-ocr page 1-

mmj.

WÂfâ

Y/m

-ocr page 2-

Tv . \'

4

/ •

■ rTrt-

V-

■ ;■ ■ 1

K •

n\'

-vl

- . . , - \'jri\'

-i-

r

\' v . ...

\' f ; , ■■ .

. \'i.,

» • w * •

,,\'v./\'.

. 1 ■

■ /

V-

■ A^msm

■ K

.

i

■ 1 :

.- \' - ■■ , •• ..;. V: vv ■ ■•..• \' • • ■

. > ■■ ■ rJ

\' •" \' - ■ ■ ^ - : ^ v" - m -v \'Ar

\'\'-yv,

m

-ocr page 3-

-..■^■\'Jft\'i..-.

■ .t\'-

\' y ■ ■

l\' .-y .o:»« «tV. .

v

-■".If

il-

y.

\' J\'

J H

[^zt
\'
j

■ \'î\'v"» \'\'

■ >

c

■ - X"

-ocr page 4-

U \' - 1 . - J .

• r ■ \' ^ \' 7\' ■ \' r

•\'•Al.\'

; /

^ ■ ■ -O -r; .vv : ^

• " (

/,

\'j^r/--\'\'

■y ■

i ■ ■

: : 1,

r,

. f V

" \'. i. \'L i

<\\ < ■ ■; ■

\'rs A

• - z^\'. .

/.V ■

f .-V

\' . - -

• .X.

■ \'"v

\'-r

... . . . ■■ ^ • H, - •

\' -1

h \\ i.

!

. ~ \'f -

-.f-\' -y. ..

•y\'y\'y \'

■■ ;

- • .....» \'

\'I

.i , /

■ :

V.

\' f -

-y

\'■ y..

•■■^Avi..\'

• \'"l^-\'^^-ï-ï-riliMÉii I flMiflfii ■\'-\'•"•^n^irï\'

.........................1«

-ocr page 5-

TOPOOMPHISCH-ANATOMISCHEE

ATLAS.

nach dtjrchschnjtten an gefrokenen cadayem

HERAUSGEGEBEN

VON

DR. MED. WILH. BRAUNE,

0. Ö. PROFESSOR DER TOPOGRAPHISCHEN ANATOMIE AN DER IINIVERSITiT LEIPZIG.

DEEIÜNDDRETSSIG COLORIE,TE TAFELN MIT ERLÄUTERNDEM, DURCH ABBILDUNGEN ILLUSTRIRTEM TEXT.

DRITTE, VERÄNDERTE AUFLAGE.

LEIPZIG,

verlag von veit & comr

1888.

-ocr page 6-

a

t^*

r.-p"-.;

I!?

fl^

si ^^V\'SïSpt

VT«-«\'\'

ifes

. . ..

p. /\'^•f

il

St .

-msm

Ha,«--

-ocr page 7-

ÜBERSICHT DER TAFELN.

A. B. Medianschnitt durch den Körper emes 21jährigen Mannes.

A. B. Medianschnitt durch den Körper eines etwa 25jährigen Weibes.

Schräg verlaufender Transversal schnitt durch den Kopf eines 16 jährigen
Mädchens, in der Höhe der Augen.

Transversalschnitt durch das Gehörorgan am Kopfe eines jungen
Mannes.

Transversalschnitt durch den Kopf eines jungen Mannes.

Fig. I. in der Höhe der Kaufläche,

Fig. II. in der Höhe des oberen Schildknorpelrandes und
V. Halswirbels.

Transversalschnitt desselben Cadavers durch den Hals, in der Hölie
des Ringknorpels und VI. Halswirbels.

Transversalschnitt desselben Cadavers durch den Hals und die Schulten],
in der Höhe des VII. Halswirbels.

Transversalschnitt desselben Cadavers durch die Lungenkuppeln und
Schultergelenke, in der Höhe des I. Brustwirbels.

Transversalschnitt durch den Körper eines älteren (50jähr.?) Mannes,
in der Höhe der Schultergelenke.

Transversalschnitt durch den Thorax eines jungen kräftigen Mannes,
in der Höhe des III. Brustwirbels.

Transversalschnitt desselben Cadavers, in der Höhe des Aortenbogens
und des IV. Brustwirbels.

Transversalschnitt desselben Cadavers, in der Höhe des Aortenbulbus
und des VI. Brustwirbels.

Transversalschnitt desselben Cadavers, in der Höhe der Mitralklappe
und des VIH. Brustwirbels.

Transversalschnitt desselben Cadavers durch die Herzspitze und Zwerch-
fellkuppeln, in der Höhe des IX. Brustwirbels.

Transversalschnitt desselben Cadavers durch Leber, Magen, Milz, in
der Höhe des XI. Brustwirbels.

Transversalschnitt desselben Cadavers durch Pancreas und Nieren, in
der Höhe des I. Lendenwirbels.

Transversalschnitt desselben Cadavers durch Colon transv., in der
Höhe des Nabels und der Bandscheibe, zwischen HI. und
IV. Lendenwirbel.

Transversalschnitt desselben Cadavers, in der Höhe des Promontorium.

Transversalsclmitt desselben Cadavers, in der H()he der Sfmae, iki
anteriores inferiores,
und der Symphysis sacro-ilicma.

Taf. I.
Taf. II.
Taf. III.

Taf. IV.

Taf. V.

Taf. VI.
Taf. VII.
Taf. VIII.
Taf. IX.
Taf. X.
Taf. XI.
Taf. XII.
Taf. XIII.
Taf. XIV.
Taf. XV.
Taf. XVI.
Taf. XVII.

Taf. XVIII.
Taf XIX.

I Taf. XX. Transversalschnitt desselben Cad avers durch das Becken, in der Höhe

der Oberschenkelköpfe.

! Taf. XXI. Frontalschnitt durch das Becken eines kräftigen Sojährigen Mannes,
I in der Tiefe der Oberschenkelköpfe.

Taf. XXII. Fig. I. Sagittalschnitt eines injicirten Kniegelenkes; weibliches Cadaver
mittleren Alters.

Fig. II. Sagittalschnitt durch den rechten Fuss in der Nähe des
inneren Randes. Von demselben Cadaver.

Taf. XXIII. Fig. I. Transversalschnitt durch den linken Oberschenkel eines 21 jäh-
rigen Mannes, desselben von dem Tafel I. genom^nen ist.
Der Schnitt verläuft parallel und hart am Lig. Poupartii.

Fig. II. Transversalschnitt durch den linken Oberschenkel desselben
Cadavers, hart am Trochanter minor.

Taf. XXIV. Fig. I. Transversalschnitt des linken Oberschenkels etwas unter dem
oberen Drittel, von demselben Cadaver.

Fig. II. Transversalschnitt des linken Oberschenkels durch die Mitte,
von demselben Cad aver.

Taf. XXV. Fig. I. Transversalschnitt durch das untere Drittel des linken Ober-
schenkels, von dem Cadaver eines kräftigen Mannes mittleren
Alters.

Fig. II. Transversalschnitt durch das linke Knie. Dasselbe Cadaver.

Taf. XXVI. Fig. I. Transversalschnitt durch den linken Unterschenkel im oberen
Drittel. Dasselbe Cadaver.

Fig. II. Transversalschnitt durch die Mitte des linken Unterschenkels.
Dasselbe Cadaver.

Taf. XXVTI. Fig. I. Transversalschnitt durch das untere Drittel des linken Ibiter-
schenkels. Dasselbe Cadaver.

Fig. II. Transversalschnitt durch die Malleolargegend derselben Extre-
mität.

Taf. XXVIII. Frontalschnitt durch den Thorax eines kräftigen jugcndlicilien Mannes.

Taf. XXIX. Fig. I. Sagittalschnitt durch das rechte Ellenbogengelenk eines weib-
lichen Cadavers.

Fig. II. Sagittalschnitt durch die Hand in der Tiefe des 3. Fingers
desselben Cadavers.

Taf. XXX. Fig. I—IV. Transversalschnitte durch den linken Arm eines 40jäh-
rigen kräftigen Mannes in der Mitte, im untern Drittel des
Humerus, durch die Trochlea und das Köpfchen des Radius.

Taf. XXXI. Flg. I—IV. Transversalschnitte durch den linken Unterarm desselben
Cadavers, im oberen Drittel, Mitte und unteren Drittel, sowie
durch das Handgelenk.

-ocr page 8-
-ocr page 9-

VORWORT.

-Die Aufforderung der Verlagsbuchhandlung, eine dritte Auflage
meines Atlas zu besorgen, glaubte ich niclit abschlagen zu dürfen,
wenn auch die Tafeln nur die alten Bilder wiedergeben. Ich habe es aber,
wenn sich auch ebendeshalb der Text nicht völlig umarbeiten Hess,
doch nicht unterlassen, die bessernde Hand hier und da anzulegen und
neue Abbildungen in denselben einzufügen. Diese Kevision des Textes
ist mir besonders schwer geworden, weil mir die Präparate, die den
Abbildungen zu Grunde liegen, fehlen. Die Schnittscheiben wurden
bei der ersten Bearbeitung des Atlas durchpräparirt, um eine Täuschung
in der Bestimmung des Details möglichst zu vermeiden. Dadurch wurden
natürlich die Präparate vollständig zerstört und konnten auch nicht
durch neugefertigte ersetzt werden, da selbst bei normalen Körpern
völHg gleiche Bilder an Schnittserien nicht zu gewinnen sind. Ich
kann daher der Aufforderung
Henhe\'s (Festprogramm über die Lage
des Herzens, Tübingen 1883),
Construktionsbilder aus den Präparaten
noch
nachzuliefern, nicht nachkommen. In diesem Programm behandelt
Henke meine Durchschnitte sehr ausführlich und hebt hervor, dass der
eigentliche Werth solcher Bilder erst gewonnen werde, wenn sie zu
Construktionen nach der Methode von
His benutzt würden; und das
sei von mir unterlassen worden. Um zu zeigen, wie man eigentlich |
topographisch arbeiten müsse, gibt er drei Transversalschnitte des
Thorax,
bildet dieselben aber nur in ihren Hauptconturen ab mit den daraus
o-ewonnenen Construktionsbildern des Herzens projicirt auf die Kippen-
wandungen. Er sagt a. a. O. S. 10: „Ich habe nur an diesem Bei-
spiele zeigen wollen, wie man diese Art von Präparaten und die daran
knüpfenden Fragen meiner Meinung anfassen muss, wenn etwas dabei

herauskommen soll."

Ich ha,be darauf Folgendes zu erwiedern. Die Constniktion des

Körperaufbaues, wie sie durch His in die Embryologie eingeführt ist,
war zunächst ein Nothbehelf, bedingt durch die Kleinheit (nicht Weich-
heit, wie
Henhe a. a. O. S. 10 sagt) der Objekte, die für die gewöhn-
liche Präparation nicht oder nur ungenügend zugänglich sind. Wenn
ich auch darin mit
Henke völhg übereinstimme, dass auch am ausge-
bildeten Körper durch Schnittserien und die daraus gewonnenen Con-
struktionsbilder die Kenntniss der Gestalt der Organe und des Körpers
sehr gefördert wird, so bin ich doch der Ansicht, dass auch ohne die
Methode der Construktion, schon durch die Bearbeitung und Betrach-
tung guter Durchschnitte des erwachsenen Körpers, brauchbare Resultate
gewonnen werden, und dass dabei etwas herauskommt.

Will man aber die Construktion aus Schnittserien anwenden, dann
darf man die Schnitte nicht so dick anlegen, wie dies
Henke thut, dann
müssen dieselben vielmehr möglichst dünn ausgeführt werden, damit
niclit wichtige Einzelnheiten verloren gehen; und zwar richtet sich die
Zahl der zur Formbeurtheilung nothwendigen Schnitte nach der mehr
oder minder complicirten Gestalt der Orgaiie und nach dem Winkel,
unter welchem dieselben getroffen werden. Zur Beurtheilung einer cylinder-
ähnlichen Form genügen wenige Querschnitte, ein so coinplicirtes Orgaii
aber wie z. B. das Herz, wird zu seiner Beurtheilung viele in kurzen
Abständen sich folgende Schnitte verfangen. So kommt es denn aiich,
dass das Herz, wie es
Henke abbildet, kein richtiges Bild liefert, son-
dern Formen zeigt, die falsche Vorstellungen über die Gestalt dieses
Organs erwecken müssen.

Ich weiss sehr wohl, dass mein Atlas nicht Alles bietet, was man
durch Durchschnitte an gefrorenen Körpern erreichen kann. Meine
Aufgabe hat sich aber darauf beschränkt, eine Reihe der hauptsäch-
lichsten Durchschnitte abzubilden in einer Weise, wie sie bis dahin
nicht geübt wurde.

Durchschnitte an gefrorenen Körpern sind schon seit langer Zeit ge-
macht worden. Die Methode selbst ist nicht neu, wie ich schon in der Vor-
rede zur ersten Aullage, unter Aufzählung einer Reihe von Namen, ange-
geben habe. Man besass aber noch nicht im Detail durchgearbeitete Durcli-
schnittsbilder normaler Körper, und dies herzustellen ist mir gelungen
durch Anwendung einer Gefriermethode, die mich unabhängig von der
Witterung machte und es mir gestattete, das Material beliebig auszu-
wählen und beliebig laiige im erhärteten Zustande zu erhalten.

Den schon in der ersten Auflage des Atlas genannten Namen
von Autoren, die lange vor mir schon Körper gefrieren Hessen und
schnitten, habe ich noch die Namen
Froriep und De Riemer hinzuzu-
fügen. Der Holländer
De Riemer benutzte die Gefriermethode sehr
ausgiebig. Nach Angabe des Herrn
Danders, dem ich die bezüglichen
Notizen verdanke, machte
De Riemer bereits 1802 die ersten Demon-
strationen an Durchschnitten gefrorener Cadaver. Sein grosses AVerk
darüber ist 1818 erschienen. Der Titel lautet:

„Exposition de la Position Exacte des Parties Internes du Corps
Humain, tant par rapport à leur position mutuelle, que par leur con-
tact aux parois des cavités où elles se trouvent placées, avec une de-
scription explicative y relative par
P. De Riemer, Docteur en Médecine,
Professeur en Anatomie, Chirurgie et Art des Accouchemens à la
Haye. La Haye, chez la Veuve J. Allart et Oimp., MDCXX^XVIII."

-ocr page 10-

Die Bedeutung der Methode ist von De Riemer vollständig er-
kannt worden, wie folgende Bemerkungen von ihm zeigen. Er sagt:
„Considérant que la position et l\'état des parties internes du corps
humain pourraient être démontrés d\'une manière plus exacte, par le
moyen de la gelée, que par 1\'anatomie ordinaire effectuée avec tout le
talent possible; je fus porté à en faire quelques épreuves, et le résultat
surpassa de beaucoup mon attente. Excité par l\'avantage que la Mé-
decine et la chirurgie pourraient tirer de cette opération, qui ne fut
jamais effectuée si exactement, je résolus de donner un effet plus utile et
plus général à cette expérience, par la publication de quelques desseins."

Für die Farbengebung in meinem Atlas habe ich vielfach die
Nachsicht des Beschauers in Anspruch zu nehmen; sie entspricht durch-
aus nicht überall meinen Wünschen. Es ist überaus schwer mit den
wenigen Farben, die dem Coloristen zu Gebote stehen, die einzelnen
Felder so von einander zu trennen, dass nicht gar zu schreiende

Leipzig, im März 1886.

Contraste entstehen. Die Zeichnung ist möglichst genau ausgeführt
worden mit Zugrundelegung von Pausen, die unmittelbar anf dem
Präparate abgenommen wurden. Dies hat enorme Zeit und Mühe ge-
kostet. Ich lege aber gerade auf peinliche Sorgfalt bei Anlage anato-
mischer Zeichnungen grosses Gewicht, und kann die skizzenhafte und
schematisirende Art mancher anatomischer Zeichnungen nicht für sach-
gemäss halten. Wenn es sich darum handelt, einen so fein ausge-
bildeten Mechanismus, wie ihn der menschliche Körper bietet, abzu-
bilden, dann muss jede einzelne Linie mit der grössten Sorgfalt treu
nach der Natur copirt werden. Die vollendetste Technik ist bei der
Reproduktion gerade gut genug, um der hohen Aufgabe anatomischer
Bilder gerecht zu werden. Es soll mich nur freuen, wenn nach diesen
Grundsätzen weitergearbeitet wird und Bilder gewonnen werden mit
noch besserer Durcharbeitung und vollkommnerer Technik als die von

W. Braune.

mir gebotenen.

-ocr page 11-

Die auf Tafel I. a. b. vorliegende Abbildung stellt den Median-
schnitt eines durch Frost gehärteten kräftigen, normalen, jugendlichen
Leichnams dar. Es war der Leichnam eines völlig gesunden Soldaten,
der sich im Alter von 21 Jahren durch Erhängen den Tod gegeben
hatte. Durch den Sägeschnitt war im Gehirn der
Ventriculus septi ijel-
lucicU,
in der Brusthöhle das Mediastimim getroffen worden ohne Ver-
letzung eines Pleurasackes; im Becken das obere Drittel der Harnröhre.
Die Zeichnung wurde durch Pausen auf dem fest gefrorenem Prä,parat
selbst angelegt und durch Präparation des inzwischen aufgethauten Kör-
pers vervollständigt. Durch Abtragen dünner Schichten wurde das
Präparat möglichst vervollkommnet und zur sicheren Bestimmung der
Einzelnheiten der Körper durch eingehende Untersuchung schliesslich
völlig zerstört. Auch muss hinzugefügt werden, dass mehrere Einzeln-
heiten in die Zeichnung nach frisch angelegten Präparaten eingetragen
wurden; jedoch ist dies an Ort und Stelle besonders bemerkt worden.

Was den Durchschnitt durch die Skelettheile betrifft, so ist als
das Wichtigste die Wirbelsäule ins Auge zu fassen. Dieselbe ist an den
Wirbelkörpern fast durchgängig genau der Mittellinie getroffen worden;
von den Bögen dagegen wurden die des Rückentheils, wie aus der Zeich-
nung ersichtlich ist, etwas nach rechts von der Mittellinie zer sei mitten.

Bei der Betrachtung der einzelnen Theile zeigte es sich, dass man
es mit einer vollkommen normalen Wirbelsäule zu thun hatte. Es fanden
sich nirgend Deformitäten an den Wirbelkörpern, wohl aber eine Be-
weglichkeit an den betreffenden Stellen, wie sie junge und gymnastisch
^ausgebildete Leute charakterisirt. Auch an dem Kreuzbeine war nidits
Abnormes zu entdecken; dasselbe zeigte eine sehr schöne und gieich-
mässige Krümmung. Dass das Steissbein nur zwei Stücke auf der Ab-
bildung zeigt, wird bei den Variationen, die dieser Skelettheil überha,upt

bietet, nicht auffallen.

Bei der Betrachtung der Wirbelsäule im Allgemeinen ist es zu-
nächst bemerkenswerth, dass die Krümmung derselben eine so bedeutende
ist. Gerade bei horizontaler Lagerung ist man geneigt ihr eine flachere
Krümmung
zuzuschreiben, da die Wirbelsäule, wenn man sie nach der Ab-
lösung des Brustkorbes und Herausnahme der Eingeweide auf den Präparir-
tischen betrachtet, viel flachere Bogen in den einzelnen Abtheihmgen zeigt.

Es hat aber schon Parow (Virchow\'s Archiv, Bd. U,pag. 105 u. f)
nachgewiesen, dass die Entfernung der Eingeweide mid des Brustkorbes
einen grossen Einfluss auf die Verflachung der Wirbelsäule ausübt.
Man braucht nur das Schema, welches nach Messung an einer isolirtefi
Wirbelsäule von ihm bestimmt ward und
a. a. 0. Taf. V. Fig. 4 ab-
gebildet ist, mit der von
E. Weher (Mechanik der menschlichen Geh-
werkzeuge) gegebenen Abbildung und der meinigen zu vergleichen, um
den grossen Unterschied sogleich zu erkennen.

Vergleicht man die vorliegende Abbildung mit denen, welche Pirogoff
(Anatome topographiea, 1859, fasc. LA. Tah. 10. 11.)
nach Leichen an-
fertigte, die ebenfalls unverletzt in horizontaler Lage zum Gefrieren
gebracht und dann erst durchsägt wurden, so findet man eine nahezu
deiche Krümmung. Beide unterscheiden sich aber gemeinsam dadurch
von der
Weber\'schen, dass sie nicht eine so beträchtliche Concavität
des Rückentheiles zeigen. Da P.m. bei seinen Untersuchungen
fand, dass der Inhalt der Bauchhöhle, wenn auch nicht m so_ hohem
Grade als der TW, die Stellung der Wirbel beeinflusst, so wird n.n
den Grund dieser kleinen Differenz in der vorausgegangenen Eventration
bei dem Weber\'schen Präparate zu suchen haben, ^enn daher die
Weber\'sche Darstellung auch für die Feststellung der Form der Wirbel-
säule mit ihren Bändern und Bandscheiben an sich mustergiltig ist, so
ist sie nicht vollkommen bestimmend für die mit sämmtliclien Weich-
theilen in Znsammenhang stehende Wirbelsäule und danach ent-
sprechend ZU- modificiren.

Es wäre nun wünschenswerth, an der vorliegenden Wirbelsäule be-
stimmen zu können, welche Veränderung dieselbe in aufrechter Stel-
lung des Individuums eingehen würde. Leider muss aber von einer
solchen Bestimmung abgesehen werden. Wenn man auch eine Reihe
von Abbildungen geben würde, denen Leichen, die in aufrechter Stel-
lung gefroren sind, zu Grunde liegen, so würde doch der Gewinn kein
grosser sein. Man kann sich leicht davon überzeugen, dass es un-
ausführbar ist, eine Leiche so im Gleichgewicht ba.lancirend zu erhalten,
wie es die Muskeln am lebenden Körper zu leisten vermögen. Der
Rumpf hängt leicht nach einer Seite so über, dass die Wirbelsäule
ihre ursprüngliche Krümmung zum Theil einbüsst und eine melir ein-
fache Curvenform
annimmt. Es ist deshalb auch nicht zu vei\'wundern,
dass die Abbildmig, welche
Pirogoff a. a. 0. Tah. 12 gibt, als nach
einem in
aufrechter Stellung gefrorenen Leichna,m abgenommen, eine
Curve zeigt, welche flachere Bögen bietet, als die in hoi-izontaler Lage
ab^-ebildeten. Man würde somit einen grossen Fehler begehen, wenn
man auf Grund der
Pirogoff\'Abbildungen den Satz aufstellen
wollte, dass bei dem lebenden, aufrecht stehenden Menschen die
Wirbelsäule weniger Krümmung zeigt, als bei dem liegenden.

W. Braune, Atlas 3. Aufl.

Nun hat zwar Parow mit Hülfe eines Coordinatenmessers zahl-
reiche Bestimmungen der Lage der
Proccs-ms spinod ausgeführt und
danach die Krümmung der Wirbelsäule am Lebenden berechnet. So
Werth voll aber auch diese Bestimmungen für den einzelnen Fa,ll sind,
und so sicher daraus hervorgeht, dass jede Veränderung der Stellung
und der Belastung des Rumpfes Einfluss auf die Wirbellialtung ausübt,
so scheint mir doch bei der grossen Veränderlichkeit in der Form der
Dornfortsätze kein absolutes Mass für die Lage der Wirbelkörper damit
gegeben zu sein, umsoweniger als gerade die Bestimmung des
Promon-
torium
noch besondere Messungen nothwendig machte. Deshalb habe
ich a,uch davon abgesehen, durch Vergleichung der Paroi^^\'schen Gurven
mit meiner Abbildung, die Abänderung, welche die Wirbelsäule in auf-
rechter Stellung eingehen würde, zu berechnen.

Von einer genauen Bestimmung der Schwerlinie an der Wirbel-
säule meines Präparates muss ebenfalls abgesehen werden. Es ist nicht
möglich, mit Sicherheit zu bestimmen, wie die Linie durch die einzelnen
Wirbelabschnitte läuft. Derartige Bestimmungen können nur a,m Leben-
den vorgenommen werden. Bringt man aber die Abbildung in die auf-
]-eclite Stellung und denkt man sich den Kopf etwas nach vorn ge-
halten, wie es beim Bahincement auf der Wirbelsäule der Fall ist, so
verflacht sich die übergrosse Halsconvexität etwas, und ein am Atlanto-
Occipitalgelenk fixirter Scidvclfaden wüi-de ungefähr die Wirbelabschnitte,
wie es von den Brüdern Weber angegeben wurde, schneiden. Er würde
nahe hinter dem
Prom,oniorimn und durch die Verbindungslinie der
Schenkelköpfe herablaufen. Auch
Parow ist bei seinen Messungen auf
diesen schon von
Weher ausgesprochenen Satz zurückgekommen. Dasselbe
Resultat erhält man bei Betrachtung der
Pirogoff bq\\\\q\\\\ Abbildungen.

Der zur Wirbelsäule gehörende Bandapparat ist in der Zeichnung
so genau wiedergegeben worden, als es möglich Avar. Lassen sich auch
einzelne Pa.rthieen, wie der zusammengesetzte Bandapparat am Kopf-
o\'clenke, die an den Wirbelkörpern herabkiufenden Bändei* der Vorder-
und Hinterfläche-, auf solchen Durchschnitten nicht detaillirt zur An-
schauung bringen, so erkennt man doch deutlich a.m
Proc. odonioidevs
des 2. Halswirbels da,s Ligamentum iramvermm mit seiner Gelenkhölile
an der vorderen knorpligen Fläche, gegenüber dem Gelenks]>alt zwischen
Atlas und Zahnfortsatz; ebenso die scharf abgegrenzten, durch gelbe
Farbe bezeichneten elastischen
LAgamenla inte/re.ruralia.. Die Ligamenta
ohturatoria podiea,
welche zwischen Hinterkopf, Atlas und Epistrophcus
den Spinalkanal schliessen, liaben nicht die elastische Beschaffenheit
der
Ligam-enta fi.ava, sie sind wenig vom darüberliegenden Bindegewebe
unterschieden, deshalb auch in der Zeichnung nicht besonders hervor-
gehoben worden. Soweit die AVirbelbögen genau in der Mitte getroffen
wurden, sah ma,n auch niclits von Muskeln bis a.uf die
3L iiHerspinalcs
a.m Halse und einen M. interspinalis am Lendentheile durch das Zell-
o-ewebe durchschimmernd; an dem Rückentheile dagegen, wo der Sclinitt
etwas nach rechts zu abwich, Hess sich das flechsenreiclie Fleisch des
ILiUifulus und Semispinalis erkennen. Der Raiun zwisclien den Dorn-
fortsätzen erschien an den übrigen Stellen von Bindegewebe ausgefüllt,

1

TAFEL L a.b.

«Mb.

-ocr page 12-

welches den Lig. interspinalia und apiawm angehört, oben am Halse
vom
Ligamentum nuchae eingenommen. Der eine M. rectus capitis
posticus minor
lag frei. An dem unteren Ende der Wirbelsäule erkennt
man das
Ligamenttim sacrococcygeum postieum, welches sich an das hier
aus 2 Stücken bestehende Steissbein ansetzt und an die den
LLiatus can.
sacalis
schliessende Membran anlegt. Die Bandscheiben zwischen den
einzelnen Wirbeln wurden genau so abgezeichnet, wie sie vorlagen. Man
erkannte an einzelnen die Faserung und den Gallertkern ganz deutlich.
Es zeigt sich auch, dass an den beweglichsten Theilen, an der Hais-
und Lenden Wirbelsäule, die Scheiben vorn und hinten ungleiche Höhe
haben, während sie am Rückentheile gleich stark sind. Während daher
am Brusttheile die Wirbelkörper an ihrem vorderen und hinteren Theile
verschiedene Höhe haben und dadurch die Krümmung der Wirbelsäule
bedingen, zeigen am Hals- und Lendentheile, als den beweglichen Theilen
der Wirbelsäule, hauptsächlich die Bandscheiben sich nicht von gleicher
Höhe bei fast gleich hohen Seiten der dazu gehörigen Wirbelkörper.

Ueber die Knochen des Brustbeins und des Schädels ist nichts
besonderes hinzuzufügen. Sie sind durch die Zeichnung genügend cha-
rakterisirt. Die spongiöse Parthie ward genau nach dem vorliegenden
Präparate in die einzelnen Knochen eingezeichnet.

Besondere Mühe erforderte es, die einzelnen Theile des Gehirns
deutlich zur Anschauung zu bringen. Es mussten Durchschnitte an
frischen Gehirnen dazu dienen, die Zeichnung innerhalb der schon fest-
gestellten Conturen sauber und deutlich zu machen.

Man erkennt gut unter dem Balken den vom Wulst nach vorn
und unten gehenden
Fornix, die Richtung auf das an der Basis liegende
Corpus mammillare einhaltend. Vor letzterem liegt der Trichter, zur
Glandtda pituitaria im Türkensattel führend; noch weiter nach vorn
der Durchschnitt des
Chiasma n. optic. Am vorderen Rande des
unteren Ende des
Fornix liegt die vordere weisse Commissur, hinter
dem
Fornix der schwarze Spalt des For amen Monroi; dahinter die
innere graue Fläche des Sehhügels mit der grauen Commissur, von
dessen oberer weissen Fläche ein Markstreifen zur
Glandula pinealis
führt, welche nach unten mit der hinteren weissen Commissur und den
4 Hügeln in Verbindung steht.

Unter den 4 Hügeln hegt der den 3. und 4. Ventrikel mit ein-
ander verbindende
Aquaeductus Sylvii, dessen vordere Hälfte von den
4 Hügeln, dessen hintere von der
Valvula cerebelli anterior, mit
grauen Windungen nach oben versehen, bedeckt wird.

Der Boden des 4. Ventrikels bildet eine fast senkrecht aufsteigende
Linie auf dem Durchschnitte; dem entsprechend steigt auch die Medulla
mit der sich anschliessenden Begrenzungslinie der Brücke ebenso wie der
Simts quartus sehr steil nach aufwärts. Die grossen Lymphräume
am vorderen Rande der Brücke und am unteren Rande des Kleinhirns
Hessen sich auf der Zeichnung nicht deutlich machen.

Auch zeigt sich die Arteria hasilaris nicht auf der Schnittfläche.
Der eine getroffene zuführende Ast, die linke
Arteria vertebralis, ist
nicht in die Zeichnung eingetragen.

Dagegen war die eine Arteria corporis callosi recht gut sichtbar
und bis über das Balkenknie nach aufwärts zu verfolgen.

Es ~h2X Browning (The Veins of the Brain etc. Brooklyn, O\'Connor,
1884)
durch eine sehr sorgfältige Untersuchung, die er zum Theil
unter meiner Leitung ausführte, nachgewiesen, dass ein
Sintis lon-
gitudinalis inferior
nicht existirt, dass vielmehr nur Duralvenen am
unteren Rande der grossen Hirnsichel vorkommen, die einen
Sinus vor-
täuschen können. Eine derartige Vene ist auch auf der Abbildung
wiedergegeben worden und ihr Abbiegen auf die Fläche der
Dura in
der Nähe des Hinterliauptlappens gut zu erkennen.
Browning wies
ferner nach, dass die
Vena magna Galeni, welche da,s Blut aus dem
3. Ventrikel unter dem Balkenwulst herausführt, durch das Wachsthum
der Grosshirnhemisphären und der Balkenmasse nach hinten zu einer
Schlinge umgeformt wird, die, mit ihrer Concavität nach vorn gerichtet,
den Balkenwulst förmlich umgreift und dadurch spitzwinklig, dem Strome
entgegen, in den
Sinus quartus einmündet.

Ein Confitiens sinuum im Sinne der Alten habe ich ebensowenig
wie
Riidinger finden können. Der Sinus quartus speist den einen
Sinus transversus, der Sinus sagittalis an der Schädelkapsel den an-
deren. Beide hängen wohl durch Anastomosen an der
Protuberantia
occipitalis interna
mit einander zusammen, die in seltenen Fällen eine
gewisse Grösse erreichen können; ein venöses Sammelbecken existirt
aber an dieser Stelle jedenfalls nicht.

Die Nasenhöhlen waren nicht symmetrisch gestellt. Der Vomer
stark nach hnks ausgebogen, so dass ein Stück davon ausgesägt wurde
und dadurch ein Stück der rechten Nasenhöhle mit einem Theile der
oberen Muscheln freigelegt wurde.

Da durch die Präparation die Theile völlig zerstört wurden, so
dass es sich nicht mehr der Mühe lohnte alle die Reste aufzuheben,
lässt sich auch nicht sagen, ob die Zeichnung die Einzelheiten am
Vomer correkt wiedergibt und wie die Richtung der äusseren Nase
sich zu der Stellung des
Vomer verhielt {Welcker, die Asymmetrien
der Nase und des Nasenskeletes. Beiträge zur Biologie. Festgabe für
BischoflP. Stuttgart, Cotta 1882). Der Defekt im
Sejjtum wurde nach-
träglich noch erweitert, um das Bild brauchbarer zu machen. Ein
Na,senpolyp fand sich nicht.

Der Retronasalraum zeigt die Pharynxöffnung der Tuba Eustachii
und dahinter die Rosenmüller\'^ohe Grube. Der Weg, den der Ca-
theter einzuschlagen hat, um in die Tubenöffnung zu gelangen, ergibt
sich aus der Abbildung von selbst. Er muss auf dem Boden der
Nasenhöhle hintergleiten bis an die Pharynxwand und dann nach ge-
schehener Auswärtsdrehung des Schnabels in die
Rosenmüller\'ache
Grube sich einsenken, aus der er dann nach vorwärts gezogen wird,
so dass er über den Tubenwust, den starken medialen Knorpel, hinweg-
gleitet und in die Oeffnung hineingelangt.

Will man mit dem Kehlkopfspiegel die oberen Theile des Schlund-
kopfes durchmustern, so muss das Zäpfchen nach vorn gezogen werden,
da sonst nicht genügend Raum für die Listrumente vorhanden ist.
üeberhaupt ist der Raum enger als er vielfach angenommen wird, wie
eine Reihe unbrauchbarer Listrumente für
Stap>hyloraphie zeigt, die viel
zu gross angelegt sind.

Es ist richtig, dass die cadaverösen Verhältnisse diesen Raum
noch mehr verengen, da die fehlende Spannung der Zungenbeinmuskeln
das Zurückweichen der Zunge nicht verhindert. Jedenfalls ist die Tiefe
des Raclienraumes vielfach zu gross angenommen worden.

Mundhöhle. Vor dem Frieren des Cadavers war Mageninhalt in
den
Oesophagus aufgestiegen und hatte so zu einer Erweiterung des-
selben und theilweisen Anfüllung der Mundhöhle geführt. Nach Ent-
fernung der Eismassen Hessen sich die entsprechenden Höhlungen in
der Zeichnung wiedergeben. Bei dem geschlossenen Munde würde sonst
die Zunge fest am Gaumen angelegen haben. Man sieht aber auch
aus dem vorHegenden Präparate, dass die Zunge wie ein muskulöser
Stempel gebaut ist, der in geeigneter Weise den Inhalt der Mundhöhle
hin und lierzuschieben vermag. Man sieht ferner den Zusammenhang
zwischen Zunge, Zungenbein und Kehlkopf sehr deutHch. Will man
bequem zum Kehlkopf gelangen, so braucht man nur die Zunge aus
dem geöffneten Munde weit herauszuziehen und wird dadurch den Kehl-
deckel und mit ihm den Kehlkopf nach oben und vorn bewegen. Die
hier vorliegende Stellung des Zungenbeins und seiner Nachbarorgane
findet sich ebenso in den
Pirogoff^ahen Abbildungen, denen kein er-
hängtes Individuum zu Grunde lag; man kann sie deshalb als eine
natürliche ansehen. Auch war die Schlinge schon lange vor dem
Frieren vom Halse des Leichnams entfernt worden.

Der Kehlkopf ist ziemlich gut in der Mitte getroffen worden, und
bietet bei der Betrachtung keine Schwierigkeiten. Man erkennt die
Durchschnittsflächen des Ring- und Schildknorpels, und zwischen
beiden den
Ventriculus Morgagni, der sich durch das Aneinanderlegen
seiner Ränder nur wie ein Spalt ausnimmt. Von Muskeln erkennt
man an der hinteren Wand des Kehlkopfes den quer durschnittenen
M. arytaenoideus, vorn, zwischen Ring- und Schildknorpel, einen Strei-
fen von dem hart neben der MitteUinie liegenden
M. thyreo-hyoideus.

Von Bändern zeigen sich das Ligamentum glosso-epjiglotticum,
das Lig. hyothyreoideum medium, weiter nach abwärts das Lig. crico-
thyreoideum medium.

Da der Hals so gut in der MitteUinie getroffen war, so zeigen
sich auch keine Gefässe an der Schnittfläche, bis auf die eine Vene
oberhalb
Manuhritim sterni, welche als Ramus communicans die beiden
subkutanen Jugularvenen mit einander verbindet. Sie Hegt zwischen
zwei Fascienblätter eingeschlossen, die durch Spaltung des vorderen
Blattes der Halsfascien entstehen. Dahinter Hegt der angeschnittene
Rand des
M. sterno-thyreoideus. Zwischen diesem Muskel und der
Trachea zeigt sich der durchschnittene mittlere Theil der Schilddrüse,
welche völHg normale Verhältnisse darbot. Man erkennt aus der Ab-
bildung den Weg, den das Messer bei der Tracheotomie zu verfolgen
hat und die Wichtigkeit der Regel, nach welcher man genau in der
Mittellinie des Halses operiren soll. Der Mangel an grösseren Arterien
in der Mittellinie, sowie überhaupt die verhältnissmässige Gleichförmig-
keit der Gewebe daselbst zeigen, dass man in der
Linea alba des Halses
viel weniger Blutung zu befürchten hat, als in den seitHchen Regionen.
Nur die
Neubatier\'^ohQ Arteria thyreoidea ima, welche sich nach den
Beobachtungen von
Gruber bei jedem 10. Körper finden soH, würde
in die Schnittebene faUen können. Doch lässt sich bei dem Ursprünge

-ocr page 13-

derselben aus der Änonyma .\'m fast allen Fällen erwarten, dass das
Gefäss etwas nach rechts von der Mittellinie verlaufen wird.

Da die Trachea sich um so mehr von der Körperoberfläche ent-
fernt, je weiter sie nach abwärts tritt, so ist die Tracheotomie auch
um so leichter auszuführen, je näher dem Kehlkopf man operirt. Also
wird man diese Operation, wenn sonst keine anderweitigen Indicationen
dagegen sprechen, gern oberhalb der Schilddrüse machen. Nur ist hierbei
zu berücksichtigen, dass die Schilddrüse sammt ihrer Kapsel mit stumpfen
Instrumenten etwas abwärts geschoben werden muss, um die oberen
Tracheairinge frei zu legen, was bei der Beweglichkeit des Organs
übrigens keine Schwierigkeiten bietet. Operirt man unterhalb der
Schilddrüse, so hat man bis zur
Trachea einen bedeutend längeren
Weg zu durchmessen und besonders die grossen Halsgefässe dabei zu
berücksichtigen. Die Lage derselben ist nicht so constant, dass man
aus der vorliegenden Abbildung eine allgemein giltige Regel für ihre
Entfernung vom oberen Sternalrande geben könnte.

Die Trachea, deren Theilung in rechten und linken Bronchus im vor-
liegenden Falle zwischen dem 4. und 5. Brustwirbel erfolgt, zeigt ziemlich
ähnliche Verhältnisse, wie sie
Licschka {Brustorgane, Tübingen 1857) an-
giebt. Es zeigte sich übrigens bei weiteren Durchschnitten an anderen
Cadavern, dass die Theilung nicht immer eine constante Höhe hat.
Dem entsprechend finden sich auch hierüber verschiedene Angaben bei
den verschiedenen Autoren. So gibt
Henle (Anatomie, 1866, Bd. IL
2Jag. 264)
an, dass die Theilung vor dem 5. Brustwirbel liege. In
einer Abbildung von
Pirogoff (fasc. L A, Tabula 14) liegt sie sogar
am 3. Brustwirbel.

Thorax. Auffallend ist die geringe Tiefe des Thorax. Und doch
zeigt sich, wie man sich durch Messungen an Lebenden, sowie aus
den
Pirogoff sehen Abbildungen überzeugen kann, dass derselben keine
abnormen Verhältnisse zu Grunde liegen.

Das Mediastinum war beim Schnitt so gut getroffen worden, dass
kein Pleurasack eröffnet worden war. Von den Lungen war nichts zu
sehen bis auf ein kleines Streifchen der rechten Lunge, welches, noch von
Pleura bedekt, hinter dem Körper des Brustbeines abgebildet ist. Auch
in mehreren
PirogoffBohoii Abbildungen (fasc. L. A, Tah. 11 tmd 44)
ist nichts von Lungen zu sehen, ein Beweis für die ziemlich beträcht-
liche Breite des
Mediastinum bei jugendlichen Individuen deren Thy-
musreste die Pleurasäcke eine Strecke weit auseinanderhalten.

Das Herz wurde so getroffen, dass vom Aortenbogen nur ein
flacher Abschnitt in der rechten Körperhälfte liegen blieb, während der
Stamm der
Arteria \'ptdmonalis mit der linken Seite entfernt ward; nur
der rechte Ast derselben liegt querdurchschnitten vor. Obere und untere
Holilvene sind gar nicht zu Gesicht gekommen; sie lagen in der Tiefe, und
mündeten von oben und unten her so in den weitgeöffneten rechten
Vorhof ein, dass man ihre Eintrittsstelle nicht sichtbar machen konnte.

Die grössere Höhlung abwärts von der Aorta gehört dem Vorhof
an der zu seinem grössten Theile bis auf einen sehr kleinen Rest in
der rechten Körperhälfte liegen blieb. Seine Höhlung erstreckt sich
nach oben bis zum rechten Herzohr, von dem, wie aus der Zeichnung
ersichtlich ist, nur ein kleiner Theil in die linke Körperhälfte hinüber-
ragte, und nach hinten, der Wirbelsäule zu, etwas hinter den Vorhof
Von der Tricuspidalklappe ist ein grosser Theil durch den Schnitt getrofien.

Vom linken Vorhofe, der hinter dem rechten, zwischen diesem und der
Wirbelsäule zu sehen ist, ist nur die rechte Hälfte zu sehen. Die andere
Seite ward mit der linken Körperhälfte entfernt. Die beiden Oeffnungen
darin entsprechen den Eintrittsstellen der Lungenvenen. Am
Septum, atrio-
rum-i^t
derjenige Theil, welcher das Foramen ovale enthält, nicht besonders
markirt. Vom rechten Ventrikel ward nur ein sehr kleiner Theil getroffen.

Da das Herz schräg gegen seine Oberfläche geschnitten wurde, so

erscheint auch die Muskel- und Fettlage auf-
fallend stark. Es war übrigens auch in dem
vorliegenden Falle ziemlich viel Fett auf dem
Herzen vorhanden; das Herzfleisch und die
Klappen zeigten jedoch keine Abnormitäten.
Das Verhältniss des Herzbeutels ist aus der
Zeichnung ersichthch. Der nebenstehende
Holzschnitt erläutert die Lage des Herzens
zur Schnittlinie, wie sie im vorhegenden
Falle gefunden wurde.

Die Arteria pulmonalis kommt mit ihrem rechten Aste, der auf
der Tafel unrichtig roth gefärbt ist, vor die Höhe des G. Brustwniiels
zu hegen, also in ganz gleicher Höhe wie hier der
Transversalschnitt auf
Tafel XI. Beide Körper waren jugendliche; auf Tafel I handelt es sich um
einen 21jährigen Mann, auf Tafel XI um einen 22jährigen. Es ist also
ersichtlich, dass das Herz mit der Arteria pidmoncdis verhältnissma-ssig
hoch liegt. Die jugendlichen gesunden Lungen haben sich nach dem Tode
so beträchtlich zusammengezogen, dass dadurch ein hoher Stand des Zwerch-
felles und des Herzens bedingt wurde, wie ihn ältere Leute nicht zeigen.

Die Zeichnung des Herzens selbst ist nicht besonders gelungen zu
nennen. Es war die erste Zeichnung, die gemacht wurde, an ihr haften
noch viele Mängel, die auf den späteren Tafeln vermieden worden sind.

Die Speiseröhre lässt sich bei Medianschnitten nicht hnmer in
der ganzen Länge sichtbar machen, da sie stellenweise nicht unbeträcht-
lich von der Mittellinie abweicht. Bei diesem Präparate aber war sie
durch aufgetretenen Mageninhalt so beträchtlich ausgedehnt worden,
dass sie der ganzen Länge nach in die Schnittlinie fiel.

Bauchhöhle. Wie man an der Form der Bauclidecken sehen
kann, zeigte der Caclaver keinen eingedrückten Unterleib; ebenso waren
die Därme nur mässig angefüllt; und doch ist die geringe Entfernung
des Nabels von der Lendenwirbelsäule im höchsten Grade auffällig.
Die Tiefe der Bauchhöhle in der Mittellinie, so veränderlich sie aiich
ist, wird eben meistens viel zu gross taxirt.

Es ist aber hier ausdrücldich zu bemerken, dass die hier vorliegende
Zeichnung nicht so ohne weiteres auf den lebenden Körper übertragen
werden darf, da am Leichname die Lungen sich im Zustande der
grössten Exspiration befinden, das Zwerchfell einen hohen Stand ein-
nimmt und damit im Zusammenhange die Lagerung der Därme, die
Vertheilung des Blutes und die Vorwölbung des Unterleibes um etwas
verändert ist. Es wird daher bei der Uebertragung auf den lebenden
Körper die Entfernung der Wirbelsäule von den Baiichdecken um etwas
grösser angenommen werden müssen.

Aus diesem Verhältniss der Bauclidecken zur Lendenwirbelsäule
erkennt man die Möglichkeit einer ergiebigen Compression der Bauch-
aorta, die um so sicherer sein wird, je magerer das Individuum ist und
je weniger voll die Därme sind. Es ergiebt sich ferner die Regel, bei
dieser Compression das Individuum so zu lagern, dass die Lendenwirbel-
säule möglichst stark nach vorn gebogen ist. Da die Baucliaoi\'ta, am
4. Lendenwirbel sich theilt, so wird die Compression nicht tiefer, eher
höher, also unmittelbar am Nabel anzubringen sein.

Därme. Die Lage der Därme in der Mittellinie wurde wieder-
holt mit anderweitigen Durchschnitten an gleichgrossen Cadavern ver-
glichen und Einzelnes na,chgetragen. Dabei fluid sich in einem Falle
eine solche Leere und eine so hochgradige Contraction des Magens
vor, dass er anfangs völlig übersehen wurde und man, als er aufgefunden
war, kaum den kleinen Finger in seine Höhlung hhieinzuschieben vermochte.

Der Durchschnitt der Leber trifft den linken Lappen nahe am
Ljobuhhs Spigelii und dicht an der obliterirten Nabelvene.

Das Pancreas wurde nahe an seinem Kopfe durchschnitten, da,
wo die
Vena nieseraica superior nach der Leber zu sich hinzieht.
Derjenige Theil desselben, welcher vom Kopfe der Drüse iiach der
Mittellinie zu, am untern Horizontaltheile des
Duodenum, sich liinwendet,
das sogenannte
Pancreas miniis, liegt hinter der ebeii erwähnten Vene,
so dass es auf Durschnitten den Anschein hat, als ob diese Vene durcli
das
Pancreas selbst hindurchginge.

Die Verhältnisse des Bauclifelis wurden in der Zeichnung genau
so wiedergegeben, wie sie sich in der Natur beim Auftliauen des Prä-
parates vorfanden; nur ward der Deutlichkeit lialber das Fett des grossen
Netzes weggelassen und die Blä\'tter desselben scheniatisch gezeichnet.

Da, für das Verständniss des Deeursus peritonaei ein Sagittalschnitt
ill der Mittellinie des Körpers nicht der giuistigste ist, sondern ein
Sclirägsclmitt vom
Foramen Winslowii aus, durch die Wurzel des Me-
senterium
nach der Flexura iliaca zu, viel mehr leisten würde, so habe
icli in dem nachstehenden BLolzschnitte eine scheniatische Abbildung ge-
geben, welche wenigstens das Verhältniss des kleinen Netzes zum übrigen
Theile des
Peritonaeum deuthch machen wird. Säinmtliche einzehie Blätter,
aus denen das
Mesocolon transversnm der Entwickelung nach zusammen-
gesetzt ist, wurden auf dieser Zeichnung ebenso wenig als auf der gi-ossen
Tafel angegeben, da, sie am erwachsenen Körper sich nicht prä,pariren
lassen und ihre schematische Anlage nur das Verstä,ndni8s der Zeich-
nung erschwert hätte.

Ueber die Verhältnisse des Mastdarms ist nichts weiter hinzu-
zufügen; man erkennt die Entfernung des Peritona,ea
,lsa,ckes von der
Mastdarmöffnung, welche gegen Zoll betrug. Ma
,n erkennt ferner deut-
lich die Lage der sogenannten
Vahmla recti.

Da der Mastdarm beim Aufsteigen sich nach der linken Körper-
hälfte hinüber wendet, so ist auch nach aufwärts nur ein flacher Ab-
schnitt desselben zu sehen, und es weicht dadurch die Abbildung von
denen
LLenle\'s und Kohlrcmscli s ab.

Hierbei ist zu bemerken, dass in der Höhe der Vcdvida rccli,
deren Voi\'sprung durch den Sphincter ani terlius bedingt ist, der Ba,uch-

-ocr page 14-

fellsack mit seinem untersten Absclinitt im Douglas\'^ohen Räume liegt.
Aus der Grösse der
Ampulla recti kann man erkennen, dass eine ziem-
licli beträclitliche Verschiebung der Nachbartheile nach aufwärts durch
den gefüllten Mastdarm stattgefunden hatte. Der
Douglas\'^oke Raum
ist durch diese Aufwärtsdrängung verflacht, die Urethra in die Länge ge-
zogen, der Blasenfundus mit dem
Orificium urethrae internum nach
aufwärts verdrängt. Die Versuche von
Garson, die er unter meiner Lei-
tung anstellte, haben ergeben, dass die Lage des Bauchfells, der Harnblase,
die Länge und Form der Harnröhre abhängig sind von dem Füllungs-
grade des
Rectum (Archiv für Anatomie u. Phys. Anat. Ahth. 1878.
p. 171). Garson
hat in seinem Aufsatze p. 178, Nr. 3 die Bedeutung
der Rectumausdehnung für
Sectio alta ausdrücklich hervorgehoben. Es
wäre nur gerecht, diese neue Operationstechnik die
Garson\'^che Methode
zu nennen und nicht die Peter.ien\'QQhe, welcher Name wiederholt nach
dem Aufsatze von
Petersen (Langenheck\'s Archiv 1880, p. 752) in die
Literatur eingetreten ist. Die ganz besonders aulfällige Form der Harn-
blase und die hohe Lage des Eingangs zur Harnröhre wird man in Be-
ziehung bringen müssen mit dem starken Füllungsgrade des Mastdarms.

Ebenso diflferirt die Zeichnung der Blase von den eben erwähnten
Abbildungen. Sie wurde aber genau nach dem Präparate abgepaust.

Die Blase war mit gefror-

nem Urin vollständig ge-
füllt, und enthielt keine
Luft, welche das Einsinken
der oberen Wand bedingt,
so wie es in manchen
Pi-
ro^o/f\'schen Abbildungen
wiedergegeben ist. Ob-
wohl das dieser Zeichnung
zu Grunde liegende Ca-
daver im frischesten Zu-
stande sich befand und
somit kein Grund vorliegt,
diese Abbildung anderen
nachzusetzen, so habe ich
doch noch an anderen Lei-
chen so bald als möglich
nach dem Tode Einspritz-
ungen mit Talg in die
Blase gemacht, theils durch
die Harnröhre, theils durch
den Ureter und zwar eben
sowohl in aufrechter Stel-
lung als in horizontaler
Lage des Cadavers, um
die Lage und Form der
Blase zu vergleichen. Da-
bei zeigte sich auf den
Medianschnitten stets eine
der vorliegenden ähnliche
Figur, und es fand sich

1. Leber, schief clurehselmltten. 2. Lolulus Spigelii. 3. Gallenblase. • Pe7U2" auf dic Abülat-
4. Magen. \' Foramen Winslowii. Omentum minus, d. Pancreas. I.Colon -\'S 1 \'\'

transvermm. 8. Mesocolon transver.mm. \'S. Mesenterium. W. Jejunum. 11. Ileum. -(^i^j^^cf dcr ObcrCn AVaud
12. Omentum majua.
13. Hölile des Peritonaeum. Ii. Harnblase. 15. Mast- ö

darm. 16. Duodenum. j^gjj^ weseutlichcr Unter-

schied vor, mochte das Cadaver gestanden oder gelegen haben.

Die Lage der Eintrittsstelle der Plarnröhre in die Blase entspricht
den Abbildungen von
Henle und Kohlrausch nicht völlig. Um eine
absolute Gleichheit kann es sich hier nicht handeln, da schon
Langer
(Medizinische Jahrbücher, Wien, 1862, 3. Heft)
wie später Garson gezeigt
hat, dass in dieser Beziehung ziemlich grosse Variationen vorkommen.

Den Umhüllungen der Blase, welche die Porta vesicae Retzii
bilden, wurde besondere Sorgfalt zugewandt, da dieselben aus den von
Henle und Kohlrausch gegebenen Darstellungen nicht recht ersichtlich
sind. Man erkennt aus der Abbildung, dass von der Terminallinie der
hinteren Wand der Rectusscheide, der sogenannten
Linea semilunaris
Douglasii,
zwei Fascienblätter ihren Ursprung nehmen, welche dicht hinter
einander zwischen
31. rectus und Peritonaeum herablaufen, wenn die
Blase nur mässig angefüllt ist wie im vorliegenden Falle; die aber
einen Raum vor dem
Peritonaeum zwischen sich begrenzen, der von
der aufsteigenden Blase bei noch wachsender Füllung eingenommen
werden kann. Während das vordere Blatt als dünne Decke auf dem
Rectus ahdomAnis heruntergeht und noch den Raum zwischen Blase
und Schambeinsymphyse austapeziert, geht das hintere Blatt hinter
dem
Urachus auf die Blase über, um dieselbe zu überziehen und sich
an die Prostatakapsel und die
Fascia pelvis anzusetzen.

Der S2:)hincter vesicae internus Hess sich in der Zeichnung an-
deuten; dagegen gelang es nicht, den
Sphincter externus vollständig zur
Darstellung zu bringen. Die
Prostata selbst war nach allen Seiten hin
deutlich abzugrenzen. Auch der vor der Harnröhre liegende Theil der-
selben war deutlich zu erkennen, während in den meisten Fällen diese
mit Muskelfasern gemengte Drüsenmasse sich nicht bestimmt abhebt.

Vor der Prostata liegt das Ligamentum puho-prostaticum medium
mit den zahlreichen Venen, welche den Plexus venosus Santorini bilden.
Darunter zeigte sich Muskulatur, die sich nicht vollständig analysiren
Hess. Sie wurde so abgezeichnet wie sie vorlag, und nach
Henle\'s
Vorgang mit dem Namen des Transversxis perinaei profundus zu-
sammengefasst. Dazu gehört auch der von
Müller sogenannte Con-
strictor urethrae membranaceae.

Das Ligamentum triangxdare urethrae (Calles), welches mit dem
Ligamentum arcuatum unter der Symphyse die Lücke für die Vena
darsalis penis
begrenzt, und mit dem Transversvis perinaei p>roftindtiS
verbunden ist, lässt sich nicht deutHch auf solchen Durchschnitten zur
Ansicht bringen. Es sind die weiss gehaltenen Stellen am vorderen
Rande der eben erwähnten Muskelmasse darauf zu beziehen. Üeber-
haupt sind Sagittalschnitte für das Verständniss der Beckenfascien und
der Beckenmuskulatur nicht vortheilhaft. In dieser Beziehung leisten
Frontaldurchschnitte viel mehr.

Die Vena dorscdis penis und die Ligamentum stispensorimn penis
lassen sich deutHch erkennen.

Die Krümmung der Harnröhre weicht etwas ab von der, welche
Kohlrausch als die normale bezeichnet, und doch muss die vorliegende
Urethra ebenfalls als eine normale angesehen werden, da sich weder an ihr
selbst, noch an den benachbarten Organen pathologische Veränderungen
nachweisen Hessen. Man wird somit annehmen müssen, was auch aus
den Abbildungen von
Pirogoff und Jarjavay hervorgeht, dass die Harn-
röhrenkrümmung sich nur im Allgemeinen normiren lässt, und selbst im
normalen Zustande mehrfache Variationen darbietet. Es wurde schon oben
der Einfluss der Mastdarmfüllung auf der Krümmung des oberen Theiles der
Urethra erwähnt. Ausserdem beweist die Leichtigkeit, mit welcher selbst
gerade Instrumente bis in die Blase eingebracht werden können, dass es
weniger darauf ankommt, dem Catheter eine bestimmte Krümmung zu
ö-eben, als die Hindernisse zu kennen, welche sich dem Einbringen des

o "

Instrumentes entgegen setzen. Die Ausbuchtung im Prostataantheile-der
Plarnröhre entspricht dem
Sinus prostcdae, neben dem CoüicidtLS semi-
nalis,
welcher zugleich mit einem Ductus ejacvdatorius getroffen wurde.

Die Eichel und die Schwellkörper sind in ihren Grenzen deut-
lich gezeichnet. Ebenso markirt sich auch die
Fossa navicidaris. Die
übrigen Erweiterungen und Engen der Harnröhre, wie sie im normalen
Körper regelmässig vorhanden sind, Hessen sich nicht darstellen. Man
muss, um sich eine klare Anschauung davon zu verschaffen, i^bgüsse der
Urethra an weichen Präparaten machen, so wie es Langer gethan hat.
Durchschnitte an erhärteten Präparaten leisten in dieser Beziehung weniger.

Die Lage der Cowp er\'s eben Drüsen in so beträchtlicher Tiefe, und
unter der Musculatur, macht es erklärlich, warum Entzündungen und
Vergrösserungen derselben, die nach den Sektionsbefunden gar nicht
so selten sind, so wenig am Lebenden berücksichtigt werden. Es müsste
schon eine bedeutende Anschwellung eintreten, um eine von aussen her
fühlbare Geschwulst zu geben.

Betrachtet man die vorliegende Abbildung in Beziehung auf die
Operationen am
Perinaeum, namentHch den Steinschnitt, so fiült zu-
nächst die Engigkeit des Raumes auf, zwischen dem oberen Theile
der Harnröhre und des Mastdarmes. Es muss aber bemerkt werden,
dass diese Engigkeit hier besonders gross ist, da der Mastdarm stark
mit Koth angefüHt war. Es erhellt daraus die Wichtigkeit der Regel,
vor dem Perinaealsteinschnitte jedesmal den Mastdarm von Faecal-
massen zu reinigen, um ihn möglichst weit aus dem Bereiche des
Messers zu bringen. Dass dadurch dieser Raum wesentlich vergrössert
wird, ist leicht ersichtlicli; ergiebt sich auch aus der Abbildung von
Kohlrcmsch, wo ein weniger stark ausgedehnter Mastdarm zu Grunde lag.

Man erkennt ferner aus den hier vorHegenden Verhältnissen, dass es
recht gut ausführbar ist, bei dem Schnitt die Prostatakapsel zu erhalten.
Man kann durch Spaltung der
Pars memhranacea und Pao^s prostatica ure-
thrae
einen so geräumigen Zugang zur Blase gewinnen, dass selbst grössere
Steine entfernt werden können, und kann durch Erhaltung der hinteren Par-
thie der
Prostata mit der Kapsel geflihrHchen Urininfiltrationen vorbeugen.

Ueber den hohen Steinschnitt, oberhalb der Symphyse, ist nichts
zu dem oben Gesagten hinzuzufügen, da schon aus der Abbildung er-
sichtHch ist, dass eine starke Anfüllung des Mastdarms selbst bei mässiger
Füllung der Bla,se ausreicht, um die
praevesicale Falte des Peritonaeum
hinreichend hoch über die Symphyse zu erheben.

-ocr page 15-

Tal». 1 A

dI\'.

pons Vui-dlii
iiibii Kiislarh

-ocr page 16-

TAFEL IL a.b.

Der vorliegende Sagittalschnitt Avurde an dem durchaus normalen,
sehr gut gebauten Körper eines etwa 25jährigen Weibes gemacht,
welcher unmittelbar nach dem Tode (durch Erhängen) auf die Anatomie
gebracht wurde. Die Arterien wurden mit Harzmasse injicirt und der
Cadaver dann sogleich in genau horizontaler Lagerung auf dem Rücken
zum Gefrieren gebracht, wie der männliche, Tafel I zu Grunde liegende
Körper. Die Schnitthälften wurden durch wiederholte Anwendung von
Kältemischungen so lange im fest gefrorenen Zustande erhalten, bis die
völlige Auszeichnung der Pause vollendet war, was ungefähr 14 Tage
in Anspruch nahm. Am aufgethauten Präparat ward dann erst das
Einzelne vollendet. Ausserdem wurde nach frischen Schnitten die
Detailzeichnung an einzelnen Stellen vervollständigt, wovon weiter unten
genauere Rechenschaft abgelegt werden soll. Das ganze Beckenstück
kam später in Spiritus, so dass sich die Schnittfläche successive mi-
kroskopisch untersuchen Hess, und die Grenzen der Schleimliaut, der
glatten und quergestreiften Muskelmassen sichere Bestimmung erfuln^en.
Aber auch bei diesem Leichnam wurde alles Einzelne so durchpräparirt,
dass die Präparate völlig zerstört wurden und nicht aufbewaln-t werden
konnten.

Der Utertis befand sich im Zustande der Schwangerschaft
und zwar am Anfang der 9. Woche. Sämmtliche Organe erwiesen
sich als normal. Magen und Därme waren ziemlich leer; das
Colon
transversnm
durch Luft mässig ausgedehnt, das llectnm nicht stark aber
gleichmässig mit Koth gefüllt, die Blase contrahirt und leer. Auch bei
dem Transport des Cadavers war kein Urin aus der Blase ausgeflossen,
derselbe musste also schon vor dem Tode entleert worden sein.

Der Schnitt, welcher von unten nach aufwärts geführt wurde, um
vornehmlich das Becken genau in der Mitte zu schneiden, war im
Ganzen gut gelungen. Der Gelenkspalt der
Symphysis ossiuvi pubis
war o-eöffiiet, sowie die Harnröhre mid der unterste Theil des Rectum.
Dagegen war der Uterus, der etwas nach links geneigt war, in seiner
rechten Hälfte
geschnitten, jedoch so nahe an der Mittellinie, dass ein
nachträghch ausgeführter flacher Schnitt genügte, um den
Canalis cer-
vicalis
in seiner ganzen Länge frei zu legen.

Der Spinalkanal ward zwar durchgängig eröfl\'net, jedoch nicht der
ganzen Länge nach in der Mitte getroffen. Man erkennt aus dem
Verhalten des Rückenmarks, dass von dem unteren Ende des
Thorax
an die Wirbelsäule rechts neben der Mittellinie geschnitten ward, und
aus dem Verhalten der grossen Geflisse des
Abdomen, dass die Thei-
lungsebene das Zwerchfell zwischen
Foramen quadHlaterum und Hiatus
aorticus
traf Die untere Hohlvene ist mit der rechten Körpeiliälfte
vollständig hinweggenommen worden, nur an dem Durchschnitte der
Vena iliaca sinistra Hegt noch ein flacher Abschnitt ties Stammes;
die
Aorta abdominalis dagegen ist vollständig erhaben und nur die
rechte
Arteria iliaca communis abgeschnitten.

In der Brusthöhle mid am Halse hielt die Säge genau die Mittel-
Hnie ein. Von den Lungen war nichts zu erkennen; keine von beiden
Pleurahöhlen war eröffnet worden. Von der Zunge brauchte nur eine
dünne Scheibe abgetragen zu werden, um die Mitte zu erhalten. Da-
gegen war das grosse Hirn nicht günstig getroffen worden, so dass noch
ein % Centimeter starkes Stück vom Schädeldache Imiweggenommen
werden musste, um den
Sinus sagittalis zu flnden, und das inzwischen

mit Alcohol gehärtete Gehirn genau zu halbiren.

Ehe ich auf die Hauptsache dieser Tafel eingehe und die Becken-
eingeweide bespreche, will ich kurz die nothwendigen Notizen über die
allgemeinen Körperverhältnisse geben, und zunächst mit der Wirbel-
säule beginnen. , .

Die Wirbelsäule zeigt eine sehr gleichmässige Krümmung, die sich

von der auf Tafel I dadurch sehr vortheilhaft unterscheidet, dass in
Folge der weniger stark hintenübergebeugten Kopflage die Halswirbel

W. Braune, Atlas. 3. Aufl.

niclit so weit vortreten. Ebenso biegt die Rückenwirbelsäule nicht so
bedeutend nach hinten aus, und geht daher auch allmäliger in die Con-
vexität der Lendenkrümmung über. Zieht man eine Linie, welche der
I^ängsachse des Körpers parallel geht und in der Gegend des Atlanto-
Occipitalgelenkes, also etwa vom hinteren Rande des Zahufortsatzes
des 2. Halswirbels beginnt, so berührt dieselbe den letzten Halswirbel
und die ersten Brustwirbel (w^ihrend sie auf Tafel I die 3 letzten unteren
Halswirbel traf) und schneidet weiter unten dicht hinter dem
Promon-
tormm
durch. Es werden also durch dieselbe nahezu dieselben Punkte
getroffen, wie bei der IFe/^er\'schen Bestimmung der Scliwerlinie.

Die Beckenueigung beträgt 58«, also weniger als die des Mannes
auf Tafel I, welche 60" hatte.

Charakteristisch für die weibliche Wirbelsäule ist die geringere
Prominenz des
Promontorium gegenüber der starken bei dem männ-
lichen Rumpfe, sowie die bedeutend steilere Haltung der Schambein-
symphyse. Es ist klar, dass durch dieses Verhältniss die Bedingungen
viel günstiger für die Austreibung des Kindes Hegen, welches am
Pro-
montorium
sowie an der steileren Fläche der Schambeinsymphyse
leichter abwärts gleiten kann, als bei der so horizontal gestellten Sym-
physenfläche, wie sie Tafel I zeigt. Es ist wiederholt bestritten worden,
dass die Symphysenachse (darunter die grösste Länge des Symphysen-
gelenkes verstanden) beim Weibe steiler Hege, als beim Manne, und
geriule in der mehr aiifrechten Stellung ein Geburtshinderniss gesucht
worden. Ich vermag nicht anzugeben, ob in dieser Beziehung ein
constanter Unterschie<l zwischen männlicher und weiblicher Becken-
formation gegeben ist. An einer Reihe von Sagittaldurchschnitten
gefrorener Körper habe icli aber dieses Verhältniss so wiedergefunden,
wie es diese und die erste Tafel zeigen, ohne dass Abnormitäten sonst
iiachzuweisen waren; und ich möchte daher auf diesen Punkt gerade
die Aufmerksamkeit der Gynaekologen richten, da ich bis jetzt keine
Entscheidung geben kann.

Die \'Congugata war sehr gross, sie hatte 120 Millimeter. Das
Becken überhaupt war weit, aber sonst regelmässig gebaut.

Der Durchschnitt des Kopfes gibt eine gute Ergänzung zu dem
Bilde auf Tafel I. Der
Sinus sagitt.alis ist in seiner ganzen Länge
frei gelegt. Ueber der schmalen ComimnucationssteHe mit dem
Siyms
quartus
befindet sich eine Erweiterung, welche auf die Fortsetzung in
den
Sinus transversus dexter hindeutet. I^eider kaiin ich nichts Ge-
naueres über diese Verhältnisse angeben. Soweit ich mich erinnere,
ist damals nicht besonders auf den Uebei-gang zum
Sinus transversus
untersucht worden. Die Abbildung könnte den Anschein erwecken, als
ob das Blut des
Skms sagittalis direkt in den Simis quartus sich er-
gossen hätte und nach aufwärts geflossen wäre. Die dunklere Stelle
in der Zeichnung des hinteren Endes des
Sinus quartus deutet viel-
leicht den Zugang zum
Simis trausversus an. Ebenso ist auch die
Vena mmjna Galeni nicht genau in der Zeichuung wiedergegeben.
Dagegen sieht man sonst die Einzehiheiten des Hirnschnittes ziemlich
klar, jedenfaHs besser als auf Tafel I und erkennt auch in dem
Lumen
des Sinus sagittalis die Einmündungssteilen der spitzwinklig gegen den
Strom eintretenden Venen des Hirnniantels
(Broivning, a. a. 0.).

