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STUDIEISI

ÜBER

ENTWIOKELUNGSGESCHICHTE

DEß THIEßE

VON

D^ EMIL SELENKA

PBOEESSOB IN ERLANGEN.

VIERTES HEFT.

DAS OPOSSUM

(DIDELPHYS VIRGlNIANvL)

mit neun tafeln in farbendeuck.

WIESBADEN.

C. W. K E E I D E L\' S VERLAG.
1 8 86.

V.

Tafel XXV folgt mit der zweiten Hälfte dieses Heftes, welche den Schluss der Arljeit über „das Opossum" enthalten wird.

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STUDIEN

ÜBER

ENTWICKELUNGSGESCHIOHTE

DEE THIEEE

VON

D^ EMIL SELENKA

PROFESSOR IN ERLANGEN.

VIERTES HEFT.

DAS OPOSSUM

(DIDELPHYS VIRGINIANA.)

mit vierzehn tafeln in farbendeuck und drei holzschnitten.

WIESBADEN.

C. W. KEEIDEL\'S VEELAG.
1 8 8 7.

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DRUCK VON CARL RITTER IN WIESBADEN.

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INHALT.

Seite

1. Vorwort................101

II. Ueberblick über den Entwickelungsverlauf........ 108

110

118

124

125

127

128

129

130
134

139

140
148
151
153

156

157
161

162

168

III. Furclmng und Gastrulation..........

IV. Vergleichende Betrachtung der Furchung und Gastrulation bei den Knochen-
fischen, Sauropsiden und Manimalien........

V. Die Keimblase circa 2V2 Tag nach Beginn der Furchung
VI. Keimblasen im Alter von 3 Tagen . . • . .
VII. Entwickelung der Leibesform, der Ei- und Embryonalhlülen .

A. Die Grranulosa.............

B. Der Eiweissmantel............

C. Das Amnion.............

D. Das Chorion.............

E. Entwickelung der Leibesform.........

VlTl. Die Allantois..............

IX. Gefässsystem und Dottersack..........

X. Chorda dorsalis.............

XL Gaumendrüse .............

XIl. Epidermis und Mundhöhle ..........

XIII. Das Beuteljunge . ............

XIV. Der Uterus..............

XV. Verwandtschaftliche Beziehungen der Beutelthiere zu den Sauropsida un

Mammalia placentalia............

XVI. Litteratur...............

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L Vorwort.

Wenn die Wahl meines Themas auch keiner ausdrücklichen Motivirung bedarf, da
wir von der Embryologie der Beu tel thiere bisher so gut wie Nichts wissen, so
will ich doch mit einigen Worten erklären warum ich diesen Gegenstand zum Vorwurf
eingehender Untersuchung wählte.

Diesen einleitenden Bemerkungen möge eine kurze Beschreibung folgen, wie die
Züchtung verschiedener Beutelthiere leicht und sicher gelingt.

Es ist bekannt, dass die Blätter- und Embryonalanlage bei allen Amnioten in we-
sentlich gleicher Art vor sich geht: dieselben merkwürdigen Modificationen der primitiven
Organanlagen, wie z. B. der Schwund des Gastrulamundes und die Verlegung des Afters
auf eine ganz andere Stelle des Embryonalkörpers, das Verstreichen eines ïheiles des
Urdarms in das Mittelblatt, die Ueberführung der verticalen Embryonalaxe in eine hori-
zontale während der Gastrulation, die Eeduction der Chorda- und Coelomsack-Anlagen
zu soliden Zellplatten, charakterisiren die Ontogenie sowohl der Sauropsiden als auch der
Mammaliën. Dazu kommt das Amnion, welches beiden Gruppen gemeinsam ist, ferner
die Herausbildung eines provisorischen Dottersack-Kreislaufs, die Entstehung einer Allantois
und die Vergänglichkeit der Urniere.

Diese üebereinstimmung in der Entwickelung ist um so auffallender, als die Mehr-
zahl der genannten Modificationen und Neubildungen lediglich durch die Anwesenheit
eines grossen Nahrungsdotters bedingt erscheint, welcher doch grade im Ei der
Mammaliën vermisst wird.

Es galt daher, den Ueb ergangen nachzuspüren, und diese mussten bei den nie-
drigsten Säugethieren, also den B eutelthieren gesucht werden.

Aber noch aus einem anderen Grunde erschien diese Aufgabe lohnend. Die Säuge-
thier e haben, gegenüber den Sauropsiden, doch auch manche Vervollkommnung der
Organe oder selbst Neubildungen aufzuweisen, deren Entstehungsgeschichte wiederum nur
aus der Embryologie der Beutelthiere erschlossen werden konnte; ich erinnere an das
Zwerchfell, an die Function der Allantois als embryonales Nährorgan, an die complicirtere
Gestalt des Gehirns und einiger Sinnesorgane.

Seieuta, Eiitwickelungsgesciüohte. IV.\'

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Die leitenden Gesichtspunkte lagen also auf der Hand, und es ist nicht der Mühe
Werth im Speciellen den Voraussetzungen und Erwartungen Eaum zu geben, welche mich
trotz jahrelanger Bemühungen das erforderliche Material zu beschaffen, immer wieder auf
dieses Thema hinführten.

Seitdem ich dann — vor nunmehr V4 Jahren — meine Untersuchungen begonnen
hatte, ist eine wichtige Thatsache aufgefunden:
Caldwell entdeckte vor Jahresfrist die
Anwesenheit eines Nahrungsdotters im Ei der Echidna. Diese Entdeckung erhöhte
nur das Interesse, welches mir mein Thema eingeflösst hatte, da auch ich schon vielfache
Beziehungen der Didelphier zu den Reptilien nachgewiesen hatte, und niemals habe ich
eine Arbeit mit grösserer Spannung und Freude durchgeführt als die vorliegende; denn
jede neue Serie von Embryonen bot auch immer neue Belege für die nahe Verwandtschaft
der Mammaliën mit den Sauropsiden.

Schon während meines Aufenthalts in Brasilien im Sommer 1877 hatte ich mir
eine Anzahl der daselbst einheimischen Beutelratten verschafft um ihre Entwickelungs-
geschichte zu studiren, aber die Geschlechtsorgane aller Thiere, deren ich habhaft werden
konnte, befanden sich im Kuhestand; wahrscheinlich fällt die Brunstzeit der brasilianischen
Beutelratte in die Monate Oktober und November, also in den dortigen Frühling. So
entschloss ich mich denn, die Züchtung verschiedener Marsupialier in Erlangen zu ver-
suchen. Es war die Frage, welche Arten zur Zucht ausgewählt werden sollten.

Grössere und seltnere Beutelthiere kamen von vornherein nicht in Betracht, theils
weil deren Ankaufspreise zu hoch, theils weil dieselben zu schwierig zu beschaffen und
unterzubringen sind. Die Monotremata mussten aus diesem Grunde ausgeschlossen blei-
ben, und so richtete ich mein Augenmerk in erster Linie auf die Arten des Genus Di-
delphys, und zwar aus folgenden Gründen.

Fossile Schädelfragmente mit ähnlicher Bezahnung wie sie die lebenden Didelphys-
Arten aufweisen, gehören, wenn auch nicht zu den aller frühesten, so doch zu den älteren
Vorkommnissen von Säugethieren; man durfte daher wohl hoffen, dass ihre recenten
Formen auch in der Ontogenie die ursprünglichen Charaktere der älteren Implacen-
talia treuer bewahrt haben würden als die Mehrzahl der übrigen Beutelthiere, deren Gebiss
allein schon auf eine weitere Differenzirung hinweist. Diese Vermuthung findet eine Stütze
in der freilich nicht ganz sicher begründeten, aber doch wahrscheinlich richtigen
Annahme,
dass die Urheimath der (implacentalen) Säugethiere der Norden der alten Welt
und Amerikas gewesen sei. Gemäss dieser Ansicht wären die nordamerikanischen
Beutler nahezu an ihrem Stammsitze verblieben, während die recenten Implacentalien
Australiens sich zugleich mit der Entfernung von ihrer Urheimath immer weiter umbil-
deten ; der Umstand, dass die Arten der Gattung Didelphys im erwachsenen Zustande noch
eine Kloake aufweisen, spricht ebenfalls für die Berechtigung dieser Ansicht. Endlich
bestimmte mich noch die Thatsache, dass die Beutelratten zahlreiche Junge zur Welt
bringen, indess die australischen Arten meist nur ein, selten mehrere Junge werfen.

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Dankemi hebe ich hervor, dass mir von Seiten der Königlichen Akademie der
Wissenschaften zu Berlin
eine namhafte Summe zugewendet wurde, welche allein mich
in den Stand setzte das erforderliche Untersuchungsmaterial anzuschaffen.

Durch die freundlichen Bemühungen des Herrn Öarl Hagenbeck in Hamburg
erhielt ich zuerst eine grosse Zahl der nordamerikanischen Didelphys Virginia na,
Shaw. Nachdem ich die Embryologie dieser Thiere kennen gelernt, verschaffte ich mir
hauptsächlich durch den gütigen Beistand des Herrn Collegen Dr.
Ii. von Lendenfeld
in Sydney, noch eine Anzahl australischer Marsupialier, nämlich folgende Arten:
Hypsiprymnus penicillatus,
Waterh. (8 Pärchen),
Phalangista vulpina,
Desm. (2 Pärchen),

Phalangista orientalis, Waterh. (5 Pärchen).

Die ersten beiden Species paarten sich in der Gefangenschaft und lieferten mir
vortreffliches, wenn auch spärliches Untersuchungsmaterial, die letzteren, obwohl die Thiere
zum Theil erwachsen, zeigten bis jetzt noch keine Lust sich zu begatten. Die brasilianische
Didelphys cancrivorus hatte ich schon vor Jahren lange Zeit in Gefangenschaft
gehalten, aber die Thierchen starben eines nach dem anderen bevor sie geschlechtsreif
geworden waren. Erwachsene Exemplare dieser xlrt gedeihen jetzt zwar seit Jahren
sehr gut in meinem Stalle, sind aber noch nicht brünstig geworden.

Am Schlüsse dieser Arbeit komme ich auf die Embryologie der genannten austra-
lischen Species zurück; vorläufig werde ich nur die Entwickelungsgeschichte der Didel-
phys Virginian a eingehender behandeln, da nur diese Art eine ziemlich vollständige
Entwückelungsreihe lieferte.

Ich will nun ausführlicher beschreiben, welche Vorsichtsmaassregeln bei der Züch-
tung von Didelphys virginiana zu beobachten sind, und auf welche Weise die Be-
gattung am leichtesten in Scene gesetzt und controlirt werden kann.

Zahlreiche Exemplare sind in einem, nicht eben grossen Stalle untergebracht, wel-
cher den Winter hindurch mittels eines sog. amerikanischen Ofens Tag und Nacht geheizt
wurde; die Temperatur schwankte zwischen 8"—25\'^ C. Von besonderer Wichtigkeit ist
eine ausgiebige Ventilation, welche theils durch viele zollgrosse Löcher, die oben in den
einander gegenüberliegenden Thüren und auch an der Decke angebracht sind, theils durch
ein 8 Cm. weites Rohr bewerkstelligt wird, welches, am Ofenrohr entlang laufend, die
kalte Luft von Aussen einsaugt und erwärmt in den Stallraum abgiebt. Auf diese Weise
ist es möglich, zahlreiche Thiere in einer kleinen Stallung gesund zu erhalten, was im
geschlossenen Räume nicht möglich, weil der unleidliche Gestank des Harns und der
Excremente den Thieren ohne Frage schädlich ist. Der aus Cement gefügte und mit As-
phalt überdeckte Fussboden des Stalles wurde allmorgendlich gesäubert und mit Wasser
abgespült.

Als Futter kam das billige Pferdefleisch zur Verwendung. Ausser reinem Wasser
erhielten die Beutelratten auch gelegentlich Eier und Milch, selten Obst.

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Den ganzen Tag über findet man die Thiere schlafend. Sie liegen im Heu, auf
der Fensterbank, auf Kisten; die Männchen meist isolirt, die Weibchen immer über- und
nebeneinander gepfercht. Mit der anbrechenden Nacht werden sie munter und bleiben
bis zum Sonnenaufgang auf den Beinen. Im Allgemeinen sind die Beutelratten sehr träge,
stupid, und, soweit dies ihre geistige Indolenz erlaubt, furchtsam; wiewohl sie mit ihren
zahlreichen spitzen scharfen Zähnen recht gut sich zu Yertheidigen im Stande wären,
benützen sie diese Waife doch nur gegen ihresgleichen. Allerdings schnappen sie wohl
gelegentlich nach der vorgestreckten Hand, allein mit einiger Vorsicht kann man sie auf
dem Kopfe oder Rücken kraulen und an ihrem fast nackten Kletterschwanze in die Höhe
nehmen, ohne Gefahr gebissen zu werden. Sobald man in ihre Nähe kommt, sperren sie
stets den Rachen weit auf und verbleiben oft minutenlang bewegungslos in dieser Stellung.
Aus dem Schlafe geweckt, brummen und knurren sie ziemlich laut.

Mit einbrechender Dunkelheit und zumal des Nachts klettern die Thiere geschickt
an Astwerk und Drahtgeflecht umher. Auf der Erde bewegen sie sich sehr rasch; ihr
Laufen ist ein behendes watschelndes Trippeln. Zumal die Männchen beissen sich -viel
imter schrill schnarrendem Knurren, und fast an jedem Morgen findet sich ein oder das
andere Thier mit Wunden am Schwänze und an der Schnauze.

Die Weibchen unterscheiden sich äusserlich von den Männchen durch die spitzere
schmalere Gestalt .der Schnauze und die etwas kleinere Statur. Die Farbe des Pelzes
variirt bei beiden Geschlechtern in gleicher Weise: in der Regel sind Unterseite, Kopf,
Schwanz und Zehen weiss, die Beine und der Augenring braun, die Ohren schwarz mit
heller Spitze; mehrere zweijährige Thiere wurden fast ganz weiss. Für gewöhnlich bekam
ich d\' und 9 in gleicher Zahl, ein Mal aber neben 24 Männchen nur 6 Weibchen.

Die Brunst der Weibchen tritt normaler Weise nur ein Mal im Jahre ein. Ich
beobachtete dieselbe von Ende Februar mit zunehmender Häufigkeit bis etwa Mitte April.
Wenn aber den Mutterthieren die Jungen kurz nach dem Gebären aus dem Beutel fort-
genommen wurden oder wenn die Begattung, was öfter vorkam, aus Mangel an Geschick-
lichkeit der Männchen nicht gelang, so können die Weibchen 4—6 Wochen später zum
zweiten Male im Jahre brünstig werden, spätestens jedoch Anfang Juni. Die Brunst des
Weibchens dauert jedesmal nur 3 — 5 Stunden! Nur während dieser Zeit zeigen die
Thiere Trieb sich zu begatten.

Nachdem eines Morgens die Begattung constatirt war, iiess ich die Männchen von
den Weibchen durch eine Gitterthür trennen und es zeigte sich bald, dass die Brunst
eines Weibchens mit Sicherheit erschlossen werden konnte aus der Munterkeit, welche das
Weibchen, sowie fast alle Männchen noch des Morgens zeigten. Zugleich schnüifeln die
Thiere viel lebhafter als es sonst wohl der Fall zu sein pflegt, mit emporgestreckter Nase
umher, und es kann keinem Zweifel unterliegen, dass die Männchen durch ihr Geruchs-
organ von der Brunst eines Weibchens unterrichtet und dadurch munter erhalten werden.
Einige der Männchen lassen dann von Zeit zu Zeit einen eigenthümlichen schmatzenden.

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schnalzenden Laut hören, was sonst nie der Fall ist, und geben so ihre Begattungslust
zu erkennen. Aber das Weibchen ergiebt sich selten ohne AVeiteres; es will erobert sein.
Bisweilen erst nach einigen Stunden, nachdem mehreren Männchen der Kopf und die
Nase von Wunden überdeckt ist durch die Bisse des Weibchens, gelingt es einem Männ-
chen, sich im Nacken des Weibchens festzubeissen, dieses auf die Seite zu werfen, mit
den Vorderpfoten die Weichen desselben zu umklammern und mit den Hinterfüssen dessen
Hinterbeine zu umfassen. Der letzterwähnte Griff wurde öfters vom Männchen nicht ge-
braucht und dann gelang die Begattung niemals. Etwa V4—V2 Stunde bleiben die Thiere
vereint; beide liegen auf der Seite, das Männchen mit dem Bauche gegen den Rücken
des Weibchens gekehrt. Die Ejaculation des Spermas scheint in Pausen mehrere Male
zu erfolgen unter heftigster Erregung des Männchens, während das Weibchen die ganze
Zeit hindurch ganz regungslos, wie todt daliegt. Selten wurde nach der ersten Begattung
noch ein zweites Männchen zugelassen.

Jede Störung kann den Act unterbrechen. Ein laut gesprochenes Wort schon er-
weckt die Aufmerksamkeit der Thiere und wohl in der Hälfte der Fälle wurde die Be-
gattung durch die unbedeutendste Behelligung vereitelt. Aeltere routinirte Männchen
benahmen sich übrigens in der Eegel viel dreister; sie lassen das umklammerte Weib-
chen selbst dann nicht los, wenn sie am Schwänze emporgehoben werden. Gegen 11 Uhr
Mittags entzog sich stets das brünstige Weibchen jeder Annäherung, einerlei ob dasselbe
dann belegt war oder nicht. Nachdem ein Mal die Begattungszeit festgestellt war, wurden
cf und 9 wieder dauernd beisammen gelassen, was jedenfalls einige Vortheile bietet. Nie
geschah die Begattung vor 7 Uhr Morgens, aber auch niemals nach 11 Uhr!

Durch Einführung einer Pipette in die Scheide des Weibchens unmittelbar nach
der Begattung liess sich fast immer die Anwesenheit von Spermatozoen, die aber stets
nur spärlich vorhanden waren, nachweisen. Grosse Mengen von Schleim nebst rundlichen
Zellen bilden die Hauptmenge der ejaculirten Substanz. 10—20 Minuten nach der Be-
fruchtung fliessen aus der Kloake des Weibchens häufig reichliche Schleimmassen, in
welchem sich dann die Spermatozoen leicht nachweisen lassen. — Künstliche Befruchtung
wurde ein Mal versucht, gelang aber schon aus dem Grunde nicht, weil der Same des
zu diesem Behufe getödteten Männchens nicht in genügender Quantität vorhanden war.

Die Entwickelungsdauer der Embryonen konnte auf das Genaueste festgestellt
werden. Ziemlich genau 5 Mal 24 Stunden nach der Begattung beginnt die Furchung des
Eies, und nicht ganz 13 Tage, wahrscheinlich 12 Tage 20 Stunden nach der Begattung
erfolgt die Geburt. Die Dauer der eigentlichen Trächtigkeit umfasst also
nur 7% Tage! Die Zahl der in den beiden Uterushörnern aufgefundenen Embryonen
schwankte zwischen 7 bis 27, betrug aber meistens 12—16 ; da sich im Beutel der W^eib-
chen aber nur 8—15 Zitzen vorfinden, so möchte ich glauben, dass das reichliche Futter
und der Mangel an Bewegung die Veranlassung wurden zu dieser überraschenden Frucht-
barkeit.

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Alle Eier im Uterus des trächtigen Weibchens stehen immer auf gleicher Ent-
wickelungsstufe; nur zuweilen findet man einige Eier in ihrer Entwickelung den übrigen
vorausgeeilt oder hinter ihnen zurückgeblieben, aber das Alter differirt doch kaum um
mehr als 1—2, sehr selten bis 8 Stunden. Um dennoch verschiedene Entwickelungsstadien
aus ein und demselben Mutterthiere zu bekommen, wurde den durch Chloroform betäubten
Thieren zuerst das eine Uterushorn entnommen und etliclie Stunden oder Tage später das
andere; die weitere Entwickelung der Embryonen nahm stets ihren normalen Verlauf.
Leider ist es unthunlich, den Uterus selbst mit den Eiern stückweise herauszunehmen, denn
die Uteruswandungen schwillen zur Zeit der Brunst und besonders während der Trächtig-
keit so enorm an, dass eine Unterbindung inmitten dieses kurzen, fast kugligen Organs
kaum zu bewerkstelligen ist. Ich habe den Versuch nur ein Mal gemacht, aber mit un-
günstigem Erfolge, wie das auch zu erwarten war. Besondere Vorsichtsmaassregeln sind
zu beobachten, wenn der erste der beiden Uterushörner 3 Tage oder noch kürzere Zeit
vor der Geburt herausgenommen wurde; dann ist es nothwendig, den zweiten im Mutter-
thiere verbleibenden Uterus, selbstverständlich mit Schonung der Blutgefässe, zu unter-
binden, weil sonst Frühgeburt eintritt, in welchem Falle die Jungen vom Mutterthiere
aufgefressen werden — was übrigens auch sonst häufig geschieht.

Ohne operative Eingrifie ist über die Trächtigkeit eines Weibchens keine Gewiss-
heit zu erlangen, da man weder durch Tasten mit dem Finger die weichen Uterushörner
auffinden kann, noch auch an den Milchdrüsen eine Veränderung wahrnimmt, bevor nicht
die Embryonen nahezu ausgetragen sind. Allerdings pflegen die Thiere während der
Tragzeit häufiger ihren Beutel auszulecken, als dies sonst wohl geschieht; auch schien es
mir, als sei das Innere des Beutels einige Tage vor dem Werfen feuchter anzufühlen als
gewöhnlich, aber die Temperatur des Beutels stieg nicht zu dieser Zeit und war immer
gleich der des Körpers, nämlich circa 36 Die beste Garantie, dass ein Weibchen be-
legt ist, giebt der Nachweis von Sperma in der Scheide, unmittelbar nach dem Coitus.

Ueber die Gestalt der weiblichen Geschlechtsorgane, speciell über die merkwürdigen
Veränderungen, welche der Uterus während der Brunst und Trächtigkeit erleidet, werde
ich weiter unten berichten; hier sei nur der männlichen Geschlechtsprodukte gedacht.

Die Spermatozoon haben eine ganz sonderbare Gestalt, welche indessen ihrer
Bestimmung vortrefflich angepasst erscheint. Je zwei Spermazellen sind derartig mit-
einander verbunden, dass sie sich in ihrer Forwärtsbewegung unterstützen müssen (Taf. XIX
Fig. 7_10). Zuvorderst liegt ein Bügel, der beiderseits nach hinten in eine Spitze aus-
läuft; zwischen seinen Schenkeln ist eine dünnere Platte ausgespannt, in der nach Innen
zu die Kerne liegen, während nach hinten zwei etwas abgeplattete Stäbchen, die Schwanz-
wurzeln, eingefügt sind, als deren dünnere Verlängerung die Schwanzfäden erscheinen.
Schwanzwurzeln und Schwanzfäden zeigen unter der Tauchlinse deutliche Querstreifung.
Vor den Kernen erkannte ich meistens noch einige Verdickungen, deren Form und Lage
aber variirt. Die Bewegung der dem Weibchen kurz nach dem Begattungsact entnom-

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menen Spermatozoen ist ein rapides, gleichmässiges Vorwärtsscliiessen; dies wird, wie es
scheint, hauptsächlich bewirkt durch die Vibration der Schwanzwurzeln. Die Schwanz-
fäden gerathen hierdurch in Schwingungen, ähnlich denen, wie sie die Zinken einer
tönenden Stimmgabel ausführen. Ich glaubte anfangs vier Schw^anzfäden zu sehen (Fig. 7);
sobald aber die Bewegung nach etwa einer halben bis zwei Stunden sich verlangsamte,
gewahrte ich den Irrthum. Die Schwingungen gehen allmählig über in peitschenartige
Schlängelungen, werden unregelmässig (Fig. 7), und endlich reisst die Zwillingszelle in
der Mitte auseinander (Fig. 10). Diese Durchreissung geschieht manchmal aber auch bei
den in sehr lebhafter Bewegung begriffenen Spermatozoen, ausserdem traf ich regelmässig
auch in dem frisch ejaculirten Spermaschleim viele solche vereinzelte Zellen, die sich
aber nicht gradlinig, wie die Zwillingszellen, sondern in grossen Kreisen fortbewegten.
Wenn allmählig die Bewegung der isolirten Zellen langsamer geworden, geht sie über
in eine stossende und bohrende. , ■

Diese successive Veränderungen, welche auch von meinen Assistenten wiederholt
beobachtet wurden, können eine Vorstellung geben von der Art, wie die Spermatozoen
bis zum Ovidukte gelangen und wie die Befruchtung geschehen mag. Der zurückzu-
legende Weg ist lang, mehrfach gebogen und winklig geknickt; die Zwillingszellen werden
aber durch die energische Vibration ihrer Schwänzchen vorwärts getrieben, indem die
spitzen, nach hinten gerichteten Enden des Bügels zugleich eine ßückwärtsbewegung ver-
hindern, sobald dieselben mit der Schleimhaut der weiblichen Leitungswege in Berührung-
Stehen, was ja wahrscheinlich dauernd der Fall sein wird. Wenn das Ende des Weges
erreicht ist, trennen sich vermuthlich die Doppelzellen, und jedes einzelne Spermatozoon
durchkreist den Ovidukt, um schliesslich durch die stossenden und bohrenden Bewegungen
in\'s Eiinnere zu gelangen.

Die Entwickelung der Spermatozoen im Hoden habe ich noch nicht verfolgt, da
ich während der Brunstzeit kein Männchen opfern wollte, zu anderen Zeiten aber die
Zelltheilung in den Geschlechtsorganen sistirt.

Conservirung und Präparation der Embryonen geschah nach den bekannten
Methoden. Vortreffliche Präparate erhielt ich nach Erhärtung der frischen Keimblasen
in Pikrinschwefelsäure, welcher
Vjq Procent Chromsäure zugesetzt war.
Nach dem Entsäuern wurden die Objecte in Boraxkarmin oder Hämatoxylin durchgefärbt,
auf bekannte Weise in Paraffin eingeschlossen und dann geschnitten. Auch ganze und
halbe Keimblasen habe ich in Balsam eingelegt.

Einige Vorsichtsmaassregeln möchte ich aber empfehlen. Die dem trächtigen AVeib-
chen entnommenen Uterushörner müssen, bevor sie geöffnet werden, 5—7 Minuten lang
in absolutem Alkohol verweilen, damit die Musculatur abgetödtet werde. Unterlässt man
diese Vorsichtsmaassregel, so quillt beim Anschneiden der Uteruswand das weiche Drüsen-
gewebe heraus und die Keimblasen werden dann durch die zusammenfallenden Wände
des Uterus zerquetscht und gesprengt. Nahezu ausgetragenen Früchten oder Beuteljungen

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wird zweclcmässig die Leibeswand seitlich, geöffnet, damit die Conservirungsflüssigkeit in\'s
Innere dringe; die starke Epitrichialhaut erschwert nämlich das Eindringen von Flüssig-
keiten ausserordentlich. Aus diesem Grande ist auch die Entwässerung der Beuteljungen
eine langwierige.

IL Ueberblick über den EntwickeliingsYeiiauf.

Die nachstehenden Zeitangaben stützen sich auf zahlreiche direkte Beobachtungen
und wurden durch Vergleichung controlirt. Allgemeine Regel ist gleiche Entwickelungs-
zeit. Nur in mehreren Fällen war ein vereinzelter Embryo hinter der Entwickelung
der übrigen ein wenig zurückgeblieben oder ihr vorausgeeilt; dann wurde diese Alters-
differenz taxirt; doch dürfte der Schätzungsfehler höchstens 1—2 Stunden betragen.

Fünf Tage nach der Begattung, also unmittelbar vor Beginn der Furchung, besteht
das soeben in den Uterus eingetretene Ei aus folgenden Theilen (cfr. Taf. XVII Fig. 1—2):

a) zu äusserst eine Granulo s am emb ran, eine glatte, homogene, mässig dünne
Haut, in welcher durch Tinction oft noch die Kernreste sichtbar werden;

b) ein dicker Mantel von halbdurchsichtigem Ei weiss, welcher deutliche, aber
unregelmässige concentrische Schichtung aufweist;

c) eine Zona radiata glaubte ich in einigen Eiern als flau contourirte, dünne
Membran zu erkennen, welche dem Eiweissmantel dicht anliegt; in anderen
Fällen aber war nichts davon wahrzunehmen;

d) ein mit klarer (perivitelliner) Flüssigkeit erfüllter Raum, in dem die beiden
Richtungskörper und etliche Spermatozoen schwimmen;

e) die Eizelle mit Kern. Der Dotter enthält zahlreiche Körner.

I—8 Stunden (nach Beginn der Furchung). — Totale, anfangs äquale Furchung; Gastru-
lation. Tafel XVII—XVHI.

lo Stunden. — Die Wand der Keimblase ist etwa zur Hälfte zweischichtig (Ektoblast und
Entoblast). Der Ort des Blastoporus kennzeichnet sich stets sehr deutlich; er
liegt excentrisch im Fruchthof. Der Eiweissmantel ist grössten Theils schon
resorbirt; die Keimblase hat einen Durchmesser von circa Ya mm.

24 Stunden nach Beginn der Furchung. — Die circa 1 mm grosse Keimblase ist durch-
aus zweischichtig. Der Fruchthof hat sich vergrössert; der Ort des Blastoporus
ist nicht mehr aufzufinden. Tafel XIX Fig. 1—2.

Stunden. — Die Keimblase hat einen Durchmesser von 1,2 bis 1,3 mm. Im übrigen
keine wesentlichen Veränderungen. Tafel XIX Fig. 5—6.

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Stunden. — Primitivstreif und -E,inne sind angelegt, sowie Chordawurzel und die
seitlichen Mesodermlappen; der Fruchthof wurde birnförmig. Durchmesser der
Keimblase 2 mm. Tafel XVIII Fig. 5—11.

64 Stunden. — Drei Urwirbel sind gebildet. Chorda sehr deutlich, von den seitlichen
Mesodermlappen geschieden. Der Fruchthof erscheint wieder kreisrund; die
Keimscheibe ist noch flach ausgebreitet. Reste des Eiweissmantels bewirken
(ausserhalb des Fruchthofs) eine, selten mehrere Ektodermwucherungen. Grösse
der Keimblase 4 mm. Tafel XX Fig. 1—3.

j Tage (= 72 Stunden). — Keimblasen meist noch ganz frei im Uterus, nahezu kuglig,
in der Gegend des Fruchthofs unmerklich abgeplattet, 6 mm gross. 14 Urwirbel,
doppelte Herzanlage und vordere Keimfalte sind erkennbar. Tafel XX und XXI,

4. Tage. — Kopfamnion und Rumpfamnion haben den Embryo schon umwachsen, doch
ist der Amnionnabel noch offen. Das Medullarrohr ist von der dritten Hirnblase
bis an das hintere Drittel des Embryos geschlossen. Augenblasen, Riech- und
Gehörgrübchen. Noch keine Extremitäten. Die Area vasculosa hat sich bis
zu % der Oberfläche der Keimblase ausgebreitet; das Gefässsystem ist, wie
es scheint,- schon geschlossen.
WoLFF\'scher Gang und Urnierenbläschen noch
ausser Communication; Vornieren-Rudiment. Die Granulosamembran ist, soweit
sie den Fruchthof überdeckt, mit der Uterusschleimhaut sehr locker verklebt.
Keimblase unregelmässig kuglig oder ellipsoidisch, ungefähr 15 mm gross.
Tafel XXII.

5 Tage. — Die Granulosamembran ist fast zur Hälfte resorbirt und überdeckt nur noch

den Fruchthof und dessen nächste Umgebung. Dottersackkreislauf weiter aus-
gebreitet; das Blut ist noch weiss. Amnionnabel noch offen. Anlage der Hypo-
physe, der Lungenflügel, der Leber, der Allantois, der Spinal- und (xehirnnerven.
Die Gehörbläschen haben sich abgeschnürt. „Kiemenspalten" noch geschlossen,
Rachenseffel noch vorhanden. Keimblase etwas verg\'rössert. Tafel XXIII-—-XXV.

ö O

6 Tage. — Allantois mit Gefässen; das Blut ist roth. Amnion geschlossen. Der Dotter-

sackkreislauf wird noch weiter ausgedehnt. Augenbecher mit Linse; die Augen-
lider erheben sich. Die Hypophyse hat sich abgeschnürt. Die Urniere zieht
sich aus der Brusthöhle zurück; vordere Zwerchfellfalte bereits sehr gross. Vordere
und hintere Extremitäten mit Zehenanlage. Die Zunge ragt aus der Mundöffnung
hervor; die Mundspalte ist noch weit. Die Keimblasen zeigen unregelmässige
Gestalt; sie verschmelzen gegenseitig an ihren Berührungsflächen unzertrennlich,
während ihre frei gebliebenen Flächen, vor Allem stets im Bereiche des Ge-
fässhofs, in die Krypten der Uterusschleimhaut sich einsenken und gerunzelt er-
scheinen. Im Gebiete der Area vasculosa und an verschiedenen anderen Bezirken
bleibt das (falsche) Chorion sehr locker mit der Uterusschleimhaut verklebt.
LäDge des gekrümmt liegenden Embryos, circa 8 mm. Tafel XXV—XXVI.

Selenka, Entwiokelungsgeschickte. IV. 21

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6\'!, Tag. — Allantois vergrössert, etwas gefässreicher, aber niemals in Contact mit dem
Chorion. Die vordere und hintere Zwerchfellfalte wachsen zusammen. Die an-
fangs weiten Mundspalten schliessen sich seitlich; um den Mundrand entwickelt
sich ein Epithelialgebilde, das „Schnabelschild." Die Area vasculosa hat sich
weiter ausgedehnt, die Keimblasen sind gewachsen. Tafel XXYIL
7\'!4 T^\'^S- — Allantois vergrössert, aber nicht reicher an Gefässen, stets vom Chorion ge-
trennt. Die embryonalen Organe sind in ihrer Entwickelung fortgeschritten.
Länge des gekrümmt liegenden Embryos circa 11 mm. Tafel XXVIL
y\'L T^^g- — Der Embryo hat etwas an Grösse zugenommen, das Schnabelschild findet sich
im Maximum der Entwickelung; die übrigen Verhältnisse haben sich wenig ge-
ändert. Tafel XXVIII.
7^14 — Der Embryo besitzt nahezu die Gestalt des ausgetragenen Thieres. Die Ge-

fässe der Allantois sind in Rückbildung begriffen, die Allantois selbst ist gar
nicht mit dem Chorion in Contact gekommen. Das Schnabelschild hat sich ver-
kleinert und tritt nur noch undeutlich hervor. Die Epidermis verdickt sich zur
Epitrichialhaut; die Augenlider wachsen zusammen, der Mundspalt hat sich ver-
engert. Dottersack- und Allantoisnabel durch den Körpernabel dicht zusammen-
gedrängt. Nür der hintere Theil des Körpers ist von dem Rumpfamnion be-
deckt, der ganze übrige Körper ist vom Kopfamnion eingehüllt. Die Zitzen
sind bei d und 9 deutlich zu erkennen.
Circa /V^ Tag nach der Befruchtung des Eies erfolgt die Geburt. Das „Beuteljunge"
saugt sich an den Zitzen fest, so dass es nur mit Gewalt losgerissen werden
kann. Die Zahl der Athemzüge beträgt circa vierundzwanzig, die der Pulzschläge
circa sechzig in einer Minute. Die Lungen haben noch die Gestalt weiter Säcke,
die Urniere ist noch in Thätigkeit, während die Dauerniere erst angelegt wurde.
Von Sinnesorganen functionirt allein das Riechorgan; das Auge besitzt zwar
Pigment, jedoch die Retina ist noch nicht in Schichten differenzirt. Von Ge-
schmacks- und Tastorganen ist Nichts zu sehen. Hinterfüsse ohne Krallen. Das
Skelet zeigt noch keine Spur von Verknöcherung. Im Ganzen finden sich 57
deutliche Wirbelanlagen. Die quergestreiften Muskeln haben noch die Gestalt
von Röhren mit axialer Kernreihe, führen aber sclion kräftige Bewegungen aus.
Die Kloake ist sehr lang. Länge des Beuteljungen circa 13 mm.

III. Fiircliimg und Gastriilatioii.

Der Eintritt der Spermatozoen in den Perivitellinraum geschieht im oberen Theile
des Oviducts, wie die Anwesenheit derselben in den auf dieser Strecke vorgefundenen
Eiern genügend beweist; die Furchung aber beginnt erst, nachdem die Eier in den trichter-

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artig verjüngten oberen Abschnitt des Uterus eingetreten sind. Nähere Details über die
Befruchtung oder über die Ausstossung der liichtungskörper kann ich hier nicht bei-
bringen; am Anfange des fünften Abschnittes ist nur noch der Veränderungen gedacht,
welche die Eihülle erfährt, während das Ei im Eileiter hinabsteiart.

