaues, besonders aber der EntvyickeJungsgesehichte aller
Thierklajsen besser, dieses Wort in der einfache^ Zahl zu gebrauchen, nicht in der mehr-
fachen,

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riode eine längliche, in fünf Abschnitte getheilte Erweiterung der Medullarröhre
ist. Alle Bläschen liegen ursprünglich ziemlich in einer Linie hinter einander,
machen jedoch vorn eine Krümmung, da das vorderste Ende des Embryo sehr
früh umgebogen ist. Auch stehen sie in so fern
nicht in gleicher Beziehung zu
einander, als das vorderste Doppelbläschen eine Erweiterung oder eine Art Aus-
sackung , nicht von dem ganzen Umfange der Medullarröhre, sondern nur von
der obern Wand ihres vordem Endes ist, woraus folgt, dafs das urfprüngliche
vorderste Ende der gesammten Medullarröhre hinter diesem Doppelbläschen zu-
rückbleibt , und eine unmittelbare Verlängerung des Zwischenhirnes nach unten
wird. Dieses Ende verengt sich später allmählig mehr, wird durch die allge-
meine Krümmung die das Hirn erfährt, nach dem Rückenmark hin zurückge-
bogen und bildet sich zum Trichter und Hirnanhange 1).

Die fünf Abtheilungen des Hirnes erleiden in der zweiten Periode der Ent-
wickelung eine mehrfache Veränderung, deren Verständnifs dadurch erschwert
wird, dafs sie gleichzeitig vor sich gehen. Zuvörderst erinnern wir uns, dafs,
nachdem in der gesammten Medullarröhre die äufsere Hülle sich von den Mark-
platten getrennt hat, die letztern in der ganzen Länge des Rückenmarkes in einer
schmalen Spalte von einander klaffen. Im Hirne ist die Umänderung nicht so
gleichmäfsig. Das Zwischenhirn öffnet sich mit einer kleinen Spalte im vordem
Theile seiner Decke 2). Im Hinterhirne und Nachhirne liegen die Markplatten
aber so wreit auseinander, dafs eine grofse für beide Zellen gemeinschaftliche
Lücke in der Decke sich zeigt 3). Die Markplatten sind hier nicht
wirklich
auseinander gewichen, sondern sie scheinen sich in dieser Form von der indiffe-
renten Medullarröhre gesondert zu haben, denn an der häutigen Decke bleibt
noch, eine Lage von Nervenmasse zurück, welche mit den Markplatten des Hirnes
kein Continuum bildet, und allmählig schwindet. Im Vorderhirne und Mittel-
hirne glauben andere Beobachter auch Längenspalten gesehen zu haben. Mir
wurden sie nicht deutlich, vielmehr schien es mir, dafs längliche Einsenkungen,
die in beiden Abtheilungen sich in der Mittellinie der Decke bilden, nur das An-
sehen von Spalten erzeugen f). Gewifs ist es, dafs die Uebergänge von Vorder-
hirne zum Zwischenhirn und vom Zwischenhirne Jzum Mittelhirn, so wie vom Mit-
telhirne zum Hinterhirn, nicht aufgespalten sind, sondern auch nach der Sonde-
rung der Hülle geschlossene kurze Cylinder bleiben.

1  Theil I. S. SO. 65. 86. 104.

2  Theil I. S. 75.

3  Theil I. S. 64. 75.

f) Theil I. S. 76. 85. 104-

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Während das Hirn so in drei Zellen in der Decke sich öffnet und in zwei
Zellen eine mittlere Einrenkung erhält, krümmt sich der Embryo stärker; die
Reihe der
Hirnbläschen bildet nun einen Bogen, dessen Mitte das Mittelhirn ein-
nimmt, welches in seiner Entwickelung allen übrigen voranschreitet. In Folge
dieses Bogens bekommt der Trichter oder das Yorderende der gesammten
Cen-
tralorgane seine Richtung nach hinten. Der einfache Bogen bildet sehr bald
mehrere Winkel, indem das Hirn sich an einzelnen Stellen gleichsam einknickt.
Nach oben bildet sich ein vorspringender Winkel zwischen I dem Rückenmarke
und dem Nachhirne, und dieser Winkel ragt äufserlich als
Nachenhöcker vor. In
entgegengesetzter Richtung bildet sich ein Winkel zwischen Nachhirn und Hin-
terhirn, wieder in der ersten Richtung ein Winkel zwischen dem Mittelhirne und
Zwischenhirne. Der Winkel zwischen dem Vorderhirne und Zwischenhirne ist
nur an der Decke kenntlich, da der unterste Saum der Markblätter in das Vorder-
hirn gar nicht eingeht, sondern im Trichter und Hirnanhange endet 1).

Wir müssen nämlich immer gegenwärtig behalten, dafs das Hirn aus den-
selben Markplatten gebildet wird, aus denen auch das Rückenmark besteht.
Diese Platten sind nun absatzweise zu den Bläschen ausgebuchtet und sehr dünn.
Nur der untere Rand, eine Fortsetzung des untern Rückenmarkstranges, ist schon
sehr früh etwas dicker. Er nimmt dann allmählig an Dicke zu und gewinnt das
Ansehen eines Hirnschenkels 2). Man kann also nun zwei untere Stränge, die
Hirnschenkel, und von ihnen sich erhebende Blätter unterscheiden. Jede Ab-
theilung des Hirnes hat ihren Antheil an dem Hirnschenkel mit seiner blattför-
migen Ausbreitung jeder Seite. So lange der Hirnschenkel nur noch der kaum
unterscheidbare Saum der Markplatten ist, findet er in der hintern Wand des
Trichters sein Ende. So wie er sich verdickt, erreicht er auch die vordere Wand
desselben. Indem er noch mehr an Dicke zunimmt, geschieht dieses nur da-
durch, dafs immer mehr Substanz aus den Markplatten von der Centrallinie nach
der Schlufslinie hin eine Verdickung erfährt. Eine Folge davon ist, dafs nun
der Hirnschenkel bis in das Vorderhirn reicht, da das letztere eine Entwickelung
des vordem Endes der Nervenröhre mit Ausnahme ihres untern Randes ist. Hier-
durch kann es Ihnen verständlich werden, in wie fern, wie die spätere Ausbil-
dung des Hirnes anzudeuten scheint, das Vorderhirn das Ende vom Centraltheile
des
gesammten Nervensystems ist. Die untern Stränge des Rückenmarkes gehen
nämlich, sobald sie eine gewisse Ausbildung erlangt haben, allerdings in das Vor-
derhirn über,
nicht aber die Centrallinie der Medullarröhre und was ihr zunächst

1  Theil I. S. 85.

2  Theil I. S. 30. 65. 76.

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liegl. Im \'Vorderhirne endet der Hirnschenkel nun unter einem Kolben, und die-
ser Kolben wird der gestreifte Körper (Streifenhügel) 1).

Die so eben geschilderten Metamorphosen des Hirnes erfolgen während der
zweiten Periode des Embryonenlebens oder während des dritten bis fünften Ta-
ges. Noch immer haben die Abtheilungen des Hirnes den Charakter von Bläs-
chen , da die Höhlung im Verhältnifs zur Wand grofs ist. Sie liegen aber nicht
mehr hinter einander, sondern bilden Winkel. In Folge dieser Winkel nimmt
das Mittelhirn den vorragenden Gipfel des ganzen Hirnes ein. Diese Abtheilung
ist zugleich am stärksten entwickelt und überragt ihre Nachbarn, das Zwischen-
hirn und das Hinterhirn. Fügen wir noch hinzu, dafs im Nachhirne sich Faltun-
gen
zeigen 2), so dürfte das Wichtigste für diese Periode bemerkt seyi?, denn
von dem Hervorstülpen der Sinnesorgane aus dem Hirne sprechen wir später.

In der dritten und längsten Periode nimmt die Präponderanz des Mittel-
hirnes, nachdem sie am 6tenTage am höchsten gestiegen war, wieder ab Der
gesammte Embryo streckt sich grader; damit ist ein stärkeres Zusammenknicken
der hintern Theile des Hirnes verbunden, so dafs der Winkel zwischen Rücken-
mark und Nachhirn, so wie zwischen Nachhirn und Hinterhirn schärfer wird.
Das Mittelhirn sinkt nach hinten von seiner Höhe herab, wenn wir das Hirn auf
seine Basis
gestellt denken. Dagegen entwickelt sich das Vorderhirn so stark,
dafs es allmählig das Zwischenhirn überdeckt. Zugleich wird seine mittlere Ein-
senkung immer stärker und wird das, was man die strahlige Scheidewand des
Vogelhirnes nennt f). Die Seiteuwände des Vorderhirnes bilden die Hemisphä-
ren , so wie die gespaltene Höhlung des Vorderhirnes die Seitenventrikel dar-
stellt , die jetzt über der dritten Hirnhöhle liegen. Der hintere für beide Höh-
lungen gemeinschaftliche Eingang scheint mir eine Ausdehnung der Spalte in der
Decke des Zwischenhirnes ff).

Wir bissen nämlich, dafs die Decke des Zwischenhirnes in ihrer vordem
Hälfte aufgespalten war; in der hintern bilden sich wieder zwei Abschnitte. Der
erste erhebt sich bei Annäherung des Vorderhirnes in ein kegelförmiges Gewölbe
und ist die zukünftige Zirbel, die ihre bleibende Form dadurch erhält, dafs in

1  Theil I. S. 86.

2  Theil I. S. 64. 74. Ob diese Faltungen oder Kräuselungen in den Wandungen des Nachhirne»
andeuten, dafs hier mehrere wenig gesonderte Elemente mit einander verschmelzen, öder ob
sie mit den Faltungen übereinstimmen, die man später in der Decke andrer Hirntheile bemerkt,
lasse ich noch unentschieden,

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der letzten Zeit des Embryonenlebens Yorderhirn und Hinterhirn gegen das kegel-
förmige Gewölbe des Zwischenhirnes andrangen, seinen Gipfel hoch erheben und
seine Basis verdünnen, welche nun von den Anatomen die Schenkel der Zirbel
genannt werden, die im Yogel ungemein lang und dünn sind 1). Der hinterste
Abschnitt der Decke bleibt flach, gewinnt daher das Ansehen eines Querbandes
und wird die sogenannte hintere Hirncommissur, die ja nichts anderes ist, als
eine Decke über dem Eingange zur Wasserleitung, welche letztere wieder die ver-
engte Höhlung des Mittelhirnes ist.

Die Decke des Mittelhirnes sinkt nämlich immer mehr nieder, während
dieser Hirntheil mehr nach der Seite, zuletzt nach unten sich ausdehnt. Dadurch
wird seine Höhlung niedriger, hat jedoch einige Zeit hindurch noch zwei seit-
liche Erweiterungen und ist eine wahre Hirnhöhle. Indem auch diese durch An-
häufung der seitlichen Nervenmasse schwinden, wird die Höhlung dieses Hirn-
theiles zu der kanalförmigen Wasserleitung, und die nach unten gerückten Seiten-
theile sind das, was man gewöhnlich die Yierhügel, Carus aber die eigent-
lichen Sehhügel nennt 2).

Im Hinterhirne rücken die beiden Platten , die hier an der Schlufslinie ge-
trennt waren, gegen einander und verwachsen, indem sie sich falten, von vorn
nach hinten zu. So bekommt das Hinterhirn eine Decke, die in der Mitte stark
gewölbt ist, die alhnählig immer mehr von der früher offenen Höhlung überwölbt.
Sie ist der Wurm des kleinen Hirnes, so wie die Decke der Verengerung zwi-
schen Mittelhirn und Hinterhirn das Marksegel ist 3). Das Nachhirn erhält
zwar keine so ausgedehnte Decke, allein der Uebergang in das Rückenmark wird
doch früher geschlossen, als das Rückenmark selbst. Das Nachhirn umfafst also
das sogenannte verlängerte Mark und enthält eine nach oben nicht ganz überdeckte
Höhlung, die Rautengrube. Die ganze Entwickelungsweise zeigt nämlich, dafs
die sogenannte vierte Hirnhöhle eigentlich aus zweien mit einander communici-
renden Höhlungen besteht, von denen die vordere dem kleinen Hirne angehört,
die hintere aber dem verlängerten Marke.

So viel von den äufsern Formveränderungen, welche uns zeigen, was aus
den einzelnen morphologischen Elementen des Hirnes wild. Die wichtigsten der
übrigen gleichzeitigen Veränderungen sind die Zunahme der Hirnmasse überhaupt,
die Bildung von Hirnganglien und die sich entwickelte Faserung des Hirnes.

1  Theil I. s. 120. ISO.

2  Theil I. s. 117. 119. 129. 13t.

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Die Zunahme der Hirnmasse findet sich im ganzen Umfange dieses Thei-
iesj schreitet aber doch von der Centrailinie nach der Schlufslinie fort. Darauf
beruht auch die oben besprochene Bildung des Hirnschenkels, der nur dem un-
tern Strange der gesammten Nervenröhre entspricht. Dieser Hirnschenkel
nimmt fortwährend an Masse zu. Ueber ihm bildet sich, mehrere Tage später,
auch ein verdickter Strang aus, aber nur in den hintern Theilen des Hirnes, im
Nachhirne, Hinterhirne bis zum Mittelhirne. Dieser Strang ist der sogenannte
Schenkel des kleinen Hirnes. Doch reicht er nirgends bis in die Decke des Hir-
nes. Die Decke bleibt vielmehr blattförmig und sie legt sich in einzelnen Gegen-
den in der spätem Zeit, wenn der verhärtete Schädel ihrer Ausdehnung Schran-
ken
setzt, in Falten, die äufserlieh angesehen Hirnwindungen genannt werden.
Solche Windungen sind vorübergehend im Mittelhirne, bleibend im Hinter-
hirne *). — Das Vorderhirn erhält im Vogel nur wenige sehr seichte Faltun-
gen. Durch die Zunahme der Hirnmasse wird die gesammte innere Höhlung in
allen
einzelnen Abtheilungen verengt.

Die Hirnganglien sind nach innen gerichtete Wucherungen der Hirnmasse.
Schon am 4tenoder 5 tenTage erscheinen die Streifenhügel **) als Ganglien des Vor-
derhirnes, bald darauf die Sehhügel als Ganglien des Zwischenhirnes ***), viel
später Ganglien im Mittelhirne, welche bald mit der Hirnwand verschmelzen und
nicht deutlieh hervorragen. Sie bilden den
Markkern der Vierhügel f). Noch
weniger vorragend sind die Ganglien des Hinterhirnes. Am stärksten wachsen
die vordersten Ganglien , so dafs sie die Höhlung des Vorderhirnes fast ganz ein-
nehmen. Auch die Sehhügel erheben sich so sehr, dafs allmählig die blattför-
mige Ausbreitung des Zwischenhirnes immer unkenntlicher wird. Zum Theil
wenigstens legt sich auch die Wand mehr an die Ganglien an, wodurch das Zwi-
schenhirn zuletzt ganz das Ansehen einer Zelle verliert und man nur zwei An-
schwellungen und eine Spalte zwischen ihnen sieht.

Bis zum siebenten Tage habe ich keine deutliche Faserung im Hirne zu
erkennen vermocht. Allmählig entwickelt sich diese in den Hirnschenkeln, in
den Commissuren, in den blattförmigen Ausbreitungen, die im Allgemeinen von
den Schenkeln aus nach der Schlufslinie zu sich fasern. Man würde sich durchs
aus irren, wenn man annähme, dafs eine Faser aus der andern hervorwächst,
oder wenn man glaubte, dafs die Faserung die Richtung, in welcher sich die
•---Hirn-

*) Theil I. S. 102. 1SL
**) Theil I. S. 86 104,
***) Theil I. S. 105,
f) Theil I, S. 121.

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Hirritheile auseinander entwickelt haben, nachwiese. Naher scheint die Fase-
rung mit dem Form - Verhältnissen als mit den Entwickelungsverhältnissen zusam-
menzuhängen. So wird jeder Hirntheil, der sich wulstförmig erhebt, in der Län-
genrichtung dieses Wulstes gefasert, er mag übrigens eine Queerrichtung oder
eine Längenrichtung in Bezug auf das ganze Hirn haben.

Drei Sinnesorgane, wenigstens die Organe des Gesichts, des Gehörs und Sinne?-
des Geruchs werden gebildet, indem Theile der Nervenröhre und zwar aus dem organe"
vordern Abschnitte derselben, dem Hirne, sich nach aufsen hervorstülpen und
andere Bildungen von aufsen ihnen entgegenkommen.

Das Auge bildet sich am frühesten. Schon am zweiten Tage entwickelt Ae
sich das Zwischenhirn nach aufsen in Form zweier Hügel. Diese Hügel drän-
gen nach beiden Seiten gegen die äufsere Fläche des Embryo an und erscheinen
von hieraus angesehen als helle Kreise von einem dunkleren Saume umgeben.
Der dunkle Saum ist die von einem Nervenblatte gebildete Auskleidung dieser
Hervorstülpung 1). Bald wird die Verbindung mit der Zelle des Zwischenhirnes
enger und man unterscheidet jetzt eine nach aufsen gelegene Blase und einen ver-
engten Kanal von ihr bis zum zweiten Hirnbläschen oder Zwischenhirne. Dieser
Kanal ist der noch hohle Sehnerve. Man kann nicht sagen, dafs der Sehnerv
aus dem Sehhügel käme, denn es zeigt sich noch gar kein Sehhügel. Noch we-
niger aber läfst sich ein unmittelbarerer Zusammenhang mit dem zukünftigen
Vierhügeln oder dem Mittelhirne nachweisen, welches bedeutend hinter der Ur-
sprungsstelle des Sehnerven liegt, so dafs ein Zusammenhang nur durch differente
Theile
bewirkt wird. Vielmehr scheint sich das innere Ende der Rohre des Seh-
nerven ganz gleichmäfsig nach allen Seilen in die untere Hälfte des Zwischenhirnes
auszudehnen und zwar in die Wand seiner Seite. Man sieht nämlich auf dem
Boden der innern Fläche des Zwischenhirnes zwei Löcher, welche zuvörderst
nah
an einander liegen und von denen jedes in den Sehnerven seiner Seite
führt2). Bald rücken beide Qelfnungen noch näher zusammen, bis sie zu einer
einzigen verschmelzen. Endlich füllt sich auch diese aus und wir haben nun eine
völlige Vereinigung beider Sehnerven. Da in diesen bald eine Faserung deutlich

1  Theill. S. 24. 30, Huschke hat gegen diese Darstellung Zweifel erhoben. Da ich mich von
der seinigen noch nicht überzeugen konnte, die Beantwortung der Zweifel aber nur sehr aus-
führlich seyn kann, so mufs ich sie auf eine andere Gelegenheit versparen.

2  Theil I. S. 30. 65. 76, Es scheint mir nicht überflüfsig, hier zu bemerken, wie wenig die
Entwickelungsgeschichte dafür spricht, dafs das Mittelhirn vorherrschendes oder gar alleiniges
Centraiorgan für den Gesichtssinn sey. In keiner Thierklasse ist der Uebergang der Fasern des
Sehnerven in das Mittelhirn oder den Vierhügel so deutlich als in ausgebildeten Vögeln, ujiti
doch geht auch bei diesen Thieren in frühester Zeit der Sehnerve in das Zwischenhirn über.

IL P

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wird, so kann nun die Faserung jedes Sehnerven in beide Seitenhälften des Zwi-
schenhirnes übergehen1). Erst später kommt durch ein früher schon dargestell-
tes Zusammenrücken der einzelnen Hirntheile das Mittelhirn der Austrittsstelle der
Sehnerven näher und die Faserung kann unmittelbar in dasselbe übergehen. Der
Sehnerv verliert seine Höhlung, indem er sich zuvörderst nach innen faltet und
allmählig an Substanz gewinnt.

Die nach aufsen gestellte und durch die Verengerung des Sehnerven abge-
schnürte Blase aber bleibt in Hinsicht auf ihre Wandung hohl und ist der Aug-
apfel. Ihr flüssiger Inhalt wird immer dicker und gerinnt theils an der Stelle,
wo der Augapfel an die äufsere Fläche des Embryo grenzt, zu der festern Krystall-
linse, nach
innen von dieser Stelle aber zu dem weichen Glaskörper. Der Theil
der Medullarröhre, welcher aus dem Zwischenhirne bis in diese Blaset hervorge-
trieben ist, wird die Netzhaut, die nach aufsen eine Oeffnung erhält, wie das
Mittelhirn selbst in seiner Schlufslinie. Die Netzhaut sah ich zuerst bis an die
Linse hinreichen, dann aber von derselben sich abziehen mit Zurücklassung des
Strahlenblättchens2). Die äufsern Häute des Augapfels sind eben so eine Son-
derung von der Netzhaut, wie die Hirn- und Rückenmarkhäute von ihren Mark-
platten. Ich glaubte mit Sicherheit zu erkennen, dafs Gefäfshaut und harte Augeu-
haut Anfangs nur Eine Haut bilden, welche sich später in diese beiden Lagen
spaltet, ganz eben so wie auch Hirn und Rückenmark ursprünglich nur eine Hülle
haben, die sich in harte Haut und Gefäfshaut trennt. Augenscheinlich wird es
durch die Entwicklung des Auges als einer nach aufsen getretenen
Hirnblase,
warum die Häute des Hirnes mit den Häuten des Auges correspondiren. Die
harte Augenhaut ist eine unmittelbare Verlängerung der harten Hirnhaut, die Ge-
fäfshaut der weichen Hirnhaut, so wie die Netzhaut des Hirnes selbst. Nur die
Ausfüllung der Sehnerven läfst die Gefäfshaut in diesem Uebergange sich nicht
vollständig entwickeln.

Die Netzhaut ist, so lange sie noch wenig von den andern Häuten sich ge-
sondert hat, eine gleichmäfsigeBlase. Dann bildet sich eine nach innen vorsprin-
gende Falte, die sich rasch vergröfsert3). Die Gefäfshaut geht im Anfangein
diese Faltung nicht ein, ist aber unter ihr ungefärbt, so dafs man von aufsen,
auch ohne Zergliederung , einen weifsen Streifen in der sonst schwarzen Gefäfshaut
durch die dünne äufsere Haut (
Sclerotien) des Auges durchscheinen sieht, den

1  Theil I. S. 85. 105. 120.

2  Theil I. S. 105.

3  Erster Theil. S. 65. 77.122.

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man lange für eine Spalte in der Gefäfshaut gehalten hat. Später schwindet dieser
weifse Streifen und die Gefäfshaut geht mit ihrer innern Fläche nicht nur in die
Falte der Netzhaut ein, sondern durchbricht sie auch und bildet im Innern des
Augapfels den Kamm, der dem Vogelauge fast eigenthümlich ist*). Die Hornhaut
ist
ursprünglich nur ein Theil der harten Haut, die anfänglich au der Gefäfshaut
und der Linsenkapsel eng anliegt, sich erst spät von diesen Theilen entfernt und
dadurch die vordere Augenkammer erzeugt**). Die vordere Augenkammer füllt
sich mit einer Flüssigkeit, die wahrscheinlich in einem dünnen umhüllten Sack
(die Haut der wäfsrigen Feuchtigkeit) eingeschlossen ist, wie sich eine ähnliche
Flüssigkeit und die Spinnewebehaut da erzeugen, wo harte Haut und Gefäfshant

*) Im ersten Theile habe ich S. 77. 87. u. *. w. der gewöhnlichen Ansicht widersprochen, welche
den weifsen Streifen für eine Lücke in der Gefäfshaut hält, aber auch die Darstellung von
Huschke in seiner übrigens trefflichen
Commentatio de pectinis in oculo avium potestate nicht
angenommen, nach der die Gefäfshaut hier schon früh nach innen gestülpt ist. Man hat spä-
ter theils meiner Darstellung lebhaft widersprochen, theils sie unbeachtet gelassen, indem man
von der Spalte im Auge wie von der ausgemachtesten Thatsache redet. Ich bin dennoch nicht im
Stande, an meiner
Darstellung zu ändern. Ks sey mir erlaubt, hier etwas mehr in» Einzelne ZU
gehen.
Wenn ich an einem Hühnchen von der zweiten Hälfte des dritten Tages das Hirn der
Länge nach aufspalte, so sehe ich von innen den Eingang in das Auge (den künftigen Sehnerven)
weit offen, als längliche Oeffnung, ohne Einfaltung. Die Höhle des Augapfels, die nach der
Unterfläche des Kopfes etwas verlängert ist, zeigt mir auch keine Palte, noch viel weniger eine
Spalte, sondern sie wird von einer geschlossenen Blase gebildet. Am vierten Tage sehe ich eine
aus zwei Hälften bestehende Einfaltung in dem hohlen Eingange zum Augapfel; diese Einfaltung
setzt sich in dem Augapfel fort, und indem unterdessenPigment abgesetzt ist, sieht man nur hier
einen ungefärbten Streifen.
Am deutlichsten ist jedoch das Verhältnifs am Schlüsse des 5ten Ta-
ges. Oeffnet man ein erhärtetes Auge aus dieser Zeit, so ist die Falte der nooh dicken Netzhaut
ungemein deutlich. Die Mitte der vorspringenden Ränder der Falte ist dünn, zeigt aber deut-
liche Continuität; dicht
neben dem verdünnten Streifen ist die Netzhaut verdickt (immer nöch
auf dem vorspringenden Rande der Falte) zu zwei Wülsten. Nimmt man nun die Netzhaut weg,
so sieht man die dunkle Gefäfshaut unbedeckt. Man erkennt, schon wenn die Falte queer durch-
schnitten wird, defs sie jetzt noch nicht in diese eingeht. Allein sie hat unter der Falte kein
Pigment und zeigt vielmehr einen ziemlich scharf begränzten weifsen Streifen. Man könnte des-
halb glauben , dafs hier eine wahre Lücke ist, trennt man jedoch die Sclerotica von der Gefäfs-
haut, so läfst sich diese Trennung eben so gut unter den hellen Streifen bewirken , als an andern
Stellen, und die Gefäfshaut bleibt ein Gontinuum. Freilich läfst die Gefäfshaut zwei Schichten
erkennen, von denen die innere das Pigment enthält, die äufsere nicht. Jene innere fehlt nun
in dem weifsen Streifen und man kann sie in kleinen Stückchen von den Rändern desselben ab-
kratzen. Sie ist ohne allen Zweifel das Tapetum oder Pigment in seinem Zellgewebe. Dafs die
äufsere ungefärbte Schicht die eigentliche Gefäfshaut ist, zeigt ihr Aufhören an der Linse, so
wie ich die Sclerotica nicht verwechselt haben kann, da
diese ununterbrochen in die Hornhaut
überging. Später dringt aber auch das Tapetum gegen die Spalte ein, und endlich in den letz-
ten Tagen des Embryonenlebens ist der Kamm als
Verlängerung der Gefäfshaut durch die Falte
hervorgetreten , wobei entweder das innere Blatt der
Netzhaut in diese Bildung mit eingeht, oder
durchbrochen wird.

**) Theil I. S. 77, 130.

P 2

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vom Centraltheile des Nervensystems weiter von einander trennen. Die Regenbo-
genhaut scheint eine spätere Absonderung vom äufsern Rande der Gefäfshaut. Sie
behält immer eine offene Pupille1). Der Augapfel ist in der Mitte der Bebrütung
ungemein grofs.

Die Bildung des Thränenkanals glaubte ich in einer Ausstülpung der Rachen-
höhle , die zuerst nur wenig vor der Eustachischen Röhre liegt und sehr bald
nach dieser sichtbar wird, zu erkennen, doch habe ich bisher noch nicht den ge-
sammten Vorgang verfolgt.

Was die äufsern Theile des Auges anlangt, so sieht man leicht, dafs die
Augenhöhle ihre Gestaltung erhalten hat, indem die Hervorstiilpung aus dem
Hirne, welche das Auge bildet, bis in
die Knochenregion eingedrungen ist. Doch
erhält die Augenhöhle ihre Tiefe erst, wenn sich die äufsereFleischschicht ausbil-
det. — Die Augenlieder sind eine Entwicklung der Haut. Um den Augäpfel
herum erhebt sich die Haut als ein ringförmiger Wulst. Dieser Wulst verlängert
sich gegen den vorragenden Theil des Augapfels, so, dafs zuerst eine elliptische
Lücke und dann endlich eine enge Spalte übrig bleibt. Diese Augenliederspalte
schliefst sich in den Embryonen der Vögel nie vollständig **). Die Nickhaut ist
ebenfalls eine Hautfalte. Auffallend war es mir, dafs die Muskeln und die Sehne
zur Bewegung derselben schon am fünften Tage deutlich sind.

Das Ohr ist eine am Ende des zweiten Tages hervortretende Ausstülpung
aus dem hintern Theile des Hirnes. Es schiem mir aus der Grenze zwischen Hin-
terhirn und Nachhirn hervorzukommen. Von aufsen erscheint das Ohr fast eben
so wie das Auge. Man sieht einen hellen Kreis umgeben von einem dunkleren
Ringe. Das Ohr kommt aber der äufsern Fläche nicht so nahe, als das Auge.
Daher wird die Ausstülpung bald unkenntlich, indem sie von Knorpelmasse eng
umschlossen wird. Wie sich hier die herausgestülpte Blase in das Labyrinth um-
formt, ist noch nicht näher bekannt. Dafs aber der Hörnerv eben so durch eine
Abschnürung sich bildet wie der Sehnerv, ist augenscheinlich. Aus der Rachen-
höhle wächst dem Ohr eine von Schleimhaut umkleidete Ausstülpung entgegen
und bildet die Ohrtrompete und ohne Zweifel die Trommelhöhle. Diese Ausstül-
pung beginnt so wie die erste Kiemenspalte sich geschlossen hat, und an derselben
Stelle. Von der Verwachsung der ersten Kiemenspalte bleibt einige Zeit eine
Queerfurche an der innern Fläche. Das obere Ende dieser Queerfurche zieht sich
allmählig in Länge aus, während der übrige Theil sich ausglättet, und ist nun schon

1  Theil II S. 122. ISO. 1S4.

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11.7

Ohrtrompete. Dafs die Ohrtrompete Anfangs sehr weit ist wie in den Reptilien,
später länger wird, aber dem Keilbeine doch nur anliegt, wie in den Säugethie-
ren, und zuletzt erst als Eigentümlichkeit für die Vögel vom Keilbeine umschlos-
sen wird, wollen wir nicht unbemerkt lassen. Das äufsere Ohr bildet sich durch 1
eine Entwickelung der Haut, die als wulstiger Rand beginnt, wie die Augenlieder,
aber da die Ohrblase nicht ganz bis an die
äufsere Fläche reicht, ihr entgegen
durch darunter liegende Substanz, die zur äufsern Fleischschicht gehört, eine Ein-
stülpung bildet, den äufsern Gehörgang nämlich. Die Stelle dieser Einstülpung
ist allerdings der Raum zwischen dem ersten und zweiten Kiemenbogen, doch
glaube ich mit Bestimmtheit wahrgenommen zu haben, dafs vorher diefe ehema-
lige erste Kiemenspalte vollständig geschlossen war*), obgleich man äufserlich
noch keine Vertiefung wahrnimmt.

Es tritt ferner aus dem Vorderhirne auf jeder Seite eine Ausstülpung hervor, </. Nase
der Riechkolben, der nur bis an die Schädelwand reicht2). Wo er diese be-
rührt , sieht man zuvörderst ohne Veränderung der äufsern Bekleidung von aufsen
einen dunkeln Ring
um einen .hellen Kreis, indem man in den hohlen Riechnerven
gerade hineinsieht; sehr bald aber bildet sich an der Stelle, an die der Riechkol-
ben anftöfst, äufserlich ein Grübchen, di
q Riechgrube. Sie ist das eigentliche
Riechorgan, zu welchem der Nasengang erst später durch Ausbildung des Gau-
mens und Oberkiefers hinzutritt (§. 7. *>.) Der Riechkolben verlängert sich, ver-
liert ziemlich früh seine Höhlung und ist nun der sogenannte Riechnerv oder der
Stamm der in der Schleimhaut der Nase liegenden Nervenfäden.

Eine Vergleichung der Entwickelungsgeschichte dieser drei Sinnesorgane
lehrt, dafs das Auge eine Hervorstülpung aus der Medullarröhre
durch die Fleisch-
schicht hindurch bis an die Haut, das Ohr eine Entwickelung aus der Medullar-
röhre bis
in die Knochenregion der Fleischschicht und die Nase eine Entwickelung
aus
dem Hirne bis an die Knochenregion ist. Fiir das Auge bildet die Haut nur
noch
einige Decken, für das Ohr bildet sie eine Einstülpung um die mittlere Ab-

1 Es ist auch nicht abzusehen, wie sich das Trommelfell ohne den vorhergegangenen Schlufs bil-
den sollte. Ueber Herrn Prof. Huschke\'s Darstellung von der Entwickelung des Auges und des
Ohrs gedenke ich an einem andern Orte ausführlich zu sprechen.

2  Diese Ausstülpung ist jedoch nur eine relative, indem der übrige Umfang des Vorderhirnes, wäh-J
rend es sich formt, von der Schädelwand
sich zurückzieht, der Zapfen aber, den wir Riechkol-
ben oder
Riechnerven nennen , anhaftend bleibt und nur sehr wenig sich löst. Es wäre nämlich
eine
falsche Vorstellung , wenn man glaubte, dafs der Riechkolben erst später sich hier an den
Schädel anlegte und nun mit den einzelnen durch die
Lamina cribrosa gehenden Nerven-
fäden verwüchse. Auch die andern Ausstülpungen für die Sinnesorgane bilden sich, wenn die v
Markblätter noch eng an der Umgebung haften.

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theilung des Ohrs zu erreichen. Die Ohrblase (das häutige Labyrinth) wird von
der Knochenmasse eng umschlossen. Diese Umschliefsung ist das knöcherne La-
byrinth. Für die Nase müssen wir das Analogon der Blase im Innern des Schädels
suchen. Es ist die Spitze des Riechkolben oder der
Bulbus olfactoriusi n den-
jenigen Thieren, bei denen der Riechkolben zu einem Riechnerven wird. Dem
Ohre wächst noch eine Ausstülpung aus der Rachenhöhle entgegen. Hieraus schon
liefse sich vermuthen, dafs der Thränengang auf ähnliche Weise sich bildet.
r. Zunge. Ich habe nicht finden können, dafs für die Bildung der Zunge sich einTheil

des Hirnes hervorstülpt. Vielmehr sah ich nur, dafs die Zunge aus der untern
Wand der Rachenhöhle sich allmählig erhob, wo die hinter der Mundspalte lie-
genden untern Wirbelbogen (die Wiederholungen der Rippen) sich von den um-
gebenden Kieferbogen lösen, um das Zungenbein zu bilden. Hiernach wäre die
Zunge ihren organischen Verhältnissen nach wesentlich von den übrigen Sinnes-
organen verschieden, wenn sich nicht nachweisen läfst, dafs zu ihrer Bildung auch
ein hohler Nerv beiträgt. Sollte sich vielleicht ein Ast des fünften Nervenpaares
aus dem Hirne hervorstülpen P Man darf wenigstens die Beobachter auf diese Frage
aufmerksam machen. Ich vermuthe, dafs sie mit „ Nein" wird beantwortet wer-
den , theils weil ich keine solche Ausstülpung finden konnte, theils weil der Ge-
schmack nur eine Modification der allgemeinen Perceptionsfähigkeit des verdauen-
den Kanals ist.

Verdau- Von der Ausbildung des Verdauungsapparates ist schön bei Betrachtung der

überhaupt.8* allgemeinen Formen der Umgestaltung so viel gesagt worden, dafs ich auf das be-
reits Vorgetragene mich berufen kann.

Ich erinnere, dafs die untere, dem Dotter zugekehrte Fläche des Keimes
allmählig die Natur einer Schleimhaut annimmt, dafs durch das Zusammenneigen
der Bauchplatten diese Schicht in der ganzen Länge des Embryo eine innere Röhre
bilden würde, wenn die Darmplatten sich in Form einer Naht zusammen legten
(§. 6. i. m.). So ist die Darmbildung aber nicht ganz, vielmehr schnürt sich der
Embryo zugleich von allen Seiten von der übrigen Keimhaut ab, und zwar tritt
diese Abschnürung am vordem Ende zuerst auf (§. 6. «.). Am vordem Ende also
bekommt der Embryo zuerst eine untere Wand, und die Schleimhaut mufs hier in
Form einer blinden Grube die innere Fläche des Embryo bilden. Indem die Ab-
schnürung weiter fortschreitet und zugleich der Embryo wächst, wird diese Grube
länger ausgezogen und erhält die Form einer Röhre, die nach vorn geschlossen
ist, nach hinten aber offen in das Innere der
Dotterkugel übergeht. Bald bricht
aber auch am vordem Ende eine OefFnung unterhalb des Schädels durch. Diese
Oeifnung ist die Mundspalte, so wie das ganze Rohr der vordere Theil des Speise-

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kanals oder Darmkanals ist. Da dieses Rohr sich allmählig mehr verlängert und
also immer mehr von demDarmkanale gebildet wird, so ist es ganz passend, den
vordem schon in ein Rohr verwandelten Theil des Darmkanals, er mag mehr oder
weniger umfassen, mit\'Rathke den
Munddarm zu nennen. Die hintere in die
Dotterkugel übergehende Oeffnung nennt man gewöhnlich nach Wo 11F
Fovea
cardiaca,
was man bald Magengruhe, bald Herzgrube übersetzt hat. Da aber
diese Oeffnung zu dem Herzen gar keine Beziehung hat, und auch zu dem Magen
keine bleibende, indem sie immer weiter nach hinten vorrückt, so scheint mir die
Benennung:
Vorderer Eingang in den Darmkanal Aditus anterior ad in
testinum
weniger zu Mifsverständnissen Veranlassung zu geben1).

Am Ende des zweiten Tages fängt die Abschnürung an auch am hintern Ende
zu wirken. Es bildet also auch hier die Schleimhaut eine blinde Grube, die sich
zu einer Röhre verlängert, später hinten durchbricht und den After bildet. Nach
vorn geht sie offen in die Höhle der Dotterkugel über. Diesen Uebergang nennt
Wolff
Foveola inferior, das untere Grübchen. Wir wollen ihn den hin-
tern Eingang in den Speisekanal Aditus posterior
nennen, so wie das hier
gebildete Darmstück mit Rathke den Afterdarm2). ,

Es wäre eine sehr falsche Vorstellung, wenn Sie glaubten, dafs an diesen
Eingängen die beiden gebildeten Darmstücke wie in den Leib des Embryo gesteckte
Trompeten plötzlich aufhörten. Da die Schleimhaut, aus welcher die Darmstücke
gebildet sind, früher die ganze untere Fläche des noch völlig offen ausgebreiteten
Embryo einnahm, so mufs auch fetzt, da nichts verloren gegangen, zerrissen
oder aufgelöst ist, eine Fortsetzung der Schleimhaut unter
dem Embryo fort vom
Munddarme zum Afterdarme reichen. Sie hat nur darin ihre Verhältnisse j*eän- Taf
dert, dafs sie durch Ausbildung der Gekrösplatten von der Wirbelsäule entfernt
worden ist 3). Dieses verbindende Mittelstück bleibt, so lange der Munddarm
nur kurz ist, ziemlich flach ausgebreitet. So wie aber beide Darmstücke sich
verlängern, wird zuvörderst das verbindende Mittelstück durch Entwicklung der
Gekrösplatten von der Wirbelsäule entfernt und zugleich bildet es sich in eine Rinne
um, indem zu beiden Seiten ein Streifen der Schleimhautschicht in Verbindung mit
der anliegenden Gefäfsschicht sich aus der übrigen Fläche etwas abgrenzt und nach
unten richtet. Diese Streifen sind schon
Darmplatten von uns genannt. So ha-

1  Ueber die Bildung des Munddarmes siehe im ersten Theile S. 17. 26. 27. 46. 59. wo aber die von
Rathke erst später aufgestellte Benennung: Munddarm, noch nicht gebraucht ist.

2  Im ersten Theile handeln Seite 37. 49 u. folg. vom Afterdarme, ohne diesen Ausdruck anzu-
wenden.

3  Theil I. S. 43.

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foen wir denn am dritten Tage drei Abtheilungen , einen Munddarm , einen viel
kürzern Afterdarm und zwischen beiden einen offenen Halbkanal, den man die
Darmrinne1) nennen kann2).

Aus der gegebenen Darstellung geht schon hervor, dafs die beiden Eingänge
mit ihren obern Rändern unmittelbar in die Darmrinne übergehen müssen. Allein
da die Keimhaut überall weit über den Embryo hinausreicht, die ganze untere
Fläche der Keimhaut von der Schleimhautschicht gebildet wird, da ferner Mund-
darm und Afterdarm nur durch Abschnürung von dieser Haut geformt werden, so
ist es ganz offenbar, dafs die Eingänge in die genannten Darmstiicke nichts sind
als Uebergänge und dafs ihre Wand sich von allen Seiten in die Schleimhautschidht
des gesammten Keimes fortsetzt. Der zunächst angrenzende Theil der Keimhaut
ist aber derjenige, der am dritten Tage und am Anfange des vierten die Kappe
(§. 5. «.), oder Wolff\'s falsches Amnion bildet. Man kann also auch sagen, dafs
der Darm von allen Seiten in die Kappe übergeht.

W ährend aber dieDarmbildungbiszuder beschriebenen Stufe ihrem Schlüsse
sich nähert, hat sich die Keimhaut sehr vergröfsert und umschliefst endlich, den
ganzen Dotter. In dieser Form haben wir sie den Dottersack genannt. Die Ein-
gänge in die bereits gebildeten Darmstiicke gehen also in den Dottersack über, und
wir hätten diesen Ausdruck gleich Anfangs gebrauchen können, statt zu sagen,
dafs sie am dritten Tage in die Dotterkugelsich öffneten, wenn nicht allmählig,
ohne dafs die "Verhältnisse der Darmstücke darauf Einflufs gehabt hätten, der Doi-

tersack sich erst gebildet hätte.

Sie werden aber nun leicht ersehen, dafs mit dem Fortschreiten der Abschnü-
rung beide Darmstücke sich gegen einander verlängern, ihre Eingänge sich nä-
hern und zuletzt nur einen einzigen Uebergang aus dem Darm in den Dottersack
bilden. Am Schlufs des vierten Tages ist gewöhnlich noch ein kleiner Theil des
Darmes rinnenförmig gegen den Dottersack offen, am fünften Tage verwandelt
sich diese Rinne in eine rundliche Lücke. Es ist dieselbe, die
Avir schon den
Darmnabel (§• 5. m.) genannt haben. Nach dem fünften Tage ■zieht sie sich in
einen engen Kanal aus, der unter dem Namen Dottergang bekannter ist3).

Dies wäre die Geschichte von der Bildung des Speisekanals als eines Ganzen.
Er wächst aus einem Munddarme und einem Afterdarme zusammen. Er wächst
,■ " aber

1 Wolff nennt das unvollendete Darmstück zwischen Munddarm und Afterdarm auch „Mitlei-
darm" (Intestinum medium,).
Mit dem Ausdrucke Fistula intestinalis bezeichneter
aber eine theils erwähnte, theils weiter unten iu besprechende Lücke «wischen beiden Gekrös-
platten.

2  Theil I. S. 44. 45. 46. 57.

3  Theil I. S, 46. 59. ,69. 80.

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aber auch in seitlicher Hinsicht aus zweien Darmplatten zusammen, denn mit Aus-
nahme der beiden äufsersten Enden sondert sich immer beim Vorrücken beider
Eingänge der ihnen benachbarte Theil des vegetativen Blattes, der zum Darme
werden soll, in zwei wie Hohlkehlen gekrümmte Darmplatten ab, so dafs ich
glaube in den einleitenden Bemerkungen das Verhältnifs bezeichnend angegeben
zu haben, indem ich sagte, dafs zwei Darmplatten sich gegen einander neigen um
den Darm zu bilden, dafs diese aber nicht wirklich in einer scharf ausgebildeten
Naht mit einander verwachsen, sondern dafs eine allseitige Abschnürung den
Uebergang in den Dottersack verengt (§. 5.
m. n.). Sie werden sich dabei erin-
nern , dafs die Darmplatten nicht etwas ganz Neues und Isolirtes sind, nicht wie
Sie wohl hie und da aus Mifsverständnifs angegeben finden, zwei Platten, die aus
der Wirbelsäule herauswachsen, sondern selbstständiger werdende Theile des ve-
getativen Blattes, das von Anfang an da war1).

Oleen hat diese Darstellung der Darmbildung getadelt, und er glaubt, man
müsse den Vorgang so ansehen, als ob beide Darmenden in den Embryo hinein-
wüchsen. Allein
abgesehen davon, dafs überhaupt der Embryo nicht aus aller-
lei
Einzelheiten zusammengesetzt wird, sondern diese aus seiner Einheit entwik-
kelt, mache ich besonders darauf aufmerksam, dafs das vordere und hintere Ende
des Darmes schon ursprünglich den entsprechenden Stellen des Embryo anhaften

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und dort verharren. Die Mitte des Darmes, die wir später entfernt von der Wir-
belsäule finden, lag ursprünglich auch dicht unter ihr und entfernt sich erst spä-
ter. Es trennt sich also der vegetative Theil des Embryo vom animalischen, statt
nach jener Ansicht sich ihm zu nähern. Dafs ein Theil des Darmes aus der Lei-
beshohle hervor- und dann wieder in dieselbe zurücktritt, ist ein sehr viel späterer
Vorgang, von dem wir sogleich sprechen werden, — Allerdings bekommt der
Dottersack zwei Zipfel, wenn wir den Dottersack und den Darm als ein Ganzes
betrachten. Aber diese Zipfel — die beiden Darmenden — bilden sich im Vo-
gel (wie im Säugethier und Reptil) nur dadurch , dafs der oberste Theil des Dot-
tersackes sich durch eine Verengerung vom übrigen viel gröfsern Theile, dem
eigentlichen Dottersacke,\' abschnürt. Da ferner ein ganz ähnlicher Vorgang im
animalischen Blatte den Hautnabel erzeugt, so glaube ich mit dem Ausdrucke
Ab-
schnürung
die Wesenheit des Vorganges am treffendsten bezeichnet zu haben*).
Der abgeschnürte Theil des Dotiersackes ist der Darm.

Der Darmkanal ist bis auf die Zeit, wo Munddarm und Afterdarm zusam-
menstofsen, noch ziemlich gerade und hat wenig Verschiedenheit in seinen ein-
zelnen Abschnitten. Deshalb nennt Wolff ihn bis zu dieser Zeit den
Urdarm,

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Intestinum priniitivum. Er hat in seiner ganzen Länge zwei Schiehlen,
eine innere aus einer Schleimhautröhre bestehende, und eine äufsere aus der Ge-
fäfsschicht gebildete. Ueber ihm setzt sich die Gefäfsschicht durch das Gekröse
bis zur Wirbelsäule fort. Das Gekröse wird durch, die beiden Gekrösplatten ge-
bildet, welche mit ihren obern Rändern an der Wirbelsäule angeheftet bleiben,
während ihre untern Ränder sich zuerst nach unten stellen und dann einander nä-
hern, die Schleimhaut von der Wirbelsäule entfernend, und zuletzt über ihr mit
einander verwachsen. Den kurze Zeit bestehenden Zwischenraum zwischen bei-
den Gekrösplatten habe ich die
Lücle des Gekröses genannt*).

Ferner erinnern wrir aus dem Frühem , dafs schon vor der Darmbilduns das

O

animalische und das vegetative Blatt der Bauchplatten mit Ausnahme der beiden
äu Ts ersten Enden sich von einander entfernt haben und dafs dadurch an jeder Seite
von Herz und Darmeine rinnenförnn\'geLücke gebildet wird, welche beide zusam-
men die Leibeshöhle bilden **).

Der so gebildete Speisekanal ist das Primitivorgan nicht nur für den gesamm-
ten Verdauungsapparat, sondern auch für den Afhmungsapparat und feinen Theil
des Harn - und Geschlechtsapparates. Werfen wir jetzt einen Blick auf die ein-
zelnen Theile!

Das vorderste Ende, das vom dritten Tage an zu einem weitem Trichter t. Rachen-
sich gestaltet, wird um diese Zeit wohl am besten mit dem Namen der Rachen- il°hle\'
höhle bezeichnet. Bald aber bilden sich Unterkiefer und Oberkiefer aus, dieHöhle
wird dadurch in ihrem
vordersten Ende nach unten und vorn verlängert , und diese
Verlängerung ist die Mundhöhle. Indem beide
Oberkieferhälften und die Seiten- Mnnd_
äste des Stirnfortsatzes unterhalb der Nasengrube zusammenwachsen und sich auch llohle-
nach hinten zu einer Wand (dem Gaumen) mit den entsprechenden Theilen der
andern Seite verbinden, werden die Nasenhöhlen von der Mundhöhle abgeschie-
v. Nasen
den. Die Nasenhöhlen sind anfänglich sehr kurz, werden aber durch Verlangt- hohI8M-
rung des Gaumens allmählig länger, doch reicht ihr hinterer Ausgang nicht viel
über die Mitte der gesammten Decke der Mund - und Nasenhöhle hinaus. — Im
hintern Theil der Rachenhöhle bilden sich am dritten Tage auf jeder Seite drei
Spalten, die man wegen ihrer Uebereinstimmung mit ähnlichen bleibenden Spal-
ten der Fische
Kiemenspalten nennen mufs. Im Vogel-Embryo verharren sie Kiemenspai
aber nicht lange. Schon am dritten oder vierten Tage pflegt die erste zu verwach-

Piese Lücke ist es, welche W o 1 ff wenigstens so lange als die Schleimhaut noch anliegt „Barm-
rinne" Fistula intestinalis
nennt, weil er sie von der Höhlung des Darmes- nicht unter-
scheidet. Das ist sein Hauptversehen.
**) Eine solche rinnenförmige Lücke, die Hälfte der Bauchhöhle, nennt Wolff
Fistula abdo-
minalis.
was Meckel mit Urjterleibsrinne übersetzt.

0 2

ten.

*)

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sen , während sich eine hinterste vierte bildet. Am fünften Tage oder spätestens
am sechsten Tage pflegen sich auch die übrigen zu schliefsen, die zweite Spalte
zuletzt. Die schmalen Theile der Seitenwand, die zwischen diesen Spalten lie-
gen, nennen wir
Kiemenbogen, so lange die Spalten bestehen.

iv. Speise- Etwas später als die Rachenhöhle gewinnt der hinter ihr liegende Abschnitt

■Öhre.

einige Eigentümlichkeit durch sehr rasche Verlängerung und Verengerung. Es
ist die
Speiseröhre. Der Kropf ist eine viel spätere, nach rechts gerichtete Aus-
sackung der Speiseröhre. Im Primitivorgane scheint der Abschnitt, der später
zur Speiseröhre werden soll, überaus kurz zu seyn, ein Verhältnils, das freilich
im Säugethier sich vollständiger nachweisen läfst.

i;. Magen. Der Magen ist auch anfänglich von dein übrigen Darmkanale nicht verschie-

den. Allmählig tritt eine Erweiterung auf, aber nicht gleichmäfsig im ganzen
Umfange. Sie ist stärker nach dem Rücken zu und bald ein wenig nach links.
Indem aber diese stärkere Wölbung zunimmt, dreht sie sich immer mehr nach
links und endlich etwas nach unten. Der Magen ist anfänglich ein einfacher Sack,
und es schien mir, dafs er erst später sich in den Vormagen und einen Muskehna-
gen sondert, die den körnerfressenden Vögeln eigentümlich sind.

y. Darm, j)er jjarm js| im Augenblicke, wo er sich bis auf den Darmnabel schliefst,

sehr kurz. Dann verlängert er sich rasch und bildet zwei Windungen, eine ent-
hält den Zwölffingerdarm, eine andere gegen den Nabel gerichtete den übrigen
Darm. Der weite und enge Darm sind in der ersten Zeil gar nicht verschieden und
ihre Grenze wird nur durch das Heraussacken der Blinddärme bezeichnet, und erst
in der zweiten Hälfte des Embryonenlebens ist der erstere durch gröfsere Weite
merklich unterschieden. Jene Grenze ist nicht die Stelle, wo Munddarm und Af-
terdarm zusammentreten, vielmehr mündet sich der Dottergang mitten in den en-
gen Darm ein, wo bei manchen Vögeln ein Rest von ihm zurückbleibt, der mit
dem Namen eines
Diverticulum bezeichnet wird. Der dünne Darm nimmt be-
sonders an Länge und Windungen zu, findet daher keinen Raum mehr in der
Bauchhöhle, es treten einige Windungen aus derselben heraus in den Hautnabel
und liegen sogar zum Theil weit aufserhalb des röhrig ausgezogenen Hautnabels.
In der letzten Zeit wächst der Darm weniger in die Länge, dagegen vergröfsert
sich die Bauchhöhle rasch. Der Darm tritt nun wieder ein und nimmt den unter-
dessen verkleinerten Dottersack mit, der innerhalb der Bauchhöhle nach der Ge-
burt noch rascher sich verkleinert, bei einigen Vögeln aber, z. B. der Nachtigall,
nie ganz verschwinden soll.

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Bas hinterste Ende des Darmkanales bildet sich zur Kloake aus, welche Kloake,
sich in den Harnsack und in die Buisa Fabricii verlängert.

Die Leber ist eine Ausstülpung aus dem Darme. Wenn der Munddarm bis Leber,
zu einer gewissen Länge entwickelt ist, erheben sich aus ihm zwei stumpfe hohle
Zapfen nach aufsen und unten. Diese Zapfen umfassen den an der untern Wand
vom hintern Ende des Munddarmes liegenden Venenstamm. Die Hervorst ülpung
hat im Anfange eine sehr breite Basis, die aber rasch enger wird. Sie wird ohne
Zweifel vorherrschend durch die Schleimhaut des Darmes bewirkt, denn anfäng-
lich sieht man die unterdessen dicker gewordene Gefäfsschicht gar nicht erhoben.
Die Ausstülpungen der Schleimhaut verästeln sich in die Gefäfsschicht hinein und
nun erst erhebt sich diese in Form eines Hügels. Beide Ausstülpungen rücken
einander immer näher, so dals bald an der Basis beide jetzt viel enger geworde-
nen Eingänge aus dem Darme in diese Ausstülpungen zusammenrücken und von
nun an ein gemeinschaftlicher Kanal sich aus dem Darmkanale hervorzieht, wäh-
rend sich die Spitzen der ersten Ausstülpungen weiter verästeln. Jene zwei Aus-
stülpungen sind die beiden
Hauptäste des Leberganges, der gemeinschaftliche
später ausgestülpte Stiel ist der Lebergang selbst, aus welchem sich viel später
die Gallenblase durch eine neue Ausstülpung bildet, wodurch ein Tlieil des Le-
berganges zum Gallengange wird. Die Gefäfsschicht hat an Masse unterdessen
sehr zugenommen und bildet das Parenchyma der Leber, die eingeklemmte Vene
al>er verzweigt sich in das Parenchyma, wird also für die Leber arteriös, mit einem
Worte zur Pfortader. Auf der vordem Seite
fliefst das Blut aus der Leber wieder
in die Vene
zurück und bildet die Lebervenen. Anfänglich sind die Lebervenen
unmittelbare Verlängerungen der Pfortader. Aiimählig werden die Uebergänge
immer enger und mehr verzweigt.

Aehnlich ist die Entwickelung des Pankreas, jedoch ohne wesentlichen ib. Pankreas-
Einflufs auf das Gefäfssystem, indem an der Stelle seiner Ausstülpung kein gro-
fses Blutgefäfs liegt. Auch ist das Pankreas nur eine einseitige Ausstülpung aus
dem Darme. Indessen sah ich öfter in der ersten Zeit der Entwickelung eine
ähnliche Ausstülpung auf der andern Seite des Darmes, die aber bald zu schwin-
den scheint.

Eben so sind die Speicheldrüsen verästelte Ausstülpungen aus der Mund- ce. Speichel"
höhle. Weber und Rathke haben sie in dieser Entwickelung vollständig Ver- drusen\'
folgt, und ich habe wenigstens so viele Stufen dieser Ausbildung in den Vögeln
gesehen, um diese Ueberzeugung auch zu der meinigen zu machen.

Auch der gesammte Athmuugsapparat ist eine Ausstülpung aus dem Speise- ,jd. Atii-
kanale. Dicht hinter der letzten Kiemenspalte sieht man am dritten Tage zu bei-- »jng«pp»-

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den Seiten eine kleine Erhöhung. Die anatomische Untersuchung zeigt, dafs sie
hohl ist. Beide erheben sich zu länglichen Säckchen und rücken zugleich nach
unten, bis sie eine gemeinschaftliche Basis erhalten, die sich rasch in einen hoh-
len Stiel verlängert, wodurch die Säckchen schnell nach hinten geschoben wer-
den. Jedes Säckchen hat noch vor der Vereinigung zu einem gemeinschaftlichen
Stiele sich in zwei Abschnitte, ein kleines Stielchen und ein Säckchen, etwas ge-
sondert. Dieses Säckchen jeder Seite ist eine Lunge, sein Stielchen ist der Luft-
röhrenast , und der gemeinschaftliche Stiel ist die Luftröhre.

So ist also der gesammte Athmungsapparat ein Theil des Darmkanales, der
hinter der letzten Kiemenspalte sich hervorstülpt. Er ist physiologisch ein Luft-
darm zu nennen.

In der weitem Ausbildung sieht man jede Lunge in zwei Abtheilungen sich
scheiden, von denen die eine sich vielfach in Röhren zerspaltet und aus jedem
Röhrchen neue röhrenförmige Aestchen mit keulenförmig abgerundetem Ende her-
vortreibt. Diese Abtheilung wird die insbesondere sogenannte Lunge. Beide
Lungen erheben sich während dieser Theilung ihrer Höhle gegen die Rückenwand
des Brustkastens und heften sich hier an. Die andere Abtheilung jeder Lunge
theilt sich auch; aber jeder Ast hat von Anfange an eine ansehnliche Weite und
daher mehr das Ansehen eines Sackes. Diese Abteilung verlängert sich mit
sackförmigen Erweiterungen in alle Höhlen des Leibes bis in die Knochen, und
ist das, was man die Luftsäcke im Vogel zu nennen pflegt. Sie ist eine untere
blasige Lunge, wie die obere eine röhrige Lunge ist.

In der Luftröhre bilden sich mehrere Schichten und in einer derselben
Knorpelringe, die zuletzt Knochenripge werden. Der Eingang in die Luftröhre
erweitert sich etwas und wird zum Luftröhren köpfe *).
ee. Gefäfs- Erst jetzt, nachdem die meisten Theile in Hinsicht ihrer Entwicklung un-

stoiogische tersucht sind, können wir die Ausbildungsgeschichte des Gefäfssystems daran
Ausbildung. knüpfen. j)as Gefafssystem der Vögel, so wie aller* andern Wirbeltiere, be-
steht aus einem Herzen und verzweigten Kanälen, in denen Blut enthalten ist.
Da das Herz selbst offenbar nur der mittlere Theil aller Kanäle ist, so haben wir
überhaupt Blut und einschliefsende Kanäle.

Es ist keinem Zweifel unterworfen, dafs das Blut sich früher bildet als
die Kanäle. In allen lebendigen Theilen des Organismus, welche neuen flüssigen
Stoff anziehen und in ihre Masse umwandeln, löst, sich auch fortwährend ein
Theii ihrer Masse in Flüssigkeit auf, welche sich von diesen Theilen fortbewegt,

-*) Theil I. S. 60. 70. 80. 96. 112. 128. 132.

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•wie wir schon bei einer frühern Gelegenheit bemerkt haben. Eine solche Ver-
flüssigung ist in der ersten Zeit des Embryonenlebens nur in derjenigen Schicht
bemerklich, die wir die Gefafsschicht genannt haben. Die so erzeugte Flüssig-
keit ist eine kurze Zeit hindurch ungefärbt, wird dann gelblich und endlich
roth,
wodurch sie sich als wahres Blut zu erkennen giebt. Dafs später im
Leibe des Embryo die Blutbildung
auf dieselbe Weise erfolgt,, sieht man am deut-
lichsten in den vorragenden Rändern der Bauchplatten und der Extremitäten.
Wenn die Enden der letztern noch blattförmig sind, bildet sich nahe am Rande
und parallel mit ihm eine bogenförmige Anhäufung von Blut, die bald in doppelt
so viel Kanäle abiliel\'st, als Finger sich erzeugen.
Zum Wesen des Blutes gehört
nämlich nicht allein, dafs es flüssig ist und roth wird, sondern auch die Bewe-
gung nach einem bestimmten Ziele. Auf dem Wege, den
eine Quantität Blut
eingeschlagen hat, folgt bald neues Blut, und so
Werden die durch die erste Blut-
masse erzeugten hohlen Gänge bleibende Bahnen, die in die festere Substanz ein-
gegraben und nichts weiter sind, als Lücken in dieser Substanz. Sehr bald be-
kommen die hohlen Gänge
dichtere Wandungen 1). Allmählig aber nimmt diese
Verdichtung so zu, dafs die Grundmasse des ganzen Körpers nur weich dagegen
erscheint, und dann haben wir Gefäfse in Zellgewebe eingesenkt, wie im spätem
Alter, wo nur noch in den äufsersten Enden der Blutbahnen die Gefäfswände
so dünn sind, dafs sie von dem sogenannten Parenchyma der Theile (dem Bil-
dungsgewebe) nicht wesentlich sich unterscheiden.

Dafs die Gefäfswände nicht das Bedingende, sondern die Folge der Blutbe- Morpholo-
wegung sind, lehrt die Entwicklungsgeschichte sehr auffallend auch dadurch, bildung?""
dafs in keinem organischen Systeme des Körpers die Veränderungen so grofs sind,
als in der Vertheilung der Blutgefäfse. Tritt in einzelnen Organen eine sehr kräf-
tige Entwicklung auf, so wird die Blutströmung zu ihnen stärker und unterge-
ordnete Gefäfsstämmchen werden dann so ansehnlich, dafs die gesammte Eis-
bewegung eine veränderte Richtung erhält. Den gröfsten Einfluis auf die Ver-
änderungen des Gefäfssystems hat aber die Entwickelang der Athmungsorgane,
und hiernach kann man mehrere Zeiträume im Leben des Vogels unterscheiden,
von denen jeder eine eigenthiimliche Form der Blutbewegung hat. In jeder Pe-
riode sind aber wieder kleine Umwandlungen, welche die Umgestaltung in die
folgende einleiten. Diese verschiedenen Hauptforinen und Umwandlungen wol-
len wir einzeln beschreiben.

Die erste Periode nehmen wir an bis zur Ausbildung eines ersten vollstän- r-£°dfmePe"
digen Kreislaufes. Sie umschliefst die beiden ersten Tage. Am Anfange ist
Entstehung

_____des Gefäfs-

1  Tliei! I. S. 31. systcms.

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nocli gar keine Blutbildung kenntlich. Sie zeigt sich aber am zweiten Tage und
zwar, wie bemerkt wurde, nur in der Gefäfsschicht. Von der Gefäfsschicht ist
der gröfste Theil in der Keimhaut enthalten, nur ein kleiner liegt im Bereiche
des Embryo. Indem der vordere Theil des Embryo in der ersten Hälfte des zwei-
ten Tages sich schliefst, wird hier viel von der Gefäfsschicht zusammengedrängt.
Man sieht daher zwischen dem Vorderende der Bauchplatten zuvörderst zwei ge-
bogene längliche etwas dunkelkörnige Massen, die zuerst nur an der äufsersten
Spitze wie zwei gegen einander gekehrte S zusammenstofsen, dann vorn immer
mehr zusammenrücken, weil sich mehr vom Embryo schliefst, nach hinten aber
in zwei Schenkel auslaufen, in Form eines umgekehrten ^ *). Da die Continui-
tät der
Gefäfsschicht nicht aufgehoben ist, so steigt von dieser verdickten Stelle
eine aus zwei Blättern der Gefäfsschicht gebildete Fortsetzung bis zu dem dar-
über liegenden Munddarme hinauf und umschliefst ihn. Diese Fortsetzung ist die
nach unten vorragende Verlängerung der Gefäfsschicht, deren wir früher (§. 6.)
bei Untersuchung der Primitivorgane gedachten. Sie ist eine Art Gekröse für
das Herz, denn jene ^förmige Verdickung wird zum Herzen, indem die innere
Masse gegen die Mitte des zweiten Tages flüssig wird. Zugleich verlängert sich
dieser Theil und ist nun ein geschlängelter, nach hinten zweischenkliger Kanal,
der sich langsam zusammenzieht und seinen flüssigen, noch nicht gefärbten In-
halt hin und her bewegt. Wir nennen ihn in diesem Zustande den
Herzkanal,
weil er von der spätem Form des Herzens wesentlich verschieden ist und mehr
enthält als dieses. Der Stöfs des Herzkanals geht nach vorn und treibt hier all-
mählig das Blut aus seiner vordem Spitze in zwei Bogen um das vorderste Ende
des Speisekanals herum, nach oben gegen den Boden des Schädels. Von hier mufs
es nach hinten getrieben werden, wie der Erfolg lehrt**). Während nun der
im vordem Ende des Leibes zusammengedrängte StofF der Gefäfsschicht flüssig
wird, sieht man dieselbe Verflüssigung im übrigen Umfange der Gefäfsschicht.
Alles so Verflüssigte strömt gegen den Embryo, und zwar gegen seinen vordem
Eingang, und weil die Strömung innerhalb der Gefäfsschicht sich befindet, so
gelangt sie in den Herzkanal. So ist also allerdings die venöse Strömung wohl
die ursprüngliche. Indessen besteht sie nur sehr kurze Zeit allein, und wenn man
häufig glaubt, dafs längere Zeit hindurch nur Venen im Embryo und seiner
Keimhaut seyen, so beruht diese Vorstellung auf einem Irrthume
von Wolff,
der sämmtliche Gefäfse des ersten ausgebildeten Kreislaufes, durch einen in der
That auffallenden Irrthum, für Venen hielt.

---Je

\'*) Theil I. S.-SS. {

**) S. 31. 32. 32.

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Je weiter vorn Embryo entfernt das erste Blut erzeugt wird, um desto lang-
samer scheint es zu fliefsen. So sammelt es sich besonders am Rande der Gefäfs-
sehicht an und bildet hier einen tiefen Graben, den
Blutlreis, aus dem es nur
langsam ausfliefst. Im Gefäfshofe zeigt sich das Blut zuerst roth, denn während
man im
Herzkanale noch ungefärbtes Blut sieht, ist es in dem Blutkreise und dem
Gefäfshofe schon etwas geröthet. Dagegen glaubte ich zu bemerken, dafs im
Herzkanale etwas früher die Verflüssigung sich findet, als in der Keimhaut, was
schon durch die stärkere Ansammlung desselben Stoffes begreiflich wird. Indes-
sen möchte ich hierauf auch kein Gewicht legen, da die erste Verflüssigung im
Gefäfshofe seiner Dunkelheit wegen kaum kenntlich seyn kann *). Durch den
Fruchthof, in welchem die Gefäfsschicht am dünnsten ist, scheint sich das von
aufsen kommeude Blut nur langsam durchgraben zu können, denn die hintern
Zipfel des Herzkanales, gegen welche alle Strömung gerichtet ist, bleiben einige
Zeit noch dunkel und müssen also nur wenig Blut aufnehmen. Bald aber wer-
den auch sie hell, und nun fliefst alles Blut aus den hintern Zipfeln in den Herz-
kanal ein und aus dem vordem Ende
desselben durch die zwei Bogen wieder
ab **).
Diese zwei Bogen werden bald für den vermehrten Andrang zu schwach,
und da zugleich die Spitze des Herzens sich zurückzieht, überdies auch die Ge-
fäfsschicht, wie alle Primitivorgane die Einwirkung der Sonderung in die von
uns sogenannten morphologischen Elemente erfährt, so entwickelt sich ein zwei-
tes Paar von Bogen, gleichsam ein zweiter Wirbel für diese Sphäre, später ein
drittes Bogenpaar und endlich beim Uebergange des zweiten Tages in den dritten
ein viertes. Alle diese Bogen laufen innerhalb der Gefäfsschicht um die Rachen-
hohle nach oben, die Bogen einer Seite gehen in einen Kanal zusammen und es
verbinden sich diese beiden Kanäle zu einem gemeinschaftlichen Stamme, der
nothwendig auch innerhalb der Gefäfsschicht seyn mufs, aber da liegt, wo die
Gefäfsschicht am Wirbelstamme anhaftet, d,
h. über dem Darme. Jener Arte-
rienstamm nämlich ist die
Aorta, die beiden Kanäle, die ihn bilden und die vier
Gefafsbogen einer Seite aufnehmen, nennen wir die
Aortenwurzeln. Dafs die *
Aorta schon durch die ersten Gefafsbogen erzeugt wird, braucht kaum bemerkt

*) Doch halte ich es entschieden für einen Irrthum, wenn man rothe isolirie Blutinseln im Ge-
fäfshofe zu erkennen glaubt. Sie sind nur Schein, indem durch Oeffnung des Eies die Blutbe-
wegung gestört ist und das Blut an einzelnen Stellen sioh sammelt. Immer haben solche rothe
Inseln Ableitungen, die man bei Untersuchung im warmen Wasser erkennt, und immer wird
man bei dem Anschein von Blutinseln das Herz gefüllt uiid in Bewegung sehen. Dafs das Herz-
blut einige Zeit ungefärbt erscheint, mag daher kommen , dafs aus dem Gefäfshofe ihm mir ive«
nig Blut, oder zuerst vielleicht mehr Serum zufliefst.
**) Theil 1.
S. 28. 81. 33. 34.

TL , 11

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zu werden, doch scheint dieses sehr allmählig zu geschehen, so, als ob sich das
Blut seine Bahn ausgraben müfste, weil man eine Zeitlang die Aorta nicht er-
kennt und noch weniger Verästelungen 1).

Noch ehe der vierte Gefäfsbogen gebildet ist, was am Anfange des dritten
Tages erfolgt, ist die Aorta schon ganz ansehnlich und spaltet sich in der Mitte
vom offenen Theile des Embryo in zwei Hauptäste 2), von denen jeder wieder
einen stärkern Ast in rechtem Winkel in die Keimhaut abgiebt (die künftige
Dot-
tersackschlagader),
der sich dort netzförmig vertheilt und einen schwächern im
obern Winkel der Gekrösplatten 3) bis in das hintere Ende schickt.

Während sich so die arteriöse Hälfte des Kreislaufes ausbildet, ist die venöse
auch weiter vorgeschritten.
In der ganzen Keimhaut mehren sich, so weit die
Gefäfsschicht reicht, die venösen Strömungen und sie vereinigen sich in zwei
Hauptstämme. Einer sammelt das Blut aus der hintern Hälfte des Gefäfshofes,
steigt am linken Rande des Embryo hinauf und geht in den linken Schenkel des
Herzkanales über. Ein anderer sammelt das Blut aus dem. vordem Theile des
Blutkreises und des Gefäfshofes und geht ebenfalls in den linken Schenkel des Her-
zens. Der rechte Schenkel des Herzens bleibt länger dunkel, als der linke, in-
dessen empfängt er bald auch von vorn eine Vene, die mit der eben beschriebe-
nen vordem Vene der linken Seite übereinstimmt, jedoch schwächer ist. Nie
sah ich die rechte vordere Vene ganz so stark, als die linke. Zuweilen geht aber
die rechte Hälfte des Blutkreises fast
ganz unmittelbar in diese Vene über und nur
die linke Hälfte in die linke vordere Vene; dann erscheinen beide ohne genaue
Vergleichung fast gleich, und der Beobachter sieht zwei vordere Venen. In die-

1  Theil I. s. 34. 35. 53.

2  Diese Hauptäste der Aorta hatte Wolff für Venen angesehen, daher seine Meinung, dafs
am dritten Tage nur Venen vorhanden wären — ein Versehen , das bei einem so anhaltenden
Beobachter schwer zu begreifen ist. Vielleicht findet
es seine Erklärung darin, dafs bei schwach-
gewordenem Kreislaufe in dieser Zeit das Blut in den Arterien nach jedem Herzschlage fast eben
so viel zurückfliefst, als es fortgestofsen wurde; vielleicht auch in dem Umstände, dafs bei plötz-
licher Erhitzung der stockende erste Kreislauf des Hühner - Embryo eine ganz umgekehrte Rich-
tung annehmen kann. Ich habe das Umkehren des Kreislaufes in der ersten Zeit meiner Beob-
achtungen, wo ich den Kreislauf dadurch länger au erhalten suchte, dafs ich auf den in einem
Uhrglase liegenden Embryo mit einem Theelöffel heifses Wasser tröpfelte, zweimal gesehen.
Das Umkehren der Bahn war volltsändig und sehr deutlich zu beobachten. Die Bewegung ging
aus den Arterien in das Herz, und aus dem Herzen sah ich das Blut in alle Zweige der vordem
Venen sich verbreiten, und es ging fast zwei Minuten so fort. In beiden
Fällen war das ange-
wendete Wasser zu heifs und plötzlich aufgegossen. In spaterer Zeit, wo ich nie wärmeres Was-
ser anwendete, als die Brütmaschine giebt und meine Vorkehrungen
mehr daraufgerichtet wa-
ren, die Abkühlung des Embryo aufzuhalten , sah ich nie etwas Aehnliches.

3  Doch auch Verwundungen können einen Piückflufs des Blutes in den Arterien erzeugen, was
häufig genug geschieht.

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sein Falle zeigt sich auch die rechte vordere Vene schon am Schlüsse des zweiten
Tages, weshalb sie hier mit erwähnt werden mufs. Wenn aber der Blutkreis in
zwei grofsen Bogen sich nur in die linke vordere Vene ergiefst, so wird die rechte
später sichtbar, das Blut aus der rechten vordem Hälfte der Keimhaut sammelnd,
und sie bekommt erst allmählig schwache Zuflüsse aus dem Blutkreise 1).

Man ersieht schon aus dieser Darstellung, dafs die Herzschenkel nichts sind
als Venen, oder
wenigstens dazu werden, denn allerdings läfst sich in der ersten
Periode gar keine Grenze zwischen ihnen und dem übrigen Herzen bestimmen.
Es enthält nämlich der Herzkanal der ersten Zeit in der That mehr als das eigent-
liche Herz. Er ist der gemeinschaftliche Centraltheil des gesammten Gefäfssy-
stems und kanalförmig wie die übrigen Gefäfse. Nicht nur sein hinteres, son-
dern auch sein vorderes Ende wird zu Gefäfsen, das hintere zu einem Venen-
stamme , das vordere erst zu einem, dann zu mehreren Arterien - Stämmen, wie
der Verfolg zeigen wird. Beim Entstehen war der Herzkanal, wie wir bereits
hörten, geschlängelt, seine Gesammtrichtung war aber doch gerade und er lag
unter dem Hirne, eben so weit nach hinten reichend als dieses. Rasch aber ver-
ändert er seine Lage und Gestalt. Durch die zunehmende Krümmung des Em-
bryo wird der an der untern Fläche liegende Herzkanal verkürzt, denn seine
Schenkel, die in dem Uebergange der Kopfkappe in dem vordem Eingange des
Speisekanals liegen 2), können nur langsam mit der Verengerung des Nabels zu-
rückweichen, zugleich aber verengt sich aus eigenem Triebe der vordere Theil
dieses Kanales, während die Mitte sich erweitert. Dadurch nimmt das vordere
Ende mehr den Charakter eines Arterienstammes an, aus dem die vier Gefäfsbo-
gen abgehen. Der hinter ihm liegende Theil treibt nun die noch nicht verwach-
senen Bauchplatten aus einander und ragt nach rechts hufeisenförmig ausgebogen
und in der Mitte am meisten erweitert, wie ein Bruch hervor, ist aber doch an
der untern Fläche noch von einem häutigen Ueberzuge, der beide Bauchplatten
zusammenhält und ein durch die Umschliefsung des Embryo umgewandelter Theil
der Keimhaut ist, bedeckt 3). Die Gegend, in welcher das Herz jetzt liegt, ist

1 ^ Theil I. S. 36.

2  Theil I. S. SS,

3  So ist der zwischen W olff und Hall er geführte Streit, ob das Herz in früher Zeit frei her-
vorrage oder umschlossen sey, zu schlichten. Es ist kein geschlossener Thorax da, dieser bil-
det sich erst indem die Bauchplatten von den Seiten und zugleich von vorn nach hinten ver-
wachsen , und das Herz liegt überdies gar nicht im Thorax. Aber ganz frei ist es auch nicht,
indem, in Folge der Abschnürung, am vordem Ende ein Theil der Hautschicht die untere Wand
des Embryo bildet. Die Umbeugung der Hautschicht in die Keimhaut reicht nicht ganz so weil
nach hinten, als die Umbeugung der Schleimhautschicht, In diesem Zwischenräume liegen die

R 2

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aber Iceinesweges der künftige Brustkasten, sondern der Hals, denn die Stelle,
an welcher die vordere Extremität sieh entwickelt, liegt weit hinter dem Räume,
den das Herz am Schlüsse des zweiten Tages einnimmt *).

gg. Zweite So wäre denn die erste ausgebildete Form des Gefäfssy stems, mit welchem

Pßriods» • .

Kreislauf oh~ die zweite, vom dritten bis zum Schlüsse des fünften Tages reichende beginnt,
tesAthmritgs- Im Blutkreise hat das Blut eine vorherrschende Richtung nach vorn

organ, und geht in zwei grofsen Strömen entweder in eine oder zwei vordere Venen der

mv£!haUt8ä~ Keimhaut über. Die vordem Yenen nehmen zugleich Blut aus der vordem Hälfte
der Keimhaut, namentlich aus der Kopfkappe auf, die linke, gröfsere geht in
den linken Herzschenkel über. In den rechten geht eine schwächere , die merk-
lich später entsteht, wenn sie nicht durch den Blutkreis unmittelbar gebildet
wird. Äulserdem ist eine
(linke) hintere Vene der Keimhaut da, die aus dem
hintern Theile der Keimhaut das Blut sammelt und mit ihren äufsersten Reisern
allmählig immer mehr mit dem Blutkreise in Verbindung tritt. Der Blutkreis
hat also auch eine schwächere Strömung nach hinten, als nach vorn. Aufserdem
erhält aber der Blutkreis auch im ganzen übrigen Umfange schwache Abflüsse,
denn überall haben sich allmählig Rinnen gebildet, und da diese Rinnen zusammen-
geflossen sind, so sind sie untergeordnete Reiser der gröfsern Venenstämme ge-
worden und durchziehen netzförmig die ganze Keimhaut, so weit die Gefäfs-
schicht reicht. Es bildet sich später auch eine rechte hintere Vene, die in den
rechten Herzschenkel geht, aber Anfangs sehr viel kleiner ist, als die entsprechen-
de der linken Seite, und den Blutkreis nicht erreicht **).

Es geht also alles Venenblut in die beiden Herzschenkel ein, aber viel mehr
durch den linken, als durch den rechten. Im Herzen wird es durch eine gemein-
same Expansion eingeschlürft, dann durch eine Contraction nach vorn und durch
drei bis vier Paar Gefäfsbogen nach oben gegen die Wirbelsäule
getrieben. Die
Bogen jeder Seite sammeln sich hier in eine Aortenwurzel, und beide Aortenwur-
zeln bilden endlich die Aorta, die sich sehr bald in zwei Hauptäste spaltet, von
denen jeder wieder an der Seite der Wirbelsäule einen schwächern Ast bis in das
hintere Ende des Leibes, und einen stärkern seitlichen in die Keimhaut ab-

Herzschenkel. Wer aber in die Abschnürung und die Schichten der Keimhaut einige Einsicht
gewonnen hat, sieht leicht ein, dafs auch diese Schenkel nicht ganz entblöfst seyn können. Die/
Abbildungen auf unsrer ersten und zweiten Tafel werden dieses versinnlichen.

*) Wie in den Fischen bleibend.

**) Theill, S. 54.

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sendet. Jenen kann man nach Analogie von Yenen, deren bald Erwähnung ge-
schehen wird, die
hintere Wirbelarterie, diesen die Keimhautarterie nennen.
Beide Arterien der Keimhaut verästeln sich nun vielfach und erreichen mit ihren
letzten Enden den Blutkreis1). So ist also der
Kreislauf vollständig, aber nur
ein
einfacher, indem das Blut auf seiner Bahn nicht durch ein gesondertes Ath-
mungs-Organ geführt wird. Die Arterien der Keimhaut sind so stark, dafs sie
nicht blofs zur Ernährung derselben, sondern auch zur Umänderung des Blutes be-
stimmt scheinen. Ich vernmthe daher, dafs schon jetzt eine Art von Athmung
Statt findet , allein nichfin einem gesonderten Organe.

Hiermit haben wir die erste Form des Gefäfssystems, aber auch schon seine
früheste Umgestaltung beschrieben, da wir der Zunahme der Yenen und Arterien
während des dritten Tages erwähnten.

Um die fernere Ausbildung des Gefäfssystems leichter verstehen zu können,
erinnern wir uns zuvörderst, dafs in der zweiten Periode die Keimhaut sich zu ei-
nem Dottersacke umbildet. Sämmtliche Keimhautgefäfse sind also
Dottersachge- Dottersack
fäfse(Vasa v itellaria)2\').
Neben diesem Gefäfssjsteme bildet sich im zwei- £efafse\'
ten Zeiträume aufser der Aorta ein Gefäfssystem im Körper des Embryo aus. Bei-
den Abschnitten gehört das Herz mit gleichem Hechte an3).

1  Theil I. S. 33. 37.

2  Oder ,,Gekrös - Nabelgefäfse\'\' Vasa otnjjhal o ■ me sente r ica, wie man die übereinstim-
menden Gefafse der Säugethiere genannt hat\\

3  Zur vollständigen Darstellung aller Veränderungen des Gefäfssystems im Vogel würde wenig-
stens eine ganze Tafel erfordert werden und dal(fc hätte mkn doch nur die Geschichte dieses
Systems ii\\ Einer Thierklasse dargestellt. Eine geringere Anzahl würde zum Verständnisse immer
noch die Phantasie des Lesers und Beschauers in Anspruch nehmen. Ich glauble daher auch
mit einer einzigen dem dringendsten Bedürfnisse zu genügen, wenn ich sie so wählte, dafs sie den
allgemeinen Embryonen - Typus in Bezug auf das Gefäfssystem ausdrückte. Diese Aufgabe habe
ich in Fig. 10. Taf. IV. zu lösen versucht. Obgleich nun in der Erklärung der Abbildungen noch
ausführlich über sie gesprochen wird, so will ich doch gleich hier auf sie verweisen, weil die
Darstellung des Blutlaufes in der zweiten Periode und besonders arn Schlüsse derselben bei Ver-
gleichung dieser Figur leichter gefafst werden wird. Nur mufs bemerkt werden, dafs, um den
Blutlauf im Embryonenzustande darzustellen, ich es für nöthig hielt, nicht
einen scharf be-
stimmten Zeitmoment zu wählen , sondern z. B. sämmtliches Paar Arterienbogen , die aus dem
Herzen kommen, aufnahm, obgleich, wenn die Nabelvenen deutlich werden, die vordem Ar-
terienbogen schon geschlossen sind. Man sieht also bei
ab das Herz; aus diesem kommen 5 Paar
Arterienbogen; c ist die hervortretende Kopfschlagader;
d die Wirbelschlagader, für welche
noch ein Theil der Arterienwurzel bis e verwendet wird;
f. Theilung der Aorta in die Nabelar
terien;
g. vordere Wirbelvene; h i hintere Wirbelvene aus der Schwanzvene h kommend; Ader
venöse Queerstamm; l, 1\' die Nabelvenen oder in
diesem Zustande noch die untern Venen des Hin-
terleibes;
m die Hohlvene; n die Dottersackvene, die als zum Pfortadersysteme gehörig und um
dieses zu bezeichnen, nicht angelegt ist, so wie einige Gekrösvenen, die sie als Zweige aufnimmt ;
o der gemeinschaftliche Venenstamm ; p die Dotter - Arterie.