Unter der Brücke Hegt die weit aufgeschnitteue Arteria hasilaris.
Die Injektion hatte die Arterie zugänglicher für den Schnitt gemacht.
Vorn sind die
Arteriae corporis callosi in ziemlicher Ausdehnung sichtbar.

Keilbeinhölile und Stirnhöhle sind weit geöffnet. Die Stirnhöhlen er-
scheinen viel geräumiger als bei dem Manne auf Tafel I. Die Grösse der-
selben ist aber überhaupt bei unseren Schädeln ausserordentlich wechselnd.

An der Nase ist das Septum intakt. Die Knochenfarbe ist im
Colorit ein Stück zu weit nach abwärts geführt, so dass die Nasen-
knochen eine ungebührliche Länge erhalten haben.

Mundhöhle, Rachen und Kehlkopf waren recht glücklich ge-

2

-ocr page 17-

troffen worden. Der Mund war festgeschlossen. Die zwei sichtbaren
Schneidezähne greifen wie zwei Scheerenblätter übereinander. Die Zunge
schliesst an den Gaumen wie ein muskulöser Stempel dicht an. Auch
hier ist der welche Gaumen mit der Uvula weit nach hinten gerückt,
so dass das Zäpfchen an der hinteren Rachenwand dicht anliegt und
nur ein schmaler Spalt übrig bleibt für die Passage von der Nasen-
höhle zum Kehlkopf. Man braucht sich nur noch einen von unten
her kommenden Druck dazu zu denken, wie ihn die Schlinge beim
Erhängen hervorzubringen vermag, um zu verstehen, wie auf dem Bilde,
das
Echer im Sagittalschnitte von einem Erhängten gegeben hat, das
Zäpfchen nach aufwärts gefaltet förmlich in den Retronasalraum hinein-
gestopft liegt.

Es ist schon bei Besprechung der Tafel I hervorgehoben worden,
dass die Räume hinter dem Kehlkopf und der Zunge beim Cadaver
durchweg enger sind als beim Lebenden, weil die Zungenbeinmuskeln
dem durch die aspirirenden Lungen bedingten Andrängen der Luft
keinen Widerstand mehr leisten. Das Bild hier macht die Erstickungs-
gefahr bei tiefer Chloroformnarkose verständlich, zeigt aber zugleich an,
wie man dieselbe am besten beseitigen kann. Ein scharfer Haken,
hinter das Zungenbein eingesetzt, würde durch einen kräftigen Zug nach
vorwärts schneller die Passage zum Kehlkopf freimachen, als dies ein
Zug der Kornzange an der Zungenspitze zu leisten vermag. Der
Oeso-
phagus,
welcher stellenweis etwas Mageninhalt enthielt, liess sich zwar
in ganzer Länge abzeichnen, ist jedoch durch die Schattirungen nicht
genügend in seiner ursprünglichen Lage wiedergegeben. So ist am
• 3. Brustwirbel der Schatten nicht intensiv genug, um die tiefe Aus-
höhlung an dieser Stelle zu bezeichnen. Dagegen erkennt man in der
Höhe des 6. und 7. Brustwirbels an dem flachen und schmalen Ab-
schnitte, dass er daselbst mehr in die rechte Körperhälfte hinüberragte
als höher oben, so dass sein Traktus eine flache S-förmige Krümmung
in frontaler Ebene bildet.

Vor der Trachea erkennt man den Durchschnitt der ziemlich
stark vergrösserten Schiddrüse, die auch eine schwache Vorwölbung
der Hautdecke bedingt. Unterhalb derselben liegt die
Vena anonyma
sinistra,
an die sich ein Rest der Thymus anschliesst; und hinter der
Vene die aufsteigende Aorta, mit dem Abschnitt der
Arteria anonyma.
Diese Lage der Arteria anonyma zur Trachea bestimmt den Weg, den
man zu nehmen hat, um die Arterie freizulegen. Ein Schnitt in der
Linea
alba
des Halses wird zwischen Schilddrüse und oberem Sternalrande
die Arterie auf der
Trachea finden lassen. Zwar sind die Unterbin-
dungen dieses Gefässes bis jetzt nicht glücklich gewesen, was bei der
Kürze des Stammes von 2—3, selten 4 Centimeter, und der dadurch
bedingten ungünstigen Thrombenbildung nicht zu verwundern ist; man
wird sich aber zu merken haben, dass die Aufsuchung der
A. anonyma
dieselbe Wunde setzt wie die Tracheotomie unterhalb der Schilddrüse,
und dass im unteren Winkel dieser Wunde nicht nur die
Vena ano-
nyma sinistra,
sondern auch die Arteria anonyma liegt.

Die Trachea, welche in gestrecktem Verlaufe an der vorderen
Wand des
Oesojjhagus herunterzieht, theilte sich in beide Bronchi vor
dem 4. Brustwirbel, also fast in gleicher Wirbelhöhe, wie bei dem
männlichen Körper auf Tafel I, dessen Querschnitt auf Tafel XI ab-
gebildet ist.

Als ich bei einem Cadaver, den ich mit nach vorn herabgedrücktem
Kopfe hatte gefrieren lassen, den Medianschnitt ausführte, war ich
erstaunt, wie ausserordentlich verkürzt die
Trachea sich zeigte, und wie
bedeutend sie sich wieder ausdehnte, als ich beim Beginn des Auf-
thauens den Kopf in die gewöhnliche Haltung zurück brachte. Durch
diese Dehnbarkeit der
Trachea, die als offenes Rohr den Verkürzungen
und Verlängerungen des Vorderhalses bei den extremen Kopfhaltungen
gleichmässig folgt, und durch die federnde elastische Faserverbindung
der einzelnen Knorpelringe sich verlängern und verkürzen kann, ist die
Möglichkeit gegeben, den Kopf in weitgehende Beugung und Streckung
zu bringen, ohne dass dabei die Lungenwurzel in gleichem Maasse
dislocirt wird. Bestünde die
Trachea aus gleichmässig solider Masse,
so müsste sie bei jeder Vorbeugung des Kopfes in bedenkhcher Weise
auf die Lungen und den linken Vorhof des Herzens stossen und bei
jedem plötzlichen Zurückwerfen des Schädels die Brustorgane beträcht-
lich zerren und nach oben-dislociren. Messungen ergaben, dass die
Dehnbarkeit der
Trachea vom Kehlkopf an bis zur Theilungsstelle der
Bronchien bei Beugung und Streckung des Kopfes bis zu 2V2 Centi-
meter betragen kann; und dabei zeigte sich keine grobe Faltung oder
Knickung an der Innenfläche der Luftröhre. Diese federnde Beschaffen-
heit bewirkt auch das starke Klaffen aller queren Trachealwunden bei
gestrecktem Kopfe.

Von praktischer Wichtigkeit ist, namentlich in Beziehung auf
die Ausführung der Tracheotomie, die Veränderung der Lage der
Trachea in Beziehung auf die Oberfläche des Vorderhalses bei den
verschiedenen Stellungen des Kopfes. Die
Trachea wird bei stark nach
hinten übergebeugtem Kopfe der vorderen Halsoberfläche bedeutend
näher gebracht und zugänglicher, sowie das Operationsfeld überhaupt
vergrössert, als bei gewöhnlicher Haltung oder gar herabgesenktem Kinn.
Der im Atlas von
Pirogoff (L. A. 14, 1) gegebene Durchschnitt ist
in dieser Beziehung besonders lehrreich. Es zeigt sich ferner, dass
mit der Ausdehnung und Vordrängung der
Trachea auch der Aorten-
bogen und die
Arteria anonyma etwas höher rücken, und so für
Verletzungen, aber auch für die Ligatur zugänglicher werden.

An dem Herzen, dessen linker Vorhof durch von den Lungen
aus eingedrungene Injektionsmasse ziemlich stark ausgedehnt war, fand
sich Alles normal. Man erkennt an der Speiseröhre anliegend den
ovalförmigen Schnitt des ausgedehnten linken Vorhofes, davor die mehr
dreieckige Oeffnung des rechten
Atrium. An letzterem ist noch ein
kleines Stückchen vom rechten Ventrikel durch den Schnitt geöffnet.
Man blickt von beiden Atrien aus durch das
Ostiiim atrio-ventriculare
ein Stück weit in die dazu gehörigen Ventrikel hinein, und übersieht
einen Theil der Klappen, die nach sorgfältiger Reinigung noch im er-
starrten Zustande abgezeichnet wurden. Im
Atrium sinistrum zeigen
sich ferner die Eintrittsstellen der linken Lungenvenen, im
Atrium
dextrum
die Mündung des Sinus coronarius. Derselbe liegt mit der
Valvula Thehesii in dem unteren hinteren Winkel des Dreiecks, wel-
ches das rechte
Atrium auf dem Durchschnitte hier bildet. Hinter
dem aufgeschlitzten Aortenbogen, in welchem man ebenfalls ein Stück
des Klappen apparates erkennen kann, kommt der rechte Ast der
Arteria
pulmonalis
aus der Tiefe hervor. Ein- kleines Stückchen des rechten
Herzohres, welches in der linken Körperhälfte mit zurückblieb, also
übereinstimmend mit dem Durchschnitt auf Tafel I lag, ward hinweg-
genommen, sodass vor der
Aorta innerhalb des Herzbeutels eine grössere
Lücke geblieben ist. Bei Vergleichung des Herzens mit dem Median-
schnitte auf Tafel I und dem Querschnitte auf Tafel XII ergibt sich,
dass die untere Grenze des Herzens, sowie sie durch den Spalt der
Pericardialhöhle bestimmbar ist, bei dem Manne auf Tafel I bis in die
Höhe des 10 Brustwirbels hinabreicht, beim Weibe auf Tafel II nur
bis in die des 9. Brustwirbels. Die Tricuspidalklappe liegt bei beiden
so ziemlich in gleicher Höhe dem 8. Brustwirbel gegenüber. Ein nahezu
gleiches Verhalten bietet der Transversalschnitt des jungen Mannes
auf Tafel XII.

Ebenso liegt der linke Vorhof, so weit es aus den Zeichnungen er-
sichtlich ist, bei allen drei Cadavern in fast gleicher Höhe, etwa vor dem
8. und 7. Brustwirbel; nur bei dem Weibe auf Tafel II liegt er ausser-
dem noch vor dem 6. Brustwirbel, eine Ausbreitung, die wohl auf
Rechnung seiner Ausdehnung durch die eingedrungene Injektionsmasse
zu setzen ist. Damit hängt wohl auch die Verschiebung des rechten
Astes der
Arteria pulmonalis zusammen, der hier vor dem 5. Brust-
wirbel liegt, während er bei den Männern auf Tafel I und XH vor
dem 6. Brustwirbel zu liegen kommt.

Die Aortenklappen liegen bei dem Weibe Tafel II, wie bei dem
Manne auf Tafel XH, in der Höhe des 6. Brustwirbels.

Man darf also wohl sagen, dass eine ziemliche Uebereinstimmung
in der Lage d.es Herzens bei allen drei fast gleichalterigen Individuen
herrscht, und dass somit
Henhe\'s Behauptung von der grösseren Ver-
werthbarkeit seiner Schnitte und Construktion des Herzens (siehe Pro-
gramm), die er an nur einem Leichnam und noch dazu einem nicht
normalen machte, auch bei dieser Betrachtung hinfällig erscheint.

Vergleicht man den Durchschnitt des Thoraxraumes mit der
auf Tafel I gegebenen Zeichnung eines jugendlich kräftigen normalen
Mannes, so zeigt sich zunächst, dass der obere Rand des
Manubrium
sterni
beim Manne um eine halbe Wirbelhöhe höher steht und ausser-
dem um einen halben Centimeter weiter von der Wirbelsäule entfernt
ist als bei\' der Frau auf dieser Tafel, wo der obere Sternalrand der
Höhe der Symphyse zwischen dem 2. und 3. Brustwirbel entsprach. Die
bedeutend grössere Capacität des männlichen Thoraxraumes wird aber
noch weiter dadurch ersichtlich, dass das Zwerchfell beim Manne die
Höhe der Symphyse zwischen dem 9. und 10. Brustwirbel erreichte,
während bei der Frau der höchste Punkt des Zwerchfells dem oberen
Rande des 9. Wirbels entsprach, also noch um eine ganze Wirbelhöhe
höher stand. Und zwar handelt es sich hier um nahezu gleichartige,
sehr gut gebaute, normale, für ihr Geschlecht grossgewachsene Individuen,
die also ganz besonders gut sich in dieser Beziehung vergleichen lassen.
Das Herz nahm bei beiden eine nahezu gleiche Lage zur Mittellinie

-ocr page 18-

Tab. n.

W.Brauue praep.
Yeit & Comp.lrpsiae.

li.A.Tmflce, imp.lipsiae.

\'!.:3crLmie(lel ad.nax.inlapitielin,

-ocr page 19-

des Körj^ers ein. Beiderseits fielen die Vorliöfe, das reclite Herzolir
und ein kleines Stückchen vom rechten Ventrikel in die Schnittfläche.

Von den Lungen ist nichts zu sehen; dieselben erreichen bei
jugendlichen Individuen, in Folge der noch vorhandenen Thyrausreste,
im Exspirationszustande nirgends mit ihren vorderen Rändern die Mittel-
linie, sodass Sagittalschnitte, die genau in der Mittellinie des Körpers
geführt werden, nichts vom Lnngengewebe freilegen. Erst bei älteren
freuten, in Folge des Schwundes der Thymusreste, und der geringeren
Contra,ktionsfähigkeit, stossen sie auch nach dem Tode in der Mittellinie
aneinander, und zwar so, dass die rechte Lunge regelmässig in die linke
Körperhälfte hinübergreift.

Die Bauchhöhle zeigt bei der geringen Darmanfüllung keine
starke Vorwölbung, aber auch nicht die Einziehung der Bauchdecken,
wie man sie bei Durchschnitten an Cadavern sieht, die durch voraus-
gegangenes langes Sieclitlium abgemagert sind. Ebenso dokumentirt
die Stärke des Fettpolsters unter der Haut sowohl, sowie die der Fett-
massen im Abdomen, dass ein normaler guter Ernährungszustand vor-
lag. Auch in dieser Beziehung sind die Verhältnisse denen auf Tafel I
fast gleich; während dagegen eine beträchtliche Differenz hinsichtlich
der Tiefe der BfTuchhöhle vorhanden ist. In Folge der stärkeren An-
füllnng des Magens und der Därme bei dem Manne, die sich schon durch
die grössere Ausdehnung der Darmdurchschnitte kenntlich macht, be-
trägt trotzdem, dass bei der Frau die Arterien injicirt waren und der
schwangere
Uterus einen Theil der Dünndärme nach aufwärts drängte,
der Abstand der Bauchwaiid von der Wirbelsäule in der Höhe des
12. Brustwirbels auf dieser Tafel einige Centimeter w^eniger, während
in der Gegend des Nabels die Tiefe des Bauches bei Beiden fiist gleich
ist (nämlich etwas über 8 Centimeter misst). Es ist übrigens \'dabei
im Auge zu behalten, däss bei der männlichen Wirbelsäule der Ueber-
gang der Concavität des Rückentheiles tiefer unten beginnt und letztere
selbst stärker ausgeprägt ist als bei der hier vorliegenden; dass ferner
die Harnblase bei diesem Cadaver leer, bei jenem mässig gefüllt war.

In der Bauchhöhle hielt sich der Schnitt, welcher das Zwerch-
fell zwischen
Hiatus aorticus und Foramen quadrilaterum traf, mehr
auf der rechten Hälfte der Wirbelsäule, sodass die Bauchaorta nicht
getheilt wurde wie bei Tafel I, sondern intakt an der Oberfläche liegen
blieb. Um die Arterie für die Zeichnung deutlicher zu machen, ward
nur eine dünne Zellgewebsschicht hinweggenommen. Daraus erklärt sich das
plastische Ansehen derselben. Ihr unteres Ende trägt die abgeschnittene
Arteria iliaca comimmis dextra, während von der unteren Hohlvene,
die in der rechten Körperhälfte liegen blieb, nichts zu sehen ist, als
ein Zipfelchen an der
Ve^ia iliaca conimtmis sinistra. In gleicher Weise
aber wie auf Tafel I ist der breite Stamm der
Vena meseraica stLjjerior
bis zu der Stelle hin aufgeschnitten, wo sie nach Aufnahme der Vena
lienalis
sich jenseits des Pancreas rechts hin wendet, um nun als Vena
2Jortae zur Leber zu ziehen. Vor dem unteren Ende dieser Vene liegt
die
Arteria mesenterica siqjerior eine Strecke weit frei.

Das Pancreas zeigt, wenn auch nicht die gleiche Breite wie auf
Tafel I, doch die gleiche Lage in der Höhe des 1. Lendenwirbels.
Die
Vena meseraica stijyerior trennt das Pancreas ^jarvurn von dem
Haupttheile der Drüse.

Das Duodenum, welches vollständig leer und durch die injicirten
Gefässe comprimirt und abgeplattet war, erscheint als schmaler Spalt
vor dem 2. imd 3. Lendenwirbel, am unteren Ende des kleinen
Pan-
creas.
Auf Tafel I lag es, vielleicht in Folge der stärkeren Entwickelung
des
Pancreas parvum, etwas tiefer.

Von der Leber ist noch ein Stückchen vom Lohulus Spigelii, mit
seiner Umhüllung durch den Netzbeutel in der linken Körperhälfte
liegen geblieben und deshalb auf dem Schnitte hier zu sehen. Man
wird die
complicirten Verhältnisse des Bauchfells an dieser Stelle leicht
verstehen, wenn man Tafel XV zu Hilfe nimmt, die einen Querdurch-
schnitt in der Höhe des 11. Brustwirbels abbildet, also ungefähr dem
Schnitte entspricht, der hier beide Blätter der Tafel trennt.

■ Der Magen war leer und eng zusammengezogen, während das
Colon transv er s%im durch Gas mässig ausgedehnt wie eine Schlinge
weit herunterhing und deshalb in grosser Länge eröffnet wurde. Ueber
die Dünndärme ist nichts zu bemerken. Ein Theil des Ihwm ist
durch den
Uterus aus dem Becken herausgehoben und es füllen dabei-
die Darmhmiina den Bauchraum höher hinauf als bei Tafel I.

Hagegen muss auf die Verhältnisse des Mastdarms etwas näher
eingegangen werden. Derselbe war gleichraässig mit gefrorenen Fäcal-
massen ausgefüllt und zeigte ein massiges Caliber. Die Afteröffnung
ist also nach hinten gerichtet, bei der aufrechten Stellung; eine Rich-
timg, die durch die Perinaealkrümmung gegeben ist. In sitzender
Stellung dagegen, wo das Balancement des Buinpfes auf den Sitzknorren
stattfindet, erhebt sich die Symphyse so bedeutend, dass die
Conjugata
fast horizontal steht; und damit in Zusammenhang erhält der After eine
Richtung direkt nach abwärts. Oberhalb der Endkrümmung liegt eine
Querfiilte, in der Höhe der Steissbeinwirbel, der Anfang der
Vahmla
recti
mit -dem Sphincter ani tertixis. Weiter nach aufwärts geht all-
mählich das
Rectum nach links hinüber, um dann wieder unter scharfer
ümbiegung die Mittellinie zu kreuzen und somit wieder in die Sclinitt-
fläche zu kommen. Von diesem qnergeschnittenen Darmlumen aii,
welches dem 3. und 4. Kreuzbeinwirbel gegenüberliegt, zieht sich das
Rectum dann wieder mehr der Mittellinie folgend in der Höhlung des
Kreuzbeins nach aufwärts, um zuletzt in die
FlexuoxL iliaca einzubiegen.
Das
Recttim zeigt somit eine doppelte S-förmige Krümmung. Die eine
liegt in der mittleren Sagittalebene des Körpers, die andere in frontaler
Richtung. Beide dienen dazu, den Apparat der Sphinkteren bei dem
Andrä\'ngen der Fäcalmassen zu unterstützen, so dass sie bis zum Zeit-
punkt der regelmässigen Entleerung .genügenden Widerstand leisten
können, was bei einer gerade nach abwärts führenden Anlage des
Rectum nicht möglich sein würde. Man sieht also auch aus diesem
Beckenschnitt, dass der Name
Rectum für diesen Darm theil sehr un-
glücklich gewä\'.lilt ist, und nur den älteren falschen Darstellungen am
aufgeblasenen Darme im weichen und heraiispräparirten Zustande seinen
Ursprung verdankt.

Vor dem Rectum, zwischen diesem und der contrahirten Harnblase,
liegt der vergrösserte
Utertts, der ganz besonders das Interesse da-
durch in Anspruch nimmt, dass er sich im sclwangeren Zustande be-
findet, entsprechend dem Ende des 2. Monats.

Woher es kam, dass er mit dem Körper gegen den Hals geknickt
und hintenübergebogen liegt, soll weiter unten besprochen werden. Nach
einer Angabe von
Holst (Beiträge zur Gehurtshimde. 1. Heft, Tü-
bingen 1868, p. 162)
hätte man für diese Periode der Schwanger-
schaft eher eine Anteflexion als eine retroflectirte Stellung erwarten
können. Es soll auch gleich hier erwähnt sein, wovon w^eiter unten
noch die Rede sein wird, dass
Joessel einen Schnitt durch einen Körper
führte, bei dem sich der
Uterus im 2. Monat der Schwangerschaft be-
fand und daseist den
Uterus in ausgesprochener Anteflexion vorfaiid.
Hier muss ich mich auf die Angabe beschränken, dass das Gewebe
des
Uterus sich durchaus normal erwiess und die Muskulatur gleich-
mässiges Gefüge zeigt, dass ferner das Cadaver in der Rückenlage er-
halten ward und in völlig frischem Zustande auf die Anatomie gebracht
wurde. Nirgends fanden sich ferner die Zeichen einer schon früher

O

überstandenen Schwangerschaft.

Die Verhältnisse der Därme bieten nichts Abnormes. Es finden
sich weder zwischen
Uterus und Rectum, noch zwischen ersterem und
der Blase Darmschlingen,

Der tiefe Stand des Orificimn titeri externum, aus dem ein fester
Schleimpfropf hervorragte, entspricht der frühen Zeit der Schwanger-
schaft. Beim weiteren Wachsthum hebt sich dann der
Uterus ans dem
Becken heraus und zieht die
Portio imgincdis mit nach aufwärts, so
dass der äussere Muttermund einen hölieren Stand einnimmt.

Der Uterus selbst hing mit seinem Körper etwas nach links hin-
über, so dass der Schnitt schief zu seiner Längsachse hindurchging und
nur ein kleines Segment von ihm zugleich mit der i-echten Körperliälfte
entfernte. Von dem
Cervix, dessen hintere Lippe wie verstrichen er-
scheint, brauchte nur eine dünne Scheibe noch nachträglich abgeschnitten
zu werden, um den schon angeschnittenen Cervikalkanal in seiner ganzen
Länge freizulegen.

Da die Bla.se des Ammion vollständig unverletzt vorlag und auf
demselben sich das Nabelbläschen deutlich präsentirte, so trug icli mit
dem Messer noch von der Wand des
Uterus successive so viel ab, dass
die einzelnen Theile des Eies gut sichtbar wurden.

Man erkennt nach innen von der Muskulatur des Uterus die deutlich
davon abgesetzte
Decidua vcra, bestehend aus Uterindrüsen, Bindegewebe
und Gef^issen. Die Drüsenschläuche münden auf der inneren Ober-
fläche mit punktförmigen Oeffnungen, die schon mit unbewaffneten Auge
gut erkennbar waren. Nach oben hin, von der vorderen Wand des
Uterus angefangen, wird die Schicht der Decidua ausserordentlich dünn,
setzt sich aber an der Innenwand des
Uterus continuirlich fort, bis
sie wieder an der hinteren Seite desselben allmählich wächst und nach
unten bis in die Gegend des
Orificium internum stärker wird. Ueberall
zeia\'t sie dasselbe Gewebe. An der oberen dünnsten Stelle, der Mitte
des
Fundus ideri entsprechend, bildet sie einen Umschlag (Decidua
reficxa)
und zieht als eine schmale membranöse Umhüllungsschiclit des
Eies bis über den dreieckigen Bhiterguss, der hier dunkelroth gefärbt
ist, herab.

Von der Stelle des Blutergusses aus, der vielleicht auf dem Trans-

-ocr page 20-

port des Cadavers zu Stande kam, so wie er sicli vorfand abgezeichnet
wurde, verläuft wellenartig eine zarte weissliche Grenzlinie nach oben
hin, die das eigentliche
Choriongehiet von der Decidua vera abgrenzt.
Der Choriontheil, der in der Zeichnung zu deutlich sich absetzt, ent-
hält nur Zotten und Gefässe und bezeichnet die Stelle der späteren
Placentarbildung. In dieser Richtung verläuft auch der in der Tiefe
noch erkennbare Nabelstrang des
Embryo. Innerhalb des Chorion lag
eine viscide Flüssigkeit imd trennte dasselbe theilweise von der Amnion-
blase und von dem daraufliegenden Dottergang und Nabelbläschen.
Deutliche Membranen zwischen
Chorion und Amnion waren in dieser
eiweissartigen Flüssigkeit nicht nachzuweisen.

Der Embryo zeigte die gewöhnliche Krümmung des Stammes mit
vorn übergebeugtem Kopfe. Seine Länge betrug vom Steisse bis zum
Kopfe, ohne dass er aus seiner ursprünglichen Lage gebracht worden
war, 22, die des ausgestreckten Stammes etwa 28 Millimeter. Der
Kopf war zu undurchsichtig, als dass man die einzelnen Abtheilungen
des Gehirns deutlich hindurchschimmern sehen konnte. Die Nase war
klein, aber doch schon vorhanden; die seitlichen Wandungen der Mund-
höhle, Wangen und Lippen, schon so deutlich gebildet, dass der Mund
sich als umschlossener Spalt zeigte. Oberarm und Unterarm befanden
sich zu einander in gebeugter Lage, waren aber beide von einander
geschieden. Ebenso waren die Hände bereits deutlich unterscheidbar.
Dasselbe galt von den unteren Extremitäten.

Diese Bildungen entsprachen also einer Entwickelung in der
9. Woche, und stimmen überein mit den von
Er dl (Die Entwicklung
des Menschens und Hühnchens im Eie, Leipzig 1845)
gegebenen Ab-
bildungen auf Tafel III Fig. 6, T. IV Fig. 18, T. IX Fig. 3 und 4,
sowie mit der von
His Tafel X, Fig. 24 gelieferten Zeichnung.

Das Nabelbläschen ist von dem Zeichner fälschlich zu prall und
gross gezeichnet worden.

Die Vagina, in der Columna rugarum anterior und posterior
getroffen, zeigte sich als schmaler Spalt, und setzte sich oben in die
hintere Lippe des äusseren Muttermundes fort. Man erkennt an den
Faserdurchschnitten dieser Stelle, dass hier die Theile des
Ligamenttim
uteri sacrtira dextrum
vorliegen. Die Faserbündel desselben Hessen sich
von den Fasern der übrigen Muskulatur des
Uterus nicht scharf ab-
grenzen, sondern markirten sich nur als querdurchschnittene Bündel,
deren Fortsetzung in der
Plica Douglasii den Mastdarm beiderseits
umgreifend sich bis zum Kreuzbein erstreckte. Auch Hess sich nicht
genau angeben, an welcher Stelle die
Vagina aufhörte und der Uterus
anfing. Die glatten Muskelbündel beider Organe lagen so fest an-
einander und waren so miteinander verstrickt, dass ein continuirlicher
Zusammenhang gegeben war.

Schon aus der Zeichnung ist es ersichtlich, dass das Bauchfell
sich hinter dem
Uterus weiter nach abwärts erstreckte als vorn, und
selbst noch ein Stück der hinteren Vaginalwand überzog. An das-
selbe schloss sich nach abwärts ein dünner Fascienzug mit lockerem
Gewebe an, der eine Verschiebimg des
Rectum und der Vagina bei
wechselnder Ausdehnung dieser Organe ermöglichte.

Die Clitoris ist in ihrem hängenden Theile auf der Schnittfläche
gut zu erkennen. Der rechte Schenkel derselben ist abgeschnitten.
Hinter ihr und vor der
Urethra liegen die Gefässlumina des Btdbus
vestihuli;
die Harnröhre selbst klaffte nach dem Aufthauen des Prä-
parates und ist in diesem weitgeöffneten Zustande abgezeichnet worden.
Hinter der Harnröhre, sowie vor derselben fand sich bei der Durch-
musterung der Gewebe unter dem Mikroskope eine Schicht querge-
streifter Muskelfasern, die einen animalen Sphinkter der Harnröhre bilden.

Auf diesen Befund möchte ich besonderes Gewicht legen, da
sowohl
Henle als Luschka davon abweichende Angaben machen. Nach
Henle sowohl (Henle, Anatomie, Eingeweidelehre, 2. Auflage, S. 461)
wie nach den Angaben von Luschka (Die Anatomie des menschlichen
Beckens. Tübingen 1864, S. 387 ti. 388)
findet sich keine querge-
streifte Musculatur zwischen
Vagina und Urethra, während nach meinem
Befunde eine solche unzweifelhaft vorhanden ist. Nach meiner Ansicht
ist also der
Constrictor cunni profundus zu trennen von dem querge-"^
streiften
Sphinkter vesicae externus, der selbständig, ohne Anpressung
an die Vaginalwand, die weibliche Harnröhre zu schliessen vermag.

Es ist oben von der retroflectirten Lage des Uterus die Rede
gewesen; ebenso wurde erwähnt, dass
Holst für diese Periode der
Schwangerschaft die Anteflexion als typische Stellung annimmt. Nach
Angabe von
Bayer (Freund, gynäkologische Klinik, Strassburg 1885,
S. 441)
besitzt auch Joessel ein Präparat, welches den im 2. Monat
der Schwangerschaft befindlichen
Uterus anteflectirt zeigt. Mit der Ver-
schiedenheit der Stellung in meinem und
Joessels Präparat mag vielleicht
die verschiedene Dicke der muskulösen Uteruswandung zusammen-
hängen. Denn während
Joessel angibt, dess die hintere Corpuswand
in ihrem untersten Theile die bei weitem dünnste ist, weit dünner
als alle übrigen Parthien, und die vordere Wand einen ausgeprägten
Sporn bildet, ist auf meiner Abbildung die hintere Wand die stärkste
und bildet am Uebergang zum
Cervix einen mächtigen Vorsprung.

Ich vermag nicht anzugeben, wodurch diese Lage des Uterus in
meinem Falle bedingt war. Es sieht freihch so aus, als ob in Folge
der Rückenlage das vergrösserte Organ nach rückwärts gesunken wäre
und die spezifisch leichteren Darmschlingen ausgewichen seien, so dass
das
Corpus Uteri schliesslich fest auf dem Rectum aufliegend die
Kreuzbeinhöhlung fast ausfüllte. Dann wäre aber, wenn der Cadaver
nicht auf dem Bauche gelegen hätte im JoesseV^Qhen Falle die Ante-
flexion nicht zu verstehen; es müsste denn dieselbe eine dauernde
pathologische Anteflexion sein, was sich ja erst nach dem Berichte von
Joessel selbst wird erkennen lassen.

Sicherlich ist in meinem Falle die Stellung keine pathologische,
dauernde, gewesen, sonst hätte das Gewebe an der Knickungsstelle eine
andere Beschaffenheit zeigen müssen. Auf keinen Fall aber möchte
ich die hier vorliegende Stellung als eine typische, klinisch gültige,
erklären, sondern eher für eine cadaveröse halten,

Dass der schwangere Uterus übrigens weich und biegsam ist und
je nach der Lage des Körpers Form und Lage ändert, ist schon
früher von mir und
Ahlfeld durch Messungen an Lebenden nachgewiesen
worden. (Universitätsprogramm.
De uteri gravidi situ. Tjeipzig. 1872)
Die Messungen wurden an hochschwangeren Frauen in verschiedenen
Stellimgen gemacht und ergaben, dass bei horizontaler Rückenlage der
Uterus sich auf die Wirbelsäule legt und im Längsdurchmesser zunimmt,
dass er sich beim Aufrechtstehen vorn auf die Bauchdecken aufstützt,
diese vorwölbt und selbst messbar um 3—4 Centimeter kürzer wird.

Diese Biegsamkeit und Nachgiebigkeit wird natürlich auch für
den
Uterus in den früheren Schwangerschaftsmonaten, wenn auch mit
nöthiger Einschränkung, gelten müssen, und somit die oben gemachte
Angabe gerechtfertigt erscheinen.

Auch der puerperale Uterus zeigt regelmässig eine Knickung, die
man wohl auf ähnliche Ursachen zurückzufuhren hat. Warum freilich
hier die anteflectirte Stellung die typische Form bildet (vergl, die
Abbildungen von
Le Gendre, RüdAnger, lArogoff u. A.), ist noch zu
untersuchen. Jedenfalls zeigt auch nach der Geburt das Organ noch
eine Nachgiebigkeit der Wandungen, die es in Folge von noch genauer
zu bestimmenden Druckeinwirkungen zu einer vorübergehenden Flexion
kommen lässt.

Wie steht es nun mit der Biegsamkeit des Uiertis ausser der
Zeit des
Ptierperium und der Schwangerschaft; besonders bei gut ent-
wickelten Jungfrauen? Hier gehen die Meinungen der Untersucher
direkt auseinander. Während
B. Sclmltze dem Uterus besonders bei
Jungfrauen eine grosse Biegsamkeit zuschreibt, die sich namentlich bei
den Füllungen der Harnblase geltend macht, spricht sich
Kölliker gegen
die physiologischen Anteflexionen bei Blasenentleerung aus und nimmt
beim normalen nicht schwangeren
Uterus ein festeres Gefüge an, als
das
Schultze thut, (Kölliker, über die Lage der weiblichen inneren
Geschlechtsorgane. Schrift zu Henle s Jubiläum, S. 64 etc.). Köl-
liker
sagt S. 64 No. 5: „der Uterus von geschlechtlich entwickelten
Individuen, die nicht geboren haben, ist, wenn seine Wandungen nor-
male Beschaffenheit und Dicke haben, weder bleibend noch vorüber-
gehend in stärkerer Weise anteflectirt, sondern gerade und steht in der
Regel in der Achse des kleinen Beckens, ändert jedoch seine Lage mit
der Füllung und Entleerung des Mastdarms und Blase innerhalb ge-
wisser mässiger Grenzen,"

Bei der Wichtigkeit, die diese Frage namentlich in klinischer Be-
ziehung hat, halte ich es fiir angezeigt, auf dieselbe wenn auch nur
kurz hier einzugehen, und ein Bild zu geben von einem älteren Präparat
aus meiner Sammlung, das schon früher mit Rücksicht auf die Ver-
hältnisse des Beckens von
Fürst in eingehender Weise bearbeitet und
publicirt wurde
{Archiv für Gynäkologie 7. Band, 1875. Ein ein-
fach plattes nicht rachitisches Becken mit doppeltem Promontorium,
Tafel II u. III, S, 407 u, ff.) Das Präparat, welches damals keine
Bearbeitung des
Uterus zuliess, der nur seitlich vom Schnitte gestreift
wurde, ist neuerdings von mir wieder in Angriff genommen und so von
Neuem geschnitten worden, dass die Verhältnisse des
Uterus nun völlig
zu übersehen sind.

Ist der ausgebildete Utertis normaler Weise so biegsam, dass er den
Volumsänderungen der Blase leicht folgen kann, so wird die Schwierig-
keit, eine Uteruslage bei leerer Blase und beim leeren Mastdarm in
den Medianschnitt eines Beckenschema einzuzeichnen, verschwinden. Der
Uterus wird dann nicht mehr wie frei in die Beckenhöhle hineinragen,

-ocr page 21-

sondern wird der hinteren Blasenwand folgen, bei Entleerung der Blase
nach vorn umknicken, und mit Füllung der Blase sich wieder aufrichten
und mit seiner Achse sich mehr der Richtung der Scheidenachse nähern.
Es werden somit vorübergehende physiologische Anteflexionen des
Uterus zu statuiren sein, die man zu trennen hat von bleibenden
pathologischen. Und zwar wird man letztere als solche auch an den
Gewebsänderungen zwischen
Corpus und Cervix Uteri erkennen.

Ich stehe nicht an, die Uteruslage, welche hier im Holzschnitte ab-
gebildet vorliegt, als normale zu bezeichnen und stütze diese Annahme
auch auf den histologischen Befund, der keine Gewebsveränderungen
an der Knickungsstelle nachwies. Ich komme also zu demselben Re-
sultate wie
His, der frische Cadaver benutzte, die durch Chrom säure
gehärtet waren,
(Archiv für Anatomie 1878, S. 58); Schultze, (Archiv
für Gynäkologie Bd. IV,
Ä 415, Bd. VIII, S. 135); und Hasse,
(Archiv für Gynäkologie Bd. VIII, S. 402 u. ff.).
Während Hasse
den untersuchten Körper in aufrechte Stellung brachte, hat His seine
Beobachtungen an in der Bückenlage befindlichen Cadavern angestellt,
was
ausdrücklich bemerkt werden soll, da Henke in seinem Lehrbuch
der topographischen Anatomie p. 421 die durch nichts begründete Ver-
muthung ausspricht, dass
His das Becken aufrecht gestellt habe. Handelt
es sich um frische noch in Starre befindliche Cadaver, so glaube ich
nicht, dass die nachträgliche Aufrichtung des Körpers, wenn sie nicht
zu gewaltsam erfolgt, grossen Einfluss auf die Haltung des
Uterus aus-
üben wird. Man kann häufig beobachten, dass der
Uterxis nicht schwan-
gerer, jugendlicher, kräftiger normal gebauter Jungfrauen nach der Er-
öffnung der Bauchhöhle durch die starren Fettmassen des umgebenden
Bindegewebes ziemlich fest in seiner Lage gehalten wird, fester jeden-
falls als während des Lebens, wo das flüssigere Fett keinen solchen
Widerstand zu leisten vermag. — Dass der normale
Uterxis sehr
biegsam ist, davon habe ich mich wiederholt überzeugen können.
Normale
Uteri lassen sich an der Stelle zwischen Corpus und Cervix
wie in einem Charniergelenk ohne grössere Gewalt biegen; eine Be-
obachtung, die auch durch eine Bemerkung von Fritsch (Handhueh der
Frauenkrankheiten von Billroth u. Lücke, 1885, 8. 613)
bestätigt wird,
welcher sagt: „Wie man einen schwangeren
Uterus eindrücken kann,
so kann man einen leeren biegen. Die gesunde Gebärmutter ist in sich
beweglich. Am besten überzeugt man sich von der leichten Biegsam-
keit bei einem dem Lebenden frisch entnommenen
Uterus bei der Total-
exstirpation. Einen solchen
Utertis kann man zusammendrücken, so dass
er ganz kurz wird; man kann ihn so leicht knicken und biegen, dass
wohl Niemand, der solchen
Uterus in der Hand gehabt hat, die leichte
Biegsamkeit der lebenden Gebärmutter leugnen kann."

Ich habe es wiederholt, namentlich bei der Lagebestimmung des
Herzens ausgesprochen, dass bei topographisch-anatomischen Darstellun-
gen die Befunde an der Leiche durch Untersuchungen am Lebenden
vervollständigt werden müssen, um für den Kliniker brauchbare Bilder
zu liefern. Dies gilt ganz besonders für die Verhältnisse des
Uterus.
Gerade hier besitzen die Untersuchungen an der lebenden Frau, be-
sonders die bimanuelle Untersuchung des
Uterus einen sehr grossen Werth.
Und so möchte ich der im Holzschnitt beigegebenen Abbildung auch des-
halb eine besondere Bedeutung zuerkennen, da sie sehr gut mit den Be-
funden am lebenden Körper übereinstimmt (Fig. 1, S. 608
Fritsch) und
nicht die Verhältnisse zeigt, wie sie
Fritsch S. 609 als cadaveröse abbildet.

Ich schliesse mich nach dem Gesagten an die Darstellungen von
Schultze im Allgemeinen an. Nur seine Darstellung der Blasenform
kann ich nicht für richtig halten. Eine normal entleerte Blase zeigt
bei jugendlichen gut gebauten Individuen nie den eingesunkenen Scheitel
und nie die langausgezogene Fundusgegend. Schon an der entsprechen-
den Dicke der Wandungen kann man erkennen, ob die Blase normal
entleert ist oder erst
post mortem eine künstliche Entleerung erfahren Iiat.

Das Bindegewebe hat besonders im weiblichen Becken eine grosse
Bedeutung in physiologischer wie pathologischer Hinsicht. Es bildet
in den Fascien und Bändern stützende Skelettheile für die voluminösen
Organe, und bahnt die Wege für Blut-, Lymphgeftisse und Nerven in
seinen lockeren Ausbreitungen, die zugleich die Beweglichkeit der Organe
vermitteln, wie sie zu den grossen Volumsändei-ungen derselben erfor-
derlich ist. Diese Bindegewebsmassen sind es auch, in denen Blut- und
Eiterergüsse sich ausbreiten, deren Kemitniss daher für den Kliniker
bei Behandlung der Krankheiten und Verletzungen im Becken uuer-
lässlicli ist.

Leider eignen sich Mediansclmitte, wie der vorliegende, für die
Darstellung des Bindegewebes im weiblichen Becken weniger als die
übrigen Schnitti\'ichtungen. Nur die Verhältiiisse des Bindegewebes vor
und hinter dem
Uterus in seinen Bezielningen zu Blase und Mastdarm
Hessen sich schematisch angeben. Um anzudeuten, dass lockeres ver-
schiebbares Bindegewebe zwischen
Uterus und Blase so wie zwischen
Uterus und Mastdarm liegt, dadurch also eine Beweglichkeit der Organe
zu einander bis zu gewissem Grade ermöglicht wird, wurde eine Doppel-
linie angebracht und zwar unter den Aussackungen des
Feritonacxim, ge-
trennt von diesem. Es darf diese nicht mit den Linien des
Peritonaeum,
selbst verwechselt werden.

Im Uebrigen muss auf die eingehende Darstellung von Freund
verwiesen werden, der in seiner gynäkologischen Klinik, Strassburg 1885,
S. 203 dem Bindegewebe im weiblichen Becken einen besonderen sehr
inhaltreiclien Abschnitt gewidmet hat. Wie icli meine, liat
Freund })ei
dieser seiner Untersnchujig mit Recht die gute Methode der Alkohol-
härtung angewendet, anstatt durch Injektionen gefärbte Massen einzu-
treiben, bei denen man es nicht in der Hand hat, wie weit sie dringen
und wohin sie laufen.

Es folgen noch einige Abbildungen nach Le Gendre und Pirogoff,
im verkleinerten Maassstabe copirt, um die Lageveränderungen des
Uterus bei den verschiedenen Füllungsgraden der Blase und des Rectum

Leider ist von Pirogoff nichts weiter zu der Abbildung (Fig. 2) be-
merkt worden, als dass Urinblase und
Urethra stark ausgedehnt worden
seien, um die anatomischen Verhältnisse für den hohen Steinschnitt und

-ocr page 22-

Vestibularschnitt zu demonstriren. Die mächtig ausgedehnte Blase hat
das
Peritonaeum 35 mm weit von der Symphyse abgehoben, und unter
Ausdehnung der Wände der
Vagina den Uterus nach aufwärts und
rückwärts gedrängt. Die
Conjugata mass 102 mm. Das Rectum ist
leer und contrahirt. Wie beträchtlich der
Uterus mit der Anfüllung und
Entleerung der Blase seine Lage ändert, ist an den folgenden Figuren

gut ZU sehen; wie er bei der Urinentleerung sich vorn überbiegend herab-
steigt und bei der Füllung die entgegengesetzte Bewegung ausführt, kann
man auch am Cadaver deutlich machen, wenn man in dem Becken,
aus welchem die Dünndarmschlingen genommen sind, einen leichten
Zeiger am
Fundus uteri anbringt und dann die Blase abwechselnd
entleert und wieder anfüllt. An dem lebendigen Individuum fühlt
man beim Abnehmen des Urins mit dem eingebrachten Finger ganz
deutlich wie der
Uterus herabsteigt.

Der Schnitt bei Fig. 3 ist zwar nicht genau durch die Mitte des
Skelets gegangen, hat auch nicht die Aftermündung und
Urethra ge-
troffen, dafür aber den
Uterus halbirt.

Man hat hier das Gegenstück zu Fig. 2, nämlich eine leere Blase
bei stark ausgedehnten Mastdarm. In Folge davon nimmt auch der
Uterus zur Vagina eine andere Stellung ein. Während er in Fig. 2
mit seiner Richtung der Achse der
Vagina folgte, bildet er hier
mit derselben einen stumpfen Winkel, ohne jedoch antevertirt zu sein.
Zwischen
Uterus und Recttim lagen keine Dünndarmschlingen. Die
Conjugata betrug 110 mm.

Der Uterus (Fig. 4) mit den dazu gehörigen Theilen war normal,
und lag zwischen mässig ausgedehnten
Rectum und Blase, Auch hier
fanden sich keine Dünndarm schlingen hinter dem
Uterus. Man sieht
daher, dass bei den verschiedensten Füllungsgraden von Blase und Mast-
darm der
Uterus stets von beiden Organen in die Mitte genommen
wird, und seine Lage auch ziemlich beträchtlich ändert, je nach dem
Volum derselben.

Der Utertis selbst liegt auf dieser Abbildung bedeutend tiefer als
bei den vorhergehenden. Die
Conjugata betrug 105 mm.

Die Frau (Fig, 5) war unmittelbar nach der Geburt gestorben, die
Anteflexion war also eine ganz frisch entstandene, hervorgebracht durch
die Last des schweren
Corpus uteri, dessen Höhlung noch eine Capacität
von 127 Kubikcentimeter hatte. Die Knickung ist eine so bedeutende,
dass
Corpus und Collum, uteri nahezu unter einem rechten Winkel
aufeinander stossen und an der vorderen Wand eine deutliche Knickungs-
falte gebildet ist. Die hintere Wand des
Uterus ruht auf dem Rectum,
und drückt auf dessen Lichtung, Die Vagina, ist lang ausgezogen
und maass in der Länge 90 mm. Die Entfernung des
Peritonaeum
an der hinteren Wand des Uterus vom Peritonaeum betrug 95 mm.

Bemerkenswerth ist auch die Lage des Fundus uteri auf der
Blase, welche dadurch stark zusammengedrückt erscheint; sowie die
Stellung des
Peritonaeum zwischen Uterus und Blase zur vorderen
Wand der
Vagina. Während bei normalem Stande des Uterus das Ende
der
Vagina dem Peritonaeum am nächsten liegt, ist es hier die Mitte,
Es ergiebt sich aus der Abbildung ferner, dass die Anheftung des
Blasenfundus an dem
Collum uteri nicht eine so innige und feste sein
kann, wie sie
Courty annimmt; denn sonst hätte Blase und Harnröhre,
fest am
Uterus anliegend, viel weiter nach aufwärts gezerrt sein müssen.
Jedoch ist das Gewebe zwischen beiden Organen auch wieder nicht
so nachgiebig, dass Lage
Veränderungen des Uterus ohne allen Einfluss
auf die Blase bleiben. Man erkennt deutlich, dass der Blasenfundus
etwas nach aufwärts gezogen ist, was eine Behinderung der Sphincter-
action, also eine
Incontinentia^ tirinae zur Folge haben musste.

Die Conjugata war sehr gross; sie mass 125 mm, übertraf also
noch die grosse
Conjugata auf der Tafel II um einige Millimeter,

-ocr page 23-

ss.

W Brauïie ppae^j

ï^ehiïi leieL ad Tiai-m ]_a;Did. ariln .

-. u. r i v ï^ (\' ;, p

Jï-f

-ocr page 24-

v\'^W-

iPSv

* ^

^ i

W ■.
li-- -rT;

rï.

1:

M ;.
h"

, • y

^ M j

V

1\' . ^^\'.^m^ymy^ï:*

,

-i-

Hf.\'••

wm---

-ocr page 25-

TAFEL III.

Um beide Bulbi im Zusammenhange mit den Sehnerven und deren
Fortsetzung durch den
Tractus möglichst weit nach aufwärts freizu-
legen, wurde der Schnitt schräg aufwärts von vorn nach hinten geführt,
wie dies schon früher
Sömmering in seiner Monographie (De oculorum
hominis sectione commentatio. Göttingae, 1818),
angegeben hat.

Trotz wiederholter Versuche gelang es nicht, den Tractus opticAis
in seiner Gesammtlänge mit dem Nervtis optictis zugleich freizulegen;
es musste, um vorliegendes Bild zu gewinnen, noch nachträglich eine
flache Scheibe von den vorderen Hirnlappen hinweggenommen werden,
bis das
Chiasma vollständig frei lag. Ebenso musste eine dünne
Fettschicht aus der Augenhöhle noch entfernt werden, um den Seh-
nerven in seiner ganzen Breite sichtbar zu machen, da der Schnitt an
seiner oberen Grenze verlaufen war.

Es muss ferner erwähnt werden, dass, wenn auch die äussere
Form des
Bulhtis festgehalten wurde, doch das Verhältniss
der Linse zur Iris nach weiteren Schnitten eingetragen ward.
Die feinen Spähne, die jede auch noch so dünne Säge erzeugt, lassen
sich nur schwer entfernen, ohne an einzelnen Organen des Auges Lage-
veränderungen hervorzurufen. Ich Hess daher frische Augen mit der
Orhita frieren, sägte die Knochenlinien vor und vollendete dann den
Schnitt durch den
Bulbus mit einem Basirmesser. In allen Fällen war
vorher das Auge mit der von
Thiersch angegebenen Carminleimmasse
vollständig injicirt worden, um dem
Bulbus die nöthige Spannung zu
geben. Und zwar ward die Injektion von der
Ophthalmica aus vorge-
nommen, während bei dem Schädel, der im Ganzen zerschnitten ward
und Tafel III zu Grunde liegt, von der
Carotis aus die Arterien und
von der
Jugularis aus die Venen mit verschieden gefärbter Masse voll-
ständig injicirt worden waren.

Der Kopf gehörte zum Leichnam eines 16 jährigen Mädchens,
welches sich erhängt hatte. Es fanden sich nirgends pathologische Ver-
änderungen; auch kam der Leichnam noch im frischesten Zustande auf
die Anatomie.

Man erkennt schon aus den Verhältnissen des Gehirns die schräg
nach hinten aufsteigende Richtung des Schnittes. Während vorn durch
die Entfernung der dünnen Scheiben vom vorderen Lappen ein Stück-
chen vom Boden der vorderen Schädelgrube bis zur Gegend der
Crista
galli
zu sehen ist, und dahinter das Chiasma nervortim opticorum mit
noch einem Stück der schräg abgeschnittenen
Tractus n. optici, erblickt
man hinten den Balken in der Nähe seines Wulstes durchschnitten.
Die oberen Ausläufer desselben, die sich in die weisse Marksubstanz
des Gehirns verlieren, stellen die kleine Zange dar; die schnabelförmigen
Ansätze nach unten zu gehören dem
Fornix an. Nach aussen zwischen
beiden zeigen sich dunkler gefärbt die nach den unteren Hörnern
ziehenden
Plexus choroidei. Unter der weissen Masse des Balkens liefft

o

ein mit Gefässen angefüllter Spalt, welcher in der Mitte die Glandula
pinealis,
seitUch davon die Sehhügel abgrenzt. In diesem Spalte zieht
die gefässtragende
Pia mater unter dem Balken weg nach den Central-
theilen des Gehirns. Man erkennt in der Mitte zwei starke Venen-
lumina, den grossen inneren Hirnvenen
(Vena magna Galeni) ange-
hörig, die sich mit der Sonde unter dem
Splenium corporis callosi hin-
weg zu dem grossen Venenlumen hinter dem Balken verfolgen Hessen,
dem Anfange des
Sinus quartus, und dort mit den beiden sichtbaren
OefFnungen einmündeten. Die grosse Hirnsichel fixirt mit dem Ten-
torium zusammen den
Sinus quartus. Die Einmündung der Vena
magna Galeni
in den Sinus quartus erfolgt gerade an der Stelle, wo
vom Rande des Kleinhirnzeltes der Uebergang stattfindet zu dem Räume
des Grosshirns, eine OefFnung die mit dem
Foramen magnum des
Schädels vergHchen werden kann, einen schmalen Bogen bildet und be-
zeichnend
Foramen magnum internum genannt wird. Die Einmündung
der inneren Hirnvenen erfolgt aber nicht in der dircten Fortsetzung des
Sinus quartus, sondern unter starker Winkelbildung.

! Nach vorn zu präsentirt sich das freigelegte Chiasma nerv, opti-
• corum
und die durch den Schnitt schräg getrennten Tractus optici, die
demnach noch steiler anstiegen als die Schnittebene. Direct an sie
grenzen die grau markirten
Nuclei lentiformes; hinter denselben liegen
die leicht grauen, mit weisser Masse durchsetzten Schnittflächen der
Sehhügel. Zwischen ihnen in der Mittellinie befindet sich der Spalt
des dritten Ventrikels.

Zu beiden Seiten des Chiasma steigen die Enden der Ärteriae
carotides internae
auf; die Ophthalmicae sind nicht sichtbar, sie treten
unter den Sehnerven in das
Foramen opticum ein. Den Abgang der
Arteria corporis callosi kann man auf der einen Seite noch wahrnehmen,
auf der anderen ist er mit hin weggenommen; die
Lumina gehören so-
mit den
Arteriae fossae Sglvii an.

Die Augenhöhlen wurden von der Mitte ihrer Basis an nach rück-
wärts so geschnitten, dass die Säge über das
Foramen opticum-
hinweglief, dasselbe mithin nicht eröffnete. Die Augenlider waren
ziemlich vollständig geschlossen, so dass von den oberen an beiden
Enden nur ein Stück in die Schnittfläche fiel und das untere voll-
ständig unberührt blieb. Der
Bidhus ward fast genau in der Mitte
getroffen. Die Säge trat an beiden Augen an der oberen Grenze der
Sehnervenpapille aus. In der
Orbita brauchte nur eine dünne Schicht
von Bindegewebe und Fett nachträglich durch vorsichtig geführte Schnitte
mit dem Messer entfernt zu werden, um die Sehnerven sichtbar zu
machen. Dieselben Hegen somit nicht im Durchschnitte vw uns.
Sie zeigen eine schwache Krümmung, die, wie die weitere Untersuchung
zeigte, auch mit einer Abbiegung nach abwärts verbunden war, so
dass sich eine schwach spiralige Form herausstellte, die Form der Er-
schlaffung beim ruhenden Auge. Letztere macht es möglich, dass die
ziemlich ausgiebigen Drehungen des
Bulbus stattfinden können, ohne
den Sehnerven in schädlicher Weise anzuspannen. Eine Zerrung des
Sehnerven würde unbedingt eintreten müssen bei einer Reihe v^on Augen-
bewegungen, wenn die Sehnerven ohne Schlängelung zum
Foramen
opticum
sich hinzögen, so wie dies in vielen Abbildungen wiederge-
geben ist. Es mag dahin gestellt bleiben und späteren Untersuchungen
überlassen sein, ob durch eine Spannung der Sehnervenscheide eine
Lymphbewegung eingeleitet werden kann in den Bahnen, wie sie
durch die Untersuchungen von
Schwalbe festgestellt worden sind. Ebenso
möchte ich hier nur darauf hindeuten, dass die verschiedenen An-
spannungen der l\'enon\'BclxQw Kapsel bei der Action der Augenmuskeln
vielleicht in gleichem Sinne wirken können.

Die Sehnerven, welche in der Zeichnung etwas zu breit wieder-
gegeben worden sind, hatten eine Breite von 4 mm, waren also beträcht-
lich schmäler als ihr in der Schädelhöhle Hegender Theil, welcher eine
Breite von 5 und 6 mm hatte. Die
Orhita war nicht völlig bis zu
ihrem hinteren Ende geöffnet, und ausserdem dem jugendlichen Schädel
entsprechend verhältnissmässig klein. Ihre Länge vom
Foramsn opticum
bis zum Eintritt in den Btdbus beträgt nach ÄJwZe etwa 30mm, nach
der Abbildung von
Sömmering (De ocidorum sectione horizontali, Göt-
tingae 1818)
35 mm. Auf der dieser Tafel zu Grunde Hegenden Original-
pause mass man nur 28 mm.

Die Theile des BtdJms selbst, welche möglichst genau nach dem
Präparate abgezeichnet wurden, bedürfen keiner weiteren Erläuterung.
AuffaUend erscheint an demselben die symmetrische Gestalt, während
nach den Angaben von
Brücke eine nicht unbedeutende Asymmetrie
vorhanden ist, welche sich dadurch charakterisirt, dass die durch Iris,
Linse und
Oo "a serrata gelegten Aequatorialebenen nach der Nasen-
Seite zu convergiren. Davon war bei dem hier abgebildeten Präparate
nichts zu sehen. Der
Btdbus stellte vielmehr sammt Cornea auf dem
Durchschnitte in dem horizontalliegenden Meridiane nahezu einen Kreis
dar, bei welchem der Längsdurchmesser nur unmerkHch den Querdurch-
messer an Länge übertraf.

-ocr page 26-

12

Es ist aber nicht ausser Acht zu lassen, dass Präparate, wie das
vorliegende, in dieser Beziehung nicht maassgebende Bestimmungen
liefern können. Da mit einem starken Injektionsdrucke die Gefässe
gefüllt wurden und aus den Capillaren dabei Flüssigkeit in grösserer
Menge ausgetrieben werden piusste, so füllte sich der
Bulbus in gleicher
Weise, wie. wenn man durch den
N. opticus in das Innere des Auges
Flüssigkeiten gewaltsam eintreibt, und nahm in Folge des starken intrao-
culären Druckes Kugelform an.

Hierzu ist ferner zu bemerken, dass das Gefrieren gerade bei dem
Auge nicht der zweckmässigste Erhärtungsmodus zu sein scheint. Es
werden hierbei Einflüsse zur Geltung gebracht, welche bei dem wasser-
reichen Inhalt des
Bulbits nicht unwesentliche Volumsänderungen be-
dingen können. Gleichwohl konnte ich nicht anders verfahren. Es
kam ja hier nicht so sehr darauf an, die Formen und Lage der ein-
zelnen Theile im
Bulbtis festzustellen, als vielmehr das Verhältniss des
Auges zur
Orbita und den übrigen Theilen des Schädels im Durch-
schnitte wiederzugeben.

Vor dem Bulbtis erkennt man den schwarzen Spalt, welcher die
Ausdehnung und Faltung des Conjunctivalsackes naturgetreu wiedergibt.
Dahinter liegen die Ansätze der beiden
M. recti, externus und internus,
die ziemlich weit vorn am Bxdhus, jenseits der Drehungsachse, sich inse-
riren; Verhältnisse, die in der Sömmering\\^<Ay\'m. Abbildung nicht richtig
wiedergegeben sind. Es ist auch ersichtlich, dass der innere der Augen-
muskeln noch weiter vorwärts sich ansetzt, als der äussere oder laterale.

In der inneren Ecke, am Thränenbeine, liegt der weiss gehaltene
Durchschnitt des Thränensackes. Im äusseren Winkel, zwischen Muskel
und Knochen ein kleiner Abschnitt der Thränendrüse. Beides ohne
besondere Bezeichnung, um nicht durch zuviel eingetragene Linien die
Zeichnung zu schädigen.

Die Verhältnisse der Tenon^chen Kapsel konnten bei der Klein-
heit der Abbildungen nicht berücksichtigt werden. Es hätte durch die
Menge der eingetragenen Linien die Klarheit des Gesammtbildes leiden
müssen. Zudem sind auch die Verhältnisse dieser Membran noch nicht
endgültig festgestellt. Es lässt sich zwar nachweisen, dass diese Membran
in Zusammenhang steht mit der
Membrana tarsea und eine Pfanne
bildet, sammt den dahinter liegenden Fettmassen, in der sich der
Btdhus,
durcb die darauf lastende äussere Luft angedrückt, bewegt wie der
Schenkelkopf in seiner Pfanne, wobei die Flüssigkeiten in den Lymph-
räumen die Rolle der
Synovia spielen. Es ist aber noch nicht festgestellt,
wie die Te7^o^^^sche Kapsel sieh fortsetzt an den Stellen, wo die Sehnen
der Augenmuskeln durch sie hindurch hintreten, ebensowenig wie die
Bindegewebshüllen der Augenmuskeln damit in Verbindung stehen.
Namentlich würde eine solche Darstellung ausser Anderem auch für
die Frage der Ausbreitung der Blutergüsse in der
Orhita von prak-
tischer Wichtigkeit sein.

In dem zehnten Bande des Archivs für Anthropologie hat Heff\'tler
die topographischen Beziehungen der Hirnoberfläche zum Schädel in !
einer Reihe von Abbildungen wiedergegeben, aus denen sich erkennen
lässt, welche Theile der Hirnoberfläche getroffen werden müssen, wenn
die Hirnschale von Verletzungen durchbrochen wird.

Es würde zu weit führen, alle die Resultate aufzuzählen, welche
die
HefftlerQche Untersuchung ergeben hat; nur einiges möge hier er-
wähnt sein, was aus der i/e^i^/er\'schen Arbeit und meinen Unter-
suchungen über den gleichen Gegenstand resultirt. Die Theilungs-
stelle der Sylvischen Grube im aufsteigenden und horizontalen Schenkel
und damit die Insel wird getroffen, wenn das
Pterium durchbrochen
wird, etwa 4 cm über der Mitte des Jochbogens. Unter dem
Pterium
ist die Vereinigung des grossen Keilbeinflügels mit der Schuppennaht
zu v^erstehen. Der horizontale Schenkel der Syhdschen Grube läuft <
nur anfangs hinter der
Sutiira squamosa, weiterhin liegt er etwas höher.

Der Stdctis centralis Rolando läuft hinter der Stdura coronaria
nach abwärts und wird durch eine Linie geschnitten, die man in fron-
taler Ebene über den Scheitel hinweg von einem Ohre zum anderen
zieht. Damit ist auch ungefähr die Lage der
Gyri centrales gegeben.
Das
Ttd^er piirietcde liegt über dem Gyrus supra marginalis.

Fig. 1 ist eine Abbildung, die schon früher angefertigt und erst
nach dem Erscheinen der
Hefftler\'Bok&tx Untersuchungen mit Benutzung
derselben vervollständigt wurde.

Die Ansicht von vorn her, welche die Stirnlappen auf das Stirn-
bein projicirt darstellt, wurde gleichfalls von mir neu hergestellt.

Fig. 1.

Fig. 2 stellt die Lage der Theile hinter dem P\\ontale dar. In
der Darstellung von
Hefftler ist die Lage des Gyrus rectus im Orbi-
taltheile zu tief angegeben.

Fig. 3.

Eine Verletzung, die in Pars nasalis des Stirnbeines eindringt,
1 cm über dem oberen Rand der Nasenknochen, eröffnet nicht die
Schädelhöhle, sondern gelangt in die Zellen des Siebbeins. Das
Tuher
frontcde
bestimmt die Lage der 1. und 2. Stirnwindung.

-ocr page 27-

Tab. K.

(iPt

nerv. auriculariB anterior
"\'\'M-.
r, .

WBraixae praep.
S u
Hlpi Ye i t & C Olli]). Lip siae.

. Seriiiuedel aä ls®id.(ie-iii.

i^.A.Jriinke, ixnij.I::-

-ocr page 28-
-ocr page 29-

TAFEL IV.

Der auf der vorliegenden Tafel abgezeichnete Durchschnitt ist nicht
ein reiner Transversalschnitt, sondern ein Schrägschnitt. Er verlief, um
die Verhältnisse des Gehörorgans möglichst gut zur Ansicht zu bringen,
in schräger Eichtung nach hinten und oben. Er begann hart unter der
Nase und traf auf seinem Wege nach der äusseren Ohröifnung die
unteren Muscheln, den obersten Theil des Schlundkopfes, die rechte
Tuba Eustachii, die Paukejihöhle und den äusseren Gehörgang, schnitt
die Brücke und die obere Hälfte des Kleinhirns und trat oberhalb der
Prohiherantia ocxiintalis externa durch die hinteren Lappen des Gross-
hirns aus. Der Kopf war von dem frischen Cadaver eines jungen
Mannes genommen, der sich erhängt hatte, und zeigte keine Abnormi-
täten. Dass der Schnitt in der hinteren Hälfte links höher verlief als
rechts, so dass er nahe an der Decke der linken Paukenhöhle durch-
aiich den Einblick des Arztes bei der Untersuchung erschwert. Man
muss die Ohrmuschel nach rückwärts und aufwärts ziehen, um eine
Streckung des Ganges, so weit dies möglich ist, zu erzielen. Die Krüm-
mung ist auf dem Präparat nicht sehr gross gewesen, sie variirt indivi-
duell, wie die tägliche Beobachtung zeigt, ziemlich bedeutend. Sie wird
aber auch beträchtlich vergrössert bei Schnitten an weichen Präparaten
durch die Retraktion der Weichtheile.

Man vergleiche hierbei die Schnitte von Pirogoff (a. a. 0. fasc.
I. Tab. VL),
sowie die Abbildungen in den gebräuchlichen Hand-
büchern der Anatomie.

Man kann den äusseren Gehörgang in einen knöchernen, häiitigen
und knorpligen Theil zerlegen, wenn man die fibröse Masse, die
Henle
als Ligamentum annulave meati auditorii externi beschrieben hat, die

ging, während er sich rechts dem Boden derselben näherte, hatte seinen
Grund zum Theil mit ni der Sägeführung.

Das rechte Gehörorgan wurde so glücklich getroffen, dass nicht
nur der äussere Ge.hörgang mit der Paukenhöhle, sondern auch der An-
fangstheil des Eustachischen Kanals in die Schnittfläche fiel. Da das
Hauptsächliche oberhalb des Schnittes lag, so wurde, abweichend von
dem in den übrigen Abbildungen herrschenden Prinzipe, die obere
Schnitthälfte abgezeichnet, so dass man von unten nach oben in
den Schädel hinein sieht; daher denn auch die vom Beschauer
rechts liegenden Theile der linken Körperhälfte angehören, und umge-
dreht. Bei der Besprechung der einzelnen Organe werden daher das
linke Ohr, die linke Nasenhöhle u. s. w. auf der rechten Seite der
Abbildung aufgesucht werden müssen.

Bei der Betrachtung des rechten Gehörorganes sieht man die obere
Hälfte des
Meatus auditoritis externus. Der Gang ist spiralig gewunden,
was auf dem Schnitt nicht deutlich hervortritt. Man sieht aber die
Krümmung in der Horizontalebene nach vorn, so dass ein nach vorn
offener Winkel gebildet wird, der den Eingang für fremde Körper aber

W. Brauue, Atlas. 3. Aufl.

die Beweglichkeit des knorpligen gegen den knöchernen Theil vermittelt,
als besondere Abtheilung auffassen will.

Der Knorpel des äusseren Ganges bildet eine Fortsetzung des
Ohrknorpels, ist aber keine geschlossene Knorpelröhre, sondern eine
Rinne, welche die untere Wand des Ganges bildet und durch 2 Spalten,
Lncisurae Santorinianae durchbrochen wird, daher auf der Abbildiuig
scheinbar isolirte Knorpelstücke in der vorderen Wand liegen.

Der knöcherne Gang ist auf dem Durchschnitte oval, die grosse Axe
des Ovals steht im äusseren Theile senkrecht, im inneren Theile schräg.

Die engste Stelle des Kanals liegt im knöchernen An theile.

Das Trommelfell wurde in seiner unteren Hälfte zerschnitten,
daher die Gehörknöchelchenkette unversehrt erhalten.