Im Oviducte liegen alle Eier stets ganz dicht hinter- oder selbst nebeneinander;
sobald sie aber den Uterus erreicht haben, zerstreuen sie sich und flottiren noch fast drei
Tage lang in der Uterinlymphe, welche stets sehr reichlich vorhanden ist.

Die Furchung verläuft beim Opossum in etwas anderer Weise als bei den Placen-
talien. Meine Beobachtungen sind zwar sehr lückenhaft, da mir nur sechs verschiedene
Furchungsstadien zu Gesicht gekommen sind; diese aber gaben doch Auskunft über den
Modus der Furchung, und da ich die Eier fast alle m frischem Zustande untersucht
und gezeichnet habe, so verdienen diese Beobachtungen volles Vertrauen.

Ich habe Eier mit 2, 4, 8, ungefähr 20, 42 und 68 Zellen gesehen; an den letzten
dreien hatte die Gastrulation schon begonnen.

Alle auf Tafel XVII—XVIII abgebildeten Eier wurden, mit Ausnahme der in
Fig. 1—3 dargestellten, in frischem Zustande und während der Erhärtung in Pikrin-
chromschwefelsäure beobachtet und gezeichnet. Leider ist die Eiweissschicht nicht ganz
durchsichtig, sodass zwar die Umrisse der Eier und die Contouren der grösseren Furchungs-
zellen stets deutlich zu erkennen waren, nicht immer aber die Details der Flächenbilder.
Ich verfuhr daher folgendermassen.

Jedes Ei wurde in frischem Zustande und während der Einwirkung der Säuren
mittels der Camera lucida bei etwa 200facher Vergrösserung in verschiedenen Lagen ge-
zeichnet, sodann gefärbt, entwässert und nach erfolgter Aufhellung in Toluol wiederum
gezeichnet und diese letzteren Zeichnungen mit den früheren verglichen. Nur bei drei
Eiern hatte durch Einwirkung des Boraxcarmins eine Schrumpfung stattgefunden, obwohl
dies Färbemittel in stufenweise gesteigerter Concentration angewendet wurde; in den
übrigen Fällen zeigte sich keine Veränderung ausser einer ganz unmerklichen Gesammt-
verkleinerung des Eies. In den aufgehellten Eiern war zumal die Furchungshöhle und
der in dieselbe vorspringende Entodermhügel weit deutlicher zu sehen, als an den frischen
Eiern. Einige derselben wurden auch in Canadabalsam, welcher mit Toluol verdünnt
war, eingeschlossen ; die Eier konnten nun besser in jeder Lage festgehalten und gezeich-
net werden, und die spätere Einbettung in Paraffin gelang trotzdem sehr gut.

Die meisten Eier wurden dann in Paraffin eingebettet und geschnitten. Die Orien-
tirung derselben gelang vollkommen.\') Einige wurden rechtwinklig zur Eiaxe geschnitten
die Mehrzahl parallel mit derselben; die Eier
im Gastrulastadium vermochte ich sogar
so zu
Orientiren, dass die Schnittebene der Längsaxe des zukünftigen Embryos parallel

I) Zur Orientiruug sehr kleiner Objecte in Paraffin kann ich den höchst einfachen Apparat empfehlen, welchen ich im
Zoolog. Anzeiger, 1885, No. 99 auf Seite 419-420 beschrieben habe. Derselbe hat mir schon oft YortrefFliche Dienste geleistet.

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laufen musste: die jüngere Gastrula Hess nämlich schon äusserlich eine laterale Symmetrie
erkennen, und bei den älteren lag der, durch einen Ballen von Gerinnsel aufs Deutlichste
markirte Blastoporus excentrisch in der verdickten Keimscheibe (Taf. XVIII Fig. 3—4);
in beiden Fällen war also die Emhryonalaxe schon zu construiren.

Zwei Blastomeren von anscheinend gleicher Grösse fand ich bei einem Ei,
welches mitsammt dem oberen Theile des Uterus gehärtet und geschnitten war. Unmittel-
bar davor lag ein Ei mit ungefähr 20 Furchungszellen, während im Ovidukte noch neun
weitere nicht gefurchte Eier aufgefunden wurden. Bei einigen dieser Sperma enthaltenden,
aber noch nicht in Furchung begriffenen Eiern waren die Granulosazellen noch ganz
unverändert (Taf. I Fig. 1), bei anderen schon zu einer dünnen Membran abge];jlattet.

Von dein Ei, welches 2 Blastomeren aufwies, habe ich nur eine Contourenzeichnung
gegeben (Taf. 1 Fig. 3); Granulosamembran und Eiweisshülle zeigten nicht mehr ihre
natürliche Form, sondern waren mehrfach eingebuchtet und damit die Gestalt der Blasto-
meren vielleicht auch nicht normal geblieben; Umriss der Blastomeren ist in der Figur 3
reproducirt, Granulosamembran und Eiweissschicht nach einem anderen besser conser-
virten Ei gezeichnet. Eine Zona radiata war nicht mehr deutlich zu erkennen: viel-
mehr erschien die innere Grenzlinie der Eiweissschicht etwas verwischt, und es ist wohl
schwer zu entscheiden, ob dieser Contour der Zona oder, falls dieselbe schon resorbirt
Avar, der Eiweissschichte angehörte. Das frühzeitige Schwinden der Zona radiata ist übrigens
auch bei Eiern der Placentalia beobachtet worden, und da der Perivitellinraum sich bald
sehr schnell auf Kosten der Eiweissschicht vergrössert, so muss ich annehmen, dass die Zona
radiata auch im Opossum-Ei spätestens während der Furchung resorbirt wird.

Das Weibchen, welches das erwähnte in Zweitheilung befindliche Ei enthielt, war
genau 5 mal 24 Stunden nach der Begattung getödtet. Die folgenden drei Entwickelungs-
stadien wurden dem Uterus eines durch Chloroform betäubten Weibchens 5 Tage und
8 Stunden nach erfolgter Begattung entnommen. Das Uterushorn enthielt, ausser zwei
tauben, 14 befruchtete Eier, nämlich je ein Ei mit 4, 8, 42, .68 Zellen, eine junge und
eine ältere Gastrula mit noch dicker Eiweissschicht, und endlich acht auf gleicher Ent-
wickelungsstufe stehende weit grössere Keimblasen, deren Wand noch grösstentheils ein-
schichtig war. Aus diesem Befunde ergiebt sich zwischen der jüngsten und ältesten
Keimblase ein Altersunterschied von etwas mehr als 8 Stunden; ich glaube jedoch, dass
diese Differenz als eine abnorm grosse zu betrachten ist und dass die acht ältesten Keim-
blasen die normale Entwickelungsphase repräsentiren und zwar aus folgenden Gründen.

Erstens befanden sich meistens alle Embryonen ein und desselben Uterushornes
auf der gleichen Entwickelungsstufe. Zweitens zeigten sich deutliche Altersdifferenzen
unter den Embryonen nur dann, wenn ihre Zahl 10 bis 16 in einem Plorne betrug.
Da nun aber die Zahl der Saugwarzen nur zwischen 9 bis 15 schwankt, so können, weil
jedes Beuteljunge eine Zitze dauernd in Anspruch nimmt, auch nicht mehr als 9 bis 15
Junge im Ganzen ernährt werden. Drittens erreichen die Keimblasen in den letzten drei

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Tagen des Uterinlebens eine so bedeutende Grösse, dass nicht mehr als höchstens 9 der-
selben in einem Uterushorne Raum und Gelegenheit zur erforderlichen Ausbreitung des
Dottersackkreislaufs finden, daher denn auch später immer einige Embryonen verkrüppeln
sobald die Zahl derselben höher als 8—9 steigt. Es ist nicht anzunehmen, dass sich solche,
der Ernährung der Früchte ungünstige Verhältnisse auf die Dauer würden erhalten haben.

4 Zell en (Taf. XVII Fig. 4—5). Die Contouren beider Figuren sind nach dem
frischen Ei gezeichnet, die Details (Kerne, Dotterkörner) nach Schnittpräparaten. An dem
frischen Ei erschienen die 4 Blastomeren von gleicher Beschaffenheit und Grösse; sie
schlössen eine Furchungshöhle ein. Ihre spitzeren Pole waren einander zugeneigt und
mit der Eiweissschichte ei in Berührung, die stumpferen umgekehrt. Die grossen hellen
Ke r n e lagen deutlich excentrisch, nahe den spitzeren Polen, vor denen zwei Richtungs-
körper e zu erkennen waren. Ein zartes Gerinnsel b lag den stumpferen Polen gegenüber.
Von einer Dotter haut war weder hier noch in anderen Präparaten irgend eine Spur
aufzufinden. Die Zahl der Dotterkörner in den vier Furchungszellen ist im Vergleich zu
den Eiern der meisten anderen Säugethiere eine beträchtliche zu nennen. — Durch die
Behandlung mit Boraxkarmin war das Ei stark geschrumpft und die Blastomeren gegen-
einander verschoben, sodass ich mein Balsampräparat nur noch dazu benutzen konnte,
um die Dotterkörner und -körnchen in die Zeichnung einzutragen.

8 Zellen. Figur 6 ist eine Copie der Zeichnung, welche ich nach dem frischen
Ei mittels der Camera lucida entworfen habe, jedoch um das Doppelte vergrössert. Ich
zählte deutlich 8 Zellen, 7 von anscheinend gleicher Grösse und eine kleinere; die Zellen
waren in zwei Kreisen, allerdings etwas unregclmässig, geordnet; Kerne waren nicht gut
zu erkennen. — Leider ward auch dieses Ei durch die Färbeflüssigkeit stark verändert,
sodass ich aus der Schnittserie das ursprüngliche Bild nicht reconstruiren kann. Etwas
verdächtig ist mir die Ablagerung von kleinen kernfreien Dotterkornballen in dem peri-
vitellinen Raum, während doch bei den weiter fortgeschrittenen Stadien dergleichen Ballen
nur in der ■ F ur c h u n g s h öhl e sich vorfinden. Die innere Beschaffenheit schien bei
allen Furchungskugeln die gleiche; die Kerne waren hier, sowie auch in den beiden zu-
nächst zu beschreibenden Eiern rund und auffallend hell.

Circa 20 Zellen. Dieses Ei war mitsammt dem Uterus gehärtet und geschnit-
ten; da aber die Furchungskugeln durch die geschrumpften Eihüllen zusammengedrückt
und wahrscheinlich auch dislocirt waren, so verzichte ich auf eine nähere Beschreibung.
In der Furchungshöhle war eine grosse Zelle (Entodermzelle) zu erkennen.

4 2 Zellen (Figur 7, Reconstructionsbild, vom Blastoporus gesehen; Figur 8 im
Längsschnitt, Eiweissmantel und Granulosamembran sind weggelassen). Das Blastoderm
wird aus Zellen von abgestufter Grösse zusammengesetzt: die den Blastoporus umschliessen-
den und ihm nahe liegenden Furchungszellen sind die grössten, während die am Aequator

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gelegenen Zellen bedeutend kleiner werden und an der dem Blastoporus entgegengesetzten
Eegion das Minimum ihrer Grösse erreichen. Die grösseren Zellen sind nicht nur abso-
lut, sondern auch relativ reicher an Dotterkörnern und erscheinen daher undurchsichtiger
als die kleineren. In der Gegend des Blastoporus liegt eine, von fünf Zellen umstellte
Oeffnung, welche direkt mit der Furchungshöhle communicirt; in letztere ist eine ein-
zige grosse, mit Dotterkörnern beladene Entod ermzelle eingerückt. In der Furchungs-
höhle findet sich ferner ein zartes Gerinnsel und eine Anzahl kleiner Ballen, welche aus
Dotterkörnchen zusammengesetzt sind, aber keinen Kern enthalten. Das Blastoderm liegt
dem Eiweissmantel nur zum Theil fest an, zum Theil ist es deutlich von ihm getrennt.
Mehrere Spermatozoen waren im Perivitellinraum sichtbar.

Es ist unwahrscheinlich, dass dieses in der Gastrulation begriffene Ei nicht normal
sei; denn wenn ich von zwei zweifelhaften Fällen absehe, so habe ich niemals Eier aus
den ersten Tagen aufgefunden, welche auf irgend welche Anomalie der Entwickelung
hinwiesen. Dazu kommt, dass das zunächst zu beschreibende etwas ältere Ei ein gleiches
Verhalten zeigte. Bekanntlich fand auch
van Beneden (No. 5) bei der Fledermaus ein
Stadium von 8 Blastomeren auf, in welchem eine einzige grosse Entodermzelle in\'s Innere
gerückt war, lieber die Frage, ob aus dieser einzigen „Entodermzelle" das ganze Ento-
derm, oder auch sogar die Chorda nebst den Coelomlappen abzuleiten sei, darüber will
ich mich weiter unten aussprechen. Ueber die Orientirung der Gastrula im Allgemeinen
kann aber kein Zweifel herrschen.

Das Loch am Blastoporus B1 ist ohne Frage eine ganz vorübergehende Bildung,
wie sie entweder durch das Einrücken der Urentodermzelle in\'s Eiinnere, oder auch durch
die während der Zweitheilung verursachte Auseinanderdrängung benachbarter Zellen her-
vorgerufen wurde. In Figur 10 ist ein offenes Loch nicht mehr zu sehen, später kann
dasselbe gelegentlich wieder auftreten (Taf. XVIII Fig. 3—4). Wer die Furchung von
holoblastischen Eiern anderer Thiere unter dem Mikroskope ein Mal längere Zeit hindurch
genau verfolgt hat, wird sich erinnern, dass zwischen den Furchungszellen häufig Lücken
auftreten; ja dies ist sogar die Eegel während der frühesten Furchungsphasen, wo die
Zellen noch relativ freiere Bewegungen ausführen können, eine grössere Vigorosität be-
sitzen und unmittelbar nach jeder Theibmg ziemlich vollständige Kugelgestalt annehmen.
Wenn nun zu diesen Factoren sich noch der Umstand gesellt, dass, wie es ja häufig im
Beginne der Furchung der Fall ist, viele oder sogar alle Zellen zugleich sich theilen, so
ist einer Verschiebung und Umlagerung der Zellen Vorschub geleistet. Aus gleichen
Gründen wird aber eine grössere Lücke, auch wenn sie nach dem, der Theilung nach-
folgenden Collaps der Zellen bestehen geblieben ist, gelegentlich wieder ausgefüllt wer-
den können. Fast alle in Fig. 7 und 8 dargestellten Zellen befinden sich offenbar im
Collaps, und nur in der Gegend des Blastoporus als auch an dem fast diametral gegen-
über liegenden Orte a findet sich eine Lücke; in der Fig. 10 ist die letztere Lücke noch
erhalten, die erstere aber nicht mehr. Möglich, dass die in Fig. 7—8 erkennbare Lücke

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direkt durch den Austritt der Urentodermzelle in das Eiinnere veranlasst wurde, und so
unwahrscheinlich ist es nicht, dass die Lücke a der Eest jener anfangs weiten vorderen
Oeffnung ist, wie sie bei manchen regulär oder äqual sich furchenden Eiern im Beginn
der Blastulation auftritt.\') Lst die letztere Vermuthung richtig, so könnte vielleicht schon
in der Fig. 8 und 10 die Längsaxe und das Eechts und Links des zukünftigen Embryos
festgelegt werden, indem in beiden Fällen die einzige Entodermzelle die gleiche Lage zu
der Lücke a aufweist und damit zugleich wahrscheinlich die Embryonalaxe andeutet,
welche in den Medianschnitten Fig. 8 und 10 rechts aufwärts nach oben zu führen wäre.
Da aber aus Fig. 11 diese Orientirung schon nicht mehr mit Sicherheit gewonnen werden
kann und in Fig. 1—2 der Tafel XVIII garnicht erkennbar ist, so begnüge ich mich
hier mit der Vermeidung des Befundes.

Auf welche Weise die in Fig. 8, 10 und 11 mit i bezeichneten kernlosen Dotter-
ballen in die Furchungshöhle gelangen, weiss ich nicht zu sagen; in den ersten beiden
Stadien der Furchung fehlen sie ganz, ebenso auch in den älteren Gastrulastadien ; man
wird daher zu der Annahme gedrängt, dass diese Dotterballen von den Furchungszellen
ausgestossen, bald aber wieder resorbirt werden. Ich habe keinen Grund anzunehmen,
dass es sich hier um eine pathologische Bildung handle, um so weniger, als die Verthei-
lung der Dotterelemente in den Zellen bei Beginn der Gastrulation eine so sehr ver-
schiedene ist. Vielmehr sehe ich in der Ausstossung dieser Dotterballen einen bedeutungs-
vollen Hinweis auf ■ die vormalige Existenz eines grossen Nahrungsdotters bei den Vor-
fahren der Beutelthiere. Ich werde am Ende des Abschnittes diese Verhältnisse ausführ-
licher besprechen.

6 8 Zellen. In Figur 10 ist ein, genau mittels der Camera lucida gezeichneter
Axenschnitt wiedergegeben, in Fig. 9 die Eeconstruction aus der Schnittserie. Es mag
auffallen, dass in der Fig. 8 eine grössere Zahl von Zellen in der Schnittebene liegen als
m Fig. 10, obw^ohl doch die erstere einem Ei von nur 42 Zellen entnommen ist.
Gleichwohl hat die Sache ihre Eichtigkeit; in Fig. 10 sind die Zellen zufällig alle in
der Mitte getroffen, in Fig. 8 aber nicht. Um aber nicht den Eindruck hervorzurufen,
als seien die Zellkerne der Fig. 8, welche natürlich ebenfalls seitlich angeschnitten waren
und in der Schnittebene zum Theil sehr klein erschienen, überhaupt sehr klein, so habe
ich dieselben auch in den Zellen der Fig. 8 in ihrer grössten Ausdehnung eingetragen,
auch wenn sie dem benachbarten Schnitte entlehnt werden mussten. — Auch dieses
Stadium kann als beginnende Gastrulation bezeichnet werden.

In Figur 11 ist der Längsschnitt einer etwas älteren Gastrula wieder-
gegeben. Denn am frischen Ei und während der Fixirung in Pikrinchromschwefelsäure
konnte sowohl der Aussencontour der Zellen und die grubenartige Einziehung Bl, als

1) Vergl. Heft II dieser „Studien", Tafel IX.

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auch die Zellenmasse eu und die Furchungshöhle f sehr deutlich wahrgenommen und
gezeichnet werden. Das Gebilde glich etwa einer an zwei nicht genau diametral gegen-
über liegenden Polen abgeplatteten Kugel, deren oberer Theil, bei gleichzeitiger Fixirung
der unteren Fache, in der Richtung der kürzesten Verbindungslinie der Polenden zur
Seite gedrückt ist. Die Einbettung in Paraffin geschah so, dass die Schnittebene mit
dieser kürzesten Verbindungslinie zusammenfallen musste, was nach wiederholtem Hin-
und Herrollen des Eies im geschmolzenen Paraffin unter starker Lupenvergrösserung recht
gut gelang.

Wie aus der Zeichnung hervorgeht, sind die Kerne der Ektodermzellen durch-
schnittlich grösser als die der Entodermzellen, die Leiber der ersteren heller als die der
letzteren; aber in der Umgebung der Einbuchtung B 1 verwischen sich diese Unterschiede,
sodass ich nicht entscheiden kann, welche dieser Zellen zum äusseren, welche zum inneren
Keimblatte gehören, oder ob überhaupt hier die morphologische Sonderung schon einge-
treten sei, mit anderen Worten, ob der Prozess der lokalen Einsenkung des Blastoderms,
d. h. die Gastrulation, schon beendet sei oder nicht. Ich halte die letztere Ansicht für
die richtige, aus Gründen, welche weiter unten entwickelt sind. — Aus der xibbildung
ist ferner zu entnehmen, dass der Entodermkeim en nicht ein einschichtiges Zelllager dar-
stellt, sondern einen flachen Haufen, aus dessen Verband aber etliche — im Ganzen 7 —
Entodermzellen sich gelöst haben und isolirt der Innenwand des Ektoderms anliegen.
Nebst feinem, wolkigen Gerinnsel, welches dem Entodermkeim auflagert, finden sich in
.der Furchungshöhle noch vereinzelte kernfreie Dotterballen. Bei a erkennt man einige
auffallend kleine Zellen; ich glaube nicht fehl zu gehen, wenn ich diesen Ort mit dem
in Flg. 8 und 10 durch den Buchstaben a bezeichneten Pol identificire.

Eine ältere Gastrula ist auf Tafel XVIII in Fig. 1—2 dargestellt. Fig. 1 ist
nach dem frischen Ei mittels der Camera gezeichnet, Fig. 2 nach einem medianen
Längsschnitt.

.Der äussere Umfang des Eies hat sich nicht vergrössert, der Eiweissmantel aber
hat, von Innen her, an Dicke abgenommen, sodass dessen Binnenhöhle geräumiger ge-
worden ist. Die Gastrula ist gewachsen, hat sich in der Richtung der Eiaxe verlängert
und besitzt Eiform; sie zeigt keine grubenartige Einsenkung mehr am Blastoporus, ist
aber in dessen Umgebung schwach abgeplattet. Leider bewirkte die Färbung eine ein-
seitige Schrumpfung, sodass ich aus den Schnitten nicht mehr feststellen konnte, ob auch
in diesem Stadium der Entwickelung noch eine Lateralsymmetrie herrschte; am frischen
Ei war sie nicht zu erkennen.

Im Uebrigen unterscheidet sich diese Gastrula nicht wesentlich von der auf
Tafel XVII in Fig. 11 abgebildeten. Die Entodermzellen haben sich vermehrt, sind aber
noch nicht zu einem einschichtigen Lager ausgebreitet; Dotterballen traf ich nicht an.

Etwa 10 Stunden alt sind die in Fig. 3—4 im Längsschnitt abgebildeten
Gastrulae. Vergleicht man diese mit dem zuletzt beschriebenen Stadium, so ergeben

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sich folgende Veränderungen. Der äussere Eiumfang hat nur ganz unbedeutend zuge-
nommen, dagegen ist ein grosser Theil des Eiweissmantels schon resorbirt; seiner Innen-
fläche liegt die Gastrula fest an, ohne merklichen Zwischenraum. Die Zahl der Ekto-
und Entodermzellen erscheint garnicht oder nur unbedeutend vermehrt, ihre Gestalt da-
gegen und Lagebeziehungen haben sich geändert: die Ektodermzellen bilden ein Lager
abgeplatteter Zellen, die im Bereiche des Fruchthofs ihre grösste Dicke zeigen, der Ento-
dermkeim hat sich zu einer einschichtigen Zellenscheibe ausgestreckt, welche etwas über
die Ränder des Fruchthofs hinausragt; einzelne stark abgeplattete, isolirte Entodermzellen
liegen bis über den Aequator des Eies hinaus, doch ist mehr als die Hälfte der Keim-
blasenwand noch frei von Entodermzellenbelag. In allen 8 Keim blasen dieser Entwicke-
lungsphase war der Ort des Blastoporus an dem von Innen her aufgelagerten Gerinnsel-
ballen erkennbar, an dreien Keimblasen war zugleich an dieser Stelle, welche excentrisch
im Fruchthofe lag, eine Zellenlücke vorhanden. Mehrfach fanden sich karyokinetische
Figuren in den, dem Blastoporus zunächt gelegenen Zellen; in dieser Gegend waren die
Entodermzellen weniger stark abgeplattet. Allermeist sind die Kerne der Entodermzellen
etwas kleiner als die der Ektodermzellen. Beachtenswerth ist, dass der Eiweissmantel im
Bereiche der Keimscheibe am dünnsten erscheint, an der gegenüberliegenden Seite am
dicksten, ein Verhalten, welches noch längere Zeit andauert.

Die nächsten Veränderungen, welche die Keimblase erleidet, bestehen in
der Ausbreitung der Entodermanlage zu einem geschlossenen Blatte, einer Vermehrung
der Zellen der beiden Grundblätter, der fortgesetzten Resorption des Eiweissmantels und
einer Vergrösserung des Eiumfanges. Zugleich verschwindet das im vorhergehenden
Stadium noch bemerkbare Gerinnsel unterhalb des Blastoporus, sodass der letztere für die
nächste Zeit nicht mehr erkannt werden kann.

In Figur 1—4 der Tafel XIX ist eine Keimblase abgebildet, welche einem Uterus-
horne genau 6 Tage nach der Begattung des Mutterthieres, also 24 Stunden nach
der Befruchtung des Eies, entnommen war. Fig. 1 stellt ein ganzes Ei vor. Die
Kerne des Ektoderms sind mit dunkelgrauer, jene des Entoderms mit rother Farbe be-
zeichnet; der Eiweissmantel war in der Zeichnung angegeben, ist aber beim Litho-
graphiren vergessen worden. In der Mitte befindet sich ein dunkleres Feld, die Keim-
scheibe; hier stehen die Ektodermzellen dichter beisammen und besitzen prismatische Form,
während sie ausserhalb derselben ganz abgeflacht sind und erst allmählig nach dem ent-
gegengesetzten Pole zu wieder höhere bis würfelförmige Gestalt bekommen (Fig. 2—3).
Umgekehrt erscheint auf Schnitten der Eiweissmantel über dem Fruchthofe nur als eine
schmächtige Lage, seitlich oder weiter abwärts dagegen viel dicker. Die Granulosa-
membran Z ist noch vollständig erhalten.

Keimblasen von 36 Stunden zeigen ungefähr das gleiche Vorhalten, nur ist die
Zellenzahl beträchtlicher und der Gesammtumfang grösser geworden. Ausserdem hat
sich der Fruchthof ausgebreitet und dabei zusehends verflacht, sodass die Keimblasen

Selenia, EntwicMungsgeacliiclite. IV. 22

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nicht mehr genau kugelrund sind; der Eiweissmantel nimmt an Dicke wiederum ab und
scheint sogar oberhalb des Fruchthofs und in dessen Umgebung fast vollständig ge-
schwanden. Zellen sowohl wie Kerne haben sich, in Folge der Theilung, verkleinert.

Fig. 5 wurde leider vom Lithographen etwas schematisch gehalten; die dunkeln
Kerne des Ektoderms erscheinen partienweise in Reihen angeordnet, was allerdings auch
wirklich vorkommt, jedoch nicht ganz in solcher Regelmässigkeit, Ausdehnung und Häufig-
keit, wie dies die Lithographie zeigt. Der Fruchthof ist unregelmässig rundlich. Einen
medianen Durchschnitt durch eine gleichaltrige Keimblase stellt Fig. 6 vor. Von einem
Blastoporus war Nichts zu bemerken.

Stadien, au denen die erste Entstehung des Mesoderms zu verfolgen gewesen
wäre, habe ich zu meinem Bedauern nicht gesehen. 48 Stunden nach Beginn der Furchung
ist schon der Primitiv st reif nebst den S i c h e 1 h ö r n er n des Mesoderms angelegt.
In den Figuren 6—8 der Tafel XVIII habe ich drei Keimblasen abgebildet, welche unter
den sieben gleicherzeit vorgefundenen am meisten in ihrer Entwickelung differirten; zur
leichteren Orientirung ist in ihnen das Mesoderm in seiner ganzen Ausdehnung durch
violetten Ton hervorgehoben; auch der Primitivstreif selbst trägt diesen Ton. Querschnitt-
serien lehren, dass eine mittlere Zellenschicht im ganzen Bereiche des Primitivstreifens liegt.

lY. Yergleicliende BetracMimg der Fiircliimg und Gastrulation bei den
Knochenfischen, Sauropsiden und Mammaliën.

Die Angaben derjenigen Forscher, welche die Eifurchung der Säugethiere genau
verfolgt haben, differiren in mehreren Hinsichten ; nur darin stimmen alle überein, dass
die Furchung eine totale, dass die Blastomeren vollständig oder doch nahezu gleich
an Grösse, und dass endlich die erste Furchungsebene (und damit die Eiaxe)
nicht mit der Längeaxe der zukünftigen Gastrula coincidirt. Letzteres Verhalten wird
zwar nicht ausdrücklich hervorgehoben, geht aber doch aus den betreffenden Abbildungen
hervor.

Am genauesten hat bekanntlich van Beneden, zum Theil in Gemeinschaft mit
JULIN, die Furchung und Gastrulation des Eies der Kaninchen und der Fledermäuse
studirt. In den meisten Fällen unterscheiden sich schon die ersten beiden Blastomeren
ein wenig in Bezug auf Grösse als innere Beschaffenheit: die grössere etwas hellere Zelle
nennt
yan Beneden die ektodermale, und aus ihr soll das Ektoderm hervorgehen; die
etwas kleinere und körnchenreichere die ent odermale. Beide Blastomeren halbiren sich;
bald wurden alle vier in gleichem Niveau gefunden, bald erschienen dieselben derartig
gegen einander verschoben, dass die Verbindungslinien der Centren je zweier Zellen
gleichen Ursprungs rechtwinklig zu einander standen. Schon im nächsten Furchungs-

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Stadium tritt eine einzige der entodermalen Zellen in das Centrum des Eies, während im
Weiterverlauf die ektodermalen Zellen sich rascher abfurchen als die entodermalen;
letztere unterscheiden sich stets deutlich durch den grösseren Körnchenreichthum ihres
Protoplasmas. Es rücken dann die entodermalen Zellen in Gestalt eines Propfens in\'s
Eiinnere und erfüllen die Furchungshöhle vollständig, indem sie zugleich von den ekto-
dermalen Zellen umwachsen werden. Bald aber erweitert sich, mit der Vergrösserung
der Keimblase, die Furchu.ngshöhle, der Entodermkeim breitet sich schüsselartig aus und
wird endlich einschichtig; am Blastoporus treten einige Entodermzellen noch lange Zeit
frei an der Oberfläche des Eies zu Tage, selbst noch zur Zeit, wo das Entoderm sich
schon zur Hohlkugel ausgebreitet hat. Das Auftreten einer flachen Zellenschicht zwischen
Ektoderm und Entoderm bleibt einstweilen noch problematisch:
van Beneden bezeichnet
sie, aber gewiss mit Unrecht, als Mesoderm.

Es lässt sich aus der sonst so ausgezeichneten Beschreibung van Beneden\'s nicht
mit Sicherheit entnehmen, in welcher Weise die ursprüngliche Eiaxe durch die Um-
lagerung der ersten 4 Blastomeren verlegt wird; nur dieses geht mit Bestimmtheit daraus
hervor, dass Eiaxe und Axe der zukünftigen Gastrula nicht zusammen fallen! Und eben-
so lehren die Abbildungen aller übrigen Arbeiten, welche die Furchung des Säugethier-
eies verbildlichen, dass eine Verlagerung der Eiaxe während des zweiten Furchungs-
stadiums stattfindet, während eine so frühzeitige Scheidung der Eizelle in ektoblastische
und entoblastische Blastomeren nirgends vermerkt ist; vielmehr sollen die Furchungszellen
anfänglich gleich sein an Grösse und Beschaffenheit. Ausstossung von Dotterkorn-Ballen
wurde nirgends beobachtet.

Anders beim Opossum. AVeder die ersten zwei, noch die ersten vier Blastomeren
unterscheiden sich untereinander; eine Verlagerung derselben findet nicht statt, und die
dritte Furchungsebene schneidet rechtwinklig zu den ersten beiden ein. Das Letztere
konnte allerdings nicht direkt beobachtet werden, geht aber aus der Gestalt der vier
Blastomeren hervor; denn dieselben sind konisch und neigen sich mit ihren spitzeren
Enden gegeneinander, indem ihre Kerne nicht centrisch, sondern den spitzeren Enden
genähert liegen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass durch die dritte Furchungsebene jede
der vier Blastomeren in eine kleinere ektodermale und eine grössere und körnchenreichere
entodermale Zelle zerfällt, doch konnte dies Verhalten wegen der mangelhaften Durch-
sichtigkeit des Eiweissmantels nicht mit Schärfe constatirt werden; sicher ist aber, dass,
bevor noch circa 32 Zellen entstanden sind, ein beträchtlicher Unterschied der die vordere
und hintere Seite der Blastula bildenden Zellen existirt: erstere sind kleiner und durch-
sichtiger, letztere grösser und durch zahlreiche Körner getrübt. Ich glaube aus diesen
Befunden den Schluss ziehen zu dürfen, dass die Eifurchung beim Opossum sich in ihren
Anfangsstadien nicht wesentlich unterscheidet von derjenigen Art wie sie bei den meisten
übrigen äqual sich abfurchenden Eiern beobachtet worden ist, wo die Eiaxe mit der Axe
der Gastrula vollständig oder doch nahezu zusammen fällt.

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Die Gastrulation und Anlage des Mesoderms geschielit aber durchaus nicht voll-
kommen und rein nach dem Typus der Invagination bezw. der Divertikelbildung des Ur-
darms, wie dies doch bei den holoblastischen Eiern der Enterocoelier die Eegel ist, und
in dieser Beziehung stimmt die Blätteranlage beim Opossum mit der der übrigen Säuge-
thiere überein. Und nicht nur mit dieser, sondern auch mit der der übrigen Am-
nioten. Bekanntlich hat man schon längst aus der auffallenden Congruenz der Blätter-
anlage bei allen Amnioten Rückschlüsse auf die Stamm Verwandtschaft der
Mammalia und Sauropsidae gezogen. Die Entwickelung des Opossum bietet manche
Eigenthümlichkeiten, welche die Berechtigung dieser Schlussfolgerungen in helles Licht
setzen, und ich will daher meine Ansichten über die Frage nach der Herkunft der Säuge-
thiere, soweit sich dieselbe auf die ontogenetischen Thatsachen stützt, hier ausführlicher
darlegen. Auf die einschlägige Literatur einzugehen, würde zu weit führen und wäre
auch überflüssig, da diese Fragen in der letzten Zeit vielfach ventilirt sind.

Wie alle Wirbelthiere, so gehören die Mammaliën sicherlich zu den Enterocoeliern
(im Sinne der Gebrüder
Hertwig). Gleichwohl vollzieht sich die Gastrulation nicht nach
dem Typus der Embolie, sondern der Urdarm entsteht als ein solides Gebilde, als
Zellenplatte, welche sich auf Umwegen zu den, allen Wirbelthierembryonen zukom-
menden 4 Grundorganen herausbildet, nämlich dem eigentlichen Darm, den beiden Coelom-
säcken und der Chorda dorsalis. Noch bei den Amphibien erscheinen die letzteren drei
Gebilde ursprünglich als Urdarm - Divertikel, wie bekanntlich
0. HertwiG (No. 10) und
später etwas ausführlicher
Lampert (No. 15) zur Evidenz dargethan haben; bei den Mam-
maliën hingegen ist dieser typische Entstehungsmodus derart verändert, dass Chorda und
Coelomsäcke hier kaum noch als Derivate des ürdarms erkannt werden können, ja bis
in die neueste Zeit hinein meistens als Ektodermgebilde beschrieben wurden, eine Auf-
fassung, welche sich mit unseren morphologischen Grundbegriffen so wenig verträgt, dass
sie eine ernstliche Widerlegung nicht beanspruchen kann und deren eigentlich auch nicht
bedarf. Das lehrt die nachfolgende Betrachtung, welche durch Heranziehung der Blätter-
anlage bei den Knochenfischen zugleich den Versuch in sich schliesst, die frappante
Analogie jener Modificationen der Blätteranlage darzuthun, welche sich in verschiedenen
Wirbelthierklassen, unabhängig von einander, herausgebildet hat: als Ursache dieser Mo-
dificationen erscheint in allen Fällen die Anwesenheit eines grossen Nahrungsdotters.

Nicht nur bei den meroblastischen Eiern der Reptilien und Vögel, sondern
auch bei denen der Haie und Teleo stier geschieht die Gastrulation und Mesoderm-
anlage nicht durch den Process der Aus- und Einstülpung; der grosse, dem Protoplasma
des Eies angefügte Nahrungsdotter setzt der freien Entfaltung dieser Primitivorgane ein
mechanisches Hinderniss entgegen: Urdarm, Chorda und Coelomsäcke treten als solide
Gebilde auf, und erlangen erst später ihre Lumina.