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In Bezug auf die fernem Veränderungen der Dottersackgefäfse bemerken
wir, dafs der Gefäfshof sieb allmählig immer weiter über den Dotter ausdehnt,
dafs der Blutkreis eine Wand erhält und zur
Grenzvene (Vena terminalis)
wird, dafs die Arterien und Venen sich gleichmäfsiger vertheileu. W ährend frü-
her in der vordem und hintern Gegend der Keimhaut viel mehr Venen waren, als
Arterien, die letztern aber in der Mitte der Keimhäut vorherrschten, vergröfsern
sich jetzt untergeordnete Seitenäste der hintern Venen so, dafs sie die Fortsetzun-
gen der Stämmchen werden, daher bald neben den beiden seitlichen Arterien ent-
sprechende Venen liegen. Nur kurz vor der Einsenkung in den Embryo weichen
sie aus einander, da die Venen in den vordem Eingang des Embryo zu den Herz-
schenkelu gehen1). Aber auch dieser Unterschied wird allmählig geringer, in-
dem der vordere Eingang weiter nach hinten rückt. Dadurch ziehen sich die Herz-
schenkel immer mehr vom übrigen Herzen ab und spinnen zwischen sich und dem
Herzen einen Kanal aus, den wir den gemeinschaftlichen
Venenstamm nennen wol-
len, weil sich in der That alle Venen in diesen Stammsammeln. Die Herzschen-
keln erscheinen dann als blofse Zweige dieses Stammes. Der Venenstamm wird
kurz vor diesen Zweigen von den beiden hervorwachsenden Leberhälften umfafst.
Hinter dieser Stelle verlängert sich das Stämmchen auch noch weiter, worauf die
fortgehende Schliefsung des Darmes und dieEntwickelung des Gekröses einen not-
wendigen Einflufs ausübt. So entsteht allmählig eine einzige im Gekröse verlau-
fende
Vottersackvene oder Dottervene {Vena vitellarici), von welcher die ur-
sprünglichen vordem und hintern Venen der Keimhaut nur Zweige sind, die sich
aber von den andern spätem Zweigen nicht auffallend unterscheiden, da Nebenrei-
ser grofs geworden sind und die ganze Vene sich gleichmäfsiger vertheilt hat,
Eben so sind die beiden Arterien der Keimhaut zu einem gemeinschaftlichen
Stämmchen geworden, die
Dotter sack Schlagader oder Dotterschlagader (.Arteria
vitellarici
). Die frühern Keimhautschlagadern erscheinen nämlich als Aeste
eines Stäramchens, das im Gekröse liegt.

Im Anfange dieser Periode waren im Körper keine andern Gefäfse zu bemer-
ken , als die Aorta und die Gefäfsbogen, die zur Bildung derselben gehören. Es
versteht sich von selbst, dafs die ersten Anfänge der Blutbahnen, sowohl der arte-
riellen als der venösen, in dem nicht mehr hinlänglich durchsichtigen Embryo un-
sichtbar bleiben. In der That ist nur der Fruchthof dünn genug, um in ihm die
erste Bewegung eines ungefärbten Stolfes zu bemerken. Man hat also auch im

1  Von dieser Periode giebt Pander eine sehr schöne Abbildung in seinen Beitragen u. s. w.
Taf. III.

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Embryo jedem sichtbaren rothen Blutstrome einen hellen und deshalb unsichtba-
ren vorhergehend zu denken.

Ich glaube verständlicher zu werden, wenn ich zuerst die Ausbildung der ^^fYv
Körpervenen, dann des Herzens und endlich der Arterien beschreibe. Von erste-
Fig. 10.
ren bemerke ich zuvörderst, dafs sie sich sämmtlich in den allgemeinen, so eben
beschriebenen Yenenstamm ergiefsen, und zwar zwischen der Leber und dem
Herzen1).

Während nämlich die beiden Leberhälften den Venenstamm umfassen, ver-
zweigt sich der letztere in die Leber, und so wird für den Embryo ein Pfortader-
system von den übrigen KÖrpergefäfsen abgegrenzt, aber jetzt noch lange nicht
geschieden, weil das Blut aus dem Dottersacke noch in einem starken Strome
durch die Leber hindurch in den Venenstamm geht und die Verzweigung in die
Leber nur kurze Aestchen dieses Stammes sind. Die Dottersackvene macht aber Fis- 10-
noch am Schlüsse dieser Periode das Pfortadersystem fast allein aus. Nur sehr
schwache Reiser kommen aus den übrigen Verdauungsorganen hinzu.

Von den Körpervenen erkennt man zuerst zwei vom Kopfe kommende Ulid
au beiden Seiten des Halses herabsteigende. Sie nehmen das Blut aus dem Hirne
und dem Halse auf und biegen sich dann plötzlich und fast in rechtem Winkel
nach innen, um den gemeinschaftlichen Venenstamm zu erreichen. Sie sind die Ebenda«,
g,
vordem IVirbelvenen (JVenae vertebrales anteriores). —■ Zuerst überzieht
ein fast gleich verbreitetes Netz die innere Fläche des Schädels, dann sammelt sich
das zurückfliesende Blut allmählig immer mehr in den mittleren und seitlichen Ein-
haltungen der harten Hirnhaut. Es entstehen hier also gröfsere Venenäste, die
unmittelbare Wurzeln dieser Wirbelvene sind und erst in der folgenden Periode
sich als die sogenannten Blutleiter zu erkennen geben. Mit jeder vordem Wirbel-
vene zeigt sich am Ende der zweiten Periode eine kleine Flügelvene verbunden.
Auch wird die Drosselvene aus Aestchen der Wirbelvene entstanden erst gegen das
Ende dieser Periode deutlich und selbstständig genug, um einen besondern Namen

1  Es ist zwar nicht möglich, allen Mifsverständnissen, zu welchen die Darstellung Veranlassung
geben kann, vorzubeugen, doch will ich hier noch besonders darauf aufmerksam machen , dafs
es keinesweges meine Meinung ist, als bohrten sich die Körpervenen Löcher in den gemeinschaft-
lichen Venenstamm ein. Ich bediene mich des obigen Ausdruckes nur, weil sie später sichtbar
werden, und es versteht sich von selbst, dafs schon vorher, ehe die Wand des Stammes eine ge-
wisse Festigkeit erhält, Blutrinnen in dasselbe verliefen , die nun stärker werden. Anders ist es,
wenn sich der Uebergang durch ein Gefäfsgeflecht bildet. Ein solches kann allerdings später
sich ausbilden, es können dann einzelne Gänge gröfser werden und früher bestaudene Venen zu
einem Stamme verbinden. S9 scheinen die hintern Körpervenen allmählig zu einem Stamme ver-
bunden zu werden. ,

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Ebenda1.». zu führen. — Von hinten bahnt sich das Blut zuvörderst auf jeder Seite einen
Weg am obern Rande der Gekrösplatten, wo die Primordial - Niere an das Gekröse
und die Bauchwand angeheftet ist. Dieses Gefäfs wird rasch gröfser, in dasselbe
ej>einlas, h. senken sich auf jeder Seite Venen aus dem Schwänze der hintern Extremität, der
Beckengegend, der Kloake, dem hintern Ende der falschen Niere und dem Schwänze
ein, die ich zusammen die
hintern Körpervenen nennen will. Es nimmt ferner im
ganzen Verlaufe viele seitliche Zweige aus der falschen Niere, so wie aus jedem
Zwischenwirbelraume ein Aestchen auf und verbindet sich mit der vordem Wir-
belvene seiner Seite vor dem Eintritte derselben in den gemeinschafdichen Stamm.
Dieses Venen - Paar bildet also den Gegensatz zu den vordem Wirbelvenen,
weshalb ich es £\\\\e hinterri Wirbelvenen (JCenae vertebrales posteriores)

nennen will *), da es eben so an den Wirbeln anliegt. Sie nehmen in der ersten
Zeit alles Blut aus dem hintern Theile des Körpers auf, so wie die vordem Wir-
belvenen aus dem vordem. Die vordere und die hintere Wirbelvene jeder Seite
verbinden sich zu einem
venösen Queerstarnme (Truncus venosus transver-
sus
) (Fig. 10. £.) und beide Queerstämme gehen in das Herz. Die hintere Hohlvene
ist erst später bemerklich als ein Aestchen des gemeinschaftlichen Venenstammes.
Ehendas. m. Diese hintere Hohlvene ist noch am Schlüsse der zweiten Periode sehr kurz.

Sie wird sichtbar, indem sich die Primordial - Nieren verkürzen. Man sieht dann
aus der innern Fläche des vordem Endes jeder Primordial - Niere einen Blutstrom
hervortreten. Beide laufen zusammen in ein Stämmchen, das, wie der Erfolg lehrt,
die hintere Hohlvene wird. Am Schlüsse dieser Periode ist sie
zwar schon weit,
* aber noch sehr kurz, sie geht an der obern Wand der Leber vorbei und wird hier
ein Zweig des allgemeinen Venenstammes.
Eben das, 1,1\'. Auch bildet sich allmählig noch ein venöser Strom im untern Rande jeder

Bauchplatte und beide treten erst nahe am Herzen zusammen. Indem aus dem hin-
tersten Ende des Körpers, wo für diese Venen sich neue Rinnen bilden, der Harn-
sack hervortritt, geht das Blut aus demselben auch in sie über. Wir nennen sie
die
untern Venen des Hinterleibes und wollen schon vorläufig von ihnen bemerken,
dafs aus ihrer Vereinigung in der folgenden Periode die
Nabelvene wird. Sie sind

, aber

1  Die Bildungsgeschichte der Körpervenen ist hier, wenn auch kürzer, doch vollständiger er-
zählt, als im ersten Theile. Namentlich war mir bei Abfassung desselben die Entstehung der
Nabelvene nicht klar. So habe ich S. 71 (wenn hier nicht ein Druckfehler
mehrere Zeilen ausge-
lassen hat) die Subcostalvenen (
Vena aryga et liemiazyga) mit den Hauptästen der Nabelvene
verwechselt. Was ich dort Subcostalvenen nenne, ist einerlei mit dem was ich hier
„hintere Wir-
belvenen
" nenne. Doch finde ich auf S. 71 eine Verwechselung der Subcostalvenen mit den
Hautästen der Nabelvene, die ich mir nur durch das Auslassen
mehrerer Zeilen erklären kann.

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aber jetzt noch etwas anderes, denn sie verzweigen sich vom vierten Tage an mit
vielen Aesten in die Bauchplatten.

Die Veränderungen des Herzens sind sehr mannigfach und besonders schwer
mit wenigen Worten anschaulich zu machen. Im Anfange dieser Periode ist es
noch ein ziemlich weit nach vorn liegender hufeisenförmig nach rechts ausgeboge-
ner Kanal mit einem arteriösen vordem und einem venösen hintern Ende 1). Wäh-
rend der zweiten Periode rückt der gesammte Herzkanal mehr nach hinten, jedoch
das arteriöse Ende mehr als das venöse. Auch stellt sich das letztere mehr nach
links. Dadurch nimmt die Krümmung zu. Ihre Wölbung richtet sich anfäng-
lich mehr nach rechts, und dann bewegt sie sich, immer mehr einen Stümpfen, ja
zuletzt einen spitzen Winkel bildend, nach hinten und unten. Zugleich bewegt
sich in der letzten Zeit das venöse Ende mehr nach der Mitte und dem Rücken zu,
wodurch es über den vorragenden mittlem Theil zu liegen kommt. Während
dieser Krümmungen und Ortsveränderungen geht eine andere und wichtigere Me-
tamorphose darin vor sich, dafs der ursprüngliche Herzkanal sich in heterogene
Abtheilungen sondert. Das vordere und hintere Ende ziehen sich kanalförmig aus,
die Mitte erweitert sich. Aus dem hintern Theile wird nämlich der gemeinschaft-
liche Venenstamm, von dem wir früher schon hörten; der vordere Theil wird ein
Arterienstamm, aus dem sämmtliche um den Schlund verlaufende Arterienbogen
kommen; der mittlere Theil wird zu den Herzkammern, die jetzt aber noch eine
gemeinschaftliche Höhlung bilden. Wir haben liier ein recht auffallendes Beispiel,
wie schwer es in der Darstellung der Entwicklungsgeschichte Wird, alle Theile mit
passenden Namen zu belegen, da sie ihre Form und Verrichtung oft sehr rasch
verändern. So hat im Anfänge dieses Zeitraumes der Venenstamm völlig das An-
sehen einer gleichmäfsigen Vene, dennoch wird allmählig ein Theil von ihm zum
Herzen, nämlich zu der venösen Abtheilung desselben. Umgekehrt erscheint
lange die Basis des Arterienstammes als ein Herztheil und wird endlich doch in
zwei Arterienftämme umgewandelt. Doch wollen wir versuchen, die Geschichte
der nun auftretenden Abtheilungen des Herzens während des zweiten Zeitraumes
einzeln durchzugehen.

Sobald der Herzkänal im Anfange der zweiten Periode der Entwickelung
sich in drei Abtheilungen zu sondern anfängt, wird der früher einfache Pulsschlag
in drei, rasch auf einander folgende Pulsschläge umgewandelt. In dieser Hinsicht
scheinen also drei Abtheilungen die Natur des Herzens anzudeuten. In Hinsicht
der äufsern Gestaltung hat aber die hintere Abtheilung ganz das Ansehen eines Ve~

1  Unter dieser Gewalt nfennt Malpighi das Herz Circitlu* s. Ahnulu

IL S

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nenstammes, besonders da sie sich rasch verlängert, nachdem die beiden Leber-
hälften aufgetreten sind. Der Uebergang in die mittlere Abtheilung ist verengt.
Dicht an dieser Verengerung stülpen sich aus dem Venenstamme zwei kleine seitli-
che Aussackungen hervor, die allmählig zunehmen und dunkler werden, indem
eine Muskelbildung in ihrer Wand sich zu entwickeln beginnt. Zuerst ist das
Ende des Venenstammes zwischen beiden Ausbeugungen von dem übrigen Stamme
gar nicht verschieden. Allmählig erweitert es sich, und der Pulsschlag, früher
durch den ganzen Venenstamm gehend, fängt an sich auf diese Stelle zu concen-
triren. So entsteht also aus dem Ende des Venenstammes die jetzt noch ungetheilte
Vorkammer des Herzens. Die Aussackungen sind die beiden Herzohren, und aus
dem zwischen ihnen liegenden Theile des Venenstammes wird der
mittlere Baum
oder der
Venenscicl (Sinus), an dem mit dem Schlüsse der zweiten Periode nur
eine leise Andeutung von einer Abtheilung in zwei Höhlungen zu bemerken ist.

Die Verengerung zwischen diesem venösen Theile des Herzens und dem fol-
genden zieht sich allmählig in einen kurzen, durch Durchsichtigkeit ausgezeich-
neten Kanal aus. Man hat ihn den
Ohrhanal (Canalis auricularis) genannt.

Die mittlere Abtheilung des Herzkanales bekommt am frühesten eine musku-
löse Structur. Sie enthält anfänglich nur eine einfache Höhlung. Indessen springt
doch sehr früh von der convexen Fläche der ganzen Länge nach eine niedrige Falte
nach innen vor. Da nun die Herzkammer im Anfange nur
eine einfache Wölbung
nach rechts bildet, so sieht man leicht ein, dafs, wenn diese Falte grofs genug wäre,
um die Höhle des Herzens zu theilen, man zwei lange Kammern haben-würde,
von denen die eine nach der Bauchlläche, die andere nach der Rückenfläche zu lie-
gen würde. Nun vergröfsert sich zwar diese Falte während des ganzen zweiten
Zeitraumes, das Herz aber verändert sich zugleich, indem die Wölbung spitzer
wird und sich nach hinten und unten dreht, zugleich rückt die Vorkammer nach
vorn und oben. Aus allen diesen Momenten folgt nun, dafs die Höhlungen , wel-
che durch die Entwicklung der Falte abgegrenzt werden, nicht lange, wenig ge-
krümmte, sondern kürzere, stark gekrümmte Kanäle werden, dafs der nach un-
ten liegende allmählig immer mehr nach links, der oben liegende mehr nach rechts
gestellt wird. Diese Falte wird im Verlaufe des zweiten Zeitraumes noch keine
Scheidewand. Beide Höhlungen sind also noch nicht völlig getrennte Kammern,
indessen ist ihre Communication zuletzt doch schon sehr eng, und die werdende
Scheidewand theilt schon lange das aus der Vorkammer
kommende Blut in zwei
Ströme.

Die vordere Abtheilung hat zu Anfange, wie die hintere, auch das Ansehen
eines ziemlich langen Kanals erhalten, der von rechts nach der Mitte sich hinüber

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krümmt und hier nach beiden Seiten sich in die Gefäfsbogen vertheilt. Wir nen-
nen diesen Kanal den
Arterienstamm im Gegensatze zu dem Venenstamme. Bald
aber erweitert sich das der Herzkammer zunächst liegende Ende, nur nicht auf
ähnliche Weise, wie der Venenstamm., sondern dadurch, dafs die beiden aus der
Herzkammer kommenden Blutströme sich hier um einander winden. Sie furchen
allmahlig den früher ziemlich gleichmäfsigen Kanal in zwei sich um einander dre-
hende Gänge aus. Daher die äufserliche Erweiterung, die diesem Theile den Na-
men des
Aortenwulstes (Bulbus Aortae) 1) erworben hat. Er ist von den Herz-
kammern durch eine Verengerung geschieden, welche Ha 11 er
das Fr et um (die
Enge) nennt. Sobald die Erweiterung deutlich ist, bleibt die Pulsation dieser vor-
dem Abtheilung auf die Erweiterung beschränkt und die Spitze pulsirt nicht. An-
fänglich sind beide innerlich ausgefurchten Gänge noch in der Höhlung zusammen-
hängend. Indem sie weiter auseinander weichen, tritt allmählig Bildungsmasse
zwischen sie und zuletzt sieht man im Queerdurchschnitte in der Nähe der Herz-
kammern beide Kanäle deutlich von einander abstehen. Der eine kommt aus der
rechten Kammer, und windet sich von rechts nach unten und links, der andere
kommt aus der linken Kammer und dreht sich von links nach oben und rechts.
So nähern sie sich zuletzt. Am äufsersten nach vorn gerichteten Ende laufen sie
aber noch in einen gemeinschaftlichen Kanal zusammen. Aus diesem vordersten
noch ungetheilten Abschnitte des Arlerienstammes gehen nun sämmtliche Gefäfs-
bogen des Kiemenapparates ab.

Hier müssen wir nun aber die Betrachtung der vier Paar Gefafsbogen anrei- Körperarte-
hen,, die wir aus dem Beginne dieser Periode kennen. Zwischen ihnen bilden "en\'
sich im Anfange des dritten Tages drei bis in die Rachenhöhle dringende Spalten.
Bei allmähligem Zurückweichen des Herzens und des Arterienstammes wird der
erste Gefafsbogen dünner und schon am vierten Tage unkenntlich. Dagegen bil-
det sich ein fünfler nach hinten, so wie zwischen ihm und dem vierten Bogen eine
neue vierte Kiemenspalte während die erste sich verschliefst. Endlich wird auch
der zweite Gefäfsbogen nicht mehr mit Blut angefüllt, und so hat man denn am
Schlüsse dieser Periode auf jeder Seite drei Gefäfsbogen, die aus dem Arterien-
stamnie abgehen und die Arterienwurzeln bilden. Von diesen drei Bogen bleibt
aber auf der linken Seite der letzte viel schwächer als die andern, weil die im Ar-
terienstamme sich trennenden Blutströme so gerichtet sind, dafs beide an ihm vor-
beischiefsen. Dieses Verhältnifs hat die Folge, dafs der letzte Bogen der linken
Seite in der nächsten Periode ganz schwindet 2),

1  Auch Aortenzwiebel.

2  Theil I. S. 53. 56. 73. 83,

S 2

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Während die beiden vordem Gefäfsbogen sich verlieren, verschliefst sich
doch nicht der ihnen zugehörige Antheil der Aortenwurzel. Nachdem dieser aus
den verschwundenen Bogen nicht mehr mit Blut angefüllt wird, erhält er dasselbe
aus den hintern, unterdessen weiter gewordenen Gefäfsbogen. Das Blut läuft also
Fig. 10. ed. in ihm nach vorn, oder in entgegengesetzter Richtung mit der übrigen Aorten-
wurzel. Auch entwickelt sieh schon vor dem Schlüsse des ersten Bogens aus
dem Uebergange desselben in die Aortenwurzel eine kleine Arterie, die nun als
die nach vorn gerichtete Verlängerung der Aortenwurzel erscheint. Aus der Aor-
tenwurzel und dieser Verlängerung wird die (vordere) Wirbelschlagader. Man
kann also die W irbelschlagader als eine umgekehrte nach vorn gerichtete Aorta
definiren, die zu der Zeit ausgebildet wird, wo die Aorta selbst eine paarige
Wurzel hat. Sie werden zugeben, dafs auch im erwachsenen Zustande dieser
Charakter sich deutlich in ihr offenbart. Die Kopfschlagader ist dagegen eine
Verlängerung der untern unmittelbar aüs dem Aortenwulst kommenden Hälfte der
vordem Gefäfsbogen 1).

Was den Stamm der Aorta anlangt, so sieht man sehr bald aus ihm in der
ganzen Länge des Thiers für jeden Zwischenwirbelraum ein Aestchen abgehen.
Am Anfange dieses Zeitraumes sah man die Aorta sehr weit nach vorn in zwei
Aeste gespalten. Ziemlich bald aber ist der Stamm sehr viel länger und verläuft
zwischen den dicker und undurchsichtiger gewordenen
Primordial - Nieren.

Wie diese Umänderung bewirkt ist, ob an den seitlichen Aesten sich die
Primordial-Nieren entwickelt haben und die, mittlere Fortsetzung des Stammes
nur stärker geworden ist, nachdem sie schon früher da war, oder ob der unge-
teilte Abschnitt der Aorta sich verlängert hat, und die früher deutlichen Seiten-
äste (die hintern
Wirbelschlagadern) eben dadurch mehr nach hinten gerückt und
nichts anders sind, \'als die bleibenden Seitenäste der Aorta, die sogenannten
Darm-
beinschlagadern (Arteriae i Ii acae),
oder endlich ob die rasche Verlängerung

1  In Taf. IV. Fig. 10. ist c die hervortreibende Kopfschlagader, d die Wirbelschlagader, welche
länger wird, indem ein Theil der Aortenwurzel bis
e unmittelbar zur Wirbelschlagader sich um-
wandelt. Ich will hier ausdrücklich bemerken, um Mißverständnissen vorzubeugen, dafs ich
im ersten Theile
S. 57. die Kopfschlagader als unmittelbare Verlängerung der Aortenwurzeln an-
sah. Das Gefäfs, in welchem ich das Blut aus der Aortenwurzel in umgekehrter Richtung flie-
gen sah, ist aber, wie mich spätere Untersuchungen an S.äugethieren belehrt haben, die Wirbel-
schlagader. Ausführlicheres hierüber soll in einer andern Schrift mitgetheilt
werden, in wel-
cher ich über meine neuesten Untersuchungen über die Entwickelung der Säugethiere berichter
werde. Ich erkenne nun nach Analogie der Säugethiere und
sogar der Fische, dafs auch im
Vogel das Gefäfs, welches unmittelbar aus der Wurzel der Aorta wird, die Wirbelschlagader
ist. Der Irrthum wird durch die spätere Umwandlung verständlich, da im Vogel die Wirbel-
schlagader und die Kopfschlagader in sehr nahe Beziehung
kommen.

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des Aortenstammes durch Verwachsung der Leiden hintern Wirbelarterien be-
wirkt ist, habe ich
noch nicht bestimmen können.

So viel ist gewifs, dafs der Stamm der Aorta sehr bald bis gegen das hin-
tere Ende der falschen Nieren erkannt wird, und dafs es sich hier in die beiden
Darmbeinschlagadern theilt, welche kleine Reiser an den hervorbrechenden Harn-
sack schicken.

Der Kreislauf ist also am Schlüsse der zweiten Periode folgender: Aus dem
Dottersacke dringt das Blut durch den Nabel in den Leib des Embryo ein. Die
Dottervene nimmt zuerst Gekrösvenen auf, verbindet sich dann mit dem Stämm-
chen der Nabelvenen und vertheilt sich zum Theil in die Leber, zum Theil geht
sie unmittelbar auf das Herz zu. Es tritt noch ein Büschel kurzer Lebervenen
und eine kurze und weite Vene (künftige hintere Hohlvene) aus den Primordial -
Nieren hinzu, woraus sich dann ein Stämmchen zusammensetzt, das wir den
hin-
tern Venenstamm
genannt haben. Der hintere Venenstamm verbindet sich darauf
mit zwei seitlichen venösen Queerstämmen, die von vorn und hinten durch vor-
dere und hintere Wirbelvenen Blut erhalten, zu einem
gemeinschaftlichen Venen-
stamme, dessen vorderes Ende werdende Vorkammer ist.

All dieses Blut nun geht durch eine ungetheilte Vorkammer in eine Kam-
mer, die es in zwei Ströme scheidet und durch zwei Kanäle austreibt, aber wieder
vereinigt und durch drei Paar Gefäfsbogen in zwei Aortenwurzeln schickt. Beim
Uebergange in die Aortenwurzel geht die Kopfschlagader und aus der AortenwTur-
zel selbst die Wirbelschlagader in den vordersten Theil des Leibes. Beide Aor-
tenwurzeln um&chliefsen, indem sie sich nach hinten wenden, die Speiseröhre,
lieber dieser vereinigen sie sich in einen Aortenstamm, welcher seitliche Zweige
in jeden Zwischen wirbelraum sendet, gröfsere Aeste in die Primordial-Nieren
giebt und endlich in zwei Hauptäste sich spaltet, die den hintern Theil des Lei-
bes versorgen und mit ihren letzten Zweigen auf dem Harnsacke sich endigen.
Diese Aeste sind sämmtlieh paarig. Aufser ihnen giebt die Aorta nur noch die
jetzt unpaarige aber zweiästige Dottersackschlagader ab, welche am Ende dieses
Zeitraumes noch immer als bedeutender Ast erscheint, wenn auch nicht mehr als
die Hauptfortsetzung der Aorta.

Das Charakteristische dieses Kreislaufs ist, dafs das Blut auf seiner Bahn
nicht durch ein gesondertes Athmungsorgan geführt wird. Ob es im Dottersacke
oder in den Kiemenbogen eine der Wirkung der Athmung ähnliche Veränderung
erleidet , ist schwer mit Sicherheit zu bestimmen. Was die Dottersackgelafse an-
langt , so sind sie es wohl vorzüglich, welche dem Blute neuen tropfbaren Stoff
zuführen. Es ist daher wahrscheinlicher, dafs das Blut mehr hier die der Ath-

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mung entgegengesetzte Umänderung erfährt, dafs es mehr carbonisirt werde.
Dagegen ist es nicht ganz ohne Wahrscheinlichkeit, dafs das Blut, indem es durch
die Kiemenbogen geht, durch Einflufs des Fruchtwassers von seinem Kohlenstoffe
verliert. Zuvörderst ist die Bildung von Kiemenspalten und Kiemenbogen auch
für die Bildung des Athmungsapparates der Fische und der Froschlarven der An-
fang und könnte also wohl auch den Anfang der Athmung für diese Thiere be-
dingen. Ferner aber ist es sehr auffallend , dafs die Kiemenspalten in demselben
Mafse verschwinden, als sich aus dem Harnsacke ein Athmungsorgan ausbildet, und
auf jeden Fall hat die Bildung der Kiemenspalten die Folge, dafs alles Blut, was
aus dem Herzen hervorgetrieben wird, nur durch wenig Bildungsstoff von dem
Fruchtwasser getrennt wird. — Aber
auch wenn das Blut durch die Kiemen-
bogen hindurch Kohlenstoff absetzt, wird dieser Absatz wegen der geringen Ver-
theilung von Gefäfsen nur sehr gering seyn und nur eine schwache Spur von Ath-
mung erzeugen, wie schon die Froschlarven beweisen, an denen die Blutgefäfse
dieser Gegend in wenigen Tagen eine mehr als zehnfache Yertheilung erleiden und
dem umgebenden Wasser viel unmittelbarer ausgesetzt werden, wenn sie zum
Athmen dienen sollen.

hiu Dritte In der dritten Periode verrichtet der schnell gewachsene Harnsack die

Kreislauf \' Dienste eines äufsern Athmungsorganes. Zweige der beiden Hauptäste der Aorta,
f^eres lith"* die an Harnsack gehen, haben sich so vergröfsert, dafs sie in dieser Periode
minigsorgan. als die unmittelbaren Fortsetzungen der Aorta erscheinen. Sie heifsen die Harn-
sack - Nabelschlagadern oder gewöhnlicher die
Nabelschlagadern schlechtweg.
Eben so vergröfsern sich die Harnsack-Nabelvenen oder
Nabelvenen schlechtweg.
Da aber die Nabelvenen, je mehr sich der Nabel verengt, um so mehr in ihrem
gemeinschaftlichen Stamme wachsen, so erscheinen die beiden ursprünglichen
Nabelvenen mit dem Anfange dieser Periode auch schon als Aeste derselben, und
man pflegt daher auch nur von Einer Nabelvene zu sprechen. Ja es nimmt auch
der rechte Ast der Nabelvene rasch ab und wird endlich ganz unkenntlich, wo-
durch denn der linke Ast als unmittelbare Fortsetzung des Stammes erscheint und
man mit Recht sagen kann, dafs die Nabelvene an der linken Seite des Nabels
in den Leib eingeht. Sie hat aber zwei Aeste, die von rechts und links aus dem
Harnsacke kommen und sich vereinigen ehe sie den Nabel erreichen. Zu bemer-
ken ist noch, dafs die Yertheilung der Nabelvenen durch Aeste aus ihrem in den
Bauchplatten liegenden Theile in diese Bauchwand (weshalb wir diese
Theile
auch die untern Körpervenen genannt haben) während des 5ten und 6ten Tages
noch zunimmt, dann aber bald unkenntlich wird. Diese Vertheilung hat nie so
weite Kanäle als in den Säugethieren. Häufig schwindet auch allmählig die rechte

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Nabelarterie und man sieht dann in der letzten Hälfte der dritten Entwickelungs-
periode nur Eine linke Nabelarterie in voller Thätigkeit. Doch findet man hierin
auffallende Differenzen. Mir schien es, dafs, wenn der Harnsack sich ganz um
die rechte Seite des Amniums herum geschlagen hat, die rechte Nabelarterie vor
dem Auskriechen fast ganz geschwunden war, dafs sie aber um so stärker noch
besteht, je mehr von diesem Sacke sich auch nach links geschoben hat 1).

Wir wissen, dafs die Nabelvene sich mit der Dottervene vor dem Eintritte
der letztern in die Leber verbindet, müssen aber hinzusetzen, dafs, während
in der vorigen Periode die Nabelvene als Nebenast der Dottervene erschien und
diese vorherrschend den hintern Venenstamm bildete, jetzt, bei der raschen Zu-
nahme der Nabelvene, diese als Stamm erscheint und die Dottervene als Ast von
ihr sich darstellt. Da ferner im Verlaufe der dritten Periode die hintere Hohlvene
sehr an Stärke wächst, so macht sie zuletzt der Nabelvene den Vorrang streitig,
und der Theil des hintern Venenstammes, der von der Vertheilung in die Leber
bis zur Einmündung der hintern Hohlvene reicht, sieht zuletzt nicht mehr wie
eine Abtheilung des
Stammes aus, sondern scheint ein verbindender Kanal und
wird nun mit dem Namen des
venösen Ganges (Ductus venosus) belegt, und
die hintere Hohlvene bildet den Stamm. — Die Zunahme der hintern Hohlvene
beruht nicht allein auf dem allgemeinen Wachsthume des Leibes und der damit
verbundenen Zunahme der Blutmenge, während der Harnsack in den letzten Ta-
gen sich wenig vergröfsert, sondern auch auf der gröfsern Ausdehnung ihres Ge-
bietes. Sie
nimmt nämlich nicht nur das Blut aus den neu auftretenden Ge-
schlechtstheilen und den wahren Nieren auf, sondern sie erhält auch immer mehr
Zweige aus den Primordial - Nieren und nimmt bald auch die Blutadern aus dem
Becken und den hintern Extremitäten auf, welche früher in die hintere Wirbel-
vene gingen, und von uns früher mit dem gemeinschaftlichen Ausdrucke „hintere
Körpervenen" 2) bezeichnet sind. Diese Umänderung scheint dadurch bewirkt
zu werden, dafs in den Primordial-Nieren sich rasch ein starkes Gefäfsnetz zwi-
schen den Zweigen der hintern Wirbelvene und der hintern Hohlvene bildet.
Durch dieses Netz stehen daher schon früher die hintern Körpervenen mit der
Hohlvene in Verbindung. Indem nun die falschen Nieren sich verkürzen, und
auch die hintern Wirbelvenen abnehmen, haben nur einige dieser Verbindungen
sich zu
verstärken, um die hintern Körpervenen in so unmittelbare und gleich-
mäfsig fortlaufende Verbindung mit der hintern Hohlvene zu bringen, dafs jene
als die Anfänge von diefer erscheinen.

1  Vergl. die Erklärung zu der Abbildung Fig. 1. 9. Taf. IV.

2  Oben, unter gg, wo von den Körpervenen die Rede ist.

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Die kleiner gewordenen hintern Wirbelvenen werden nun mit ihren vor-
dem Enden das, was man gewöhnlich das unpaärige Venensystem (
Vena azyga)
zu nennen pflegt.

Mit dem gemeinschaftlichen Venenstamme, der zwischen der Leber und
dem Herzen liegt, gehen noch die wesentlichsten Veränderungen vor. Wir erin-
nern uns, dafs am Anlange dieser Periode der gemeinschaftliche Venenstamm
aulser dem hintern Venenstamme zwei seitliche Queerstämme aufnahm. Im
Verlaufe der letzten Hälfte der dritten Periode wird immer mehr von dem vordem
Ende des Venenstammes in die Vorkammer des Herzens umgewandelt, bis end-
lich
sowohl der mittlere Stamm, als die beiden Queerstämme mit drei gesonder-
ten Einmündungen in die Vorkammer übergehen. So hört also der gemeinschaft-
liche Venenstamm ganz auf, eine Vene zu seyn und ist in den Venensack der Vor-
kammer umgewandelt. Da aber die hinteril Wirbelvenen gar sehr abnehmen
und nur wenig Blut aus dem hintern Theile des Körpers aufnehmen, die Drossel-
venen und vordem Wirbelvenen nebst Zubehör dagegen sehr zunehmen, so er-
scheinen die venösen Queerstämme fast nur als die Fortsetzungen derselb en. Sie
heifsen nun, sobald sie isolirt in das Herz eintreten, die
vordem Hohlvenen, da
sie das Blut aus der vordem Hälfte des Körpers aufnehmen, wenn auch die Ver-
bindung mit den Venen des Hinterleibes durch das System der unpaarigen Vene
ni
\'cnt ganz aufgehört hat.

Der hintere Venenstamm war zusammengesetzt aus der Dottersackvene, mit
welcher sich die Nabelvene verband, den Lebervenen und der hintern Hohlvene.
Da aber im Verlaufe dieser Periode die Dotiersackvene ein blofser Ast der Nabel-
vene wird, und die Lebervenen unmittelbar in die hintere Hohl vene treten, so
wird dieser hintere Venenstamm bald nur aus der Nabel vene und der hintern
Hohlvene zusammengesetzt. Ja, da diese in den letzten Tagen gar sehr zunimmt,
so erscheint schon jetzt der hintere Venenstamm als Fortsetzung der hintern Höhl-
vene und nicht der Nabelvene. Der Uebergang der Nabelvene von ihrer Vertei-
lung in die Leber bis zur Verbindung mit der hintern Hohlvene wird, wie bereits
bemerkt worden, der
venöse Gang (Ductus venosus) genannt. — Er ist
bestimmt, in der vierten Periode ganz ztt schwinden.

Bevor wir aber von der letzten Form sprechen dürfen, haben wir noch an-
dere Veränderungen des Gefäfssystems in der dritten Periode kennen zu lernen.

Die gemeinschaftliche Vorkammer des Herfens wird allmähh\'g durch Ent-
wickelung der Scheidewand und Zunahme der Herzohren in eine gedoppelte Höh-
lung gesondert. Aber zwischen beiden bleibt bis zum Auskriechen noch Com-
munication. Die rechte Vorkammer nimmt alle drei so eben beschriebenen Ve-
nen-

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nenstämniG auf, die linke dagegen das Blut aus den in der EntWickelung begriffe-
nen Lungen.

Die Herzkammern werden schon mit dem Beginne dieser Periode vollstän-
dig geschieden. Die rechte windet sich immer mehr um die linke.

Die beiden Gänge, die sich schon während der zweiten Periode aus dem
gemeinschaftlichen Arterienstamme am Ursprünge desselben gesondert, und ihm
dadurch das Ansehen eines Aortenwulstes gegeben hatten, trennen sich auch nach
vorn immer mehr und weichen zuletzt auch äufseiiich von einander, und das An-
sehn des Aortenwulstes geht dadurch verloren. Der eine von diesen nun geson
derten Kanälen, aus der rechten Kammer kommend, ist der Stamm der Lungen-
schlagader , der andere, aus der linken Kammer aufsteigende, ist der Stamm der
Aorta geworden. So hat sich also der gemeinschaftliche Arterienstamm in zwei
gesonderte Arterienstämme umgewandelt, und jene von uns gewählte Benennung
ist vollkommen gerechtfertigt.

So lange der gemeinschaftliche Arterienstamm ein ungetheilter war, ver-
sorgte er sämmtliche im Kiemenapparate gelegene Gefäfsbogen mit Blut. Nach-
dem er
sich in zwei Stämme gespalten hat, müssen die Gefäfsbogen von beiden
Kanälen einzeln versorgt werden. Wir erinnern uns aber, dafs der Embryo drei
Paar Gefäfsbogen in diese Periode herüber genommen hat. Der Aortenstamm
geht in die beiden vordem und den mittlem Gefäfsbogen der rechten Seite,
der
Stamm der Lungenschlagader aber in den hintersten Bogen der linken, und in
den mittlem der rechten Seite. Der hinterste Bogen der linken Seite schwindet
ganz. Da ferner die Gefäfsbogen jeder Seite in eine Aortenwurzel zusammenlau-
fen , so ist doch hier noch eine Vermischung des Blutes der Aorta und der Lun-
genschlagader. Es nimmt aber im Verlaufe der dritten Periode diese Verbindung
immer mehr ab. Im Anfange sind die Arterien, die in die Lungen gehen, nur
kleine Nebenäste der Bogen , welche mit dem Stamme der Lungenschlagader in
Verbindung stehen, und das meiste Blut geht auf beiden Seiten in die Aorten-
wurzeln. Allmählig fordern die Lungen mehr Blut, ihre Schlagadern werden
stärker und erscheinen als die unmittelbaren Fortsetzungen der beiden bezeichne-
ten Bogen, wodurch sie eben zuletzt als die unmittelbaren Aeste des Stammes der
Lungenschlagader auch in der äufsern Gestalt sich zu erkennen geben. Die Ue-
bergänge dieser Bogen in die Aortenwurzeln werden dagegen enger. Solche Ue-
bergänge aus der Lungen Schlagader in die Aorten werden
Bot alli\'sehe Gänge ge-
nannt. Es sind ihrer im Embryo des Vogels nach dem Gesagten zwei vorhan-
den, die zuletzt eine sehr ungleiche Länge haben, wie wir sogleich sehen
werden. /

II. T

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Sie wissen, dafs die beiden vordem Bogen dieser Periode (welche die bei-
den dritten Bogen der vorigen sind) mit der Kopfschlagader und der Wirbelschlag-
ader, zu welcher die Armschlagader hinzutritt, in Verbindung stehen. Füge ich
nun hinzu, dafs im Verlaufe dieser Periode die genannten Bogen immer mehr
gerade, d. h. ohne einen Winkel zu bilden in die genannten Arterien übergehen
und als ihre Stämme erscheinen, dafs dagegen der Theil der Aortenwurzeln, der
sie auf jeder Seite mit dem folgenden Bogeaverband, schwindet, so übersehen
Sie sogleich, dafs aus den genannten Bogen die beiden
Stämme (Trunci ano-
nymi
) der Kopf- und Armschlagadern geworden sind. Aufser ihnen stand der
Stamm der Aorta nur noch mit dem mittlem Bogen der rechten Seite in Verbin-
dung. Dieser nimmt immer mehr Blut auf, verstärkt dadurch auch die Aorten-
wurzel rechter Seite, die nun mit dem Stamme und dem weitern Verlaufe dieses
Gefäfses ein so unmittelbares Cozitinuum bildet, dafs alles zusammen die Aorta
genannt wird. Auf dieser Seite bleibt nur ein kurzer verbindender Gang (Ca-
nalis Bot alli), aus der äufsern Hälfte des letzten Gefäfsbogens (der mit seiner
innern Hälfte in die rechte Lungenschlagader umgewandelt ist) in den Stamm
der Aorta übrig. Anders ist das Verhältnifs auf der linken Seite. Der Theil der
Aortenwurzel, welcher zwischen dem vordem und mittlem Bogen liegt, schwin-
det auch hier. Da aber der mittlere Bogen dieser Seite sein Blut immer mehr in
die Lunge sendet, so erhält die Aortenwurzel nur den geringen Ueberschufs von
Blut, der in den Botalli\'schen Gang dieser Seite oder in die äufsere Hälfte des zur
linken Lungenarterie umgewandelten mittlem Gefäfsbogens tritt. Da ferner
auch der letzte Gefäfsbogen dieser Seite früh geschwunden ist, so erscheint bald
die linke Aortenwurzel nur als ein dünnes Gefäfs und eben deshalb als unmittel-
bare Fortsetzung des Botallischen Ganges ihrer Seite, und Avir haben daher auf
der linken Seite einen viel längern aber engern Botalli\'schen Gang, als auf der
rechten.

In dieser Periode kommt also Blut, das der Athmung unterworfen worden
war, durch die Nabelvene in den Körper. Es vermischt sich mit Blut aus dem
Doltersacke und den Verdauungsorganen, und geht in dieser Vermischung zum
Theil in die Leber, zum Theil mischt es- sich mit dem aus dem übrigen Körper
kommenden Blute, und geht mit dem aus der Leber zurückkehrenden Blute in
das Herz. Hier wird es zwar in zwei Ströme getheilt, von denen der schwä-
chere in die Lungenschlagader, der stärkere in die Aorta
übergeht, aber von
jenem erstem läuft noch ein Theil in die Aorta über, der andere, durch die Lunge
getriebene, vermischt sich in der Vorkammer wieder mit dem übrigen Blute. So
ist der Kreislauf durch die Lunge nur ein eingeschobener Theil des allgemeinen

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Kreislaufes und er kann das Blut nicht durch Athmung umändern. da die Luft
in der Lunge nicht erneuert werden kann. Die Athmung erfolgt vielmehr im
Harnsacke, wie man an der höhern Rothe des Blutes in den Nahelvenen erkennt,
doch ist es nur ein Theil des Blutes, das durch dieses Organ getrieben wird,
der Theil, welcher durch die Nabelarterien abgeführt ist. Die Physiologen nen-
nen einen solchen Kreislauf einen unvollständig doppelten.

Mit dem Auskriechen beginnt ein vollkommen doppelter Kreislauf und hier- "pj-^f
durch charakterisirt sich die vierte und letzte Periode des Lebens der Vögel, das
Athmung
Leben aufserhalb des Eies. Indem die Lungen sich mit Luft anfüllen, ist der An- neres Ath-""
drang des Blutes durch die Lungenschlagadern sehr stark. Es geht nun aus ihnen mUngsor§an.
kein Blut mehr in die Botallischen Gänge, diese schliefsen sich daher rasch. Bald
werden auch beide Vorkammern durch eine Scheidewand vollständig geschieden
und es geht alles Körperblut durch die rechte Hälfte des Herzens in die Lungen
zur Athmung und aus diesen durch die linke Hälfte des Herzens in den gesammten
Körper zur Ernährung. Die Physiologen nennen diesen Kreislauf einen
vollkom-
men doppelten.
Ja im erwachsenen Vogel kommt das Blut auch auf seinem Wege
zur
Ernährung nochmals durch die Luftsäcke, die fast im ganzen Leibe vertheilt
sind, in Wechselwirkung mit der Luft.

Dagegen hat die Athmung durch den Harnsack aufgehört; Nabelarterien und
Nabelvene schliefsen sich. Die Dotiersackschlagader ist ein ganz untergeordnetes
Aestchen der Pfortader geworden, weil andere Aeste vom verdauenden Apparate
stärker
geworden sind, und schwindet endlich ganz. Nach hinten steht die Pfort-
ader mit den hintern Körpervenen und also mit Zweigen der hintern Hohlvene in
Verbindung durch eine am Dickdarme verlaufende bisher noch nicht genannte
Vene,
die ich schon ziemlich früh in der vorigen Periode sah und von der es mir
schien, als ob sie um diese Zeit mehr bestimmt wäre, das Blut aus dem Gekröse
nach hinten zu leiten, als umgekehrt\'1\'). Das vordere Ende der Pfortader wird
aber,
wie gesagt, durch Schwinden des Ductus venosus von der hintern Hohlvene
geschieden.

Ich habe schon der Primordial-Nieren als auf die Umwandlung des Gefafs- Primor-
systems sehr wesentlich einwirkender Organe erwähnen müssen. Es gehen näni- diaI"N!ere17\'
lieh den wahren und im spätem Alter bleibenden Nieren vorübergehende, ver-
wandte Organe vorher, welche man
Primordial-Nieren, falsche Nieren,, auch
für die Vögel insbesondere die
Wölfischen Körper genannt hat.

Dafs sie aus den Gekrösplatten, wo diese von der Wirbelsäule hinabsteigen, Taf- n. Fig,
sich hervorbilden, ist offenbar, allein die Art der Umbildung, welche die Ge- 6~8\'

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krösplatte erfahrt, um zur Primordial - Niere werden, kann ich nicht mit Si-
cherheit angeben, und obgleich sehr ausgezeichnete Beobachter1) in neuerer Zeit
grade diese Theile zum Gegenstande ihrer genauen Untersuchungen gemacht ha-
ben , so ist meine Ungewifsheit über die
erste Bildungsweise nicht gehoben 2)
Diese Organe sind Drüsen, und man sieht bald der ganzen Länge nach
für jede
Primordial-Niere einen langen Ausführungsgang, der in die Kloake mündet. Mau
pflegt ihm den Namen des
falschen Harnleiters zu geben. Da ich nun von andern
Drüsen am Darmkanale deutlich erkannt hatte, dafs ihre Ausführungsgänge Aus-
stülpungen der innern Fläche des Darmes, so wie die ganzen Drüsen Wucherun-
gen der Darmwand sind, so lag die Vermuthung nahe, dafs auch der Ausfüh-
rungsgang
der Primordial - Nieren aus der Kloake nach vorn gestülpt werde, allein
man sieht ihn nicht von hinten nach vorn sich verlängern, sondern man findet ihn
entweder gar nicht, oder in seiner ganzen Länge. Man mufs daher glauben, dafs
er durch histologische Sonderung entsteht, indem die Substanz am obern Winkel
der Gekrösplatten in einem Streifen zu einem zarten Rohre sich verflüssigt. Die
Fische, wo dieser Kanal nie mit dem Darme in Verbindung steht, machen eine
solche Bildungsweise noch wahrscheinlicher. Aber diese Verflüssigung scheint
durch ein anderes Yerhältnifs eingeleitet zu werden, durch eine Metamorphose
in den Blutgefäfsen, deren Art ich freilich im Einzelnen nicht mit Sicherheit an-
geben kann.

2  Ich habe in der Vorrede zum ersten Theile dieses Werkes schon erklärt, dafs meine Unter-
suchungen aus der spätem Zeit des Embryonen- Lebens nicht beendet waren. Es leuchtet jedem
kundigen Leser ein, dafs diese Bemerkung besonders von der Darstellung der vorübergehenden
und bleibenden Nieren, sowie des Geschlechtsapparates galt. Auch später habe ich diese Lücke
nicht nach Wunsch ausfüllen können, wozu ich um so weniger Nöthigung fand, da ich Rathke
und J. Müller mit diesen Untersuchungen beschäftigt wufste. Leider aber stimmen beide
Beobachter in manchen wesentlichen Punkten nicht überein. Ina laufenden Jahre habe ich, als
jch den vorliegenden Band vollendete, einige Zeit dieser Untersuchung gewidmet, allein indem
ich mein Äugenmerk vorzüglich auf die erste Bildung richtete, mufs ich bekennen, dafs meine
Hoffnungen nicht befriedigt wurden. Was aber meine Ansicht von der ersten Ausbildung durch
Verzweigung von Gefäfsen anlangt, so glaube ich sie nicht aufgeben zu dürfen, so
hoch ich auch
Müller\'s Widerspruch (
Entwicklung der Genitalien) achte. Es ist nämlich offenbar, dafs, wenn
das animalische Blatt sich vom vegetativen löst, zwei Arterien (wir haben sie die hintern Wirbel-
arterien genannt) grade da liegen, wo gleich
nach erfolgter Trennung die Primordial-Nieren
sich zeigen. Ferner habe ich in etwas späterer Zeit, in welcher die Primordial-Nieren ganz
roth erscheinen, wenn ich durch aufgegossenen Weingeist oder Salz das Blut zum Gerinnen
brachte, dasselbe nicht im Bildungsstoffe ergossen gefunden, wie Müller zu vermuthen
scheint, sondern in eigenen Kanälen. In jungen Embryonen von Säugethieren sieht
man sie
noch viel deutlicher. Allein diese Kanäle sind verschieden von den secernirenden Gängen. Noch
etwas später glaubte ich deutlich zu erkennen, dafs die queerlaufenden Blutgefässe mit den se-
cernirenden
Beutelchen wechseln. - Diese Bemerkung in Verbindung mit dem sehr raschen Auf-
treten der hintern Wirbelvene bestimmt mich zu der im Texte gegebenen Darstellung.

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So viel ist gewifs, dafs so lange das vegetative Blatt noch an dem animali-
schen haftet und die Sonderung erst eingeleitet ist, ein Blutgefäfs, der nach hinten
laufende Zweig jedes Hauptastes der Aorta (die hintere Wirbelarterie) jederseits
grade in der Gegend verläuft , in der bald darauf die Primordial-Niere sich zeigt,
jetzt aber noch nichts von jenem Organe zu erkennen ist. Es ist ferner gewifs,
dafs bald nach dem Erscheinen der Primordial-Nieren, wenn die Gekrösplatten
sich herabgebogen haben, fast an derselben Stelle, nur wenig mehr nach aufsen,
die hintern Wirbelvenen liegen. Es ist ferner augenscheinlich, dafs während
des ganzen Bestehens der Primordial-Nieren sie nicht nur sehr reich an Blutgefä-
l\'sen sind, sondern auch die auffallenden Veränderungen dieser letztern in ihnen
sich ereignen, von denen wir bei Gelegenheit des Gefäfssystems gesprochen haben.
Es sind ferner die Kanäle, welche das Blut enthalten, grade in der ersten Zeit
(wenige Tage nach dem Auftreten der Organe) verhältnifsmäfsig sehr weit. Ich
glaube daher, dafs eine Veränderung in den Gefäfsen das Ursprüngliche ist, und
dafs auf diese die Bildung der secernirenden Kanäle folgt. Es wäre dann die Bil-
dungsweise der Primordial-Nieren
der Bildung der Visceraldriisen grade entge-
gengesetzt, da in diesen die Ausführungsgänge sich zuerst bilden, dann sich ver-
zweigen und allmählig die verzweigte Drüse mit dem erforderlichen Gefafsnetze
versehen wird, in den Gekrösplatten aber zur Erzeugung von Drüsen (wenn näm-
lich der falsche Harnleiter nicht aus der Kloake hervorgestülpt wird), schon we-
gen Mangel der Schleimhaut, die im Darmkanale überall das Bedingende ist, ein
entgegengesetzter Weg
eingeschlagen wird. —

Dafs die hier liegenden hintern Wirbelarterien bald schwinden, und dage-
gen die Aorta in der Mitte unter der Wirbelsäule sich ungetheilt verlängert und
den Primordial-Nieren nur Seitenäste giebt, scheint offenbar. Allein aufweiche
Weise dies geschehe, ob die Arterien über dem Gekröse zusammenrücken und da
ihre Wände noch ausserordentlich zart sind, zu Einem Kanale verschmelzen, oder
ob der mittlere Kanal eine unmittelbare Verlängerung des Stammes der Aorta ist,
wurde mir, wie ich schon früher sagte, nicht deutlich, und eben deshalb kann
ich nicht genau bestimmen, durch welche Metamorphose die Entstehung der Pri-
mordial- Nieren eingeleitet wird. Beides fällt gewifs ganz zusammen.

Es wäre möglich, dafs jede der genannten Arterien in kurzen Absätzen
Aeste abgiebt, welche rasch umbiegend zu Venen werden und dann einen Venen-
stamm mit eben solchen zahlreichen Aesten bilden. Damit hätten wir die einfach-
ste Art von der Bildung der hintern Wirbelvene, und das rasche Schwinden der
hintern Wirbelarterien wäre vielleicht mehr scheinbar, indem sie von den Pri-
mordial - Nieren überdeckt würden. Wenn nun unter jedem solchen Uebergangs-

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bogen der organische Stoff sich verflüssigt, was schon durch die Umwandlung ei-
nes arterischen Stromes in einen venösen veranlafst werden kann, oder umgekehrt
eine solche Umwandlung veranlafst, so würden wir eine Menge hinter einander
liegender hohler Säckchen haben, deren Inhalt, wenn er zur Bewegung einen
Impuls hat, in einen gemeinschaftlichen Kanal zusammenfliefsen wird. So ist
aber das Ansehen der Primordial-Nieren in den ersten Tagen allerdings. Mir schien
es am vierten Tage, als ob immer zwischen zwei Säckchen ein Blutgefäfs queer
hinüber ginge, um dann in die hintere Wirbelvene einzugehen, obgleich diese
später viel weniger Zweige aus der Primordial-Niere aufnimmt. Wenn sich der
Embryo verblutet hat, erscheinen nothwendig, da die Wand der Gefäfse sehr
dünn ist, diese Zwischenräume, in denen dieQueervenen liegen, hell. Die Pri-
mordial - Nieren haben um diese Zeit die ganze Länge der Bauchhöhle und rei-
chen von der Kloake bis in die Gegend des Herzens.

Später verkürzen sie sich, indem sie zugleich breiter werden, und die hoh-
len Säckchen sich zu hohlen gewundenen Kanälen ausziehen, wie Müller und
Rathke überaus schön dargestellt haben. Sie secerniren um diese Zeit ohne
Zweifel die Flüssigkeit, welche in dem Harnsacke sich ansammelt, was bei den-
jenigen Säugethieren, in denen der genannte Sack sehr schnell wächst, noch
augenscheinlicher gemacht werden kann. Durch die Verkürzung werden die Aus-
führungsgänge, die man
falsche Harnleiter genannt hat, nach hinten frei liegend.
Ungefähr in der Mitte des Embryonenlebens, nehmen die Drüsen an Masse ab,
nachdem sie andere Verbindungen im Venen - Systeme erzeugt haben und verlieren
sich, wie es scheint, spurlos bald nach dem Auskriechen*).
iL Bleiben- Unterdessen sind aber auch die bleibenden Nieren entstanden. Man sieht

parat.3\'naP sie am sechsten Tage als eine Wucherung der Gekrösplatten nach aufsen von den
Primordial-Nieren. Sie nehmen nie die ganze Länge der Bauchhöhle ein, sind
lange nicht so blutreich als die Primordial-Nieren, nehmen aber später an der
Gefäfsmetamorphose derselben Antheil. Sie zeigen gekräuselte Ränder und sehr
früh
sah Müller in diesen Rändern längliche Bläschen, die nach der Mitte in ver-
dünnte
Stiele sich verlängern. Diese Bläschen sind die Tubuli uriniferi,
die sich später verdünnen und verzweigen, und mit ihren Stämmchen in den Harn-
leiter übergehen. Ob sie aber durch histologische Sonderung oder durch Ausstül-
pung aus der Kloake sich bilden, ist mir weder durch R athke noch durch Mü 1-

*} Ausführlicher von Rathke und Müller, von letzterem in seiner Bildungsgeschichte der Geni-
talien,
von elfterem in den Abhandlungen zur Bildung?- und Entwickelnngs-Geschichte der
Thiere,

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ler klar geworden1). Eigene Untersuchungen besitze ich hierüber nicht.
Indem die Primordial - Nieren abnehmen, vergröfsern sich die bleibenden Nieren.

Was endlich die Ausbildung des Geschlechtsapparates anlangt, so müssen
wir vor allen Dingen bemerken, dafs unter allen Theilen des Körpers dieser zu-
Apparat,
letzt sich zeigt und zu seiner vollen Entwicklung bekanntlich sehr viel später ge-
langt als alle andern. Dann ist ferner hervorzuheben, dafs die Apparate für beide
Geschlechter im Anfange ganz gleich gebaut sind, und dafs aus dieser Gleichheit
heraus erst allmäklig der geschlechtliche Gegensatz sich entwickelt. Wollen wir
den Vorgang aber etwas näher kennen lernen, so haben wir die eigentlich zeugen-
den Organe, d. h. diejenigen, die den männlichen und weiblichen Zeugungsstoff
(Saamen und Dotterkugeln) bereiten, von dem ausleitenden Apparate zu unter-
scheiden und gleich Anfangs zu bemerken, dafs beide Abschnitte getrennt von
einander entstehen.

Die zeugenden Organe sind ohne Zweifel Wucherungen der vegetativen Ab- Zeugende
theilungdes Leibes, und zwar der GekrÖsplatten. Sie zeigen sich nach dem ersten
Drittheile des Embrjonenlebens als längliche etwas flache Körperchen, ohne be-
stimmte Organisation an der innernSeite der Primordial - Nieren. Anfänglich sind
sie in allen Individuen gleich und immer paarig. Bald aber werden einige flacher
und kürzer, andere rundlich, die ersten sind Eierstöcke, die letzteren Hoden. So
ist also die Verschiedenheit des Geschlechtes eine erst später eintretende. Kaum
haben die Eierstöcke sich als solehe zu erkennen gegeben, so bleibt auch der rechte
Eierstock in seiner Entwicklung zurück, während der linke sich weiter bildet,
bis endlich der erste ganz unkenntlich wird. Das Schwinden des rechten Eierstok-
kes tritt nach den verschiedenen Familien der Vögel zu sehr verschiedenen Zeiten
ein: heim Huhne z. B. schon früh, bei Raubvögeln viel später, so dafs, wie
Müller bemerkt, noch kurz vor dem Auskriechen der rechte Eierstock nicht
viel kleiner ist als der linke. Die Entstehung der Eier beruht auf einer histolo-
gischen Sonderung, die erst spät nach dem Auskriechen im Eierstocke sich äufsert.

Die Ausbildung der Hoden ist verwandt und doch in anderer Hinsicht ent-
gegengesetzt. Es entwickeln sich beide Hoden, jedoch wird der rechte oft gröfser.
Aus der länglich runden Form gehen sie in eine bohnenförmige über. In ihnen
bilden sich ebenfalls innere Theile durch histologische Sonderung, aber diese in-
nern Theile sind nicht Blasen, sondern aus der Substanz des Hodens hervordrin-
gende Kanäle, die Saamen - Kanälchen (
Vasa seminifera). Die hervortreten-

1  Eine verwandte Bläschenform haben einige Zeit auch die letzten Enden der Luftwege, die doch
durch Ausstülpung entstehen.

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den Enden derselben {Vasa efferentia) gehen durch die äufsere Schicht der
Primordial-Nieren, und erreichen einen Ausführungsgang, der nach Müller
nichts anders als der schon lange entstandene und noch in Thatigkeit begriffene
falsche Harnleiter, nach Rathke aber ein ganz selbstständig angetretener Gang
ist, der dem Eileiter des Weibchens entspricht.

Man sieht nämlich schon sehr früh einen Gang fast in der Länge der ganzen
Bauchhöhle vom Herzen bis zur Kloake am äufsern Rande der Primordial- Nieren
zwischen ihr und
dem Uebergange in die innere Fläche der Bauchplatten verlau-
fen. Mir schien es, als ob dieser Gang durch eine Art Abblätterung dieser Ueber-
gangsstelle auftrete, so nämlich, dafs ein schmaler Streifen sich von der Bauch-
wand löst, aber doch mit seinen Rändern anhaftend bleibt, wodurch natürlich
ein Kanal entsteht. Dieser Kanal wäre daher anfänglich ganz angeheftet. All-
tnählig aber löst er sich immer mehr und entfernt sich von der Bauchwand. Sein
vorderes Ende könnte nicht anders als unmittelbar in die Bauchhöhle übergehen,
wenn
diese Darstellung der Entstehung richtig ist*). Anfanglich ist auf jeder
Seite ein solcher Kanal, bald aber bleibt der rechte in der Entwickelung zurück,
verschliefst sich später auch gegen die Kloake und nach vorn, wodurch denn zu-
letzt ein geschlossener Sack übrig bleibt, der meist auf der rechten Seite in er-
wachsenen Hühnern noch zu erkennen ist und das Ansehen einer Hydatide hat.
Allein der linke Kanal entfernt sich immer mehr von der Bauchwand und zieht
sich dadurch das Gekröse hervor, welches in der ganzen I^änge des Eileiters ver-
läuft. Dieser linke Gang ist nämlich der Eileiter, seine Mündung wird der Trich-
ter (obgleich er nach Rathke einige Zeit verschlossen ist). Am hintern Ende
erweitert sich schon im Embryonenleben eine Stelle , und wird zum Eihälter.

Es ist nun die Frage, ob ähnliche Kanäle auckim männlichen Geschlechte
erscheinen und diese es sind, in welche die Vasa efferentia eingehen unter
allmähligem Schwinden der Primordial-Nieren, wie es bei Säugethieren sicher
der Fall ist, oder, wie Müller nach sorgsamen Untersuchungen glaubt, der Ka-
nal,
der im Männchen die Vasa efferentia aufnimmt, kein andererer ist, als
der falsche Harnleiter, der hiernach im Männchen nicht schwände. Rathke da-
gegen erwartet (Meckäd\'s Archiv 1832) einen vom falschen Harnleiter verschiede-
nen Saamenleiter. Ich glaube, nicht nur der Analogie wegen, sondern nach dem
was ich gesehen habe, mich
für Rathke\'s Ansicht entscheiden zu müssen**).
—---Die

*) Icli will aber nicht behaupten, dafs er immer offen bleibt.

**) Obgleich ich, wie schon oben bemerkt wurde, noch nicht Zeit gewinnen konnte, um die Beob-
achtungen Rathke\'s und Müller\'s vollständig durch eigene Ansicht zu verfolgen, so glaube ich
doch mich überzeugt zu haben, dafs auch im Männchen neben jeder Primordial - Niere nach aufsen

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Die letzte, aber jährlich wiederkehrende Entwickelung im Geschlechts - Ap-
parate besteht endlich darin»,, dafs im Eierstocke die Dotterkugeln und im Hoden
der befruchtende Stoff sich ausbilden und zeugungsfähig werden.

Ueberblicken wir noch zum Schlüsse die ganze Lebensgeschichte des Vogels, ] ,i-\\
so finden wir, dafs diese in zwei ganz verschiedene Seiten zerfällt, in die Entwx- Entwicke-
ckelung des Individuums für sich, und in die Entwickelung für das Geschlecht, schfcht!?de
Die letztere wird zwar schön früh eingeleitet, allein sie schreitet erst dann rasch Sel
fort, wenn die Entwickelung des Individuums fast vollendet ist, oder kaum merk-
lich fortschreitet, erneut sich aber jährlich. Mit dem Aufhören des geschlechtli-
chen Lebens ist auch das Individuum verblüht.

Da die Geburt aus den Eihüllen sehr viel später erfolgt, als der Austritt des
Eies aus dem mütterlichen Körper, so müssen für die Entwickelung des Indivi-
duums alle Lebensfunctionen wenigstens zwei der Zeit nach sehr ungleiche Perio-
den zeigen, indem sie zuerst nur durch den Inhalt des Eies, also durch Das, was
der mütterliche Körper gegeben hat, bedingt werden, und erst nach der Enthül-
lung die Wechselwirkung mit der Aufsenwelt eintritt.

In Bezug auf das sensorielle Leben können wir diese beiden Perioden als
Schlafen und Wrachen bezeichnen, da während des Lebens im Eie nur die nieder-
ste Form, die wir Gemeingefühl nennen, sich offenbart. Dieses Gemeingefühl
erzeugt zwar auch Bewegungen, aber nur bewufstlose, und scheint mit dem später
in täglicher Periodicität wiederkehrenden Schlafzustande übereinzustimmen.

In der Verdauung lassen sich drei Perioden Unterscheiden, indem zuerst
nur Dottersubstanz, dann Fruchtwasser aufgenommen wird, und zuletzt erst Nah-
rung aus der
Aufsenwelt.

Athmung und Blutbewegung haben wir schon in vier Perioden dargestellt,
die man mit den Ausdrücken: Blutbildung, einfacher Kreislauf, unvollkommen
doppelter und vollkommen doppelter Kreislauf, bezeichnen kann.

Alle solche Perioden sind aber nicht absolut geschieden, sondern in einander
übergehend, und in der einen werden immer die Vorbereitungen für die folgende
kenntlich.

ein Kanal liegt, der, verschieden vom falschen Harnleiter, zum Saamenleiter wird. Zuvörderst
sieht man in früherer Zeit, wo die Geschlechter noch nicht verschieden sind, in allen Individuen
neben den Primordial - Nieren einen Kanal. Ich habe früher vorzüglich durch Queerschnitte von
seinem
Daseyu mich überzeugt und darin die angegebene Entstehungsweise zu erkennen geglaubt.
Nun scheint
mir aber dieser Kanal derselbe, der später, wenn die Primordial-Niere sich ver-
gröfsert hat,
ihr aufliegt und der falsche Harnleiter mehr tief zu liegen. Da ich endlich einmal
diesen Eand in die Druckerei schicken mufs, so habe ich mir für das nächste Jahr eine genauere
Untersuchung vorbehalten , da ich, was dieses
Jr.hr mir zeigte, nicht einmal unter sich in Har~
monie bringen kann.

IL Ü

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8.

Entwichelung sg eschichte der Reptilien.

Wir haben die Entwickelungs weise der Vögel in allen wesentlichen Ver-
hältnissen ziemlich vollständig kennen zu lernen uns bestrebt , theils um dadurch
eine möglichst zusammenhängende Uebersicht der Veränderung Einer Thierform
an sich zu erlangen theils auch um verwandte Formen der Entwickelung mit
desto mehr Kürze vergleichen zu können, und aufzufinden, "was für die Ent-
Wickelung einzelner Klassen individuell und was für alle Wirbelthiere allge-
mein gilt.

Wir führen die andern Formen der Entwickelung nach der gröfsern oder
geringem Aehnlichkeit mit den Vögeln auf. Zunächst an die Vögel reihen sich
in Bezug auf den Bau des Eies die Schildkröten. In diesen Thieren ist,
wie in
den Vögeln, der Eierstock mit Ausnahme der frühesten Jugend traubig, indem
die Eier, wenn sie heranwachsen, im Verhältnils zu dem Eierstocke sehr an-
sehnlich sind und
jedes Ei den benachbarten Thea! des Eiertsockes in Form einer
gestielten Beere hervorzieht, die nur nicht so lang herabhängt als im Vogel. Bas
unbefruchtete Ei besteht ebenfalls aus der Dotterkugel, die innerhalb einer ein-
fachen Dotterhaut eine allmählig gelb werdende Dottersubstanz, eine Keimschicht
und ein Keimbläschen enthält. Jede Dotterkugel liegt ohne organische Verbin-
dung
innerhalb einer aus zwei Häuten gebildeten Kapsel. Das Ei kann also auch
nur durch Aufreifsen der Kapsel in einer ansehnlichen Narbe entleert werden
und läfst einen gestielten Kelch zurück, wie im Vogel. Auffallender ist der Un-
terschied , dafs in der weiblichen Schildkröte zwei Eierstöcke die beschriebene
Beschaffenheit haben, im Vogel aber nur Ein Eierstock zur Entwickelung
kommt, obgleich in frühester Zeit, im Embryonenzustande nämlich, auch im
Vogel zwei Eierstöcke sich zu bilden anfangen (§. 7. II.). Die Schildkröte hat
nun für ihre zwei Eierstöcke auch zwei Eileiter, die erst in der Kloake sich be-
gegnen. Diese Eileiter beginnen auch mit trichterförmigen Bauchmündungen,
allein die einzelnen Abschnitte in ihnen sind nicht so verschieden unter sich, als
im Huhne. Sie nehmen die Eier auf, und indem diese sich durch die Eileiter hin-
durch bewegen, .bildet sich um die Dotterkugel herum ebenfalls Eiweifs mit ei-
ner äufsern Haut desselben (oder einer Schaalenhaut) und einer Kalkschaale.
Das
Eiweifs ist aber in viel geringerer Menge da, und die Hagelschnüre fehlen
ganz (wie schon Bert hold bemerkt hat), weshalb ich doch eine vollständige
Abwesenheit einer innern Haut des Eiweifses, die wir im
Vogel die hageltragende
Haut genannt haben, nicht behaupten will. Die
Schaalc ist viel poröser als im

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Vogel, so dafs man auf der innern Fläche sehr deutlich die ansehnlichen Gruben
sehen kann, in welche Verlängerungen der Schaaleiihaut eingehen. Auch ist die
Schaale immer brüchiger und häufig wenigstens dünner, als bei Vogeleiern von
demselben Gröfse. Im eben gelegten Eie der europäischen Schildkröte fand ich
noch keinen Embryo, auch der Keim erschien mir lange nicht so bestimmt aus-
gebildet, als im Vogel, obgleich deutlich auf dem Dotter eine weifsere Masse auf-
lag. Von den ersten durch mich untersuchten Eiern konnte ich freilich nicht
mit voller Sicherheit wissen, ob sie befruchtet waren, doch sprach die Wahr-
scheinlichkeit dafür, denn die Schildkröte war gefangen worden, indem sie ihre
Eier einzuscharren beschäftigt war. Später aber haben bei mir Schildkröten Eier
gelegt , die sich ausbildeten. Auch von dieser zeigten die gleich nach dem Legen
geöffneten keinen ausgebildeten Keim, der doch nach einigen Tagen da war.
Hiernach zweifle ich nicht, dafs der Keim sich erst nach dem Legen vollständig
ausbildet. Auf diese Möglichkeit weist das sehr späte Auftreten eines erkennba-
ren Embryo hin. Carus fand (
Heckers Annalen 1829 Febr. S. 150.) vom l4ten
Juni bis zum ersten Juli die Entwickelung
nur bis zur Bildung eines Gefäfsehofes
vorgeschritten, und ich sah an der europäischen Schildkröte sechs Tage nach
dem Legen den Rücken des Embryo noch nicht einmal vollständig geschlossen.
Erst am achten Tage war dieser Schlufs erfolgt. Auch aus den von Tiedemann
gesammelten Angaben über die Zeit, welche vom Legen der Eier bis zum Aus-
kriechen des Jungen verstreicht, geht hervor, dafs die Brütezeit länger währt
als bei Vögeln. Zu der
Entwickelung bedürfen die Eier der Schildkröten nur
der Wärme des Erdbodens.

Was nun die Art der Entwickelung anlangt, so habe ich an Schildkröten - Taf. jv.
Eiern aus der frühern Zeit gesehen, dafs auch hier der Embryo sich bildet, indem
der Keim sich in ein animalisches und ein vegetatives Blatt spaltet, dafs aus jenem
zwei Rückenwülste und zwei Bauchplatten sich ausbilden. Das Lagerungsver-
hältnifs ist jedoch in so fern verschieden, als sich die Rückenwülste beim Schiie-
fsen so sehr nach unten drängen, dafs die Wirbelsaite tief unter die Ebene der
Bauchplatten zu liegen kommt. Damit hängt zusammen, dafs die Bauchplatten,
wenigstens im Rumpftheile, nah an der Schlufslinie der Rückeuplatten angefügt
scheinen. Im Grunde aber ist die nächste Umgebung der Wirbelsaite beiden
Plattenpaaren gemeinschaftlich, und die freien Theile der Rückenwülste sind über-
aus schmal im Verhältnifs zu den sehr breiten Bauchplatten. DiesesVerhältnifs
scheint das Bedingende für die Verschiedenheit
zwischen Vogel und Schildkröte 1):

1  In Taf. IV. Fig. 8. sieht man den Durchschnitt der Rückenplatten bei a und den Dnrchschnitt
der Bauchplatten bei
b. Die darunter stehende Figur 9. soll aus dem Knochenbau der Säuge-

U 2

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denn eine andere Differenz läfst sich, aus der ersten herleiten. Das Funda-
mentalorgan für die Entwickelung der Extremitäten lost sich nun nicht von
der obern (äufsern), sondern von der untern (innern) Fläche des Keimes ab. Lei-
der habe ich diese Entwickelung nicht weiter verfolgen können, weil alle Eier
die über zehn Tage alt waren, verdarben, allein man kann sich das spätere Ver-
hältnjfs gar nicht anders entstanden denken. Hiernach wird es mir wahrschein-
lich , dafs das Fundamentalorgan für die Extremitäten eine erst später eintretende
Sonderung aus der Fleischschicht des Keimes ist, und dafs diese Sonderung auf
derjenigen Fläche erfolgt, an welcher Rücken- und Bauchplatten zugleich An-
theil haben. In Schildkröten haben beide an der untern Fläche Antheil, in den
andern Wirbelthieren an der obern.
Bei der weitern Entwickelung müssen sich
aber die vorragenden Theile der Extremitäten vorn und hinten da hervorschie-
ben , wo die ungemeine Breite der Bauchplatten aufhört. Die Rückenplatten
scheinen nämlich am sechsten und achten Tage die Bauchplatten nach vorn zu
überragen, was wohl dahin zu deuten ist, dafs diese nur im Rumpfe die unge-
wöhnliche Breite haben.

Yon der spätem Entwickelung wissen wir aus einzelnen Nachrichten, vor-
züglich aber aus den Beobachtungen von Tie dem an n *), dafs der Embryo von
einem Amnion umhüllt wird, welches durch einen Hautnabel in die Haut des
Embryo übergeht, dafs ein gefäfsreicher mit der Harnblase verbundener Harn-
sack sich ausbildet, der nach rechts liegt **), ohne jedoch wie im Vogel - Eie den
Embryo mit seinen Anhängen ganz zu umhüllen. Ein Dottersack hängt vermit-
telst eines Dotterganges am Darme und läfst schliefsen, dafs das erste Verhältnifs
des Embryo zur Dotterkugel eben so ist, wie im Vogel. Auch tritt der Dotter-
sack beim Schlüsse des Embryonenlebens durch den Nabel in den Leib der jun-
gen Schildkröte ein. Der Nabel befindet sich innerhalb des sogenannten Bauch-
schildes , welches eben deshalb mehr als das Brustbein der Vögel und Säugethiere
enthalteil mufs.

Der Embryo ist eben so gekrümmt wie der Embryo der Vögel. Auch seine
innere Organisation zeigt grofse Uebereinstimmung. Er enthält die vorüberge-
henden Nieren, auch noch in späterer Zeit zwei Botalli\'sche Gänge, ein sehr gro-

thiere anschaulich machen, dafs in den gewölbten Platten bei a in Fig. 8. auch wohl die Ati-
fänge der Bauchplatten enthalten sind.
*) Fried. Tiedemann: Zu Samuel Thomas v. Sömmerings Jubelfeier. Heidelberg 1828. 4to.

S. 23 u. folg.

**) So lehrt die Abbildung Fig. 3. a. a. O., wenn auch der Verfasser dieser Stellung nicht beson-
ders erwähnt.

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isesHirn u. s. w. Aus diesen einzelnen Momenten läfst sich schliefsen, dafs die
ganze Entwickelungsweise aufser der abweichenden Ausbildung der Fleischschicht
sehr übereinstimmend mit der des Hühnchens seyn mufs.

Zunächst an die Schildkröten reihen sich diejenigen Eidechsen und Schlan- b- Eierlegen-

_ \' ° •! de Schlangen

gen, wrelche Eier legen, die längere Zeit hindurch aufserhalb des Leibes der und Eidech-
Mutter durch die Wärme des Erdbodens bebrütet werden. Diese Eier sind wie- Se"\'
der von zweierlei Art, entweder hartschäalig oder weichschaaiig. Die ersteren,
zu denen die Eier des Krokodills gehören, haben eine feste Kalkschaale, wie die
Eier der Vogel und Schildkröten. Viel häufiger sind die Eier mit wTeicher, le-
derartiger Schaale, wie die der meisten europäischen Eidechsen, der meisten Nat-
tern und der Pythonen. Verfolgen wir an ihnen die Haoptmomeute der gesamm-
ten Entwicklungsgeschichte!

Auch hier sind paarige Eierstöcke und Eileiter: ein Verhältnifs, das über-
haupt in den Wirbelthieren mit Ausnahme der Vögel und weniger Fische allge-
mein ist. Die Eierstöcke der Schlangen sehen nicht traubig, sondern fast pater-
nosterförmig aus. Indessen ist dieser Unterschied nur in der äufsern Form be-
gründet und beruht darauf, dafs im Leibe der Schlangen alle Theile sehr in die
Länge gezogen sind. Denkt man sich nun die Anheftimg des Eierstockes der Vö-
gel sehr verlängert, so mufs er eine Form annehmen, wie er sie in den Schlangen
in der That besitzt. Doch ist im Innern des Eierstockes noch ein hohler Gang.
Die Eierstöcke der Eidechsen zeigen den Uebergang, indem sie zwischen beiden
Formen die
Mitte halten. Der gesammte Eierstock jeder Seite ist viel länger als
in den Vögeln, und die Eier mit den umgebenden Kapseln treten weniger hervor,
so dafs sie keinen deutlichen Stiel aus dem Eierstocke hervorziehen.
In der Sub-
stanz des Eierstockes liegen, in eigene Kapseln eingeschlossen, die unreifen Eier
oder Dottermassen, die in den Schlangen viel mehr in die Länge gezogen sind,
als in den Eidechsen und Vögeln. Der Dotter ist von einer Dotterhaut einge-
schlossen , ursprünglich durchsichtig wie festes Eiweifs, mit einem sehr ansehn-
lichen, dem blofsen Auge leicht kenntlichen Keimbläschen. Allmählig vergrö-
fsern sich im Herbst einige Dottern, indem sie wachsfarben und weniger durch-
sichtig werden. Nun sieht man das Keimbläschen von aufsen entweder gar nicht,
oder nur undeutlich durchschimmern; öffnet man aber den Dotter, so findet
man es vor. Im Frühlinge werden diese Dotter goldgelb und völlig undurchsich-
tig. Man sieht aber das Keimbläschen wieder, weil es an der Oberfläche liegt.
Ich schliefse daraus, dafs es von innen nach aufsen hervordringt. Zwar scheint
in kleinen, ganz durchsichtigen Eiern das Keimbläschen auch oberflächlich zu
liegen, aber entweder täuscht hier die Durchsichtigkeit, oder die wahre Dotter-

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masse bildet sich erst allmählig über der ursprünglichen, und diese ist die Substanz,
welche später nur die Mitte inne hat. Der reife Dotter hat eine deutliche Keim-
schicht bekommen und zieht die Umgebung nur wenig, gleichsam im einen Kelch
ohne Stiel, hervor. Es entwickelt sich ein starkes Gefäfsnetz in diesem Kelche
(besonders bei den Eidechsen), und es bildet sich eine lange schmale Narbe, die
das Ei austreten läfst, sobald die weite Mündung des Eileiters sich anlegt. Diese
Dottern werden jedoch nicht wie bei den Vögeln einzeln weggeführt, sondern alle,
welche in einem Sommer zur Entwickelung kommen sollen, reifen fast zugleich,
während noch viele andere unentwickelt bleiben. Die ersteren werden schnell
nach einander von den beiden Eileitern aufgenommen und verweilen gemeinschaft-
lich ein
Paar Wochen im hintern Theile der Eileiter, welche hier noch weniger
in differente Abtheilungen zerfallen, als in den Schildkröten.

In den Eileitern werden die Dottern zuvörderst mit äufsern Theilen beklei-

*

det. Sie erhalten eine dünne Lage eines fast flüssigen Eiweifses 1), um das Ei-
weifs bildet sich eine zarte Schaalenhaut und ein dicker Ueberzug, der aus einem
zähen, weifsen, ausgeschiedenen Stoffe gerinnt. Er läfst sich sehr leicht in zwei
Lagen theilen, ist offenbar der Schaale des Vogeleies analog, und unterscheidet
sich nur durch den Mangel, oder, was wahrscheinlicher ist, durch den sehr ge-
gringen Vorrath von Kalk. Hagelschnüre fehlen. Die Dotterhöhle ist grofs und
mit einer nicht unbedeutenden Menge
von Eiweifs gefüllt. Das Keimbläschen
ist geschwunden. Statt der Keimschicht sieht man einen grofsen hautförmigen
Keim, der sich allmählig über den ganzen Dotter ausdehnt und Höfe bemerken
läfst, wie im Vogel. Ein Luftraum fehlt sowohl jetzt, als später.

Im Keime bildet sich ein Fruchthof, in diesem ein Embryo, den ich an
Eidechsen in frühester Zeit auch ohne Amnion gesehen habe, wie den Embryo
des Vogels am ersten Tage und der Schildkröte mehrere Tage hindurch. In die-
sem Embryo waren Rückenplatten, die erste Anlage von Bauchplatten und eine
Wirbelsaite zu erkennen, wie im Hühnchen in der ersten Periode. Die Bildungs-
stätte ist nicht, wie Emmert angiebt, bei den Eidechsen das stumpfe Ende des
Eies, sondern die Mitte wie im Vogel, doch liegt der Embryo zuweilen, beson-
ders in späterer Zeit, dem stumpfen Ende näher.

Darauf umhüllt sich der Embryo auf die bekannte Weise mit einem Am-
nion, er nimmt an Krümmung zu und legt sich mit seiner linken Seite auf den
unterdessen gebildeten Dottersack, auf welchem der Gefäfshof mit seiner Grenz-
vene im Verhältnifs zum Dotterhofe kleiner ist, als im Vogel, aber auch ailmäh-

1  Häufig wird den Schlangen - Eiern das Eiweifs ganz abgesprochen

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1 ig sich ausdehnt. Aus dem Herzen treten ganz eben so wie im Vogel allmählig
fünf Paar Gefäfsbogen hervor, die in 2 Aortenwurzeln übergehen und zwischen
denen eben so
allmählig von vorn nach hinten vier Paar Kiemenspalten sich ent-
wickeln, von welchen sich zwar die vorderste früher schliefst als die hinteren,
die aber einige Zeit hindurch alle zugleich offen sind, wie auch alle fünf Gefäfs-
bogen zugleich Blut führen. Das Herz hat während dieser Zeit ungemeine Aehn-
lichkeit mit dem Herzen des Hühnchens, doch verweilt es länger auf den einzel-
nen Stufen. Eben so die erste Anlage der Extremitäten. Der Mund und der Af-
ter bilden sich auch eben so , wie im Hühnchen. Dasselbe gilt von dem Dotter-
gange, den Primordial-Nieren und ohne Zweifel von den übrigen Theilen. Auch
der Harnsack tritt am hintern Ende hervor und verlängert sich nach rechts, mit
einem schönen Gefäfsnetze versehen. — Das Hirn entwickelt dieselben Abthei-
lungen wie im Vogel, und man kann eine Eidechse mit einem kleinen Vogel ver-
wechseln, so lange der Schwanz nicht deutlich hervorgewachsen ist. Dieser rollt
sich nach rechts auf, doch schien mir der Kopf etwas weniger übergebogen als
im Vogel.