Die Membran schneidet den Meatus externus schief, so dass sie
in der Richtung der oberen Wand verläuft, und somit die untere Wand
des
Meatus länger ist als die obere. Ausserdem ist die Fläche des
Trommelfells nach vorn gerichtet. Diese Lage ist zu beachten bei der
Extraktion fremder Körper, mag man die Curette oder einen Wasser-
strahl anwenden. Jedenfalls muss man von hinten und oben auf das

4

-ocr page 30-

Trommelfell übergehen; um nicht das Trommelfell unter einem spitzen
Winkel zu treffen.

Man sieht den Streifen des Hammerhandgriffes und die nablige
Einziehung der Mitte des Trommelfells, was nicht verhindert, dass die
Fläche nach dem Rande hin convex nach aussen vorgewölbt ist.

Die Gehörknöchelchen liessen sich nur sehr schwer wiedergeben; es
wurde daher in 3mal vergrössertem Maassstabe eine genaue Zeichnung
angefertigt, und dieselbe hinzugefügt (vergl. Fig. 2 unten).

In der Tiefe der Paukenhöhle sieht man von vorn nach hinten
einen knöchernen Wulst verlaufen der dem
Semicanalis mit M. tensor
tympani
und Canalis Fallopiae angehört; nach hinten zu vom Steig-
bügel sieht man im Knochen den Durchschnitt des letzteren Kanals
und darin den
Nervus facialis. Dieses starke Vorspringen des Kanals
an der Decke der Paukenhöhle ist ein charakteristisches Merkmal für
jugendliche Individuen, die sich überhaupt für die Untersuchung des
Gehörorganes besonders gut eignen.

Medianwärts vom Steigbügel liegt das geöffnete Vestihulum. Von
der Schnecke war auf dieser Seite nichts zu erkennen; sie lag ober-
halb des Schnittes.

Die Eröffnung der Zellen des Proc. mastoideits bei chronischer
Paukeneiterung durch den Perforativtrepan erfordert grosse Vorsicht,
um nicht den Sinus zu treffen. Man gelangt am sichersten in das
Antrum mastoidetim, wenn man die äussere Wand des knöchernen 3Iecdus
hoch oben, nahe am Eingange anbohrt.

Nach innen und vorn von der geöffneten Paukenhöhle liegt die
Arteria carotis interna, vor dem Uebergang zur ersten Krümmung ge-
troffen, daher auch quer geschnitten. Vor der
Carotis zeigt sich der
Eustachische Kanal; vorn flach beginnend, nach hinten zu in die
Tiefe gehend. Er verlief demnach noch steiler nach hinten zu auf-
wärts als die vom Naseneingange nach dem Ohrloche schräg angelegte
Schnittebene. Der Schnitt traf sein
Ostium pliaryngettm, legte seine
Höhlung eine Strecke weit frei, traf aber nicht mehr seinen knöchernen
Antheil. Daher ist von dem lateralen Tubenknorpel, dem
Rüdinger-
sehen Haken, nur ganz vorn ein Stückchen geschnitten, während der
grössere Medianknorpel eine längere Strecke weit frei liegt. Die laterale
Begrenzung des Kanals bildet daher auch zum grössten Theile nur
die drüsenreiche Schleimhaut, Bindegewebe und ein Theil des
Mus-
cuhis tensor veli palatini,
dessen Ansatz nach hinten zu bis zur Spina
angtdaris
des Keilbeins verfolgt werden konnte. Von dem M. levator
veli pakdini
war nichts zu sehen. Der Schnitt war oberhalb des-
selben durch den Tubenknorpel hindurchgegangen.

Dass der M. tensor veli palatini auch zugleich ein Dilatator tuhae
ist und beim Schlingen jedesmal den lateralen Knorpel abhebt und da-
durch den Kanal öffnet, ist von
Rüdinger angegeben worden. Man
kann beim Schlucken ein Geräusch wahrnehmen, welches durch den
Eintritt der Luft hervorgebracht wird. Die Art und Weise aber, wie die
Eröffnung erfolgt, ist noch nicht völlig klar; ein einfaches Abziehen
des lateralen Knorpelhakens durch den Muskel ist bei dessen Richtung
kaum anzunehmen Cvergl.
Rüdinger, Atlas des menschlicJien Gehör-
organs, München 1867).

An der Medianseite der Tuba, die etwa 15 mm von der hinteren
Wand des Schlundkopfes nach vorn zu vorspringt, erkennt man deut-
lich die nach innen zu vorspringende Lippe, den Tubenwulst, und
hinter derselben die
Rosenmüller\'\'^ch.e Grube (Recessus infundibuli-
formis, Tourtual).
Die an Drüsen reiche Schleimhaut des Schlund-
kopfes hängt continuirlich mit der Schleimhaut der
Tuba sowie der
Nasenhöhle zusammen, und zeigt vor dem Hinterhauptsbeine oft zahl-
reiche blinde Aussackungen und Vertiefungen, die auf der Zeichnung
nur angedeutet werden konnten. Die Schleimhaut wurde beim Ueber-
gange zur Decke des Schlundkopfes getroffen, oberhalb der
Mtisctdi
recti capitis antici.

Aus der Lage der Tid)a zu dem Proc. pterygoicleus und der
unteren Muschel ist ersichtlich, dass Anschwellungen der Schleimhaut
daselbst den Eingang zur
Ttiha leicht verlegen können. Schleimhaut-
anschwellungen wie sie beim Schnupfen vorkommen können, auch Nasen-
polypen sind daher im Stande Schwerhörigkeit hervorzurufen.

14

Von dem linken Gehörorgan ist bei dem vorliegenden Durch-
schnitte nicht viel zu sagen, da die Säge hier beträchtlich höher durch-
ging als auf der anderen Seite. Die Paukenhöhle ist nahe ihrer Decke
freigelegt und nach vorn zu ihr Zusammenhang mit dem hinteren
Theile des Eustachischen Kanals ersichtlich, an dessen medialer Seite
eine eingebrachte Sonde den
Semicanalis des Muscuhcs tensor tympani
markirt. Weiter nach vorn zu liegt der oberhalb des Kanals durch-
schnittene Knorpel.

Dagegen erkennt man in dem freigelegten linken Meatus audi-
tor ius internus
sehr gut den Nervus acusticm, dessen nach der
Schnecke zu gehender Theil,
Nenms cochleae, abgeschnitten ist. Die
durchschnittene Schnecke, die Richtung ihrer Basis zum
Meatus, sowie
das freigelegte
Vestihulum sind deutlich zu sehen.

lieber das Gehirn ist wenig hinzuzufügen. Man erkennt die
durchschnittene Brücke mit den durchtretenden Pyramidenfasern. Vom
4. Ventrikel ist der vordere, zum
Aqtiaeductus Sylvii führende Theil
getroffen, dahinter ein Stück des unteren Wurms.

Da der Schnitt oberhalb des Foramen jugulare durch den Schädel
ging, so kamen auch die
Vena jugularis interna so wenig als die
Nervenfasern des
Glossopharyngeus, Vagus, Accessorius, Hypoglossus
zu Gesicht. Dagegen erkennt man am vorderen Rande der Brücke die
durchschnittenen Bündel des
N. ahd^icens. Von Nervtis qtdntus wurde
beiderseits der 3. Ast nahe unter dem
Foramen ovale getroffen. Von
seinen weiteren Verzweigungen zeigt sich der
Ramtis massetericus und
auriculo-temp oralis.

Die Zweige des 2. Astes des Quintus, welche in den Schnitt fielen,
sind der
Nervus palatinus unterhalb des For amen spheno-palatinum
und der Ramus dentalis am Tuber maxillae.

Die aus Bindegewebe und Endothelauskleidung gebildeten Sinus
sind der Deutlichkeit halber mit doppelten Linien versehen, so dass es
gedeutet werden könnte, als ob eine völlig ausgebildete Vene in der
Dtiraduplilcatur läge, was nicht der Fall ist.

Anders die Carotiden, welche Arterien darstellen, die mit ausge-
bildeten Wandungen in den Knochenkanälen stecken, so dass sie, in
ihren Bewegungen gehindert, wie gefesselt liegen. Die grossen Arterien
müssten starke Störungen im Hirn hervorbringen, wenn sie direct in
das zarte Hirngewebe eindrängen.

i\'h}) < ,

Die beigefügte Abbildung gibt ein Schema des Gehörorgans. Man
sieht in frontalem Schnitte den Gehörgang in seinem knorpligen, häu-
tigen und knöchernen Antheile. Die Lage des Trommelfelles, das den
Gang schief abschneidet mit etwas nach vorn gewendeter Fläche, ist
zur Hälfte zu sehen. Darin eingefügt liegt der Handgriff des Hammers
mit dem kurzen Fortsatze. Die Gehörknöchelchenkette und das knöcherne
Labyrinth sind voll gezeichnet. Die Paukenhöhle und che
Ttiba Fustachii
sind in Umrissen angegeben; Carotis und Pucialis an der Austritts-
stelle des
Foramen stilomastoideum sind angedeutet.

-ocr page 31-

Fig.n,

praep.

.Vfit & Coin]). Lipsiae;

G ^\'chmiedel ad.nat.in ia.pid.deiin.

-ocr page 32-

■ •J

■ : ■

A

.. : • \'

vv j\'P\' ■

-- \' - . tv --ft

g-i , ■ y .ik

JSpSÈâ..-

. (t

-f-i.^

V

-ocr page 33-

TAFEL V.

Die vorliegende Tafel, sowie die folgenden, No. VI., VIL, VIII.,
enthalten Abbildungen, welche die Durchschnitte eines und desselben Ca-
davers wiedergeben. Die Halsgegend wurde in 5 Scheiben zerlegt, von
denen die obere Seite abgebildet und analysirt worden ist, so dass man
von oben nach unten in den Körper hineinsieht und zur rechten Seite
der Abbildung auch die rechte Seite des Präparates hat. Durch dieses
Zerlegen in Scheiben war allerdings die Deutung der einzelnen Umrisse
bedeutend schwerer geworden, als wenn man an verschiedenen Cadavern
die Schnitte gemacht hätte. Bei sehr dünnen Scheiben namentlich
Hess sich die Nackenmuskulatur schwer verfolgen und bestimmen. Da-
gegen gewährte dieses Verfahren den grossen Vortheil, dass die untere
Fläche jeder Scheibe stets auf die obere der nächst folgenden passte,
und dass auch die einzelnen Organe, wie Schilddrüse und Kehlkopf,
welche ziemlich grosse individuelle Verschiedenheiten in Bezug auf
Grösse und Lage zeigen, in entsprechende und auf einander passende
Querschnitte zerlegt werden konnten.

Der Cadaver war ganz frisch, zeigte keinerlei Abnormitäten, hatte
vielmehr gute Proportionen und eine stark entwickelte Muskulatur. Der
Mann stand im Alter von 25 Jahren, als er sich durch Ertränken
selbst den Tod gab. Nachdem die Arterien injicirt worden waren, ward
der Rumpf, von dem nur die unteren Extremitäten abgenommen wurden,
in möglichst horizontaler Lage mit glatt an die Seiten gelegten Armen,
in den Eiskasten gebracht, und 3 Tage und Nächte lang einer Tempe-
ratur von —18" R. ausgesetzt. Darauf wurden die Scheiben mit einer
feinen Blattsäge geschnitten und so lange im hartgefrornen Zustande
erhalten, bis die Auszeichnung vollendet war. Die Ausführung ward
in gleicher Weise durchgeführt, wie oben beschrieben worden ist.

Da das Individuum in Folge der kräftigen Muskulatur einen sehr
hohen Stand der Schultern hatte, so war dem entsprechend der Hals
verhältnissmässig kurz. Man wird sich daher nicht wundern, dass die
Durchschnitte bei gleicher Wirbelhöhe ganz andere Bilder in Beziehung
auf die Schultergegend zeigen, als die Abbildungen von
Pirogoff, fasc.
I, Tab. 11,
denen weniger kräftige Individuen zu Grunde lagen,

Figur 1 entspricht ungefähr den Abbildungen von Pirogoff, fasc.
I, Tab. 9. Fig. 1;
und Renke Tafel 70, Fig. 2. Der Schnitt ging durch
den Mund, verhef etwas oberhalb der Kaufläche der Zähne, traf den
weichen Gaumen und weiter nach rückwärts den
Processus odontoidexis
des zweiten, sowie die Seitenmassen des ersten Halswirbels; trennte
ferner am hinteren Rande des
Foramen magnum noch dünne Platten
vom Schädel und Kleinhirn ab. Man sieht bei Vergleichung mit Tafel I,
dass der Schnitt ein wenig schräg nach hinten und oben verlief, was
dadurch zu Stande kam, dass der Kopf durch die Lagerung des Rumpfes
etwas nach hinten übergebeugt war. Man ward demnach diese Verhältnisse ,
bei Uebertragung auf den Lebenden zu berücksichtigen haben. Bei ge-
wöhnlicher aufrechter Haltung führt eine durch die Kaufläche gelegte Hori-
zontalebene durch den 2. Halswirbel und trifft gar nichts vom Schädel.

Nach Reinigung des Präparates, wobei auch die abgesägten Kronen
der oberen Zahnreihe mit entfernt wurden, zeigte sich, dass von dem
Zungenrücken ein flaches Segment entfernt worden war. Die Zungen-
spitze war vorn hinter den Zähnen liegen gebheben. Nach hinten war
der Schnitt 3 Centimeter vor dem
Foramen coecum ausgetreten. Die Pa-
pillen, welche an der hinteren Schnittfläche zu sehen sind, gehören dem-
nach dem mittleren Theile der Zunge an. In der Mittelhnie verläuft
von vorn nach hinten in Form eines Streifens das
Septum linguae,
von dem nach beiden Seiten hin die Faserzüge des queren Zungen-
muskels gehen; in dem hinteren Drittel präsentiren sich die Fasern des
oberen Längsmuskels. Der Schnitt veriief zu nahe am Zungenrücken,
um die
Arteriae linguales in ihren Hauptästen zu treflen. Schneidet
man etwas tiefer
so kann man sehr schön, wie beifolgende Abbildung
zeigt, die Lage der Zungenarterien zur
Anschauung bringen. Sie liegen
beide ziemlich weit von der
Mittellinie entfernt und zeigen keine stärkeren

Anastomosen zwischen ihren Aesten, so dass eine Exstirpation der einen
Zungenhälfte möglich erscheint ohne nennenswerthe Blutung. Die Unter-
bindung der
Arteriae linguales im Trigonum stdmiaxillare macht zwar
keine Schwierigkeiten mehr, seitdem
Pirogoff und Guerin gezeigt haben,
dass man den Hauptstamm der Arterie sicher findet, wenn man zwischen
dem iV.
iiypoglosstis und der Sehne des 31. digastricus, ohne letzteren aus
seiner Zungenbeinverbindung zu lösen, den
M. hyoglossus breit einschneidet.
Immerhin wird man es vorziehen müssen nur auf einer Seite die
Lin-
gxialis
zu unterbinden, anstatt beide Arterien zu schliessen, w^enn es sich
darum handelt einen Tumor zu entfernen, der nicht die ganze Breite der
Zunge eingenommen hat. Nach den Angaben von
W. Krause (Prager
Vierteljahrsschrift 1870, I., 97)
finden weder zwischen den Aesten beider
Seiten noch zwischen den Endästen beider
Aa. linguales in der Zuna\'en-
spitze Verbindungen statt. Nur über dem oberen Ausatze des
P\'renulum
bilden feine Aeste eine bogenförmige Anastomose. Dass die Itami hyoidei
und die Siddinguales anastomosiren ist leicht nachzuweisen, ebenso zeigte
Hyrtl die Anastomose der A. dorsalis linguae; doch sind alle diese
Anastomosen derart gering, dass keine nennenswerthe, schwer zu bän-
digende Blutung aus der
Lingualis selbst eintreten wird, in Folge einer
rückläufigen Bewegung des Blutes in diesen Aesten, wenn in dem Ge-
biete der einen
Lingualis operirt wird.

Nachstehende Figur zeigt die Lage der Zungenarterien zur Mittellinie.

Das Bild wurde nach einem frischen Präparate mit sehr gut ge-
lungener Injektion der Zungenarterien angefertigt. Es soll die beträcht-
liche Entfernung der Arterienstämme von der Mittellinie demonstriren,
um deutUch zu machen, wie gross das Operationsfeld ist, welches durch
Unterbindung oder auch durch Umstechung der einen Arterie in der
Zunge selbst blutleer gemacht ist. Die beträchtliche Entfernung der
Arterien von der Mittellinie ist für die Umstechung günstig* man wird viel
sicherer nach der Mittelluiie vordringen können bei der Kleinheit der
dort liegenden Arterienzweige, als wenn die Hauptstämme nahe an dem
Septum verliefen.

-ocr page 34-

Bei dem Präparat war keine Anastomose der Raninae walirzu-
nehmen, jedoch ist ein einzelnes Präparat nicht entscheidend. Ferner
wurde die Zeichnung so gehalten, als ob die Zunge durchsichtig wäre,
was nicht so recht in der Darstellung gelungen ist. Die Arterien liegen
der unteren Zungenfläche in Wirklichkeit viel näher als dem Zungenrücken.

In die Furche, welche auf dem Zungenrücken nach abwärts in die
Tiefe führt, lagerte sich das Zäpfchen ein, welches in seiner ganzen
Länge erhalten blieb, da der Schnitt oberhalb seiner Wurzel den weichen
Gaumen etwa 1 Centimeter über der Stelle traf, wo sich
Arcus glosso-
palatinus
und Arcus pliaryngopalafAnus mit einander vereinigen. Von
den Mandeln ist nur der oberste Theil getroffen worden. Vor ihnen und
hinter der starken Drüsenschichte der Gaumenschleimhaut liegt ein quer
herüber gehender Muskelstreifen, der dem oberen Rande der im
Arctis
glossopalatinus
eingebetteten Muskelmasse (M. glossopalatinus) . ^oy^ie
dem M. azygos timdae angehört. Hinter den Mandeln hing damit eine
Parthie zusammen, welche als
Musculus palatopharyngeus dem gleich-
namigen Schleimhautbogen angehört. Von einer genauen Trennung der
Muskeln konnte natürlich nicht die Rede sein, jedoch schien es, als
ob die quergeschnittenen Fasern hinter den Mandeln, namentlich hinter
der linken, dem
M. levator palati mollis angehörten. Dagegen zeigte
sich sehr gut der Theil des
M. constrictor jjharyngis superior, welcher
durch das
Lig. pterygomandihulare mit dem Muscidus huccinator zu-
sammenhängt, und demgemäss als
M. buccopharyngeus bezeichnet wird.
Innerhalb dieser Muskelzüge befindet sich die nach abwärts enger wer-
dende Lichtung des Schlundkopfs, Man ist gewohnt, sich diesen
Raum grösser vorzustellen, weil man ihn am Lebenden im schrägen
Durchschnitt, der durch die hinteren Gaumenbogen gebildet wird, be-
trachtet, und weil bei den Sagittalschnitten, an weichen Präparaten ge-
fertigt, der Abstand des Zäpfchens von der hinteren Schlund wand
meistens viel zu gross abgebildet wird. Man wird deshalb bei der
Staphylorraphie durch die Engigkeit der Lokalität oft sehr unangenehm
überrascht, und muss enttäuscht viele kunstreiche Nähapparate wegen
Mangel an Spielraum wieder bei Seite legen.

Hinter der Muskulatur des Schlundes, durch lockeres Bindegewebe
davon getrennt, welches sich auf der Abbildung nur durch eine weisse
Linie wiedergeben liess, liegen die Muskeln
Longus colli, Rectus capitis
anticus major,
und weiter nach aussen an den Frocesstts transversi des
Atlas die sehnigen Ansätze der Recti capitis laterales.

Von besonderer Wichtigkeit für die Operationen an Mandeln und
Schlundkopf erscheint die Lage der
Arteria carotis interna. Man
sieht, dass dieses grosse arterielle Gefäss in grosser Nähe der Schhmd-
kopfmuskulatur liegt, ebenso wie man am Lebenden leicht die Pulsation
dieser Arterie vom Schlund aus fühlen kann. Man wird daher nur
mit besonderer Vorsicht tiefere Incisionen dieser Stelle vornehmen.

Die Lage der Arterie zu den Tonsillen dagegen erlaubt schon
grössere Freiheit bei der Exstirpation derselben, und es haben auch
die zahlreichen Operationen daselbst gezeigt, dass die Besorgniss
Hyrtls
(top. Anatomie I, 380)
in dieser Beziehung übertrieben ist. Jedoch
ist namentlich bei dem gewaltsamen Hervorziehen der Drüsen aus ihrer
Nische stets die Nähe der
Carotis im Auge zu behalten, und bei der
Gutartigkeit der meisten Tonsilargeschwülste gar nicht darauf hinzuar-
beiten, möglichst tief und möglichst vollständig den
Ttimor zu entfernen,
sondern es leistet vollständig Genüge, wenn nur die Hauptmasse der Ge-
schwulst entfernt worden ist. Da die meisten der hier gebräuchlichen
Instrumente nur eine Abtragung, keine Ausrottung der Tonsillen erlauben,
so liegt schon darin eine Art Garantie gegen die Verletzung der
Carotis.

Die Lage des Nervus mandibularis ziun ünterk;c;ibr und die ;
des
Nervus lingualis. zwischen Kiefer und Mundhöhle, ist auf der
Abbildung gut ersichtlich, Ueber letzteren ist hierbei zu bemerken,
uass Verletzungen desselben bei rohen Zahnextractionen durch das Aus-
gleiten des scharfen Hakens bereits mehrfach beobachtet worden sind.
Die Aufsuchung und Zerschneidung von der Mundhöhle aus bei Neu-
ralgie, wie sie
Roser empfohlen hat, ist gut ausführbar, aber auch selbst
ohne Durchtrennung der Wränge. Man kann nach Extraction des letzten
oberen Backzahns den Nerven mit Sicherheit auf dem Aste des Unter-
kiefers mit einem Messer zerschneiden, ohne dass man nöthig hat, ihn
erst durch Präparation frei zu legen.

Das Gelenk zwischen Epistropheus und Atlas ist so getroffen
worden, dass die Säge unter dem vorderen Bogen des
Atlas eintrat,
den Zahnfortsatz und die Seitenmassen des
Atlas schnitt und in schräger
Richtung nach hinten zu aufsteigend, über dem hinteren Bogen des
Atlas das Hinterhauptsbein traf. Dem entsprechend macht sich hinter
dem Zahnfin-tsatz das starke quer herüberziehende
Ligamentum trans-
versum Atlantis
geltend, vom Knochen durch einen Schleimbeutel ge-
trennt, und hinter diesem, nach dem Spinalkanale zu, die breite Band-
masse des
Apparatus ligamsntosus (Lig. epistr. lat.), welches am Körper
des
Epistropheus endigt, zum Theil aber auch in das hintere Längs-
band übergeht. Den von
Luschka erwähnten Schleimbeutel zwischen
beiden Bändern habe ich an dem vorliegenden Präparate nicht auf-
finden können.

Leider sind in der Zeichnung die beiden Bänder nicht deutlich
genug von einander abgegrenzt worden, namentlich sind die Seiten-
partien des
Lig. latiim etwas zu streifig wiedergegeben.

An der Vorderseite des Zahnfortsatzes liegt die ausfüllende Band-
masse zwischen Körper des
Epistropheus und vorderem Bogen des Atlas,
Ligamentum epistrophico-atlant. ant. prof. (Barkoiv).
Da dieses Band
ein Stück unterhalb des vorderen Bogens des
Atlas getroffen wurde
und die vordere Gelenkhöhle nach oberhalb des Schnittes liegt, so er-
scheint auch dieselbe fest mit dem Knochen verwachsen.

Man sieht aus der Breite der Bandmasse, dass die Lage des
Zahnfortsatzes eine gesicherte ist selbst gegen gewaltige Einwirkungen,
und dass die grossen Seitenmassen des
Atlas den starken Bändern ge-
nügende Ansatzpunkte gewähren. Bedeutend lockerer ist dagegen die
Bindegewebsmasse, welche den Raum zwischen hinterem Bogen des
Atlas
und Hinterhauptsbeine verschliesst, und welche hier, weil unter sehr
spitzem Winkel getroffen, einen so grossen Platz einnimmt,
Lig. obtxira-
torkim post, atlanto-occipitale.
Unmittelbar darunter liess sich der hintere
Bogen des
Atlas durchfühlen. Diese Stelle ist es auch, wo die Arteria
vertebralis
durchdringt, um dann weiter nach innen auch die Dura
mater
zu durchbrechen und an die Seite der Medtdla oblongata zu ge-
langen. Die Arterie ist dreimal getrofien worden, entsprechend ihren
Krümmungen. Der erste Durchschnitt liegt im Seitenkanale des
Atlas
da, wo die Arterie noch senkrecht aufsteigt; das 2. Mal wurde sie da
getroffen, wo sie nach ausgeführter Krümmung nach hinten unter einer
flachen Bogenbildung quer nach der Mitte zu umbiegt. Durch diese
Krümmungen, die den Windungen eines locker niedergelegten Taues
gleichen, werden die Bewegungen der 2 oberen Halswirbel einen freien
Spielraum erhalten, ohne Zerrungen und Dehnungen der Arterie zu
veranlassen. >

Vom Schädelabschnitte und den dünnen Platten des Klein-
hirns ist nichts Besonderes zu bemerken. Da der Schädel ganz flach
getroffen wurde, so treten auch die Hervorragungen in grösserer Aus-
dehnung hervor und geben demselben, ohne dass Abnormitäten vor-
handen waren, eine so bizarre Form.

Die Muskeln, Arterien und Nerven dieser Gegend sind nach den
Bezeichnungen leicht zu erkennen, und bieten nichts, was besonders be-
merkensWerth wäre. Nur ist die
Arteria occiptitalis zu erwähnen,
von der rechts der Verlauf in ziemlicher Länge zu sehen ist. Die
Arterie geht vom hinteren Umfange der
Carotis externa aus, geht an-
fangs steil in die Höhe, kreuzt sich mit der
V. jugularis interna, um
an die innere Seite des hinteren Bauches des
M. digastric/us zu ge-
langen, und läuft von da horizontal nach hinten in die obere seitliche
Nackenregion, bedeckt von
Trachelomastoideus und Splenius. Am medialen
Rande des
Splenius angekommen, durchbohrt sie den oberen Ansatz des
Cticvdlaris und verläuft nun ganz oberflächlich am Schädel, Auf der
linken Seite war von der Arterie nur wenig zu sehen. Zwischen
Splenitis
und Hinterhauptsbein kam ein Muskelast zum Vorschein, der in der
Tiefe auf den horizontal verlaufenden Hauptstamm führte.

Nervus glossopharyngeus, vagus, accessorius, hypoglossus sind an
der Bezeichnung zu erkennen.

Von chirurgischem Interesse ist besonders die Glandula parotis,
eingehüllt in eine straffe Fascienschicht, welche sie nach allen Seiten
hin umgibt, und in das Innere der Drüsensubstanz eine Menge von
Scheidewänden entsendet, die auf dem Schnitt das gelappte Aussehen
der Drüse bedingen. Da die Fascie die ganze Nische, in w^elcher die
Parotis eingebettet liegt, austapeziert, so ist dadurch nicht nur eine Ab-
grenzung gegen die
Ve7ia jugtdaris ifiterna gegeben, welche vorzugs-
weise bei den Exstirpationen der Drüsentumoren zu berücksichtigen
ist, sondern es finden auch dadurch die Nervenbündel des
Vagus, Acces-
sorius
und Hypoglossus einen Schutz, welche sich in unmittelbarer Nähe
der grossen Vene beflnden. Besonders stark ist der Theil der Fascie
entwickelt, welcher die Aussenfläche der
Parotis überzieht. Seines Zu-
sammenhanges wegen mit der Fascie des
Masseter heisst dieser Theil
Fascia masseterico-parotidea. Er ist es vorzugsweise, der die An-
schwellung der Drüse bei Entzündungen nach aussen hin beschränkt
und die Geschwulst gegen die Nerven und Gefässe presst. Da die
Parotis von dem Endstück der A. carotis externa und der Vena facialis
posterior
durchbohrt wird, so ist auch eine Exstirpation derselben ohne
gleichzeitige Verletzung dieser Gefässe nicht ausführbar, es müsste denn,
wie auf der rechten Seite des vorliegenden Präparates, die
Carotis so

-ocr page 35-

peripherisch gelagert sein, dass sie sich aas der Driisenmasse heraiis-
graben lässt. Bei den vielfachen Anastomosen der Arterien am Schädel
wird wenig darauf ankommen, die
Carotis externa zu erhalten; jeden-
falls wird es besser sein, die Aufmerksamkeit bei einer vollständigen
Exstirpation vorzugsw^eise auf die Erhaltung der
Vena jiujnlaris interna
zu richten.

Figur 2 bildet die obere Fläche einer 2 Centimeter starken Scheibe
ab, welche mit der unteren Fläche auf Tafel VI passt. Der Schnitt,
welchen die Abbildmig wiedergibt, ging durch die
Incisura thyreoidea
siqj. horizontal nach hinten und traf den 5. Halswirbel hart an seinem
unteren Rande. Da der Schnitt unmittelbar unter dem Kinn und Unter-
kiefer nach hinten verlief, so musste er den Hals an seinem soge-
nannten cylindrischen Theile treffen. Man sieht aber, dass bei gut ent-
wickelter Muskulatur selbst in dieser Höhe die natürliche Form des
Halses keine eigentlich cylindrische ist, da der
Durchschnitt keinem
Kreise entspricht, sondern einem Fünfeck ähnelt. Unmittelbar unter
diesem Durchschnitt beginnt die seitliche Ausbreitung des
M. cucidlans,
durch den die Durchschnittsfläche weiter unten beträchthch vergrössert wird.

Entsprechend der Krümmung der Hals Wirbelsäule nach vorn, liegt
der Durchschnitt des 5. Halswirbels weit von der Nackenseite entfernt.
Ebenso wie bei der folgenden Abbildung liegt der Wirbelkörper in der
vorderen Hälfte der Figur. Von dem Wirbel ist gerade die Stelle
getroffen, wo der Bogen sich rechts mit dem Körper verbindet, so dass
man die Lichtung des knöchernen Spinalkanales im Durchschnitte sieht.
Auf der linken Seite erkennt man den obersten Theil des
Frocessus
artimdaris
des 6. Halswirbels, und kann an dieser Stelle den Verlauf
des 6. Halsnerven eine Strecke weit nach aussen hinter der
Arteria
vertehralis
verfolgen. Die Nervendurchschnitte, welche in die Gabel des
Processus transversus hineingelagert erscheinen, gehören dem 5. Hals-
nerven an.

Der Kehlkopf ist so getroffen worden, dass man sowohl Taschen-
bänder wie Stimmbänder mit dem dazwischen liegenden
Ventriculus
Morgagni
erkeimt. Die Schleimhaut, welche nach hinten zu sich aii
die durchschnittenen Giessbeckenknorpel anlegt, ist hier ziemlich drüsen-
reich. Von den Muskeln wurden der
Thyreo-arytaenoideus sup. und
der
Interarytaenoidetis an ihrem oberen Ende getroffen. Man erkennt
deutlich aus der Anlage der Muskeln die Zusammensetzung zu einem
Sphincter. Hinter dieser Muskelscliicht liegt der mächtige Drüsenwall
des
Pharynx.

Von besonderer Wichtigkeit ist die Arteria carotis communis,
welche gerade an der Stelle freiliegt, welche sich vorzugsweise für ihre
Unterbindung eignet. Es ist dies die Stelle, wo nach oben zu der
M. omohyoideus und sternocleidomastoideus von einander abw^eichen und
so den Weg zur Gefässscheide freilegen. So mangelhaft sich auch die
Fascienverhältnisse auf solchen Abbildungen wiedergeben lassen, so er-
kennt man doch deutlich, dass man sich bei der Aufsuchung der Arterie
an den vorderen Rand des
Sternocleidomastoideus zu halten hat, und
dass man nach Durchtrennung der hinteren Scheide dieses Muskels
sogleich in den Raum der grossen Gefässe und Nerven eingedrmigen
ist. Vor der Arterie sieht man den
Ramxis descendens n. hypoglossi
herablaufen. Lateralwärts von ihr und etwas nach hinten liegt die zu-
sammengefallene grosse Jugularvene, zwischen Vene und Arterie der
Vagus, hinter der Arterie der Sympathicus. Da innerhalb der Geftiss-
scheide noch Bindegew^ebsschichten die Arterie von der Vene und dem
Vagus trennen, so kommt Alles darauf an, nur die Loge der Arterie
zu eröffnen, die unmittelbar vor dem
M. scalenus anticus liegt. Ge-
schieht dies recht genau, so entgeht man nicht nur der Gefahr einer
Verletzung des
Vagus, sondern es wird auch die Vene ferngehalten,
welche nach Verletzung ihrer Scheide oft colossale Ausdehnungen er-
hält und dann das ganze Operationsfeld überlagert.

Das Bild zeigt ungefähr die Verhältnisse wie sie am Cadaver bei
der Einübung mit dem Kehlkopfspiegel gesehen werden. Sie w^eichen von
den Befunden am Lebenden beträchtlich ab. Beim ruhigen tiefen Athmen
weichen die Stimmbänder viel, w^eiter auseinander und gestatten einen
Einblick tief hinab in die
TracJiea bis zur Theilungsstelle. Beim Aus-
stossen hoher schriller Töne dagegen tritt alles in starke Spannung,
die Stimmbänder treten straff und hart a.neinander, so dass die
Glossis
nur wie ein feiner Strich erscheint.

W. Braune, Atlas. 3. Aufl.

-ocr page 36-

m

TAFEL VI.

Der hier abgebildete Durchschnitt wurde an demselben Cadaver
des jungen, kräftig gebauten, völlig normalen Mannes gemacht, von dem
die übrigen Halsdurchschnitte genommen wurden. Nach vorausgegan-
gener Injection der Arterien war der Leichnam zum vollständigen Durch-
frieren mittels künstlicher Kältemischung gebracht worden und blieb in
dem gleichen Härtungsgrade erhalten, bis die Zeichnung in der früher
schon erw^ähnten Weise vollendet war.

Der Schnitt verlief durch den Kehlkopf, sollte eigentlich die
Ebene der Stimmbänder einhalten, ging aber etwas imterhalb derselben
in horizontaler Richtung nach hinten und traf den 6, Halswärbel in
seiner unteren Hälfte,

Da der Cadaver einen vorzüglich gut gewölbten Thorax, und bei
der sehr kräftig entwickelten Muskulatur einen hohen Stand der Schul-
tern darbot, so erschien die Länge des Halses trotz der normalen An-
zahl von Wirbeln gering, entsprach somit in hohem Grade dem männ-
lichen Typus der Halsformation, Es findet sich weder bei diesem noch
bei dem höher oben angelegten Durchschnitte ein kreisförmiger Contur,
sondern es ähnelt derselbe mehr der Querschnittsfläche eines prismatischen
Körpers, Man erkennt leicht, dass diese Form vornehmlich durch die
starke Muskulatur bedingt wird; vorn besonders durch die
Musctdi
sternocleidomastoidei,
hinten durch die Cucidlares.

Da der nächst folgende Schnitt nicht durch den Kopf des Humertts,
sondern höher oben durch das Gelenk des Acromion und der Clavicida
ging, so traf er auch nicht die Schultern an der Stelle ihrer grössten
Breite, sondern löste eine Scheibe ab, die den Uebergang der Hals-
region zur Schulter bildet. Daher stellen die Seitenparthieen der vor-
liegenden Zeichnung auch nur den obersten Theil der Schulterwölbung
dar und finden erst durch die folgenden Abbildungen ihre Ergänzung,
Man kann die vorliegende Zeichnung aus dem Papiere ausschneiden
und auf die nächst folgende wie einen Deckel legen; man bekommt
dann eine bessere Ansicht des Rumpfes von oben, die weiter noch durch
Zusammenlegen mit Tafel VIII vervollständigt werden kann. Die ge-
ringe Incongruenz der Ränder, welche man dabei finden wird, rührt
von dem Substanzverlust durch das Sägen her.

Hat man weibliche Individuen oder schwach gebaute männliche
Cadaver vor sich, so zeigt auch die Scheibe, wenn sie, wie die hier vor-
liegende, ebenfalls nur die Stärke von 1 Centimeter erhält, eine total
andere Form; sie fällt bei dem tieferen Schulterstande noch in den so-
genannten cylindrischen Theil des Halses und bietet daher nicht die
seithchen Ausbreitungen zur Schultergegend dar. Aber auch die obere
Schnittfläche an sich zeigt dann eine andere Gestalt; sie nähert sich
mehr der Kreisform. Man braucht nur den Atlas von
Pirogoff, fasc. I,
Tab. X, Fig. 5
und 6 zu betrachten, um sich davon zu überzeugen;
man wird dabei bemerken, dass eben die schwach entwickelte Musku-
latur es ist, welche die Kreisform möglich macht. Auch gibt
Pirogoff
im Texte an, dass der Durchschnitt einem Jtivenis macilenhis angehörte.
Ebenso erhielt ich bei früheren Durchschnitten an einem 50jährigen
Manne, demselben, von dem
Taf. IX genommen ist, in der Höhe des
6, Halswirbels noch ziemlich kreisrunde Scheiben,

Demnach wird man die hier vorliegende Gestalt als typisch für
den Hals eines jugendlichen kräftigen Mannes ansehen müssen, und Ab-
weichungen davon nach der Kreisform zu bei Lebenden auf Muskel-
schwäche zu beziehen haben,

Durchschnitte an weichen, nicht erhärteten Cadavern geben natür-
lich keine festen, den ursprünglichen Verhältnissen entsprechende Formen,
Bei ihnen geben die Theile so weit nach, dass sie ebenso, wie man
dies beim Aufthauen der gefrornen Scheiben beobachten kann, eine
Kreisform allmälig annehmen. Dies mag wohl auch der Grund sein,
warum die Abbildungen von
Beraud und Nuhn, die fast gleiche Re-
gionen des Halses im Durchschnitte wiedergeben, so wesentlich von der
meinigen in Beziehung auf die äussere Form abweichen. Wenigstens
ist daselbst von einer Abnormität wie bei
Pirogoff nichts erwähnt. Die
Abbildung von
Beraud findet sich in dessen Adas d^anatomie chirur-
gicale, Paris, 1862, 37.
Die Zeichnung von Nxdin (Adas,

Tafel IV, Fig. 2) ist von Henle, in seiner Muskellehre j\'^ag. 131 und
von
Henke (Atlas der topographischen Anatomie, Tafel 69) wieder-
gegeben worden.

Was die einzelnen Theile auf der vorliegenden Abbildung betrilft,
so ist zunächst der Kehlkopf zu betrachten, welcher nahe unter den
Stimmbändern getroffen wurde. Man sieht vorn den Bogen, welchen
die Durchschnittsfläche des Schildknorpels bildet, und nach hinten zu
ihm gegenüber die durchschnittene Platte des Ringknorpels. Von den
Giessbeckenknorpeln sind nur die Muskelfortsätze getroffen worden; von
den Stimmfortsätzen ist nichts mehr zu sehen. Dieselben lagen höher
oben. Der Raum zwischen Schild- und Ringknorpel ist so ziemlich
ausgefüllt durch das Muskelfleisch des
M. thyreo-argtaenoideus inferior
und M. crico-arytaenoideus lateralis. Lateralwärts von beiden liegen
Streifen vom
31. thyreo-aryt. sup. und 31. thyreo-epiglottictis. Hinter
diesem, an der Vorderfläche der
3Iusctdi crico-arytaenoidei jjostici zeigt
sich der
Nervtts laryngetts inferior und die Arteria laryngea inferior.

Aus der Form des quergeschnittenen Luftweges erkennt man eben-
falls, dass man sich nicht weit unterhalb der Stimmritze befindet. Man
erkennt noch die schräg nach vorn abwärtsgehende Fläche der Ring-
knorpelplatte. Weiter nach abwärts erw^eitert sich der Raum immer mehr,
geht aus einer seitlich comprirnirten Form in die eines Cylinders über,
da wo der Ringknorpel ihn allseitig einschliesst, und nimmt endlich in
der
Trachea auf dem Durchschnitte die Gestalt eines Kreissegmentes an.

Da der vorliegende Schnitt für die Verhältnisse des Kehlkopfes kein
grosses Interesse bietet, so habe ich an einem in Alkohol gehärteten
Präparate einen Schnitt genau in der Ebene der Stimmbänder angelegt
und dessen Abbildung noch hier beigefügt
(Fig. 1). Man sieht deutlich, wie die
Pro-
cessus rocales
sich unmittelbar in die elasti-
schen Fasern der Stimmbänder fortsetzen.
Es lässt sich leicht nachweisen, dass an der
Uebergangsstelle, die sich makroskopisch
nicht scharf begrenzt, Netzknorpel liegt.

Nach vorn zu gehen die Stimmbänder in eine . ^ , 7 , x-,,,

^ r lg. 1. IJurchschmtt des KeUkapfes

Bindegewebswulst über, von welcher auch ^^ jj^he der Stimmhänder.
die 3d%isculi thyreo-arytaenoidei inf. ihren

Ausgangspunkt nehmen. Die Schleimhaut, welche an den Stimmbändern
kein Flimmerepithel zeigt, überzieht dieselben straff und fest angeheftet.

Drüsen finden sich unter derselben in dieser Ebene nur vorn im
Winkel zwischen den vorderen Enden der Stimmbänder, und hinten
zwischen den Giessbeckenknorpeln. Lateralwärts von den Stimmbändern
liegen die Schichten der
3Iusc%di thyreo-arytaenoidei. Hinter den Din^ch-
schnittsflächen der Giessbeckenknorpel liegen, quer von dem einen zum
andern hinuntergehend, die
31. inter-arytaenoidei im Durchschnitt vor.
Diese Muskelmasse umgibt wie ein Sphincter den Eingang zur Stimmritze.

Auf der grossen Abbildung zeigt sich hinter dem Ringknorpel
und hinter dem Querschnitte des
M. crico-arytaenoides posticus der
quere Spalt des
Pharynx, angehängt an den Schildknorpel, wie die
Sehne an einen Bogen. Da er sich im leeren Zustande beim Durch-
schneiden befand, so berühren sich seine vordere und hintere Wand.
Hinter ihm sieht man die mittlere Parthie des unteren Schlund schnürers,
vom
31. constrictor pharyngis infimus den 31. thyreo-pharyngeus.

Da der Schlund nach hinten zu unmittelbar an die Wirbelsäule,
und die auf derselben liegenden Muskeln
Longtis colli und Rectus
capitis anticus major
angelegt ist, so muss der Raum, welchen der
hinabgleitende Bissen beim Passiren an dieser Stelle erfordert, durch

-ocr page 37-

Tal). VI

lE.A.Tiirilîe, iinp.lipsiae.

W.î\'.raurie TT-^^eij.

Veil fi-ronij). v

-ocr page 38-

""j^^i\'-

M,.-

■ X ■

\' \' "\'S <•

\\

I\' \'

Vji-V;

-ocr page 39-

Vordrängen der vorderen Wand des Schlundes geschafft werden und
dadurch der Kehlkopf nach vorn rücken. Da derselbe beim Schlucken
ausserdem noch gehoben wird, so resultirt aus beiden Richtungen eine
Bewegung nach dem Kinne zu, welche leicht beim Schlingen beobachtet
werden kann. Das lockere Bindegewebe, welches zwischen Schlund und
M^irbelsäule liegt, bildet auf dem Durchschnitte einen ganz schmalen
Saum, ist daher nicht im Stande, genügenden Platz zu schaffen. Es
macht aber seine ausserordentliche Lockerheit die Bewegungen des
Schlundes an der Wirbelsäule möglich. Diese Lockerheit ist es aber
auch, welche Blutungen daselbst eine grosse Ausdehnung verschafft und
Eitersenkungen so sehr begünstigt.

Hinter der Spalte des Schlundes liegt der Durchschnitt des G. Hals-
wirbels, der in seiner unteren Hälfte getroffen wurde. Da derselbe
auf der rechten Seite an der Stelle gerade in den Schnitt fiel, wo der
Wirbelkörper mit dem Bogen zusammenhängt, so bekommt man ein deut-
liches Bild von der Lichtung des Wirbelkanales. Dieselbe stellt sich als
ein gleichschenkliges Dreieck dar, und ist so geräumig, dass bei der
grossen Beweglichkeit der Halswirbelsäule doch das Rückenmark freien
Spielraum behält, um Zerrungen gut ausweichen zu können.

Bemerkenswerth erscheint die Lage des Wirbels zu den umgeben-
den Weichtheilen insofern, als derselbe auffallend weit nach vorn ge-
rückt erscheint. Nimmt man nämhch die Hälfte des Durchmessers von
vorn nach hinten, so zeigt es sich, dass der Wirbelkörper vollständig
in die vordere Hälfte des Schnittes zu hegen kommt. Man wird bei
vergleichenden Messungen an dem auf Tafel I gegebenen Durchschnitte,
so wie an anderen Abbildungen erkennen, dass diese Lage des Wirbels
eine normale und zwar durch die Halskrümmung der Wirbelsäule be-
dingte ist, und dass für gewöhnlich die Bestimmung der
Medtdla in
ihrer Entfernung von der Nackenoberfläche am Lebenden viel zu gering
ausfällt. Ein fast ganz gleiches Verhältniss wie bei der vorliegenden
Zeichnung findet sich bei
Pirogoff, fasc. I. Tab. B. Fig. 2.; Tab. 2.
Fig. 1. — Fasc. I. Tab. 10. Fig. 6.

Da der Wirbelkörper nahe an seinem unteren Ende durchschnitten
wurde, so ist auch der Zusammenhang desselben mit dem
Processtis
transversus
gut ersichtlich. Man erkennt die durch Injectionsmasse aus-
gefüllte
Arteria vertebralis mit der daranliegenden zusammengefallenen
Vene im Knochenkanale auf beiden Seiten. Da auf der linken Seite
der Schnitt etwas tiefer fiel, so ist hier der
Canalis transversalis nach
hinten zu nur durch Bandmasse geschlossen, und es ragt der
Processus
articularis
des 7. Halswirbels mit seiner Gelenkspalte in die Schnitt-
fläche hinein. Da ferner gerade der 6. Halswirbelkörper im Zusammen-
hange mit dem
Processus transversus getroffen ward, so ist diese Ab-
bildung vorzugsweise geeignet, den von
Chassaignac sogenannten Garo-
tidentuberkel
in seiner Lage zur Arteria carotis communis zu beleuchten.
Es ist dieser Knochenvorsprung unter den Chirurgen auch als
Chas-
~ Saignad^ch.e.v
Tuberkel bekannt, und gilt nach den Angaben des Autors
für einen vorzugsweise guten Wegweiser bei Aufsuchung der Arterie, |
wenn deren Unterbindung durch Anschwellung der Gewebe oder durch i
Tumoren erschwert ist.

Man sieht nun auch ganz deutlich, dass die vordere Zinke der
Knochengabel, welche von der Seite des Wirbelkörpers ausgeht und
den 6. Halsnerven in sich fasst, diesen von
Chassaignac angegebenen
Vorsprung darstellt, und wie ein Wegweiser direkt auf die unmittelbar
daran liegende
Arteria carotis communis hinführt. Da ferner dieser
Vorsprung, der die morphologische Bedeutung einer rudimentären Rippe
hat und besser
Processxis costaritis heisst, am 6. Wirbel stärker vor-
springt als an den oberen Wirbeln und besonders am 7., so kann er
auch am Lebenden sehr leicht gefühlt werden, wenn man von unten
her unter leichtem Drucke an der Seite der Wirbelkörper den Finger
bis zur Kehlkopfshöhe hinaufführt.

Wenn es nun aber auch erlaubt ist, zur Demonstration und Orien- |
tirung für Anfänger diesen Knochenvorsprung bei Aufsuchung der Arterie
zu benutzen, so erscheint es nicht zweckmässig für Chirurgen von Fach,
solche Hülfsmittel zu gebrauchen, besonders in complicirten Fällen.
Ganz abgesehen von der Frage über die Zweckmässigkeit der Carotis-
unterbindung gerade an dieser Stelle, ist es entschieden besser, den
sicheren Weg, den die Muskeln und Fascien bestimmen, Schicht für
Schicht zu durchschreiten. Man läuft dabei weniger Gefahr, Theile zu
verletzen, die geschont werden müssen, und wird auch sicherer auf die
Arterie geführt. Die Arterien sind in ihrer Lage durch Muskeln und
Fascien bestimmt, und können aus ihrer Lage zu solchen Knochen-
punkten leicht verdrängt werden. Liegen sie dagegen so fest und unab-
änderlich in Knochenkanäle eingeschlossen wie die
A. vertebralis, so
ist dadurch allerdings die Bestimmung ihrer Lage erleichtert, aber der
Weg zu ihnen im gleichen Grade verbaut. Dass aber die
Arteria
carotis
aus ihrer Lage vom Chassaignac\'^dh&w. Tuberkel leicht weg-
gedrängt werden kann, also dieses Unterstützungsmittel gerade für eine
Reihe von Fällen nicht passt, ergibt sich schon aus der Betrachtung
der normalen Schilddrüse, welche auf der Abbildung mit ihren oberen
Lappen zwischen Arterie und Schildknorpel eingelagert ist. Anschwel-
lungen derselben müssen die Arterie von diesem Knochenvorsprunge
seitlich abdrängen, vermögen sie dagegen nicht aus der fibrösen festen
Scheide zu lösen, die von den Hüllen des
M. sternocleidomastoideus,
scalemis
und der Schilddrüse selbst gebildet werden. Bei einein Schnitte,
den ich in gleicher Höhe des Halses an einem festgefrorenen, mit
Kopf behafteten Cadaver machte, zeigte sich denn auch die
Carotis
1 Centimeter weit nach auswärts von dem Chassaignac\'i^clien Tuberkel
entfernt, das Verhältniss zu den Muskeln und Fascien aber natürlicher-
weise unverändert.

Betrachtet man die Abbildung näher, so wird man auch das Ver-
hältniss der Fascien zur Arterie erkennen. Freilich reichen solche Dar-
stellungen nicht aus, um das Verhältniss sämmtlicher Fascien klar zur
Anschauung zu bringen. Man ist gezwungen, dieselben als weisse Linien
einzuzeichnen imd dabei nicht im Stande, das Zusammentreten von
mehreren Blättern genügend zu markiren. Ausserdem lassen sich da-
durch nicht wirkliche Fascien von einfachen Zellgewebslagen gehörig
unterscheiden. Ich verweise deshalb für das genauere Verständniss
dieser Theile auf die Arbeiten von
Dittl und Pirogoff, ebenso auf das
reichhaltige Handbuch von
Henle, und füge nur noch hinzu, dass die
Conturen der Muskeln, w^elche die Fascienlagen hauptsächlich bestimmen,
ganz genau nach dem Präparate wiedergegeben sind und deshalb docli
auch in dieser Beziehung sichere Anhaltspunkte abgeben.

Nach aussen und etwas nach hinten von der Arterie liegt die zu-
sammengefallene mächtige
Vena jtigularis interna, zwischen beiden der
Nervus vagus, der bei der Unterbindung besondere Vorsicht erfordert.
Man vermeidet ihn am sichersten, wenn man nach Spaltung der fibrösen
Scheide mit einer feinen Sonde durch das Zellgewebe hart um die Arterie
den Weg bahnt und dann erst unter Anspannung der Fascienränder
mittels 2 Pincetten die Unterbindungsnadel herumführt. Man kann
dabei sowohl von innen wie von aussen eingehen. Hinter und nahe
an der Arterie liegt der
Nervus sympathicus, der bei diesem Verfahren
ebenfalls geschont wird, was kaum möglich sein würde, wenn man nur
die alte Regel befolgt, mit Rücksicht auf den
Vagus von aussen nach
innen um die Arterie den Haken zu führen. Die Spitze fängt sich
nämlich dabei im Zellgewebe und muss gewaltsam durchgebohrt werden.
Hinter dem
Vagus, auf dem M. scalenus, liegt der Nervus phrenicxis.

Hinter der Vena jugidaris, zwischen àei\\3Im. sternocleidoraastoideiis
und scalenus medius fanden sich Ne.rvi supjraclaviculares vom 4. Hals-
nerven. Zwischen
M. scalemis anticus und meditis erkennt man ferner die
Durchschnitte des 5. und 6. Halsnerven, welche gemeinsam auf der Abbil-
dung als
Plexus brachialis bezeichnet wurden, um nicht durch zu viele
Einzelnheiten die Klarheit des Bildes zu stören. Der 7. Halsnerv geht
von der
Medulla spinalis im Kanale der Wirbelsäule ab und schlägt
eine Richtung nach aussen und abwärts ein, hinter der
Arteria vertebralis.

Es wurden oben die Abbildungen von Nuhn (Chirurgisch-anato-
mische Tafeln, Taf. IV. Fig. 2)
und von Beratid (Atlas d\'a.natomie
chirurgicale, p)lanGhe 37, Fig. 2)
zur Vergleichung herangezogen, als
es sich darum handelte, nachzuweisen, dass die Abbildungen von Hals-
durchschnitten, wenn sie genau die natürlichen Verhältnisse wiedergeben,
nicht runde, sondern polygone Figuren bilden. Es ist hier noch ein
Wort hinzuzufügen über die Verhältnisse dieser Durchschnitte zur Wirbel-
säule, damit keine Missverständnisse entstehen. In dem Durchschnitte
von
Ntihn ist nämlich der Kehlkopf fast in gleicher Höhe wie bei
meiner Abbildung getroffen, während in der Abbildung von
Beraud
die Trachea unterhalb des Ringknorpels, von dem nichts mehr zu sehen
ist, im Querschnitte vorliegt; und beide Autoren geben an, dass der
dahinterliegende Wirbel der vierte Halswirbel sei, während auf meiner
Tafel der sechste Halswirbel zu sehen ist. Man könnte daher leicht
auf den Gedanken kommen, dass ich einen falschen AVirbel angegeben
habe, ein Fehler, den man in der That beim Auszählen der Wirbel
leicht begehen kann, wenn man einen Cadaver in mehrere einzelne
Scheiben zerlegt hat.

Ich muss daher ausdrücklich betonen, dass ich gerade bei den
Wirbelbestimmungen sehr genau zu Werke gegangen bhi, und glaube,
mich auch bei dem vorliegenden Durchschnitte nicht geirrt zu haben.
Die Vergleichung der Längsschnitte auf Tafel I und II, sowie der
Pirogoff\'BQheix Abbildungen ergibt, dass der vierte Halswirbel in die
Höhe der
Epiglottis zu liegen kommt, und der sechste Halswirbel an
seiner Vorderseite die Platte des Ringknorpels hat, dass also in dieser
Beziehung Uebereinstimmung mit meiner Abbildung herrscht. Dass

-ocr page 40-

übrigens Variationen in dieser Beziehung bis zu einer Wirbelhöhe vor-
kommen, soll nicht bestritten werden; sie sind ausser Anderem schon
gegeben durch die verschieden starke Halskrümmung der Wirbelsäule.
Jedoch glaube ich nicht, dass sich dieser Lagewecbsel bis über zwei
Wirbelhöhen erstrecken kann. Im ^ercmcZ\'schen Atlas selbst findet
sich übrigens auf Tafel 28, Fig. 2 ein Sagittalschnitt, welcher mit meinen
Angaben übereinstimmt, so dass man annehmen muss, dass beim Schnitt
des weichen Präparates die Theile aiis ihrer Lage verschoben wurden.

Der Schnitt verlief glatt durch die Knochenmasse des Wirbels.

Mcht einmal an den feinen Fortsätzen, die bei ungeschicktem Sägen
so leicht abbrechen, war eine Splitterung zu bemerken. Nimmt man
an, dass die Schnelligkeit, die schräge Bichtung der Schnittführung, das
Gewicht und Schärfe des fallenden Messers die Glätte des Schnittes zu
Stande gebracht haben, so wird man daraus Regeln sich bilden können,
wie bei Operationen zu schneiden ist, warum manche Operateure so
glatte und gut verheilende Schnitte fertig bringen, andere nicht.

Die Pirogoff Bohen Querschnitte der Halsgegend, (fasc. I, Tab. 10)
stimmen ebenfalls mit meinen Angaben überein. Der Ringknorpel
liegt auch hier vor dem sechsten Halswirbel.

Die Lage der Wirbelsäule zum Gesichtsskelet, welches vor den
oberen Halswirbeln zu liegen kommt, macht es erklärlich, dass bei der
queren Abtrennung des Kopfes vom Rumpfe der Schnitt die unteren
Halswirbel trefifen muss. Bei mehreren durch das Fallbeil Hingerich-
teten, die auf unsere Anatomie gebracht wurden, war es der 5. Hals-
wirbel, der getroffen wurde.

i ^ V

Ich füge zwei Zeichnungen bei, die nach Czermah\'Behren Bildern an-
gelegt sind, um die Theile wiederzugeben, wie sie sich bei der Betrach-
tung durch den Kehlkopfspiegel darstellen. Das eine Bild, Fig. 2, gibt
die Verhältnisse wieder beim ruhigen Athmen. Man kann hier durch
die weit geöffnete
Glottis tief hinab in die Trachea blicken und er-
kennt sogar bei guter Beleuchtung mitunter die Theihmg der
Trachea
in beide Bronchien.

Fig. 3 zeigt die Theile bei höchsten schrillen Tönen. Hier sind die
Stimmbänder straff gespannt und die
Glottis bis auf einen feinen Spalt ge-
schlossen, welcher keinen Einblick in die tiefer gelegenen Theile gewährt.

-ocr page 41-

mi

aei\'01 mi on dcx tl^.

l/^\'^Bia-\'jrie praep.
Bureipt
.Vfit &• Coiup. Lip siae

C. S cToirdeiel aiTLaT.iTulapid. delin.

E.A.yTirilte, imp.lipciae.

-ocr page 42-

iS-,

"mi

kS. \'iT \' ,

^ «

vf .-. v;;-

; l ^^ i^i\'-

; i:

Wt

.âr, .. .. \'"\'ii

V

\'■-^MÊimSn

i -

\' \' ^

\'fel\';

i"

^^^..

-ocr page 43-

TAFEL VIL

Die hier abgebildete Scheibe gehörte demselben Cadaver an wie
die vorhergehenden und folgenden Abbildungen, und besass eine Stärke
von 2 cm. Da, wie aus der Bezeichnung ersichtlich ist, die obere
Fläche abgezeichnet wurde, und der äussere Contur nach dem Umfange
der unteren Fläche gezogen ward, so kann man die Zeichnung auf die
Schnittfläche der nächst folgenden Abbildung einpassen und bekommt
dann eine vollkommnere Ansicht von oben her auf Schultern und An-
fangstheil des
Thorax.

Der Schnitt ging durch den untersten Rand des Ringknorpels, be-
gann also unmittelbar unter dem Kehlkopf, traf die Seitenlappen der
Schilddrüse, die untere Fläche des 7. Halswirbelkörpers sowie ein Stück
der darunter liegenden Bandscheibe und hielt sich seitlich in der Höhe
des Gelenkes zwischen
Acromion und Clavicmla. Wie man sich durch
Messung überzeugen kann, sind die beiden Seitenhälften von gleicher
Länge; ebenso zeigen dieselben eine grosse Symmetrie in der Anordnung
der einzelnen Theile, so dass die genau horizontale Sägeführung schon
hieraus ersichtlich ist; und doch finden sich manche Diflerenzen beider
Seitenhälften. Während rechts das Gelenk zwischen
Clavicula und
Acromion geöffnet ward, ein Stückchen vom Schulterblattwinkel im
Muskelfleische des
Serratus antic. w^ajor hervorragt, und selbst das
Köpfchen der ersten Rippe bereits sichtbar wird, ist hnks der Schnitt
unterhalb der Gelenkverbindung zwischen
Clavicula und Acromion
durchgegangen, und weder von Rippe noch vom Anguhis scapulae da-
selbst etwas zu sehen. Man erkennt daraus, dass selbst bei normalen
und untadelhaft gebauten Körpern Abweichungen von der seitlichen
Symmetrie vorkommen, welche es nicht gestatten, bei Durchschnitts-
zeichnungen nur die eine Hälfte aufzunehmen und auf die andere Seite
einfach zu übertragen.

Da der Schnitt durch die Verbindungsstelle der Hals- und Brust-
wirbelsäule ging, so gibt er die Grenzfläche zwischen Nacken und Rücken
wieder, hält sich dagegen vorn, vor der Wirbelsäule, noch vollständig
im Bereiche des Halses, der viel weiter hinunter geht als hinten der
Nacken, und erst seine Begrenzung durch die Schlüsselbeine findet, die
sich in ziemlicher Länge noch durch die Bedeckungen hindurch erkennen
lassen. Man wird daher dies Verhältniss im Auge behalten müssen,
wenn es sich darum handelt, tief gehende Schuss- und Stichwunden in
dieser Gegend zu untersuchen. Namentlich Anfänger suchen den Be-
ginn der Brustwirbelsäule viel tiefer am Halse als am unteren Rande
des Kehlkopfes.

Von den Knochentheilen der Wirbelsäule, welche hier vorliegen,
hat man zunächst, wie schon oben erwähnt, den untersten Theil des
7. Halswirbelkörpers vor sich. Zu diesem Wirbel gehören ferner der
lang durchschnittene
Proc. spinostis, der von aussen leicht durchgefühlt
werden kann und als Ausgangspunkt für das Auszählen der Brustwirbel
benutzt wird. Zum 7. Halswirbel gehören ferner noch die unteren Ab-
schnitte der
Proc. ohlicjui, die in ihrer Gelenkverbindung getroffen wurden.
Vor diesen liegen die
Processus ohliqui und transversi des 1. Brust-
wirbels, und auf der rechten Seite sieht man auch bereits das Köpf-
chen der ersten Rippe hervorragen.

Vor der Wirbelsäule liegt beiderseits das Fleisch des Mtiscxdus
longus colli,
und neben demselben im Bogen nach dem Processus trans-
versus
zu das Muskelfleisch der Scaleni. Der Scalenus anticus wird
vom
Scalenus meditis abgetrennt durch die Querschnitte des Plexus
brachialis,
von den vorderen Aesten der unteren Halsnerven und des
ersten Brustnervens gebildet. Von den hinteren Aesten der Halsnerven
konnte im Präparate nichts Deutliches dargestellt werden. Dagegen
zeigte sich ganz deutlich auf der vorderen Fläche des
Scalenus anticus
der Durchschnitt der Nervus phrenictis.

Zwischen M. longus colli und Scalenus antictis liegt die Arteria
vertebralis
mit ihrer Vene, welche auf dem Wege nach dem Canalis

W. Braune, Atlas. 3. Aufl.

vertebralis getroffen worden war. Unmittelbar vor ihr befindet sich aüf
der rechten Seite das untere Halsganglion des
Nervtis sympathicus. Auf
der linken Seite liegt der
SympathicAis weiter nach aussen, zwischen
Scalenus und Carotis, ausserdem macht sich aber noch ein Ast auf
der innern Seite der
Arteria tMjreoidea inferior bemerkbar, der sich
auch auf der rechten Seite findet, und dem
Nervus card.iacus longtis
entspricht.

In der Mitte, vor der Wirbelsäule, sieht man die Luftröhre schräg
nach abwärts und hinten gehend, an ihrer Schnittfläche noch Reste des
Ringknorpels und des
Constrictor pharyngis inferior (crico-pharyngeus);
hinter ihr der Anfangstheil des Oesophagtis im leeren zusammenge-
fallenen Zustande, so dass vordere und hintere Wand sich berühren und
die Lichtung einen Querspalt darstellt. Im weiteren Verlaufe weicht der-
selbe von der Mittellinie nicht unbedeutend ab und schon auf Tafel VIII,
welche sich noch in der Höhe des ersten Brustwirbels hält, findet man
ihn mehr auf der linken Seite herüber gezogen, ^xif die er sich weiter
abwärts eine Strecke weit vollkommen hinüber begibt. Zwischen
Trachea
und Oesophagus zeigen sich zu beiden Seiten die Durchschnitte des
Nervus laryngeus recurrens vom Vagus, und weiter nach aussen die
Seitenlappen der völlig normalen Schilddrüse. Gerade an dieser Stelle
kann man sämmtliche vier Arterien dieser Drüse und die Schwierigkeit
einer Unterbindung derselben erkennen. Während die
A. thyreoidea
superior
bereits in die vordere Drüsenpartie eingetreten ist, zeigt sich
die
A. thyreoidea inferior beiderseits noch ausserhalb derselben. Man
findet auf der rechten Seite zwischen
Carotis und tiefer Halsmuskulatur
zwei starke Arterienlumina, welche dieser Arterie angehören. Sie ent-
springt bekanntlich von der
Arteria subclavia, steigt eine Zeitlang auf-
wärts, um dann mit einem Bogen hinter die
Carotis und dann wieder
nach abwärts zur Schilddrüse zu gelangen. Gerade unterhalb des Bogens
ist die Arterie getroffen worden, so dass sowohl der aufsteigende wie
der absteigende Theil zu Gesicht kam. Auf der hnken Seite hatte sich
der absteigende Theil der Arterie bereits in zwei Aeste getheilt.

Der mittlere Schilddrüsentheil war in dem vorliegenden Cadaver nicht
stark ausgebildet; auf der Schnittfläche des Prä-parates war kaum etwas
davon zu sehen. Nach dem Vorhan-
densein einer
Gland,ula suprahyoidea,
praehyoidea,
wie sie am Zungenbein von
Zucherhandl und Kaclyi beschrieben
sind, wurde nicht untersucht. Es sind
dies accessorische Schilddrüsentheil-
chen welche zu Cysten verschiedener
Grösse degeneriren und Gegenstand
chirurgischer Eingriffe werden können.

Es hat His (Anatomie mensch-
licher Embryonen III, 1885, pag. 101)
gezeigt, dass der Ductus thyreoglossus,
von dem diese accessorischen Drüsen-
theile stammen, sich öfter in grösserer
Länge erhält. Man findet gar nicht so
selten gleichzeitig ein mittleres Schild-
drüsenhorn, das, in seinem unteren Ab-
schnitte drüsig, oben in ein häutiges
Rohr ausläuft das für eine starke Sonde
leicht passirbar sich nach aufwärts bis hinter den Zungenbeinkörper
fortsetzen kann, dort aber seine Begrenzung durch das
Lig. hyothyreoi-
deum medium
findet. Und zwar endigt dieser Gang in der Mittel-
linie auch dann, wenn das
Cornti medium, von dem es abgeht, seitlich
von der Mitte liegt.

Oft erhält sich der obere Zungen-Theil des Ductus thyreoglossus
(Ductus lingualis)
gleichzeitig, und reicht dami vom Foramen coecum

-ocr page 44-

der Zungenwurzel nach abwärts für eine Sonde passirbar bis in die
Nähe des
Ductus thyreoideus herab, so dass der obere Theil, Ductus
lingualis,
und der untere Ductus thyreoideus nur durch wenige Milli-
meter Zwischengewebe, durch die
Ligamenta hyoepiglptticum und thy-
reohyoideum
von einander getrennt bleiben.

Es wurde schon früher erwähnt, dass auf solchen Durchschnitts-
zeichnungen die Wiedergabe der Fascien grosse Schwierigkeit findet,
und dass deshalb alle die feineren Blätter, welche sich noch zwischen
die einzelnen Gefässe hineinschieben, weggelassen worden sind. Es
erscheint daher der Raum, in welchem
Carotis, Vena jugularis interna,
Nervus vagus
eingeschlossen sind, einfach, mit Bindegewebe zwischen den
einzelnen Theilen ausgefüllt. Die Begrenzungen desselben im Ganzen
sind aber genau wiedergegeben worden, und so erkennt man, dass nach
vorn die Gefässscheide von der mittleren Halsfascie mit dem
Omohyoi-
deus,
nach innen durch die Hülle der Schilddrüse, nach hinten durch
das Fascienblatt der tiefen Halsmuskeln und nach aussen durch die
Scheide des
Sternocleidomastoidetis gebildet wird. Imierhalb derselben
nach aussen und etwas nach hinten von der Arterie liegt die Vene,
zwischen beiden der
Vagtis, vor ihnen der Ramtis descendens n. hypo-
glossi.
An dieser Stelle beginnt bereits der M. omohyoidetis die grossen
Gefässe zu kreuzen und sehnig zu werden, was namentlich links gut
ersichtlich ist.