Bei den Knochenfischen z. B., wo mir diese Verhältnisse aus eigener An-
schauung durch die Untersuchungen
von Kowalewski\'s (No. 18 und 19) genauer bekannt

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geworden sind, erscheint der Entoblast anfangs als eine, unter dem Ektoderm gelegene
Platte, deren Zellen aber anfänglich nicht gegen den Dotter abgesetzt sind, vielmehr mit
ihren Leibern in den gemeinsamen Dotter ohne Grenze übergehen, so dass anfangs der
Dotter selbst als unterer Abschnitt der Entoblastzellen zu betrachten ist. Durch fortge-
setzte Theilung dieser im Dotter fussenden Entoblastzellen entsteht eine mehrschichtige
Zellenplatte, welche sich in der Folge in fünf Partieen gliedert: 1) eine dem Dotter auf-
lagernde unterste Zellschicht, welche, vermuthlich in Folge ihrer intimen Verbindung mit
dem Dotter, bald zu Grunde geht, indem die Kerne zerfallen; dies ist die sog. „inter-
mediäre Schicht"; 2) die eigentliche Darmanlage besteht aus einem kleinen, häufig
als Blastoporus sich öffnender Sack (
Kupffp:e\'s „Allantois"), und einem kopfwärts sich
fortsetzenden soliden Zellenstrange (Anlage des Mitteldarms); 3) ein dicker rund-
licher, über dem letzteren gelegener, ebenfalls auf der „Allantois" fussender Zellenstrang,
die Chorda; und 4) zwei seitliche Zellenlappen, die Anlage der Coelomsäcke. —
Die wahre Natur der Chorda, sowie der Coelomsäcke als Urdarmdivertikel ist also
im Ei der Knochenfische nicht mehr zu erkennen, indem sich dieselben von ihrem Mutter-
boden, nämlich von der sub 2 genannten Darmanlage, erst dann sondeim, nachdem sie die
Gestalt umfänglicher Zellenstränge angenommen haben. Ob ihr eigentlicher Bildungs-
heerd ausschliesslich die „Allantois" sei oder ob der vor derselben gelegene solide Zellen-
strang sich nicht ebenfalls am Aufbau des Mesoderms (Chorda und Coelomsäcke) be-
theilige, ist, wie ich glaube, noch nicht entschieden. Leicht zu constatiren ist aber, dass
der Blastoporus, welcher in Folge der ausserordentlichen Verflachung der Keimscheibe
nach oben gedrängt wird, sodass derselbe hinten auf den Rücken des Embryos zu liegen
kommt, sich dauernd schliesst, dass das Ektoderm denselben überwuchert, dass ferner das
Lumen der Allantois (vielleicht nur zeitweilig?) schwindet, und endlich dass die Allantois
selbst, wenigstens einige Zeit lang, scharf von der vor ihr liegenden soliden Darmanlage
abgegrenzt ist.

Ganz ähnlich, wenn auch mit einigen Abweichungen, geschieht die Gliederung des
TJrdarms oder Entoblasts in den meroblastischen Eiern der Sauropsiden. Auch hier
kann man die gleichen Abschnitte der Keimblätter zu gewissen Zeiten unterscheiden:
1) eine dem Dotter auflagernde Zone von Zellen, welche, wie z.B. Gasser (No. 8 und 9}
beim Ei des Kanarienvogels zeigte, anfänglich nicht gegen den Dotter abgesetzt ist, son-
dern vielmehr erst während der Furchung sich abschnürt, eine Art „intermediärer" Schicht,
die aber hier nicht zu Grunde geht, sondern am Aufbau des Embryos theilnimmt; dies
ist der als Parablast, Dotterzellen, Dotterkerne, Bodenzellen etc. beschriebene Theil
des Entoblasts. 2) Das eigentliche Entoderm, bestehend aus einer anfangs soliden Zellen-
platte, die sich bald in zwei Partieen trennt, nämlich in den als Gastrulamund oder
Prostoma nach Aussen sich öffnenden „Primitivstreif" mit der Primitivrinne (Axen-
strang, HiS,
Kupffer), und die eigentliche Darmanlage (Paraderm, Kufffer), vulgo
„Entoderm." 3) Die Chorda dorsalis, welche nach vornen aus dem Primitivstreif

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liervorwäclist („Kopffortsatz" des Primitivstreifs, „Ciiordaanscliwellung"). 4) Die beiden
Siclielhörner
(KuPFFER, Koller) oder Me s o der ml a p p en, als deren Mutterboden eben-
falls die Wandungen der Primitivrinne zu betrachten ist, und welche zweifellos die An-
lage der paarigen Coelomsäcke darstellen, während das rinnenartige primäre Lumen der-
selben, welches quer zur „axialen" Primitivrinne steht oder dieselbe durchkreuzt, als
Sichelrinne bezeichnet ist.

Die Analogie der Blätteranlage bei den Knochenfischen einerseits, bei den Amnioten
andererseits ist frappant, und es wäre hiermit wieder ein hübscher Beleg beigebracht,
wie bei verschiedenen Thiergruppen unabhängig von einander ähnliche Veränderungen
des Eies (einseitige Anhäufung von Nahrungsdotter)auch ähnliche Umgestaltungen der
Primitivorgane zur Folge haben. Es ist nur die Frage, ob die hier gezogene Parallele
auf richtigen Deutungen beruhe! Daran zweifle ich nicht, nachdem ich die Entwickelung
der Selachier, Knochenfische, Amphibien, Vögel und Säugethiere selber an frischen
Objecten und an Präparaten näher verfolgt habe. Die sog. „Allantois" der Teleostier
muss ebenso wie die „Primitivrinne" (Primitivstreif, Axenstrang, HlS und
Kupffer) der
Amnioten als hinterer Abschnitt des Urdarms betrachtet werden, denn beide
Gebilde stehen, sei es dauernd (Teleostier), sei es vorübergehend (Canalis
neurentericus
der Amnioten) mit der vorderen Darmanlage (vulgo Entoderm) in Verbindung, auf beiden
Gebilden fusst das Mesoderm (Chorda und Coelomsäcke); beide Gebilde endlich markiren
den Ort des Gastrulamundes, und zwar bei den Knochenfischen häufig, bei den Amnioten
stets in Gestalt einer veritabeln Einbuchtung.

Nur ein einziges Bedenken kann gegen die hier gezogene Parallele erhoben
werden: es ist nämlich bisher noch nicht bewiesen, ob die „Allantois" -Oeffnung der
Knochenfische, sowie die Primitivrinne der Amnioten mit dem vegetativen oder Invaginations-
Pole der Blastula identisch sei. Diesen Nachweis vermag ich zwar auch nicht zu liefern,
aber der folgende Sachverhalt ist doch wohl geeignet, die Frage der definitiven Entschei-
dung nahe zu bringen.

Die Keimblase des Opossum lässt circa 10 Stunden nach Beginn der Furchung
schon den Fruchthof unterscheiden; in seinem Bereiche sind die Ektodermzellen grösser
und dicker. Zugleich ist immer auch noch der Ort der Entodermeinstülpung, der Blasto-
porus zu erkennen; derselbe liegt nicht in der Mitte des Fruchthofs, sondern deutlich
excentrisch. Excentrisch in der Keimscheibe liegt ebenso die Primitivrinne der Sau-

1) Die Anhäufung von Nahrungsdotter ina Ei bedingt bekanntlich nicht ohne Weiteres eine Modification des Furchungs-
processes. Alle Echinodermeneier z. B. furchen sich total, sowohl die kleinsten mit spärlichen, als auch die hundertmal grösse-
ren mit zahllosen Dotterkörnern. Auch die Eier der Amphibien weisen ja eine totale Furchung auf, obwohl sie reichlich mit
Dotterkörnern beladen sind. Eine partielle Purchung tritt nur da auf, wo die Quantität des Protoplasmas gegen die Dotter-
massen ganz zurücktritt und verschwindend klein wird. — Alecithale Eier im eigentlichen Sinne sind mir noch nicht vor-
gekommen; Eeservestoffe in Form von Körnchen, Plättchen oder Tropfen finden sich wahrscheinlich in allen reifen thierischen
Eiern, sei es, dass sich dieselben aus dem Eiprotoplasma direkt verdichten, sei es, dass sie durch eindringende zerfallende Gra-
nulosazellen oder Wanderzellen gleichsam als fremde Körper im Ei deponirt werden, um vor, während oder nach der Purchung
gelöst und assimilirt zu werden.

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ropsiden und Teleostier, und da nun van Beneden und JuLlN nachgewiesen haben, dass
in der Gastrula der Fledermäuse einige echte Entodermzellen sich nicht in\'s Innere be-
geben, sondern oberflächlich liegen bleiben, sich den benachbarten Ektodernizellen
in gleichem Niveau anschliessen und gleichsam eine Lücke des Ektodermmantels ausfüllen
— so hat die Annahme nichts Befremdendes mehr, dass diese mit den benachbarten Ekto-
dernizellen in Contact stehenden oberflächlichen Entodermzellen ihren Ort nicht verlassen
und, nachdem die übrigen Entodermzellen sich an der Innenseite des Ektoderms aus^e-
breitet haben, als Bildungsheerd der Chorda und der Coelomsäcke fungiren. Schon
Kupffer nennt die Zellen der Primitivrinne (des „ Axenstrangs," wie er dies Gebilde mit
His bezeichnet wissen will), entodermale, eben weil aus ihnen das Mesoderm hervor-
geht; hier wäre aber die immerhin sehr auffallende ob er flächliche Lage der hinteren
Urdarmtasche durch ontogenetische Befunde erklärt.

AVenn demnach die AA\'andung der Primitivrinne nichts anderes ist als der hintere
xVbschnitt des Urdarms, welcher sich in Folge der frühzeitigen enormen Flächenaus-
dehnung der Keimscheibe vom übrigen blattartig sich ausbreitenden Theile des Ento-
derms abgrenzte, so erscheint es doch seltsam, dass diese Vorgänge bei den Säugethieren
deutlicher wahrgenommen werden können als bei ihren
A^orfahren, den Sauropsiden.
Darauf ist zu erwidern, dass die Eifurchung bei Eeptil und Vogel bisher noch nicht mit
genügender Genauigkeit untersucht wurde. Ich zweifle nicht, dass der Ort des Gastrula-
mundes auch in der Keimscheibe der Sauropsiden, bevor noch die Furchung ihren Ab-
schluss erreicht hat, wird aufgefunden werden, und zwar als eine excentrisch an deren
Oberfläche gelegene Zellengruppe. Es würde zu weit führen, den Einfluss hier näher zu
erörtern, welchen die Anwesenheit des grossen Nahrungsdotters der Sauropsiden auf die
Verlegung der vertiealen Eiaxe in eine tangentiale Gastrulaaxe ausüben könne,\') Beim
Opossum ist dieser Process der Axenverlegung aus den Abbildungen der Tafel XVII und
XVIII leicht abzulesen; bei den Sauropsiden ist derselbe noch unbekannt. Hier fehlen
Beobachtungen.

Aus diesen Betrachtungen lässt sich der folgende Schluss ziehen. Da die Blätter-
anlage der Säugethiere nach jenem complicirten Modus geschieht, wie derselbe ausser-
dem nur noch bei meroblastischen Eiern beobachtet wird, so müssen wir annehmen,
dass die direkten Vorfahren der Säugethiere meroblastische Eier besassen. Die Com-
plication der Blätteranlage bei den Säugethieren ist eine atavistische Eeminiscenz; sie
vererbte sich von den Reptilien auf die Säuger und erhielt sich auch dann noch fast un-
verändert, nachdem der Nahrungsdotter aus den Eiern allmählig zum Verschwinden ge-
kommen Avar; functionell trat dann an Stelle des Nahrungsdotters die Lymphe des mütter-
lichen Uterus, die Uterinmilch, das Serum der Uteringefässe.

1) Eatiber giebt in seinem bekannten Aufsatze „Noch ein Blastoporus" ein Schema der Blätteranlage der Vögel.
Ausser der Primitiv- und Sichelrinne

wird hier noch ein zweiter Blastoporus, ein „Prostoma marginale" unterschieden. Ich
halte diese Auffassung nicht für richtig, wie ich an einer anderen Stelle erläutern werde

Ii

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Dass ferner das gemeinsame Vorkommen einer Allantois, eines Amnion, eines
Dottersacks, eines „Fruchthofes," sowohl bei Mammaliën als bei Sauropsiden, auf eine
Stammverwandtschaft hinweisen, ist schon längst hervorgehoben.

Y. Die Keimblase circa 2V2 Tag nacb Beginn der Fnrclinng.

Nur eine einzige Keimblase im Alter von 60 Stunden stand mir zu Gebote. Die-
selbe ist auf Tafel XX in Figur 1—3 und
a—s dargestellt.

Inmitten der Area opaca liegt der biscuitförniige Embryo, an welchem bei durch-
fallendem Lichte drei ürwirbel, die Chorda und die Primitivrinne sehr deutlich erkennbar
waren (Fig. 1). Fig. 2 stellt einen etwas schematisirten Durchschnitt durch die Mitte des
Embryos dar; die schwache Einbuchtung in dem Bereiche der Embryonalanlage fand
sich auch bei dem frischen Ei. Ektoderm und Entoderm sind, wie die Querschnitte be-
weisen, durchaus einschichtig, die Zellen des letzteren sämmtlich abgeplattet, die des Ekto-
derms im Gebiete der Stammzone höher, im Uebrigen kubisch oder kurz
prismatisch
(Fig. ê), mit Ausnahme von drei Stellen, an welchen eine mächtige Wucherung der Ek-
todermzellen stattgefunden hatte (Fig. 18\', Fig. «). Dergleichen ektodermale Zellen-
wucherungen fand ich bei allen Keimblasen bis zum Älter von 5 Tagen ohne Aus-
nahme, und zw^ar stets ausserhalb des Fruchthofs. Es kann kein Zweifel darüber auf-
kommen, dass die Ektodermknoten sich auf Kosten der noch übrig gebliebenen Eiweiss-
schicht gebildet haben, aber ich glaube doch nicht fehlzugreifen, wenn ich die Ursache
ihrer Entstehung als atavistische Erscheinung auffasse. Bei den Sauropsiden nämlich fällt
den Ektodermzellen die Aufgabe zu, den grossen Nahrungsdotter zu umwachsen. Wenn
nun die Tendenz einer raschen Zellmehrung einmal vorhanden, so kann sie auch da noch
manifest werden, wo sie keinen Werth mehr hat, nämlich im Ei der Mammaliën. Die
Veranlassung zu einer lebhafteren Zelltheilung ist aber bei den Mammaliën in der An-
wesenheit der nährenden Eiweissschicht gegeben, und sobald nur erst die Zellvermehrung
an einer Stelle in Fluss gekommen ist, so kann sie hier lebhafter vor sich gehen als an
anderen Orten.

Die in Fig. 1 abgebildete Keimblase wurde nach erfolgter Einbettung in circa 900
Schnitte zerlegt, welche, unter fortschreitender Drohung des Paraffinblocks, alle nahezu
senkrecht auf den Embryo trafen. Von den vielen Schnitten, die ich zeichnete, habe ich
nur einige abbilden lassen.

Soweit der Gefässhof reicht, bildet das Mesoderm eine continuirliche Zellenlage,
welche nur durch ein mittleres Feld (Chorda nebst angrenzenden Längsfeldern) unter-
brochen ist. Diese Verhältnisse sind in Fig. 3 übersichtlich dargestellt, indem zugleich
die wechselnde Dicke des Mesoderms durch die Abtönung der Farbe zum xiusdruck ge-
bracht wurde.

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Die Primitivrinne ist nur unbedeutend vertieft. Auch später fand ich sie stets nur
als seichte E-inne, die endlich im Mesoderm zu verstreichen scheint oder auch vielleicht
sich zum hinteren Abschnitte der Chorda umwandelt, um schliesslich von Ektodermzellen,
wie ich glaube. Uberwuchert zu werden; doch habe ich diese Veränderungen nicht näher
verfolgen können, weil mir das betreffende Untersuchungsmaterial fehlte, und ich kann
meine Vermuthungen nur auf verschiedene Hinweise stützen, die sich mir, wenn auch
ohne beweisende Sicherheit, bei der wiederholten Durchsicht meiner Schnittserien auf-
drängten. Ich werde deshalb auf diese Frage nicht wieder zurückkommen

Ebensowenig geben mir meine Präparate über das Verhältniss der Chorda zu den
Coelomlappen neue Aufschlüsse. Denn dass beide Primitivorgane noch einige Zeit nach
ihrem Hervorwachsen aus der Wandung der Primitivrinne vollständig getrennt bleiben
können, wie es thatsächlich hier der Fall, ist nichts Neues. Was aber den peripherischen
Endsaum, den „Keimwulst" des Mesoderms betrifft, so zeigte sich hier nirgends die min-
deste Andeutung einer Entstehung von Mesodermzellen in loco, noch eine Betheiligung
des Ektoderms oder Entoderms; er markirte sich auf den Schnitten niemals als Wulst
oder Anschwellung, und erst mit der Anlage des Sinus terminalis erscheint auch die peri-
pherische Grenze des Mesoderms bezw. des Gefässblattes, scharf abgesetzt. Vergl, Tafel
XXII, Fig. 15; Tafel XXHI, Fig. 7.

VI. Keimblasen im Alter von 3 Tagen

finden sich auf Taf. XX Fig. 4 und auf Taf. XXI abgebildet. Ueber Gestalt der Em-
bryonalanlage geben die Figuren selbst, sowie die Tafelerklärung Aufschluss und da ich
bemerkenswerthe Details nicht zu melden habe, so beschränke ich mich nur auf einige Be-
merkungen. Die Entstehung des Gefässsystems ist in einem späteren Abschnitte behandelt.

Die Keim.blasen dieses Alters waren alle kugelrund, nur im Bereiche der eigent-
lichen Embryonalanlage zeigte sich eine sehr unbedeutende Verflachung, in Biscuitform.
Ueber die durch beginnende Abhebung der Keimfalten (Taf. XXI Fig. 2) entstandenen
Einfaltungen zieht die gespannte Granulosamembran Zr unbetheiligt weg (in Fig. 2, 4—6
ist dieselbe nicht mitgezeichnet). Zwei Keimblasen lagen noch vollständig frei im Uterus,
bei sechs anderen aber war die Granulosamembran im Bereiche des Fruchthofs
schon mit der Uterinsch 1 eimhaut verklebt; die Verbindung war jedoch so
locker, dass sich einige Keimblasen schon in Folge der unvermeidlichen Erschütterungen
ablösten, welche die Uteruswand beim Auseinanderlegen erlitt.

Das Ektoderm ist durchgehends einschichtig. Soweit dasselbe die Medullar-
platten bildet, sind seine Zellen prismatisch oder pyramidisch, im letzteren Falle alter-
niren die Kerne (Taf. XXI Eig. 2). Im Uebrigen erscheinen die Zellen kubisch oder
etwas abgeplattet, an der dem Fruchthofe gegenüberliegenden Seite aber wieder pris-
matisch (Taf. XX Fig. 5).

Selenka, Entwiokelungsgeschichte. I¥. 23

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Das Entoderm stellt ein einschichtiges geschlossenes Zellenlager dar; grössten-
theils sind diese Zellen, sowie ihre Kerne stark abgeplattet, nur auf einzelnen Strecken
erheben sie sich, werden dicker und stehen näher beisammen, nämlich unter den beiden
Herzanlagen, unter den Keimfalten und hier und da partieenweise im Bereiche der
Area vasculosa (Fig. 2—4). Unter der Chorda sehe ich in allen meinen zaiilreichen
Schnitten das Entoderm hinstreichen, allerdings überall fest mit ihr verlöthet und meist nur
als dünne Haut sichtbar; doch liegen auch häufig Kerne des Entoderms an dieser Stelle.
(In Fig. 3 sind versehensweise die Leiber der Chordazellen mit rothem Tone bedruckt).

Das Mesoderm lässt folgende Differenzirung erkennen.

Die Chorda (Taf. XX Fig. 4, Ch; Taf. XXI Fig. 1) erscheint in ihrer ganzen
Länge als einschichtige Zellenplatte, welche sich nach hinten in den vorderen Theil der
Primitivrinne allmählig verliert. Ungefähr in der Mitte besteht die Chorda eine Strecke
weit aus nur zwei Zellenreihen (Taf. XXI Fig. 4, Ch), nach hinten verbreitert sich die-
selbe und ebenso nach vornen, jedoch in der Halsgegend tritt eine Yerschmälerung ein,
vornen in der Kopfgegend wieder eine Verbreiterung (Taf. XXI Fig. 2). Der Embryo,
Taf. XX Fig. 4, ist offenbar etwas (vielleicht nur um eine Stunde) jünger als der auf
Taf. XXI abgebildete; in letzterem erscheint die Chorda noch weiter vorgedrungen und
etwas breiter. Der vor dem Yorderende der Chorda gelegene helle Fleck ist der optische
Ausdruck einer Einziehung des Entoderms, über welcher die Mesodermzellen ganz abge-
plattet sind. Einen Canalis neurentericus habe ich nicht gesehen, zweifle jedoch nicht,
dass ein solcher zeitweilig auftritt. Vorn im Kopfe, sowie eine kurze Strecke vor der
Primitivrinne stehen die seitlichen Mesodermlappen hier und da mit den Chordazellen in
Contact; aber sonst sehe ich beide Grundorgane auch hier noch vollständig der Länge
nach geschieden.

Die ursprüngliche Entstehungsgeschichte des Gesammtmesoderms spiegelt sich dem-
nach im Ei des Opossum noch treuer und unverfälschter ab als dies bei den Vögeln der
Fall ist, wo die Scheidung der Chorda von den zwei seitlichen Mesodermanlagen erst
viel später offenbar wird, nämlich erst nachdem die Ausbreitung des Gesammtmesoderms
schon viel weiter vorgeschritten ist. Dass aber bei den Amnioten sowohl Chorda wie
Coelondappen nicht in Form hohler Säcke, sondern als solide Stränge entstehen, fand
seine Erklärung schon längst in dem Umstände, dass erstens der Fruchthof der Saurop-
siden sich ganz ausserordentlich verflacht, und dass zweitens die Primitivrimie selbst kaum
noch die Gestalt eines Sackes trägt, sondern als flache Einsenkung erscheint, deren Deri-
vate darum eben auch nicht mehr als Blindsäcke, sondern als solide Zell platten
sich anlegen. Bedeutungsvoll sind immerhin die Hohlräume der Chorda, welche bei den
Sauropsiden in späteren Entwickelungsphasen, wenn auch nur vorübergehend, auftreten.

Die Umgestaltungen, welche die Mesodermlappen erlitten, haben mir keiner-
lei neue Aufschlüsse dargeboten. Grossentlieils stellen sie ein unregelmässig-zweischichtiges
Zellenlager dar, seitlich im Bereiche der Primitivrinne liegen aber stellenweise vier bis

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fünf Zellen übereinander, wie die Quer- und Längsschnitte lehren, wälirend in der Area
vasculosa unregelmässig stellenweise zwei, stellenweise nur eine Schichte von Mesoderm-
zellen sich befinden. In der Stamm- und Parietalzone ist aber sehr deutlich er-
kennbar: a) eine doppelte Zellplatte, welche hier und da schon eine Höhle (Urwirbel-
höhle, Coelom) aufweist (Fig. —4), und b) darunter liegende vereinzelte Zellen, die
dem Gefässblatt angehören, und auf welche wohl auch das Endothelrohr des Herzens
zurückzuführen ist (Fig. 3, c, Ed). Sehr hübsche Bilder lieferten die Schnitte, welche
quer mitten durch die Primitivrinne geführt waren; von dem Boden derselben strahlen
Zellenketten aus, oft 4—5 auf einem Schnitte, und die häufigen Kernfiguren deuten auf\'s
Schärfste ihre Bildungsstätte an (Fig. 6—7).

üeber dem Niveau des Embryonalschildes erheben sich die Ränder der Kopf-
anlage, die vordere Keimfalte und, in Fortsetzung derselben, die Seitenränder der
Medullär platten im vorderen Drittel ihrer Gesammtlänge (Fig. I—4). Dieser Um-
schlagsrand erscheint vorn und seitlich in der Kopfanlage bei durchfallendem Lichte
dunkler als die Umgebung (Fig. I); seine Höhlung ist von Mesodermzeilen erfüllt
(Fig. 2, V). Die Gebilde, welche in Fig. 4 der Taf. XX mit y bezeichnet sind, stellen
radiär ausstrahlende Zellenketten des Mesoderms dar; sie gehören offenbar zur „Urwirbel-
platte des Kopfes". Auch bei weiter vorgeschrittenen Embryonen ist diese in\'s Auge
fallende Wachsthumsrichtu.ng der Mesodermzellen noch zu erkennen (Taf. XXII Fig. 5—7).

Die Herz an läge ist scheinbar doppelt (Taf. XXI Fig. 1). Figur 3 deckt sich fast
vollkommen mit der Abbildung, welche
Kölliker (No. 3) von einem Kaninchenembryo
giebt. Die Herzwand c erscheint als rinnenförmige Einbuchtung des splanchnischen
Mittelblatts, in welcher das Endothelrohr E d liegt.

Ueber die Entstehung der Blutgefässe habe ich keine Beobachtungen machen
können, denn hei den Embryonen der nächstfolgenden Entwickelungsstufe war das Blut-
gefässsystem schon sehr weit ausgebildet. In der Fig. 1 (Taf. XXI) erscheint die Area
opaca mit radiär ausstrahlenden dunkleren, unregelmässigen Streifen: dieselben doku-
mentiren sich in Schnitten als lokale Verdickungen des Mesoderms.

In derselben Figur ist auch schon die erste Andeutung der hinteren Amnionfalte
erkennbar; an dieser Stelle war das Mittelblatt deutlich zweischichtig.

VII. Entwickelung der Leibesforni, der Ei- nnd Embryonalliüllen.

In den vorhergehenden Kapiteln wurden die während der ersten drei Tage einander
folgenden Entwickelungsstufen einzeln besprochen, für die Folge schlage ich jedoch einen
anderen Weg der Darstellung ein, nämlich die Beschreibung nach Organsystemen.
Ich entgehe dadurch der Gefahr der sonst unvermeidlichen Wiederholungen und hoffe
auch auf diese Weise der Orientirung des Lesers besser zu Hilfe zu kommen. Ausser-
dem aber habe ich mir hier die Aufgabe gestellt, nur diejenigen Verhältnisse eingehender

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zu erörtern, welclie irgend welche Aufschlüsse geben über die Phylogenie der
Marsupialier im Allgemeinen, und über die Entsteh un gs- undBildungs-
g esc h ich te solcher Organe, welche bei den Beutelthieren als ata-
vistische Eeste, als Uebergangs- oder als Anfangsbildungen erscheinen.
Eine detaillirtere Beschreibung aller Organe würde, um befriedigend auszufallen, denn
doch ein reichlicheres Material erheischen als mir zu Gebote steht, und würde mich ver-
hindern, demnächst einige andere Themata in Angriff zu nehmen, welche ich schon zu
Faden geschlagen habe und welchen ich meine Kräfte mit besserem Erfolge glaube zu-
wenden zu können.

A. Die Granulosa.

In den ersten 4—5 Tagen (nach Beginn der Furchung) wird die Keimblase ringsum
begrenzt durch eine homogene Membran, in welcher durch Tinctionsmittel zahlreiche
Kernreste nachweisbar sind (Taf. XYII Fig. 12). Ungefurchte Eier aus der oberen Plälfte
des Oviductes besitzen" als äussere Hülle die Granulosazellen (Taf. XVII Fig. 1).
Ich schliesse aus diesen Befunden, dass, während die Eier den Eileiter passiren (was
vielleicht einen Zeitraum von 2—3 Tagen beanspruchen mag), die Granulosazellen sich
allmählig in eine Membran verwandeln, welche ich Granulosamembran nenne.

Mit der Vergrösserung der Keimblase verdünnt sich auch die Granulosamembran.
Gegen Ende des dritten oder im Anfange des vierten Tages, wo sie nur noch als dünne
Hülle erscheint u.nd der Wand der Keimblase fest anhaftet, verklebt dieselbe im Be-
reiche des Gefässhofs locker mit der Uterinschleimhaut. Oeffnet man zu dieser
Zeit einen Uterus, so zeigt sich derselbe mit wasserheller Lymphe prall gefüllt, während
die Keimblasen, hier und da, lose an der Wand ankleben. Die Thatsache, dass die An-
haftung ausschliesslich und immer im Bezirke der Area vasculosa geschieht, vermag ich
mir nur durch die Annahme zu erklären, dass die Granulosamembran an dieser Stelle
erweicht und klebrig geworden ist.

Im Verlaufe des fünften Tages wird die Resorption dieser Membran eingeleitet
und 5 Mal 24 Stunden nach Beginn der Furchung liegt an der dem Gefässhofe abge-
wandten Hälfte der Keimblase schon das Ektoderm frei zu Tage. Der freie zuge-
schärfte, lappige Rand der Granulosamembran reicht noch etwas über den Fruchthof
hinaus (Taf. XXIII Fig. 1). Nachdem dann gegen Ende des sechsten Tages die Wand der
Keimblase begonnen hat runzelig zu werden und mit ihren Falten in d.ie Krypten der
Uterusschleimhaut einzudringen, schwindet auch der letzte Rest der Granulosamembran.

Die Function der Granulosa wäre demnach folgende. So lange das Eileiter-Ei
noch nicht befruchtet ist, liegen die Granulosazellen als schützende Decke locker auf
dem Eiweissmantel und gestatten den Spermatozoen den Durchtritt; sobald diese aber
in das Ei eingedrungen sind, verflacht sich die Granulosa zu einer festen Membran.
Bald darauf lockert sich der den Gefässhof überdeckende Theil und dient dem Ei als

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Haftfläclie. Nachdem auf diese "Weise die innige Berührung des Glefässhofs mit der
Uteruswand hergestellt ist, schwindet die Granulosamembran an der freien Fläche
der Keimblasen und nun wachsen alle Keimblasen mit ihren gegenseitigen Berührungs-
stellen zusammen, halten sich dadurch gegenseitig fest u^nd sichern damit auch für die
Zukunft die günstigsten Ernährungsbedingungen der Frucht, da der Gefässhof jeder
Keimblase mit der Uterus Schleimhaut in Contact geblieben ist. Dann erst wird auch
der Eest der Granulosamembran resorbirt, — sicherlich zum Vortheile der Frucht; denn
ihre Anwesenheit würde von nun an dem Uebertritt der Nährflüssigkeit des Uterus in
die Keimblase eine Schranke entgegenstellen.

B. Der Eiweissmantel

ist im Eierstocksei noch nicht Yorhanden, wie ich aus Schnittserien durch mehrere Ova-
rien schliesse. Während das Ei im Oviduct hinabsteigt, lagert sich das Eiweiss allmählig
in concentrischen Schichten unter der Granulosa ab und erreicht endlich eine bedeutende
Dicke (Taf. XVII Fig. 1 und 3), — ähnlich wie dies bei einigen anderen Säugethieren
beobachtet ist. Nach Beginn der Gastrulation wird dann der Eiweissmantel resorbirt
und zwar schreitet die Auflösung in der Nähe des vegetativen Poles der Gastrula rascher
vorwärts als an der gegenüberliegenden Seite. Ungefähr einen halben Tag nach Beginn
der Furchung fängt die Keimblase und damit zugleich der Eiweissmantel an, sich aus-
zudehnen, das Eiweiss schwindet mehr und mehr, so dass am dritten Tage, oder zuweilen
etwas später, über dem Fruchthofe selten noch Spuren davon aufzufinden sind (Taf. XIX
Fig. 2 und 6), während ausserhalb desselben die Verflüssigung und Assimilation bis in
den fünften Tag hinein währt.

Ich vermag zwar nicht zu unterscheiden, ob der Eiweissmantel des Säugethiereies
das gleiche Gebilde wie bei den Sauropsideneiern sei, aber ich glaube, dass die Parallele
richtig ist. Die Granulosamembran des Opossum wäre dann der Dotterhaut der Vögel
und Eeptilien homolog, während bei den meisten Piacentalien eine solche Dotterhaut
entweder nur bei dem jungen Eileiter-Ei in der Gestalt der Granulosa erhalten bleibt,
dann aber abfällt, oder aber — was ich wegen Mangels an eigener Erfahrung nur ver-
muthungsweise aussprechen kann — in manchen Fällen, wie z. B. beim Kaninchen als
sog.
„rauber\'sche Zellen" erscheint.

Die letzten Reste der Eiweissschicht finden sich bisweilen noch an Chorien aus-
getragener Embryonen, in der Eegel aber fallen sie 2—3 Tage früher der Eesorption
anheim, indem sie zugleich mit der Verschmelzung der Chorien und der damit verbun-
denen erneuten Thätigkeit der Ektodermzellen schwinden. Unter 27 Keimblasen von
5 Tagen lag in mehr als 20 Fällen je ein knöpf- oder warzenartiger Vorsprung des
Ektoderms an der gegenüberliegenden inneren Seite der Keimblasenwand, von ungefähr
gleicher Beschaffenheit, wie dies Fig.
s Taf. XX zeigt; in 3 Fällen waren mehrere solcher
Wucherungen vorhanden, in einigen fehlten sie ganz.

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C. Das Amnion.

Bevor icli auf die eig-entliümliclie Besch äff enlieit und Function des Amnion näher
eingehe, will ich einer Entdeckung gedenken, welche
van Beneden und julin (No. 6)
beim Kaninchen und der Fledermaus machten. Nach der durch instructive Abbildungen
erläuterten Beschreibung dieser Forscher ist der ganze Vordertheil des Kaninchenembryo
anfangs von einem „Proamnion" umhüllt, welches nur aus Ektoderm und Entoderm
besteht. Dieses Proamnion schwindet aber in dem Maasse als das eigentliche, aus Ekto-
derm und Mesoderm zusammengesetzte hintere „Amnion" sich vergrössert, und der
Embryo zieht sich schliesslich ganz in das letztere zurück. Nicht nur beim Kaninchen,
sondern auch bei allen (?) Nagern mit invertirten Keimblättern, ferner beim Hunde, bei
der Eidechse und beim Hühnchen entstehe ein solches Proamnion und sei vermuthlicli
das Attribut aller Amnioten.

Nach dieser Darstellung soll also das Proamnion ein transitorisches Organ sein,
welches allmählich durch das eigentliche Amnion vollständig verdrängt wird. Sicherlich
trifft das in den meisten Fällen zu, aber ich kann hier drei Beispiele anführen, in denen
1) das Proamnion überhaupt nicht auftritt, 2) anfänglich weder die hintere noch die
vordere Amnionfalte Mesoderm oder Entoderm enthalten, 3) das Proamnion als dauern-
des, hingegen das eigentliche Amnion als transitorisches Gebilde erscheint.

1) Bei der Maus und Ratte (Heft I und HI dieser „Studien") besteht die vordere
Amnionfalte schon im Anbeginn ihres Auftretens aus Ekto- und Mesoderm, grade ebenso
wie die hintere; niemals betheiligt sich das Entoderm an diesen FaltenDildungen.

2) Beim Meerschweinchen wird vorderes und hinteres Amnion anfangs ganz allein
vom Ektoderm gebildet und erst später erhält sowohl das wahre wie das falsche Amnion
einen Beleg von Mesodermzellen; das Entoderm bleibt unbetheiligt (Heft III Fig. 69—^75),

3) Beim Opossum umhüllt das aus Ekto- und Entoderm bestehende Kopfamnion
(wie ich das von
van Beneden und Julin als „Proamnion" bezeichnete Gebilde nennen
will) vier Tage nach Beginn der Furchung ungefähr das vordere Drittel des Embryonal-
körpers, während das Rumpfamnion, welches aus Ekto- und Mesoderm zusammen-
gesetzt ist, dessen hintere zwei Drittel umfasst. Am Ende des fünften Tages sind beide
Falten fast gleich gross und am Ende des sechsten Tages ist der ganze Embryo aus-
schliesslich vom Kopfamnion (Ekto- und Entoderm) umkleidet, während das Rumpfamnion
sich hinter den Schwanz zurückgezogen hat (Tafel XXY—XXYI). Das Kopfamnion
spielt also hier die Rolle eines Dauerorgans, hingegen ist das Rumpfamnion das transi-
torische Gebilde geworden.