Die Entwicklung der Schlangen, die ich weniger in der ersten Periode zu
beobachten Gelegenheit gehabt habe, weicht nur darin merklich von der Ent-
wickelung der Eidechsen ab, dafs sie schon ungemein früh, vielleicht gleich. An-
fangs, sehr lang sind und ihr ganzer Leib sich sehr früh spiralförmig aufrollt,
während in den Eidechsen nur das Schwanzende so aufgerollt ist: ein Verhältnifs,
das man im Vogel wegen Kürze
seines Schwanzes nicht beobachten kann. Auch
bekommen die Schlangen keine Extremitäten.

Alle diese Entwickelungen erfolgen innerhalb des Eileiters, wo das Ei
ohne Zweifel durch seine weiche Schaale die ausgeschiedene Feuchtigkeit ein-
saugt. Erst wenn der Harnsack eine ansehnliche Gröfse hat und die zweite Ent-
wickelungsperiode, wie wir sie nach dem Vogel bestimmt haben, vollendet ist,
werden die Eier gelegt. Sie bedürfen jetzt nicht nur eines mäfsigen Grades von
Wärme, nach deren geringerer oder schwächerer Einwirkung sie sich langsa-
mer oder schneller entwickeln, sondern auch einer feuchten Umgebung, da
durch die weiche Schaale die Verdiinstung so rasch erfolgt, dafs an freier Luft
die Eier in wenigen Stunden ausgetrocknet sind. Aus diesem Grunde legen auch
die Eidechsen und mehr noch die Schlangen ihre Eier an feuchte Stellen. Es
scheint sogar, dafs die Eidechsen - Eier so viel Feuchtigkeit von aufsen aufnehmen,
dafs sie allmählig gröfser werden. Wenigstens waren bei Emmert sowohl als
bei mir die zuletzt erhaltenen Eier gröfser als die frühem. Indessen ist auch zu
berücksichtigen, dafs die ältern und gröfsern Eidechsen im Allgemeinen später

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Eierlegen werden, als die jungem. Die Schlangen - Eier sind bei der Geburt so
feucht, dafs sie an einander kleben, die Eidechsen - Eier nicht.

Die Entwicklung der Eier aufserhalb des mütterlichen Körpers entspricht
der dritten Periode des Vogel - Embryo. Obgleich
im Allgemeinen noch viele
Uebereinstimmung bleibt, so treten doch in dieser Periode auch schon sehr we-
sentliche Unterschiede in der Entwickelung hervor. Das Eiweifs schwindet, und
zwar rascher als bei Vögeln, wie es denn überhaupt immer in geringerer Menge
da war und keine Hagelsfchniire enthielt. Doch erhält sich bei den Eidechsen
ein kleiner Rest am spitzen Ende des Eies sehr lange, vielleicht bis zur Geburt.
In den Schlangen scheint es schon während des Aufenthaltes im Leibe der Mutter
gröfstentheils verzehrt zn werden.
Dagegen sammelt sich immer mehr festes Ei-
weifs im Innern der Dotierhöhle. Ein Luftraum bildet sich nicht, wahrschein-
lich weil die Schaale die Luft durchdringen läfst. Der Dottersack wird allmäh-
lig vom Gefäfshofe im gröfsten Theile seines Umfanges überzogen. Er nimmt
dann rasch ab und ein kleiner Rest schlüpft bei der Geburt durch den Nabel in die
Bauchhöhle. Die Dottergefäfse sind wie die des Vogels. Der Harnsack, in wel-
chem sich die enthaltene Flüssigkeit mehrt, umwächst allmählig den gröfsten
Theil des Eies und legt sich mit der äufsern Hälfte ein Chorion bildend an die
Schaalenhaut an. Die Blutgefäfse dieses Chorions sind nicht so stark verzweigt
als im Vogel,
wahrscheinlich weil das Reptil nicht so lebhaft athmet als der Vo-
gel. Es verharren beide Nabelarterien bis zur
Geburt, aber nur eine Nabelvene,
welche wenigstens in den Schlangen erst jenseit der Leber sich mit der Hohlvene
vereint. Im Embryo der Eidechsen nimmt die Schwanzlänge schnell zu, wäh-
rend auch der Leib \'sich verlängert, der Hals aber nie so lang wird als am Em-
bryo des Vogels. Dadurch geht schon die äufsere Aehnlichkeit verloren. Kleine
Höckerchen der Haut lassen nicht Federn hervortreten, sondern verhärten zu
Schildchen. In den blattförmigen Enden der Fiifse entwickeln sich Zehen, in
eine Schwimmhaut geschlossen, wie im Vogel, aber die Zahl dieser Zehen ist
gleich Anfangs fünf. Ihre Länge ist ziemlich gleich, erst indem sie aus der
Schwimmhaut hervorwachsen entwickelt sich die Ungleichheit derselben, die
mimer zunimmt.
x\\us der vordem Extremität wird statt des Flügels ein Fufs.
So treten überhaupt, sowohl äufserlich als innerlich, die Differenzen durch eine
Verschiedenheit in der Umbildung hervor, wobei manche Umänderung in beiden
Fhierklassen übereinstimmend erfolgt, in der einen aber viel später als in der an-
dern, manche Umänderung aber in der einen Thierklasse
ganz ausbleibt, wes-
halb sie in dieser Hinsicht Zeitlebens in einem embryonischen Zustande gegen die
andere verharrt So bestehen die mehrfachen
Gefäfsbogen aus der Aorta in den

Ei-

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■ • - (r-

Eidechsen und Schlangen viel länger als in den Vögeln, ja die beiden Aortenwur-
zeln verharren das ganze Leben hindurch} wenn auch die rechte viel stärker wird
als die linke. Eben so bleibt die Herzkammer ohne vollständige Scheidewand, die
der Vogel doch schon im Anfange dieser Periode erhält. Die Reptilien verharren
also in Hinsicht des^ Kreislaufes in einem embryonischen Zustande, indem er bei
ihnen ein unvollkommen doppelter bleibt. Dagegen erlangen die Vögel äufsere
Begattungsglieder (mit sehr wenigen Ausnahmen) gar nicht. In dieser Hinsicht
verharren also die Vögel in einem embryonischen Zustande gegen die Reptilien.

Merkwürdig ist es, dafs viele Schlangen, wTie es scheint alle giftigen, c. Lebendig
aufserdem aber auch die Gattung der Blindschleichen, vielleicht die Boen, die schlangen
Gattung
Acrochordus nnd einige Eidechsen, wie die Gattung S eps, ihre Eier bis unii Eidech-
zur völligen Beendigung des Embryonenlebens d. h. bis zum Hervorbrechen aus den
Eihäuten im Eileiter behalten1). Man pflegt sie daher lebendig-gebärende zu
nennen. Noch merkwürdiger aber ist es, dafs einzelne Arten einer Gattung le-
bendige Junge zur Welt bringen, während andere Eier legen, obgleich jene im
ausgebildeten Zustande fast gar keine Eigenthümlichkeit im Bau zu erkennen ge-
ben,
wodurch sie sich von den andern Arten unterscheiden. So bringt Coluber
laevis
lebendige Junge zur Welt, obgleich die meisten übrigen Nattern Eier le-
gen. Unsere safranbauchige Eidechse,
Lacerta crocea, die der gröfsern hier
labenden Art
(Lacerta agilis) so ähnlich ist, dafs man sie häufig verwech-
selt hat, ist ebenfalls lebendig gebärend.

Dieser Unterschied in der Entwicklungsgeschichte ist indessen so grofs
nicht,
als man im gemeinen Leben wohl glaubt, da auch die Jungen der lebendig
gebährenden Reptilien bis zur Geburt in einem Ei eingeschlossen sind, ja häufig
sogar von den Eihäuten umgeben geboren werden, und dieselben erst einige Stun-
den oder Tage nsch der Geburt durchreifsen, wie ich an den Blindschleichen
selbst gesehen habe, was indefs schon früher an Blindschleichen und Vipern beob-
achtet war. Zuweilen erfolgt jedoch ,\'auch die Zerreifsung der Häute im Leibe
der Mutter. Es fallen also Geburt und Enthüllung des Embryo nur ungefähr zu-
sammen. Erinnern Sie sich nun, dafs in den Eiern, welche diejenigen Schlangen
und Eidechsen, die ich selbst untersuchen konnte, legen, schon Embryonen sich

1  Herr Professor Leuckart bat Alles, was bisher über das Lebendiggebären der Reptilien be-
kannt geworden ist, gesammelt, und mit eigenen Beobachtungen reichlich vermehrt in einer
Abhandlung „Ueber lebendig gebärende Amphibien" mitgetheilt, welche er mir zu übersenden
die Güte hatte. Diese lehrreiche Abhandlung bildet den Anfang eines Werkes, /dessen Titel ich
leider nicht angeben kann , da es noch nicht vollendet scheint. Mir wenigstens ist nur jene Ab-
handlung
bekannt geworden, — Diese Bemerkung , im Jahre 1829 niedergeschrieben, gilt noch
jetzt 1834,

TL X

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/

befinden, so sehen Sie leicht, dafs diese nur früher gebärende sind. Sie werden
sich dann nicht wundern, wenn ich hinzufüge, dafs in der Entwickelungsweise
der Embryonen keine Verschiedenheit bemerkt wird.

Wohl ist aber in der Bildung der äufsern Eihüllen ein sehr auffallender Un-
terschied. Die Eier der lebendig gebärenden Schlangen und Eidechsen sind von
einer ganz dünnen Oberhaut umgeben, von der ich nicht weifs, ob sie ursprüng-
lich einfach ist, oder erst aus zwei Blättern (einem Repräsentanten der Schaalen-
haut und einem Repräsentanten der Schaale) verwächst. Das erstere ist wahr-
scheinlicher, und so läfst sich denn schliefsen, dafs das ganze Secretum der Ei-
leiter immerfort und ohne Niederschlag von den Eiern aufgenommen wird. Auch
nehmen diese
sehr auffallend an Gröfse zu. In den eierlegenden Reptilien gerinnt
dagegen ein Theil des Secretums zt einer weichen, ziemlich dicken Schaale und
zwar geht die Schaalenbildung bis zur Geburt fort, so dafs die Eier unserer Nat-
tern sogar bei der Geburt an einander kleben. Eine Folge dieser Schaalenbildung
ist, dafs die Frucht durch eine dicke leblose Schicht von dem Eileiter der Mutter
abgeschieden ist, wie ein fremder Körper auf sie wirkt und als solcher ausgestofsen
wird, wogegen die andern Früchte mit der Mutter in lebendiger Wechselwirkung
bleiben und zuletzt vielleicht nur ausgestofsen werden, weil der Nabel der Em-
bryonen sich schliefst, die Eihäute leblos werden, und die Eier nun auch hier als
fremde Körper wirken.

Da man überhaupt durch die ganze Thierreihe hindurch erkennt, dafs dick-
schaalige Eier niemals im Leibe der Mutter vollständig entwickelt werden, und
alle Eier, welche im Leibe der Mutter zur Reife kommen, einen sehr zarten
Ueberzug haben, so läfst sich wohl daraus schliefsen, dafs die Athmung vermit-
telst des Harnsackes, die im Hühnchen durch die verschiedene Färbung des Blu-
tes in den Nabelarterien nur zu deutlich und in den Reptilien wegen der Ueberein-
stimmung aller Verhältnisse des Harnsackes mehr als wahrscheinlich ist, bei diek-
schaaligen Eiern den freien Zutritt der atmosphärischen Luft fordert, dafs aber,
wenn das Ei nur eine dünne Oberhaut hat, die notwendige Umänderung des Blu-
tes im Embryo durch die dicht anliegenden Gefäfse des mütterlichen Körpers be-
wirkt werde. So sieht man in der That in den Eileitern der Vipern die Blutge-
fäfse zunehmen, wenn der Harnsack der Eier sich ausdehnt.

Noch mufs ich bemerken, dafs ungeachtet der Uebereinslimmung im übri-
gen Baue in den Eierstöcken derjenigen lebendig gebärenden Eidechsen und
Schlangen, welche ich untersuchen konnte, das Keimbläschen vor der Befruch-
tung sich anders zeigte, als in den eierlegenden. Es enthält
schon in den letztern
viel mehr, dunklere und gröfsere Körnchen, als in den Keimbläschen der Vögel.

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Allein diese Körnchen sind noch sehr viel zahlreicher und dunkler in dem Keim-
bläschen der lebendig gebärenden Reptilien. Sie bilden hier in der That eine
dünne gelbliche Dotterschicht, welche unter der Oberhaut des Keimbläschens
liegt*).

Ich zweifle nicht, dafs man unter den sogenannten lebendig gebärenden
und eierlegenden Reptilien mancherlei Abstufungen in früher und später Gebärende
finden wird, und dafs nicht alle eierlegenden Reptilien diese Eier bei derselben
Ausbildung des Iiarnsackes von sich geben werden. Aber ich glaube, dafs die
Dicke der Schaale hiermit in Uebereinstimmung gefunden werden wird, und ich
zweifle, dafs dickschaalige Eier im Leibe der Mutter die enthaltenen Embryonen
zur Reife bringen können, besonders wenn sie keinen eingeschlossenen Luftraum
haben, wie die Hühnereier, und der Luftraum kann sich wieder nicht ohne Ver-
diinslung bilden. G e o f f r o y glaubt **), dafs man eierlegende Schlangen künstlich
in lebendig
gebärende verwandeln könne. Er erzählt, das Herr Florent Pré-
vost es dahin gebracht habe, das Eierlegen der Schlangen nach Willkühr zu be-
schleunigen und zu verzögern. Die Verzögerung sey dadurch bewirkt worden,
dafs
man die Schlangen gehindert habe, sich im Wasser zu baden. Durch das
Baden im Wasser werde die abgehende Haut macerirt. Jene trocken gehaltenen
Schlangen hätten sich daher nicht häuten können, seyen dadurch in ihren Bewe-
gungen gehindert gewesen und hätten deshalb ihre Eier nicht legen können. So
sey es an
Co lu b er Na t rix unter drei Versuchen einmal, und an Coluber lae-
vis
immer gelungen, die Eier so lange im Leibe zurück zu behalten, dafs diese
Schlangen endlich lebendige (d. h. wohl völlig ausgebildete) Junge zur Welt ge-
bracht hätten.

Ich gestehe, dafs mir diese Angaben sehr verdächtig vorkommen. Zuvör-
derst sehen wir aus den Beobachtungen von Leuckart und Andern (a. a. 0.),
dafs
Coluber laevis im natürlichen Zustande lebendig gebärend ist. Es
bliebe also nur das Eine Exemplar von
Coluber N atri x übrig. Sollte hier kein
Irrthum sich
eingeschlichen haben, so würde ich glauben, dafs die Entziehung
des Wassers die Sécrétion im Eileiter vermindert hat und dadurch die Schaalen
der Eier dünner geblieben sind als gewöhnlich***). Denn, wie durch die dicke
Schaale im Leibe der Mutter die Athmung lange unterhalten werden könnte, ist

*} Abgebildet in meinem Sendschreiben : De ovi mammalium et hominis genesi — und zwar im

\'zusammengefallenen Zustande.

**) Mémoires du Museum d\'histoire naturelle Vol. IX. p. 3.

***) So hatten die Eier, welche Rossi durch Verstopfung des Eileiters im Leibe von Hühnern und
1
Putern einige Zeit sich entwickeln liefs, keine Schaalen, sondern nur dünne Häute. S. Memoire*
de Turin
Vol. VI.

-ocr page 172-

eben so wenig einsichtlich, als clie Notwendigkeit der äufsern Bewegung für die
Contractionen der Eileiter, und die Unmöglichkeit der Bewegung wegen ausgeblie-
bener Häutung1).

§. 9.

Entwickelung der Säugethiere.

Mit diesen beiden Bemerkungen machen wir den Uebergäng zu den Säuge-
thieren, einer Thierklasse, welche von einem Verhältnisse in ihrer Entwickelungs-
gescliichte ihren Warnen hat, indem alle Mitglieder derselben, nachdem sie aus
dem Leibe der Mutter geboren sind und die Eihüllen abgelegt haben, als Nah-
rungsstoff die Muttermilch aufnehmen, welche in besondern Organen des müt-
terlichen Körpers (den Brüsten oder Milchdrüsen) bereitet wird. Die Zeit der
Geburt fällt aber nicht bei allen auf dieselbe Entwicklungsstufe des Embryo.
Man mufs daher auch unter den Säugethieren frühgebärende und spätgebärende
unterscheiden. Der erstem giebt es nur wenige und sie zeigen wieder unter sich
in der Entwickelungsweise bedeutende Verschiedenheiten, während die andern
viel zahlreicher sind, und wenn auch ihre Embryonen bei der Geburt nicht alle
gleich weit gebildet sind, doch alle äufserlich fast die bleibende Gestalt und sämmt-
liche Organe, mit Ausnahme des Geschlechtsapparates, in fast ausgebildetem Zu-
stande besitzen. Alle können sich nach der Geburt frei bewegen. Die Früchte
der frühgebärenden Säugethiere sind
dagegen zu einer selbstständigen Bewegung
noch nicht fähig, wenn sie aus der weiblichen Geschlechtsöffnung hervortreten.

Die frühgebärenden Säugethiere sind also als die Uebergangsformen, die
spätgebärenden als der eigentliche Stamm dieser Klasse zu betrachten. Von jenen
müssen wir zuvörderst sprechen, weil sie den Vögeln näher stehen. Es kann
aber nur kurz geschehen, theils weil mehrfacher Versuche ungeachtet, eine zu-
sammenhängende Kenntnifs ihrer Entwickelungsgeschichte uns noch ganz abgeht,
theils weil mir
eigene Untersuchungen über diese Thiere fehlen.

a. Fruh-
gebärende
Säugethiere,

Die auffallendste Abweichung zeigen die neuholländischen Monotreinen, das
Schnabelthier und das Stachel thier. Zwar ist es nur das Schnabel thier (
O mit ho-
r hync hus)
, an welchem man diese auffallenden Abweichungen von der Ent-
wickelungsweise anderer Säugethiere bemerkt hat, allein bei der nahen Verwandt-
schaft der Stachelthiere
(ßc h i dn a) darf man kaum zweifeln, dafs beide auch in
dieser Hinsicht übereinstimmen werden. — Vom Schnabelthiere ging schon

b. Mono-
tremen,

1  Bei einem meiner Zuhörer, Herrn Dr. Grube, hat eine trocken gehaltene Coluber Natrix
Eier gelegt. Leider erfuhr ich dies zu spät, um die Eier und die Ausbildung der Embryonen zu
untersuchen. Die von mir lebendig gehaltenen Schlangen habe ich alle früher geöffnet.

-ocr page 173-

lange die Sage, dafs es Eier lege und diese bebrüte. In neuerer Zeit sind endlich
solche Eier von Naturforschern gesehen, beschrieben und „abgebildet1). Sie sind
länglich und haben eine feste Kalkschaale. Zwar ist es immer noch nicht ganz
gewifs, dafs die beschriebenen Eier dein Schnabelthiere angehörten, denn man
hat noch
nicht die Embryonen darin beobachtet, und es wäre immer noch mög-
lich, dafs man Schildkröten - Eier für die Eier des Schnabelthieres angesehen hat,
da in der That jene abgebildeten Eier ungemeine Aehnlichkeit mit den Eiern der
Schildkröten haben. Indessen nach der Behauptung der Eingebornen, dafs das
Schnabelthier Eier lege und auf ihnen sitze, hat man wenig Grund, jene Eier
nicht für Eier des Schnabelthieres zu halten.

Durch das Legen hartschaaligerEier treten die Monotremen doch nicht völlig
aus der Reihe der Säugethiere heraus, da Meckel an den erwachsenen Weibchen
die Milchdrüsen fand. Die Monotremen wären hiernach Säugethiere, die ihre
Eier sehr früh gebären, was für alle hartschaaligen Eier Regel ist, und erst viel
später die aus demEie geschlüpften Jungen säugen. Sie würden, wie im gesamm-
tenBau, so auch in derEntwickelungsweise, zwar den allgemeinsten Verhältnissen
nach den Säugethieren angehören, doch starke Uebergänge zur Klasse der Vögel
zeigen. Auch läfst der weibliche Geschlechtsapparat, der aus zwei Eileitern ohne
wahren Fruchthäl ter besteht, eine Frühgeburt vermuthen. Die harte Schaal? und
eine so ungemein frühe Trennung von der Mutter, wie diese Schaale sie bedingt,
finden wir freilich bei andern Säugethieren eben so wenig, als eine Zwischenzeit
zwischen der Geburt und dem Säugen2).

1  Geant und Geoffroy in den Annales dés sciences naturelles Tom. XIII. p. 157. Tab. III.
Fig. 4.

2  Vor dem Abgange des Manuscriptes finde ich in den Philosoph. Transactions for the
year
1832 eine treffliche Untersuchung über den weiblichen Geschlechtsapparat des Orni-
thorhynchus
, von Owen, aus welcher ich das hierher Gehörige kurz mittheilen will, weil
es die Annäherung der Genitalien an die Form, welche sie in Vögeln und Beptilien haben, noch
- mehr nachweist, als dies von Geoffroy geschehen war. Owen fand in 5 Exemplaren immer
nur den linken Eierstock gehörig ausgebildet. Zur Zeit der Reife hat er ungemeine
Aehnlichkeit
mit dem nicht ganz reifen Eierstocke der Vögel, oder noch,mehr der Schildkröten, Der Inhalt
des Graafschen Bläschens war dunkel, näherte sich also wohl mehr der Natur des Dotters als
des Eiweifses. (Vergl. unten §. 9.
k.) Das Verhältnifs des Trichters zu den Eierstöcken ist dem
der Säugethiere analog, indem der Trichter sich am Rande einer durch die Fledermausflügel ge-
bildeten Tasche öffnet, vrie die Abbildungen
Tab. XV — XVI a. a. O. deutlich zeigen. Die ab-
führenden Kanäle (Eileiter u. s. w.) stehen zwischen deneti der Schildkröten und Vögel auf der
einen und denen der Säugethiere auf der andern Seite in der Mitte, denn Eileiter und Eihälter
sind mehr geschieden
als in den Vögeln, aber weniger als in den gewöhnlichen Säugethieren.
Die
ersteren scheinen bestimmt, ein gröfseres Ei zu leiten, als in den spätgebärenden Säuge-
thieren. (Man darf daher vermuthen , dafs sie den gesammten Inhalt der Kapsel der Eierstöcke
als Ei aufnehmen, wie in den Vögeln und Pieptilien.) Der Eihälter ist mit starken Längsfalten
besetzt und hat eine dicke Schleimhaut, wie in den Vögeln. Wahrscheinlich eecernirt er eine
nicht unbedeutende Quantität eines consistenten Eiweifses und auch wohl den Stoff zur Schaale.

-ocr page 174-

«. Beutel- Frühgebärend sind nämlich auch die Beutelthiere und wahrscheinlich in ver-

schiedenem Grade, Bekanntlich haben diese Thiere bei aller Mannigfaltigkeit in
der Bildung der Zähne, des Verdauungsapparates überhaupt und der Füfse das
Uebereinstimmende, dafs die Milchdrüsen der Weibchen in einem am Bauche an-
gehefteten Beutel sich befinden, in dessen Wand zwei bewegliche Knochen stecken,
durch deren Hülfe der Beutel willkürlich geöffnet und geschlossen werden kann.
Bei einigen Arten ist der Beutel nicht vollständig, sondern statt seiner ist auf je-
der Seite der Milchdrüsen nur eine schwache Hautfalte, in welcher der Beutelkno-
chen nicht fehlt. Es ist nicht zu bezweifeln, dafs bei diesen die Embryonen in
mehr ausgebildetem Zustande geboren werden, als bei den andern. Die Beutel-
thiere mit ausgebildetem Zitzenbeutel
sind nämlich schon lange ein Gegenstand
der Verwunderung und der Untersuchung für die Naturforscher gewesen, da man
die Embryonen ungemein klein und wenig ausgebildet an den Zitzen hängend ge-
funden hat, an die sie sich so fest ansaugen, dafs die Brustwarze tief in den
Schlund hinein ragt und der Embryo eben dadurch in seiner hängenden Stellung
gehalten zu werden scheint. So hängend bilden sich die Embryonen allmählig
aus, während der Zitzenbeutel geschlossen gehalten wird. Erst wenn sie so weit
ausgebildet sind wie die gebornen Jungen der gewöhnlichen Säugethiere, öffnet
sich der Zitzenbeutel, und die Bewohner desselben verlassen ihn zuweilen und keh-
ren theils in Augenblicken der Gefahr, theils wenn sie saugen wollen, in ihn zu-
rück. Man sieht hieraus, dafs
in diesen Thieren die Periode des Säugens viel
w eiter ausgedehnt ist als in den gewöhnlichen Säugethieren, dafs die letzte Hälfte
nur der Säugezeit anderer Mammalien entspricht, die erste aber die gewöhnliche
Entwicklung im Fruchthälter ersetzt.

Es treten nun die Fragen entgegen: wie kommen die Früchte in den Zitzen-
beutel , und wie namentlich an die Zitzen ? Bis wie weit entwickeln sie sich in
dem insbesondere sogenannten Geschlechtsapparate ?

Owen ist zwar nicht geneigt, eine feste Schaale für diese Thiere anzunehmen , weil ein hartes
Ei nicht durch das Becken gehen würde; allein ein Ei, wie es Grant darstellt, würde nicht
%u. grofs seyn, und Beschreibung und Abbildung, wie Owen sie selbst vom Eihälter giebt, stim-
men durchaus mehr mit denselben Theilen in Thieren , welche hartschaalige Eier legen , als in
Thieren mit dünner Eihülle. Beide Eihälter öffnen sich in den weiten Harnleiter und dieser in
eine Kloake, die mehr dem Verdauungsapparate als dem Geschlechts- und Harnapparate anzu-
gehören scheint. Was die Milchdrüsen anlangt, so hat Owen, aufser einer anatomischen Un-
tersuchung , welche ihre Bestimmung wohl vollständig nachweist, noch einen Briefeines in Neu -
Süd-Wales stationirten Lieutenants M a n 1 e mitgetheilt, der ein säugendes Weibchen mit den
Jungen im Hause hatte. Als man der gestorbenen Mutter den Balg abzog, fiofs Milch aus den
Milchdrüsen. Oerselbe Officier,fand im Leibe (wo?) eines andern Sclmabelthieres ein noch wei-
ches Ei. Auch in der Echidna fand Owen Milchdrüsen.

-ocr page 175-

Es ist nämlich vernünftiger Weise nicht zu zweifeln, dafs die Frucht in den
innern Geschlechtstheilen zuerst gebildet werde. Die Beutelthiere haben zwei
Eierstöcke, die im Wesentlichen mit den Eierstöcken anderer Säugethiere über-
einzustimmen scheinen, deren Bau wir bald näher kennen lernen werden. Lei-
der habe ich nicht Gelegenheit gehabt, diese Eierstöcke in frischem Zustande zu
untersuchen, ich weifs daher nicht, ob in den Dottern oder den Graafschen Bläs-
chen eine Besonderheit sich zeigt. Die Eileiter finde ich in ihrer hintern Hälfte
bedeutend mehr erweitert, als in den gewöhnlichen Säugethieren. Diese Erwei-
terung stimmt mit dem Eihälter der Monotremen, den ich schon deshalb nicht
für übereinstimmend mit dem Fruchthälter der spätgebärenden Säugethiere halten
möchte. In den Beutelthieren folgt nämlich auf die Eileiter noch ein Theil, den
man
gewöhnlich für den Fruchthälter nimmt, der aber doch von der ausgebilde-
ten, Form desselben in den gewöhnlichen Säugethieren bedeutend abweicht. Er
zeigt uns nämlich aufser einem mittlem Theile zwei weite Seitenkanäle, die eben-
falls in die Scheide einmünden. Der mittlere Theil ist durch eine Längsfalte
wieder in zwei Gänge getheilt und mündet zwischen den beiden Seitengäogen in
die Scheide. Ich werde erst später zeigen können, dafs diese Form, die man
einen
Uterus contortus genannt hat, als ein in der Entwicklung gehemm-
ter Fruchthälter von gewöhnlicher Form zu betrachten ist. Dieses Verhältnifs
angenommen, wird es Sie weniger wundern, dafs der Zitzenbeutel als ein zweiter
Fruchthälter dem Emhryo dient. Eben deshalb mufs man aber auch wahrschein-
lich finden, dafs die Embryonen gradezu in ihn hineingeboren werden, wobei
ohne Zweifel die Scheide sich nach vorn krümmt und die Zitzenknochen die
Oeffnung des Beutels nach hinten ziehen. Andere Wege aus den innern Ge-
schlecht stheilen in den Zitzenbeutel hat man wenigstens nicht finden können.

Wie die Eier oder Embryonen im Zitzenbeutel einen festen Sitz erhalten,
läfst sich nach ganz neuen Beobachtungen von Morgan einigermafsen ver-
muthen. Dieser fand nämlich, dafs vor der Periode des
Säugens die Zitzen nicht
vorragen, sondern, dafs jede in eine kleine Höhle zurückgezogen sich befindet.
Es ist wahrscheinlich, dafs die Embryonen mit dem Munde in diese Höhlen hin-
eingedrängt werden, wenn nicht etwa das ganze Ei hierher gelangt und der Em-
bryo erst hier von den Eihüllen sich löst.

Darüber ist man nämlich noch ganz ungewifs, wie lange der Embryo in
den Eihäuten eingeschlossen bleibt und ob er mit ihnen oder ohne sie in den Zi-
tzenbeutel kommt. Man hat schon an Känguruhs von 56 Pfd Gewicht enthüllte

■fi™ msoflB r^c «idf iS\'.iH»1: \' ."oiiu,«.Li .5. ... - -■-> \' - • .\'f..

1 j Transactions of the Linnean Society. Vol. XVT.

-ocr page 176-

Embryonen von nur 21 Gran, und an kleineren Beutelthieren sogar von einem
Grane gefunden; allein zu glauben, dafs sie nie Eihüllen haben, wäre zu jetzi-
ger Zeit wohl unpassend. G e o f f r o
y glaubt sogar eine Spur vom Fruchtkuchen
an Embryonen von 5 Linien Länge dicht am Bauche gesehen zu haben. Auch
die Nabelgefäfse, welche Blainville früher vergeblich gesucht hatte, erklärt
Rudolphi gefunden zu haben. An dem Daseyn solcher Gefäfse in früher Zeit
ist vernünftiger Weise nicht zu zweifeln, allein den Embryo wenigstens, wel-
chen ich im Berliner anatomischen Museum als von einem Didelphis aufgestellt
sah, konnte ich nicht für einen solchen erkennen, da er nicht die Fufsbildung
dieser Thiergattung hatte. Ob die Verwechselung vor oder nach der Untersu-
chung Statt gefunden, weifs ich nicht *),

Auf jeden Fall fehlt noch vieles, um die Entwickelungsgeschichte der Beu-
telthiere, mit der anderer Thierformen vollständig zu vergleichen.
d. Spätgebä- Wenden wir uns jetzt zu den spätgebärenden Säugethieren, die den eigent-

tbiere SdU§e liehen Stamm dieser Klasse bilden, während die frühgebärenden nur Uebergänge
zu andern darstellen, so finden wir in der äufsern Form und dem Baue des Eies
viel mehr Mannigfaltigkeit als in der Entwickelungsweise der Embryonen selbst.
Diese letztern stellen wir vorläufig zurück, um sie später kurz mit der Bildungs-
geschichte des Küchleins vergleichen zu können.

Die Geschichte des gesammten Eies und seiner verschiedenen Formen wer-
den wir aber ausführlicher zu untersuchen haben, wenn wir ein sicheres Ver~
ständnifs bei den widersprechenden Angaben und der abweichenden Benennungs
art einzelner Theile, wie wir sie in den Schriftstellern verschiedener Zeiten fin-
den , erlangen wollen. Ich halte es dabei für passend, dasjenige voranzuschicken,
was man seit Jahrhunderten und zum Theil seit Jahrtausenden weifs, dann zu
der Untersuchung übergehe, wie diese Theile sich bilden und die Resultate der
neuesten Forschungen bei dieser Darstellung mitzutheilen. Hierdurch erlange ich
den Vortheil zuvörderst nur von Verhältnissen zu sprechen, die den Medicinern
unter Ihnen völlig geläufig sind und auch den übrigen Herren Zuhörern mehr oder
weniger bekannt seyn werden.
^ Was man Die ältere Kenntnifs, wie sie z. B. in den gewöhnlichen anatomischen

E°ie seit Tan- Handbüchern des vorigen Jahrhunderts gegeben wird, bezieht sich nur auf den
w^? spätem Zustand der Frucht. Man

*) Rudolphi hat diesen Embryo später in der. Abhandlungen der Berliner Akademie 1828
abbilden lassen. Wer
diese Abbildung aufmerksam betrachtet, wird mit mir zweifeln, dafs bei
einem so weit entwickelten Beutelthiere der Daumen des Hinterfulses von den andern Zehen
sich noch nicht unterscheiden sollte. Den Daumen sieht man doch ganz deutlich in viel weni-
ger entwickelten Embryonen von Beutelthieren,

-ocr page 177-

Man Weifs vor allen Dingen seit langer Zeit, dafs die Jungen der gewöhn-
lichen Säugethiere in dem Fruchthälter, der sogenannten Gebärmutter oder dem
Uterus des mütterlichen Körpers, sich entwickeln, dafs sie hier von weichen
blutreichen Hüllen, den Eihäuten umgeben sind, dafs der Embryo vermittelst
eines runden Stranges, der aus dem Nabel abgeht, und deshalb
Nabelstrang oder
Nabelschnur (JFuniculus umbilicalis) heilst, mit diesen verbunden ist.
Im Nabelstrange sind bei allen Säugethieren zwei Nabelarterien und entweder nur
eine Nabelvene, wie im Eie des Menschen und der meisten andern Säugethiere,
oder zwei Nabelvenen, wie im Ei der Wiederkäuer, die aber auch hier gleich
beim Eintritte in den Leib sich zu einem Stamme vereinigen.

Vom fernsten Alterthume her unterschied man allgemein zwei Häute unter
den Hüllen des Säugethier - Eies, da
s Amnion und das Chorion. Jene Haut kannte
man als gefäfslos, aus einem Blatte bestehend, den Embryo in einem weiten, ab-
stehenden Sacke umgebend, doch so, dafs es sich auf der äufsern Fläche des Na-
belstranges, als Ueberzug nach dem Nabel des Embryo fortzieht, und in seine
Haut übergeht. In Verbindung mit der Haut des Embryo bildet also das Am-
nion einen in sich selbst eingestülpten Sack, zu welchem der Embryo in demsel-
ben Verhältnifs steht, wie das
Herz zum Herzbeutel. Im Innern dieses Sackes
ist das Frucht- oder Schaafwasser.

Das Chorion dagegen soll als ein gefäfsreicher und einfacher, nicht einge-
stülpter Sack das Amnion mit dem Embryo und der Nabelschnur umgeben. Die
Gefäfse des Chorions sind Verlängerungen der Nabelgefäfse. Allein die äufsere
Fläche des Chorions ist in keinem Säugthier-Ei völlig glatt. Entweder liegt,
wie beim Menschen und den Raubthieren, auf einem beschränkten Theile dieser
Haut eine dicke Masse auf, die die netzförmigen Enden der Nabelgefäfse in Zotten
oder Flocken vertheilt enthält; einen solchen Theil nannte man einen Mutter-
kuchen,
Placenta, in neuester Zeit Fruchtluchen; — und ihm gegenüber ist
eine ähnliche Bildung an der innern Wand des Fruchthälters. Oder man findet
auf sehr langen Eiern viele solche Mutterkuchen zerstreut, die man
Cotyle-
dones nannte und denen gegenüber man immer entsprechende Wucherungen auf
der innern Fläche des Fruchthälters bemerkt. Es war leicht einzusehen, dafs
diese Cotyledonen nichts seyen, als die auch in dem einfachen Fruchtkuchen un-
terscheidbaren lappigen Abtheilungen, von einander getrennt, und auf das lange Ei,
wie es bei Wiederkäuern immer ist, vertheilt. Eine dritte Form von Eiern, die
auch lang ist, und bei den Pferden, Schweinen und andern nicht wiederkäuenden
Hufthieren vorkommt, zeigte aber auch keine Cotyledonen, sondern man fand
das ganze Ei, mit Ausnahme seiner äufsersten Enden, mit kurzen, anGefäfsnetzen
II. Y

-ocr page 178-

reichen Zotten bekleidet. Es wäre nicht schwer gewesen, auch in dieser Form
das Verhältnils zu den andern wieder zu finden, denn jeder
Cotyledo vom Ei
der Wiederkäuer besteht wieder aus einer sehr grofsen Anzahl von Zotten, und wir
haben also auf den Eiern der nicht wiederkäuenden Hufthiere diese Zotten nur
vereinzelt und über den gröfsten Theil des Eies vertheilt. Die Zotten hielt man
aber gewöhnlich für blofse Verlängerungen von Gefäfsen, weil sie beim Menschen
sehr dünn sind.

So weit wären nun die Eier übereinstimmend gefunden worden, und auch
das Verhältnifs zum Vogel-Ei lag offen da. Das Amnion ist dieselbe Haut, die
wir schon aus dem \\ogeI unter diesem Namen kennen, der Nabelstrang ist offen-
bar ein
verlängerter, in eine Schnur ausgezogener Nabel. Auch das Chorion

konnte man als übereinstimmend mit dem Chorion des Vogel-Eies, wie es sich
in der letzten Zeit der Bebrütung zeigt, betrachten. Nur hat dieses Chorion des
Vogels, wenn man nur die äufsere Umhüllung so nennt, wie wir(§. 5.
q.) ge-
than haben, noch eine Lage unter sich, die mit dem äufsern Chorion ursprüng-
lich einen zusammenhängenden Sack bildete und auch später, wo diese untere
Lage freilich ärmer an Blutgefäfsen geworden ist, bleibt doch der Uebergang un-
verkennbar. Es mufste also die Frage entstehen: Ist es mit dem Chorion der Säu-
gethiere eben so? und als man durch diese Frage geleitet hier und da mehrere
Blätter im Chorion unterschied und auch die Art, wie das Chorion der Vögel ge-
bildet wird, kennen lernte, mufste man sich fragen: wie denn das Chorion der
Säugethiere und namentlich des Menschen gebildet werde, da es doch Niemandem
gelingen wollte, zu irgend einer Zeit einen gefäfsreichen Sack bei Säugethieren
aus der Kloake hervorwachsen zu sehen, oder auch nur unter dem gefäfsreichen
Blatte des Chorions ein anderes davon abstehendes Blatt (die andere Hälfte des
Sackes) wie beim Vogel (vergl. §. 5.
p. g. r.) zu finden, abgesehen davon, dafs
im Chorion des
Menschen Gefäfse doch nur so weit sich zeigen wollten, als der
Fruchtkuchen reicht. Der Fruchtkuchen war offenbar
etwas den Säugethier-
Eiern Eigentümliches, das im Vogel-Ei fehlte. Dagegen sah man in den Säuge-
thier-Eiern keine Hagelschnüre, kein Eiweifs, keine Schaalenhaut und keine
Schaale. Dafs der Dottersack fehlte, schien sich von selbst zu verstehen. Die
Dotterkugel hielt man eben für eine Eigenthümlichkeit der Vögel, der Eidechsen
und vielleicht anderer Thiere.

Hierzu kommt noch, dafs man schon früh auffallende Verschiedenheiten
im Bau der Eier verschiedener Ordnungen von Säugethieren bemerkte.

Im Ei aller Hufthiere fand sich

ein ansehnlicher Sack, so lang als das
ganze Ei, welcher äufserst zart und völlig gefafslos war, vom Chorion weit ab-

-ocr page 179-

stand und durch einen hohlen Gang, den Urachus oder Hartistrang, in die Harn-
blase überging. Man nannte den Sack
nach seiner Form Allant oiss Allan -
toi des, oder nach seinen Verbindungen die Harnhaut.

Im Ei des Hundes und anderer Raubthiere sah es wieder ganz anders aus.
Hier war ein langer sehr gefäfsreicher Sack, der eben deshalb ganz geröthet er-
schien, auch mit dem Fabel in Verbindung stand, aber (wie man gewöhnlich
glaubte) nur durch Gefäfse. Man nannte ihn die
Erythro is. Ganz verwirrt
mufste man werden, als man im Hunde-Embryo wohl einen offenen Urachus
fand, aber keine Harnhaut erkennen konnte, dagegen hier unter dem Chorion
wirklich ein abstehendes, auch Gefafse enthaltendes Blatt entdeckte, wie im Vo-
gel , eine
Membrana media. Ging man nun vom Hunde zurück zu den Huf-
thieren,
so fand sich, dafs bei denen, die nicht wiederkäuen, wie das Pferd und
das Schwein, in der ersten Hälfte der Entwiclcelung auch ein innerer gefäfsrei-
cher Sack war, der durch den Nabel hindurch mit dem Darme in Verbindung
stand, aber lange nicht so ausgedehnt sich zeigte, als im Hunde, und nach beiden
Enden in
sehr dünne Zipfel auslief.

Das Ei des Menschen gab in seiner frühern Form neue Probleme, ein klei- ./• WüS man

° \'"\'»"•"\'\\ \' • -1 .i" neuerer

nes Bläschen, das Nabelbläschen (Vesicula umbilicalis), zeigte sich zwi- Zeit über das

sehen Chorion -und Amnion gelegen und hing durch einen langen Stiel mit dem Et\'un^sdne
Nabel zusammen. Viele Anatomen konnten es jedoch gar nicht finden und hieb
ten es für krankhaft. Zwischen Amnion und Chorion, wo sie von einander ab-
achtet hat,
stehen, fand man ferner in ganz jungen Früchten ein unverständliches Häutchen,
das man die
mittlere Haut (Membrana media) nannte und für die Allan-
tois
zu halten geneigt war. Dafs in späterer Zeit dem Fruchtkuchen von Seiten
des Fruchthälters ein anderes Gebilde gegenüber liegt, wie in Wiederkäuern Ute-
rin -Cotyledonen, den Foetal- Cotyledonen gegenüber sich finden, war den Beob-
achtern nicht entgangen, allein es wurde mit Bestimmtheit nachgewiesen, dafs
in der ersten Zeit der Entwickelung des menschlichen Eies der ganze Fruchthäl-
ter Ton einer dicken Schicht geronnenen Stoffes ausgekleidet war, der
hinfälligen
Haut, Membrana decidua Hunteri
, ja dafs diese Schicht nicht einmal un-
mittelbar mit ihrer innern Fläche das Ei umgebe, sondern in sich selbst einge-
stülpt sey und in dem eingestülpten Theile, der
umgeschlagenen Haut (Decidua
reflexct)
, das Ei wie in einem offenen Sacke sich befinde1), wovon kein ande-
res Säugethier etwas zeigte.

1  Hunt er, Anatomia uteri humani gravidi. Lond. 1774.

Y 2

-ocr page 180-

Was die Ausbildungsweise des Eies anlangt, so hatte man schon im 17ten
Jahrhunderte in den Eierstöcken der Säugethiere mit Flüssigkeit gefüllte Bläschen
gesehen und ausführlich beschriehen, und nannte sie nach einem Beobachter der-
selben :
Graafsche Bläschen. Da derselbe Anatom ganz kleine Eier in den Eilei-
tern (Muttertrompeten) eines Kaninchens tpid etwas gröfsere im Fruchthälter ge-
funden hatte, so zweifelte er nicht, jene im Eierstocke gefundenen Bläschen seyen
die Eier, sie würden nur weiter geführt und entwickelten sich im Fruchthälter.
Allein er konnte nicht verhehlen, dafs die im Eileiter gesehenen Bläschen viel
kleiner waren als die im Eierstocke gefundenen 1). Dieser Schwierigkeit un-
geachtet, und obgleich mehrere Beobachter weder in den Eileitern, noch im
Fruchthälter bald nach der Befruchtung etwas Anderes finden konnten als Flüssig-
keit, obgleich bald nachher ein oder mehrere Graaf sche Bläschen entleert und
in eine feste Masse, das
Corpus luteum, umgewandelt gefunden worden, er-
hielt sich doch die Graafsche Ansicht unter mehrfachen Einwürfen als die ein-
fachste und scheinbar natürlichste.

Indessen forderte der Gegenstand dringend eine neue gründliche Untersu-
chung. Hall er verband sich zu diesem Zwecke mit seinem Schüler Kuhle-
ma n n, und beide untersuchten Schaafe sehr häufig und von Tag zu Tage mehrere,
fanden aber zu ihrer und der anatomischen Welt Verwunderung vor dem
12ten
Tage gar nichts, dann etwas Schleim, der sich mehrte, am 17teil die ersten Spu-
ren des Eies,
und am 19 ten schon ein sehr grofses Ei mit dem Embryo.

Andere Thiere untersuchte Hailer theils allein, theils mit einem andern
Schüler, Ith, aber auch mit demselben Erfolge. Im Hunde wurde bis zum 10 ten
Tage kein Ei gesehen 2).

Hiernach mufste man sich zu der Ueberzeugung wenden, die Graafschen
Bläschen gäben für die Fortpflanzung nur eine Flüssigkeit her, aus welcher viel
später das Ei in
seiner ganzen Ausdehnung sich fprme, wie durch ein von innerer
Noth wendigkeit gebotenes Gerinnen.

Aber auch bei dieser Ueberzeugung konnte man nicht mit Ruhe beharren,
da ein Engländer, Cruikshank, am Ende des vorigen Jahrhunderts die Eier
der Kaninchen schon am dritten Tage nach der Befruchtung in den Eileitern
fand 3) und man] dadurch wieder zu der Graafschen Meinung zurückzukehren
Veranlassung hatte, wofür auch eine gewisse Aehnlichkeit (wenn auch nicht

1  Graaf, De muli erurn organis. 1672.

2  Heller, Opera minor a Vol. IL N. XXXII.

3 Philos ophical Tra nsactions 1797, uncl Reils Archiv Bd. II.

-ocr page 181-

Übereinstimmung) der Graafschen Bläschen mit den Dötterkugeln der Vogel zu
sprechen schien. Im ersten und zweiten Decennium des jetzigen Jahrhunderts be-
wiesen Oleen1) und Meckel2), dals der Embryo der Säugethiere in der That
einen Dottersack habe, dafs das
Nabelbläschen des Menschen und die Erythrois
anderer Thiere nichts anders sein könnten und dafs diese Theile in früherer Zeit
offen mit dem Darme communicirten, wie der Dottersack der "Vögel. Auch die
andern Theile der Eihüllen zeigten eine Uebereinstimmüng. Die Evidenz des Be-
weises wurde jedoch nicht allgemein anerkannt. D u t r o c h e t und G u v i e r führ-
ten die Analogie zwischen dem Säugethier-Ei und dem Vogel-Ei noch weiter
durch, und bewiesen insbesondere, dafs die Allantois wie beim Vogel in Gemein-
schaft mit einer äufsern Eihaut das Chorion bilde, Cuvier zweifelte aber (wie
schon früher Emmert und später Fleischmann) an der offenen Communication
des Nabclbläschens und der Erythrois mit dem Darme. Auch hatten beide die
Entstehungsweise der Allantois nicht auffinden können. 3) Ich verfolgte später
jene Bildungsweise der Allantois und des Chorions näher in ihrem Fortschreiten
nach den verschiedenen Formen, die sie annimmt, um zu beweisen, dafs die Ver-
schiedenheit des Chorions durch den Fruchthöher bedingt werdef). Wie aber
die äufsere Eihaut entstehe, hatten Dutrochet und Cuvier ganz unberührt
gelassen, eben so wie Prévost und Dumas, weiche nicht nur wieder das Ei des
Hundes in den Eileitern gefunden, sondern die Aehnlichkeit des jüngern Säuge-
thier - Embryo mit dem Vogel-Embr}ro in vielen Einzelheiten nachgewiesen hat-
ten ff). Da ich das Ei im Graafschen Bläschen als sehr kleineDotterkugel aufge-
funden hatte fff), war ich geneigt zu glauben, die äufsere Eihaut sey eine ursprüng-
liche aus dem Eierstocke mitgenommene. Bald darauf aber gelang es mir an Huf-

1  Oken\'s und Kies er\'s Beiträge zur vergleichenden Anatomie und Physiologie 1807. 4.

2  Wölfl:: Uebcr die Bildung des Darmkanals im Hühnchen, übersetzt mit einleitender Abhand-
lung von
Meckel 1812. 8.

-ocr page 182-

thieren zu beobachten, dafs diese Haut ganz eben so, nur später, sich bilde l, wie
die äufsere Eihaut desYogels, so wie die Ausbildung des Eies der Hufthiere mit

die Dotterbugel der Säugethiere schon richtig gesehen und beschrieben sey , sondern auch vor-
her von Andern, Er hofft, ich werde „von meinem Wahne zurückkommen, wenn ich das Buch
der Geschichte aufgeschlagen haben werde. " Bis dahin hält Herr Dr. Plagge mir das Buch
der Geschichte vor, und sucht, in Ermangelung von Graaf\'s Schriften-j-); aus Palfyn\'s
Traite
des monstres
zu beweisen, dafs Graaf nicht die bekannten , nach ihm benannten Bläschen
für die Eier gehalten habe, sondern die wahren Dotterkugeln in ihnen. Da ich Graaf\'s
opera
omnia
doppelt befafs , so habe ich mir die Freiheit genommen, ein Exemplar Herrn Dr. P1 a gg e
zu übersenden, nachdem ich die Stellen angestrichen hatte, welche zeigen, dafs Graaf den ge-
sammten Inhalt der Kapsel geradezu
Ov ulum nennt. Ich mufs um Verzeihung bitten, dafs das
Buch so viele Striche erhalten hat. Ferner sollen Home und Bauer
das Ei im Eierstocke ge-
sehen haben. Diese Beobachter sagen: das Ei bilde sich im gelben Körper; der gelbe Körper
aber solb sich nie in oder aus einem Graafschen Bläschen entwickeln, sondern aufserhalb des-
selben. Einmal soll Herr Bauer die Eröffnung des gelben Körpers und das Austreten des Eies
gesehen haben, allein an einem-noch jungfräulichen, ja nur
sechsmonallichen Schweine!!
(Lectures on comparative anatomy Vol. III und Meckel\'s d. Archiv für Physiologie
Bd. V. S. 417. In dieser deutschen üebersetzung, welche Autorität Herr Dr. Plagge allein
kannte, steht sogar:
sechswöchentlich.) Ueberhaupt ist in diesem Aufsatze des Wunderbaren so
viel, dafs es nur durch die merkwürdige Unwissenheit des Herrn Home verständlich wird. Wir
wollen doch seinen Bericht etwas näher ins Auge fassen ! Dafs er das Ei irgendwie im Eierstocke
gesehen habe, geht aus keiner Stelle hervor. Nicht einmal die Gröfse dieses Eies wird ungefähr
angegeben, noch viel weniger die Verhältnisse unter denen man es sah, Dafs eine befruchtete
Sau Eier aus dem Eierstocke ausschüttet, ist mir sehr unwahrscheinlich -j-f). Dafs Home und
Bauer gerade auf eine solche Sau treffen und
sie ganz im Momente des Ausschüttens öffnen,
ist so unendlich unwahrscheinlich, dafs man wenigstens annehmen miifste, Home\'s Messer
habe die Geschlechtslust des Thieres erregl! Da es völlig unmöglich ist, dafs man die Eröffnung
eines gelben Körpers und das Ei selbst in der Bauchhöhle einer geöffneten Sau sehen kann, ein
solcher lebendiger Act an einem ausgeschnittenen und unter das Mikroskop gebrachten Eier-
stocke doppelt und an einem Eierstocke eines Ferkels dreifach unmöglich ist, so halte ich die
ganze Erzählung für ein Mährchen, oder eine sehr grobe Selbsttäuschung. Wer mehr Glauben
hat, mag ihn in Anwendung bringen! — Auch haben die Engländer auf diesen Bericht gar keinen
Werth gelegt, aber wohl die Deutschen,
von denen Menzel nicht mit Unrecht sagt: „Wenn
die Deutschen einmal ins Verehren kommen , so fragen sie jar nicht mehr: Wen? oder: Was?

In Bezug auf die Ansprüche des Dr. Plagge selbst habe ich schon in Heu singe r\'s Zeit-
schrift
Bd II. mich dahin ausgesprochen, dafs es mir scheint, derselbe habe ein unentwickeltes,
durch ein benachbartes
Corpus luteum zusammengedrücktes Graafsches Bläschen, wie ein
Paar dergleichen auf unserer Taf. IV. Fig. II. abgebildet sind, für das Ei gehalten; denn Plagge
sagt in seiner frühern Abhandlung (Meckel\'s
deutsches Archiv für Physiologie Bd. VII.) das
Corpus luteum bilde sich zwischen dem Ei und dem nächst liegenden Graafschen Bläschen.
Dieses Ei soll ferner drei Linien im Durchmesser erhalten und drei Kreise zeigen, „welche die
drei nachherigen Häute, das Chorion, die Allantois und das Amnion zu seyn
scheinen." Die
einzige ursprüngliche Haut, die Oberhaut, so w?\'e die Keimhaut, später zur Nabelblase werdend

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der anderer Säugethier-Eier als übereinstimmend nachzuweisen und vollständig
aufzufinden, wodurch Haller und Kuhle mann irre geführt waren*).

Mit dieser kurzen, auf Vollständigkeit durchaus nicht Anspruch machenden
historischen
Skizze 1) habe ich Sie gleich in die Kenntnifs unserer Zeit hinüber-

1  Nicht einmal auf vollkommene Wahrheit kann unsere Skizze Anspruch machen, da bekanntlich
Needham schon weiter gesehen hatte, als seine Nachfolger. Allein jeder Kundige weifs, dafs,
wenn man alle Schwankungen erzählen wollte, daraus nothwendig ein starker Band werden würde.
Ich habe nur die allgemein verbreitete ältere Kenntnifs berücksichtigt, weil es mir darauf ankam,
von dem, was jeder Mediciner weifs, oder wovon er wenigstens gehört hat, wie von der
Ery-
thr ois
u. s. w. eine Brücke zu der spätem genetischen Darstellung zu bauen, und ich hoffe, dafs
diejenigen Leser, die eben nicht Anatomen aus der neuen Schule sind, mir für diese paar Seiten
danken werden, weil ohne sie ihnen das Verständnifs der genetischen Darstellung nicht unbe-
deutende Schwierigkeiten machen würde. Nur diesen Zweck im Auge behaltend, habe ich das
Verwirrende möglichst ausgelassen und den historischen Bericht der nachfolgenden Darstellung
mehr angeführt. So hat Cuvier eigentlich nicht bewiesen, dafs das Chorion aus einer äufsern
Haut und der Allantois werde. Vielmehr nennt er die äufsere Haut selbst Chorion und sucht es
aus dem Bau reiferer Eier zu erweisen, dafs die Gefäfse durch die Allantois (oder was
wir Harn-
sack nennen) dahin gelangen. Dutrocliet dagegen läugnet eine gemeine umschliefsende Haut
ganz und hat deshalb sogar Kämpfe mit Cuvier begonnen. Nach ihm ist das Chorion nur ein
Theil des Harnsackes. Dazu kommt, dafs er im Menschen die
De cid ua für das Cliorion, d. h,
für die Allantois angesehen hat. Er ist daher häufig gar nicht verstanden. Die allmählige Ausbil-

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führen und Ihnen von vorn herein anzeigen wollen, wohin die genetische Dar-
stellung führen wird, an die ich mich Jetzt wende, nämlich zu den Resultaten:

1) dafs alle Säugethier-Eier schon vor der Befruchtung als kleine Dotterkugeln
da sind;

2) dafs alle ursprünglich mit einander in der Art ihrer Ausbildung und der Zahl
ihrer Theile übereinstimmen;

3) dafs diese Theile, nur mit gewissen Abweichungen, die durch den Frucht-
hälter bedingt werden, dieselben sind, wie im Ei der Yögel;

4) dafs aber in einigen Eiern gewisse Theile, in andern andere früh aufhören
zu wachsen und dadurch die spätere Differenz hervorgebracht wird;

5) dafs endlich diese verschiedene Beständigkeit der einzelnen Theile verbunden

mit der verschiedenen äufsern Gestalt, die wieder vom Fruchthälter abhängt,
die Verschiedenheiten der Säugethier-Eier erzeugt.

Der Geschlechtsapparat der spätgebärenden Säugethiere unterscheidet sich
schiechtsap- von den bei Vögeln und Reptilien vorkommenden Formen vor allen Dingen durch
parat er.e vollständige Trennung von dem verdauenden Kanale. Unter allen Säugethieren
zeigen nur die frühgebärenden Monotremen in einer Kloake ihre Verwandschaft
mit den niedern Thierklassen. Es kommt zwTar auch bei einigen normalen Säuge-
thieren vor, dafs von Aufsen gesehen Darm und Geschlechtswege nur eine gemein-
schaftliche Oeffhung zu haben scheinen, allein näher untersucht, zeigt es sich,
dafs in solchen Thieren blofs die Scheidewand zwischen beiden Wegen, wo sie
nach hinten ausläuft, nicht an der allgemeinen Behaarung Theil hat, keinesweges
aber eine gemeinschaftliche Höhle (Kloake) da ist. Dagegen sind die Harn - und
Geschlechtswege im Ausgange immer mit einander verbunden.
Tafy v, Die
Eierstöcke der Säugethiere (und wir meinen, wenn nicht das Gegentheil

gesagt wird, hier immer die spätgebärenden oder normalen) sind auf beiden Sei-
ten entwickelt, sie sind wie bei Vögeln und Schildkrölen solide (d. h. ohne innere
Höhlung), eben so aus einem Keimlager (Zellstoff) und eingesenkten Kapseln be-
stehend , welche letztere hier (in Verbindung mit ihrem Inhalte)
Graafsche Bläs-
chen
genannt werden*). Die äufsere Haut des Eierstockes scheint uns nur ein
verdichtetes Keimlager und wird noch vom Bauchfelle überzogen. Sowohl das

---Keim-

duiig des Chorions tmd die Entwicklung des Harnsackcs hat keiner von beiden verfolgt. Cuvier
stellt es sogar a. a. O. S. 107. in Frage, ob der Harnsack der Säugethiere allmählig heranwachse,
oder vom Anfange an die Form habe, die man später findet. So lang waren die Geburtswehen
für die Kenntnifs der Säugethier- Eier\' Ich glaube in der That zuerst .die Bildungsgeschichte des
Cborions und der Allantois gezeigt zu haben. Aber immer noch nennt man diese Darstellung fast
allgemein
..eine Hypothese." Das Verständnifs mnfs kommen . wenn auch langsam. \'

g. Weibli
eher Ge-

Fig. IS.

*) In -Fig.\' IS. Taf, VII. stark vprgröfsert; a das Keimlager, b Ueberzug de? Bauchfell«. c d die
Kapsel.

(

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Keimlager als die Kapseln sind, aber derber als in den genannten Tliieren. Zum
Theil aus
diesem Grunde und zum Theil weil die Kapseln kleiner sind, und ihr
Inhalt zur Zeit der Paarung lange nicht
so sehr sieh mehrt, als bei den Vögeln,
kommt es, dafs ein Eierstock von Säugethieren niemals ganz so das Ansehen einer
Traube hat, als der reife Eierstock eines Vogels. Die reifen Kapseln treten zwar
auch aus dem Keimlager, die Masse desselben zur Seite drängend, mehr hervor,
als die unreifen, nie aber ziehen sie das zu feste Keimlager in einen wirklichen
Stiel heraus. Sie haben also in dieser Hinsicht mehr das Ansehen von noch unent-
wickelten Eierstöckeu von Vögeln und Reptilien. Indessen zeigen die Formen,
welche die Eierstöcke in den einzelnen Familien annehmnn, eine allmählige Stu-
fenfolge bis zu der im Menschen vorkommenden Form, wo alle äufsere Unebenhei-
ten schwinden und das an Masse vorherrschende Keimlager einen länglich runden
etwas flach gedrückten Körper bildet. Bei Nagern und Insektenfressern ragen die
Kapseln noch weit genug vor, um dem Eierstocke die Form einer Maulbeere
zu
geben. Etwas weniger sind sie in Schweinen vorragend, noch weniger in Raub-
thieren und
Wiederkäuern, in denen nur die reifen Kapseln mit einem Theile
ihres
Umfanges die Oberfläche des Keimlagers sich erheben. Am tiefsten sind
nächst dem Menschen die Kapseln in dem Eierstocke der Affen eingesenkt. Man
sieht, dafs auch die Zahl der vorräthigen Kapseln oder die Productionsfähigkeit
des Thiers auf die Form des Eierstockes Einflufs hat. — Wie das Keimlager, so
sind auch die Kapseln fester in dem Eierstocke der Säugethiere als der Vögel. Sie
werden ebenfalls von einer doppelten Haut gebildet, einer äufsern, sehr dünnen,
aus
flachgedrücktem Zellstoff bestehenden, und einer innern, dickern, die bei star-
ker Vergröfserung Unebenheiten und ein weiches Gewebe mit verdünnten Stellen
zeigt. In ihr endigen viele Blutgefäfse, wie feine Injectionen zeigen. So sind
also die Kapseln denen des Vogels ähnlich gebaut (§. 3. &.). Immer aber ist die
N arbe, durch welche eine solche Kapsel sich öffnet, sehr viel kürzer als in Vögeln
und Amphibien. Wenn man sie vor der Eröffung erkennt, so sieht sie wie ein
kleiner unregelmäfsiger Flecken aus. Nach der Eröffung ist der Eingang immer
sehr klein, meist gerissen, zuweilen etwas spaltförmig, doch immer kurz.

Wie bei den früher besprochenen Thierklassen sind auch bei den Säugethieren
die das Ei fortleitenden Organe von den Eierstöcken getrennt. Die beiden
Eileiter
nämlich, hier gewöhnlich Muttertrompeten oderFallopischeRöhren genannt, mün-
den mit trichterförmigen Oeffnungen frei in die Bauchhöhle. Dies ist wenigstens die
Grundform, die freilich einige Variationen erleidet. Die Eileiter sind nämlich
durch eine Falte des Bauchfelles, die sehr deutliche Muskelfasern enthält, an den
Fruchthälter befestigt und mehr von der Bauchwand gesondert als dieselben Theile
IL Z

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in Vögeln und Reptilien. An die\' obere oder Rücken wand derselben Falte (das
breite Matterband, Ligamentum latum, jetzt bisher: Fruchthülter- Gekröse,
Mesometrium
, genannt) sind die Eierstöcke angeheftet. Im vordem Rand der
Falte liegt auf jeder Seite der Eileiter. Dieser aber ist bei ausgewachsenen Säuge-
thieren immer länger als der Rand der Falte. Deswegen krümmt er sich mit sei-
nem trichterförmigen Ende nach innen und oben zurück. Diese Umbeugung ist
schon im Menschen deutlich und hat die Folge, dafs an der Umbeugungsstelle die
Falte
eine beuteiförmige Vertiefung hat. In den meisten Thieren ist dieser Beutel
sehr viel tiefer. Am Rande des Beutels mündet der Trichter aus, der also vor-
züglich nach dem Rücken und nach dem Eierstocke zugekehrt ist. Solche Beutel,
die das erste Glied
des Daumens aufnehmen können, sieht man z. B. beim Schwein

und den Wiederkäuern. Wenn aber der Beutel noch ansehnlicher wird, so mufs
er nothwendig den Eierstock selbst verhüllen. Er bildet dann einen nach hinten
geöffneten Sack um den Eierstock. So ist es im Hunde und den gewöhnlichen
Raubtliieren mit einem Blinddarme. Wenn der Beutel
auf diese Weise sackförmig
sich zusammengezogen hat, so ist nothwendig die Mündung des Trichters ge-
gen die innere Höhlung des Beutels gekehrt und man kann sie äufserlich nicht er-
kennen. Bei Robben und den Raubthieren ohne Blinddarm ist der Sack so weit
geschlossen, dafs man nur noch eine ganz kleine Oeffnung gewahr wird, durch
welche der Sack des Eierstockes mit der Bauchhöhle communicirt, wobei also im-
mer
noch der Trichter ebenfalls in Communication mit der Bauchhöhle bleibt. In
einigen Thieren aber schliefst sich auch diese Oeffnung, und nun communicirt
der Trichter, der immer in der Wand des Sackes bleibt, nur mit seiner innern
Höhlung1).

Wir werden sehen, dafs durch diese Einrichtung die Fortleitung der Eier
gesichert wird.

Die Eileiter der Säugethiere sind sehr viel,enger als der Eileiter der Vögel,
aber sonst eben so von einer mit langen Falten versehenen Schleimhaut ausgekleide t.
Es ist ein Vorurtheil, wenn man glaubt, die Mündung des Trichters sey bei ihnen
allgemein mit Läppchen oder Franzen besetzt, wie beim Menschen. Diese fehlen

1  Diese völlige Verschliefsung habe ich jetzt bei einem Marder und einem Hermelin gesehen,
nachdem ich früher gegen andere Angaben geglaubt hatte
[Heusinger\'s Zeitschrift Bd. II-)» die
Verschliefsung werde nie vollständig. Auch jetzt bin ich noch etwas zweifelhaft, ob jene völlige
Verschliefsung, die ich nur zweimal sah, als normal zu betrachten ist, ohne jedoch das Gegen-
theil behaupten zu wollen. Soviel bleibt gewifs, -dafs in der Regel eine Oeffnung, die sich im
Zobel sogar in einen Kanal auszieht, noch kenntlich bleibt, in Bären und Robben aber viel wei-
ter geöffnet ist, und das niemals der Eileiter bei dieser Bildung fehlt, oder von den Hörnern des
Fruchthälters nicht verschieden ist, wie man geglaubt hat.

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häufiger, als sie da sind, und scheinen vorzüglich bei den auf die ganze Sohle auf-
tretenden
Thieren grofs zu sejn, wie beim Bären, wo sie länger sind als im
Menschen.

Eine Erweiterung, dem Trichter gegenüber, gleich dem Eihälter im Eilei-
ter der Vögel, fehlt den Eileitern der Säugethiere. Sie sind sogar nach dem
Fruchthälter hin
am meisten verengt. Es vertritt vielmehr dieser selbst die Stelle
des Eihälters. Weil er aber
in seinem Bau bedeutend abweicht und dadurch
fähig wird
die Frucht lange zu bewahren und zu ernähren, so haben wir für ihn
die
besondere, schon früher eingeführte Benennung des Fruchthälters beibe-
halten.

Allgemein ist die Muskelschicht in ihm stark entwickelt, und auch derTheil
der grofsen Falte des Bauchfelles, der diesem Theile anhängt, hat eine ansehn-
liche Muskelschicht von deutlichen Längefasern und Queerfasern. Doch scheint
die Muskelschicht in diesem
Fruchthälter - Gekröse (Mesometrium) um so
schwächer, je weniger dick sie im Fruchthäller selbst ist und je mehr dieser
ein darmförmiges Ansehen hat. Es
ist nämlich zu allgemein bekannt, als dafs ich
länger dabei
verweilen sollte, dafs der Fruchthälter von der birnförmigen, ge-
schlossenen Form, die er im Menschen hat, durch die langgezogene Form in den
Quadrumanen, eine mehr dreieckige bei den Faulthieren und Zahnlosen zu einer
gespaltenen, so dafs lange darmförmige Aeste nur einen kleinen Mittelkörper ha-
ben, und endlich zu einer völligen Theilung in zwei Fruchthälter (bei Haasen) in
den
verschiedenen Thieren übergeht.

So ähnlich auch die Graafschen Bläschen in den Eierstöcken der Säuge- Ei im
thiere den Kapseln im Eierstocke der Vögel und Reptilien sind, so ist der Inhalt Et"f.°ivPr
doch verschieden. p,g- 13-

In diesen Kapseln (Taf. IV. Fig. IS. c. cZ.) liegt bei den Säugethieren vor der
Eröffnung eine durchsichtige eiweifsreiche Masse von einer sehr zarten Hülle
(e)
umgeben, die aber nicht so dünn ist, wie die reife Dotterhaut der Vögel, son-
dern einige Dicke und ein körniges Gefüge hat, wie die Dotterhaut der Vögel
lange vor der Reife (§. 3. e.). Ich habe sie deshalb
Körnerhaut (Membrana
granulosa
) genannt, obgleich ich eine ursprüngliche Uebereinstimmung mit
der Dotterhaut anerkenne. In so weit steht der Inhalt der Kapsel zu dem Eier-
stocke noch in demselben Verhältnisse wie beim Vogel, und man könnte ihn das
Ei nennen.

Allein nicht dieser ganze Inhalt wird zur Frucht, denn er ist nicht die Dot-
terkugel , sondern mehr. Zwar enthält die Flüssigkeit innerhalb des erwähnten
Häutchens ziemlich viele Kugelchen und unterscheidet sich darin von dem Eiweifs

Z 2

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der Vögel, aber die Kügelchen sind weniger zahlreich und viel weniger gefärbt,
als in den Dotterkugeln aller bisher erwähnten Thiere. Dagegen befindet sich
in dieser Substanz ein
ungemein kleines Kügelchen (Ii), das bei Hunden, wo ich
es am gröfsten und deshalb mit blofsen Augen sichtbar fand, je nach der Reife
nur einen Durchmesser von — Linie 1) hat. In diesen Thieren und ih-
ren nächsten Verwandten ist es auch lebhaft gelb gefärbt. Weniger gefärbt fand
ich es bei allen andern untersuchten Thieren. Diese Dottermasse ist von einer
ziemlich dicken und festen Haut umschlossen, die von der Dottermasse deutlich
gesondert ist. Auch scheint die Dottermasse nicht das ganze Bläschen auszufül-
len, denn beim Zerreifsen mit der Nadel glaubte ich mit Bestimmtheit eine innere
kleine Höhlung zu erkennen. Diese kleine Dotterkugel hat zu der allgemeinen

Flüssigkeit des Graafschen Bläschens dasselbe Lagerungsverhältnifs, wie das
Keimbläschen zu der Dottersubstanz im Ei der Vögel und Reptilien; denn sie
liegt auch nicht unmittelbar in jener Flüssigkeit, sondern wird von einer fest an-
hängenden körnigen Masse umhüllt, die heller als der Dotter selbst, aber bedeu-
tend dunkler als die umgebende Flüssigkeit ist
(g). Diese Masse ist offenbar der
Keimschicht des Vogel- und Reptilien-Eies analog und hat die Form eines um-
gekehrten breitrandigen Hutes, indem eine ansehnliche, flache
Keimscheibe und
ein
Keimhügel, in dessen Höhlung die Dotterkugel liegt, sich unterscheiden las-
sen. Vermittelst der Keimscheibe, die an der früher erwähnten Hülle vom In-
halte des Graafschen Bläschens anliegt, wird die Dotierkugel auch
gegen diese
Haut angedrängt, so dafs sie, wenn die Kapsel sich öffnet, nothwendig heraus-
gedrängt wird 2). Das Verhältnifs des Keimhügels zu der Keimscheibe fand ich
in den verchiedenen Familien verschieden.

Man sieht aus dieser ganzen Darstellung, dafs die Dotterkugel der Säuge-
thiere zu dem übrigen Inhalte der Kapsel in demselben Lagerungsverhältnisse

2  Man mufs daher, wenn man die Dotterkugeln und besdnders solche , die mit unbewaffnetem
Auge wenig oder gar nicht sichtbar sind, untersuchen will, die Kapseln unter Wasser in einem
kleinen Gefäfse, etwa einem Uhrglase, öffnen und dann den ausgetretenen Inhalt mit dem Mi-
kroskope durchsuchen.

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steht, wie das Keimbläschen im Ei der Vögel und Reptilien 1). Es scheint in
der
That ein höher entwickeltes Keimbläschen, das, statt ganz kleiner fast
durchsichtiger Körnchen, wie das Keimbläschen des Vogel-Eies, grofse, ausge-
bildete und gefärbte Dotterkörner enthält, wogegen die umgebende Masse, die
inv Vogel beim Reifen des Eies zum Dotter wird , hier nicht viel über die Beschaf-
fenheit einer blofsen Lymphe hinausgeht. Erinnern wir uns nun, dafs in den
Keimbläschen der spätgebärenden Eidechsen und Schlangen (§. 8. c.) eine deut-
liche, gelbliche Schicht von Dotterkörnern bemerkt wurde, so hat man eine all-
mählige Gradation und kann nicht zweifeln, dafs die Dotterkugel der Säugethiere
eine höhere Entwickelung des Keimbläschens ist. In jenen Thieren hat das Keim-
bläschen nur eine blasische Schicht von Dottersubstanz, in diesen ist es zu einer
Dotterkugel mit kleiner Höhlung geworden.

Mit dieser höhern Entwickelung mag es zusammenhängen, dafs während
das Keimbläschen der spätgebärenden Reptilien, so viel ich beobachten konnte,
beim Austritte des Eies aus dem Eierstocke eben so sich auflöst, wie das Keim-
bläschen der Vögel, die Dotterkugel der Säugethiere fortbesteht und sich zum
Ei
entwickelt,
wogegen die umgebene Masse hier verloren geht 2).

Ich habe nach diesen Erfahrungen die Frage aufgeworfen: ob nicht die
stärkere Entwickelung der Dotiersubstanz im Keimbläschen mit dem längern Ver-
weilen des Embryo im mütterlichen Körper in ursachlichem Verhältnisse
steht 3) ? habe aber später eine Beobachtung gemacht, die mir Zweifel erregt.
Im Störe nämlich ist der Inhalt des Keimbläschens auch sehr consistent, ein wirk-
licher Körper
und stark gefärbt, zwar nicht gelb, sondern nach der Färbung des
gesammten Eies dunkelbraun. Sollte der Stör etwa seine Jungen im Leibe aus-
bilden? Es hat nicht viel Wahrscheinlichkeit, da ihre Anzahl sehr grofs und
die Wege zum Austritte sehr weit und wenig geeignet scheinen, die Brut zurück-
zuhalten.

Zur Paarungszeit vergröfsern sich ein oder mehrere Kapseln, je nach der Forllei~
Productionsfähigkeit des Thiers, und drängen schon deshalb gegen die Oberfläche
Eies. "

1 Coste belichtet jedoch, in dieser Dotterkugel der Säugethiere noch ein Keimbläschen ge-
funden zu haben. Ich habe die Untersuchung noch nicht wieder vornehmen können. Schon
vor 4 Jahren sah
ich allerdings in einem Schaaf-Ei, 45 Minuten nach der Befruchtung, etwas
Helles, das ich aber für die durchscheinende Dotterhöhle hielt. Das Ei lag noch im Eier-
stocke.

2  Ausführlicher habe ich von dem Ei im Eierstocke gehandelt in dem Sendschreiben: De ovi
mamrr^alium genesi,
und in Heusinger\'s Zeitschrift für Physiologie Jahrg. 3827. S 568.
u. folg.

3 **♦) Meckel\'s Archiv für Anat. und Physiologie. 1827. S. 575.

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des Eierstockes. Nach der Befruchtung vermehrt sich diese Wucherung rasch,
bis die Kapseln sich eröffnen, was bei einigen Säugethieren schon nach wenigen
Stunden (beim Schaaf), zuweilen aber, wie beim Hunde, besonders für die spä-
ter sich öffnenden Kapseln erst nach mehreren Tagen geschieht 1). Diese Eröff-
nung scheint besonders dadurch veranlafst, dafs die innere Schicht der Kapseln
stark wuchert, sich von der äufsern mehr löst und nun, im Räume beschränkt,
den Inhalt der Kapsel gegen die dem Drucke nachgebende Narbe drängt. Zu-
gleich aber veranlafst die Befruchtung eine Turgescenz des Eileiters mit vermehr-
tem Blutandrange auf derjenigen Seite, wo eine Kapsel reift, odör auf beiden Sei-
ten , wenn in beiden Eierstöcken sich dergleichen finden. Die Eileiter krümmen
sich bei dieser Turgescenz noch mehr
gegen die Eierstöcke, die Beutel vertiefen
sich und nähern sich der Form der umschliefsenden Säcke, wenn sie dieselbe
nicht schon früher hatten, und der Trichter umfafst, indem er sich in sich selbst
faltet, in der Regel wenigstens, den gesammten Eierstock, nicht eine einzelne
Kapsel, wie beim Vogel und den Reptilien; doch ist bei den durch einen Sack
umhüllten Eierstöcken die Oeffnung des Trichters zuweilen so eng, dafs man
glauben möchte, er ginge von einer Kapsel zur andern über,
worin er von dem
Sacke leicht unterstützt wird. In diesen Thieren kann man natürlich das Um-
fassen nicht sehen, allein bei andern ist es schon oft beobachtet, und ich kann nach
zahlreichen Erfahrungen versichern, dafs das Umfassen länger wahrt als man ge-
wöhnlich glaubt , in Schweinen bleibt der Eierstock in der Regel gegen vier Wo-
chen lang umfafst j in Schaafen fast eben so lange 2).

Bei der Entleerung wird zuweilen in die Höhlung der Kapseln Blut ergos-x
- sen. Immer wuchert die innere Haut derselben rasch fort, und indem sie sich
verdickt, füllt sie nicht nur den entstandenen leeren Raum aus, sondern, da sie
ein Sack ist, so drängt sich der die Narbe umgebende Theil über die Oberfläche
des Eierstockes hervor3). Sie ist in diesem Zustande stark geröthet, und der
vorragende Theil bildet daher ein blutrothes Knöpfchen. Er behält einige Tage
hindurch die Oeffnung. Darauf vernarbt diese, es ist dann noch ein Rest der
innern Höhlung da, der sich aber auch bald füllt und statt des Graafschen Blas-

1  Einmal fand ich in einem Hunde acht Tage nach der Befruchtung eine Kapsel noch nicht ge-
öffnet, aber doch im Reifen begriffen.

2  Ich habe daher dieses Umfassen bei Untersuchung jüngerer Embryonen sehr oft gesehen. Die
- Queerfalten, in welche sich der Eileiter legt, waren mir besonder? merkwürdig. Sie zeigen,
dafs er sich wirklich an den Eierstock ansaugt.

3 **.*) Im Durchschnitte abgebildet Taf. IV. Fig. 12, a. Die übrigen gelben Körper dieser Abbildung
sind theils völlig ausgebildet, tbeüs schon verschrumpft,

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chens liat man nun einen festen etwas vorragenden Körper, den man den gelben
Körper (Corpus luteum)
genannt hat, weil beim Menschen, auch in einigen
Säugethieren, wie in der Kuh, seine Farbe bald gelb wird. In vielen Säugethie-
ren bleiben diese Massen jedoch während der ganzen Tragezeit stark geröthet, im
Kaninchen
sind sie nur weifslich. In der letzten Zeit der Schwangerschaft neh-
men sie ab und erst nach der Geburt werden sie klein und unansehnlich. Man
sieht leicht, dafs die Festigkeit de» Keimlagers den geöffneten Kelch nicht zusam-
mensinken und verschrumpfen läfst, wie bei Yögeln und Reptilien, und deshalb
die Kapsel so lange wuchert, bis die Lücke ausgefüllt ist. In der That nehmen
in den Vögeln die entleerten Kapseln zuweilen die Form des gelben Körpers der
Säugethiere an, besonders wenn die Narbe, wie zuweilen geschieht, wieder ver-
wächst. Aber auch wenn die Narbe nicht verwächst, zeigt der verschrumpfte
und ganz klein gewordene Kelch, indem er sich gelb färbt, eine auffallende
Aehnlichkeit mit einem nicht geschlossenen, in der Bildung begriffenen, aber
sehr kleinen, gelben Körper der Säugethiere. (Vergl. Taf. III. Fig, 1. No. 4.)

Bei Eröffnung der Kapsel zerreifst jedesmal die den Inhalt umschliefsende
allgemeine Körnerhaut, weil die Narbe zu eng ist, um das Ganze auszulassen.
Es gehen also Stücke derselben mit dem eiweifsähnliehen Inhalte ab und nur die
kleine Dotterkugel kommt unversehrt in den Eileiter. Die letztere ist sogar noch
von ihrer Keimschicht umgeben, die sich nur langsam zu lösen scheint, denn ich
fand sie noch in dem Eileiter am Eie haften. Da die Keimschicht im Verhältnis
zum Eie eine
ansehnliche Ausdehnung hat, so ist das letztere mit dieser Umge-
bung leichter kenntlich als ohne sie. Hierin liegt ohne Zweifel der Grund, war-
um die Eier in den Eileitern einige Zeit nach dem Eintritte noch schwerer zu fin-
den sind, als gleich nach demselben, besonders wenn die Eier schon ursprüng-
lich wenig gefärbt waren. Dennoch ist es auf keine Weise zu bezweifeln, dafs
die
Dotterkugeln, ohne aufgelöst zu werden, durch den Eileiter bis in den Frucht-
hälter geführt werden. Die Eier der Kaninchen haben Graaf und Cruik-
shank mehrmals in den Eileitern gesehen. Die ziemlich gefärbten und deshalb
als dunkle Pünktchen kenntliehen Eier des Hundes haben Prevost, Dumas und
ich eben daselbst
gesehen. Ich fand sie nur etwas vergröfsert und aufgelockert
gegen-die Form, die sie im Eierstocke hatten. Eben so fand ich das Ei eines
Schaafes vor dem Ende des ersten Tages. Die Keimschicht war sehr aufgelockert
und verringert.

Schon im Eileiter wird, während das Ei durchgeht, etwas mehr Feuchtigkeit
ergossen, als gewöhnlich.

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So kommt es in den Fruchthälter. Es ist noch immer eine blofse Dotter-
kugel y doch scheint der Dotter schon etwas Feuchtigkeit aufgesogen zu haben,
da er weniger gefärbt ist. Die Haut, die den Dotier umgiebt, ist zwar ziemlich
dick, doch, wie der Erfolg lehrt, nur Oberhaut zu nennen. Es liegt
wenigstens
bei Hunden und Schaafen noch ein ganz unregelmäfsiger Stoff darauf, den man
für einen Rest der Keimschicht ansehen mufs. Unter der Dotterhaut ist wahr-
scheinlich ein Keim, denn die Dottersubstanz klebt nicht an der Oberhaut an, und
das Mikroskop läfst auch erkennen, dafs an der Oberfläche die Dotterkörnchen
continuirlich zusammenhängen. Das ist der Charakter eines Keimes. Ich zweifle
daher nicht, dafs die Eier der Säugethiere, entweder gleich beim Eintritt in den
Fruchthälter oder bald
darauf, einen selbstständigen Keim haben. Ob er schon
anfänglich den ganzen Dotter umgiebt, ist durch die Untersuchung zu bestimmen
wohl kaum möglich; doch ist gewifs, dafs, so wie der Dotter genug verflüssigt
ist, um den Keim deutlich zu sehen, (im Schweine nach 8 Tagen, im Kanin-
chen etwas früher, im Hunde ungefähr auch so, obgleich bei diesem mit vielem
Schwanken in der Zeit), er mit Einschlufs der Keimhaut eine geschlossene Blase
ist. Bei der geringen Quantität Dottersubstanz läfst sich vermuthen, dafs er ziem-
lich von Anfange an eine Blase seyn werde *).

Die Dottersubstanz nämlich verflüssigt sich allmählig, indem das Ei Feuch-
tigkeit einsaugt und dadurch gröfser wird, und ich glaube nicht zu irren, wenn
ich behaupte, dafs jedes Dotterkörnchen Feuchtigkeit einsaugt und eben dadurch

sich in mehrere kleinere und hellere Körnchen auflöst. So viel ist gewifs, dafs
man, sobald der gröfste Theil des Dotters genug aufgelöst ist, um den Keim jjals
Sack sehen zu lassen, man an der Fläche dieses letztern helle Dotterkörnchen,- in
kleine Häufchen vertheilt, anhaftend findet, und zuweilen glaubte ich zu sehen,
dafs ein solches Häufchen von einem sehr zarten Strich umgeben sey, als ob je-
des Häufchen noch von einer gemeinschaftlichen Masse zusammengehalten
würde **).

Die Eier werden in der ersten Zeit im Fruchthälter durch Contractionen
desselben
frei umher bewegt. Die dahin "Wirkenden Contractionen des Frucht-
hälters , unterstützt von Contractionen des
Mesometriums , kann man an eben

__aus-

*) Man hat es Herrn Goste zum Verdienst angerechnet, diese Form des Keimes zuerst erkannt
zu haben, allein ich habe bereits in Heusinger\'s
Zeitschrift Bd. II. S. 174. mich dafür aus-
gesprochen, aber freilich als über ein Verhältnifs, das schwerlich mit Bestimmtheit sich nach-
w isen läfst.