Es ist bekannt, dass die Ausführung der Tracheotomie oberhalb
der Schilddrüse, zwischen dieser und dem Ringknorpel, vorzugsweise
gern ausgeführt wird. Die Abbildung zeigt, wie ausserordentlich nahe
die Luftröhre in dieser Gegend der Oberfläche liegt, und wie leicht
eine Operation bei dem vorliegenden Körper wegen der völlig normalen
Schilddrüse und der geringen Entwickelung ihres Mittelstückes auszu-
führen gewesen wäre. Man könnte durch die Verhältnisse auf der
Abbildung verführt werden, die Ausführung der Operation in einem

Tempo für empfehlenswerth zu halten. Jedoch ist trotzdem vor dieser
Methode zu warnen und das methodische Vorgehen, Schicht für Schicht,
als allein statthaft festzuhalten, weil sich nie im Voraus bestimmen lässt,
in wie weit das Mittelstück der Schilddrüse das Operationsfeld verlegt
und Blutungen derselben ausserordentlich schwer zu stillen sind.

Die Muskelmasse, welche die hintere Hälfte des Mittelstückes aus-
macht, ist so genau wie möghch analystrt worden und durch die Be-
zeichnung hinreichend kenntlich. Es ist hierbei nur zu bemerken, dass
auf der linken Seite der Schnitt oberhalb des
Muse, serratus antic. major
hinwegging, während der obere Rand dieses Muskels auf der rechten
Seite getroffen ward und mit dem
Levator angtdi scapulae daselbst so
zusammenhing, dass keine scharfe Grenzlinie zwischen beiden gezogen
werden konnte. Auf der linken Seite ist daher auch in dem Zwischen-
räume zwischen
Levator anguli scaptdae und Cucullaris die über den
oberen Rand des
Serrattis antic. major nach hinten gehende Arteria
transversa colli
gerade in ihrem Bogen getroffen worden. Man erkennt
deutlich ihren Weg auf der äusseren Seite des
Scalenus medixis, und
ihre Lage zur oberflächlichen
Arteria cervicalis superficialis, bis sie sich
nach hinten zum
Cttcullaris und Levator ang. scap. wendet, um in der
Gegend des Schulterblattwinkels in ihre Endäste zu zerfallen. Auf der
rechten Seite ist dieselbe Arterie nur auf dem Querschnitte zu erkennen.

Die grösste Schnittfläche bildet der Muscuhis cucullaris, der ge-
rade an der Stelle seiner fächerförmigen Ausbreitung getroffen wurde.
Während die hinteren Faserbündel, die zum
Acromion und Akrominal-
ende der
Clavicida gehen, mehr quer verlaufen und deshalb parallel
den Faserzügen geschnitten wurden, verlaufen die am vorderen Rande
liegenden Fleischbündel mehr senkrecht nach dem Mittelstücke der
Clavicida zu und zeigen auch daher mehr die querdurchschnittenen
Fasern. In dem Muskelfleische selbst erkennt man beiderseits noch
den
Nervus accessorius Willisii.

-ocr page 45-

Ta I) .Ain ,

P

\'r;

rfi

%

rc

vi
V.

V-,

•1

P

O

>

M. .Hraunc praep,

:.;uftipt.Veil A\' CoiU[).

C, Tî c) ) m i e del d . r s t. i p i p Ld. d el i n.

F]. A1\' III lie, i.inT). Iip ci a

-ocr page 46-

■"Sss

fm

r.

. s iX

\'•îij-j

\'ï

M.\'-

Mi

l\'Ut

. -Ai\'

- T.

-fi

-ocr page 47-

TAFEL VUL

Die Abbildung auf dieser Tafel stellt die obere Fläche der letzten
Scheibe dar, die von dem injicirten Cadaver genommen wurde, welcher
auch den vorhergehenden Blättern zu Grunde lag. Es ist daher nicht
nöthig, über den Cadaver selbst etwas zu erwähnen, da bereits bei
Tafel V das Wesentliche hierüber bemerkt worden ist.

Der Schnitt wurde so geführt, dass er gerade beide Arteriae
suhclaviae
in der Höhe ihres Bogens traf, den sie über die Lungen-
kuppel beschreiben, und war zufällig so glücklich ausgefallen, dass der
Stamm der linken Schlüsselbeinarterie selbst unverletzt blieb, während
derselbe auf der rechten Seite sammt der darunter liegenden Lunge
angeschnitten wurde. Er hielt sich ausserdem in der Ebene des unteren
Randes vom 1. Brustwirbel, sowie der
Processup; eoracoidei und der
Oberarmköpfe oberhalb der Rollhügel. Eine Folge der hohen Schulter-
stellung ist es, dass die seitlichen Parthieen des Schultergelenkes schon
auf diesem Schnitte sich zeigen, während sie bei minder kräftigen Körpern
erst in der Höhe der Sternoclaviculargelenke gefunden werden.

Was zunächst die Verhältnisse der Wirbelsäule betrifft, so erkennt
man an der vorderen Seite derselben ein Stückchen Wirbelkörper, welches
der unteren Fläche des 1. Brustwirbels angehört, dahinter aber die
Symphyse zum 2. Brustwirbel, welche in Folge der Wirbelsäulenkrüm-
mung ebenso wie der Wirbelkörper bei der horizontalen Sägeführung
schräg getroffen wurde. Hinter der Bandscheibe ragt ein kleines Stück-
chen des 2. Brustwirbels hervor, dem auch die beiden
Processus trans-
versi
angehören. Die beiden Rippen, welche sowohl an diesen Fort-
sätzen als auch an den Wirbelkörpern selbst sich inseriren, sind demnach
die zweiten. Vor ihnen, in der Muskulatur, liegen die Durchschnitte der
ersten Rippen. Vom Brustbeine und dem Sternalende der Schlüsselbeine
ist nichts zu sehen. Beides liegt bedeutend tiefer, wie sich schon aus
der Betrachtung der Schilddrüse ergibt. Die Durchschnitte der Schlüssel-
beine selbst betreffen so ziemlich deren Mitte und sind mit dem darunter
liegenden
Musculus suhclavius leicht zu finden. Man sieht also, dass der
obere Theil des
Thorax durch den Schnitt bereits geöffnet ist, während
man sich nach vorn zu noch vollkommen in der Halsregion befindet.

Da die linke Lunge durch ihre zwar freigelegte, jedoch noch
unverletzte
Pleura deutlich hindurchscheint, die rechte aber sammt der
Arteria subclavia durch den Schnitt getrofifen wurde, so könnte man
vielleicht glauben, dass die Säge überhaupt schief, auf der rechten Seite
weiter nach abwärts, geführt worden sei. Allein dem ist nicht so. Ab-
gesehen davon, dass bei ganz gleicher Schulterhaltung, soweit sich die-
selbe herstellen liess, möglichst genau die Horizontalebene eingehalten
wurde, findet sich sogar der rechte Oberarmkopf bedeutend höher ge-
troffen als der linke. Man kann demnach annehmen, dass die rechte
Lunge bei dem vorliegenden Cadaver höher hinaufgeragt habe, als
die linke. Da diese Differenz, wie aus der Abbildung deutlich hervor-
geht, nicht unbedeutend ist, und einen völlig normalen untadelhaften
jugendlichen Cadaver betrifft, so erscheint dieses Verhältniss für die

UntCTsudiung, namentlich für die Percussion der Lungenspitzen nicht
unwichtig.

Bei der Untersuchung auf beginnende Lungenphthisis wird von den
Klinikern ein Hauptgewicht auf die
Percussion der Lungenspitzen in der
unteren Halsregion gelegt, und ein kürzerer Ton „rechts oben", selbst wenn
der Klangunterschied nur gering ist, diagnostisch verwerthet. Man sollte
meinen, dass die anatomische Basis, auf die diese Diagnostik beruht, eine
absolut sichere sein müsste. Und doch war dem bis vor Kurzem nicht so.
Die Angaben der Anatomen darüber, welche Lungenspitze am Halse höher
hinaufrage, die rechte oder die linke, lauten verschieden. Der leider so
früh verstorbene ausgezeichnete Forscher
Df. Hans Stahel aus Zürich
hat deshalb, die Frage über den Stand beider Lungenspitzen bei normalen
Verhältnissen zum Gegenstand seiner Untersuchungen gemacht und die
Resultate im
Archiv für Anatomie und Physiologie 1886, p. 5 u. ff.
veröffentlicht. Nach seinen Untersuchungen an einer grösserer Anzahl
von gesunden Lungen auf unserem Präparirsaale in Leipzig (die be-
nutzten Cadaver waren sämmtlich Selbstmörderleichen), die ich durch
eine Reihe weiterer Messungen noch vermehren könnte, steht die
rechte Lungenspitze bei normalen Körpern stets höher als die
linke. In zwei Fällen, in denen die Höhenunterschiede nach Millimetern

gemessen wurden, fand sich das eine Mal ein Höhenunterschied von
1 cm, das andere Mal ein Höhenunterschied von Vg cm zu Gunsten der
rechten Lungenspitze.

Die Messungen wurden in der Weise angestellt, dass an den Rümpfen,
denen der Kopf abgeschnitten worden war, die untere Halsregion bei
Erhaltung der Pleurakuppel und der gesammten übrigen Thoraxwand
mit einem System von genau senkrecht zur Längsachse des Körpers
gestellten und gespannten Fäden übersponnen wurde. Darauf wurden
die Lungen von der
Trachea aus aufgeblasen, so dass die ausgedehnten
Lungen unter der freigelegten aber intakten Pleurakuppel gut sichtbar
wurden. Es zeigte sich dabei regelmässig bei normalen Verhältnissen,
dass die rechte Lungenspitze weiter nach aufwärts aber auch weiter
nach vorwärts sich erhob, als die hnke; also ein beträchtlich grösseres
Volumen bot, selbst in den Fällen, in denen das Aufwärtssteigen keinen
bedeutenden Grad erreichte. Die Messung der Volumszunahme war
überaus schwierig. Wir haben uns deshalb darauf beschränkt, nur das
Ueberwiegen des Volums der rechten Lungenspitze zu constatiren und
haben es absichtlich unterlassen, ein grösseres aber unsicheres Zahlen-
material beizubringen. Nur in zwei Fällen, wie oben bemerkt, sind Zahlen-
angaben über die Höhenunterschiede beider Lungenspitzen gemacht worden.

Zu beiden Seiten des Muskelfleisches des Longtis colli, zwischen
diesem und der Lunge, sieht man das 2. Brustganglion des
Nervus
sympathicus;
vor und über der Lungenkuppel die Arteria subclavia,
seitwärts von dieser die grosse Fläche des schräg getroffenen Plexm
brachialis.
Während die Arterie nicht die höchste Höhe der Lungen-
spitzen überschreitet, sondern mehr auf dem vorderen Abhänge der
Pleura aufliegt, bildet der Plexus brachialis mit der Wirbelsäule eine
Art Nische, welche die oberste Spitze der Lunge aufnimmt, überdacht
dieselbe somit noch höher, als die vor im liegende grosse Arterie

Namentlich auf der linken Seite lässt sich dieses Verhältniss recht
gut erkennen.

Die linke Arteria subclavia, im Stamme unverletzt, zeigt naeh
oben die Durchschnitte von zwei starken abgehenden Aesten. Von diesen
gehört der innere der
Arteria vertebralis, der äussere dem Trtcncus
thyreocervicalis.
Vorn, um den Scalenus antictis und Nervus pjhrenicus
herum schlingt sich die Arteria cervicalis superf\\,cialis, um schräg auf-
steigend über den
Plexus brachialis nach aussen und hinten zum Nacken
zu gelangen. Man sieht sie noch im Anfange ihres Verlaufes abge-
schnitten, unmittelbar unter dem sie nach aussen bedeckenden hinteren
Bauche des
M. omohyoideus, von dem nur ein Stückchen abgeschnitten
wurde. Fast der ganze Muskel fand sich in der nächst höheren Scheibe.

An der hinteren Wand der Subclavia liegen zwei kleine Arterien-
Öffnungen, die sich nicht genauer bestimmen Hessen. Die
Arteria tra,nsversa
colli,
welche auf der vorhergehenden Tafel in ihrer Endtheilung zu sehen
ist, entsprang von dem starken Stamme am
Scalentis anticus, gemeinsam
mit der
A. thyreoidea inferior. Man sieht die Fortsetzung ihres Stammes,
die
Lorsalis scapulae, gedeckt vom J£ rhomboideus in die Tiefe gehen.

Die Arteria transversa scapulae liegt hinter dem Muscuhis sub-
clavius;
man erkennt sie wieder hinter der Bandmasse des lAg. conoi-
deum
und trapezoideum, am Proc. coracoideus, da wo sich in der Tiefe
die
Incisura scapulae fand. Sie ging über das Lig. transv. scapxdae
hinweg zur Fossa supraspinata, während der sie begleitende Nervus
suprascapularis
unter demselben hindurchging.

Von der rechten Arteria subclavia ist die obere Wand eine Strecke

weit durch den Schnitt entfernt w^orden, so dass man bequem in ihre

Lichtung hineinsehen kann. Man sieht an dem medialen Ende des

Ausschnittes eine Ausbiegung der Wand, welche dem Abgange des

rnncus thyreocervicalis entsprach, und erkennt die Abgangsstelle der

sich um den M. scalenus anticus herumwindenden cefrvicalAs super-

fictahus. Weiter nach aussen, zwischen Muse, subclavius und serraÜJ,
anttcus m^or liegt die ^^^^^^^ ^^ ^^^

namigen Vene und dem Nervus suprascapularis nach der Lsu.a

scapulae sich hinzieht, um über das Ligament hinwegzugehen, während
der INerv unter demselben hegt. wanrena

Bei Vergleichung beider Schlüsselbeinarterien stellt sich heraus,
dass ausser der höheren Lage der rechten, an ihrem Bogen über die

-ocr page 48-

Limgenkuppel, der Anfangstheil beider eine sehr verschiedene Richtung
hat, bedingt durch den verschiedenen Ursprung. Während der auf-
steigende Theil der linken
Subclavia, vom Aortenbogen kommend, weiter
nach hinten sich befindet und ein beträchtliches Stück der
Pleura an-
liegt, wendet sich die rechte
Subclavia, wenn man sie in entgegenge-
setzter Richtung des Blutstromes betrachtet, nach vorn hin, um mit
der
Carotis commtmis zum Trunctis anonyrnus zusammenzutreten.

Das hier vorliegende Stück beider Arterien gehört der inneren und
zum Theil der mittleren Portion derselben an. Die direkte Nähe der
Lungen und Pleuren sprechen schon deutlich genug, um vor einer Unter-
bindung an dieser Stelle zu warnen, die denn auch bis jetzt fast in
allen Fällen nur mit unglücklichem Erfolge vorgenommen wurde.

Beiderseits vor der Subclavia liegt die Carotis communis, dazwischen
der gemeinsame Stamm der
Vena vertebralis und V. cervicalis proftincla;
medianwärts von dieser der N. carcliacus longus.

Die Vena vertebralis zeigi vielfache Abweichungen in ihrem Ver-
laufe. Abgesehen davon, dass sie im Vertebralkanale nicht immer einen
einfachen Stamm besitzt, sondern sich oft in ein Geflecht auflöst; dass
sie ferner in seltenen Fällen gemeinsam mit der
Vena cervicalis pro-
funda
einen langen, hinter den Gelenkfortsätzen herunterlaufenden. Stamm
bildet, der das Blut aus den Venenplexus des Spinalkanals aufnimmt, zeigt
ihre Einmündungssteile mehrfache Veränderungen. Sie mündet meistens
in den Anfangstheil der
Vena anonyma ein, kann aber dabei hinter
oder vor der
Arteria subclavia herunter gehen.

Li dem einen Falle an der linken Körperseite fand sich, dass sie
als Stamm im Vertebralkanale vor der synonymen Arterie herunterlief
und nach Austritt aus dem Kanale nach vorn abbog, um über die
Arteria subclavia hinweg an deren Vorderseite in den Anfang der
Vena anonyma sinistra unmittelbar unter dem Ende der Vena jugularis
interna
einzumünden. Dadurch bildete sie mit dieser mächtigen Vene
an der inneren Seite der
Arteria vertebralis eine Venengabel, in welche
sich der
Ductus thoracicus wie auf eine Stütze hineinlegte, um nach
Uebersclireitung des Anfangtheiles vom Bogen der
Arteria subclavia
in die Schlüsselbeinvene einzumünden.

In einem zweiten Falle kam die Vena, vertebralis .sinistra hinter
der
Arteria subclavia, zwischen ihr und der Pleura zu liegen und ging
dann nach vorn, um in die
Vena jugalccris an ihrem unteren Ende einzu-
münden, so dass man vom Thoraxraume aus, nach Wegnahme der Pleura,
das mit der Schlüsselbeinarterie sich kreuzende Gefäss von hinten nach vorn
zu frei verlaufen sehen konnte. In diesen horizontalen Theil der
Vena
vertebralis
mündete von oben herabkommend, vor der Arteria subclavia
noch ein Venenstamm ein, der der Vena cervicalis profunda entsprach.

In einem dritten Falle verhef sie auf der rechten Seite ebenfalls
hinter der
Arteria subclavia zur Einmündungssteile, während sie auf
der linken Seite vor dieser Arterie herahging.

In einem vierten Präparate endhch gingen beiderseits beide Verte-
bralvenen vor der
Arteria subclavia herab.

Diese Verhältnisse sind insofern nicht unwichtig, als immer noch
von der Unterbindung der aufsteigenden Partie der
Arteria suhclavia
gesprochen wird und Methoden dazu aufgeführt werden, ohne etwas von
der
Vena vertebralis und dem auf der hnken Seite direkt an ihr Hegenden
Ductus thoracicus zu erwähnen, die dabei leicht zerschnitten werden können.

An der äusseren Seite der Carotis, dicht hinter dem M. sterno-
cleidomastoideii.s
hat man die Vena jugtdaris interna, zwischen ihr und
Carotis den Nervus vagus.

Die Vena jugularis externa zeigt sich Hnks zwischen Clavictda
und M. omohoideus. Rechts mündete sie in die aufgeschnittene Vena
transversa scaptdae
ein. Von der Vena subclavia war beiderseits nichts
zu sehen, dieselbe lag intakt noch unterhalb der Schnittfläche.

Trachea und Oesophagus sind auch ohne Bezeichnung schon durch
ihre Form leicht zu erkennen. Vor ersterer Hegt die Schilddrüse, welche
zugleich mit ihrem mittleren Theile getroffen worden ist. Sie erwies
sich als vollkommen normal sowohl in Beziehung auf Struktur als auf
Grösse, eine Erscheinung, die hier zu Lande verhältnissmässig selten ist.
Weitaus der grössere Theil der Leichen zeigt Vergrösserungen dieser Drüse.

Der Oesophagus beginnt bereits in dieser Höhe die Mittellinie zu
verlassen, um sich nach der Hnken Seite hinüberzuziehen.

Auf Tafel X, welche in der Höhe des Sternoclaviculargelenkes die
einzelnen Theile wiedergiebt. Hegt er bereits vollständig zur Hnken Seite
der
Trachea. Wenn aber auch diese seitliche Abweichung des Oesophagus
Regel ist, so scheint doch die Höhe zu variiren, in welcher diese Ab-
weichung den stärksten Grad erreicht. Wenigstens finde ich in
Pirogoff
diese vollkommen seitHche Lage bereits auf Tab. I. fasc. 2 abgebildet,
wo der Schnitt zwischen 1. und 2. Brustwirbel durchging, also in gleicher
Höhe wie bei der vorHegenden Abbildung.

Der linke Oberarmkopf ist so ziemlich in seiner Mitte getroffen
worden; man sieht vorn etwas vom
Tuberculum m.ajus, welches gleich
unter dem Schnitte zu finden war. Auf dieses hin geht auch die Sehne
des
M. infraspinatus, welcher sich im Bogen ein Stück um den Kopf
herumzieht. Unter dieser Sehne, in der Nähe ihres Ansatzes, zeigte
die Kapsel sich am dünnsten. Der
M. supraspinatus, dessen Fleisch-
masse zwischen den zwei Knochenstreifen der
Scapida Hegt, ist an seinem
vorderen Ende abgeschnitten, da wo er aufsteigt, um über den Kopf
zum
Tuberculum majus zu gelangen. Seine Sehne Hegt mit in der
Bandmasse an der vorderen Seite des Gelenkkopfes.

Der M. deltoideus mit seinen inneren Sehnenmassen ist schön ent-
wickelt und leicht zu erkennen. Zwischen ihm und den Ansätzen der
Rollmuskeln am
Tuberculum majus fand sich ein Schleimbeutel, dessen
Höhlung durch eine schwarze Linie bezeichnet worden ist.

Da die Caritas glenoidea so ziemHch in der Mitte geschnitten
worden ist, so Hegt auch die Sehne des langen Kopfes vom
Bic,eps frei
auf dem Durchschnitte in der Gelenkhöhle. Unten fand sich noch ein
dünnes
Mesenterium ihres Schleimbeutels; oben war die Sehne völlig
frei. Auf der vorderen Seite des
Proc. coracoideus Hegen die sehnigen
Ansätze des
Biceps und Coracobrachialis, weiter nach innen zu sieht
man das Muskelfleisch des
Pectorcdis m,inor. An der hinteren und
inneren Seite des
Proc. coracoidetts dagegen Hegt die durchschnittene
starke Bandmasse, welche die Verbindung mit der
Clavictda vermittelt,
das
Ligamentum conoideurn und trapezoideum.

Der rechte Oberarmkopf ist bedeutend höher getrofi\'en als der
linke, nämHch in der Höhe des oberen Randes der
Cavitas glenoidea.
Man sieht daher den Knorpelüberzug vollständig um den Knochen herum-
gehen und die Kapsel aHseitig frei. Aus der Tiefe tritt die Sehne des
Biceps hervor, um sich mit der sehnigen Masse der Gelenkpfanne am
Tuberculum sttpraglenoidale zu inseriren. Da an den Sehnentheilen die
Faserung nur im Allgemeinen wiedergegeben werden konnte, so darf
man in dieser Beziehung nicht zu viel von der Zeichnung erwarten. Man
wird deshalb die Faserzüge der Sehne des
M. infraspinatus nicht um den
Oberarmkopf herum bis zur Sehne des
Biceps verfolgen dürfen, wie es auf
der Zeichnung den Anschein hat; dieselben verloren sich vielmehr in die
Tiefe nach dem
Tuberculum majus zu, und hingen innig zusammen
mit dem Ansätze des auch hier abgetrennten
Muse, supraspincdus.

Unterhalb des Deltoideus fand sich auch auf dieser Seite ein
Schleimbeutel.

Vergleicht man die Zeichnung des hier vorHegenden Durchschnittes
mit dem auf Tafel IX gegebenen, also den Durchschnitt eines jungen,
muskelkräftigen Mannes, mit dem eines 50jährigen, so fällt gleich
die massivere Anlage des Ganzen in die Augen. Im einzelnen aber
sind nur die Muskellagen durchgehends breiter, während die Skelettheile
durchaus nicht grösser und stärker erscheinen. So zeigt sich daher
auch der Unterschied der Längen- und Dickendurchmesser gar nicht
in der Weise, als man bei oberflächlicher Betrachtung zu erwarten ge-
neigt ist. Nimmt man nämlich die Maasse von dem unteren Contur
der vorHegenden Zeichnung, welcher genau nach dem Umrisse der unteren
Fläche der Scheibe geführt wurde, und somit fast derselben Ebene ent-
spricht wie Tafel IX, so bekommt man die Schulterbreite nur um cm
grösser als bei dem alten Manne, dagegen den Dickendurchmesser in
der Mittellinie, von vorn nach hinten, beim alten um 1 cm noch grösser
als bei dem jungen Manne.

Es ist schon oben bei Besprechung der Lage der Arteria carotis
zum 6. Halswirbel besprochen worden, dass die Lage der Arterien nicht
durch die Knochen, sondern durch die Muskeln und Fascien bestimmt
ist, dass man demnach auch nicht die Knochenprominenzen als Orien-
tirungspunkte beim Aufsuchen der Arterien gelten lassen darf, sondern
sich nach den Muskeln und Fascien zu richten hat. Ein Gleiches gilt
für die Venen, Nerven, die
Trachea und den Oesophagus in der Hals-
gegend. Sie sind so beweglich in dem Raum der vorderen Halsgegend
eingebettet, dass sie bei Bewegungen des Rumpfes sowohl, wie bei Druck
von benachbarten Tumoren ihre Lage in ziemHch grossem Maasse wech-
seln können. Dies ist namentHch ersichtlich durch Tafel IX, sowie durch
die Verhältnisse auf der vorHegenden Tafel berechenbar. Die Möglich-
keit dieser Verschiebbarkeit auf dem Skelet ist durch das lockere Binde-
gewebe gegeben, welches diese Theile einhüllt. UnveränderHch dagegen
bleibt ihre Lage zu den sie umgebenden Muskeln und Fascien. Wenn man
daher eine Exstirpation von Tumoren am Halse oder die Tracheotomie und
Oesophagotomie ausführen wiH, so hat man sich bei dem eröffnenden
Schnitte in ähnlicher Weise nach den Muskeln und Fascien zu orientiren,
wie dies nach
Pirogoff^ Lehre bei den Arterienaufsuchungen ge-
schehen muss.

-ocr page 49-

Tab. IX.

Z.A.Punte, imp.lrco-

C, Schmiodel ad na! m lapid. delin

jll.JCj),

ipl \\oH Hl- (\'uni|). Lji\'),sia.(\'

-ocr page 50-

-^i^^mf? T

»

■ V ■■ ■ ■

■i\' f\' ;

f *

>r ..li»

-V

■.V \' \' -

. ,. ■ikt-\'W ~ ■... . ■ . ^ JS\' \' ,-•!»; -JKj.

\'M

...... ijî.

-ocr page 51-

TAFEL IX.

Der Cadaver, welchen ich für diesen Durchschnitt benutzte, war
der eines etwa 50jährigen Mannes. Derselbe hatte eine Vergrösserung
der Leber und der Schilddrüse, ebenso mehrfache Anheftungen der
Pleuren, zeigte aber sonst weder in Bezug auf das Herz noch auf die
übrigen Organe eine Abnormität. Er kam fest gefroren auf die Anatomie,
in einer Lage, bei der Oberarme und Oberschenkel leicht erhoben waren,
was für die Beurtheilung der betreffenden Gelenke bemerkt werden muss.

Der Schnitt, welcher auf der vorliegenden Tafel abgebildet ist,
ward durch das Sternoclavikulargelenk in horizontaler Richtung geführt,
so dass zugleich die Schultergelenke und die Bandscheibe zwischen
drittem und viertem Brustwirbel getroffen wurden.

Beide Lungen sind ziemlich symmetrischer Form; nur zeigt sich
die linke von vorn her eingedrückt, und in die Einbiegung der auf-
steigende Theil der linken
Arteria subclavia eingelagert. Es ist wahr-
scheinlich, dass diese Einbiegung durch die vergrösserte nach links ge-
lagerte untere Schilddrüsenpartie hervorgebracht wurde. Um die Lungen
herum sind durch weisse Conturen die Pleuren angedeutet und zwar
so, dass durch einen schwarzen Strich, welcher die Pleurahöhle wieder-
geben soll, das parietale Blatt von dem visceralen getrennt wird. An
das letztere hätte dann noch eine Fascie angelegt werden müssen, welche
die Innenseite der Intercostalmuskeln auskleidet. Sie wurde wegge-
lassen, um nicht Unklarheiten hervorzubringen. Schon das Anlegen
der Hauptfascien hat Schwierigkeit, da sie sämmtlich viel stärker ge-
zeichnet werden müssen als sie sich in der Wirklichkeit ausnehmen.
Will man nun sämmtliche Blätter auf einem Durchschnitte zur An-
schauung bringen, so wird dadurch ein Raum in Anspruch genommen,
welcher die ursprünglichen Conturen zu sehr aus der Lage bringt.

Die nahe Lage der beiderseitigen aufsteigenden Arteriae sub-
claviae
zur Pleura und Lunge, macht hier die Schwierigkeit ihrer Unter-
bindung recht deutlich. Man begreift die Möglichkeit einer dabei ge-
setzten Pleuraverletzung. Der absteigende Theil derselben Arterie ist
dagegen bereits durch die Intercostalmuskeln und Rippen von der Lunge
getrennt. Er hat seine Lagerung zwischen
Plexus brachialis und Vena
subclavia
eingenommen.

Die Venen sind, da sie nicht injicirt waren, zusammengefaltet, wie
sie vorlagen, abgezeichnet worden. An der linken
V. subclavia sieht
man in die Einmündungsstelle der
Vena cephalica hinein, die noch
nicht vom Schnitte getroffen worden ist. Unmittelbar vor beiden Venen
liegt die Sehne des
Muse, subclavius, angeheftet an die erste Rippe.
Dieselbe war auf der rechten Seite viel deutlicher als auf der linken,
da hier nur noch die untersten Fasern geblieben waren. In der Um-
gebung des grossen Nerven- und Gefässbündels liegen die
Arteriae
thoracicae
mit den\' entsprechenden Venen.

In dem Räume, der, als Beginn des Mediastinum, von hinten durch
den Körper des dritten Brustwirbels, vorn durch Sternum und Schlüssel-
beine, seitlich durch die Pleuren begrenzt wird, liegt zunächst am Wirbel
der
Ductus thoracictcs. Erst weiter oben verlässt er diese Stelle, um
sich zur linken
Vena subclavia zu begeben. Vor ihm lag der durch
gefrorenen Mageninhalt erweiterte Oesophagus. Die Masse, welche wahr-
scheinlich beim Transportiren des Leichnams heraufgetreten war, ist
herausgenommen worden. Vor dem Oesophagus hegt die durchschnittene
Luftröhre; seitlich derselben, etwas nach hinten gerückt, so dass sie
in die Furche zwischen Speise- und Luftröhre zu liegen kommen, die
zurücklaufenden Kehlkopfäste des
Nervus vagus. Links neben der Luft-
röhre sieht man die unterste Parthie der
Struma cystica, an welche sich
vorn und rechts zwei Venen, die das Blut von der Schilddrüse herab-
leiten, und demgemäss in diesem Falle vergrössert sind, anschliessen.

Rechts neben denselben, und links neben der vergrösserten Schild-
drüse liegt die
Arteria carotis, beiderseits mit dem Stamme des NervtiS
vagus
an der Aussenseite; noch weiter nach aussen die Anfangstheile
der
Venae anonymae, neben diesen die beiden Nervi phrenici, sowie
die
Arteriae mammariae internae.

Durch schwarze Linien sind die Gelenkspalten angedeutet, welche
dem Sternoclavikulargelenk angehören, zwischen ihnen erkennt man den
Zwischenknorpel.

Während vom Sternum zu beiden Seiten der Jncisura semilunaris
nur die obersten Spitzen abgetragen sind, liegen dahinter die grösseren
Durchschnittsflächen der Schlüsselbeine. Hinter dem Sternum sieht man
die Durchschnitte der
Musculi sternothyreoidei, hinter den Clavikeln,
mehr nach aussen, die der
Musculi sternohyoidei.

Die hintere Grenze des eben beschriebenen Raumes bildet der
untere Abschnitt des dritten Brustwirbels, hinter diesem die gleichfalls
mit getroffene Bandscheibe; zu beiden Seiten unter der Pleura, befinden
sich Intercostalvenen, die zur Azygos und Hemiazygos führen, und der
Nerims sympathicus.

Der Bogentheil des vierten Brustwirbels mit einem Theile des scharf
markirten
Lig. inter er %ir ale schliesst nach hinten den Spinalcanal ab,
dessen Inhalt auf dem Durchschnitte sehr klar die Lage der
Dura
mater,
sowie die Begrenzung der grauen Substanz im Rückenmarke
erkennen Hess. Der Schnitt durch das Mark erschien so glatt und
scharf, als ob er mit dem Rasirmesser gemacht worden wäre.

Sehr deutlich zeigt sich die Gelenkverbindung zwischen Wirbel
und vierter Rippe, ebenso der dazu gehörige Bandapparat auf der rechten
Seite,
Lig. colli costae.

Hinter dem Spinalcanale erkennt man das Lig. intercrurale, von
dem sich die Fasern des
Lig. interspinale scharf absetzen.

Ueber die Rückenmuskeln, welche, so gut als es bei der schwachen
Scheibe ausführbar war, isolirt und bestimmt wurden, ist hier nichts
hinzuzufügen, da sie auf der Abbildung selbst ebenso wie die übrigen
Theile bezeichnet sind. Bei der grossen Symmetrie, welche sich in
Folge der genau horizontal ausgeführten Durchsägung zeigte, war es
nicht nöthig, das, was schon auf der einen Seite bezeichnet worden
war, auch noch auf der andern zu markiren. Man wird leicht den
3£iisc.
levator angtili scapulae,
nachdem man ihn rechts bezeichnet gefunden
hat, auch hnks an der Form erkennen, ebenso wie den
Rhomboideus
und die übrigen. Vom Splenius colli ward nur noch das untere sehnige
Ende gefunden, ebenso Hess sich auch der
Serratus postic. sup. noch
deutlich mit seiner Zacke an der dritten Rippe beiderseits isoliren.

Eine sehr klare Uebersicht gewinnt man über den M. serratus
anticus major,
der in seinem oberen Theile fast parallel seiner Faser-
richtung durchschnitten ward. Auf der innern Seite ist er durch eine
Fascie von den Intercostalmuskeln getrennt, auf der äusseren Seite von
dem
M. subscapularis, dessen oberer Rand eben noch von dem Schnitte
getroffen wurde. Zwischen beiden liegt der
Nervus thoracicus longus.

Die Wirkung des M. serratus a. major ist eine verschiedene, je
nachdem er im Ganzen sich contrahirt, oder je nachdem seine einzelnen
Theile thätig sind. Wenn alle seine Fasern sich verkürzen, so presst
er die
Basis scapulae fest an den Thorax an und verhindert dadurch
ein Abheben der Scapularfläche. Es wird dadurch dem Arme eine
Festigkeit bei aller seiner sonstigen Beweglichkeit gesichert, und so die
Benutzung der oberen Extremität als Locomotionsapparat bei den Be-
wegungen des Kletterns und Schwimmens ermöglicht. Die Luft kann
dabei nicht die Haut unter den Scapularrand eindrücken und denselben
abheben, wie das bei flügeiförmigem Abstehen der Schulterblätter ge-
schieht in Folge von Lähmung des
Serratus. Bei der Thätigkeit der
einzelnen Portionen des Muskels, wirkt die obere Partie, die sich am
Angtdus scaptdae ansetzt, antagonistisch zur unteren, die an der Scapu-
larspitze inserirt. Letztere hebt durch Drehung der
Scapula im Acco-
mialgelenke den Arm aus der horizontalen Haltung zur verticalen, was
durch Bewegung im Humeralgelenke allein nicht möglich ist. Die obere
Partie, unterstützt durch die Wirkung des
Pectoralis minor, zieht den
erhobenen Arm wieder herab. Beide Muskelportionen functioniren also
alternirend beim wiederholten Einbauen. Sie haben auch verschiedene
Nerven. Die obere Abtheilung erhält ihren Nerven vom 5., die untere

7

-ocr page 52-

vom 7. Cervicalnerveii. Beide Nerven, die übrigens auch vom 6. Cer-
vicalnerven Zuwachs erhalten, treten mit einander in Verbindung bevor
sie in die Muskelmasse eintreten.

Zwischen den Mm. subscapularis, levator ang. sc. und serrattis
postic. sup.,
in einer kleinen dreieckigen Lücke, welche mit Bindege-
webe ausgefüllt war, Hess sich die
Art. dors. scap. erkennen. Da an
derselben Stelle der
Nervus d. scap. liegt, so wurde er hier mit ein-
getragen, trotzdem es mir nicht gelang, in dem Bindegewebe ein Nerven-
ästchen zu erkennen.

Weiter nach innen, zwischen den Rhomboidei und den tiefen
Rückenmuskeln, fand sich ebenfalls ein Gefässbündelchen, das sich
aber nicht bestimmen liess. Es ist deshalb auf der Zeichnung; ohne
Benennung so wieder gegeben worden, wie es im Präparate gefunden ward.

Während die Durchschnitte der Skelettheile in der Mitte wenig
Schwierigkeit bei der Deutung machen, hat man in Bezug auf das Ver-
hältniss der getroffenen
Scapida grössere Noth. Man sieht an beiden
Seiten, abgesehen vom Oberarmkopfe, drei Stücke vor sich, von denen
das hakenförmig nach vorn gebogene dem
Processus coracoideus mit
dem
Condylus scapulae angehört.

Unmittelbar dahinter, nur durch eine schmale Furche, die Incisura
scapulae,
davon getrennt, liegt der schmale Streifen des Schulterblatt-
körpers, und hinter diesem mehr nach der Körperoberfläche zu der
stärkere Streifen der durchschnittenen
Spina scapulae. Wenn man
daran denkt, dass die Arme in etwas erhobener Stellung sich beim
Durchsägen befanden, dass somit auch das Schulterblatt nach vorn rotirt
sein musste, so wird man die Schnittlinie leichter verfolgen können.
Dieselbe verlief von hinten her durch die
Fossa supraspinata, traf dann
die
Spiiia scapulae, ging durch die Incisura scapxdae, durch die Wurzel
des
ProcessxLs coracoideus und die Gelenkpfanne, um dann den Ober-
armkopf nahe

seiner Mitte zu durchschneiden. W^ir befinden uns daher
weit unter dem
Acromion und haben von der Spina scapxdae nur den
schräg durchschnittenen mittleren Theil vor uns. Glücklich traf es sich,
dass eine so symmetrische Schulterhaltung vorlag. Es wäre sonst, selbst
wenn man es beabsichtigt hätte, kaum möghch gewesen eine so gleich-
massige Figur des
Processus coracoideus auf beiden Seiten zu erhalten.

Diese Zeichnung der Durchschnittsfläche des Processus coracoideus
durch seine ganze Länge mit dem Condylus scapxdae giebt eine gute
Uebersicht der topographischen Schulterverhältnisse, Man erk-ennt die
Leichtigkeit mit welcher Luxationen des Oberarmes denselben unter den
Processus coracoidexis führen. Man erkennt aber auch die Schwierig-
keiten, die sich bei der
Exstirpatio scapxdae dem Herauslösen der Pro-
cessus coracoidexis
wegen der Nähe der grossen Gefässe und Nerven
entgegensetzen müssen.

Das obere Ende des Humerus ist so getroffen worden, dass der

Schnitt durch das Tuberc. majus, aber oberhalb des Txiberc. minus
durch die Knorpelfläche des Kopfes hindurch ging. Ein Weg der sich
durch die erhobene Stellung des Armes erklärt. Man sieht daher auch
auf der Abbildung deutlich den
M. infraspinatus an den Humerus
selbst gehen, während der
M. subscapularis unter dem Processus cora-
coideus
in der Tiefe verschwindet.

Die Gelenkspalte des Oberarmgelenkes ist durch einen schwarzen
Strich angegeben worden, in der Stärke wie sie sich in der Natur
vorfand. Ebenso sind die Knorpelgrenzen genau so angegeben, wie sie
sich zeigten. Dagegen hatte es mit einer eingehenden Analyse der zer-
schnittenen Bandmassen grosse Schwierigkeit. Es stand zu befürchten,
dass bei weiterem Präpariren das Bild wie es ursprünglich sich dar-
stellte, zerstört w^erden würde, und wurde deshalb auch sowenig als
möghch hinein gezeichnet, sondern nur das angegeben was sich dem
Auge darstellte.

Der Raum zwischen Proc. coracoid. und Oberarmkopf enthält ausser
dem Bindegewebe über der Kapsel auch das
Lig. coracohximerale, das
man freilich aus der Zeichnung kaum erkennen wird.

An der vorderen Fläche des Knochens sieht man die durchschnittene
Bicepssehne. Die Höhle des Schleimbeutels wurde genau untersucht
und abgezeichnet. Man sieht, dass der Schleimbeutel rechts ein schmales
Mesenterixim bildet, während anf der linken Seite keins vorhanden ist,
somit die Höhle allseitig um die Sehne herumgeht. Man kann sich
leicht bei Durchschnitten durch das Schultergelenk von diesen ver-
schiedenen Verhalten der Schleimbeutel überzeugen. Am
Processus
coracoideus
hegen die sehnigen Ansätze der Mm. biceps, coracobrachialis
und pectoralis minor. Fleischfasern Hessen sich an ihnen nicht ent-
decken, soweit sie hier freilagen.

Um das Schultergelenk herumgelagert erkennt man den querdurch-
schnittenen
M. deltoidexis mit seinen sehnigen Stellen im Innern der
Fleischmasse, Unter ihm nach hinten zu Hegt der mehr parallel seinen
Fasern durchschnittene
Supraspjinatus, ebenfalls mit einer sehnigen Stelle
im Innern. Zwischen
Spina .scapulae und Körper der Scapxda befindet
sich der hintere Theil des
Sapraspinatxis. Zwischen diesem und dem
Sxibscapularis erscheint die Arteria transversa scapulae, welche noch
nachträglich in die Zeichnung eingetragen wurde. Das kleine Gefäss
zwischen
M. sxtpra und infraspinatus ist dieselbe Arterie, in ihrem
weiteren Verlaufe zur
Fossa infraspinata durchschnitten.

Was die Darstellung der Fascien betrifft, so ist nur zu bemerken,
dass dieselben so aufgezeichnet wurden, wie sie sich vorfanden und dass
die Breite der Linien etwas vergrössert werden musste, um sie über-
haupt zu Gesicht zu bringen. Eine strenge Scheidung zwischen Binde-
gewebsstreifen und wirklichen Membranen war in der Zeichnung nicht
möglich. Beide mussten einfach weiss gehalten werden.

-ocr page 53-

to.1 .«Mflwii

Tab.X.

va

Vcii (V Cojil!)

-ocr page 54-

E

.y

■ ; •

r

\' . I-\'W-
;

• r

- HN - Vu,.,- ■

i t \' . ■ ■ ■■ ■■ i-

f,\'

/

pîV . aftSS^\'-v ; , ■si»

y .r.;\' ■
li:

À- \' ^ \' - .

i\',\'5..

. ^ . • ^ • - ^ f \' \' \\ t " >

i;

-ocr page 55-

TAFEL X.

Die vorliegende Tafel gibt einen Schnitt an der Grenze zwischen
Brust und Hals von einem 22jährigen jugendlichen, kräftigen
völlig normalen Körper, der ganz frisch, noch in Todtenstarre, auf
die Anatomie gebracht wurde. Von demselben Körper wurde auch die
folgende Reihe der Durchschnitte bis zum Becken herab genommen.

Die hier vorliegende Scheibe hatte eine Stärke von Sy^ cm und
zeigt wie die übrigen die obere Fläche, so dass man von oben in den
Körper hineinblickt. Die Arterien blieben uninjicirt. Der Schnitt traf
vorn das
Manuhrium sterni, hart unter seinem oberen Rande, und hinten
den 3. Brustwirbel nahe seiner oberen Grenze, mit einem Theil der
daraufliegenden Bandscheibe. Von den übrigen Knochentheilen sieht
man vorn neben dem Brustbeine die Durchschnitte der Schlüssel-
beinenden, und zwischen beiden den Gelenkapparat mit dem Zwischen-
knorpel. Seitlich von den Sternalenden der Schlüsselbeine liegen die
Durchschnitte der ersten Rippen, hinter diesen die der zweiten, und
weiter nach rückwärts und einwärts die der dritten. Letztere sind nicht
ganz gieichmässig getroffen worden. Während nämlich auf der linken
Seite die dritte Rippe ein zusammenhängendes Stück darstellt, im Ge-
lenk am
Processus transversus und unmittelbar unter dem Gelenk am
Wirbelkörper getroffen, ist von der rechten Rippe das mediale Ende
fast vollständig entfernt worden, und nur noch ein Stückchen vom Köpf-
chen gebheben. Die Schulterblätter sind durch die Gelenkpfannen
geschnitten. Die Ob er arm köpfe zeigen beide Rollhügel und den unteren
Theil der Gelenkflächen.

Vergleicht man Tafel IX mit der hier vorliegenden, also die Lage
der Theile bei einem 50jährigen mit der an einem 22jährigen Manne,
so hat man dort den 3. Brustwirbel an seinem unteren Ende, hier an
seinem oberen Ende getroffen, also bei dem jungen Manne ziemlich
um eine Wirbelhöhe höher geschnitten als bei dem alten, und trotzdem
das Brustbein an einer tieferen Stelle erreicht. Dies zeigt, da der
Schnitt genau horizontal verlief, dass bei dem jungendlichen Körper
das Brustbein höher stand als bei dem alten. Vergleicht man die Quer-
und Tiefendurchmesser beider Brustschnitte mit einander, so findet man
bei dem alten Manne den Tiefendurchmesser grösser, dagegen den Quer-
durchmesser geringer als bei dem jüngeren. Es ist nicht unmöglich,
dass die vergrösserte, bis in den Thoraxraum hineinragende Schilddrüse
zum Theil mit die Ursache dieser Verschiedenheit ist.

Ebenso fordert die Schulter zur Vergieichung auf, die in Folge
der überaus kräftigen Muskulatur bei dem jüngeren Manne viel höher
stand und deshalb bedeutend tiefer von der Säge getroffen worden ist.
Man erkennt gleich an den grösseren Flächen, welche
Mm. pectoralis
major, deltoideus, subscapularis
darbieten, dass hier eine stark ent-
wickelte Muskulatur vorlag. Zum Theil wird auch durch diese
Muskelmassen die vordere Begrenzungslinie der Haut bedingt, die bei
beiden so differirt; zum grossen Theile aber auch durch die verschiedene
Schulterhaltung. Während nämlich der alte Mann mit leicht erhobenen
Armen gefroren ankam, wodurch die Schultern etwas nach vorn gerückt
waren, lagen die Arme bei dem hier abgebildeten Cadaver gestreckt
neben dem
Thorax.

Dagegen differirten auffallender Weise die Tiefen- und Querdurch-
messer der Cadaver selbst in gleicher Höhe auffallend wenig, was sich
auch schon durch Messung der hier vorliegenden Scheiben erkennen
lässt. Der Querdurchmesser auf dieser Tafel beträgt 2 cm mehr als
der auf Tafel IX, was zum grossen Theil auf Rechnung der Musku-
latur kommt, da die Knochencontouren grosse Uebereinstimmung zeigen.

Was den mittleren Theil auf der vorliegenden Tafel anbetrifft, so
ist die Lage der Gefässe und Nerven viel einfacher
und verständlicher
als auf dem Schnitte durch den Körper des
älteren Mannes, wo durch
den bis in den
Thorax hineinragenden Kropf wichtige Lage Veränderungen
hervorgebracht worden waren.

Hinter dem Sternum liegen die Durchschnitte der Musculi sterno-
thyreoidei,
neben ihnen, hinter den Klavikeln, die der Sternohyoidei.
Vor dem Sternum sieht man noch die sehnigen Ansätze der Mm. sterno-
mastoidei.
Geht man weiter nach innen, so zeigt sich hinter dem Mus-
kelstreifen, welcher sich hinter
Sternum und Klavikeln im Bogen quer
von einer Seite zur andern zieht, durch die starke mittlere Halsfascie
davon getrennt, der obere Theil der
Thymus und unmittelbar hinter
dieser die sehr schräg von links nach rechts und unten verlaufende und
deshalb sehr weit aufgeschnittene
Vena anonyma sinistra. Den Stamm
dieser Vene kann man noch ein Stück nach rechts hin verfolgen, fast
bis zu dem Venenlumen, welches der senkrecht in sie hinabsteigenden
Vena thyreoidea inferior angehört. Jenseits dieser Vene lag der Stamm
tiefer und schimmerte nicht mehr durch das Bindegewebe hindurch, daher
erscheint auch die quergeschnittene
Vena anonyma dextra on isolirt.

Bei genauerer Betrachtung erkennt man in der weit aufgeschlitzten
Vena a. sin. zwei kleine Oeffnungen. Die vordere davon gehört der
linken
V. mammaria interna an, die hintere dem Ductus thoracicus.
Der Ductus mündete in diesem Falle etwas weiter nach innen als ge-
wöhnhch, also in die
Vena anonyma anstatt in die Suhclama; er konnte
an der inneren Pleurawand der linken Lunge direkt nach hinten ver-
folgt werden, wo er dann nach abwärts umbog, um sich an die Wirbel-
säule anzulegen.

Hinter der grossen Vene, die ziemlich mit Blut angefüllt war, und
noch im erstarrten Zustand ihrer Wandungen, nach Wegnahme des
Blutes, genau abgezeichnet wurde, liegen vier verschieden grosse Arterien-
öffnungen, eine Reihe einhaltend, die schräg nach vorn und rechts bis
zur Mittellinie verläuft. Dieselben entsprechen, von links angefangen,
der
A. subclavia sin., A. vertebraMs sin., welche hier selbstständiff aus

O

dem Aortenbogen entsprang, der A. carotis sin., und dem Trtmcus
anonymus.
Der Aortenbogen fand sich unmittelbar unter der Schnittfläche.

Die Arteria anonyma ist in Beziehung auf ihre Länge und ihre
Ursprungsstelle vielfach variirend, jedoch stets so zur Mittellinie gelagert,
dass sich zu ihrer Aufsuchung am meisten der von
Pirogoff vorge-
schlagene Schnitt in der Mittellinie der \'
Excavatio jugulotrachealis
empfiehlt. Nach Versuchen an der Leiche habe ich mich überzeugt, dass
das von ihm angegebene Verfahren am sichersten auf die Arterie führt.

Man wendet den Kopf nach links, drückt die rechte Schulter ab-
wärts, und dringt mit dem Messer bis auf die vom Zungenbein und
Kehlkopf zum
Sternum herabgehende Muskelgruppe ein. Hier gilt es,
genau in der Mittellinie zwischen beiden
Mm. sternothyreoidei einzu-
schneiden, und darauf die starke Halsfascie zu trennen, mit welcher
die grossen Venen fest verwachsen sind. Ist dies geschehen, so kann
man bereits den Arterienstamm in dem lockeren Zellgewebe auf der
Trachea isoliren und die Ligatur darum führen, nur hat man dabei zu
bedenken, dass unmittelbar daneben die grosse
Vena anonyma
sinistra
liegt, und quer über den Trunctis anonymus verläuft; dass
aber an der rechten Seite des
Truncus, von hinten her gerechnet, der
Nervus vagus herabzieht, wie auch aus der Abbildung ersichtlich ist.
Der
VagtLS war hier unterhalb seiner Abzweigung des Ramus recurrens
getroffen worden, liegt deshalb auch weiter nach rückwärts als höher
oben; auf der linken Seite ist der
Ramus reccurrens zwischen Oesophagus
und Trachea zu finden, der Stamm des Vagus aber vor der Arteria
subclavia.

Aus der Lage der A. anonyma ist ersichtlich, dass Eitersenkungen
in das
Mediastinum nach einer solchen Operation sehr leicht eintreten
können; ebenso müssen die relative Kürze des Arterienstammes und
der starke Druck im Aortenbogen die Bildung eines resistenten
Throm-
bus
ausserordentlich erschweren. Es ist daher vollkommen begreiflich,
dass selbst kunstgerechte Ausführungen dieser Ligatur von schlechtem
Erfolge begleitet sind. Die Lage der
A. anonyma ist aber auch bei

-ocr page 56-

Ausfiüining der Tracheotomie unterlialb der Schilddrüse zu berück-
sichtigen. Man wird sich darauf gefasst machen müssen, hierbei mit-
unter auf ein schräg über die
Trachea verlaufendes arterielles Gefäss
zu stossen, wie es
Lüche in einem Falle begegnete, und wird dies Gefäss
auf die
Anonyma zu beziehen haben.

Ueber die Unterbindung des aufsteigenden Theiles der Arteria
subclavia
und deren Gefahren ist schon oben gesprochen worden. Da-
gegen muss hier noch besonders hervorgeboben werden, dass auch bei
normalen Verhältnissen, so wie sie hier vorliegen, die linke
Subclavia
in einer Einbiegung der Pleura liegt, dass somit dieselbe, so wie es auf
dem Schnitte durch den Körper des älteren Mannes (Tafel IX) scheinen
könnte, nicht erst durch den Druck der vergrösserten Schilddrüse gegen die
Pleura angedrängt wird, sondern regelmässig dieses Verhältniss einhält.

Dagegen zeigt sich auf dieser Abbildung recht deutlich, dass durch
Anschwellungen der Schilddrüse der
Oesophagus sehr leicht aus seiner
Lage gebracht und hinter die
Trachea verschoben werden kann. Nor-
maler Weise weicht in der Gegend der oberen Brustapertur die Speise-
röhre aus der Mittellinie nach links ab, und es erreicht diese Ab-
weichung den höchsten Grad an der Gegend des 2. und 3. Brustwirbels.
Ein ganz gleiches Verhalten fand ich bei Durclischnitten an einem
anderen normalen männlichen Cadaver. Ebenso bildet auch
Pirogoff
auf Tab. I., fasc. 2, wo er einen Querschnitt in der Höhe zwischen
1. und 2. Brustwirbel an einem erwachsenen kräftigen Manne gibt, den
Oesophagus seitlich zur Luftröhre ab. Daher kann auch nur bei
stark ausgedehntem
Oesophagus ein Abschnitt desselben in die Mittel-
linie hineinragen, wie sich auf dem von mir gegebenen Längsschnitte
auf Tafel I zeigt. Bei zusammengezogener Speiseröhre lässt sich bei
einem genauen Medianschnitte das
Contimium desselben nicht darstellen.
Dieses Lagerungsverhältniss macht es deutlich, dass man bei Ausübung der
Oesophagotomie, vorausgesetzt, dass sich nicht linksseitige Anschwellungen
der Schilddrüse vorfinden, auf der linken Seite der
Trachea die Speise-
röhre zu suchen hat, und aus der Abbildung allein schon ist es erklär-
lich, dass der Gang der Operation ähnlich sein muss, wie bei Auf-
suchung der linken
A. carotis communis, und A. vertebralis. Besondere
Rücksicht ist hierbei auf den naheliegenden
Ramus recurrens nervi
Vagi
zu nehmen.

Ausserhalb der Brusthöhle, unter dem M. pectoralis major und
minor liegt der Plexus brachialis und die Vena subclavia; zwischen
beiden die
Arteria subclavia. Nimmt man in dieser Gegend den Pec-
toralis m.ajor
weg mit den Muskelästen der Arteria thoracicoacromialis,
so kommt man auf eine dünne Fascie, welche über den kurzen Kopf
des if.
biceps, den M. coracobrachialis und M. pectoralis minor weg-
zieht, sich medianwärts bis zum Sternoclaviculargelenk erstreckt, und
mit dem
Muse, subclavius verbindet.

Nach aufwärts zu, an der Verbindungsstelle mit der scharfrandigen,
nach der 1. Rippe sich hinziehenden
Fascia coracoclavicularis, hört die
Fascie mit sichelförmigem Rande auf, und bildet so eine Oeffnung nach
aussen und oben zu, analog der
Fossa ovalis am Schenkel, wodurch
der Eintritt der
Vena cephalica und Arteria thoracicoacromialis in die
Tiefe ermöglicht wird. Unterhalb dieser, in der
Mohrenheim\'sehen Grube
gelegenen OefFnung, ist der Schnitt zu dieser Abbildung verlaufen, so
dass die Continuität dieser Fascie auf der Abbildung nicht unterbrochen
ist, sondern sich durch eine weisse Linie wiedergeben Hess. Die Fascie
bildet mit ihrer hinteren Wand eine Scheide für
Pectoralis minor und
Coracobrachialis und stellt damit sogleich das vordere Blatt der Ge-
fässscheide für die Achselgefässe dar. Als solche heftet sie auch weiter
oben die Vene an den
M. subclavius und die Clavicula und verhindert
dadurch deren Zusammenfallen, was bei Verletzungen der Vene an dieser
Stelle Veranlassung zu gefährlichem Lufteintritt geben kann.

Das hintere Blatt der Gefässscheide wird von der Fascie des M.
serratus antictis major
und der Intercostalmuskeln, das äussere von der
des
M. stibscapularis gebildet. Am Schultergelenk erkennt man durch
schwarze Linien angedeutet die Höhle der Gelenkkapsel. Man sieht
aber auch gut die Faltungen derselben, welche eine Drehung des Kopfes
ermöglichen und sich dabei auf der einen Seite ausgleichen, während
sie auf der entgegengesetzten noch weiter sich zusammenlegen müssen.
Die Verstärkungen der Kapsel durch die Ansätze des
Stibscapularis
und Teres minor sind auf der Abbildung gut zu sehen. Ebenso war
der Schleimbeutel zwischen der Sehne des
Subscapularis und der Kapsel
auf der rechten Seite gut erkennbar und durch eine schwarze Linie
markirt worden. Auf der linken Seite war ein solcher nicht zu entdecken.

Um die Verhältnisse zu zeigen, wie sie hochgradige, pathologische
Veränderungen der Lunge und Pleuren auf solchen Durchschnitten be-
dingen, habe ich aus dem grossen
Pirogoff\'Bch&ß. Atlas zwei Abbil-
dungen in linearen Umrissen copirt, und so umgedreht, dass sie mit
meiner Tafel correspondirende Seiten zeigen, also ebenfalls von oben
nach abwärts in den Körper hineinblicken lassen. Sie sind auf halbe
Grösse reducirt, ebenso wie der Holzschnitt Fig. 1, welcher das Mittel-
stück meiner Abbildung, der besseren Vergieichung halber, daneben
zeigt. Die römischen Ziffern bezeichnen die Wirbel und Rippen; die
arabischen die Gefässe, Luft- und Speiseröhre. Die umgebenden Mus-
keln und Abschnitte der oberen Extremitäten sind hinweggelassen worden,
um die Holzschnitte vergleichbar zu machen.

Figur 2 betrifft ein tuberkulöses Individuum von 18 Jahren mit
grossen Cavernen im oberen Lappen der linken Lunge, und ist aus
dem Atlas von
Pirogoff genommen, aus einer Reihe von Durchschnitten,
welche auch die Dislocationen des Herzens erläutern, und durch die
Bezeichnung, Cadaver B, als zusammengehörig erkennbar sind.

Der Schnitt verHef ziemlich in gleicher Höhe wie der meinige,
gibt also ein gut vergleichbares Bild.
Pirogoff Hess beide Schnitt-
flächen abbilden, da die Säge so viel Masse hin weggenommen hatte,
dass die Linien auf beiden Schnittflächen nicht unwesentlich von einander
differirten. Von diesen wurde das passende Bild herausgenommen und
genau auf halbe natürliche Grösse verkleinert.
Pirogoff gibt im Texte,
fasc. IL. p. 10, an, dass nach dem Erhärten des Körpers die oberen
Extremitäten mit den Schulterblättern hinweggenommen worden seien.
Die Pulmonalpleura war mit dem Costalblatte dicht verwachsen. Die
Cavernen, welche durch Schrafflrung im Lungenbezirke leicht erkennbar
sind, besassen eine enorme Grösse. Die linke Seite des
Thorax war
am Cadaver bedeutend eingesunken gegenüber der rechten. Betrachtet
man aber die Durchschnittszeichnung, so fällt diese Einsenkung weniger
auf. Nur zwischen dem I, und II. Rippendurchschnitt ist eine schwache
Einbiegung des äusseren Conturs zu bemerken. Dagegen ist der quere
Durchmesser des Hnkeu Thoraxraumes nicht unbeträchtlich grösser als
der der rechten Hälfte. Es ist leider nicht von
Pirogoff angegeben
worden, ob weiter nach abwärts sich vielleicht ein abgesacktes pleuri-
tisches Exsudat vorfand, welches die Ursache dieser Verbreiterung hätte
sein können. Es lässi sich deshalb auch über die veränderte Form des
Mediastinalraumes unü deren Ursachen wenig Erhebliches sagen. Der
Schnitt selbst ist fast um eine Wirbelhöhe tiefer gefallen als der meinige.

Fig. 3 zeigt einen Schnitt, der genau in derselben Höhe geführt
wurde, als der meinige. Er wurde an einem erwachsenen Manne ge-
macht, der einen linksseitigen
Pneumothorax hatte, erst kurz vor dem
Tode entstanden. Die linke Lungenspitze lag tiefer, comprimirt durch
die Luft- und Eitermenge, und war deshalb auf diesem Schnitte gar
nicht sichtbar. Auf der rechten Seite war die Lunge nahe an ihrer
Kuppel durchschnitten worden.

-ocr page 57-

Es ist deutlich ersichtlich, dass die Ausdehnung der linken Thorax-
hälfte nicht nur durch Erhebung der Rippen zu Stande gekommen war,
sondern auch durch Einwärtsdrängung des Mittelfells, wodurch die
Theile im oberen Mediastinah\'aume ziemlich bedeutend aus ihrer Lage
gerückt erscheinen.

In dieser Gegend bildet die Clavicula mit der L Rippe eine be-
wegliche Zwinge, welche bei bestimmten Bewegungen der Arme im Stande
ist, nicht nur die
Arteria, sondern auch die Vena subclavia an der
Passage über der 1. Rippe wasserdicht zu verschliessen. Der Werth
einer solchen Compression bei Verwundungen des Armes wie der Achsel-
höhle ist so augenfällig, dass er nicht erst noch weitläufig auseinander-
gesetzt zu werden braucht. Herr Dr.
Herzog hat über dies Verhält-
niss unter meiner Leitung auf hiesiger Anatomie eingehende Unter-
suchungen angestellt und dieselben in der
Deutschen Zeitschrift für

Chirurgie, 1882, XVI. Band veröffentlicht. Die beifolgende Figur ist
eine Copie seiner daselbst gegebenen Abbildung.

In sehr eingehende!" und klarer Weise hat Herzog abei- auch die
Fascienverhältnisse dieser Gegend behandelt, und nachgewiesen, dass

Fig. 4.

dieselben sehr kräftig wirkende Saugapparate bilden, welche nicht nur
für die Bewegung des Venenblutes, sondern auch für die der Lymphe
und des Chylus von hervorragender Bedeutung sind.

Die Herzog\'Bche Arbeit ist zu umfänglich und werthvoll, als dass
sie hier in Kürze mitgetheilt werden köimte. Ich verweise daher auf
das Original selbst.

-ocr page 58-

TAFEL XL

Die hier abgebildete Scheibe zeigt die obere Fläche und gehört zu
demselben normalen Körper wie die übrigen. Ihre Stärke betrug 3V2 cm.
Der Schnitt geht durch den unteren Rand des Aortenbogens, einen halben
Centimeter oberhalb der Theilung der
Trachea in beide Bronchien,
schneidet den 4. Brustwirbel etwas unter seiner Mitte und theilt das
Sternum unmittelbar unter dem Ansatz der 1. Rippe, so dass auf der
rechten Seite noch ein Knorpelstreifchen derselben zu erkennen ist.
Das Schulterblatt wurde unter der
Spina, und der Humerus unter den
Rollliügeln getroffen. Der Schnitt traf gerade den oberen Rand des
M. teres major und legte den Verlauf der Ateria circttmflexa humeri
posterior
mit dem Nervus axillaris ein Stück weit frei. Nerv und
Gefäss gehen in direkter Richtung auf den
M. deltoidexis zu. Der
Schnitt macht es klar, dass beide hinter dem
Humerus vorbei gehen
müssen, um zur Mitte des
Mxisc. deltoideus gelangen zu können.

Die Achselgefässe und Nerven liegen auf dem M. subscapularis
und unter dem M. coracobrachialis. Ihre Lage zu einander ist eine
andere geworden, als auf der vorhergehenden Schnittfläche. Die Arterie
liegt nämlich nicht mehr zwischen Nerv und Vene, sondern wird von
den Wurzeln des
Medianus so umstrickt, dass sie durch eine ziemlich
grosse Nervenmasse von der Vene abgedrängt erscheint.

Der Thorax ist hart an dem unteren Rande der 1. Rippe quer
durchgeschnitten worden. Man erkennt noch auf der rechten Seite des
Stermim ein Stückchen vom Knorpel der Rippe, und hat der Lage
entsprechend eine breitere Durchschnittsfläche vom Handgriffe des Brust-
beins als auf der vorhergehenden Tafel. Hinter dem
Stermim zeigt
sich als dunkler Streifen der Ansatz der
Mm. sternothyreoidei, und
seitlich davon schliessen die Intercostalmuskeln den Brustkasten nach
aussen ab, um sich an die zweiten, dritten und vierten Rippen
anzusetzen. Nach hinten schliesst den Raum der Durchschnitt des
vierten Brustwirbels, welcher so nahe an seinem unteren Ende ge-
troffen wurde, dass bereits die Gelenkfortsätze des nächstfolgenden
Wirbels in die Schnittfläche heraufragen, und auf der rechten Seite
ein,Streifchen von der 5. Rippe zu sehen ist, während auf der linken
Seite die
Fascia endoihoradca die Abgrenzung bildet.

Die Form des Thoraxdurclischnittes hat die Gestalt eines
Kartenherzens, hervorgebracht durch das Vorspringen des Wirbelkörpers
und das Zurückweichen der Rippenanfänge. Es hat
Hyrtl, topogr.
Anatomie, 1860, I, 492,
bemerkt, dass diese Form mit der Haltung
des Menschen beim aufrechten Gange zusammenhänge, da bei dieser
Form der Schwerpunkt der Brusteingeweide näher an die Stütze des
Stammes rücke. Bei Thieren fehle dieser Vorsprung. Man kann aber
nicht behaupten, dass diese Form erst in Folge der aufrechten Stellung
entstehe; denn beim neugebornen Menschen, dessen Wirbel-
säulenkrümmung fast null ist
(Pirogoff, a. a. 0. fasc. I. A. Tab. 16,
Fig. 3),
ist diese Kartenherzform des Brustkastendurchschnittes
schon vorhanden, wie ich aus eigener Beobachtung sowohl, als auf
Grund der von
Pirogof gegebenen Querdurchschnitte neugeborener
Kinder,
fasc. II., Tab. 20, angeben kann. Dagegen fand ich das Verhält-
niss der Breite zur Tiefe in gleicher Höhe beim kindlichen
Thorax

verschieden von dem im Thorax des erwachsenen Menschen.
Während nämlich beim neugebornen Kinde der Tiefendurchmesser sich
ungeßihr zum Querdurclimesser v^erhielt wie 1:2, zeigt sich beim Er-
wachsenen auf der vorliegenden Tafel das Verhältniss wie 1:3. Bei
einem älteren pathologischen Individuum zeigte sich dagegen ein dem
kindlichen Habitus sich annäherndes Verhältniss, nämlich 1:2,5.

Beide Lungen befinden sich im Zustande der Exspiration, und
zwar in einem so hohen Grade derselben, wie er im Leben beim ge-
wöhnlichen Athemholen während der Respirationspause nie erreicht
wird. Da die Zusammenziehung der Lungen nach dem Tode von ihrer
Elasticität abhängig ist, so wird auch der Raum, den sie allmählich ein-
nehmen, um so kleiner werden müssen, je jünger, gesünder, elastischer
die betreffenden Lungen sind; und da die Zusammenziehung der Lungen
in gleichem Maassstabe ein Aufwärtsrücken des Zwerchfells und damit des
Herzens und der Leber und Milz bedingt, so werden wir bei jungen und
kräftigen Individuen einen höheren Stand des Zwerchfells und seiner
Nachbarorgane nach dem Tode vorfinden als bei älteren oder kranken.

Vergleicht man nun Durchschnitte von älteren Individuen mit dem
hier vorliegenden, so findet man dasselbe Bild erst bei einer tieferen
Wirbelhöhle (bei einem 50jährigen Manne am 6. Brustwirbel). Man
wird demnach bei Bestimmung der Lage des Aortenbogens, der Luft-
rölirentheilung u. s. w. jedesmal das Alter des Individuums mit in Be-
tracht ziehen müssen, und wird nicht eine bestimmte Wirbelhöhe für die
Details der Brusteingeweide als die normale allgemein hier aufstellen dürfen.