In allen diesen Fällen und auch bei den übrigen Amnioten erscheint nur das
Ektoderm als der einzige constante Factor für die Bildung des Amnion. Zur Festigung
dieser ektodermalen Amnionfalten werden dann die anderen beiden Keimblätter zugezogen,
vorne meistens das Entoderm, da das Mesoderm hier noch fehlt, hinten die Somatopleure,

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Aber von dieser Eegel giebt es Ausnahmen; denn wenn zur Zeit wo die vordere Amnion-
falte sicli erhebt, in diesem Bereiche schon Mesodermgewebe vorhanden ist, dann über-
nimmt dieses die Versteifung der Falte und das Entoderm bleibt von der Amnion-
bildung vollständig ausgeschlossen (ßatte und Maus); fehlt dagegen das Mesoderm noch
vollständig zur Zeit der Amnionanlage, so können beide Amnionfalten aus nur einer
ektodermalen Lamelle bestehen (Meerschweinchen). Ausnahmslos aber wird die ektoder-
male Amnionfalte durch ein zweites Blatt, sei es früher oder später, verstärkt, jedoch
hängt es sicherlich von Nebenumständen ab, ob z. B. das Kopfamnion dauernd aus Ekto-
und Entoderm bestehen bleibt (Opossum), oder ob zwischen beide Lamellen die Somato-
pleura des Eumpfamnion als sackartige Erweiterung sich einschiebt und so Ekto- und
Entoderm auseinander drängt. Wollte man die Amnionfalten, je nach der verschieden-
artigen Betheiligung der Keimblätter an ihrem Aufbau, mit besonderen Namen belegen,
so wäre hiermit, wie mir scheint, wenig gewonnen, zumal die Sache nicht von so grosser
ichtigkeit ist. Das Wesen dieses Processes liegt gewiss nur darin, den Embryo mit
einer Hülle zu umgeben, und da die Entstehungsgeschichte dieser Embryonalhülle auf
ganz plausible Weise durch das Einsinken des specifisch schwereren Embryo in den
Dotter erklärt werden kann, in Folge dessen die zu Flächen ausgebreiteten Keimblätter
den Embryo überwallten und endlich vollständig einhüllten, da ferner die Amnionhöhle
doch immer vom Ektoderm ausgekleidet wird und stets nur eine einzige Amnionhöhle
vorhanden ist, so kann ich die verschiedenen Amnionfalten trotz ihrer differenten Structur
doch nur für ein einheitliches Organ ansprechen. Grade aus der Variabilität der Structur
darf auf ihre genetische Zusammengehörigkeit gefolgert werden; die Bezeichnung „Pro-
amnion" erscheint mir deshalb nicht passend, und ich halte es für richtiger, die Amnion-
falten mit solchen Namen zu belegen, welche nicht sowohl ihre wechselnde Beschaffen-
heit oder die variable Zeitfolge ihrer Entstehung, sondern vielmehr ihre ursprüngliche
Lagebeziehung zum Ausdruck bringen.

Noch eine Bemerkung habe ich hier beizufügen, van Beneden und Jülin be-
trachten den Act der Blätterumkehrung bei Nagethieren — wenn ich ihre Meinung richtig
verstehe —■ so zu sagen als eine vorzeitige Amnionbildung. So gerne ich mich ihrer
Deutung anschliesse, dass der von mir als „Träger" bezeichnete Abschnitt des Ektoderms
identisch sei mit dem „epiblastischen Hufeisen" des Kaninchenembryos, welches allmäh-
lich mit dem üterinepithel verschmilzt, so leuchtet mir doch nicht ein, wie die Amnion-
bildung mit der Inversion der Keimblätter in Beziehung gebracht werden könne? Viel-
mehr geschieht die Amnionbildung bei Hatte und Maus nachdem die Blätterumkehrung
vollendet ist; danach erst bilden sich die Amnionfalten in ganz typischer Weise, und der
ganze Unterschied zwischen der Bildung einer amniotischen Höhle bei den Nagern mit
invertirten Keimblättern einerseits, und den übrigen Amniuten anderseits läuft schliesslich
darauf hinaus, dass sich das Ektoderm bei jenen während der Gastrulation (wo die
Distanzen noch klein sind und Verschiebungen leicht von Statten gehen) über dem Ort

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der BlätterinYersion zus amm ens clinürt und dadurch eine Höhle formirt, innerhalb
welcher die Amnionfalten sich erheben — während bei den übrigen Amnioten eine solche
5,Ueberamnionhöhle" oder „falsche Amnionhöhle\'-\' nicht vorgebildet wird. Aber diese Ab-
schnürung einer vor-amniotischen Höhle steht doch in keinem inneren Connex mit der
Entstehung der Amnionfalten selbst, wie die Embryologie der Ratten und Mäuse genug-
sam beweist, während beim Meerschweinchen diese Verhältnisse allerdings etwas schwie-
riger zu verstehen sind, aber meines Erachtens nur in der angegebenen Weise un-
gezwungen erklärt werden können. Wollte man die Entstehung des Trägers als Amnion-
bildung deuten, so müsste das eigentliche Amnion als Neubildung betrachtet werden,
eine Anschauung, welche der ernstlichen Widerlegung garnicht bedarf.

Nach dieser einleitenden Bemerkung will ich nunmehr die Gestalt und
Function des Amnion beim Opossum ausführlicher besprechen.

Die erste Anlage desselben ist mir unbekannt geblieben. Drei Tage nach Beginn
der Furchung ist nur die hintere Amnionfalte schwach angedeutet, und 24 Stunden später
ist der Embryo nahezu ganz vom Amnion eingehüllt; Zwischenstadien konnte ich nicht
bekommen, kann daher auch nicht entscheiden, an welcher Stelle das Kopfamnion
sich anlegt.

Ich beginne daher mit der Schilderung des Amnion fünf Tage nach Beginn der
Furchung.

Auf Tafel XXIV ist diese Configuration des Kopf- und Eumpfamnion dargestellt;
der Amnionnabel ist noch offen und von der Granulosamembran überdacht (Fig. 1, Zr),
Das Kopfamnion (Ekto- und Entoderm) umhüllt Kopf- und Halsgegend, das Eumpf-
amnion (Ekto- und Mesoderm) den Hinterkörper des Embryo; beide stossen unmittelbar
an den Venae omphalo - mesentericae zusammen und verlöthen sich hier dauernd. Die
Grenzlamelle zwischen Kopf- und Eumpfamnion ist jetzt sowohl wie bis zur Geburt
immer im Niveau der Dotternabelvenen zu suchen! Vergl. Tafel XXVI Fig. 3
die schmale Lamelle zwischen den beiden Venen Vom. Auf den Abbildungen der Tafel
XXIV ist diese Grenzlamelle noch vielfach gebuchtet; denn während das Eumpfamnion
sich rasch nach vorne ausbreitet und den Eand des Aninionnabels fast allein bildet, so
senkt sich der Hinterrand des Kopfamnion in Gestalt einer Niesche oder Tasche mitten
zwischen das Eumpfamnion ein, um mit einer schmalen Stelle noch den Eand des Ani-
nionnabels zu erreichen. Zur Veranschaulichung dieser, etwas complicirten Gestaltungen
habe ich auf Tafel XXIV zwei perspectivische Figuren beigefügt: in Figur 3 ist das
gesammte Entoderm mit blauem, in Figur 4 das Eumpfamnion nebst Gefässhof mit
rothem Farbentone bezeichnet. Man denke sich beide Figuren in einander gefügt, um
eme richtige Vorstellung von der Ausbreitung des Kopf- und Eumpfamnions zu erhalten.
Die durch einen Pfeil bezeichnete Niesche des Kopfamnion der Figur 3 fügt sich zwischen
die hohlen Vorbuchtungen iii der Figur 4 ein; der Amnionnabel amn erscheint zum

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gTössten Theile vom Rumpfamnion und nur an einer kleinen Stelle Tom Kopfamnion
umrandet. In dem Felde B — aber auch nur hier — fehlt das Entoderm; unter dieser
Fläche liegt die sog. Interamnionhöhle des Eumpfamnion. Beiläufig sei bemerkt, dass
die Zipfel der durch einen Pfeil bezeichneten Tasche des Kopfamnion in Figur 3 solid
sind, wie aus den Querschnitten Figur 5 und 6 deutlich hervorgeht. Selbstverständlich
kann die Interamnionhöhle des Eumpfamnion niemals mit der Faltenhöhle (Msche) des
Kopfamnion in Communication treten, da die erstere bekanntlich ein Theil des Coeloms
ist, während die letztere mit dem Dottersack und Darm in offener Verbindung steht. Im
Betreff der weiteren Details vergleiche man die Figurenerklärung der Tafeln XXIII
bis XXIV, ferner die Holzschnitte auf Seite 136.

Die Veränderungen, welche die beiden Amnionfalten in den nächsten 24 Stunden
erleiden, sind auf Tafel XXVI zur Anschauung gebracht. Aus Figur 2 ist ersichtlich,
wie der Embryo von der Eiperipherie nach Innen gerückt ist, wie zugleich mit der Ver-
grösserung des Körpers auch das Kopfamnion gewachsen ist, und wie ferner die „Inter-
amnionhöhle" des Eumpfamnion i durch die gegen das Eicentrum auswachsende Allantois
All ausgebaucht wurde (I; Tafel XXV Fig. 2). Der im Querschnitt dreieckige Stiel, an
welchem der Embryo aufgehängt erscheint, wird aus folgenden Zellenschichten gebildet:
Innen ist er durchweg austapeziert vom Mesoderm, Aussen wird er vom Entoderm um-
kleidet; zwischen diesen Zellenplatten liegt in der schmalen, von den Venae omphalo-
mesentericae flankirten Lamelle noch ein doppeltes Ektodermblatt, während die breiten
über die Allantois sich ausspannenden Wandungen lediglich aus Entoderm und Splanchno-
pleura bestehen. Diese Verhältnisse lassen sich leicht aus der Figur 2 Tafel XXIV con-
struiren, wenn man sich den Amnionnabel geschlossen denkt, also die Nischentasche des
Kopfamnion mit dem Umschlagsrand des dahinter gelegenen Eumpfamnion in Berührung
und flächenhafter Verschmelzung; zugleich wird auf diese Weise klar, dass auf dem Felde
B (Fig. 3) niemals Gefässe auftreten können, da dasselbe ■ ausschliesslich von Ektoderm
und Somatopleura gebildet wird, während die Splanchnopleura, also auch das Gefässblatt
in diesem Bereiche fehlt.

Scliliesslich sei noch bemerkt, dass die Somatopleura des Eumpfamnion zwischen
die Blätter der hinteren Zipfel der Kopfamnionnische in Form einer soliden Zellplatte
einwuchert, sodass der Amnionnabel unmittelbar vor seinem Verschlusse ringsum eine
Einlage von Mesodermgewebe besitzt (Taf. XXIV Fig. 6—8).

Im VIII. Capitel ist die physiologische Erklärung gegeben, warum das Gesammt-
amnion des Opossum nicht jene Ausbildung erreicht wie bei allen übrigen Amnioten,
sondern mitten in seiner Entwickelung plötzlich Halt macht: das Amnion der Beutel-
thiere ist eine, durch die eigenthümliche Art der Ernährung nothwendig bedingte Hem-
mung s b i 1 d u n g.

Selenka, Entwickelungsgeschichte. IV. 27

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D. Cliorion.i)

Bevor ich dazu übergehe die Veränderungen zu beschreiben, welche die Keim-
blasenwand während des üterinlebens erleidet, will ich die hier gebrauchten Bezeichnun-
gen erläutern.

Ich verbinde damit eine Vergleichung der Keim blasen wand beim Opossum
und bei den placentalen Säugern, die sich durch die Besprechung der bisher
üblichen Benennungen gleichsam von selbst ergiebt.

Wenn man die Eihüllen der Säugethiere zu verschiedenen Zeiten ihrer Entwicke-
lung miteinander vergleicht, so zeigen sich die grössten Unterschiede. Der Zeit nach
lassen sich folgende Phasen aufstellen.

1. Nachdem die Furchung abgelaufen, ist bei allen Keimblasen ein äusserer Mantel
von Ektodermzellen zu finden, welcher entweder in dieser Form bis zum Ende des
Foetallebens persistirt (Opossum), oder zum grössten Theil zur Membran sich verflacht
unter Schwund der Kerne
(RAUBER\'sche Zellen der Placentalia), und dann meist wieder
durch neue Ektodermzellen ersetzt wird, bisweilen jedoch nicht (Nager mit invertirten
Keimblättern; siehe Heft III dieser Studien). Die äussere Lage von Ektodermzellen, wo
diese überhaupt später vorhanden, ist also nicht bei allen Säugethierkeimblasen, in streng
morphologischem Sinne, identisch oder „homolog«. Für die Weiterentwickelung der Em-
bryonen scheint dieser Unterschied jedoch irrelevant, und man kann ihn einstweilen ausser
Acht lassen. Bei vielen Placentalia gehen in einer späteren Entwickelungsphase auch die
an Stelle der
RAüBER\'schen Zellen getretenen Ektodermzellen der Keimblase in Folge der
Placenta - Bildung theihveise zu Grunde, bei anderen geschieht dies nicht (Schaf, nach
Bonnet). Mit spärlichen Ausnahmen ist demnach die Keimblase wenigstens eine Zeit
lang aussen von Ektodermzellen begrenzt, und diese nenne ich nach dem Vorgange
K. E.
von Baer\'s das „Exochorion".

2. Unter dem Exochorion findet sich anfänglich ein einschichtiges Lager von
Entodermzellen; nur beim Meerschweinchen breiten sich diese letzteren nicht voll-
ständig aus, sondern lassen einen Theil der ursprünglichen Ektodermzellen (hier
Rauber-
sche Zellen) frei, so dass der Dottersack auffallender Weise nicht geschlossen wird. Von
dieser einzigen Ausnahme darf man absehen, wenn es sich um Darstellung typischer Ver-
hältnisse handelt. Aber ein anderer, wichtiger Unterschied verdient volle Beachtung.
Während bei allen Placentalia diese Entodermlage später vom Exochorion räumlich ge-
trennt wird, so bleibt dieselbe beim Opossum zu etwa des Eiumfangs bis zur Geburt
fest mit dem Exochorion verlöthet! (Holzschnitt C.), — Ich halte es für unnöthig,
für die aus Exochorion -h Entoderm zusammengesetzte Keimblasenwand einen neuen

1) Unter „Chorion" verstehe ich die „Keimblasenwand" oder „Eiwand", ohne Rücksichtnahme auf die Structur.

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Namen einzuführen, wiewohl diese Structur fast bei sämmtlichen Säugethiereiern, wenn
meistens auch nur transitorisch vorkommt.

3. Zwischen Exochorion und Entoderm dringt alsbald das Mesoderm ein und
spaltet sich in die Somato- und Splanchnopleura, sodass schliesslich die Somatopleura mit
dem Exochorion verlöthet wird, während das Entoderm sich von der äusseren Eiwand
loslöst und nebst der Splanchnopleura den „Dottersack" bildet. — Die aus Exochorion
und Somatopleura bestehende Hülle nannte
VON Baer die „seröse Hülle". TüRNER
hat den Ausdruck „subzonale Membran" vorgeschlagen; weil jedoch die „Zona"
schon frühzeitig schwindet, so gebraucht
Bonnet das Wort „amniogenes Chorion"
oder auch „Primitivchorion". Gegen letzteren Ausdruck ist einzuwenden, dass das
primitive Chorion doch eigentlich aus Ektoderm und später auch noch aus Entoderm
besteht, und ferner dass grade bei den Vorfahren der Placentalia, nämlich den Beutel-
thieren, die Keimblase nur in ganz geringer Ausdehnung aus Ekto- und Mesoderm zu-
sammengesetzt wird (Holzschnitt C, i). Geeigneter wäre der Ausdruck „Prochorion", der
jedoch von
Hensen für die Zona Gallertschichte des ungefurchten Säugethiereies an-
gewendet wurde. Ich werde mich deshalb an die
BAER\'sche Bezeichnung halten, oder,
wenn Verwechselungen nicht möglich sind, schlechthin den Namen „Chorion" gebrauchen.

4. Schwieriger wird es, die weiterfolgenden Veränderungen der Keimblasen wand
durch passende und mundrechte Worte zu charakterisiren, weil sich gar grosse Differenzen
einstellen. Ich schlage vor, als „Allantois-Chor ion" oder Placentar - Chorion den
Theil der Keimblasen wand zu bezeichnen, gegen welchen sich die Allantois mit ihren
Gefässen anlegt, als „Dottersack-Chorion" diejenige Region, welche mit den Gefässen
des Dottersacks (bei manchen Säugethieren) verschmolzen bleibt. Das Wort „Chorion"
bleibt dann als allgemeine Bezeichnung für die Keimblasenwand übrig und kann in
gleichem Sinne wie „Keimblasenwand" benützt werden, ohne Rücksicht aus welchen Ge-
websschichten dieselbe bestehen mag. In letzterem Sinne wurde ja auch der Ausdruck
„Chorion" von den älteren Embryologen gefasst, und ich halte es nicht für praktisch,
mit
Balfour die Bezeichnung „wahres Chorion" (= Allantoischorion) und „falsches
Ch orion" (= Dottersackchorion) in so beschränkter Bedeutung anzuwenden, wie er es
will. — Zweckmässiger und richtiger wäre es, von einem Euch orion (= Allantois-
Corion) und Pseudoch orion (= Dottersack-Chorion) zu sprechen.

Nach diesen einleitenden Bemerkungen schreite ich zur Beschreibung des Chorion
beim Opossum.

Wie bereits sub 2 erwähnt worden, persistirt der grösste Theil des Chorion in
seinem frühesten Bau bis zur Geburt, besteht also nur aus Ektoderm und Entoderm (Holz-
schnitt C); der übrige Theil ^— je nach der Entwickelungsstufe der Keimblase Ys bis %
des Chorion umfassend — wird dauernd von dem Gefässhofe, d. h. den Dottersackgefässen,
eingenommen, innerhalb deren stets eine gefässfreie Stelle zu finden ist (seröse Hülle =
Ektoderm Somatopleura; Holzschnitt C, sh).

Jk

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Der Gefässhof ist in der ersten Anlage rundlich; bei dem 3 Tage alten Embryo
zeigt er einen ovalen Umriss (Taf. XXI Fig. 1); 24 Stunden später erscheint er wieder
rundlich (Taf. XXII Fig. 1 st, g). Zu dieser Zeit sind die Gefässbahnen schon deutlich
abgegrenzt, wie aus den Querschnitten ersichtlich. Da Wo die Ränder des Amnionnabels

All Allantois
am Amnionhöhle
D Dottersack

d der vorgestülpte Theil des
Dottersacks (Nische)
dk Dottersackkreislauf (Gefäss-
hof)

E Einhryonalkörper
J Interamnionhöhle (Coelom)
i Haftstiel des Embryo
ka Kopfamnion

ra Eumpfamnion
sJi seröse Hülle
st sinus terminalis

Die Pfeile deuten die Wachsthumsrichtung an, die punktirte Linie das Entoderm, die dicke Contourlinie das Mesoderm,

die feine das Ektoderm.

sich gegeneinander biegen, liegt die gefässfreie Region, sodass der Gefässhof also stets
die Gestalt eines breiten Ringes besitzt, mit einer excentrisch gelegenen, gefäss-
freien Stelle (Taf. XXIV, das Feld B in Figur 3, das Feld I in Figur 4). Diese gefäss-

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freie Stelle zeigt Anfangs den Umriss einer Pfeilspitze, wird aber am sechsten Tage schon
auf ein kleines dreieckiges Feld beschränkt, auf dessen Rändern sich im Innern der Keim-
blase der dreikantige hohle Haftstiel des Embryos erhebt (Holzschnitt C; Taf. XXVI
Fig. 2, 4 und 5 i). — Wie oben bereits bemerkt wurde, bleibt der Gefässhof des Opossum
von Anfang bis zu Ende der Embryonalentwickelung mit dem Exochorion vereinigt und
bildet einen Abschnitt der Keimblasenwand als gefässführendes „Dottersackchorion." •—

Anders verhält sich der Gefässhof aller anderen Amnioten: Anfangs mit dem Exo-
chorion verschmolzen, wird er durch die sich erhebenden Amnionfalten, d. h. durch die
Spaltung des Mesoderms in Somato- und Splanchnopleura, von der Keimblasenwand ab-
gehoben und in\'s Innere der Keimblase hineingezogen, wodurch er seine Bedeutung als
Athemorgan einbüsst. Der Gefässhof des Opossum kann hingegen vermöge seiner ober-
flächlichen Lage dauernd als
x^themorgan und Xährorgan functioniren, der der übrigen
Säugethiere erfüllt nur während des frühesten Embryonallebens diese Rolle, um bald durch
die Allantois abgelöst zu werden. Diese Verhältnisse sind im VIIL und IX. Capitel
näher ausgeführt.

Die ausserhalb des Gefässhofs liegenden Flächen der dicht aneinander gelagerten
Keimblasen des Opossum beginnen während des sechsten Tages der Trächtigkeit innig
und dauernd gegenseitig zu verwachsen (Taf XXVIII Fig. IS), so dass alle in einem
Uterus gelegenen Keimblasen zu einem einzigen Körper verschmelzen. Höchst selten
und nur zufällig wird ein kleines Stück eines Gefässhofs, da wo derselbe mit dem Uterus-
epithel etwa nicht in Berührung gestanden hatte, in die Verwachsungslam eile mit hinein-
gezogen (Taf. XXVI Fig. 1 B). Gegen Ende des sechsten Tages beginnt das Dottersack-
chorion sowie die nicht zur Verschmelzung gelangten gefässfreien Flächen des Chorion
Ausbuchtungen zu treiben, welche sich in die Krypten des Uterus versenken, ohne jedoch
mit dem Uterusepithel zu verwachsen (Taf XXVIII Fig. 1 und 2 Ch). Die Chorionfläche
vergrössert sich auf diese Weise continuirlich bis zum Ende des Foetallebens, und je älter
die Frucht, um so reicher gliedern sich die Ausbuchtungen in Falten und Fältchen (Taf.
XXVIII Fig. 2 Ch), während die Blutbahnen des Dottersa.ck-Chorion immer zahlreicher
werden und zugleich, wie mir schien, grösstentheils an Dicke etwas zunahmen.

Im Laufe des siebenten und achten Tages ändert sich die Form der Exochorion-
Zellen im Bereiche des Gefässhofs. Bei weitem der grösste Theil dieser Ektodermzellen
dehnt sich aus und nimmt blasige Form, an, unter gleichzeitiger Vergrösserung der Kerne
(Taf XXVIII Fig. 5 d). In diesem Felde von blasigen Zellen bemerkt man gegen Ende
der Incubation vereinzelte Fleckchen kleinerer nahezu kubischer Ektodermzellen (c und a)
und hier und da sah ich an Schnitten sogar eine Andeutung von Zottenbildung (b) mit
axialen Mesodermzellen. Diese Zöttchen enthalten jedoch niemals Gefässe, wie ich bestimmt
versichern kann, und da sie nur äusserst spärlich vorkommen, so darf man auf ihre Existenz
keinen besonderen AVerth legen.

Auch ausserhalb des Gefässhofs vergrössern sich die meisten Exochorionzellen, so-

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weit sie nicht mit denen benachbarter Embryonen zur Scheidewand verwachsen sind; aber
ihre Form ist unregelmässiger, und meistens sind sie etwas kleiner als in der Eegion des
Gefässhofs. Ausserdem trifft man im gefässfreien Chorion grössere Bezirke von kleineren
kubischen Zellen an.

Die Entodermzellen des Chorion verändern gleichfalls vielfach ihre Gestalt
während der letzten zwei Tage des Foetallebens, Sie werden cylindrisch oder birnför-
mig, zumal in der Nähe der grösseren Blutgefässe. Streckenweise behalten sie aber ihre
frühere abgeplattete Form bei oder nehmen nur wenig an Volumen zu. Dies war z. B.
an dem Präparate der Fall, welches auf Tafel XXVIII in Fig. 5 abgebildet ist, während
an anderen Stellen die Cylinder- oder Birnform deutlich ausgesprochen war (Taf. XXVI
Fig. 6 en).

XTiemals war eine feste Verbindung des Chorion mit dem Uterusepithel oder auch
nur eine Verlöthung nachzuweisen. (Siehe hierüber das IX. Capitel.)

Em einziges Mal fand ich zwischen dem Chorion eines fast ausgetragenen Foetus
und dem Uterusepithel einen frei liegenden Fetzen einer homogenen Membran, offenbar
ein nicht resorbirtes Stück der Granulosamembran.

Die enorme Vergrösserung, welche die Exochorionzellen erleiden, erinnert an die
gleichen Vorgänge bei den Nagern mit invertirten Keimblättern (Heft III, Tafel XIV).
In beiden Fällen vermitteln die blasigen Ektodermzellen die Zufuhr von Uterinmilch in
die Keimblasenhöhle.\' Aber während die embryonalen „Nährzellen" bei jenen Nagern
nur während der ersten Tage der Entwickelung diese Aufgabe erfüllen, um sodann zur
Membran sich zu verflachen, so erhalten sie beim Opossum diese Gestalt in den letzten
zwei Tagen vor der Geburt.

Ueber die Mesodermlage des Chorion habe ich beizufügen, dass in der Eegion
des Gefässhofs eine Unterscheidung der Somato- von der Splanchnopleura nicht möglich
ist. Eine merkliche Vergrösserung der Mesodermzellen findet überhaupt in der ganzen
Ausdehnung der Keimblasenwand nicht statt.

Eine sonderbare Gestalt zeigt der Gefässhof des auf Taf. XXVI in Figur 4 ab-
gebildeten Embryos von sechs Tagen (zwei Tage vor der Geburtszeit). Die auffallend
kleine Keimblase lag eingepfercht zwischen anderen normalen Eiern, der Embryo, in der
Entwickelung zurückgeblieben, war ein richtiger Mikrocephale. Umgekehrt war die Ent-
wickelung des Chorion weit vorausgeeilt, indem an vereinzelten Stellen des Gefässhofs
dunklere, schon mit blossem Auge sichtbare Flecken hervortraten; die mikroskopische
Untersuchung ergab, dass dieselben durch die Vergrösserung oder Wucherung der Ekto-
und Entodermzellen entstanden waren (Fig. 6) — ein Verhalten, welches bei den normalen
Keimblasen erst später zur Beobachtung kommt.

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E. Entwickelung der Leibesform.

Die Entwickelung der Leibesforni gescMelit beim Opossum in gleicher Art wie bei
den übrigen Säugethieren. Nur folgende Unterschiede sind mir aufgefallen.

Keimblasen im Alter A^on drei Tagen zeigen schon einige Besonderheiten (Tafel
XXI). Obwohl sich die Medullarwülste noch nicht erhoben haben, sind doch schon vier-
zehn Urwirbelpaare angelegt. Der Kopftheil (Fig. 1), zu welchem vermuthlich die beiden
vorderen Urwirbel gehören, erscheint auffallend kurz, der Eumpf dagegen langgestreckt
und die Primitivrinne weit nach vorn verlängert. Der vordere Umschlagsrand der Hirn-
platte tritt auf Schnitten deutlich hervor (Fig. 2 y), während die Anlage des Mittelhirns
seitlich glatt verstreicht; unterhalb des letzteren strahlen die Zellenketten der Urwirbel-
masse radienförmig aus.

Verglichen mit den Embryonen der Placentalia eilt also der Eumpftheil des Opossum-
Embryo in seiner Entwickelung der Ausbildung des Vorderkopfes voraus. Dies Verhalten
hat vielleicht insofern einen tieferen Sinn, als es an die geringe Grösse sowohl der Hirn-
anlage als auch des ausgebildeten Gehirns bei Eeptilien erinnert. Auch bei dem Foetus
des Opossum und bei dem Neugebornen ist das Gehirn ein gutes Theil kleiner als bei
Placentalien von derselben Entwickelungsphase. Mit gleichem Eechte darf man die be-
trächtliche Verlängerung der Primitivrinne nach vorn als Eeminiscenz an die ähnlichen
Vorgänge bei Eeptilien betrachten.

Weiterhin macht sich bei den Opossum-Embryonen eine beschleunigte Ausbildung
der vorderen und eine retardirte Entwickelung der hinteren Extremität sowie des Schwanzes
bemerkbar. Zwar legt sich auch bei anderen Wirbelthieren in der Eegel die vordere
Extremität etwas früher an als die hintere, aber bei den Beutelthieren ist dieser Unter-
schied viel auffälliger. Diese Anpassungserscheinung steht im Einklang mit der Anfor-
derung, dass die Neugebornen sich in der Beuteltasche festhalten müssen. Möglich, dass
die Klauen der Vorderfüsse auch zum Zerreissen des Amnion und des Chorion während
des Geburtsaktes dienen müssen.

Als Anpassungserscheinung muss auch die Ueberwachsung der Augenliderspalte
und der Ohröffnung gedeutet werden. Der Kopf des Neugebornen ist ganz glatt, und
der Ort, wo Auge und Gehörgang liegen, ist oberflächlich garnicht zu erkennen (Tafel
XXIX Fig. 1—2).

Die Verwachsung der Seitenplatten des Körpers, die Kopfkrümmung sowie die
Bildung des hinteren Körperendes haben mir keine neuen Gesichtspunkte geliefert. Es sei
nur noch bemerkt, dass das neugeborne Opossum eine Kloake von beträchtlicher Länge
aufweist; bei den weiblichen Thieren persistirt die Kloake während des ganzen Lebens.

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lieber die in den folgenden Capiteln zu besprechenden Organe bemerke ich Fol-
gendes :

Wie oben erwähnt wurde, befinden sich sämmtliche Embryonen eines trächtigen
Thieres stets auf der gleichen Entwickelungsstufe. Um eine vollständige Entwickelungs-
reihe zu bekommen, wären daher einige Dutzend belegter Weibchen erforderlich, die sich
aber sehr schwer beschaffen lassen. Ich war schon recht befriedigt, als ich nach langer
Mühe endlich dreizehn verschiedene Stadien der Entwickelung zusammengebracht hatte,^
aber dieses Material reicht doch nicht aus zu einer detaillirten Entstehungsgeschichte
der einzelnen Organe, selbst wenn man sich auf die rein morphologischen Fragen
beschränkt. Die zahlreichen Schnittserien und eine Anzahl von Zeichnuno-en und Mo-

O

dellen, welche ich bereits angefertigt habe, geben mir nur ungenügende Auskunft über
die Entwickelung des Gehirns, des Geruchs- und Gehörorgans, der Lungen, des Zwerch-
fells, der Ur- und Dauerniere und des Skelets. Ich unterlasse es daher, meine Unter-
suchungen über diese Organe und Organsysteme schon an dieser Stelle zu publiciren^
weil die gewonnenen Resultate noch zu lückenhaft sind.

Zu meiner Freude ist es mir vor Kurzem gelungen, auch einige australische Beutel-
thier-Arten in der Gefangenschaft zu züchten, und wenn auch die Zahl der Embryonen
und Beuteljungen nicht allzu gross ist, so sind dieselben doch sehr geeignet, die an dem
Opossum aufgefundenen Thatsachen zu ergänzen.

Der Embryologie einiger australischer Beutelthiere, welche im
V. Hefte dieser „Studien" abgehandelt werden soll, werde ich demgemäss
auch noch mehrere, das Opossum betreffende Detailuntersuchungen anschliessen können.
In der vorliegenden Arbeit beschränke ich mich auf die Besprechung derjenigen Organe,
deren Entwickelung beim Opossum genauer verfolgt werden konnte.

VIIL Die Allantois.^)

Die Allantois der Sauropsiden spielt bekanntlich die wichtige Rolle eines em-
bryonalen Athemorgans, während sie bei den höheren Mammaliën die Ernäh-
rung und zugleich Athmung d.es Embryos vermittelt.

Die Allantois des Opossum ist dagegen als rudimentäres Organ zu betrach-
ten, indem sie weder die Function der Athmung, noch die der Ernährung übernimmt,
sondern beide Processe gänzlich dem Dotterkreislaufe überlässt; sie ist nicht mehr
Athemorgan geblieben wüe bei den Vorfahren, den Sauropsiden, und ist noch nicht
zum Nährorgan geworden wie bei den Nachkommen, den placentalen Säugethieren. Die

1) Ich gebrauche hier, sowie im ferneren Verlaufe der Darstellung die Ausdrücke „Dottersackkreislauf und „Gefäss-
hof als gleichwerthige; ebenso die Bezeichnungen „Chorion" und „Keimblasenwand".

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Ausbreitung der Blutgefässe in der Allantoiswand ist beim Opossum eine sehr spärliche,
beginnt sogar gegen Ende der Foetalperiode zurückzugehen, und da die Allantois niemals
mit dem Chorion in Berührung kommen kann, indem sich zwischen sie und das Chorion
noch eine andere Gewebsfalte einschiebt, so ist ihre einzige Bedeutung wohl nur die eines
foetalen Harnbehälters. Demnach muss man sie als degradirtes, rudimentäres Organ be-
trachten.

Die erste Anlage der Allantois geht in typischer Weise von Statten (Tafel XXV
Fig. 1 All), aber in ihrer weiteren Entwickelung schlägt sie doch eine ganz andere Bahn
ein. Um einen Ueberblick über diese Verhältnisse zu gewinnen, vergleiche man die
Holzschnitte A, B und C auf Seite 136, welche schematische Längsschnitte durch die Keim-
blase zur Anschauung bringen.

Die punktirte Linie bezeichnet das Entoderm, die zarten Linien den Ektoblast, die
dicken Linien die Splanchnopleura, und ferner

i? Embryonalkörper, ra Eumpfamnion,

All Allantois, am Amnionhöhle,

D Dottersack, dk Dottersackkreislauf,

/ Interamnionhöhle, st sinus terminalis,

ka Kopfamnion, i Haftstiel des Embryo,

sh seröse Llülle, d der eingestülpte Theil des Dottersacks.

In der Fig. A ist das Amnion noch offen, in Fig. B und C bereits geschlossen
gedacht.

Indem bei den Sauropsiden und plac ent alen Mammaliën die Allantois
sich in die Interamnionhöhle J (Coelom) vorstülpt (Fig. B), drängt sie den Dottersack vor
sich her und löset denselben successive vom Chorion los: Die Allantois kommt nunmehr
in direkten Contact mit der äusseren Keimblasenwand und der Oberfläche des Eies nahe,
sodass hierdurch bei den Sauropsiden der Athmung, bei den Placentalia zugleich der
Ernährung des Embryos Vorschub geleistet ist. — Beim Opossum dagegen (Fig. C)
ist der Dottersack, d. h. das Entoderm desselben, ein für alle Mal mit der Keimblasen-
wand unzertrennlich verwachsen, und die sich vergrössernde Allantois vermag den Dotter-
sack nicht vom Chorion zu lösen. Der Dottersack erleidet vielmehr durch die sich aus-
buchtende Allantois eine Einstülpung, und erscheint nunmehr als häutiger lockerer
Ueberzug der Allantois, als Nische, ohne aber jemals mit ihr zu verwachsen! In dieser
Gestalt kann die Allantois des Opossum offenbar nicht mehr die Eolle eines Athem- oder
Nährorgans erfüllen; denn selbst wenn sie durch fortgesetzte Vergrösserung die Peripherie
des Eies erreichte (was nicht geschieht), so würde immer noch die doppelte Wand des
eingestülpten Theils des Dottersacks d dazwischen liegen, ein Hinderniss, welches nur durch
Verwachsung der fünf Zellenplatten zu überwinden wäre und jedenfalls den Gasaustausch
in hohem Grade erschweren müsste. Die Behauptung geht also nicht zu weit, dass die
Allantois des Opossum, so wie sie ist, überhaupt nicht geeignet erscheint, Athmung und

Selenka, Entwickelungsgescliichte. IV. 9g

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Ernährung des Embryos zu vermitteln. Es fragt sich nun, warum und auf welche Weise
die Allantois der Beutelthiere ihre Bedeutung als Athemorgan einbüssen konnte? Das
erkläre ich mir folgendermaassen.

Vergleicht man die Eier der Sauropsiden mit dem des Opossum, so stellen sich
folgende Hauptunterschiede heraus. Der Dottersackkreislauf (Gefässhof) der Saurop-
siden vermittelt die Zufuhr von Nahrung aus Dotter und Eiweiss und von Sauerstoff
aus der Luft. Die Zufuhr von Sauerstoff ist aber keine sehr ergiebige, da derselbe so-
wohl Eihüllen wie Eiweissmantel durchsetzen muss, um zum Gefässhofe zu gelangen. Bei
dem weiteren Wachsthum des Embryos genügt jedenfalls diese indirekte Zufuhr von Sauer-
stoff nicht mehr, und sie kann später um so weniger ausreichen, als ja der Dotter selbst,
und damit auch der Dottersackkreislauf, sich continuirlich verkleinern! Ein anderes Or-
gan muss deshalb die Athmung ermöglichen, die Allantois, welche sich unter der
Eischale ausbreitet und eine grosse Berührungsfläche mit der für Gase permeabeln Schale
darbietet.