**) Diese Beobachtung ist neuer als die früher von mir bekannt gemachte, wo ich keine Spur von
einer Hülle gefunden hatte.

l. Beschaf-
fenheit des
Eies wenn es
in den
Fruchthälter
kommt.

rn. Verflüs-
sigung des
Dotters.

-ocr page 193-

ausgeschnitenen, tragenden Fruchthältern ungemein deutlich sehen. Ich habe
sie an Schweinen, Schaafen, Hunden und Kaninchen beobachtet. In dem
Fruchtliälter des Schweines dauern sie, wenn man ihn in warmes Wasser hält,
wohl zwei Stunden.

Der Reiz, den das Ei auf die innere Fläche des Fruchthälters ausübt, er- ^""S

ai 11 t c\'er aursern

zeugt einen Andrang des Blutes nach der Schleimhaut desselben; die Gefäfsnetze Eihaut und
in ihr werden voller, zugleich aber wird eine Flüssigkeit ergossen, welche reich desElweifs{
au Eiweifs ist. In der That unterscheidet sich diese Flüssigkeit von dem Ei-
weifs, womit das Vogel-Ei umgeben wird, nur darin, dafs sie reicher an Was-
ser ist und deshalb als Flüssigkeit sich zeigt. Unterdessen hat aber der Frucht-
hälter, wohl durch die stärkere Turgescenz veranlafst, wenn er mehrere Eier
enthält, zwischen ihnen sich stärker zusammengezogen.

So werden die einzelnen Eier mit ihrem Eiweifs von einander getrennt,
die Stellen aber, in denen das Ei liegt, werden durch die ergossene Feuchtigkeit
ausgedehnt, und so bilden sich gleichsam Nester für die Eier.

Das Ei besteht nur noch aus der Dotterkugel, die immerfort aus dem um-
gebenden Eiweifs die flüssigen Theile anzieht und dadurch rasch wächst, sobald
der Dotter flüssig ist.

Indem das raschere Wachsthum des Eies beginnt, das Eiweifs dadurch
an Flüssigkeit verliert, umgiebt es sich bald mit einem Häutchen, das ganz dicht
am Eihälter anliegt. Diese Bildung ist völlig wie in Vögeln, und das Häutchen
ist also die
äussere Eihaut (Membrana ovi externa) 1), und nun erst ist das
Ei vollständig und plötzlich viel gröfser als vorher.

Ich habe die Bildung der äufsern Eihaut in Schweinen und Schaafen nach
allen Momenten verfolgt. Bis zum dreizehnten Tage sieht man bei jenen in der
Regel keine Spur davon. An diesem Tage ist auch noch nichts nach Eröffnung
des Fruchthälters zu erkennen. Allein wenn man den geöffneten Fruchthälter
in kaltem Wasser liegen läfst, so bemerkt man an seiner innern Fläche ein unge-
mein dünnes Häutchen anliegend, das ungefähr so aussieht, wie der Ueberzug,
den jede Masse Eiweifs im Wasser erhält und nur in ganz kleinen Stückchen
sich abtrennen läfst. Am nächsten Tage erkennt man schon das Häutchen, wenn

1  Das heifst der Sch aalen haut des Vogel - Eies analog. So habe ich diese Haut der Säugethier -
Eier auch früher genannt. Allein da doch keine wirkliche Schaale sich bildet, scheint es mir
besser , die Haut im Allgemeinen äufsere Eihaut und für die Vögel eine besondere Schaalenhaut
zu nennen. Diese äufsere Eihaut ist B u r d a ch \' s
Exoch or io n, eineName, den man annehmen
kann, wenn es sicher ist, dafs sich uberall auch im Menschen ein zweites Blatt anlegt. Doch
kann dieser Name immer nur für die Säugethiere und einige Reptilien gelten. Dieselbe Haut
ist in den niedern Thieren , bildet daselbst aber kein wahres Chorion.

IL A a

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man in,\'den Fruchthälter eine sehr kleine Oeffhung schneidet, allein es zerreifst
nothwendig und fällt zusammen, wenn man den Fruchthälter auch noch so we-
nig auseinander biegt. In zwei Tagen bekommt es indessen so viel Consistenz,
dafs man nun das Ei mit seiner äufsern Eihaut herausnehmen kann.

Aus dem Gesagten wird es leicht ein sichtlich, woher es kam, dafs Hal-
ler das Ei plötzlich so grofs fand.

Freilich hätte er den innern Theil des Eies, den Dotter mit seiner Hülle
nicht übersehen sollen. Allein dieser hat unterdessen in den Hufthieren eine Me-
tamorphose erlitten, welche ihn sehr leicht unkenntlich machen konnte. Er zieht
sich nämlich so sehr in die Länge, dafs er dadurch einem überaus zarten Faden
gleich
wird. Im Schweine beginnt die Verlängerung am Ilten oder 12ten Tage,

und am 13ten oder I4ten hat zuweilen der Dotter schon 20, die unglaubliche
Länge von 30 Zoll erreicht. Ich würde in der That diese Verlängerung selbst
nicht glauben, wenn ich sie nicht aufserordentlich oft, wohl in hundert Eiern
gesehen und wenn ich nicht den Mechanismus gefunden zu haben glaubte, durch
welchen das Ei ausgezogen wird. Der Fruchthälter aller Hufthiere hat nämlich
innere Vorragungen, in den Wiederkäuern jene napfförmigen Höcker, in den
Dickhäutern zahllose Falten von verschiedener Gröfse, welche tief in die enge
Höhlung hinein ragen und bei den Bewegungen des Fruchthälters den verlänger-
ten Dottersack fassen und gleichsam ausspinnen 1). Die ausgesponnenen Fäden
liegen aber nicht grade ausgestreckt, sondern sind
sehr mannigfach gewunden

und gekrümmt. Eine Folge davon ist, dafs das gesammte Ei, wenn die äufsere
Haut gebildet ist, bei weitem nicht die Länge des für die Messung grade ausge-
streckten Dotters oder Dottersackes hat. — Dafs diese langen Enden (Taf. IV.
Fig. 27.) in Bezug auf ihre Entstehung mit den
Hagelschnüren verwandt sind,
ist eben so offenbar, wie die Verschiedenheit, die darin liegt, dafs sie aus der Dot-
terkugel selbst hervorgezogen sind.

Doch ich sehe, dafs der Wunsch, Ihnen gleich von vorn herein das Räth-
sel zu lösen, wie es gekommen, dafs Ha
11 er das Ei, welches er mit soviel
Ausdauer in Schaafen suchte, so lange nicht finden konnte und dann plötzlich
ein sehr grofses Ei traf, mich ganz von meinem Gegenstande ab - und in eine Ein-
zelheit verlockt hat, welche mehr in spätere Vorträge gehört, in welchen wir die
Differenzen des Eies der Säugethiere und die Art wie die einzelnen Formen sich
ausbilden, verfolgen wollen. Jetzt kommt es nur darauf an, das Gemeinsame

1  Eben diese Vorragungen machen es auch völlig unmöglich, die äufsere Haut unverletzt zu er-
halten ,
so lang\'e sie noch sehr zart ist.

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same aller Eier der Säugethiere und ihr Yerhältnifs zum Ei der Vögel zu
finden.

Ich wurde aber in den Abstecher verführt, indem ich berichtete, wie ich
die Entstehung der äufsern Eihaut in den Hufthieren verfolgt habe. In den kur-
zen und vom Fruchthälter eng umschlossenen Eiern des Hundes und des Kanin-
chens bin ich noch nicht so glücklich gewesen, diesen Vorgang zu sehen, und
da ich an diesen Eiern, so lange sie lose im Fruchthälter liegen, zwei einander ein-
schliefsende Säcke erkannte, später, wenn sie vom Fruchthälter eng umschlos-
sen sind, ebenfalls zwei in einander liegende Säcke, von denen der äufsere deut-
liche , schnell wachsende Zotten hat, so war ich geneigt zu glauben, die äufsere
aus dem Eierstock mit herüber gekommene Haut sey eben die spätere äufsere
Eihaut, die jetzt Zotten bekomme, in welchem Falle dann Dotterhaut und äufsere
Eihaut hier identisch seyn würden. Allein, da bei aller Verschiedenheit in der
äufsern Form die constituirenden Theile des Eies der Säugethiere sonst gleich
sind, könnte man es wohl wahrscheinlicher finden, dafs in den genannten Eiern
die äufsere Haut ebenfalls sich neu bilde, freilich um eine sehr geringe Quantität
flüssigen Eiweifses. Eben diese geringe Quantität und die enge Umschliefsung
des Fruchthälters macht die Beobachtung der allmähligen Ausbildung fast unmög-
lich , und ich habe, nachdem ich sehr viele Eier von Hunden aus dieser Periode
untersucht habe, nur zu dem Resultate gelangen können, dafs die zottentragende
Haut ungemein eng am Fruchthälter anlag, wie die äufsere Eihaut der Hufthiere.,
Dafs aber, auch wenn sich keine neue äufsere Eihaut in den genannten Eiern fin-
det, die Differenz doch nur sehr gering ist, läfst sich leicht zeigen.

Wir hörten so eben, dafs sich die äufsere Eihaut der Hufthiere grade so
bilde wie im Vogel, nämlich als Ueberzug über eine Quantität Eiweifs. Ein Un-
terschied besteht nur darin, dafs in den Säugethieren das Eiweifs bedeutend mehr
Wasser enthält. Wir erinnern uns ferner, dafs das Ei des Hundes, wenn es in
den Fruchthälter kommt, wie alle andere Säugethier - Eier eine äufsere Haut hat,
die wir Oberhaut genannt haben. Wenn nun diese Oberhaut das flüssige Eiweifs
hinlänglich durchlassen sollte, so dafs es sich unter ihr sammelt, so kann sich gar
keine Oberhaut für dafs Eiweifs bilden; es hat ja schon eine Bekleidung. Da
nun für das Ei der Raubthiere und der Nager in der That nur wenig flüssiges Ei-
weifs erzeugt wird, da ferner ihr Fruchthälter so gebaut ist, dafs er frühzeitig
das Ei umschliefst, so wäre es wohl möglich, ja ich finde es wahrscheinlich, dafs
dann diejenige Haut, welche das Ei als Oberhaut mitnimmt, äufsere Haut des Eies
wird, oder eigentlich
bleibt. Es käme also nur auf den Beweis an, dafs sich
wirklich Eiweifs unter der Oberhaut sammelt. Dieser Beweis ist aber leicht ge-

Aa 2

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führt. Zuvorderst steht in den Eiern der Raubthiere und Kaninchen, so bald sie
einige Zeit im Fruchthälter gelegen haben, die Oberhaut entschieden weiter vom
innern Sacke ab, als in den Eiern der Hufthiere. Wenn man ferner ein Ei vom
Hunde oder Kaninchen, so lange es frei im Eileiter liegt und ehe es wahre Zotten
trägt, in reines Wasser legt, so entfernt sich rasch der innere Sack der Keimhaut
von dem Sacke der Oberhaut, als Beweis dafs hier Etwas ist, welches Wasser
anzieht. Was kann dieses Etwas seyn als Eiweifs ? Anders ist es bei den Huf-
thieren. Hier ist die Masse der ergossenen Flüssigkeit sehr grofs — sie kann nicht
von der Oberhaut eingesogen werden. Hier ist überdiefs die Keimhaut zarter,
und was die Oberhaut aufgenommen hat, geht fast sogleich durch die Keimhaut
in den Dotter über,
der aber in keinem Thiere so stark die umgebende Feuchtig-
keit aufnimmt, dafs nicht das meiste zurückbleiben sollte. Diese Masse von ei-
weifshaltigem Wasser wird sich nun allmählig mit Oberhaut d. h. für das Ei mit
einer äufsern Eihaut bedecken, wie das dickere Eiweifs der Yögel und Fische in
viel kürzerer Zeit.

Ich habe mich hierbei etwas lange aufgehalten, um es recht anschaulich
zu machen, dafs die Verschiedenheit aufs er ordentlich klein, ja fast gar keine
ist, wenn auch das Ei einiger Säugethiere eine neue Oberhaut erhält, das Ei an-
derer aber seine frühere Oberhaut behält. Dem Ei ist es gleichgültig, (erlauben
Sie mir diesen
Ausdruck,) wie es zu seiner äufsern Eihaut gelangt, ob die ur-
sprüngliche bleibt, wie ich von den Hunden noch immer glauben möchte, oder
ob ein darüber gegossenes Eiweifs sich eine Oberhaut bildet. Die äufserste dieser
Oberhaut hat für das Ei immer dieselbe Bedeutung, sie ist seine äufsere Ei-
haut *).

Welchen Ursprung nun auch die äufsere Eihaut der Säugethiere haben mag,
sie hat in allen Formen dieselben Eigenschaften, die der Schaalenhaut des Vogel-
Eies zukommen, ausgenommen dafs jene, immer in Feuchtigkeit gebadet und sie
durchlassend, nicht so trocken ist, als die Schaalenhaut des Vogel-Eies. Sie ist
immer, so lange nicht aus dem Eie ein mit Blutgefäfsen versehener Sack an sie
heran tritt, völlig gefäfslos; sie entwickelt Zotten, wenigstens ohne Ausnahme
an den Stellen, wo sie mit solchen Stellen des Fruchthälters, die nicht ganz glatt

Schon Burdach hat die Dotterhaut und die Schaalenhaut, oder wie man sonst die Ober-
haut des Eiweifses nennen will, gewifs sehr richtig, als blofse Oberhäute d.h. als Häute dar-
gestellt, die nur durch die Massen Bedeutung erhalten, die unter ihnen hegen. Sie sind die
geronnenen Oberflächen derselben. Die Franzosen dagegen scheinen sie als etwas sehr Wesent-
liches zu betrachten.

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sind *) oder mit dessen Ueberzuge in Berührung kommt. Es sind sogar dünne
Zipfel an den Enden des Eies von Hufthieren, die später als überflüssig abgesto-
ßen werden , mit Zotten besetzt. Die Zotten sind Verlängerungen ihrer Sub-
stanz und zeigen bei starker Vergröfserung einen undeutlich zelligen Bau, wobei
man nicht an hohle Räume denken mufs, sondern mehr an einen Wechsel in der
Dichtigkeit der Substanz. Wenn die äufsere Eihaut von Blutgefäfsen erreicht
wird, so bilden sich Gefäfsnetze in diesen Zotten, und ohne Blutgefäfsnetze ent-
wickeln sich die Zotten nicht sehr. Doch davon später bei Gelegenheit des Cho-
rions. Es scheint ferner allgemein, dafs die äufsere Eihaut aus zwei Blättern be-
steht, wenigstens von dem Momente an, wo sie Zotten entwickelt, denn ein
Blatt geht continuirlich unter den Zotten weg. Das äuferste Blatt bildet aber
auch nicht allein die Zotten, sondern nur deren Oberfläche, der Körper oder das
Innere der Zotten besteht vielmehr aus einer Masse, die sich erst allmählig zwi-
schen beiden Blättern sammelt, was man besonders deutlich an den Zotten des
Eies von Wiederkäuern sieht. So kann man eigentlich drei Lagen in der äufsern
Eihaut erkennen, wo sie\'in
starker Entwicklung begriffen ist, und nur wenn die
mittlere Lage ganz unentwickelt bleibt, wie in den äufsersten Zipfeln des Eies
der Hufthiere, kann man mit Bestimmtheit nur die beiden andern erkennen.

Es gehört ferner zu den allgemeinen Eigenschaften der äufsern Eihaut, dafs
sie immerfort die Flüssigkeit durchläfst, welche der Fruchthälter zur Vergröfse-
rung des Eies hergiebt, und dafs unter ihr aus der. durchgelassenen Flüssigkeit
sich eine Lage festeren Eiweifses sammelt. Hierdurch wird sie der Schaalenhaut
der Vögel noch ähnlicher. Ich habe diese Schicht Eiweifs sogar in solchen Eiern
deutlich gesehen, in denen später an die ganze innere Fläche der äufsern Eihaut
der Harnsack sich anlegt, wodurch diese Lage Eiweifs verdeckt wird. Wenn
in Hunden der Harnsack die äufsere Eihaut so ebenerreicht hat, so sieht man eine
dünne, aber deutliche, glänzende Schicht Eiweifs unter der äufsern Eihaut. In
den Eiern der Hufthiere ist sie viel stärker.

Wo die äufsere Eihaut als Oberhaut einer äufsern Masse Eiweifs sich bil- <>■ Dotier-
det, liegt nothwendig die ehemalige Oberhaut des Eies tiefer im Innern auf der
Schwinden
Dotterkugel und verdient den Namen Dotterhaut. Sie löst sich, so wie der Em-derselben"
bryo und Dottersack sich scheiden, und verschwindet.

Kaum ist der Dotier so weit verflüssigt, dafs er einige Durchsichtigkeit (>• Ers£e
hat; so erkennt man auch schon, dafs der sackförmige Keim sich in zwei sehr Embryo"

Ich konnte nämlich keine Zotten zwischen den werdenden Fruchtkuchen auf dem Eie der Wie-
derkäuer finden — und diesen Stellen gegenüber
ist der Fruchthälter ganz glatt.

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ungleiche Theile, einen kleinern, mittlem, den Embryo, und einen viel gro-
fsern , umgebenden, die Keimhaut, geschieden hat. Der Theil, welcher Em-
bryo werden soll, ist Anfangs kreisförmig, bald wie ein Schild erhoben, ver-
dickt und ganz durchsichtig, ohne weitere bemerkliche Organisation und sehr
früh kenntlich, beim Schwein am toten Tage, also lange vor
der Verlängerung
der Dotterkugel, beim Hunde, sobald der Dotter genug verflüssigt ist, um den
Keim deutlich zu unterscheiden. Später wird er länglich und es bildet sich in
ihm ein Streifen aus etwas dunklerer Masse. Dieser Streifen, der das eine Ende des
Schildes fast völlig erreicht, vom andern aber bedeutend absteht, ist, wie der Er-
folg lehrt, dem
Primitip streifen im Vogel-Embryo analog. Wir werden die
Entwickelung des Embryo später von ihm aus untersuchen und wollen jetzt nur,

die Bildung der Eihüllen weiter verfolgend, bemerken, dafs er sich eben so wie
der Primitivstreifen des Vogels queer auf der Längenachse des Eies und also auch
des Fruchthälters zeigt.

Kaum hat der Embryo sich zu bilden angefangen, so schnürt er sich von
der übrigen Keimhaut durch Einleitung einer Nabelbildung ab, und wir haben
also einen Embryo und einen Dottersack.

Da ich diese Entstehungsweise in Hunden, Kaninchen, Schweinen und
Schaafen verfolgt habe, so scheint es mir ganz überflüssig, noch zu erklären, dafs
der Dottersack mit dem Darme durch einen Dottergang in Verbindung steht. Dot-
tersack und Darm sind so gut wie im Vogel ursprünglich dasselbe, oder zwei. Ab-
theilungen vom vegetativen Theile des Keims, die sich durch Abschnürung von
einander sondern, aber durch den Kanal der Abschnürung, den Dottergang,
noch längere Zeit mit einander in Verbindung bleiben. Es darf also nur die Frage
aufgeworfen werden, wie lange diese Verbindung besteht? Hierauf kann man
im allgemeinen antworten: um so länger, je gröfser der Dottersack in den ver-
schiedenen Familien wird; denn nach der allgemeinen Eigentümlichkeit des
Säugethier-Eies, dafs es, je älter um so gröfser wird, wächst auch der Dotter-
sack, selbst im Menschen wenigstens einige Zeit. Bei keinem Säugethiere aber
ist der Dottergang im Augenblicke des Austrittes aus dem Ei offen wie beim Vo-
gel, weil in keinem der Dottersack in den Leib des Embryo tritt,
sondern mit
den Eihäuten abgestofsen wird, wenn er nicht schon früher geschwunden war.

Wie im Vogel, besteht der Dottersack aus einer äufsern Gefäfsschicht und
einer innern Schleimhautschicht, die sich nie vollständig trennen. Die Zotten
der letztern sind zwar nie so grofs als im Vogel, doch bei Säugethieren mit an-
sehnlichem Dottersacke ganz deutlich, ja sogar in dem Nabelbläschen des Men-
schen kenntlich.

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\\

Im Uebrigen sind die Dottersäcke der verschiedenen Familien der Säuge-
thiere in der äufsern Form und in der Gröfse
sehr ungleich, denn obgleich alle
Eier in Form von Kugeln aus dem Eierstocke treten, so werden sie doch als Dot-
tersäcke sehr verschieden. Wir haben schon bemerkt, dafs sie bei Hufthieren
in ausserordentlich lange Fäden mit etwas weiterer Mitte ausgezogen werden.
Nachdem sich die äufsere Eihaut gebildet und der Harnsack an diese angelegt hat,
sterben die dünnen Zipfel ab. Obgleich sie bei sorgfältiger Untersuchung, be-
sonders in Dickhäutern, noch einige Zeit auffindbar bleiben, so sieht man doch
bei Wiederkäuern sehr bald nur die Mitte thätig und mit Blutgefäfsen versehen,
und schnell ist auch von dieser nur noch die Spur zu sehen. Daher kommt es,
dafs man diesen Eiern die
Erythrois abgesprochen hat. Bei Dickhäutern sind
nicht nur die äufsersten Zipfel längere Zeit (beim Schwein bis über vier Wochen)
als abgestorbene Enden zu erkennen, sondern die Mitte ist während der ersten
Hälfte des Embryonenlebens als ein zweizipfliger, von der enthaltenen Dotter-
masse gelb erscheinender Sack, mit Blutgefäfsen überzogen, thätig.

Der Dottersack des Menschen, hier Nabelbläschen genannt, bildet in so
fern einen Gegensatz zu dem Dottersacke der Wiederkäuer, dafs er seine kuge-
lige Gestalt gar nicht verändert, oder höchstens, wenn er aufhört thätig zu seyn,
etwas länglich wird, aber darin stimmt er überein, dafs er auch klein bleibt,
und früh allen Antheil an der Ausbildung verliert.

Der Dottersack der Raubthiere verändert langsam seine Kugelform in eine
ellipsoidische und dann in eine spindelförmige. Allein dieser Dottersack saugt
immerfort Flüssigkeit ein und wird daher sehr grofs, wächst mit dem Eie, bleibt
durch den Dottergang mit dem Darme sehr lange in olfener Communication und
behalt sein reiches Gefäfsnetz bis zur Geburt. Es war daher unvermeidlich,
dafs man aus den Eiern dieser Thiere schon vor Jahrhunderten die Erythrois
kannte.

Noch anders ist es in den Nagern. Der Dottersack wächst so stark mit Tat iv.
ganz flüssig gewordenem Dotter und hat so wenig Neigung sich in Zipfel zu ver- Fis" 20\'
längern, dafs er bei weiterer Yergrofserung nicht an der Bauchseite des Embryo
bleibt, sondern zwischen Amnion und seröser Hülle um das erstere sich herum-
schlägt und über den ganzen Rücken des Embryo fortgeht, bis er endlich wieder
auf der andern Seite am Bauche anlangt, ohne jedoch sich selbst zu erreichen,
woran ihn der zwischenliegen de Fruchtkuchen hindert. Er erlangt also die
Form, die der Harnsack im Yogel annimmt, und ist auch bis zur Geburt
thätig.

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Noch ehe der Embryo sich von dem Dottersacke abgeschnürt hat, ja eigent-
lich ehe noch eine Abschnürung begonnen hat, spaltet er sich in ein animalisches
und ein vegetatives Blatt, die innerhalb des Primitivstreifens an einander haften
bleiben. Die Spaltung ist sogar poch etwas kräftiger als im Vogel, indem der
animalische Theil der Bauchplatten oder die Bauchplatten im engern Sinne sich
nach der Trennung nach oben zurückrollen. Hierdurch wird die Schliefsung des
Amnions so beschleunigt, dafs es schwer gelingt, es in seiner Bildung zu treffen,
dennoch habe ich das Glück gehabt, bei Hunden und noch häufiger bei Schweinen
und Schaafep, den Embryo ganz unbedeckt , dann mit offenem Amnion und zuletzt
mit eben geschlossenem Amnion zu sehen. Hiernach kann ich versichern, dafs
auch dieser Sack sich ganz eben so formt, wie im Vogel. Durch die Bildung des
Amnions wird der übrige Theil vom äufsern Blatte der Keimhaut eben so wie im
Vogel in eine seröse Hülle umgewandelt, welche Amnion und Dottersack um-
schliefst. Das Amnion haftet nothwendig zuerst an der über ihm liegenden serösen
Hülle, dann verlängert sich diese Anheftung meist in Form eines langen und dün-
nen Trichters*) und schwindet zuletzt. Das Amnion liegt nämlich einige Zeit hin-
durch dem Embryo sehr eng an (enger als im Vogel), während die seröse Hülle
sich erhebt. Diese bleibt aber dem Embryo gegenüber (jenseits des Gefäfshofes)
am Dottersacke haften, indem hier (wie im Vogel) längere Zeit hindurch keine
Trennung erfolgt.

Im Dottersacke ist nämlich, eben so wie im Vogel, ein Gefäfshof durch eine
Grenzvene vom Dotterhofe geschieden und die Trennung der Blätter des Dotter-
sackes geht nur etwas über diese Grenzvene. (Vergl. Taf. IV. Fig. 24.) **).

Die seröse Hülle ist bisher im Ei der Säugetliiere gar nicht beachtet wor-
den und doch ist einVerständnifs ohne diese Beachtung nicht möglich. So bemerkt
Cuvier, die äufsere Eihaut, die er Chorion nennt, löse sich am Ei des Kaninchens
auf. Da er nun aufser dem Chorion nur das Amnion, die Allantois und den Dot-
tersack annimmt, so würde daraus folgen, dafs diese Säcke im Ei des Kanin-
chens frei ohne überziehende Hülle wären, was keinesweges der Fall ist. Na-
mentlich scheint es mir, dafs in der Deutung des Menschen-Eies nicht so viel Ver-
wirrung wäre, wenn man auf diese Haut Rücksicht genommen hätte, welche ra-
scher wechselt, als alle andern, und, weil sie mehr passiv als activist, nicht

nur in den verschiedenen Gegenden desselben Eies, sondern auch in kurzen Zeit-

---—- un_

*) Von diesem Trichter ist im Vogel fast nichts zu sehen , weil das Amnion näher an der serösen
Hülle anliegt. Er ist in dem Ei des Schweines (Taf. V. Fig, 1.) sichtbar.

**) In» Menschen trennt sich die seröse Hülle am schnellsten. Auch habe ich auf jeinem kleinen,
Dottersacke noch keine Grenzvene gesehen.

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unterschieden desselben Eies sehr verschieden aussieht. Im Allgemeinen wandert
sie
von dem Dottersacke nach der äufsern Eihaut, mit der sie verwächst, aber wann
und wo sie dort anlangt, hängt vorzüglich von andern Theilen ab, die sie
drängen *).

Das flüssige Eiweifs liegt offenbar zuvörderst außerhalb der serösen Hülle,
aber allmählig dringt es durch diese durch und sammelt sich in ihrem Innern,
weshalb bald die
seröse Hülle an die äufsere Eihaut angedrängt wird und mit die-
ser verwächst, was durch die Schicht von festem Eiweifs unterstützt wird, doch
läfst sie sich so lange erkennen, bis ein anderer blutreicher Sack (die seröse Hülle
ist wie im Vogel ohne alles Blut) sich auch an die äufsere Haut drängt und mit
ihr und der zwischenliegenden Hülle verwächst.
Es tritt nämlich aus der Kloake
des Embryo auch
ein gefäfsreicher Harnsack hervor, der zwischen dem animali-
schen und vegetativen Blatte sich herausdrängt und rasch im Innern der serösen
Hülle sich vergröfsert.

In allen Säugethier-Embryonen wächst dieser Ttarnsack hervor, so lange der
Leib noch zum gröfsten Theile offen ist, und weil er eine Ausstülpung der Kloake
ist,
so besteht er aus zwei Hautschichten, einer innern, die eine Verlängerung
der Schleimhautschieht und einer äufsern, die eine Verlängerung der Gefäfsschicht
ist. In allen Säugethieren nimmt er in dieser äufsern Schicht zwei Aeste der Aorta
und die Enden zweier im untern Rande der Bauchplatten verlaufenden Venen mit
sich. Die ersteren werden die Nabelarterien, die letzteren die Nabelvenen. Es
sind nämlich bei allen Säugethieren wie beim Vogel (§.
7. gg. ) zuerst zwei Nabel-
venen, die anfänglich erst in der Nähe des Herzens sich vereinigen, dann aber,
während die Bauchplatten mit einander verwachsen, ein längeres Stämmchen er-
halten , hinter
dem Nabel aber entweder getrennt bleiben, wie in den Wieder-
käuern, oder, was gewöhnlicher ist, durch eine Anastomose sich vereinen, so
dafs bald die linke Vene die rechte als Ast aufnimmt und nun als einzige Nabelvene
von der linken Seite in den Nabel tritt. Diese Gefäfse werden durch den Harnsack
immer bis an die äufsere Eihaut gehoben und wuchern hier zur Bildung des Cho-
rions und Fruchtkuchens, wie wir sogleich hören werden, auf mannigfache Weise.

Eben so wie im Vogel bleibt der Harnsack mit der Kloake, oder, da diese in
Säugethieren in Mastdarm und Blase sich theilt, mit der letztern in offener Com-
munication. Der verbindende Gang wird in Säugethieren länger als im Vogel.
Die Verbindung wird in denjenigen Säugethier - Formen früher aufgehoben deren

*) Man sieht diese Haut nicht nur in den Abbildungen derTafel^IV, sondern auch derTaf V
bezeichnet, und wird wohl thun , die Erklärung der letztgenannten Tafel einzusehen.

II. Bb

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Harnsack klein bleibt. Im Fiebrigen ist aber die Weiterbildung des Harnsackes
selbst, so wie die Gestalt und Gröfse die er erreicht, sehr verschieden.

Am ähnlichsten dem Vogel-Ei ist diese Weiterbildung des Harnsackes in
den Eiern der Raubthiere. Hier schiebt er sich von der rechten Seite des Embryo
über dessen Rücken fort bis an die linke Seite und würde sich überall selbst errei-
chen. wenn nicht der ansehnliche Dottersack links und unten ihn aufhielte. Den-
noch erreicht er an der Oberfläche des Eies, d. h. an der äufsern Eihaut, wirklich
sich selbst, und es bleibt nur nach innen ein dreiseitiger Raum von ihm nicht aus-
gefüllt, in welchem der Dottersack liegt. In der innern, dem Amnion anliegen-
den Hälfte des Sackes entwickeln sich die Blutgefäfse wenig. Diese innere Hälfte
nannten manche ältere Anatomen die
mittlere Haut (Mc mbr ana medi «), D vi-
tro C h e t aber Endochorion. In der obern, welche mit der äufsern Haut zu
einem Chorion verwächst, wuchern sie dagegen in die Zotten dieses Chorions und
erzeugen die reichen Gefäfsnetze, welche den Fruchtkuchen zusammensetzen. In
beiden Hälften bleiben aber Gefäfshautschicht und Schleimhautschicht völlig an
einander haften wie im Vogel - Ei.

Ganz anders ist es im Ei der Hufthiere. Der Harnsack wächst so wenig
in die Breite, dafs er nicht mit einem doppelten Gewölbe das Amnion überdeckt,
sondern neben ihm liegt. Dagegen wächst er so aufserordentlich in die Länge,
dafs er, so
lang auch das Ei der Hufthiere von der frühesten Zeit an ist, keinen
Raum findet, sondern an beiden Enden die äufsere Eihaut durchreifst und aus ihr
heraustritt. Ueberhaupt hat der Harnsack in den Hufthieren und besonders in den
Wiederkäuern die gröfste Ausdehnung.

Auch lösen sich in den Hufthieren die beiden Blätter, aus denen der Harn-
sack besteht, und die in den Raubthieren wie in den Vögeln stets auf das innigste
verbunden bleiben und nur als Schichten zu unterscheiden sind, vollständig von
einander (Taf. IV. Fig. 22.)- Sobald nämlich der Harnsack mit seiner äufsern
Wand die Schicht festeren Eiweifses erreicht hat, welche unter der äufsern Eihaut
liegt, so hebt sich das Gefäfsblatt vom Schleimblatte ab und die Gefäfse wuchern
in jenes hinein. Die Trennung erfolgt rasch und wird dadurch vermehrt, dafs
nun eine Lage dickeren Eiweifses sich unter dem Gefäfsblatte sammelt. Dieses
Eiweifs erreicht nach der Gröfse des Eies eine Dicke von 1 bis 2 Linien. Wenn
man es aber sich mit Wasser vollsaugen läfst, kann man es um die Mitte des Em-
bryonenlebens wohl einen halben Zoll dick finden.

Wenn ich diese Substanz, sowohl als die, welche in geringerer Quantität
sich zuvörderst unter der äufsern Eihaut sammelt, Eiweifs nenne, so will ich da-
mit nicht behaupten, dafs sie die chemische Beschaffenheit des Eiweifses im Vo-

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gel-Ei hat. In der That würde sie in chemischer Hinsicht mehr den Namen Gab
lert verdienen, weil sie sich diesem ähnlich verhält. Aber grade so verhält sich
das Eiweifs der Eier von Batrachiern und andern Thieren. Mit dem Worte Ei-
weifs habe ich also nur eine ungeformte und durchsichtige, zur Ernährung die-
nende und dem Ei später als der Dotter zugekommene Substanz bezeichnen wollen,
die Substanz, welche Burdach den
secundären Fruchtstoff nennt: eine Bezeich-
nung, die die physiologische Bedeutung sehr passend bezeichnet und die ich ange-
wendet haben würde, wenn ich sie für den Gebrauch nicht zu lang gefunden hätte.

Aus dem Gesagten geht hervor, dafs in den Hufthieren nach der Trennung
des Harnsackes in seine Blätter oder in zwei in einander steckende Säcke das Ge-
fäfsblatt theils vermittelst desEiweifses an die äufsereEihaut sich anlegt, worüber
wir bald mehr hören werden, theils an die benachbarte Gegend des Amnions (doch
nicht um das ganze Amnion herüber), und dafs ein vollständiger Sack, nur aus
der Schleimhaut gebildet, zurückbleibt. Er ist ganz gefäfslos, dünn und ungemein
durchsichtig , obgleich ziemlich fest. Dieser Sack ist es, den man ursprünglich
Allantoides oder Allanto is genannt hat und wofür wir diesen Namen beibe-
halten haben. Der Harngang geht nothwendig in ihn über.

Eine dritte Hauptverschiedenheit des Harnsackes zeigt sich in den Nagern.
Er schlägt sich weder über dem Amnion weg, noch liegt er neben ihm, sondern
ihm gegenüber bleibt er an der Bauchseite des Embryo (Fig. 20. Taf. IV.). Da-
bei ist er zwar cylindrisch, doch kaum länger als das Amnion, gegen dieRaubthiere
undHufthiere also klein zu nennen. Auch ist er, natürlich mit Ausnahme der frü-
hesten Zeit, eine wahre Allantois. Nur die gefäfslose Schleimhaut nämlich ist in die
bezeichnete Länge ausgedehnt, dieGefäfse sind von ihr abgehoben und weichen, die
Allantois umfassend, in den Fruchtkuchen.

Eine vierte Hauptform sehen wir im Menschen, wo der Harnsack ungemein
klein bleibt und nur in der frühesten Zeit der Entwicklung thätig zu seyn scheint.
Dafs es hier aber noch nicht mit voller Sicherheit bestimmt werden kann, ob und
^ wie sich ein Gefäfsblatt abhebt, und ob das, wenigstens bis zur Mitte des zweiten
Monats nachweisbare Säckchen eine Allantois oder ein vollständiger Harnsack sey
— darüber werden wir später ausführlich sprechen (§, 10
t.u. und Studien u„
s.w.)1).

Mit Ausnahme der frühesten Zeit findet man an der Oberfläche des Säuge- f
thier-Eies immer Gefäfse, welche das Blut der Frucht dem Einflufs desFruchthäl- d{
ters aussetzen. Obgleich der Umfang dieser Gefäfse in den verschiedenen Familien

1  PieserSack ist in den Durchschnittsfignren von Taf. IV, und auf Tafel V. mit ƒ und g bezeichnet,

B h 2

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uud auf den verschiedenen Bildungsstufen sehr verschieden ist, so hat man doch
die Haut, der sie angehören, überhaupt Chorion genannt. Nun wissen wir aber,
dafs ursprünglich die äufsereEihaut ganz gefäfslos ist, und wir haben auch gehört,
dafs sie durch den Hinzutritt eines innern Sackes Gefäfse erhält.

Dennoch halte ich es nicht für passend, mit Cu vier die äufsere Eihaut gleich
anfänglich Chorion zu nennen — theils weil bei vielen Thieren ein Theil der äu-
fsern Eihaut verloren geht, bei den Nagern, wie es scheint, sogar der gröfste Theil,
und dennoch das Ei von einer Gefäfshaut umgeben bleibt, vorzüglich aber weil
man nach Cuvier\'s Benennung auch die Schaalenhaut der Vögel-Eier nothweu-
dig Chorion nennen müfste, was gegen allen Gebrauch wäre und Verwirrung er-
zeugen müfste.

Bevor wir in die Bildungsgeschichte des Chorions eingehen, mufs ich an
früher Gesagtes erinnern. Wir haben gehört, dafs, wenn das animalische Blatt
des Embryo vom vegetativen Blatte sich löst, ganz wie im Vogel, zugleich von dem
Dotiersacke ein Ueberzug sich abtrennt, dem wir den Namen
seröse Hülle gegeben
haben, und der das Amnion mit dem Embryo, den jetzt blos ein vegetatives Blatt
besitzenden Dottersack (an einem Theile desselben jedoch längere Zeit haftend)
und den Harnsack, sobald dieser entstanden ist, einschliefst, kurz das gesammte
Ei mit Ausnahme der äufsern Eihaut und des vom Fruchthälter gegebenen flüssigen
Eiweifses. Fügen wir nun hinzu, dafs dieses äufsere Eiweifs, die seröse Hülle
in flüssiger Form durchdringend, immerfort und rasch vom Ei
eingesogen wird,
wogegen unter der äufsern Eihaut sich etwas festes Eiweifs ansammelt; so mufs
bald, wie wir auch schon bemerkt haben, die seröse Hülle die äufsere Eihaut er-
reichen, und beide verwachsen dann innig, so weit sie sich berühren. Das habe
ich in den verschiedenen Formen, besonders aber bei Hufthieren, mit der minutiö-
sesten Vollständigkeit verfolgen können. So entsteht also eine
zusammengesetzte
äufsere Haut, die schon nicht mehr die ursprüngliche ist. In der Regel wird nun
die seröse Hülle bald unkenntlich, indem sie im Eiweifs sich auflöst, allein in den
Nagern, wo sie wenig Eiweifs vorfindet, scheint sie sich als Haut zu erhalten.

Wir haben ferner gehört, dafs bei fortgesetzter EntWickelung die äufsere
Haut mit dem Gefäfsblatte des Harnsackes (oder des Dottersackes, wovon später)
zum Chorion verwächst. Hier will ich nur noch bemerken, dafs ich glaubte ver-
ständlicher zu werden, indem
ich schlechtweg von der äufsern Haut sprach, ohne
darauf Rücksicht zu nehmen, ob sie schon aus ursprünglich
getrennten Theilen
zusammengesetzt ist oder nicht.

Nachdem dieses vorangeschickt ist, gehen wir zu dem Verhältnisse der äu-
fsern Eihaut, zu den in ihrem Innern wachsenden, Blut führenden Säcken über

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und es läfst sich leicht denken, dafs, wenn eine äufsere Hülle von einem innern
Theile erreicht wird, es von dem Wachsthume des innern Theils und der Form
der äufsern Hülle abhängt, ob dieses überall gleichmäfsig geschieht oder nicht.
Es wäre offenbar möglich, dafs einzelne Theile der äufsern Hülle (hier der äufsern
Eihaut) gar nicht erreicht würden, aber auch bei raschem Wachsthume der in-
nern Theile möglich, dafs die äufsere Eihaut ganz gesprengt würde, wenn sie nicht
genug nachgeben kann, bevor sie zu einem lebendigen Ganzen mit dem andrin-
genden Theile verwachsen ist. Beide Verhältnisse kommen nicht nur in den Ei-
häuten derSäugethiere überhaupt, sondern beide sogar zusammen im Ei der Huf-
thiere vor, wir wollen sie daher hier betrachten. Obgleich ich später das Ei der
Wiederkäuer in der Entwickelung verfolgen werde, so mufs es uns hier als Ma-
teriale zu allgemeinen Resultaten dienen. Das Eiweifs dieser Thiere ist sehr weit
ausgebreitet, also auch seine Hülle, die äufsere Eihaut. In den Wiederkäuern
z. B. reicht diese für das Eine Ei bis in die äufsersten Enden des Fruchthälters,
hat aber in diesen Enden nur die Form von sehr dünnen Zipfeln. Nun wächst der
Harnsack heran. Er ist auch zwreizipflig, allein seine Enden sind sehr dick.
Zuerst liegt er ganz frei, dann aber erreicht er die äufsere Eihaut, an welche sich
die seröse Hülle von dem kleingebliebenen Dottersacke unterdessen anzulegen be-
gonnen hat, und drängt diese äufsere Haut aus einander. Die äufsersten Enden
sind zu eng, sie geben ein Hindernifs und halten einige Zeit den Harnsack in der
Entwickelung nach der Länge auf. Er drängt also an den Enden stark gegen die
äufsere Haut. Es erzeugt sich dadurch eine Narbe. Hinter der Narbe wird aber
endlich der dünne Anhang der äufsern Haut durchrissen und der Harnsack tritt
mit einem ansehnlichen Zipfel hervor. Dieser Zipfel bekommt aber nie Zotten, und
wir können dabei schon vermuthen, dafs nur da Zotten sich bilden, wo die ur-
sprüngliche äufsere Eihaut noch besteht.

Ganz eben so ist es im Ei der Schweine, wo eben solche unbedeckte Zipfel
des Harnsackes sich bilden. Die Enden vom Ei der Raubthiere sind ebenfalls
nackt. Auch hier glaube ich gesehen zu haben, dafs die äufsere Eihaut durchris-
sen wird und nur in der Mitte bleibt, wo man später den Fruchtkuchen findet.
An den Rändern der Fruchtkuchen sieht man auch noch später einen frei auslau-
fenden Hautrand. Dagegen schien es mir, als ich das Ei mit eben durchbroche-
ner äufserer Eihaut fand, als ob doch noch ein ganz durchsichtiges Häutchen die
Enden des Dottersackes und des Harnsackes zusammenhielte. Ich bin deshalb
unsicher, ob hier nicht die seröse Hülle noch bleibt. In den Nagern und Insecten-
fressern ist sogar der gröfste Theil vom Umfange des Eies zottenlos, sobald sich
Blutgefäfse in den Eihäuten zeigen, vorher aber ist das ganze Ei mit sehr ansehn-

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liehen Zotten bedeckt. Da ich nun in Kaninchen die äufsere zottige Eihaut ganz
kleiner Eier vollständig geschlossen fand, etwas später aber, wenn das Ei 2 bis
S Linien Durchmesser und der Harnsack seine Entwicklung begonnen hatte, den
gröfsten Theil dieser Haut lose aufliegend fand, so dafs er sich mit Ausnahme
eines kleinen Theiles, mit dem das Ei sich an den Fruchthälter befestigt hatte,
abheben liefs, so vermuthe ich, dafs in den Nagern und Insectenfressern der
gröfste Theil der äufsern Eihaut ganz abgestreift werde, nachdem ein kleiner
Theil zur Ausbildung des Fruchtkuchens verwendet ist. Cuvier mufs dasselbe,
jedoch in etwas späterer Zeit, bei Kaninchen gesehen haben, denn er sagt, das
Chorion (d. h. äufsere Eihaut) löse sich auf und liege nur wie ein weicher Ueber-
zug auf dem übrigen Ei. Ich habe die äufsere Haut noch in sich fest, obgleich
abgelöst gesehen, weshalb ich allerdings nicht alle Zweifel, dafs sie durch die
anatomische Operation zerrissen worden, unterdrücken konnte.

Aus allem Angeführten mufs ich schliefsen, dafs das Ei der Säugethiere nur
da an seiner Oberfläche Zotten hat, wo noch Reste der ersten äufsern Eihaut er-
halten sind.

Wir erinnern uns, dafs die äufsere Eihaut durch Herantritt des Harnsackes
Blut erhält und dafs bald der gesammte Harnsack, ohne sich in Blätter zu spal-
ten , an die äufsere Eihaut sich anlegt, wie in den Raubthieren, bald aber das
Gefäfsblatt sich von dem Schleimblatte sondert und allein mit der
äufsern Eihaut
verwächst, wie in den Hufthieren. Es scheint, dafs hierbei die Eiweifs - Schicht
unter der äufsern Eihaut das Blut anzieht; denn so deutlich es ist, dafs sich die
Gefäfse in einem zusammenhängenden Blatte erheben und den Sack der Schleim-
haut zurücklassen, so sieht man doch schnell die Gefäfse in die Eiweifs - Schicht
wuchern, und sehr bald ist das continuirliche Blatt verschwunden, es ist als ob
es mit dem Eiweifs verschmölze, was nicht auffallen darf, da die Substanz> die
die Gefäfse blattförmig verbindet, ja auch nichts anders seyn kann, als wenig mo-
diücirtes Eiweifs.

Wo das Gefäfsblatt sehr wenig oder gar kein Eiweifs vorfindet, wie an
der Seite des Amnions, behält es viel länger seine Blattform.

Allein es ist nicht einmal nothwendig, dafs zur Bildung des Chorions über-
all ein Gefäfsblatt sich anlegt. Davon liefern gleichfalls die Eier der Hufthiere
den Beweis. Der Harnsack liegt bei ihnen neben dem Amnion, ohne es zu um-
hüllen. Wenn sich nun das Gefäfsblatt des Harnsackes löst, so kann es nicht
an den ganzen Umfang der äufsern Eihaut sich anlegen,
dennoch wird diese im
ganzen Umfange zum Chorion. Ich habe durch Beobachtung diese Ausbildung
verfolgt, weil ich lange über sie in Zweifel blieb; und glaube das Resultat Ihnen

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mittheilen zu können, wenn ich Ihnen eine Durehschuittsfigur vom £i eines
Schweines vorlege (Taf. IV. Fig. 22.). Wir sehen hier am Umkreise die äufsere
Eihaut in der Ausbildung zum Chorion. Rechts vom Embryo und Amnion liegt
der Harnsack. Er hat sich schon in seine beiden Blätter getrennt. Da er nun
nicht wie in Raubthieren um das Amnion herum wächst, so entsteht die Frage :
wie auf der linken Seite die
äufsere Eihaut Blut erhält, um zu einem Chorion zu
werden ? Es ist zuvörderst unleugbar, dafs einige Zeit hindurch (gegen den
Schlufs der vierten Woche beim Schweine) diese Gegend wirklich gefäfslos ist,
aber in wenigen Tagen Gefäfse hat. Nun schlägt sich in der That (besonders bei
Dickhäutern, weniger bei Wiederkäuern) das Gefäfsblatt des Harnsackes weiter
über das Amnion, als man vor der Trennung glauben sollte, aber lange nicht bis
zum Stiel des Harnsackes und gewifs nicht weiter als in der vor uns liegenden Ab-
bildung dargestellt ist. Auch schicken Gefäfse , die vor und hinter dem Amnion
liegen, einige Aeste herüber. Der übrige Theil von der linken Seite der äufsern
Eihaut wird dagegen aus den Nabelgefäfsen unmittelbar mit Blut versorgt, indem
Aeste derselben in dem hier
liegenden Eiweifs fortwachsen.

Wir sehen hieraus, dafs auch ohne Hinzutritt eines wirklichen Gefäfsblat-
les, wenn nur Blutgefäfse und verbindendes Eiweifs da sind, die äufsere Eihaut
in ein Chorion umgewandelt werden kann. Diese Bemerkung wird uns später
für das Yerständnifs der Menschen-Eier wichtig werden.

Jetzt wollen wir an die schwierigere Frage uns wenden, ob zur Ausbil-
dung des Chorions nur die Harnsackgefäfse dienen können P Diese Frage kann mit
„ja" und mit „nein" beantwortet werden, je nachdem man die
äufsere Gefäfs-
haut der Nager ein Chorion nennen will oder nicht. Hier wuchern nämlich die
Nabelgefäfse nur in den zurückbleibenden Theil der äufsern Eihaut und bilden
aus seinen Zotten den Fruchtkuchen. Den übrigen Umfang des Eies nimmt der
Dotiersack ein, der, wie wir hörten, sich eben so in Form einer Blase um das
Amnion schlägt, wie in den Raubthieren der Harnsack. Dieser Dottersack liegt
aber nicht frei, sondern seine äufsere Hälfte ist innig mit einer glatten sehr durch-
sichtigen Haut verwachsen, die das ganze Ei zusammenhält. Diese Haut kann
man nicht für diejenige halten, welche wir ursprünglich die äufsere Eihaut ge-
nannt haben, theils weil sie keine Zotten trägt, theils weil die äufsere Eihaut
zerrissen zu werden scheint und man in der That auch in ältern Eiern ein haut-
förmiges Gebilde aufliegend findet, das sich stückweise abtrennen läfst. Schon
ihrer Durchsichtigkeit wegen kann man die bestehende Haut für die seröse Hülle
hallen, mit der ja auch im gewöhnlichen Chorion das Gefäfsblatt des Harnsackes
zunächst verwächst.

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Trotz den verschiedenen Elementen, aus denen die äufsere Gefäfshaut des
Eies der Nager besteht, möchte ich sie dennoch mit dem Namen des Chorions be-
legen, weil es mir weniger passend scheint, einem Säugethier-Ei das Chorion
ganz abzusprechen oder auf den Fruchtkuchen zu beschränken, als in ihm eine
andere Entstehung zu erkennen, und weil die äufsere Gefäfshaut der Nager ohne
allen Zweifel wie das gewöhnliche Choriou die Bestimmung hat, die vom Frucht-
hälter erzeugten flüssigen Stolfe aufzusaugen.

Hiernach würden wir über das Chorion der Säugethiere uns allgemein so
ausdrücken:

Die äufsere Gefäfshaut im Ei der Säugethiere nennen wir das Chorion,
Der Umfang, in Welchem seine Gefäfse sich ausbreiten, ist nach den verschiede-
nen Thierformen und den Bildungsstufen verschieden.
Das Chorion wird gebil-
det aus einer ursprünglich gefäfslosen äufsern Eihaut und aus hinzutretenden Blut-
gefäfsen
*). Diese äufsere Eihaut wird aber vorher wieder zusammengesetzt aus
einer Oberhaut des Eies und
einer Oberhaut des Dottersackes (der serösen Hülle),
von welchen bald die eine, bald die andere mehr oder weniger verloren geht.
Die Blutgefäfse erhält das Chorion durch gefäfsreiche Säcke, die mit dem Embryo
in Verbindung stehen, gewöhnlich durch den Harnsack, zuweilen durch den
Dottersack.

Dafs die äufsere Eihaut nicht aus sich selbst allein Blut erzeugen kann, leh-
ren alle solche Mifsbildungen, wo der Embryo in seiner Entwicklung so früh ge-
hemmt wird, dafs der Harnsack die äufere Eihaut nicht erreicht. Ich habe der-
gleichen von Schweinen über ein Dutzend gesehen. Ihre äufsere Eihaut hatte
nie Blut, obgleich sie zuweilen sich weit ausdehnte.

Der Embryo mufs die Blutgefäfse für die äufsere Eihaut hergeben, aber
sie bilden sich nur aus und erhalten sich nur da, wo sie in nahe Berührung mit
den Blutgefäfsen des Fruchthälters kommen. So schwinden die Blutgefäfse bald
auf den
Harnsack-Zipfeln der Hufthiere, weil sie in Ermangelung der Zotten
nicht in nahe Berührung mit dem Fruchthälter kommen. Die ganzen Anhänge
sterben später ab. — Näher umschlossen werden die Enden der Eier der Raub-
thiere. Hier erhalten sich die Gefäfse, ohne jedoch zu wachsen. Zwischen den
getrennten Fruchtkuchen der Wiederkäuer erhalten sich nicht nur die Blutgefäfse,
—---son-

*) Wenn einst vollständig erwiesen werden sollte, dafs auch im Menschen eine Gefäfshaut des
Harnsacjses sich an die äufsere Eihaut anlegt, so kann man sagen: das Chorion entsteht durch
eine Verwachsung einer ge/äfshsen äufsern Eihaut und einer
Gefäfshaut. die mit dem Embryo in
Verbindung steht,

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sondern bilden sich, obgleich hier die Zotten fehlen, doch in Netze aus, weil
der ebenfalls glatte Fruchthälter eng anliegt.

Endlich müssen wir noch bemerken, dafs die Zotten des Chorions, selbst
wenn sie schon ausgebildete Gefäfsnetze enthielten, diese verlieren, sobald sie
nicht mehr in naher Berührung mit der innern Fläche des Fruchthälters bleiben.
Als Beispiel wähle ich
wieder das Ei der Schweine. Nachdem in diesem die her-
ausgestülpten Anhänge des Harnsackes abgestorben sind, werden sie auf die Seite
geschoben oder eingestülpt, und die benachbarten Theile des Chorions verlängern
sich. Bei der grofsen Zahl der Eier erreichen sich diese, drängen gegen einan-
der, und da sie von innen aus immer vergröfsert werden, so schieben sich endlich
die Enden der Eier in einander. Dadurch kommen sie natürlich aufser Berüh-
rung mit dem Fruchthälter,: und nun ist es merkwürdig, dafs bald darauf auch
die Zotten und ihre Gefäfsnetze in diesem ausgebildet gewesenen Chorion sich
verlieren, zum deutlichen Beweise, dafs das Chorion seine Beschaffenheit ver-
ändert , wo es aus der Berührung mit der innern Fläche des Fruchthälters gekom-
men ist,
und, dafs das Blut im Chorion aufhört in Gefäfsnetze sich zu vertheilen,
wenn ihm nicht Gefäfsnetze auf der innern Eläche des Fruchthälters gegenüber
liegen.

Mutterkuchen, Piacentay oder in neuerer Zeit Fruchtkuchen y hat man
urspünglich zwar nur diejenigen Wucherungen des Chorions genannt, welche
auf einen Theil desselben beschränkt sind und dazu dienen, das Blut der Frucht
der Einwirkung
des Blutes der Mutter auszusetzen, wie im Ei der Menschen, der
Raubthiere, der Nager u. s. w. Da aber gar kein Grund vorhanden ist, die Zot-
tenbüschel der Wiederkäuer und auch die freilich kürzern und mehr vertheilten
Zotten der Dickhäuter für etwas Anderes zu erklären, so ist für uns der Frucht-
kuchen
der Inbegriff aller Blut enthaltenden Zotten der Oberfläche der Eier, denn
alle stehen unter dem Einflüsse
des mütterlichen Blutes.

Hierin liegt der wesentlichste Unterschied der Eier der Säugethiere und der
Vögel, der offenbar wieder auf einem höhern beruht, darauf, dafs überhaupt
die Entwicklung des Säugethier-Eies unter fortgehendem Einflufs der Mutter
besteht. Man kann dem Ei der Vögel ein Chorion zuschreiben, das dem Chorion
der Säugethiere fast ganz gleich ist, denn die äufsere Hälfte des Harnsackes ist
so eng an die Schaalenhaut geheftet, dafs ohne Blutung beide sich nicht trennen
lassen, man kann aber nichts, was dem Fruchtkuchen entspräche, nachweisen.

Der Fruchtkuchen der Säugethiere ist in den verschiedenen Familien frei-
lich nicht gleich , allein die Verschiedenheiten entstehen durch Verhältnisse, deren
wir schon erwähnt haben.

IL C c

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Erinnern wir uns, was wir durch Vergleichung der verschiedenen Säuge-
thier-Eier gefunden haben, dafs in der gesammten äufsern Eihaut die Anlage
liegt, Zotten zu bilden, und fügen wir hinzu, dafs diese Anlage nur da zur Ent-
wicklung kommt, wo die innere Fläche des Fruchthälters entsprechende Vertie-
fungen hat, in welche die Zotten eindringen können; erinnern wir uns ferner,
dafs die Zotten nur da Gefäfsnetze erhalten, wo eine gefäfsreiche Haut mit der
äufsern Eihaut zu einem Chorion verwächst, dafs die Zotten schwinden, sie mö-
gen Gefäfsnetze haben oder nicht, wo sie aus der Berührung mit der innern Fläche
des Fruchthälters geblieben sind, und fügen wir noch hinzu, dafs die Zotten sich
vergröfsern, verästeln und reicher an Blutgefäfsen werden, wo sie hinlänglich
tiefe Gruben in der
gegenüberliegenden Wand des Fruchthälters oder eines mit
ihm innig sich verbindenden Exsudats, von dem wir sogleich sprechen werden,
vorfinden; so ist auch die allgemeine Geschichte des Fruchtkuchens gegeben, denn
dieser ist nichts anders als die verstärkte Wucherung von Zotten, welche Blutge-
fäl\'snetze erhalten haben, und zugleich nachgewiesen, dafs seine Bildung unter dem
unmittelbaren Einflüsse des Fruchthälters steht.

Wir wollen nun aber auch mit wenigen Worten die Modificationen des
Fruchtkuchens durchgehen, um seine Abhängigkeit von der innern Fläche des
Fruchthälters näher nachzuweisen.

In den Dickhäutern ist er am ausgedehntesten; denn auf dem ganzen Ei, mit
Ausnahme der früher erwähnten auf einander folgenden Anhänge füllen sich die
Zotten mit Gefäfsnetzen und wachsen, freilich ist ihr Wachsthum nicht bedeu-
tend , da ihrer so viele sind. Ihnen entspricht eine innere Fläche des Fruchthäl-
ters , die wie eine Bienenwabe mit zahllosen Grübchen versehen ist, welche die
einzelnen Zotten aufnehmen. Einzelne Grübchen der Fläche des Fruchthälters,
durch welche sich Drüsen-Schläuche ausmünden, sind etwas gröfser, und hier
bilden sich auf dem Ei Zottenkreise, die in diese Stellen eingreifen.

Das Ei der Wiederkäuer, in der äufsern Form dem Ei der Dickhäuter so
ähnlich, weicht in der Bildung des Fruchtkuchens wesentlich ab. Statt eines
grofsen zusammenhängenden Ueberzuges kleiner Zotten sind eine Menge verein-
zelter Fruchtkuchen, ausgrofsen, stark verästelten Zottenhaufen bestehend, die
man Cotyledonen zu nennen pflegt. Sie werden hervorgerufen durch einzelne,
napfförmige oder pilzförmige Vorragungen ;.der innern Fläche des
Fruchthälters,
die mit vielen verästelten Grübchen versehen die Fruchtkuchen gleichsam in
sich hineinziehen, indem diese Grübchen immer tiefer werden.

Zwischen den einzelnen Fruchtkuchen ist das Ei fast ganz glatt, weil
auch die Fläche des Fruchthälters glatt ist. Nur der innern Fläche des

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Fruchthälters, wo auch Drüsen ausmünden, gegenüber bildet sich ein kleiner
Kreis von niedrigen Zotten.

Der Fruchtkuchen der Raubthierc umgiebt gürtelförmig das Ei.

Diese Gestalt erhält er, indem auch an beiden Enden die äufsere Eihaut, wie
in den Dickhäutern, vom Harnsack durchrissen werden; es sind aber die einzel-
nen Zotten, aus denen der Fruchtkuchen besteht, bei weitem mehr verästelt.

In den Nagern und Insectenfressern ist der Fruchtkuchen nicht gürtelför-
mig, sondern nur auf eine kleine Gegend des Eies beschränkt. Oft sieht man
zwei getrennte, doch nah an einander liegende Fruchtkuchen.

Diese Differenz ist aber sehr unwesentlich, denn man findet sie nicht nur
bei derselben Thierart, sondern sogar bei den verschiedenen Früchten desselben
Fruchthälters. Sind die Stellen, an welchen die beiden Nabelarterien die Ober-
fläche erreichen, etwas näher an einander, so erreicht sich der Umfang ihrer
Wucherungen in Zotten, und man hat nun einen Fruchtkuchen, der aber doch
durch eine Einkerbung seine Duplicität andeutet; liegen sie nur wenig mehr aus
einander, so erreichen sie sich nicht, und
man sieht zwei getrennte Fruchtku-
chen. Ich finde keine ursprüngliche Bildung im Fruchthälter, welche die Ent-
wickelung des Fruchtkuchens an dieser bestimmten Stelle bedingen könnte. Al-
lein , wie wir gehört haben, scheint die äufsere Eihaut eine Zerreifsung zu er-
leiden und der gröfste Theil derselben dadurch verloren zu gehen. Dann wer-
den die Zotten nur da bleiben, wo sie von den Nabelarterien schon erreicht und
mit Gefäfsnetzen gefüllt sind. Vielleicht liegt aber die Auflösung der äufsern
Haut auch darin, dafs die Blutgefäfse, die der Harnsack an die Oberfläche ge-
bracht hat, nicht weit sich ausdehnen können, da der grofse Dottersack den
gröfsten Theil von der Höhlung des Eies eingenommen hat und die äufsere Haut

auskleidet.

Dafs im Menschen der Fruchtkuchen nur auf einen kleinen Theil des Cho-
rions beschränkt ist, obgleich die äufsere Eihaut doch anfänglich in ihrem gan-
zen Umfange mit Zotten besetzt war, mag darin seinen
Grund haben, dafs nur
hier die Zotten den Gefäfsnetzen des Fruchthälters nahe liegen. Ich bemerke die-
ses nur der Vollständigkeit wegen, indem ich mir vorbehalte, von der mensch-
lichen Frucht später ausführlicher zu sprechen.

Ueberail wuchern an der innern Fläche des Fruchthälters die Gefäfsnetze, WO v. Ueberzug
ihnen gegenüber die Gefäfsnetze des Eies an seiner Oberfläche wuchern, und jene Manien f"\'
Wucherung ist als die bedingende zu betrachten, denn sie tritt schon ein, wenn chen
die Frucht noch gar kein Blut hat, und geht sogar über die Substanz des Frucht-
hälters hinaus, um sich den Gefäfsen des Eies zu nähern.

Cc 2

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Es wird nämlich von der innern Fläche des Fruchthälters der Säugethiere
eine Substanz ausgeschieden, sobald ein starker Blutandrang erregt ist. Diese
Substanz ist im Anfange ein blofses Gerinnsel ohne alle Organisation, fast so wie
es sich bei Entzündungen oft bildet, und liegt auf der innern Fläche des Frucht-
hälters eng anhaftend auf. Allein allmählig dringen die mütterlichen Blutgefäfse,
indem sie neue Schlingen bekommen, in diese Substanz ein, und so wird sie all-
mählig ein Theil des Fruchthälters, ein neuer lebendiger Ueberzug desselben.
Man hat diese Masse sehr mit Unrecht die
hinfällige Haut (Membrana ca-
duca s. decidua Hunt er i)
1) genannt. Sie scheint nur früh zu verschwin-
den, indem sie mit dem Fruchthälter sogar verwächst.

Sobald aber das Ei ausgestofsen ist, löst sie sich und geht mit demjenigen
Theile der Schleimhaut, mit welchem sie zunächst verwachsen ist, ab. Im
Grunde also erhält sie sich so lange, ja sogar etwas länger, als die eigentlichen
Eihäute.

Auch dieser Ueberzug des Eihalters, wie man ihn vielleicht am besten
nennt, nimmt in den verschiedenen Familien eine verschiedene Form an. Dafs
er im Menschen die ganze Höhle des Fruchthälters auskleidet, ist Ihnen bekannt,
und von seinen Besonderheiten im menschlichen Weibe werden wir noch weiter
sprechen. Nächst dem Menschen ist er am ausgebildetsten an den Raubthieren,
wo er in der That mehr noch als blofser
Ueberzug ist, da er ein sehr dickes Fach-
werk ansehnlicher Höhlen bildet, nächst diesen in den Insectenfressern und Na-
gern. Allein, wo sich viele Eier in einem Fruchthälter bilden, überzieht er nicht
den ganzen Fruchthälter, sondern bildet gleichsam ein Nest für jedes Ei. Am
meisten wuchert er dem Fruchtkuchen des Eies gegenüber und vermehrt die Wu-
cherung der Gefäfse an der innern Fläche des Fruchthälters, die eben dadurch
dem Fruchtkuchen gegenüber einen
Mutterkuchen (Uterin- Placenta) bilden. So
ist bei Wiederkäuern, wo freilich gewöhnlich nur
Ein Ei sich entwickelt, die
Erzeugung dieses Stoffes nur in den mütterlichen Cotyledonen merkbar. Wo aber,
wie in den Dickhäutern, der Fruchtkuchen so ausgedehnt ist, dafs er fast die ge-
sammte Oberfläche des Eies einnimmt, da ist die Bildung dieses Ueberzuges nicht
deutlich. Nur darin könnte man eine Spur von ihnen finden, dafs die innere
Fläche des Fruchthälters in kleine Zellen sich ausbildet, die früher nicht da
waren.

1  Auch: die mütterliche Eihaut; Detidua externa; Tunica exterior ovi; Membrana
mucosa; Chorion reticulosum, fungosum; Epichorion,
nach Dutrochet.

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Endlich ist noch zu bemerken, dafs auch auf dem Ei, bei vielen Säugethie- «/.Ueberzug
ren wenigstens, sich noch ein Ueberzug bildet, der auf der äufsern Eihaut aufliegt,
zuweilen mit ihr aufs Innigste verbunden ist. Man sieht diesen Ueberzug in
den Eiern der Hufthiere als einen weifsen nicht durchsichtigen Stoff, der grofse
Maschen läfst. Er scheint eine blofse, in Folge der hier vorgehenden Zersetzungen
gebildete Ausscheidung aus der ernährenden Flüssigkeit, welche der Fruchthälter
fortgehend hergiebt. Er ist also für das Säugethier - Ei ungefähr dasselbe, was die
Schaale für das Ei der Vögel und Reptilien ist. Die Gleichsetzung des Ueberzuges
vom Fruchthälter mit der Schaale, wie sie z. B. Cuvier giebt, pafst nur in so
fern, als die Bildungsstätte dieselbe ist, nicht aber in dem Verhältnisse zum Ei.
Der Ueberzug des Eies fehlt dagegen an den Stellen, wo die Zotten des Chorions
sich zum Fruchtkuchen entwickeln, obgleich er in der Umgebung desselben sich
grade oft am meisten anhäuft.

Da er ein blofs ausgeschiedener Stoif ist, so darf man sich nicht wundern,
dafs er zuweilen nur in flüssiger Form beobachtet wird. So ist ein flüssiger, sehr
grün gefärbter Stoff, der in breitem Gürtel zu beiden Seiten des Fruchtkuchens
auf demEi der Raubthiere liegt, nichts anders als dieser
Ueberzug in flüssiger Form,
weswegen er nicht wie in den Hufthieren, wo er anfänglich auch mehr aufliegt
und breiartig ist, mit der äufsern Haut des Eies ein untrennbares Ganze bilden
kann.

Die Eier der Säugethiere nehmen fortwährend auch neuen Nahrungsstoff auf Athmung.
und wachsen ansehnlich, während das Ei der Vögel schon in der kurzen Zeit sei-
nes Durchganges durch den Eileiter vollständig versorgt wird.

Es entsteht nun die Frage, auf welchem Wege die Aufnahme neuer Nahrung
bewirkt werde. Als gewifs ist zu betrachten, dafs nirgends die Blutgefäfse des
mütterlichen Fruchthälters in das Ei selbst eingehen, oder wenigstens nicht in die
Blutgefäfse des Eies. Ueberall wuchert zwar ein mütterliches Gefäfsnetz auf der
innern Fläche des Uterus da, wo ihm gegenüber Gefafsnetze auf der Oberfläche
des Eies sich bilden, allein immer bleiben die Kanäle durch eine sehr dünne Lage
organischer Substanz getrennt, die oft viel weniger als Linie Dicke hat1).
Man sieht vielmehr, dafs, so wie ein arterieller mütterlicher Strom in die Nähe
von Blutströmen des Embryo kommt, er sich in ein Gefäfsnetz auflöst, aus wel-

1  Ja zuweilen wohl viel weniger. Wenn man den Fruchttuchen eines Schaafes aus der Mitte des
Embryonenlebens untersucht, so scheinen die Blutgefäfse ganz an der Oberfläche zu liegen. Es
bedarf einer ziemlichen Vergröfserung, um die Dicke der zwischenliegenden Substanz zu erkennen.
Leider habe ich versäumt, sie zu messen, doch glaube ich nicht dafs sie über T§7 Linie betragen
kann.

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* .

i i
chem das Blut in venösen Kanälen zurückkehrt, nachdem es in diesen Netzen
einige Zeit an den Gefäfsnetzen des Eies vorbeigeströmt ist. Ich habe sogar deut-
lich gesehen, dafs Blutgefäfse der Mutter bei Wiederkäuern in die Zotten des Eies,
so lange diese noch jung sind, eingehen, an der Oberfläche der Zotten einige Zeit
verlaufen, dann aber umkehren, ohne durch das Bildungsgewebe der Zotten bis
zu deren Blutgefäfse vorgedrungen zu seyn.

Dafs aber sonst die Blutgefäfse des Fruchthälters die Fähigkeit haben, in Bil-
dungsgewebe, das nicht unmittelbar zur Substanz dieses Organes gehört, einzu-
dringen, haben wir bei Gelegenheit der sogenannten hinfälligen Haut gesehen.
Das eben Gesagte aber lehrt, dafs diese Fähigkeit weiter zu dringen sogleich auf-
hört, wenn das mütterliche Blut ganz nah an das Blut des Embryo gekommen ist.
Erinnern wir uns nun, dafs auch die Zotten des Eies nur da Blutnetze in sich aus-
bilden , wo sie eng an der innern Wand des Fruchthälters anliegen, so können
wir wohl aus der so eben gegebenen Darstellung den Schlufs ziehen, dafs das Blut
des Embryo und des Fruchthälters sich gegenseitig anzieht, dafs aber jedes, so wie
es in die Nähe des andern gekommen ist, sich in dieser Nähe fortbewegt und bald
zurückgestofsen wird. Es mufs also wohl mit beiderlei Blut eine Veränderung
vorgegangen seyn, und diese Veränderung ist eine Athmung zu nennen, mag nun
das Embryonenblut entkohlt werden, was immer das Wahrscheinlichste ist, oder
nicht.

Als gewifs kann man also ansehen, dafs die Nabelgefäfse und ihre Entwik-
kelungen im Fruchtkuchen die Athmung des Embryo der Säugethiere bewirken,
wie denn auch der Augenschein an dem Eie der Vögel lehrt, dafs
die Nabelvene
helleres Blut zurückführt als die Nabelarterien aus dem Embryo geführt haben.
Ein solcher Unterschied ist in der Färbung des Bluts der Säugethier-Embryonen
nicht zu bemerken. Es hat sogar das Ansehen, als ob das Blut in den Arterien
dunkler wäre. Doch rührt
dieses dunklere Ansehen wohl von den viel dickern
Wänden der Arterien her,
y. Emäh- Allein, ob auf demselben Wege auch der Nahrungsstoff aufgenommen wird,

rongdesEie". ist eine Frage, die sich nicht mit solcher Zuversicht beantworten läfst. — Zu-
vörderst ist unläugbar,
dafs das Ei rasch wächst, noch ehe es Blutgefäfse auf sei-
ner Oberfläche hat. Es dringt also die Feuchtigkeit des Fruchthähers durch die
äufsere Eihaut hindurch. Eben so dringt die Flüssigkeit, welche unter die aufsere
Eihaut gelangt, weiter unter die seröse Hülle, die in kurzer Zeit
sich w eit von
dem eigentlichen Dottersacke abhebt.
Bis hierher trifft die thierische Flüssigkeit
gar
keine Kanäle, welche fortleiten könnten. Es dringt aber die Flüssigkeit offen-
bar auch in den Dotter, da die Quantität desselben sich mehrt und er flüssiger

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wird, bei einigen Thieren diese Vermehrung sogar sehr lange fortbesteht. In der
Wand des Dottersackes sind freilich Blutgefäfse. Allein was in sie aufgenommen
wird, mufs offenbar sogleich in den Leib des Embryo geführt werden, und es
hat
wenig Wahrscheinlichkeit, dafs sie die vermehrte Flüssigkeit des Dotters ausson-
dern , da
man die unaufgelösten Dotterkörner am längsten auf der innern Wand
des Dottersackes da anhaftend findet, wo in der Wand die Gefäfse verlaufen. Diese
Gefäfse scheinen also vielmehr aus dem Dottersacke flüssigen Stoff aufzunehmen,
statt ihn dahin abzusetzen.

Soviel ist also offenbar, dafs die Häute der Säugethier-Eier in früherer Zeit
eben so fähig sind, Feuchtigkeiten ohne Hülfe der Gefäfse oder sichtbarer offener
Mündungen aufzunehmen und durch sich hindurchgehen zu lassen, wie in den
Eiern vieler niedern Thiere das Eiweifs Wasser aufnimmt und in den Dotter durch
dessen Oberhaut gehen läfst (§11. d.). Es ist aber gar kein Grund einzusehen,
warum später, wenn ein gefäfsreiches Chorion da ist, nicht der von dem Frucht-
hälter hergegebenene Nahrungsstoff denselben Weg gehen könnte. Dagegen sehe
ich aber auch nicht ein,
warum diese Flüssigkeit, wenn einmal Venen da sind,
nicht, indem sie die Eihäute durchdringen, zum Theil unmittelbar in die Venen
übergehen sollte, da die Venen doch nichts anderes sind, als die Bahnen des aus-
gebildeten Nahrungsstoffes und sie auch im spätem Alter aufsaugend wirken.
Hierzu kommt noch, dafs zuweilen, wie in Kaninchen, die Venen des Chorions
ungemein viel weiter sind, als die Arterien. Da in denselben Thieren
die Venen
des Chorions die des Dottersackes
sind, so scheint mir offenbar, dafs sie die Auf-
saugung von aufsen unterstützen, doch so, dafs die Venen
unmittelbar in den Em-
bryo die Nahrung führen, um so mehr, da der Inhalt des Dottersackes schon früh
verdünnt und verringert ist und später wenig Umänderung zu erfahren scheint, so
dafs diese Masse von Blutgefäfsen für den Inhalt des Dottersackes zu viel wäre und
die Athmung durch andere Gefäfse bewirkt wird. Für die Frage, ob aber auch
die Harnsackgefäfse, denen die Athmung zugeschrieben werden mufs, auch zu-
gleich zur Ernährung dienen, ist vorzüglich zu berücksichtigen, dafs den offenen
Drüsen-Mündungen des Fruchthälters gegenüber verstärkte Venennetze im Chorion
sind (§• 9. t, §. 10 c.) und dafs später an den gröfsern Gefäfsen eine festere Gal-
lertmasse (in gröfsern Hufthieren bis
zu drei und mehr Linien Dicke) sich ansam-
melt , als ob hier die flüssigen Bestandtheile rascher fortgeführt wären.

So scheint also das Ei in der ersten Zeit, wo Gefäfse fehlen, neuen Stoff
nur durch allgemeine Einsaugung aufzunehmen, und später diese Aufsaugung durch
die Gefäfse unterstützt zu werden.

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Die Wanderung des Stoffes von der innern Fläche des Fruchthälters in die
innern Säcke des Eies ist aber durchaus nicht als ein todtes Durchseihen zu be-
trachten , denn die Flüssigkeiten im Innern der Eier haben alle ihren eigenthüm-
lichen Charakter. Die Amnions-Flüssigkeit hat bei mehr oder weniger Reich-
thum von Eiweifs freies Ammonium, die Flüssigkeit der Allantois, die jedoch
zum Theil wenigstens durch die Primordial-Nieren erzeugt wird, hat dagegen
vorherrschende Säure.

Wie der Embryo selbst, vor dem Erscheinen von Blutgefäfsen, sich ernährt,
wird sich erst dann untersuchen lassen, wenn wir die Entwickelung des Em-
bryo der Säugethiere nicht nur, sondern auch der Embryonen anderer Thierklas-
sen, die
nie gefäfsreiche Eihäute haben , kennen werden.

Der Embryo der Säugethiere entwickelt sich im Allgemeinen eben so wie
der Embryo der Yögel, weshalb wir uns uns nur auf jene zu beziehen brauchen.

Das Entstehen haben wir schon früher hei der Darstellung des Eies erwähnen
müssen. Wir haben damals bemerkt, dafs er in Form eines verdickten Schildes
sich zuerst zeigt. Dieses ist Anfangs rundlich, wird dann länglich, zeigt einen
Primitivstreifen, der mir, beim Schweine wenigstens, das eine Ende des Schildes
fast zu erreichen schien. Dasselbe sahen Prevost und Dumas am Hunde.
Diese Stelle ist das hintere Ende des Thiers. Dagegen erreicht das vordere Ende
des Primitivstreifens lange nicht den
vordem Rand des Schildes. Die Spaltung in
ein animalisches und ein vegetatives Blatt tritt hier noch früher auf, als sich die
Rückenwülste erheben, und wirkt so kräftig, dafs die Seitenränder des Schildes
sich nach oben krümmen. Nur am Primitivstreifen bleibt die Anheftung*).
W ährend hierdurch die Schliefsung des Amnions beschleunigt wird, erheben sich
auch die Rückenwülste und bilden eine engere Rinne als im Vogel. Unter dieser
Rinne ist im Boden derselben die Wirbelsaite, die in den Säugethieren sehr zart
ist. Bei der fernem Ausbildung krümmt sich der Kopf noch mehr als im Vogel
und drängt sich dadurch bei denen, die einen grofsen
Dottersack haben, wie die
Raubthiere, tief in diesen hinein. Daher die Behauptung einiger früheren Beob-
achter, der Embryo läge im Dottersacke. Man sieht leicht ein, dafs dieses Ein-
drängen, vom Dottersacke aus gesehen, als Ueberzug des letztern erscheinen
mufSj — als ein verstärktes falsches Amnion Wolff\'s. Dieses Verhältnifs sah
ich nur in Raubthieren.

je. Entwik-
kelung des
Embryo der
Säugethiere.

Die Bildungsgeschichte des Rückgrates ist im Wesentlichen wie im Vogel,
der Schwanz ist eben so eine Wucherung der animalischen Abtheilung über die
---ve-

aa. Kno-
chensystem.

*) Man kann daher , wie es mir scheint, in keiner Thierklasse die Bedeutung des Primitivstreifens
mit solcher Bestimmtheit ausgedrückt sehen, als im Säugethiere. Hiervon mehr in 10. o.

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vegetative. Die Extremitäten sind in früher Zeit denen der Vögel völlig gleich.
Auch hier ist zuerst eine lange allgemeine Leiste, eine äufsere Fleisch schicht, als
Basis für die Entwicklung der Extremitäten und der Wurzelglieder insbesondere
zu erkennen. In dem vorragenden Theile ist dieselbe Gliederung, dieselbe Verän-
derung der Richtung, nur dafs das Endglied der vordem Extremität nie so entschie-
den nach hinten gerichtet wird. Sobald in den läppen - oder flossenförmigen End-
gliedern die Finger entstehen, ist die Zahl derselben sogleich die Weidende, allein
die Form ist indifferent. So sind die vier Hufe des Schaafes zuerst wenig von den
vier Zehen im Hinterfüße des Hundes verschieden und fast vollkommen den Hufen
des Schweines gleich, indem die Nebenhufe erst allmählig zurücktreten und die
Mittelhufe im Anfange mehr symmetrisch sind. Die Knochen desMittelfufses ver -
wachsen im Säugethiere aber nicht so wie im Vogel.

Auch die Kiefern wachsen erst allmählig hervor. Ihre erste Bildung erkennt
man daran, dafs auf den entsprechenden Enden der Bauchplatten neue Masse wu-
chert. So verdicken sich die beiden ersten Kiemenbogen, nachdem die erste Kie-
menspalte geschlossen ist, deren Einflufs aber noch daran kenntlich ist, dafs die
Wucherung durch eine Furche getheilt ist. Aus dem vordem Abschnitte dieser
Wucherung, also auf dem ersten Kiemenbogen auflagernd, wird der Knochen-
theil des Unterkiefers. Doch möchte ich auch die Wucherung auf dem zweiten
Bogen zum Bereiche des Unterkiefers zählen, da sie ganz das Schicksal der erstem
theilt und bald mit ihr verschmilzt. Hierher wächst vielleicht der Knochen der
Unterkiefern,
indem er breiter wird, aus, und wenigstens werden die Muskeln,
die
vom Unterkiefer zu dem Gerüste des Zungenbeins gehen, aus dieser Masse sich
bilden. In der Tiefe der ersten Kiemenbogen bildet sich nämlich das Gerüste des
Zungenbeins als Wiederholung der Rippen. Da der Unterkiefer eine auflagernde
Wucherung der ersten Kiemenbogen ist, diese aber, vom Anfange ihrer Erschei-
nung an, unten geschlossen sind, so sieht man nie den Unterkiefer aus zwei Hälf-
ten bestehend. Nur in so fern kann man von zwei Hälften sprechen, als die auf-
lagernden Wucherungen von beiden Seiten eine Zeitlang sich nicht erreichen.

Anders ist es mit dem Oberkiefer, Wie im Vogel wächst von jeder Seite
unter dem Auge ein Zapfen mit vorstehender Spitze hervor. Von der Stirn wächst
eben so ein mittlerer Zapfen herab, der aber noch kürzer und breiter ist als der
Stirnzapfen des Vogels am vierten Tage. Er wird mit seiner vordem Fläche zum
Nasenrücken, mit der hintern Fläche zur Scheidewand und der vordem Decke der
Nase, mit den Seiten zu den Zwischenkiefern. Er treibt nämlich zwei keine Sei-
tenflügelchen hervor, die wie im Vogel unter der Nasengrube mit den Oberkiefern
sich vereinigen. Dann aber tritt eine bedeutende Differenz ein, indem die Mitte
TL Dd

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sich nicht in eine dünne Spitze verlängert, die in der Bildung des Vogels die
Schnabelbildung charakterisirt. Die beiden Oberkiefer treiben nach innen einen
Kamm hervor, welcher sich vereinigend den Gaumen bildet und die Nasenhöhle,
oder, da diese durch die Scheidewand getheilt ist, die Nasenhöhlen von der Mund-
höhle trennt. Die Vereinigung erfolgt vorn sehr früh, hinten stehen sie ziemlich
lang weit von einander ab und so weit fehlt auch die Scheidewand. Deswegen ha-
haben Gaumen und Nasenhöhle z.B. in einem Schweinefötus von vier Wochen eine
ungemeine, fast vollständige Aehnlichkeit mit der bleibenden Bildung derselben
Theile in Eidechsen, oder, da hier der Gaumen mit einem mittleren Blättchen
endet, in Schildkröten.