Die Lungen selbst wurden am unteren Ende ihrer oberen Lappen
geschnitten, so dass links bereits ein Streifchen von unteren Lappen
in die Schnittfläche hineinragt, welches, wie die Zeichnung auch er-
kennen lässt, nach abwärts an Grösse rasch zunimmt. Vorn, zwischen
den Lungen, liegt die
Thymus, die sich fast stets bis in die 20 er Jahre
hinein vorfindet, und deshalb Medianschnitte an jüngeren Individuen
ohne Eröffnung der Pleurahöhlen möglich macht. Bei älteren Leichen
liegen nach dem Schwunde der
Thymus die beiden Lungen so dicht
aneinander, dass bei solchen Schnitten die Eröffnung der Pleurahöhle
unvermeidlich wird.

Ich unterlasse es, über die Einzelheiten der Form des Mediastinum
zu sprechen, da bereits von Hyrtl, top. Anat. I, 547, und von Luschka
in Virchows Archiv, XV. 364, vorzügliche Darstellungen dieses Raumes
gegeben sind. Es ist der Mediastinalraum ausserordentlich veränderlich,
da er nur voi-n und hinten von festen Grenzen eingeschlossen wird, zu
beiden Seiten aber die beweglichen Mittelfelle hat. Die Volumsver-
änderungen der Lungen durch Athmen, durch Gewebsveränderungen,
müssen auch die Lage der Mittelfelle verändern. Dazu kommt ferner,
dass der Inhalt des Mittelfellraumes schon an sich ein beweglicher und
veränderlicher ist. Die Speiseröhre nimmt im gefüllten Zustande einen
anderen Raum in Anspruch, als wenn sie leer und zusammengefallen
ist. Dasselbe gilt von den grossen Gefässen, die nach jeder Herzcon-
traktion ihre Grösse nicht unbedeutend verändern.

In der Höhe des Manubrium sterni, in der wir uns auch auf der
vorliegenden Abbildung befinden, ziehen die Mittelfelle von aussen, der
Gegend des Sternoclavikulargelenkes, nach einwärts und abwärts herab,
so dass der Raum nach unten zu sich trichterförmig verengert. Da-
durch ist es möglich, auf die
Thymus, den oberen Rand des Aorten-
bogens mit den drei abgehenden Arterien, die
Vena cava superior mit
den beiden ungenannten Venen zu gelangen, ohne dass eine
Plexira
geöffnet zu werden braucht. Ebenso können Perforationen der hinter
dem
Manubrium sterni liegenden Partie der Luftröhre von der vor-
deren Brustwand aus stattfinden, ohne dass die
Pleura dabei getroffen
wird. Um in gleicher Wirbelhöhe die Verhältnisse bei pathologischen
Veränderungen vergleichen zu können, habe ich einige Abbildungen aus

Pirogoff\'B Atlas entnommen, sie auf halbe Grösse reducirt und umge-
kehrt, damit sie von oben nach abwärts den Blick in den Körper ge-
statten und die rechte Seite der Abbildung sich somit auch zur rechten
Hand des Beschauers findet, ebenso wie bei meiner Tafel, die der

-ocr page 59-

Tab. XI.

m-

WyLr:iJ}i::\' pr
L\'a\'VjT . Yf\'it u Coniji I

C vS(\'Tiiiriedf;l <flfl:ia.tiniP.F,aQ deliii

E.A.Funlce, irep.

-ocr page 60-
-ocr page 61-

besseren Vergieichung halber ebenfalls in halber natürlicher Grösse hier
in Figur 1 beigegeben wurde.

Von der Pirogoff\'^dim Abbildung, welche denselben Cadaver mit
linksseitigem
Pneumothorax betrifft, welcher zu Tafel IX. mit abgebildet
wurde, wurde das Spiegelbild genommen, um so die Seiten meiner Ab-
bildung correspondirend zu erhalten. Der Schnitt ging nach
Pirogoff\'s
Angabe vorn durch den 2. Intercostalraum, traf dann die 3., 4. und
5. Rippe am untersten Rande des 4. Brustwirbels, so dass bei dem
Pirogoff\'sehen Cadaver C. das Sternum bedeutend höher gestanden
haben muss als bei dem meinigen. Denn während die hinteren Skelet-
partien ganz gleiche Verhältnisse zeigen, differiren die Schnitte am
Stermim um die ganze Höhe einer Rippe und eines Intercostalraumes.
Man kann wohl diesen hohen Stand des
Sternum aus dem Pneumo-
thorax
und dem rechtsseitigen Lungenemphysem erklären. Die linke
Lunge liegt zusammengedrückt hinten an der Wirbelsäule, durch einen
welche verhältnissmässig
Avenig afficirt war, nahezu dieselbe Form wie
die anf meiner Tafel. Nm- die vordere Spitze der Lunge ist in Folge
der Vei-waclisung beider Plevn-en vorn an Stelle der
Thynms, etwas
nach links herüber gezogen worden.
Dagegen zeigt die linke Lunge
hochgradige Veränderungen in Folge der Infiltration mit Cavernen-
bildung. Dass die linke Seite des
Thorax nicht mehr eingesunken er-
scheint, ist wahrscheinlich durch den pleuritischen Erguss bedingt
worden. Nach Angabe
Pirogoff\'s pag. 15, fasc. IL, war das Bindegewebe
im
Mediastinmn durch vorausgegangene Entzündungen wesentlich ver-
ändert. Es zeigen sich feste Verwachsungen der Pleuren sowohl an
den Rippenflächen, wie im Innern des Mediastinalraumes, und damit
im Zusammenhange Verlöthungen dei\' daselbst liegenden Organe unter-
einander, die auf den Abbildungen begreiflicliei\'weise nicht wiedergegeben
werden konnten. Der Kranke war ein junger Mann von 20 elaln-en,
der im Hospitale starb.

pseudomembranösen Strang an die Thoraxwand angeheftet. Die rechte
Lunge, durch sekundäres Emphysem gewaltsam ausgedehnt, zeigt die
Ausgleichung aller Pleurafalten, die auf meiner Abbildung zu sehen
sind, und zugleich auch die obere Hohlvene, 3, zusammengedrückt.
Der ganze
Thorax zeigt in Folge der Ausdehnung eine andere Form
als bei Fig. 1. Entsprechend dem stärkeren Drucke in der linken
Brusthälfte sind auch die im
Mediastinum liegenden Theile, Trachea,
Oesophagus, Aorta
um ein bedeutendes Stück nach rechts hinüber-
geschoben worden.
Pirogoff hat von jedem Körper mehrere Schnitte
abnehmen lassen und abgebildet, so dass ich mich veranlasst sah, die
einzelnen Cadaver mit Buchstaben besonders zu bezeichnen, so dass
jeder Leser im Stande ist, denselben Cadaver auf den verschiedenen
Durchschnittsabbildungen wieder zu finden. Das Cadaver A. gehört
dem kräftigen Manne, von dem meine Haupttafeln abgenommen sind;
Cadaver B., C., D. gehören zu den
Pirogofsel^m Darstellungeji.
Cadaver C. stammt nach den Angaben
P\'wogoff\'s, Text pag. 23, fasc. IL,
von einem Manne mittleren Lebensalters, welcher im Hospitale starb
und beträchtliche pleuritische Ergüsse hatte. Ausserdem fand sich noch
eine Ilydropericarditis und Insufficienz der Semilunarklappen an äev Aorta.

Der Schnitt in Fig. 3, welche ebenfalls mit Umkehrung der Flächen
aus dem
Pirogoff\'sehen Atlas genommen wurde, zeigt dieselben Skelet-
verhältnisse wie meine Abbildung. Ebenso hat die rechte Lunge,

Die Abbildung, Fig. 4, stammt ebenfiills aus dem Atlas von Piro-
goff,
und wurde von dem Körper eines Mannes gewoimen, der nach
Pirogoff\'s Angabe an einer „scorbntisclien Pleui-itis" mit starkem Eiter-
und Bluterguss in der linken Pleurahöhle starb. Der vordere Rand
der linken Lunge war so mit der verdickten Pleura verwachsen, dass
die Pleurahölile dadurch in 2 Kannnern getheilt wurde, von denen jede
eine beträchtliche Quantität Jauche und Blut enthielt. Die linke Lunge
selbst war comprimirt und verwachsen. Die Höhle des Herzbeutels
zeigte in Folge der Compression, welelie sie durch das starke ))leuri-
tische Exsudat erlitt, eine winklige Gestalt. Das linke Herz war stark
liypertrophirt, die
Vahmla mdtralis mit Excrescenzen besetzt. Der
Sclniitt, welcher in gleiclier Höhe wie der meinige verHef, nämlicli
durch die Mitte des ersten Intercostalraumes lundurchging, die 2., 3.,
4. Rippe traf und den 4. Bi\'ustwirbel in seiner unteren Hälfte schnitt,
zeigt eine gewaltige Verschiebung des
Medicistinvm. Mit dem Media-
stinum
ist die Trachea durch den Druck der grossen Flüssigkeitsmenge
in der linken PleuralK\'ihle weit nach rechts hinüber ges(!hoben worden,
wie der Vergleich mit den normalen Verhältnissen in Fig. 1 ergiebt.
Ebenso hegt der
Oesophagus um eine halbe Wirbelbreite zu weit luich
rechts, so dass die Deglutition si(;herlich dadurch beeinträchtigt sein
musste. Namentlicli zeigt sich aber die naclv rechts gellende Disloca-
tion an der
Vena cava superior, welche naliezu bis an die Mitte der
rechten Thoraxliälfte liinübergerückt ist. Der Aortenbogen ist in Folge
vorausgegangener Entzündungen im
Mediastinum., welche eine Menge
von Verwachsimgen der daselbst liegenden Organe liervoi\'gebracht hatte,
so dislocirt und im Lumen verändert, dass er sich wie eine enge S2)alte
ausnahm; Vei\'änderungen, die ihren Einfluss bis auf das Herz geltend
machen mussten, von denen leider in dem
Pirogoff\'sehew Texte, pag. 60,
fasc. II.
nichts erwähnt wird. Die Lageverä.ndei\'ung der recliten
Lunge war hauptsächlich luit dur(ili die Organisation des daselbst vor-
handenen pleuritisclien Exsudates hervorgebracht worden. Ganz be-
sonders deutlich sprhigt auch die Einsenkung der Unken Thoi\'axhälfte
hl die Augen, welche besonders an der Dvu\'chschnittsfläche der 2. Ri]ipe
hervortritt. Es wird wohl niclit in Abrede zu stellen sein, dass das
ursächliche Moment dazu in dem langbestehenden E\\\'sudat auf dieser
Seite gegeben ist, mit den narbigen Massen, welche durch die Striche
auf der Abbildung allerdings nur schwach wiedergegeben werden konnten;
ohne dass damit gesagt sein soll, (hiss alle Einsenkungen der Thorax-
wand auf iiarbige Contractionen zu beziehen seien.

-ocr page 62-

Die vorliegende Abbildung stellt die obere Fläche einer SVg cm
starken Scheibe dar, und schneidet den Rumpf unmittelbar unter dem
Sternalansatze der zweiten Rippen sowie der oberen Fläche des 6. Brust-
wirbels; nach aussen ging die Säge durch das Fett am Boden der
Achselhöhle und traf die Oberarmknochen am Ansätze des
M. teres major.

An den Oberarmknochen sieht man die sehnigen Ansätze der
grossen Pektoralmuskeln, welche durch das Anlegen der Arme an den
Rumpf so gefaltet worden waren, dass sie einen flachen Bogen nach
aufwärts bildeten und somit zwei mal von der Säge getroffen wurden.
Unter der Sehne derselben liegt der
M. hiceps und M. coracohracMalis,
dicht unter letzterem erscheint das Gefäss- und Nervenbündel, und
zwar in solcher Anordnung, dass die
Arteria axillaris, bedeckt vom
Nervengeflecht, zunächst am Muskel gefunden wird. Will man daher
die
Axillaris zum Zwecke ihrer Unterbindung aufsuchen, so muss man
bei stark erhobenen Armen die Fascie des
(Joracohrachialis einschnei-
den und von der Scheide des Muskels aus, der sich leicht nach aussen
ziehen lässt, auf die Arterie eingehen. Man vermeidet so am sicher-
sten verletzende Quetschungen der Vene und der Nerven.

Wichtiger aber als die Verhältnisse der Armgegend, sind auf dieser
Tafel die Partieen des Rumpfes, der im zweiten Intercostalraume genau
horizontal durchschnitten vorliegt. Man erkennt, dass der Schnitt die
grossen Herzarterien unmittelbar über ihren Klappen getroffen hat, und
dass der linke Vorhof des Herzens mit dem obersten Rande des Herz-
ohres bereits in dip Schnittfläche hineinragt. Das Herzohr des rechten
Vorhofs liegt etwas tiefer, lässt sich aber vor der aufsteigenden
Aorta
eben noch erkennen.

- Vorn, hinter dem Sternum, stossen die beiden Lungen mit ihren
Pleurasäcken beinahe zusammen, so dass nur ein schmaler Raum übrig
bleibt, welcher zu der von den vorderen Mittelfellen eingeschlossenen
Thymus führt. Man sieht somit, dass an diesem Cadaver ein Median-
sclmitt den rechten Pleurasack hätte eröffnen müssen.

Die Conturen des Herzbeutels sind durch die Zeichnung deut-
lich markirt. Derselbe erstreckt sich in dieser Höhe hnks bedeutend
weiter nach hinten, als rechts, entsprechend der höheren Lage des
linken Herzohres. Rechts schliesst er vor der oberen Hohlvene ab,
erstreckt sich aber zwischen dieser und der
Aorta nach hinten bis zum
rechten Aste der Pulmonalarterie, und vermittelt dadurch wie ein
Schleimbeutel die zur Funktionirung nöthige Beweglichkeit beider Ge-
fässe gegeneinander.

Da die Gefässstämme, welche aus den Lungen in den linken Vor-
hof und aus dem rechten Ventrikel in die Lungen führen, in horizon-
taler Richtung verlaufen, so sind auch bei dem Horizontalschnitte durch
die Lungenwurzel viele von ihnen mehr der Länge nach getroffen worden,
während die mehr senkrecht vom Herzen und zum Herzen gehenden
Körpergefässe des grossen Kreislaufes quer geschnitten erscheinen.

Von den Gefässen des kleinen Kreislaufs ist besonders die Lungen-
arterie ins Auge zu fassen, welche in einem grossen Theile ihres Ver-
laufes frei gelegt ist. Sie ist unmittelbar über ihrem Ursprünge ge-
troffen, und in der ganzen Länge ihres rechten Lungenastes aufge-
schnitten. Der linke Ast wurde abgeschnitten, da er nicht in gleicher
Ebene lag, sondern etwas nach aufwärts stieg, um im Bogen über den
linken
Bronchus und das Atrium sinistrum hinweg zur linken Lunge
zu gelangen. Es verlief aber auch sogar der Stamm der Lungenarterie
selbst etwas nach links, hinten und aufwärts, wie aus der oberen
Fläche des Schnittes erkannt werden konnte, und wie sich auch aus
dem hohen Stande des linken Herzohres auf der vorliegenden Abbil-
dung selbst schliessen lässt.

Deutlich sichtbar ist die Fixirung der Aorta an die Pulmonalis,
und die bewegliche Lage der ersteren zur Vena cava. Wichtig er-
scheint die Lage der
Aorta vor dem rechten Aste der Pulmona-
lis,
welche bei a.neurysmatischen Erweiterungen des Anfangsstückes der
Aorta eine Compression der rechten Pulmonalarterie erwarten lässt.

Die Lage, der Klappen der Pulmonalis und Aorta zur Thorax-
wand wurde noch im festen Zustande des Präparates genau bestimmt,
und lässt sich auch aus der Abbildung annäherungsweise erschliessen.
Das
Ostium pulmonale lag an dem linken Sternalrande unter
dem oberen Rande des Knorpels der dritten Rippe; das
Ostium
aorticum
hinter der linken Hälfte des Sternum, in der Höhe
des dritten Rippenknorpels, also etwas tiefer, hinter und rechts zur
Oeffnung der
Pulmonalis. Die Krümmung der Aorta, hinter dem
Anfangstheil der
I\\dmonalis ist auf der Zeichnung möglichst genau
wiedergegeben worden; ebenso die Lage der Aortenklappen. Es muss
aber bei solchen Bestimmungen ausdrücklich betont werden, dass man
nicht damit die Verhältnisse am Lebenden genau wiedergiebt. Abge-
sehen von dem Einflüsse, den die Füllung und Spannung der Gefässe
geltend macht, wird die Lage des Herzens und seiner grossen Gefässe
hauptsächlich durch die umgebenden Lungen und durch das Zwerchfell
bestimmt; und somit auch durch jede Orts
Veränderung dieser so be-
weglichen Organe mit verändert. Es wird im Texte zur nächsten Tafel
dieses Verhältniss noch weiter besprochen werden.

Die beiden Bronchi sind deutlich zu erkennen. Während der
linke in Folge seiner weniger steilen Richtung mehr schräg und in
ziemlicher Strecke seiner Verzweigung getroffen wurde, ist der steil herab-
gehende rechte
Bronchus mehr quer geschnitten und mehrere seiner Aeste
bereits völlig abgetrennt worden. Zwischen ihnen liegen die der Lungen-
wurzel eigenthümlichen zahbeichen schwarz tingirten Bronchialdrüsen,

Nahezu in der Mitte vor dem 6. Brustwirbel liegt der Oesophagus;
links hinter und neben ihm die absteigende Aorta, die bereits ihre
Richtung nach der Mitte zu nimmt; zwischen beiden, grau markirt,
der hier doppelte
Ductus thoracicus. Der N. vagus lag rechts neben
der Speiseröhre und der dahinter liegenden
Vena azygos\', links, zwischen
Bronchus und Aorta descendens.

TAFEL XIL

Es ist für den practischen Arzt von Wichtigkeit, die Veränderungen
zu sehen, welche pathologische Zustände auf solchen Durchschnitten
bedingen. Deshalb habe ich zwei Abbildungen aus
Pirogoff\'s Atlas,
welche von erkrankten Individuen abgenommen wurden, hier beigegeben,
Fig.
1 zeigt die Verhältnisse bei massenhaftem pericardialem Exsudat
in gleicher Rippenhöhe mit meinem Durchschnitte,

Man erkennt die colossale Ausdehnung, welche der Herzbeutel an
der Wurzel der grossen Gefässstämme erhalten hat; beide Pleurasäcke sind
weit auseinander gedrängt worden, namentlich hat der rechte eine starke
Einbiegung erhalten. Die
Arteria pulmonalis mit ihrem rechten Lungen-
aste hat ihre Lage zur Mittellinie nur wenig verändert; die stark ver-
grösserte, aber gefaltete
Aorta liegt dagegen bedeutend weiter nach rechts
hinüber als im normalen Zustande, und ist ziemlich weit von der
Vena cava
abgedrängt. Ausserdem sind sämmtliche Gefässe durch das Exsudat, wel-
ches eine deutliche Percussionsdämpfung bis in den 2, Intercostalraum
hinauf erzeugen musste, ziemlich weit nach der Wirbelsäule zu verschoben.

-ocr page 63-

Tal). XII.

IV, Bran lU: jjt-a.e]!.
/Srimpt Veil (V Coinp, liipaiat:.

C. SchTrueclel ad.iia,tTnl^cdd-delin.

E.A,F7inlce, imp. LipBiae.

-ocr page 64-

»

\' » -.i^!*" ^ j- - "

■V

s

■Sir

; - X

■ - ■ l

-ocr page 65-

Der Schnitt lief, wie Pirogoff im Texte zu seinem Atlas, fasc. II.
pag. 22,
angiebt, durch den oberen Rand des 2. Intercostalraumes,
theilte die 3., 4. und 5. Rippe auf beiden Seiten, und traf den 4. Brust-
wirbel in der Nähe seines oberen Randes. Das Alter des Mannes,
welcher längere Zeit im Hospitale gelegen hatte, und daselbst starb,
ist nicht genauer bezeichnet, als durch die Angabe „mittleres Lebens-
alter". Es war auf jeden Fall höher, als das des Individuum, von
welchem meine Zeichnung genommen wurde. Bemerkenswerth ist, dass
während in der Nähe des
Sternum beide Schnitte in fast gleicher Höhe
der Rippen begannen, sie hinten in verschiedener Wirbelhöhe austraten.
In dem
Firogof[\\:chßii Bilde wurde der 4. Brustwirbel getroffen, bei
meiner Tafel der 6. Da die Bestimmung der Herzlage vom Kliniker
nach den Knochen der vorderen Brustwand getroffen wird, so habe
ich trotz dieser Wirbeldifferenz das
Pirogoff\'sohe Bild zur Vergieichung
ausgewählt, weil es in gleichem Intercostalraume wie das meinige angelegt
wurde. Man muss nur im Auge behalten, dass bei
Aem Pirogoff\'sehen
Cadaver durch die Exsudatmassen im Pericardium und in den Pleura-
höhlen die Rippen erhobeu waren, mit ihren vorderen Enden um
2 Wirbelhöhen höher standen als die bei meinem Cadaver.

Die folgende Abbildung, Fig. 2, zeigt die Lage Verschiebung der
Theile auf gleichem Durchschnitte bei linksseitigem pleuritischem
Exsudate und
Pneumothorax. Das Cadaver ist dasselbe, von welchem
Fig. 2 im Texte zu Tafel X genommen worden ist. Man erkennt deut-
lich die Ausdehnung der linken Thoraxhälfte und die Verschiebung der

1. 1. Bi

ronchi. 2. Oesophagus. 3. Arteria pulnwnatis. 4. Aorta ascende7is. 5. Vena cava superior. G. Aorta descendens.

grossen Gefassstämme nach rechts und hinten. Der Anfang der
Arteria pulmonalis liegt hinter dem rechten Sternalrande, der
der
Aorta hinter dem Ansätze des rechten 3. Rippenknorpels.

Der Pirogofsche Schnitt (vergl. Text zu P. Atlas, fasc. IL, pag. 28)
verlief in genau horizontaler Richtung durch den oberen Rand des
3. Rippenknorpels, theilte die 3., 4. und 5. Rippe auf beiden Seiten,
und ging durch den oberen Rand des
5. Brustwirbels. Also auch hier
wurde ein höher liegender Wirbel getroffen als bei meinem Cadaver,
was sich durch die Ausdehnung des
Thorax und die dadurch bedingte
Inspirationsstellung der Rippen erklärt. Auffallend bleibt es, dass zu-
gleich mit der linken Seite auch die rechte sich soweit hob, dass auf
dem Durchschnitte ein fast symmetrisches Bild der Rippendurchschnitte
zu Stande kam. Ausser der schmalen pleuritischen Adhäsion, welche in
Form eines Stranges von der Rippenwand zur Lunge verlief (vergleiche
den Holzschnitt auf p. 97) fanden sich hier weitere Adhäsionen, welche
den Pleuraraum in drei Abtheilungen zerlegen, die übrigens unter sich
communicirten. Die linke Lunge war übrigens fast völlig comprimirt
und mehrfach mit der Costalpleura verwachsen, so dass sie auf dem
Durchschnitte das polygone Aussehen erhielt.

Da die normalen Verhältnisse der Brustorgane auch von Henhe,
Ljuschha, Henle, 3Ieyer
u, A. eingehend behandelt worden sind, so ver-
weise ich des Näheren auf die betreffenden Werke, und füge nur noch
die Resultate einiger Beobachtungen über Herzdislokation bei Flüssig-
keitsansammlungen in den Pleurahöhlen hinzu.

Fig. 3 stellt die normalen Lageverhältnisse des Herzens zur
vorderen Thoraxwand dar, so wie sie von mir nach zahlreichen Leichen-
untersuchungen als für das jugendliche Mannesalter geltend be-
stimmt wurden. Nach Bestimmung der einzelnen Punkte ward das
Herz in den
Thorax, der wie aus unendlicher Entfernung gesehen dar-
gestellt wurde, im gefüllten Zustande eingetragen. In Folge der An-
füllung des Herzens mit Injectionsmasse, die unter einem nur mässigen
Drucke erfolgte, ist das linke Herzohr weiter sichtbar geworden, als es
im leeren Zustande der Fall zu sein pflegt.

W. Braune, Atlas. 3. Auü.

Fig. 4 stellt eine hochgradige Verschiebung des Herzens nach
rechts dar, hervorgebracht durch ein grosses linksseitiges pleuritisches
Exsudat. Das Herz wurde bei Rückenlage durch 6 lange Stahlnadeln
an die vordere und hintere Thoraxwand fixirt, und danach die Lage
der einzelnen Theile zur vorderen Thoraxwand möglichst genau bestimmt.
Man erkennt, dass das Herz an der Spitze bedeutend mehr dislocirt

Fig. 8. Situs cordis nffnnalis. Yo- Fig. 4. TJislocatio cordis.

Exsudat. j)leurit. lat. sinistr. Yo-

ist, als an der Basis, und dass zugleich auch eine Rotation nach rechts
um die Längsaxe stattgefunden hat, welche den hnken Ventrikel mehr
hervortreten lässt. Die hier vorliegende senkrechte Achsenstellung des
Herzens wurde nach genauen Messungen festgestellt.

Es folgen noch zwei Abbildungen, Fig. 5 und 6, welche ebenfalls
die Dislokation des Herzens bei Ero\'üssen in die Pleurahöhlen zeio;en.

FU

Diese Abbildungen geben die Resultate von Experimenten, welche an
frischen normalen Cadavern von mir angestellt wurden. Die Cadaver
wurden in verticale Stellung gebracht, und dafür gesorgt, dass die
Trachea offen blieb. Nachdem festgestellt war, dass alle Theile nor-
male Verhältnisse zeigten, unter Verwerfung derjenigen Versuche, bei
denen die nachträgliche Section Abnormitäten nachwies, wurde ohne
Luftzutritt ein linksseitiger künstlicher
Ilydrothorax hergestellt, Fig. 5;
sowie dann an einem anderen Cadaver ein rechtsseitiger, Fig. 6.

Nach Beendigung der Anfüllung der Pleurahöhle mit physiologi-
scher Kochsalzlösung wurde die
Trachea geschlossen, um bei der Er-
öffnung des
Thorax ein weiteres Zusammenfallen der Lungen unmöglich
zu machen, das Herz dann mit langen Stahlnadeln an der vorderen
und hinteren Brustwand fixirt und nachher die Intercostalräume geöffnet,
um die Herzlage am Skelete bestimmen zu können. Es zeigte sich,
dass die Spitze des Herzens bedeutend weiter rückt, als die durch die
Gefässstänime an der Lungenwurzel befestigte Basis, und dass ausser
der seitlichen Verschiebung noch eine Rotation um die Längsachse statt-
findet, deren Wiedergabe auf diesen Abbildungen freilich mangelhaft
geblieben ist. Die Menge der zu Fig. 5 eingelassenen Salzlösung be-
trug 5 Pfd.; zu Fig. 6 wurden 6 Pfd. eingebracht. Es zeigte sich ferner
ein deutliches Aufrücken der Percussionsdämpfung in der Lebergegend
erst nachdem IY2 Pfd. Flüssigkeit eingeflossen waren (übereinstimmend
mit der Beobachtung von
Seitz und Zammiiner).

Neben diesen Cadaverexperimenten habe ich aus dem Atlas von
Pirogoff die einem Cadaver angehörigen Durchschnitte herausgesucht,
welches rechtsseitiges Empyem mit Herzverschiebung nach links
hatte, und in horizontaler Lage zum Gefrieren gebracht und dann
durchgesägt worden w^ar. Man flndet sie
Pirogoff, II, 6, 3. 9, 2. 11, 2.
15, 4.
— Ferner suchte ich die Durchschnitte zusammen, welche einem
Cadaver mit linksseitigem
Pneumothorax angehören, Pirogoff, II, 7, 2.
10, 2. 12, 4. 16, 3. 17, 1.

Durch sorgfältiges Ausmessen wurde aus den verschiedenen Durch-
schnittszeichnungen das dislocirte Herz in seinen Contouren construirt.

-ocr page 66-

und in durchbrochener Linie auf die Thoraxwand zu Fig. 5 und 6 auf-
getragen, um so eine Vergieichung mit meinem durch Versuche ge-
wonnenen Zeichnungen zu ermöglichen.

Da bei den P^ro^oyf\'sehen Bestimmungen, so exakt sie auch sind,
zur Angabe der Herzlage die dislocirende Flüssigkeitsmenge nicht
gemessen werden konnte, so kann man auch nicht eine vollständig
gleiche Herzverschiebung erwarten, die sich durch ein Decken der Con-
touren ausdrücken würde; abgesehen davon, dass ein künstlicher Erguss
in die Pleurahöhle nie die gleichen Verhältnisse erzeugen kann, als ein
allmählich entstandenes Exsudat. Aber das geht aus beiden Befunden
mit Sicherheit hervor, und wird eben durch die Verschiedenheit der
Methode erst recht erhärtet, dass bei solchen Herzdislokationen die
Herzbasis nicht fixirt bleibt, sondern um ein. messbares Stück
verschoben wird, dass aber die Herzspitze bedeutend weiter
rückt und zugleich eine Rotation um die Längsachse des
Herzens stattfindet.

Töphen hat in seiner Arbeit (Ein Beitrag zur Lagehestimmung
des Herzens heim Menschen, Archiv für Anatomie tind Physiologie,

Fig. 7.

1885, p. 190) die Lage des Herzens in Bezug auf Sternum, Rippen und
Wirbelkörper reconstruirt. Ich gebe die beiden Bilder in Fig. 7 und
Fig. 8 hier bei.

Fig. 7 zeigt die Lage der Schnitte zu den Intercostalräumen wie
sie auf den Tafeln X, XI, XII, XHI, XIV meines Atlas abgebildet
sind; die Lage der Klappen der
Aorta und Pulmonalis am Ansätze des
linken dritten Rippenknorpels und Sternum, und den Gesammtumriss
des Herzens. Durch Vergleich mit der Darstellung in Fig. 3 wird
man erkennen, dass diese Umrisszeichnung nicht völlig identisch da-
mit ist, was sie auch gar nicht sein kann, da sie nur eine von den
vielen Grundlagen bildet, auf denen die Herzconstruction in Fig. 3
aufgebaut ist.

Die in Fig. 8 vorliegende Construction Töpken\'%, nach den ange-
gebenen Tafeln des Atlas ausgeführt, zeigt den
Thorax von der linken
Seite. Herz, Zwerchfell, Niere sind in das Skeletschema eingetragen,
aber nicht perspektivisch, sondern mit wechselndem Augenpunkte be-
handelt. Hier hat man das Ver-
hältniss der einzelnen Organe zu
den Wirbeln vor sich. Es muss
aber dabei im Auge behalten wer-
den, dass durchaus nicht immer
die gleichen Intercostalräume oder
Rippenknorpel gleichen Wirbeln in
der Höhe entsprechen, sondern
sehr grosse Differenzen hierbei
sich finden können, je nach dem Er-
hebungsgrad der vorderen Rippen-
enden. Man wird also bei Ver-
gleichungen verschiedener Bilder
sehr vorsichtig zu Werke gehen
müssen.

Ferner mag nochmals er-
wähnt sein, dass die Lage des
Herzens an der vorderen Thorax-
wand sehr stark vom Stande des
Zwerchfells beeinflusst wird.

Töphen hat ferner eine Reihe
von Lagebestimmungen des Her-
zens an Individuen verschiedenen
Alters gemacht und giebt als Re-
sulate seiner Befunde
(a. a. 0.
p. 203)
folgendes an: Die Lage des
Ostium pulmonale ist nicht constant; sie schwankt von der Mitte des
2. Intercostalraumes bis zum oberen Rande der 4. Rippe. Bei jüngeren
Individuen Hegt das Herz höher als bei älteren (bezieht sich auf Cadaver-
befunde). Das
Ostium pulmonale lag zweimal im 2. Intercostalraume;
einmal hinter der 3. Rippe; dreimal im 3. Intercostalraume; einmal
hinter dem oberen Rande der 4. Rippe.

-ocr page 67-

Tab. XIV.

C.ßclinuedel ad n,iL In.lapKLdelm .

E.A Funke, imp. LiDüiae.

-ocr page 68-

. - V

>y

.. Vi*- . .• » Î -

Si . \' Zi:,* \'

^.........- \' ■ ■

-Sf.\'

%

*

, • Vx

\'k.\'^ ■ \' r-

■\'\'H-w. ■

; .

V

-ocr page 69-

; t

TAFEL XIV.

Die Scheibe, deren obere Fläche hier abgebildet vorliegt, hatte
eine Stärke von 5 Centimeter. Der Schnitt geht durch den untersten
Theil des
Sternum, durch die aufsteigenden Knorpel der 5. Rippen,
trifft die Herzspitze, die Zwerchfellkuppel mit der Leber und tritt hin-
ten durch den 9. Brustwirbelkörper über dem Rippenansatz aus, so dass
erst in einiger Entfernung von der Wirbelsäule die dazu gehörigen
Rippen getroffen wurden, an die sich dann im Bogen nach vorn die
Schnittflächen der 9., 8., 7., 6., 5. Rippen anschhessen. Diese Abbildung,
welche die Reihe der Brustdurchschnitte abschliesst, zeigt somit bereits
die geöffnete Bauchhöhle und macht es auf den ersten Blick verständ-
lich, warum Verletzungen der Leber so oft gleichzeitig die Lungen
mit betreffen.

Wie man schon aus dem flachen Leberabschnitte der linken Seite
erkennen kann, ist von der linken Zwerchfellkuppel sehr wenig
abgeschnitten worden. Sie ragte mit ihrer höchsten Spitze bis zur
Höhe des untersten Randes der 4. Rippe, von vorn aus gesehen; wäh-
rend die rechte Kuppel des Zwerchfells, von der bedeutend mehr
hin weggenommen ward, bis zum oberen Rande der 4. Rippe, also eine
ganze Rippenbreite höher hinaufragte; sie erreichte also beinahe eine
durch beide Papillen gelegte Horizontalebene. Es ist schon bei Be-
sprechung der vorhergehenden Tafel auseinandergesetzt worden, dass
dieser Zwerchfellstand nicht den Verhältnissen des Lebens entspricht,
dass er nur bei Leichen normaler, jugendlich kräftiger Männer so ge-
funden wird, als eine Folge der kräftigen Lungencontraction.

In unmittelbarem Zusammenhange mit Zwerchfell und Leber steht die
Lage des Herzens, dessen unterste Partie hinter dem linken 5. Rippen-
knorpel durchschnitten vorliegt. Die Höhe von der untersten Spitze
des Herzens bis zur Durchsclmittsfläche betrug 2 Centimeter. Man sieht
rechts, in der Spitze des rechten Herzens noch den untersten Theil der
Ventrikelhöhle mit Fleischtrabekeln ziemlich ausgefüllt. In der Spitze
des linken Hessen sich nur Spalten in dem Wirbel, den die Fleisch-
fasern bildeten, erkennen. Das Herz überragte die 5. Rippe nach ab-
wärts nicht, sondern erreichte nur noch deren untersten Rand, dagegen
ragte die Höhle des Herzbeutels noch 1 Centimeter tiefer hinab und
enthielt etwa einen Esslöffel voll gefrorener klarer Flüssigkeit.

Ueber die Lage der Herzspitze und des Zwerchfells im AUge-
gemeinen füge ich hier noch Einiges aus der schon oben angezogenen
Arbeit von
Töpken hinzu. Töpken fand bei seinen Versuchen an Ca-
davern die Herzspitze 3 Mal hinter der 5. Rippe 4 Mal im 5. Inter-
costalraume. Von den letzteren 4 zeigten 2 Fälle im Alter von 35
bis 40 Jahren und 64 Jahren den tiefsten Stand der Herzspitze unter
den 7 Fällen und zwar am unteren Rande des 5. Intercostalraumes.
Nach
Engel (Compendium p. 301) ist die Herzspitze unter dem unteren
Rande der 4. oder auf der 4. oder sogar auf der 5. Rippe zu finden.
Nach
Luschka (Anatomie Bd. I, 2 p. 413) entspricht die Herzspitze
in der Leiche gewöhnlich der Mitte des 5. Intercostalraumes und zwar
unter dem lateralen Ende des Knorpels der 5. Rippe. Selten ist sie
daselbst hinter diesem Knorpel in die Höhe gerückt, häufiger tiefer ge-
stellt, so dass sie hinter das laterale Ende des Knorpels der 6. Rippe
zu liegen kommt.

Da aber die Befunde am Cadaver nicht allein massgebend sind
für die Lage am lebenden Körper, habe ich oben bei der DarsteHung
des Thorax in Fig. 3 zu Tafel XII die klinischen Erfahrungen mit
zu Hilfe gezogen und die Herzspitze daselbst in den Raum zwischen
5. und 6. Rippe gezeichnet. Auch
Gerhardt und Weil nehmen die
Herzspitze als im 5. Intercostalraum Hegend an; während
Guttmann
(Lehrbuch der klinischen Untersuchungsmethoden, Berlin 1881, p. 266)

W. Braune, Atlas. 3. Aufl.

angibt, dass die Herzspitze gerade hinter dem G. Rippenknorpel nach
innen vor der Papillarlinie Hege.

Von praktischer Wichtigkeit sind die Verhältnisse der Pleuren vor
dem Herzen. Sie stellen zusammengefaltete Säcke dar, welche von den
vorderen Lungenrändern an noch weit nach der Mittellinie zu sich er-
strecken, und lassen im vorliegenden Falle nur einen kleinen Raum
zwischen linkem Sternalrand und 5. Rippenknorpel frei, durch den man
ohne Verletzung mit dem Troikart zum Herzbeutel gelangen könnte.
Man findet in dieser Beziehung vielfache Abweichungen bei den ver-
schiedenen Cadavern, so dass es begreiflich erscheint, wie so verschiedene
Angaben über diesen Punkt entstehen konnten. Auf jeden Fall aber
hat
Luschka Recht, wenn er behauptet, dass der Herzbeutel a,m unteren
Ende des Hnken Sternalraiides eine Strecke weit frei von Pleuren ge-
funden werde, so dass man bei
Paracentesis pericardii dieselben sicher
vermeiden könne. Man wird, wie ich mich überzeugt habe, a,m sicher-
sten operiren, wenn man mit einem feinen Troikart im oberen Winkel
zwischen linkem Sternalrand und 5. Rippenknorpel einsticht.
Es erscheint nicht gerechtfertigt, hierbei auf eine Verwachsung der
Pleuren zu rechnen, da selbst grosse Flüssigkeitsansammlungen im
Peri-
cardium
längere Zeit ohne eine solche bestehen können.

Auffallend erscheint die Ausdehnung der Leber nach Hnks hin-
über, durch welche das Herz gänzlich vom Hnken Leberlappen getragen
erscheint. Man wäre versucht, eine abnorme Vergrösserung der Leber
im vorliegenden Falle anzunehmen, und das vorliegende Bild nur für
pathologische Zustände gültig zu erklären. Es ist aber schon oben be-
merkt worden und mag hier nochmals gesagt sein, dass die Organe
keine Abnormität zeigten, dass auch die Leber normales Gewicht und
normale Struktur besass. Man muss im Auge behalten, erstens, dass
der Hnke Leberlappen innerhalb der normalen Verhältnisse grosse Ver-
schiedenheiten der Form zeigt, dass er mitunter bis zur Milz hinüber
reicht, dass er aber stets unter dem Herzen Hegt, welches nur mit einem
Theile nach vorn und Hnks zu über die Lebergrenze vorragt; zweitens
ist zu betonen, dass man sich meistens deshalb falsche Vorstellungen
von der Lebergestalt und -Lage macht, weil man sich gewöhnt hat,
dieselbe von vorn her als auf eine Ebene projicirt zu betrachten, wobei
bei Weitem nicht Alles übersehen wird. Eine vorzugsweise gute An-
schauung von der Lage und Ausdehnung der Leber bekommt man von
oben, vom Zwerchfelle her, wo man auch am leichtesten das für die
Untersuchung so wichtige Verhältniss der Leber zur Milz, zum Magen
und zum Herzen deutlich machen kann. Ich habe wiederholt nach Weg-
nahme des Brustkorbes das intakte Zwerchfell mit seinem Herzbeutel-
Antheile von oben her abgezeichnet, und nach Wegnahme desselben dann
die Leber in die Zeichnung eingetragen und immer ein gleiches Verhält-
niss von Herz und Leber wie auf dieser Tafel gefunden, trotz wechselnder
Ausdehnung des Hnken Leberlappens. Wenn man recht sorgfältig das
Zwerchfell entfernt, so kann man das Bauchfell in grosser Ausdehnung
erhalten und die einzelnen Organe in ihrer Lage zu einander durch-
schimmern sehen. Bringt man dabei den Rumpf in aufrechte Stel-
lung, so vermindert man den Druck auf die Zwerchfellfläche und ver-
meidet ein Einreissen des Bauchfellsackes. Ich gebe drei Zeichnungen,
die auf solche Weise von frischen Cadavern normaler, jugendlich kräf-
tiger Männer (Selbstmörder, noch in Todtenstarre auf die Anatomie
gebracht) genommen worden sind. Es ist keine Frage, dass bei einem
solchen Verfahren die Zwerfellstellung sich mehrfach ändert, dass mit
dem Ablösen der oberen Thoraxhälfte namentlich die vordere und hin-
tere Wand des Thoraxrestes sich einander etwas nähern und dadurch

die Kuppel des Zwerchfells entsprechend höher steigt; jedoch hat diese

10

-ocr page 70-

TAFEL XV.

Die auf dieser Tafel vorliegende Abbildung schneidet den Rumpf
im
Epigastrium, und legt Leber, Magen und Milz frei. Von den Lun-
gen ist nichts mehr zu sehen, dagegen erkennt man noch innerhalb der
Rippen die schwarze Linie, welche den Spalt der Pleurahöhle, nämlich
den Complementärraum, wiedergiebt, und daneben das Zwerchfell, welches
sich auf diesem Durchschnitte als muskulöser Ring präsentirt. Was
nach aussen davon liegt, gehört somit der Brusthöhle an; innerhalb des
Zwerchfells hat man das Gebiet der Bauchhöhle vor sich.

Die Abbildung giebt die obere Fläche einer 5 Centimeter starken
Scheibe wieder, welche demselben normalen Cadaver angehörte wie die
vorhergehenden und nachfolgenden Präparate.

Von den Skelettheilen zeigt sich der Körper des 11. Brustwirbels
nahe an seinem unteren Rande geschnitten, so dass noch ein Stück-
chen der nächst tieferen Bandscheibe zum Vorschein kommt. Der da-
hinter liegende Bogen gehört ebenfalls dem 11. Wirbel an; vor den
davor liegenden Gelenkspalten markiren sich aber bereits die Gelenk-
fortsätze des nächst folgenden Wirbels. Beiderseits ein Stück vom Wirbel
entfernt liegen die Durchschnitte der 11., weiter nach aussen die der
10., dann die der 9., 8., 7., 0. Rippen. Die 7. und 6. Rippen sind
zwei mal getroffen worden, der
Processus xyphoideus dagegen nicht
mehr. Er endete bereits oberhalb der Schnittfläche.

Es fällt gleich bei der ersten Betrachtung auf, dass die rechte
Hälfte eine grössere Ausdehnung besitzt als die linke. Der Querdurch-
messer beider Hälften differirte beim Cadaver um einen Centimeter.
Der Grund dieser Ungleichheit lag aber nur zum Theil in einer Asym-
metrie des Körpers an dieser Stelle, da beim Durchsägen das Säge-
blatt von der Mitte an nach rechts etwas aus der Horizontalebene
abgewichen war.

Den grössten Raum nimmt auf dieser Abbildung die Leber ein,
welche vollkommen normal in Struktur und Gewicht war. Der linke
Lappen derselben verlängerte sich in eine dünne Platte, die sich wie
ein Deckel über dem Magen bis in die Nähe der Milz hin erstreckte.
Daraus erklärt sich auch die verhältnissmässig grosse Ausbreitung der
Leber in der linken Zwerchfellkuppel, wie sie sich auf der vorher-
gehenden Tafel repräsentirt.

An der Verbindungsstelle des rechten und linken Lappens, in der
Fossa longitudinalis sinistra, erkennt man in einer Falte des Bauch-
fells das
Ligamentu7n teres; rückwärts davon, am Zwerchfelle anliegend,
den
Lohulus Spigelii mit dem Netzbeutel. Rechts daneben liegt die
untere Hohlvene; vor dieser, innerhalb der Leber, in der
Fossa trans-
versa,
der Querschnitt der Pfortader, daneben der des Ductus hepaticus.

Der Magen enthielt ungefähr einen Tassenkopf voll gefrorenen
Speisebrei. Nachdem derselbe vorsichtig herausgeschafft worden war,
wurden die Wandungen noch im erstarrten Zustande in ihrer ursprüng-
lichen Lage abgezeichnet. Es liess sich später feststellen, dass der
Fundus des Magens die am höchsten gelegene Stelle eingenommen
hatte, dass nach der dem Anfangstheil des Magens angehörigen Er-
weiterung eine Verengerung folgte, an welcher die Faltungen der Schleim-
haut am stärksten ausgeprägt waren, und dass darauf die Höhlung wie-
der weiter werdend sich nach rechts und unten hin fortsetzte. Es zeigte sich
also, dass
Luschka völlig recht hat, wenn er die platte Aneinanderlegung
der vorderen und hinteren Magenwand bei leerem Organe bestreitet.

Auch hier, wo völlig normale Verhältnisse vorlagen, zeigte sich
der Magen darmartig an den leeren Stellen contrahirt; nirgends abge-
plattet, wie er in älteren Zeichnungen dargestellt wird.

Die hinter dem Magen liegende Bauchfellspalte mit der sie
umgrenzenden Membran gehörte, wie die am
Lohulus Spigelii, dem
kleinen Netze an. Beide Höhlungen hingen unmittelbar unter der
Schnittfläche miteinander zusammen.

Weiter nach rückwärts liegt die normalgrosse Milz mit den ihr
zugehörigen Gefässen. Sie entsprach dem Verlaufe der 9., 10. und
11. Rippe und hielt in ihrem grössten Durchmesser die Richtung dieser
Rippen ein. Von der linken Nebenniere war noch nichts zu sehen,
während die rechte zwischen Leber und Zwerchfell deutlich erkennbar
in die Schnittfläche hereinragte.

Was die Verhältnisse des Bauchfells betrifft, so muss bemerkt
werden, dass solche Querdurchschnitte durchaus nicht geeignet sind,
dieselben zu erläutern. Man kann die Höhlungen nur als feine schwarze
Linien, die Bauchfellplatten nur als dünne weisse Streifen wiedergeben,
die das Auge leicht irrefuhren, wenn sie mehrfach auf einander zu
liegen kommen. Will man in dieser Beziehung etwas Erspriessliches
leisten, so muss man Flächenansichten geben, oder Längs- und Schräg-
schnitte den Zeichnungen zu Grunde legen, bei denen dann halbschema-
tisch die Höhlungen des Bauchfellsackes vergrössert erscheinen.

Dagegen sind solche Durchschnittszeichnungen, wie sie hier natur-
getreu vorliegen, wichtig in chirurgischer Beziehung. Man über-
sieht sogleich, welche Stellen vom Bauchfell frei sind und welche nicht,
und wird danach den Operationsplan einrichten können, der ja bei
chirurgischen Eingriffen an der Bauchhöhle immer in erster Linie eine
Schonung des
Peritonaeum anstreben muss. Deshalb ward auch bei
dieser Zeichnung so wie bei den folgenden mit grösster Gewissen-
haftigkeit darauf gesehen, die Grenzen der Höhlungen und die Um-
schlagsstellen des
Peritonaeum genau wiederzugeben; und es ward in
diesem Sinne auch nicht die Höhlung des Netzbeutels vom
Lohulus
Spigelii
bis zur hinteren Wand des Magens zusammengezogen, trotz-
dem beide Höhlungen unmittelbar unter der Schnittfläche mit einander
zusammenhingen. Dieses vom Bauchfell nicht überzogene Stück des
Magens, welches am Zwerchfell anliegt, stellt somit das Ende der bauch-
fellfreien hinteren
Regio cardiaca dar.

Man wird dies Verhältniss, trotzdem auf älteren Zeichnungen diese
freie Stelle nicht so ausgedehnt wiedergegeben wird, doch für normal
erkennen, wenn man die beigegebenen Holzschnitte vergleicht; dieselben
zeigen bei verschiedenen Individuen ganz das Nämliche.

Es ist bei der Betrachtung des Bauchfells im Auge zu behalten,
dass dasselbe zwei mechanische Funktionen vornehmlich zu erfüllen hat:
dass es die Organe an bestimmten Stellen in der Bauchhöhle flxirt,
aber auch wieder gleich einem colossalen sinuösen Schleimbeutel die
Verschiebung derselben gegeneinander bei dem wechselnden Stande
ihrer Anfüllung ermöglicht. Eine solche Verschiebung wird überall da
eintreten können, wo die schwarzen Linien, ähnlich den Gelenkspalten,
die Höhlungen des
Peritonaeum wiedergeben; an den Stellen dagegen,
wo das
Peritonaeum sich umschlägt und einen freien Raum an den
Organen zum Eintritt der Gefässe übrig lässt, sind die Organe an ihre
Umgebung flxirt.

Um die Verhältnisse zu zeigen, wie sie sich bei Individuen ver-
schiedenen Alters darstellen, habe ich hier zwei Abbildungen im Holz-
schnitte beigefügt. Die eine Abbildung, Fig. 1, ist von dem Cadaver
eines 50jährigen Mannes genommen, der eine vergrösserte Leber und

-ocr page 71-

Tab. XV

i-ï-ç- I o i »

m

H! iniiià.ddi;;.

cI.(iJ:\'ritzßclic imp. ij ij; si fie.

rr ait/VcitiVCom]), :

-ocr page 72-

ft ,, -^Aft\'-\'iV -ft^:..
■ ft O®\'

ssy, y .ft ft«.-...^ftKi:- v,

- . .ftr\'ft^ftty Y; -- .„ft,. , ft, , ■ ■

\' ä«. - - v v

"VVV\'

;

■ ^

■ \' i

JC;-

- V

. -V

: V -Ä^ggi^s^

.-■"ESilÄ.

V .,

H.

y. .

I:\'\' .«ili: - ■ ^ \'

5

4 f

4

1.

-ocr page 73-

Milz hatte; die andere, Fig. 2, von dem frischen Cadaver eines ausge-
tragenen normalen Mädchens, welches wegen hochgradiger Beckenenge
der Mutter nach vorausgegangener
Kephalotrypsie extrahirt ward, also
zur Welt kam, ehe es noch geathmet hatte.

Der Cadaver des älteren Mannes ist derselbe, der Tafel IX zu Grunde
liegt. Der Tod war durch Erhängen herbeigeführt; Magen und Därme
leer. Die Abbildung ist in halber natürlicher Grösse (linear) gehalten.

Der Schnitt bei Fig. 2 ging durch den 10. Brustwirbel, und vorn
durch den
Processus xyphoideus. Der Magen war bis auf eine Spur
von gefrorenem Schleim leer. Die Lungen, durchaus normalen Gewebes,
absolut frei von Luft. Die Leber dem frühen Alter entsprechend, gross
und fettreich. Nebennieren gross; ebenso die Milz.

Der gut entwickelte starke Körper des Kindes zeigte nirgends Ab-
normitäten, kam im frischesten Zustande auf die Anatomie und ward
sogleich zum Frieren gebracht.

Im höchsten Grade überraschend ist die fast zum Verwechseln
grosse Aehnlichkeit der beiden Durchschnitte Fig. 1 und 2, also des
mit Fettleber behafteten älteren Mannes und des neugebornen Kindes.
Auch die halbe Grösse des ersteren entspricht so überaus genau den
kindlichen Verhältnissen, dass ich noch ganz besonders betonen muss, wie
sorgfältig die Verkleinerung der ursprünglichen Zeichnung gemacht wurde,
und wie genau der Zeichner zu Werke ging, als er mittels Pausepapiers
auf den fest gefrornen Präparaten die Zeichnungen anlegte und ausführte.

w w

Die Leber füllt bei beiden Figuren fast den ganzen Raum inner-
halb des Zwerchfells und umgreift ein grosses Stück weit die Milz,
welche in gleicher Weise nach hinten zu neben der Wirbelsäule liegt
wie auf der Tafel XV. Nur der Magen zeigt eine bedeutsame Ver-
schiedenheit. Er ist bei Beiden im leeren Zustande, hat auch dieselbe
Lage zwischen linkem Leberlappen und Milz, und wendet bei Beiden
dem Zwerchfell ein Stück Wandung zu, welche vom
Peritonaeum nicht
überzogen ist; dagegen zeigt er eine sehr verschiedene Form. Während
er bei dem älteren Manne eng contrahirt ist wie ein Darm, bildet er
bei dem kindlichen Cadaver einen queren Spalt, so dass die vordere
Wand wie erschlafft auf der hinteren aufliegt; eine Form, die ich bei
erwachsenen Individuen nie beobachtete.

Vor der rechten Nebenniere liegt bei dem kindlichen Cadaver die
Vena cava inferior, etwas tiefer unter dem Lobtdus Spigelii eingebettet,
als bei dem älteren Manne, bei dem die Nebennieren noch nicht auf
der Schnittfläche zu sehen sind, trotzdem der Schnitt um 3 Wirbel
tiefer gelegen ist. Dagegen ist, dem geringeren Contractionsvermögen
der älteren Lunge entsprechend, bei Fig. 1 noch in der Höhe des ersten
Lendenwirbels Lunge im Pleuraräume zu sehen, während bei dem
22jährigen Manne, Taf XIV, die Pleurahöhlen schon am 11. Rücken-
wirbel leer sind, und bei dem neugeborenen Kinde, Fig. 2, gar schon
beim 10. Wirbel. Bei dem neugeborenen Kinde ist eben der
Thorax in
den höchsten Grad der Exspiration gestellt, in den er nie wdeder zurück-
zukehren vermag, sobald die erste Inspiration erfolgt. Der gesammte
Inhalt der Oberbauchgegend wird somit herabrücken müssen, sobald
das Zwerchfell bei der ersten Inspiration seinen hohen Stand verlässt,
und das Bild, welches hier 3 Wirbelkörper höher liegt als bei dem
älteren Manne, wird dann seine Stelle um ein Beträchtliches tiefer finden.

Da auf Tafel XV der Raum zwischen Leber und Milz fast voll-
ständig durch den Magen angefüllt erscheint, der doch nur einen ge-
ringen Grad von Füllung zeigte, so drängt sich die Frage auf, wie das
Bild sich wohl gestalten würde, wenn der Magen stärker angefüllt wäre.
Man sieht leicht ein, dass, abgesehen von einer stärkeren Vortreibung
der vorderen Bauchwand, die nach jeder reichlichen Mahlzeit wahrge-
nommen wird, auch die unteren Rippen Raum geben müssen, was bei
dauernder Auftreibung des Bauches sogar zu einer bleibenden Aus-
biegung des unteren Thoraxsegmentes führt, wie sie sich namentlich bei
überfütterten Kindern nachweisen lässt. Aber auch der linke Leber-
lappen wird den Bewegungen des Magens mehr oder weniger folgen
müssen, da er ja wie ein Deckel über den Magen hingelegt ist. Er
wird mit dem aufgetriebenen Magen sich erheben und damit auch das
Zwerchfell nach aufwärts drängen, und mit dem sich contrahirenden
Magen, dessen Raum nun zum Theil die aufsteigende
Flexura coli
sinistra
einnimmt, herabsinken. Die mesenteriumartige Gestaltung des
Ligamentum coronaritim hepotis sinistrum macht solche Bewegungen
des Hnken Leberlappens möglich, die entweder mit einer Drehung der
gesammten Leber verbunden sind, deren Achse am rechten Lappen zu
suchen ist, entsprechend der festen und breiten Anheftung desselben an
der rechten Zwerchfellhälfte, oder durch Verbiegung und Dehnung des
weichen Gewebes zu Stande kommen.

Beifolgende Figur 3, in verkleinertem Massstabe aus Pirogoff ent-
nommen, wird dies Verhältniss in etwas anschaulich machen, wenn
man auch hieraus kein vollständig genaues Verständniss über Form
und Lage des Hnken Leberlappens gewinnen wird.

Auch aus dieser Abbildung ist ersichtlich, dass die Milz so weit
nach hinten Hegt, dass eine Bestimmung ihrer hinteren Grenze durch

üb: m \' PEL

Percussion nicht möglich ist. Man bekommt nun zwar beim Perkutiren
in horizontaler Richtung um den
Thorax herum nach der Wirbelsäule
zu in der Milzhöhe einen Klangunterschied, wenn man sich der Wirbel-
säule nähert, wird jedoch auf Grund vorliegender Abbildungen diesen
Befund nicht auf ein zwischen Milz und Wirbelsäule liegendes luft-
haltiges Organ beziehen können, sondern die Ursache dieser Erscheinuno-
in der Aenderung der Rippenelasticität an dieser Stelle zu suchen
haben. Man findet auch stets, wenn man in senkrechter Richtung am

O

Rücken und in der Achselhöhle von oben nach abwärts perkutirt, den
Beginn der Dämpfung in einer horizontalen Linie, die der Grenze der
Lungenbasis entspricht, welche den obei-sten Theil der schr{ig nach vorn
und abwärts gerichteten Milz verdeckt.

Von der relativ festen Lage der Milz, bedingt durch die Anhef-
tung des BauchfeHs, das sogenannte
Ligamentum phrenicolienale, kann
man sich leicht überzeugen, wenn man bei einem Cadaver den ober-
sten Theil des
Thorax entfernt und mit Erhaltung des Bauchfellsackes
das Zwerchfell nur soweit abpräparirt, dass Leber, Magen,
Flexura coli
sinistra
und oberer Rand der Milz hindurchschimmern. Man kann den
Magen aufblasen und wieder zusammenfallen lassen, dann von unten
her das
Colon descendens anfüllen und wieder entleeren; man wird stets
den oberen Rand der Milz (denn nur soweit darf man das Zwerchfell hin-
wegnehmen) unveränderlich finden. Auch bei Umlegung des Cadavers
auf den Bauch sinkt die Milz nicht nach voi-n, sondern bleibt in ihrer
ursprünglichen Stellung.

Anders gestaltet sich dagegen das Verhältniss, wenn die Anhef-
tungen der Milz an dem Zwerchfell spärlich oder leicht zerreissHch, oder
zu langen Bändern ausgedehnt sind. Dann treten die Erscheinungen
der sogenannten beweglichen Milz auf

In dem reichhaltigen Atlas von Pirogoff, fasc. III B., findet sich
eine Reihe plastischer Darstellungen, die durch Herausmeiseln der Wan-
dungen gewonnen wurden, so dass man Leber, Magen und Milz in
ihrer ursprünglichen Lage abbilden konnte. Man erkennt aus diesen
Blättern, dass die von mir angegebenen Verhältnisse über die Lage der
Milz den P^Vo^o/fsehen Befunden vollkommen entsprechen.

-ocr page 74-

Die Abbildung zeigt den L Lendenwirbel in seiner Mitte getroffen.
Daneben hat man rechts die Durchschnittsflächen der 12., 11., 10., 9.,
8., 7., 7., 8. Rippe. Die 7. und 8. Rippe ward doppelt getroffen, weil
vorn die aufsteigenden Knorpelbögen mit in die Schnittfläche herauf-
ragten. Links neben dem Wirbel fehlt die 12. Rippe, da sie so kurz
war, dass sie nicht einmal bis zur Schnittfläche herabging, sondern voll-
ständig in der vorhergehenden Scheibe des Cadavers verborgen blieb.
Man hat hier also nur die Durchschnittsflächen der 11., 10., 9,, 8., 7.,
8. Rippe. Die 7. Rippe ist an der IJmbiegungsstelle des Knorpels ge-
troffen worden; die 8. Rippe dagegen, wie auf der rechten Seite, zweimal.
Der Schnitt legte ebenfalls, wie der vorhergehende, die obere Partie
der Bauchhöhle frei, mit einem Stückchen der Milz, des Magens und
einem grösseren Theile der Leber. Das Zwerchfell ward vorn in
seinem Ansatz an die 7. Rippe getrofl\'en, gegenüber dem
M. transversus
ahdominis,
dann in seinem freien Theile, so dass noch ein Stück der
Pleurahöhle zu sehen ist; und hinten in seinen Bögen und Schenkeln.
Die Pleurahöhle, deren Complementärraum ganz deutlich erkennbar an
der hinteren Wand des Rumpfes bedeutend weiter nach abwärts reicht
als vorn, erstreckte sich links bis zum Durchschnitt der 9., rechts sogar
bis zu dem der 7. Rippe. Sie zeigte sich nur als feiner, durchgängig
freier Spalt, der sich aber bei Pleuritis zu beträchtlicher Höhlung er-
weitern, und bereits ziemlich grosse Quantitäten Flüssigkeit beherbergen
kann (bis über 1 Pfund), ehe dieselben diagnostisch nachweisbar werden.
Eine normale Lunge vermag jedoch selbst bei tiefer Inspiration nicht
bis hierher herabzukommen.

Ausser den Resten von Leber, Magen und Milz erkennt man
in der vom Zwerchfell und vorn vom
M. transversus ahdominis um-
schlossenen Bauchhöhle die Nieren, das Pankreas und Därme. Die
Scheibe, deren obere Fläche hier abgebildet ist, hatte eine Stärke von
9 Centimeter und ragte mit ihrer unteren Fläche bis zum Nabel.

Um die Darmhöhlungen sichtbar zu machen, wurde mit grösster
Sorgfalt durch heisse Pincetten der gefrorene Inhalt von der Mitte aus
losgebrochen, ehe noch die Darmwandungen aufgethaut waren, so dass
man dieselben dann noch im erstarrten Zustande mit ihren Falten genau
abzeichnen konnte. Man erkennt daher leicht an den regelmässigen
und stark vorspringenden Kerkring\'schen Falten den Dünndarm, und an
den unregelmässigen und flachen Schleimhautvorsprüngen den Dickdarm.

An der Leber, vorn, links nach innen zu, liegt in einer ähnlichen
Aushöhlung wie hinten die Niere, das
Colon ascendens, unmittelbar
unter der
Flexura coli dextra quer durchgeschnitten, so dass man in
seine Höhlung tief hinabsehen kann. Der Inhalt bestand aus grün ge-
färbten Fäkahnassen und enthielt nur wenig Luft. Zwischen dem
Colon
ascendens
und der rechten Niere liegt das Duodenum, und zwar in
seinem senkrechten Theile, da wo es um den Kopf des
Pancreas sich
herumwindet, quer abgeschnitten. Die Leber selbst erfüllt wie ein Aus-
guss den übrigen Raum nach aussen von diesen drei Organen bis zum
Zwerchfell. Man erkennt an ihrer Oberfläche ganz deutlich die Ab-
drücke der Nachbartheile. Ihre convexe Oberfläche schliesst innio- an

o

die Zwerfellslinie an, nach innen dagegen wird der Leberumriss unregel-
mässig durch Vorsprünge und Vertiefungen; vorn durch die
Impressio
colica,
hinten durch die Impressio renalis: Formen, die an dem heraus-
genommenen Organe zwar auch noch zu erkennen sind, aber doch
wegen der Ausgleichung des Druckes innerhalb der Peritonaealhülle
mehr verschwinden müssen.

Von der Milz ist nur noch ein kleines Stückchen zu sehen, und
zwar überall von Peritonaealhöhle umgeben, also nirgends an dieser
Stelle mit der Umgebung verwachsen. Sie ragt mit ihrem hinteren

Ende bis zum Querschnitt der 11. Rippe, entspricht also, wenn man
die vorhergehende Tafel mit in Betracht zieht, in ihrer Lage dem Laufe
und der Krümmung der 9., 10., 11. Rippe. Damit stimmt vollständig
überein, was
Luschka neuerdings über die Lage dieses Organs ver-
öffentlicht hat
(Prager Vierteljahrsehrift, Bd. CT, 1869, pag. 122).

Im Texte zu Tafel XIV habe ich drei Holzschnitte, Fig. 1, 2, 3,
beigegeben, die ebenfalls die Lage der Milz erläutern, wenn sie auch
nicht ursprünglich auf diesen Zweck gerichtet waren. Sie stellen die
Lage der Organe der Oberbauchhöhle in den Kuppeln des Zwerchfells
dar bei verschiedener Füllung des Magens, und wurden nach Präparaten
angefertigt, die unter Erhaltung des
Peritonaeum bei Wegnahme der
oberen Hälfte des
Thorax und eines Theiles des Zwerchfells eine Ein-
sicht von oben her gestatteten. Trotz der perspektivischen Zeichnung,
die die Lage der Milz nicht völlig correct wiedergiebt, geben sie ähn-
liche Resultate.

Es müssen ferner hierbei die Abbildungen von Pirogoff, fasc. LH. B,
verglichen werden, welche plastische Darstellungen enthalten, die durch
Herausmeiseln der Organe aus dem gefrorenen Cadaver gewonnen wurden.

Aus allen diesen Darstellungen geht hervor, was auch Luschka an-
giebt, dass die Milz nicht den höchsten Punkt der linken Zwerchfellkuppel
einnimmt, auch nicht mit ihrem
LLilus an dem Fundus des Magens
anliegt, sondern dass der
Ftmdus des Magens, vom linken Leberlappen
wie von einem Deckel überdeckt, am höchsten in der hnken Zwerch-
fellkuppel liegt, und erst seitlich von ihm die Milz ihre Lage einnimmt.

Dieser Lage entsprechend wird auch die Milz nicht den grössten
Excursionen des Zwerchfells ausgesetzt sein und weniger beim Athmen
dislocirt werden als wenn sie hoch oben in der Kuppel des
Diaphragma
läge. Doch ist dieser Einfluss immerhin beträchtlich genug, um prak-
tisch verwerthet werden zu können. Man wird zwar nicht immer mit
Sicherheit eine normal grosse Milz selbst bei tiefem Inspirium unter
dem linken Rippenbogen fühlen, trotzdem sie beim Lebenden schon an
und für sich durch das Zwerchfell tiefer gestellt ist, als beim Cadaver
mit dem hohen Exspirationszustande; man wird jedoch bei Vergrösse-
rungen derselben fast stets im Stande sein, das voluminöse Organ mit
dem Finger zu erreichen, wenn man nur das Individuum recht tief ein-
athmen, lässt. Die Grössebestimmungen der Milz durch Perkussion
finden immer gewisse Schwierigkeiten, die nicht unterschätzt werden
dürfen. Ich erinnere nur an die Nachbarschaft der Niere, und der
Flexura coli sinistra, welche bei Kothanhäufungen schon mehr als ein-
mal einen Milztumor simulirt hat.

Vom Magen ist nur noch vorn am linken 7. Rippenknorpel ein
Streifchen zu sehen; der Zusammenhang mit dem zwischen Leber, Pan-
kreas und rechter Niere liegenden
Duodenum ist nicht mehr vorhanden.
Man erkennt aber aus der Lage des
Duodenum, dass der Pylorus nahe
an der Mittellinie des Körpers gelegen haben muss, so wie dass der
Pförtnerantheil des Magens eine schräge Richtung von vorn nach hinten
verfolgte, so dass die
Valvula pylori nicht rein sagittal sondern mehr
frontal, also schräg nach vorn gerichtet sein musste
(Luschka). Im
Atlas von
Pirogoff\', LLL. 2, Fig. 1, befindet sich ein Durchschnitt, der
gerade durch den
Pylorus des Magens geht, und dessen Lage genau
wiedergiebt. Nach dieser Abbildung lag der
Pylorus in der vorderen
Hälfte der Bauchhöhle, dem 11. Brustwirbelkörper gegenüber, unmittel-
bar rechts neben der Mittellinie des Körpers. Es stimmt also dieser
Befund vollständig mit den Angaben von
Luschka überein, wonach der
Pylorus nicht im rechten LLypochondrium zu suchen ist, da er nicht
einmal den rechten Rippenbogen erreicht. Man kann aus der vor-
liegenden Abbildung noch erkennen, dass auch hier der
Pylorus eine

TAFEL XVL

-ocr page 75-

Tak m

W.3T3M11Ü

Mia Veil iï;!