Diese Verhältnisse ändern sich mit einem Schlage bei den B eutelthi eren, wo
die Schale fehlt, die Eihaut äusserst zart bleibt, die Eiweissschicht dünn und vergänglich
ist und der Embryo den Sauerstoff nicht mehr aus der Luft beziehen kann, sondern der
Uterinmilch oder den Blutgefässen des Uterus entnehmen muss. Während also die Dotter-
gefässe der Sauropsiden stets von der Eischale räumlich weit entfernt sind, liegen diejeni-
gen des Opossum von vornherein hart unter oder vielmehr in der äusseren Eihülle,
welche sich mitsammt dem Gefässhofe während des Foetallebens stetig vergrössert;
der Gefässhof kann also hier die Eolle eines Nähr- und zugleich eines Athemorgans
spielen, indem er mit der von Gefässen durchsetzten und daher mit Sauerstoff beladenen
Uteruswand in Contact tritt. Eines anderen Athemorgans bedarf es also nicht, und die
Allantois wird wieder was sie ursprünglich bei den Amphibien war, ein „Harnsack",
dessen Lage und Gestalt sozusagen gleichgültig oder doch wenigstens von untergeordneter
Bedeutung erscheint. Ja noch mehr. Für das jüngere Opossum-Ei muss es vielmehr
als ein günstiger Umstand bezeichnet werden, wenn die Allantois sich nicht fest gegen
die Eihülle anlegt, weil diese hierdurch verdickt und also die Diffusion der flüssigen
Uterinmilch in die Dottersackhöhle erschwert würde. Beim Opossum nun insbesondere, wo
alle Eier mit ihren gefässfreien Flächen dauernd verwachsen, hätte die Ausbreitung der
Allantois unter der Eihülle gar keinen Sinn!

Aus dieser Betrachtung wird zugleich klar, warum die Beuteljungen nicht „aus-
getragen", vielmehr in auffallend frühem Stadium geboren werden: Die Nahrungs-
zufuhr durch die Ei-Wand und durch den Dottersackkreislauf genügen dem gesteigerten
Nahrungsbedürfnisse des Embryos nicht mehr, und die „unreife" Frucht, welche noch
sackförmige Lungen besitzt und deren Urnieren noch in voller Thätigkeit sind, wird aus
dem Uterus entfernt, um in dem Secret der Milchdrüsen einen reichlicheren Nahrungs-
quell vorzufinden.

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Wenn nun dennoch die Allantois der placentalen Säugethiere sich bis an
die äussere Eihülle ausdehnt und ihre Blutgefässe zu einer Gefässscheibe entfaltet, so kann
diese Umgestaltung nur dann nutzbringend für den Embryo sein, wenn die Allantois-
gefässe mit der gefässreichen Uterus wand in intimere Beziehung treten als dies bei den
Dottergefässen der Fall ist: Dann erst vermag die Allantois wieder als Athemorgan und
zugleich allerdings auch als Nährorgan zu functioniren, grade wie der Dottersackkreislauf
es vorher that.

Mehrere andere Thatsachen sprechen noch für die Ivichtigkeit dieser Auffassung.
So finden wir z. B. in der Placenta des Kaninchens einen hübschen Beleg, dass sich am
Aufbau derselben nicht nur die Gefässe der Allantois, sondern auch des Dottersacks (wenn
letztere auch • nur in ganz geringem Maasse) betheiligen. Eine Zeit lang sind ja beide
Gebilde bei allen Placentalia gleichzeitig in Thätigkeit, und es wird von verschiedenen
Bedingungen, so z. B. von der Gestalt und Lagerung des Eies, abhängen, in welcher Weise
die Rückbildung des Dottersackkreislaufs und die Entfaltung des Allantoiskreislaufs vor
sich geht. Bei der ursprünglichen Form der (indeciduaten) Placenta war vermuthlich die
ganze Ei-Wand während des späteren Foetallebens durchsetzt von Gefässen, welche zum
kleineren Theile dem Dottersack, zum grösseren der Allantois zugehörten.

Aus diesen Betrachtungen ziehe ich folgende allgemeinen Schlüsse, welche dazu
dienen sollen, die morphologische und functionelle Bedeutung der primitiven Nährorgane
des Opossum in\'s rechte Licht zu setzen.

1. Der Gefässhof oder Dottersackkreislauf muss bei allen Amnioten eine

V

Zeit lang an der 0 b er fl äc h e der Keimblase liegen bleiben, um vor Allem die Ath-
mung des Embryos zu vermitteln.

2. Diese Dottersackathmung genügt ausschliesslich bei den Beutelthieren
(Opossum) für die ganze Dauer des Embryonallebens; bei allen übrigen Amnioten fungirt
sie immer nur im Anfange, wird aber baldigst durch die Allantoisathmung ersetzt.

3. Die Amnioten, als höher organisirte Thiere und als Landbewohner,
bedürfen zur Entwickelung einer reichlicheren Nahrungszufuhr als die Amphibien.
Der Dotter des Amphibien-Eies reicht nur aus um eine provisorische Larvenform
auszubilden, welcher vermöge ihres Aufenthalts im AVasser Gelegenheit zum Nahrungs-
erwerb geboten ist. Der neugeborne Landbewohner jedoch muss, aus leicht
ersichtlichen Gründen, mit vollkommneren Apparaten ausgestattet sein, um leben zu kön-
nen; zum Ausbau derselben muss also dem Ei eine grössere Menge von Nährsubstanz
mitgegeben werden. Zugleich bedürfen die Eier der Sauropsiden einer schützenden Ei-
schale, weil die Eier im Trocknen abgelegt werden.

4. Bei den Sauropsiden muss ferner eine neue Art der Embryonal-
Athmung eingeführt werden. Denn während die Amphibienlarven durch die von den

Fischen ererbten Kiemen und durch die Haut athmen können, wären diese Vorrichtun-

28»

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gen für die innerhalb der Schale sich entwickelnden Embryonen der Reptilien und Vögel
unbrauchbar. Diese neue Art der Athmung besorgt der D o 11 er s a c k k r e i sl a uf.

5. Der Dottersackkreislauf der Sauropsiden genügt aber nur während der
ersten Entwickelungsperiode, weil der Sauerstoff der Luft nur spärlich auf in-
direktem Wege (durch Schale und Eiweiss hindurch) zu den Dottergefässen gelangen kann,
und weil ferner der Dottersackkreislauf, gleichen Schritt haltend mit der Resorption des
Dotters, sich continuirlich rück bildet. Deshalb muss die Function der Athmun^ als-
bald einem anderen Organe übertragen werden, der A11 antois, welche nichts Anderes
ist als die von den Ichthyopsiden ererbte Harnblase.

6. Dass sich die Allantois der Sauropsiden ausserhalb des Embryo-
nalkörpers ausdehnt, scheint erklärlich. Denn da die beiden Blätter des Mesoderms
weit über den Bezirk der Embryonalanlage hinausreichen, so ist der Allantois ihre Wachs-
thumsrichtung vorgezeichnet: sie dringt in den Mesodermspalt ein, wächst zur Blase heran
und treibt die Wandungen des Coeloms auseinander. Ebenso ist begreiflich, dass die
Allantois sich zunächst hinter dem Embryo ausdehnt, weil sie ja am hinteren Ende des
Embryos entsteht.

7. Durch das Vordringen der Allantois in das Coelom wird also der Dottersack
abgehoben ; dessen Wandung enthält aber die D o 11 e r s a c k g e f ä s s e, d. h. den primä-
ren embryonalen A t h e m apparat, welcher damit seine Rolle als solcher ausgespielt hat.
Man kann also sagen, dass der primäre embryonale x\\themapparat durch den secun-
dären verdrängt werde, im eigentlichen Sinne des Worts.

8. Durch das Vordringen der Allantois in das Coelom muss zugleich der Embryo
selbst aus seiner Lage gebracht und.die „Rumpfamnionfalte" gebildet werden,
und zwar aus folgenden einleuchtenden Gründen. Man halte im Auge, dass die Somato-
pleura mit dem Ektoderm zur Kör per wand (oder deren Fortsetzung), dagegen die
Splanchnopleura mit dem „Gefässblatt" und dem Entoderm zur Dottersack wand in-
nig vereinigt ist, dass ferner am hinteren Ende des Embryonalkörpers beide Wandungen
miteinander zusammenhängen. Wenn nun durch die vordringende Allantois Körperwand
und Dottersackwand hinter dem Embryo weit auseinander gebogen werden, so sind in
Bezug auf die Lagerung des Embryos drei Möglichkeiten gegeben. 1) Der Embryo be-
hält seine Lage bei, bleibt also an der Oberfäche liegen. Dann würde die Fortsetzung
der Körperwand rings um den Embryo ebenfalls ihre Lage behalten, die Dottersackwand
dagegen in\'s Innere vorrücken müssen: letzteres wird aber verhindert durch die Dotter-
masse, welche nicht zurückweichen kann. 2) Der Embryo mitsammt der umgebenden
Körperwand wird in die Höhe gehoben und über das Niveau der Dotteroberfläche empor-
gedrängt. Warum dies nicht geschieht, ist ohne Weiteres nicht leicht einzusehen, zumal
ein solches Emporheben des Embryonalkörpers über den Dotter bei der Klasse, der Fische
zur ïhatsache geworden ist, ohne dass sich eine Allantois im Coelom ausdehnte. Nur

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dies ist plausibel, dass der Erfolg bei dem Sauropsiden-Embryo kein vortheilbringender
wäre, indem der Embryonalkörper alsbald direkt mit der harten Sehalenwand in störende
Berührung kommen würde, die Allantois dagegen nicht so bald der Eischale nahe kom-
men könnte. Welche Motive aber auch die Veranlassung gegeben haben mögen, dass der
Embryo nicht über den Dotter emporgehoben wird— die Thatsachen lehren, dass dem
so ist. 3) Die sich vergrössernde Allantois buchtet die Körperwand hinter dem Embryo
wallartig nach aussen, sodass der Embryo scheinbar in\'s Eiinnere sinkt. So geschieht
es in der That. Die gebildete Falte der Körperwand (hinter der Embryonalanlage), das
ßumpfamnion, bildet für den Embryo eine hintere Schutzhülle und verschafft zugleich
der Allantois die Möglichkeit, der Eischale baldigst nahe zu kommen. — Die Bildung
dieser Rumpfamnionfalte wird aber noch durch folgenden Vorgang begünstigt.

9. Fast bei sämmtlichen Wirbelthieren tritt schon frühzeitig die Kopfbeuge
ein in Folge des frühzeitigen Wachsthums des primären Vorder- und des Mittelhirns; der
Vorderkopf wächst, nahezu rechtwinklig zur Körperaxe, gegen den Dotter, und buchtet
hierdurch die umliegende Körperwand nach innen. So entsteht in der Umgebung des
Kopfes eine vordere Falte, die Kopfamnionfalte. Mag nun das höhere specifische
Gewicht des Embryos Veranlassung geben, dass der Rumpf passiv in den weissen Dotter
einzusinken beginnt und die seitlichen Verlängerungen der Kopfamnionfalte nach hinten
hervorruft oder nicht — die Beobachtung lehrt, dass die Kopfamnionfalte allmählich sich
nach hinten beiderseits ausdehnt und endlich mit der Rumpfamnionfalte zusammentrifft.
Diese Vereinigung bildet die Ringform der Amnionfalte. Man darf wohl annehmen, dass
beide Falten, sowohl das Rumpfamnion als das unabhängig davon entstandene Kopfamnion,
sich gegenseitig in ihrer Bildung unterstützen müssen.

10. Die Kopfamnionfalte besteht jedoch nicht, wie die Rumpfamnionfalte, aus Ek-
toderm -f Somatopleura, noch auch, wie man erwarten sollte, aus allen Keimblättern zu-
gleich, sondern aus Ektoderm und Entoderm. Eine Erklärung dafür vermag ich nur aus
der durch „Anpassung" herausgebildeten Zw^eckniässigkeit zu geben: wenn das Kopf-
amnion aus allen 4 Blättern oder auch nur aus Ektoderm und Somatopleura bestände, so
müsste durch den nach innen vorwachsenden Kopf des Embryos nothwendigerweise auch
die Splanchnopleura imd damit der Gefässhof nach innen gebuchtet und von der Ei-
oberfLäche entfernt werden, wodurch die Athmung beeinträchtigt würde. Diese Gefahr
wird vermieden, indem im Gebiete der Zona pellucida eine sogenannte mesodermfreie
Stelle gebildet wird, aus welcher das Kopfamnion seinen Ursprung nimmt.

11. Sobald nun die Allantois d.er Sauropsiden die Rolle als Athemorgan
übernommen hat, dringt sie immer w^eiter vor und hebt, die Wandungen des Coelom-

1) Nachträglich will ich bemerken, dass in einer Keimscheihe von drei Tagen, welche ich unlängst geschnitten, die
Zona pellucida rings um die Anlage des Vorder- und IVIittelhirns absolut mesodermfrei war (vergl. Tafel XXI Figur 1).
Proximal und distal von diesem mesodermfreien Halbringe der Zona pellucida war das Mesoderm zweischichtig; die Abwesenheit
vou Mesoderm an dieser Stelle weiss ich mir daher nur so zu erklären, dass sich dasselbe hier zurückgezogen hat.

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sacks auseinander treibend, den Dottersack mitsammt dem Gefässhofe, der jetzt als Athem-
organ überflüssig geworden ist, vollständig von der Keimblasenwand ab. Bei dieser
Gelegenheit umkleidet der Coelomsack die Ektodermlage des Kopfamnion, in-
dem er gleichzeitig die Entodermschicht abspaltet und an deren Stelle tritt (Holzschnitt
B). — Die ümkleidung des Kopfamnion mit einer Mesodermschichte ist also auf die fort-
gesetzte Ausdehnung der Allantois zurückzuführen. — Bei dem Opossum hingegen
sistirt die Ausdehnung der Allantois sehr bald, der Gefässhof bleibt deshalb dauernd
im Chorion liegen und das Kopfamnion wird nicht von der Coelomwand umkleidet
(Holzschnitt C). Bei allen anderen Amnioten wird der Gefässhof früher oder später ab-
gehoben. Weitgreifende Ausbreitung der Allantois und Persistenz des Dottersackkreislaufs
sowie des Kopfamnion schliessen sich also gegenseitig aus. In allen Fällen, wo der Gefäss-
hof abgehoben wird, muss aber an seine Stelle die Allantois als Athemorgan (eventuell
auch als Nährorgan) einspringen.

12. Beim Opossum werden die typischen Beziehungen der Allantois und des
Rumpfamnion zum Dottersackkreislauf ganz neue, weil hier der Gefässhof des Dotter-
sacks a) die Rolle des Athemorgans, b) zugleich die Rolle eines Nährorgans spielt.

13. Zwar legt sich die Allantois und ebenso das Amnion des Opossum in ge-
wöhnlicher Weise als hinteres Rumpf- und vorderes Kopfamnion an, aber innerhalb
der Region des Gefässhofes darf sich die Allantois nicht ausbreiten,
weil dadurch zugleich der Gefässhof von dem Chorion abgehoben werden und da-
mit die Ernährung des Embryos unterbrochen würde. Somato- und Splanchnopleura
des Gefässhofs werden also nicht getrennt, mit anderen Worten, der „Coelomsack" erhält
hier keine BLöhlung, ergo muss das Kopfamnion bei den Beutelthieren per-
sistiren! Ja noch mehr. Das Kopfamnion verdrängt sogar das schon gebildete
Rumpfamnion bis auf eine kleine Stelle (die als „Haftstiel" für den Embryo erhalten
bleiben muss), oder mit anderen Worten, der vorgedrungene Coelomsack wird wieder
zurückgedrängt, sodass derjenige Theil des Dottersacks (Splanchnopleura mit den
Blutgefässen), welcher schon abgehoben war, nachträglich wieder an das Chorion heran-
tritt (Holzschnitt A und C). Die Verdrängung des Coelomsacks hat also eine Ver-
grösserung des G e fä s s h o fs zur Folge, was offenbar der Ernährung des Embryos
vortheilhaft ist.

14. Die Allantois des Opossum kann daher, so lange sie dieselbe Lage bei-
behält wie bei den Sauropsiden, kein Athemorgan werden; sie ist ,ein rudimentäres
Organ geworden.

15. Der Dottersackkreislauf des Opossum vermag aber den Embryo nur unvoll-
kommen zu ernähren; das beweisen die mangelhaft entwickelten Neugebornen. Eine
reichlichere Zufuhr von Nährmaterial müsste auf andere Weise bewerkstelligt werden,
und hierzu findet bei den Placentalia die Allantois — dies vererbte, gefässhaltigCy
fast indifferente Organ der Marsupialier — Verwendung.

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16. Aber die Allantois der Placentalia darf hier ebensowenig wie beim
Opossum unterhalb des Dottersackkreislaufs sich ausdehnen, weil dadurch wieder-
um die Ernährung des Embryos unterbrochen würde: deshalb kann sich die Allantois
anfänglich stets nur ausserhalb des Gefässhofs ausdehnen, indem sie zugleich den
Coelomsack vor sich her schiebt und den gefässfreien Theil des Dottersacks von dem Cho-
rion abhebt, um selber dafür mit dem Chorion zu verschmelzen!

17. Indem die Allantois der Placentalia sich zuerst an der gefässfreien
Wand des Chorion ausbreitet, unterbricht sie nicht die Thätigkeit des Dottersackkreislaufs.
Sie vermittelt allmählich Ernährung und Athmung des Embryos, und erst dann dehnt
sie sich unter der Chorionoberfläche weiter aus, während der Coelomsack, von der Allantois
immer weiter vorwärts geschoben, den Gefässhof abhebt und das Kopfamnion überkleidet.

__Es erscheint auch ganz plausibel, dass die Allantois die Ernährung der Frucht auf

die Dauer besser zu besorgen im Stande ist, als der Dottersackkreislauf; denn während
der letztere gleichsam seit Alters her in bestimmte Formen gegossen ist, und, weil von
Beginn der Entwickelung an thätig, eine gründliche „Umprägung" nicht zulässt, so findet
die Allantois Zeit und Gelegenheit, eine den erhöhten Anforderungen besser entsprechende
Form anzunehmen, als der Gefässhof sie aufweist.

18. Merkwürdige „heterochronische Verschiebungen" in der Bildung der genannten
Organe trefi^en wir bei den Nagern mit invertirten Keimblättern; jedoch lassen sich diese
ziemlich leicht aus der frühzeitigen Verwachsung der Keimblase mit der Uteruswand und
der damit verbundenen Blätterinversion erklären. — Dies hier näher erörtern zu wollen,
liegt jedoch zu weit ausserhalb des Eahmens der vorliegenden Untersuchung.

Diese Thesen, welche den Versuch enthalten, die Verschiedenartigkeit der Gestaltung
von Gefässhof, Allantois, x\\,mnion und Placenta aufeinander zu beziehen und auf physio-
logische Grundmomente zurückzuführen, haben zwar manches Problematische; gleichwohl
scheinen sie mir geeignet, zur Klärung aller dieser Fragen beitragen zu können.

Eine tabellarische Uebersicht der hier erörterten Verhältnisse findet der Leser am
Schlüsse dieser Arbeit im XVI. Capitel.

Ueber das Wachsthum der Allantois beim Opossum geben die Abbildungen auf

Tafel XXV_XXVII nähere Aufschlüsse. Man vergleiche hierzu die Tafelerklärungen.

Ein Durchschnitt durch die Allantoiswand ist auf Tafel XXV in Figur 4 wiedergegeben.
Die Gefässverzweigungen sind im folgenden Capitel besprochen.

Ausdrücklich sei nochmals hervorgehoben, dass die iLllantois niemals mit der aus-
gestülpten Nische der Dottersackwand in Berührung gefunden wurde; zwischen beiden
lag stets eine Flüssigkeitsschicht. Auf Tafel XXVIII sind in Figur 1 zwei miteinander
verw-achsene Keimblasen dargestellt, in denen die Allantois im Maximum ihrer Entwicke-
lung zu sehen ist. Aehnlich auf Tafel XXVII Fig. 6. In beiden Abbildungen ist die
Dottersackwand, von welcher die Allantois locker überzogen war, künstlich entfernt.

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IX. Das Gefässsystem.

Der embryonale Kreislauf des Opossum zeigt, verglichen mit dem der übrigen
Allantoidea, folgende wesentliche Eigenthümlichkeiten.

Sämmtliche Blutbahnen des Gefässhofes oder die „Dottersackgefässe" liegen
beim Opossum in gleichem Niveau. Bei den Sauropsiden finden sich bekanntlich
im Gefässhofe zwei Gefässnetze übereinander, nämlich ein oberflächliches Netz, welches
aus der Eückenaorta entspringt, und ein darunter gelegenes, das in die Dottervenen ein-
mündet, während dagegen bei Vespertilio murinus und dem Kaninchen nach
Ed. v. Beneden
und JuLiN und w-ahrscheinlich bei sämmtlichen Säugethieren alle Gefässe wiederum
in ein und demselben Niveau angetroffen werden.

Ferner behält der Gefässhof des Opossum die Form eines Flächen-Abschnitts
des Chorion bis zum Ende des Foetallebens bei; er allein vermittelt die Athmung und
die Ernährung der Frucht; sein ümriss bleibt rundlich oder ovaL Bei den Saurop-
siden dagegen umwächst der Gefässhof allmählich den Dotter vollständig; er büsst da-
mit zugleich seine Bedeutung als Athemorgan ein und vermittelt dann nur noch die
Nahrungsziifuhr, indess der Austausch von Kohlensäure und Sauerstoff durch die Allantois
übernommen wird. Anders bei den placentalen Säugethieren, wo der Gefässhof
zwar anfänglich als Athem- und Nährvorrichtung fungirt, bald aber beide Functionen
zugleich an die Allantois abgiebt und dadurch eine vollständige oder fast vollständige
(Kaninchen) Rückbildung erleidet.

Demnach werden wir beim Opossum auf die Gestaltung des Fruchthofs den Haupt-
augenmerk zu richten haben.

Ueber die erste Anlage des Herzens und der Blutgefässe weiss ich nichts Neues
vorzubringen. Beim Embryo von 2V2 Tagen (Taf. XX Fig. 1—3) war noch keine Spur
von beiden aufzufinden, und 6 Stunden später war das Herz (Taf. XXI Fig. 3 C) sowie
dessen Endothelrohr bereits angelegt. Die doppelte Herzanlage konnte schon in einer
frischen Keimscheibe, welche in verdünntem Hühnereiweiss von 38" C. untersucht wurde,
wahrgenommen werden, und ebenso im gehärteten Ei (Fig. 1, rechts und links von der Hals-
gegend). In dem Embryo (Fig. 1) war das Herzrohr jedoch noch nicht geschlossen, son-
dern noch rinnenförmig gestaltet (Fig. 3); in der Strecke zwischen dem zweiten und dritten
Pfeile, weiter nach vorn und nach hinten verstrich die Herzrohranlage allmählich in der
Fläche der Splanchnopleura, nachdem sie sich hinten zu einer Doppelrinne verzwei^-t hatte.
Die Hei \'zrinne besass nicht überall die gleiche Weite, wie aus Fig. I ersichtlich. Das
Endothelrohr des Plerzens war geschlossen (Fig. 3 ed), jedoch konnte nicht entschieden
werden, ob das hintere und vordere Ende blind endigte oder offen sei; das letztere schien
der Fall. Im Fruchthofe waren noch keine Blut bahnen zu erkennen.

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Bei den fünf Tage alten Embryonen zeigt der Kreislauf folgende Beschaffenlieit
(Taf. XXIII Fig. 3). Nachdem das Blut drei Aortenbögen jederseits durchströmt hat. ge-
langt es in die auf eine Strecke weit nicht verwachsenen Aortae abdominales ao, welche
seitlich eine Anzahl kleinerer Gefässstämme in den Gefässhof abgeben (Fig. 4 H); die
Aortae, d. h. zwei Seitenäste derselben, treten sodann zu einer medialen Dotterarterie zu-
sammen, die selten gegabelt, meist einfach die Peripherie des Gefässhofs erreicht, um sich
als kreisförmiger Sinus terminalis auszubreiten. Der Sinus terminalis ist also — wie auch
Ed. A"AN Beneden schon in seiner vorzüglichen Arbeit über die Entwickelung der Vesper-
tilio murinus angiebt — eine embryonale Arterie mit venösem Blute. Aus dem Sinus
terminalis entspringen etwa 50 dünnere und stärkere Gefässe, welche sich zu einem reichen
Netzwerk verbreiten und in den Dottervenen Dv wieder zusammentreffen. — Alle Blut-
gefässe sind von einem deutlichen Endothel ausgekleidet; die stärkeren Stämme treten auf
der Innenfläche des Gefässhofs in Form rundlicher Leisten plastisch hervor (Taf. XXIII
Fig. 3). Sämmtliche Blutkörper sind kernhaltig, aber noch farblos.

Der Gefässhof hat zu dieser Zeit kreisrunde Form oder richtiger gesagt, die Gestalt
eines breiten Einges. Oberhalb des Embryonalkörpers befindet sich nämlich stets ein
schmales gefässfreies Feld, welches vor dem noch offnen Amnionnabel beginnt und bis
an\'s Hinterende des Embryo reicht; aus den Querschnitten der Tafel XXIII Figur 6—9
ist dies ersichtlich.

Schon bei der Besprechung des Amnion wurde darauf hingewiesen, dass der Stamm
der Dottervenen jederseits nahe dem Yerwachsungsrande von Kopf- und Eumpfamnion
verläuft (Fig. 5 Dv). Indem nun das Rumpfamnion (Ektoderm -f Somatopleura) im Laufe
des sechsten Tages durch das sich ausdehnende Kopfamnion ganz nach hinten gedrängt
wird (Holzschnit A und C), müssen auch die Dottervenen allmählich weiter nach hinten
rücken, wie am besten aus den Abbildungen der Tafeln XXVI und XXVIl zu entnehmen
ist, wo Vom die Dottervenen, ao die Dotterarterie bezeichnet.

Sonderbar genug ist die Veränderung, welche der Stamm der Dotterarterie am
sechsten Tage erleidet. Wie aus den Holzschnitten auf Seite 136 ersichtlich ist, treibt
die sich vergrössernde Allantois die Wand des Dottersacks nischenartig vor sich her, und
damit zugleich die mit ihr vereinigte Dotterarterie, welche auf diese Weise stark aus-
geweitet wird (Taf. XXVI und XXVII ao). Dies Verhalten verbleibt bis zur Geburt.

Was den Gefässhof betrifft, so vergrössert sich derselbe langsam aber stetig bis
zum Ende des Foetallebens; bald bleibt er rundlich, bald wird er elliptisch, zuweilen
sogar etwas unregelmässig gestaltet — je nachdem durch die gegenseitige Verwachsung
der Eiwände eine grössere oder kleinere Fläche freigeblieben ist. Auch über einen Theil
der oben erwähnten gefässfreien Strecke oberhalb des Embryos breiten sich die Gefässe
aus, so dass zu Ende des sechsten Tages nur ein kleiner dreieckiger gefässfreier Raum
übrig geblieben ist (Holzschnitt C, i; Taf. XXVII Fig. 4 B), welcher in dieser Gestalt bis
zur Geburt persistirt.

Selenka, Eiitwickeliingsgescluchte. IV. 29

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Es ist sehr schwierig, gute Abbildungen von der Gefässverzweigung im Gefässhofe
herzustellen, weil die ausserordentlich dünne Wand der Keimblase sehr leicht zerreisst
und dann zusammenschrumpft. Nachdem die einzelnen Keimblasen untereinander ver-
wachsen sind, ist es nun vollends unmöglich, den Gefässhof im Detail nachzuzeichnen,
und so sind denn die auf der Tafel XXVI abgebildeten Gefässhofe als halbschematische
Darstellungen zu betrachten. Nur in Figur 3 auf Tafel XXIIl sind die Gefässe so getreu
als es eben geschehen konnte mit Hilfe der Camera lucida wiedergegeben.

Die Gefässverzweigung in der Wand der Allantois ist eine höchst spärliche
(Taf. XXVII). In der liegel unterscheidet man zwei vordere und zwei hintere Arterien-
stämme (blau), und rechts und links zwischen diesen einen oder zwei Venenstämme (roth).
Meistens liegen diese Hauptstämme einigermaassen symmetrisch (Taf. XXVI Fig. 1), bis-
weilen aber-sind sie auf der rechten und linken Seite ungleichartig ausgebildet (Taf. XXVI
Fig. 2). Das Gefässnetz der Allantois ist auf sämmtlichen Figuren sorgfältig mit der Ca-
mera lucida copirt, der Ursprung der Gefässstämme wurde später aus den Schnittserien
reconstruirt.

Eine Vergleichung der verschiedenen Abbildungen lehrt, dass die Allantois, welche
gegen Ende des fünften Tages sich auszustülpen beginnt, zwar bis zum Ende des achten
Tages stetig an Volumen zunimmt, aber die Entwickelung der Gefässe hält mit "der
Vergrösserung der Allantois nicht gleichen Schritt. Man vergleiche nur die Abbildungen
auf Tafel XXVI und XXVII, um.sich zu überzeugen, dass der Gefässreichthum der Al-
lantois zu Ende des sechsten Tages (Taf. XXVI Fig. 2) schon ebenso gross sein kann wie
zu Ende der Incubation (Taf. XXVII Fig. 6). In letztgenannter Figur fällt die Schmächtig-
keit der Gefässe, sowie hier und da die Verödung derselben in\'s Auge: die Rückbildung
der Allantoisgefässe beginnt also schon mehrere Stunden vor der Geburt!

Das Blut erscheint am Ende des sechsten Tages (also zwei Tage vor der Geburt)
bereits schwach röthlich; in der ersten Hälfte des siebenten Tages beginnt es sich tiefer
zu färben. Bei Neugebornen sind fast alle Blutkörperchen noch kernhaltig; die kern-
freien wurden in Schnitten durch das mit Blut gefüllte Herz nur ganz spärlich hier und
da angetroffen, während bei Beuteljungen von fünf Tagen etwa acht kernlose Blutkörper
auf ein kernhaltiges kamen; auch hier waren noch beide Formen roth.

Wie in dem Abschnitte über das Chorion ausführlich geschildert wurde, bildet das
Dottersackchorion niemals echte Zotten, d. h. gefässhaltige Wucherungen, welche mit dem
Uterus in Verbindung treten. Dennoch kann man mit Recht von einer
Bottersackplacenta
des Opossum
sprechen, jedoch mit dem Vorbehalt, dass anstatt der gefässführenden Zotten,
wie sie die Allantoisplacenta der Placentalia besitzt, beim Opossum nur die mächtig ver-
grösserten Ektodermzellen vorhanden sind — sozusagen einzellige Miniaturzotten.

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X. Chorda dorsalis.

Seitdem die ersten sechs Capitel dieser Arbeit niedergeschrieben wurden und zum
Druck gelangten, ist ein Jahr verflossen. Ich hatte während dieser Zeit Gelegenheit, noch
einige jüngere Keimblasen in Schnitte zu zerlegen, und die gewonnenen Resultate an Prä-
paraten australischer Beutelthier-Embryonen zu prüfen. Dadurch wurden meine früheren
Anschauungen über die Entwickelung der Chorda erweitert und in mehrfacher Beziehung
modilicirt, sodass die nachfolgende Beschreibung nicht in allen Stücken mit der im IV.
bis VI. Capitel gegebenen übereinstimmt.

Ich greife deshalb noch einmal auf einzelne Entwickelungsvorgänge des dritten
Tages zurück.

Bei dem auf Tafel XXI in der Aufsicht abgebildeten Embryo (Fig. 1) hat die
Chorda folgende Gestalt. Ausgenommen die unmittelbar vor der Primitivrinne pr ge-
legenen und in der Lithographie durch schwarzen Ton hervorgehobenen Chordawurzel,
liegt die Chorda der ganzen Länge nach in dem Cr-Entoderm eingeschaltet! Sie
bildet einen Abschnitt des inneren embryonalen kugligen Entodermmantels und hebt sich
von dem angrenzenden Darmentoblast nur allein durch die grössere Dicke der Zellen ab.
In den Schnitten Fig. 2 und 4 ist daher eine Correktur anzubringen, indem hier das Ento-
derm nicht unter der Chorda hinziehen, sondern vielmehr seitlich sich in die Chorda-
zellen fortsetzen sollte! Bei erneuter Durchsicht der älteren Präparate, nach welchen obige
Zeichnungen angefertigt sind, ergab sich, dass einzelne Schnittpartien nicht genau senk-
recht auf die Längsaxe des Embryos gefallen waren, und der frühere Irrthum ist wohl
verzeihlich. Dazu kommt, dass in den erwähnten Schnitten ein Niederschlag von Farbe-
körnchen sich angesammelt hatte, sodass die Grenze der Entodermzellen nicht so klar her-
vortrat als in den später angefertigten Präparaten, welche an Reinheit und Conservirung
Nichts zu wünschen übrig lassen. Die neue Schnittserie lehrt ferner, dass die Chorda
bis vorn an den Umbiegungsrand der Kopfanlage reicht und hier endet. Dies lässt sich
mit Bestimmtheit entscheiden; denn da, wo die Hirnplatte am vorderen Rande nach unten
umbiegt, lagern sich Zellen des Mesoderms zwischen Ento- und Ektoderm ein, während
doch die Chorda in ganzer Länge unmittelbar mit den Medullarplatten oder der Me-
dullarrinne in Contact steht, wie die Abbildungen beweisen.

Im Gebiete des primären Vorderhirns, welches in der Abbildung schon deutlich

hervortritt, ist die Chorda sehr breit; etwa 7—10 Zellen liegen hier nebeneinander (Fig.

2 Ch). Jedoch zeigt sich dicht hinter dem Vorderende eine Einschnürung (vergl. auch

Taf. XX Fig. 1). In der Gegend des Mittelhirns, welches durch die radiär ausstrahlenden

Zellenketten des Mesoderms (Urwirbelmasse des Kopfes) gekennzeichnet ist, verschmälert

sich die Chorda, zeigt in der Region des primären Hinterhirns (zu welcher wohl auch

die beiden vordersten ürwirbelanlagen gehören) eine Breite von 3—5 Zellen, verjüngt

29*

\\

\\

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sich nach hinten zu einer schmalen Platte (Fig. 4), wird wieder breiter, hebt sich
dann als solider Strang vom Darmentoblast ab und verstreicht als
konischer Zapfen in der Wand der Primitivrinne. Die Stelle, wo die Chorda
sich ausschaltet aus dem Darmentoblast, zeigte keine Besonderheiten: das Lager der En-
todermzellen war hier nicht unterbrochen, also noch kein Canalis neurentericus gebildet,
und die Chordazellen waren hier nicht radiär gestellt. Ebensowenig zeigte sich ein Lumen
in der Chordawurzel (= Kopffortsatz des Primitivstreifs). Unterhalb der eigentlichen Pri-
mitivrinne breitet sich der Darmentoblast mit seinen charakteristischen abgeplatteten Ker-
nen wieder aus. — Nur an einigen Stellen, z. B. zwischen dem fünften Paar Urwirbel,
zeigte die Chorda in Querschnitten die Gestalt einer Rinne mit radiär gestellten Zellen.

Auch die beiden auf Tafel XX in Figur ß und 7 abgebildeten Schnitte einer sechs-
zig Stunden alten Keimblase bedürfen einer Correktur, indem die unterhalb der Chorda
gelegene schmale Membran zur Chorda zu rechnen ist, nicht aber zum Darmentoblast.
Die Zeichnung selbst ist richtig, aber nachdem ich die Entstehung der Chorda an neueren
Präparaten studirt habe, muss ich meine frühere Deutung verlassen und im Allgemeinen
der Darstellung beitreten, welche
Lieberkühn und auch Kölliker von der Entstehung
der Chorda geben. Dagegen muss ich festhalten an der im IV. Capitel dargelegten An-
sicht, dass das Hinterende der Chorda dorsalis aus der Wand der Primitivrinne hervor-
geht. Dementsprechend wäre freilich die Chorda, welche doch als einheitliches Gebilde
Äufgefasst werden muss, aus zwei verschiedenen Primitivorganen, nämlich dem Entoderm
einerseits, dem Primitivstreif anderseits, abzuleiten! Dieser scheinbare Widerspruch löst
sich jedoch, wenn man erwägt, dass das Gebiet der Primitivrinne nichts anderes ist als
der in das Ektoderm übergehende Theil des Urdarms.

Die Veränderungen, welche die Chorda weiterhin erfährt, konnte ich nicht Schritt
für Schritt verfolgen. In dem Embryo von vier Tagen war sie schon vom Darm-
entoblast abgeschnürt und zeigte durchweg eine rundliche Form. Vorne war sie bis unter
das primäre Vorderhirn zu verfolgen; sie reichte bis an die Entodermzellen des Schlundes
(Taf. XXII Fig. 6 Ch) und war nicht durch Mesodermzellen von diesen getrennt. Ueber
das Hinterende der Chorda kann ich gegenwärtig Nichts mittheilen, weil die betreffenden
Schnittpräparate, die ich ausgeliehen hatte, abhanden gekommen sind.