Von nun an erst fangen die Kiefern bei den gewöhnlichen Säugethieren an?
sich zu verlängern. Bis dahin haben sie ganz kurze Gesichter, und da das Hirn
schon ziemlich entwickelt ist, so haben Schaafe und Schweine von vier Wochen
wahre Menschengesichter, Hunde und Kaninchen verhältnifsmäfsig noch länger.
bb. Verdau- ßie Bauchhöhle schliefst sich zwar später als im Vogel, indem die Bauch-

platten sich nur langsam wieder hinunter neigen, doch ist die gesammte Nabelbil-
dung dieselbe wie dort. Der Speisekanal, auf dieselbe Weise zuerst offen, wird
eben so von beiden Enden aus in einen gleichmäfsigen Kanal verwandelt1). Seine
Verbindung mit dem Dottersacke, Anfangs sehr weit, verengt sich in einen Haut-
nabel, der sich rasch in einen Dottergang,auszieht. Der Speisekanal ist wie im
Vogel zuerst gerade, also sehr kurz, in sich gleich, so dafs man eine kurze Zeit
hindurch nicht einmal einen Magen unterscheiden kann. Dann verlängert er sich
etwas, entfernt sich von der Wirbelsäule, besonders in der Mitte, indem sich das
Gekröse hier weit auszieht. Dadurch wird allmählig hier ein scharfer Vorsprung
durch den Darm gebildet, an dessen Spitze der Dottergang sich einsenkt. Dann
ist auch der Magen abgegränzt, obgleich noch lang, in der Richtung des Darmes
der Länge nach stehend
und mit der stärksten Wölbung fast ganz nach dem Rücken
gerichtet. Der Speisekanal treibt eben so wie im Vogel
Speicheldrüsen, den ge-
sammten Athmungs- Apparat, die Leber des Pankreas und den Harnsack bervor.
Auch der hier
unpaarige Blinddarm ist nicht, wie Oken glaubte, ein Rest des
Dotterganges, sondern er treibt wie im Vogel hinter dem Dottergange hervor.
Ich habe ihn, selbst beiHufthieren, so klein gesehen, dafs er noch nicht -5%Linie
Länge hatte. Er.sieht dann wie ein Hügelchen aus. Indessen ist er um diese Zeit
dem Dottergange ziemlich nahe und scheint immer weiter von ihm abzurücken.
Der Grund hiervon liegt darin, dafs der mittlere Theil des Darmes viel stärker

1  Ein Beispiel davon Taf. V. Fig. 1.

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wächst als die Enden. Die äufsersten Enden wachsen nun so wenig, als der ani-
malische Theil des Embryo, aber
je mehr nach der Mitte desto mehr verlängert
sich der
ursprüngliche oder Urdarm, so dafs man mit Recht sagen kann, fast der
ganze
Dünndarm und der gröfste Theil des weiten Darmes seyen aus der nächsten
Umgebung des Dotterganges geworden. Der Darm bildet daher auch sehr bald
nach der ersten Umbeugung eine zweite für den obern Theil des Krummdarmes
und des Zwölffingerdarmes und dann immer mehr. Er findet in der eigentlichen
Bauchhöhle, die überdiefs durch die Leber und die grofsen Primordial - Nieren
verengt wird, keinen Raum, und längere Zeit hindurch liegt bei allen Säugethie-»\'
ren ein Theil der Darmwindungen in der noch nicht ausgefüllten Nabelscheide,
(Jm diese Zeit ist also das Gekröse in der Mitte sehr weit ausgezogen. Später zieht
sich zwar der Darm zurück, allein er wird doch, indem auch die Bauchhöhle sich
verlängert hat, immer länger und ist einige Zeit vor der Geburt verhältnifsmäfsig
viel länger als im erwachsenen Zustande. Diefs gilt besonders vom Dünndarm,
da in ihm der Dottergang mündet, in dessen Nähe die Wucherung am stärksten
ist. Dagegen ist der Darm vor der Geburt enger als nachher.

Dafs der weite Darm dem engen ursprünglich ganz gleich ist, geht schon aus
dem Gesagten hervor. Wie im engen Darme der vorderste Theil zuerst ausge
bildet ist — der Zwölffingerdarm, so im zweiten Darme sein hinterster Theil.
So wächst im Menschen der Queer- Grimmdarm und der aufsteigende gewisserma-
fsen erst aus dem absteigenden hervor, und so bildet sich in Wiederkäuern die be-
kannte Spiralplatte, indem der Darm bei seiner Verlängerung sich aufwickelt.
Die Zottenbildung kenne ich aus eigener Untersuchung nicht. Nach Meckel
erfolgt sie so, dafs sich Längsfalten erzeugen, die durch Einkerbungen getheilt
werden. Die Kerkringisehen oder Queerfalten im menschlichen Darme entstehen
erst nach der Geburt.

Sollten Sie diese Darstellung zu allgemein gehalten finden, so bemerke ich,
dafs in der That Anfangs die vollkommenste Uebereinstimmung mit dem Vogel ist
und dann allmählig die Differenzen der verschiedenen Familien der Säugethiere
auftreten. So bemerkt Meckel sehr richtig1), dafs der getheilte Magen der
Wiederkäuer in sehr früher Zeit nur Einkerbungen in einen ungetheilten längli-
chen Sack zeigt Allein es geht sogar eine Zeit vorher, wo der Magen dieser Thier©
nicht einmal Einkerbungen hat, und vorher eine Zeit, wo der Magen gar nicht zu
unterscheiden ist. Der Magen des Schweines ist dem Magen des Menschen und
des Hundes viel länger ähnlich. —- Vollkommen Unrecht hatte Meckel, ßk

1  Deutsches Archiv für Phys, 181?.

Dd %

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er einst, seiner Ansicht vom Durchlaufen durch die Bildung niederer Thiere zu
Liebe, verniuthete (Path. Anat. I. S. 513), dafs auch der Magen des Menschen
in früher Zeit die Theilung des Magens der Wiederkäuer durchlaufe.

Das Herz sah ich im Anfange wie im Yogel, auch als einen zweischenk-
ligen Kanal. Es treibt, indem es sich verkürzt, ebenfalls 5 Gefäfsbogen allmäh-
l±g heraus, die in zwei Aorten wurzeln, übergehen. Aber die weitere Umbildung
ist verschieden. Die Herzkammer schreitet in ihrer Ausbeugung nach rechts wei-
ter vor. Diefs hat die Folge, dafs, wenn die Scheidewand auftritt, beide nun
werdende Kammern gleich Anfangs mehr neben einander und mehr getrennt er-
scheinen und der Strom aus der rechten Herzkammer mehr gegen den 5 teil Gefäfs-
bogen der linken Seite als gegen den 4ten gerichtet ist, der Blutstrom aus der
linken Kammer mehr gegen den 4ten Bogen der linken Seite als gegen denselben
Bogen der rechten Seite, wie im Yogel. So wird hier der Uebergang des Blutes
nach der linken Seite immer stärker, und aus dem 4ten linken Gefäfsbogen und der
linken Wurzel der Aorta wird der Bogen der Aorta gebildet (beim Yogel aber aus
der rechten Seite). Auch glaubte ich mit ziemlicher Sicherheit zu sehen, dafs
hier die beiden letzten Gefäfsbogen sich in die Lunge verzweigten und Lungen-
schlagadern wurden1), nachdem die Fortsetzung des linken 5ten Bogens wegen

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seines stärkern ßlutstromes als Botalli\'scher Gang während des ganzen Embryo-
nenlebens unmittelbar in die Aortenwurzel dieser Seite oder die künftige Aorta
übergegangen war, auf der rechten Seite aber die rechte Wurzel der Aorta eine
kurze Zeit auch als ein längerer und dünnerer Botalli\'scher Gang bestanden hat.
Die; vordem Bogen schwinden auch hier, nachdem sie die Wirbelschlagader und
die Kopfschlagader erzeugt haben, und zwar so, dafs auch hier die Wirbelschlag-
ader wie im Vogel eine umgekehrte Verlängerung der Aorta ist, und der Stamm
der Achselschlagader aus ihr hervortritt.

Die ungemeine Schwierigkeit, die man zu überwinden hat, um den Ver-
änderungen des Gefäfssystems zu folgen, hat mich noch nicht vollständig auflin-
den lassen, wodurch die Differenz hervorgebracht wird, welche später in der
Vertheilung der gröfsern Arterienstämme bei den verschiedenen Ordnungen ge-
funden wird. Doch glaube ich nicht zu irren, wenn ich behaupte, dafs die Art,
wie die beiden Blutströme aus der rechten und linken Kammer in den ursprüng-
lich gemeinschaftlichen Arterienstamm sich theilen, diese Differenz erzeugt und
dafs vorzüglich der langsamere oder raschere Wachsthum des Halses auf die Ver-
schiedenheit der Theilung wirkt. Wenn sich das Herz schnell zurückzieht, (ein
Grund oder wenigstens ein Ausdruck von dem Langwerden des Halses), so wird
früher als sonst der vordere Theil des ursprünglichen (aus dem Herzen kommen-
den) gemeinschaftlichen Arterienstamm.es gar nicht mehr von dem Blutstrome
aus der rechten Kammer erreicht; er wird Stamm der vordem Arterien (Kopf-
und Achselschlagadern) oder
sogenannte vordere Aorta. Die Stelle, wo der Blut-

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ström aus der rechten Kammer mit dem Blutstrome aus der linken Kammer zu-
sammenkommt,
wird zwar immer Anfang der herabsteigenden Aorta, aber ihr
Verhältnifs zu den vordem Arterien wird in langhalsigen Thieren anders als in
kurzhalsigen.

Dafs die Dottersackschlagadern und die Nabelschlagadern so sind wie im
Vogel, isi allgemein bekannt. Nur behalten die letztern ziemlich gleiche Gröfse.

Auch im Venensysteme ist Anfangs die vollkommenste UebereinStimmung.
Zuerst bilden sich die Venen des Dottersackes, natürlich erscheint aber in Thie-
ren mit kleinem Dottersacke, wie im Menschen und den Wiederkäuern, sehr
bald die Dottervene nur als Ast, während sie im ersten Momente Stamm war.
Die Grenzvene habe ich in Dickhäutern, Wiederkäuern, Raubthieren und Na-
gern gesehen. In den letztern besteht sie sehr lange, wahrscheinlich bis zur
Geburt. Indessen sind die Gefäfse des Dottersackes an sich viel weniger denen
der Hühnchen gleich, als die Gefäfse des Embryo, deren Uebereinstimmung in
der ersten Form des Kreislaufes und auch in der zweiten ganz auffallend ist.
Doch sah ich im tlunde, so lange der Leib noch ganz offen ist, zwei absteigende
Venen der Keimhaut und zwei ansteigende. Die letztern bekommen nicht nur
von aufsen, sondern auch von der iiinern Seite starke Zuflüsse 1). — Wo der
Dottersack so schmal ist, dafs der Kopf des Embryo ihn überragt, haben alle
Venen des Dottersackes
nothwendig mehr einen Verlauf nach der Seite. Die mit
dem hintern Darmstücke in Verbindung stehende Dottersackvene, deren ich beim
Hühnchen erwähnte, habe ich wenigstens im Schweine deutlich gesehen (und
Taf. V. Fig. I. X. abgebildet), ohne dafs mir die ganze Geschichte dieser Gefäfse
deutlich geworden wäre. Es schien als ob eine Vene vom Afterdarme und eine
Vene vom Dottersacke in Ein Stämmchen zusammengingen. Ich habe sie bis jetzt
nur in der frühesten Zeit erkannt. Etwas später sah ich immer nur Eine Dotter-
vene, die leicht dadurch von der Dotterarterie zu unterscheiden ist, dafs sie nie
so eng am Dottergange anliegt als diese.

Im Leibe des Embryo bilden sich eben solche vordere und hintere Wirbel-
venen wie im Hühnchen. Die Nabel entstehen eben so gedoppelt
in den untern

1  So sah ich sehr deutlich an einem Hunde, der nur wenig älter war als der in der Epistola de
ovi genesi
abgebildete. Ich mufs aus dieser Beobachtung und einer andern aus etwas späterer
Zeit vermuthen, dafs ich mich in jener Schrift geirrt habe , indem ich die vielen Gefäfse, die
ich seitlich am Embryo sah, für Arterien hielt. Wahrscheinlich hatten sich die Stämmchen
der aufsteigenden oder hintern Venen des Dottersackes verblutet, und da ich nur die beidersei-
tigen Zuflüssp erkannte, mnfste ich sie für zusammenhängend und aus der Aorta kommend haK
ten, da sie mit keinem Venenstämmchen in Verbindung zu bringen waren,

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/

Rändern der Bauchplatten, verwachsen vorn zu einem Stamme, und verzweigen
sich ; in den Thieren mit grofsem Harnsacke in ein überaus schönes Gefäfsnetz in
die Bauchwände. Aus diesem Netze sondern sich allmählig die andern Venen
der Bauchplatten ab. Die hintere Hohlvene ist auch hier anfänglich nur Vene
des plastischen Leibes, verbindet sich aber bei der Metamorphose der Primor-
dial-Nieren und der bleibenden Nieren mit den hintern Körpervenen und nimmt
sie endlich als Stamm auf, wodurch sie so stark wird, dafs die Nabelvene, die
eine Zeitlang das Ansehen des Stammes hatte, als Ast erscheint. Mit der Zu-
nahme der Hohlvene nehmen die hintern Vertebralvenen ab. Ihre vordem En-
den bilden auf eine etwas complicirte Weise das System der sogenannten unpaari-
gen Vene. Die Drosselvenen, obgleich am vordersten Ende mit der vordem Wir-
belvene zusammenhängend, sind im weitem Verlaufe von ihm getrennt. Sie schie-
nen mir im vordem Theile des Körpers fast dasselbe Verhältnifs zu haben, das
im hintern die Nabelvenen ursprünglich (mit Ausnahme ihrer hintersten Enden)
haben. Dafs die Drosselvenen Anfangs paarig sind, durch eine Anastomose,
weil alles Blut eine vorherrschende Richtung nach rechts hat, sich verbinden und
die
Anastomose zuletzt alles Blut von der linken Seite nach der rechten führt und
so die vordere Hohlvene bildet, läfst sich erwarten.

Die Bildungen der Medullarröhre sind ebenfalls Anfangs ganz dieselben SyJe^erveß
wie im Vogel. Auch hier ist die Medullarröhre die innere abgelöste Schicht der
verwachsenen Rückenplatten. Es sind auch hier fünf morphologische Elemente
des Hirnes, und das Rückenmark bildet sich eben so. In dem letztern wird aber
der obere Schlufs der Markblätter früher erreicht und die Schlufslinie wird mehr
nach innen gedrängt. Im Hirne wird das Mittelhirn nie so hoch und blasig als
im Vogel, ist vielmehr lang, im Bogen gekrümmt und wird früh in sich gefal-
tet. Degegen wird die Herrschaft des Vorderhirnes entschiedener; es überdeckt
allmählig das gesammte Zwischenhirn, nachdem dieses vorn aufgerissen war und
der hintere Theil seiner Decke als Zirbeldrüse und hintere Commissur sich etwas
erhoben hatte, so vollständig, dafs beide bald nur Eine grofse Abtheilung des
Hirnes zu bilden scheinen und in späterer Zeil auch das Zwischenhirn, das des-
halb gewöhnlich auch mit zu dem grofsen Hirne gerechnet wird, und zuletzt mehr
oder weniger von: Hinterhirne. Das Mittelhirn, das nie so grofs gewesen war,
als im Vogel, wird auch nicht so in seiner Decke
zur Seite und nach unten ge-
drängt. Die Hirn-Ganglien wuchern, wie im Vogelhirne, erst allmählig und
ohne deutliche Beziehung zu den Nerven hervor. Sie ragen früher mehr frei in
die Hirnhöhlen hinein als später. Es verdickt sich nämlich auch hier das Hirn
von der Centrallinie aus nach der Schlufslinie. Man sieht daher die untern

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Stränge verdickt} während nach oben noch das ganze Hirn blattförmig ist. Mir
scheinen die Ganglien nicht einmal unmittelbare Wucherungen der Stränge, son-
dern mehr selbstständig, denn wenn die untern Stränge noch sehr mäfsig ver-
dickt sind, ist zwischen ihnen und dem schon deutlichen Sehhügel eine Rinne.
Da die Verdickung aber von der Centrailinie nach der Schlufslinie fortschreitet,
so erreicht der untere Hirnstrang bald den Sehhügel und dieser wird nun auf-
sitzend. Aber auch wenn die untern Stränge schon sehr dick und die Ganglien
sehr angeschwollen sind, ist die Decke des Hirnes noch ein dünnes Blatt, ob-
gleich in der letzten Zeit sich dieses so verdickt, dafs es nirgend Raum zu finden
scheint. So verwachsen bei der starken Wucherung der Sehhügel mit den noch
dünnen Wänden des Mittelhirnes, und es sieht nun aus, als ob jene seitlich ganz

frei lägen und die Sehnerven in sie übergingen, während diese nur in ihre Be-
kleidung gehen, in so weit diese nichts anders als Seitenwand des Zwischen-
hirnes ist *).

Vor allen Dingen ist zu bemerken, dafs das Hirn der Säugethiere sich viel
mehr einknickt, als in irgend einer andern Thierklasse. Wenn der Kopf aus sei-
ner übergekrümmten Stellung sich zurückgebogen hat, sieht man die Centrallinie
der Medullarröhre bei dem Uebergange des Rückenmarkes in das Nachhirn
(Me~
dulla
oblong ata) fast einen rechten, nur wenig abgerundeten Winkel bil-
den, der
äufserlich einen starken Nackenhöcker erzeugt. Der üebergang aus
dem Nachhirne in das Hinterhirn bildet einen noch schärfern rechten Winkel,
der etwas später sogar spitz wird. Dann geht die Centrallinie nach vorn, krümmt
sich aber unter dem Mittelhirne so schnell um, dafs sie bald in ziemlich paralleler
Richtung wieder nach hinten bis zum Hirnanhange steigt. Eine vorgelegte Ab-
bildung **) (Taf. IV. Fig. 1.) wird diefs versinnlichen. Bis a reicht das Rücken-
mark ;
a b ist das Nachhirn; b c das Hinterhirn (kleine Hirn) c d das Mittelhirn
(der Vierhügel),
d e das Zwischenhirn oder die Umgebung der dritten Hirnhöhle,
und e ƒ das Vorderhirn.

Indem später das Vorderhirn sich vergröfsert und erhebt, bleibt nur noch
der Trichter mit dem Hirnanhange, den unterdessen Knorpel- und Knochen-
masse umfafst haben, als Denkmal der starken Umbeugung zurück.
----\' Dafs

*) Daher kommt es auch, dafs man in neuern Zeiten die Fasern der Sehnerven gar nicht in die
Sehhügel gehen läfst. In der That gehen sie nur über die Masse der Sehhügel.

**) Ich habe diejenige Stufe des Hirnbaues für die Abbildung gewählt, welche aufser der starken
Einknickung auch andere wichtige Verhältnisse darstellt, z. E. die isolirte Stellung der Seh-
hügel (x). Auch die Kleinheit des Vorderhirnes ist noch
auffallend.

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Dafs die Hirnwindungen nur ein Ausdruck des starken Wachsthums sind,
welchem der Schädel nicht rasch genug folgt, ist augenscheinlich. Daher sind
im Wasserkopfe die Windungen nicht als ausgeglättet durch das Wasser zu be-
trachten, sie sind vielmehr nie dagewesen und es kann sowohl zu grof\'se Anfül-
lung des Hirnes mit Flüssigkeit, als zu grofse Nachgiebigkeit der Hirndecken
daran Schuld seyn.

Durch die starke Einknickung scheint mir auch die Brücke zu entstehen.
Ich glaube nicht, dafs, wie man gewöhnlich angiebt, Fasern von beiden Seiten
zusammenlaufen, um durch ihre Verwachsung diesen Theil zu bilden. Vielmehr
sah ich, dafs in der Gegend, wo die Brücke werden soll, bei der ungemein
scharfen Einknickung zwischen dem Nachhirn und Hinterhirn (
Medulla ob-
long ata
und Cerebelluni) Hirnsubstanz nach unten vorgedrängt wird, zu
einer Zeit wo man noch keine deutliche Faserung erkennt, und dafs diese Faserung
erst allmählig entsteht, indem die vorgedrängte Substanz in die Faserung des klei-
nen Hirnes übergeht und also eine queere Richtung hat, über dieser Stelle aber
die Faserung der Rückenmarkstränge sich fortsetzt. Was die Bildung des Bal-
kens anlangt, so ist die gewöhnliche Angabe ganz richtig, dafs er eine lange Zeit
sehr kurz ist und ganz vorn liegt, als ob blofs das vordere Knie da wäre, und
dafs er seine Faserung erst erhält, wenn die Fasern der Seitenwand (des Stabkran-
zes) sich bilden, allein es wachsen nicht die Fasern von beiden Seiten zusam-
men. Bis dahin ist überhaupt der vordere Theil der Hemisphären sehr kurz.
Das nämlich ist noch eine Eigenthümlichkeit des Säugethierhirnes, dafs von den
Hemisphären Anfangs der hintere Theil schneller wächst als der vordere und erst
später dieser stärker sich entwickelt; die höchste Hirnform, die des Menschen,
erhält ihren Vorzug eben durch die stärkere und länger ausdauernde Entwicklung
der vordem Region des Hirnes, welche die Gegend der Stirn einnimmt.

Um nun auf die Entstehung des Balkens zurückzukommen, so könnte man,
wie es nach meinen Untersuchungen schien, fast mit demselben Rechte ihn einen
ursprünglichen als einen später hinzugekommenen Theil nennen. Allerdings
nämlich ist die ursprüngliche mittlere Einsenkung die erste Veranlassung des
Balkens, allein ganz unmittelbar doch nur für das vorderste Ende, wo er vor
und unter dem vordem Knie durch den grauen Hügel an das Gewölbe sich an-
schliefst. Das Gewölbe nämlich halte ich unzweifelhaft für einen ursprünglichen
Theil, für die Grenze zwischen der Höhlung des Zwischenhirnes (dem dritten
Ventrikel) und den beiden Höhlungen des Vorderhirnes (den beiden Seitenven-
trikeln). Diese Grenze wird äufserlich jederseits durch eine gekrümmte Furche
und innerlich durch einen Vorsprung bezeichnet. Man sieht ihn am Hühnchen
IL E e

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deutlich schon am dritten, man findet ihn angedeutet schon am zweiten Tage.
Indem bei Säugethieren sich dieser Vorsprung verdickt und der Länge nach fa-
sert, wird aus ihm das Gewölbe. Die Darstellung, dafs das Gewölbe aus einem
vordem und einem hintern Stücke zusammenwüchse, wird nicht nur durch
nichts im Hirne des Embryo gerechtfertigt, sondern ist auch gegen alle Analogie.
Nun schien mir, dafs die vordem Schenkel des Gewölbes mit der ursprünglichen
mittlem Einsenkung völlig eins sind. Dann müssen nothwendig über (oder vor)
dieser Stelle die Wände der Hemisphären
sich nochmals zusammenlegen und ver-
wachsen, weil sonst der sogenannte fünfte Ventrikel nicht gebildet werden
könnte. Diese Verwachsung nun glaube ich auch erkannt zu haben. Sie ist,
wie aus dem früher
Gesagten hervorgeht, ungemein kurz, so wie die beiden Blät-
ter des
Septums, über die man nicht in Zweifel seyn kann, wenn auch jene
Verwachsung in früherer Zeit sich so leicht löst und so tiefliegt, dafs es Schwie-
rigkeiten hat, sie mit Sicherheit zu erkennen, durch ihre aufserordentliche
Dicke auffallen. Bei der allmähligen Wucherung des vordem Abschnittes der
Hemisphären verdünnen sich diese Blätter der Scheidewand, der Balken hebt sich
vom Gewölbe ab und wird nach hinten ausgezogen. Hiernach halte ich wenig-
stens den Theil des Balkens, der über dem Septum liegt, nicht für ursprünglich.
Sollte er dennoch ursprünglich seyn,
so müfsten bei Säugethieren die vordem
Schenkel des
Gewölbes ursprünglich nicht ganz mit der mittlem Einsenkung zu-
sammenfallen, sondern etwas seitlich liegen, und dann später unter sich verwach-
sen, um den fünften Ventrikel zu erzeugen 1). Auf jeden Fall wird man nicht
irren, wenn man die mittlere Einsenkung des Vorderhirnes in den Vögeln, Am-
phibien und Fischen für Gewölbe und Balken zugleich ansieht.

ee. Sinnes- Dafs auch die erste Bildung der Sinnesorgane dieselbe ist, wie im Vogel,

irgane. braucht kaum erwähnt zu werden. So ist also auch der Augapfel eine Ausstül-
pung aus dem Flirne und hat dieselben Häute, die dem Hirne
zukommen. Der
Sehnerv schliefst sich eben so und es bildet sich dieselbe Falte im Innern des
Augapfels, von der vielleicht der gelbe Fleck und das Central-Loch bleibende Reste
im Auge des Menschen sind, ohne dafs man den Grund kennt, warum diese Spa-
ren fast bei allen andern Säugethieren fehlen. Doch zeigen sich allmählig auch
Verschiedenheiten vom Auge des Vogels. Die Netzhaut bildet in dem Säugethiere
mehr Falten als im Vogel, und es hält bald schwer, die ursprüngliche Einfaltung

1  Leider! möchte ich ausrufen, läfst sich auch hierfür Einiges aus dem frühem Kirnbau sagen.
Auf welch ein Minimum es hier ankommt, will ich bei einer ander» Gelegenheit auseinander
petzen. Ohne Abbildungen ist es nicht möglich, sich völlig verständlich zu machen.

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zu erkennen. Es bricht kein Kamm durch, und es entwickelt sich kein Kno-
chenring in der harten Haut. Die Pupille wird von einer gefäßreichen Haut ver-
schlossen, die erst einige Zeit vor oder nach der Geburt zu verschwinden pflegt,
Es scheint, dafs die gröfsere Abflachung der Linse und ihr Zurücktreten von
der
Hornhaut und dann von der Regenbogenhaut hierzu Veranlassung giebt. Die
leeren Räume müssen sich
mit lymphatischer Flüssigkeit füllen und einen serösen
Ueberzug bekommen, der wie alle serösen Häute aus den benachbarten Theileu
Blutgefäfse erhält. Zuerst wird die vordere Augenkammer einen solchen Sack
erhalten, so lange die Linse noch in der Pupille liegt, die Membrane der wässe-
rigen Feuchtigkeit der vordem Augenkammer; später, wenn die Linse noch wei-
ter zurücktritt, auch die hintere Augenkammer, da die Pupille schon von der
vordem Fläche her durch den ersten Sack ausgefüllt ist. Diesen letztern Sack für
die wässerige Feuchtigkeit der hintern hat Müller neuerlich
Membrana capsu~
lo-pup illaris
benannt. Noch merkwürdiger ist es aber, dafs in den Säugethieren
auch die Augenlieder, nachdem sie ganz wie in den Vögeln zuerst als Ring aufge-
treten, dann in 2 Falten über den Augapfel sich gezogen hatten, hierin soweit
fortfahren, dafs
sie sich vollständig erreichen, dann an einander so fest kleben,
dafs man sie verwachsen nennen kann, und doch vor, oder bei andern Thieren
nach der Geburt wieder von einander sich trennen.

Der Thränengang stülpt sich auch hier aus dér Rachenhöhle gegen das Auge
hervor und liegt Anfangs hinter den Muscheln, die nur, indem sie sich verlängert,
sich über ihn ziehen.

Das innere Ohr tritt als ein kleines Rohr aus dem hintern Tlieile des Hirnes
und drängt ein wenig blasig endend gegen die Gegend über der zweiten Kiemen-
spalte. Die Eustachische Röhre kommt aus der Rachenhöhle entgegen. Auch
das äufsere Ohr hat im Anfange dieselbe Bildungsgeschichte wie im Vogel, allein
während im Vogel der Gehörgang kurz und immer offen bleibt, wird er beim
Säugethier enger und länger an seinem Rande, treibt die Muschel hervor, und bei
vielen Thieren verschliefst sich das äufsere Ohr am Ursprünge der Muschel eine
Zeitlang vollständig. Zuweilen klappt sich sogar das äufsere Ohr zurück, wo-
durch diese Verschliefsuug noch vollständiger wird.

Der innere Theil der Nase bleibt bei den gewöhnlichen \\ierfüfsern hohl
und heifst Riechfortsatz. Wo er an die Wand der Hirnschale andrängt, bildet
sich von aufsen ein rundes Grübchen, welches bald durch Zusammenstofsen der
beiden Oberkieferhälften und der Stirnfortsätze zu einem Nasenkanale umgewan-
delt wird, wie im Vogel. Allein die Abscheidung von der Mundhöhle schreitet
im Säugethier weiter vor durch einen längeren knöchernen Gaumen, dem die

Ee 2

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Scheidewand folgt, und durch das Gaumensegel. Das Labyrinth der Nase ist eine
Entwickehing der Riechgrube, und die Nebenhöhlen
{Sinus) Ausstülpungen aus
der Nase gegen die Höhlen, welche sich in den umgebenden Knochen erzeugen.

Die Zunge ist eine Wucherung der untern Fläche der Rachenhöhle auf dem
ersten oder vielleicht auf dem ersten und zweiten Kiemenbogen. Sie ragt in
jun-
gen Embryonen etwas vor, ungefähr wie das Zeugungsglied in früher Zeit aus
der Geschlechtshöhle, und ist schon sehr früh von der Yogelzunge durch die reich-
liche weiche musculös werdende Masse verschieden.
ff. Primor- Die Primordial - Nieren entstehen und verschwinden wie in den Vögeln,

diai Nieren. wer(jen Jje^ denjenigen Säugethieren, welche einen grofsen Harnsack haben,
viel gröfser als bei Thieren mit
kleinem Harnsacke. Schon aus diesem Grunde
kann man schliefsen, dafs sie hier eben so wohl wie in den Vögeln secerniren,
und dafs der Stoff, den sie bereiten, durch den
Urachus in den Harnsack er-
gossen wird, wenn nicht ihr Bau an sich sehr deutlich den allgemeinen Charakter
secernirender Drüsen zeigte, deutlicher fast als jedes andere Organ. Wie in den
Vögeln wird die Metamorphose des Venensystems, durch welche die hintern Ve-
nen mit der Hohlvene in Verbindung kommen, durch sie vermittelt.
g^Bleiben- Nach aufsen von den Primordial-Nieren bilden sich die bleibenden Nieren,

die zwar im ersten Anfange sehr lang sind, doch schnell sich in länglich rund-
liche Massensammeln, die von den Knochen mehr sich
entfernen, als die Nieren
der Vögel.

hh. Ge- Der Geschlechtsapparat entsteht im Wesentlichen auch wie in den Vögeln,

parat?hUaP" erleidet aber eine viel mannigfaltigere Metamorphose. Eben so findet sich in den
Säugethieren, so verschieden auch im ausgebildeten Zustande die Genitalien bei-
der Geschlechter sind, im Anfange doch so völlige Uebereinstimmung, dafs es
unmöglich
ist, die Geschlechter zu unterscheiden.

x\\n der iunern Seite jeder Primordial - Niere sieht man eine längliche Masse
als ersten Anfang des zeugenden Organes. Von diesem getrennt
liegt an dem äu-
fsern convexen Rande der Primordial-Niere ein Faden, welcher mit dem hin-
tern Ende der falschen Harnleiter früher vielleicht vereint, später aber sehr dicht
an ihn geschlossen, in die Kloake geht. Dieser Faden wird zum ausführenden
Geschlechtstheile, Saamenleiter oder Eileiter.

In solchen frühzeitigen Embryonen ist auch wie in den Vögeln eine wahre
Kloake, indem aus dem hintersten Darmende der Harnsack sich hervorge-
stülpt hat.

Bei fortgehender Entwicklung fand Rathke, dafs in der Kloake zwei seit-
liche Falten hervorwachsen, welche endlich sich
erreichen. Diese Falten kön-

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nen aber nichts seyn als Fortsetzungen der untern Wand des Mastdarmes, und so
dürfen wir sagen, dafs der Mastdarm sich von der Gegend, aus welcher der
Harnsack hervorgewachsen ist* abschnürt. Bei dieser Abschnürung wird die
äufsere Oeffnung ebenfalls getheilt.

Man hat also jetzt, getrennt durch einen Theil der äufsern Decken, den
man
Damm (P erinaeum) nennt, zwei äufsere Ausmündungen, eine obere für den
Mastdarm allein, oder den After, und eine untere. Die untere ist Oeffnung
des Harn - und Geschlechtsapparates zugleich. Die Basis vom Stiel des Harn-
sackes hat sich erweitert, und diese Erweiterung, die zur Harnblase wird, ist es
eben, von welcher der Mastdarm sich abschnürt; da nun aber die falschen Harn-
leiter die wahren Harnleiter und die ausführenden Geschlechtstheile in die untere
Hälfte der Kloake einmündeten, so führen sie jetzt in die Harnblase und deren
Verlängerung, den Kanal, der unter dem After sich ausmündet.

Die zeugenden Organe, die im Anfange lang und schmal sind, runden sich
ab. In ihnen entwickeln sich durch histologische Sonderung beim männlichen
Geschlechte Kanäle, die Saameugänge, im weiblichen Geschlechte später die
Graafschen Bläschen.

Zu gleicher Zeit gehen die an den Primordial - Nieren liegenden Fäden
eine Metamorphose ein. Zuvörderst sieht man sie, wenn die falschen Nieren
sich stark entwickeln, nicht mehr an deren äufserm Rande, sondern, indem die-
ser immer mehr nach aufsen sich drängt, an der untern Fläche, woraus schon
hervorzugehen scheint, dafs sie mehr dem Bauchfelle als den Primordial-Nieren
selbst anzugehören scheinen. Sie sind auch bald von den falschen Harnleitern
gesondert und werden, indem sie sich mit Hervorziehung einer schwachen Falte
des Bauchfelles mehr hervorheben, in beiden Geschlechtern verschieden. Im
weiblichen Geschlechte werden sie weiter, münden sich offen in die Bauchhöhle
und sind mithin die Eileiter, die jetzt nur von vorn nach hinten verlaufen, weil
der letzte Theil des Geschlechtsapparats, der Fruchthälter mit dem Fruchtgange
oder der Scheide, noch ganz fehlt oder im Werden begriffen ist *). Im männ-
lichen Geschlechte kommen sie mit den Saamengängen in Verbindung. Nach
Rathke wird die Verbindung durch die vordersten secernirenden Gänge der
Primordial-Nieren bewirkt. Wahrscheinlicher ist das Resultat von Müller\'s
Untersuchungen, dafs die Saamenkanälchen aus den Hoden heraustretend (als so-
genannte
coni vasculosi) sich innerhalb der Oberfläche der falschen Niere

#) Nach Rathke (Meckel\'s Archiv für Anat. und Physiol. Bd. 1831.) sind sie anfänglich solide
und werden dann erst hohl.

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verlängern und in eine Verlängerung der Saamenleiler eingehen. Dieser Vor-
gang macht aber wieder wahrscheinlich, dafs der Saamenleitei ursprünglich so-
lide ist und mit dem Nebenhoden zugleich durch histologische Sonderung hohl
wird.

Bis hierher wäre die ganze Entwicklung im Wesentlichen wie im Vogel,
wenn wir auf die Absonderung der Darmöffnung von der Harn - und Geschlechts -
OefFnung nicht Rücksicht nehmen und hinzufügen, dafs im weiblichen Ge-
schlechte kein Schwinden der Genitalien auf der rechten Seite eintritt.

Aber eigentümlich ist die Ausbildung der Begattungsorgane und der auf-
bewahrenden Geschlechtstheile (Fruchthälter und Saamenblasen), da diese Ab-
schnitte des Geschlechtsapparates den Vögeln entweder fehlen oder nicht ausge-
bildet sind.

Sehr früh zeigt sich ein Paarungsglied am vordem Winkel der Harn - und
Geschlechtsöffnung, ja schon in der Kloake vor der Abschnürung des Mastdar-
mes , und ragt es um diese Zeit wie ein Zapfen aus der Kloake hervor 1), aber
auch dieses Glied ist bei beiden Geschlechtern längere Zeit völlig gleich. Nach
der Abschnürung wird es ein auf der hintern Fläche ausgefurchter Kegel, der sich
langsam vergröfsert und dabei in einem Bogen so krümmt, dafs die Spitze nach
hinten gerichtet ist. Bald wird die hintere Fläche tiefer ausgefurcht, indem an
die Seiten des Gliedes von der
Harn - und Geschlechtsöffnung aus zwei Falten
verlaufen, die das Glied in seiner gekrümmten Stellung zu halten scheinen. Da
die Falten von der ursprünglich engen und runden Harn- und Geschlechtsöffnung
kommen, so kann man den jetzigen Zustand nicht besser bezeichnen, als wenn
man sagt, die Harn- und Geschlechtsöffnung ist in eine Spalte verwandelt, wel-
che längs der hintern, (beim Menschen untern) Fläche des Gliedes verläuft 2).
Die Aerzte erkennen nun sogleich, dafs es diejenige Bildung ist, welche bei eini-
gen Männern, die man
Hypospadiaei nennt, als angeborne Mifsbildung der
Geschlechtstheile allgemein bekannt ist. Ja die
Hypospadiaei zeigen die ver-
schiedenen Durchgangsstufen bleibend dargestellt, denn bei einigen ist unter dem
Gliede eine kleine runde Oeffnung und dann ist gewöhnlich das Glied sehr kurz.
Die meisten sind weiter vorgeschritten, und haben unter dem Gliede, das dann
gewöhnlich herabgekrümmt ist, eine Rinne von zwei Hautfalten umgeben, und
geigen also den Zustand, von dem wir eben sprachen.

1  Dasselbe ist sogar im Hühnchen in früher Zeit, wo doch im erwachsenen Zustande kein deut-
liches Paarungsglied zu sehen ist.

2  Diese Spalte nennt Müller Fissura uro~genitalis,

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Wer Säugethier-Embryonen in diesem Zustande, besonders von solchen
Thieren, deren Männchen eine sehr lange Ruthe erhalten sollen, wie die Huf-
thiere, mit ansehnlichem, hervorstehendem, hakenförmig gekrümmtem Gliede
sieht, wird, selbst wenn er darauf vorbereitet ist, sich kaum enthalten können,
sie alle für Männchen zu halten. Dennoch ist das Geschlecht noch nicht kennt-
lich und, Sie errathen gewifs, dafs
in den Weibchen aus dem vorragenden Theile
der Kitzler wird. — So ist es in der That. Das Glied richtet sich aus seiner
gekrümmen Stellung entweder immer mehr nach vorn und wird die Ruthe, oder
es richtet sich noch mehr nach hinten und wird der Kitzler. Diesen scharfen Ge-
gensatz sieht man freilich nun in Säugethieren, deren Ruthe im ausgebildeten Zu-
stande der Länge nach in einer Scheide unter dem Bauche liegt. Hier legt sich
das Glied allmählig ganz an den Bauch an und wird von beiden Seiten durch die
Haut überwachsen, wobei das Glied aufserordentlich rasch sich verlängert. Vor-
her aber verwachsen die beiden Falten, die die Harn - und Geschlechtsspalte bil-
den, mit einander, und aus der Spalte wird dadurch ein Kanal, der nur am Ende
offen bleibt. So kommt also die Harn-und Geschlechtsöffnung im männlichen
Geschlechte an die Spitze der Ruthe, und Sie sehen leicht, dafs das Gefäfsge-
flecht der Harnröhre (das
Corpus cavernosum urethrae) aus den beiden
Falten und deren Basis längs der Furche sich bildet, die beiden GefäfskÖrper der
Ruthe (
Corpora cavemo sa penis) dagegen schon in dem Gliedewaren,
wie sie denn auch dem weiblichen Gliede nicht fehlen.

Die Bildung der Ruthe ist in andern Thieren,im Wesentlichen dieselbe, nur
scheint sie in denjenigen Säugethieren, wo sie im ausgebildeten Zustande die
Spize nach hinten gerichtet hat, wie in sehr vielen Nagern, schon in der ge-
krümmten Stellung eine Scheide zu erhalten, und dann erst an die Bauch wand
sich anzulegen, wo dann eine mehr ausgebildete Hautdecke die Scheide mit ein-
schliefsen würde 1). Diefs wäre um so mehr eine Art von Zurückbleiben in der-
jenigen Metamorphose, die wir an Hufthieren bemerken, als auch bei diesen,
wenn die Ruthe sich an den Bauch gelegt hat und von der Scheide umwachsen
ist, die Eichel noch lange herausragt und nach hinten gerichtet ist. Erst in der
letzten Zeit des Embryonenlebens zieht sich die Eichel zurück und verlängert sich
innerhalb der Scheide. Da die Scheide unterdessen schon ein ausgebildetes Ge-
webe erhalten hat und nicht mehr aus formlosem Bildungsstoffe besteht, so ver-
wächst sie nicht mehr mit dem vordem Ende der Ruthe, sondern diese zieht die

1  So scheint es mir wenigstens an Kaninchen. In Embryonen von 2 Zoll Länge ist die Ruthe
lioqh frei und mit einer Haut-Decke versehen,

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Haut an der Ausmündung der Scheide nach innen aus und bildet sich so die in-
nere Fläche der Yorhaut. Wo das Glied nicht von einer Scheide an den Bauch
angeheftet wird, wie im Menschen, ist die Metamorphose nur darin verschieden,
dafs es sich nicht eng an den Bauch legt, sondern mehr vorsteht und deshalb
seine eigene Haut von allen Seiten erhält, die über die Eichel als Yorhaut hinaus-
wächst.

Wenn sich dagegen das Glied ganz zurücklegt, so bleibt es klein, es
schliefst sich auch die Rinne an seiner hintern Fläche nicht, und das Glied wird
mithin ein Kitzler, der die Harn-und Geschlechtswege nicht aufnimmt, son-
dern am Ausgange derselben durch Ueberwucherung der Haut versteckt wird.
Die
gemeinschaftliche Harn- und GescMechtsöffnuixg, die schon früh vom After
getrennt wurde, bleibt im Wesentlichen im weiblichen Geschlechte unverändert
und wird, indem eine Wucherung der umgebenden Haut die beiden äufsern
Schaamlippen bildet, zur Schaamspalte.

Um die fernere Entwickelung des weiblichen Geschlechtsapparates zu ver-
stehen , erinnern wir nur, dafs die Harn - und Geschlechtsöffnung die Ausmün-
dung eines kurzen aus der Harnblase kommenden Kanals war, und dafs in diesen
Kanal hinten die falschen Harnleiter sowohl als auch die Eileiter ausmünden.
Diese Ausmündungen der ersteren befinden sich in einer kleinen Vorragung, die
an den sogenannten Schnepfenkopf der männlichen Harnröhre erinnert, und sind
paarig. Zwischen ihnen ist noch eine dritte mittlere Mündung, durch welche
beide Eileiter, nachdem sie sich kurz vorher vereinigt haben, sich öffnen. Von
dieser Stelle aus beginnt nun eine merkwürdige Veränderung, um den noch fehlen-
den Fruchthälter und die Scheide zu bilden. Es erweitert sich nämlich der kurze
gemeinschaftliche Kanal von der Ausmündung aus gegen die beiden Eileiter, wird
in seiner Wand dicker und theilt sich durch einen nach innen ringförmig vor-
springenden Wulst in Scheide und Hals des Fruchthälters. Die Verdickung
schreitet nun allmählig von dem Mittelstamme gegen den getrennten Theil beider
Eileiter gabelförmig fort. So entsteht also ein gabiiger Fruchthälter. Diese ga-
belförmige Gestalt ist die den [Embryonen der Säugethiere allgemeine, denn selbst
in Embryonen der Menschen ist der Fruchthälter mehr gabiig als nachher. Doch
ist offenbar, dafs hier der Mitteltheil viel mehr wächst als die Aeste.

An der Verdickung nimmt nicht blofs die unmittelbare Wand des ursprüng-
lichen Kanals, sondern auch die nächste Umgebung Theil, und so kommt es, dafs
bald die falschen Harnleiter in der Wand des Fruchthälters und der Scheide lie-
gen. Zwei Kanäle in der Wand der Scheide ausgewachsener Kühe kannte man
schon seit längerer Zeit, und nannte sie
Scheidengänge nach G u r 11, oder nach

einem

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einem Beobachter Gärtner sehe Kanäle. Jacobson hat nachgewiesen, dafs sie
die nicht
geschwundenen Reste der falschen Harnleiter sind. Kaum ist zu zwei-
feln, dafs die früher erwähnten Seitenäste im Fruchthälter der Beutelthiere nichts
anders sind als die Gartnerschen Kanäle in mehr ausgebildetem Zustande. (Vergl.
$. 8. d.)

Fügen wir noch hinzu, dafs die Scheide viel weiter wird als der Uebergang
der Harnblase in den Vorhof oder die weibliche Harnröhre, so ist klar, wie jetzt
die Scheide den unmittelbaren Uebergang in den Vorhof bildet und die Harnröhre
aufzunehmen scheint, während umgekehrt im männlichen Geschlechte die Saa-
menleiter in die Harnröhre übergehen, so dafs also der durch die Abschnürung
des Mastdarms gesonderte Kanal aus der Harnblase, wie er vor der Umbildung
des Paarungsgliedes bestand, im männlichen Geschlechte zum hintern erweiterten
Theile der Harnröhre, im weiblichen zum Vorhofe wird.

Noch haben wir der Wanderung zu erwähnen, welche in den meisten Säu-
getieren die Hoden vor der Geburt unternehmen. Sie entstehen, wie wir wissen,
ziemlich wTeit vorn in
der Bauchhöhle an der innern Fläche der Primordial - Nieren^
und zwar nach dem
vordem Ende zu. So wie nun die Primordial - Nieren sich
verkürzen, rücken schon die Hoden etwas nach hinten. Eben so rücken die Eier-
stöcke von ihrem Entstehungsorte weiter nach hinten und kommen so in das grofse
Becken. Die Hoden aber setzen diese Bewegung fort, wenn die Primordial-Nie-
ren schon ganz klein sind. Zugleich tritt eine Falte, die von der Leistengegend
zur Primordial-Niere geht, mehr hervor und gewinnt im Innern eine faserige
Textur.
Dieses Band innerhalb der Falte, das im männlichen Geschlechle unter
dem Namen des
Leitbandes (Gub er naculum Hunt er i) bekannt ist, (im weib-
lichen wird es zum runden Mutterband), scheint gleichsam am Hoden zu ziehen1).
Auch geht dem Hoden eine Verlängerung des Bauchfelles, der
Scheidenfortsatz
(Processus vaginalis
) voran. Noch sonderbareristes, dafs äufserlich eine
Herberge für beide anrückenden Hoden vorbereitet wird. Es bildet nämlich die
Haut an der Wurzel des männlichen Gliedes lange vor Ankunft
der Hoden Wülste,
welche aufserhalb der Bauchmuskeln liegen und nichts enthalten als ungeformten

1  Zwar erkannten die genauem Beobachter Seiler und Rathke keine Muskelfasern im Leit-
bande, allein wenn es dem runden Mutterbande analog ist, woran nicht zu zweifeln, so mufs es
doch eine Anlage zur Muskelbildung in sich tragen. Und sollte nicht die Ausbildung dieser An-
lage die Bewegung erzeugen, wie das männliche Glied der Hufthiere in seine Scheide zurückgezo-
gen und in derselben sogar gekrümmt wird, wenn die
Retrahente s Penis deutlich werden?
Dafs die Mu*keltextur nicht immer aus gesonderten Fasern besieht, zeigt uns der menschliche
Fruchthälter. Oder soll man wirklich sagen:
der Fruchthälter ist zwar bei allen Säugethisren
muskulös , aber nicht im Menschen: hier wird er nur muskulös, wenn er schwanger ist.

IL Ff

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Bildungssto.fi\' |yon (der Haut bekleidet. Die länglichen Hügel rücken immer mehr
gegen einander und nach hinten. So kommen sie zuletzt hinter die Wurzel des
männlichen Gliedes. Sie sind für dasselbe was wir im weiblichen Geschlechte die
Schaamlippen nennen, denn wäre hier die Harn- und Geschlechtsspalte nicht
schon geschlossen, so würden sie zu beiden Seiten derselben liegen. Im männ-
lichen Geschlechte aber, wo die Wülste keine Spalte mehr vorfinden, rücken sie
zusammen und bilden den Hodensack.

Dennoch möchte ich als das Bedingende der Bewegung den Hoden ansehen.

Der Hoden mufs freilich der Richtung folgen, welche ihm das Leitband vor-
schreibt. Dieses aber geht durch den Leistenkanal in den Hodensack. Hier nun
stülpt, sich ein Theil der Muskelwand hervor und heilst Hodenmuskel (Cr e meist er)

und mit ihr ein Theil des Bauchfelles, und nun folgt auch der Hoden in den gebil-
deten Kanal, wie in einen gebahnten Weg. Bei Menschen verwächst bekanntlich
der Scheidenfortsatz nach der Geburt und läfst nur um den Hoden eine seröse Hülle
zurück; bei den eigentlichen Yierfüfsern verwächst er aber nicht1).

Bei manchen Thieren ist diese Metamorphose nicht vollständig. Bei den
lSTagern und Insektenfressern ist der Scheidenfortsatz nur eine kurze Ausstülpung,
in welcher der Hoden gewöhnlich liegt, in der er aber nicht Raum findet, sondern
ganz oder wenigstens zum Theil in die Bauchhöhle wieder zurückgedrängt wird,
wenn er zur Paarungszeit anschwillt. In einigen Familien, die mit niedern Thier-
klassen nahe verwandt sind, bleiben die Hoden ganz in der Bauchhöhle zurück :
so in den Cetaeeen und Monotremen, aber auch im Elephanten und Daman.

Merkwürdig ist es, dafs die Milchdrüsen sehr früh kenntlich sind. Mehr
liefse es sich erwarten, dafs sie in beiden Geschlechtern gleich gebildet sind, so
dafs man sie in Embryonen mit Leichtigkeit findet, selbst wenn der Fleischnabel
noch lange nicht den Hautnabel erreicht. (Vergl. Taf. IV. Fig. 26, wo diese Theile
am vierwöchentlichen Embryo eines Schweines abgebildet sind.)

Ü. Zwerch- Sehr leid thut es mir, dafs ich die Entwickelungsgeschichte des Zwerchfel-

les nicht vollständig kenne, da dieser Theil den Säugethieren eigenthümlich ist.
Meine eigenen Beobachtungen sind nur gelegentlich gemacht und fremde sind mir
nicht bekannt. Nur so viel kann ich berichten, dafs, je weiter man in der Ent-
wicklung zurückgeht, um so weiter nach vorn stehend das Zwerchfell gefunden
wird. Dies liefse sich von der Anheftung an das Brustbein und die untern Enden

1  Ein gewifs merkwürdiger Umstand, da, wenn der Scheidenforlsatz bei Menschen ausnahmsweise
offen bleibä, eine Anlage zu Brüchen angeboren ist, die gewöhnlich sehr bald die Entstehung
eines Bruches veranlafst.

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der Rippen erwarten, da diese Wand des Brustkastens anfänglich kurz ist und
von vorn nach hinten auswächst. Aber was mir nicht verständlich ist, obgleich
man es sehen kann, ist, dafs auch die Insertion nach demRiicken hin in früher Zeil
sehr viel weiter nach vorn liegt, ja sogar bedeutend weiter nach vorn als der un-
tere oder Bauchrand. So sehe ich an Schweinchen von \\ Zoll Länge, wo die
Herzkammern so eben im Rumpfe Platz genommen haben, den obern Rand des
Zwerchfelles an den Anfang des Rumpfes scheinbar an den ersten Brustwirbel
gehen. Trennt man die Primordial-Nieren ab, um zu sehen ob das Zwerchfell
etwas über ihnen wieder nach hinten steigt, so findet man nichts davon , und den-
noch scheint das Zwerchfell schon deutlich muskulös. Mit Sicherheit konnte
ich das Zwerchfell noch erkennen, wenn die ungetheilte Herzkammer kaum noch
in den Rumpf einzutreten anfing. Es zeigt sich sehr dünn und ohne deutliche
Muskelfasern. Ich glaube es auch noch früher erkannt zu haben, wenn das ge-
sammte Herz noch im Halse liegt als ein äufserst zartes Häutchen, das unter dem
eben so zarten Herzbeutel lag und seiner Durchsichtigkeit nach durchaus wie eine
seröse Haut aussah. Ein Brustbein war noch nicht da. Die Anheftung nach der
Rückenseite
konnte ich nicht erkennen.

Auf diese Weise läge das Zwerchfell ursprünglich in derjenigen Gegend, wel-
che, den Wirbeln nach, Hals genannt werden mufs oder wenigstens auf der Grenze
zwischen Hals und Rumpf. Dadurch wird es mir allerdings verständlicher, dafs
sein Nerv aus Halsnerven gebildet wird. Allein im Üebrigen ist seine Bildungs-
weise doch noch aufserordentlich dunkel und räthselhaft. Ein Muskel, der queer
durch eine Höhle geht, um diese zu theilen, kommt sonst nirgends vorund so
fehlt jede Analogie, um seine Bildung sich verständlich zu machen. Vielleicht
würde unter diesen Umständen noch am meisten die Ansicht befriedigen können,
dafs das Zwerchfell ursprünglich nichts sej als die seröse vordere Bekleidung der
Bauchhöhle, die, durch Herz und Lungen zurückgedrängt, zu einer bestimmten
Zeit muskulös wird. Freilich wäre damit ein Theil des Unverständlichen nur hin-
ausgeschoben , die Frage: warum nur in den Säugethieren ein Theil des Bauchfel-
les muskulös wird, oder einen Muskel - Ueberzug erhält? Allein solche Bedingun-
gen der Bildung können wir für sehr viele Verhältnisse und in gewisser Beziehung
vielleicht für keine einzige organische Bildung nachweisen. Dagegen dürfen wir
nicht rasten, bis wir die Möglichkeit der Gestaltung begreifen, indem wir sie we-
nigstens in den Kreis analoger Vorgänge bringen.

Nun scheint es mir wohl denkbar, dafs für eine Scheidewand die schon da
ist, eine Muskelschicht sich bildet, allein undenkbar ist es mir_, dafs Muskelfa-
sern mitten in einen hohlen Raum hineinwachsen. — Die Vergleichung ajjsge-

Ff %

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bildeter Thiere giebt der obigen Ansicht einen Grad von Wahrscheinlichkeit. In
den Fischen ist eine Art Zwerchfell, welches zugleich die vordere grenze der
Bauchhöhle ist. Es liegt freilich im Verhältnifs zum Skelet sehr viel weiter nach
vorn als in den Säugethieren, allein in den Fischen rückt das Herz nicht nach hin-
ten , noch weniger treten Lungen hervor. So wird also gar keine Brusthöhle im
Sinne derSäugethiere gebildet. |In den Reptilien, wo das Herz allerdings zurück-
tritt und Lungen hervorwachsen, werden die letztern zum Theil von der vordem
Wand des Bauchfelles überzogen, offenbar weil dieses dem Andränge der Lun-
gen sich gefügt hat. Hätte aber dieser Theil der Bauchwand zur Zeit wo die
Lungen herauswuchsen, eine feste Muskellage gehabt, so würde er wohl ganz
die Form des Zwerchfelles erhalten haben. Allein schon genug und vielleicht zu-
viel ! Ich habe Sie nur darauf aufmerksam machen wollen, dafs die Bildungs-
geschichte des Zwerchfelles wohl auf der Bildungsgeschichte der serösen Häute
beruhen mag.

Ueber diese erlauben Sie mir noch die allgemeine Bemerkung, dafs sie
überall, wo geschlossene Räume von thierischer Flüssigkeit erfüllt sind, als Aus-
kleidung dieser Räume, gleichsam als Abgränzung der Flüssigkeit entstehen, zu-
erst weich und verhältnifsmäfsig dick, nachher fester und scheinbar dünner wer-
den , indem wir in späterer Zeit nur die eigentliche Oberhaut dieser Bekleidun-
gen als seröse Häute zu betrachten und das darunter liegende Zellgewebe nicht
mehr dazu zu rechnen pflegen, obgleich es der Entwickelungsgechichte nach da-
zu gerechnet werden mufs 1).

So habe ich in der Entstehungsweise der serösen Häute gar nichts Selbst-
ständiges finden können. Dafs das Herz seine besondere seröse Bekleidung hat,
beruht offenbar darauf, dafs es ursprünglich in einem abgeschlossenen hohlen
Räume enthalten ist. Wenn das Herz unter der Rachenhöhe liegt und die Masse,
welche sich zum Herzen bilden soll, sich concentrirt, mufs zwischen ihm und der
untern Wand des Halses (und der hintern Kopfgegend) ein hohler Raum entste-

1  Was ich im ersten Bande nur zweifelhaft über die Entstehung der serösen Häute äufserte, dafs
sie in ihrer Bildung keine andere Beziehung zeigen als die Auskleidung einer Höhle, kann ich
jetzt mit Zuversicht aussprechen , nachdem ich mich überzeugt halte, dafs auch der, in man-
chen Thieren freilich ziemlich frei liegende Herzbeutel, es ursprünglich niemals ist. — Zwi-
schen den praktischen Aerzten und den Physiologen ist ein Zwiespalt in Bezug auf die serösen
Häute. Jene sprechen immer von Entzündungen der serösen Häute und müssen davon sprechen,
da in der That oft die Wände der Höhlen entzündet sind. Die Physiologen dagegen wollen den
serösen Häuten keine Blutgefäfse zugestehen. Offenbar haben diese Unrecht; denn warum
sollte man die Oberhaut als das Wesentliche betrachten und das darunter liegende Zellgewebe
als nichts ?

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hen, der leine seröse Bekleidung erhält. Diese Bekleidung nun wird das Herz
auf seiner Wanderung mit sich nehmen, da sie auch ihm anhaftet. Aber der
Raum, dessen Auskleidung ursprünglich der Herzbeutel ist, mufs von der Bauch-
höhle getrennt
seyn, sonst würde der seröse Ueberzug des Herzens, wie der der
Leber, in den Ueberzug aller andern Organe der Bauchhöhle übergehen. Nun er-
innern wir uns, dafs die Bauchhöhle entsteht, indem das animale Blatt sich vom
vegetativen trennt, diese Trennung aber nur bis an die (Anfangs lange) Rachen-
höhle reicht. Von hier ab ist die Sonderung vielmehr unterhalb der Rachen-
höhle, nicht zur Seite derselben, indem das Gefäfsblatt sich selbstständig zum Her-
zen entwickelt und unter sich einen unerfüllten Raum läfsL Wo aber die Herz-
schenkel liegen, oder die spätem venösen Queerstämme, scheint gar keine Tren-
nung zu erfolgen, sondern eine Scheidewand zwischen der Höhle für das Herz
und Bauchhöhle zu bleiben, wie sie in den Fischen das ganze Leben hindurch
verharrt. Und diese Scheidewand, ist sie nicht die erste Spur des Zwerchfelles,
dessen fernere Bildungsgeschichte freilich wegen seiner Befestigung an den letzten
Rippen und an den Lendenwirbeln unverständlich bleibt? wenn wir nicht die
Frage aufwerfen, ob nicht die seröse Bekleidung der Bauchhöhle beim Zurück-
treten des Herzens und dem Hervortreten der Lungen sich von der Wand der
Bauchplatten löst, so weit sich Rippen entwickelt haben, und erst nach dieser Lö-
sung oder während derselben eine muskulöse Bekleidung erhält?

Da das Herz schon mit einer Hülle in die Rumpfhöhle tritt, das Zwerch-
fell aber zurückweicht, so müssen nothwendig auch die Lungen und die Piäume,
in die sie sich verlängern, seröse Ueberzüge erhalten.

Das Gekröse hat zwar Anfangs eine ziemlich selbstständige Bildung und
die beiden Blätter desselben haben uns besonders veranlafst, eine besondere Ge-
fäfsschicht im Embryo anzuerkennen. Allein später wird dieses Blatt mit dem
Bauchfelle ziemlich identisch, und es wäre eine mikrologische und bei der ra-
schen Substanz-Veränderung im Embryo nicht zu lösende Frage, ob das Zellge-
webe zwischen den Gefäfsen des Gekröses dem ursprünglichen Gefäfsblatte ange-
hört oder nicht ? Es kommt auch auf die Beantwortung dieser Erage wenig an,
da bald das Gekröse zu den serösen Häuten gezählt werden kann. Deswegen sa-
gen wir an dieser Stelle noch ein Wort über dasselbe. Es ist zuerst an der Cen-
trallinie des ganzen Darmes mit Einschlufs des Magens grade ausgestreckt. Indem
nun bald der Speisekanal sich mannigfach windet, nimmt das Gekröse daran
Theil, jedoch nicht überall auf gleiche Weise. Im Allgemeinen kann man sa-
gen, dafs, wo die Blätter des Gekröses schon eine Strecke eng an einander liegen,
es den Windungen des Darmes folgt; wo aber die Blätter von einander abstehen

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oder eben erst sich an einander gelegt haben, der Darmtheil sich über ihnen weg-
schiebt. Vor allen Dingen dreht sich der Magen, und zwar so, dafs er wohl der
Länge nach steht, aber die grofse Curvatur nach rechts gerichtet hat. Dann
krümmt er sich langsamer, indem
er zugleich die grofse Curvatur noch mehr nach
rechts schiebt, bis sie durch die starke Zusammenkrümmung am Ende mehr nach
hinten gerichtet ist und mit dem linken Ende bei vielen Thieren, wie beim Men-
schen , sogar wieder weiter nach vorn zu liegen kommt. Durch diese Drehung
wird das Magengekröse in einen Beutel nach links ausgezogen, und so entsteht jene
merkwürdige vom Bauchfell ausgebildete Höhlung, die zwischen dem Magen,
der Milz und dem Pankreas liegt, und in welche man bei Menschen durch das so-
genannte For amen TV inslovii *) von der untern Fläche der Leber aus ge-
langen kann. Das Magengekröse ist nämlich nichts anders als das grofse Netz 1),
denn so unerwartet es auf den ersten Anblick scheinen mag, so gewifs ist es doch,
dafs die grofse Curvatur des Magens ursprünglich die Mittellinie seiner Rücken-
wand und. die kleine Curvatur die Mittellinie der Bauchseite ist, wie sich schosi
aus der Yertheilung der herumschweifenden Nerven nach einer frühern Bemer-
kung erwarten läfst. In den meisten Säugethieren verbleibt das Netz in einer
beuteiförmigen Form, indem es von der grofsen1 Curvatur des Magens über deii
Magen weg gegen die Wirbelsäule geht, was vorzüglich deutlich bei Raubthie-
ren wird. In diesen nach rechts gerichteten Beutel führt hier ein ziemlich wei-
ter
Eingang zwischen der Leber und dem Magen. Beim Menschen aber und vie-
len andern Thieren, z. B. unsern meisten Hausthieren, bleibt das Netz nicht so
einfach, sondern es verlängert sich weit nach hinten, wobei es aber immer noch
ein langer und flach gedrückter Beutel genannt zu werden verdient. Beim Men -
schen aber verwächst der herabhängende Theil überdiefs noch mit dem Oueer-
grjmmdarme und seinem Gekröse, nachdem der Queergrimmdarm sich hinauf-
geschoben hat. — Der weite Darm, der anfanglich sehr kurz ist und überall
ein Gekröse hat, schiebt bei seiner Verlängerung die Blätter dieses Gekröses von
einander, und so kommt es, dafs später bei manchen Thieren und vorzüglich
beim Menschen ein Theil des weiten Darmes ohne freies Gekröse fast aufserhalb
dès Bauchfelles liegt.

1  In der Darstellung von der Bildung des grofsen Netzes ist mir J. Müller zuvorgekommen,
Sie
mußte mir sogleich einleuchten, als ich die Drehung cles Magens erkannt hatte, die ich be-
reits im ersten Theile am Hühnchen beschrieben habe, die man aber an Säugethieren noch deut-
licher sieht. Nur die Art der Anheftung an das Colon kannte ich vor Müller\'« Abhandlung
(Meckel\'?
Archiv für Anat. u, Physiql. 1829.) noch nicht.

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Nack dem, was ich so eben vom Magen gesagt habe, können Sie leicht er-
rathen, welchen Ursprung das kleine Netz haben müsse. Wir werden ihn so-
gleich erkennen , wenn wir den Magen und die Leber in ihre ursprüngliche Stel-
lung bringen. Der Magen liegt mit der kleinen Curvatur nach der Mittellinie des
Bauches, und die Leber treibt hinter dem Magen aus dem Darme hervor. Indem
in der Ausstülpung, die zur Leber wird, die Gefäfsschicht zur Bildung des drüsi-
gen Gewebes außerordentlich wuchert, hebt sie auch von der äufsern Beklei-
dung des Magens Substanz ab, die bei immer fortgehender Erhebung der Leber
die Form einer Falte annimmt. Wenn nun die Leber nach rechts, der Magen
nach links wandert, so mufs nothwendig diese Falte in die Verhältnisse kommen,
die wir am kleinen Netze finden.

Nachdem wir vom Baue des Eies und der Entwicklung des Embryo der mm. Bil-
Säugethiere gesprochen haben, wird es nicht überflüssig seyn, noch einen Blick bel^und dts
auf die Verbindung zwischen beiden zu werfen. Wir wissen, dals der Nabel- geasbelätran~
sträng der Frucht der Säugethiere eigentümlich ist. Diese Eigentümlichkeit
besteht aber nicht blofs in der Länge, sondern auch darin, dafs die Nabelscheide
wie sie schon in den Vögeln vorkommt, sich mit Substanz anfüllt und dadurch
solide wird. Zuvörderst nämlich ist die Nabelbildung wie im Vogel, nur schien
es mir, dafs der Fleischnabel mehr gegen den Hautnabel zurückbleibt. Das ist
wenigstens entschieden der Fall bei Thieren mit sehr grofsen Primordial-Nieren,
die den Bauch gewaltig auftreiben. Eine Folge davon ist, dafs statt der sehnigen
Mittellinie des Bauches (
Linea alba) eine lange Spalte in den Bauchmuskeln
ist (yergl. Taf. IV. Fig. 26.), selbst zu einer Zeit wo schon eine ganz ansehnliche
Nabelscheide sich gebildet hat. In diesem Zustande ist die Nabelscheide eine
wahre Verlängerung des Bauches, und es liegt, wie im Vogel, ein Theil der wu-
chernden Därme in der Scheide, doch ragen die Darmwindungen niemals, wie
im Vogel einige Tage vor der Geburt, aus der Nabelscheide hervor, denn die
Scheide wird in den Säugetieren länger. Indem sich aber der Darm zurück-
zieht, füllt sich die Scheide mit Substanz aus und wird zum wahren Nabel-
strange.

Hiermit stimmt es überein, dafs in keinem Säugethiere der Dotiersack oder
das Nabelbläschen zuletzt in den Leib schlüpft, vielmehr entweder früh oder we-
nigstens bei der Geburt abstirbt. Es stirbt aber überhaupt bei der Geburt, und
wie es scheint, veranlafst durch den neuen Kreislauf durch die Lunge, dergesammte
Nabelstrang mit allen Eihäuten ab. Die Nabelscheide enthält durchaus dieselben
Theile wie der Vogel, die Nabelschnur weicht nur in so fern ab, als bei sehr

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vielen Säugethieren der Dottergang mit den Gefäßen des Dotiersackes früh ab-
stirbt.

Der Nabelstrang ist offenbar am längsten beim Menschen,- nächst diesem
bei den Affen, und so fort ziemlich nach dem Verhältnisse der Menschenähnlich-
keit, doch ist er bei Nagern kürzer zu nennen, als bei Hufthieren.

Der Nabelstrang ist mehr oder weniger gedreht, und diese Bemerkung nö-
thigt mich noch etwas von der Lage des Embryo zu sagen, was ich bisher ab-
sichtlich vermieden habe, um Ihnen die Vergleichung des Vogel-Eies mit dem
Ei der Säugethiere zu erleichtern.
nn. Lage des Vor allen Dingen liegt der Embryo der Säugethiere im Mitteitheile oder

unbryo. Körper des Fruchthälters, wenn dieser ansehnlich ist. Ist dagegen der Mittel-
theil unbedeutend gegen die Hörner, so liegt der Embryo in einem Hörne, wie in
den Wiederkäuern, und die Eihäute gehen durch den Mittelkörper tief in das an-
dere Horn hinein, oder, was bei stark getheiltem Fruchthälter viel gewöhnlicher
Statt findet, es bilden sich mehrere Früchte in den Hörnern. Das ist nur allzu
bekannt. Dagegen scheint es mir noch unberücksichtigt, dafs in Einer Hinsicht
alle Embryonen (mit Ausnahmen) der frühesten Zeit normal so liegen, dafs ihr
Rücken in der grofsen Curvatur des Fruchthälters und seiner Hörner liegt. Die
grofse Curvatur des Fruchthälters ist aber der Bauchseite des Mutterthiers zuge-
kehrt. Alle
Säugethier-Embryonen kehren also ihre Rückenseite gegen die
Bauchseite der Mutter. Eben so der menschliche Embryo in normaler Lage, ob-
gleich dieser am meisten seine Lage zu verändern im Stande ist. Damit stimmt
es, dafs bei allen Embryonen mit kurzem Nabelslrange und beschränktem Frucht-
kuchen, die ich untersuchen konnte, der Fruchtkuchen an der kleinen Curva-
tur, wo äufserlich das Fruchthälter-Gekröse ansitzt, befestigt ist, es mag übri-
gens dieser Fruchtkuchen getheilt seyn oder nicht.

Der Embryo liegt ferner , sobald er nicht mehr ganz klein ist, immer mit
seiner Längendimension in der Längendimension des Fruchthälters; allein man
würde sich irren, wenn man glaubte, dafs alle Embryonen von Säugethieren mit
dem Kopfe nach der Scheide gekehrt liegen, wie der Embryo des Menschen in
normaler Lage. Die Embryonen der übrigen Säugethiere sind bald mit dem Kopf
nach dem Eierstocke, bald nach der Scheide gekehrt.

Diese Lage ist jedoch nicht die ursprüngliche, sondern alle Embryonen der
Säugethiere, die ich in sehr früher Zeit fand, lagen in der Queerachse des Eies,
und die Queerachse des Eies ist auch immer die Queerachse des Fruchthälters.
Sie drehen sich also später entweder mit dem Kopfe nach dem Eierstocke oder
nach dem Ausgange des Geschlechts-Apparates.

Was

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Was die Lage des Embryo im Verhältnifs zu den Eitheilen anlangt, so habe
ich bei der Demonstration des Eies und in der Darstellung desselben in unsern Ab-
bildungen angenommen, dafs der Dottersack immer nach links und der Harnsack
immer nach
rechts vom Embryo liegt. Zu dieser Annahme hatte ich zweierlei
Gründe, zuvörderst weil nur dadnrch der Bau der Eier verschiedener Familien
unter einander und mit dem Ei der Vögel vergleichbar gemacht werden konnte,
und zweitens weil ich allerdings die Ueberzeugung habe, dafs diese Lage die
normale ist. Doch mufs ich hier bemerken, dafs die Ausnahmen häufig genug
sind *), und zwar vorzüglich bei den Thieren mit langem Ei und dünnem Dot-
tersacke, weil hier der Dottersack seine ihm nach dem allgemeinen Typus zukom-
mende Lage nur mit sehr geringer Kraft behaupten kann **). Die abweichende
Lage kommt nicht etwa einzelnen Familien zu, sondern Individuen aus den ver-
schiedensten Familien.

Ueberblicken wir zum Schlüsse noch die Geschichte sämmtlieh er Theile oo. Welche
des Eies , um zu erkennen, welche in den Embryo übergegangen sind und welche Je^Geburt
nicht, so finden wir, da Chorion,
Amnion, Dottersack, der gesammte Nabel- ^Ioren
sträng mit dem Fruchtkuchen nach der Geburt absterben, dafs hier viel mehr von
den Eitheilen als unbrauchbar abgesiofsen wird , als im Vogel; denn nicht nur ge-
hen alle Theile des Eies, wrelche der Vogel bei seiner Enthüllung zurückläfst,
auch beim Sängethier verloren, sondern überdiefs noch der Dottersack, so auch
ein Theil der Fruchtstotfe, da etwas Eiweifs in die Bildung des Chorions einge-
gangen ist und bei einigen Familien wenigstens der Dottersack noch bei der Ge-
burt etwas Dottersubstanz erhält.

§. 10.

Bau und Entwickelung der Eier der einzelnen Siiugethier-Fa-
milien und des Menschen insb eson der e.

Wir haben bisher die Entwickelungsgeschichte der Säugethiere überhaupt a. Vorbe-
kennen zu lernen gesucht. Zwar habe ich, besonders bei der Demonstration der merkuuS
Eihüllen, auf die einzelnen Formen oft verweisen müssen, weil eben dadurch nur
die Wesenheit jedes Theiles nachgewiesen werden konnte. Allein ich kann nicht

*) Viel häufiger als ich bei Abfassung der Gratulationsschrift zu Sömmerring\'s Jubelfeier
glaubte. So liegt bei dem Taf. IV. Fig. 17. abgebildeten Schaafs - Embryo der Mitteltheil des
Dottersackes an der rechten Seite des Embryo.
**) Ob diese Abweichung in dem Lagenverhältnifs nicht ihre Bedeutung habe, soll bei einer andern
Gelegenheit erörtert werden.

II. Gg

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zweifeln, dafs es Ihnen unmöglich gewesen seyn wird, das Zerstreute !so zu sam-
meln, dafs daraus die Eigentümlichkeiten der Früchte der einzelnen Familien
anschaulich werden, obgleich fast alle genannt sind, indem wir die Variationen
der einzelnen Eitheile verfolgten.

Wollen Sie nun die Besonderheiten der Früchte in den verschiedenen Fa-
milien kennen lernen, so müssen wir sie einzeln durchgehen. Vorzüglich wird
dieses für die Eihiillen als die veränderlichsten Theile nötliig seyn; denn was
die Embryonen anlangt, so entwickeln sich diese so übereinstimmend, dafs Sie
gewifs schon über die Gleichmäfsigkeit in so verschiedenen Klassen, wie die
Säugethiere und Vögel
sind, erstaunt seyn werden 1). Auf die wichtigsten Va-
riationen in
ihrer Bildung habe ich zum Theil schon hingewiesen, zum Theil
bestehen sie eben darin, dafs die bekannte Eigentümlichkeit einer Familiesich
entwickelt und eine ihr fremde nicht. Ich miifste erzählen, dafs das Schwein
allmählig einen Rüssel bekommt, das Kaninchen nicht, doch das können Sie
sich selbst leicht sagen, nachdem Sie erfahren haben, dafs in den ersten Wochen
alle Säugethiere kurze Menschengesichter haben. Sie können, wenn Sie auf-
merksam die Entwickelung der Embryonen und ihrer einzelnen Theile verfolgen,
einige Abbildungen ansehen, und sie mit ausgebildeten Thieren vergleichen,
leicht sich selbst sagen, welche Eigentümlichkeiten spätere Bildungen sind und
welche auf einem
Zurückbleiben auf frühem Stufen beruhen. Sie werden ein-
sehen, dafs, um bei dem gewählten Beispiele stehen zubleiben, im Menschen
seine Kiefern und seine Nase auf Kosten des Hirnes zurückgeblieben sind, und wir
werden zuletzt, wenn wir die Bildungsgeselze zu entwickeln versuchen, ein ganz
einfaches Kennzeichen angeben, woran man unterscheidet, welche Formenein
Zurückbleiben und welche ein Fortschreiten nachweisen.

Ich werde daher die Entwicklungsgeschichte der verschiedenen Embryo-
nen nicht erzählen, theils um nicht immer dasselbe zu sagen, theils weil ich in
der That, mehr auf allgemeinere Verhältnisse aufmerksam, die geringen Diffe-
renzen weniger beachtet habe. Nur gelegentlich mag also hie und da noch vom
Embryo gesprochen werden.

Die genauere Kenntnifs der Eihüllen, und zwar nach ihrer gesammten Bil-
dungsgeschichte vom ersten Auftreten an, ist aber wichtig, weil nur dadurch die
verschiedenen sich widersprechenden Berichte verständlich werden und weil nur

1  Diese Uebereinstimmung ist noch so wenig anerkannt, dafs Herr Prof. E. Weber, den Je-
dermann mit mir zu den ersten Anatomen Deutschlands zählen wird, im dritten Bande seiner
Anatomie, wenn er von der Entstehung der Organe spricht, auf das. Hühnchen noch sehr wenig
Bücksicht nimmt, im 4ten Bande freilich schon viel mehr..

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die genaue Kenntnifs der verschiedenen Formen der Säugethier-Eihüllen uns Leim
Verständnifs der Hüllen des Menschen-Eies leiten kann, dessen erste Bildungs-
Momente für die Untersuchung fast unerreichbar sind. Ferner kann nur die Kennt-
nifs des Einzelnen Das bewähren, was wir als die allgemeine Geschichte derselben
gegeben haben, wie denn jene allgemeine Darstellung eben aus den specieileu
Beobachtungen, über die ich unserm Zwecke gemäfs immer noch ziemlich sum-
marisch werde berichten müssen, hervorgegangen ist. Auch kann nur die Betrach-
tung des Einzelnen auf die Fragepunkte hinweisen, die noch einer festen Entschei-
dung harren.

Wohl weils ich, dafs schon früher Wiederholungen nicht selten vorgekom-
men sind. Sie liegen nur zu sehr in t^er Entwicklungsgeschichte, da nach einiger
Zeit die alten Theile in ganz neuen Verhältnissen stehexi, welche man nur ver-
ständlich machen kann, wenn man auf die gleichzeitige Umbildung anderer Theile
aufmerksam macht. Die ganze jetzt folgende Darstellung wird eine Art Wieder-
holung der allgemeinen Darstellung der Hüllen des Säugethier-Eies sejn. Allein
eine solche Wiederholung schien mir unvermeidlich, wenn ich Ihnen eine feste
Ueberzeugung vom Bau der Eier der Säugethiere geben wollte. Entweder mufs-
ten wir den Bau und die Entwicklungsgeschichte der einzelnen Formen durchge-
hen, um daraus die allgemeine Geschichte der Eier zu entwickeln, oder wir müfs-
ten diese voranschicken, um Gründe zu erhalten, nach denen wir jeden einzelnen
Theil deuten. Wäre die Kenntnifs allgemeiner, vollständiger eingebürgert und
nirgends streitig, so würde man freilich einer solchen Wiederholung nicht be-
dürfen.

Wir wollen uns für diesen neuen Abschnitt einer Reihe schematischer Um- pT*f. iv.
risse bedienen, welche die verschiedenen Eiformen übersichtlich darstellen. Die 26? 27.
fünf
ersten Abbildungen (Taf. IV. Fig. 19 — 24.) sind Oueerdurchschnitte der Eier.
In allen ist diejenige Lage der Theile angenommen, die ich für die normale halte.
Um die Abbildungen schon für den ersten Anblick belehrend zu machen, habe ich
überall die Theile auf gleiche W eise ausgedrückt. So ist immer der Durchschnitt
der Gefäfsschicht roth, der Schleimhaut gelb; Durchschnitte, welche beide
Schichten an einander haftend enthalten, wie die des unveränderten Harnsackes,
zeigen daher beide gefärbten Linien. Um aber den Harnsack vom Dottersacke so-
gleich unterscheiden zu können, ist die ganze Durchschnittsfläche des letztern gelb
gefärbt, ja ich habe überdiefs, wenn er nicht sehr lang ist, Gefäfsvertheilungen
auf ihm gezeichnet, als ob man ihn nicht eigentlich im Durchschnitte, sondern per-
spectivisch sähe. Wo aber der Dottersack sehr lang ist
und die Durschschnitts-
fläche also sehr weit von der ^efäfsreichen Bekleidung absteht, würde eine solche

Gg 2

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Barstellung nur verwirrt haben. Man hat durch diese Behandlung zugleich einen
Maafsstab erhalten. Dottersäcke nämlich, auf denen keine Yertheilung von Blut-
gefäfsen kenntlich ist, sind stark in der Läugenaehse der Eier ausgedehnt. Der
Durchschnitt des gesammten Eies ist immer am Dottergange gedacht. Da nun der
Harnsack mit dem hintersten Ende des Embryo in Verbindung steht, so mufste
dieser überall als abgelöst dargestellt werden. Die gefäfslosen Häute, das Amnion,
die seröse Hülle und die äufsere Eihaut sind durch eine einfache schwarze Linie
angedeutet, und zwar letztere äufserlich mit Zotten, welche geröthet erscheinen,
wo sie Blutgefäfse erhalten haben. Der Embryo ist immer mit offenem Leibe
dargestellt, obgleich, wenn die übrigenEitheile so weit entwickelt sind, als unsere
Abbildungeil sie geben, der Nabel nielir geschlossen seyn würde. Allein bei dem
engen Aneinanderliegen aller Theife im Nabel oder dem Nabelstrange wäre die
Darstellung viel weniger deutlich geworden, wenn sie getreuer wäre, und überall
war die gröfsere Anschaulichkeit die Hauptaufgabe der Darstellung.

Ich habe Queerdurchschnitte des Eies gewählt, weil man bisher fast nur
durch schematische Längendurchschnitte den Bau des Säugethier-Eies zu erläutern
versucht hat (Dutrochet, Burdach in der Physiologie), diese Längen-
durchschnitte aber Lage und Zusammenhang vieler Theile nicht richtig angeben
können, am wenigsten des Harnsackes. Was aber durch den Oueerdurchschnitt
nicht sich zeigen läfst und doch nicht von selbst anschaulich wird, sollen unsere
Figuren
26 u. 27. verständlich machen.

Rückblick Erläuterung für alle übrigen Eier ist in Fiff. 19. zuvörderst der Durch-

auf das Vo- . ". ...

gel-Ei. schnitt eines Vogel-Eies gegeben. Es ist ein Moment gewählt, in welchem der

Fig. 19. Harnsack noch nicht die ganze Schaalenhaut auskleidet (etwa der achte Tag der
Bebrütung), doch ist zur bessern Vergleichung der Embryo schon völlig in der
Längenachse des Eies liegend gedacht, obgleich er diese Lage noch nicht hat.
Sie erkennen nun sogleich in
a den Durchschnitt des Embryo, in b des Amnions.
Im Innern des Embryo sieht man, frühern Darstellungen analog, den Durchschnitt
der Primordial-Nieren des Gekröses und des Darmes, von diesem ausgehend den
Dottergang (c), der in den nicht durchschnittenen Dottersack
(d) übergeht. An
diesem sieht man die Gefäfsvertheilung mit der Grenzvene angedeutet. Bei
e ist
der Harngang durchschnitten. Der aus diesem entwickelte Harnsack hat noch nicht
das ganze Ei umhüllt, man sieht aber, wie seine äufsere Hälfte (ƒ) an die Schaa-
lenhaut sieh anlegend, die Bildung des Chorions einleitet, die innere Hälfte (g-)
aber (die
Membrana media älterer Anatomen, Aas Endochorion Dutrochet\'s)
sich um das Amnion legt und nicht in Berührung mit
der Schaalenhaut kommt. Zu-
gleich ist die Darstellung so gewählt, dafs der Harnsack sich nicht allein von der

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rechten Seite um den Rücken des Embryo schlägt, sondern auch nach der entgegen-
gesetzten Seite sich ausdehnt. Hier will ich nämlich nachträglich noch bemerken,
dafs zwar beim Hervorwachsen des Harnsackes seine Richtung von rechts nach dem
Rücken
des Embryo sehr entschieden ist, dafs aber, so wie sich das geringste Hin-
dernifs findet , wozu die seröse Hülle und das noch anhaftende Eiweifs Veranlassung
geben können, er sich, da ihn die Primordial - Nieren stark mit Flüssigkeit anfül-
len, überall hin ausdehnt, wo er freien Raum findet. Nur zuweilen geht er al-
lein in der ursprünglichen Richtung fort, obgleich sie immer die vorherrschende
bleibt. In unserm Eie sehen wir ferner den Rest der jenseit der Grenzvene noch
anhaftenden serösen Hülle bei h, h, welchen der Harnsack vor sich herschiebt1).
Aufserhalb derselben ist das fester gewordene Eiweifs (i) noch anhaftend (das frei-
lich in der Wirklichkeit mehr nach dem spitzen Ende der Eier liegt und von dem
Schnitte wenig oder gar nicht getroffen werden würde). In k sieht man die Schna-
belhaut und um diese den Durchschnitt der Schaale selbst. Um die Zotten der
Schaalenhaut für die Vergleichung mit den Eiern der Säugethiere anschaulich zu
machen, müfste zwischen Schaalenhaut und Schaale eine kleine Lücke gelassen
werden, die in der That nicht da ist! In dieser Lücke also liegen die Zotten.