J, &.T rits ch e invp. T i^i ■ üi; >

-ocr page 76-

\' ■ •"■■.ilit...,:.,
______ . .

tr,\',
Î. V

Aï-;

i - ■

X\'-

- -

^ I " *

» 1.

: „

*

\'là

:A

V-\'- \'y,

: ï^

- s

/-

y

f\'

4

vV ^

If

\' V

-V

-ocr page 77-

ähnliclie Lage gehabt haben musste. Es geht ferner aus derselben her-
vor, dass die
Pars liwizontalis superior des Duodenum nicht von links
nach rechts in querer Richtung verläuft, sondern mehr sagittal von vorn
nach hinten zu geht, zwischen
Ductus choledochus und Gallenblase, bis
in die Nähe der
Porta hepatis.

Das Duodenum ist gerade an der Umbiegungsstelle des oberen
Horizontaltheiles in den senkrecht absteigenden Theil getroffen. Zwischen
der
Vena cava inferior und dem. Pancreas erkennt man den weiss ge-
haltenen Durchschnitt des
Ductus choledochus, der an der linken Seite
des
Duodenum herabgekommen ist, um in den senkrechten Duodenal-
theil am Kopfe des
Pancreas einzumünden.

Wenn man in die Höhlung des Duodenum hineinsieht, so erkennt
man, wie dasselbe um den Kopf des
Pancreas sich herumbiegt, um
dann nach links zu in die
Pars horizontalis inferior einzumünden.

Bei der Beweglichkeit des Magens, ohne welche die verschiedenen
Füllungsgrade grosse Störungen setzen müssten, lässt sich erwarten, dass
die Lage des
PylorxiS und damit das obere Stück des Duodenum mit
der Füllung und Entleerung des Magens wechselt. Ich habe nachge-
wiesen, dass während bei leerem Magen der
Pylorus nahe der Mittel-
linie zu hegen kommt, derselbe bei starker Magenfüllung mehrere Cen-
timeter weit nach rechts hinüberrückt. Diesen Lage
Veränderungen folgt
das obere Stück des
Duodenum, welches in dem Ligamentum hepato-
duodenale
ein Mesenterixim besitzt, das solche Ortsveränderungen mög-
lich macht. Aber auch das mittlere senkrecht verlaufende Stück des
Duodenum ist in seiner Lage nicht absolut fixirt. Es folgt den Be-
wegungen des daneben liegenden
Colon ascendens. Es wird bei starker
Anfüllung desselben nach links zur Mittellinie verschoben und rückt
dann wieder nach rechts hinüber, wenn das
Colon sich entleert hat.

Das Pancreas ist in ziemlicher Länge getroffen, jedoch schief
geschnitten, so dass links nur wenig, rechts am Kopfe desselben ein
bedeutend stärkerer Theil zurückgeblieben ist. Es entspricht dies Ver-
hältniss der Lage des
Pancreas. Dasselbe liegt nicht genau horizontal,
sondern geht schräg von links nach rechts abwärts. Daher ist auch
die
Vena lienalis, welche unter dem Pancreas liegt, nur ein Stück weit
aufgeschnitten worden, so dass man in die
Lumina der in sie von unten
her einmündenden Venen hineinblickt.

Die Vene, welche gerade in der Mittellinie des Körpers in die
Milzvene einmündet, und von da an den Stamm der Pfortader mit
bilden hilft, ist die
Vena meseraica superior. Sie ist in ihrer Lage
so constant, dass sie bei Längsschnitten, welche die Mittellinie des
Körpers innehalten, ein grosses Stück weit frei gelegt wird
(cfr. Tab.

I u. II). Der Theil des Pancreas, welcher hinter der Vene liea-t, to-
hört zum sogenannten
Pancreas parimm.

Die Lage des Pancreas in der Höhe des ersten Lendenwirbel-
körpers entspricht dem Befunde bei Tab. I u, II; jedoch wechselt die
Breite dieser Drüse, so dass sie mitunter noch bis auf den Nachbar-
wirbel sich erstreckt.

Hinter dem Pancreas liegt rechts die Vena cava in ferior, mit der
in sie einmündenden
Vena renalis sinistra. Links da,neben zeigt sich
die
Aorta abdominalis. Nach vorn geht von derselben die Arteria
mesenterica superior
ab, um unter dem Pancreas hinweg zur Wurzel
des
Mesenterium zu gelangen. Die Aorta hat nahezu schon die Mittel-
linie erreicht, in welcher sie sich bis zur Theilung in beide
Iliacae
unter dem 3. Lendenwirbel hält. Ihre Entfernung von der vorderen
Bauchwand beträgt 9 Centimeter, während diese Entfernung auf der
vorhergehenden Tafel, No, XV, in der Höhe des 11, Brustwirbels bei
demselben Cadaver 10 Centimeter betrug. Auf der folgenden Tafel,
No, XVII, dem oberen Rande des 4, Lendenwirbels entsprechend, be-
trägt diese Entfernung nur noch 7 Centimeter, so dass man deutlich
erkennt, dass die sich nach vorn krümmende Lenden
Wirbelsäule die
Arterie der Bauchwand immer näher bringt und so die Compression
derselben von vornher endlich möglich macht.

Die Nieren sind so getroffen worden, dass die rechte Niere ober-
halb des
mius durchschnitten w^ard, während bei der linken Niere der
Schnitt durch denselben hindurchging. Die linke Niere lag somit um
ein Stück höher als die rechte, ein Verhältniss, welches in der Mehi--
zahl der Fälle sich findet. Die Höhe der Nieren entsprach der Höhe
von 3V2 Wirbelkörpern, Sie reichten vom oberen Rande des 12, Brust-
wirbels bis zur Mitte des 3, Lendenwirbels, Da sie oben an Milz und
Leber anstossen, und nach hinten zu von Zwerchfell und Pleurahöhle
begrenzt werden, so wird man erwarten müssen, dass sie bei Herab-
drängung des Zwerchfells durch grosse pleuritische Exsudate ebenso
verdrängt werden, wie Leber und Milz, Ebenso müssen Vergrösseruugen
der Leber und Milz dislocirend auf sie einwirken, eine Thatsache, die
bei der nächsten Tafel noch genauer dargelegt werden wird.

Die Stellung der Nieren ist keine frontale, sondern mehr eine
sagittale, Ihr
Hilus ist mehr nach vorn gewendet, als nach innen zu.
Nach
Luschka\'^ Angaben schneiden sich die Linien, welche durch den
Hilus gehen und der grössten Breite der Nieren entsprechen, wenn
man sie nach vorn verlängert, unter einem Winkel von 60\'\' vor der
Mitte des 1. Lendenwirbels; eine Angabe, die mit den Verhältnissen
aüf der vorhegenden Tafel so ziemlich übereinstimmt.

-ocr page 78-

TAFEL XVIL

Der hier abgebildete Schnitt geht durch den Nabel, trifft die
Weichen nahe über den Darmbeinschaufeln und trennt die Bandscheibe
zwischen 3. und
4. Lendenwirbel. Von den Rippen ist nichts mehr
zu sehen. Wir befinden uns also unterhalb des
Thorax in der Mitte
des Unterleibes. Die Wandungen der Unterleibshöhle sind vorn durch
die geraden, seitlich durch die drei Schichten der schiefen Bauchmuskeln,
hinten durch die
Qtiadrati lumhorum und die stark nach innen vor-
springende Bandscheibe, mit dem beiderseitigen
Psoas, gebildet. Die
hintere Wand, an der keine
Processus transversi zu sehen sind, da der
Schnitt zwischen denselben hindurchging, erhält noch eine Verstärkung
durch die starken Muskelbäuche der Rückenmuskeln. Der Inhalt der
Bauchhöhle besteht ausser den grossen Gefässen und Ureteren (da wir
uns bereits unterhalb der Nieren befinden), vornehmlich aus dem
Colon
ascendens, Colon transversum, Colon descendens
und Dünndärmen. Auch
bei Herstellung dieser Abbildung ward sorgfältig der Darminhalt her-
ausgenommen, so dass die Darm wände in ursprünghcher Lage sich
abzeichnen Hessen.

Wie man aus der Bezeichnung schon erkennen kann, Hegt auch
hier die obere Fläche einer Scheibe vor. Dieselbe ward von dem-
selben Cadaver genommen wie die übrigen, und hatte eine Stärke von
4V2 Centimeter.

Ehe ich auf die Besprechung der einzelnen hier abgebildeten Theile
eingehe, habe ich, wie schon im Texte zur vorigen Tafel erwähnt wurde,
noch Einiges über die Nieren nachzutragen. Dieselben lag en voll-
ständig oberhalb der Schnittfläche, endeten noch im Bereiche der Rippen,
lagen also höher als man vielfach annimmt; denn Mancher hat sich
gewöhnt, vorzugsweise in dem Räume zwischen
Thorax und Darmbein,
beiderseits neben der Wirbelsäule, die Nieren zu suchen. Man hält
damit im Zusammenhange auch ihre Lage für eine von den Bewegungen
des ZwerchfeHs und den Vergrösserungen der Leber und Milz unab-
hängige. Ich glaube nachweisen zu können, dass nach beiden Be-
ziehungen hin die Verhältnisse anders Hegen, dass die Lage der Nieren
eine veränderHche ist. Zunächst ist auch hier zu betonen, dass voll-
kommen normale Nieren gefunden wurden.

Beide Nieren nahmen die Höhe von 3V2 Wirbelkörpern ein, und
reichten vom oberen Rande des 12. Brustwirbels bis zur Mitte des \'
3. Lendenwirbels herab; wobei noch zu bemerken ist, dass sie nicht
genau in gleicher Höhe lagen, sondern dass die Hnke die rechte um
etwas überragte. Nach
Luschka\'^ Angaben (Anatomie, IL 1. p. 289)
sollen sie für gewöhnlich noch höher liegen, nämlich den oberen Rand
des 12. Brustwirbels nach aufwärts überschreiten. Nach demselben er-
strecken sie sich von der Mitte des 11. Brustwirbels bis zum unteren
Rande des 2. Lendenwirbels herab. Ich wiH nicht diesen Unterschied \'
betonen, sondern glaube, dass diese Angaben als mit den meinigen über- ^
einstimmend angesehen werden können, da bei solchen Bestimmungen
die halbe Höhe eines Wirbels nicht viel ausmacht. Der
Hilus wäre
demnach in die Höhe des 1. Lendenwirbels zu verlegen, und damit
übereinstimmend zeigt sich die Lage der grossen Nierengefässe sowohl
auf Tafel I wie auf Tafel II. Dieselben Befunde geben auch die schönen
Tafeln im Atlas von
Pirogoff, fasc. III, Tab. 4—9, soweit sie normale
Individuen betreffen. Auch hier findet man den
Hilus renum durch-
schnittlich vor dem 1. Lendenwirbel. Die obere Grenze, innerhalb deren
die Nieren geschnitten werden, ist durch den 11. Brustwirbel gegeben,
und die untere durch das Aufhören der Rippen durchschnitte, dem
3. Lendenwirbelkörper etwas entsprechend.

Anders gestaltet sich dagegen das Verhältniss, wenn man Sen-
kungen des Zwerchfells oder Vergrösserungen von Leber und Milz vor
sich hat. Dann werden die Nieren aus ihrer Lage verschoben und
erfahren eine Dislokation, die mehrere Wirbelhöhen betragen kann.

Bei einem pleuritischen Exsudat der rechten Seite zeigte sich in
der Mitte des 12. Brustwirbels noch nichts von einer Niere
(Pirogoff,
III, 6, 3);
und bei dem 50jährigen Manne, mit Leber- und Milzver-
grösserung, den ich schon öfter erwähnt habe, fand sich der
Hilus |

renum, wie der Holzschnitt in Fig. 1 zeigt, erst in der Höhe des
4. Lendenwirbels. Die Nieren waren also hier recht eigentlich in die
Weichengegend herabgedrängt worden.

Die Nieren haben somit wohl bei normalen Verhältnissen eine
ziemlich bestimmte Lage, sind aber in derselben nicht so fixirt, dass
sie der von oben herabdrängenden Leber und Milz bei A^ergrösserungen
ihres Volums oder bei Verdrängung durch das Zwerchfell Widerstand
zu leisten vermöchten.

Von den Därmen Hegt auf Tafel XVII vorn der unterste Theil
des
Colon transversum vor, Hnks hinten das eng zusammengezogene
Colon descendens, rechts hinten das mehr ausgedehnte Colon ascendens.
Beide, aufsteigendes wie absteigendes Colon, liegen in dem Winkel, den
die neben der Wirbelsäule Hegenden Fleischmassen des
Psoas mit dem
Quadratus himborum bilden. Mehr im Innern der Bauchhöhle erkennt
man Dünndarmschlingen, doch bei Weitem nicht soviel als man er-
wartet hatte. Vom
Colon descendens an, an der Vorderseite des Colon
transversum
hinweg zieht sich bis zum Colon ascendens die Schnitt-
fläche des grossen Netzes hinüber.

Bemerkenswerth ist bei sämmtlichen Därmen das so ausserordent-
lich verschiedene Caliber. Je nachdem sie leer oder durch Inhah fester
oder gasförmiger Beschaffenheit ausgedehnt sind, zeigen sie eine kleinere
oder grössere Schnittfläche. Das aufsteigende
Colon und das Colon
transversum
sind sehr gross, ebenso eine Dünndarmschlinge, die das
Ende des letzteren beträchtHch comprimirt hat. Die übrigen Dünn-
darmpartien sind nur wenig ausgedehnt; das
Colon descendens fast
leer. Wenn daher Bilder ähnHcher Durchschnitte vorkommen, wie das
im Atlas von
Pirogoff, III 10, 1, welches ich hierbei in halber Grösse
wiedergebe, wo aüe Därme praH angefüllt erscheinen, so entspricht das
nicht der Norm, sondern rührt von einer künstlichen übermässigen und
gleichartigen Anfüllung her.
Pirogoff giebt an, dass er durch Luftein-
blasen in die Därme eines sonst normalen Leichnams vor dem Ge-
frierenlassen den Bauch so stark wie nur möglich aufgetrieben habe.

Entsprechend dieser künstlichen übermässigen und gleichartigen
Anfüllung der Därme verhält sich auch der äussere Contour der Bauch-
decken, die an dieser SteHe überall bewegHch sind, und bis auf den
Wirbel nirgends Knochenmassen enthalten. Er zeigt nahezu die Ge-
stalt eines Kreises, während die meinige, welche, wie sich schon aus
der Betrachtung der Bauchwölbung ergiebt, normalen Verhältnissen ent-
spricht, ein flaches querliegendes Oval darstellt. Man erkennt aus der
Länge, welche die schiefen Bauchmuskeln angenommen haben, wie be-
deutend die Auftreibung des Unterleibes dieselben ausgedehnt hatte,
und kann sich aus dieser Verlängerung und Verdünnung berechnen,
wie sich das Verhältniss bei Schwangerschaft, Ovarientumoren und
Ascites gestalten muss, was für die Tiefe der Schnitte zu beachten wäre.

-ocr page 79-

\'■p

O

v.

■r-!

•M

r-\'

O
-O

;:hmie(leJ adiiax.niiapid.delm.

-ocr page 80-

w

;>ï/ V

«

-, : .

- -A ■ \' ■ ■ \' ■

m

-V .A ■

- s:-, : .

j\'VlH:-Vç"^ ■■■

* - V \'

\' ■ ,1 "

:» \'

; • -V

.. - f\'-». -.

s-

. T.

A--s

■ ■ -V y

y;

i-\',

; y: .

. \' ; .i 1 ..V y .v ".j \' v^^^BH^SF:- s t\'

^4/

fi

-i

^ÎP

^

s 1

■■yi.---:

..-s"\'-\'\'

n ■- ■M.--. \'\' \'^--^--jr ■ ■ Vv^y

K" t

^ Vi - i

.....

MÈMM

"S}? -

>

\'\'Y;-■ V

...--v

Li

- .-a*

> y. ■

\'K

. J

-ocr page 81-

Eine weitere Folge dieser Auftreibung des Abdomen ist die Lage
der Wirbelsäule. Während auf Tafel XVII die Bandscheibe so ziem-
lieh in der Mitte des Umrisses liegt, findet sich in der
Pirogoffhohen
Abbildung der Wirbel weit hinter dem Mittelpunkte. Die Entfernung
der vorderen Bauchwand von demselben beträgt auf Tafel XVII 7 Centi-
meter, bei dem Fig. 1 zu Grunde liegenden Durchschnitte nur 6, bei der
Pirogoff^ dagegen I4V2; wobei noch bemerkt sein möge, dass der dazu
gehörige Durchschnitt fast in gleicher Höhe, nämlich unmittelbar über
dem Nabel, angelegt wurde. Es findet sich übrigens gar nicht selten
eine noch geringere Entfernung der Bauchdecken von der Wirbelsäule
vor, als auf Tafel XVII. Da dieselbe von dem Stande des Zwerch-
fells und der Contraction der Lungen einerseits, von der Anfüllung der
Därme andererseits abhängig ist, so wird man leicht begreifen, wie bei
normalen Lungen und leeren Därmen der Bauch an der Leiche so ein-
gedrückt werden kann, dass die Lendenwirbelsäule durch die aufliegenden
Bauchdecken einen deutlich erkennbaren Vorsprung bildet; so dass also
diese Distanz auf ein Minimum reducirt ist.

Man wird also bei der Compression der Bauchaorta für einen
hohen Stand des Zwerchfells und für möglichste Entleerung der Därme
zu sorgen haben.

Dass diese Compression, die z. B. für den glücklichen Verlauf der
Exartikulation des Oberschenkels eine unerlässliche Bedingung ist, sich
gut ausführen lässt, hat nicht nur die erfolgreiche Anwendung des
Lister\'^chen Compressorium bewiesen, sondern man kann sich auch
jederzeit davon selbst durch Versuche am Lebenden überzeugen. Man
muss nur darauf achten, dass man in unmittelbarer Nähe des Nabels
den Druck anbringt, da bereits nahe unter der Nabelhöhe die Thei-
lungsstelle der
Aorta in beide Iliacae liegt, und noch weiter unten der
Finger in die Beckenhöhle hineinfällt.

Neben der in der Mittellinie liegenden Aorta und der mehr seit-
lich gelegenen
Vena cava inferior erkennt man beiderseits auf dem Psoas
die weissgehaltenen Durchschnitte der Ureteren, und neben diesen, noch
weiter nach aussen, die
Vena spermatica. Hinter und zum Theil inner-
halb des
Psoas liegen die Durchschnitte der Lumbalnerven.

Die schiefen Bauchmuskeln, deren Schichten sich deutlich von ein-
ander abheben, sind unmittelbar über dem Darmbeinkamme geschnitten
worden. Das Verhältniss ihrer Sehnen zur Scheide des
Rectus und
Quadrat, lumh. ist aus der Zeichnung ersichtlich, so dass darüber nichts
weiter hinzuzufügen ist. Die
Spinae iL ant. sup. springen als Kanten
noch in dem äusseren Uhirisse deutlich vor.

Zum Schlüsse bleibt noch übrig, die Lage des Colon descendens
zu besprechen und Einiges über die Eröffnung desselben hinzuzufügen,
die an dieser Gegend ohne Verletzung des
Peritonaeum ausführbar ist,
eine Operation, die von
Callisen erwähnt, aber zuerst von Amussat
1839 ausgeführt wurde und deshalb den Namen der Callisen-Amussaf-
schen künstlichen Afterbildung trägt.

Da diese Operation von den meisten Chirurgen deshalb der Er-
öffnung der
Flexura iliaca in der linken Inguinalgegend (nach Littre)
vorgezogen wird, weil das Colon descendens eine fixirte Lage hat und
wegen des unvollständigen Peritonaealüberzuges eine Incision ohne Bauch-
fellverletzung gestattet, so erscheint es zweckmässig, zunächst eine Be-
stimmung der Lage und dann Messungen der vom
Peritonaeum freien
Wand des
Colon auf Grund meiner und der Fwo^o/f\'sehen Durchschnitte
vorzunehmen. Es wird für gewöhnlich angegeben, dass das
Colon des-
cendens
am äusseren Rande des Quadratus lumborum liege, und dem-
gemäss bei vertikaler Schnittführung die Wunde am äusseren Rande
dieses Muskels angelegt. Es ergiebt sich aber, dass diese Angabe nicht
unter allen Verhältnissen das Richtige trifft. Am unteren Rande der
Nieren liegt allerdings das
Colon weiter nach aussen, als in der Nähe
des Darmbeins; ebenso hat der
Quadratus lumborum oben eine ge-
ringere Breite als unten, so dass diese Regel allerdings für die Höhe
des dritten Lendenwirbelkörpers gelten mag; für die tiefere Region da-
gegen ist sie nicht zutreffend. Hier, in der Höhe der Symphyse zwischen
3. und 4., und in der des 4. Wirbels, unterhalb der Nieren, also recht
eigentlich im Operationsfelde, deckt geradezu der
QuadTatus lumborum
von hinten her das Colon und muss somit zerschnitten w^erden, wenn
man sicher auf letzteres gelangen will. Nur bei übermässigen Aus-
dehnungen, die sich nicht so constant wie man erwarten könnte, bei
der Operation gefunden haben, breitet sich der Darm so wie nach vorn
und innen, auch nach aussen hin aus
(Pirogoff, LLL. B. Tab. 14) und
überragt um ein Stück den äusseren Rand des erwähnten Muskels.

Es wird somit der Schnitt, der am Rande des gi-ossen Rumpf-
streckers von dem Darmbeine an bis in die Gegend der 12. Rippe zu
führen ist, die starke Sehne des
M. transversus abdominis zu trennen
haben, bis der
Quadratus lumborum freiliegt, und dann wird man durch
das Muskelfleisch des letzteren hindurchdringen müssen, bis in die
retroperitonaeal liegende Fettlage hinein.

Nur in dem oberen Wundwinkel kann man sich neben diesem
Muskel halten; oder überhaupt oben, entsprechend dem schrägen Laufe
des
Colon, den Schnitt mehr nach auswärts vor der Wirbelsäule führen,
so dass die Wunde nicht genau vertikal liegt, sondern schräg nach
oben und aussen geht.

Ist man durch die Fascie unter dem Quadratus lumborum vor-
sichtig hindurch bis in die Fettlage gelangt, unter genauer Fortführung
der Schnitte in gleicher Länge mit der ersten Incision, so dass man
einen Wundtrichter vermeidet, so gilt es, unter Schonung der Niere,
die bei tiefem Stande
(cfr. Fig. 1) leicht das Operationsfeld verdecken
kann und dann vorsichtig bei Seite geschoben werden muss, das
Colon
an seiner freien Wand mit Fäden zu fixiren und zu eröffnen. Bei der
Unmöglichkeit, das Bauchfell von seiner Rückseite zu erkennen, wird
man nur dann mit Sicherheit auf ein Gelingen rechnen können, wenn
sich durch Messungen feststellen lässt, wie weit die Umschlagstellen
des Bauchfells durchschnittlich auseinander liegen, und in wie w^eit ihre
Lage zum
Colon eine constante ist.

Es ergab sich zunächst für das Colon descendens, das ich hier
immer vorzugsweise im Auge behalte, nach Messungen an Durchschnitten
von gefrorenen Leichen erwachsener Männer, dass diese Distanz in
gerader Entfernung, also nicht der Krümmung der Darm wand ent-
sprechend, 20—25 Millimeter betrug, wenn der Darm leer und eng
zusammengezogen war (in der Höhe zwischen 3. und 4. Lendenwirbel);
ferner, dass die freie Seite des Darmes, wie auf Tafel XVII, nicht
nach hinten, sondern etwas nach einwärts gewendet war, genau gegen
den Winkel hin, den
Psoas und Quadratus lumborum mit einander
bilden. Sind die Dünndärme dagegen sehr aufgetrieben, dann wird
allerdings auch das Bauchfell zwischen
Psoas und Colon ein Stück
weit herabgetrieben, und das
Colon durch den Zug der parietalen Bauch-
fellplatte ein Stück weit um seine Achse gedreht (Fig. 2), so dass
seine freie Wand mehr nach auswärts gerichtet ist.

Ist das Colon dagegen selbst aufgetrieben, dann ward die vom
Bauchfell freie Wand beträchtlich grösser; und kann eine Breite von
50—60 Millimeter gewinnen.

Aber auch auf das aufgetriebene Colon scheint der Meteorismus
der Dünndärme drehend einzuwirken; bei Vergleichung der
Pirogoff\'sahen
Abbildungen ergiebt sich wenigstens in gleicher Weise wie bei dem
contrahirten
Colon, dass seine freie Wand etwas nach aussen gewendet
war
(cfr. Pirogoff LLL B. Tab. XLV, 2).

Da man bei Ausführung der Colotomie wohl oft einen aufgetrie-
benen Bauch vorfinden wird, so halte ich diese Bemerkungen nicht für
überflüssig. Ich hoffe, dass sie mit dazu beitragen w^erden, die Ver-
meidung des Bauchfells sicherer zu machen als bisher, wo dieselbe so sehr
dem Zufall überlassen blieb, dass ein Dritttheil aller Fälle Bauchfellver-
letzungen zeigen und dadurch den Werth der
Amussat\'sehen Methode sehr
problematisch erscheinen lassen, wenn nicht aseptisch vorgegangen wird.

-ocr page 82-

TAFEL XYIIL

Die Scheibe, deren obere Fläche hier abgebildet vorliegt, hatte
eine Stärke von 3 Centimeter und gehörte demselben normal und kräftig
gebauten Leichnam an, wie die vorhergehenden und nachfolgenden. Der
Schnitt ging durch die Darmbeinschaufeln, knapp oberhalb der
Spinae
anteriores superiores
und traf das Kreuzbein am Promontorium, so wie
am oberen Ende seines Gelenkes mit dem Darmbeine. Die Gelenk-
spalte ward auf der Hnken Seite eben noch freigelegt. Die Bauch-
höhle, an der Grenze zwischen
Mesogastrium und Hypogastrium durch-
schnitten, zeigt das Convolut der Dünndärme im Zustande mittlerer
Füllung, daneben rechts das
Coecum mit dem dahinter liegenden zwei-
mal getroffenen
Processus vermiformis, links das Colon descendens an
der Uebergangsstelle zur
Flexura iliaca. Die Darmöffnungen, die auch
hier noch im erstarrten Zustande gereinigt und naturgetreu abgebildet
wurden, zeigen verschiedene Grösse und Form, je nach dem Grade ihrer
Füllung. Sie haben fast nirgends die kreisförmige Gestalt, wie sie der
aus seinen Verbindungen gelöste angefüllte Darm auf dem Durchschnitte
darbietet, sondern ähneln mehr Durchschnitten von prismatischen Körpern;
eine Folge der dichten Aneinanderlagerung im gegebenen Räume.

Im Coecum, welches unterhalb der Bauhin\'soken Klappe durch-
schnitten wurde, erkennt man an der medialen Wand, die in ihren
Linien der Krümmung des Psoas-Durchschnittes folgt, den Eingang zum
Processus vermiformis, der in Folge seiner nach aufwärts gerichteten
Windung in zwei Theile zerschnitten ward. Der Endsack desselben
liegt mit zwei Venen in seinem besonderen
Mesenterium.

Die Spalten, welche die Bauchhöhle anzeigen, wurden erst sichtbar,
nachdem sich die einzelnen Därme beim Aufthauen von einander ab-
ziehen liessen. Um sie auf der Zeichnung deutlich zu machen, mussten
Doppellinien angelegt werden, welche auch hier wie auf den früheren
Blättern eine übermässige Breite haben. Es ist von keinem Interesse,
den Faltungen des Bauchfells und den dazwischen liegenden Spalten zu
folgen, die eben abgezeichnet wurden, wie sie sich am aufgethauten
Präparate herausstellten. Zu bemerken ist nur, dass wir uns hier unter-
halb der Wurzel des
Mesenterimfi befinden, dass sich also kein solcher
Streifen von fetthaltigem Bindegewebe, wie auf der vorigen Tafel, mehr
findet, der die Gefässe zwischen den Spalten hindurch bis zu den Därmen
selbst führt. Der Spalt zieht vielmehr quer vor dem
Promontorium
von einer Seite zur andern, so dass sich die Därme überall von der
hinteren Bauchwand abheben liessen, bis auf eine kurze Stelle an der
Flexura iliaca. Der Verlauf der Flexur selbst liess sich nicht weiter
verfolgen, da mittlerweile die Massen durch das Aufthauen zusammen-
gefallen waren.

Vom grossen Netze erkennt man vorn noch einen Abschnitt quer
den Därmen vorgelagei\'t.

Die Umgrenzungen der Bauchhöhle sind hier bereits bedeutend
festere geworden, als bei dem vorhergehenden Schnitte in der Höhe des
Nabels. Dort waren es mit Ausnahme des grossen Lendenwirbels die
platten Bauchmuskeln allein, welche die Därme umschlossen. Hier
geben das breite Kreuzbein und die zangenartig vorspringenden Schaufeln
der Darmbeine mit dem daran liegenden Muskelpolster in grosser Aus-
dehnung Schutz und Begrenzung. Die platten Bauchmuskeln, die be-
reits zum Theil sich an diese Knochenwandung inseriren, bilden nicht
mehr die Krümmung, welche die Wirkung der Bauchpresse so verständ-
lich macht, wie auf der vorigen Tafel, sondern laufen im flachen Bogen
als vordere Wand von einem Knochenvorsprung zum andern. Die Mäch-
tigkeit ihres Muskelfleisches hat mit Ausnahme der
Recti schon be-
deutend abgenommen. Da wir uns hier unterhalb der
Lineae semicir-
cidares Bouglasii
befinden, so ist aucli die fibröse Scheide der Recti
nicht mehr vollständig. Die Sehnen der Ohliqui und des Transversus
ziehen sämmtlich nach der vorderen Seite des Recttis, um sich dort in |
der
Linea alba zu einer festen Platte zu vereinigen. Die hintere Fläche
des Muskels ist frei davon und nur durch zwei zarte Membranen noch
vom Bauchfell geschieden. Diese Membranen, welche einen Raum für
die aufsteigende Harnblase bei ihrer Füllung begrenzen und von
Retzius
als Porta vesicae bezeichnet wurden, inseriren sich an den Rand der
Sehnenplatte an, welche die sogenannte
Linea semicircidaris bildet,
sind aber so dünn, dass sie auf der Zeichnung keine Berücksichtigung
finden konnten.

Die Muskulatur überhaupt, sowie das Knochengerüst zeigen die
Nähe der unteren Extremitäten an. Die Masse der eigentlichen Rumpf-
muskulatur ist im Abnehmen, daneben treten aber neue Muskeln auf,
welche zu den Extremitäten führen. Der grosse Rumpfstrecker, welcher
noch auf dem vorhergehenden Schnitte so mächtig war, ist sehr schwach
geworden und liegt hinten eingehüllt von der stärken
Fascia lumbodor-
salis,
seithch von den hinteren Vorsprüngen der Darmbeine. Die beiden
Psoasmusheln haben sich bereits von der Wirbelsäule entfernt und treten
den
Lliaci näher, um sich mit ihnen weiter nach abwärts zu vereinigen.
Letztere überkleiden die Darmbeine in deren ganzer Länge wie ein Muskel-
polster und verlieren erst weiter unten diese Form, um daselbst com-
paktere Massen zu bilden. Die mächtig entwickelten
Ghdaei, wie sie
den muskelstarken Mann charakterisiren, überkleiden mit ihrer breiten
Durchschnittsfläche die äussere Seite der Darmbeine und ziehen dann
in kräftiger Wölbung nach abwärts. Die Breite des Muskelfleisches und
der daran liegenden Fettmasse giebt übrigens nicht correkt die Stärke
beider Schichten wieder, da der Schnitt schräg durch beide hindurch
gehen musste.

Vergleicht man in Beziehung auf Skelet und Muskulatur den vor-
liegenden Schnitt mit den Tafeln IX und X, auf denen die Schulter-
theile der oberen Extremitäten neben dem Rumpfe zu sehen sind, so
sind zunächst gewisse Aehnlichkeiten nicht zu verkennen. Es zeigen
sich neben dem Rumpfskelet flügelartige Knochendurchschnitte mit grossen
Flächen und an diesen Flächen grosse Muskelmassen, so dass man die
Möglichkeit einer doppelten Bewegung schon aus dem Durchschnitts-
bilde erkennt: die der Extremität am feststehenden Rumpfe, so wie die
des Rumpfes an der feststehenden Extremität.

Zugleich aber auch zeigen beide Bilder charakteristische Verschie-
denheiten: hier am Becken Alles einfach, fest aneinander gefügt, massig;
oben an der Schulter zahlreiche schwer zu entwirrende Muskelgruppen
und Knochenlinien, grössere Mannigfaltigkeit und daraus resultirende
grössere Beweglichkeit.

Das Kreuzbein, welches hart am Promontorium geschnitten wurde,
lag, da die
Spinae anteriores superiores der Darmbeine sich direkt
unter der Schnittfläche befanden, mit den letzteren also so ziemlich in
einer Horizontalebene, ein Verhältniss, welches normaler Beckenneigung
entspricht. Feste Bandmassen verbinden dasselbe mit den Darmbeinen,
welche vorn und hinten bedeutende Breite, in der Mitte dagegen nur
eine Stärke von etwa 4 Millimeter besitzen. Es ist nicht selten, dass
die dünne Partie dieser Knochen noch bedeutend schwächer ausfällt
und auch nicht sicher, ob wirklich hier gerade die schwächste Stelle ge-
troffen wurde. Jedenfalls hat sie aber dann in nächster Nähe gelegen,
so dass man auf Grund dieses Schnittes sagen kann: diejenige Stelle
an der Darmbeinschaufel, die vermöge ihrer Schw^äche Abscessen oder
traumatischen Gewalten am leichtesten den Durchtritt nach der Bauch-
höhle gestattet, liegt in einer Ebene mit dem
Promontorium und den
vorderen oberen Darmbeinhöckern.

Die Form des Kreuzbeins ähnelt noch sehr dem Durchschnitte
eines wahren Wirbels. Körper und Fortsätze lassen sich deutlich von
einander unterscheiden. Die Lage desselben zur Masse des Rumpfes
ist aber wesentlich verändert gegenüber der des Lendenwirbels, wie die

-ocr page 83-

ral». XVlll

in .filiihieus inax,

G.F.clmiieiel H,u-.Ti.a,t,.m iami. deiiu.

.Vfil ai\'

oiïrp.

-ocr page 84-

* , • - • \'-v.-.

- .

i

\' • \\ \'k.

\' / \'

V , / .

1 .

:

I

/ \' xC

m-

7,

te-\'

ff

. -A

■-\'I, -,

-ocr page 85-

Vergieichung der vorhergehenden Tafeln zeigt. Während nämlich die
Lendenwirbel ziemlich beträchtlich in die vordere Hälfte des Durch-
schnitts hineinragen, erreicht das
Promontorium auf dieser Tafel nicht
einmal die Grenze zwischen beiden Hälften, ragt also nicht bis zur
Mitte der Rumpftiefe vor, ein Verhältniss, welches davon abhängt, dass
die Convexität der Lendenwirbelkrümmung hier bereits zu Ende ist
und der Uebergang zur Concavität des Kreuzbeines angebahnt wird.
Rechnet man nun noch hinzu, dass wir hier cadaveröse Verhältnisse
vor uns haben, wo die Bauchdecken nicht den Grad der Wölbung hatten,
den sie während des Lebens besassen, so wird dieses Verhältniss noch
prägnanter. Man wird daher das
Promontorium beim lebendigen Manne
unter normalen Verhältnissen stets hinter der Mitte, in der hinteren
Hälfte des Körpers, aufzusuchen haben.

Der Inhalt der von Muskeln und Knochen eingeschlossenen Abdo-
minalhöhle sei noch nach einigen physiologischen und klinischen Be-
ziehungen betrachtet. Bei einer Muskelaction, welche diesen Raum zu
verkleinern strebt, mag sie nun entstehen wie sie will, also bei der
sogenannten Bauchpresse, müssen die grossen Gefässe ebenso getroffen
werden, wie die Därme.

Die prall gefüllten Arterien werden den Druck ohne wesentliche
Beeinflussung aushalten, anders dagegen die Venen und Lymphgefässe,
welche letztere auf der Zeichnung nicht wieder gegeben werden konnten.
Ihr Inhalt wird ähnlich wie der der Därme ausgedrückt werden. Der
Weg und die Richtung ist aber hierbei gegeben, und kann nicht wie
beim Darminhalt nach oben und nach unten hin abwechselnd führen.
Die an der Grenze befindlichen Klappen werden eine Stauung hervor-
bringen, welche das Blut jedesmal nach der Richtung der Brusthöhle
hinauf treibt. Erst beim Nachlassen des Druckes wird ein neues Ein-
strömen von unten her erfolgen können.

Die darmähnlichen grossen Kaliber der beiden Venae iliacae com-
mtmes
sind auf der Abbildung nicht leicht zu verfehlen. Die linke ist
ihres schrägen Verlaufes wegen durch den Querschnitt viel weiter ge-
öffnet worden, als die mehr steil nach abwärts ziehende rechte; Rich-
tungsverschiedenheiten, die durch die rechtsseitige Lage der unteren
Hohlvene bedingt sind, in gleicher Weise, wie dies bei den
Venae
anonymae
oben am Halse der Fall ist.

Vor beiden Venen liegen die gleichnamigen Arterien. An der
linken ist bereits die Theilung in die
A. iliaea externa und interna
s. hypogastrica
sichtbar. Wir sind auf diesem Schnitt noch nicht weit
unterhalb des Nabels, 4V2 Centimeter, also noch nicht 2 Zoll rhein.,
und bereits liegen beide Arterien 6 Centimeter weit von einander ent-
fernt. Wie effektlos muss demnach eine Compression der Abdominal-
aorta ausfallen, die mehrere Centimeter unter dem Nabel angelegt wird, und
wie erklärlich ist es daher bei der meist zu tief angelegten Compression,
dass dieselbe für so unsicher und so schwierig ausgegeben wird.

Die Ureteren, welche auf dem vorhergegangenen Schnitte lateral
von den grossen Gefässen lagen, haben sich bereits mit denselben ge-
kreuzt. Man findet die
Lumina derselben, die im Colorit weiss ge-
halten wurden, links einwärts von der Arterie, r-echts unmittelbar davor.
Weiter lateral von ihnen, auf der Höhe der mächtigen Muskelfleisch-
wülste des
Psoas liegen die Vasa spermatiea mit dem Nervus genito-
eruralis.
Innerhalb der PsoasfiMchen, von hinten her wie in sie hinein-
geschoben, erkennt man beiderseits den
Nervus cruralis.

Die Mächtigkeit des weit in die Bauchhöhle vorspringenden Psoas
zeigt am deutlichsten, wie muskelkräftig das vorliegende Individuum war.

Man braucht nur die Abbildungen von Pirogoff, a. a. 0. Fasc. 3, Tab.
XLL, 2
damit zu vergleichen, um zu sehen, welch ein Unterschied zwischen
einer abgemagerten Spitalleiche und der eines gesunden Selbstmörders
in dieser Beziehung besteht. Dort, wo auch erwachsene Männer benutzt
worden waren, ist von solchen Wülsten gar nichts zu sehen; die Masse
des
Psoas beengt kaum den Raum der Abdominalhöhle.

Die Lage Aqx Arteria iliaea zu Vene und Nervus cruralis ist noch
nicht so angeordnet, dass die Arterie wie weiterhin nach abwärts in der
Mitte liegt, aber bereits so bestimmt, dass das bekannte Verhältniss in
der Nähe
^esLAgamentumPoupartii daraus resultiren muss. Der innere Rand
des
M.psoas bleibt der Leiter für die Aufsuchung der Arterie sowohl unten
als hier oben. Der
Nervus cruralis liegt so in den Psoas eingepackt, von
dessen äusserer Seite her, dass auch weiterhin, wo er der Arterie nahe
rückt, die den
Psoas umhüllende Fascie ihn von derselben trennen muss.

Betrachtet man die Arterie mit Rücksicht auf ilire Unterbin-
dung, so erscheint es an dieser Stelle besonders schwierig, sie ohne
Verletzung des Bauchfells zu erreichen. Die Ausdehnung des Bauchfell-
sackes am
Colon descendens wie am Coecum lassen es fast unmöglich
erscheinen, das Gefäss ohne Verletzung desselben zu erreichen. Nach
Ablösung der schiefen Bauchmuskeln von den Darmbeinen hätte man sich
zunächst auf der
Fascia des Lliacus nach rückwärts zu wenden, um dann
die wallartigen Vorsprünge des
Psoas noch zu überwinden; ein langer,
vielfach gewundener Weg, dessen glückliche Durchlaufung noch durch
jede irgendwie beträchtliche Darmauftreibung bedeutend erschwert wer-
den muss. Es ist deshalb aus dieser Abbildung schon ersichtlich, dass
alle Methoden, welche in dieser Höhe die Bauchmuskeln trennen lassen,
um in transversaler Richtung auf das Gefäss zu führen, bedeutende
Schwierigkeiten bereiten, dass es daher besser ist, analog zu verfahren,
wie bei der Aufsuchung der
Lliaca externa, um so von unten her kommend
am Rande des
Psoas bis zur Theilungsstelle hinaufzugehen. Dass es
überhaupt möglich ist, die Arterie zu erreichen ohne Verletzung des
Bauchfells durch die Operation selbst, beweisen die glücklich verlaufenen
Fälle der Ligatur der
Lliaca communis, von denen Günther allein über
21 angibt.

Die Theilung der lliaca communis in den äusseren und inneren Ast
erfolgt auch hier, wie in den Lehrbüchern angegeben wird, in der
Höhe der
Articidatio sacro-iliaca, und zwar so genau dieses bekannte
Verhältniss hier einhaltend, dass links, wo schon die Gelenkhöhle er-
öffnet ist, auch die Theilung bereits sichtbar im Gefässlumen erscheint,
während rechts, wo das Gelenk noch nicht getroffen wurde, das Gefäss
noch einfach vorliegt. Jedoch darf man nicht erwarten, die Arterie auch
unmittelbar auf dem Gelenk aufliegend zu finden, wie mehrfach angege-
ben wurde. Ebensowenig liegt die Arterie einfach lateral zur Vene;
Angaben, die vielleicht nur von dem Verzerren der einzeluen Organe
beim Präpariren herrühren. Die Arterie liegt vielmehr gerade vor der
Vene und durch diese und den Wulst des
Psoas noch ein beträchtliches
Stück weit vom Gelenke selbst entfernt. Erst die
A. hypogastrica nähert
sich dem Gelenke, und zwar um so melir, je mehr der
Psoas an Mäch-
tigkeit nach unten abnimmt, dadurch Platz macht und sich mehr an
den
Lliacus anlehnend nach aussen rückt. Ist der Psoas schwach an-
gelegt, hat man es also mit einem herabgekommenen Individuum zu
thun, so wird man allerdings die Arterie auch mehr in der Nachbarschaft
des Gelenkes antreffen, jedoch auch dann immer noch die Vene nicht
einfach neben, sondern mehr hinter ihr zu suchen haben, wie dies ge-
rade die Pirogoff\'schen Zeichnungen so schön deutlich machen. _

-ocr page 86-

TAFEL XIX.

Der hier vorliegende Schnitt verlief 3 Centimeter unterhalb des
vorigen und 5 Centimeter über dem folgenden, ging unter den
Spinae
anteriores superior es
durch das Darmbein und öffnete das Gelenk zwischen
diesem und dem Kreuzbeine. Die mit ihrer oberen Fläche abgebildete
Scheibe hatte demnach eine Stärke von 5 Centimeter. Sie enthielt unter
ihrer Oberfläche, also für den Beschauer nicht sichtbar, einen Abschnitt
der Harnblase, der Schenkelköpfe, die
Incisura ischiadiea major, welche
bis V2 Centimeter unter die Schnittfläche hinaufragte, die
Spinae ilei
anteriores inferiores,
welche hart an die Schnittfläche angrenzten, und die
Hauptmassen der
Musetdi glutaei, die beiderseits nach aufwärts wie nach
abwärts in den Schnitt selbst hineinfielen.

Das Ansehen im Allgemeinen hat sich zum vorigen Schnitte nicht
unwesentlich verändert. Die Knochen sind nicht so gracil und treten nicht
so weit an die Peripherie mit ihren geschwungenen Linien, wie bei dem
vorhergehenden Bilde, sondern sind dicker, massiger, mehr in die Tiefe der
Weichtheile eingepackt. Die Muskeln treten mit viel grösseren Fleisch-
massen auf, und sind zu compakten Gruppen vereinigt, fest um die Knochen
gelagert. Die Abdominalhöhle hat durch das Zurücktreten des Kreuzbeins
an Tiefe gewonnen. Därme sind noch in grosser Anzahl vorhanden. Bei
der Betrachtung der Abdominalhöhle hat man aber im Auge zu behalten,
dass der Schnitt bereits ein Stück in die kleine Beckenhöhle hineinfällt in
Folge der schrägen Richtung ihrer Achse, dass also, wenn man die Becken-
höhle als letztes Ende der Abdominalhöhle ansieht, dieselbe sich nicht ein-
fach senkrecht nach abwärts erstreckt, sondern unter einem nahezu rechten
Winkel nach hinten abbiegt. Deshalb ist der Transversalschnitt hier
nicht mehr ein einfacher Querschnitt der Abdominalhöhle, sondern ein
Schrägschnitt und somit die Entfernung der vorderen Bauch wand vom
Kreuzbeine nicht das einfache Maass für die Tiefe derselben.

Die Därme, welche in derselben Weise behandelt wurden wie bei
den vorhergehenden Schnitten, bieten im Allgemeinen dieselben Ver-
hältnisse der Formen, wie auf Tafel XVHI, so dass das dort Gesagte
nicht hier wiederholt zu werden braucht. Sie gehören grösstentheils dem
Ileum an, wie man schon an der Beschaffenheit ihrer Schleimhaut, aus dem
Mangel der Kerkringschen Falten, erkennt. Ausserdem findet sich links
oben der Durchschnitt der
Flexura iliaea, deren weiterer Verlauf sich nicht
mit Sicherheit bestimmen liess, und das
Rectum mit seinem bekannten
Verhältniss zum Bauchfell. Es liegt dasselbe ziemlich eng zusammen-
gezogen vor der Mitte des Kreuzbeines, und es brauchten nur geringe
Quantitäten Koth herausgenommen zu werden, um eine innere Ansicht
desselben zu gewinnen.

War es schon beim vorhergehenden Schnitte schwer, aus dem
Verhältniss der Muskelwandung das Zustandekommen einer Bauch-
presse abzuleiten, was doch bei Tafel XVII so leicht erschien, wo die
platten Bauchmuskeln wie Ringe sich um die Abdominalhöhle legten, so
ist dies erst recht hier unten der Fall, wo dieselben ein noch kleineres
und beschränkteres Stück an der vorderen Wand einnehmen. Wir sind
ihren Ansätzen oder Ursprüngen am vorderen Theile des Beckenringes
und dem
Ligamentum Poupartii sehr nahe gekommen. Die Recti mit den
dahinter liegenden Oeffnungen der
A. epigastrica inferior erscheinen
zwar noch mit ganz stattlicher Durchschnittsfläche; dieselbe ist aber
doch bedeutend schmäler und dicker geworden als auf der vorher-
gehenden Tafel und bereitet sich entschieden auf die rundliche Endsehne
vor. Die fibröse vordere Wand der Scheide ist mächtig vorhanden, und ihr
Ursprung aus den Sehnen der
Ohliqui und der Transversi, die sehr schwach
geworden sind, gut ersichtlich. Die Sehnenmasse lateral von diesen Mus-
keln, vor dem
Lliactis, reicht bis zum Knochen, und nimmt sich wie eine
sehnige Verlängerung des Knochengerüstes aus. Sie gehört zum Theil
schon dem
Ligamentum Poupartii an. Der äussere Theil desselben an der
Lacuna mxisculorttm ist nämlich bereits in Folge seines schrägen Verlaufes
in den Schnitt hineingefallen. An dieser Stelle erkennt man auch, dem
Muse, iliacus aufliegend, die Oeffnungen der A. circumfiexa ilium.

Hinter der Linea cdha zwischen den Recti, da wo das Bauchfell unter

Bildung eines kleinen Mesenteritim, eine rundliche, nach innen vor-
springende Falte bildet, liegt der obliterirte
Urachus, das Ligamentum
vesicae medium,
daneben zwei Stränge, die obliterirten Nabelarterien,
menta lateralia vesicae. Weiter nach rückwärts, innerhalb der Bauchhöhle
selbst, in der ganzen Breite vor den Därmen hinziehend, liegt der immer
noch ansehnliche Durchschnitt des grossen Netzes, welches mit seinen
Ausläufern ziemlich weit nach rückwärts die Spalten und Räume zwischen
den Därmen ausfüllt. Die Breite des Netzes, welche hier wie auf der
vorhergehenden Tafel auffallend gross erschien, ist nicht abnorm. Man
hat sich nur durch die Betrachtung des ausgebreiteten und ausgefalteten
Netzes gewöhnt, seine Stärke in der natürlichen Lage zu unterschätzen.

Der Mtisc. psoas, welcher auf der vorigen Tafel wie ein isolirter
Wall in die Abdominalhöhle hineinragte, zeigt sich hier in völlig ver-
änderter Gestalt und Lage. Er ist weiter nach vorn gerückt und mit dem
Lliacus zu einer scheinbar gleichmässigen Muskelmasse vereinigt, einge-
schlossen in eine beiden Muskeln gemeinsame Fascie; nur der
Nervus
cruralis
giebt noch die Grenze zwischen beiden Muskeln an. Dagegen hat
der
Psoas seine Eigenschaft als Führer zur Arteria iliaea externa treu bei-
behalten. Das Gefäss liegt immer noch an seinem inneren Rande wie
höher oben, und hat direkt hinter sich die grosse gleichnamige Vene.
Dieses Verhältniss ist so constant, dass ich es auf allen Durchschnitten,
die ich an verschiedenen Leichen machte, wieder fand. Man wird auch
bei dem Holzschnitt weiter unten, der die Gelenkverhältnisse sehr schön
wiedergiebt, und von einem meiner Durchschnitte des älteren Mannes
stammt wie Tafel IX, das gleiche Lagenverhältniss erkennen, ebenso ferner
bei dem Frontalschnitt auf Tafel XXI, sowie bei den
Pirogoff\' soken
Abbildungen. Es reicht diese Anordnung von dem letzten Lendenwirbel
bis zur Höhe der Schenkelköpfe herab. Weiter nach abwärts in der
Nähe der
Lacuna vasorum, am Ligamentuin Poupartii, liegen beide
Gefässe wieder neben einander in gleicher Weise wie
Aorta und untere
Hohlvene vor ihrer Theilung.

Fragt man nach den Bedingungen dieser constanten Lage, so kommt
zunächst das Verhältniss der unteren Hohlvene zur Aorta in Betracht.
Die Vene liegt rechts zur Arterie und muss bei der Theilung sich mit
derselben kreuzen. Schon hierbei läuft die Vene constant unter den
Zweigen der Arterie weg. Auf dem Wege durch das Becken bis zum
Schenkel liegen beide Gefässe an der Wand des
Psoas. Sie müssen hier
in einer Sagittalebene verlaufen, das eine Gefäss hinter dem andern,
nicht neben einander, wenn nicht eine für die Circulation höchst
ungünstige Lage zu Stande kommen soll. Das eine Gefäss, also hier die
Vene, würde sonst weit in das Innere der Beckenhöhle vorspringen und
bei jeder Veränderung der Lage oder Füllung der Därme ungünstig
beeinflusst werden, während sie dagegen im Winkel zwischen
Psoas und
Arterie ebenso wie oben an der Kreuzungsstelle durch das pralle Ar-
terienrohr einen gewissen Schutz erhält. Trotzdem ist sie aber dadurch
den Einwirkungen der sogenannten Bauchpresse nicht völlig entzogen,
ebenso wenig wie die grossen Venen an der
Lncisura ischiadica und am
Kreuzbeine. Sämmtliche Venen werden vielmehr dadurch, namentlich
bei der Gewalt der Kothentleerung, mehr oder weniger zusammenge-
drückt werden und ihren Inhalt wegen der an der Beckengrenze befind-
lichen Klappen nach kurzer Stauung aufwärts führen.

Die Unterbindung der A. iliaea externa, zuerst von Abernethy
eingeführt, wird für gewöhnlich dicht unter diesem Durchschnitt vorge-
nommen, jedoch gelangt man meistens im Verlaufe der Operationen bis in
diese Höhe hinauf Wir befinden uns hier nur wenige Centimeter über
der Kreuzungsstelle der Arterie mit dem
Ligamentum Poupartii, und sind
daher auch ebenso weit von der Ursprungsstelle der
Epigastrica inferior
und Circumfiexa ilium entfernt, während die LLypogastrica ziemlich ebenso
weit nach aufwärts von dem Gefässstamme abgeht. Wir haben also gerade
hier eine aiissergewohnlich günstige Stelle in Beziehung auf die Throm-
busbildung, Verhältnisse, die in ähnlicher Weise sieh nur noch an dem
astlosen Stücke der
Carotis commttnis vorfinden. Es fragt sich nun, ob

-ocr page 87-

W, Brauiie praep.
SimipL Veil S-.Coinp.Lipsiae.

C.Schmiedel a.d,Tiat.mlapicl_.{lelm.

■.E, A.^\'rinlie, unp.LipsTae.

-ocr page 88-

s

-i-

-X

v\' . \'

ûm.

15.-

te

.-■Tl.,

1

■ • -t.; \'.^Vv,-.-.- . >

êkâM^^r ^t^Tr\'ó ^ j\'^^^m

■h:.---- --■-\'■-■SM

-ocr page 89-

auch die Arterie für den Operateur leicht zu erreichen ist, ob namentlich
die Verhältnisse des Bauchfells eine gefahrlose Unterbindung gestatten.

Man hat sich vielfach durch die Nähe des Bauchfells beeinflussen
lassen, um bei Blutungen hoch am Oberschenkel die leicht erreichbare
Femoralis am Poupartischen Bande anstatt dex Iliaca zu unterbinden, ohne
jedoch zu bedenken, dass gerade an
diev Femoralis die Menge der abgehen-
den Aeste äusserst ungünstig für die Herstellung eines Thrombus ist.
Bei keiner Ligatur sind in Folge dessen so viele und so heftige Nach-
blutungen beobachtet worden. Nun sind aber die Gefahren von Seiten
des Bauchfells in der That nicht so gross, und lassen sich auch für den
Ungeübten sicher umgehen, wenn nur der erste Einschnitt nahe am
Liga-
mentum Poupartii
gemacht wird. Man hat nach Abtrennung des Ohliquus
internus
und Transversus die Fascia transversa einzuschneiden, um dann
leicht mit den eingesetzten Fingern das Bauchfell im lockeren Binde-
gewebe nach aufwärts schieben zu können. Eine kleine Lymphdrüse
pflegt direkt auf der Arterie zu liegen und deren Lage zu markiren.
Nur zweierlei ist zu vermeiden, was in den Lehrbüchern nicht genügend
betont wird; nämlich das Eindringen unter die
Fascia iliaca und die
Verletzung der starken
Vena circumflexa ilium die quer nach aussen
über die Arterie hinwegläuft. Gerade weniger Geübte dringen leicht aus
Angst vor Verletzung des Bauchfells zu tief ein und wühlen dann, ver-
geblich die Arterie suchend, in dem Muskelfleische des
Lliacxis und Psoas.

Man wird die Ligatur der Lliaca externa geradezu an Stelle der
der
Femoralis unter dem Poupartischen Bande zu setzen haben.

Auch die Statistik spricht entschieden zu Gunsten dieser Operation.
Norris hat über 100 Operationsfälle verzeichnet, von denen 73 einen
günstigen Ausgang hatten.

Die Arteria hypogastrica, an deren Abgangsstelle wir uns auf der
vorhergehenden Tafel befanden, ist auf dieser Abbildung bereits in ihre
Aeste zerfallen, welche sich durch ihre Lage zum Durchtritt durch
die
Lncisura iscJiiadica nach aussen vorbereiten. Letztere liegt nahe,
V2 Centimeter unter der Schnittlinie. Man erkennt daher die Gefässe
ausserhalb des Beckens zum Theil wieder, da eine Anzahl der nach oben
steigenden Aeste, wie der
Glutaea, doppelt geschnitten wurden. Weiter
nach rückwärts von den Stämmen der
Glutaea und Lschiadiea zeigen sich
die mächtigen Durchschnitte der gleichnamigen Venen und zwischen diesen
die Theile des
Plexus sacralis, die sich weiter unten zum Nervus isehiadicus
vereinigen, der mit seiner grossen Schnittfläche bereits auf dem nächsten
Durchschnitte erscheint.

Je nach dem Grade der Beckenneigung wird bei Transversalschnitten
auch das Iliosacralgelenk verschieden geschnitten. Es kann daher nicht
Wunder nehmen, dass die Formen dieses Gelenks bei Querschnitten des
ganzen Körpers so verschieden ausfallen. Vergl.
Pirogoff, a. a. 0. Fasc.
LLL Tab. 13. Fig. 3 u. ff.

Dass man hier ein wirkliches Gelenk vor sich hat, ist schon aus der
Betrachtung dieses Durchschnittes ersichtlich. Man erkennt deutlich
die Gelenkhöhle, die dieselbe umgebenden Knorpelflächen, und den das
Gelenk flxirenden Bandapparat. Der Gelenkspalt ist ziemlich ausgedehnt,
und links durch den constant vorkommenden Vorsprung des Hüftbeins
winklig gebogen. Die Knorpelfläche am Kreuzbeine ist die stärkere,
was auf der rechten Seite vom Zeichner übersehen worden ist.

Vorn liegt das Ligamentum sacroiliacum anterius, eine schwache
Bandmasse, welche nicht viel zu tragen hat, und sich mehr wie eine Ver-
stärkung des Periostzuges ausnimmt, der vom Kreuzbein nach dem Hüft-
bein über das Gelenk weg hinüberzieht. Hinten dagegen findet sich das
mächtige
Ligamentum sacroiliacum interosseum (Bichat), eingepackt in
den Winkel des Kreuzbeins und Hüftbeinhöckers; und unmittelbar
daraufliegend, und kaum von ihm zu trennen, die Furche auskleidend, aus
welcher die Streckmuskeln der Wirbelsäule entspringen, das
Ligamentum
iliosacrale posticum.
An diesem kolossalen Bandapparat, der einen ähn-
lichen Gegensatz zu den Bändern auf der Vorderseite bildet, wie die
Bänder der Fusssohle zu denen des Fussrückens, ist das Kreuzbein an
den Hüftbeinen aufgehangen.

Vergleicht man den beim aufgerichteten Körper nahezu aufrecht
stehenden Beckenring mit einem Gewölbbogen, in welchen die Wirbel-
säule mit ihrer Basis, dem Kreuzbein, eingefügt ist, so bildet allerdings
das Kreuzbein den Schlussstein, insofern es die Lücke zwischen den Hüft-
beinen schliesst. Es verhält sich aber gerade entgegengesetzt wie ein das
Gewölbe von oben her schliessender und deshalb dasselbe auseinander
pressender Schlussstein. Es richtet seine breite Fläche nach abwärts,
seine schmale nach aufwärts, ist demnach von unten her in den Gewölb-
bogen hineingeschoben und durch die starken Bänder darin aufgehangen,
so dass der Körper mittelst der Wirbelsiiule nicht die Hüftbeine drückend
auseinandertreibt, sondern wie in einem federnden Apparat befestigt, durch
die Bänder getragen wird, welche die Hüftbeine nach hinten zusammen-
ziehen und an das Kreuzbein anpressen müssen. Alle Stösse somit, die
von unten her kommen, werden durch diesen Gelenkapparat gebrochen,
so dass sie nur abgeschwächt auf die Wirbelsäule und deren Inhalt über-
tragen werden,

In beifolgender Figur gebe ich eine Copie eines meiner früheren
Durchschnitte, der besonders schön diese Gelenkverhältnisse wiedergiebt.
Das Bild stammt von dem älteren Manne, dem auch Tafel IX entnommen ist.

Bei der grossen Symmetrie, welche die Knochen auf diesem Durch-
schnitte zeigen, ersieht man sehr deuthch, wie die hinteren Vorsprünge
der Hüftbeine besonders geeignet erscheinen um eine möghchst feste
Verbindung mit dem von vorn her eingeschobenen Kreuzbeine herzu-
stellen. Man erkennt ferner, da das im Holzschnitt wiedergegebene
Becken an der
Spina ilei ant. inf. und über dem Promontorium, getroffen
ward, dass es vorn tiefer und hinten höher geschnitten wurde als das auf
der Tafel abgebildete des jüngeren Mannes. Es musste also bedeutend
weniger geneigt sein als letzteres.

Das Gelenk mit seinen Anomalien steht in causalem Zusammen-
hang mit der ungleichmässigen Entwickelung des Beckens. Es ist
von Litzmann und neuerdings von Spiegelberg die Anchylose dieses
Gelenkes in seiner Beziehung zum schräg verengten Becken untersucht
worden. Der überwiegende Druck auf die eine Beckenhälfte kann ebenso
wie die einseitige Atrophie der das Iliosacralgelenk begrenzenden

Knochen zu einer schrägen Verschiebung des Beckens führen. Ist der
einseitig überwiegende Druck das veranlassende Moment, so kommt es
mit der Verschiebung der Gelenkflächen an einander zum Schwund der
benachbarten Knochenpartien und Sklerose derselben, welche dann im

weiteren Verlaufe zur Anchylose des Gelenkes führen kann. Auf der
andern Seite muss der primäre einseitige Knochenschwund ungleiche
Vertheilung des Druckes der Rumpflast und so die bekannten weiteren
Consequenzen nach sich ziehen.

-ocr page 90-

Um die Verhältnisse der Beckenorgane zur Ansicht zu bringen,
wurde der letzte Querschnitt des Rumpfes hart oberhalb der
Symphysis
ossium pubis
angelegt und nach dem unteren Ende des Kreuzbeins
durch den Leichnam hindurchgeführt. Auf diesem Wege schnitt die
Säge die Inguinalgegend, die äussere Schenkelmuskulatur und die Schen-
kelköpfe nahe ihrer Mitte ausserhalb des Beckens, innerhalb des-
selben Blase, Mastdarm und eine im Douglas\'schen Räume liegende
Dünndarm schlinge. Die Sitzbeine wurden in der
Spina ischii getroffen, so
dass der Schnitt dem
Ligamenhim spinoso-sacrum ziemlich genau folgte.

Das vorliegende Bild zeigt uns also zwei Partien; in der Mitte,
eingeschlossen von den Beckenknochen,
M. obturator internus und dem
Levator ani, den untersten Abschnitt der Abdominalhöhle; seitlich da-
von die Gelenkapparate der Oberschenkel mit den dazu gehörigen Mus-
kelmassen und den grossen Gefässen.

Betrachten wir zunächst das Mittelstück, begrenzt durch Scham-
beine, Sitzbeine,
Levator ani, Ligamentum spinoso-sacrum und letzten
Kreuzbeinwirbel. Die Harnblase, welche etwa 100 Gramm gefrorenen
Urin, daneben aber keine Spur Luft enthielt, zeigte sich fest um ihren
Inhalt zusammengezogen, so dass ihre Form nicht durch den Druck der
Nachbarorgane bedingt war, wie dies bei zahlreichen
Pirogoff sehen Ab-
bildungen sich vorfindet, bei denen die obere Blasenwand vielfach ein-
gebogen und zusammengefallen erscheint. Das Cadaver war eben ganz
frisch von mir zum Gefrieren gebracht worden, nicht erst nachdem durch
die Fäulniss sich Gase gebildet hatten, welche die Formen der Höh-
lungen veränderten. Die Eismasse wurde vorsichtig herausgelöst und
die Wandungen noch im erstarrten Zustande abgezeichnet. Man erkennt
deutlich das
Orificium tirethrae intermim inmitten eines Kranzes von
Schleimhautfaltungen. Weiter nach vorn hebt sich die vordere Blasen-
wand aus der Tiefe heraus und bildet beim Ueberschreiten der Scham-
beinsymphyse eine flache Convexität nach innen. Dieser Buckel ist
durch die lichte Stelle in der Zeichnung wiedergegeben worden, auf
welche gerade der die Harnblase bezeichnende Strich hinführt. Die
Dicke der Blasenwandungen selbst war dem geringen Grade ihrer An-
füllung entsprechend nicht unbedeutend. Die scheinbar kolossale Stärke
der hinteren Wand entspricht aber nicht dem wirklichen Querschnitt.
Gerade an dieser Stelle war die Wand sehr schräg getroffen worden.
Um die Lage und Form der Blase mit dem auf Tafel I. gegebenen
Durchschnitte vergleichen zu können, w^ai\'d der Eisklumpen sorgftiltig
herausgenommen und im Profil abgezeichnet. Es liess sich dies um
so leichter ausführen, da mit der vorhergehenden Scheibe nur ein Stück
der oberen Blasenwand entfernt worden war mit einem sehr kleinen
und flachen Abschnitt des Inhaltes. Beim Vergleichen dieser Zeich-
nung mit dem auf Tafel I. befindlichen Sagittalschnitte, zeigte sich eine
grosse Uebereinstimmung der Form. Nur darin differirten beide, dass
in Tafel I. der Stand des
Orificium tirethrae internum- ein etwas höherer
war als der hier vorliegende. Auf jeden Fall aber ist eben damit die
Form und Lage der Blase bei jugendlichen und kräftigen Männern be-
stimmt, wie man sich auch durch Talgausgüsse überzeugen kann, mag
man nun dieselben durch den Ureter oder durch die
Urethra ausführen.
Sicher ist wenigstens die von
Kohlrausch abgebildete Kugelform nicht
eine den natürlichen Verhältnissen entsprechende. Von einem Blasen-
halse, als von einer trichterförmigen Veijüngung der Blase nach der
Harnröhre zu, ist auch hier keine Rede.

Für eine weitere Ausdehnung der Blase ist, wie auch die Ab-
bildung lehrt, genügend Platz vorhanden. Das fettreiche Bindegewebe
zu beiden Seiten kann gut ausweichen, ebenso wie die Dünndarm-
schlingen mit dem
Peritonaeum leicht von der anschwellenden Blase
erhoben und verschoben werden. Ferner wird Raum geschafft durch
Abplattung des
Rectum, sowie durch Entleerung der grossen Venen-
plexus, bis schliesslich die Blase die Beckenhöhle fast allein ausfüllt.
Mit diesen Volumsveränderungen ändern sich auch die Verhältnisse des
Bauchfells zur Blase. Schon bei dem geringen Grade der Anfüllung,
wie er hier vorliegt, war nur die obere Wand und ein kleiner Theil
der Rückseite vom Bauchfelle überzogen, so dass bereits ein Zugang
auch oberhalb der
Symphysis ossium pubis, wenn gleich ein schmaler,
vorhanden war. Es liegt auf der Hand, dass dieser Zugang unterhalb
des Bauchfelles mit der zunehmenden Füllung und Erhebung der Blase
an Breite gewinnen muss. Im Text zu Tafel I. ist ausführlich be-
sprochen worden, welchen Werth die Ausdehnung des
Rectum in dieser
Beziehung hat. Ein in das
Rectum eingebrachter Colpeurynter hebt
bei seiner Füllung bis zur Grösse einer Mannesfaust Blase und
Peri-
tonaeuvi
weit über die Symphyse empor und macht sie dem hohen
Steinschnitt sehr gut zugänglich. Geräumiger ist der Zugang an den
vom
Peritonaeum freien Stellen von dem Perinaeum aus. Man braucht
sich nur die Spitze des Messers im
Orificium urethrae heraufsteigend
zu denken, um die Möglichkeit grosser Blaseneinschnitte nach vorn,
den Seiten und hinten hin verstehen zu können.

Hinter der Blase liegt ein flacher Abschnitt des Bauchfellsackes
mit einigen durch den Schnitt halbirten Schlingen des
Lleum. Dahinter
die Douglas\'sche Falte, und ferner die bekannte Ausbuchtung des Bauch-
fells, der sogenannte Douglas\'sche Raum. Derselbe zog sich in schrägei
Richtung nach vorn und unten, und besass eine Tiefe von IV2 Centi-
meter. Er enthielt etwa 20 Gramm gefrorener Flüssigkeit, eine so ge-
ringe Quantität, dass schon hieraus der frische Zustand des Cadavers
erkannt werden konnte.