Die Chorda der Embryonen von fünf Tagen zeigt einige Veränderungen. Sie
ist im Allgemeinen etwas dicker geworden, nahe dem hinteren Körperende ist sie etwas
abgeplattet und verstreicht endlich in den Medullarplatten, wie die Figuren 5—7 der
Tafel XXX zur i\\.nschauung bringen (zur Orientirung vergleiche man Taf. XXIII Fig. 9).
Die Chorda ist in Fig. 5 noch scharf von der Medullarplatte geschieden, in Fig. 6 senkt
sie sich bereits keilförmig ein, und diese Verbindung lässt sich auf einer Strecke von
Ys mm nach hinten verfolgen, allwo die Keimblätter überhaupt noch nicht geschieden
sind, sondern zu einer gleichartigen Zellmasse zusammentreffen. Auch mit dem Schwanz-
darm ist die Chorda, unmittelbar vor ihrer Vereinigungsstelle mit dem Ektoderm, so innig

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verbunden, dass eine Begrenzung beider Organe nicht möglich ist. Ein Canalis neurente-
ricus war jedoch nicht vorhanden. — Ueber das vordere Chordaende ist im nächsten Ca-
pitel berichtet.

Von ähnlicher Beschaffenheit ist die Chorda der sechs Tage alten Embryonen.
Im Eumpfe ist sie 0,04 mm dick, und lässt auf dem Querschnitt etwa 20 rundliche Kerne
wahrnehmen. Da, wo das Knorpelgewebe der ersten Halswirbelanlage sich plötzlich um-
knickt, um in die knorpelige Schädelbasis überzugehen, ist auch die Chorda scharf, nahezu
rechtwinklig geknickt, geht als 0,015 mm dünner Strang hart unter der oberen Fläche
dieser Schädelbasis nach vorn, und ist nahe der Hypophyse nicht mehr zu erkennen. Im
Schwänze verjüngt sich die Chorda.

Embryonen von sechs und einem halben Tag weisen bereits schwache ver-
tebrale Einschnürungen der Chorda auf, und nach sieben und einem halben Tage
besitzt die Chorda in den vorderen des Rumpfes schon die Rosenkranzform. Die verte-
bralen Einschnürungen sind zwar noch sämmtlich erhalten, aber meist schon sehr zart,
während die intervertebralen Partien sich zu Spindeln von 0,08 mm Durchmesser verdickt
haben; nur im ersten und zweiten Halswirbel ist der Chordarest noch von der
-Stärke wie Tags zuvor oder sogar etwas dicker. In der knorpligen Schädelbasis verläuft
die Chorda meistens nahe der oberen Fläche; in zwei Fällen wendete sich dieselbe als-
bald in flachem concavem Bogen gegen die untere Fläche, um sich hier im Knorpel-
gewebe zu verlieren.

Bei den soeben geborenen Thieren sind die vertebralen Reste der Chorda in der
vorderen Rumpfgegend schon sehr reducirt; etwas vor der Beckengegend besitzt die Chorda
noch Rosenkranzform und im Schwanz verläuft sie als Strang von gleichmässiger Dicke.
In der Schädelbasis ist nur noch ein kurzer dünner Strang erkennbar; im ersten und
zweiten Halswirbel ist der vertebrale Chordarest fast unverändert geblieben und hat
sich wenig verjüngt. Die intervertebralen Anschwellungen zeigen im Vorderrumpfe eine
Dicke von 0,08 mm.

Aehnliche Verhältnisse zeigen Beuteljunge von 12 Tagen (von Beginn der Eifurchung
an gerechnet). In der Beckengegend sind noch starke vertebrale Chordareste erhalten, eben-
so in den vorderen zwei Plalswirbeln, während sich die intervertebralen Anschwellungen zu
linsenartigen (Brustgegend) oder flach spindelförmigen (Beckengegend) 0,2 mm breiten Ge-
bilden vergrössert haben. Im Schwanz ist die Chorda noch rosenkranzförmig.

XI. Die Gaumentasclie.

(Tafel XXX).

Hinter dem Rachensegel findet sich bei fünftägigen Embryonen ein unpaares, rasch
vergängliches Entodermgebilde in Gestalt einer verästelten schlauchförmigen Drüse, wel-
ches ich Gaumentasche nennen will. Der Drüsenkörper liegt eingebettet zwischen der

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lockern Bindesubstanz der vorderen Sattelleline, der Ausführungsgang mündet hart hinter
dem Pharyngealsegel in den Schlund ein.

Die Gestalt der Tasche war bei sieben Embryonen gleichen Alters etwas verschie-
den. Stets ist ein langer Ausführungsgang vorhanden, welcher sich zu drei bis vier ko-
nischen oder kurzgelappten hohlen Anhängen von verschiedenartiger Form ausbuchtet.
In drei Fällen entbehrte einer dieser Anhänge der Höhlung und war solid. Die Zellen
sind nahezu kubisch und überall von gleicher Beschaffenheit; eine Tunica propria ist nicht
vorhanden.

Die Gaumentasche kommt einen Tag früher zur Entwickelung als die Hypophyse;
zur Zeit, wo die letztere erst als napfförmige Austiefung der ektodermalen Mundbucht
sich anlegt, hat die Gaumentasche schon das Maximum ihrer Grösse erreicht. Leider sind
mir jene vorerwähnten Schnittserien von vier Tage alten Embryonen abhanden gekommen^
und ich kann daher über die früheste Gestalt dieses Gebildes Nichts aussag-en.

Die morphologische Bedeutung der Gaumentasche konnte gleichwohl mit Sicher-
heit festgestellt werden. Auf medianen Längsschnitten war nämlich die direkte Verbindung
der Chorda mit einem der Drüsenlappen erkennbar, und wenn sich aus diesem Befunde
schon die Zusammengehörigkeit beider Organe mit Wahrscheinlichkeit ergab, so lieferte
die Schnittserie eines Embryos, welcher einige Stunden jünger war als fünf Tage, den
direkten Beweis. Die Hypophysenbucht war hier noch nicht angelegt, die Gaumentasche
hatte die Gestalt eines Henkels und bildete die Fortsetzung der Chorda. Fig. 1 b bringt
diesen Befund zur Anschauung; die Zeichnung ist aus vier benachbarten Schnitten mittels
der Camera lucida reconstruirt. Der Mündungsgang allein erwies sich hohl; von der
Stelle an, wo er schleifen artig umbiegt, fehlte die Höhlung vollständig. Eine solide Knospe,
bestehend aus einer Eeihe Zellen mit knopfartiger Verdickung fusste im Mündungsgange..
Der hintere, abwärts steigende voluminöse Schenkel der Schleife verjüngte sich allmählich
und liess sich als Chordastrang auf\'s Deutlichste weiter nach hinten bis in das Schwanz-
ende verfolgen.

Damit ist der Nachweis erbracht, dass die Gaumentasche nichts Anderes
ist als das verdickte, lappig verzweigte und ausgehöhlte Vorderende
der Chorda dorsalis, mit anderen Worten, die vordere Chordahöhle oder
Chordatasche!

Die Gaumentasche hat nur eine kurze Existenz. Ende des sechsten Tages sind nur
noch kleine isolirte, unregelmässig gestaltete Zellenhaufen inmitten der Bindesubstanz der
Sattellehne aufzufinden, die frühere Ausmündungsstelle ist geschlossen und kaum noch au
einer äusseren Narbe und an der Eeihenstellung der Knorpelzellen in der Schädelbasis
nachzuweisen.

Die Umgestaltung des vorderen Chordaendes zu einer drüsenförmiffen Tasche er-

, o

scheint auf den ersten Blick höchst seltsam, verliert jedoch bei näherer Betrachtung das
Auffällige. Ist doch die Chorda ihrer Genese nach anfänglich ein hohler Schlauch (Neben-

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•darm, Ehlers, No, 4), welcher zwar schliesslich zu einem soliden Strange wird, aber
während der Entwickelung seine ursprüngliche Gestalt nie ganz verläugnet. Die Ab-
schnürung der Chorda vom Urdarm ist allerdings bei den Amnioten noch nicht Schritt für
Schritt verfolgt worden, nachgewiesen ist aber bekanntlich das Vorkommen von „Chorda-
höhlen" bei Embryonen der Sauropsiden und Mammaliën. Und ist nicht die vordere
Einbucht der Primitivrinne, welche sich bisweilen grubenartig vertieft, und welche ich
unlängst bei einem australischen Beutelthier in überraschend deutlicher Ausbildung fand,
gleichfalls ein Hinweis auf die primäre Rohrgestalt der Chorda? Ebenso wie diese hin-
tere Chordatasche längere Zeit hindurch ihre Höhlung bewahren kann, kann dies
auch der Fall sein bei der vorderen Chordatasche.

Auch die Knie- oder Schleifenform des vorderen Chordaendes erklärt sich
auf einfache Weise. Durch die Hirnbeuge wird das unter Vorder- und Mittelhirn gelegene
Mesodermgewebe sowie auch die Chorda, welche ja Anfangs bis unter den vor
deren Rand des Vorderhirns sich erstreckte, zusammengedrückt und zusammengeklappt
und zur „vorderen Sattellehne" umgemodelt (Fig. A—E). Die Knickung, welche die Chorda
hierdurch erfährt, hat zur Folge, dass ihr Vorderende nun nicht mehr in der Richtung
der Körperaxe nach vorne schaut, sondern nach unten und hinten. Sehr deutlich fällt
dieser Process der Verlagerung des vorderen Chordaendes in\'s Auge, wenn man sich die
Hirnbeuge wieder aufgehoben denkt: dann würde die Mesodermmasse der Sattellehne wieder
auseinandergeklappt, die geknickte Chorda müsste sich wieder gradestrecken und ihr Vorder-
ende, d. h. die Mündung der „Gaumentasche" käme ganz dicht an das vordere Ende des
Körpers zu liegen (Fig. F). Die Hypophyse wäre dann dorsal über dem vorderen Chorda-
ende zu suchen !

Ob die Gaumentasche als solche bei irgendwelchen Vorfahren der Beutelthiere
als secernirende Drüse functionirt hat, ist höchst zweifelhaft. In allen meinen Präparaten,
in denen die Tasche vollkommen entwickelt war, zeigten sich vor der trichterförmigen
Mündung flockige Gerinsel oder kleine Körnchen gelagert, aber das beweist noch Nichts
für die einstmalige Differenzirung des vorderen Chordarohrs zu einer selbständigen Drüse.
Wenn jedoch die beträchtliche Grösse und die Verzweigung der Gaumentasche wirklich
als Hinweis zu betrachten wäre, dass dieselbe früher eine functionelle Bedeutung hatte,
so müsste die Gaumendrüse als rudimentäres Organ bezeichnet werden. Ich halte die
Gaumentasche viel eher für eine Hemmungsbildung, oder besser gesagt, für eine die
Degeneration anzeigende Wucherung des vorderen Chordarohres.

Bei anderen Wirbelthieren ist, soviel ich weiss, eine vordere Chordatasche noch
nicht beschrieben worden. Wohl entsinne ich mich, von einer Einkerbung des Schlund-
epithels hinter dem Pharyngealsegel gelesen zu haben, jedoch kann ich die betreffende
Beschreibung nicht wieder auffinden. Das Chordaknie in der Sattellehne muss aber auch
bei den übrigen Vertebraten nachzuweisen sein, und wenn dasselbe bisher nicht zur Beob-
achtung kam, so ist der Grund wohl nur in der raschen Vergänglichkeit des vorderen

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Chordaendes zu suchen. Beim Beutelfuchs (Phalangista vulpina) kann ich Beste der Gaumen-
tasche deutlich erkennen; bei Krokodilembryonen fand ich bis jetzt nur den aufsteigenden
Schenkel des Chordaknies, der bis hart an die Hypophysis herantrat, während der ab-
steigende Schenkel nur eine kurze Strecke als zelliger Strang zu verfolgen war. Andere
Wirbelthierembryonen auf die Anwesenheit einer Gaumentasche zu prüfen, habe ich augen-
blicklich keine Gelegenheit.

XIL Epidermis und Mundhöhle.

Die Epidermis spielt im Jugendleben der Beutelthiere die wichtige Bolle eines^
Schutzorgans. Sie erscheint schon beim Foetus auffallend verdickt und hornartig und
erst lange Zeit nach der Geburt wird, gemäss der Angabe mehrerer Forscher, das ober-
flächliche Lager derselben in Fetzen abgestreift.
Welcker, der diese äusserste Oberhaut-
lage auch bei verschiedenen Embryonen der Placentalia als provisorisches Schutzorgan
deutete, nennt dieselbe „Epitrichium", weil die emporwachsenden Haare unter derselben
gelegen sind;
Kkrbert nennt sie „Epitrichialschicht". In folgender Weise entwickelt sich
die E p i t r i c h i a 1 s c h i c h t beim Opossum.

Embryonen von fünf Tagen besitzen eine grösstentheils einschichtige Lage von
Epidermiszellen: nur gelegentlich finden sich über den Basalzellen noch vereinzelte ab-
geplattete Zellen, während die Epidermis der (vorderen) Extremitäten schon unregelmässig
zweischichtig ist. Am Ende des sechsten Tages ist die Epidermis schon fast durchweg^
zwei- bis dreischichtig, aber Tags darauf ist das Bild ein ganz anderes geworden, üeber
den kubischen Basalzellen erkennt man zunächst noch einige Lagen linsenförmiger Zellen
und Kerne, darüber sind jedoch die Zellen abgeplattet und verhornt. Die Epidermis ist
durchschnittlich 0,02 mm dick, an den Extremitäten und über den Vierhügeln fast dop-
pelt so stark, in der Mundgegend, wo auch die oberflächlichen Zellen und Kerne noch
rundliche Form haben, bis 0,1 mm hoch. Li der Schnauzengegend haben sich aus der
Basalschicht der Epidermis bereits die Haarbälge der Schnurrhaare ein wenig in die
unterliegende Bindesubstanz eingesenkt, und an der vorderen Extremität tritt die gelb&
Färbung der Klauenwurzel schon deutlich hervor. Ueber die Augenlinse zieht eine ein-
schichtige Lage von Epidermiszellen hin.

Bei Neugebornen hat sich die Epidermis auf 0,03 mm verdickt, die Zahl der Schnurr-
haarbälge hat sich vermehrt (Taf. XXVIl Fig. 4), Auge und Ohröffnung sind von einer
mächtigen Zellenlage überwuchert.

Aeltere Beuteljunge standen mir nicht zur Verfügung; über die spätere Ablösung
des Epitrichiunis vermag ich also Nichts zu sagen.

Die Zitzen entstehen sämmtlich im letzten Tage des Embryonallebens. Zuerst
erscheint das vordere Paar, sodann die zwei dahinter gelegenen Paare, und endlich die
übrigen. Meistens findet sich auch eine unpaare mediane Zitze (Taf. XXVII Fig. 6).

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Das merkwürdigste Gebilde der Epidermis ist das Schnabelschild, dessen Ge-
stalt auf Tafel XXVII wiedergegeben ist. Embryonen von sechs Tagen zeigen noch keine
Spur davon (Fig. 2), gegen Mitte des achten Tages hat das Schnabelschild das Maximum
seiner Grösse erreicht, einige Stunden vor der Geburt erscheint es schon deutlich rück-
gebildet, und bei Neugebornen ist nur noch ein schwacher Eest davon zu erkennen. Das
ausgebildete Schild (Fig. 5) umgiebt den Mundspalt wie ein flacher Kragen; es ist in
sechs frei vorragende Zipfel ausgezogen, von denen die unteren scharf zugespitzt sind.
Das ganze Gebilde besteht lediglich aus hornigen Epidermiszellen.

Als ich diese sonderbare Lappenbildung zuerst gewahrte, wurde ich an den Horn-
schnabel der Monotremata, zumal des Ornithorhynchus erinnert, und ich glaube nicht
fehlzugreifen, wenn ich in dieser Wucherung das Eudiment eines Hornschnabels erblicke,
welcher bei den Vorfahren der Beutelratten als Greiforgan diente. Eine bestimmte Function
kann ihm beim Opossum wohl kaum zugesprochen werden, da es ja zur Zeit der Geburt
schon wieder rückgebildet ist und daher nicht etwa bei der Zerreissung der Eihüllen
thätig sein könnte.

Betreffs der Mundhöhle sei erwähnt, dass der Mundspalt sich während der
letzten beiden Tage des Uterinlebens durch Wucherung der Epidermiszellen auffallend
verkleinert, so dass ein kleiner viereckiger Saugmund übrig bleibt (Taf. XXVII Fig. 2;
Taf. XXIX Fig. 1—2). Einen Tag vor der Geburt treten die zwei Paar Zähnleisten auf,
indem sich das Basalepithel der Mundhöhle leistenartig in die Bindesubstanz einbuchtet.
Auf Tafel XXIX in Fig. 9 und 10 sind diese Zahnleisten leider vergessen worden. Eu-
dimente von „Hornzähnen" habe ich nicht aufgefunden. Die Hypophysis erwies sich
deutlich als Ektodermgebilde. Am Ende des fünften Tages tritt sie als napfartige, ver-
dickte Austiefung der Mundbucht auf, unmittelbar vor dem Pharyngealsegel (Taf. XXX
Fig. 1). Tags darauf ist sie bereits vollständig abgeschnürt und mit dem Infundibulum
in Contact getreten. Ihre weitere Differenzirung bot mir nichts Bemerkenswerthes.

Das älteste Beuteljunge, dessen ich bisher habhaft werden konnte, hatte vier Tage
lang im Marsupium verweilt, war also, von Beginn der Eifurchung an gerechnet, zwölf
Tage alt. Wesentliche Veränderungen der Epidermis vermochte ich nicht zu constatiren.
Die hinteren Extremitäten entbehrten noch der Klauen (Taf. XXX Fig. 8).

XIIL Das Beuteljunge.

Die Geburt der Jungen habe ich nicht beobachtet. Genau 13 Tage nach der Be-
gattung wurden schon Junge im Beutel vorgefunden, während die ältesten Embryonen,
welche ich erhielt, ein Alter von 12% Tagen besassen, oder besser gesagt von 7^4 Tagen
von Beginn der Furchung an gerechnet. Auf Tafel XXVII ist einer dieser Embryonen
mit der anhängenden Allantois gezeichnet; wenn man diese Abbildung mit der des neu-

Selenka, Entwickelungsgesclüclite. IV. gQ

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gebornen Beuteljungen vergleiclit, so finden sieb nur geringe Unterschiede, wie z. B. in der
Dicke des Kopfes und Rumpfes, in der Rückbildung des Schnabelschildes u. s. w. Da der
Nabel des Neugebornen schon gut vernarbt war, möchte ich annehmen, dass die Geburt etwa
2—3 Stunden vor Ablauf des achten Tages (von Beginn der Furchung) geschehen muss.

Das neugeborne Beuteljunge besitzt eine intensiv röthliche Farbe, weil die ober-
flächlichen Gefässe, ferner grössere Arterien und Venen sowie das pulsirende Herz und
die Leber durch die Haut durchschimmern. Ich habe versäumt, eine Farbenzeichnunff

\' O

anzufertigen und verweise in dieser Beziehung auf die Beuteljungen von Hypsiprymnus
cuniculus (Taf. XXXI des Heftes), welche eine ganz ähnliche Färbung zeigen, wie
die des Opossum. Die Epidermis war, in Folge des Aufenthalts im feuchten Beutel,
klebrig anzufühlen. Mehrfache Zählungen ergaben 24—26 Athemzüge und circa 60 Puls-
schläge in der Minute. Mit dem warmen Athem behaucht, verhielten sich die Thierchen
ziemlich stille: sobald sie aber mit kalter Luft in Berührung kamen, machten sie heftige,
krampfhafte Bewegungen mit dem ganzen Körper und den Extremitäten. Die Zehen der
Vorderfüsse trugen scharfe gelbbraune Krallen, die der Hinterfüsse waren noch unbe-
wafi\'net. Der Saugmund umfasste eine viereckige Oeffnung; aus derselben wurde öfters
die Zunge vorgestreckt, welche immer rinnenartig gestaltet war (Taf. XXIX Fig. 9 u. 10),
gelegentlich sogar sich zu einem Rohre zusammenfaltete, eine Form, die sehr geeignet
erscheint zum Umfassen der Zitzen. Sehr deutlich tritt die Linea alba hervor. Augen
und Ohröffnung sind glatt von der Epidermis überzogen, das Pigment der ersteren schim-
merte schwach durch die Haut hindurch.

Die mikroskopische Untersuchung ergab, dass die Verkalkung des Knorpelskelets
noch nicht begonnen hatte. Die Lungen erwiesen sich als weite Säcke (Taf. XXIX Fig. 4
pl und pP). Die Urnieren zeigten noch die gleiche Beschaffenheit wie sechs Stunden zu-
vor, und sie Hessen auf Schnitten noch deutlich die ursprüngliche Segmentirung erkennen
(vergl. Fig. 5; der Schnitt hat zufällig keine Glomeruli getroffen);
äussere Glomeruli
wurden nicht beobachtet. Die Dauerniere ist noch sehr klein. Bei den männlichen Thie-
ren war der Penis schon deutlich ausgebildet, zeigte jedoch noch keine Perforation: das
Excret der Urnieren musste also noch durch die Kloakenöffnung entleert werden. Das
Zwerchfell hatte sich schon Tags zuvor geschlossen. Alle quergestreiften Muskelfasern
besassen die Gestalt von Röhren, deren Binnenraum mit reiheständigen Kernen und nicht-
differenzirtem Plasma erfüllt war (Taf. XXIX Fig. 6—7).

Von den Sinnesorganen funktionirt noch keines, vielleicht mit Ausnahme des Ge-
ruchssinns. Weder ist die Retina in Schichten differenzirt, noch finden sich irgendwelche
Differenzirungen des Zungenepithels zu Geschmacksorganen, noch auch ist das Sinnes-
epithel des Labyrinths entwickelt; ebensowenig ist eine Spur von Tastorganen zu bemerken.

A^erglichen mit Säugethierembryonen der Placentalia von gleicher Entwickelungs-
stufe (Maus, Ratte, Hypudaeus, Meerschweinchen, Rind, Schaf, Schwein, Katze, Hund)
zeigt das neugeborne Opossum folgende Hauptunterschiede.

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1. Die Lungen des Opossum müssen sich binnen der letzten 3 Tage des Uterin-
lebens zum functionirenden Athemorgan herausbilden. Weder reicht nun der disponible
Baustoff aus, eine sehr grosse Zahl von Alveolen zu entwickeln und zur Athmung bereit
zu stellen (wie dies bei den Placentalia im Laufe des Foetallebens ganz allmählich ge-
schieht) , noch ist hierzu die erforderliche Zeit gelassen. So können denn nur einige
Dutzend geräumiger Luftkammern, als provisorischer Athemapparat, ausgebildet werden,
um erst später während des Aufenthalts im Beutel durch hervor wachsende Scheidewände zu
einem reich entfalteten Lungenbaume sich umzubilden. Beschleunigt ist also die Aus-
bildung der Lunge insofern, als die zur Athmung befähigten Alveolen sich in auffallend
raschem Tempo entwickeln; retardirt ist dieselbe zu nennen, weil die Vermehrung der
Alveolen auf eine spätere Zeit verschoben ist. — Wahrscheinlich sind bei dieser sonder-
baren Entwickelungsgeschichte der Opossum-Lunge auch Vererbungserscheinungen im Spiel,
denn die Lunge des Neugebornen besitzt ganz die Gestalt der Rep tili en-Lunge: und
da deren einfacher Bau sich bei den Beutelthierjungen als zweckmässig erwies, so konnte
er während der frühen Lebensperioden beibehalten werden. Anders bei den Placen-
talia, wo der Embryo viel länger im Uterus verbleibt: auch bei ihnen ist zwar die
erste Anlage der Lunge eine ähnlich« wie bei Reptil und Opossum, aber die einfachen
Alveolen functioniren nicht mehr als Athemorgane, sondern sind zu Bildungsheerden für
die definitiven Alveolen und Infundibula geworden.

O

2. Die willkürlichen Muskeln sind ungewöhnlich weit entwickelt und zeigen deut-
liche Querstreifung. Ihr Bau ist ein ganz eigenthümlicher. Anfang des siebenten Tages
bestehen die Muskelfasern noch aus langen rundlichen Plasmasträngen, in welchen je eine
Reihe cylindrischer oder ellipsoidischer Kerne eingelagert ist, und welche von einem struc-
turlosen dünnen Plasmamantel umgeben sind. Bis zum achten Tage verdickt sich die
äussere Plasmarinde bedeutend und lässt deutliche Querstreifung erkennen, während das
Innenplasma mit den reihenständigen Kernen unverändert erscheint. Diese Röhrenform
des contraclilen Abschnitts der Muskelfasern erhält sich bis mehrere Tage nach der Geburt
(Taf. XXIX Fig. 6—7). Bei einem vier Tage alten Beuteljungen hatte jedoch bei ver-
einzelten Muskelfasern schon die Wanderung der Kerne gegen die Oberfläche begonnen.

3. Kopf und Gehirn des Beuteljungen ist sichtlich relativ kleiner als bei anderen
Säugethieren von übrigens gleicher Entwickelungsstufe.

4. Die Sinnesorgane zeigen manches Eigenthümliche. Beim neugebornen Opossum
functioniren von allen Sinnen nur der „Wärmesinn" und vermuthlich noch der Geruchs-
sinn; die übrigen Sinnesorgane sind noch nicht zu percipirenden Apparaten differenzirt.
Das kann eigentlich nicht Wunder nehmen, da die Zeit des Foetallebens eine so auffiillend
kurze ist. Weit merkmürdiger sind die Modificationen, welche die Sinnesorgane des Opos-
sum sowohl in Bezug auf den Rhythmus ihrer Ausbildung als auch auf die Art und Weise
ihrer Anlage zeigen. Diese Abweichungen von der typischen Entstehungsweise der
Sinnesorgane haben offenbar ihren Grund darin, 1) dass der Embryo von der Uterinmilch

30*

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nicht genügende Nahrung empfing um alle Sinneswerkzeuge in normaler Weise aufzubauen :
2) dass dem Embryo nicht die erforderliche Zeit hierzu im Mutterleibe gelassen wurde.
Wenn also einerseits die Bedingungen, welche zur typischen Anlage der Sinnesorgane
erforderlich sind, von Seiten des Mutterthiers unmöglich erfüllt werden konnten, so müssen
gleichwohl anderseits die Sinnesorgane des Neugebornen schon so weit in der Entwick-
lung vorgeschritten sein, dass sie durch die Zerrungen und Insulte, welchen das Junge im
Beutel unvermeidlich ausgesetzt ist, in ihrem Entwickelungsgange nicht mehr geschädigt
werden können.

Diesen Anforderungen erscheint nun das neugeborne Opossum in wunderbarer W^eise
angepasst, indem seine Sinneswerkzeuge sich entweder in auffallend kleinen Dimen-
sionen, gleichsam en miniature, .also mit Aufwand von geringem Substanzaufwand, an-
legen, um erst während des Verbleibs im Beutel allmählich an Grösse zuzunehmen, oder
indem sie zwar sogleich in typischer Grösse auftreten, aber, weil noch unvollkommen
ausgebildet und daher gegen Verletzungen von aussen her schutzbedürftig, mit einer eigen-
thümlichen Schutzvorrichtung versehen werden. Diese Verhältnisse will ich hier etwas
näher besprechen.

Das Sinnesepithel des Gehörorgans ist beim Neugebornen noch nicht differenzirt.
Der äussere Gehörgang entwickelt sich zwar schon am sechsten Tage, wird aber vor der
Geburt wieder vollständig vom Epitrichium überwuchert; an Querschnitten lässt sich der
abgekapselte Gehörgang deutlich erkennen.

Das Beuteljunge besitzt noch keine Geschmacksorgane, zeigt überhaupt keine
Differenzirung des einschichtigen Zungenepithels. Ebensowenig waren Tastorgane nach-
zuweisen, während die Geruchsorgane vermuthlich schon in Thätigkeit waren.

Das Auge legt sich zwar in typischer AVeise an, aber in ungewöhnlich kleinen
Dimensionen. Ende des fünften Tages zeigt sich die Anlage der Linse als Ektoderm-
verdickung oberhalb der Augenblasen des Gehirns. Um eine Vorstellung zu geben von
der Kleinheit der Linse und des Augenbechers zu dieser Zeit, füge ich eine Abbildung im
Längsschnitt bei (Taf. XXX Fig. 4); die Linse hat hier einen Durchmesser von 0,12 mm.
Während der letzten Stunden des Foetallebens beginnt auch die Pigmentablagerung in
der äusseren Wand des Augenbechers. Bei Neugebornen ist die Eetina noch nicht in Schich-
ten differenzirt, die Linse misst 0,18 mm im Durchmesser. Ueber die durch Epidermis-
zellen verklebten Augenlider zieht schon einen Tag vor der Geburt eine mächtige Lage
von Epidermiszellen, die Epitrichialhaut. — Beiläufig sei bemerkt, dass am sechsten Tage
das Mesoderm in die Höhle des Augenbechers (secundäre Augenblase), sowie zwischen
Linse und Cornea einzuwuchern anfängt, dass eine einzige Gefässschlinge jene Höhle durch-
setzt, und dass in der Binnenhöhle der Linse meist eine oder mehrere Zellen freiliegend
aufgefunden wurden, sodass auf Querschnitten das Innenplasma mit den Kernen excentrisch
lag. Die weitere Umwandlung habe ich nicht verfolgen können, weil die Beuteljungen
stets schon frühzeitig von den Mutterthieren aufgefressen wurden.

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Im Uebrigen sind mir keine wesentlichen Unterschiede aufgefallen. Die Urniere
des Beuteljungen hat zwar die ursprüngliche Segmentirung noch bewahrt, doch ist die
Dauerniere (Metanephros) schon als kleines ellipsoidisches Gebilde vorhanden (ïaf. XXIX
Fig. 5 Wk).

XIV. Der Uterus.

Bevor ich gelernt hatte sicher zu beurtheilen, ob ein brünstiges Weibchen belegt
war oder nicht, geschah es mehrere Male, dass ein nicht trächtiges Weibchen, welches
ich belegt glaubte, für die Untersuchung geopfert wurde. Bei diesen Thieren zeigten
sich die beiden Uteri stets bedeutend angeschwollen, während dieselben zu anderen Zeiten
viel kürzer sind und kaum dicker erscheinen als die Vaginalportion. Bei solchen nicht
belegten Weibchen habe ich ferner stets die Corpora lutea auf den Ovarien vermisst, wie-
w^ohl deren Anwesenheit bei trächtigen Thieren stets auf das Evidenteste nachgewiesen
werden konnte! Daher ist anzunehmen, 1) dass die Eifollikel erst in Folge des Coitus
zum Bersten gebracht werden, 2) dass die Brunst unabhängig von der Loslösung der Eier
eintritt. ■— Betreffs der Dauer der Brunst vergleiche man die Angaben auf Seite 104.

Die Veränderungen, welche der Uterus während der achttägigen Trächtigkeits-
dauer erleidet, sind kurz folgende.

Fünf Tage nach dem Eintritt der Brunst zeigt sich die Wand des Uterus stark
verdickt: die Uterindrüsen sind zu langen gewundenen, knäuelartig aufgerollten Blind-
schläuchen ausgewachsen, welche in der Regel eine, selten zwei Gabelungen aufweisen
(Taf. XXVIII Fig. 3) ; zwischen ihnen liegt ein reiches Gefässnetz. Uterindrüsen sowie
Blutgefässe, durch lockere Bindegewebszüge festgehalten, werden von weiten Lymphräumen
umspült. Die Innenfläche des Uterus erscheint gefaltet und gerunzelt. Während der Trag-
zeit verdickt sich die Wand des Uterus immer mehr; auf der Innenseite erheben sich

« \'

runzlige riff- und zottenartige Vorsprünge, die Lymphräume erlangen eine enorme Ver-
grösserung, das Netz der Blutgefässe entfaltet sich reichlicher und die Uterindrüsen wachsen
zu kolbenartigen Knäueln aus. Auf Tafel XXVIII ist in Figur 1 ein aufgeschnittener
Uterus in den letzten Stunden der Trächtigkeit bei dreifacher Vergrösserung dargestellt;
die Innenfläche ist an den Schnitträndern nach aussen umgewendet, um die Krypten und
Runzeln zur Anschauung zu bringen. In der Uterushöhle liegt der angeschnittene Com-
plex der verwachsenen Eier. In Fig. 2 ist der Querschnitt dieses Uterus gezeichnet nebst
dem Chorion Ch, während Fig. 4 den Querschnitt durch ein vorspringendes Riff (Ut) bei
stärkerer Vergrösserung zeigt. Den Kamm eines solchen Riffs stellt Fig. 5 bei 125facher
Vergrösserung dar. Aus letzterer Abbildung ist zugleich die Form des Uterusepithels,
welches überall und durchweg die gleiche Beschaffenheit hat, zu entnehmen.

Soweit das Chorion eines Embryos nicht mit dem einer benachbarten Frucht zu
einer soliden Scheidewand verwachsen ist, schmiegt es sich der faltenreichen Innenfläche

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des üter US an, dessen Aus- und Einbuclitung\'en genau folgend (Fig. 1 und 2 Ch). Um nun
zu entscheiden, ob das Chorion mit dem Uterusepithel verklebt sei oder nicht, habe ich
einem Thiere kurze Zeit bevor es gebären sollte, einen Uterus entnommen, dessen Mus-
kulatur rasch durch erwärmten absoluten Alkohol abgetödtet, und ihn dann in einer auf
38" C. erwärmten Mischung von Hühnereiweiss 0,6Kochsalzlösung behutsam geöffnet.
Da zeigte sich, dass das Chorion überall dem Uterus locker anlag, von einer Verklebung
konnte also keine Rede sein, geschweige von einer Verwachsung; denn schon durch die
Bewegung der Untersuchungsflüssigkeit wurden einzelne Partieen zum Flottiren gebracht,
und ohne den geringsten merkbaren Widerstand Hessen sich selbst die Aussackungen des
Chorion aus den betreffenden Krypten des Uterus herausheben! Dass Chorion und Uterus-
epithel gelegentlich oder vielfach miteinander in wirklichen Contact kommen, kann wohl
nicht bezweifelt werden; aber diese Berührungen haben keinesfalls eine sichtliche Ver-
änderung des Uterusepithels zur Folge, was doch wohl der Fall sein würde, wenn eine
veritable Verklebung stattfände.

Ein anderer Theil desselben Uterus wurde mitsammt den darin befindlichen Em-
bryonen gehärtet und geschnitten, und es war unschwer zu constatiren, dass weder die
oberflächlichen (ektodermalen) Chorionzellen sich irgendwie gegen das Uterusepithel ab-
geplattet oder abgeformt hatten, noch auch umgekehrt. Ebensowenig war von einer or-
ganischen Verbindung beider Gewebsplatten irgend eine Andeutung zu erkennen.

Aehnliche Proceduren habe ich mit dem Uterus eines Weibchens, welches einen
Tag vor dem Werfen stand, ausgeführt, aber mit dem gleichen Resultate.

Daher muss ich annehmen, dass dem Opossum-Embryo seine Nahrung durch eine
helle, von zelligen Gebilden freie, lymphartige Uterinmilch zugeführt
wdrd, welche die vielfachen Aussackungen des gefässhaltigen Chorions umspült.

Diese Uterinmilch wird der Uterushöhle auf direktem und auf indirektem Weo-e

Ö

zugeführt, nämlich 1) direkt durch das Sekret der Uterindrüsen, 2) indirekt
durch das diffundirende Serum der Blutgefässe und der Lymphbahnen
des Uterus.

Zur Erläuterung dieser Verhältnisse vergleiche man die Abbildungen auf Tafel
XXVIII nebst zugehöriger Tafelerklärung-.

Xy. Verwaiultscliaftliclie Beziehungen der Beutelthiere zu den
Sauropsida und Mammalia placentalia.

Wenngleich die phylogenetischen Beziehungen zwischen Reptilien und Mammaliën
bei den niedersten Säugethieren, den Monotremata, am klarsten hervortreten müssen, so
lassen sich doch auch noch bei den Beutelthieren mancherlei Anklänge an die Stamm-
verwandtschaft mit den Reptilien nachweisen, welche bei den Mammalia placentalia bereits

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zum ïlieil oder ganz verschollen sind. Ich will diese Beziehungen, soweit sie aus der
Embryologie des Opossum ersichtlich sind, hier noch einmal in einer Tabelle zusammen-
stellen, und einige derselben näher erörtern.