Hiernach werden Ihnen die folgenden Abbildungen von Säugethier-Eiern
von selbst verständlich seyn 2), besonders wenn Sie das Ei des Vogels in Gedanken
so drehen, dafs der Embryo senkrecht steht. Der Embryo ist nämlich im Vogel-
Eie auf dem Dottersacke liegend gezeichnet, weil man ihn in der That in dieser
Lage findet. — Für die Bildungsgeschichte des Chorions haben wir eine andere
Reihe von Abbildungen3).

Das Ei der Raubthiere ist aus dem Momente dargestellt, wo das Choriou ge- b Ei d

bildet und der Fruchtkuchen in der Entwicklung vorgeschritten ist. Der Dotter- Raubthiere

. . Fi.g 21.

sack ist viel ansehnlicher, als er hier auf den ersten Anblick scheint, weil seine be-
deutende Länge nicht ausgedrückt werden konnte, denn es steht seine Längen-
achse dem Beobachter zugekehrt und man sieht ihn nur in seiner kleinsten Dimen-
sion , da er nicht kugelig wie im Vogel, sondern ein langer Schlauch ist. Nur
an den äufsersten Enden läuft er in ganz dünne und geschlossene Verlängerungen
aus, die ihn an die übrigenTheile anheften, aber sehr viel kürzer sind, als die ent-
sprechenden , weniger graden und zarteren fadenförmigen Zipfel des Dottersackes
in den Hufthieren. Uehrigens liegt der grofse, dreieckig - spindelförmige Theit

1  Ich finde, dafs ich dieses Wechsels in den bereits gedruckten Abschnitten gar nicht erwähnt
habe. Es mag also hier geschehen, besonders da ich bei Gelegenheit der Nabelarterien mich
auf denselben berufen mulste.

2  Es schien deshalb nicht nöthig, sämmtliche Buchstaben in jeder Figur zu wiederholen-

3  Taf. V. Siehe hierüber die Erklärung der Abbildungen

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oder der Dottersack selbst, frei in einem hohlen Räume, dessen Bildungsgeschichte
noch keinem Beobachter klar geworden zu seyn scheint. Dieser Raum wird von
allen Seiten von dünnen Blattern umgeben (ft, A), die an die benachbarten Um-
gebungen sich anlegen. In altern Früchten findet man sie netzförmig durchbro-
chen , in jiingern bilden sie continuirliche Flächen. Sie werden bei Yergleichung
mit Fig. 19. bald erkennen, dafs diese Blätter nur derjenige Rest der serösen Hülle
seyn können, der sich zuletzt von dem Dottersacke gelöst hat; denn allmählig
breitet sich der Gefäfshof über den ganzen Dottersack aus, wobei immer das ani-
malische Blatt
sich löst, und der Harnsack mufs nothwendig immer die seröse
Hülle vor sich her treiben. Das wird Ihnen noch deutlicher werden, wenn Sie
Fig.
24. ansehen, wo das Ei der Säugethiere in dem frühen Zustande durchschnitt-
lich dargestellt ist, wenn die seröse Hülle in der Blüthe sich befindet. Das Ei ist
noch so
jung, dafs das Amnion an der serösen Hülle haftet und der Harnsack ent-
weder noch gar nicht hervorgetreten oder noch sehr klein ist. Da er aber zwischen
animalischem und vegetativem Blatte hervorwächst, so glaube ich macht diese
Figur es sehr anschaulich, dafs er überall bei seiner Entwicklung die seröse Hülle
vor sich her drängen mufs
und zuletzt denTheil, der sich zuletzt ablöst und in die-
ser Figur noch anhaftet.

Doch verfolgen wir die Frucht der R-aubthiere in ihrer Entwickelung! Das
Ei des Hundes möge als Beispiel dienen. Es kommt in sphärischer Gestalt in den
Fruchthälter und liegt in demselben zuvorderst
ganz löse, so dafs es allmählig
weiter bewegt wird. Sobald
der Dotter flüssig geworden ist, unterscheidet man
deutlich zwei in einander liegende Säcke, einen innern, an welchem noch Häuf-
chen von Dotterkörnern anliegen und welcher aus der Iveimhaut und einem kleinen
kreisförmigen Schilde, dem Embryo, besteht. Dieser Sack schwebt frei in dem
äufsern, den man für die Dotterhaut halten mufs, weil er dieselbe Haut ist, die
schon im Eierstocke den Dotter umgab. Auf der Dotierhaut liegt noch etwas un-
förmliche Masse, welche allmählig geringer wird und die anhaftende Keimschicht
zu seyn scheint. Nun umschliefst aber bald der Fruchthälter das immer wachsende
Ei so eng, dafs es kaum möglich scheint, es unversehrt auszulösen. Man erkeimt
das Daseyn des Eies, wenn man den Fruchthälter gegen das Licht hält. Schnitt
ich den Fruchthälter auch noch so behutsam auf, so fand ich doch
wenigstens die
äufsere Haut zerrissen. Sie ist nun mit keulenförmigen durchaus blutlosen Zotten
besetzt, die in maschenförmige Vertiefungen, welche unterdessen im Fruchthälter
sich gebildet haben, tief eingreifen. Im Innern dieser Haut ist, durch flüssiges
Eiweifs getrennt, der früher gesehene, innere Sack,
auf welchem die schildför-
mige Erbebung des Embryo unterdessen länglich geworden ist. Weil ich nur diese

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beiden Häute finden konnte, so glaubte ich, die äufsere sey dieselbe, welche ich,
so lange das Ei lose war,\' auch äufserlich gesehen hatte, und ich mufste also folgern,
sie wäre aus dem Eierstocke mit herübergenommen, und schlofs nun weiter, die
Haut, die im Eierstock schon vor der Befruchtung gebildet ist, sey die äufsere
Eihaut und nicht die Dotterhaut1). Da ich aber später in andern Familien, na-
mentlich in Dickhäutern und Wiederkäuern, die Neubildung der äufsern Eihaut
vollständig
verfolgen konnte, und die Haut, welche das Hunde - Ei nach seiner Be-
festigung mir zeigte, offenbar die äufsere Eihaut ist, so wird es mir jetzt zweifel-
haft , ob nicht in der Zelle, welche der Fruchthälter um das Ei bildet, Eiweifs
sich sammelt, und dieses sich mit einer Oberhaut bekleidet, vorher aber die Dot-
terhaut geschwunden ist. Indem nun das Ei wächst und die Zotten sich verlängern,
wird es länglich, der Embryo fängt an sich zu formen und liegt queer auf dem Dot-
tersacke. Es bilden sich Amnion und seröse Hülle auf die allgemeine Weise. Der
Embryo drängt, indem er sich krümmt, mit seinem Kopfe tief in den Dottersack
hinein, wobei er aber immer vom Amnion umhüllt bleibt. — Wenn Darm und
Bauch
gröfstentheils noch offen sind, im Dottersaclce und im Embryo aber schon
längst Gefäfse sich erzeugt haben, wächst der Harnsack aus der
Kloake hervor
(ungefähr am Schlüsse der dritten Woche). So wie dieser die äufsere Eihaut be-
rührt, was sehr bald geschieht, indem der Dottersack seiner Gröfse wegen nicht
weit von der äufsern Eihaut absteht, der Harnsack aber immer zwischen dem
Dottersacke und der äufsern Eihaut liegt, so schiebt er sich an ihr fort und um-
wächst auf diese Weise den Embryo mit einer doppelten Hülle (seiner innern und
äufsern Hälfte), das Amnion von aufsen und das Chorion von innen bedeckend, die
seröse Hülle aber vor sich herschiebend. Der Harnsack liegt, wie es scheint,
immer auf der rechten Seite des Embryo, so lange dieser noch keinen oder nur ei-
nen sehr kurzen Nabelstrang hat und sich nicht drehen kann. Im ganzen Harn-
sacke bleiben die Gefäfsschicht und die Schleimhautschicht eng an einander haf-
ten,
aber die Gefäfse der erstem wuchern in die Zotten, und so wird auch die
Sehleimhautschicht eng an die äufsere Eihaut angezogen. Da die äufsere Eihaut
in allen Eiern zerrifs, welche ich bald nach der ersten Bildung der Zotten unter-
suchte (etwa vierzehn - bis zwanzigtägige 2) Eier), so weifs ich nicht gewifs\', ob

1  Diese Ansicht hatte ich auch bei Abfassung meiner frühern Darstellungen als fraglich aufge-
stellt. Ich bemerke ausdrücklich, dafs sie noch nicht durch Beobachtung widerlegt, dafs sie
mir aber durch
Vergleichung unwahrscheinlich geworden ist, und berufe mich auf §. 9. «.

2  Bei keinem Thiere, das ich untersuchte, lafst sich so wenig ein normales Zeitmaafs für die
Entwickelung feststellen als im Hunde. Meine Beobachtungen stimmen in dieser Hinsicht weder
unter sich, noch mit den Beobachtungen Anderer. Entweder ist die Entwickelungszeit nach den
Jahreszeiten verschieden , oder nach den Hunde- Ragen, oder die ganze Zeit der Brunst wirkt gar
nicht auf die Entwickelung der Eier.

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es nicht schon damals Stellen ohne Zotten gab. Wenn der Harnsack hervortritt,
ist es deutlich, dafs die äufsersten Enden des Eies ohne Zotten sind. Hier kann
also kein Fruchtkuchen sich erzeugen.

Doch schien es mir, dafs hierin nicht allein der Grund liegt, warum später
der Fruchtkuchen nur einen Gürtel um das Ei bildet. Am Schlüsse der vierten
Woche, wenn der Harnsack den Raum zwischen Dottersack und äufserer Eihaut
ganz ausgefüllt hat, scheint mir die letztere an beiden Enden kreisförmig durchris-
sen zu werden, wie bei den Dickhäutern.

Ich hatte nämlich vor dem Schlufs der vierten Woche das Ei vorgefunden,
wie Bojanus es (
Nova acta Acad. Nat. Vol. X.) beschreibt und abbildet,
mit einer sehr breiten Bekleidung von Zotten, aus welchen nur die beiden
stumpf
zugespitzten Enden des Eies zottenlos hervorragten. Etwas später waren die En-
den pilzförmig hervorgetreten, die Mitte dafür verengt, so dafs jetzt erst das früher
elliptische Ei parabolisch - cylindrisch geworden war und die Zotten einen gürtel-
förmigen Fruchtkuchen bildeten, wie dieser Längen-Durchschnitt zeigt.

An der Grenze des Fruchtkuchens (bei a, a, «,) erkannte ich deutlich, dafs
die äufsere Eihaut durchrissen war. War diese Zerreifsung nicht etwa durch ei-
nen Rest von lebendiger Contraction des Fruchthälters erst bei der Zergliederung
entstanden, (eine Frage, die ich nur deshalb aufwerfe, weil ich später denselben
Zustand nicht habe wieder finden können,) so mufs ich glauben, dafs die äufsere
Eihaut an den Enden normal durchrissen wird, wovon ich die deutlichen Spuren
auch an spätem Eiern noch zu erkennen glaube.

Der weite cylindrische Dottersack hat bisher, stumpf endigend, die ganze
Länge des Eies eingenommen, der Harnsack erreicht sie auch allmählig und das
Wachsthum des letztern scheint die Sprengung der äufsern Eihaut zu bewirken.
Indem aber das Ei sich jetzt plötzlich verlängert hat, bekommt der Dottersack
die dünnen fadenförmigen Zipfel. Auch wird seine cylindrische Form allmählig
in eine dreiseitig - prismatische umgewandelt, indem der Harnsack von zwei
Seiten und das Amnion von der dritten gegen ihn drängt. Der Harnsack hat ganz
entschieden von rechts über den Rücken hin das Amnion und den Embryo um-
wach-

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wachsen, obgleich man öfter den Embryo späterer Zeit, wenn der Nabelstrang lang
ist, so liegend findet, dafs der Harnsack zu seiner linken ist. Cuvier\'s Dar-
stellung, als ob der Harnsack in zwei Gewölben nach dem Rücken des Embryo sich
erhöbe, ist
unrichtig und ist mit seiner eigenen Beschreibung von der Lage des
Dottersackes unvereinbar. Offenbar hat Cuvier diese Ansicht nur an Embryonen
gewonnen, die schon mit
langem Nabelstrange versehen hin und her fallen, je
nach der Art, wie man das Ei auf ein Brett oder in eineSchaale hinlegt. Mir schien
durchaus die einseitige Entwicklung des Harnsackes über den Rücken des Embryo
weg in den Eiern der Raubthiere viel entschiedener als in den Eiern der Vögel.

Der Dottersack ist ungemein reich an Gefäfsen und der Dottergang bleibt
sehr lange offen. Da die Gefäfsschicht in der innern Hälfte des Harnsackes nicht
in unmittelbare Berührung mit der innern Fläche des Fruchthälters kommt, so
wuchern die Gefäfse wenig, vielmehr krümmen sich die gröfsern Gefäfsstämme
bald so, dafs sie die
äufsere Hälfte oder das Chorion erreichen, besonders in der
Gegend, welche zum Fruchtkuchen sich entwickelt, oder wohl richtiger ausge-
drückt diejenigen Gefäfse der innern Hälfte (Membrana media der Autoren),
welche die äufsere Fläche erreichen, was ursprünglich nur da geschehen kann,
wo jene innere Hälfte in die äufsere übergeht (bei A), verstärken sich und erschei-
nen als Gefäfsstämme. An den beiden Enden des Eies aufserhalb des gürtelför-
migen Fruchtkuchens ist die Gefäfsvertheilung immer gering: ein deutlicher Be-
weis , dafs die Berührung mit dem Fruchthälter die starke Wucherung der Gefäfse
des Chorions bedingt.

Es ist aber nicht mehr die unmittelbare innere Fläche des Fruchthälters,
welche das Ei berührt. Diese hat einen sehr dicken Ueberzug in der Gegend er-
halten , in welcher das Ei liegt. Wir wollen diesen Ueberzug, die sogenannte
Decidua, etwas näher ins Auge fassen. Schon sehr früh, sogar schon so lange
die Eier noch beweglich sind, verstärkt sich das Gefäfsnetz in der Schleimhaut des
Fruchthälters. Sobald aber der Fruchthälter die Eier in Nester einschliefst, wächst
das Gefäfsnetz an diesen Stellen aufserordentlich. Es bildet aus verhältnifsmäfsig
weiten Kanälen enge runde Maschen
und in jede Masche greift eine Zotte des Eies
ein. Allein dieses Gefäfsnetz liegt nicht mehr, wie früher, in der zottigen Schleim-
haut des Fruchthälters selbst, sondern aufserhalb derselben in einem durchsichti-
gen
ausgeschiedenen Stoffe. Es ist also ein Gefäfsnetz, das sich erst aus dem ur-
sprünglichen hervorgebildet hat*). Jetzt brauche ich nur noch hinzuzufügen.

*) Eine Abbildung, die ich für die folgende Abhandlung aus dem Menschen in Taf. VI, Fig. 4.
gebe, versinnlicht diese Entwickelung.

II. H Ii

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dafs diese ausgeschiedene Masse sich aufserordentüch mehrt, dafs sie sich durch
die eintretenden Blutgefäfse organisirt und dadurch fähig wird, eine bestimmte
Form anzunehmen, die sich besonders darin ausspricht, dafs sie grofse Zellen
bildet
und dafs sie eben dadurch untrennbar mit der Schleimhaut des Fruchthäl-
ters verwächst, um Ihnen eine richtige Kenntnifs von diesem Ueberzuge des
Fruchthälters, der bei Piaubthieren viel dicker ist, als im Menschen, zu ver-
schaffen. Die .Zellen bilden zwei Schichten und sind in jeder Schicht verschie-
den. Dieser Ueberzug ist nichts Anderes als die sogenannte hinfällige Haut der
Frucht des Menschen, bildet aber in Raubthieren zu keiner Zeit eine Einstül-
pung. Aus dem Gesagten erkennen Sie, dafs anfänglich der Ueberzug von der
Schleimhaut leicht zu unterscheiden ist, ungefähr die drei oder vier ersten Wo-
chen, später nicht mehr. Dagegen ist er längere Zeit (bis gegen die 6te Woche)
von dem Ei leicht zu trennen. Später aber wird auch dieses nicht möglich, und
wenn J man Eier aus der letzten Zeit der Tragezeit aus dem Fruchthälter nimmt,
so trennt
man mit dem Fruchtkuchen auch immer den Mutterkuchen ab, in wel-
chen dieser Ueberzug dem Fruchtkuchen gegenüber sich umgewandelt hat, indem
die]frühern, sehr ansehnlichen Höhlen oder Zellen enger und undeutlicher ge-
worden sind. Mit dem Mutterkuchen geht aber auch die in seine Substanz ver-
wachsene Schleimhaut ab. Fruchtkuchen und Mutterkuchen sind also mit ein-
ander verwachsen.
Diese Verwachsung ist aber eigentlich ein Ankleben und
Ineinandergreifen der einzelnen Verlängerungen, denn die Zotten des Frucht-
kuchens haben sich in die Zellen des Mutterkuchens und dieser hat sich umge-
kehrt in die Zwischenräume der Zotten ausgedehnt, ausgeschiedener Stoff hat
beide verbunden, nirgends aber ist eiu Gefäfsübergang bewirkt, wovon man
sich vollständig überzeugen kann, wenn man die Gefäfse des verwachsenen
Fruchtkuchens und Mutterkuchens entweder nur von der Frucht her, oder vom
Fruchthälter mit gefärbtem Stoffe anfüllt. Der Fruchtkuchen zeigt dann, wenn
vom Ei aus seine Gefäfse angefüllt werden, deutliche Abtheilungen (Cotjledonen),
die von dem Mutterkuchen eng umfafst werden. In der mittlem Zeit des Em-
brjonenlebens kann man die einzelnen Zotten als flache gekerbte Lappen wie die
Kiemen mancher niedern Thiere und eben so ein reiches Gefäfsnetz enthaltend
von einander trennen.

Das Ei hat auch einen Ueberzug. Neben dem Fruchtkuchen zeigt er sich
als eine dicke, sehr lebhaft grüne Masse, nach den Enden hin als eine dünne,
wenig gefärbte aufliegende Schicht. In der Mitte ist er in die Masse des Frucht-
kuchens mit verwachsen.

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Mit dem Ei des Hundes stimmen nicht nur die Eier der Katze, sondern wie
es scheint die Eier aller eigentlichen Raubthiere oder Fleischfresser überein. Viel-
leicht weicht das Ei der Sohlengänger, das ich nicht kenne, in einiger Hinsicht
ab, beim Iltis ist der Gürtel des Fruchtkuchens nicht vollständig.

Das Ei der Insectenfresser ist schon bedeutend abweichend, der Frucht-
kuchen immer beschränkt wie in Nagern.

Wir wollen jetzt zu dem Ei der Dickhäuter übergehen, welches nächst dem c.- , ,E.1 der

t JLJ IC Ii £3,3.1.3, XSJfc

der Raubthiere am leichtesten aus dem Vogel-Ei verständlich wird und was uns
wieder das Ei der Wiederkäuer verständlich macht. Der Durchschnitt des Eies
vom Schweine (Fig.
22.) ist aus einer Zeit gewählt, in welcher die Bildung des
Chorions noch nicht beendet ist, weil dieser Zeitpunkt für das Verständnifs der
entscheidende ist. Diese Bildung ist noch ziemlich früh, vor Ende der vierten
Woche nämlich. Wir sehen hier bei f die Schleimhaut des Harnsackes von der
Gefäfshaut getrennt, oder eine wahre
Allantois nach der von uns angenom-
menen (eigentlich ursprünglichen) Benennung. Doch gehen wir sogleich zur
Bildungsgeschichte des
Eies über.

Auch dieses Ei kommt sphärisch in den Fruchthälter. Es vergröfsert sich, Vordcrß,i-

„.. . . , ■ , . .. . . düng der äu-

indem der Dotter flüssig wird, und zeigt am loten und Ilten Tage ) ein noch fsern Eihaut,
sehr kleines verdicktes kreisförmiges Schild, den künftigen Embryo, als Theil
eines sphärischen übrigens sackförmigen Keimes, wie im Hunde, und wahr-
scheinlich allen übrigen Säugethieren. Diese Keimhaut ist von einer äufsert zar-
ten nur beim Zerreifsen deutlichen Hautschicht umgeben, die olfenbar die Dotter^
haut genannt werden mufs. In einem Ei von noch nicht voll einer Linie Durch-
messer (vom loten Tage) ist jener kreisförmige Schild schon kenntlich, aber sehr
klein, kaum ~ vom Durchmesser des Eies einnehmend. Bis zur Verflüssigung
des Dotters wächst das Ei ungemein langsam, nachher rasch, denn man findet
nicht selten mit Eiern von dieser Gröfse andere zugleich, die zwei Linien Durch-
messer haben und deren Schild ^ vom Durchmesser des Eies grofs ist. Wenn
das Ei fast S Linien Durchmesser hat, mit einem immer noch kreisförmigen
Schilde von mehr als einer halben Linie Durchmesser, ist es noch sphärisch,
doch findet man es immer zusammengefaltet wie einen wenig angefüllten Sack.
Nun fängt es an sich zu verlängern, und nachdem die Verlängerung erst einen hal-
ben Zoll erreicht hat, mit einer Staunen erregenden Schnelligkeit, so dafs es mir
nur einmal geglückt ist, Eier von anderthalb Zoll Länge zu erhalten, und ich.

*) Zuweilen sind einzelne Eier noch am Schlüsse des 12ten Tages nicht weiter. Ueberhaupt gebe
ich die Zeiten nur mit Widerstreben an, da nur das Schaaf mir hierin wenig Wechsel 2eigte,

Hh 2 -

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obgleich eine Menge Säue dem Wunsche, diesen Zustand nochmals zu finden,
geopfert wurden, nicht zum Ziele gelangt bin, sondern sie entweder unter 5 Li-
nien Länge noch sackförmig, oder von der Länge von 10, 16, ja von 24 Zoll,
aber in ganz dünne, stark hin und her gekrümmte Fäden verwandelt gefunden
habe. Die Verlängerung geht so rasch, dafs mau in einer 12 Tage alten Frucht
das Ei eben so wohl als länglichen Sack von 4 bis 5 Linien, wie als Faden von
mehr als 20 Zollen finden kann.

Allerdings liegt der Grund hiervon zum Theil in der Ungleichheit der Zeit,
welche erfordert wird, um die Frucht auf einen bestimmten Grad der Entwicke-
lung zu führen, allein diese Ungleichheit ist im Schweine lange nicht so grofs
als im
Hunde, und meine vielen Versuche lassen mich glauben, dafs 24 oder we-
llig mehr Stunden hinreichen, um ein Ei von \\ Zoll Länge in einen Faden von
mehr als 20 Zoll zu verwandeln.

FlS\' • Diese Verlängerung wird begreiflich, wenn man sie nicht für ein Wachsen,

sondern für ein Ausziehen ansieht. In der That habe ich die feste Ueberzeugung,
dafs die Eier mechanisch ausgezogen werden, und dafs die Selbstbildung (das
Wachsthum) nur, in so fern beiträgt, als die Eier dadurch vor Zerreifsung be-
wahrt werden und die Keimhaut nicht ganz in dem Maafse dünner wird, als sie
sich verlängert. Dennoch wird der Faden sehr dünn und die Haut, die ihn im-
mer noch zu einem Cylinder formt, sehr zart und so nachgiebig, dafs beim Her-
ausnehmen desselben, wenn ein Theil zurückgehalten wird und man an einem
vorragenden Theile zieht, dieser leicht das Dreifache seiner Länge gewinnt. Das
oben gegebene Maafs ist daher auch ein sehr unbestimmtes, indem es durchaus
unmöglich ist, so sehr ich auch für das Gegentheil bemüht war, alle Zerrung
zu vermeiden. Dafs die Verlängerung auf einem mechanichen Auszerren beruht,
wird auch dadurch wahrscheinlich, dafs die äufsersten Enden fast ihre ursprüng-
liche Weite behalten, und daher beuteiförmig aussehen. Auch die Mitte wird
nie so dünn als der übrige Faden. Diese Mitte beweist uns aber auch, wie
schnell die Verlängerung erfolgt, denn unterdessen vergröfsert sich das Schild
nur sehr wenig.

Wodurch wird aber das Auszerren bedingt? Ohne Zweifel durch die
zahllosen und tief eingreifenden Falten im Fruchthälter der Sau. Diese Falten
greifen so tief ein, dafs sehr häufig die Falten der einen Seite bis an die Wurzeln
der Falten der andern reichen. Es ist also natürlich, dafs, wenn die Falten be-
wegt werden, wobei sie sich bald an den vordem, bald an den hintern Nachbar
mehr anlegen, die zwischen ihnen liegenden Enden des verlängerten sehr zarten
Eies, wenn sie Nachgiebigkeit genug haben (und daran fehlt es diesen durchaus

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nicht), verlängern und gleichsam ausspinnen. Die bewegende Kraft liegt in
den fortwährenden Contractionen des Fruchthälters, und es kommt nur darauf an,
dafs zuvörderst die Enden des Eies zwischen
einigen Falten durch eigenes Wachs-
thum des Eies durchgeschoben sind, um sie dann weiter auszuspinuen und ge-
legentlich , wenn ein Uebergang mehr geöffnet wird, eine ganze Portion des zu-
sammengewickelten Fadens weiter zu schieben. Der Faden bleibt aber immer
so stark gewickelt und geschlungen, dafs die absolute Entfernung seiner beiden
Enden nur ungefähr 6, höchstens 8 Zoll fiir ein Ei beträgt, wenn auch der Fa-
den selbst über 20 Zoll lang ist.

Dadurch wird es verständlich, wie nachher das gesammte Ei sehr viel kür-
zer ist, als dieser Faden.

Wir sehen den besprochenen Faden in Fig. 27. abgebildet, und Sie wer-
den erkennen, dafs er nicht regelmäfsig verdreht ist, wie die Hagelschnüre des
Yogel-Eies, sondern wie der aus einem Strumpfe ausgezogene Faden unregel-
mäfsig zusammengewickelt liegt. Unsere Abbildung ist aber aus einer etwas
spätem Zeit, zu der wir sogleich übergehen wollen.

In der Verlängerung der Fäden, die anfänglich so ungemein rasch erfolgt, 1)35 Ei mit
tritt bald eine gewisse Ruhe ein. Sie verlängern sich zwar noch, aber lang-haut,
sanier 1). Der Erfolg lehrt, dals diese durch starken Ergufs eines flüssigen Ei-
weifses veranlafst wird. Diese eiweifsreiche Flüssigkeit bewirkt offenbar, dafs
die Falten weniger den Faden fassen, denn sie werden aus einander getrieben,
dann bekommt die eiweifsreiche Flüssigkeit allmählig einen gerinnenden Ueber-
zug. Er ist, wie wir früher bereits hörten, am 13ten Tage noch so zart, dafs
man ihn nicht eine Haut nennen kann, sondern dafs er nur wie eine ganz dünne
Schicht an der Wand des Fruchthälters anliegt, von der er sich nur in ganz klei-
nen Stückchen mit Blühe abkratzen läfst, Er sieht aus wie der Ueherzug, den
das Vogel-Eiweifs im kaltem Wasser erhält, und in der That wird er auch deut-
licher im Fruchthälter des Schweines, wenn man diesen einige Stunden in kal-
tem Wasser liegen läfst, und noch mehr, wenn man Weingeist aufgiefst. Bald
aber zeigt er sich fester, erscheint als zusammenhängendes Blatt und ist nun die
äufsere Eihaut, die natürlich noch zwischen alle Falten des Fruchthälters eingeht,
aber sobald sie fester geworden ist, von ihnen sich lösen läfst (meistens am 15ten
Tage).

1  Nach vollendetem 20sten Tage, wo der Embryo schon dawar, hatte ein Dottersach die unge-
heure Länge von 40 Zollen.

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Wenn sie fest genug ist, um das gesammte Ei mit dem Eiweifs aus dem
Fruchthälter auszulösen, so ist dieses nothwendig viel kürzer als der darin lie-
gende zusammengewickelte Faden, und die Oberfläche des Eies ist nichts weniger
als eben, sondern hat so zahllose Einspränge als der Fruchthälter Falten hatte.
Wegen der Durchsichtigkeit der äufsern Eihaut sind diese Falten nur etwas schwer
kenntlich. Ich habe versucht in der vorliegenden Figur
27. dieses Verhältnifs
anzudeuten, nicht eigentlich abzubilden, weil eine getreue Darstellung dieser
kreisförmigen Falten das Innere des Eies, auf das es mir doch vorzüglich ankam,
ganz verdecken würde. Man sieht also die äufsere Eihaut fast nur im Druch
schnitte und auch so noch mit zu wenig Einkerbungen.

Man erkennt in unserer Figur schon den geformten Embryo und den aus
ihm hervorgetretenen Harnsack. Die Bildungsgeschichte des erstem habe ich
hier noch nachzutragen. Während sich das Eiweifs sammelt, wird das oft er-
wähnte Schild auf der Mitte des Eies, die immer weiter ist, als die Seitentheile 1),
länglich und zeigt einen Primitivstreifen.

Neben diesem erheben sich die Seitentheile so stark, dafs die Mitte vertieft
erscheint. Dem Beobachter des Hühnchens kann diese Erscheinung befremdend
seyn und ihn zu dem Glauben verleiten, dafs diese breiten seitlichen Erhebungen
die Rückenwülste seyen. Allein das wäre ein Irrthum. Vielmehr unterscheidet
man bald, dafs dicht neben dem Primitivstreifen zwei viel schmälere Wülste sich
bilden, die die Rückenrinne bilden und sich auch bald schliefsen. Jene allge-
meine Erhebung beruht vielmehr darauf, dafs sich das animalische und vegeta-
tive Blatt jetzt trennen und ersteres viel stärker sich dabei erhebt, als im Hühn-
chen, auch stärker als im Hunde 2). Fast sieht es so aus, als wollten die bei-
den Seiten des animalischen Blattes vom Embryo sich über dem Rücken dessel-
ben zusammenschlagen, und in der That mufs auch eine Neigung dazu seyn,
denn wenn man einen Embryo aus dieser Zeit vom Dottersacke trennt und in kal-
tes Wasser legt, so schlagen sich die animalischen Blätter (d. h. die beiden Sei-
ten des animalischen Blattes) wirklich oben zusammen und der Embryo sieht un-
ter dem Mikroskope fast wie ein durchsichtiger Schmetterling mit erhobenen Flü-
geln aus. Man erstaunt dabei über die verhältnifsmäfsige Dicke des animalen
Blattes. Das vegetative Blatt dagegen ist viel zarter und beide haften nur im Pri-

1  Doch ist die Mitte des Fadens vor der Embryonen - Bildung auch nur eine halbe Linie dick.

2  Es ist merkwürdig, dafs diese gewaltsame Sonderung des animalischen und vegetativen Blat-
tes in solchen Thieren vorkommt, deren Harnsack sehr schnell
wächst, Jund was wird anders
durch die gewaltsame Auseinandersperrung erzeugt, als ein
grofser Raum für die Primordial-

Nieren ?

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mitivstreifen zusammen, von dem man sehr deutlich sieht, dafs er lange nicht
das\\ vordere Ende des Embryo, oder vielmehr des nun gespaltenen Schildes
erreicht.

Das Zurückschlagen erfolgt aber nicht, wenn das Ei in seinem Verhält-
nisse bleibt, vielmehr dehnt sich die Trennung langsam über den Dottersack aus,
wie wir jetzt offenbar das übrige Ei nennen müssen,
und die Rückenplatten sen-
ken sich mit ihren Rändern mehr nach unten, allein der benachbarte Theil der
Keimhaut bleibt als elliptische Falte auf dem Rücken zurück und schliefst sich
bald zum Amnion (am löten Tage). Unterdessen geht die Trennung immer
weiter fort nach der Länge der Zipfel des Dottersackes. Allein so wenig Breite
dieser auch hat, erfolgt sie doch nicht im ganzen Umfange der Breite, sondern
für jetzt nur ungefähr auf \\ des Queerumfanges. Hier nämlich bildet sich die
Grenzvene. So erhält das Ei des Schweines (ein Paar Tage später) , der Ge-
sammtform seines Dottersackes gemäfs, einen Gefäfshof, der mehrere Zoll lang,
doch bei weitem nicht so lang als der Dotiersack und ursprünglich kaum zwei
Linien breit ist 1). Der mittlere Theil des Dotiersackes hat sich nämlich während
dieser Zeit wieder
erweitert. Noch rascher aber dehnt sich die seröse Hülle aus.
Wir erinnern uns nämlich, dafs sie derjenige Theil des animalischen Blattes ist,
der von der Amnionsfalte bis zur längere Zeit bestehenden Anheftung dieses Blat-
tes an dem plastischen Blatte reicht. Besonders wird sie um den Embryo sack-
förmig erweitert, zieht ihre Verbindung mit dem Amnion trichterförmig aus und
nähert sich der äufsern Eihaut hier viel früher, als nach den Enden zu. Kurz vor
der
Anheftung sieht man sie in unserer Figur 27. in h.

Diese Abbildung lehrt ferner, dafs der Dottersack viel zu schmal ist, als
dafs der Embryo in ihn hineindrängen sollte, wie beim Hunde. Er ragt viel-
mehr mit dem Kopfe über den Dottersack hinüber.

Dieselbe Abbildung zeigt uns aber auch schon den Harnsack (ƒ). Er er- Ausbildung
scheint in den Dickhäutern in der That früher als in den Raubthieren, doch nicht sacke?™"
vor der Blutbildung, im Schweine nach 16 Tagen. Er wächst aufserst schnell
in halbmondförmiger Gestalt in zwei seitliche Zipfel aus, welche nach den beiden
Enden des Eies gekehrt sind, wogegen der Embryo, wie unsere Abbildung lehrt,
seine Längen-Achse in der Queer- Achse des Eies hat. Auf jeder Seite geht eine
Nabelarterie aus dem Embryo in den Harnsack, und eine Nabelvene aus diesem
in jene. Beide Nabelvenen verzweigen sich stark in die Bauchwand, sind An-
fangs gleich stark und völlig von einander getrennt. Bald aber bildet sich zwi-

1  In Fig. 27. ist noch kein Gefäfshof, aber wohl in Fig. 26.

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sehen ihnen vor dem Eintritte in den Nabel eine Anastomose, die rasch gröfser
wird und endlich alles Blut aus der rechten Seite des Harnsackes in die linke Na-
belvene führt. Die rechte wird dadurch nur auf den Rand der Bauchplatte ihrer
Seite beschränkt, verkürzt sich zu einem Nebenästchen und schwindet endlich
ganz. Der Harnsack, der frei in dem Räume zwischen dem Dottersacke und der
serösen Hülle schwebt, wächst sehr rasch und füllt bald diesen Raum so aus,
dafs er die seröse Hülle noch mehr wegschiebt und bald an ihr anhaftet, wo
diese nicht mehr zurückweichen kann. Er haftet aber auch bald am Dottersacke,
doch nicht am Mittelkörper desselben, sondern an seinen Enden. Denn da der
Harnsack sich innerhalb der serösen Hülle befindet, so mufs er sich zwischen die-
ser und
dem übrigen Dottersacke wegschieben. So sehr nun auch die seröse
Hülle sich beeilt vom Dottersacke sich zu lösen, so ist doch diese Eile gering ge-
gen die Wucherung des Harnsackes. Deshalb wird auch im Mitteitheile des Dot-
tersackes das animalische Blatt bald ganz abgetrennt und dieser Mitteltheil schwebt
also ganz frei in der serösen Hülle; in den ausgezogenen Zipfeln scheint die Tren-
nung nicht rasch genug in der ganzen Länge und im Umfange erfolgen zu kön-
nen , so dafs im Allgemeinen zwar die seröse Hülle nach aufsen gegen die äufsere
Eihaut gedrängt wird, aber zugleich auch die Zipfel des Dottersackes, da sie
noch nicht ganz frei sind, ebenfalls angedrängt werden und, weil die seröse Hülle
mit der äufsern Eihaut, unter welcher sich
unterdessen eine Schicht dichteren Ei-
weifses gesammelt hat,
verwächst ? an dieser anhaftet.

Allein ich fühle, dafs ich schwer verständlich werde, wenn ich nicht wie-
der eine Abbildung vorlege. Wir sehen in Fig. 26. die Mitte eines vierwöchent-
lichen Eies vom Schweine. Es ist also bedeutend älter, als die Zeit, von der wir
so eben sprachen. Der Harnsack ist hier schon sehr grofs,
ja es ist bereits die
eigentliche Allantois gebildet, worauf wir bald zurückkommen. Jetzt verweise
ich Sie nur auf den Dottersack, den wir in
d sehen. Der Mitteltheil mit einem
Theil der Zipfel liegt ganz frei in einem Räume, der von einer Haut umgeben
wird. O ken, der zuerst dieses Verhältnifs fand, (und so viel ich weifs, ist er
noch der einzige,) konnte sich die Bildung desselben auf keine Weise verständlich
machen. Diese Haut Ii ist eben nichts als der noch nicht verwachsene Rest der
serösen Hülle. — Denken Sie sich nämlich bei Ansicht unserer Abbildung, dafs
die seröse Hülle zuerst gegen die grofse Cnrvatur des Eies sich
erhoben hat und
hier schon längst angewachsen ist, dafs sie alhnählig auch im Mittelstücke des
Dottersackes von der kleinen Curvatur sich löst, hier aber der Harnsack weniger
dick ist, dafs sie in den Zipfeln nur auf eine gewisse
Entfernung sich völlig trennt,

und

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und dafs der Harnsack mit sammt den Zipfeln an die äufsere Eihaut andrängt, so
haben Sie das Verständnis der Abbildung.

Die Mitte des Dottersackes und ein Theil der Zipfel liegen also , wie Sie se-
hen, in einem freien Räume, den der zuletzt abgelöste Theil der serösen Hülle bil-
det, die fernem Enden der Zipfel sind aber angeheftet und zwar so, dafs der äu-
fsere Theil nie zur völligen Lösung gekommen war, ein anderer aber, nachdem
er frei war, durch den Harnsack angedrängt ist. In dem freien Räume h, A, ist
nur Flüssigkeit, aufser ihm ist zähes Eiweifs.

Aber, könnten Sie fragen, wo ist nun die ungeheure Länge dieser Zipfel ge-
blieben ? Es ist damit sehr natürlich zugegangen, nur der, wenigstens einige Zeit
frei gewesene, Theil hat sich gerade gestreckt, dasUebrige wird in vielen Windun-
gen an die äufsere Eihaut angeklebt, ja es geht über den Harnsack hinaus, wie
wir gleich hören werden. Ich will hier nur noch bemerken, dafs trotz des An-
drängens doch die Zipfel noch einige Zeit hohl bleiben, sogar sich erweitern,
allein ihre Höhlung wird in Folge des Druckes flach, und so verwachsen denn die Zi-
pfel bald stellenweise, dann ganz, und nun dienen sie dem noch thätigen Theile des
Dottersackes nur zur Anheftung.

Die seröse Hülle ist überhaupt der passiveste Theil des Eies. Es ist daher
der Raum, den sie einschliesst, auch sehr verschieden in derselben Bildungsstufe
gestaltet. Ich habe ihn (Fig. 26.) in der Form abgebildet, die er häufig am Schlüsse
der vierten Woche zeigt; die nach oben gerichteten stumpfen Zipfel dieses Rau-
mes schwinden aber sehr bald oder sind mit dem Schlüsse der vierten Woche schon
geschwunden, und dann hat er ganz die Form, welche Oleen an vierwöchent-
lichen Embryonen sah und in seinen Beiträgen beschrieb.

Gehen wir über zur Bildung des Chorions und der Allantois!

Nichts ist sicherer, als dafs die äufsere Eihaut nur durch den Hinzutritt des Ausbildung
Harnsackes Blut erhält. Sie ist nicht blofs gleich nach ihrer Bildung, sie ist auch desCW,om-
noch am Schlüsse der dritten Woche völlig blutleer. Dagegen ist der Harnsack
dann schon
2 — 3 Zoll lang und mit dem schönsten Gefäfsnetze bekleidet, berührt Taf. v
aber nirgends die äufsere Eihaut, obgleich er sehr gegen die seröse Hülle drängt1), Flg" 9
die zwar in der Mitte über dem Amnion die
äufsere Eihaut schon erreicht hat, aber
nach den Enden noch nicht. Die äufsere Eihaut ist jetzt etwas weniger gefaltet
als ein Paar Tage früher, weil auch die Falten des Fruchthälters bei der allgemei-
nen Ausdehnung mehr ausgeglättet werden, doch verliert sie ihren faltigen Bau

1  Taf. V. Fig. 2, h. Früherer Zustand stark vergröfsert. Fig. 1. Vergleiche die Erklärung der Ab-
bildungen,

IL Ii

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nie ganz, eben so wenig als der Fruchthälter. Die äufsere Eihaut des Schweines,
die am Schlüsse der dritten Woche schon eine ziemliche Festigkeit hat, besteht
von jetzt an und noch deutlicher einige Tage später bestimmt aus zwei Blättern,
von denen nur das äufsere an der Zottenbildung Antheil hat, unter denen das in-
nere Blatt weggeht, so dafs die Uebereinstimmung mit der Sehaalenhaut des Yo-
gels so weit geht, als möglich. Man kann, besonders wenn das Ei einige Stunden
gelegen hat, dieses äufsere Blatt mit seinen Zotten und Falten vom untern Blatte
abwischen. Die Zotten bilden sich so, dafs zuerst ausnehmend zarte Oueerfalten
von y% Linie Höhe sich erheben1), die dicht neben einander stehen und die freien
Ränder .dieser Falten dann gekerbt werden, jedes einzelne Theilchen zwischen
zwei Kerben aber in sich
verlängert und also eigentlich Zottenreilien oder ge-
kerbte Falten gebildet werden, grade so, wie die ersten Spuren von Zotten im
Daniikanal nach Meckel\'s Beobachtung. Es zeigen sich aber auch bald eine
Menge verbindender Fältchen von einer Zottenreihe zur andern gehend, wodurch
die ganze Oberfläche in kleine Zellen sich ausbildet. Diese Bildung wird offen-
bar wieder durch den Bau der innern Fläche des Fruchthälters erzeugt, indem
auch hier Zottenreihen sind, zwischen welche die Zottenreihen der äufsern Haut
eingreifen. Es sind aber auf der Oberfläche des Fruchthälters auch kleine zotten-
lose und etwas vertiefte Stellen, an welchen Kanäle sich offen ausmünden. Diesen
Stellen gegenüber bildet sich in der äufsern Eihaut ein
ganzer Kranz von etwas
höhern Zotten, als die übrigen sind. Die Kanäle, welche an
jenen offenen Stellen
des Fruchthälters ausmünden, hatte ich früher für Gefäfse gehalten, weil sie in
Schweinen sich sehr weit verfolgen lassen, ohne ein Ende zu zeigen. Ich sah
zwar auch in diesen Thieren blinde Enden solcher Kanäle, konnte aber nie von ei-
nem blinden Ende den Kanal bis
zur Mündung verfolgen. Weber hat aber, in-
dem er dieselben Kanäle in Wiederkäuern und Thieren mit Nägeln untersuchte,
sie für Drüsen erklärt. An Wiederkäuern, wo die Kanäle viel kürzer sind und
ziemlich viel kurze blinde Nebenäste haben, ist auch Web er\'s Deutung kaum
zu bezweifeln. Man mufs jene Kanäle auch noch in Schweinen für Drüsenschläu-
che halten, so lang sie auch sind. Die Drüsen werden Stoff für das Ei aussondern.
Damit stimmt er, dafs, so bald Blutgefäfsnetze in die äufsere Eihaut sich verzwei-
gen, die Netze in den kreisförmigen Zotten, die jenen offenen
Mündungen gegen-
über liegen, mit denYenen des Eies in näherem Zusammenhange stehen, als mit
den Arterien.

Der Harnsack nämlich, den wir am Schlüsse der dritten Woche noch ganz
frei schwebend verliefsen, erreicht in 2 bis 3 Tagen die äufsere Eihaut, nachdem

1  Taf. V. Fig. 6, schwach vergröfsert.

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er sich in dieser kurzen Zeit noch ansehnlich vergrößert hat. Die Verwachsung
erfolgt sehr rasch, aber doch nicht im ganzen Umfange zugleich. Ich bin so glück- Taf. v.
lieh gewesen, die beginnende Verwachsung zu sehen, und zu bemerken, wrie an s-
die Schicht von festem Eiweifs, welche an der innern Fläche der äufsern Eihaut sich
gesammelt hat, die gröfsern Gefäfsstämme, welche auch von etwas Bildungsge-
gewebe oder Eiweifs umgeben waren, sich angeheftet hatten, während die zwi-
schenliegenden Regionen noch getrennt waren1). Das Eiweifs scheint eine beson-
dere Anziehung auf die Blutgefäfse auszuüben, denn, kaum haben die Stamme
die Eiweifsschicht erreicht, was im Durchschnitte auf den 23sten Tag fällt, so
liegt auch schon, ehe 24 Stunden vorüber sind, das ganze Gefälsblatt des Harn-
sackes an der äufsern Eihaut und seiner Eiweifsschicht, welche auch die seröse v-

. Fig. 4.

Hülle enthält. Die Gefäfse wuchern nun in die äufsere Haut hinein und bilden
sehr bald Netze in ihre Zotten, die zugleich rascher wachsen; denn die Zotten
sind, bevor sie von den Gefäfsen erreicht werden, äufserst niedrig2). Von nun
an bildet das Gefäfsblatt des Harnsackes mit der Eiwreifsschicht, der äufsern Eihaut
und ihren Zotten ein untrennbares Ganze, das wir
Chorion nennen, und welches
schon am Schlüsse der vierten Woche als einfaches Blatt mit darunter liegender
Eiweifsschicht erscheint, indem sowohl die seröse Hülle als das Gefäfsblatt des
Harnsackes, dessen Gefäfse nach aufsen drängen, ihre Selbstständigkeit verloren
haben.

Das Schleimhautblatt des Harnsackes sinkt nun nieder, nachdem das.Eiweifs Taf. iv.

Fi^r 22 2(

und die äufsere Eihaut das Gefäfsblatt gleichsam abgehoben haben, und wir sehen s\'
eine eigentliche Allantois, die, wie unsere Fig. 26. Taf. IV. zeigt, in der Mitte nie-
driger, an den Seiten höher ist und nie wieder Blutgefäfse erhält.

An den Enden des Eies geht es etwas anders her. Der Fruchthälter ist an
der Grenze des Eies verengt. Eine Folge davon ist, dafs auch die äufsere Haut
an den Enden eng wird. Der Harnsack kommt aber hier mit dickem, kolbigem
Ende an und drängt die äufsere Eihaut immer weit er aus einander, bis diese nicht
mehr nachgeben kann. Der äufserste Zipfel von ihr bleibt als ein trichterförmiger
Anhang unausgefüllt, und da dieser Trichter auch seine Zottenfalten hat und aus
Taf. V.
zwei Blättern besteht, so hat man noch jetzt in ihm den Beweis, dafs die beiden Flg" 4*
Blätter nicht nur, sondern die Entstehung der Zotten der äufsern Eihaut eigen-
thümlich sind. Wir nennen diese Anhänge die
Zipfel der auf sern Eihaut. An
der Basis jedes trichterförmigen Anhanges, wo die abgerundete Spitzq des Harn-

1  Taf. V. Fig 3. Vergleiche die Erklärung.

2  Die angefüllten Netze in den Zottenreihen aus etwas späterer Zeit siehe.Taf. V. Fig. 7„

Ii 2

/

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sackes andrängt, verwächst diese durch eine wirkliche Vernarbung mit der äufsern
Eihaut. Auch kann sich hier das Schleimblatt oder die eigentliche Allantois nicht
von dem Gefäfsblatte trennen. In diesen Zipfeln erkennt man oft um diese Zeit
noch die nicht mehr hohlen äufsersten Enden des Dottersackes.

Der Harnsack drängt aber immer mehr, bis er die äufsere Eihaut durchreifst
und seine Enden aus derselben hervorbrechen. Diese Ausstülpungen, die nicht
selten gegen vier Zoll betragen, enthalten nun nothwendig die letzten Enden der
Gefäfse, die vor der Ausstülpung stark geschlängelt in dem zurückgehaltenen Ende
des Harnsackes lagen, und es haften beide Blätter an einander. Nothwendig geht
also die Höhlung der Allantois ununterbrochen in die Höhlung dieser Anhänge
über, die man deshalb Harnsack - Zipfei oder Div erti cula All an t o idis nennt.
Nie aber bekommen diese Anhänge Zotten, und eben deshalb bilden sich ihre Ge-
fäfse gar nicht weiter aus und führen in wenigen Tagen kein Blut mehr. Oft sieht
man den deutlichen Beweis von der Entstehungsart .derselben darin, dafs ihnen die
letzte Spitze der äufsern Eihaut anhängt 1). Bald aber geht sie verloren. So hat
also das Ei jetzt ganz
andere Enden als früher, und da schon der Durchbruch selbst
gewöhnlich nach Beendigung der vierten Woche erfolgt, so dürfen wir die Anhänge
nicht weiter verfolgen, wenn wir nicht die Zeiten zu sehr durch einander werfen
wollen.

Wir haben vielmehr noch über eine andere Gegend etwas zu sagen, was
später bei der Bildungsgesehichte des Chorions des Menschen - Eies seine Anwen-
dung finden wird.

Wenn Sie die Fig. 22. und 26. Taf. IV. ansehen, so wird Ihnen klar wer-
den, dafs nach dem Gesagten das ganze Chorion seine Gefäfse durch unmittelbaren
Hinzutritt der Gefäfsblätter vom Harnsacke erhalten kann, mit Ausnahme einer
einzigen beschränkten Gegend, der Gegend, an welcher das Amnion zunächst an-
liegt. Wenn nämlich der Harnsack schon eine bedeutende Gröfse gewonnen hat,
so ist es unmöglich, dafs der nun vom Amnion umgebene Embryo noch in der
Queerrichtung zum Eie bleiben kann, er wird schon sehr früh auf die Seite ge-
schoben. Wenn nun, was wir für das Normale halten und auch von unserer
Fig. 26. und 22. ausgedrückt ist, der Harnsack zur rechten Seite des Embryo sich
befindet, so liegt die linke Seite des Amnions an einer Stelle der äufsern Eihaut
an, welche nicht unmittelbar vom Harnsacke erreicht wird. Dafs bei dieser Lage
die Mitte der linken Seite des Gefäfsblattes vom Harnsacke an die rechte Hälfte des
Amnions sich anlegen mufs, gleich dem von Dutrochet sogenannten Endocho-

1  So ist in Taf. V. Fig. 5. a die Narbe zwischen Harnsack und äufserer Eihaut, b der Harnsack-
Zipfel,
c der anhängende Zipfel der äufsern Eihaut.

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rion des jHunde-Eies, leuchtet aus unsern Abbildungen ein. Auch findet inan da-
selbst nicht nur am Schlüsse der vierten Woche einen Theil des Gefäfsnetzes, son-
dern noch viel später, ja die ganze Zeit der Trächtigkeit hindurch, wobei dieses
Gefäfsnetz eigentümliche Umänderungen erleidet, mit denen wir uns nicht auf-
halten wollen. Uns soll jetzt nur die Frage beschäftigen: wie bekommt die Mitte
von der linken Seite des Eies (Fig. 22) ein gefäfsreiches Chorion ? Es ist nämlich
durch den Augenschein deutlich wahrzunehmen, dafs in der That um den Schlufs
der vierten Woche hier keine Gefäfse sind; allein eben so sicher ist es, dafs sie
bald erscheinen.

Dieses geschieht auf folgende Weise. Zuvörderst neigt sich das Gefäfsblatt,
nachdem es sich von der Allantois getrennt hat, für sich allein weit mehr über
das Amnion hinüber, als die Allantois, die in der Mitte am wenigsten Dicke hat,
thun könnte. Das haben wir in Fig. 22. bei
g darzustellen versucht. Das Ge-
fäfsblatt umhüllt also wirklich einen grofsen Theil des Amnions, als man vor der
Trennung der Blätter glauben sollte, und seine Gefäfse wuchern weiter fort in das
Eiweifs, das sich hier unter der äufsern Eihaut angesammelt hat, nicht nur vom
Rücken des Embryo, sondern auch von vorn und, von hinten1). Allein nicht alle
Gefäfse, wie man auch im spätem Zustande schon bei oberflächlicher Ansicht er-
kennt, laufen über das Amnion hinüber, sondern es verzweigen sich auch aus den
Gefäfsstämmen die in der concaven Seite des Eies liegen, Aeste in diese Gegend,
um sie mit Blut zu versorgen (Fig. 22. x). Man erkennt hieraus, dafs nicht
überall das Anlegen eines -wirklichen Gefäfsblattes notwendig ist, sondern dafs
benachbarte Blutgefäfse in die Schicht von Eiweifs, die unter der äufsern Eihaut
liegt, wuchern und aus ihr ein Chorion bilden, wenn nur überhaupt das Blut
des Harnsackes an eine solche Schicht Eiweifs gelangt ist.

Vom Anfange der vierten Woche an wird die äufsere Eihaut dunkler, nach-
dem sie vorher ganz durchsichtig gewesen war. Es liegt nämlich auf ihr eine
weifsliche halbflüssige Masse auf, die sich abwischen läfst, und die bei geringer
Maceration von selbst abgeht 2). Diese Masse halte ich für dieselbe, die man später
mit der äufsern Eihaut fest verbunden findet und deren ich unter dem Namen des
Ueberzuges vom Ei bald noch mehr erwähnen werde.

Von der fünften Woche an hat die Geschichte des Eies vom Schwein wenig Bildung des
Interesse, da es schon fast seine bleibende Ausbildung hat. Wir heben jedoch Ablauf^er

Einiges hervor. vierten Wo-

1  Ja es ist auch vorn und hinten ein Ueberwurf des Gefäfsblattes, wodurch zwei Gefäfsstämme,
die früher auf der rechten Seite des Amnions waren, auf eine linke kommen.

2  Auf Taf. V. Fig. 2 bei a dargestellt.

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Die Zipfel des Dottersackes werden bald ganz unkenntlich, doch kann man
sie zuweilen noch in der zweiten Hälfte der Trächtigkeit sehr weit verfolgen. Die
der Mitte näher liegenden Abschnitte erhalten sich längere Zeit, doch verkümmern
auch sie, so wie die seröse Hülle an das Chorion immer mehr angedrückt und der
Raum, den sie einschliefst, verengt wird. Der Anfangs kleine und enge Mittel-
körper erweitert sich dagegen, die Dottermasse in ihm erhält viel mehr Dotterkii-
gelchen als in früherer Zeit, so dafs am Schlüsse des zweiten Monates und am An-
fange des dritten der Inhalt dieses Mittelstückes vom Dottersacke recht lebhaft gelb
gefärbt und mit einem ziemlich reichen Gefäfsnetze bedeckt ist. Um diesen Mit-
telkörper bildet die seröse Hülle noch immer einen freien Raum, und darauf beruht
es
wohl, wenn einige Beobachter, die frühere Form der Zipfel nicht kennend, vom
Ei der Dickhäuter berichten, der Dottersack läge queer gegen den Embryo und
sey mit einer Art Chalaze angeheftet, worunter das Ende des Mittelkörpers selbst
gemeint wird.

Der Raum, in welchem der Mittelkörper des Dottersackes frei in einer Flüs-
sigkeit liegt, würde nicht so langsam beengt werden, wenn nicht die Mitte der
Allantois immer mehr an Dicke abnähme. Zuletzt ist sie in der Mitte nur wenige

Linien breit.

Uebrigens weifs ich von der Allantois wenig weiter zu berichten, als dafs sie
überall mit
Ausnahme der Narbe und der Zipfel von dem Gefäfsblatte des Harn-
sackes sich vollstänig trennt und dafs die Zipfel allmählig ganz absterbsn und gelb

werden. Zuweilen schliefst sich die Narbe dabei ganz, meistens aber nicht. Da
in den Zipfeln gar kein Leben ist, so wächst die nächste Umgebung des Chorions
über sie weg auf die Seite. Zuweilen werden sie auch von den benachbarten Eiern in
das Ei hineingestülpt, dem sie angehören. Ueberhaupt aber drängen in der letzten
Zeit die Eier, wenn ihre Anzahl ansehnlich ist, sehr gegen einander.

Doch wollen wir vorher noch bemerken, dafs von der vierten Woche an
der Gefäfsreichthum im Chorion sich sehr mehrt, dafs ein zusammenhängendes
Netz alle Zotten und alle Zwischenräume zwischen den Zotten ausfüllt, dafs ein
eben so reiches
ja vielleicht noch reicheres Gefäfsnetz aber auch die innere Wand
des Fruchthälters auskleidet, dafs die Gefäfsnetze beider Seiten eben so offen mit
den Arterien als mit den Venen communiciren und also beiden Systemen von Blut-
gefäfsen mit gleichem Rechte angehören, mit dem Unterschiede jedoch, dafs die
kleinen Kreise von Zotten, die den offenen Drüsenmündungen des Fruchthälters
gegenüber liegen, stets mit den Venen mehr unmittelbare
Gemeinschaft haben, als
mit den Arterien. Diese Kreise schliefsen sich mit fortsehendem Alter immer en-
ger und bilden daher kleine Näpfe, welche die
Flüssigkeit aufnehmen, die von

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dem Fruchthälter ergossen wird 1). Allein sie schliefsen sich nicht und aus ihnen
werden nicht etwa die kleinen durchsichtigen festen Knöpfchen, mit denen die
Eier des
Schweines in der letzten Zeit übersäet \'sind. In diesen habe ich keine
Gefäfsnetze entdecken können, und es ist daher wohl nicht richtig, wenn sie von
einigen Anatomen für die Cotyledonen dieser Frucht angesehen werden. Als Co-
tyledonen oder richtiger eigentlich als die isolirten Theile von Cotyledonen glaube
ich vielmehr die einzelnen Zotten selbst betrachten zu müssen, die in der letzten Zeit
dicker werden und jede ein Gefäfsnetz enthalten, aber freilich gegen die Cotyle-
donen der Wiederkäuer aufserordentlich klein bleiben. Ihre ungeheure Anzahl
und ihre Ausbreitung auf dem gröfsten Theile des Eies mufs ersetzen, was ihnen
an Gröfse abgeht. Es ist also das ganze Chorion, mit Ausnahme seiner beiden
Enden, in
einen Fruchtkuchen verwandelt.

Die Enden des Chorions verlieren nämlich, zuweilen bis zu einer Ausdeh-
nung von 5 — 6 Zoll, gewöhnlich nur etwa in der Ausdehnung von vier Zoll in
beiden letzten Monaten wieder ihre Zotten.

Damit geht es so zu:

Indem die Eier sich vergröfsern , werden auch die Strecken des Fruchthäl-
ters, die früher zwischen den einzelnen Nestern verengt waren, ausgedehnt und
die Eier erreichenr einander, gewöhnlich so, dafs die Harnsack - Zipfel auf die
Seite geschoben werden und die benachbarten Gegenden jetzt die Enden bilden,
zuweilen aber auch so, dafs diese Zipfel selbst die äufsersten Enden einnehmen.
Wenn nun die Eier einander erreicht haben, so bleiben sie nicht dabei stehen,
sondern drängen sich, bis das Ende des einen Eies in das andere hineingeschoben
wird, wobei natürlich dieses sich zum Theil in sich selbst stülpen mufs. So viel
nun eingeschoben oder eingestülpt ist, so viel vom Eie verliert seine Zotten, da es
nicht mehr in Berührung mit dem Fruchthälter ist. So erhält man also eine dritte
Art von unthätigen Zipfeln, die wir zum Unterschiede von den Zipfeln der äufsern
Eihaut und den Zipfeln des Harnsackes, die
Zipfel cles Chorions nennen wollen.
An der Stelle der Einschiebung heftet sich das Chorion des einen Eies ganz fest an
das Chorion des andern. Oken sagte daher, in späterer Zeit wären alle Eier ei-
ner Hälfte des Fruchthälters mit einander verwachsen und hätten nur Ein gemein-
sames Chorion. Man hat diese Beschreibung sehr angegriffen, indessen mir
scheint sie eben nicht ganz unrichtig. Das Aneinderhaften ist sehr fest, und wenn
man die Eier in ganz frischem Zustande untersucht, wird man sie nicht ohne Zer-

1  Abgebildet in der Gratulationsschrift an Sömmerring.

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reifsung trenneil können. Mir schien es sogar, als ob Gefäfse aus einem Ei in
das Chorion des andern übergingen*).

Die Zotten des Chorions greifen sehr eng in die Reihen von Grübchen des
Fruchthälters ein. Man findet daher einen nicht unbedeutenden Widerstand, wenn
man an einem eben geschlachteten Thiere die Früchte aus dem Fruchthälter lösen
will, und wird die Trennung schwerlich ohne Zerreifsung bewirken, wenn man
nicht einige Stunden wartet. Ist dieses geschehen, so findet man auf dem Eie
lose aufliegend eine sehr geringe Quantität flüssiger Masse, die kleine Körnchen
enthält. Ich halte diese nicht für den eigentlichen Ueherzug des Eies, sondern
für einen Stoff, der vom
Fruchthälter ausgeschieden wird, um das Ei zu ernäh-
ren,
und weifs nicht, ob er die Körnchen schon ursprünglich enthält oder nur jetzt
in Folge der beginnenden Zersetzung. Als Uebergang des Eies betrachte ich viel-
mehr eine weifsliche Masse, die von der 5teil Woche, deutlicher von der sechsten
Woche an,
in der Oberfläche des Chorions ablagernd sich zeigt. Die Masse über-
zieht das Chorion (doch mit ihm innig verwachsen) in Form eines grofsen, breite
Maschen bildenden Netzes. Im Umfange der oben erwähnten Näpfchen fehlt diese
Masse immer, so dafs also um die Näpfchen herum immer eine Masche sich bildet.
Trotz ihrer jetzigen Verwachsung halte ich sie für dieselbe, die in der vierten
Woche auf dem Chorion auflag (Taf. V.
Fig. 2. «\').

Wir haben schon ausführlich der eiweifsähnlichen Masse erwähnt, welche
der äufsern Eihaut und dem Chorion von innen anliegt. Diese Masse ist in späte-
rer Zeit besonders um die grofsen Gefäfsstämme angesammelt und nimmt eine im-
mer gröfsere Festigkeit an, so dafs sie fast der Natur der Knorpeln sich nähert,
ohne doch zu wirklichem Knorpel zu werden. Sie liefert uns einen schönen Be-
weis, dafs die Knorpel eben nichts anders sind als die verdichtete Grundmasse des
Körpers,
B lästern a nach Müller.

Zur Geschichte der Eihäute kann man es in gewisser Hinsicht noch rech-
nen, dafs das Schwein vor der Geburt eine continuirliche Oberhaut, die vom
ganzen Embryo und einem Theile der Nabelschnur sich löst, abwirft. Das Her-
vorbrechen der Borsten scheint diese Lösung der Oberhaut zu bedingen. Offen-
bar ist dieser Vorgang eine Häutung zu nennen.

Mit einigen Variationen kann man die Geschichte vom Ei des Schweines
wohl als die Geschichte des Eies aller Dickhäuter betrachten. So sind beim
Pferde ganz ähnliche Zotten des Chorions, aber der Harnsack scheint sich mehr
-—--über

*) Man findet ja auch in Zwillings-Eiern des Menschen ein gemeinsames Chorion, obgleich der
Genesis nach wohl jedes Ei sein besonderes Chorion hat.
Leider kenne ich keine Untersuchung
von Zwillings - Eiern aus früher Zeit,

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über das Amnion hinüberzulegen als im Schweine, dagegen die Schleimhaut des-
selben
sich weniger zu trennen.

Das Ei der Cetaceen kenne ich aus eigener Untersuchung nicht. Die dürf- d. Ei de.
tigen Nachrichten, die wir über dasselbe in den Schriftstellern finden, zeigen Ge,acee,i
wenigstens, dafs kein fester Fruchtkuchen da ist, und lassen daher vermuthen,
dals das Ei dem der Dickhäuter ähnlich sey. Rudolph! bemerkte, dafs im
Braunfisch - Embryo zwei Nabelvenen in die Leber gingen (
Abhandlungen der
Berliner Akademie
1828) und erst hinter derselben sich vereinigten. Ich finde
jedoch im Embryo eines Narwal der nur 9 Zoll lang und also noch ziemlich jung
ist, nur eine Nabelvene.
Es bleibt daher zweifelhaft, ob jenes Yerhältnifs, das
Rudolphi im Braunfische beobachtete, nicht eine zufällige Abweichung War.

Das Ei der Wiederkäuer ist dem Ei der Dickhäuter sehr ähnlich gebaut, e. Das Ei
Es ist ebenfalls ungemein lang, hat einen noch viel dünnern, viel früher schwin-
denden Dottersack, und eine selbstständige, die Länge des Eies einnehmende
Allantois, aber vereinzelte, sehr stark getheilte Cotyledonen als eben so viele
Fruchtkuchen. Denkt man sich statt der den ganzen Umfang einnehmenden Zot-
ten einzelne grofse Cotyledonen, so kann unsere
Fig. 22. auch dieses Ei ver-
sinnlichen.

Seine Bildungsgeschichte ist der des Eies der Dickhäuter so ähnlich, dafs
wir sie nur vergleichend durchgehen wollen.

Das in Kugelform aus dem Eierstocke kommende Ei ist beim Schaaf, das
wir als Typus
nehmen wollen, von der aufgelockerten sehr ansehnlichen Masse
des Keimhügels umgeben. Sein Dotter wird flüssig und das Ei gewinnt eine läng-
liche Gestalt. Nun wird es bald eben so ausgesponneu wie das Ei des Schwei-
nes, aber die wirkenden Theile sind hier nicht Falten, sondern
knopfförmige
Vorragungen auf der innern Fläche des Fruchthälters, die gegen die gegenüber-
liegende Wand vorragen. Es wird eben so Eiweifs ergossen, das auf dieselbe
Weise eine Haut erhält (die äufsere Eihaut). Allein wenn, wie gewöhnlich,
nur ein Ei da ist, so reicht diese Haut von einem Ende des Fruchthälters zum
andern und bildet einen langen Sack mit längern und dünnern Zipfeln der äu-
fsern Haut, als das Ei des Schweines hat.

Die Geschichte des Dottersackes ist dieselbe, doch habe ich die Enden
nicht so lang ausgezogen und nicht so geschlängelt gesehen als im Schweine, und
die Mitte ist nicht nur Anfangs, sondern besonders etwas später, wo sie im
Schweine zunimmt, sehr viel dünner. Deshalb hat diese Mitte auch sowenig
Selbstständigkeit, dafs sie ganz abhängig von den benachbarten Theilen ist. auf
IL Kk

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das mannigfachste verdreht wird und öfter als hei irgend einem andern Thiere
auf die rechte Seite des Embryo kommt, wo wir sie auch in unserer Abbildung
Fig. 17. Taf. IV. in einem Schaaf von 21 Tagen finden. Auch hier hebt sich
die seröse Hülle wie im Schweine ab und der trichterförmige Uebergang vom
Amnion zu ihr wird noch länger. Der Raum oder die Höhle, die sie um die
Mitte des Dottersackes bildet, wird aber früher unkenntlich, um so mehr, da
der gesammte Dottersack nach dem Schlüsse der vierten Woche nur noch bei
sorgfältigem Nachsuchen gefunden wird und der Harnsack nicht wie im Schweine
in der Mitte viel dünner ist als nach den Seiten.

Die Geschichte des Embryo wäre dieselbe wie im Schweine, wenn nicht
die
beiden Nabelvenen, bevor sie den Nabel erreichen, getrennt blieben und erst
vor der Nabelöffnung sich vereinigten. Es laufen also zwei gleich starke Nabel-
venen neben der Nabelöffnung nach vorn. In diesen Thieren ist das Gefäfsnetz,
das
die Nabelvenen während der vierten Woche in der Bauchwand bilden, unge-
mein schön. Auch später verlaufen zwei Nabelvenen in der ganzen Länge des
Nabelstranses und vereinigen sich erst, wo sie an die Bauch wand stofsen.

ö o \' ■

Der Harnsack tritt hervor wie im Schweine, die Enden der Nabelarterien
und Nabelvenen mit sich nehmend, doch ist seine Form mehr gekrümmt, mit
stumpfern Spitzen als im Schweine, sein Gefäfsnetz noch reicher. Er füllt eben
so die äufsere Eihaut aus, liegt aber noch entschiedener neben dem Amnion, so
dafs
er sich fast gar nicht über dasselbe schlägt. Die entgegengesetzte Seite des
Chorions mufs also ihr Blut vorzüglich unmittelbar von der concaven Seite des
Eies erhalten.

Am verschiedensten finde ich die äufsere Eihaut und eben deshalb die spä-
tere Ausbildung des Chorions. Beides ist abhängig von dem Bau des Frucht-
hälters. Die äufsere Eihaut bedeckt sich nämlich nicht überall mit Zotten, und
wie es mir schien ist auch der Fruchthälter zwischen den Cotyledonen ganz glatt.
Wo aber diese Vorragungen, die mit tiefen Gruben versehen sind, die äufsere Ei-
haut berühren, da bildet sich ein Haufen von Zotten. Zuerst wird die ganze
Stelle dunkler und man sieht in der Verdunkelung körnige Substanz, die viel-
leicht mit dem Ei-Ueberzuge zu vergleichen ist; denn wie der Erfolg lehrt, bil-
det sich später eine äufserste weifsliche Schicht auch im übrigen Chorion. Noch
wahrscheinlicher ist mir aber, dafs sie das durch Druck verdunkelte äufsere Blatt
der äufsern Eihaut ist. Sobald nun der dunkle Flecken deutlich ist, dessen Um-
fang etwas mehr beträgt, als der mütterliche Cotyledo,
erheben sich stumpfe
Zapfen aus ihm in die Gruben des mütterlichen Cotyledo, zuerst in der Mitte,
dann auch im Umkreise. Die Zapfen in der Gestalt von kurzen dicken Keulen

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sind zuvörderst ganz ohne Blut und völlig durchsichtig. Jeder Zapfen stöfst
nämlich seinen Ueherzug in Form eines kleinen Schüppchens ab. So erscheint
der dunkle Ueherzug dann nur als ein Gitterwerk zwischen der Basis sämmtli-
cher Zapfen. Bald verliert er sich auch hier.

Unterdessen wächst der Harnsack heran und es kommt Blut an die äufsere
Eihaut. Allein
ich glaube nicht zu irren, wenn ich behaupte, dafs auch in den
Zapfen sich Blut bildet. Man sieht nämlich in ihnen, nachdem sie sich ein we-
nig erhoben haben, wobei sie etwas breiter werden, einen schönen rosenrothen
Bogen dicht unter der Oberfläche. Dieser Bogen wird dann breiter, besonders
in der Mitte, und glückliche Injeetionen von den Blutgefäfsen des Embryo errei-
chen
ihn jetzt. Allein die mikroskopische Untersuchung sowohl mit als ohne
Injection lehrt, dafs hier nicht
blofs ein gleichweiter Kanal, sondern ein gröfserer
Raum
mit Blut angefüllt ist, gleichsam ein Blutsee. Die Wände dieses Rau-
mes sind nicht glatt und gleichmäfsig, sondern von sehr unregelmäfsigem, höck-
rigem Bildungsgewebe geformt, so dafs man kein deutlicheres Bild von einem
in Auflösung begriffenen Gewebe haben kann. Jetzt fängt jede Zotte an sich in
mehrere Spitzen zu theilen
, und dieser Blutsee löst sich nun in einzelne Gefäfs-
bogen auf, die durch Stämmchen mit den übrigen Gefäfsen des Eies
verbunden
sind. Die Theilung schreitet sehr rasch vorwärts und bald ist sie für jede Zotte
aufserordentlich grofs, so
wie das Blutgefäfsnetz nicht nur für jede Zotte, sondern
für jedes einzelne Spitzchen derselben aufserordentlich zunimmt. Aus einer gro-
fsen
Anzahl solcher Zotten besteht aber der Cotyledo, weshalb trotz der verein-
zelten
Cotyledonen die zur Athmung dienenden Gefäfsnetze in den Wiederkäuern
eine ungeheure Ausdehnung haben. Dabeiist es auffallend, wie dicht unter der
Grenze die Gefäfsnetze verlaufen und wie nahe sie also den Gefafsnetzen der müt-
terlichen Cotyledonen sind, ohne mit ihnen zu verschmelzen.

In diesen nimmt nämlich der Blutreichthum und die Yertheilung des Blutes
in demselben Maafse zu, und diese starken mütterlichen Gefäfsnetze umkleiden
nicht nur die verästelten Gruben des mütterlichen Cotyledo, welche die Zotten
des Fruchtkuchens aufnehmen, sondern liegen auch zwischen den Eingängen in
die Gruben ganz oberflächlich auf, in einem Stoffe, welcher nicht fest mit der
Substanz des mütterlichen Cotyledo verwachsen ist, aber, wie ich glaube, all-
mählig mit ihr verwächst, wobei sich immer neuer Stoff auflagert.

So scheinen also auch in den Wiederkäuern die mütterlichen Cotyledonen
durch Anwuchs neuer Masse und nicht blofs durch inneres Wachsthum der ur-
sprünglich gebildeten Theile sich zu vergröfsern, wie bei Raubthieren und noch
deutlicher beim Menschen es
offenbar ist.

Kk 2

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260
\\ —————

Auch zwischen den vereinzelten Fruchtkuchen bildet sich im Chorion ein
Gefäfsnetz, das trotz der Abwesenheit der Zotten sehr reich wird. Eben so ist
es diesen Gegenden gegenüber im Fruchthälter. Allein, da dem Fruchthälter
Zotten fehlen, so sind auch im Chorion diese Gegenden zottenlos, mit Ausnahme
zerstreuter Häufchen kleiner Zotten, welche den offenen Mündungen gegenüber
sich bilden, die auch hier im Fruchthälter nicht fehlen und deutlichen Drüsen
angehören 1).

Der Ueberzug des Eies ist auch in Wiederkäuern eine weifsliche Substanz,
die netzförmig in der äufsern Fläche des Chorions liegt und in der Frucht der
Kuh viel deutlicher ist, als in der des Schaafes. Er scheint nicht an die Frucht-
kuchen
heranzusteigen. Allein hier ist er vielleicht nur von anderer Art.

Die Fruchtkuchen sitzen, nachdem sie nur ein wenig gewachsen sind, so
fest in den Höhlungen der mütterlichen Cotyledonen, dafs es unmöglich ist, in
frischem Zustande sie unverletzt herauszubringen. Wartet man einige Zeit, so
gelingt der Versuch, dann findet man aber immer zwischen dem mütterlichen und
dem embryonischen Theile des Cotyledo eine dickliche Masse, von der ich] nicht
weifs, ob sie sich von den Zotten des kindlichen oder von den Gruben des müt-
terlichen Cotyledo gelöst hat — vielleicht geschieht es von beiden.

Uebrigens ist die äufsere Form der Cotyledonen beider Seiten in den ver-
schiedenen Gattungen verschieden. Im Schaaf bekommt der mütterliche Coty-
ledo die Form eines Napfes, der den Foetal- Cotyledo aufnimmt. Es sind also die
Ränder an jenem am höchsten. In der Kuh ist es umgekehrt; der mütterliche
Theil hat die Form eines etwas flach gedrückten Pilzes mit ganz zusammenge-
drückter Basis, und der kindliche Cotyledo umfafst diesen Pilz, in alle Gruben
desselben Zotten einsenkend. In beiden Formen sind die Gruben des mütter-
lichen Cotyledo eben so stark verästelt, wie der Cotyledo der Frucht.
ƒ.
Ei der T)as Ei der Nager habe ich vorzüglich am Kaninchen untersucht. Wir be-

trachten auch hier zuerst das mehr vorgeschrittene Ei und finden es durchschnitt-
lich in
Fig. 20. dargestellt. Es weicht von allen bisher betrachteten Eiern darin
ab, dafs es nur einen beschränkten Fruchtkuchen und diesem gegenüber einen
Mutterkuchen von derselben Ausdehnung hat, der ziemlich fest an dem erstem
haftet, aber nicht so tief in ihn eingreift, wie die gleichnamigen Theile in den
Raubthieren und Wiederkäuern. Im übrigen Umfange ist das Ei völlig glatt und

1  Diese Zottenhäufchen, so wie das Gefäfsnetz zwischen den Fruchtkuchen und die mikroskopische
Darstellung einer Fruchtkuchen - Spitze, sind dargestellt in der Gratulationsschrift an Sem-
jnerring.

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zottenlos, aber doch mit Blutgefäfsen versehen. Diese sind jedoch nicht Ver-
ästelungen der Nabelgefäfse, sondern der Dottergefafse. Der Dottersack nämlich
schlägt sich hier um den gröfsten Theil des Eies herum und nicht der Harnsack
oder die
Allantois. Jener ist also sehr ausgedehnt, obgleich etwas zusammenge-
drückt, überhaupt so gebildet wie der Harnsack derRaubthiere 1). Die Grenzvene
umgiebt den Fruchtkuchen als ein blutführender Kanal, wenigstens bis nahe an
die Geburt 2).

Das Kaninchen hat eine wahre und zwar ziemlich grofse Allantois 3). Sie
nimmt die ganze Länge des Eies ein und ist noch weiter als unsere Figur zeigt,
wo ihr Durchschnitt, um ihn von den Nabelgefäfsen entfernt zu halten, einen zu
geringen Umfang erhalten hat und wo überdiefs die Länge eben so wenig ver-
sinnlicht werden konnte, als die Länge des Dottersackes in den Raubthieren,

Die Nabelgefäfse gehen, etwas abgelöst vom Harnsacke, zu beiden Seiten
von ihm grade in den Fruchtkuchen über.

Eine ganz dünne Haut, die wir für die seröse Hülle halten, umgiebt alle
übrigen Theile des Eies und hält sie
zusammen. An sie ist der Dottersack ange-
wachsen. Sie geht aber über diesen weg zum Fruchtkuohen. Aufserdem liegt
noch
eine weiche Haut in einzelnen Lappen auf, wahrscheinlich die Reste der
äufsern Haut. Auch sieht man am Umfange des Fruchtkuchens einen durchrisse-
nen Rand. Die Entwickelung der Eier scheint beide Verhältnisse zu erklären.

1  Meckel irrt, wenn er in der Einleitung zu Wolff\'s Sclirift über den Darmkanal behauptet,
der Dottersack bestehe bei diesen Thieren nur in einem Theile des Chorions, er sey nur eine
flache Hautstelle ; er ist in der That, wie Oken gegen Meckel lebhaft behauptete und Gu —
vier nachgewiesen hat, ein wahrer Sack. (Oken sagte, wenn man behaupte, der Dottersacfe
sey bei einigen Thieren kein Sack, sondern eine blofse Hautstelle, so komme ihm das so vor,
als ob man behauptete, es gäbe Thiere, deren Magen kein Sack, sondern eine blofse Haut seyf.
Dagegen hatte Oken Unrecht, wenn er meinte, die Dottersack-Gefäfse könnten doch unmög-
lich wie eingesteckte Nadeln durch die Höhlung des Sackes hindurchgehen, um aus der innern
Hälfte desselben in die äufsere zu gelangen. Das thun sie in der That. Man sieht es nicht nur
beim Aufblasen, sondern nach dem Aufschneiden, wo man mit Sonden rund um diese Gefaîs-
stämme herumgehen kann, ohne an Etwas anzustofsen. Aber freilich ist dieses Verhältnifs kein
ursprüngliches, sondern ein später gewordenes.

2  Ganz reife Früchte von Kaninchen habe ich noch nicht untersucht, doch zweifle ich kaum,
dafs die Grenzvene bis dahin noch nicht geschwunden ist. Sie ist noch kurz vorher sehr
deutlich.

3  Es ist mir sehr auffallend, dafs Cuvier {Mémoires du Muséum. Yol. III.) die Allantois
des Kaninchens als ein kleines Beutelchen
beschreibt und abbildet, welches gar nicht zur Ent-
wickelung kommt und in der Nähe des Nabels zurückbleibt. Ich habe die Allantois nicht nur
von aufsen sehr deutlich in der ganzen Länge des Eies als einen Cylinder gesehen, sondern sie
aufgeblasen.

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Es ist einleuchtend, dafs das ausgebildete Ei der Kaninchen eine gewisse
Uebereinstimmung mit dem Ei der Raubthiere hat, mit dem Unterschiede jedoch,
dafs die Lage und Ausbildung der Theile umgekehrt ist. Das Ei des Kaninchens
würde dem Ei des Hundes von vier Wochen ähnlich seyn, wenn wir anstatt des
Harnsackes den Dottersack und statt des Dottersackes den Harnsack setzen. Unter
diesen Umständen wird es vielleicht weniger auffallen, wenn ich berichte, dafs
in der ersten Zeit beide einander sehr ähnlich sind. —

So lange das Ei des Kaninchens noch lose im Fruchthälter sich befindet
oder anfängt befestigt zu werden, sah ich an ihm zwei in einander liegende ku-
gelige Blasen, wie überall. Nur fiel es mir auf, dafs ich im innern Sacke um das
Schild herum, welches zum Embryo wird, im achttägigen Ei einen breiten dunk-
len
Hof erkannte. Entweder traf ich die Zeit, wo sich der Gefäfshof abgrenzt,
(doch war noch kein länglicher Embryo da,) oder der ganze innere Sack ist doch
nicht der Keim, sondern dieser nur ein Theil des Sackes.

Wenn das Ei befestigt ist, so sieht man die äufsere Eihaut mit langen keu-
lenförmigen Zotten rund um besetzt, wie das Ei des Hundes. In etwas mehr vor-
geschrittenem Zustande fand ich, wie früher erzählt wurde, immer den gröfsten
Theil der äufsern Eihaut lose aufliegend, ohne dafs es mir wahrscheinlich wurde,
dafs sie beim Oeffnen des Fruchthälters gerissen wäre. Auch schien dieses lose
grofse Stück nicht mehr fest in den Fruchthälter einzugreifen. Ich mufste daher
auf die Vermuthung kommen, dafs die äufsere Eihaut so gesprengt werde, dafs
der gröfste Theil abgetrennt wird und nur ein kleiner in die Bildung des Frucht-
kuchens übergeht.

Eine so vollständige Reihe von diesen Eiern, wie von andern, habe ich nicht
untersuchen können, doch da ich die spätem ohne Zotten fand, so spricht dieser
Umstand für obige Vermuthung und Cuvier\'s Angabe. Die dünne Haut, wel-
che von jetzt an das Ei zusammenhält, wäre dann die seröse Hülle.

Sobald der Harnsack die äufsere Eihaut erreicht hat, löst sich das Gefäfs-
blatt vom Schleimblatte, die Gefäfse wuchern in die Zotten der äufsern Eihaut,
welche hier sitzen bleibt, und so bildet sich der Fruchtkuchen und ihm gegen-
über ein Mutterkuchen, und zwar immer auf der concaven Seite des Fruchtleiters,
der Anfügung des Fruchthälter - Gekröses gegenüber. Ob nun der hautförmige
Ueberzug, den man in späterer Zeit auf dem festern Blatte (der serösen Hülle)
aufliegen sieht und den man in kleinen zarten Lamellen abtrennen kann, der Ue-
berzug des Eies ist oder noch ein Rest der äufsern Eihaut, wie Cuvier glaubt,
kann ich nicht entscheiden. Bemerken will ich nur, dafs die zottentragende

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Haut, die, ich bei ganz kleinen Eiern aufliegend fand, dunkler war, als was man
später aufliegen sieht. Die Nabelschnur bleibt sehr kurz.

Das Ei der Faulthiere ist ein merkwürdiges Mittelglied zwischen sehr he- ^g- ^ Ei der
terogenen
Formen, den Affen und Wiederkäuern. Es ist ein länglich runder
Fruchtkuchen da, in welchem man nach Carus nnd Rudolphi gesonderte,
aber einander genäherte Cotyledonen erkennt. Der Nabelstrang ist solang, als
in den Affen. Ich habe gesehen, dafs die Oberhaut sich hier, wie im Schweine,
als ein vollständiger Sack löst und wie ein zweites Amnion im Amnion aussieht,
dafs der Harnstrang sich nicht in den Gipfel der Blase wie gewöhnlich einsenkt,
sondern nach dem Blasenhalse zu. Rudolphi, den ich hierauf aufmerksam
machte, hat dieses Umstandes in den Abhandlungen der Berliner Akademie für
1828 erwähnt und fügt hinzu, dafs auch in mehreren Zahnlosen, namentlich in z*hnioseiider
Myrmecophaga subcita und wahrscheinlich in Mcinis pentadactyla
dasselbe Verhältnifs vorkomme.