Die Saamenbläschen welche unmittelbar am Schnittrande lagen,
wurden durch Wegnahme von etwas umgebendem Bindegewebe noch
völlig freigelegt. Medianwärts von ihnen biegen unter scharfer Krüm-
mung die
Vasa deferentia nach vorn und oben zu ab, bis sie mit freier
langer Schnittfläche endigen. Man erkennt ihr feines Lumen und die
Stärke ihrer Wandung. An ihrem vorderen Ende etwas nach auswärts
markiren sich die weiss gehaltenen Querschnitte der Ureteren.

Der Mastdarm, der durch wenig Koth angefüllt war, ward kurz
vor seiner letzten Endkrümmung getroffen. An ihm liess sich genau
nachmessen, dass die Entfernung bis zur Afteröffnung reichlich 9V2 Centi-
meter betrug. Vergleicht man hiermit das Verhältniss des Bauchfelles,
welches bereits von der vorderen Fläche des Mastdarmes sich gänzlich ent-
fernt hat, und unter Bildung des Douglas\'schen Raumes noch IV2 Centi-
meter herabstieg, so ergiebt sich, dass dasselbe von der Afteröffnung
reichlich 7V2 Centimeter entfernt war, dass man also in dieser Höhe
am Mastdarm Operationen hätte unternehmen können, ohne eine Ver-
letzung des Bauchfellsackes befürchten zu müssen. Es stimmt dieses
Verhältniss mit dem auf Tafel I. völlig überein. Jedoch ist auch hier
zu bemerken, wie sehr dies Verhältniss mit der Füllung des
Rectum
wechselt. Mit der Füllung wird der vom Peritonaeum freie Theil
länger, mit der Entleerung steigt das Bauchfell herab.

Für den Mastdarm tritt in ähnlicher Weise sowie für die Blase
die Frage auf, welche Veränderung des Bildes durch die verschiedenen
Volumsveränderungen zu Stande kommen würde. Und zwar kann es
sich auch hier um Volumunterschiede bedeutender Grössen handeln,
wie die Erfahrung lehrt und auch das Experiment der Injectionen am
Cadaver zeigt. Der Raum der hierbei erforderlich ist, wird in ähn-
licher Weise geschafft wie bei der Blase. Das Bindegewebe und das
Fett werden verdrängt, der Douglas\'sche Raum mit den Därmen ge-
hoben und bei sehr starker Anfüllung des Mastdarms auch die Blase
nach vorn und oben gerückt. Obige Abbildung aus
Pirogoff\'s Atlas,
Fig.
1, ist in dieser Beziehung besonders instructiv.

TAFEL XX.

-ocr page 91-

^ ■ praep.
.uiirp;; Vcit ft0 irip.ijip s iafi.

\'chiratflel ad.uat iraa-pid-deliTi

lE.A.Punte, iirip.lipsiae.

-ocr page 92-

*

■»i

î

-\'S

.\'V-.-.\'V./\'\'-

-

ei ""

f - - -

.tótóMrip-\'^\'

? vw . -

. -

Pt .

- rnjPf ^ .èst,.___

- :

•Mï

. » 4 J

\'7 -

itt

\'m-

ir >

"t-J : -

"TvP^-r-vtii--. .

V •

Iii,.*- ri "

i

^ t s

rt -«f <-

\'S*-"

■ _ - i, T* t « »

^-fr xt

- f\'

MM \\ •■\'.v^-:"

r

r-, -^jcAït t Sr

5.V

i \'S--?

Ca

M ^

, :\'T.-<, r - ■ .J-t\'

.... .. A. , : . j, ■

sg^c

.BS

* »

jjjtyjieg^_____

-ocr page 93-

Es ist wenig zur Erläuterung liinzuzufügen. Die grosse Aelmlicli-
keit der einzelnen Formen mit meiner Abbildung wird das Verständ-
niss wesentlich erleichtern. Ueber die Hälfte der Beckenhöhle wird
von dem stark ausgedehnten Mastdarm ausgefüllt. Letzterer ist zwei
Zoll über dem
Anus durchschnitten und vorher durch Luft gewaltsam
ausgedehnt worden. Die halbmondförmige Falte ist auch bei dieser
Ausdehnung nicht ausgeglichen worden, sondern springt von der rechten
Seite aus deutlich in die Höhle sichelähnlich vor.

Beachtenswerth ist die Begrenzung des Beckenraumes. Der Schnitt
geht durch die
Spina ischii und theilweise durch das Ligamentum
spinoso-sacrum-,
verläuft also zwischen dem Foramen ischiadicum majus
und minus. Dem entsprechend ragt vom Körper des Sitzbeines beider-
seits ein Knochenzacken ziemlich weit nach hinten vor und an den-
selben schliesst sich in der ganzen Länge das
Ligamentum spinoso-
sacrum
an bis zum Kreuzbeinwirbel. Rechts ist dieses Band nur eine
Strecke weit vom Kreuzbein an zu verfolgen und reicht nicht bis zur
Spitze des Sitzbeines wie links. Da das
Ligamentum sjnnoso-sacrtim
eme horizontale Richtung hat, das Ligamentum tuheroso-sacrum in
mehr verticaler Richtung aufsteigt, so ist auch von letzterem nur ein
kleines Stück zu sehen. Man findet es am Kreuzbein nach dem Rande
des
Glutaeus hin, wo es dann vom anderen Bande abweichend sich in
die Tiefe verliert. Zwischen beiden Bändern liegen links die
Vasa
pudenda
mit dem zugehörigen Nerven; rechts sind dieselben bereits
weiter davon entfernt, und in der Nähe der
Spina ischii zu suchen.

Beiderseits nach innen zu vom Lig. spinoso-sacrum markirt sich
ein dunkler Streifen, der theils nach der
Spina ischii sich hinzieht,
theils mit der Fascie des
M. obturator internus in Verbindung steht.
Es ist dies der an den
Levator ani anschhessende M. coccygeus. —
Alle Schnitte, die noch weiter nach abwärts die Blase schneiden, müssen
somit in den Bereich dieses Muskels fallen und denselben als einen
die Beckenorgane begrenzenden muskulösen Ring zur Ansicht bringen.
Einen solchen tiefer angelegten Querschnitt zeigt die hier folgende Figur.

Vergleicht man diesen Durchschnitt, der in gleicher Höhe wie der
bei Fig. 2 genommen ist, so sieht man in welcher Weise der Raum
für den gefüllten Mastdarm gewonnen wurde. Man erkennt aber auch
deutlich, dass zugleich mit der Mastdarmfüllung eine Erhebung des
Dougias\'schen Raumes und der untersten Dünndarmschlingen verbunden
war; denn von all diesen Theilen ist auf dem Schnitte nichts mehr
vorhanden. Zwischen Blase und Mastdarm zeigen sich nur die Schnitte
der Samenbläschen, die also mit dem erhobenen Blasengrunde auch
weiter hinauf über die Schnittfläche getreten sind.

Ausserhalb der Beckenhöhle hat man beiderseits die im Halse
geschnittenen Oberschenkelknochen mit den Gelenkbändern; und daneben
die Muskelgruppen mit den grossen Gefässen. Da die Köpfe nur nach
innen und oben eine Kugelgestalt zeigen, so wird jeder Transversal-
schnitt der in der Nähe ihrer Mitte durchgeht, auch ein Stück des
Halses mit treffen, und daher je weiter nach abwärts auch umsomehr von
der Kugelgestalt abweichende Formen hervorbringen. Nur der innere
Contour wird noch einen Kreisabschnitt darstellen, nämlich da, wo das
Ligamentum terres aus der Tiefe heraussteigt und sich in die Grube am
Kopfe selbst inserirt. Weiter hinauf zeigen sich die Gelenktheile besser.

Fig. 4 stammt von der Reihe von Durchschnitten, die an dem Körper
eines älteren Mannes von mir ausgeführt wurden. Der Schnitt ist zwar
etwas höher geführt als der auf der Tafel abgebildete, ist aber deshalb gut
vergleichbar, weil er die ganze Länge des
Ligamentum spinoso-sacrum traf
Man erkennt die Köpfe des Oberschenkelknochen in ihren Pfannen
nahezu halbirt. Von der
Symphysis ossium pubis, die in Folge der
stärkeren Beckenneigung beträchtlich tiefer lag, ist noch nichts zu
sehen. Dagegen zeigt sich sehr gut das Verhältniss des Samenstranges
zu den grossen Schenkelgefässen. Entsprechend der schon oben er-
wähnten tieferen Lage der Eingeweide bei älteren Leuten hat man hier
eine Menge von Darmschlingen vor sich, da wo auf der Tafel nur
noch ein flacher Abschnitt vom
Ileum vorhanden war.

Figur 2 stellt einen Querschnitt vor, den ich durch das Becken
eines älteren Mannes anlegte. Er schnitt die Symphyse, ging links durch
das
For amen ischiadicum minus, rechts noch etwas darunter durch den
Sitzknorren; hinten verlief er in der Höhe der Steissbeinspitze. Man
erkennt sofort die durch den
Levator ani umgrenzte Beckenhöhle,
welche hinten Mastdarm, eine Dünndarmschlinge, Samenbläschen und
den Anfangstheil der Blase mit der Harnröhre enthält.

Da hier beträchtlich tiefer geschnitten wurde, so sieht man auch
links den
Gemellus inferior in völligem Zusammenhange mit dem wink-
ligen
Obturator internus verlaufen. Trotzdem ist noch Douglas\'scher
Raum mit Bauchfell vorhanden. Es ergiebt sich hieraus, dass der Stand
des Bauchfellsackes ein tieferer war, als bei den jugendlichen Cadavern
in vorliegender Tafel und Tafel L Nimmt man dazu, dass bei neuge-
bornen Kindern ein besonders hoher Stand des Bauchfells zum Becken
vorhanden ist, so wird sich dieses Verhältniss als ein normales, dem
Alter entsprechendes, bezeichnen lassen, und daraus die Regel ergeben,
bei alten Leuten ganz besonders vorsichtig bei Mastdarmoperationen zu
verfahren, um nicht das hier tiefer hinabreichende Bauchfell zu treffen.

Fig. 3 ist aus dem Atlas von Pirogoff entnommen und verkleinert
wiedergegeben worden. Nach
Pirogoff Angaben (Text, Fasc. HL, p. 58)
war der Cadaver eines erwachsenen Mannes durch Frost gehärtet wor-
den, bei dem eine gefüllte Harnblase und gefüllter • Mastdarm vorlagen.
Der Schnitt ging durch den unteren Theil der Symphyse, 7 Linien
unterhalb des oberen Randes derselben, durch das
For amen ovale, die

Tuberosität des Sitzbeins, nahe an der Incisura iscMadica minor und
der Insertion des
Ligamentum tuheroso-sacrum, und trat in der Höhe
der Schwanzbeinspitze hinten aus. Es ward die untere Fläche des
Schnittes abgebildet, so dass man wie bei der Tafel von oben nach
abwärts in den Körper hineinblickt.

Ueber den Levator ani selbst können natürlich solche Durchschnitte
keine klare Anschauung geben, da nur ein geringer Theil seiner Fasern
getroffen wird. Man wird ihn also nicht auf Grund solcher Abbildungen
hin, als Zusamnienschnürer der unteren Beckeneingeweide auffassen dürfen.

-ocr page 94-

TAFEL XXL

Es erscliien mir wünschenswertli, der Reihe von Querschnitten
noch einen Frontaldnrchschnitt des Beckens hinzuzufügen und zwar
einen solchen, der die Verhältnisse der Hüftgelenke möglichst gut
zur Anschauung brächte. Nach mehrfachen Versuchen überzeugte ich
mich, dass dazu eine bestimmte Haltung der Beine nothwendig sei, da
bei der Rückenlage des Cadavers die Beine gewöhnlich so nach auswärts
gerollt sind, dass die oberen Theile beider Oberschenkel, nämlich Kopf,
Hals und Schaft nicht in der frontalen Ebene des Körpers liegen und
auch keine gemeinsame Ebene mit einander bilden. Nur dann, wenn
man die Schenkel so weit nach einwärts rollt, dass die medialen
Ränder beider Füsse sich in ihrer ganzen Länge berühren, liegen beide
Oberschenkelknochen mit Schaft, Hals und Kopf in einer gemeinsamen
Frontalebene.

Ich band daher die Füsse des frischen Cadavers eines muskel-
kräftigen 35jährigen Handarbeiters, der seinem Leben durch Erhängen
ein Ende gemacht hatte, vor dem Frieren fest an einander und führte
nach dem völligen Erstarren des Körpers den Frontaldurchschnitt aus,
welcher der vorliegenden Abbildung zu Grunde liegt.

Der Schnitt durch das Becken und die Hüftgelenke gelang in be-
friedigender Weise; die Symmetrie beider Seiten ist nahezu eine voll-
kommeue zu nennen. Nur der Schaft des rechten Oberschenkelknochen
ist nicht in seiner gesammten Länge getroffen worden; der grosse
Trochanter nur zum Theile sichtbar, der Anfang der Diaphyse darunter
noch stellenweise von Weichtheilen bedeckt. Kopf und Hals der Ober-
schenkel dagegen wurden ziemlich genau halbirt. Am Becken ging
der Schnitt durch die Mitte der Pfannen und verlief durch die Länge
des
Ligamenhim teres auf beiden Seiten. Ausserdem ging er durch
das
Foramen ohturatorium und die Darmbeine. Das Promontorium
und die Sitzknorren blieben unberührt in der hinteren Hälfte des Prä-
parates liegen. Man sieht somit von vorn nach hinten in die Becken-
höhle hinein und hat also zur linken Hand die rechte Seite des Ca-
davers, zur rechten Hand die linke.

Die Abbildung zeigt das untere Ende der Abdominalhöhle, be-
grenzt oben durch die Durchschnitte der drei platten Bauchmuskeln,
weiter nach abwärts durch den nach innen zu ziemlich stark vorsprin-
genden Wall des
Iliopsoas, der lateralwärts von seiner centralen Sehne
den
Nervtis cruralis in sich birgt.

Zwischen diesen muskulösen Wandungen liegen die Därme, und
reichen bis zur Harnblase herab, deren vorderes Ende so getroffen
worden ist, dass die Höhlung gerade noch eröffnet wurde. An den
Darmdurchschnitten, die oben mehr dem
Jejunum, unten mehr dem
Ileum angehören, wie man leicht aus der Beschaffenheit der Schleim-
haut erkennen kann, ist ersichtlich, dass die Darmschlingen vielfach
ihrer Länge nach getroffen wurden. Man hat viel weniger einfache
Querschnitte vor sich als dies bei den vorhergehenden Abbildungen
des Rumpfes der Fall war. Es müssen somit die Darmschhngen eine
mehr der Längsachse des Körpers parallele Richtung verfolgt haben.

Von den einzelnen Darmtheilen erkennt man am oberen Rande
des rechten
Psoas den quergeschnittenen Processus vermiformis, an der
medialen Seite der linken
Vena iliaca den Querdurchschnitt des Mast-
darmes. Letzterer wurde nach Vollendung der Zeichnung noch im
erstarrten Zustande in Beziehung auf seinen Verlauf besonders unter-
sucht. Er stieg hinter dem Douglas\'schen Räume in der linken Körper-
hälfte nahe an der Mittellinie in die Höhe, bog dann am linken
Psoas
scharf nach vorn ab, so dass er in die Schnittebene fiel, und zog sich
dann unter Bildung eines grossen nach vorn gerichteten Bogens etwas
in die rechte Körperhälfte hinüber, um sich dann nach links und hinten
an das
Colon clescendems anzuschliessen, welches mit seiner Schnitt-
fläche oben an den Hnken platten Bauchmuskeln zu erkennen ist. Er
zeigte somit in seinem unteren Theile eine Abweichung von dem ge-
wöhnlichen Verlaufe, wie ei- auch im Atlas von
Pirogojf, Fasc. III. B,

Tah. XV. Fig. 1 abgebildet ist; stimmt also auch nicht vollständig
mit den Verhältnissen auf Tafel I und II überein.

Man kann sich durch Abgüsse mit erstarrenden Massen leicht
davon überzeugen, dass in einzelnen nicht gar zu seltenen Fällen die
S-förmigfe Krümmung des
Rectum in frontaler Richtung am Kreuzbeine
nicht scharf ausgeprägt ist; Varietäten, die durch die verschiedene Länge
des
Mesorecttim bedingt sind. Ist letzteres stark ausgebildet und weit
hinabreichend, so ist die Lage des
Rectu\'tn dadurch freier und von dem
Zustand der Nachbarorgane abhängiger. Kürze und Straffheit dieses
Mesenterium bedingen eine festere und constantere Lage des Darmes.

Ebenso ist der Einfluss seiner Anfüllung und Festigkeit seiner
Wandungen hierbei im Auge zu behalten. Starke Kothanhäufungen
und grosse Schlaflheit seiner Wände vermögen die ursprünglichen Krüm-
mungen beträchtlich auszugleichen.

Es lässt sich durch
Versuche nachweisen,
wie es auch die klini-
schen Beobachtungen
am Krankenbette er-
geben, dass man im
Stande ist, mit volumi-
nösen und langen In-
strumenten die Krüm-
mungen des Mastdarmes
so weit auszugleichen,
um sogar bis in die
Flexura iliaca hinauf
zu gelangen. Man kann
auch nur auf diese Weise
fremde Körper, die von
aussen hineingeschlüpft
sind und sich in den
Krümmungen festge-
keilt haben, mit der
Zange fassen und glück-
lich herausziehen.

Die Harnblase ent-
hielt nur wenig Urin
und war fest um ihren
Inhalt zusammenge-
zogen. Sie liegt nur
durch wenig Fett ge-
trennt über den Querschnitten des
Levator ani. An beiden Seiten des
letzteren schliessen sich die Durchschnitte des
Ohturator internus an,
der seine Begrenzung nach abwärts durch die
Membrana ohturatoria,
seitlich durch die Beckenknochen erhält. Verfolgt man den Raum
zwischen Därmen und Becken beiderseits von der Blase nach aufwärts,
geht man also unter dem Bauchfelle in die Höhe, so kommt man zu-
nächst auf zwei ovale weissgehaltene Querschnitte, welche die
Ligamenta
Icderalia vesicae
darstellen. Sie liegen von der Blase weit entfernt, weil
dieselbe klein und contrahirt war. Eine angefüllte Blase würde sie an
ihrer oberen Fläche tragen und zugleich den ganzen Raum in der
unteren Beckenapertur einnehmen, wie verchiedene Abbildungen von
Pirogoff zeigen.

Weiter nach aufwärts in dem gleichen Räume zwischen Bauchfell
und Becken liegt das quergeschnittene
Vas cleferens und darüber die
Vena ohturatoria, Nervtis ohltiratorkis und eine kleine Arterie. Die
Hauptarterie zum
Föramen ohturatorium ging von der A. epigastrica ab.

Endlich gelangt man auf dem begonnenen Wege zur Vena und
Arteria iliaca. Beide Gefässe liegen an der inneren Wand des Psoas,
wie es auch die vorhergehenden Querschnitte des Rumpfes zeigen, aber

Fig. 1.

1. Oberschenkelkopf. 2. Sehne des M. rectus. 3. M. ohturator externus.
4. M. pcctineus. 6. Sehne des Jliopfioas. 6. M. glutaeus minimus.

-ocr page 95-

OS

m,

W BTa,"uiie pTa.ep.
SuiTiT) tYei t 8
l Comp.Li-p siae.

C. Schmiedel a.(i.iiat,mla.-pi(l.ie]iii.

-ocr page 96-

■ ■ , ; ; J ■. ri- -

y -réi\'

r , • .\'-V.- . -

-v!

. \'ft- .-T ■ \' -C\' ■■ i .

r.-ft -V

\'iïïî

. -

■ ■ . >■.

7 ^ -Xi

-S--

r

; i\'

- - .C\'

S-

v^îs \' \' \' ma\' \' : \' \'V » \'-

"/C c

-"\'S::-

m

-ocr page 97-

niclit neben einander, sondern hinter einander, so dass hier auf dem
Frontalabschnitte die Arterie gerade über der Vene erscheinen musste.

Die Verhältnisse des Hüftgelenkes, die schon oben kurz an-
gedeutet wurden, erfordern noch mehrere Bemerkungen. Es ward schon
erwähnt, dass der Schnitt beiderseits das
Ligamentum teres der Länge
nach getroffen hatte. Es ist gut ersichtlich, dass dieses Band die über-
mässige Adduktion bei gleichzeitiger schwacher Beugung beschränkt, und
die feste Stellung des Beckens und Rumpfes bei dieser Haltung mit
sichern hilft. Da der Schnitt zugleich durch die
Lncisura acetahtili ging,
so ist auch der Verlauf der
Arteria acetahtdi zum Theil frei gelegt.
Namentlich lässt sich auf der linken Seite des Beckens dieses Gefäss
eine Strecke weit nach aufwärts verfolgen.

Knorpelflächen, Bandapparat, Ausdehnung der Gelenkhöhle ergeben
sich schon aus der Zeichnung. Die Gelenkhöhlen selbst zeigen sich
nur als Spalten. Ihre Ausdehnung nach abwärts erläutert bis zu welcher
Grenze intrakapsuläre Brüche des Schenkelhalses hinabreichen können,
und wo das Gebiet der extrakapsulären Frakturen anfängt. Da die
innerhalb der Kapsel liegenden Frakturen das obere Bruchstück isoliren
und nur in Verbindung mit dem
Ligamentum teres und der schwachen
Arteria acetahuli lassen, so ist ersichtlich, dass auch abgesehen von
der Schwierigkeit einer genauen Reposition und Retention der coaptirten
Theile eine Anheilung des oberen Stückes, wegen der so ungünstigen
Ernährungsverhältnisse, zu den grössten Seltenheiten gehören muss.

gab den Kopf wie eine Kappe; sie erstreckte sich nach abwärts bis
zum Ansätze der Synovialmembran und hatte letztere an ihrer hinteren
Wand blasig vorgetrieben.

Man wird also, vorausgesetzt, dass bei Coxalgieen, welche ähn-
liche Gelenkstellungen zeigen, gleichgrosse Flüssigkeitsmengen in der
Gelenkhöhle sich vorfinden, eine wirkliche Verlängerung des Schenkels
erwarten können. Allein man wird darauf verzichten müssen, dieselbe
durch Messung nachzuweisen. Selbst wenn es möglich wäre, bis zu
einem halben Centimeter genau messen zu können, was bei der gleich-
zeitigen Beckenverschiebung kaum annehmbar ist, so wird die Beugung
des Beines, ohne welche eine solche Abweichung des Kopfes v^on der
Pfanne nicht möglich ist, die genaue Messung der wirklichen Ver-
längerung unmöglich machen.

Schliesslich erfordern die Verhältnisse der Schwellkörper und der
Harnröhre noch unsere Aufmerksamkeit. Wie man sieht, verlief der
Schnitt vor der
Prostata, schnitt die Schwellkörper des Penis nahe
ihrer Wurzel und ging durch die Harnröhre in ihrer
Pars hulhosa.
Schwellkörper, Arterien, Schwellkörpermuskeln sind gut zu erkennen.
Ueber ihnen breitet sich die Fläche des
M. transversus perinaei pro-
fundus
aus mit einer Anzahl starker Venen.

Da es mir wünschenswerth erschien, alle diese Theile noch ein
Stück weiter hinten im frontalen Schnitte zur Anschauung zu bringen,
so schnitt ich von dem festgefrorenen Leichnam eines zweiten normal

Eine Vermehrung der Gelenkflüssigkeiten, wie sie bei Entzündung
des Gelenkes vorkommen kann, wird bei gestreckter Lage des Gelenkes
nicht im Stande sein, die Flächen der Pfanne und des Kopfes von
einander zu entfernen. Das starke
Ligamentum iliofemorale presst in
Folge seiner Torsion bei der vollkommenen Streckung beide Knorpel-
flächen fest aufeinander. Dagegen wird bei Beugung des Gelenkes eine be-
trächtliche Entfernung beider Flächen durch Vermehrung der Gelenkflüs-
sigkeit zu Stande kommen können. Und zwar ist der Grad derselben
in der That, wie Versuche ergeben, ein nicht unbedeutender. Spritzt man
nach dem Vorgange von
Bonnet durch die Pfanne Flüssigkeiten in
die Gelenkhöhle, so nimmt das Gelenk die Stellungen nach einander
ein, welche der Synovialhöhle einen immer grösseren Raum gewähren,
welche aber auch schliesslich das
Ligamenttim iliofemorale in den Zu-
stand der grössten Erschlaffung versetzen. Der Oberschenkelknochen erhebt
sich und rollt etwas nach aussen. Lässt man nun das Gelenk gefrieren,
so kann man Durchschnitte machen, die das Verhältniss der Gelenk-
flächen zu einander bei dieser Stellung gut anschaulich machen. Eine
solche Abbildung in genau halber Grösse ist die in Figur 1 beigegebene.

Das Präparat wurde von dem frischen und normalen Leichnam
eines jugendlichen Weibes genommen. Um den Oberschenkel leichter
beweglich zu machen, wurden die oberflächhchen Muskeln hinweg-
genommen und der Oberschenkel-Knochen selbst in der Mitte ab-
gesägt. Beim Einspritzen des Talges von der Pfanne aus, wobei ein
möglichst starker Druck angewendet wurde, erhob sich der Oberschenkel
und ward auswärts gerollt. In dieser Stellung ward nach dem Gefrieren
die Durchsägung in frontaler Richtung vorgenommen, wobei der Schnitt
nicht genau in der Mitte des Kopfes sondern etwas vor derselben durch-
ging und am
Trochanter minor nach hinten aus dem Femur heraus-
kam, so dass die punktirten Linien nur die Richtung des weggenom-
menen Oberschenkelsehaftes andeuten.

Die Injectionsmasse, welche hier durch die dunkle Schattirung
wiedergegeben ist, hatte auf dem Durchschnitte eine Stärke von 6 Milli-
meter, war ein Stück weiter in der Tiefe noch etwas stärker und um-
gebauten, muskelkräftigen Mannes so lange in frontaler Richtung dünne
Scheiben ab, bis ich auf die
Pars prostatica der Harnröhre kam. Der
beigefügte Holzschnitt (Fig. 2) giebt die Abbildung davon in verkleiner-
tem Maassstabe, so dass dieselbe erläuternd zu den Verhältnissen auf
der vorliegenden Tafel hinzutritt.

Man erkennt sofort aus den Verhältnissen der Schenkelköpfe und
der Hüftgelenke, dass wir uns auf diesem zweiten Durchschnitte ein
beträchtliches Stück weiter hinten befinden. Der linke Schenkelkopf
ist nur noch mit einem flachen Abschnitte getroffen worden und steht
nicht mehr in Verbindung mit dem
Femtir. Der Körper des Sitzbeins
zeigt eine grössere Durchsclinittsfläche, entsprechend der stärkeren Ent-
wickelung desselben hinter der Pfanne. Die
Membrana ohturatoria,
der aufsteigende Ast des Sitzbeins, die Mm. obturator internus und
externus zeigen noch gewisse Aehnlichkeit mit den entsprechenden Theilen
auf der Tafel; ebenso die Schwellkörper. Dagegen tritt an Stelle der
Blasenspitze die hintere Wand der Blase und die hintere Hälfte der
Prostata mit dem Schnepfenkopfe in die Schnittfläche herein. Die
Harnröhre liegt in ihrer
Pars membranacea und prostatica eröffnet
vor uns. Zu beiden Seiten derselben liegt der mächtige
31. transversus
perinaei profundus,
der mit seinen Muskelbündeln nach der Mittellinie
hin sich ausbreitet. Oberhalb desselben erkennt man den quergeschnit-
tenen
M. levator ani, der der Mächtigkeit seiner vorderen Bündel ent-
sprechend, auch einen ziemlich grossen Querschnitt zeigt. Um ihn herum
geht ein Fascienzug, der sich aus der oberen
Fascia pelvis und unteren
Fascia perinaei zusammensetzt. Beide Fascien stossen am inneren
Rande des
Levator ani zusammen, und helfen den Stützapparat der
Prostata bilden. Das oberflächliche Blatt der Fascia perinaei zieht
auf der unteren Fläche des
Transversus perinaei nach vorn. Die Ab-
bildung, welche nicht schema,tisch gehalten wurde, sondern die Verhält-
nisse des Präparates möglichst getreu wiedergiebt, stimmt bis auf einige
unwesentliche Formen ziemlich genau mit der von
Henle (Eingeweide-
lehre, pag. 504, Ll,g. 392)
gegebenen Zeichnung überein, welche hier-
bei verglichen werden möge.

-ocr page 98-

Figur L

Um die Formen der Kniegelenkhölile und die Ausbuchtungen der
Kapsel recht anschaulicli zu machen, spritzte ich unter starkem Drucke
durch eine Pravaz\'schQ Hohlnadel Wasser in das Gelenk ein und liess
dann erst die Extremität, der ich im Knie eine leichte Beugestellung
gegeben hatte, frieren. Sie gehörte zu einem normalen, jugendlichen
weiblichen Körper, der seines frischen und normalen Zustandes wegen
sich für die Durchschnitte besser eignete als die übrigen gerade vor-
handenen männlichen Cadaver. Der Schnitt verlief ziemlich genau in
der Mitte und theilte die Extremität somit in zwei nahezu gleiche
Theile, von denen der rechte zur Abbildung benutzt wurde, nachdem
das gefrorene Wasser aus der Gelenkhöhle herausgenommen worden war.

Während bei dem normalen Gelenke die Patella den Oberschenkel-
knochen nur mit einem kleinen Theile ihrer Knorpelfläche berührt, ist
die Berührung bei dem angefüllten Kniegelenke vollständig aufgehoben.
Die
Patella schwebt, getragen von der Flüssigkeit, wie ein Bret auf
dem Wasser, und muss deshalb bei der Untersuchung dem drückenden

Finger so lange nachgeben,
bis sie den dahinterliegen-
den Oberschenkelknochen er-
reicht.

Die Geräumigkeit der Ge-
lenkhöhle ist gut ersichtlich.
Während auf dem Holz-
schnitte, der ein normales
Knie im Medianschnitte wie-
dergiebt, der Schleimbeutel
des Streckmuskels wie ge-
trennt davon erscheint, weil
die breite Communications-
öflPnung, die ihn mit der
oberen Ausbuchtung der Kap-
sel verbindet, nicht durch
den Schnitt getroffen wurde, !
ist bei dem injicirten Ge-
lenke auf der Tafel XXH
nichts von einer solchen
Trennung zu sehen. Die
eingetriebene Flüssigkeit ist
in alle Theile und Buchten
der Gelenkhöhle gelangt, und hat selbst die hintere Kapsel so weit
abgehoben, dass die Rückfläche
des lateralen Condylus femoris sichtbar
geworden ist. Das
Ligamentxtm mueosum patellae und da,s Ligamentum
erueiatum antieum
fielen gerade in die Schnittfläche.

Es ist bekannt, dass Bonnet der erste war, welcher Injektionsver-
suche an Gelenken anstellte, und durch dieselben nachwies, welche
Stellung des Gelenkes der grössten Geräumigkeit der Synovialhöhle ent-
spricht. Es zeigte sich, dass es bei allen Gelenken die Beugestellung
war, die die grösste Flüssigkeitsmenge in die Gelenkhöhle eintreten
liess, und dass bei starkem Injektion s drucke alle Gelenke, mochten sie
nun vorher irgend welche andere Stellung innegehabt haben, die Beuge-
stellung einnahmen und in derselben beharrten, so langé der Druck
anhielt. Der Gedanke lag nun nahe, dass auch bei den Erkrankungen
der Gelenke, die mit Flüssigkeitserguss in die Synovialhöhle verbunden
sind, die Beugestellung, welche die Kranken dem Gelenke unwillkür-
lich dabei zu geben pflegen, durch den Druck der Flüssigkeit direkt
hervorgebracht werde.

Gegen eine solche Auffassung sprechen aber bei dem Kniegelenke
mehrere Momente, die sich gerade durch die Betrachtung vorliegender
Abbildung gut erläutern lassen. Die Geräumigkeit der Gelenkhöhle
hängt grösstentheils mit davon ab, dass die in die Strecksehne einge-
webte Kniescheibe von der Condylenfläche sich entfernen lässt. Dies
ist aber nur dann in weiter Ausdehnung möglich, wenn die Strecksehne
erschlafft ist, also im Zustande der Streckung oder der nur schwachen
Beugung des Gelenkes. Bei jedem höheren Grade von Beugung muss
durch die dadurch bedingte Spannung des
M. quadrieeps die Kniescheibe
gegen die Condylen angepresst werden, dadurch also eine Einschränkung
des Kapselraumes entstehen. Man wird deshalb am Kniegelenke zu
erwarten haben, dass in Folge der Ausbreitung des Synovialraumes
weit unter die Strecksehne hinauf, auch bei der gestreckten Lage,
sich ziemlich grosse Mengen Flüssigkeiten injiciren lassen, und die
höheren Beugegrade geradezu ungünstig auf eine solche Injektion ein-
wirken müssen. Es erschien mir daher angezeigt, eine Wiederholung
der
Bonnefsehen Versuche am Kniegelenk vorzunehmen; und zwar an
ganzen Cadavern, mit möglichster Schonung der Theile am Kniegelenk.
Die Methode, welche ich hierbei anwendete, war folgende:

Der normale, möglichst frische Leichnam wurde nach gewaltsamer
Lösung der Todtenstarre der unteren Extremitäten mit dem Rücken
auf einen horizontal stehenden Tisch gelegt; der Unterschenkel hing
über den freien Tischrand herab und wurde während des Versuches
von einem Geliülfen durch Unterstützung der Ferse in der nöthigen
Lage fixirt. In die
Tihia wurde an deren oberem Drittel eine Schraube
eingetrieben, an deren freiem Ende eine Holzplatte befestigt war, die
zum Festhalten einer Scheibe diente, welche einen mit Gradtheilung
versehenen Halbkreis darstellte; diese Scheibe wurde in der Weise ge-
stellt, dass ein im Mittelpunkt des Kreises befestigtes Senkblei bei voll-
ständiger Streckung des Beines auf dem Nullpunkt stand, so dass man
sofort die Grade der Beugung direct ablesen konnte. Auf die Rotation
des Unterschenkels bei der Beugung wurde dabei keine Rücksicht ge-
nommen. Zur Injektion wurde, um die Diffusion der Flüssigkeit durch
die Kapsel zu vermeiden, eine entsprechende Kochsalzlösung benutzt,
die sich in einer 150 Centimeter langen, graduirten Röhre befand, an
deren unterem Ende ein kurzer Kautschukschlauch, welcher eine starke
Pravaz\'sf^xe Nadel trug, befestigt war. Die Röhre wurde iji schräger
Lage auf einen auf dem Tisch verschiebbaren gabelförmigen Halter
so gelegt, dass die den Höhenunterschied des Einstichpunktes und des
Niveaus der Flüssigkeit angebende senkrechte Linie immer dieselbe

O O

blieb, was durch das Schieben des Halters unter den jedesmaligen Stand
des
Meniscus erreicht wurde. Dadurch ward also der Druck, den die
gleichbleibende Höhe des Halters angab, constant erhalten. Es bildete
somit der Apparat ein rechtwinkliges Dreieck, dessen Hypotenuse durch
die schräg liegende Röhre, dessen eine Kathete durch ein Stück des
Halters, dessen andere Kathete durch eine horizontale Linie gebildet
wurde, welche parallel der Tischplatte lief und vom Einstichspunkt bis
zum Halter reichte. Da der Einstichspunkt möglichst nahe der Dreh-
axe gelegt ward, so blieb derselbe bei den Beugungen des Knies nahezu
unverändert und man konnte nun bequem bei dem wechselnden Wasser-
spiegel in der Röhre nach Kubikcentimetern die Verringerung oder Ver-
mehrung der Flüssigkeit in der Röhre ablesen. Der Halter musste
natürlich um stets unter dem Meniscus der Flüssigkeit zu stehen, hin-
und hergeschoben werden bei den verschiedenen Beugestellungen, während
der Nullpunkt der Glasröhre in unveränderter Lage zum Einstichspunkt
gehalten wurde. Während also die Kathete des Dreiecks, die den Druck
angab, immer dieselbe blieb, änderte sich die Länge der Hypotenuse
und die Länge der anderen Kathete, sie wurden grösser bei Vermin-
derung des Volumens des Synovialraums, kleiner im umgekehrten Fall.

Durch diese Untersuchungsmethode ward es möglich, was die Bon-
nefs(^en Versuche nicht leisten konnten, folgende Punkte genau zu be-
stimmen. Zunächst konnte man die Abhängigkeit der Capacität
des Synovialraums von der Winkelstellung des Beines erforschen,
da der Druck der Flüssigkeit auf die Kapselwandungen immer ein und
derselbe blieb, und diese bei der Intactheit der Leiche und der Extre-
mität ihr ursprüngliches Verhältniss in Bezug auf die Bedeckungen mit
Haut, Fett, Muskeln u. s. w. darboten. Sodann konnte der Grad der
Beugung, bei welchem die Synovialhöhle das Maximum ihrer Ca-
pacität erreicht und der von
Bonnet als Mittellage zwischen Beugung
und Streckung bezeichnet wird, genau angegeben werden. Endlich
konnte man das Volumen des Synovialraumes bei den verschiedenen
Stellungen des Beines nach Kubikcentimetern messen.

Die folgenden Zahlen, welche die Winkelgrade der jedesmaligen
Beugung angeben, sind nach der obigen Beschreibung leicht zu ver-
stehen: Oo entspricht der vollständigen Streckung des Beines, 10^ der

TAFEL XXIL

-ocr page 99-

Tal). XXII

Fig.I,

CA

ViuiiTiiVeit (!ünV|),Liïi;:io e.

rriiRa^.i

-E.A.ïiinlce, imp.lipsiae.

-ocr page 100-

Î \' * \' \' ■

■.^àfi

-A.

* s ■ "" V

\'y\' ;

■i

- j

V-
1Î-

• , V

- f S- ■ ■ •

/ ; -

■ ■ \' ■ ,,

f

i

^-ï\'îrfc : ^ ... \'Vt^^i-\'- - \\ ,

; ■ ■

-ocr page 101-

Beugung um diese Zalil von Graden, sodass nun der Oberschenkel mit
dem Unterschenkel einen Winkel von 170° bildet u. s. w. Die Volum-
zahlen geben die jedesmalige Flüssigkeitsmenge in der Kapsel nach
Kubikcentimetern an; die Zahlen des Druckes den Höhenunterschied
der besprochenen Punkte.

I. Versuch. Leichnam eines etwa 50jährigen Mannes, der noch
ziemlich frisch war. Muskulatur und Ernährungszustand verhältniss-
mässig gut. Die Todtenstarre des Schenkels wurde gewaltsam gehoben.
Der Druck der Injectionsflüssigkeit betrug 19 Ctm.

Winkel 00, 100, 20», SQO, 400, 500, 600, 70», 80«, 900, lÜQo
Volumen 312, 328, 332, 331, 330, 326, 316, 303, 283, 265, 255
Nachherige Controlversuche ergaben ganz geringe Differenzen, so
dass die Diffusion der Flüssigkeit durch die Kapsel minimal war.

II. Versuch. Cadaver noch ganz frisch. Keine Todtenstarre. Der
Leichnam war der eines abgemagerten Zuchthaussträflings. Der Druck
betrug 23 Ctm.

Winkel 00, 100, 200, 300, 400, 500, 600, 700, 800, 900, lOQO, IlOO
Volumen 114, 128, 137, 141, 141, 140, 135, 125, 112, 99, 86, 75

III. Versuch. Dasselbe Cadaver wie bei dem vorigen Versuch, aber
das andere Knie. Der Druck betrug 34 Ctm.

Winkel 00, 100, 200, 300, 400, 500, 60«, 700, 8OO, 900, lOOO, IIQO
Volumen 85, 95, 104, III, 110, 109, 107, 93, 91, 83, 66, 54

IV. Versuch. Männlicher Leichnam, 50 Jahr alt, Zuchthaussträf-
ling aus Waldheim. Cadaver 8 Tage alt. Schlechter Ernährungszu-
stand. Todtenstarre gewaltsam gehoben. Der Druck betrug 42 Ctm.

Winkel 00, 100, 200, SO«, 40o, 500, 60", 70o, 8O0, 900
Volumen 1431/2, 1491/2, löiy^, I46I/2, 139, 130, 118, 102, 88, 78
Y.Versuch. Frischer, muskulöser Leichnam eines wohlgebildeten
36jährigen Mannes; die starke Todtenstarre ward gewaltsam gehoben.
Kniegegend normal.

Winkel 00, 100, 20o, 30o, 400, 500, 6OO, 700, 8OO, 900, lOOO
Volumen 79, 90, 98, 104, 101, 98, 82, 91, 67, 50, 32
Controlversuche ergaben, dass die Fehler durch Diffusion der Flüssig-
keit fast null waren.

VI. Versuch. Mann in den 30 er Jahren, gut genährt. Das Knie
war sehr steif und konnte nur mit grosser Gewalt gebeugt und beweg-
lich gemacht werden. Der Druck betrug 52 Ctm.

Winkel 00, 100, 2OO, 300, 490^ 590^ ßQO, 700, 8OO,
Volumen
 118% 125, 1251/3, 1241/^, 115, 105, 101, 95

Die Resultate, welche aus diesen Versuchen hervorgehen, fasse
icli in folgende Sätze zusammen:

1. Die Kniegelenke zeigen bei gleichem Grade der Beugung
an verschiedenen Individuen eine sehr grosse Differenz der
Capacität des Synovialraumes.

Die Verschiedenheit des Druckes kommt hierbei nicht in Betracht,
da ja gerade beim niedrigsten Druck das Volumen der Flüssigkeit im
Gelenk am grössten war. Es ist vielmehr der Zusammenhang der Ge-
lenkhöhle mit benachbarten Schleimbeuteln, der diese Erscheinuno- bedino-t.

2. Die Capacität des Synovialraumes erreicht bei einem
bestimmten Grade der Beugung ihr Maximum, und zwar be-
trägt der Winkel, bei welchem dies geschieht, durchschnitt-
lich zwischen 20°—30°.

Dieser Satz lehrt uns, dass die Angabe Bonnefs nach der das
Capacitätsma,ximum in der halbgebogenen Stellung eintrete, unrichtig
ist; denn wir sehen, dass vielmehr die beginnende Beugung die-
jenige Lage ist, in der die Synovialhöhle das grösste Volumen zeigt.

Aber noch ein zweites nicht minder interessantes Verhältniss ist
aus den vorstehenden Versuchen ersichthch. Es zeigt sich nämlich,
dass die Zunahme der Capacität von der völligen Streckung bis zu
10° Beugung am stärksten ist, geringer die Zunahme von 10°--20°, und
noch geringer in den betreffenden Fällen von 20°—30°. Hieraus folgt die
praktisch wichtige Thatsache, dass schon eine ganz geringe Beugung, wie
die von 10° ist, die relativ höchste Capacitätszunahme der Kapsel bedingt.

Endlich: ist das Gelenk in der Stellung, in welcher es am meisten
Flüssigkeit zu fassen vermag, vollständig angefüllt, so lässt es sieh, ohne Ge-
fahr einer Ruptur der Kapsel, leicht in die gestreckte Lage zurückführen.
Auch in diesem Punkte differiren meine Resultate von denen
Bonnefs.

3. Mit dem Maximum der Beugung fällt das Minimum der
Capacität der Synovialhöhle zusammen.

Hierdurch ist die bei Gelegenheit der Therapie der penetrirenden
Gelenkwunden ausgesprochene Ansicht
Bonnefs widerlegt, dass die
Extension des Beines diejenige Lage sei, welche die Capacität der
Kapselhöhle am meisten verkleinere. Zwar werden bei gestreckter Lage,
wie Durchschnitte durch gefrorene Kniegelenke zeigen, die Gelenkflächen
durch die straff gespannten Seitenbänder dicht aneinander gehalten,
trotzdem aber ist die Geräumigkeit der Kapsel in dieser Lage eine ^
verhältnissmässig bedeutende, und zwar ist sie grösser, als bei halber,
beträchtlich grösser, als bei vollendeter Beugung. Beugt man das Knie
gewaltsam aus der gestreckten Lage, so tritt, wenn das Gelenk in dieser
Lage mit Flüssigkeit ganz erfüllt war, wegen der mit der Beugung zu-
nehmenden Verringerung des Kapselvolumens ein Grad der Beugung
ein, bei welchem die Kapsel wand Gefahr läuft zu zerreissen, so dass
die Flüssigkeit in die umhegenden Gewebe tritt.

Aber auch die klinischen Verhältnisse lassen gegen die Richtig-
keit der mechanischen Theorie
Bonnefä am Kniegelenk Zweifel erheben.
Gerade diejenigen Fälle von
Ärthromeningitis acuta serosa, welche am
wenigsten die Bandapparate des Gelenkes in Mitleidenschaft ziehen, und
vorzugsweise durch reichUchen Erguss in die Gelenkhöhle ausgezeichnet
sind, zeichnen sich durch eine oft vollkommene Streckung des Kniege-
lenkes während der ganzen Dauer der Erkrankung aus, eine Beobach-
tung, die ich wiederholt gemacht habe, die auch ihre Bestätigung bei
Volkmann (Krankheiten der Bewegungsorgane, 1885, p. 195) findet.
Ebenso können selbst reichliche Blutergüsse in das Kniegelenk eine
gestreckte Lagerung der Extremität recht gut vertragen lassen.

Figur II.

Der hier vorliegende Längsdurchschnitt eines normalen rechten
Fusses stammt von demselben weiblichen Cadaver, welcher der anderen
Abbildung auf dieser Tafel zu Grunde liegt. Der Schnitt hef in der
Nähe des inneren Fussrandes und traf der Reihe nach
Tibia, Talus,
Calcaneus, Os navicidare, Os cuneiforme primiün Os metatarsi primum
und die erste Phalanx der grossen Zehe. Bei der zweiten Phalanx
trat die Säge heraus, da die Zehe etwas nach aussen abgebogen war
in der Weise, wie es beim Tragen engen Schuhwerkes vorzukommen
pflegt. Man sieht daher beim Betrachten des Fussdurchschnittes von
innen her das Nagelgiied der grossen Zehe nahe neben den anderen liegen.

Der Schnitt ging näher dem inneren Fussrande durch die Länge
des Fusses als er von
Weber (Gehiverkzeuge, Tab. XI), Voh (Beitrag
zur chirurgischen Anatomie, Tab X), Henle (Gelenke, Fig. 136, 137)
angelegt wurde. Aber auch nur dadurch war es möglich, das Würfel-
bein und dritte Keilbein zu vermeiden, welche so weit nach innen vor-
springen, dass sie bei den weiter nach aussen angelegten Längsschnitten
mit getroffen werden und dadurch das Verständniss des Bildes erschw^eren.
Die Knochen des Fusses hegen nicht einfach so neben einander, dass
sie nur eine Wölbung in der Richtung von vorn nach hinten bilden,
sondern schieben sich zugleich so unter einander, dass ausser der Längs-
wölbung eine Querwölbung zu Stande kommt. Es lässt sich leicht durch
Messung nachweisen, dass durch den Druck der Körperlast bei auf-
rechter Stellung die Krümmung des Fussgerüstes in doppelter Weise
abgeflacht wird, und der Fuss sich nicht nur verlängert, sondern auch
verbreitert.

Aus der Abbildung ist recht gut ersichtlich, wie der Talus, der
gerade in seiner Gelenkverbindung mit dem
Calcaneus getroffen wurde,
als Schlussstein in das Gewölbe eingesetzt ist. Er keilt sich so zwischen
das
Os naviculare und den Calcaneus hinein, dass er beide Knochen
auseinander presst, und somit eine Annäherung beider zu einander
verhindert.

Entsprechend dem Gewölbeaufbau, den die einzelnen Knochen des
Fusses herstellen, verhalten sich auch die Bänder. Dieselben sind ver-
hältnissmässig schwach an der convexen Rückenfläche, wo an sich schon
der auf das Gewölbe pressende Druck die einzelnen Stücke in ihrer
Lage erhält, ausserordentlich stark dagegen an der Hohlfussseite ange-
legt, wo sie das Auseinanderweichen der Knochen zu verhindern liaben.
Die Form der Knochen allein ist es nicht, welche den kunstvollen Bau
sichert: derselbe müsste auseinanderfallen, wenn nicht die kolossalen
Bandapparate der Fusssohle, die noch durch die
Fascia plantaris mit
ihren Anheftungen an die vorderen Theile des Knochengerüstes ver-
stärkt werden, und die von hinten nach vorn ziehenden Muskeln dei-
Fusssohle die Spannung erhielten.

Ich habe nicht nöthig, die Aufzählung der einzehien Theile hier
zu wiederholen. Die genaue Bezeichnung auf der Abbildung selbst er-
läutert die Bedeutung der Weichtheile genügend. Dagegen sei noch
mit einem Worte auf das Fettpolster aufmerksam gemacht, welches ge-
rade an den Hauptdruckstellen der Fusssohle besonders stark entwickelt er-
scheint, so dass dadurch eine möglichst grosse Vertheilung des Druckes auf
verschiedene Punkte gegeben ist und dadurch den Druck weniger empfind-
lich macht. Die Stärke desselben beträgt an der Ferse über 1 Centimeter
und in der Gegend des Ballens, da wo man das eine Sesambein der
grossen Zehe durchschimmern sieht, nahezu ebenso viel; so dass wir
auf einer weichen Unterlage, wie auf einer dicken Filzsohle, einhergehen.

-ocr page 102-

TAFEL XXIII.

Die zwei Obersclienkeldurchschnitte, welche auf der vorliegenden
Tafel abgebildet sind, wurden von einem vollständig normalen
kräftigen Individuum genommen, demselben, welcher im Durchschnitte
auf Taf. I A und I B vorliegt.

Die Schnitte wurden so geführt, dass der erste (Taf. XXIII Figur I)
unmittelbar unter dem
LigmneMtim Poupartii parallel demselben, also
schräg zur Richtung des Oberschenkels angelegt ward. Er stellt
demnach den Scarpaschen Schnitt dar und ist zu vergleichen mit dem
von
Legendre gegebenen (Anatomie homalograpliique, PI. XXIII), und
dem von
Voh abgebildeten (Chirtcrg. Anatomie der Extremitäten,
Taf. VI, Fig. 3).

Der zweite Schnitt (Taf. XXIII Figur II) ward nicht parallel
dem ersten, sondern rechtwinklig zur Achse des Oberschenkels nahe
dem
Perinaemm geführt, so dass beide Schnitte einen Keil mit nach
aussen liegender Basis und nach innen gelegener Spitze aus dem Ober-
schenkel herausnehmen.

Die folgenden Schnitte liefen einander parallel, so dass sie Scheiben
bildeten, von denen jede vier bis fünf Centimeter Stärke hatte. Sämmt-
liche auf dieser und den folgenden Tafeln abgebildete Schnitte gehören
demnach zu einem muskelkräftigen Oberschenkel und schliessen sich
der Reihe nach von oben nach unten an einander an. Die übrigen
Durchschnitte, welche von der Kniegegend an bis zum Fusse herab-
führen, sind von einem anderen normalen, männlichen Cadaver genommen,
welcher fast gleiche Verhältnisse zeigte.

Auch bei diesen Durchschnitten wurde demselben Principe gefolgt
wie bei den übrigen. Es wurde jedesmal die obere Fläche der Scheibe
abgebildet, so dass man bei der Uebertragung auf den eigenen Körper
gleichsam von oben in das Bein hineinsieht, und zwar in das der
linken Seite.

Bei dem symmetrischen Baue der Extremitäten können die Ab-
bildungen aber auch zugleich für den rechten Schenkel gelten, nur
in umgekehrter Richtung, so dass man die untere Fläche der Scheiben
wie bei den Amputationsstümpfen vor sich hat.

Stellt man einen Spiegel vertikal rechts neben jede Abbildung,
so bekommt man im Spiegelbilde gleichsam einen Durchschnitt des
anderen Beines, und man kann dann leicht erkennen wie der Durch-
schnitt durch beide Schenkel geführt von oben und von unteii her
betrachtet sich ausnehmen würde.

Aus diesem Grunde unterliess ich es auch, beide Schenkel zu-
gleich zu durchsägen und paarige Abbildungen zu geben, welche die
Orientirung ganz bedeutend erleichtern; denn wenn auch die Symmetrie
nicht so strict in der Xatur durchgeführt ist, dass nicht einzelne Ab-
weichungen von derselben vorkommen, so sind sie doch zu unbedeutend
um einen solchen Aufwand an Arbeit und Material zu rechtfertigen.

Was zunächst die Knochen Verhältnisse auf Taf XXIII Figur I.
betrifft, so erkennt man leicht den kreisrunden Durchschnitt des Ober-
schenkelkopfes, allseitig mit einer dünnen Knorpelschicht umkleidet,
und von der dunkeln Gelenkspalte umgeben. Er wird umgriffen von
einem Theile der Pfanne, an den sich der durchschnittene Köi-per des
Sitzbeins, oder vielmehr dessen oberer Ast der in der
Ineimra ischiadiea
minor
getroffen wurde, anschliesst. Der Schnitt traf dann das Foramen
ohturatormm
und trat schr-äg durch den unteren Schambeinast, mit
welchem auch die Wurzel eines Schwellkörpers getroffen wurde, heraus.
Ausser der
Membrana obturatoria wurde daher auch das Ligamentum
tuheroso-sacrum
mit getroffen.

Oberhalb der Hüftgelenkkapsel erkennt man, durch einen Schleim-
beutel davon getrennt, den
M. psoas und damit verwachsen den An-
theil des
M. iliacus.

I Unter dem äusseren Ende dieses Muskels liegt die durchschnittene
Sehne des
M. rectus femoris. Der zweite Ansatz dieses Muskels ist
mit der Bandmasse am Rande des
Acetabulum verwachsen, und konnte
: in der Zeichnung nicht davon getrennt werden.

I Oberhalb des M. iliopsoas sieht man die Fascie über den platten
Nervus cruralis herab an die Gefässe laufen bis sie unten mit der
Fascie des
Pectinaeus zusammenstösst und an die Hüftgelenkkapsel
sich ansetzt. Man hat somit hier den Anfang der Schenkelgefässscheide
bereits vor sich und sieht, wie dieselbe einen prismatischen Raum bildet,
dessen äussere Wand bis zum
Muse, sartorius führt. Der Verschluss
dieses Raumes nach oben wird durch ein einfaches Fascienblatt ge-
bildet, an welches sich weiter unten der
M. sartorius anleset.

o

Nach auswärts vom M. sartoritis liegt der mit seiner Umgebung
I sehnig verwachsene Ansatz des
Tensor fasciae, und zwischen beiden
J der
Nerv. cut. fem. externus. Darauf kommt der M. glutaeus medius,
schon an der stark sehnigen Fascie kenntlich, von der er einen Theil
seiner Fasern entspringen lässt. Die schräge Durchschnittsfläche seiner
Fasermasse ist in der Zeichnung nicht ganz deutlich wiedergegeben
worden. Denselben Mangel zeigt auch die Fläche des mehr nach innen
gelegenen
M. glutaeus minimus. An letzteren schliesst sich dann weiter
die Sehne des
M. pyriformis an und der ebenfalls schräg getroffene
Gemellus superior mit dem Obturator interntts. Derselbe war in seinem
winkligen Verlaufe sehr kenntlich; ebenso klar sichtbar war der da-
runter gelegene mächtige Schleimbeutel, welcher durch einen schwarzen
Strich auf der Abbildung wiedergegeben ist. Die eben erwähnte Reihe
von Muskeln bildet die obere Grenze für den Gefäss- und Nervenraum,
während die untere vom
Glutaeus maximus gegeben wird. Man wird den
Nervus ischiadictts leicht als solchen auf der Abbildung erkennen.

Die Fascie, welche vom M. glutaeus medius kommt, um den M.
glutaeus maximus
zu überziehen, wird auf diesem letzteren bedeutend
schwächer; sie umgeht dann dessen medialen Randvvulst, um sich theils
an das
Lig am. tuheroso-sacrum zu inseriren, theils auf die Fascie des
M. obturator internus überzugehen.

Vor der Adductorengruppe erkennt man die durchschnittenen Mm.
pectinaeus, add. longus
und brevis. Der Adductor magmis ist nicht
mit berührt worden, weil der Schnitt oberhalb seines Ansatzes dui-cli
das Becken gegangen ist.

Vom J/. gracilis ward nur der sehnige Ansät,z dui-chs(;hnitten.

Die Arteria acetabidi, welche in dem vorliegenden Falle von der
A. circtimflexa femoris interna entsprang, liegt hart am Hüftgelenk.

Sowie in der Zeichnung der Muskeln auf die Richtung der Fasern
Rücksicht genommen wurde, so ist auch die Stärke der Faserbündel
möghchst genau wiedergegeben worden. Vor allen andern springen die
groben Bündel des
Glutaeus maximus deutlich in die Augen.

Man wird nun freilich aus der vorliegenden Zeichnung nicht viel
entnehmen können, um daraus allein die Formation des Schenkelringes
und die anatomischen Beziehmigen der Schenkelbrüche zu verstehen,
sondern sich damit zu begnügen haben, die Stärke der einzelnen Lagen
und ihre Schichtung zu einander an der vorliegenden Region in ihrem
natürlichen Verhältnisse vor Augen zu haben. Ich glaube aber auch
nicht, dass man mehr gewonnen haben würde, wenn man den Schnitt
etwas weiter hinauf gelegt hätte. Schon
Linhart bemerkt mit Recht,
dass zur Darstellung der Bruchverhältnisse einfache Dui\'chschnitte nicht
genügen und so hat denn auch die Abbildung von
Voh, Tab. VI,
Fig. 3., welche besonders darauf gerichtet zu sein scheint, wenig Werth
in Bezug auf diesen Gegenstand, abgesehen davon dass sie die Gefäss-
scheide und die Sehne des
Rectus femoris nicht völlig naturgetreu
wiedergiebt.

-ocr page 103-

Tab.Xmi

1 ly. 1

nê. ii.

\'W. Erauiie praep.
-lopt .Yeit Coiap. Iipsiae.

G. ScrLmiedel ad n.ax ir.la-pid. delm.

alike,ir^x. .L^lxsiae:

-ocr page 104- -ocr page 105-

Taf. XXIII. Figur II zeigt einen rechtwinkelig auf die Axe des
Oberschenkels geführten Querschnitt, unmittelbar unter dem
Trochanter
minor.
Man sieht noch die unterste Partie des M. iliacus sich breit
an die innere Fläche des Oberschenkelknochens ansetzen; daneben nach
einwärts den
M. pectinaeus, nach aussen den Cruralis. Die Arteria
femoralis
hat schon die Profunda abgegeben, welche auch bereits durch
ein Fascienblatt vom Hauptstamme geschieden wird.

Die drei Adductoren liegen auf der inneren Seite übereinander;
ober- und unterhalb des
Add. hrevis die beiden Aeste des Nervus
ohturatorius,
in der Zeichnung fälschhch etwas zu stark angegeben; neben
ihnen die Aeste der
Arteria circumflexa fem. interna. Weiter nach innen
an dieser Muskelgruppe liegt der bereits fleischig gewordene
M. gracilis.

Der Sartorius ist mehr in die Mitte herübergetreten, und schickt
sich bereits an, die
Arteria fem., welche auch schon eine mehr ober-
flächliche Lage zur begleitenden Vene angenommen hat, als ein mus-
kulöser Deckel zu überlagern. Der
M. rectus femoris mit seinem
inneren Sehnenstreifen liegt auf dem
Cruralis und Vastus externus;
neben ihm der Tensor fasciae latae, welcher von der Sehne des Olutaeus
maximus
förmlich umfasst wird.

Bemerkenswerth ist das starke Fascienblatt, welches unter ihm
vom
Ghäaeus maximus kommt und sich zwischen Vastus externus und
Rectus femoris nach einwärts wendet.

Der Glutaeus maximus hat noch nicht seine Anheftung an dem
Knochen genommen, sondern setzt sich in dieser Höhe durchaus an
den sehnigen Streifen an, welchen
Weleda,er als Maissiaf^chen Streifen
in die Literatur eingeführt hat, dessen Stärke auf der äusseren Fläche
des Oberschenkels in dieser Höhe besonders bedeutend ist. Von ihm
bedeckt, aber durch einen feinen Fascienstreifen in der ganzen Länge
von ihm getrennt, nach der Tiefe zu, hegt der gemeinsame Kopf des
M. hiceps und semitendinosus; darüber die starke Sehne des M. semi-
membranosus.
Zwischen ihnen und dem Adductor magnus erkennt man
den
Nervus ischiadicus und eine mässig starke Arterie, einen Verbindungs-
ast der
A. ischiadica mit der Perforans prima von der A. proftm.da.

Die Scheibe, deren obere Fläche hier abgebildet wurde, hatte eine
Stärke von fünf Centimeter.

Vergleicht man die Arteriendurchschnitte auf beiden Abbildungen
miteinander, so zeigt sich, dass die Schenkelarterie ihre Lage zum
Knochen und zur begleitenden Vene in ihrem Verlaufe nach abwärts
ändert. Je weiter nach abwärts, um so mehr entfernt sich der Knochen
des Oberschenkels von der Arterie. In der Höhe des horizontalen
Schambeinastes lag sie so nahe dem darunter liegenden Knochen, dass
die Ausführbarkeit einer Compression des Gefässes gegen die feste
Unterlage leicht erkennbar war. Noch auf Figur I der vorliegenden
Tafel ist die Entfernung der Arterie vom Schenkelkopfe so unbedeutend,
dass sie das Andrücken des Gefässes gut ermöglicht, aber bereits in
Figur II wird der Raum zwischen beiden so gross, dass ein starker
Druck noth wendig erscheint, um Gleiches zu erreichen, mag er mit
dem Finger oder einer Gummischlinge ausgeführt werden. Ausser dieser
Entfernung des Gefässes vom Knochen tritt aber auch eine Veränderung
der Richtung auf. Während auf Figur I die Arterie oberhalb des
Knochens liegt, so dass eine senkrecht von vorn einwirkende Gewalt
Gefäss und Knochen gleichzeitig zerschmettern kann, liegt sie weiter nach
abwärts, bei Figur II, bereits so weit seitlich von dem sich nach aus-
wärts wendenden Femur, dass bei gleicher Richtung einer traumatischen
Einwirkung die Arterienverletzung ohne Knochenverletzung möglich wird,
oder auch umgekehrt, dass der Knochen durchbrochen werden kann,
ohne gleichzeitige Gefässverletzung.

Aber auch die Lage der Arterie zur Vene verändert sich im weiteren
perpherischen Verlaufe. Von der Abdominalhöhle angefangen, legen
sich die Hauptgefässe abwechselnd zu einander in sagittaler und fron-
taler Ebene. Auf der Lendenwirbelsäule liegt die
Aorta abdominalis
unmittelbar neben der Vena cava. In der Beckenhöhle liegt die Arteria
iliaca
vor der Vena iliaca, am inneren Rande des Psoas, um sich dann
weiter bei der Passage des Schenkelringes auf die laterale Seite der
Vene zu legen. Aber bald verlassen die Gefässe auch dieses Verhält-
niss wieder. Bereits unter der
P\'ossa ovalis, ist wie Figur II zeigt,
die Vene unter die Arterie getreten und bedeckt sie von hinten her
bis zur Kniekehle hinab, so dass bei der Aufsuchung der
Arteria
poplitaea
von hinten her erst die Vene dem Messer entgegentritt, und
hinweggeschoben werden muss, um die Arterie zugänglich zu machen.

-ocr page 106-

Figur I auf der vorliegenden Tafel giebt einen Durchschnitt des
Oberschenkels etwas unter dem oberen Drittel. Der Schnitt fiel näm-
lich, da die Scheibe der vorhergehenden Abbildung eine Dicke von fünf
Centimeter hatte, etwa sechs Centimeter unterhalb des
Trochanter minor.

Man erkennt die einzelnen Portionen des M. quadriceps femoris,
deutlich durch Fascien von einander gesondert. Am hinteren Rande
des
Vastus externus, der von der durch die Sehne des Tensor fasciae
verstärkten mächtigen Fascie umkleidet wird, liegt das Ende des M.
glutaexis maximus.
Derselbe geht mit einer stark sehnigen Masse an
den Oberschenkelknochen, und grenzt an dieser Stelle die Beugemuskeln
vom lateralen Theile des Streckmuskels ab.

Von den Beugemuskeln, welche den Nervus ischiadicus bedecken,
haben sich der
Biceps und Semitendinosus fast vollständig von einander
getrennt. Der
Semimembranosus hat auch bereits Fleischmasse ge-
wonnen. Ueber ihnen liegen die drei Adductoren; zunächst der mäch-
tige
Adductor magnus, auf welchem der Adihictor brevis dicht aufliegt.
Zwischen diesem und dem
Adductor longus erkennt man die Arteria
profunda
und N. obturator. Auf der andern Seite des Adductor longus,
zwischen ihm und dem Vastus internus, befindet sich der Raum für die
Arteria und Vena femoralis. Man erkennt deutlich die Form der Ge-
fässscheide, ihre Bildung durch die Fascienblätter und den Verschluss
durch den
M. sartorius, welcher immer mehr auf die Innenseite des
Oberschenkels rückt. Dadurch kommt derselbe auch dem
Gracilis,
welcher eine ganz ähnliche Form hat, immer näher, bis endlich im
weiteren Verlaufe beide Muskeln sich theilweise decken.

Figur II repräsentirt einen Durchschnitt durch die Mitte des Ober-
schenkels, da wo
Sartorius und Gracilis an einander stossen, und der
kurze Kopf des
Biceps die Stelle des Glutaeus im Lig am. intermus-
culare extermim
zwischen Vast, externus und den Flexoren einzunehmen
beginnt. Ausser dem
Recttis femoris Hessen sich die einzelnen Theile
des
Qtiadriceps nicht mehr vollständig durch Fascien isolirt abzeichnen,
dagegen behielt der
Rectus mit seiner centralen Sehne immer noch
seine isolirte Lage bei.

Die Arterie, welche bedeutend mehr seitwärts zum Knochen zu
liegen kommt als auf den vorhergehenden Abbildungen, liegt noch in
derselben Fascienscheide, zwischen
Adductor longus und Vastus internus,
bedeckt vom Sartorius. Dagegen hat der Adchictor longus schon be-
deutend an Mächtigkeit verloren, und der
Adductor hrevis fehlt be-
reits in dieser Höhe gänzhch.

Die Arteria pjrofunda ist an der Stelle getrofien worden, wo sie hart
am Knochen den
Adductor magnus durchbohrt, so dass dieser Muskel
auf dem vorliegenden Durchschnitte den Knochen gar nicht berührt.

Die drei Beugemuskeln sind vollständig von einander isohrt und
so an die Rückseite "gelagert, dass der
Nervtis ischiadicus seine Stelle
bereits in einer Furche zwischen dem langen Kopfe des
Biceps und
des
Semitendinosus einnimmt.

In Bezug auf die Lage der auf den Tafeln XXIII und XXIV ge-
gebenen Durchschnitte ist noch hinzuzufügen, dass der Schenkel in etwas
nach aussen gerollter Stellung durchschnitten und abgebildet wurde.

Auf beiden Figuren ist der Maissiat\'^che Streifen nicht deutlich
zu erkennen, da er einen zu schwachen Querschnitt besitzt um ihn
gesondert darstellen zu können. Es ist dies dieselbe Bildung, welche
Meyer als Ligamentum iliotihiale bezeichnet, eine Benennung die ich
deshalb nicht anwende, weil sie die Befestigungen nur zum Theil an-
giebt. Der sehnige Streifen beginnt an der
Crista ilei da, wo der Rand
durch den Zug dieses
Ligamentes nach aussen gebogen ist, so dass
eine
Spina entsteht, welche man Spina ilei externa nennen könnte, die
bei keinem Becken vermisst wird; mit einem tiefen Ansätze befestigt
er sich ausserdem am Knochen neben dem
Acetabulum. Unten setzt
er an
Femur, Patella, namentlich aber am äusseren Condylus der Tibia
an. Er ist ein mächtiger Hilfsapparat für das Stehen auf einem Beine,
wie schon
Welcher richtig bemerkt hat. Er streckt das Kniegelenk,
und verhindert das Herabsinken des Beckens, unterstützt also durch
diese Adductionsbeschränkung die Wirkung des
Ligamentum teres.