Die Blätteranlage des holoblastischen Säugethiereies stimmt bekanntlich mit der-
jenigen anderer holoblastischer Eier, z. B. der Amphibien, im Detail so wenig überein,
schliesst sich dagegen in fast allen Einzelheiten so vollständig an die Art der Kennblätter-
bildung bei den Sauropsiden an, dass schon hieraus auf eine nahe Verwandtschaft beider
Klassen mit grosser Wahrscheinlichkeit geschlossen werden kann (vergl. Abschnitt IV).
Wenn vollends die Angabe
Caldwell\'s sich bestätigt, dass das Ei der Echidna einen
wirklichen Nahrungsdotter besitzt und sich meroblastisch abfurcht, so wäre die Brücke
zwischen Sauropsiden und Mammaliën sicher geschlagen. In dieser Hinsicht ist beachtens-
werth, wue auch im Ei des Opossum schwache Reste eines Nahrungsdotters während der
Eurchung abgetrennt werden (siehe Abschnitt III), während bei den übrigen Säugethieren
bisher ein solcher Reserverest von Nährstoffen nicht aufgefunden ist. Das Fehlen oder
Vorhandensein eines Nahrungsdotters im Ei kann demgemäss nicht ohne Weiteres als
Argument gegen die Verwandtschaft der niederen Amnioten mit den höheren in\'s Feld
geführt werden.

Es kommt nun darauf an, zu erklären, wie und warum im Laufe der Zeiten der
Nahrungsdotter allmählich zum Schwinden gebracht wurde, und wie die Lebensbedingun-
gen des Embryos sich durch den Wegfall dieses Nahrungsdotters und durch die stetige
Nahrungszufuhr von Seiten des Mutterthiers geändert haben. Dergleichen Probleme kön-
nen freilich nur mit Hilfe von Hypothesen der Lösung entgegengeführt werden, selbst
wenn sie an sichergestellte Beobachtungen anknüpfen. Aus diesem Grunde dürfen die
folgenden Speculationen nur als Versuch einer Erklärung betrachtet werden.

Die Existenzbedingungen der Reptilien sind im Ganzen ziemlich beschränkte.
Unfähig, ein grösseres Maass von Eigenwärme zu produciren und zugleich besonderer vor
Kälte schützenden Hautgebilde entbehrend, sind sie auf die wärmeren Zonen der Erde
-angewiesen; wenige Species kommen ausnahmsweise in den kälteren Klimaten fort — wo
sie aber zum Winterschlaf gezwungen sind. Ausserdem leben die Reptilien fast aus-
schliesslich von thiei^ischer Nahrung, ein Umstand, welcher ihrer Verbreitung in den ge-
mässigten Zonen, wo das thierische Leben während der Winterzeit grösstentheils erlischt,
ebenfalls hindernd in den Weg tritt und ihr Portkommen in den kalten Erdstrichen bei-
nah unmöglich erscheinen lässt. Auch die niedrige, nicht auffällig über den Erdboden
sich erhebende Bauart der „Kriechthiere" kann ihrer weiten Verbreitung so wenig, wie
einer mannigfaltigen Formgestaltung günstig sein; denn so nützlich diese fast sämmtlichen
Reptilien gemeinsame Haltung des Körpers auch für den Nahrungserwerb, nämlich das
Beschleichen und plötzliche Ueberfallen der Beute, sein muss, so hinderlich erscheint die-
selbe wenn es gilt, die Nahrung aus der ferneren Umgebung aufzusuchen und doch wie-
der die alte Wohnstätte aufzufinden. Die Beobachtung steht mit diesen Erwägungen im

O O O

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Einklang: Die Eeptilien sind Bewohner der wärmeren Erdzonen und ihr Formen- und
Artenreiehthum ist ein relativ geringer.

Ungleich günstiger, d. h. unbeschränkter stellen sich die Existenzbedingungen für
die Nachkommen der Eeptilien, für die Warmblüter oder Homoiothermen. Dies springt
schon bei der artenreichen Klasse der Vögel in\'s Auge, welche als Luftbewohner das
Terrain, welches ihnen Nahrung bietet, besser übersehen und die Beute leichter erhaschen
können; zugleich sind sie durch ihr eminentes Lokomotionsvermögen nicht an die Scholle
gebunden, und können vermöge ihrer Eigenwärme und ihres schützenden Federkleides
auch in den kälteren Eegionen existiren. Die Verbreitung der Vögel wird also eine
weitere sein, als die der Eeptilien. Dazu kommt, dass die Vögel ihre Eier an besser ge-
schützte und weniger zugängliche Orte ablegen können, was dem Individuenreichthum
dieser Thierklasse gewiss förderlich ist. Und wenn endlich dem Eeptil die Blätter der
Pflanzen kemen genügenden Nahrungsstoff darbieten, weil diese nicht in genügender Menge
aufgenommen und verdaut werden können, ihm auch die nährstoffreicheren Samenkörner,
die sich zumeist in einiger Höhe über dem Erdboden befinden, nicht zugänglich sind, so
ist der Vogel mit Leichtigkeit im Stande, dieselben aus grossem Umkreise zu sammeln.

In ähnlicher Weise erscheint die andere Gruppe der Warmblüter, die Säuge-
thiere, weit unabhängiger von der Configuration und klimatischen Beschaffenheit einer
Gegend, als die Eeptilien. Auch die Säugethiere, mit ihrem lebhaften Stoffwechsel und
der daraus resultirenden hohen Eigenwärme, mit ihrem dichten Haarkleide, welches sie
gegen Kälte und Hitze schützt, sind als Homoiotherme in allen Zonen lebensfähig, und
wenn ihnen auch im Allgemeinen das Flugvermögen, diese energischste Art der Orts-
bewegung, abgeht, so unterscheiden sie sich doch in der Eegel günstig von den Eeptilien
durch den hochgestellten Eumpf und Kopf, wodurch ihnen sowohl ein weiterer Ausblick
über ihre Umgebung, als auch eine raschere Lokomotion gesichert ist.

Auf der anderen Seite erwachsen aber den warmblütigen Thieren wieder neue
Schwierigkeiten, welche den wechselwarmen Eeptilien fremd sind. So bedürfen die Eier
der letzteren keiner besonderen Bebrütung, sondern entwickeln sich schon bei gewöhn-
licher Lufttemperatur, indess die Eier der Warmblüter — wie sich von selbst ergiebt
— zur Embryonalentwickelung einer gesteigerten Temperatur be-
dürfen. Diese zur Entwickelung nothwendige Wärmemenge wird nun den Eiern der
Warmblüter in gänzlich verschiedener Weise vom Mutterthiere zugeführt, und es scheint
mir, dass man die Verschiedenartigkeit der Lebensweise als Grund ansehen müsse, warum
die Vögel ihre dotterreichen, hartschaligen Eier (nach Art der Eeptilien) ablegen und
dann bebrüten, während die Säugethiere ihre dotterarmen oder dotterfreien, weichschali-
gen Eier bei sich behalten und mit sich herumführen. Diese Unterschiede in der „Em-
bryonalpflege", welche sich ganz allmählich im Kampfe um\'s Dasein entwickelt haben
müssen, treten uns bei den gegenwärtig lebenden Thierformen in schroffstem Gegensätze-
vor die Augen, wie ich etwas näher ausführen will.

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Der Körper des luftbewolinenden Vogels darf so wenig wie möglich belastet
werden, weil jede Beschwerung die Beweglichkeit in hohem Grade beeinträchtigt und die
Chan9en, im Kampfe um\'s Dasein Sieger zu bleiben, verringert. Dementsprechend bilden
sich die Eier, in Folge des lebhaften Stoffwechsels, mit überraschender Schnelligkeit aus,
werden sofort in das Nest abgelegt und durch Bebrütung in gleichmässiger Wärme ge-
halten; die Säugethiere hingegen als Landbewohner füiiren die Eier eine geraume
Zeit mit sich umher, ohne dass dadurch ihre Beweglichkeit in nennenswerther AVeise
beeinflusst würde. Während der Vogel, nachdem er zum Einsammeln von Nahrung
ausgeflogen, sein Nest leicht aus weiter Ferne auffinden und baldigst wieder erreichen
kann, so ist den Säugethieren ein so umfassender Ueberblick über das Terrain und
die rapide Bewegung versagt. Die Erhaltung der Nachkommenschaft wird daher bei den
Vögeln am besten auf die Weise gesichert, wenn die Eier mit einer schützenden, die
Wä]-me schlecht leitenden Hülle, welche selbstverständlich das ganze Bildungsmaterial für
das Junge beherbergen muss, umgeben und dann abgelegt werden, indessen die schwer-
fälligeren Säugethiere die Entwickelung des Embryos leichter durch eine Art „innerer
Brutpflege" erreichen, welche offenbar dadurch am zweckmässigsten in\'s Werk gesetzt
wird, dass die Eier nicht sogleich mit allem erforderlichen Nährmaterial versehen werden,
was ja den Körper des Mutterthiers unnöthig lange belasten würde, sondern vielmehr
successive durch das Sekret der Uterindrüsen (die modificirten Eiweissdrüsen der Sauro-
psiden) und durch andere Flüssigkeiten den zur Ausbildung des Jungen noch nothwen-
digen Baustoff zugeführt bekommen.

Aus diesem Gesichtspunkte erscheinen die physiologischen Grundverschiedenheiten
in der Ernährungsart des Embryos bei Eeptil, Vogel und Säuger verständlich, und aus
ihnen lassen sich wiederum die morphologischen Differenzen der verschiedenartigen Em-
bryonalentwickelung ableiten (Capitel VIII).

Schwieriger ist es die Bedingungen zu eruiren, unter welchen aus dem kaltblütigen
Reptil ein Warmblüter sich entwickeln konnte. Nur dies Eine ist klar: eine höhere und
stetigere Leistungsfähigkeit, als sie die Reptilien besitzen, scheint an eine höhere constante
Körpertemperatu.r gebunden, d. h. an einen regeren Stoffwechsel. Das zur Ent-
wickelung erforderliche Bildungsmaterial mag den Embryonen aller Amnioten in ziemlich
gleicher Menge zugeführt werden, allein die Embryonen der Warmblüter bedürfen noth-
wendigerweise noch der Zufuhr von Wärme. Und wenn die Vögel jene von den Reptilien
überkommene Ablage von grossen, hartschaligen Eiern beibehalten konnten, so dass auch
die embryonalen Functionen wesentlich die gleichen blieben, so mussten für die Embryo-
nen der Säugethiere neue Wege eingeschlagen werden, um die Athmung und Ernährung
zu reguliren. Bei den Sauropsiden wird die Athmung durch die für Gase durchlässige
Schale ermöglicht; dem Säugethierembryo aber kann der Sauerstoff einzig und allein durch
Vermittelung des mütterlichen Blutes zugetragen werden, einen anderen Bezugsquell giebt
es für ihn nicht. Und da dieser schon während der frühesten Embryonalanlage unent-

Selenka, Entwickelungsgescliichte. IV. 31

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behrlich ist, so erscheint es ganz natürlich, dass bei den Beutelthieren hierzu der von den
Reptilien ererbte Dotterkreislauf ausschliesslich Verwendung findet, während die Allantois,
das rudimentär gewordene Athemorgan der Sauropsiden, als solches unnöthig wird und sich
zurückbildet. Gleichzeitig unterbleibt beim Säugethierei die Bildung einer harten Eischale
und eines dicken Eiweissmantels, sodass die Dottersackgefässe des Embryos unmittelbar an
die Eioberfläche zu liegen kommen. Diese Einrichtungen genügen aber nur kurze Zeit, da
mit dem Wachsthum zugleich das Athem- und Nahrungsbedürfniss steigt, und diesen stetig
wachsenden Anforderungen von Seiten des Embryos wird auf zweierlei Weise entsprochen :
entweder wird die Frucht, obwohl noch „unreif", geboren sobald der Dottersackkreislauf
nicht mehr im Stande ist die Bedürfnisse derselben zu befriedigen, und dann geschieht
die Weiterentwickelung extra-uterin (Beutelthiere); oder aber es muss noch eine neue,
ausgiebigere Bezugsquelle von Nährmaterial eröffnet werden, und hierzu finden die Blut-
gefässe der Allantois Verwendung, indem sie sich zur embryonalen Placenta umgestalten
(Placentalia). Der Embryo der Beutelthiere wird während seines Verbleibs im Uterus
lediglich durch eine „Dottersackplacenta", die freilich der Gefässzotten entbehrt, aber an
gefässführenden Aussackungen reich ist, genährt, während derjenige der Placentalia
Anfangs durch den schwach entfalteten Dottersackkreislauf, später aber durch die Allantois-
placenta seine Nahrung empfängt.

Diese Verhältnisse finden sich in der nebengehenden Tabelle übersichtlich zusammen-
gestellt. Einige, die Stammverwandtschaft der Mammaliën mit den Sauropsiden bekräfti-
gende Punkte sind beigefügt.

SAUROPSIDAE

OPOSSUM

PLACENTALIA

Aeussere
Eihülle

Kalkige oder lederartige
Schale; nur bei einzelnen
viviparen Eeptilien ist die
Eischale sehr dünn

Chorion, zum grössten Theil
aus Ekto- und Entoderm, im
Gefässhofe aus Ekto-, Meso-
und Entoderm, am Haftstiel
aus Ekto- und Mesoderm
bestehend

Chorion; 1) meistens Ekto-,
Meso- u. Entoderm, 2) Ekto-
und Entoderm bei Nagern
mit invertirten Keimblättern,
2) theils Ekto-, Ekto- und
Mesoderm, theils Ekto-, Meso-
und Entoderm (Delphin) etc.

Ernährung des

Embryos
geschieht durch

Dotter und Eiweiss des Eies

Zellenfreie Üterinmilch

Anfangs meist durch Uterin-
milch, später durch die
Allantoisplacenta

Dottersack
der Erucht

Sehr gross und mit Dotter-
substanz gefüllt; wird zu-
gleich mit dem Wachsthum
des Embryos resorbirt

Gross (Spuren von Dotter-
substanz)

Dottersubstanz fehlt; Gestalt
sehr verschieden, weil von der
Ausbreitung des Amnion und
der Allantois beeinflusst; bei
Cavia fehlt der Dottersack
(Hemmungsbildung)

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SAUKOPSIDAE

OPOSSUM

PLACENTALIA

Gefässhof
(Dottersack-
kreislauf)

Anfangs oberflächlich auf
dem Dotter, später nach
innen gedrängt

Bleibt stets oberflächlich
liegen als „Dottersack-
placenta" ohne Zottenbildung

Anfangs oberflächlich gelegen,
wird er durch die vordringende

Allantois abgehoben und
kommt in\'s Eiinnere zu liegen.

Allantois

Ist Athemorgan und Harn-
hehälter

Ist nur Harnbehälter

Ist Nährorgan und zugleich
Athemorgan, allermeist auch
Harnbehälter

Amnion

Anfangs vorne Kopfamnion
(Ekto- und Entoderm) und
hinten Eumpfamnion (Ekto-
derm und Somatopleura);
später allein Eumpfamnion

Anfangs Kopf- und Eumpf-
amnion, später allein Kopf-
amnion (Eumpfamnion bis
auf den Haftstiel reducirt)

Wie bei Sauropsiden; sehr
selten allein Eumpfamnion
(Mus, Hypudaeus, Schaf);
bei Cavia Anfangs ausschliess-
lich Ektodermgebilde, später
Eumpfamnion

ürniere

Emhryonalorgan ; oft noch
monatelang nach dem Aus-
kriechen functionirend

Beim Beuteljungen noch
wochenlang in Thätigkeit

Lediglich Embryonalorgan

Kloake

Persistirt

Persistirt in kurzer Strecke
beim Weibchen

Nur als Embryonalgebilde

Epidermis

Dick (Eeptilien) oder als
Eederkleid (Vögel)

Sehr dick beim Embryo und
Beuteljungen (Epitrichial-
haut); später Haare

Selten sehr dick; beim Embryo
als dünne Epitrichialhaut,
später Haare

Kiefer-
bewaffnung

Bei Eeptilien Zähne, selten
Hornschnabel (Schildkröten) ;
bei fossilen Vögeln noch Zähne,
bei recenten Schnabel

Beim Embryo ein rudimen-
tärer Hornschnabel, später
Zähne

Selten Hornschnabel (Eden-
tata), meist Zähne (beim
Wallfisch als Embryonal-
bildung)

Zwerchfell

Bei Aptéryx geschlossen und
als Athemmuskel functioni-
rend, bei den übrigen offen.

Geschlossen (Athemmuskel)

Ebenso

Oviductus

Duplex

Duplex (üterus)

Bicornis aut simplex (Uterus)

Corpus
callosum

Sehr schwach entwickelt

Schwach entwickelt

Stark ausgebildet

Körper-
temperatur

Wechselwarm (Eeptilia) ;
homoiotherm (Aves)

Homoiotherm

Homoiotherm; selten zeit-
weilig wechselwarm
(Winterschläfer).

3P

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XYL Litteratur.

Ich habe bisher die einschlägige Litteratur ganz übergangen. Das geschah aus
dem Grunde, weil die vorliegenden Publicationen über die Embryologie der Beutelthiere
nur einzelne zuverlässige Daten, dagegen viele ungenaue oder irrige Angaben enthalten,
deren Besprechung den Gang meiner eigenen Darstellung störend unterbrochen haben
würde. Jetzt will ich kurz zusammenfassen, was bisher über die Entwickelung der Beutel-
thiere bekannt geworden.

Die ersten Untersuchungen über die Embryologie der Beutelthiere reichen in die
Jahre
1834: und 1837 zurück, und rühren von Richard Owen her (No. 1 und 2).
Owen\'
s Arbeiten sind zugleich die zuverlässigsten und genauesten auf diesem Gebiete,
was um so anerkennenswerther ist, als zu jener Zeit nicht nur die Untersuchungsmethoden
unvollkommener, sondern auch die Fragestellungen weniger präcis waren. Es ist wohl
der Mühe werth, einen Auszug aus
Owen\'s trefflichen Arbeiten an dieser Stelle mitzu-
th eilen.

Owen untersuchte zunächst einen Embryo von Macropus giganteus (major nach
Owen), welcher ihm mitsammt dem Uterus in Spiritus zugeschickt w-ar. Der winzige
Foetus,
7 Linien lang, lag im linken Uterus. Das Chorion war sehr dünn und zart, be-
sass ausserordentlich viele Faltungen, welche in die Krypten des Uterus sich versenkten,
aber nirgends zeigte sich eine Verklebung des Chorion mit der Uteruswand. Von Zotten-
bildung war keine Spur zu bemerken. Ein durchsichtiges Amnion umschloss den Embryo,
dessen Augenlider noch offen waren; die Zunge ragte aus dem breiten Mundspalt hervor.
Die Vorderfüsse Hessen fünf Zehen mit Klauen erkennen, die Hinterfüsse waren noch
zehenlos. Im Gefässhofe (vascular membrana) lag eine starke Arterie, zwei im Embryonal-
körper vereinigte Dottervenen, zahlreiche Gefässramificationen und eine periphere Gefäss-
bahn. Das Diaphragma war bereits geschlossen, die Lungen zeigten spongiösen Bau, die
Nieren dieselbe Form und Lage wie beim erwachsenen Thiere: the supra-renal glands
(i. e. Dauernieren) were half the size of the kidneys (i. e.
WoLFr\'sche Körper). Die Al-
lantois fand
Owen nicht, oder besser gesagt, er warf sie mit dem Dottersack und dessen
Gefässausbreitungen zusammen; später fand er dieses Organ jedoch an einem anderen
Beutelthierembryo auf (No.
2; pag. 720, Fig. 569). — Owen beobachtete auch ein neu-
gebornes Beuteljunge des Känguruh von 1 Zoll 2 Linien Länge; es bewegte sich sehr
lebhaft.

Owm^ fand also 1) ein zottenfreies Chorion, dessen Ausbuchtungen und Falten sich
in die Krypten des Uterus versenkten, ohne jedoch mit letzterem zu verkleben; 2) einen
Dottersackkreislauf mit zwei venösen und einem arteriellen Hauptstamm; diese Dottersack-
gefässe sollen die Ernährung und Athmung vermitteln; 3) eine gefässhaltige Allantois,

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deren definitive Gestalt und Function freilich nicht festgestellt werden konnte: 4) ein
Amnion. Verkannt wurde dagegen die Bedeutung der Ur- und Dauerniere, die Lage der
Allantois und die Gestalt des Gefässhofes etc.

Der Embryo, welchen Owen beschrieb, war vermuthlich schon ausgetragen, sodass
die Beschreibungen dieses Forschers im Allgemeinen auch ganz gut auf den reifen Foetus
passen. Sehr hübsch sind
Owen\'s Vergleichungen der Eier der oviparen und viviparen
Amnioten.

Chapman (No. 25) beschrieb dann im Jahre 1881 den Foetus eines Macropus
giganteus von ^/g Zoll Länge,
avelcher ungefähr 14 Tage vorher belegt sein soll. Autor
kommt im Wesentlichen zu folgenden Eesultaten. Das Chorion sei stellenweise verdickt,
vielfach gefaltet, entbehre aber der Zotten; es konnte leicht vom Uterus abgehoben wer-
den. Die Allantois war klein, frei; der Dottersack am Chorion befestigt. Der Sinus ter-
minalis, „a circular blood-vessel", soll die Demarkationslinie zwischen Chorionwand und
Dottersack bilden — eine gewiss unrichtige Angabe. Eine Arterie und zwei Venen wer-
den beschrieben, ihr Verlauf jedoch nicht richtig erkannt. Die vorderen Extremitäten
zeigten noch keine Gliederung in Zehen, die hinteren Ovaren mit der Loupe als Wärzchen
zu erkennen. Der Penis trat deutlich hervor u. s. w. — Diese Untersuchung enthält, wie
Chapman selber zugiebt, nichts Neues, sie bestätige nur Owen\'s Beschreibung,

Um so mehr ist es zu bedauern, dass Osboen im Jahre 1883 die schönen Beob-
achtungen
Owen\'s wieder in Frage stellte, und zwar auf Grund seiner Untersuchung der
Embryonen \\on Didelphys virginiana und eines australischen Beutelthiers (No. 20). Es
würde zu weit führen, wollte ich die Angaben
Osboen\'s hier Punkt für Punkt wieder-
legen, aber einige seiner irrigen Darstellungen muss ich doch zur Sprache bringen, da
dieselben zum Theil schon in der Litteratur Eingang gefunden haben. Fälschlich werden
gefässhaltige warzenartige Zotten des Chorion beschrieben: „from the epithelium of the
yolk-sac there arise papillae, which become vascular, while the subzonal cells become
very much flattened" etc. Die weitere ausführliche Beschreibung dieser Zotten sowie die
zugehörigen Abbildungen sind mir nicht ganz verständlich, aber jedenfalls existiren solche
Zotten nicht; wahrscheinlich handelt es sich hier um ein Artefact. Was ferner
OsBOKN
für den Mesoblast der Allantois hält, ist sicherlich nichts Anderes als die oben beschrie-
bene Nische des Dottersacks. Die Beschreibungen und Abbildungen vom Dottersack, das
Lageverhältniss des Embryos zum Gefässhofe und mehreres Andere in der Darstellung ist
unrichtig. Angesichts dieser Irrthümer muss ich übrigens ausdrücklich hervorheben, dass
die Beschaffenheit der Ei- und Embryonalhäute bei den Beutelthieren recht schwierig zu
verstehen ist, so dass nur eine grössere Reihe von Entwickelungsphasen einen richtigen
Einblick in die Configuration dieser Gebilde gewähren kann.

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Ich stehe davon ab, die grosse Zahl der embryologischen Arbeiten, welche mir

bei meiner Untersuchung förderlich gewesen sind, hier der Eeihe nach aufzuführen, da

ein Jeder, der sich mit den emschlägigen Themata eingehender beschäftigt, die betreffende

Litteratur in den Handbüchern der Embryologie und in den Jahresberichten vorfindet.

Nur einzelne xirbeiten, auf welche im Texte hingewiesen ist, mögen hier Erwähnung finden.

No. 1. E. Owen. On the Generation of the Marsupial Animals, with a Description of
the Impregnated Uterus of the Kangaroo; in: Philosophical Transactions of the
Eoyal Society of London. 1834. Part II; pag. 333—364; pl. VI—YIL

No. 2. E. Owen. On the Anatomy of Vertebrates. Vol. IIL Mammals. London. 1868.
pag. 715—723.

No. 3. A. v. Kölliker. Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere.
Zweite Auflage. Leipzig, 1879.

No. 4. E. Ehlers. Nebendarm und Chorda dorsalis; in: Nachrichten von der König-
lichen Gesellschaft der Wissenschaften und der Georg-August-Universität zu Göt-
tingen. 1885. No. 12.

No. 5. Ed. van Beneden & Ch. Julin. Observations sur la maturation, la fécondation
et la segmentation de l\'oeuf chez les Chéiroptères; in: Archives de Biologie.
Tome I (1880), pag. 551-571. PL XXII et XXIH.

No. 6. Ed. van Beneden & Ch. Julin. Eecherches sur la formation des annexes foetales
chez les Mammifères (Lapin et Chéiroptères). Ebenda, Tome V. 1884. pag. 369
bis 434. Planches XX—XXIV.

No. 7. Ed. van Beneden. Eecherches sur l\'embryologie du Lapin. Ebenda, Tome I,.
1880.

No. 8. Gasser. Eierstocksei und Eileiterei des Vogels; in: Sitzungsberichte der Gesell-
schaft zur Beförderung der gesammten Naturwissenschaften zu Marburg. Jahr-
gang 1884, pag. 84—90.

No. 9. Gasser. Beiträge zur Kenntniss der Vogelkeimscheibe ; in : Archiv für Anatomie
und Physiologie (Archiv für Anatomie und Entwickelungsgeschichte). Jahrgang
1882, pag. 360—398.

No. 10. 0. Hertwig. Die Entwicklung des mittleren Keimblattes der Wirbelthiere. Mit
9 Tafeln. Jena, 1883.

No. 11. K. E. von Baer. Untersuchungen über die Gefässverbindung zwischen Mutter
und Frucht in den Säugethieren. 1828, foL

No. 12. E. Bonnet. Beiträge zur Embryologie der Wiederkäuer, gewonnen am Schafe;

in: Archiv für xinatomie und Physiologie. Anatomische Abtheilung. Jahrgang
1884, pag. 170—230, Taf. IX—XI.

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^o. 13. C. Kupffer. Die Gastrulation an den meroblastischen Eiern der Wirbelthiere
und die Bedeutung des Primitivstreifs; in: ArchiA- für Anatomie und Physiologie.
Anatomische Abtheilung. 1882 und 1884.

No. 14. Th. L. W. Bischoff. Entwicklungsgeschichte des Hunde-Eies. Mit fünfzehn
Stein tafeln. Braunschweig, 1845.

No. 15. K. Lampert. Zur Genese der Chorda dorsalis beim Axolotl. (Philosophische
Inaugural-Dissertation). Erlangen,
1883. — Zugleich in: Sitzungsberichte der
physikalisch-medicinischen Societät zu Erlangen.
1883.

No. 16. E. Selenka. Studien über Entwickelungsgeschichte der Thiere. Drittes Heft.

Die Blätterumkehrung im Ei der Nagethiere. Mit 6 Tafeln. Wiesbaden, 1884.

No. 17. F. Balfour. Handbuch der vergleichenden Embryologie. XJebersetzt von B.
Yetter.

No. 18. M. von Kowalewski. üeber die ersten Entwicklungsprocesse der Knochenfische;
in: Zeitschrift für wiss. Zoologie. XLIII, pag. 434—480; Tafel XVII (1886).

No. 19. M. von Kowalewski. Die Gastrulation und die sog. Allantois bei den Teleostiern;

in: Sitzungsberichte der physikalisch-medicinischen Societät zu Erlangen. Sitzung
vom 7. Juni 1886. Tafel.

No. 20. H. osborn. Observations upon the foetal Membranes of the Opossum and other
Marsupials; in: Quarterly Journal of Microscopical Science, for July 1883. Plate
XXXllI. Zwölf Seiten Text.

No. 21. R. Bonnet, üeber die Eihäute der Wiederkäuer; in: Sitzungsberichte der Mor-
phologischen Gesellschaft, München, Sitzung vom 25. Mai 1886.

No. 22. N. Lieberkühn, üeber die Chorda bei Säugethieren; in: Archiv für Anatomie
und Physiologie. Anatomische Abtheilung. 1882.

No. 23. J. Kollmann. Die Geschichte des Primitivstreifens bei den Meroblastiern; in:
Verhandlungen der Naturforschenden Gesellschaft in Baseh VIIL Erstes Heft.
1886.

No. 24. F. Balfour. A Comparison of the Earli Stages in the Development of Verte-
brates; in: Quarterly Journal of Microscopical Science. Juli 1875. (With plate I).

No. 25. H. Chapman. On a foetal Kangaroo and its membranes; in; Proceedings of
the Academy of natural sciences of Philadelphia. I88I (1882), pag. 468—471;
pi. XX.

No. 26. A. v. Kölliker. Embryologische Mittheilungen; in: Festschrift der Naturforschen-
den Gesellschaft zu Halle. 1879. 4". Mit zwei Tafeln. — Auch als Sonderabdruck.
— Nachträglich sei hervorgehoben, dass
Kölliker bei einem Kaninchenembryo
emen direkten genetischen Zusammenhang der Hypophysentasche mit der Chorda

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vermutliet, ferner dass dieser Forscher einen in den „vorderen Schädelbalken\'\':
(Kölliker) hinein sich erstreckenden soliden Fortsatz der Chorda abbildet,
welcher, wie ich annehmen möchte, dem hinteren aufsteigenden Schenkel des
schleifenförmigen vorderen Chordaendes entspricht.—^ Dass die
„seessel\'sche Ne-
bentasche" mit der obenerwähnten „Gaumentasche" identisch sei, ist höchst un-
wahrscheinlich, denn letztere entsteht und vergeht früher als die Hypophysen-
tasche, als deren gleichzeitige Bildung die
seessel\'sche Tasche anzusehen ist.

No. 26. Meigs. On the Reproduction of Didelphys virginiana; in: American Philoso-
phical Society, April 1847. — Dieser Abhandlung konnte ich zu meinem Be-
dauern nicht habhaft werden.

Hiermit beschliesse ich vorläufig meine Mittheilungen über die Entwickelung des
Opossum. In dem folgenden Hefte dieser „Studien", welches die Embryologie einiger
australischer Beutelthiere behandelt, werde ich Gelegenheit haben, etliche Organe
und Organsysteme des Opossum näher zu beschreiben, welche an dieser Stelle deshalb
nicht eingehender besprochen wurden, weil die Darstellung derselben erst durch die, an
den australischen Beutelthieren gewonnenen Resultate zu einem vollständigen Entwicke-
lungsbilde ergänzt werden konnte. — Diese Mittheilungen werden zu Ostern 1888 zur
Publication gelangen.

Indem ich meinem sehr verehrten Verleger und Freunde, Herrn C. W. Kreidel
in Wiesbaden, für die liebenswürdige Erfüllung meiner Wünsche bezüglich der Heraus-
gabe dieser „Studien" den herzlichsten Dank, und dem Lithographen Herrn
Kirst in
Leipzig meine volle Anerkennung für die sorgfältige und geschmackvolle Reproduction
meiner Zeichnungen ausspreche, hebe ich zugleich hervor, dass mein treuer Assistent,
Herr Dr. A.
Fleischmann, mir bei der Durchführung meiner Untersuchungen hilfreich
zur Seite gestanden hat. Auch Herrn Dr.
von Kowalewski, welcher die Güte hatte
einige complicirtere Zeichnungen für mich anzufertigen, fühle ich mich zu Dank verpflichtet..

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Sammthche liguren sind mit der Camera lucida gezeichnet, die Figuren 1-3, 8, 10-11 nach Balsampräparaten,
Figur 4-6 nach frischen Eiern; reconstruirt aus Schnittserien ist Figur 7 und 9; die Aussencontouren der Figuren 7, 9 und
11 wurden mit den nach den frischen Eiern gezeichneten Umrisslinien verglichen und nach letzteren corrigirt - Die Kerne
sind durch violetten Ton hervorgehoben. ■

a animaler Pol der Gastrula

l Gerinnsel (ohne Dotterkörnchen)

Bl Gastrulam und

ei Eiweissmantel

en Entodermzellen

i Dotterballen (kernlos)

K Kerne der Granulosazellen

P innere Fläche des Eiweissmantels, in Fig. 1—3
vielleicht noch als Zona pellucida zu deuten

^ Eichtungskörper

S Spermatozoen

Z Granulosamembran (zur Membran reducirte Gra-
nulosa-Zellen).

Fig. 1. Unbefruchtetes Ei aus dem Ovidukte.

Die Granulosazellen haben sich an einer Stelle etwas abgehoben. Der Eiweissmantel hat seine
definitive Grösse noch nicht erreicht.

Fig. 2. Eizelle aus dem erweiterten unteren Theile des Eileiters.

Eiweissmantel und Granulosamembran ist in der Zeichnung weggelassen.

Die folgenden Eier sind dem Uterus entnommen:

Fig. 3. Ei aus dem Uterus. Zwei Blastomeren von gleicher Grösse.
Die Zellenleiber waren etwas geschrumpft und gedrückt.

A\'iertheilung. Nach dem frischen Ei gezeichnet.

Dasselbe bei stärkerer Vergrösserung. Eiweissmantel weggelassen.

Acht Zellen, zu zwei Kreisen geordnet.

Nach dem frischen Ei entworfen. Eiweissmantel hier, sowie in den folgenden Figuren
weggelassen.

Zweiundvierzig Zellen,

(Reconstructionsbild, Umriss nach dem frischen Ei), Durch den offenen Blastoporus der Gastrula
schaut man in die Furchungshöhle, in welcher eine einzige Entodermzelle liegt.

Dieselbe Gastrula im Längsschnitt.
Achtundsechzig Zellen.
(Eeconstructionsbild, Umriss nach dem frischen Ei). Gastrula von der Seite gesehen.
Fig. 10. Dieselbe Gastrula im Längsschnitt.
Flg. 11. Aeltere Gastrula im Längsschnitt.

Die Kerne der Entodermzellen sind dunkler gehalten. — / Furchungshöhle.
Fig. 12. Ein Stück der Granulosamembran.

A in der Aufsicht, B im Durchschnitt. - K Kern, K\' Kern mit undeutlicher Abgrenzung.

Fig.
Fig.
Fig.

4.

5.

6.

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Fig.
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Tafel XYIII.

h Gerinsel. h Perivitellinraum.

Bl Blastoioorus. mes Mesoderm.

ei Eiweissschicht. Primitivrinne.

en Entoderm. 0 Granulosamembran.
ex Ectoderm.

Fig. 1. Eiförmige Gastrula, nach dem frischen Ei gezeichnet.

Fig. 2. Längsschnitt durch dieselbe; Balsampräparat.

Die Kerne des Entoderms sind durch dunkleren Farbenton hervorgehoben.

Fig. 3. Gastrula, 10 Stunden nach Beginn der Furchung.

Der Schnitt geht durch die Längsaxe des zukünftigen Embryos (yergl. pag. 112 oben). Die
Kerne des Entoderms violett.

Fig. 4. Region des Blastoporus im Längsschnitt, von einer gleichaltrigen Gastrula.
Entodermzellen violett.

NB. Dem Alter nach folgen hier die auf Tafel XIX abgebildeten Keimblasen.

Fig. 5—11 Keimblasen im Alter von 48 Stunden (nach Beginn der Furchung).

Fig. 5—7. Drei Keimblasen mit birnförmigem Fruchthof.

Primitivstreif und Coelomlappen (Sichelhörner) sind durch violetten Ton markirt. Nach vorne
strahlen die letzteren in Zellenketten aus, während sie im hinteren Abschnitte ein einschich-
tiges geschlossenes Lager bilden, wie aus den Schnitten Fig. 8—11 hervorgeht.

Fig. 8. Querschnitt durch die Keimblase Fig. 6; die Schnittebene fällt in den hinteren
Theil des Fruchthofs.

Fig. 9—10. Aehnliche Schnitte bei stärkerer Yergrösserung.

Fig. 11. Querschnitt durch die vordere, in Zellenketten imd Zellennetze ausstrahlende
Partie der Coelomlappen.

Alle Figuren sind sorgfältig mittels der Camera lucida gezeichnet. Die Keimblasen Eig. 5—7 wurden nach frischen
Objecten entworfen, nach der Färbung und Aufhellung abermals untersucht und endlich die Ausbreitung des Mesoderms nach
den Schnittserien genauer ermittelt.

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Alle Figuren wurden mit der Camera lucida entworfen. Die Kerne des Entoderms sind durch rothen Farbenton

hervorgehoben.

ei Eiweissschicht. ^ ,

K Keimscheibe.

en Entoderm.

Z Granulosamembran.

ex Ectoderm.

Fig. 1. Kugelrunde Keimblase, 24 Stunden nach Beginn der Eifurchung.