Von Dasypus hat er keinen Embryo zu untersuchen Gelegenheit gehabt,
allein da die Harnblase von Dasypus sexcinctus grade so aussieht, wie die vom
Ameisenfresser, so vermuthet er dieselbe Einsenlcung der Harnschnur auch in
diesem Geschlechte. Ich finde jedoch diese Yermuthung nicht bestätigt. In ei-
nem ziemlich ausgetragenen Embryo des neungürteligen Armadiiis sehe ich eine
längliche zugespitzte Harnblase. Aus der Spitze der Blase geht ein Strang nach
dem Nabel, der zwar nicht mehr hohl ist, den ich aber nicht umhin kann für
den bereits geschlossenen Harngang zu halten. Das Ei selbst der Zahnlosen
scheint noch ganz unbekannt.

Das Ei des Affen ist dem Ei des Menschen sehr ähnlich, doch ist es nach viertelnder"
der Form des Fruchthälters mehr länglich. Der Fruchtkuchen ist beschränkt, und
es scheint, dafs die Zotten > die ihn zusammensetzen, fast so fein und zusammenge-
drängt sind als im Menschen, wodurch der Fruchtkuchen eine ansehnliche Festig-
keit erhält. Einige Früchte, welche Rudolphi a. a. 0. beschrieben hat und
welche ich im Berliner Museum auch zu untersuchen Gelegenheit hatte, weisen
überhaupt die Annäherung an den Menschen sehr deutlich nach. Der Dottersack
ist (wenigstens bei
Hapale) gröfser und bleibt bis zur Geburt in nicht ganz un-
bedeutender Gröfse. Er ist fast eben so lang gestielt als im Menschen. Auch die
Länge des Nabelstranges, die bei Affen bedeutender ist als bei allen andern Säuge-
thieren mit Ausnahme des Menschen, zeigt diesen Uebergang. Dafs dem Frucht-
kuchen gegenüber ein Mutterkuchen, aus der Schleimhaut des Fruchthälters und
einem Ueberzuge des Fruchthälters bestehend, gefunden werde, versteht sich aus
dem von andern Thierformen Gesagten von selbst. Um so auffallender ist es,

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dafs Rudolph! hei S Embryonen von Quadrumanen aus drei verschiedenen Ge-
schlechtern (
[Cebusj Mycetes und Ilapale) zwei Nabelvenen fand, die sich
erst vor dem Eintritte in die Leber vereinigten. Es ist hier also ein sehr früher
Embryonen - Zustand anderer Säugethiere lange ausdauernd.
k. Ei aes Das Ei des Menschen ist auf seiner letzten Bildungsstufe allgemein bekannt,
lenscun(] ^ wiH daher zu der Bemerkung, dafs der Nabelstrang in demselben länger
und das Amnion weiter ist als bei irgend einem andern Thiere, nichts mehr hin-
zufügen, sondern sogleich zu der Bildungsgeschichte dieses Eies mich wenden,
über welche am meisten Untersuchungen angestellt sind und über die dennoch
bisher am wenigsten mit Sicherheit gesagt werden kann. Ich werde hier mehr
als in andern Abschnitten dieses Vortrages
fremde Beobachtungen benutzen müs-
sen, jedoch nicht ohne sie mit dem, was eigene Untersuchungen mich lehrten,
zu vergleichen. Wir können aber unmöglich in alle Controverse über die ver-
schiedenen Ansichten eingehen, da wir hier den Menschen nur als ein Glied des
grofsen Thierreiches betrachten *). Wir werden suchen, die Resultate zuge-
ben, und nur wo Unsicherheit ist, ausführlicher werden.

Die Gründe der Unsicherheit, die trotz so vieler Arbeiten noch nicht über-
all gehoben ist, leuchten ein. Nur äufserst wenige Anatomen haben Gelegenheit
gehabt, sehr viele frühzeitige Früchte des menschlichen Weibes zu untersuchen,
für Jeden sind aber fremde Beobachtungen viel weniger belehrend als eigene. Da-
zu kommt, dafs bei weitem der gröfste Theil der Früchte durch Abort abgegan-
geil war und dafs der Abort immer ein krankhafter Procefsist, hervorgebracht
entweder durch ein Leiden des Fruchthälters, oder eine krankhafte Beschaffenheit
des Eies, Viele Eier gehen ab, weil es unmöglich ist, dafs solche Mifsstaltungen
sich weiter bilden. Man hat also eine Menge Mifsbildungen untersucht, und erst
in neuester Zeit ist die Zahl der Beobachtungen so gemehrt, dafs allmählig eine
normale Entwicklungsgeschichte sich daraus gestaltet. Wegen dieser Verschie-
denheit in den untersuchten Eiern des Menschen ist die Vergleichung mit der Eilt
wrickelung der Thiere, und namentlich der Säugethiere der sicherste Leitstern,
und es ist Jedem, der mit diesen Studien sich etwas beschäftigt hat, bekannt, dafs
ohne die Fackel der vergleichenden Entwickelungsgeschichte wir die Bedeutung
der einzelnen Theile eines frühzeitigen menschlichen Eies gar nicht kennen wür-
den, ja dafs die Fragepunkte sich noch gar nicht herausgestellt haben würden.
--Man

*) Leser, welche die veschiedenen Meinungen und Darstellungen mehr bearbeitet zu studiren wün-
schen, mufs ich auf Burdach\'s PhysiologieBd.il. verweisen und-auf die weiter unten fol-
genden
Studien zur Entwickelungsgeschichte des Menschen. Hier würde eine vollständige Dis-
cursion sich gar zu unverhältnifsmäfsig ausgedehnt haben.

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Man hätte beim Anblicke eines langgestielten Nabelbläschens gar nicht auf den Ge-
danken kommen können, dafs an und auf ihm der Embryo sich bildet, und hat
deshalb in der That an Eiern, wo der Embryo vom Nabelbläschen noch nicht ent-
fernt ist, dieses nothwendig verkannt.

Eine vollständige Kenntnifs der Ausbildung der Blutgefäfse an der mensch-
lichen Frucht selbst zu erlangen ist ohnehin fast unmöglich, da wir nur in sehr
günstigen Fällen noch in den gröfsern Gefäfsen rothes Blut finden.

Sie kennen die Bildungsgeschichte des Eies der Säugethiere und werden leicht i• Erste Bü-
vermuthen, dafs die Geschichte des Eies vom Menschen nur eine Besonderheit der d!!n§?stgtt0-
allgemeinen Geschichte des Säugethier-Eies ist. Sie werden daher erwarten, dafs
auch im Eierstocke des menschlichen Weibes Dotterkugeln in den Graaf schen Bläs -
chen liegen. Ich füge noch hinzu, dafs ich diese Dotterkugeln, deren Daseyn
Seiler bestätigt, ungemein klein fand1). Dafs das Ei nach einem fruchtbaren
Beischlafe von dem benachbarten Eileiter aufgenommen werde, ist eben so wenig
zu bezweifeln. Aber schon in Hinsicht der Zeit hat man wenig oder gar kein
Maafs.

Nachdem die Kapsel sich geöffnet hat, wobei häufiger Blut in die Höhlung
ergossen wird, als beiThieren, bleibt diese über 8Tage offen, Die Höhlung wird
nur durch die Verdickung der Kapsel, die zugleich sich lebhaft gelb färbt, ge-
schlossen. Eine solche, ihre Höhlung ausfüllende Kapsel heifst nun ein gelber
Körper und bildet eine feste Masse, die erst nach beendeter Schwangerschaft sich
merklich verkleinert. Bis hierher ist noch völlige Uebereinstimmung mit allen
übrigen Säugethieren.

Allein der Ueberzug des Fruchthälters bildet sich viel früher als in andern m ueberzug
Thieren. In denjenigen Familien der Vierfüfser (denn von den Affen wissen wir ^Frucht-
nichts Bestimmtes), in welchen ein solcher Ueberzug des Fruchthälters deutlich
ist, wird er, so weit ich beobachten konnte, doch nie bemerkt, bevor die Eier
im Fruchthälter angekommen sind. Beim Menschen aberzeigt sich derselbe, be-
vor das Ei im Fruchthälter gefunden wird, und man hat ihn gewöhnlich auch in
solchen Fällen gefunden, wo das Ei im Eierstocke, in der Bauchhöhle oder im
Eileiter sich weiter entwickelte, indem irgend eine Störung seinen Uebergang in
den Fruchthälter hinderte2). Es scheint also offenbar, dafs nicht der unmittel-
bare Reiz des Eies die Erzeugung dieser Substanz bedingt, sondern eine allgemeine
Reizung des Fruchthälters.

1  Ich kann freilich nicht behaupten , dafs die von mir untersuchten Eier der Reife nabe waren,

2  Ich sah so eben einen neuen Fall von einer Decidua bei einer Graviditas tufraria.

IL " Li

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Am achten Tage nach der Empfängnifs fand ich diesen Ueberzug, die soge-
nannte
hinfällige Haut, im ganzen Fruchthälter als eine völlig durchsichtige Masse
von derConsistenz eines festern Eiweifses, am meisten aber einem ungefärbten Blut-
kuchen oder einem Lymphkuchen vergleichbar, die Zwischenräume zwischen den
Zotten der Schleimhaut des Fruchthälters ausfüllend und noch über sie weggehend.
Durch denselben Reizzustand, welcher den Ueberzug des Fruchthälters erzeugt,
vergröfsern sich nämlich auch die Zotten der innernFläche des Fruchthälters, wel-
che vor der Schwängerung nur bei sehr starker mikroskopischer Yergröfserung als
kleine Unebenheiten sich erkennen lassen. In. diesen Ueberzug hinein hatten sich
dieBlutgefäfse
des Fruchthälters verlängert und Schlingen um jede Zotte gebildet1).
Aus
dieser Beobachtung scheint wohl unwiderleglich hervorzugehen, dafs der
Ueberzug zuvörderst der Schleimhaut des Fruchthälters nur aufliegt, denn die
Grenze war sehr bestimmt und für jede einzelne Zotte kenntlich. Dieser Meinung
waren auch früher die Anatomen allgemein. Sie ist zwar auch jetzt noch die ge-
wöhnlichste und unter vielen Andern pflichtet ihr Yelpeau bei, der die meisten
Untersuchungen über die erste Entwicklung der menschlichen Frucht anzustellen
Gelegenheit gehabt hat. Sie ist aber in neuester Zeit bestritten worden. O k e n
glaubte in Hunden zu erkennen, dafs die sogenannte hinfällige Haut, welche in
diesen Thieren aufserordentlich wuchert, nichts Anderes sey, als die aufgelockerte
Schleimhaut des Fruchthälters 2), und in neuester Zeit hat es viel Aufmerksamkeit,
ja man kann wohl
sagen, Aufsehen erregt, dafs Seiler in Bezug auf den Men-
schen Aehnliches zu erweisen sich bemüht, und zwar auf vielfache Beobachtungen
im Fruchthälter gestützt3). Nach unserer Ansicht verwächst aber der Ueberzug
erst allmählig mit der Schleimhaut zu einem Ganzen. Dasselbe Verhältnifs scheint
mir im Menschen Statt zu finden. Seiler hat die Wucherung, welche diese
Schleimhaut erfährt, vollständig beobachtet. Allein er nennt sie die
Me mir an a
decidua vera,
giebt aber zu, dafs aufser dieser Schicht noch eine zweite auf
ihr aufliegende da ist, welche keine ausgebildete Organisation hat. Diese zweite
ist also wohl der Ueberzug oder die
Decidua. — Wenn nun später beide Theile
sich näher vereinigen, so dürfte damit noch nicht das Recht gegeben seyn, die
Schleimhaut schon für den Anfang
Decidua zu nennen. Dafs der Ueberzug des

1  Vergleiche die hier angehängten Studien für die Entwicklungsgeschichte des Menschen Nr. I.
und Taf. VII. Fig. 4. E. Weber hat auch über eine vor sieben Tagen geschwängerte Person
eine Beobachtung bekannt gemacht, die mit der meinigen sehr übereinstimmt.

2  Oken\'s und Kieser\'s Beiträge zur vergleichenden Anatomie. 4.

3  Seiler: Die Gebärmutter und das Ei des Menschen in den ersten Schwangerschaftsmotia-
ten. 1832. Fol.

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Fruchthälters aber anfänglich nur anliegt und nicht die Schleimhaut selbst ist, war
nach der so eben berichteten Erfahrung zu deutlich, um es zu verkennen. Zwar
trennt man in der spätem Zeit der Schwangerschaft den Fruchtkuchen und die
Decidua nicht von der Schleimhaut des Fruchthälters, sondern von der Muskel-
substanz desselben ab, aber Aborte aus der frühem Zeit scheinen wohl den lieber-
zug, aber nicht die Schleimhaut des Fruchthälters mit zu nehmen. Mit Ausnahme
der ersten Tage zeigt der Ueberzug beider Flächen kleine Grübchen. In diese wu-
chern die Zotten des Eies hinein.

Man hat eine Zeitlang viel darüber gestritten , ob die Bekleidung des Frucht-
hälters , von der wir eben sprechen, an den Stellen durchbohrt ist, an denen der
Fruchthälter Oeffnungen hat oder nicht. Das erstere hatte Hunter geglaubt.
Jetzt kann man wohl als erwiesen betrachten, dafs fast immer die Einmündungen
der Eileiter von der neuen Substanz gleichsam verschmiert werden, wie es bei der
Enge dieser Oeffnungen sich erwarten läfst. Ein solcher ausgeschiedener Stoff
kann nicht so genau auf der Stelle bleiben, die ihn erzeugt hat, dafs eine so enge
Oeffnung nicht sollte ausgefüllt werden. Doch giebt es Ausnahmen, wo die Mün-
dungen wirklich offen bleiben, worüber Rudolph Wagner sehr bestimmte
Erfahrungen mittheilt*). Nicht selten verlängert sich der Ueberzug bis in den Ei-
leiter hinein. Die meisten Anatomen sind der Meinung, dafs auch der Mutter-
mund vollständig von der
Decidua ausgefüllt werde. Das halte ich für weniger
allgemein, weil ich in einigen Fällen das Entgegengesetzte wahrnahm, obgleich
in andern der Sack
unten geschlossen war**). Der Ueberzug scheint nie ganz den
äufsern Muttermund zu erreichen. In diesem findet sich vielmehr ein Schleim-
pfropf, wie bei andern Säugethieren. ,

Wenn nun das Ei den Eileiter hinabsteigt und in den Fruchthälter gelangt,
so findet es diesen gewöhnlich mit einem, zwar nicht sehr derben, aber doch zä-
hen und in sich so zusammenhängenden Ueberzuge versehen, dafs das kleine Ei
nicht durchdringen kann. Es wird vielmehr zwischen dem Ueberzuge und dem
Fruchthälter aufgehalten. Das Ei aber schwillt eben so wohl an, wie alle andern
Eier von Säugethieren, und so wird allmählig mehr von dem Ueberzuge abge-
trennt***), und der abgelöste Theil, der jetzt die untere Hälfte des Eies und, so
wie dieses sich vergröfsert, mehr als die Hälfte des Eies bekleidet, wird durch

*) Meckel\'s Archiv für Anat. und Physiologie. 1830.

**) Vergleiche die allgemeinen Bemerkungen zu den Studien für die Entwickelungsgeschichte des?
Menschen.

***) Sollte dieEluUrag, welche mehrere Frauen im ersten Monate der Schwangerschaft erfahren,
nicht vielleicht Folge dieser Abtrennung seyn? Auf die Caiamenien
fallt diese Blutung wenigsten?
bei einer Frau aus meiner Bekanntschaft nicht.

LI %

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das Ex immer mehr ausgedehnt und herabgedrängt, indem das Ei ihn vor sich her-
schiebt. So haben wir denn nun zwei Abtheilungen des Ueberzuges, eine äufsere,
die vom Anfange an dem Fruchthälter anhaftet, [Tab. YII. Fig. 12.
ac a\'. (D eci-
dua
s. Caduca externa s. uterina), Membrana uteri evolut a, nach
Seiler], und eine eingestülpte Abtheilung
(Decidua reflexa s. Caduca ovi,
Epichorion
nach Velpeau, Membrana ovi uterina nach Seiler)
Taf.VII.
Fig. 12. dgd\', Fig. 18. aea. Dieser eingestülpteTheil ist nun einUeberzug
des Eies. Er wird, während sich das Ei vergröfsert, immer dünner und dem äufsern
Theile im Verlaufe der Schwangerschaft immer mehr angedrängt, so dafs vom
vierten Monate der Schwangerschaft an kein leerer Raum zwischen beiden mehr
erkannt wird, das unterste Ende etwa ausgenommen. Je jünger das Ei ist, um
desto gröfser mufs nämlich der Raum seyn, der zwischen dem äufsern Sacke und
dem eingestülpten Theile bleibt. In diesem Räume findet sich eine durchsichtige
gelatinöse Masse. Bei Aborten ergiefst sich aber auch zuweilen Blut hierher.
Im Innern des leeren Raumes, d. h. zwischen der äufsern und der innern, einge-
stülpten Hälfte des Ueberzuges, ist gewöhnlich durchsichtige gelatinöse |Masse.
Bei Aborten ergiefst sich aber auch Blut hierher.

Diefs ist wenigstens der gewöhnliche Hergang. Allein da ich ein paar Mal
Aborte gesehen habe, an denen nur ein einfacher Ueberzug zu erkennen war,
ohne dafs man die Stelle bemerkt hätte, wo der andere
abgerissen worden, so
halte ich es nicht für unmöglich, dafs zuweilen das Ei eintritt, bevor der Ueber-
zug die Einmündung des Eileiters völlig geschlossen hat, weshalb denn der Ueber-
zug einfach bleiben würde. Indessen mufs man solche Fälle im Fruchthälter selbst
sehen, um ganz sicher zu seyn, denn die Beobachtung an Aborten kann hierüber
nicht entscheiden.

Wann das Ei in den Fruchthälter tritt, weifs man noch nicht mit Bestimmt-
heit anzugeben. Im Grunde hat man aber auch Unrecht, wenn man
sich um ei-
nen bestimmten Termin streitet. Es ist wohl nicht zu bezweifeln, dafs hierin
eben so wohl ein Schwanken seyn wird, wie in dem Eintritte und in der Zeit der
ersten Entwicklung bei den Thieren, ja die Schwankung scheint nicht einmal so
grofs zu seyn als bei den Hunden, in welchen man am 20sten Tage Eier finden
kann, die denen gleich sind, welche man in Andern am loten Tage sieht.

Alles Auffinden von Menschen-Eiern einen Tag oder ein paar Tage nach der
Befruchtung und überhaupt vor dem Ende der ersten Woche kann man nach den
neuern Erfahrungen ohne Bedenken für Irrthum halten. In dem oben erzählten
Falle, wo ich einen Fruchthälter am achten Tage nach der Schwängerung unter-
suchte, sah ich durchaus kein Ei, weder im Fruchthälter noch im Eileiter. Es

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mufs also noch nicht genug aufgeschwollen gewesen seyn, um sich bemerklich zu
machen. Dagegen glaubten Home und Bauer im Fruchthälter eines Mäd-
chens1) 7 Tage nach der Empfängnifs ein Ei gefunden zu haben, das zu vielen
Streitfragen Veranlassung gegeben hat. Zuerst hat man und besonders in Deutsch-
land zu viel Gewicht darauf gelegt und jetzt vielleicht zu wenig. So verwirft V e 1 -
p e a u diese Erfahrung als eine ohne allen Werth. Es ist auch nicht zu leugnen,
dafs die gesammte Beobachtung mit grofser Oberflächlichkeit gemacht ist. Aber
grade die auffallende Form, die nach Home dieses Ei gehabt haben soll, und
die besonders Zweifel erregt hat, scheint mir für die Richtigkeit derselben ein ge-
wisses Gewicht zu geben. Das Ei fanden nämlich die genannten Herren länglich,
über eine Linie messend, der Länge nach aufgeschlitzt, nämlich so, dafs man zwei
gegen einander gerollte Lappen auseinander legen konnte und innerhalb dieser
Lappen einen zweiten geschlossenen dünnwandigen Sack. Vorausgesetzt nun,
dafs dieses Körperchen ein Ei war, so mufs man doch zugeben, dafs es bei der
Manipulation verletzt worden war; denn ein offenes Ei möchte wohl in keiner
Thierform vorkommen, und eine solche Verletzung konnte durch das Instrument,
mit dem das Ei aus seiner Lagerstätte gehoben wurde, nur zu leicht bewirkt wer-
den. Dafs nun Eier, bei denen animalisches und vegetatives Blatt eben in der
Trennung begriffen sind, im Primitivstreifen aber an einander haften, wenn sie
verletzt werden, leicht eine solche Form annehmen, wie Home sie abbildet, habe
ich besonders an Eiern von Hunden gesehen. Dazu kommt noch, dafs Bauer
den Inhalt der
innern Blase gelb und von der Gonsistenz des Honigs fand — was
auf Dottermasse deutet2), aber schwer zu erklären ist, wenn man an eine zufäl-
lige Concretion von Eiweifs oder Gallert denkt. Bemerkenswerth ist noch, dafs
Home und Bauer von Dottermasse keine Ahnung hatten, sondern zwei Organe
in dem innern Sacke erkannt zu haben glaubten, also durch vorgefafste Meinungen
sich wohl nicht bei Beschreibung des Inhaltes leiten liefsen. Doch bin ich auch
weit davon entfernt, die Richtigkeit der Beobachtung verfechten zu wollen. Zu-
vörderst wurde dieses sogenannte Ei nicht zwischen dem Fruchthälter und seinem
Ueberzuge, sondern innerhalb der Höhle des letztern in der Nähe des Muttermun-
des gefunden, eine Stelle, welche ein frühzeitiges Ei wenigstens nur als seltene
Ausnahme annehmen wird, dann ist allerdings bei der Verletzung des äufsern oder
animalischen Blattes, wenn sie an der dem Embryo entgegengesetzten Stelle vor-
kommt, auch eine Verletzung des innern oder vegetativen Blattes kaum zu vermei-

1 #) Lectures on comparative anatomy Vol. IV. Tab. 104.

2  Freilich hat der Dotter diese Gonsistenz gewöhnlich erst später.

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den. Auch macht die grofse Ungeschicklichkeit, die aus der ganzen Darstellung
hervorgeht, auf jeden Fall diese Erfahrung sehr unzuverlässig, und man mufs be-
dauern , dafs der Zufall nicht umsichtigem Beobachtern einen so seltenen Fall zu-
geführt hat. So erzählt Home, dafs Bauer das Eichen, um es aufzuheben,
auf einer Glasplatte habe trocknen lassen. Er hätte es eben so gut braten
oder kochen können. Die Gebrüder Weber in Leipzig glaubten ebenfalls ein Ei
von Einer Woche gesehen zu haben, sind aber selbst darüber im Zweifel. Die
frühesten Eier, welche Velpe au untersucht hat, waren von 10 —12 Tagen1).
Sie waren zottig und noch ohne Embryo. Ich habe ein Ei von 14 Tagen gesehen,
in welchem der
Embryo schon kenntlich war, doch noch so wenig entwickelt,
dafs er nach Analogie der übrigen Säugethiere etwa zwei Tage alt
seyn mochte.
Pockeis beschreibt ein
Ei von 13 Tagen, dessen Embryo um einen halben oder
ganzen Tag älter seyn mochte2), obgleich das Ei jünger war3).

Nach diesen Erfahrungen mufs man annehmen, dafs die Zeit, in welcher
der Embryo sich bildet, etwas schwankt, wenigstens vom Schlüsse des 7ten bis
zum 12ten Tage, wenn das, was Home sah, ein werdender Embryo war.

Auffallend bleibt es immer, dafs die Vergröfserung des Eies so früh|be-
ginnt, früher als bei Säugethieren, deren Embryonenleben sehr viel kürzer ist.
Man hätte das Gegentheil erwarten sollen, doch sind der Erfahrungen zu viele,
um sie alle für seltene Ausnahmen
zu halten.
i„ Aeufsere Die Frage über die Beschaffenheit des menschlichen Eies zu der Zeit, wo

es in den Fruchthälter tritt, würde noch viel mehr Zweifeln unterworfen seyn,
als die Zeit des Eintrittes, wenn man nicht die Analogie der Säugethiere zu Hülfe
nehmen könnte.

Ueber das Aussehen des Eies in den Eileitern haben wir keine zuverlässige
Beobachtung f). Das von Home beschriebene Ei früherer Zeit ist das einzige,
welches keine zottige Oberfläche zeigte. Wir haben so eben schon bemerkt, dafs

1  Bei einem dieser Eier wenigstens scheint das Alter zuverlässig. Velpeau: Embryologie et
ovologie humaine,
Fol. 1833.

2  Der Harnsack ist nämlich bedeutend länger in dem von Pockeis beschriebenen Eie.

3  Ganz neuerlich hat J. Müller (Archiv für Anatomie, Physiologien, s.w. Bd. I. S. 8.) eine
Frucht beschrieben, die entweder 9 oder 34 Tage alt seyn sollte. Müller, der das erste Maafs
für wahrscheinlicher hält, fand den Embryo 2f Linien lang, den Durchmesser des Eies 7 — 8
Linien. Ein solches Ei kann ich nicht für 9tägig halten. Vielmehr
vernnuthe ich, dafs der
zweite Beischlaf das Ei gelöst hat und dafs es mithin 25 Tage alt war, [vom 2ten bis zum 27sten
Dec. Dieses Zeitmaafs stimmt sehr gut mit der Ausbildung der Eier.

Seiler sah hier ein kleines Ei. aus zwei in einander liegenden Säcken bestehend , hält es aber
selbst für ein zurückgehaltenes.

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es zweifelhaft ist, ob das Gesehene wirklich ein Ei war, und dafs es im Be-
jahungsfalle wenigstens sehr verletzt war. Hiernach kann man wenigstens sagen,
dafs alle unverletzten Eier, welche man aus sehr früher Zeit kennt, eine zottige
Oberfläche hatten. Man darf daher nicht zweifeln, dafs sie alle eine äufsere Ei-
haut besafsen. Velpeau konnte zwar in den Eiern von 10 — 12 Tagen, die
er untersuchte, nur einen einfachen Sack finden, allein die Analogie spricht zu
laut dagegen, da bei allen Säugethieren aufser der Zotten tragenden äufsern Haut
auch in der frühesten Zeit wenigstens noch Eine innere ist, welche die Dotter-
masse zunächst umgiebt. Da aber bei allen Thieren, welche einen wahren Frucht-
kuchen haben, beide Häute in früher Zeit und vor dem Auftreten des Embryo
ziemlich nahe an einander liegen, so ist es sehr leicht möglich, dafs man bei der
Untersuchung nur einen Sack zu finden glaubt. Ob aber die äufsere Haut sich
erst später über der innern bildet, hat bei Menschen, da man ein ursprünglich
glattes Ei nicht kennt, noch weniger ausgemacht werden können, als bei Raub-
thieren.

Unzweifelhaft scheint es mir aus der eigenen Beobachtung des Eies von
14 Tagen und dem von Pöckels beschriebenen Ei von 13 Tagen, welches der-
selbe freilich anders deutet 1), dafs auf
dem innern Sacke oder vielmehr aus ei-
nem Theile desselben, wie bei allen andern Säugethieren, der Embryo sich zu
bilden beginnt (nach diesen Beobachtungen etwa 11 oder 12 Tage nach der Be-
fruchtung), dafs dieser Embryo sich abschnürt und so der übrige Theil des
Sackes Dottersack wird, oder diejenige Blase, welche wir im Menschen das JSa-
belbüischen nennen.

Ich glaube in derselben Beobachtung mit Sicherheit erkannt zu haben, dafs
die Keimhaut sich in ein animalisches und vegetatives Blatt trennt und dafs das
erstere den Embryo umhüllend ihm ein Amnion und eine seröse Hülle giebt, wel-
che letztere den Embryo mit dem Dottersacke an die äufsere Eihaut anheftet.

Diese Vorgänge sind wie in allen übrigen Säugethieren, nur fiel es mir auf,
dafs der Embryo schon so früh sich auf die Seite gedreht hatte 2).

Durch diese Bemerkung aber wird es verständlich, wie schon sehr bald
der Dottersack
bedeutend vom Embryo absteht und mit ihm nur durch einen dün-
nen Stiel, den Dottergang, verbunden ist. Dafs dieser Dottergang ein olfener
Kanal
ist, glaube ich in fast allen Eiern aus den sechs ersten Wochen des Em-

1  Die wegen der zahlreichen Beobachtungen aus sehr früher Zeit merkwürdigen Beobachtungen

von Dr. Po ekels finden sich in der Isis 1825.

2  Studien No. 2.

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bryonenlebens erkannt zu haben, und bei einigen war die Communication sehr
weit, ja ich sah sogar einmal deutlich Dottersubstanz im Afterdarme 1).

Der Inhalt des Nabelbläschens ist nämlich Dottersubstanz, die man freilich
in sehr verschiedenem Grade, bald mehr bald weniger verdünnt findet. Zuwei-
len ist sie ganz eben so dick und gelb als der Dotter des Yogel-Eies, und ich weifs
noch nicht, wovon diese Verschiedenheit abhängt. Es scheint keine regelmäfsige
Progression hierin Statt zu finden, denn zuweilen sieht man in sechs - bis sieben-
wöchentlichen Eiern diese Blase mit ganz gelbem Inhalt und dann ist sie meist
zusammengedrückt und länglich, in andern Fällen ist ihr Inhalt hell und dann
ist sie eine kugelförmige Blase. Diese Verschiedenheit, welche auch V e 1 p e a u
fand,
läfst aber mit ziemlicher Sicherheit schliefsen , dafs das Nabelbläschen sehr
bald seine Wichtigkeit verliert. Ein wesentlich einwirkender Theil würde nicht
solchem Wechsel unterworfen seyn und in der That ist in früher Zeit der Dotter
eben so verflüssigt als bei andernSäugethieren. Ich glaube, dafs der wesentliche
Einflufs des Nabelbläschens sich auf den ersten Monat beschränkt, ja vielleicht
nur auf etwas mehr als die erste Hälfte desselben.

Da es ein Dottersack ist, so hat es dieselben Gefäfse, die dem Dottersacke
aller Säugethiere, Amphibien und Vögel zukommen. Diese Gefäfse bilden ein
Gefäfsnetz auf dem Nabelbläschen, welches schon von vielen Anatomen gesehen
und beschrieben ist. Doch hat noch keiner eine
Grenzvene zu erkennen ver-
mocht Ich fand ein Gefäfsnetz in einer etwa fünfwöchentlichen Frucht das
ganze Nabelbläschen umspinnend und auf der innern Fläche des Dottersackes
besonders an den Gefäfsen äufserst kleine Zotten, denen des Dottersackes der Vö-
gel ähnlich 2). Man nimmt gewöhnlich an, dafs das Nabelbläschen im dritten
Monate schwindet, doch scheint es, wenigens zuweilen, viel länger als ein über-
flüssig gewordener Theil des Eies fortzubestehen, ohne ganz aufgelöst
zu
werden.

Dagegen wächst das Amnion ungemein rasch, viel rascher als in allen an-
dern Thieren. Nur in dem Ei von 14 Tagen fand ich es so eng anliegend, wie ich
es bei andern Säugethieren, so lange der Leib noch offen ist, gesehen habe f),
in allen übrigen Eiern dagegen schon sehr grofs. Ja andere Beobachter, wie

1 S tudien No. 6.

2  Stud. N, 9. Taf. VII. Fig. 18.

f) Wie eng das Amnion in der ersten Zeit bei Säugethieren ist, deren Leib noch der ganseE
Länge nach oifen steht, kann man in der Epistolcf de ovi genesi Fig. VIT, sehen,

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Velpeau, haben es nur blasig aufgetrieben gesehen, oder, wie es mir wenig-
stens seheint, eben deshalb es verkannt, dafs sie es nicht anders erwarteten, als
eine weite Blase.
So wären mir die jüngstens von P o c k e 1 s beschriebenen Eier
völlig
unverständlich, wenn ich nicht annähme, dafs die Blase, welche P o c k e 1 s
für das Amnion ansah, entweder die Nabelblase oder die seröse Hülle war.
Poclcels nämlich glaubte gefunden zu haben, dafs das Amnion ursprünglich
eine nach allen Seiten ausgedehnte Blase sey, gegen welche der
Embryo mit sei-
nem Ilücken sich hineindrängt und auf diese Weise ein Verhältnifs
zu ihr eingeht.

° O ?

wie die mit serösen Häuten versehenen Organe zu ihren Bekleidungen, indem ein
Theil des Sackes sich an den Rücken des Embryo anklebe, ein anderer, von der
Nabelöffnung aus, in weiterem Umfange ihn umhülle. Hierfür aber spricht gar
keine Analogie. Auch die seröse Bekleidung der einzelnen Organe, wie z. B. des
Herzens, entsteht nicht so, dafs das Organ in eine neben ihm liegende Blase sich
hineinsenkt, sondern der Raum, in welchem das Organ liegt, bekommt eine
Bekleidung nach allen Seiten. Mit dem Amnion ist es ganz anders. Ich habe
schon berichtet", dafs ich in sehr verschiedenen Säugethieren deutlich gesehen
habe, dafs das Amnion sich ganz eben so bildet, als im Vogel und Reptil,
d. h.
durch
Umschlagung des animalischen Blattes, und kann nur noch hinzufügen, dafs
dieser Vorgang zu denen gehört, über die man nicht den geringsten Zweifel hegen
darf, wenn man sie einmal gesehen hat. Er
kann im Menschen nicht anders seyn„
Allein er
scheint anders, weil der Embryo sich so früh dreht, dafs er, wenn noch
der Bauch offen ist und das Amnion eng anliegt, schon den Rücken etwas gegen
den Hottersack kehrt. Wenn nun bald darauf das Amnion sich schnell blasig
ausdehnt, so sieht es aus, als habe der Embryo sich mit dem Rücken in das Am-
nion hineingedrückt.

Dafs das Amnion ein einfaches Blatt ist, dafs es Anfangs vom Chorion ab-
steht, aber bald früher, bald später das Chorion erreicht, ist zu bekannt, um
sich, länger dabei aufzuhalten.

Statt dessen wollen wir jetzt zu dem streitigsten Gegenstande in der Ent- r- Chorioa*
wickelungsgeschichte des Menschen, nämlich zu der Frage übergehen, ob und
was für eine Allantois er habe und wie die äufsere Eihaut sich zum Chorion aus-
bildet. Ich werde hier die einzelnen Fragepunkte noch mehr trennen müssen;
da ich glaube, da (\'s nur noch einer der Entscheidung bedarf.

Allerdings ist es im Menschen äufserst schwer, durch unmittelbare Beob-
achtung zu beweisen, dafs die äufsere Eihaut Anfangs ohne Blut ist, denn ge-
storbene Schwangere können nicht gleich nach dem Tode untersucht werden,
und Aborte, auch wenn sie gleich zur Untersuchung kommen, haben meist sc^on
IL ; Mm

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einige Zeit abgelöst im Fruchthälter gelegen, bevor sie abgehen. Zwar erhält
sich die Färbung des Blutes auffallend lange in geschlossenen Höhlen des Kör-
pers — doch nicht in ganz zarten Strömen. So konnte ich den oft erwähnten
Abort von 14 Tagen sogleich untersuchen. Ich sah keine Spur von Blut in der
äufsern Eihaut — allein ich fand auch im Innern kein Blut; da aber der Harn-
sack schon hervorgebrochen war, so zweifle ich nicht, dafs der Embryo schon
Blutgefäfse hatte, und dafs sie unkenntlich geworden waren, weil das Leben
der Frucht schon einen Tag vor ihrem Abgange erloschen war. Am meisten be-
weisend für die Blutlosigkeit der äufsern Eihaut scheint eine Beobachtung, die
Seiler an einem im Eileiter gefundenen Ei machte. Er erkannte in der äufsern
Eihaut gar kein
Blut, im Innern des Eies aber Bluttropfen. Dasselbe geht aus den
Beobachtungen von Pockels hervor. Allein auch wenn man solche Erfahrun-
gen als nicht vollständig beweisend betrachten wollte, würde man doch der Ana-
logie nach an den ursprünglichen Mangel dess Blutes glauben, und fragen müssen,
auf welchem Wege im Ei des Menschen Blut an die Oberfläche kommt? Früher
noch, als man überhaupt eine solche Aufgabe für die Untersuchung sich stellen
konnte, mufste man veranlafst werden nach einer Allantois im Menschen zu su-
chen, und um so eifriger, je mehr man die Uebereinstimmung in den verschiede-
nen Eiern der Säugethiere erkannte.

Man war daher schon vor längerer Zeit geneigt, einen nicht unbedeutenden
mit Flüssigkeit gefüllten Sack zwischen Chorion und Amnion anzunehmen, von
dem man glaubte, er erhalte sich ziemlich lange. Man berief sich dabei auf ein
Häutchen, das man zwischen Amnion und Chorion fand, und das man oft mit dem
unbestimmten Namen einer
Membrana media belegte, und darauf, dafs häu-
fig noch bei der Geburt zwischen Chorion und Amnion sich eine nicht unbedeu-
tende Quantität Wasser in einem Sacke finden soll. Allein dergleichen Wasser
kommt nur in seltenen krankhaften Fällen vor *).

Allein in neuerer Zeit glaubte man, geleitet durch die Analogie einiger
Thiere, zu finden, dafs zwar ein dünnhäutiges Säckchen den Raum zwischen

Man sucht gewöhnlich in den bei der Geburt abgehenden sogenannten falschen Wassern einen
Beweis für das Daseyn des Harnsackes. Wenn aber so oft grofse Harnsäcke vorkämen , als die
Hebammen falsche Wasser sehen, so müfste dergleichen auch öfter von den Anatomen beobach-
tet seyn. Nun nennen aber die Hebammen, wenn das Fruchtwasser nicht mit einem Male ab-
fliefst, sondern in zwei Absätzen, das zuerst abgeflossene ein falsches Wasser. Allein worin liegt
der Beweis, dafs hier das Ghorion allein zerrissen ist, und das Amnion nicht? Ist es nicht viel
einfacher, anzunehmen, dafs der gemachte Rifs entweder von dem Kopfe des Kindes bedeckt,
oder überhaupt so verschoben wird, dafs das übrige Fruchtwasser nicht abfliefsen kann?

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Chorion und Amnion ausfüllt, an Leide Theile sich anlegend, wie etwa in den
Rauhthieren, aber nur während der ersten Monate der Schwangerschaft bestehe,
Diese Lehre von der menschlichen Allantois haben die meisten Anatomen der
neuern Zeit angenommen.

Es ist auch unläugbar, dafs man zwischen beiden eben genannten Blasen Haut midEi-
in den ersten Monaten der Schwangerschaft Etwas findet, das nicht unmittelbar
weifs,
zum Amnion oder zum Chorion gehört. Allein es scheint zweierlei zu seyn, was
hier
vorkommt. Bald sieht man eine etwas dicke Substanz, deren Oberfläche
in frischen Eiern (die man im Wasser untersucht) von einem milchweifsen, so viel
ich sehen konnte, blutleeren Häutchen, das so dünn und sp durchbrochen wie
Spinngewebe ist, überzogen wird und deren Inneres auch unregelmäfsige zarte
Blättchen oder Fädchen zu enthalten scheint, die vielleicht Blutgefafse sind, viel-
leicht aber auch, so wie die äufsere Bekleidung, erst bei der Berührung mit Was-
ser oder Weingeist entstehen. Sehr viele Zergliederer der neuern und einige der
altern Zeit haben diese Masse gefunden und nennen sie geradezu die Allantois,
Ich halte sie
für Eiweifs, welches sich auch bei vielen andern Säugethieren uuter
der äufsern Eihaut ansammelt, wie auch schon von J. Müller geschehen ist.

In andern Fällen aber findet man ein wirkliches, continuirliches Blatt 1).
Leider waren die meisten Eier, welche ich untersucht habe, schon geöffnet. Ich
habe also von dem vollständigen Umfange dieser Haut kein Bild gewinnen kön-
nen, doch schien sie mir zu wechseln, und nie
konnte ich finden, dafs sie einen
wirklichen Sack gebildet hätte. Immer war es nur ein Blatt und zwar sehr wech-
selnd. Auch habe ich nicht genug Früchte aus früherer Zeit frisch untersuchen
können, um darnach zu bestimmen, wie etwa nach den verschiedenen Entwicke -
lungsstufen das, was zwischen Amnion und Chorion liegt, wechselt.

Um aber gleich an den Wendepunkt dieser Untersuchung zu gehen, sey es t. Harn sack
erlaubt, zu bemerken, dafs ich in allen Eiern des ersten und zweiten Monates AIIant0,s-
zwischen Amnion und Chorion, und zwar dicht an der Einsenkung des Nabel-
stranges , ein ganz kleines flachgedrücktes Bläschen fand, das mit einem Gange
innerhalb des Nabelstranges mehr oder weniger communicirte 2). Es ist viel zu
klein, um den zehnten, ja nur den zwanzigsten Theil des Raumes zwischen Cho-
rion und Amnion auszufüllen. Ich kann nicht umhin dieses Bläschen für den
Harnsack zu halten, denn ich habe gesehen, dafs die Gefäfse, welche zum Chorion

1  Wie in Taf. VII. Fig. IS.

2  Siehe die Studien N, 2. 3. 4. u. s. w. Taf. VI, Fig. 9. Ii. s. w. Nur in N. 5. fand ich es nicht.
Hier ist abejr
der ganze Embryo problematisch.

Mm 2

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gelangen, an seinem Stiele fortlaufen, und dafs der Stiel sich in die Kloake ein-
senkt 1). Man könnte dieses Bläschen gewissermaßen neu nennen, denn es
ist, wenn das Amnion sich etwas ausgebildet hat, noch nicht gesehen und be-
schrieben, obgleich man es in einer Abbildung von Seiler (Taf. X.) wie ich
glaube deutlich auf der äufsern Wölbung des Amnions da aufliegen sieht, wo
die äufsere Wand des Nabelstranges in diese Blase übergeht. Indessen es ist in
sehr frühen Zuständen allerdings abgebildet von P o c k e 1 s als
Erythrois, von

Seiler als Allantois beschrieben und abgebildet.

Ö 7 • gimi©t>i9ße rjoijtß\'}]} Jj7gjl \'obflSBfuTiiöffx>i\'jv*i *< \'

Ich zweifle also nicht, dafs durch dieses Bläschen, das weit davon ent-
fernt ist, den
Raum zwischen dem Amnion und Chorion auszufüllen und von
dem ich ein Paar
Mal deutlich gesehen habe, clafs es aus dem hintersten Ende des
verdauenden Kanals hervortritt, die Gefäfse an die äufsere Eihaut gehoben wer-
den , um diese in ein Chorion zu verwandeln. Allein schwieriger scheint mir die
Frage, ob das Bläschen der gesammte Ilarnsack ist, oder nur die innere Schleim-
haut (die eigentliche Allantois) derselben. Es bleibt nämlich nun zu entschei-
den, ob, wenn der Harnsack die äufsere Eihaut erreicht hat, das Gefäfsblatt sich
löst und sich in Form eines Blattes an die äufsere Haut legt oder nicht, denn
dafs wenigstens ein Theil des Sackes die innere Schicht oder die eigentliche Al-
lantois sich gar nicht, oder fast gar nicht weiter entwickelt, ist unläugbar. Wenn
sich der Harnsack nicht in zwei getrennte Säcke spaltet, so bleiben, wie wir aus
andern Säugethieren wissen, beide Schichten einander so eng verbunden, dafs
es sich an einem so kleinen Säckchen (wie in Taf. VI. Fig. 9.) wohl nicht be-
stimmen Iäfst, ob es aus einem oder zweien Blättern besteht. Eine gewisse Dicke
der Wand des Säckchens ist zwar auffallend, entscheidet aber nicht.

Es wären also zwei Fälle möglich. Entweder hebt sich das Gefäfsblatt ab,
und legt sich in Form einer Membran an die äufsere Eihaut und mehr oder weni-
ger auch an das Amnion an. Die Eiweifs-Masse, die man zwischen Chorion und
Amnion findet, wäre dann Eiweifs, das zwischen der Gefäfshaut und der
Schleimhaut des Harnsackes sich ansammelte, wie in späterer Zeit bei den Iluf-
thieren. Oder der Harnsack spaltet sich nicht in seine Blätter, sondern die Ge-
fäfse wuchern, so wie der Harnsack die äufsere Eihaut erreicht hat, sogleich
in diese hinein und der Harnsack wächst als ein nun überflüssiger Theil nicht
weiter. Dann würde die Eiweifs - Masse sich unmittelbar unter der äufsern Ei-
haut sammeln, indem diese sich zum Chorion umbildet, und würde zur Ausbil-

1  Taf. VII. Fig. 14.

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düng der Gefäfse das wesentlichste Moment abgehen. Beide Vorgänge kommen

bei andern Säugethieren vor.

* . . .

Leider ist nur meine Kenntnifs der Häute zwischeu Chorion und Amnion
nicht vollständig genug, um hierüber mit Sicherheit zu entscheiden. Eine Beob-
achtung, wo ich die Gefäfse gleich vom Stiel des Harnsackes in das werdende
Chorion ȟbergehen sah, obgleich andere Zweige noch auf dem Harnsacke ver-
liefen, dieser also sein Gefäfsblatt hier wenigstens noch nicht verloren hatte 1),
machte mir aber die zweite Alternative wahrscheinlicher. Auch linde ich nicht,
dafs andre Beobachter die zwischenliegende Haut deutlich sackförmig und so ge-
sehen hätten, dafs sie am Chorion und Amnion anlag. Mein Hauptgrund aber
gegen die Annahme, dafs eine Gefäfshaut sich abhebt, liegt darin, dafs man dann
ein deutliches Gefäfsnetz einige Zeit am Amnion sehen müfste. In den Dickhäu-
tern und Wiederkäuern, von denen wir diesen Vorgang kennen, bleibt das Ge-
fäfsnetz an der einen Seite des Amnions bis zur Geburt. Im Menschen müfste
man es wenigstens einige Wochen linden. Auch Seiler\'s schöne Abbildung
Tafel
X. zeigt die Gefäfse nur an der Seite des Chorions. Es ist mir daher wahr-
scheinlicher, dafs die zwischenliegende Haut, die man zuweilen sieht, der serösen
Hülle angehört. In einer der von mir untersuchten Früchte 2) schien diefs ganz
deutlich, in andern wahrscheinlich. In einer andern war der Harnsack in die
Höhlung des Amnions getreten, und doch war zwischen Chorion und Amnion
ein Häutchen, das also unmöglich vom Harnsack seinen Ursprung haben
konnte 3).

Nach dieser Ansicht ist auch die ideelle Abbildung Fig. 23. auf unserer
Tai". IV. entworfen f). Diesen Biklungshergang also finde ich wahrschein-
licher, obgleich ich ihn nicht mit Zuversicht behaupten will. Die bestimmte
Entscheidung ist deshalb sclrwer auszusprechen, weil bei allen Thieren, auch
wenn ein zusammenhängendes vollständiges Gefäfsblatt sich vom Harnsacke ab-
hebt , um in die Bildung des Chorions einzugehen, es sich auf dieser Seite sehr
bald auflöst, wenn unter der äufsern Eihaut sich eine Lage Eiweifs gebildet hat.
Wenn nun die Gefäfshaut im Ei des Menschen eben so rasch sich auflöst, und

1  Studien N. S.

2  Studian N. 9.

3  Ich habe hier ausführlich darzustellen versucht, was noch der Entscheidung bedarf, weil es
mir scheint, dafs man etwas rasch das zwischen Amnion und Chorion Gefundene für die Allan-
tois erklärt hat. Die eigentliche Allantois ist es gewifs nicht. Aus diesem Grunde auch habe
ich üher die Umbildung des Harnsackes bei andern Säugetliieren ausführlich handeln müssen.

f) Studien N. 4.

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auch am Amnion die anliegenden Blutgefäfse schwinden, so wird nur durch
glückliche Beobachtung des entscheidenden Momentes bestimmt werden können,
wie der Vorgang im Menschen ist. Jene Frucht aber, bei welcher der Harnsack
in die Höhlung des Amnions gerathen war, lehrt deutlich, dafs ohne Harnsack
die äüfsere Eihaut nicht zum Chorion wird, denn es war keine Spur von Gefä-
fsen zu finden, aber offenbar, da{s damit die Ernährung des Embryo gehemmt
wird.

Noch kann man nicht nachweisen, wie weit die Gefäfsvertheilung im Cho-
rion in der ersten Zeit reicht, ob ein Theil der Flocken einige Zeit hindurch Ger
fäfse hat und sie nachher verliert, wie ein solches Schwinden bei einigen andern
Säugethieren vorkommt, oder nicht. Gewifs aber ist es, dafs sie nur auf den-
jenigen Zotten, welche nicht in die
Decidua reflexa eingreifen, sondern ge-
gen den Fruchthälter gerichtet sind, sich fernerhin ausbilden, dafs zugleich diese
Zotten sich vergröfsern, dagegen die andern, in die
Decidua reflexa ein-
greifenden Zotten allmählig schwinden.

Wir haben gehört, dafs in mehreren Familien von Säugethieren die
Früchte, die früher ganz oder fast ganz mit Zotten bedeckt waren, wieder glatt
werden, indem die äufsere Eihaut durchrissen wird, und ohne diese die übrigen
Eihäute keine Zotten entwickeln. Eine Beobachtung, in welcher ich auch im
Ei des Menschen die äufsere zottentragende Haut durchbrochen fand, liefs mich
an die Möglichkeit
denken, dafs auch im Menschen ein solcher Vorgang seyn
könne *). Da aber von andern Beobachtern nur Döllinger Aehnliches ge-
sehenhat, so mufs ich glauben, dafs diese Fälle krankhafte Abweichungen wa-
ren **). Wahrscheinlich schwinden die Zotten, welche in den eingestülpten
Theil des Ueberzuges greifen, weil sie keine vollständigen Gefäfsnetze aus der
Frucht erhalten, und sie erhalten
diese nicht, weil hierher das Blut der Mutter
nicht reicht.

henrU°htkU" Dagegen bilden sich die Zotten, welche innerhalb des Einstülpungsrandes
liegen, immer weiter und erhalten feine Netze von Blutgefäfsen. Die Zotten sind
am Chorion des Menschen länger, dünner und verästelter als in andern Thieren.
Man hat sie daher lange für einfache Gefäfse angesehen. Jetzt sind die Gefäfs-
netze von Seiler schön dargestellt. Aus ihnen wird der Fruchtkuchen, indem
hier nicht nur die Blutgefäfse der Mutter gegen die der Frucht wuchern, sondern

Studien N. 9.

**) Doch soll Granvillje neuerlich Aehnliches gelehrt haben, wie ich in Müllers Zeit-
schrift lese.

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auch Bildungsstoff neu abgesetzt wird. Auch dieses letztere Verhältnifs ist in
neuester Zeit in Zweifel gezogen. Ich kann nach dem was ich selbst gesehen
habe, durchaus nicht zweifeln, dafs da, wo der ursprüngliche Ueberzug des
Fruchthälters durch das Ei herabgedrängt und eingestülpt wird, zwischen dem
Ei und dem Fruchthälter, also innerhalb des Einstülpungsrandes, neuer Stoff sich
absetzt, ein nachgebildeter Ueberzug (
Decidua serotina nach Boja-
nus) *).

Indem in dieser Decidua serotina die Gefäfse des Fruchthälters wu-
chern , wird sie zum Mutterkuchen. Der Uebergamg der Gefäfse ist längst be-
kannt, obgleich über die Form desselben in den verschiedenen Zeiten auch jetzt
die Meinungen nicht übereinstimmen. Lange glaubte man mit Hunt er, sie gin-
gen in Höhlen über. Allein in neuerer Zeit war man mehr geneigt solche Räu-
me für erweiterte dünnwandige Venen zu halten, wie unter andern E. Weber
sie darstellt, allein ganz neuerlich hat jedoch ein Engländer Lee mit vielem
Nachdrucke behauptet, dafs die grofsen Venen des Fruchthälters sich zwar offen
an der innern Fläche desselben mündeten, dafs aber ihre Oeffnungen durch die
Substanz der hinfälligen Haut verschlossen wären, und überhaupt nur sehr enge
Gefäfse aus dem Fruchthälter in die hinfällige Haut gingen. Mir war das Ver-
hältnifs früher so erschienen, wie es Weber darstellt, und seit der Bekannt-
machung der Darstellung von Lee habe ich nicht Gelegenheit gehabt, sie in der
Natur zu prüfen,

Dafs der Nabelstrang sich im Menschen bilde wie in allen andern Säuge- Nabel~
thieren, indem der Embryo sich von den Eihäuten entfernt, bedarf kaum einer
Embryo!"
Erwähnung. Eben so wenig finde ich nöthig, etwas über die Bildung des Em-
bryo zu sagen, und verweise in dieser Beziehung auf die allgemeine Bildungsge-
schichte der Säugethiere **). Nur die Bemerkung sey noch erlaubt, dafs ich
in allen Aborten der frühesten Zeit, sobald der Embryo nicht mehr flach auf dem
Ei lag, den Kopf desselben nach unten gerichtet sah, ich also bestätigt fand,
was schon früher gegen eine ältere Ansicht, als ob der Embryo des Menschen

sehr viel später erst den Kopf nach unten richte, gesagt ist.

I "V

*) Vergl. Taf. VI. Fig. 18., wd diese Masse noch ganz fehlt, und Taf. VII. Fig. 7. wo sie völlig

gebildet, aber gegen die frühere abgegrenzt ist.
**) Für die spätere Zeit kann man sich in jedem anatomischen Handbuche hierüber belehren.

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§. 11.

j/2 nt w i ck elung der Tkiere, die kein Amnion und keinen Dotter-
sack haben.

Indem wir zuerst uns an diejenigen Thiere gewendet haben, deren Entwik-
kelung mit der Entwicklung der Vögel am meisten übereinstimmt haben wir
ihre nächst untern (die Reptilien) und ihre nächst obern Verwandten (die Säuge-
thiere) als solche erkannt.

Aber nicht alle Wirbelthiere zeigen in ihrer Entwickelungsart eine so grofse
Übereinstimmung*
vielmehr weichen die Fische und die Batrachier vorzüglich
im Baue des Eies und der Hüllen, zum Theil auch in der Bildung des
Embryo ab.
Schon aus diesem Grunde mufs man die Batrachier als Klasse von den übrigen seit
Linne Amphibien genannten Thiere trennen, wie unter Andern schon lange
Blainville vorgeschlagen hat, indem er nur die Batrachier Amphibien,
dip
übrigen aber, wie wir gethan haben, Reptilien genannt haben will.

Da diese Benennung aber noch nicht allgemeinen Eingang gefunden hat, und
man die Benennung Amphibien in der Linne\'schen Ausdehnung zu nehmen \'ge-
wohnt ist,
so wollen wir bei dem Worte Batrachier stehen bleiben, welches
weniger zweideutig ist.

Die Entwicklungsgeschichte der Batrachier und der Fische ist besonders
darin von der Bildungsgeschichte der Reptilien, Vögel und Säugethiere verschie-
den , dafs sie nie in ein Amnion eingeschlossen sind und nie einen Harnsack be-
sitzen. Statt des letztem entwickelt sich bei ihnen ein anderes äufseres Athmungs-
organ in der Form von äufseren Kiemen. Ohne Zweifel hängt damit der Mangel
des Amnions zusammen, indem die Kiemen sogleich die Athmung mit der Aufsen-
welt
unterhalten, und nicht wie der Harnsack eine Athmung, die zwar für den
Embryo selbst eine äufsere ist, aber doch für das Ei eine innere. Trotz dieser
Verschiedenheit folgt die Ausbildung des Embryo demselben Schema, indem aus
dem Keime auch zwei Rückenwülste über zwei Bauchplatten sich erheben und
durch das Schliefsen derselben Rücken und Bauchseite des Thiers gebildet werden.
Da wir aber noch manches Moment aus der Bildungsgeschichte dieser Klasse spä-
ter zu benutzen haben, wollen wir sie einzeln durchgehen.

Der Eierstock der Batrachier ist immer paarig, aber wesentlich vom Eier-
„ stocke der in einem Amnion sich bildenden Thiere darin verschieden, dafs er im
- Innern hohl ist. In den Fröschen ist die Höhlung nicht einfach, sondern viele aus
dem Keimlager des Eierstockes gebildete Scheidewände trennen eine Anzahl an-

sehn-

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sehnlicher Höhlungen von einander ab*). In den Salamandern ist die Höhlung
aber einfach. In beiden Familien hat das Ei nicht nur sehr früh ein Keimbläs-
chen , sondern es scheint ursprünglich nur Keimbläschen zu seyn, an -welches man
die Dotterhörnchen, von Einer Seite beginnend, sich lagern sieht. Wenn das
Ei reifer wird, unterscheidet man an ihm eine dunklere, einen Theil der Dotter-
kugel bekleidende Schicht, die Keimschicht, die nicht scharf gegen die übrige
Dottermasse abgegrenzt ist. So lange das Ei sehr jung ist, scheint das Keimbläs-
chen , das eine ansehnliche Gröfse hat, ziemlich die Mitte einzunehmen. Bei der
Reife des Eies erhebt es sich aber gegen die Oberfläche und nähert sich der Keim-
schicht, die eine sphärische Oberfläche bildet. Einmal sah ich das Keimbläschen
eines reifen Eies in die Keimschicht eingedrungen, und da es auch von einer Schicht
modificirten Dotters umgeben ist, die es bei seiner Fortbewegung mitnimmt,
so
haben wir jetzt dasselbe Verhältnifs wie im Huhne in sehr vergröfsertem Maafs-
stabe, nämlich einen Keimhügel der das Keimbläschen zunächst umgiebt und eine
Keimscheibe darüber, an der Oberfläche des Eies**). Diese Eier sind eben so wie
in den höhernThieren in
Kapseln eingeschlossen, in denen ich jedoch, ihrer gro-
fsen Zartheit wegen, nicht die doppelte Schicht, wie in jenen Thieren unterschei-
den konnte. Die Kapseln mit ihren Eiern ragen, je reifer sie werden, um
so
mehr gegen die innern Höhlungen des Eierstockes vor. Eine Narbe habe ich we-
gen der Weichheit dieser Kapseln vor der Oeffnung derselben auch nicht unter-
scheiden können. Gewifs ist es aber, dafs, nach dem Austritte der Eier, Kelche
mit sehr weiten Mündungen zurückbleiben. Es ist mir daher wahrscheinlich,
dafs die Kapsel nicht blofs in einer Linie, wie in den Vögeln und Eidechsen, oder
einem ganz kleinen Umfange, wie in den Säugethieren, sondern in einem weiten
Kreise mit der innern Haut des Eierstockes verwächst, und was innerhalb dieses
Kreises liegt, aufgelöst wird, oder am Eie haften bleibt, wenn diese austritt. ,

Die Eier werden hiernach in die innern Höhlungen ausgeschüttet. Nun
reifsen diese zum Theil an den Scheidewänden, zum Theil an andern Stellen
durch und drängen durch Contractionen die Eier in die Bauchhöhle. Zwei lange
Eileiter öffnen sich eben so wie in den höhern Thieren frei in die Bauchhöhle.
Die Trichter dieser Eileiter liegen so weit vor den Eierstöcken und sind so wenig
frei, sondern ziemlich eng an die Bauch wand angeheftet, dafs es unmöglich
scheint, dafs sie sich an die Eierstöcke anlegen, um die Eier aufzunehmen. Sie

*) Rathke glaubt, dafs jeder dieser Höhlungen eine ursprüngliche Oeffnung zukommt; ich habe
sie nach sorgfältiger Untersuchung bisher immer verschlossen gefunden, wenn noch keine Eie?
ausgetreten waren.

**) Abgebildetin der Epistola de ovi mammatium geneste

II. Nn

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müssen viemehr diese aus der Bauchhöhle einschlürfen. Schon in der Bauchhöhle
findet man in den Eiern das Keimbläschen nicht mehr. Die Eileiter haben sich
vor Aufnahme der Eier in ihrer Wand sehr verdickt und sondern beim Durch-
gange derselben
Eiweifs ab, womit jedes Ei umgeben wird. Die hintern Enden
der Eileiter sind zu ansehnlichen Eihältern erweitert. In diesen werden die Eier
gesammelt und eine nicht unbedeutende Zeit dicht zusammengedrängt gehalten.

h. ßefruch- Bekanntlich umfafst das Männchen der Frösche sein Weibchen längere Zeit.

Es scheint gewöhnlich mit dem Momente, wo die Eier sich aus ihren Kapseln zu
lösen beginnen, anzufangen und schliefst mit dem Ausstofsen derselben aus den
Eihältern, in
welchem Moment das Männchen den befruchtenden Stoff über die-
selben ergiefst. Diese Art der Befruchtung kommt
aber allein den ungeschwänz-
Hten Batrachiern zu1), da die Salamander sich nicht umfafst halten. Vielmehr
schwimmen diese neben einander und schlagen sich mit den Schwänzen, wobei
das Männchen seinen Zeugungsstoff in das Wasser ergiefst. Das mit Zeugungs-
stoff geschwängerte Wasser scheint dann in den weiblichen Geschlechtsapparat
einzudringen. Auf jeden Fall gehen den Wassersalamandern die Eier befruchtet
ab, und bei den Landsalamandern entwickeln sich die Eier sogar im Leibe der Mut-
ter und es werden nach ziemlich langer Zeit Embryonen mit äufsern Kiemen ge-
bor ne.

c. Bau der Bleiben wir aber bei denFröschen stehen, um ihreEntwickelungsgeschichte

^legten zU verf0]gen und nur gelegentlich anzuführen, worin die Salamander abweichen!

Das Ei der Frösche zeigt, wenn es zur Welt kommt, eine Dotterkugel, von der die
Hälfte oder bei vielen Arten weit über die Hälfte äufserlich viel dunkler erscheint,
als der Ueberrest. In einigen ist der gröfsere Theil braun, der kleinere gelb, in
andern ist jener schwarz, dieser grau. Immer aber ist das Innere der Dotterkugel
dem heilern Theile der Oberfläche gleich gefärbt. Man erkennt daher bei senk-
rechten Durchschnitten, dafs die dunklere Masse in Form einer ausgehöhlten
Scheibe auf der übrigen Masse des Dotters aufliegt, ohne durch scharfe Grenzen
von ihr geschieden zu seyn. Schon dieser Mangel einer bestimmten Grenze läfst
uns vermuthen, dafs wir noch nicht den eigentlichen Keim, sondern noch immer
eine Keimschicht, eine modificirteDottermasse, vor uns haben. Der weitere Ver-
folg bestätigt diese Ansicht. Umgeben wird der Dotter von einer Haut, die zuerst
eng anliegt, später aber sich löst. Wir können sie nur die Dotterhaut nennen.
Prevost und Dumas glaubten in dieser Haut sowohl als in der Keimschicht

1  Vielleicht nicht einmal diesen allgemein, da ich ßufo variabilis in der Paarung getroffen habe,
und\'diese sogar beendet wurde, bevor die Eier aus dem Eierstocke getreten waren.

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im.........

£83

eine Oeffnung zu erkennen, durch welche der männliche Zeugungsstoff zu dem
Dotter gelange. Ich hahe durchaus keine Oeffnung in der Dotterhaut zu erkennen
vermocht, allein in der Keimschicht ist allerdings häufig eine Lücke, durch wel-
che man die innere Masse des Dotters hindurch sieht. So lange die Eier im Ei-
hälter sind, ist diese Lücke stets da, nach dem Austreten konnte ich sie nicht im-
mer erkennen, und auf jeden Fall schwindet sie sehr bald. Ich zweifle daher nicht,
dafs sie eine Spur von dem Hervordrängen und Schwinden des Keimbläschens ist.
Im Innern der Dotterkugel, doch nicht in der Mitte, sondern unter der Keimschicht
ist eine Höhle, gleich der Centraihöhle der Vögel, doch viel mehr excentrisch.
Diese Höhle, welche man wohl für den frühern Aufenthaltsort des Keimbläschens
ansehen darf, bewirkt, dafs immer die Keimschicht nach oben liegt, sobald so
viel Wasser eingesogen ist, dafs die Dotterkugel sich in der Dotterhaut drehen
kann.

Es ist nämlich iedes Ei von einer dünnen Schicht zähen Eiweifses1\') umsre- d\' ^eta~
\' _ s ■ a morphose

ben, welches an seiner Oberfläche so wenig geronnen ist, dafs man keine beson- des E.\'es bis
dere Haut abtrennen kann, die Stellen ausgenommen, wo im Innern des Eihälters des ^LI.mÄ,
ein Ei an das andere gedrängt war. Kaum sind die Eier ins Wasser gekommen,
so saugt dasEiweifs, das so wenig äufsere Grenze hat, das Wasser begierig ein
und verdünnt und vergröfsert sich dadurch ungemein. Man kann dann eine Zeit-
lang dreierlei Schichten im Eiweifs unterscheiden. Auch hat das Eiweifs nach In-
nen ein Häutchen, das mit der Dotierhaut verwächst. Die vom Eiweifs aufgeso-
gene Flüssigkeit dringt auch, aber nur sehr langsam, in die Dottersubstanz ein
und vergröfsert die Dotterkugel allmählig, löst aber vor allen Dingen die Dotter-
substanz von der Dotterhaut.

Während diese langsam durch die Aufnahme des Wassers wächst, spaltet
sie sich zuvörderst in zwei Hälften, jede Hälfte spaltet sich dann wieder in zwei
Viertheile, das Viertheil in zwei Achtel, und so geht dieTheilung regelmässig fort,
indem die Dotterkugel sich in zwei, vier, acht, sechzehn, zwei und dreifsig,
vier und sechzig Kugelsegmente theilt, welche gegen den Mittelpunkt Zusammen-
stofsen, mit der sphärischen Basis aber die Peripherie erreichen und hierdurch
Furchen getrennte Figuren zeigen. Damit hört aber die Theilung nicht auf, son-
dern diese Segmente spalten sich nun auch so, dafs sie sich der Höhe nach in zwei
Hälften theilen, indem die Spitze von der Basis getrennt wird, und aus 64 Tlieilen
der Dotterkugel werden 128. DieTheilung geht dann immernoch dichotomisch
fort, bis die ganze Dotterkugel aus so kleinen Körnchen besteht, dafs das Mikro-

1  Chemisch ist dieser Stoff mehr der Gallert verwandt, als dem Eiweifs der Chemiker-

Nn 2

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skop sie zwar zu unterscheiden, nicht aber ihre Zahl genau zu bestimmen vermag.
Endlich ist die Theilung zu einem solchen Grade gestiegen, dafs die gesammte Dot-
terkugel auch unter starker Vergröfserung völlig glatt erscheint. Nur hei der Zer-
störung der Dottermasse unter dem Mikroskope findet man kleine Dotterkörnchen
(ohne Zweifel durch vielfache Theilung der Gesammtmasse entstanden) in einem
zähen Eiweifs enthalten und hat also fast ein Verhältnifs, wie es ganz zu Anfange
war — mit dem Unterschiede jedoch, dafs die Masse der Dotterkugel nicht nur
unter sich, sondern mit dem unterdessen von aufsen eingedrungenen, mit männ-
lichem ZeugungsstofFe geschwängerten Wasser gemischt ist.

Die wichtigste Frage ist nun wohl: was ist bei diesen Theilungen aus der
Keimschicht geworden ? Hat sie sich unversehrt erhalten oder nicht ? Nach vollen-
deter Zertheilung sieht ebenfalls ein bedeutender Theil um der Oberfläche der Dot-
terkugel dunkel aus und bildet einen (freilich ziemlich dicken) Ueberzug. Dieser
Ueberzug sondert sich bald scharf von der unterliegenden Dottermasse, dehnt sich
aber aus und überzieht sie allmählig ganz. Bald darauf wandelt er sich in den
Leib des Embryo um. Er ist also mit einem Worte der lebendige Keim. Auf
die Frage nun, ob dieser Keim eine unmittelbare Entwickelung der Keimschicht
sey? mufs ich mit „Nein" antworten. Die Spaltungen der Dotterkugel gehen
nämlich auch durch die Keimschicht, die also ihre Continuität nicht behält. We-
nigstens ist es nur eine continuirliche Schicht Eiweifs, was die Dottermassen ver-
bindet in
den schwachen Säuren, die diese Substanz auflösen, die Dottermassen
ganz von einander trennen. Da nun bei der fortgehenden Spaltung die in derselben
Gegend liegenden neu entstandenen Dotterkörner den Keim bilden, so darf man,
was in andern Thierklassen nicht so bestimmt nachgewiesen werden kann, be-
haupten, dafs zwar die Substanz der Keimschicht für die Bildung des Keimes ver-
wendet werde, dafs aber, wenn man in der erstem selbstständiges Leben und Or-
ganisation annehmen wollte, diese durch die Theilung aufgehoben wäre*).

Die Eier der Salamander tlieilen sich auf ähnliche Weise, die nur durch die
längliche Form der Eier etwas modificirt wird.

Sobald der Keim gebildet ist, dehnt er sich, wie gesagt, rasch über das Ei
aus. Nur ein ganz kleines Fleckchen des Dotters wird sehr langsam überwachsen,
während schon die erste Spur des Embryo kenntlich ist. Diese erste Spur erscheint
als ein verdicktes sehr breites Schild, das von dem übrigen Keime wenig verschie-
den ist. Dennoch ist das vordere und hintere Ende des Embryo durch eine Ein-

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Senkung bezeichnet, und man kann daher auch im Keime des Frosches eine vor-
übergehende Sonderung in Keimhaut und Embryo erkennen, allein diese Sonde-
rung ist nur momentan, da das, was man Keimhaut nennen kann, sehr bald [selbst
zum Embryo wird, wie wir gleich hören werden,

Vorher ist zu bemerken, dafs das hintere Ende des Keimes an den Rest der
unbedeckten Stelle anstöfst und Dutrochet diese daher für den After hält, der
also vor allen andern Dingen da wäre. Ich kann diese üeberzeugung, die auch
aller Analogie bei andern Thieren entbehrt, nicht zu der meinigen machen. Zu-
vörderst wird gewöhnlich vor dem Schlüsse des Rückens und wenn der gesammte
Embryo noch flach genug ist, um darüber nicht in Zweifel zu lassen, ob der Af-
ter olfen oder geschlossen ist, auch diese kleine Stelle bedeckt. Allein zuweilen
bleibt sie sehr lange unbedeckt, und grade dieses Zurückbleiben zeigt, dafs sie nicht
ein ursprünglich olfener After ist, denn es kommen monströse Bildungen vor, von
welchen ich eine ganze Tafel mit Abbildungen vorzeigen kann, in welchen die un-
bedeckte Stelle bald zwischen den Rückenwülsten, bald an der Seite eines Rük-
kenwulstes, ja sogar am Kopfe sich findet. Es wäre gegen alle Entwickelungs-
geschichte, zu glauben, dafs auch bei der ärgsten Monstrosität der After sich da-
hin verirren könnte. Jene helle Stelle ist also wohl ganz einfach für eine langsam
sich überdeckende Stelle der Dotterkugel zu halten, die, wie ich glaube, dadurch
veranlafst wird, dafs der Keim, dessen Rand nicht ohne einige Dicke ist, die Dot-
termasse vor sich herschiebt. Wenigstens sieht man diese in Durchschnitten wie
einen Pfropf vorragen.

Der Keim spaltet sich der Dicke nach in zwei Lagen, eine äufsere animalische f_ Erste Bil-
und eine innere vegetative, die anfänglich nur durch Verschiedenheit in der d"»gdesEm-
Structur sich auszeichnen und also nur Schichten eines Blattes sind, dann aber bry°*
wirklich als zwei Blätter, die wenig an einander kleben, sich sondern. Während
dieser Zeit geht auch schon die Umwandlung in dem Embryo nach demselben
Schema vor sich, wie in den übrigen Wirbelthieren. Zuerst zwar sieht man nur
eine mittlere Furche und kann von aufsen wegen der Undurchsichtigkeit nicht er-
kennen, dafs der Keim in dieser Furche verdickt ist. Allein der senkrechte Durch-
schnitt eines erhärteten Eies läfst die Verdickung wahrnehmen, und so stehe ich
nicht an, auch im Frosch-Ei einen Primitivstreifen zu finden, der nur tiefer sich
einsenkt als im Vogel. Innerhalb des Primitivstreifens bildet sieh hier eine Wir-
belsaite, die viel stärker ist, als in irgend einem andern Thiere und die man aus
erhärteten Frosch-Embryonen früherer Zeit ausschälen und mit den Fingern fas-
sen kann. Zu beiden Seiten des Primitivstreifens entwickeln sich die beiden
Rückenwülste, zuerst mit ungemeiner Breite, dann aber schmaler werdend, sich

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erhebend und hohe Kanten gewinnend, die, indem sie sich erheben, zugleich
sich gegen einander neigen. Während des Schlusses löst sich die innere Schicht
der Rückenwülste, und so hat man gleich nach vollendetem Schlüsse eineMedullar-
röhre, die aus zwei Markplatten verwachsen ist. Noch vor erreichtem Schlüsse
sieht man im vordem Theile der Rückenröhre Erweiterungen als werdende Hirn-
zellen. Alle diese Vorgänge sind hier mit viel mehr Praecision zu sehen, als im
Embryo des Vogels und Säugethiers.

Doch ehe wir die Ausbildung des Hirnes weiter verfolgen, lassen Sie uns
sehen, was aus den Bauchplatten wird. Der Keim hatte schon vor der Ausbil-
dung zum Embryo fast die gesammte Dotterkugel umwachsen. Es ist nun noch-
mals
zu bestimmen , ob der ganze Keim zum Embryo wird , oder ob er eine Schei-
dung in Embryo und Keimhaut erkennen läfst. So viel ist gewifs, dafs kein Na-
bel sich bildet, dafs also allmählig wenigstens der gesammte Keim zum Embryo
wird und nichts von ihm als für das spätere Leben überflüssig abgeworfen wird,
wie bei Säugethieren, Vögeln und Amphibien. Aus diesem Grunde mufs man
wohl den gesammten Keim als Embryo betrachten, obgleich, wie wir früher be-
merkten , im Anfange die Umwandlung zum Embryo nicht im ganzen Umfange
des Keimes Statt zu linden scheint, weil das, was sich zuvörderst abgrenzt, nicht
viel mehr als die Rückenplatten enthält und sogar später die Ränder der Bauch plat-
ten hautförmig dünn sind. Es scheint in der That, als ob die Fleischschicht erst
allmählig der
Hautschicht nachwüchse. Im Grunde ist etwas Aehnliches aber auch

bei den Embryonen mit einem Amnion, wo wir im Nabel eine bestimmte Grenze
für den Embryo haben, der fleischige Theil der Bauchplatten aber den häutigen
erst später erreicht, -weshalb wir einen Hautnabel und einen Fleischnabel unter-
schieden haben.

g. Kiemen- Schon indem der Rücken sich schliefst, wird das früher kugelige Ei länglich.

K ernen Und kann an der äufsern Fläche der Bauchplatten einen Wulst unterscheiden,

der zwischen dem Gesichte und dem Rumple liegt, den Kiemenwulst. Er er-
streckt sich von oben nach unten, und in ihm bilden sich parallele Furchen, denen
noch tiefere Furchen von Innen entgegen wachsen und dadurch Kiemenspalten 1)
bilden.

1  Frühere Beobachter gaben nur drei Kiemenspalfen an. Ich zählte vier in der kurzen Entwifc-
kelungsgeschichte der Frösche auf, die in Burdach\'s
Physiologie Bd. 2 einverleibt ist — und
wurde lebhaft deshalb angegriffen. Seit jener Zeit habe ich
Frosch-Embryonen in zwei Früh-
lingen anhaltend untersucht. Ich habe nicht nur mit Sicherheit an ausgekrochenen Larven vier
Kiemenspalten gesehen, sondern bin jetzt nur zweifelhaft, ob nicht vorübergehend noch eine
fünfte Spalte da ist. Rusconi, dessen treffliches Werk über die Entwicklung der Frösche mir
erst sehr spät zu Gesicht gekommon ist, hat anch vier Spalten beobachtet.

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Bei den Kiemenspalten bleibt aber die Metamorphose des Kiemenwulstes
nicht stehen,
sondern es erheben sich auf der äufsern Fläche der Kiemenbogen
Knötchen, die sich verlängern, sich spalten und wieder andere hervortreiben, die
allmählig länger und dünner werden. In diese Spitzen hinein ziehen sich Blut-
gefäfse, denn sie sind äulsere Kiemen, die auf den drei ausgebildeten Kiemen-
bogen stehen.

Während dieses Vorganges hat sich die Medullarröhre vollständig von den \\h ErsteBil-

düng von

Rückenplatten gelöst und sieht nothwendig, da sie aus einem Theile des dunlc- Him und
len Keimes gebildet ist, dunkel aus. Das Hirn ist ursprünglich noch weniger Ruckenmark-
vom Rückenmarke geschieden als in den höhern Thieren; es ist auch viel weni-
ger übergebogen als in diesen, doch fehlt die Krümmung keinesweges ganz.
Durch sie wird der Hirnanhang früh nach unten und hinten gedrängt. Bis un-
ter den Hirnanhang geht die Wirbelsaite, die an dieser Stelle auch eine leichte
Krümmung nach unten bildet. Noch ehe die Rückenfurche völlig geschlossen
ist, kann man die vordem Abtheihmgen des Hirnes unterscheiden; ja man sieht
schon Unebenheiten in der innern Fläche, welche zum Theil die beginnenden
Ausstülpungen der drei Sinnesnerven sind. Man kann auch hier, obgleich un-
ter veränderten Formen, zuerst drei Hauptabtheilungen unterscheiden, die sich
später in dieselben morphologischen Elemente theilen, welche wir im Hirne der
mit einem Amnion versehenen Embryonen erkannt haben. Nur erlangt bei den
Embryonen der Batrachier keine Abtheilung ein auffallendes Uebergewicht über
die andern, wenn auch
einige Zeit hindurch das Mittelhirn etwas mehr sich er-
hebt als die andern Theile. Aus diesem Grunde und weil das gesammte Hirn
gleich Anfangs wenig übergebogen war, ist später, wenn das Hirn sich grade
stellt, geringere Zusammenknickung der einzelnen Abtheilungen. Am meisten
wird der Uebergang aus dem Mittelhirn zum Hinterhirne eingeknickt.

Von den Sinnesorganen erkennt man zuerst die Nase, dann das Auge, dar- Sinnesor-
auf das Ohr, und alle diese Theile sind einander in der ersten Bildung so unge- §ane\'
mein gleich, dafs wer ihre Entwickelung bei den Batrachiern verfolgt hat, die
UebereinStimmung in der Entwickelung der innern Regionen dieser Organe und
also die Uebereinstimmung der Regionen selbst, gewifs nicht verkennen wird.
Besonders auffallend ist, dafs der sogenannte Riechnerv oder die innere Re-
gion des Riechorganes Anfangs eben so, ja noch mehr blasig ist, als der
Augapfel.

Nach hinten verlängert sich die Wirbelsäule in einen Schwanz, da ur- k. Wirbel-
sprünglich der animalische nicht länger war, als der vegetative. Im Schwänze saule*

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werden Wirbelsaite und Rückenmark sehr dünn und sind bald haardünn zu
nennen.

i. Speise- Während die genannten Veränderungen in der animalischen Abtheilung des

Leibes erfolgen, ist in der vegetativen wenig Veränderung zu bemerken. Nach-
dem sie sich von jener gesondert hat, bildet sie einen gleichmäfsigen Sack, der
dann, wenn der gesanimte Embryo länger wird, sich auch verlängert, doch so,
dafs sich zwei Enden herausziehen, ein vorderes und ein hinteres. Jenes wird
Munddarm oder zuvörderst nur Rachenhöhle, dieses Afterdarm. Obgleich ich
nicht zugeben kann, dafs der After von Anfange an offen ist, so mufs ich doch
anerkennen, dafs der After früher durchbricht, als der Mund. Dafs der letztere
Anfangs fehlt und allmählig durchbricht, ist ungemein deutlich zu sehen.

m. Herz. Die dunkle Farbe der Haut hat mich gehindert, von der Ausbildung des

Gefäfssystems mehr zu sehen, als was die Zergliederung an erhärteten Embryo-
nen zeigt, dafs das Herz im Anfange dem des Hühnchens ungemein ähnlich ist.
Es hat nach hinten dieselben zwei Herzschenkel; die mittlere Region (die künf-
tige Kammer) ist ein ungetheilter nach rechts ausgebogener Kanal. Dafs in die-
sem Kanale keine Faltein späterer Zeit sich bildet, läfst sich erwarten, so wie
dagegen die Doppelzahl der Vorkammern, die erst in neuerer Zeit vom Prof.
Weber in Bonn nachgewiesen ist, wohl darthut, dafs diese Theile sich eben
SO wie im Hühnchen aus dem gemeinschaftlichen Venenstamme bilden. Der vor-
derste Theil des Herzkanals wird zum gemeinschaftlichen Arterienstamme.

n. ErsteBe- Während die genannten Veränderungen vorgehen, was bei warmem Wet-

ter in sehr wenigen Tagen geschieht, hat nicht nur das Eiweifs immer mehr Was-
ser aufgenommen, sondern auch dieses Wasser unter die Dotterhaut abgesetzt. Diese
entfernt sich daher immer weiter vom Embryo, weshalb derselbe sich frei in der
Flüssigkeit bewegen kann, sobald er Bewegungsfähigkeit erhalten hat. Diese
Fähigkeit erhält er, wenn der Schwanz die Hälfte von der Länge des Rumpfes
erreicht hat.

Austritt Wenn der Schwanz die Länge des Rumpfes erreicht hat, die äufsern Iiie-

muS DOt" men sicJl ziemlic!l verzweigt haben und der Mund dem Oeffnen nahe ist, durch-
bricht der Embryo die Dotterhaut und das Eiweifs, seine Enthüllung erfolgt mit-
hin sehr früh, zu einer Zeit wo das äufsere Athmungsorg\'an, das er in den Kie-
men besitzt, fähig geworden ist sein Geschäft zu verrichten, zu derselben Zeit,
wo im Vogel die dritte Form des Gefäfssystems sich entwickelt. Man nennt den
ausgeschlüpften Embryo, da er noch nicht die bleibende Form hat, eine
karve.

Der

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Der ausgeschlüpfte Embryo pflegt sich mit zwei eigenthümlichen, nur
in den Batrachier-Larven vorkommenden, länglichen, undurchbohrten Sauggru-
ben 1), die er
schon in der letzten Zeit seines Aufenthaltes im Ei erhalten hat,
und die bald nach dem Ausschlüpfen schwinden, am Eiweifs wie an jedem an-
dern Körper anzuhalten. Von der klebrigen Substanz des Eiweifses bleibt zu-
weilen etwas an so einer Sauggrube hängen, was Einige für einen Nabelstrang
angesehen haben. In der ersten Zeit bedarf er der Nahrung nicht, da er noch
einen ansehnlichen Vorrath von Dottermasse im Leibe hat; auch könnte er sie
auf dem gewöhnlichen Wege nicht zu sich nehmen, denn der Mund bricht be-
stimmt erst nach dem Ausschlüpfen durch. Später scheint er von dem Eiweifs
oder dessen Auflösung im Wasser zu zehren, so dafs also dieselbe Substanz , wel-
che den Vogel-Embryo durch Uebergang in den Dotter und in das Fruchtwasser
ernährt, von der Frosch-Larve unmittelbar durch den Mund aufgenommen wür-
de2). Häufig verzehren sich etwas später die Frosch-Larven aber auch unter sich,
oder wenigstens die todten Kameraden. Wenn sie Extremitäten bekommen, so
bedürfen sie der vegetabilischen Nahrung. Zuvörderst fressen sie Sporen von
Conferven und den grünen Staub, der nach dem Zersetzen von Wasserpflanzen
übrig bleibt, zuletzt aber auch gröfsere Vegetabilien 3). Ihre Verdauung ist
um diese Zeit sehr rasch, so dafs ihnen, wenn man sie gehörig mit Nahrung ver-
sorgt, fast immer eine Kothwurst aus dem After hängt.