Die Keimscheibe ist dem Beschauer zugewendet und markirt sich als nahezu kreisrunde Partie
durch die dichter stehenden Kerne der Ektodermzellen. Der Ort des Blastoporus war nicht
mehr aufzufinden. In der Handzeichmmg war Eiweissschicht und G-ranulosamembran angegeben,
ist aber in der Lithographie vergessen worden.

Fig. 2. Vertikaler Durchschnitt durch eine gleichaltrige Keimblase.

Die Ektodermzellen sind an der aplastischen Seite der Keimblase verdickt, im Bereiche des
Fruchthofs cylindrisch. Der Eiweissmantel überdeckt das Ektoderm noch vollständig.

Fig. 3. Ein Schnitt durch die Mitte der Keimscheibe einer gleichaltrigen Gastrula bei
starker Vergrösserung.

Fig. 4. Ein Theil einer gleichaltrigen Keimscheibe von der Fläche.

Fig. 5. Freie Keimblase, J2 Stunden nach Beginn der Furchung.

Die Anordnung der Kerne ist in der Lithographie ein Wenig schematisirt; zwar bemerkt man
im Präparate vielfach eine Keihenstellung der Kerne, jedoch nicht auf so lange Strecken
hin, wie dies in der Lithographie der Fall ist. Im Bereiche der Keimscheibe stehen die
Ektodermzellen dichter.

Fig. 6. Vertikaler Durchschnitt durch eine nahezu gleichaltrige Keimblase.

Der Eiweissmantel ist über dem Fruchthofe imd dessen Umgebung vollständig resorbirt. Das
Entoderm hatte sich in Folge der Härtung und Färbung vom Ektoderm ein wenig zurück-
gezogen ; ebenso in der Nähe des Buchstab Z die Keimblasenwand von der Granulosamembran
Z zufällig abgehoben.

Figuren 7—10 Spermatozoen, nach frischen Objecten mittelst der homogenen Immersion gezeichnet.

Fig. 7. Spermatozoon, in rapider Vorwärtsbewegung begriffen.

Die punktirten Längslinien markiren die Yibrationsfläche.

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Fig. 8. Kopf einer solchen Zwillingszelle bei 3500facher Vergrösserung.

Schwanzwurzeln und Schwanzfäden lassen deutliche Querstreifimg erkennen.

Fig. 9. Eine Spermatozoen-Zwillingszelle, in langsamer Bewegung begriffen. 2000/^

Fig. 10. Einzelzellen, durch Zerreissung der Zwillingszellen entstanden; diese Sperma-
zellen führen stossende Bewegungen aus.

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Tafel XX.

Jp Area pellucida. med Mediülarplatten.

C Coelom. mes Mesoderm.

c Herzanlagen. pr Primitivrinne.

Ch Chorda dorsalis. Uw Urwirhel.

fS" Anhäufungen von Eiweiss. x Vorderes Ende der Chorda.

D Eiweiss. y Mesodermzellenketten, in die seitlichen Ver-

en Entoderm. hreiterungen des Hinterkopfes ausstrahlend.

ex Ektoderm. Z Granulosamemhran.

h Spaltraum. Medianlinie des Embryos.
i Mesodermzellenstrang der Parietalzone.

Fig-. 1 Kugelrundes Ei, bei durchfallendem Lichte gesehen, 4 Millimeter gross. 60 Stunden
nach Beginn der Furchung. Die Pfeile
a—S bezeichnen die Eichtung der
Schnitte Figur «—ö.

Fig. 2. Senkrechter Querschnitt durch die Keimblase, schematisch. Die Einziehung war
auch am
frischen Ei vorhanden.

Fig. 3. Das gesammte Mesoderm derselben Keimblase, in gleicher Ansicht wie Fig. 1.

Links und rechts neben der Chorda bemerkt man zwei Streifen, in welchen
die Mesodermzellen fehlen. Keconstructionsbild.

Fig. a—ö. Querschnitte der Keimblase Fig. 1.

Fig. e. Eine der Ektodermwucherungen; die Kerne der Ektodermzellen sind weggelassen.

Fig. 4. Keimblase 72 Stunden nach Beginn der Furchung. Z ümriss der Keimblase
(Granulosamembran).

Fig. 5. Die einzige Ektodermwucherung derselben Keimblase; dieselbe befand sich in
der dem Embryo gegenüber liegenden Wand.

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Selenka, Entwickelungsgeschichte. IV-

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Tafel XXI.

Die Graiiulosamembraii ist in den Figuren 2, 4—6 weggelassen.

C Coelom.
Ch Chorda dorsalis.
Ed Endothelrohr des Herzens.
en Entoderm.
ex Ektoderm.
gf Gefässblatt.

md Aussenrand der Medullarplatten.
0 Eaum unter der Kopfscheide.

2}r Primitivrinne.
rf Eückenfurche.
sm somatisches Mittelhlatt.
splm splanchnisches Mittelhlatt.
üw Urwirbel.
üwh Urwirbelhöhle.
V Kopfscheide.
Z, Zr Granulosamembran.

Fig. 1. Keimblase von circa 73 Stunden. Der kreisrunde Umriss derselben ist in «« an-
gedeutet. Die Pfeile bezeiclmen die Scbnittriclitungen der Figuren 2—7.

Fig. 2. Schnitt 42 desselben Embryos.

Fig. 3. Schnitt 185,

Fig. 4. Schnitt 272.

Fig. 5. Schnitt 650.

Fig, 6. Detail desselben Schnittes bei stärkerer Vergrösserung.

Fig, 7. Schnitt 781. Man sieht die aus der Wand der Primitivrinne ausstrahlenden
Zellenketten. Wegen Raummangels musste der distale Abschnitt der Figur
gesondert gezeichnet werden.

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Ae Kopfaminon, aus Ektoderm und Entoderm be-
stehend.

Ah Amnionhöhle.

Am Fig. 1—2, Amnion.

Am Eumpfamnion, aus Ektoderm und Mesoderm
zusammen gesetzt.

Bl Blutkörperchen.

ß verästelte Zellenstränge des Mesoderms (Ilr-
wirbelplatte des Kopfes).

eil Chorda dorsalis.

c Herzventrikel.

C Coelom (Pleuroperitonealhöhle),
Eiw Eiweisshülle, unter der Granulosamembran.
en, ent Entoderm.

ex Ektoderm. .

G Gefässe.

H Gehirn.

I Interamnionhöhle des Eumpfamnion, (seitliche
Fortsetzung des Coeloms).

i Darmhöhle (Darmrinne).

i\' Zopfdarmhöhle; in Fig. 5 das vordere blinde

Ende angeschnitten.
m Mesoderm.
ml Mesodermlücken.

OS Mundhöhle, noch nicht in Communication mit

der Darmhöhle.
0 Gehörgrübchen.
sH seröse Hülle (falsches Amnion), Chorion.
R Eückenmark.
sM somatisches Mittelblatt.
spM splanchnisches Mittelblatt.

st sinus terminalis.
Uw Urwirbel.
Uwli Urwirbelhöhle.

V Vorhöfe des Herzens.
Wf WoLFp\'scher Gang (in Fig. 11 nicht bezeichnet,
in Fig. 12 nicht deutlich genug markirt).
y Granulosamembran.

Keimblase, vier Tage nacb beginnender Fureliung, bei 4faclier Vergrösserung.

Das Gehirn und hinteres Viertel des Mediülarrohrs war noch offen; das Amnion noch nicht
geschlossen,
g Gefässhof. Ami Amnionloch.

Derselbe Embryo bei 20faclier Vergrösserung, von der Bauchseite gesehen.

Da die Gefässe nicht gut zu erkennen waren, so sind dieselben gar nicht in der Zeichnung
berücksichtigt. Die gefaltete Membran, welche links, rechts und hinten den Embryonalkörper
überdeckt, ist die Fortsetzung des Darms oder der Dottersack (vergh Fig. 11 und 12,
e?tt)\\
das Gehirn ist vornen geschlossen, sr hinterer Ehomboidalsinus der Medulla (vergl. Fig. 14).

Ein nahezu gleichaltriger Embryo, bei llfacher Vergrösserung.

Das Amnionloch war etwas grösser, der Embryo vermuthlich nur 1 — 2 Stunden jünger als der
in Fig. 1—2 abgebildete. Die horizontalen Linien bezeichnen die Richtungen der Schnitte
Fig. 4—14; letztere bei 55facher Vergrösserung. — Die „WoLPF\'schen Gänge" waren
schon von Schnitt 220 an als solide Verdickungsleisten erkennbar, im 320. Schnitte war
schon ein Kanal vorhanden. —■ In Fig. 4—10 ist das Chorion nicht mitgezeichnet.

Achtzehnter Schnitt; Ag Augenblasen.
Schnitt 32.

Fig. 10.
Fig. 11.
Fig. 12.

Fig. 13.

41.
46.
71.
110.

Schnitt 138.
„ 180.
264.
406.

Schnitt 490 (vergl. Fig. 2, sr).

Sinus terminalis; Mesodermzellen violett.

Stück der Eihaut des Embryos Fig. 1, von der dem Embryo gegenüberliegenden
Seite der Keimblase;

Fiar. 1.

Fig. 2.

Fig. 3.

Fig. 4.

Fig. 5.

Fig. 6.

Fig. 7.

Fig. 8.

Fig. 9.

Fig. 14.

Fig. 15.

Fig. 16.

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Alle Embryonen circa 5 Tage alt (vom Beginn der Parchiing gerechnet).

Fig. 1. Keimblase in natürlicher Grösse.

Etwa der dritte Theil der Oberfläche war in der Kegion des Embryos locker mit der üterus-
schleimhaut verklebt, mid zwar vermittelst der Granulosamembran, die sich ihrerseits aber
leicht von der Keimblase abheben liess ; ihr freier Eand ist in der Zeichnnng deutlich zu er-
kennen. Auf der dem Embryo gegenüberliegenden Hälfte der Keimblase ist die Granulosa-
membran schon resorbirt.

Fig. 2. Gleichaltrige kugelrunde Keimblase, dreifach vergrössert. Die Gefässe sind
nur angedeutet;

amn Amnionnabel. g^ sinns terminalis. ^^ nntere Hälfte der Keimblase, an welcher

Dv Dottervene. Zr Granulosamembran. \'lie Granulosamembran schon ge-

g Gefässhof. \' schwunden ist.

Fig. C. Obere Hälfte einer ähnlichen Keimblase.

Man schaut in die Halbkugel hinein. Gefässe (roth) grösstentheils mit der Camera gezeichnet.

am Kopfamnion. c Herz. %t untere Hälfte der Keimblase, an welcher

ao Aorten. Vv Dottervenen. die Granulosamembran schon ge-

d hintere offene Darmpforte. E vordere Extremität. schwunden ist.

Fig. 4. Embryo einer Keimblase von circa 5 Tagen 2 Stunden.
Bezeichnung wie in Fig. 3; ferner:

/-I V -kl" x. n Geruchsgrübchen. V Unterkiefer.

y Gehorblaschen. „ , i n ■ i ^^ tt • , ,

„ i . , -f, , 0 ort, wo der Munddarm sich TJiv ürwirbel.
R hintere Extremität. . , -, ,

einstülpt. Z Zungenbein.

Fig. 5—9 Querschnitte in den auf Fig. 4 angegebenen Richtungen. Fig. 5 bei 32facher,

Fig. 6—9 bei öOfacher Vergrösserung. Das gesammte Mittelblatt ist durch rothen
Farbenton markirt; die Blutkörper sind weiss gelassen.

A primäre Augenblase (Fig. 5). Ei Eiweissschicht (in Fig. 5 ist der Uf Riickenfurche.

am Amnion. Leitstrich zu kurz). S Hirnrinde.

ao Aortae. en Entoderm. sh seröse Hülle (falsches Amnion).

hl Blutkörperchen. ex Ektoderm. so somatisches Mittelblatt.

c Herzhöhle. G Gehirnhöhle. s^mi splanchnisches Mittelblatt.

Ch Chorda. g Gefässe. TJ Urnierenbläschen.

D Darmhöhle. I Literamnionhöhle des Rumpf- v Vene.

d Schwanzdarm (Fig. 9). amnion. W WoLïF\'scher Gang.

Dv Dottervene. h Körperwand. yy Umschlagsränder des Mittelblatts

E vordere Extremität. m Mittelblatt. (Fig. 5).

p Coelomepithel. Z, Zr Granulosamembran.

Fig. 5. Der Schnitt traf den Embryo nicht genau senkrecht zur Längsaxe.

Fig. 6. Die Interamnionhöhle ist wegen Mangels an Eaum etwas kleiner gezeichnet

worden (vergl. Figur 7). Die Granulosamembran ist weggelassen.
Fig. 7. Wegen Eaummangels musste der Gefässhof
gefaltet gezeichnet werden. Granu-
lo s amemb ran fortgelas s en.
Fig. 8. Die Granulosamembran zum Theil abgehoben.
Fig. 9. Die Figur ist aus zwei benachbarten Schnitten combinirt.
Fig. 10. Urnierenbläschen und
WOLFF\'scher Gang eines Embryo von vier Tagen.

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LitkAftst T. C.Kirst,Leipzig.

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Mit Ausnahme der Fig. 1, 10—13 sind die Figuren etwas schematisirt. Sämmtliche Zeichnungen beziehen sich auf
die Embryonen der Tafel XXIII (5 Tage alt).

hlau Entoderm,

roth Antheil des Mesoderms an den Embryonalhüllen (in Fig. 1 ist das Mesoderm grau).

Äe Kopfamnion (aus Ektoderm und Entoderm
bestehend).

Am Rumpfamnion (aus Ektoderm und Mesoderm
bestehend).

amn Amnionnabel, Yon der G-ranulosamembran stets
überdeckt (vergl. Fig. 2).
ao Aorten.

B (Fig. 3) Pfeilspitzenförmiges Feld, unter wel-
chem die Interamnionhöhle des Rumpfamnion
liegt (vergl. Fig. 2 und 4).
c Herz.

d hintere Darmpforte.
Dv Dottervenen.
E vordere Extremität.
en Entoderm.
ep Epiglottis.
ex Ektoderm.
g Blutgefässe.
H Hinter- und Nachhirn.
hg vorderes Ende des Kopfdarms.
I Interamnionhöhle des Rumpfamnion.
i, i, i (Fig. 2 und 4) vorderer Umschlagsrand des
Rumpfamnion (vergl. Fig. 5 der Taf. XXIII).
K Kopfdarm.

L Coelom.
M Mittelhirn.
mes Mesoderm.
0 Mund.
pl Lunge.
PP Coelom.

g diejenige Hälfte der Keimblasenwand, welche

kein Mesoderm enthält.
r Rachensegel.
R Rückenmark.
Ri Eiechgrube (Fig. 10).
S Schwanzdarm.
st sinus terminalis.
tr Trachea.
TJms UmscHagsrand des Rumpfamnion.

F Vorderhirn.
Wk WoLFF\'scher Körper.
X (Fig. 4-6) hintere solide Zipfelchen der in
Fig. 3 durch einen Pfeil bezeichneten Niesche
des Kopfamnion (in Fig. 4 ist der Ort markirt).
y Nieschentasche des Kopfamnion (Fig. 7—9).
Zr Granulosamembran.
Zu Zungenbeinbogen.

Fig. 1. Medianer Längsschnitt. Camera lucida. Ventralwärts vom Schwanzdarm 5 erkennt man die An-
lage der Allantois (vergl. Taf. XXY Fig. 1). —
M Magen.

Fig. 2. Nahezu gleichaltriger Embryo.

Fig. 3. Das gesammte Efitoderm, welches durchaus einschichtig, ist in seiner ganzen Entfaltung in den
ümriss einer Keimblase mit blauer Farbe eingetragen. Der Körper des Embryos ist weg-
gelassen. Der Eaumersparniss wegen ist der ümriss der Keimblase zu klein- angegeben (vergl.
Tafel XXIII Fig. 2). Um eine richtige Vorstellung von der Gestalt des Kopf- und Eumpf-
amnion zu bekommen, denke man sich die Figuren 3 und 4 aufeinandergelegt.

Fig. 4. Die Ausbreitung des Mesoderms auf der Keimblasenwand, sowie das Rumpfamnion sind mit rother
Farbe in eine Keimblase eingetragen. Körper des Embryos weggelassen. Umfang der Keim-
blase etwas zu klein gezeichnet (vergl. Tafel XXIII, Fig. 2).

Fig. 5 — 9. Querschnitte durch den Embryo Fig. 2.

Fig. 10. Kopfende des auf Tafel XXIII Fig. 5 abgebildeten Embryos, von unten gesehen. Camera lucida.

Fig. 11. Die Lumina des Oesophagus und der Lungenbläschen des Embryos Fig. 1. (Die Wandungen waren
sehr dick).

Fig. 12—13. Chorion, aus der, dem Embryo gegenüber liegenden Wand der Keimblase; von der Fläche imd
im Durchschnitt.

Ueber die Querschnittsbiider der Rumpf- und Schwanzgegend des Embryos Fig. 2 vergleiche man die Abbildungen
der vorigen Tafel.

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TafXXIV

Selenka del.

Litli. AnstT: C.Iirst,Leipzig.

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Die Blutgefässe sind durch Eothdruck hervorgehoben.

Längsschnitt durch einen 5 Tage alten Embryo (vergl. Tafel XXIII Fig. 1). Die Keimblasenwand
ist nur in nächster Nähe des Embryos gezeichnet, im Uebrigen weggelassen. Der Schnitt fällt
neben die Medianebene.

Fig. 1.

Ae Kopfamnion (Ekto- -)- Ento-
derm).
All Allantois.

Am Eumpfamnion (Ektoderm -j-

Somatopleura).
amn Amnionhöhle.
ao Aorta.
Au Augenblase.
hl Blutgefässe.
c Herz.
c\' Herzbeutel.
(S hintere Darmpforte.

en Entoderm.
ex Ektoderm.
Gh Gehörbläschen.
H Hinter- und Nachhirn.
h Hypophysis.
IM Hirn dach.
J" Interamnionhöhle, Exocoelom
(Coelom ausserhalb des Em-
bryos).
k (innere) Kiementaschen.
M Mittelhirn.
oe Oesophagus.

Ph Eachensegel.
\'pl Lunge.
Rg Eiechgrube.
R Eückenmark.
sto Mundbucht (Stomodaeum).

V Urnierenbläschen.

V Vorderhirn.

Vorn Vornierenrudiment.
Wä WoLFr\'scher Gang.

Z Granulosamembran.
Zw Zwischenhirn.

Ueber die Gaumentausche vergleiche man Tafel XXX Fig. 1-

Längsschnitt durch einen 6 Tage alten Embryo (vergl. Tafel XXVI). Der Schnitt verläuft nicht in
der Medianlinie,
auf Seite 136).

All Allantois.
amn Amnionhöhle.
ao Dotterarterie.
B seröse Hülle (Ektoderm -f- So-

matopleura).
h Mesodermgewebe.
c Herz.
Ch Gefässhof.
D Dottersackhöhle.

-3.

Fig. 2.

Der grösste Theil der Keimblasenwand ist weggelassen (vergl. den Holzschnitt C

H Hirnende.
hp Leber.

J Interamnionhöhle (Coelom).
0 MundöfFnung.
Vom Dottervenen.
Wd WoLFF\'scher Gang.
Wk IJrniere.
Z vordere Zwerchfellfalte.
Z\' hintere.

Di der durch die Allantois aus-
gebuchtete Theil des Dotter-
sacks.
do Dotterarterie.
en Entoderm.
ex Ektoderm.

fa Verwachsungslamelle des
Eumpf- mit dem Kopf-
amnion (Fig. 7).
G Gefässe.

ij Ort wo Eumpf- und Kopfamnion zusammentreffen.

a Allantoisarterie.
Ae Kopfamnion.
All Allantoiswand.
All\' Eingang in den ürachus.

Allantoiswand des Embryo Fig. 2.
All Allantoishöhle.
en Entoderm.
ed Gefässendothel.

Fig. 3. Medianschnitt durch das Körperende eines Embryos von 6 Tagen.

Fig. 4.

Am Eumpfamnion.
an Proktodaeum.
E Enddarm.

fa Verwachsungslamelle von Ae
und Am.

g Gefässdurchschnitt.
J Interamnionhöhle.
r Lücken im Mesoderm.

Hhl Harnblase.
i Darm wand.
Vr ürachus.

sM Splanchnopleura.
T\'F isolirt liegende Mesoderm-
zelle.

Querschnitt durch den Hinterleib des Embryos Fi^
venen angeschnitten.

Ae Kopfamnion. Sp Spinalganglion. Wk Urniere.

Querschnitt durch Hinterleib, Allantois und Dottersack des auf Tafel XXVI Fig. 4—5 abgebildeten
Mikrocephalen.

Ae kopfamnion. ao Aorta.

All Allantoishöhle. E hintere Extremität.

Am Eumpfamnion. F Verlöthungsstelle von Ae u. Am.

Art die beiden Allantoisarterien. G Allantoisgefässe.

Die Stelle der Fig. 2 bei starker Vergrösserung (Bezeichnung abweichend von der obigen).

Ae Eumpfamnion. en Entoderm. ,nes Ektoderm.

Fig. 5.

Fig. 6.

i Darmschlinge.
J Interamnionhöhle.
V Venen.
Vom Dottervenen.

Fig. 7.

Am Kopfamnion. ex Mesoderm.

2. Unten rechts und links sind die zwei Dotter-

Figur 1 von Herrn Dr. von Kowalewski gezeichnet.

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Piff. 3.

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Alle Embryonen 6 Tage alt. Vergrösserung Die Gefässe des Dottersacks sind mit rother, diejenigen der Allantois

mit schwarzer Farbe gedruckt.

All Allantois. g Gefässhof.

Am Kopfamnion. j interamnionhöhle des Eumpfamnion.

ao Aorta, in den Smus terminalis übergehend. hohler Stiel, mittels welchem der Embryo an

B, B (Flg. 1) abgeplattete Flächen des Chorion, der Keimblasenwand frei aufgehängt ist (vergl.

welche mit den Chorien der benachbarten pag. 130 u. f.). °

Keimblasen innig verwachsen waren. m Mesoderm.

Di der durch die vordringende Allantois ausge- st sinus terminalis.

stülpte Theil des Dottersacks (vergl. Taf. XXV). Vom Venae omphalo-mesentericae.

en Entoderm. (Pi^^

ex Ektoderm.

Fig, 1. Die dem Bescliauer zugekehrte Wand des Chorion ist herausgeschnitten. Die
Gefässe des Dottersacks zeigten eine ganz auffallend geringe Entfaltung und
eine ungewöhnliche Dicke ; die Art der Gefässverzweigung, wie sie in Fig. 3
auf Tafel XXIII wiedergegeben ist, darf als die normale betrachtet werden,
wie das Verhalten der meisten übrigen Embryonen beweist. Die Allantois-
gefässe sind genau mit Hilfe der Camera eingetragen, die Dottersackgefässe
nur zum Theil, so weit dies möglich war. Die Wandung\' des Chorion war
im Bereiche des Gefässhofs schon gerunzelt, was in der Zeichnung nicht
wiedergegeben ist.

Fig. 2. Ein anderer Embryo \\\'on der Seite gesehen; der grösste Theil des Chorion ist
abgeschnitten. Dottersackgefässe etwas schematisch gehalten, Allantoisgefässe
sorgfältig mit Hilfe der Camera gezeichnet. Das Kopfamnion hat sich bis
zum Schwanz herab über den ganzen Körper ausgedehnt.

Fig. 3, Embryo mit ausnahmsweise eiförmiger Allantois. Der (in den übrigen Figuren
die Allantois lose umkleidende) Dottersack ist bis auf einen Theil des
Embryonalstiels abgeschnitten und entfernt, wodurch die Allantois frei-
gelegt wurde.

Fig. 4. Gleichaltriger Microcephale, etwas verkrüppelt. Die Kleimblasenwand ist bis
auf Gefässhof und nächste Umgebung entfernt. Die Keimblase war klein,
lag eingepfercht zwischen anderen normalen Keimblasen. In dem abnorm,
kleinen Gefässhofe erkennt man vereinzelte dunkle Fleckean diesen Stellen
sind sowohl die Ekto- wie Entodermzellen bedeutend vergrössert, ein Ver-
halten, welches bei anderen Keimblasen niemals beobachtet wurde. Allantois
mit nur einigen spärlichen Gefässen.

Fig. 5. Derselbe Embryo von der Bauchseite.

Fig. 6. Vergrösserte Ekto- und Entodermzellen einer der Flecke / der Fig. 4.

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Tafel XXVII.

Die Figuren 2, 4 und 6 sind circa 7 Mal vergrössert. In Figur 4 ist noch ein kleines Stück des Dottersackchorion erhalten,
in den übrigen Figuren abgeschnitten (zur Orientirung vergleiche man die Holzschnitte im Text auf Seite 136).

a Auge. iV Körpernabel.

Ae, Äem Kopfamnion. r Verwachsungslamelle von Ae und Am.

AU Allantois. B Eiechgrube.

ao Dotterarterie (Fortsetzung der Aorta descendens). S Schnabelschild.

B seröse Hülle (dreieckiges, gefässfreies Feld des ti verwachsener Mundspalt (der Mund wird noch

Dottersackchorion). weiter eingeengt (Taf. XXIX Fig. 1—2).

Ch Dottersackchorion. Vom Dottervenen.

Di Dottersack. x Schnittrand des Dottersacks.

i Haftstiel des Embryo. y Yerwachsungslinie von Ae und Am.

J Interamnionhöhle (Exocoelom). Z Zunge.

Arterien (venöses Blut führend) blau,
Venen
(arterielles Blut führend) roth.

Fig. 1. Embryo von 6 Tagen. Von der Nisclie des Dottersacks ist ein Stückchen ab-
geschnitten (:r), um die darunter gelegene Allantois zu zeigen.

Fig. 2. Embryo von 6V2 Tag. Der Mundspalt ist noch sehr weit.

Fig. 3. Schnitt durch das Schwanzende dieses Embryos.
S Schwänzende; aom Kopfamnionhöhle.

Fig. 4. Embryo von 7 7 Tag.

Fig. 5. Kopf eines Embryo von 7V2 Tag, von vorne, etwas stärker vergrössert.

Fig. 6. Embryo von 7^^ Tag. — Dottersacknische, Amnion und Haftstiel sind ab-
geschnitten. Auf der Allantois ist schon die Verödung einzelner Gefässe, welche
blind endigen, bemerkbar. Die Gefässe selbst erscheinen dünner als in früheren
Stadien.

Fig. 7. Längsschnitt durch den Lungenflügel eines 6 Tage alten Embryos.
a, a\' Gefässe. ep Liingenepithel.

br Bronchus. H Lungenhöhle.

cp Peritonealepithel. ^ Parenchymgewebe.

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Tafel XXVIII.

Alle Zeichnungen, mit Ausnahme der Figur 3, beziehen sich auf Embryonen von 78/4 Tagen, nebst zugehörigem Uterus.

Blutgefässe roth. ,

Fig. 1. Aufgeschnittener Uterus, die Schnittränder auseinandergeklappt.

Der Comples der verwachsenen Keimblasenwände ist zum Theil herausgeschnitten, nur zwei
derselben sind in situ geblieben, aber ebenfalls angeschnitten. Durch einen Schnitt ist der links
gelegene Embryo von dem Dottersackchorion abgetrennt, man bemerkt noch den durchschnittenen
Haftstiel; der ürachus ist durch den Embryonalkörper verdeckt. Die rechts gelegene Allantois
zeigt eine zufällige konische Erhebung; der zugehörige Embryo ist verdeckt. — Das Chorion der
beiden Keimblasen hat sich durch die Präparation grösstentheils schon abgehoben von dem
Uterus; die Dottersacknische ist von der Allantois beider Keimblasen entfernt. Allantois - Gefässe
schwarz.

All Allantois. Scheidewand, durch Verwachsung zweier be-

Ch Chorion. " nachbarter Choria entstanden.

E Embryo, vom Kopfamnion eingehüllt. St sinus terminalis.

i gefässfreier Theil des Chorion (Schnittrand). Ut die kryptenreiche Innenfläche des Uterus.

Q Dottersackhöhle. Vh Uteruslumen.

Fig. 2. Schnitt durch die üteruswand, nebst dem Chorion einer Keimblase.

Ch Chorion. Di Dottersackhöhle.

D Uterindrüsen; die Mündungen derselben liegen G Gefässe.

theils in den Krypten, theils auf den Seiten l Lymphräume,

oder Gipfeln der Kämme. m Muscularis.

Fig. 3. Vier Uterindrüsen eines Uterus vom fünften Tage der Trächtigkeit.

Bezeichnung wie in der vorigen Figur. — « Uterusepithel.

Fig. 4. Querschnitt durch Gänge der Uterusdrüsen, bei stärkerer Vergrösserung, nebst

den umliegenden Lymphräumen des Uterus.

B Bindegewebsbalken. Arterie.

D Wandung der Uterusdrüse. " ^ Lymphräume.

d Drüsenlumen.

Fig. 5. Schnitt durch das Dottersackchorion, nebst einer (rechts unten daneben gelege-
nen) Falte des Uterus.

a und c kleinere Ektodermzellen des Chorion, ex Ektoderm (Exochorion).

\' wie sie streckenweise vorkommen, m Mesoderm.

l seltene Form, ep Uterusepithel.

d typische, häufigste Form derselben. üt Uterusfalte.

Ch Dottersackchorion. L Lymphräume.
en Entoderm. ^

Fig. 6. Schnitt durch das Dottersackchorion aus der Nähe der Dottervene.

Bezeichnung wie in Figur 5. — ed Gefässendothel.

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Alle Figuren beziehen sich auf das Neugeborne (8 Tage nach Beginn der Furchung und 13 Tage nach der Begattung).

Fig. 1—-2. Weibliclies Beuteljunge, 7 Mal vergrössert.

Fig. o. Medianer Längssclinitt durch, ein männliches Beuteljunge.

a iSchnittrichtung der Figur 4. n Nabel.

h Schnittrichtung der Figur 5. n\' Nasenscheidewand.

ho Vorderhirn. oe Oesophagus.

c Herz. pl Lunge,

c\' Herzbeutel. r Eectum.

eh Chordareste. sh. Schädelbasis.

d Zwerchfell. st Sternum.

hy Hypophysis. tr Luftröhre.

h Leber. u Unterkiefer.

i Darmschlingen. V Harnblase.

h Kloakenölfnung. W knorplige Wirbelsäule.

m Kückenmark. Z Zunge.

Fig. 4. Querschnitt in der Richtung a der Figur 3.

c\' Herzbeutel. pl^ pV Lungenhöhlen.

g Spinalganglion. r Rückenmarkskanal.

oe Oesophagus. Bp Eippen.

Fig. 5. Querschnitt in der Richtung b der Figur 3.

i Darm. Wk Dauerniere (Metanephros).

JV Urniere (WoLFF\'scher Körper). Wg WoLFr\'scher Gang.
11 Urnierengänge. Vu Harnblase.
B Eückenmark.

Fig. 6. Querschnitte,

Fig. 7. Längsansicht einer quergestreiften Muskelfaser.

e contractiles\'Eohr mit Querstreifung. k Muskelkerne.

en Gefässendothel. r Kerne des Sarcolemma.

hl Blutkörperchen. s Sarcolemma.
ƒ nicht differenzirtes Plasma in der Axe.

Fig. 8. Querschnitt durch zwei ürnierenkanälchen, bei stärkerer Vergrösserung..

hl Blutkörperchen. n Lumen der Ürnierenkanälchen.

en Gefässendothel. p Tunica propria.

Fig. 9. Querschnitt in der Richtung c der Figur 3.

ep Epidermis. S Papillen der Schnurrhaare.

k Knorpel. n ßiechhöhle.

JV" Nasenscheidewand. i,i",st SiENsoif\'sche Gänge.

0 Mundhöhle. u Unterkiefer.

g Gefässe. Z Zunge.

Fig. 10. Querschnitt in der Richtung d der Figur 3.

Bezeichnung wie in Figur 9.

Fig. 11. Papille eines Schnurrliaars, stärker vergrössert.

ep Epitrichialhaut. c Basalzellen der Epidermis.

p) Papille. k abgeplattete Kerne der äusseren Zellenlage a..

Die Figuren 4—-5, 9—11 sind von Herrn Dr. von Kow.ilewski mittels der Camera lucida gezeichnet worden.

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Taf. XXIX.

Fkj.lO.

Litli. Aast.T. C.ifirstjLeijzig.

Sslenka dd.

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\' Selenka, EntwiokelungsgescMohte. lY. .^\'Ml^AAiA^^A^fm:

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Fig. 1—3. Vier verschiedene Gaumentaschen von 5 Tage alten Embryonen.
Fig. la. Medianschnitt des Kopfes, bei schwacher Vergrösserung.

a Allsführungsgang der Gaum entasche.
Ae Kopfamnion.
C Herz.

CJi Chorda, in der Sattellehne der Hirnbeuge

verstreichend.
en Herzendothel.
G Gauinentasche.
H Gehirnwand.

h Hypophysentasche.
K Kieferbogen.
m Mundbucht.
oe Oesophagus.
B Eachensegel.
S Sattellehne der Hirnbeuge.
V Vorderhirn.

Fig. 1 b. Längsschnitt durch das vordere Chordaende. Die Gaumentasche ist plastisch gezeichnet,
die Umgebung als Schnitt.

K Kieferbogen.
M Mundhöhle.
oe Schlundhöhle.

a Eingang in die Chordatasche.
Ch Chorda.
g Gaumentasche.

B. Rachensegel,
s Schlundepithel.
S Sattellehne.

H Hirnrinde.

h Bildungsstätte der Hypophysis.
i solider Fortsatz der Gaumendrüse.

Fig. 2. Zwei Gaumentaschen. — i solider Fortsatz.

Fig. 3. Längsschnitt bei starker Vergrösserung. — a Mündung in den Schlund; d Gerinnsel vor
der Mündung.

Ideale mediane Längsschnitte durch den Vorderkörper des Opossum-Embryos,

Fig. A-

Ch Chorda.
G Gaumentasche.
h Hypophysistasche.
II Hirn und Rückenmark.

-F.

die Entstehung der Gaumentasche illustrirend.

i Darmrolir.
0 Infundibulum.

p Primitivrinne (hintere Chordatasche).
r Rachen segel.

Fig. 4.
Fig. 5-

Die Chorda dorsalis ist durch eine dickere Linie hervorgehoben.
Fig. A. Die Chorda fusst hinten in (dem Kopffortsatze) der Primitivrinne, der übrige Theil ist

in den Darmentoblast eingeschaltet.
Fig. B. Krümmung des vorderen Chordaendes durch die Hirnbeuge.
Fig. C. Das Vorderende der Chorda hakenförmig gebogen.
Fig. D. Vorderende der Chorda zeigt eine Höhlung (Gaumentasche).
Fig. E. Gaumentasche abgeschnürt.

Fig. F. Illustrirt die Lage der Gaumentasche, wenn man sich die Hirnbeuge aufgehoben, und
die Hirnbasis gestreckt denkt.

Auge eines 6 Tage alten Embryos.

€■21 Epidermis. g Gefäss. l Linse. B Retina.

Ch Chorda.
E Schwanzdarm.

Querschnitte durch das Schwanzende eines 5 Tage alten Embryos, den Ueber-
gang der Chorda in die Medullarplatten zeigend (vergl. Taf. XXIII Fig. 9).

-7.

M Medullarplatte.

Ms Mesodermgewebe (nicht gezeichnet).

Fig. 8. Beuteljunges, seit 4 Tagen geboren.

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IN VORBEREITUNG BEFINDEN SICH:

SELENKA, EMIL, stüdien über entwickelungsgeschichte

DEE THIEEE.
VIERTES HEFT.

ZWEITE HÄLFTE. \'

DAS OPOSSUM

(DIDELPHYS VIRGINIANÄ).

(SCHLUSS).

MIT 6 TAFELN.

FÜNFTES HEFT.

AXOLOTL UND SALAMANDEK

MIT 4 TAFELN.

BEREITS ERSCHIENEN SIND :

ERSTES HEFT.

DIE KEIMBLÄTTEß UND PRIMITIV-OEGANE DEE MAUS.

MIT 4 TAFELN IN FARBENDRUCK. — PREIS 12 MARK.
ZWEITES HEFT.

DIE KEIMBLÄTTEE.DEE ECHINODEEMEN.

MIT 6 TAFELN IN FARBENDRUCK. - PREIS 15 MARK.

DRITTES HEFT.

DIE BLATTEE-UMKEHEUNG IM EI DEE NAGETHIEEE.

MIT 6 TAFELN IN FARBENDRUCK. - PREIS 15 MARK. •

C. W. KREiDEL\'S VERLÄ@ IH WIESBADEN.

PRTJCK VON CAKL RITTER IH WIESBADEIf.