Wenn die Frosch - Larve aus dem Eie tritt, so ist sie noch ohne aufsere Ex-
tremitäten. Diese werden viel später sichtbar, und zwar erblickt man die hin-
tern
Füfse früher als die vordem, jedoch nur weil diese überdeckt sind, wenn
sie hervorsprossen. In den verwandten Salamandern, wo die Ueberdeckung fehlt,
sieht
man auch die Vorderfüfse früher. So lange die Füfse fehlen, wächst der
Schwanz sehr stark, und dadurch erhält die Frosch-Larve viel Aehnlichkeit mit
Fischen, besonders da eine Hautflosse über und eine andere unter dem Schwänze
verläuft, die
erstere reicht bis in die Mitte des Rückens.

Die Ueberdeckung, deren ich.so eben erwähnte, gehört zu der Metamor-
phose der Athmungsorgane, und es geht damit auf folgende Weise zu: Wenn man

1  In den Larven der Salamander sind diese Sauggruben langgestielt.

2 #*) Rusconi bezweifelt das Verzehren von Eiweifs. Ob mit Grund, will ich nicht entscheiden.
Wenigstens suchen dieLarven
in den ersten das Eiweifs sehr.

3  Rusconi geht offenbar zu weit, wenn er glaubt, dafs die Frosch - Larven nie andere vegeta-
bilische Nahrung zu sich nähmen, als den grünen Bodensatz. Am besten überzeugt man sich
vom Gegentheil, wenn man die grofsen südamerikanischen Larven der
Mona paradoxe ur.-,
tersucht. Man findet ihren Darm voll von
Lemna- oder ähnlichen Blättern.

IL Oo

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ein Paar Tage nach dem Ausschlüpfen, wo die äufsern Kiemen der Frösche in
der schönsten Blüthe sind, diese genau untersucht, so findet man, dafs die, äu-
fserlich wie kleine Hirschgeweihe vorragenden Kiemenspitzen nicht die einzigen,
sondern nur die letzten und gröfsten Spitzen von Reihen sind, welche an den
Wänden der Kiemenspalten ansitzen, so weit diese geöffnet sind. Es entstehen
nämlich allerdings die ersten Kiemenspitzen
auf den Kiemenbogen, ja noch frü-
her als die Kiemenspalten sich öffnen.\' Sobald diese aber geöffnet sind, wachsen
Kiemenspitzen an der Seitenwand der Spalten, also in doppelten Reihen hervor,
die aller um so kürzer bleiben, je weiter nach unten sie hervortreten; nach oben
laufen beide Reihen in die zuerst auf den Kiemenbogen selbst entstandenen Spi-
tzen aus,
welche kammförmig auf einer gekrümmten gemeinschaftlichen Basis
stehen. Diese hier sind wie die ganze Oberfläche des Frosches dunkel gefärbt
und mit derselben Haut bekleidet, welche den gesammten Frosch überzieht, al-
lein die untern in der Kiemenspalte befestigten, aber auch etwas vorragenden
Spitzen sind hell, fast durchsichtig, von einer Schleimhaut bekleidet. Alhnäh-
lig wird nun das vorderste Ende der Larve immer breiter; die Kiemenspalten,
die anfänglich mehr hinter einander lagen, werden dadurch so gestellt, dafs die
vordem mehr nach aufsen, die hintern mehr nach innen zu stehen kommen.

Vor der ersten Kiemenspalte ist der Unterkiefer; dieser also ist es, der
durch sein
Breitwerden die Lage der Kiemenbogen und damit das ganze äufsere
Ansehen der Larve verändert. Zugleich entwickelt
sich vom hintern Rande des
Unterkiefers eine Haut nach hinten, die in Form eines Kiemeodeckels die Kie-
menspalten überwächst. Sie sehen leicht, dafs, wenn man diesen häutigen Kie-
mendeckel nicht zurückschiebt, man jetzt äufserlich nur eine einzige Kiemen-
spalte hat , welche aber mehr nach innen durch vier verschiedene Kiemenspalten
in die Rachenhöhle geöffnet ist. Legt man dagegen gewaltsam den häutigen Kie-
mendeckel zurück, so sieht man schon von aufsen die mehrfachen Kiemenspal-
ten. Es ist also ganz dasselbe Verhältuifs, wie in den gewöhnlichen Fischen.
Allein in den
Frosch-Larven ist dieser Zustand vorübergehend, indem der häu-
tige Kiemendeckel über die Kiemenbogen mit ihren Kiemenblättchen fort bis ge-
gen den Rumpf wächst. Wenn beide Kiemendeckel dem Rumpfe sehr nahe ge-
kommen sind, so wächst ihnen von diesem aus eine gürtelförmige Queerfalte ent-
gegen , die bald sich an die Kiemendeckel anschliefst. Die Verwachsung erfolgt
zuerst auf der rechten Seite, dann auf der linken. Auf dieser wird
sie aber nicht
ganz vollständig, vielmehr bleibt ein kleiner Schlitz
ungeschlossen, der endlich
in Form einer kurzen Röhre mit schräger Mündung
sich nach hinten verlängert.
Wir haben also jetzt eine KiemenöfFnung, die grofse Aehnlichkeit mit den engen

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Kiemenlöchern einiger Fische, z. B. der Aale Hat, und sich nur dadurch aus-
zeichnet, dafs sie nur auf Einer Seite ist 1). Diese Eine Oeffnung führt aber in
eine Höhle, welche die Kiemen beider Seiten enthält. Die Kiemen, welche man
in der Höhle findet, sind also keine neuen, sondern nichts anders als die alten
Kiemen. Die obersten Kiemenspitzen, welche eine dunkle Bekleidung hatten,
zeigen diese noch einige Zeit in der Höhle, dann verbleicht die Farbe, und die Be-
kleidung nimmt ebenfalls den Charakter einer Schleimhaut an. Auch schrum-
pfen diese Spitzen, welche früher die andern so sehr an Gröfse übertrafen, zu-
sammen.

Mit solchen innern Kiemen, die sich allmählig mehr verzweigen, lebt der
Frosch einige Zeit. Unterdessen wachsen aus der Rachenhöhle zwei Lungen in
Form von
Bläschen heraus und werden zu länglichen Säcken.

Die Umänderung des Gefäfssystems während dieses Vorgangs läfst sich an
den
Frosch - Larven nicht vollständig erkennen, wohl aber an den Salamander -
Larven, wo R u s c o n i sie verfolgt hat. Er sah vier Gefäfsbogen auf den vier
Kiemeilbogen 2), die
nach oben in zwei Aortenwurzeln übergehen. Die drei
vordem von diesen Gefäfsbogen bilden
Aeste für die Kiemenblättchen, die sich
dort in Netze auflösen, aus welchen rückführende Gefäfse in die Aorta gehen.
Doch lösen sich
die Gefäfsbogen selbst nie ganz auf, sondern von einem Nebenaste
werden alle Kiemenblättchen versorgt , so dafs einiges Blut unmittelbar aus dem
Herzen, ohne in Kiemennetze vertheilt zu werden, in die Wurzeln der Aorta
geht. Sobald die Lungen hervorwachsen, geben die hintersten Gefäfsbogen Aeste
auf dieselben und werden zu Lungenarterien. Wenn die Kiemen verschrum-
pfen, so schwinden auch die Netze„auf ihnen, und die unmittelbaren Ueber-
gänge der Gefäfsbogen werden wieder stärker. Zuletzt schwinden die bei-
den vordersten Bogen, nachdem sie, wie gewöhnlich, Arterien an den Kopf
abgegeben haben 3), die man der (vordem) Wirbelarterie und der Carotis
gleichsetzen mufs, und für die erstere ohne Zweifel auch ein Theil der Aor-

1  Nur diese Eine Oeffnung habe ich an hiesigen Larven so wie an den grofsen ausländischen Lar-
ven gesehen, die übrigens nicht alle Einer Art, der
Rana paradoxa, sondern wenigstens
zweien Arten angehören, einem Frosche und einer Kröte. Die letztere kommt nach Angabe
des Verkäufers aus Java. Nach Cuvier sollen bei einigen Arten zwei Oeffnungen seyn (ob be-
harrend?), bei andern nur Eine, aber mittlere.
(Regne animal. Vol. II.)

2  Man darf wohl vermuthen, dafs ein Gefäfsbogen längs den Unterkiefern schon unkenntlich
geworden war. Die Fische nicht nur, sondern auch die höhern Thiere führen auf diese Ver-
muthung.

3  Ich zweifle nicht, dafs schon der erste Gefäfsbogen von der ersten Kiemenspalte sie abge-
geben hat.

0 o %

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tenwurzel verwendet ist, das darauf folgende Gefäfsbogen-Paar erweitert sich
und bildet die bleibenden beiden Wurzeln der Aorta. So ist also bei den Ba-
trachiern viel mehr von dem ursprünglichen Gefäfssystem bleibend, als in Säuge-
thieren und Vögeln, namentlich die beiden Wurzeln der Aorta. Dies ist jedoch
auch in den Reptilien der Fall. Allein in den Reptilien trennt sich der gemein-
schaftliche Arterienstamm, so wie die Herzkammer sich in zwei Höhlen theilt,
in zwei gesonderte Arterienstämme, eine Lungenschlagader und eine Aorta. In
den Batrachiern wird diese Trennung nie erreicht, sondern ein mittlerer Vor-
sprung, der der Länge nach in dem gemeinschaftlichen Arterienstamme verläuft,
scheint anzudeuten, dafs diese Umänderung in den Batrachiern zwar eingeleitet,
aber nie vollendet wird.

Um die Geschichte der Kiemen bis ans Ende zu verfolgen, ist noch hinzu-
zufügen , dafs, wenn die Lungen grofs genug geworden sind, um die Athmung zu
besorgen, die Larven nach Luft schnappen; dafs dann die Kiemenblättchen ganz
schwinden, endlich sogar die drei hintern Kiemenbogen, welche immer weich
geblieben waren, aufgesogen werden und schwinden, der vorderste aber erhär-
tet und zum hintern Aste des Zungenbeins wird.
ƒ• A^sJjigx In der Kiemenhöhle entwickelt sich auf jeder Seite hinter den Kiemen die

n-enaitäten, vordere Extremität. Aus diesem Grunde kann man sie ohne [Zergliederung nicht
sehen. Allein wenn der Kiemenapparat gegen die Lungen zurückgetreten ist,
häutet sich
der Embryo; die Anheftung des Kiemendeckels (eines Theiles der

Haut) geht verloren und man sieht nun plötzlich die Vorderfüfse, und hat also,
da auch die Hinterfüfse unterdessen hervorgewachsen sind, einen vierfüfsigen und
geschwänzten Frosch. Dafs zuletzt auch der Schwanz verloren geht, ist bekannt
genug. Die Spitze desselben wird zuerst ganz welk, als ob die Masse, die er
enthielt, aufgesogen würde und die Haut als eine leere Scheide zurückliefse,
die Basis des Schwanzes aber zieht sich in den Leib hinein, und der lange unge-
gliederte Knochen, mit dem die Wirbelsäule des erwachsenen Frosches endet, ist
ohne Zweifel ein Document dieses Schwanzes, aber jetzt ohne alle Gliederung.
t. Nerven- Fragen Sie, was mit dem Hirne vorgeht, nachdem es seine fünf morpho-

ifStom Iii •• A •

logischen Elemente erhalten hat, so wäre zu antworten: dafs jedes Element im
Allgemeinen den Charakter zeigt, den es in den höhern Thierklassen offenbart,
aber je nachdem dieser Charakter mehr oder weniger ausgebildet wird, doch
ein sehr abweichendes Gesammthirn wird. Das Vorderhirn wächst zwar in
späterer Zeit mehr als die andern und verlängert sich deshalb nach hinten, allein
es schreitet darin nicht weit vor, und so kommt es, dafs die Sehhügel nicht voll-
ständig von den Hemisphären überdeckt, viel weniger umschlossen werden, wie

system.

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in den Säugthieren. Eine mittlere Einsenkung ist auch im Frosche lange vor
dem Auskriechen da und scheidet die beiden Seitenventrikel. Im Innern bildet
sich der gestreifte Körper auf jeder Seite.

Das Zwischenhirn reifst auch in den Batrachiern im vordem Theile seiner
Decke
auf, weshalb die Sehhügel entblöfst liegen, sobald sie da sind. Der hin-
tere Theil der Decke erhebt sich um die Zirbeldrüse zu bilden, und hier sieht man
deutlich, dafs die Bildung der Zirbeldrüse, die man sehr früh erkennen kann,
nicht blofs vom Andrängen der vordem und hintern Theile bedingt wird, wie
es beim Vogel
das Ansehen hat. Doch erhebt sich die Zirbeldrüse in den Batra-
chiern sehr wenig, und ich glaube in der That, dafs die aufserordentliche Er-
hebung in den Vögeln von dem Andrängen des Vorder-und Mittelhirnes ab-
hängt.
Dafs es das Zwischenhirn ist, aus welchem die Augen sich hervorge-
stülpt haben
und dessen Höhlung nach unten in den Hirnanhang sich verlängert,
läfst sich erwarten.

Das Mittelhirn hat während seiner stärkern Entwickelung so viel Ausdeh-
nung1 erhalten, dafs es sich beim G erades trec ken des Hirnes über den verengten
Uebergang zum Hinterhirne und über das schmale Band, was das Hinterhirn dar-
stellt, hinüberneigt. Im Innern des Mittelhirnes sieht man die Ganglienmasse ei-
nige Zeit frei vorragen. Es scheint eine mittlere Einfaltung zu erfahren 1).

Das Hinterhirn hat so wie das Nachhirn keine Decke, sobald die Hirn-
häute sich
völlig gesondert haben. Nur der verengte Uebergang aus dem Mittel-
hirn ist wie bei allen Embryoneu von Anfang an ein voller Cylinder, oder, wie
man seiner Kürze wegen vielleicht besser sagt, ein Ring. Dieser wächst in der
Decke und zur Seite nur sehr wenig nach hinten fort, und so erhalten die Ba-
trachier von obern Theilen des Hinterhirnes nichts weiter als eine schmale Binde
und kaum merkliche Seitenflügel. Es ist als ob dieser Hirntheil in seiner Ent-
wickelung ganz gehemmt würde. Zuletzt bildet die Gefäfshaut hinter dieser
Brücke noch das von Carus beschriebene Blättchen, das wie eine Klappe den
vordem Theil der vierten Hirnhöhle überdeckt, gleichkam als Ergänzung des so-
genannten Wurmes vom kleinen Hirne.

Das Nachhirn zeigt aufser einer allgemeinen Verstärkung seiner Wände
und einer Verengerung der offenen Höhle wenig Veränderungen.

1  Rusconi hält das Mittelhirn (Vierhügel) für das Hinterhirn (kleines Hirn) und führt dafür
mehrere Gründe an, die nicht überführen können. Die Vergleichung mit andern Embryonen
kann hierüber gar nicht in Zweifel lassen.

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Die Nerven kann man in dem Frosch - Embryo, wahrscheinlich weil seine
Substanz überhaupt consistenter ist als in andern Embryonen, viel früher sehen und
ausarbeiten, als in diesen. R u s c o n i stellte den
Nervus vagus vier Tage nach
dem Ausschlüpfen dar, allein ich glaube ihn und das fünfte Nervenpaar schon vor
dem Ausschlüpfen erkannt zu haben. Die Dicke und nicht scharf begrenzte Form,
welche sie um diese Zeit haben, überzeugten mich, dafs sie durch histologische
Sonderung sich bilden, was im Vogel - Embryo nur vermuthet werden kann. So-
bald man die Nerven blofs legen kann, findet man sie in Verbindung mit den Cen -
tr altheilen.

u. Verdau- j)en Verdauungsapparat hatten wir in dem Momente verlassen, wo er, beim

11TlCS3Dn3r8t JL i. / /

Ausschlüpfen des Embryo aus dem Eie , blofs aus einer grofsen Blase besteht, die

vorn nur eine Rachenhöhle und hinten ein ganz kurzes Mastdarm-Ende hat. Beide
Enden verlangern sich, und so wie der Embryo immer mehr sich ausgestreckt, wird
auch die mittlere Blase länger. So gewinnt also der Verdauungsapparat die Ge-
stalt eines Darmkanales, ohne dafs eine Abschnürung von Darm und Dottersack
Statt fände. Die erweiterte Mitte, welche den Vorrath von unaufgelöstem Dotter
bewahrt, vertritt in einiger Hinsicht die Stelle des Dottersackes, verdient aber
diesen Namen nicht ganz, da sich hier nie ein Darmnabel bildet*).

Dennoch fehlt die Analogie mit der gewöhnlichen Bildungsweise des Darmes
der Wirbelthiere nicht völlig. Um die Zeit des Ausschlüpfens ist die Centrailinie
des gesammten Speiselcanales in Form einer Kammer erhoben und der senkrechte
Durchschnitt läfst also zwei Hälften (d. h. zwei Darmplatten) unterscheiden. Frei-
lich geht dieses Ansehen bald verloren, denn bevor die Mitte noch in eine dünne
Röhre umgewandelt ist, beginnt der Kanal, für den die Bauchhöhle zu kurz ist,
sich in Windungen zu legen, wodurch ein ansehnliches Gekröse hervorgezogen
Wird. Die Bildung der Leber, die früh eine Gallenblase erhält, und des Pankreas,
wird von der Bildungsweise in andern Thieren nicht verschieden seyn,
v. Primor- Schon sehr früh, nämlich wenn die Larve das Ei verläfst, sah J. Müller

Niereif\'u\'nd\' Organe, die er für die Primordial - Nieren hält, und denen man keine andere
GescWechts- j)eutung zu geben weifs, obgleich sie in vieler Hinsicht von denselben Theilen in
andern Thieren sehr abweichen. Sie bestehen zwar aus länglichen Beutelchen,
die in einen langen zu der Kloake gehenden Ausführungsgang einmünden, allein

Ob diese Dottermasse , welche bei jeder Art von Erhärtung sehr fest wird, einen so vorzügli-
chen Beobachter, wie Rusconi, verleitet hat, den Darm in seiner
ersten Bildung als einen so-
liden Stab zu beschreiben? Er ist nur allzuweit offen. Ich habe die Schleimhaut des Darmes
erkannt, wenn der Rücken des Embryo noch nicht geschlossen ist. und von diesem Augenblicke
an nie au« dem Auge verloren, Vergl. Taf. IV, Fig. 25,

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das ganze Organ ist ungemein kurz und liegt sehr weit nach vorn. Es besteht bis
zum Schwinden des Schwanzes. Viel später als die Primordial - Nieren sieht man
die bleibenden Nieren entstehen.

Noch viel später bilden sich die zeugenden Geschlechtstheile, zurZeit, wenn
der Schwanz abzunehmen anfängt. Ihrer Entstehung geht die Anlage des Fettkör-
pers voran.

Die Entwicklung der Fische ist in vieler Hinsicht mit der Entwicklung
der Batrachier übereinstimmend, da auch sie kein Amnion und keinen Harnsack
bekommen.

Doch ist auch die Ausbildungsgeschichte der Fische unter sich nicht ganz
gleich; diese Verschiedenheiten hängen zum Theil zwar von der gröfsern oder ge-
ringem Menge
von Dotter und der Beschaffenheit des Eiweifes ab, welche der
mütterliche Körper erzeugt, zum Theil aber von der eigenthümlichen Bildung in
den einzelnen Familien. Am meisten weichen die
Selachier (Rochen und Haye)
von andern Fischen ab.

In den gewöhnlichen Fischen sind die Eierstöcke auch hohl, wie in den Ba-
trachiern, allein sie bilden nur eine einzige Höhlung, in welcher
das Keimlager in
Form
von Blättern mehr oder weniger vorragt, und jeder dieser sackförmigen Eier-
stöcke verlängert sich unmittelbar in einen, meist kurzen, Ausführungsgang, so
dafs also hier die Eileiter nicht frei in die Bauchhöhle sich münden, sondern ohne
Unterbrechung in die hohlen Eierstöcke gehen. Darin weicht also der Ge-
schlechts - Apparat der\'gewöhnlichen Knochenfische von dem Geschlechtsapparate
aller vorher betrachteten Wirbelthiere ab. Indessen ist d^s Verhältnifs der Eilei-
ter in den Selachiern ganz wie in den Batrachiern. In andern Knorpelfischen und
auch in einigen Knochenfischen (z. B. den Aalen, Lachsen) sieht man eine Mit-
telstufe, indem die Eierstöcke nicht hohl sind ■ sondern jeder nur der Hälfte eines
Eierstockes der gewöhnlichen Knochenfische gleich sieht. Das Keimlager
bildet
nämlich nun auf einer Seite Blätter, die in die Bauchhöhle hineinragen. Wenn
nun die Eier in diesen Blättern sich entwickeln, so fallen sie
bei der Reife in die
Bauchhöhle, und die Bauchhöhle hat dann entweder zwei oder auch nur einen hoh-
len Gang nach der Geschlechtsöffnung hin, als Eileiter, die nicht frei in der Bauch-
höhle an einem Gekröse hängen, sondern in der Bauchwand liegen, gleichsam
durch diese durch gegraben sind und nur mit dem hintern Ende der gewöhnlichen
Eileiter übereinstimmen.

Im Keimlager liegen die Dotterkugeln, grofse Keimbläschen enthaltend *),
von einer Kapsel umschlossen, wie bei allen übrigen Wirbelthieren. Bei der

Ich habe in der Schrift de ovi mammalium genesi und in dem Commentar dazu in Heu-
singer\' s
Zeitschrift die Behauptung aufgestellt, dafs das Keimbläschen zuerst im Eie sich bilde

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Reife treten sie gegen die innere Fläche des Eierstockes oder in den halben Eier-
stöcken gegen die Bauchhöhle vor, und wenn sie grofs sind, so verlängert sich der
Kelch auch in einen Stiel.

__„ Die

und dann erst der Dotter. Es ist mir merkwürdig, dafs der erste Widerspruch gegen diese
Ueberzeugung, in der ich seitdem befestigt bin , von einer Seite kommt, von der ich ihn am we-
nigsten erwartet liatte, von meinem Freunde Rathke, der den Eierstock der Fische undKrebse
genau untersucht hat. Rathke sagt (Meckel\'s Archiv 1832. S. 396.) von Lachs — Eiern: ,, Das
P u rkinj e\' sehe Bläschen entsteht, wie es mir schien, viel später als der Dotter. " — Leider
werden die speciellen Beobachtungen, auf denen diese Ansicht beruht, nicht mitgetheilt. —
Meine Ueberzeugung ist die entgegengesetzte, und ich will mich für jetzt grade nur auf die Krebse
und Fische berufen und auf eine Weise , der auch der ungeübteste Beobachter folgen kann, da-
mit
man. um so leichter nachweisen könne, worin ich geirrt habe. Vorher aber müssen wir dar-
über einig seyn, dafs nie ein Theil ganz fertig und absolvirt seyn kann,
bevor ein anderer er-
scheint. In dem entgegengesetzten Sinne könnte man nicht einmal sagen, dafs das Auge des
Hühnchens früher da sey, als sein Eierstock, obgleich jener Theil in seiner Ausbildung am
schnellsten und dieser
am langsamsten fortschreitet, denn das Augs des zehntägigen Küchleins
ist immer nochinicht das AugeJ des jährigenjHuhns. Wenn wir vom Früher- oder Später-Er-
scheinen in der Entwickelungsgeschichte sprechen, so meinen wir damit doch nur, was sich von
selbst versteht, wie früh ein Theil so viel von seiner Individualität habe, um sich als solchen zu
beurkunden. Diefs vorausgeschickt, sehen wir uns einen weiblichen Krebs im Herbste an, wenn
nach vollendeter Häutung die reifern Dotterkugeln sich vergröfsern und färben. Nichts ist leich-
ter, als aus ihrer Dottersubstanz das Keimbläschen herauszubringen. Man kann\'s mit dem er-
sten besten Schwefelhölzchen thun. So lernen wir das reifende Keimbläschen kennen, das in
einer grofsen Menge Dotter enthalten ist. Allein aufser den reifenden Eiern sieht man eine
Menge anderer, welche weifs bleiben und, von den Nachbarn gedrückt, sehr unregelmäfsig
sind. In allen wird man dasselbe Keimbläschen nur wenig kleiner auch ohne feine
Zergliederung
finden. Dagegen ist die Dottermasse sehr viel geringer, ans einer ganzen Masse weifslicherKör-
ner bestehend. Ja, nimmt man die kleinsten Eier, die wahrscheinlich erst nach zwei Jahren
reif werden sollen , und die oft ganz flach sind, so erkennt man an dem Keimbläschen nur wenige
Körnchen, die, wie der Vergleich mit den mittlem und den reifenden lehrt, die Masse bilden,
welche das Keimbläschen zunächst umgiebt und nicht wahrer, gelbbraun werdender Dotter ist.
Aufser dieser Masse ist nur noch etwas Flüssigkeit und hie und da ein Körnchen. Hier wird doch
Niemand sagen wollen , die Dottermasse sey früher da, als das Keimbläschen. Ja es wäre sehr
viel wahrer, und vielleicht recht eigentlich die Wahrheit, wenn man behauptete, die Dottermasse
würde erst, wenn das Ei der Zeugung entgegenreift; denn die Dottermasse sey ein unmittelbarer
Absatz aus dem Blute, durch offene Mündungen ergossen, die man wenigstens im Huhn deutlich
sieht, — Nehmen wir nun den ersten besten weiblichen Fisch, nur keinen, der eben laichen
will, weil es einige Mühe macht, aus reifen Eiern der Fische das Keimbläschen auszuschälen,
so sehen wir mit jeder Loupe in jedem
Ei ein Bläschen, und je jünger das Ei ist, um so gröfser
ist im Verhältnifs zu demselben das Bläschen und um so geringer die Substanz, die dasselbe um-
giebt. Zuletzt kommt man freilich auf Eier, an denen man nicht eine Blase in der andern, oder
was dasselbe ist, an denen man nur eine Hülle erkennt. Entweder mufs man nun annehmen,
dafs hier die Haut des Keimbläschens an der äufsern und der Kapsel so dicht anliegt, dafs man
sie nicht unterscheiden kann, oder dafs aus der undeutlich gekörnten Masse Keimbläschen und
meinetwegen auch eine schwache Umhüllung von Dotter wird — immer wird man sagen müssen,
das Keimbläschen bilde sich früher als der Dotter; denn wie soll man glauben, die jetzt gesehene
Blase enthalte nur den Dotter, in ihm bilde sich später das
Keimbläschen, werde aber plötzlich
sehr grofs. Ich bedaure, dafs ein Beobachter wie Rathke nicht>n gegeben hat, worauf sich

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Die Dotterkugeln werden auch nach dem Austritte von einer Schicht Eiweifs
in der Höhle des Eierstockes und im Eileiter übergössen, und die Befruchtung er-
folgt meistens, wie bei den Fröschen, im Augenblicke des Austretens; bei einigen,
welche lebendige Junge zur Welt bringen, wie die
Aalmutter (ßlennius vivi~
parus),
das Doppelauge (An ab lep s), einige Welse, scheint der männliche Zeu-
gungsstoff nach Art der Salamander in die Geschlechtsöffnung des Weibchens zu
dringen, bei den
Selachiem endlich scheint, nach Art der Säugethiere, dieser Stoff
durch das männliche Glied, das diesen Fischen nicht fehlt, eingeführt zu werden.

Das Eiweifs der Fisch-Eier mufs von anderer chemischer Beschaffenheit Wu Bau des
seyn, als das Eiweifs der Batrachier und Vögel. Zwar saugt es wie das erstere abgesange-

. . . . nen Eies,

begierig Wasser ein, doch bekommt es im Wasser einen festen Ueberzug. Dieser
Ueberzug ist entweder eine blose Oberhaut mit kleinen Körnchen, oder fester,
wobei auch das äufsere Eiweifs selbst so consistent wie ein weicher Knorpel ist
£so in den Barschen); in andern Fällen erhält es eine ziemlich dicke hornige
Schaale mit 4 Spitzen, wie in denjenigen Selachiern, deren Junge sich nicht im
Eie der Mutter entwickeln. Die letztern, die sogenannten lebendig gebärenden
Haye, haben dünne Eihäute, woraus wieder nochmals bemerldich wird, dafs nur
bei dünnen Eihäuten das längere Verweilen im Leibe der Mutter möglich ist.

Die Dotterkugel Jhat einen so zarten Ueberzug, dafs man meistens keine ge-
sonderte Dotterhaut unterscheiden kann. Die Keimschicht nimmt einen Raum auf
der Dotterkugel ein, der wenigstens in denjenigen Fischen, welche ich untersu-
chen konnte, beschränkter ist als in den Batrachiern, doch ausgedehnter als in
den Vögeln. Das Keimbläschen ist in den abgehenden Eiern nicht mehr vorhan-
den1).

Da der Eiweifs - Ueberzug der gewöhnlichen Fisch-Eier aufserordentlich ,c. Erste
klebrig
ist, und sehr schnell eine feste Oberhaut bekommt, so bleiben sie an je- des

dem Gegenstande sogleich haften, den sie in den ersten Secuiiden nach dem Ab-
gange berühren. Trotz der Oberhaut saugt das Eiweifs doch noch rascher Wasser

1  In der Dottersubstanz sind immer Oeltropfen, besonders im Umkreise der Keimschicht, entwe-
der in kleine Tröpfchen vertheilt, wie gewöhnlich , oder wie in den Barschen , in einen einzigen
Tropfen gesammelt, oder endlich so, wie nach Rathke im Schleimfische, dafs zuerst zer-
streute Tropfen sind und diese dann bei fortschreitender Entwickelupg in Einen grofsen Tropfen
sich sammel n

IL Pp

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ein, als bei den Batrachiern, wodurch es verdünnt wird und die Dotterkugel end-
lich innerhalb des flüssig gewordenen Eiweifses sich drehen kann. Die Keim-
schicht scheint durch die Befruchtung unmittelbar zum Keime zu werden. We-
nigstens habe ich keine Theilungen der Dotterkugel, wie bei Batrachiern, wahr-
nehmen können1) und der Keim fängt an den Dotter zu umwachsen, so wie das
mit männlichem Zeugungsstoffe geschwängerte Wasser Zeit gehabt hat, bis zu
der Dotterkugel einzudringen. Nur eine beschränkte Stelle des Dotters wird, wie
bei den Batrachiern, langsam überdeckt, und an diese Stelle stöfst der Primitivstrei-
fen an. Die Rückenplatten sind bei ihrem ersten Auftreten auch sehr breit, wohl
noch breiter als im Frosche. Ueberhaupt aber ist in Bezug auf die erste Formung
eine
ungemeine Aehnlichkeit mit der Bildung«weise der Batrachier, nur dafs in
den gewöhnlichen Fischen die Dotterkugeln mehr oder weniger durchsichtig sind,
in den Batrachiern aber, besonders in den Fröschen, nicht. Doch giebt es auch
Fische, deren Eier fast eben so dunkel sind, wie z. B. die Eier der Störe.

Von der weichern Dottermasse hängt es wahrscheinlich ab, dafs in den Fisch-
Embryonen, die ich untersuchen konnte, alle Fundamental-Organe sehr viel zarter
sind, als in den Batrachiern. Es ist im Keime dieselbe Trennung in ein animales
und vegetatives Blatt, aber beide Blätter sind viel dünner. Die Wirbelsaite ist eben
so gebaut, wie im Fische, aber ungemein zart im Anfange. Sie senkt sich eben
so in die Tiefe. Wenn die Rückenfurche geschlossen ist, sieht man im Hirne die
drei primären Hirnblasen als geringe Ausweitungen und der Durchsichtigkeit we-
gen ungemein schön die Hälften der Wirbelbogen, die in zwei Reihen neben der
Wirbelsaite liegen und bestimmt sind, sich in den Dornfortsätzen zu vereinigen.

Doch liegt die Anlage des Embryo der Karpfen, sobald die Dotterkugel sich
drehen kann, nicht oben, wie in den Batrachiern und Vögeln, sondern unten,
offenbar weil diese Gegend durch den werdenden Embryo ein Uebergewicht hat.
Ob diese Eier gar keine Centraihöhle im Dotter haben, läfst sich wegen der gerin-
gen Färbung des letztern nicht entscheiden, doch würde ihr Inhalt von der flüssi-
gen Dottermasse nicht sehr verschieden seyn. Eine Folge davon ist, dafs, wenn
das Ei ganz gleichmäfsig ist, die Anlage des Embryo, als der consistenteste Theil,
das Uebergewicht bekommt und sich so dreht, dafs sie nach unten sinkt. So ist
es in den Karpfen - Arten. Hier ist also die Lage grade die umgekehrte von der
Lage der Batrachier-Embryonen. In den Barschen, wo eine grofse Oelblase ist,
dreht sich das Ei nothwendig so, dafs die Oelblase ganz oben ist. Die Oelblase

1  Baumgärtner ist hierüber in Bezug auf die Forelle zweifelhaft (Beobacht. über die Nerven
und das Blut S. 13.).

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liegt aber am Rande des Keimes. Eine Folge davon ist, dafs der Embryo zuerst im
horizontalen Durchschnitte des Eies sich befindet, wenn der Keimrand die Hälfte
des Dotters erreicht hat, und allmählig mehr nach unten kommt, ohne doch je-
mals ganz umgekehrt zu liegen. Es wäre sehr möglich, dafs in den grobkörnigen
Eiern, wie die der Störe, in denen wahrscheinlich eine körnerlose Centraihöhe
seyn wird, der Embryo seinen Rücken nach oben kehrt. Nach Baumgärtner
(Beobachtungen über die Nerven und das Blut S. 13.) ist es schon bei den Forellen
so, wenigstens sagt dieser Beobachter es von der ersten Zeit bestimmt. Auf jeden
Fall lehren schon die oben genannten Fische, dafs das Lagen- Verhältnifs des Em-
bryo zur Aufsenwelt wohl nur von geringer Bedeutung ist, — nur eine unmittel-
bare Folge vom Baue der Eier.

Je weiter der Embryo sich ausbildet, um desto mehr wird die gesammteGe-
stalt des Eies durch die Ausbildung des Embryo bestimmt. Allein nach dem ur-
sprünglichen Verhältnisse des Keimes zur Dotiermasse ist auch die künftige Form
verschieden. Wo die Dottermasse gering und die gesammte Dotterkugel bald
vom Keime überwachsen ist, wird das Ei fast so allmählig zum Embryo, wie in
den
Batrachiern, und dieser erscheint nur ganz kurze Zeit wie ein gegliederter
am Dotter anliegender Halbring, indem sein Rückentheil sich hervorhebt, die
Bauchplatten aber unmittelbar um das Ei sich bilden. Wo dagegen die Dotter-
masse sehr grofs ist, beharrt er
lange in diesem Zustande, auch die Bauchplatten
schnüren sich dann vom Dotter
ab, und wir haben daher einen Embryo mit anhän-
gendem Dottersacke. So ist es in den Selachiern und in Blennius vivip arus.
Die Lachse scheinen nach Baumgärtner\'s Darstellung in der Mitte zu stehen.
Hier will ich gleich die Bemerkung aus einer etwas spätem Zeit
hinzufügen, dafs
auch in denjenigen Fischen, deren animalischer Theil sich nicht abschnürt, die
also keinen äufsern Dottersack und keinen Nabel haben, dennoch das sackförmige
vegetative Blatt sich nicht wie in den Batrachiern unmittelbar in einen Darm aus-
zieht, sondern ein Theil des verdauenden Apparates in Form eines innern in der
Bauchhöhle enthaltenen Dottersackes von dem Darme abgeschnürt wird und nach
seiner Gröfse, in denKarpfen und Barschen früher, in den Lachsen später schwin-
det. Es ist also hier ein Zustand schon sehr früh, der bei den Vögeln erst kurz
vor
dem Austritte aus dem Ei beginnt und bald darauf endet. Aber auch bei den Fi-
schen fällt dieser Zustand mit der Enthüllung (dem Ausschlüpfen aus dem Ei) zu-
sammen , nur erfolgt die Enthüllung im Verhältnifs zur Ausbildung des Embrj o
sehr viel früher und ist ungefähr mit der der Batrachier gleichzeitig.

Der Kiemenwulst erschien mir viel zarter und kleiner als in den Embryonen b^\'d Kieme
der Batrachier. Er theilt sich eben so durch Spalten. DieZahl derselben ist vier, c

Pp 2

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300

wodurch fünf Kiemenbogen gesondert werden, von denen der vorderste zum Zun-
genbeine und durch auflagernde Masse zum Unterkiefer wird, die vier hintern
aber Kiemenbogen bleiben. An den Seitenflächen der Spalten entwickeln sich die
Kiemenblättchen, die also für jeden Kiemenbogen zwei Reihen bilden müssen.
Da sie über die Kiemenbogen herausragen, diese aber anfänglich ganz in der Ebene
der Seitenwand der Thiere liegen, so sind wenigstens ihre Spitzen äufserlich zu
nennen, und in den
Selachiern ragen diese Spitzen sogar sehr weit vor. Der Unter-
schied zwischen diesem Kiemenbau und dem der Batrachier ist also nur sehr ge-
ring. Doch wächst der Kiemendeckel bei den gewöhnlichen Fischen rasch her-
vor und überdeckt wenigstens die vordem Kiemenbogen fast gleich nach der Bil-
dung der Kiemenblättchen, die hintere später.

Das Gefäfssystem läfst sich in den durchsichtigen Fischchen viel leichter beob-
achten als in den Batrachiern. Das Herz ist im ersten Anfange dem Herzkanale
der Vögel (und aller übrigen Wirbelthiere) ganz gleich. Zwei Schenkel bilden,
zusammenmündend, einen nach rechts ausgebogenen Kanal, der sich vorn in ein,
dann in zwei, drei u. s. w. Paar Gefäfsbogen spaltet, welche am Unterkiefer und
den Kiemenbogen verlaufen. In Güstern, die vor zwei Tagen ausgeschlüpft wa-
ren , sah ich diese Gefäfsbogen bis auf
7 Paar gesteigert, so dafs hinter den letzten
Kiemenbogen noch zwei Paar lagen. Man kann daher vermuthen, dafs in den
Selachiern mit 6 Kiemenspalten auf jeder Seite, wie Squalus griseus, auch
der sechste Gefäfsbogen und in den Selachiern mit 7 Spalten, wie
Squal. cine-
reus
, und in den Cyclostomen mit 7Kiemenlöchern, wie Petromyzo«, auch
noch der siebente Gefäfsbogen durch eine Spalte von der übrigen Seitenwand getrennt
wird. Diese Gefäfsbogen laufen nach oben wie immer in zwei Wurzeln der Aorta
zusammen. Sie verzweigen sich in den Kiemenblättchen, so wie diese hervorwach-
sen, allein da die Kiemenblättchen nicht wieder schwinden, sondern verharren,
so schreitet die Umbildung, welche wir von den Batrachiern her schon kennen,
hier weiter fort, und es werden diejenigen Gefäfse, welche auf den Kiemenbogen
verlaufen, so vollständig in Kiemennetze aufgelöst, dafs jedes in zwei Theile, eine
Kiemenarterie und eine Kiemenvene, getrennt wird, wie allgemein von den ausge-
bildeten Fischen bekannt ist. Wir können also, wenn wir die Entwickelung der
Fische mit der Entwickelung der Batrachier vergleichen, sagen, dafs in den er-
stem die Metamorphose der Athmungsorgane stehen bleibt (besonders wenn wir
hinzufügen, dafs nach dem Auskriechen bei den meisten eine Art Lunge auftritt,
aber als Schwimmblase in der Entwickelung gehemmt wird), dafs dagegen in ih-
nen eine Metamorphose der Gefäfsbogen, die in den Batrachiern unvollkommen
bleibt, vollendet wird. Der erste Gefäfsbogen (am Unterkiefer) schwindet, nach-

I

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dem er zwei kurzen Arterien für den Kopf, die man der vordem Wirbelschlagader
und der Carotis anderer Thiere gleich setzen mufs, den Ursprung gegeben hat.
Da auch hier mit dem Schwinden dieses Bogens ein Theil der Aortenwurzel zur
Verlängerung der vordem Wirbelschlagader verwendet werden mufs, so ist es
nothwendig, dafs später die genannten Arterien als Aeste der ersten Kiemenvene
erscheinen; denn die Aortenwurzeln werden oder sind Stämme der Kiemenvenen,
welche die Aorta im erwachsenen Fische zusammensetzen. Was aus den beiden
letzten Gefäfsbogen wird, weifs ich nicht.

Wenden wir uns nun zum übrigen Gefäfssysteme des Embryonen - Zustan-
des, so müssen wir die Fische mit innerm, kleinem Dottersacke von den Fischen
mit äufserm Dottersacke unterscheiden. In den erstem ist der Leib des Embryo
überwiegend und man sieht alles Blut aus dem hintern Theile des Körpers von der
Schwanzspitze an in zwei Strömen, die neben der Wirbelsäule und an den Nieren
verlaufen, dem Herzen zuströmen. Es sind offenbar die beiden hintern Wirbel-
venen des Hühnchens. Eben so lliefst alles Blut aus der vordem Hälfte des Em-
bryo vom Hirne durch zwei vordere Wirbelvenen zurück. Die vordere und hin-
tere Wirbelvene einer Seite verbinden sich, indem sie zusammenstofsen, zu zwei
venösen Oueerstämmen, und diese sind es, die wir für die erste Form des Herzka-
nales die Herzschenkel genannt haben, denn ihr Zusammentritt bildet den Herz-
kanal. Wir linden also im Fisch - Embryo dasselbe Gefäfssystem, wie zu Anfange
im Vogel-Embryo, wenn wir auf den Dottersack des letztern nicht Rücksicht neh-
men. In den
Fischen verändert sich dieses Venensystem wenig. Die wesentlich-
ste Veränderung besteht darin, dafs die rechte hintere Wirbelvene stärker wird
als die linke, so dafs bei einigen Fischen im erwachsenen Zustande die linke sehr
klein ist, und nur im vordem Theile des Leibes gefunden wird: in diesen Fällen
mufs also allmählig immer mehr Venenblut die Richtung nach rechts genommen
haben. Es giebt aber auch Knochenfische, wie die Dorsche, in denen die linke
hintere Wirbelvene nicht viel kleiner wird als die rechte. In den Knorpelfischen
sind, so viel ich weifs, immer beide Venen ansehnlich. Die ursprünglich aus
dem Schwänze kommende Vene verändert sich darin, dafs sie zuvörderst unter
den untern Dornfortsätzen lag, allmählig mehrere Nebengänge zwischen den Dorn-
fortsätzen bildet und zuletzt der Hauptstrom zwischen den Schenkeln dieser Fort-
sätze verläuft, so dafs allmählig sich eine neüe tiefere Schwanzvene bildet, wel-
che gewöhnlich nur in die rechte hintere Wirbelvene geht oder doch in die linke
nur einen schwachen Ast giebt. Endlich ist noch; zu bemerken, dafs mehr oder
weniger von dieser Schwanzvene sich in die Nieren vertheilt.

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Aber, fragen Sie, wie ist es denn mit der Hohlvene ? Diese ist in den
Fischen erst sehr spät zu bemerken, erscheint zwar in erwachsenen Fischen un-
ter sehr mannigfachen Formen 1), wird aber nie Hauptgefäfs, und was man bis-
her für die Hohlvene angesehen hat, ist eben nichts anders als die rechte hintere
Wirbelvene, wie die Yergleichung mit dem Hühnchen lehrt. Will man über-
haupt die weiteste Yene des Körpers, unbekümmert um ihre Lage, ihre Ent-
stehung und die Theile, von welchen sie das Blut aufnimmt, Hohlvene nen-
nen , so kann man allerdings auch die Yene die an der rechten Niere der Fische
nach vorn verläuft, mit diesem Namen belegen. Dann mufs man aber wenig-
stens sagen: die rechte hintere Wirbelvene, die bei den Säugethieren und Vö-
geln
gröfstentheils schwindet, wird bei den Fischen Hohlvene. Bei diesem

Grundsatze für die Benennung müfste aber auch die andere Yene, welche bei
den Säugethieren und Vögeln immer zuerst aus den falschen Nieren kommt, und
mit den Gekrösvenen sich verbindet, später auch die hintern Körpervenen auf-
nimmt , noch einen andern Namen erhalten, indem der Name Hohlvene blofs die
Blutmenge oder die Weite einer Yene bezeichnen würde, nicht ein bestimmtes
Gefäfs.

In den Karpfen-Arten konnte ich erst nach dem Ausschlüpfen, mithin
merklich später als die Venen im animalischen Theile des Leibes sichtbar sind,
eine Gekrösvene unterscheiden. Es ist mir wahrscheinlich, dafs sie früher] da
ist,
aber wegen der tiefen Lage und der Farblosigkeit des Blutes nicht erkannt
wird. Diese Gekrösvene verläuft längs des Darmes in die Leber, vertheilt sich
und geht als Lebervene in das Herz. Sie scheint auch einige Schlingen auf dem
innern Dottersacke zu bilden. Solche Schlingen glaube ich gesehen zu haben,
und was Carus
(Erläuterung st afein Heft III. Taf.V. Fig. 12.) abbildet, kann ich
auch nur dahin deuten.

Im Blennius, dessen Dottersack heraushängt, sah Rathke, dafs die
Gekrösvene sich auf dem Dottersacke vertheilt und ihr gegenüber eine andere Vene
(die Dottersackvene) das Blut sammelt, um es ins Herz zu führen. Wenn sich
die Leber entwickelt, die hinter dem Dottersacke liegt, so vertheilt sich die Ge-
krösvene zuvörderst in die Leber. Das Blut sammelt sich dann in Lebervenen
und diese vertheilen sich wieder auf den Dotiersack, von wo es nun nochmals in
die Dottersackvene sich sammelt. "Mit der Abnahme des Dottersackes verbinden

1  In den Barschen ist sie ganz unverkennbar, und zeigt grade die Ausdehnung, welche sie in den
Embryonen der Vögel und Säugethiere während der Blüthe der Primordial-Nieren hat. In an-
dem Fischen ist das Verhältnifs zur Pfortader verschieden.

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sich aber dessen zu- und abführenden Blutgefäfse zu einem Stamme. Dieses
merkwürdige Yerhältnifs leitet Rathk\'e wohl mit Recht davon ab, dafs der Dot-
tersack vor der Leber liegt. Indessen möchte ich, um ein vollständiges Verständ-
nifs herbeizuführen, künftige Beobachter noch auf die Frage aufmerksam ma-
chen, ob nicht vielleicht beide Systeme von Blutgefäfsen abführende Venen-
systeme sind. Wenigstens haben wir von jüngern Embryonen von Säugethieren
gehört, dafs das Blut aus dem Dottersacke nicht blofs nach vorn, sondern durch
ein anderes System von Venen auch nach hinten gegen den Mastdarm geführt
wi rd, (§• 9.
cc. Taf. V. Fig. d. x.) und diese Vene für dieselbe gehalten, deren
ich beim Huhne aus späterer Zeit erwähnt habe.

Was die Umänderung des Herzens anlangt, so ist diese ziemlich einfach,
da
hier noch weniger als in den Batrachiern eine Scheidung in zwei Ströme ein-
tritt. Der mittlere Theil des Herzkanals sackt sich weiter nach rechts aus und
wird, indem er zugleich eine muskulöse Wand erhält, dadurch zur Herzkam-
mer. Die Aussackung dreht sich allmählig von rechts nach der Mitte und hinten
und ist die Spitze dieses einkammerigen Herzens, das vordere Ende bildet sich zu
einem ungeteilten Knollen, dem
Bulbus des Herzens; der hinterste Theil des
Herzkanales sackt sich aber nach links aus, was durch den immer stärker wer-
denden rechten venösen Queerstamm der das Blut nach links treibt, unterstützt
wird. Indem sich aber die Kammer so dreht, dafs sie nach unten und mit der
Spitze nach hinten zu liegen kommt, legt sich die Vorkammer über sie. Diese
einfache Vorkammer ist also ihrer Entstehung nach nicht ganz den doppelten
Vorkammern anderer Wirbelthiere gleich 1). Vor allen Dingen unterscheidet
sich die Metamorphose des Herzens der Fische von demselben Vorgange in Säuge-
thieren und Vögeln dadurch, dafs das Herz sich nicht zurückzieht. Damit steht
es im engsten Zusammenhange,
dafs sich in ihnen kein Hals bildet.

Wenden wir uns nun wieder zu der Bildungsgeschichte des Hirnes, wel- bb. Ausbil-
ches wir auf der Stufe der drei primären Hirnbläschen verlassen haben. Sie sind ne".S "6S
sehr früh kenntlich, gleich nach dem Schlüsse der Rückenrinne, ja vor erreich-
tem Schlüsse. Aus dem vordem dieser primären Bläschen sieht man das Auge,
aus dem hintern das Ohr sich hervorstülpen. Etwas später ist auch hier das vor-
dere Bläschen in zwei Abtheilungen getheilt, von denen die vorderste zuerst nur
wie ein stumpfer Zapfen vorragt, dann durch eine mittlere Einsenkung getheilt
wird und nach unsrer Benennung, trotz ihrer Kleinheit, als Vorderhirn betrachtet

1  Die Lage der Vorkammer und Kammer ist nach Rathke im Blennius viviparus die um-
gekehrte (.
Abhandlungen zur Bildungs- und Enlwickelungsgeschichtc Bd. II.)

f

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werden mufs. Die zweite, welcher auch hier die Ausstülpung für das Auge an-
gehört, ist, wenigstens hei Embryonen von Karpfen in sehr früher Zeit ungemein
lang im Verhältnifs zu der geringen Höhe, öffnet sich auch im vordersten
Theile, aber nur in sehr geringem Umfange, weshalb ich nicht anstehen kann
sie das Zwischenhirn zu nennen. Das mittlere primäre Hirnbläschen ist etwas
breiter als die andern Bläschen und bekommt eine mittlere Einsenkung, die zwar
den Schein einer Spalte giebt, aber, wrie es mir schien, auf dem Kamme des nach
unten herabragenden Vorsprunges eben so wenig getheilt ist, als bei andern Thie-
ren. Es ist das Mittelhirn. Das letzte primäre Bläschen ist bald länger als die
andern und verliert, wie überall, nach der Sonderung der Hirnhäute seine ganze
Decke, so
dafs es einerlangen, vorn abgestumpften, hinten zugespitzten Mulde
gleicht, und umschliefst das werdende Hinterhirn und Nachhirn, deren Abgren-
zung erst durch die spätere Entwickelung deutlich wird.

Indem ich weiter gehen will, befinde ich mich in einer peinlichen Ver-
legenheit, da mir ein, ohne Zweifel sehr rasch vorübergehender, Moment bei
der Untersuchung entgangen ist. Um Ihnen diesen Zweifel klar zu machen, er-
lauben Sie, dafs ich vorher Ihnen das Hirn einer ausgewachsenen Karpfenart vor-
lege. Sie sehen, wenn Sie es von oben betrachten, drei Abtheilungen hinter
einander liegen. Die vorderste, bei unsern gewöhnlichen Fischen aus zwei
soliden, durch eine schmale Binde vereinigten Massen gebildet, führen gewöhn-
lich
den Namen Riech - Ganglien. Wir werden hören , dafs über die Bildungsge-
schichte derselben gar kein Zweifel seyn kann. Hinter diesem Paar von An-
schwellungen ist eine zweite durch eine graue Mittellinie und eine mittlere Ein-
senkung etwas getheilte Abtheilung, und darauf folgt eine dritte ganz ungetheilte,
am meisten vorragende, doch etwas schmalere Abtheilung, die man das kleine
Hirn nennt. Schlägt man das kleine Hirn nach vorn zurück, so finden sich hin-
ter demselben noch auf jeder Seite, also an der Seitenwand der sogenannten vier-
ten Hirnhöhle, Anschwellungen, und in den Karpfen stofsen sogar diese Anschwel-
lungen in der Mitte zusammen, so dafs sie eine Brücke über der vierten Hirn-
hohle bilden. Man mufs sie für eine Wucherung des sogenannten verlängerten
Markes ansehen.

Aber mit welchem Theile des Hirnes der höhern Thiere soll man die Ab-
theilung, die vor dem kleinen Hirne liegt vergleichen ? Sie ist hohl und enthält
in sich Anschwellungen. Man nannte sie daher früher mit Hall er das\' grofse
Hirn. Allein Arsaky, Carus und Tiedemann suchten zu beweisen, dafs
sie den sogenannten Vierhügeln anderer Thiere (unserm Mittelhirne) entsprä-
chen, vorzüglich weil dieser Abschnitt im Embrj^oneuzustande anderer Thiere

sehr

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sehr grofs und hohl sey und die Sehnerven deutlich aus ihnen entsprängen 1).
Ihnen folgten Serres, Desmoulins und überhaupt die meisten neuern Zooto-
men Deutschlands und Frankreichs. Erst ganz neuerlich haben Cuvier und
Gottsche die ältere Hallersche Ansicht verfochten, nach welcher dieser Theü
das grofse Hirn wäre, wobei sie mit Recht darauf aufmerksam machten, dafs
zwischen dem was sie grofsesHirn nennen, und dem kleinen, noch ein Theil, von
ersterem überdeckt, liege, der für die Vierhügelmasse gehalten zu werden ver-
diene 2),

Seit einer Reihe von Jahren, seitdem ich nämlich die entschiedene Selbst-
ständigkeit der dritten Hirnhöhle (des Zwischenhirnes) im Embryo des Hühn-
chens gesehen und seine Ueberdeckung durch das Vorderhirn verfolgt habe,
konnte ich nicht umhin, jene Abtheilung im Fischhirne für das nicht unter-
drückte, sondern zur Entwicklung gekommene Zwischenhirn anzusehen, die
Riechganglien aber für das Vorderhirn, den überdeckten Theil für den Vierhü-
gel oder das Zwischenhirn. Wenn man nämlich die Hirnhaut zwischen dem
kleinen Hirn und der fraglichen
mittlem Anschwellung abtrennt, so läfst sich
die letztere ohne alle Verletzung nach vorn zurückschlagen und man sieht nun.
einen verdeckten Abschnitt zwischen beiden, der in den meisten Fischen sogar
vier Anschwellungen zeigt, wie der Vierhügel anderer Thiere. Auch liegen die
Anschwellungen nicht unmittelbar auf den untern Strängen des Rückenmarkes
auf, sondern sie bilden ein Gewölbe, unter welchem die Höhlung des kleinen
Hirnes
mit der Höhlung der zurückgeschlagenen Hirnmasse, die wir der dritten
Hirnhöhle anderer
Thiere gleichsetzen, communicirt. Dieser Gang wäre also
in jeder Hinsicht mit der Sylvischen Wasserleitung übereinstimmend. In der zu-
rückgeschlagenen Abtheilung finden wir zwei etwas gewundene Ganglien. Ca-
rus
und seine Nachfolger erklären sie für Gangliexa des Vierhügels, weil dessen
Decke sich hier so stark entwickelt habe, Cuvier für die Streifenhügel. Allein

1  Der Ursprung der Sehnerven spricht mehr noch für meine Ansicht, da er ursprünglich in kei-
nem Thiere mit dem Mittelhirne Gemeinschaft hat. Dafs man die erste Bildungsweise der Seh-
nerven nicht kannte, hat auf alle Arbeiten über das Hirn seit Gall einen unberechenbaren
Einflcifs gehabt.

2  Ich habe im ersten Bande nachdrücklich auf die Selbstständigkeit und ursprüngliche Voll-
ständigkeit dieser Abiheilung aufmerksam gemacht. Man scheint aber noch gar nicht erkannt
zu haben , welcher Einflufs dieses Verhältnifs auf die Theorie des Hirnbaues haben mufs. Des-
wegen habe ich es jetzt vorgezogen, gleich die morphologischen Elemente des Hirnes mit eige-
nen Namen zu belegen, wie ich sie seit zehn Jahren in Vorträgen gebraucht habe. Der Aus-
druck gewinnt durch dieselbe hoffentlich an Bestimmtheit und Verständlichkeit.

IL Qq

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die letztere Benennung kann man ihnen nicht geben, wenn man weifs, dafs in
jedem sogenannten Riechganglion, jeder Hälfte unsers Vorderhirnes in früherer
Zeit ein freies Ganglion enthalten ist.

Die Anschwellungen im Zwischenhirne müssen die Sehhügel seyn. Ueber-
diefs liegt zwischen ihrem vordem Ende der Eingang in
den Hirnanhang. Nach
hinten sind sie durch ein Faserbündel (Reils Schleife) mit dem Vierhügel ver-
bunden. Zwar liegen sie weiter aus einander, als die Sehhügel der Säugethiere
und Vögel, allein beim ersten Auftreten sind sie in den Embryonen dieser Thiere
noch weiter von einander gerückt, und so auch in ganz jungen Karpfen-Arten
von 1 Zoll Länge. — Wie in allen Thieren verlängert sich nach unsrer Deu-
tung diese
dritte Hirnhöhle auch in den Fischen nach unten in den Trichter.
Allein es hat in diesen Thieren noch die dritte Hirnhöhle eine kleine Oelfnung
nach vorn, die in die Furche zwischen dem Vorderhirn und diesem Zwischen-
hirne führt. Diese Oeffnung
ist nichts anders als die in sehr früher Zeit aufge-
rissene Stelle des Zwischenhirnes, welches sich im Fische sehr viel weniger öff-
net, als im Vogel oder Säugethier. Dagegen ist hier sehr viel mehr Decke.
Diese geht im Vogel und Säugethier gröfstentheils durch das Aufreifsen verloren,
theils schiebt sie sich als Zirbel und sogenannte hintere Commissur zurück und
die ganze Hirnzelle des Mittelhirnes wird unkenntlich, indem bei stärkerer Wu-
cherung der Sehhügel der Rest der Seitenwand sich an diese anlegt. Wenn nun
das
Vorderhirn sich hinüberzieht, so mufs noth wendig die dritte Hirnhöhle oder

besser die Höhle des Zwischenhirnes unmittelbar in die gedoppelte Höhle des Vor-
derhirnes übergeben, im Fische aber nur in die Queerspalte zwischen beiden Ab-
theilungen des Hirnes.

Fragen Sie nun, ob ich die Decke des Mittelhirnes der Fische der Zirbel
oder der hintern Commissur gleich setze, so antworte ich: beiden Theilen, doch
mehr der letztem. Eine Spur von der Zirbelbildung sieht man nämlich auch in
vielen Fischen, dicht an dem vordem Eingange. Dazu kommt noch, dafs die
sogenannte hintere Commissur, die wir uns gewöhnlich als schmale Binde zu
denken gewohnt sind, diese Gestalt erst später erhält, dafs sie im Embryo des
Vogels bald nach dem Aufreifsen der vordem Gegend viel mehr relative Länge
hat als später, vorzüglich aber, dafs in den Larven der Batrachier, wo sich ein
Theil der Decke des Zwischenhirnes zur Zirbel ausbildet, hinter ihr
noch ein
ansehnlicher Theil unter der gewöhnlichen Form der Decke übrig bleibt. Bis
hierher ist der Beweis, dafs der besprochene Hirntheil der Knochenfische das
Zwischenhirn ist, so evident, dafs ich nicht einsehe, was sich dagegen einwen-

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den liefse. Nur ein Theil macht vielleicht Bedenken: derjenige, der, dem Ge-
wölbe
(Fornix) der Säugethiere ähnlich, unter der Decke liegt. Ich glaube
allerdings nicht, dafs er mit dem Gewölbe der Säugethiere einerlei ist. Denn
jener bildet sich aus dem vorspringenden Rande von Einsenkungen zwischen Vor-
derhirn und Zwischenhirn. Da aber in den Fischen die Decke des Zwischen-
hirnes eine mittlere Einsenkung bekommt, so ist nicht einzusehen, warum nicht
ein dem Gewölbe ähnlicher Theil, ein Gewölbe des Zwischenhirnes, sich daraus
bilden soll. Dafs aber eine mittlere Einsenkung sich bildet, scheint nur Folge
der starken Wucherung; denn alle Abtheilungen des Hirnes, welche stark wu-
chern, bekommen in der Mittelebene eine Einsenkung 1), wie umgekehrt alle
starke EntWickelungen im Knochensystem einen vorspringenden Kamm in der
Mittelebene erzeugen, wenn diese Wucherungen nicht ursprünglich nach aufsen
gerichtet sind.

Kehren wir nun zu der genetischen Darstellung zurück, um Ihnen zu zei-
gen warum ich sie verlassen habe! Wir hörten von dem Auftreten der 5 mor-
phologischen Elemente des Hirnes in den Fischen. Das Vorderhirn ist ungemein
klein, wenn der Embryo noch wie ein Halbring um den Dotter liegt. Es erhält,
wie gesagt, eine mittlere Einsenkung. Diese scheint vorn zu beginnen und nach
oben fortzuschreiten, was zum Theil wenigstens davon abhängig ist, dafs dieser
Hirntheil am meisten übergebogen ist, nicht blofs gegen den Embryo, son-
dern gegen
das Hirn selbst, dessen vorderstes Ende, wenn wir die Centrallinie
der Medullarröhre im Auge haben, immer im Trichter und Hirnanhange zu su-
chen ist. Diese Einsenkung ist nothwendig der sogenannten strahl igen Scheide-
wand in Vögeln, Reptilien und Säugethieren gleich, denn das Vorderhirn ist in
den Fisch - Embryonen auch hohl und hat also zwei mit einander communici
rende Seilenventrikel. Es behält die Höhlung lange, nachdem zwei innere Gan-
glien (die Streifenhügel) hervorgewachsen sind. Ja jeder Seitenventrikel hat in
jungen Fischen, die vor 8 Tagen aus dem Ei geschlüpft sind, deutlich ein abstei-
gendes Horn, indem die Decke des Vorderhirnes wie auch bei andern Thieren
nach hinten und aufsen in einen absteigenden Lappen auswächst. Allein das
Wachsthum dieser Hirnabtheilung ist so gering, dafs er die folgende nie iiber-

1  Wobei ich nicht leugnen will, dafs die Neigung zur mittlem Einsenkung in den verschiede-
nen Hirnabtheilungen ihrer Lage und Bedeutung nach eine ursprünglich verschiedene ist. Das
Vorderhirn zeigt sie immer, das Zwischenhirn schon hei mittelmäfsiger Entwicklung, das Mit-
telhirn bei starker und das Hinterhirn nur bei sehr starker Entwickelung. In derselben Reihe
zeigt sich aber die Zunahme der Duplizität im Knochensysteme des Kopfes von hinten nach vorn.

Qq 2

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wölbt, auch nicht mit seinen hintersten Enden. Man kann um diese Zeit und
mehrere Wochen nachher, das Yorderhirn leicht öffnen und die schon abgeglätte-
ten Streifenhügel in ihm sehen. Allein später wird die Decke immer dünner und
verwächst mit den andrängenden Ganglien. Die Einsenkung wird kürzer und er-
scheint zuletzt nur als eine Art Queerbinde. So wird das Yorderhirn in zwei
solide Massen umgewandelt, an denen man jedoch noch lange den Kern und die
Decke an der Farbe unterscheiden kann.

Eben so leicht folgt man der Ausbildung des Hinterhirns und des Nach-
hirns. Beide Theile verliefsen wir in dem Zustande, wo sie zusammen eine läng-
liche, hinten zugespitzte, vorn abgerundete Mulde darstellen. Den Rand der
Mulde bilden die obern Ränder der Markplatten. Ihr Zusammensclilufs, ein sehr
alhnähliger Uebergang, ist wie bei allen Wirbelthieren die erste Anlage des Hin-
terhirnes oder kleinen Hirnes. Wenn der Kopf sich grade zu strecken anfängt,
so wird dieser Schlufs von den vor ihm liegenden Theilen in die Höhe getrieben
und senkrecht gestellt. Dieser senkrechte Bogen wuchert zuerst seitlich in 2 Blätt-
chen aus, die mit einander verwachsen, und so bildet sich das Hinterhirn ganz
auf die gewöhnliche Weise. Zwei Tage nach dem Ausschlüpfen hat er nach hin-
ten noch einen Einschnitt, acht Tage darauf nicht mehr. Er ist dann schon eine
ziemlich breite Binde, die immer stärker wuchert und sich erhebt. Ich spreche
nur deshalb ausführlich, von der Bildung des Theiles, welchen man das kleine
Hirn nennt, weil hinter ihm noch ein ähnlicher Vorgang erfolgt und man in der
That zweifelhaft werden könnte, ob man ihn richtig deutet, wenn man nicht
weifs, dafs er ganz eben so sich ausbildet, wie das kleine Hirn in allen Thier-
klassen *).

Hinter dem Hinterhirne wuchert aber auch das Nachhirn. Die Seilen-
wände der vierten Hirnhöhle verdicken sich schon vor dem Ausschlüpfen des
Embryo, was bei andern Thieren erst bemerkt wird, wenn die übrige Ausbil-
dung sehr viel weiter vorgeschritten ist. Durch diese Wucherung wird der Raum
der vierten Hirnhöhle sehr beschränkt. Hierbei bleibt diese Bildung im Karpfen
nicht stehen. Nach 8 Tagen ist sie ganz überdeckt. Endlich aber ver-
wachsen beide Seiten in der Mitte zu einer Brücke gleich einem zweiten klei-
nen Hirne.

Doch nun zu der mittlem Region des Hirnes! Wir haben für diese zwei
Elemente das Zwischenhirn und das Mittelhirn. Es ist mir durchaus nicht zwei-

^ Freilich lassen auch die Nervenursprünge keinen vernünftigen Zweifel übrig.

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felhaft, dafs in sehr früher Zeit, wenn der Embryo noch ganz wie ein Ring an-
liegt, das Mittelhirn stärker wächst, es ist schon sehr breit, während das Zwi-
schenhirn ganz schmal und lang ist. Etwas später, wenn der Embryo einen kur-
zen Schwanz hat und sich grade zu strecken anfängt, der Kopf aber noch bedeu-
tend übergebogen ist, erscheint das Zwischenhirn ein wenig breiter als früher,
und man erkennt nun von oben gesehen zwei Bläschen hinter einander, von de-
nen das vordere nur wenig kleiner als das hintere ist. Beide zeigen eine Spur
von mittlerer Einsenkung, doch die hintere etwas deutlicher. Das Hirn rückt nun
rasch zusammen und man sieht nur Ein erhobenes Bläschen mit deutlicher mittle-
rer Einsenkung vor dem Hinterhirne. Es sieht so aus, als ob das Mittelhirn das
Zwischenhirn unterdrückt habe — das kann ich nicht leugnen. Eine kleine Er-
höhung in der Nähe des Auges hielt ich für das gesammte Zwischenhirn. Da
ich aber nicht zweifelte, dafs der Theil des Fischhirnes, den man sonst das grofse
Hirn nannte, das Zwischenhirn ist, so erwartete ich, dafs später das Zwischen-
hirn sich erheben und das Mittelhirn überdecken würde. Allein was ich erwar-
tete, geschah nicht.
Das Gewölbe des Theils, welcher so früh schon vordem
Hinterhirne lag, vergröfserte sich, und nach dem Ausschlüpfen, wo man das Ge-
hirn mit mehr
Sicherheit einer Zergliederung unterwerfen kann, wird es im-
mer deutlicher, dafs der Theil, welchen ich im ausgebildeten Hirne als Yier-
hiigel gedeutet habe, vom hintern Theile der schon erhobenen Blase über-
deckt ist.

Ich habe hierüber so ausführlich gesprochen, weil ich durchaus die Ueber-
zeugung nicht aufgeben kann, dafs diejenige Region des Fischhirnes, welche
Cuvier als die Hemisphären, Carus als die Vierhügel ansieht, das mehr als
in andern Thieren entwickelte Zwischenhirn ist, (der Bau des ausgewachsenen
Hirnes scheint mir zu evident dafür zu sprechen,) weil ich aber nicht behaupten
darf, der Umbildung vollständig gefolgt zu seyn 1). Vielmehr würde ich, wenn
ich allein meinen Zeichnungen über die Ausbildung folgen wollte, Carus bei-
pflichten. Ich glaube aber, dafs bei dem Zusammenrücken der Hirntheile das
Ganze so zusammengeknickt wird, dafs sich das Mittelhirn unter das Zwischen-
hirn schiebt und dafs eben dadurch dieses viel mehr erhoben scheint als früher,

1  Aus diesem Grunde habe ich in einer besondern Schrift über die Entwicklungsgeschichte der
Fische, die ich im vorigen Sommer nach Leipzig an Herrn Vogel zum Drucke geschickt habe,
die Bildungsgeschichte des Hirnes mit Ausnahme der ersten Zeit ganz ausgelassen — damals die
Hoffnung noch nicht aufgebend, dafs ich eine spätere Ueberdeckung durch das Zwischenhirn
wahrnehmen könnte.

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mir aber der Moment des Unterscliiebens entgangen ist. Unterstützt wird diese
Ueberzeugung dadurch, dafs man im Innern dieses Bläschens Etwas zu sehen
glaubt, von dem ich meinte, dafs es der Sehhügel seyn könnte, der aber selbst
nach dem Auskriechen noch nicht da ist. Um die Zeit, wo aus zwei Hirnblasen
nur eine gröfsere zu werden scheint, ist das Hirn noch so ungemein dünnwandig
und zart, dafs eine zuverlässige Zergliederung mir nicht ausführbar schien, und
so deutlich man auch die Decke der Hirnzelle unter dem Mikroskope sehen kann,
so ist doch die untere Region von zu vieler Masse umgeben, um sie deutlich un-
terscheiden zu können. Mögen durch meine Zweifel Andere aufmerksam gemacht
werden, um wo möglich an andern Fischen, in denen vielleicht dieselbe Meta-
morphose nicht so früh oder nicht so rasch erfolgt, sie zu beobachten*). Die Fi-

sche, deren Hirnbildung ich verfolgt habe, waren Güster (Cyprinus Blicca)
und Rothaugen (Cyprinus Erythrophthalmus). In den letztern ist das
Hirn in der ersten Zeit aber besonders zart und durchsichtig.

In den Knorpelfischen erfolgt die Hirnmetamorphose sehr viel langsamer und
auf andere Weise. Sie nähert sich viel mehr den Batrachiern. In einem Hay, der
nicht viel über einen Zoll lang und noch nicht drei Linien breit ist, also wahr-
scheinlich jünger als irgend einer von denen, die Rathke untersucht hat, sehe
ich
für das Nachhirn und das Hinterhirn nur noch eine einfache Mulde, das Mit-
telhirn bildet eine einfache Blase, das Zwischenhirn eine lange, gekrümmte, doch

mehr als das Mittelhirn erhobene Zelle, das Vorderhirn ist von dieser stark abge-
setzt, viel breiter, von ansehnlicher Gröfse, mit kurzen Vorragungen für dieRiech-

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kolben und ganz hohl. Spater erhebt sich das Zwischenhirn noch mehr und be-
kommt eine deutliche mittlere Einsenkung. Indem sich das Hirn nun mehr grade
_ streckt, drängen sich das Zwischenhirn und Mittelhirn, und da auch das Mittelhirn
stark wächst, so wird die Commissur, welche als Repräsentant des kleinen Hir-
nes da ist, besonders stark zurückgedrängt. Die stärkere Wucherung des Vorder-
hirnes, das in den meisten Knorpelfischen hohl bleibt, so wie die länger dauernde
Wucherung des Mittelhirnes, scheinen mir vorzüglich die Verhältnisse, wodurch
das Hirn der Knorpelfische zu einem andern wird, als das Hirn der Knochen-
fische. Die Cyclostomen beharren am meisten auf der ursprünglichen Embryonen-
form. Dieses Hirn bitte ich zu studiren, um sich von der Selbstständigkeit der
5 morphologischen Elemente des Hirnes zu überzeugen. Wir haben zwei hier, frei-
lich nicht mehr gekrümmt, sondern in Einer Linie liegend, ein gepaartes hohles
Vorderhirn, dann zwei hinter einander liegende Blasen, die ich für Zwerchhirn
und Mittelhirn halte, obgleich die letztere Blase
von sehr vielen Zergliederern als das
Hinlerhirn angesehen wird. Hinterhirn und Nachhirn sehe ich nämlich in dem
länglichen offenen muldenförmigenTheile, mit dem das Mittelhirn schliefst. Nach
dieser Deutung stimmt auch
das Hirn der Cyclostomen viel genauer mit dem frü-
hern
Embryonen-Zustande höherer Thiere.

Die Sinnesorgane der Fische entwickeln sich in den wesentlichsten Verhält- organ1".""\'
nissen wie in andern Thieren. Nase, Auge und Ohr sind Hervorstülpungen aus
dem Hirne, und zwar zeigen auch darin die Knorpelfische Uebereinstimmung mit
den
Batrachiern , dafs die Riehnerven nicht nur sehr breite hohle Fortsätze aus dem
Vorderhirne sind, sondern mehr oder weniger sogar eine blasige Form annehmen.
Das Auge hat dieselbe Einfaltung, welche in andern Wirbel thieren vorkommt.
Ja hier kann man am deutlichsten sehen, dafs sie eine Einfaltung ist, denn sehr
lange behält auch die dunkle Iris einen sehr deutlichen Einschnitt
und erscheint
deshalb nierenförmig. Diese starke Einfaltung bei verhältnifsmäfsig weniger wei-
ter Ausstülpung der Sehnerven (denn in Karpfen fand ich ihn früher verdünnt als
in irgend einem andern
von mir untersuchten Embryo) kann vielleicht verständ-
lich machen, warum der ausgebildete Sehnerve in den Fischen deutlicher gefaltet
ist, als in andern Thieren (es scheint nämlich, dafs die Einfaltung sich vervielfäl-
tigt), und läfst es auch begreifen, warum bei den meisten Fischen von der ur-
sprünglichen Einfaltung im Auge selbst noch ein Rest in der sogenannten Sichel
übrig bleibt. Auch glaube ich, dafs die Fische deutlicher als andere nachweisen,
dals
die Iris nicht eine zur Chorioidea hinzukommende Neubildung, sondern eine
Absonderung von einer allgemeinen Gefäfshaut-Hülle ist. Die eigenlhiimliche
Kreuzungsweise der Sehnerven der Fische könnte Bedenken gegen die ganze Dar-

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Stellung von der Entstehung des Auges erregen. Dennoch ist es unverkennbar,
dafs auch hier aus der rechten Hälfte des Zwischenhirnes sich das Auge der rechten
Seite hervorstülpt und eben so das linke Auge von der linken Seite. Allein die
Stiele der Augen (die Sehnerven) sind schon früh lang ausgezogen, und da die
Weite des Hirntheils, aus dem sie kommen, sehr gering ist, so müssen sie, in-
dem sie sich verlängern, sehr bald die Centrailinie erreichen. Da nun selbst in
Vögeln, wo sie Anfangs ziemlich weit aus einander liegen, diese Mittellinie er-
reicht wird, und auch in diesen Thieren und den Säugethieren die Faserung
erst deutlich wird, wenn die Sehnerven ein Chiasma gebildet, das heifst, mit
ihren Abgangsstellen sich erreicht haben, und nun die Fasern von beiden Sei-
ten des Hirnes in jeden Sehnerven gehen — so kann es wenig auffallen, dafs
in den Fischen, wo das Chiasma beinahe ursprünglich ist, die
meisten Fasern
übergreifend sind.

Ich will mich deutlicher machen. Vor allen Dingen mufs ich der gewöhn-
lichen Ansieht widersprechen, nach welcher die Sehnerven der Fische sich gar
nicht, oder doch wesentlich anders kreuzten, als die Sehnerven anderer Thiere,
indem das Auge der rechten Seite seinen Sehnerven nur von der linken Hirn-
hälfte erhielte und umgekehrt für das linke Auge. Man sieht an der Abgangs-
stelle der Sehnerven eine weifse Binde, welche beide vereint. Diese haben Ca -
rus und Andere nicht übersehen, allein sie halten sie für ungefafert oder sind
wenigstens der Ansicht, dafs die Fasern nicht in die Sehnerven übergehen. Ich
glaube aber nicht nur die Faserung, sondern auch den IJebergang in die Sehner-
ven und in das Hirn zu erkennen, und finde also, dafs der Sehnerve der Fische
eben so von beiden Seiten kommt, wie in andern Thieren, mit dem Unterschiede
nur, dafs der Ursprung von der entgegengesetzten Seite viel stärker und unmit-
telbarer ist. Es hat nun das Ansehen,, als ob der Uebergang in dieselbe Seite ein
später durch fortschreitende
Entwickelung unterdrückter sey. Den Grund da-
von suche ich in der ursprünglichen Nähe der beiden Ursprungsstellen. Diefs.
durch Präparation an dem
überaus kleinen Hirne der Karpfen-Embryonen nach-
zuweisen, scheint mir völlig unmöglich, obgleich ich das allmählige Zusammen-
rücken der Sehnerven-Ursprünge am Vogel-Embryo nicht blofs angenommen,
sondern durch Ausschälung des Hirnes von Stufe zu Stufe verfolgt habe, da mir
das Uebergreifen der Anfangs getrennten Sehnerven lange unbegreiflich schien.
Die Arbeit war nicht leicht, aber an den Hirnen von Güstern sie auszuführen
wird auch wohl die Hand verzweifeln, die den fläderthieren die Kiefern aus-
bricht.

Das

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Das Ohr ist Anfangs röhrig. Aus dem Ende der Röhre müssen die übri-
gen Theile des Labyrinthes werden. Man sieht auch bei Karpfen eine\' blasige
Verlängerung nach hinten. Ich hahe die Frage aufgestellt, ob diefs nicht eine
modificirte Paukenhöhle oder die vordere Schwimmblase ist. Ein äufseres Ohr
fehlt den meisten Knochenfischen. Wo es sich findet, wird es wohl durch äu-
fsere Einstülpung sich erzeugen 1).

Der Schwanz wächst hervor, wie bei Batrachiern.

Nach einer zusammenhängenden wuchernden Leiste, die der Entwicke- dd. Extre-
lung beider Extremitäten voranginge, habe ich vergeblich mich umgesehen.
Auch ist die vordere Extremität sehr viel früher sichtbar, als die hintere. Sie
erscheint als eine längliche Erhabenheit, die sich bald in ein breites ungestieltes
Blatt ausdehnt, welches auf einer geringen Erhebung aufsitzt, so dafs hier nur
die Scheidung in Wurzelglied und Endglied kenntlich ist. Das Endglied hat, so
lange keine Flossenstrahlen in ihm sind, viele Aehnlichlceit mit dem Endgliede
in der Extremität der Landthiere im Embryonen-Zustande. Für die unpaari-
gen Flossen zeigt sich zuerst eine zusammenhängende Hautflosse» die vom
Rücken anfängt, um den ganzen Schwanz herumläuft und unter dem Bauche en-
det. Diese zusammenhängende Hautflosse scheint fiir sehr verschiedene Fische
(z. B. Barsche und Karpfen) ganz gleich, so lange keine Flossenstrahlen da sind,
doch mufs sie für solche Fische, deren Rückenflosse sich bis gegen den Kopf er-
streckt, auch
wohl bis dahin gehen. Später theilt sie sich in so viel Abthei-
lungen, als der Fisch bleibende unpaarige Flossen erhalten soll. Diebleibenden
Flossentheile erhalten während der Sonderung Strahlen, die Zwischentheile ver-
schwinden gänzlich.

Dafs der Sack des vegetativen Blattes nicht ganz unmittelbar sich in einen Verdau-
Darm ausspinnt, sondern dieser, nachdem seine Enden gebildet waren, sich ab-ung$apparat\'
schnürt, und also, auch wo kein äufserer Dottersack ist, ein innerer sich fin-
det, ist schon
gesagt. Dieser Sack mündet dicht hinter der letzten Kiemen-
spalte in den Darm. Er drängt den Darmkanal eng an die Wirbelsäule, wo-
durch es wohl veranlafst wird, dafs sich lange kein Gekröse hervorzieht, und
wenn sich dieses bildet, die beiden Blätter auf eine weite Strecke nicht mit ein-
ander verwachsen, indem sich die Schwimmblase, eine lungenartige Ausstül-

1  Ob man nicht unter den Knorpelfischen bei den Selachiern und Stören die sogenannten Spritz-
löcher für äufsere Gehörgänge zu halten hat? Oder sind sie nur die vordersten Kiemenspalten?
Rathke sah aus ihnen Kiemenfasern vorragen, was ich bestätigt finde.

//. Rr

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pung des Darmkanals zwischen beide Blätter in die Lücke des Gekröses schiebt.
Dieses Verhältnifs, das ohne Zweifel bei verschiedenen Fischen variirt, ist wohl
die Veranlassung, dafs in den Fischen die Bildung des Gekröses so sehr wech-
selt und es oft gar nicht zu finden ist. In solchen Fällen mufs es offenbar wie-
der aufgelöst seyn, entweder ehe die Blätter sich vereinigten, oder nachher;
denn dafs es Wirbelthiere geben könne, welche nie eine Art Gekröse gehabt
haben, ist nach allen Lehren der Entwickelungsgeschichte wohl kaum glaub-
lich. Die Leber zeigt sich deutlich als Ausstülpung des Darmes, (in den Kar-
pfen fast gleichzeitig mit der Schwimmblase). Auffallend ist die Nähe der Ur-
sprungsstellen beider Theile. Sie lehrt uns, dafs der Theil, welcher Magen
werden soll, in den ersten Tagen nach dem Ausschlüpfen noch unendlich
klein ist.

ff* Nieren. Ungemein früh bilden sich die bleibenden Nieren. Man sieht sie schon

vor dem Auskriechen. Sie scheinen aus länglichen Beuteln zu bestehen, die

sich später noch mehr ausziehen, und der Harnleiter ist sogar früher deutlich,

als der Mastdarm. Ich will damit nicht behaupten, dafs dieser sich wirklich

später bilde, denn er ist Anfangs, wenigstens im Güster, so ungemein zart,

dafs man nicht genau sehen kann, zu welcher Periode er ganz fehlt. Er kann

aber unmöglich fehlen, wenn der Dottersack sich von dem hintern Ende der
... *
Bauclrwände zurückzieht.

Diefs führt mich noch auf die Bemerkung, dafs in den Embryonen ohne
Harnsack die Bauchhöhle (die durch Trennung des vegetativen Blattes vom ani-
malischen erzeugte Lücke zwischen dem Speisekanal und der Darm wand), wie
die gesammte Darstellung lehrt, viel später auftritt, als in den Embryonen mit
einem Harnsacke.

Doch zurück zu den Nieren! Von vorübergehenden Nieren konnte ich
bei Fisch-Embryonen nichts finden. Dagegen nehmen die bleibenden Nieren
fast immer die ganze Bauchhöhle ein. An ihnen verlaufen die hintern Verte-
bral-Venen wie an den Primordial-Nieren anderer Thiere. Die Umänderung des
Gefäfssystems, welche die Primordial-Nieren in höhern Thieren bewirken, in-
dem sie schwinden und den bleibenden Nieren Platz machen , tritt in den Fischen
nie ein. Dagegen hat das hintere Ende der Fisch-Nieren häufig zurückfliefsende
Venen. Alles diefs führt zu der Ueberzeugung, dafs die
Fisch-Nieren stehen
gebliebene Primordial-Nieren anderer Thiere sind. Auch
weisen die schönen
Untersuchungen und Abbildungen, welche J. Müller in seinem Werke
de

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glandulär um structura über die ausgebildeten Fisch - Nieren mittheilt,
eine grofse Aehnlichkeit im Baue derselben mit den Primordial - Nieren nach;
doch scheint Müller in den Fischen noch andere Primordial-Nieren zu erwar-
ten. (Meckels Archiv für Anat. u.Phisiol.
1829. S. 71.) Vielleicht fehlen sie den
Knorpelfischen nicht.

Mit der Entwicklungsgeschichte der Fische schliefsen wir für jetzt diese
Vorträge.

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Halle,

gedruckt in der Gebauerschen Buchdruckerei.

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