An diesen starken sehnigen Streifen, der sich auch am Lebenden
gut durchfühlen lässt, wenn man die Aussenseite des Kniegelenks von
der Bicepssehne an abtastet, befestigen sich die Muskelmassen des
Tensor
fasciae
und ein Theil des Glutaeus maximus. Sie unterstützen also die
Wirkung dieses Gelenkapparates. Ausserdem aber heben sie durch diese
Verbindung das im Knie gestreckte Bein nach aussen, kommen also in
Thätigkeit wenn man sich mit gestrecktem Beine in den Sattel schwingt.

An die Fascia lata setzt sich also der Tensor gar nicht an. Die-
selbe liegt völlig getrennt von dem Streifen darunter, so dass derselbe
sich auf der
Fascie leicht verschieben lässt. Es ist auch gar nicht ab-
zusehen, was eine Spannung der
Fascia lata durch einen besonderen
Muskel für Effekt haben sollte.

Ferner ist über beide Schnitte zu bemerken, dass in dem Kanal
der grossen Schenkelgefässe, welcher auch als
Hunter\'^ohex Kanal be-
zeichnet wird, besondere Druckverhältnisse vorherrschen. Die Spannung
des
M. sartorius, der in der ganzen Länge die Gefässe deckt, wird die
Gefässe gegen äusseren Druck in gewissem Grade sichern. Ob dadarch
ein negativer Druck entsteht, muss noch untersucht werden. Jedenfalls
hängt damit die Venenentwicklung zusammen. Die ursprünghch paarig
angelegte
Vena femoralis hat nur die eine Hauptbahn entwickelt. Die
Nebenbahn, als
Vena comitans (Langer) vorhanden, ist so gering im
Kaliber, dass sie für die Fortschalfung des Blutes nur wenig leistet.
Auf den Abbildungen ist sie nicht mit angegeben.

TAFEL XXIV.

-ocr page 107-

Fié.i.

Flg. IL

W.Braimejraei
Suxapt Yeit 8: Comp, lip siae

C.ScfcTLiedel ad nat.mlapii. deliii.

E. A.Purike inip. Lit si2,e.

-ocr page 108-
-ocr page 109-

Jiiêi.

m a O.

"^■^astu, ext.

"O.v

r

/io\'

■ /,--

He

^MMulvlu.s cxl.fcnorKs

-ivi

W,Era,ucepTâep.
ii-jBipt Veit 8- Comp, Lipsiae

î^.Â.Turûce, iîTLp.Xipsiae.

.cr^iiec-el o.a nat.m ia:piCL.(ieiiu.

-ocr page 110-

. . ^
\'.i ■-"\'Tv\'"" -

I 1 ■X--\'^:

m

\'ia . X

ifl.

.Xi

.1

^ - -tips ,

\' 5 "t-\'^

ssSi^Egj., . ïitfff.

mm^m^êm:

; V-s\' -i \' \'\'

■ij\';:- ■ v:- :

-aï-: ■ ■

(ij\'r-\';!?.\'; ;

^ . ..........

-J-t\' \'">\'

-ocr page 111-

TAFEL XXY.

Die auf dieser und den folgenden Tafeln abgebildeten Querschnitte
der unteren Extremität stammen von einem anderen Cadaver als die
vorhergehenden. Aber sie schliessen sich gut an dieselben an, da sie
ebenfalls vom einem kräftigen, normal gebauten Mann mittleren Alters
herrühren. Die Arterien wurden injicirt, der Körper in Rückenlage
zum Gefrieren gebracht und die Beine in ihrer Lage unverändert ge-
lassen, in der sie etwas nach aussen gerollt waren.

Figur I.

Der Schnitt verläuft bei dieser Figur durch das untere Drittel des
Oberschenkels, reichlich eine Hand breit über dem oberen Rande der
Kniescheibe, an der Durchtrittsstelle der Schenkelarterie durch den
M. ad-
ductor magnus.
Man hat den linken Oberschenkel vor sich, und zwar die
obere Fläche des unteren Stückes, so dass man auch hier von oben nach
abwärts gleichsam in den eigenen Oberschenkel hineinblickt, und somit
links die laterale, rechts die mediale Seite der Extremität vor sich hat.

Der M. adductor longus ist nicht mehr zu sehen. Knapp ober-
halb des Schnittes hat er seine Endigung gefunden. Von den Adduc-
toren ist nur noch der
Adductor magnus vorhanden; seine Durchschnitts-
fläche legt sich von unten her an die grossen Gefässe an. Er steht
aber nicht mehr in Verbindung mit der
Linea aspera des Femur,
sondern Alles was hier von Fleischfasern zu sehen ist, setzt sich in
die Endsehne fort, welche am
Condylus internus femoris endigt. Es
ist also hier gerade die Stelle getroffen worden, wo die Arterie durch
die Adductorenlücke hindurch geht, um an die Rückseite des Ober-
schenkelknochens zu gelangen. Die Arterie selbst liegt von einem Venen-
system umgeben, das durch seine vielfachen Anastomosen die Ligatur
erschweren muss. An der Knochenseite der Arterie liegt die grosse
Vene mit zwei einmündenden kleineren Venen, an der gegenüberliegenden
zwei
Venae comitantes, die sich zwischen Arterie und Nervus saphenus
major
einschieben. Will man in dieser Höhe die Arterie unterbinden,
so muss man zwischen
Sartorius und Vastus internus, also auf der
äusseren Seite des
Sartorius einschneiden, die stark sehnige Fascie
unter dem
Sartorius trennen und Nervus saphenus wie Venae comitantes
bei Seite schieben. Man hat somit mehr Schwierigkeiten auf die Arterie
zu gelangen und sie zu isoliren, als weiter oben, wie die Betrachtung
der Tafeln XXHI und XXIV zeigt.

Es ist nicht richtig, der Arterie einen Spiralgang zuzuschreiben,
wenn man ihre Lage zum Knochen bestimmt. Sie liegt allerdings oben
vor dem Knochen, weiter unten medial vom Knochen, in der Knie-
gegend endHch gerade hinter demselben. Man kann sich aber an jedem
Präparate, mögen nun die Arterien injicirt sein oder nicht, leicht davon
überzeugen, dass die Arterie in ziemlich gerader Richtung nach ab-
wärts zieht, der Knochen dagegen eine Windung um das Gefäss be-
schreibt. Das Verhältniss der Arterie zum
M. sartorius aber bleibt
fast in der ganzen Länge des Oberschenkels mehr constant.

In ähnlicher Weise wie die Arterie hat auch der Nervus isehiadicus
seine Lage gegen die oberen Schnitte geändert. Wählend er weiter
oben hinter dem
M. adductor magnus zu liegen kam, befindet er sich
hier neben demselben, hinter dem kurzen Kopfe des
Biceps.

lieber die Muskeln selbst ist nichts weiter zu bemerken. Die Be-
zeichnung lässt die einzelnen leicht erkennen. Man erkennt an dem
stärkeren Hervortreten der centralen Sehnenstreifen, dass sie sich ihrem
Insertionspunct nähern. Ebenso ist man ausser Stande, scharfe Grenzen
zwischen den einzelnen Bestandtheilen des
Quadriceps zu ziehen, die
weiter oben durch Fascienzüge deutlich von einander geschieden waren.

Wenn man die Fascien im Gebiete des Oberschenkels zu beiden
Seiten des
Quadriceps als Ligamenta intermuscularia bezeichnet, wie
dies
Eduard Weher in seinen Vorlesungen zu thun pflegte, so würde
durch das Aneinandertreten der Fascien der
Adductoren und des Vastus
%nternus
das Lig. intermuseulare internum gebildet werden, und dieses
würde die grossen Gefässe in sich schliessen. Es ist schon oben er-
wähnt worden, dass man den durch diese Fascien gebildeten Raum auch
den
LLunter\'mhen Kanal nennt. Das Lig. intermuseulare externum
würde dagegen am Vastus externus zu liegen kommen, und den Ansatz
des
Glutaeus maximus sowie den kurzen Kopf des Biceps enthalten.
Gilt es also, die grossen Gefässe freizulegen, so hat man in das
Lig.
intermuseulare internum
einzudringen. Handelt es sich aber um Frei-
legung des
Periost am Femur in grösserer Ausdehnung, so hätte man das
Lig. intermuseulare externum aufzuschneiden. Die Stelle dieses Ein-
schnittes ist stets durch eine erkennbare Längsfurche bezeichnet, die
auch auf den Querschnitten des Oberschenkels als eine seichte Einker-
bung am medialen Rande des
Va.üus externus gut erkennbar ist. Man
trifft dabei die
Arteriae perforantes, die durch Anastomosen die Colla-
teralbahn für die Schenkelarterie bilden, und kann von da, aus auch
leicht den
Nervus ischiadicus erreichen, wenn man sich in der Tiefe der
Wunde etwas medianwärts unter dem langen Kopfe des
Biceps wendet.

Figur II.

Die vorliegende Figur stellt einen Querschnitt durch das linke nor-
male Kniegelenk in der Höhe der Mitte der
Patella dar. Der Mann,
von dem die Extremität genommen wurde, war wahrscheinlich Maurer
gewesen, wie mehrere Merkmale am Cadaver vermuthen liessen, und hatte
als solcher viel knieen müssen. Dem entsprach auch die starkwandige
und w^eite
Bursa praepatellaris, welche vor der Patella durch einen breiten
und weit herumreichenden schwarzen Strich in ihrer queren Ausdehnung
wiedergegeben ist. Die
Patella liegt mit dem äusseren Theile ihrer hin-
tern Gelenkfläche dem
Condylus extermis des Femur so dicht an, dass
nur ein schmaler Spalt beide, trennt. Von dem
Condylus internus hebt
sie sich dagegen weiter ab. Der Synovialraum theilt sich durch das
hereinragende
Ligamenttim mticosum in zwei Abtheilungen, von denen
die eine, der Patellarfläche folgend, nach oben und innen zieht, während
die andere auf dem
Condylus internus femoris hinläuft.

Diese Lage der Patella zu den Condylen macht es erklärlich,
warum sie bei Luxationen vorzugsweise über den
Condylus extermis
hinübergleitet. Die Lage selbst ist bedingt durch die Krümmung des
Femur nach einwärts, so dass der Zug der starken Streckmuskeln an
sich schon die
Patella zum Abgleiten nach aussen von der flachen
Grube zwischen beiden Condylen bringen müsste, wenn nicht seitliche
Bandmassen dieselbe in ihrer Lage sicherten. Diese Bandmassen sind
als fibröse Fasern in die seitlichen\' Sehnenplatten eingewebt, die vom
grossen Streckmuskel herab zum Unterschenkel gehen und die Streck-
wirkung ausser der
Patella und dem Ligamentxim pateUare mit fort-
pflanzen helfen. Sie sind es auch, welche bei Zerschmetterung der
Patella die Bruchstücke in ihrer Lage erhalten, und welche beim Quer-
bruche der
Patella zugleich mit dieser zerrissen werden. Sägt man am
Cadaver die
Patella quer durch, unter Erhaltung dieser Seitenplatten,
so weichen auch bei der Beugung des Kniees die Patellarhälften wenig
auseinander, schneidet man sie aber noch nachträglich durch, so erfolgt
sofort eine bedeutende Entfernung beider Knochenstücke von einander.
Daraus erklärt es sich, warum Sternbrüche der
Patella relativ gut heilen.
Hier wird die
Patella meist allein getroffen und zerschmettert, während
bei Querbrüchen, welche durch Zerreissung zu Stande kommen, auch
die Bänder zerrissen werden und somit der Streckmuskel völlig frei wird,
und die dislocirende Wirkung auf das obere Bruchstück ausüben kann.

Man sieht auf der Abbildung von der Patella aus die breiten
Bandmassen nach beiden Seiten zum
Femur herabziehen, und wie eine
Kappe das gesammte Kniegelenk vorn und seitlich umgeben.

Hinter den Knorpelflächen der Condylen des Femur erkennt man
die Ausbreitung der Synovialhöhle, zwischen beiden die starke Band-
masse der Kreuzbänder.

Nerv, Vene, Arterie liegen dicht hinter einander, von aussen nach
innen; der
Lschiadicus ist getheilt in den nach aussen unter dem Biceps
gelagerten N. peronaeus und den mehr nach der Mitte und nach innen
zu gelegenen
N. tibialis.

Die Muskeln, welche noch auf der ersten Figur so grosse Fleisch-
massen zeigten, sind in ihrer räumlichen Ausdehnung sehr zusammen-
geschwunden. Sie sind zum Theil schon völlig in ihre Endsehnen
übergegangen und gestatten dadurch die Formbestimmung des Contours
durch die Knochentheile, wie dies fiir alle Gelenkregionen charak-
teristisch ist.

Bei Kniegelenkhydrops wird, wie schon oben auseinander gesetzt
wurde, die
Patella von der Gelenkfläche des Oberschenkels abgehoben;
die Ausdehnung der Kapsel erfolgt vornehmlich nach vorn. Die hin-
teren Partien sind wenig nachgiebig und können deshalb auch nur
wenig von der Hinterfläche der Condylen sich entfernen.

-ocr page 112-

TAFEL XXVL

Figur I.

Die hier vorliegende Abbildung gibt einen Querschnitt durch das
obere Drittel des linken Unterschenkels eines kräftigen Mannes,
desselben, von dem auch die auf den vorhergehenden und folgenden
Tafeln abgebildeten Schnitte genommen waren.

Aehnliche Abbildungen, welche hierbei verglichen werden mögen,
findet man bei
Voh {a. a. 0. Tafel IX, Fig. 1) und im Atlas von
Pirogoff (Fasc. 4, Tah. VIII, Fig. 8).

Das feste Gerüst, von dem die Muskeln entspringen, wird von
Tihia und Fibula nebst dem zwischen ihnen ausgespannten Ligamentum
interossetim
gebildet. Dazu kommt das von der Fibtda schräg nach
vorn und aussen ziehende starke
Ligamentum intermtiseulare fibulare,
welches zwischen Peronäen und Streckmuskeln gefunden wird; ferner
die mächtige, um die Gesammtmuskulatur ziehende Fascie, an welcher
namentlich der
Tibialis anticus mit vielen Faserzügen entspringt.

Diese mächtige Fascie stellt ein äusseres Bindegewebeskelet dar,
w^elches eine Fortsetzung des Knochenskeletes bildet und die Muskulatur
des Unterschenkels an der Vorderseite wie eine Röhre einhüllt. Sie
erstreckt sich in ziemlicher Stärke bis herab in die Nähe des Fussge-
lenkes und enthält dort eingewebt die Binden des
Ligamentum trans-
versum cruris
sowie einen Theil des Ligamenttini crueiatum, welche
die Muskeln in ihrer Lage sichern, so dass sie bei ihrer Contraction
am Vorspringen behindert werden.

Diese Fascie ist somit vergleichbar mit dem äusseren Skelet, wie
es sich bei wirbellosen Thieren findet.

Die stark entwickelte Muskulatur zerfällt in drei Gruppen. Nach
vorn zu liegen die Extensoren,
Tibialis anticus und Extensor digitorum
communis longtis,
begrenzt nach rückwärts vom Ligamentum interosseum.
Der Extensor longus hallucis ist noch nicht zu sehen; er entspringt
erst ein Stück weiter nach abwärts, vom
Ligamentum interosseum. Nach
aussen, der
Fibida aufHegend, findet man den M. peronaeus longus,
welcher zu der zweiten Muskelgruppe gehört, vom grossen Zehenstrecker
getrennt durch das
Ligamentum intermuseulare fibulare.

Nach rückwärts von beiden Knochen findet sich die dritte Gruppe,
die an Masse bedeutend überwiegenden Flexoren, die ungefähr auf dem
Durchschnitte den doppelten Raum einnehmen als die beiden anderen
Gruppen zusammengenommen. Ihre tiefe Schicht zeigt analog der Exten-
sorenseite nur zw^ei Muskeln. Der
Tibialis posticus legt sich zwischen
Tihia und Fibula an das Ligamenttim interosseum; der Flexor digi-
torum,
von dem noch wenig zu sehen ist, an die Tihia. Hinter ihnen
breiten sich die grossen Flächen des
Soleus und Gastrocnemius aus, so
wie auch noch an der hinteren Wand der
Tibia ein Streif vom Po-
pliteus
zu sehen ist, dessen unterster Ansatz eben noch getroffen wurde.
Dieser Muskel lag somit fast völlig zwischen diesem und dem vorher-
gehenden Schnitte durch das Kniegelenk (Tafel XXV).

Die zu den drei Gruppen gehörigen Nerven sind weiss markirt.
Der
Nervus peronaeus superficialis liegt zwischen M. peronaeus und
Fibula. Nur durch das Ligamentum intermuseulare fibulare davon ge-
trennt, liegt auf der
Fibula und dem Ligamentum interosseum der
Nervus peronaeus p)rofundus. Der Nervus tibialis posticus wird zwischen
Flexor longus hallucis und Soleus gefunden.

Die drei Arterien, Tibialis antica, Tibialis postica und Peronaea
sind nebst ihren Venen leicht zu erkennen. Die beiden letzteren Arterien
liegen dicht neben einander, da der Schnitt unmittelbar unter ihrem
Ursprünge geführt ward, von dem
Ligamentum interosseum durch den
Tibialis posticus getrennt, und scheiden die tiefe Schicht der Flexoren-
gruppe A-on der Wadenmuskulatur, welche die oberfläclüiche Schicht aus-
macht. Die
A. tibialis antica liegt dagegen direkt auf dem Liga-
mentum interosseum,
und zwar auf dessen Vorderseite. Der zwischen
M. tibialis anticus und Extensor digitorum laufende Spalt führt direkt
auf das Gefäss, so dass die Aufsuchung leicht vorgenommen werden
kann und nur Schwierigkeiten findet wegen der Tiefe des Weges, den
das Messer zu nehmen hat, bei stark entwickelter Muskulatur.

Figur II.

Der hier vorliegende Durchschnitt durch die Mitte des linken
Unterschenkels kann verglichen werden mit den Abbildungen bei
Henle (Mushellehre Fig. 142) und Vok (a. a. 0. Tab. LX, Fig. 2).
Die Verhältnisse der Muskeln, Gefässe und Nerven sind leicht ver-
ständlich, so dass nur wenig zu ihrer Erläuterung hinzugefügt zu werden
braucht. Nur die Stellung des Durchschnittes erfordert eine besondere
Bemerkung. Man hat als vordere Spitze in der Zeichnung die
Crista
tibiae,
und nach hinten zu die Masse der Wadenmuskalatur. Dieselbe
schiebt sich aber so nach der innern Seite hin, dass man meinen könnte,
die Weichtheile seien vor dem Gefrieren gewaltsam aus ihrer ursprüng-
lichen Lage gebracht worden. Es ist auch keine Frage, dass bei der
Rückenlage des Cadavers, welche als die einfachste, der Willkür am
wenigsten ausgesetzte, beim Frieren beibehalten wurde, die Weichtheile
auf der Beugeseite einen Druck erleiden; und ich will nicht bestimmen,
in wie weit derselbe den
Soleus und Gastrocnemius beeinflusst hat, um
die Abweichungen von der Lage hervorzubringen, die beide Muskeln
auf den Bildern
Henle\'s und Fofe\'s zeigen. Von einer abnormen Muskel-
la,gerung ist aber keine Rede. Man hat zu erwarten, dass auch am
lebenden Körper während der Rückenlage die ruhenden Muskeln ähn-
liche Formen zeigen werden. Bei der Stellung der ganzen Zeichnung
wurde die nach auswärts gerollte Haltung des Beines absichtlich bei-
behalten, da dieselbe der mittleren Stellung der Beine im Zustande der
Ruhe entspricht.

Unter den Wadenmuskeln sind hier die Flexoren sämmtlich zu
erkennen. Der
Flexor digitorum hat an Stärke bedeutend zugenommen.
Der
Flexor longus hallucis ist zwar noch schwach, hat aber bereits die
Arteria peronaea zwischen sich und Fibula genommen und dadurch
von der
A. tibialis postica abgesondert.

Ebenso ist auf der Vorderseite der Extensor longus hallucis er-
schienen, so dass nun die
A. tibialis antica zwischen ihm und dem
Tibialis anticus zu liegen kommt. Die Lage der Arterie ist aber
immer noch eine so tiefe, dass auch an dieser Stelle die Aufsuchung
und Unterbindung zwar ausführbar, aber nicht empfehlenswerth ist. Erst
weiter unten, nach dem Fussgelenke zu, wird mit dem Abnehmen der
Fleischmasse der Weg zur Arterie kürzer, und dieselbe dadurch besser
erreichbar.

Auch die Peronäen sind nun vollständig vorhanden, und der
Nervus peronaeus superficialis schon so weit an die Oberfläche vor-
gerückt, dass er sich bereits zum Durchschnitte durch die Fascie vor-
zubereiten scheint.

Vergleicht man beide Durchschnitte, welche die Lage der einzelnen
Theile in der oberen Hälfte des Unterschenkels wiedergeben, so erkennt
man zunächst die oberflächliche und der Untersuchung leicht zugäng-
liche Lage der Tibia. Veränderungen dieses Knochens durch Erkrankung
werden sich leicht diagnosticiren lassen, ebenso wie traumatische Zer-
störungen. Die Fibula dagegen liegt in dieser Beziehung ungünstiger.
Die dicken Massen der sie umgebenden Muskeln gestatten eine Unter-
suchung in gleichem Grade nicht. Man wird daher weitere Hilfsmittel
hier benutzen müssen, wie die Constatirung des fixen Schmerzes bei
Druck an entfernter Stelle, um Verletzungen des Knochens in dieser
Höhe bei erhaltenen Weichtheilen nachzuweisen.

-ocr page 113-

Tah.XXVI

\'■Pep

Rg.ir.

tib

e,

a.

\'is

■post

\'"id.

Ctf\'
O,

C. ^DGkmieiel aii.Tia,tirL ia.-picL.iieliii.

E.A.Ynrike, imp.lipsiae.

I\'V^Brauae praep.
Sumpt Yeit & Comp. Lip siae.

-ocr page 114-

I „

• • . V---V: if

: .-S -

P.

I .

1

<-

"i-\' \'\'s\' ■

\' - : \' >\' V.\'

TAV . . --.-.^.■v.,

N r

^■mmëmmm

......

ƒ ■

s..

-ocr page 115-

Der Weg, den das Messer zu nehmen hat, wenn es sieh darum
handelt die Fibula freizulegen, ist durch das
Ligamentum intermxis-
culare fihulare
vorgezeichnet. Die Muskeln, welche dieses .Ligament
begrenzen,
Peronaeus und Extensor longus hallucis, sind leicht an der
Aussenfläche des Beines zu bestimmen; ebenso wie die Abbildungen
die Tiefe abmessen lassen, welche der Wunde zu geben ist bei kräf-
tigen Individuen. Gefässe grösseren Calibers wird man hierbei nicht
treffen, wohl aber wird Rücksicht zu nehmen sein auf den
Nervus
peronaeus,
welcher in den Schnitt fallen muss. Die oberflächliche Lage
der Tibia erfordert auch eine Berücksichtigung, wenn es sich um Be-
handlung von Geschwüren handelt. Gerade hier ist eine Betheiligung
des Periostes um so eher zu erwarten, als das Fettpolster ganz beson-
ders spärlich entwickelt ist. Fast an allen übrigen Stellen der Peri-
pherie findet sich mehr Fettmasse und dadurch die umgebende Haut
weiter von den darunter hegenden Fascien entfernt als unmittelbar
über der Tibia.

W. Braune, Atlas. B. Aali.

Die Arterienstämme mit ihren begleitenden Venen sind in dieser
Höhe des Unterschenkels noch ziemhch nahe ihrem Ursprünge aus der
Poplitaea, und dem zu Folge auch noch nicht weit auseinander gerückt.
Sie liegen in dem Innern des Durchschnittes so nahe dem
Ligamentum
interosseum,
und so geschützt gegen Druck von Aussen durch die
beiden Unterschenkelknochen, dass sie weniger den Verletzungen aus-
gesetzt sind, als weiter nach abwärts und aufwärts. Zugleich entziehen
sie sieh aber auch durch diese Lage zum Skelet einer Compression.
Es ermangelt die feste Unterlage gegen die sie erfolgreich angedrückt
werden können, so dass man bis über das Knie hinaufgehen muss, um
eine Compressionsschlinge anzulegen, wenn Amputationen oder sonst
grössere blutige Operationen an dieser Stelle auszuführen wären.

-ocr page 116-

Figur I.

Wir haben hier den Durchschnitt durch den linken Unterschenkel
im unteren Drittel vor uns. Der Schenkel ist derselbe wie auf dem
vorhergehenden und dem nachfolgenden Bilde. Die Nähe des Gelenkes
macht sich stark bemerklich. Durch das Abnehmen der Fleischmassen und
das Zunehmen der sehnigen Partieen ist das gesammte Bild beträcht-
lich kleiner geworden. Wenn auch einzelne Muskeln wie
Extensor und
Flexor longus hallucis nebst Peronaeus hrevis stärker geworden sind als
auf der vorhergehenden Abbildung, so wiegt dies doch nicht das Ab-
nehmen der Wadenmuskeln auf, deren Durchschnitt die Hauptmasse des
Gesammtbildes am Unterschenkel bildet.
Soletis und Gastrocnemius
lassen sich nicht mehr von einander trennen. Eine langgezogene sehnige
Masse überzieht die hintere Fläche des
Soleus; sie ist das Ende des
Gastrocnemius und nimmt schliesslich auch die Fasern des Soleus mit
auf, bis endlich die starke, auf dem Durchschnitte einem halben Ovale
gleichende Achillessehne beide Muskeln an den Fersenhöcker anheftet.

Die grösste Fläche zeigt der Flexor longus hallucis, der gerade
in seiner grössten Stärke getroffen wurde. Bei der Bedeutung der
Beugung der grossen Zehe für die Ortsbewegung ist auch der Muskel,
der dieselbe ausführt, gewaltig angelegt, so dass er an Mächtigkeit den
gesammten Zehenbeuger nebst
Tibialis posticus bedeutend übertrifft.
Der
Flexor digitorum hat seine Lage zur vorhergehenden Abbildung
schon verändert. Er tritt auf diesem Bilde ein Stück zurück, um dann
weiter unten den
Tibialis posticus vorzulassen, so dass derselbe in der
Malleolargegend nach vollendeter Kreuzung mit dem
Tibialis posticus
am weitesten nach innen zu liegen kommt.

Die Lage der tiefen Flexoren unterscheidet sich von der der Exten-
soren wesentlich. Während bei letzteren der
Tibialis anticus am nächsten
der
Tibia liegt und ohne Kreuzung mit seinen Nachbarn an den inneren
Fussrand herabzieht, so dass alle drei parallel neben einander verlaufen,
liegt der
Tibialis posticus in der Mitte am Ligamentum interosseum,
der grosse Zehenbeuger an der Fibula, der Beuger der vier kleinen
Zehen an der
Tibia. Die Muskeln müssen sich somit auf ihrem Wege
zu ihren Endigungspunkten mit einander kreuzen. Diese Lage hängt
zusammen mit ihrer Passage am
Malleolus internus. Da sie durch den
stark nach hinten vorspringenden
Calcanetis auf die Seite gedrängt
werden, würden sie einen sehr ungenügenden Halt unter dem kurzen
Malleohis internus finden, wenn der grosse Zehenbeuger und der Tibialis
posticus
am innern Rand des Unterschenkels lägen, und der Beuger der
kleinen Zehen würde grosse Winkel machen müssen, wenn er an der
Fibula entspränge, um zu den äusseren Zehen zu gelangen. Diesen
Uebelständen ist durch die gekreuzte Lagerung, wie sich leicht über-
sehen lässt, abgeholfen.

Die Arterien haben dieselben Muskelinterstitien inne wie höher
oben, trotzdem die beiden
Tibiales ihre Lage zur Tibia nicht un-
wesentlich geändert haben. Sie liegen aber infolge der Verringerung
der Muskelmasse der Oberfläche bedeutend näher, so dass ihre Er-
reichung und Ligatur nicht mehr die Schwierigkeiten bietet, wie höher
oben. Die
A tibialis antica wird erreicht, wenn man von oben her
zwischen
Tibialis anticus und Extensor longus hallucis eingeht. Die
Tibialis postica wird gefunden, wenn man den Rand des Soleus vom
Flexor digitorum ablöst und zurücknimmt. Am ungünstigsten liegt die
A. peronaea. Ihre Ligatur erfordert ein Eingehen hinter den Peronäen
und Abheben des
Flexor longus hallucis von der Fibula. Hinter dem
Knochen kann dann die Arterie hervorgezogen werden.

Figur II.

Der hier abgebildete Querschnitt des Unterschenkels in der
Malleolargegend schliesst die Reihe der Schenkeldurchschnitte ab.
Er schneidet die
Tibia unmittelbar über dem Talus; daher denn auch
die Schnittfläche der
Tibia so gross erscheint. An ihrer äusseren Seite
liegt der untere Abschnitt der
Fibula. Beide sind durch Bandmassen
fest mit einander verbunden, nur nach vorn zu ist ein S|)alt offen,
der in die Höhle des Fussgelenkes hineinführt.

Die Muskeln sind fast sämmtlich sehnig geworden; nur der äussere
Theil des Zehenstreckers, der
I^eronaeus tertius, der Strecker der grossen
Zehe, deren Beuger, sowie der
Peronaeus brevis zeigen noch Fleisch.
Mit dem Auftreten der Endsehnen erscheinen auch die schwarzen Spalten
der Schleimbeutel und die Apparate der fibrösen Bänder, welche die
Lage der Sehnen am Fussgelenke sichern. Vom
Ligamentum cruciatum
ist der obere Theil getroffen, welcher das mediale Ende der Schlingen
an die
Tibia befestigt; der Ausgangspunkt desselben von dem Calca-
neus
liegt noch in der Tiefe und ist deshalb nicht sichtbar. Unter
der mittleren Schlinge, welche den
Extensor longus hallucis einschliesst,
liegt die
Arteria tibialis antica, leicht von der Oberfläche aus zu er-
reichen, wenn man den
Extensor l. hallucis frei legt und bei Seite
schiebt, aber nicht zu isoliren ohne weitgehende Zerstörung des
Liga-
mentum cruciatxim
und der Schleimbeutel. Günstiger ist die Lage der
A. tibialis postica, welche bei der Freilegung nur das Zerschneiden
eines Schenkels vom
Ligamentum laciniatum nothwendig macht und
deshalb gut an dieser Stelle aufgesucht und unterbunden werden kann.
Man findet sie zwischen
Flexor digitorum und Flexor longus hallucis
und kann die Schleimbeutel beider Muskeln beim Isoliren der Arterie
vollständig vermeiden. Ziemlich weit davon entfernt liegt nach hinten
in isolirter Lage die Achillessehne, deren Zerschneidung daher ohne
Arterienverletzung gut ausführbar ist.

TAFEL XXYIL

Die beiden hier abgebildeten Schnitte genügen, um das Haupt-
sächlichste der Theile in der unteren Hälfte des Unterschenkels zur
Anschauung zu bringen. Unzureichend sind dagegen die Verhältnisse des
Fusses wiedergegeben, von dem man vielleicht noch eine weitere Serie von
Querschnitten hinzugefügt haben möchte. Durch eine Menge von Schnitten,
die ich angefertigt und abgebildet vor mir habe, ebenso auch durch
die Betrachtung der von
Pirogoff publicirten Bilder, bin ich aber zu
der Ueberzeugung gekommen, dass gerade am Fusse Querschnitte für
das Verständniss des Baues wenig leisten. Man wird durch sie zwar
eine klare Einsicht gewinnen über den Bau und die Form des knöchernen
Gewölbes, für das Verständniss der Anordnung der Weichtheile aber
sind sie nur von untergeordneter Bedeutung. Flächenpräparate leisten
in dieser Beziehung weit mehr und sind gerade hier für die Beschrei-
bung unerlässlich. Die Menge von kleinen Muskelbäuchen in der Fuss-
sohle, die nur durch sehr dünne Fascien und Bindegewebszüge von ein-
ander getrennt sind, die Menge der Sehnen auf dem Fussrücken, die
sich nur undeutlich von den Bändern auf Durchschnittsabbildungen unter-
scheiden lassen, geben stets undeutliche und verwirrende Bilder. Ebenso
wird der so wichtige Apparat des
Ligamentum cruciatum absolut unver-
ständlich, wenn man ihn nur auf Durchschnitten und wären dieselben
auch noch so zahlreich, studiren wollte. Die Arterien, welche auf Fig. I,
wie schon oben erwähnt wurde, viel näher nach der Oberfläche des
Unterschenkels gerückt sind, als dies auf der vorhergehenden Tafel der
Fall war, die demnach also auch hier viel bessere Verhältnisse zur Auf-
suchung und Unterbindung geben als in der oberen Hälfte des Unter-
schenkels, bilden ein Dreieck mit zwei nahezu gleichen Seiten. Die
Basis dieses Dreiecks wird durch eine Linie gebildet, welche von der
Arteria tibialis antica nach der Peronaea sich ziehen lässt und ist
bei Fig. I ziemlich direct nach aussen gerichtet. Dieses Arteriendreieck
findet sich in Folge des Endes der
Peronaea auf Fig. II nicht mehr,
so wie es auf Tafel XXVI Fig. I noch nicht vorhanden war. Es ist
dagegen deutlich sichtbar auf Fig. II, Tafel XXVI. Vergleicht man
beide Arteriendreiecke auf dieser und der vorhergehenden Tafel mit
einander, so findet man, dass die Richtung ihrer Basis ebenso wie die
Länge ihrer Seiten, fast ganz gleich geblieben sind. Es haben somit
die drei Arterien in ihrem Verlaufe an der unteren Hälfte des Unter-
schenkels ihre Lage zu einander fast unverändert beibehalten; sie ziehen
als parallele Gefässrohre herab und treten somit nicht in Folge einer
Lageveränderung ihrerseits näher an die Oberfläche, sondern nur in
Folge der nach abwärts immer schwächer werdenden Muskelmassen.

-ocr page 117-

Tah.XXYll.

Flg. I.

otv\'

eV

av.

. \\

aivt

tCTid.m.

\'ex

dii

Yi. JjraaiTie pTa.ep.
S uïtipt
Veit Ö--, C OTnp. Lip siae.

Schiniedel ad.uat.in lapicL.àelin

-ocr page 118-

m

s

f..
-X"

. : •

V-

\'-.f\'-v-,

J

; ■

. f : ■

-Vv-W

• ■ ■ -i . \'

I ■

V

■I

v " ..\'

tt

m

J

W

-y.i

Jf . . » r •

ft\' r-

^V, ; ■

■ • .

■\'--■M\'\'

\'ft, ■ ^ -ft r ■■ ^ l s- ft\'-ft

pft. ■■ i;- \'ft . : ♦ ;

■F ft.-\'.: ■ ■■

m:

-ocr page 119-

W. Braune praep.
ilvuTfipt Veil, JV Conip.l,Lfi;;iVi(!

E.A.Tunie, imp.lip&iae.

C.Scirrriiedel ad.nal.rii lapid.delin

Tal).XX\\III.

-ocr page 120-

niiiHiii 11.11 ^\'wmm\'

mm

\'ft ■■ J ;.. .. ri J\'c-\'

V^\'ft^i^-\'-ftft\'ft-ÄSft-

■ - ft.
■i-^-\':\'\' A\' : -...\'-ft : ■■ . "" . ■■ -■

-..I

t, "-•,

•-fey-

. ■ ■ »ft...- . - ■ ■ r 7; /

-VïV-ï..s

■ /c

. „a:.,

-ft-ft

■l--ft

-ocr page 121-

TAFEL XXVUL

Zu dem yorliegeuden Frontalschnitte des Thorax in der Ebene der
Schultergelenke wurde die frische Leiche eines sehr muskelstarken grossen
Mannes benutzt, der sich erhängt hatte. Die Organe zeigten ausser der
beträchtlich vergrösserten Schilddrüse normale Verhältnisse. Bei der
Lagerung des Cadavers musste besondere Rücksicht auf die oberen
Extremitäten genommen werden, da es wünschenswerth erschien, den
Humerus in der ganzen Länge zu schneiden. Zu dem Zwecke wurde
durch Unterlagen in der Gegend des Ellnbogengelenkes dafür gesorgt,
dass die Oberarme parallel zur Längsachse des Körpers blieben, wie
dies in aufrechter Stellung bei hängenden Armen der Fall ist. Ausser-
dem wurde der
Humerus beiderseits so weit nach aussen gerollt, dass
der
Sulcus intertuhercularis gerade nach vorn gerichtet ward. Nach-
dem das Cadaver in dieser Stellung fest gefroren war, wurde zunächst
der Kopf durch einen Sägeschnitt unterhalb des Kehlkopfes entfernt,
und die untere Körperhälfte in der Ebene der Brustwarzen abgenommen.
Dann erst wurde der Frontalschnitt ausgeführt und zwar in der Weise,
dass er durch die Mitte der Oberarmköpfe ging und im Schafte des
Humerus blieb.

Es muss ferner bemerkt werden, dass vor dem Gefrieren die Arterien
mit Harzmasse von der
Cruralis aus injicirt wurden. Nach der Injek-
tion wurden die unteren Extremitäten abgenommen, sonst aber nichts
vom Cadaver entfernt, um den Stand des Zwerchfells und die Krüm-
mung der Wirbelsäule nicht zu alteriren.

Die Kuppel der Lungen sind bei diesem Schnitte nicht an ihrem
höchsten Punkte getroffen worden. Es ist bekannt, dass beide
Arteriae
suhclaviae
über die Lungenkuppeln hinwegziehen und dabei eine flache
Impression an der Pleura hervorbringen, die bei der Betrachtung des
inneren Thoraxraumes als flacher Wulst hervortritt. Die Arterien über-
schreiten aber nicht die Kuppeln an ihrem höchsten Punkte. Derselbe
liegt vielmehr hinter denselben unter dem
Plexus hrachialis in der
Gegend des Köpfchens der ersten Rippe. Da nun der Schnitt nur den
Bogen der rechten
A. subclavia getroffen hat, von der linken aber
nichts berührte, sondern vor derselben verlief, so ist schon aus der Ab-
bildung ersichtlich, was auch das Präparat bei späterer Untersuchung
zeigte, dass die Lungen und Pleurahöhlen sich nach rückwärts noch
bedeutend weiter hinauf erstreckten. Die erste Rippe war an ihrem
vorderen Ende geschnitten worden. Die rechte hinter dem Ansätze des
M. scalenus anticus, die linke gerade im Ansätze dieses Muskels. Die
Lungenwurzeln liegen hinter der Schnittfläche und zwar die linke
noch weiter davon entfernt als die rechte. Dem entsprechend zeigt sich
auch auf der linken Seite der Abbildung keine Unterbrechung der
Pleuralinien, während rechts (also links vom Beschauer) die Umschlags-
stelle der Pleura in den Schnitt hineinfällt. Durch den dazu tretenden
Herzbeutel compliciren sich die Verhältnisse. Man hat zwischen
Lungen und Herz je zwei Spalten, die Spalte der Herzbeutelhöhle und
Pleurahöhle, und somit je vier Linien, die zwei Blätter des Herzbeutels
und die der Pleura. Die Ausdehnung dieser Höhlen war nicht anders
wiederzugeben, als dass die Linien des Herzbeutels und der Pleuren
stärker gezeichnet wurden als sie in der Natur sind, so dass ein Miss-
verhältniss der Zeichnung resultirt, welches bei der Betrachtung wieder
corrigirt werden muss.

Vom Herzen ist der linke Ventrikel geöffnet und ein Stück des
rechten Vorhofes zu sehen. Im Zusammenhange damit erscheint die
Vena cava superior und Ao^^ta ascendens halbirt. Die Vena cava
superior
ist in ihrer ganzen Länge freigelegt, so dass man die Eintritts-
stelle der von hinten her in sie einmündenden
Vena azygos vor sich
hat. In der Verlängerung der oberen Hohlader ist auch die mehr steil
verlaufende
Vena anonyma dextra geschnitten bis zu ihrem Ende, an
dem zwei zarte nach oben abschhessende Klappenventile zu sehen
sind. Die mehr schräg herabziehende
Vena anonyma sinistra ward mit
der vorderen Hälfte des Präparates entfernt. Nur ihr Ende an der
Einmündungsstelle der
Vena subclavia sinistra markirt sich als ein
grosses Venenlumen unmittelbar über der ersten Rippe linker Seite.

Die aufsteigende Aorta ist bis zum horizontalen Theile ihres Bogens
freigelegt, und nach Entfernung der Injektionsmasse in natürlicher Lage
abgebildet. Sie zeigt an ihrem Ursprünge die mächtigen Ausbuch-
tungen des Bulbus, hervorgebracht durch den starken Injektionsdruck
an den Semilunarklappen, von denen zwei, die eine nahezu halbirt, zu
sehen sind. Unter den Klappen, im geöffneten linken Ventrikel prä-
sentirt sich der Aortenzipfel der Mitralklappe. Die PericardiaMüssig-
keit hatte sich im oberen Theile des Herzbeutels gesammelt. Man
erkennt an der grauen Fläche, welche das angeschnittene linke Herz-
ohr oberhalb des linken Ventriliels umgibt, dass dort die beiden Blätter
des Herzbeutels nicht unbedeutend von einander abstehen, während sie
an allen übrigen Stellen direkt aneinander liegen, so dass alle anderen
Partieen der Herzbeutelhöhle nur als Spalten sich markiren. Zwischen
linkem Ventrikel und aufsteigender Aorta zeigt sich der grosse Quer-
schnitt der Pulmonalarterie, die ihrer nahezu horizontalen Lage wiegen
auch ziemlich quer geschnitten werden musste. Man blickt in ihr Lumen
von vorn nach hinten hinein und erkennt das Lumen des rechten Astes,
der scharf hinter der
Aorta umbiegt, um zur rechten Lungenwurzel zu
gelangen, während der linke Ast schräg nach aufwärts und aussen
geht, um über den linken
Bronchiis hinweg die linke Lungenwurzel
zu erreichen.

Die Lage der von der Aorta abgehenden grossen Arterien ist
durch die stark angeschwollene Schilddrüse ziemlich bedeutend alterirt.
Dieselbe hatte, wie es auch die Zeichnung wiedergiebt, die
Trachea von
beiden Seiten her comprimirt und wahrscheinlich auch den dahinter
liegenden
Oesophagus beim Schlucken gehindert. Sie lagerte sich wie
ein mächtiger Knollen in die Gabel, welche beide Carotiden mit der
Aorta bilden und bog sie auseinander. An der linken Carotis, die in
sehr grosser Ausdehimng geschlitzt wurde, ist dies noch deutlich zu
erkennen, während von der rechten
Carotis nur ein Stück vom Ursprünge
an der
Anonyma getroffen ward. Die rechte Carotis blieb also fast
vollständig in der Vorderhälfte des Präparates.

Die linksseitige A. subclavia ist auf der Abbildung nicht zu sehen.
Da sie aus dem Aortenbogen hinter der
Carotis ihren Ursprung nimmt,
so lag sie auch in dem Präparate hinter der Schnittfläche, gedeckt
durch den grossen Muskelabschnitt des
Pectoralis minor. Erst ihre
Fortsetzung, die
A. brachialis an der Innenseite des linken Armes, kam
in den Schnitt und ist zwischen den begleitenden Nerven auf der Ab-
bildung zu sehen.

Rechts dagegen (also links vom Beschauer) kann man die Fort-
setzung der
A. anonyma und Subclavia und Axillaris gut verfolgen.
Nach dem Abgange der flach abgeschnittenen
Carotis zieht sich der
Bogen der
Subclavia unter der Vena anonyma dextra über die rechte
Lungenkuppel hinauf, giebt nach vorn zu die quer abgeschnittene
Mam-
maria interna
ab, nach oben die geschlitzte Thyreoidea inferior, deren
Ende von der Schilddrüse verdeckt wird, und wendet sich dann über
die erste Rippe hinweg nach aussen, um endlich als
Axillaris hinter
der Schnittfläche des
M. coracobrachialis zu verschwinden. Auf diesem
Wege ist ein grosses Stück der vorderen Arterienwand hinweggeschnitten
worden, so dass man eine Strecke weit in das Innere des Gefässes

hineinblicken kann.

Diesem verschiedenen Verhalten der Arteriae suhclaviae auf beiden
Seiten, entsprechen auch die sie begleitenden Venen. Die rechte
Vena
subclavia ist oberhalb der 2. Rippe kurz abgeschnitten, während die
linke zwischen
M. scalenus anticus und Pectoralis minor weit geöffnet
ist. Letztere, welche mehrere kleine Venen aufnimmt, zeigt ein mäch-
tiges Kaliber, und zieht sich mit ihrer inneren Wand ein Stück weit
nach aufwärts, der an der Aussenseite der linken
Carotis herabziehen-
den
Vena jugularis entgegen, von welcher auf der rechten Seite gar
nichts zu sehen ist, da sie mit der vorderen Hälfte des Präparates voll-
ständig hin weggenommen wurde. Die
Vena subclavia der rechten Seite
liegt demnach weiter vorn als die der linken.

Der Plexus hrachialis dexter ist in seiner gesammten Länge ge-
troffen und freiliegend, während der linke noch verdeckt ist und nur
in seinen Wurzeln unter dem
M. scalenus anticus sich zeigt.

Die Theile am Halse gruppiren sich um die getroffenen Körper
des 5., 6. und 7. Halswirbels. Der Beginn der Concavität an der Brust-
wirbelsäule führte die folgenden Wirbel von der Oberfläche nach der
Tiefe und entzog sie dadurch dem Schnitte. Am unteren Ende des

-ocr page 122-

7. Wirbels legen sich die Schnittflächen des M. longus colli an und
lagern sich zwischen Knochen und Schilddrüse. Oberhalb beider Mus-
keln sieht man zu beiden Seiten der Wirbelkörper die geschlitzten
Arteriae vertebrates, von denen die linke ein bedeutend stärkeres Ka-
liber zeigt als die rechte. Hinter diesen Arterien kommen die Wurzeln
des
Plexus brachialis aus dem Spinalkanale hervor, um weiter nach
aussen das Geflecht zu bilden, welches links vollständig, rechts nur zum
Theil durch die Schnittflächen der
Scaleni bedeckt ist.

Am weitesten nach aussen und oben liegen die Abschnitte der
Sternocleido-mastoidei mit dem Streifen des Platysma; darunter beider-
seits das Lumen der
V. jugularis externa.

Von Nerven ist der Phrenicus rechts (also links vom Beschauer)
vollständig mit hin weggenommen worden, links ist er zwischen
Carotis
und Lunge zu sehen. Die kleine Arterie, welche hier in seiner Be-
gleitung herabsteigt, ist die
Mammaria interna.

T>ex Vagus dagegen ist auf der linken Seite des Präparates nur
angeschnitten worden, an der Stelle wo er vor dem Aortenbogen vor-
beizieht, um unter demselben seinen
Ramus recurrens nach aufwärts
zu senden; auf der rechten Seite dagegen ist er quer abgeschnitten, da
wo er in die Tiefe zur Lungenwurzel sich begiebt.

Die Schultergelenke sind so getroffen worden, dass die Säge
auf beiden Seiten vor der
Cavitas glenoidea herabging, somit von der
knöchernen Pfanne des Schulterblattes nichts zur Ansicht kam. Die
knöchernen Theile der Pfannen liegen hinter einer Frontalebene, welche
die Mittelpunkte der Humerusköpfe schneidet. Auf der linken Seite
des Präparates war die Schulterplattpfanne noch V2 Centimeter weit von
der Schnittfläche entfernt; auf der rechten Seite dagegen lag sie der-
selben näher, so dass der
Limbus cartilagineus mit in den Schnitt fiel.
Da der Kopf des
Humerus nach innen und hinten gerichtet ist, der
Cavitas glenoidea entgegen, und rechts also der Schnitt etwas tiefer
ging als links, so ist auch rechts das
Tuberculum majus fast voll-
ständig mit weggenommen. Man hat daselbst fast nur die Rundung
des Kopfes vor sich, während links das
Tuberculum majus als eckiger
Vorsprung sich deutlich markirt. Dem entsprechend ist ferner rechts
auch ein Stückchen vom
Acromion zu sehen, und die Kapsel des Ge-
lenks zwischen
Clavicula und Acromion freigelegt, während links der
Schnitt hart vor dem
Acromion vorbeiging und nur das Ligamentum
coraco-acromiale
traf. Bei normalen Verhältnissen ragt das Acromion
nur wenig über die Mitte des Humerus vor, so dass nach vorn zu ein
ziemlich grosser Theil des letzteren vom knöchernen Dache unbedeckt
bleibt. Der
Processus coracoideus ist beiderseits quergeschnitten und
auf der Abbildung zwischen
Caput humeri und Clavicula leicht zu
finden. Er ist hinter den Muskel ausätzen abgeschnitten. Trotzdem ist
beiderseits der
Pectoralis minor noch getroffen, und zeigt namentlich
an der linken Thoraxseite eine mächtige Schnittfläche. Diese Erschei-
nung ist nur dadurch zu erklären, dass bei der Unterstützung und Vor-
wärtshaltung der Schulter der erschlaffte Muskel sich stark faltete, so
dass er mit seinem hinteren Rand nach rückwärts ausbog.

Die stark gebogenen Schlüsselbeine sind auf beiden Seiten ver-
schieden getroffen worden. Das rechte, weiter nach vorn ragende
Schlüsselbein zeigt ausser dem Durchschnitte noch das ganze Acromial-
ende, von dem links nichts zu sehen ist. Hier legt sich die Durch-
schnittsfläche der Clavicularportion vom
M. deltoideus vor. Rechts ist
dagegen der vordere Ursprung des
Deltoideus vollständig hinwegge-
nommen worden. Nur in seiner äusseren Ausbreitung am
Humerus ist
der Muskel beiderseits gleichmässig geschnitten wordpn; ebenso erkennt
man auf beiden Seiten den zwischen ihm und der ScL ..Lerkapsel liegeoden
Schleimbeutel als gebogene schwarze Linie wiedergegeben.

Ueber die Verhältnisse der Kapsel selbst ist Folgendes zu be-
merken. Da das Schultergelenk wie alle übrigen Gelenke unter dem
Druck der äusseren Luft steht, und im Innern luftleer ist, so wird der
Arm auch durch denselben gegen die Gelenkpfar
3 angepresst, und
somit kann auch die Gelenkhöhle trotz ihrer Geräumigkeit und trotz
der Schlaffheit der Kapsel bei mittlerer Ruhestellung nur als Spalt bei
Durchschnittsdarstellungen erscheinen. Diesen Spalt erkennt man dicht
am Knorpelüberzug des Humeruskopfes. Die denselben umgebende
Bandmasse, die ihre Endigung am Halse des
Humerxis findet, ist die
durch die Sehnen der Rollmuskeln verstärkte Kapsel. Während dieselbe
am linken
Humerus wie ein starker Ring vom Tuberculum majus an
den Kopf umkreist und auf der Höhe desselben die schräg abgeschnittene

Sehne des Biceps mit einschliesst, stellt sich das Verhältniss am rechten
Schultergelenk etwas anders dar. Zunächst zeigt sich hier ein Stück
des
Limbus cartilagineus, oben mit scharfer Ecke endigend, um die
sich der Gelenkspalt ein Stück weit herumzieht. Nach aussen davon
aber präsentirt sich der abgeschnittene
M. supraspinatus, und im An-
schlüsse daran weiter nach aussen die Sehnen des
Infraspjinatus und
Teres minor so dicht mit der Kapsel verwachsen, dass keine Trennungs-
linie angegeben werden konnte. An der inneren Seite des Halses schlägt
sich die Kapsel locker um, so dass bei der Erhebung des
Humerus
die dort liegende Falte ausgeglichen wird.

Die Begrenzung der Kapsel nach der Mittellinie zu wird vom M.
subscapularis gegeben, der auf beiden Seiten getroffen ward und ziem-
lich grosse Schnittflächen zeigt. Unter ihm liegt ein Schleimbeutel, der
also hier zwischen ihm und der Kapsel zu suchen wäre. Derselbe steht
regelmässig mit der Gelenkhöhle in Verbindung, eine Communication,
die bei dem vorliegenden Durchschnitte nicht getroffen wurde. Jedoch
erkennt man am linken Schultergelenk die Aussenseite des
Subscapu-
laris
durch eine schwarze Linie scharf abgegrenzt, welche den Schleim-
beutel auf dem Durchschnitte wiedergeben soll. Die Linie läuft bogen-
förmig mit der Concavität nach aussen und geht dem Contur des Humerus-
kopfes ziemlich parallel.

Um die Geräumigkeit der Kapselhöhle zu zeigen, die am Schulter-
gelenk eine beträchtliche Entfernung des
Humerus von der Scapula
gestattet, wenn eine Flüssigkeit vorhanden ist, welche den Gelenkraum
ausfüllen kann, machte ich an mehreren frischen normalen Gelenken
Talginjectionen, die ich dann frieren liess und durchsägte. Eins dieser
Präparate liegt in der folgenden Abbildung in halber Grösse vor.

Die Abbildung zeigt das nahezu in der Mitte geschnittene rechte
Schultergelenk von hinten her betrachtet. Der
Humerus befindet sich
in halb erhobener und etwas einwärtsgerollter Stellung, die er in Folge
des starken Injectionsdruckes angenommen hatte, die also der grössten
Capacität seiner Gelenkhöhle entspricht. Die Injection war von der
Fossa supraspinata durch die Cavitas glenoidea vorgenommen und der
Oberarm vorher an seinem unteren Ende amputirt worden, um nicht
durch seine Schwere die Bewegung im Gelenke zu hindern. Es zeigte
sich, dass die grösste Entfernung des Humeruskopfes von der Pfanne
etwas über 1 Centimeter betrug. Es kann also auch bei Entzündungen,
die mit Erguss in die Gelenkhöhle verbunden sind, eine nicht unbe-
deutende Verlängerung der Extremität zu Stande kommen.

Um die Verhältnisse des Herzens vollständiger zur Anschauung
zu bringen, wäre es wünschenswerth gewesen, die Schnittfläche noch
weiter nach abwärts zu verlängern als dies bei diesem Präparate mög-
hch war. Nach Vollendung der Abbildung habe ich deshalb auch eine
Reihe von Präparaten angefertigt, welche diesem Mangel abhelfen sollten.
Leider lässt sich aber keins von diesen Präparaten dazu benutzen, die
vorliegende Abbildung nach abwärts zu ergänzen. Man trifft bei ver-
schiedenen Cadavern nie so vollkommen gleiche Verhältnisse, dass sich
eine Schnittfläche aus der andern ergänzen liesse. Auch die Benutzung
der
Pirogofückan Abbildungen, sowie der von Henle (Eingeweidelehre,
p. 547. Fig. 420)
gegebene Frontalschnitt, waren zu diesem Zwecke
nicht zu gebrauchen.

-ocr page 123-

II ] V\'il f\'pTfW\'^ff? «« limatum

olecraiion

W. Braime praep.
umpt Veit ("onip.lApsiae.

lE.A.Tunlce. imp..lipsiae.

C-SchniLedel ai nat.in laiiid. dehii,

-ocr page 124-

t

f\'

r - .f. \' \'-i -./ ..

■.■■•y.

■ y

H

■4>

^ ■■ :

■ " A--: ^ ■ ; \'

te.

\'"\'\'if \'

V

^ "\'iiiiiiiÉiii SI-,,

I--

if

-i-i. <


«I

\'Si

/

■ -U, V

? \' \' -

v

in

. . i - V .. .. ■ -V-\'i\' «i

-ocr page 125-

TAFEL XXIX.

Die auf dieser Tafel abgebildeten Längsscbnitte durch das Ellen-
bogengelenk und die Hand wurden an der rechten oberen Extremität
eines normalen, jugendlichen weiblichen Cadavers ausgeführt, ohne vor-
herige Injection der Arterien, und ohne irgend welche Fixirung der Ge-
lenke. Es wurden weder Flüssigkeiten in die Gelenkhöhlen eingespritzt,
noch den Gliedern eine bestimmte Stellung aufgezwungen. Sie wurden
in der Lage, die sie gerade hatten, zum Gefrieren gebracht und da-
rauf durchsägt.

Figur I.

Man hat in dieser Abbildung das nahezu sagittal geschnittene rechte
Ellenbogengelenk vor sich, von der Radialseite aus betrachtet. Die
Säge hat den
Humerus nahezu halbirt, von der Ulna dagegen nur ein
Stück ihrer radialen Seite hinweggenoinmen. Da der Vorderarm leicht
gebeugt und in halber Pronation lag, so ist auch der
Radius in seiner
Länge getroffen worden, und zwar so, dass vom Köpfchen nur ein
kleiner Abschnitt seiner Ulnarseite übrig blieb. Weiter nach abwärts
ward Hals und Schaft schief geschnitten, und zuletzt noch die Mark-
höhle theilweise geöffnet. In Folge der Pronation lag der
Radius nicht
mehr parallel neben der
Ulna, sondern kreuzte sich mit derselben, und
war mit dem unteren Ende nach vorn gerichtet.

Die Gelenkhöhle des Ellenbogengelenks ist in ihrer Ausbreitung
auf Streck- und Beugeseite des
Himerus gut zu übersehen. Die Fal-
tung der Kapsel in der
Fossa supratrochlearis posterior entspricht dem
geringen Grade der Beugung. Bei weiter gehender Beugung würde sich
dieselbe ausgleichen und dafür eine Faltung auf der vorderen Seite ein-
treten müssen. Die Gruben oberhalb der
Trochlea werden bei dem
Ende der Beugung und Streckung abwechselnd vom
Olecranon und
Processus coronoideus ausgefüllt, die gefaltete Kapsel aber vorher von
einigen Bündeln der diese Bewegungen ausführenden Muskeln,
Brachialis
internus
und Triceps, weggezogen, so dass dadurch eine Quetschung
vermieden wird.

Von den Beugemuskeln des Vorderarms sind die Insertionen nicht
zu sehen. Der
Brachialis internus, welcher dicht auf der Kapsel des
Ellen bogen gelenkes aufliegt, ist der Länge nach geschnitten, wie auch
die Linien andeuten, welche den Faserverlauf wiedergeben. Sein An-
satz an die
Tuberositas ulnae liegt in der Tiefe unter der Schnittfläche
und entzieht sich dadurch der Betrachtung. Ebenso erscheint der
darüber liegende
Biceps, mit ähnlichem Faserverlaufe, glatt abgeschnitten.
Es ist aber nur seine laterale Hälfte hinweggenommen worden. Seine
Endsehne zog sich in der Tiefe hinter den
Radius und konnte durch
Präparation bis zur
Tuberositas radii noch nachträglich freigelegt
werden. Die Sehnenmasse, welche zwischen oberem Ende des
Radius
und Ulna auf der Zeichnung zu sehen ist, bildete einen Theil der
Bicepssehne. Ein anderer Theil davon gehörte dem
Ligamentum cubiti
teres
an, welches den Hemmungsapparat für übermässige Supination
bildet, und bei der Pronation im erschlafften Zustande sich befand und
dadurch eine grössere Breite einnahm. Der
Triceps auf der Rückseite
des
Humerus zeigt seinen vollen Zusammenhang mit Olecranon und
Ulna. An der Vorderseite des Radius liegt der Sicpinator brevis,
weiter davor die Abschnitte des Supinator longus und Extensor carpi
radialis longus,
deren Köpfe mit Entfernung des Condylus extensorius
hinweggenommen worden sind. Von Gefässen und Nerven ist auf dieser
Abbildung nichts zu sehen, als ein schräg abgeschnittenes Venenlumen,
der
Vena mediano-cephalica angehörig, und der ziemlich quer abge-
schnittene
Nervus radialis unter dem M. supinator longus. Die Haupt-
arterie mit den begleitenden Venen nebst
Nervus medianus, welche
auf der inneren Seite des Oberarms herabziehen und erst in der
Plica
cubiti
zur Mitte des Vorderarms abbiegen, blieben in den Weichtheilen
unter der Schnittfläche verborgen.

Schnitte in dieser Richtung wie der vorliegende geführt, gelingen
in dieser Vollständigkeit nur selten und sind für den Anfang der Be-
trachtung nicht leicht zu verstehen, da bei der vollständigen Supination
mit Parallelstellung der Vorderarmknochen, von der man bei der Be-
schreibung meist ausgeht,
Radius und Ulna nicht hintereinander son-
dern frontal nebeneinander zu liegen kommen. Ich habe aber gerade
die vorliegende Haltung des Armes für den Schnitt ausgewählt, weil
es die gewöhnliche Haltung des Vorderarmes ist, bei der der
Radius
fast in seiner gesammten Länge sich vor die Ulna stellt. Eine fast
gleiche Abbildung wie die vorliegende findet sich in
Pirogoff\'s Atlas,
Fasc. 4. B. Tafel 4. Fig. 7.

Die frontalen Schnitte des Ellenbogengelenkes können nur dann
verständliche und nutzbringende Abbildungen liefern, w^enn der Vorder-
arm vollständig gestreckt und supinirt gestellt, ausserdem aber in dieser
Haltung bis zur Erhärtung gewaltsam festgehalten wird. Man findet
dann
Radius und Ulna bei glücklicher Schnittführung in ganzer Länge
halbirt, und im Zusammenhange mit dem
Humerus, der freilich bei
beträchtlicher Tiefe der oberhalb des Gelenks liegenden Gruben sehr
bizarre Bilder geben kann. Vortreffliche Bilder über diese Verhältnisse
enthält der Atlas von
Pirogoff in reicher Auswahl, ebenso wie der
Atlas von
Volz, so dass es nicht nothwendig erschien die Zahl der-
selben noch zu vermehren.

Das Ellenbogengelenk, welches von mehreren üntersuchern für
ein Schraubengelenk erklärt worden ist, zeigt nach meinen und meines
Assistenten Herrn Dr.
Fischers Untersuchungen (Abhandhingen der
Oesellschaft der Wissenschaften zu Leipzig 1887)
nicht die Eigenschaften
einer Schraube. Es findet keine seitliche A^\'erschiebung des bewegten
Theiles bei Ausführung der Beugung und Streckung statt. Dagegen
schwankt die Flexionsachse bei den Gelenkbeugungen, und es wird da-
durch ein Druck auf den
Radius ausgeübt, so dass er wie eine Schiene
hin und her bewegt wird. Diese Bewegung, die beim menschlichen
Körper ohne jede mechanische Bedeutung ist, gewännt ihren Werth bei
der vorderen Extremität der Vögel. Hier wird durch die Bewegungen
im Ellenbogengelenk durch den
Radius zugleich eine Bew^egung im
Handgelenke eingeleitet, welche das Ausspannen und Zusammenlegen
des Flügels nicht unwesentlich erleichtert.

Figur II.

In dieser Figur liegt ein Sagittalschnitt durch den rechten Unter-
arm, Hand und dritten Finger vor, an demselben Arme gemacht, von
dem das Bild in Fig. I stammt. Die Abbildung ist so gehalten, dass
man von der Ulnarseite aus auf das Präparat blickt. Der
Radius ist
in seiner ganzen Länge getroffen. An seine Gelenkfläche schliesst sich
das
Os lunatum an, darauf folgt das Os capitatum in Verbindung mit
dem dritten Metacarpalknochen. Auf diesem liegt die Schnittfläche der
ersten Phalanx und ein Theil der zweiten. Die dritte Phalanx ist gar
nicht getroffen worden, da die Säge bereits unter dem Köpfchen der
zweiten Phalanx austrat, so dass das letzte Fingerglied intakt auf der
Zeichnung zum Vorschein kommt. Die Gelenke sind nicht besonders
für den Durchschnitt vorbereitet worden. Sie stehen an der Hand im
Zustand der Streckung, d. h. zwischen Volar- und Dorsalflexion, wäh-
rend die Finger im Zustand der Beugung zum Frieren gebracht und
geschnitten wurden. Dieser gekrümmten Lage der Finger entsprechend
erscheint auch die fettarme Haut auf der Streckseite glatt gezogen,
während die fettreiche Volarseite derselben dicke Wülste bildet, welche
die angehefteten Stellen als tiefe Furchen einschliessen. Dass diese

-ocr page 126-

G6

Furclien, welche auch bei der Ausgleichung der Wülste als quere
Linien sichtbar sind, nicht den Gelenkspalten an allen Stellen ent-
sprechen, ist sofort ersichtlich. Die Furche an der Volarseite der Finger-
wurzel liegt beträchtlich weiter nach abwärts als das dazu gehörige
Metacarpophalangalgelenk, ebenso überragt die zweite Furche, wenn
auch nicht so bedeutend, das Gelenk zwischen erster und zweiter Pha-
lanx. Man wird daher bei der Exartikulation der Finger von der Volar-
seite aus nicht das Gelenk treffen, wenn man direkt auf diese Furchen
einschneidet. Man wird überhaupt die Fingergelenke sicherer erreichen,
wenn man von der Streckseite aus eingeht und bei schwacher Beugung
des Fingers ein Stück unter der Hervorragung, welche das Köpfchen
der nächst höheren Phalanx bildet, den Schnitt führt.

Entsprechend der beträchtlichen Ausdehnung des Knorpelüberzuges
nach der Volarseite hin, erstreckt sich auch die Kapselhöhle an der
Volarseite weiter nach aufwärts als an der Streckseite. Die Kapsel selbst
ist auch daselbst ziemlich bedeutend verstärkt durch die Sehnenrollen,
Ligamenta glenoidalia, welche die beiden Ligamenta lateralia mit
einander vereinigen und einer übermässigen Streckung der Finger Wider-
stand leisten. Unmittelbar darauf, nur durch Schleimbeutel davon ge-
trennt, liegen die Sehnen der Fingerbeuger, von denen der oberflächliche
an der ersten Phalanx unter die Schnittfläche tritt, um sich zur zweiten
Phalanx zu begeben, während die Sehne des tiefen Beugers hart an
der zweiten Phalanx hinzieht, um bis zur Endphalanx zu gehen.
Nach aufwärts lassen sich die Sehnen beider Muskeln unter der Schnitt-
fläche des
Ligamentum earpi volare proprium hinweg bis in ihre
Fleischmassen gut verfolgen. Sie bilden hier die Hauptmasse des
Muskelfleisches, welches an Stärke die der Streckmuskeln um ziemlich
das Doppelte übertrifft.

Die Zahl der Schnitte, welche an der Hand mit Nutzen ausgeführt
werden können, möchte man beinahe unendlich nennen, da bei jeder
Veränderung der Stellung neue und interessante Bilder zum Vorschein
kommen. Ganz besonders gilt dies für die Regionen des Daumens, wo
Schnitte ausserordentlich gut geeignet sind, die für die Luxationen so
wichtigen Gelenkverhältnisse klar zu stellen. Leider gestattete es der
Raum nicht, noch mehr Abbildungen zu geben und ich muss deshalb
auf den Atlas von
Pirogoff verweisen, wo Fasc. LV. B. Tah. 5 u. 6
sehr schöne Frontalschnitte der Hand bietet, und Fasc. LV. Ä. Tah. 4
%i. 5
durch Sagittalschnitte die Anatomie des normalen und luxirten
Daumens in ausgezeichneter Weise illustrirt.

Da der Radius mit der daran befestigten Hand seine Bewegungen
um die
Ulna so ausführen kann, dass wir bei jeder Beugestellung des
Vorderarmes im Ellenbogengelenk die Hand um beinahe 180° drehen
können, so dass sich die
Vota beliebig nach vorn und rückwärts stellen
lässt, kann das
Ligamentum laterale externum des Ellenbogengelenkes
nicht an den
Radius gehen; er würde sonst flxirt w^erden. Es setzt
sich dasselbe gegenüber dem
Ligamentum laterale internum ebenfalls
an die
Ulna an, hat aber einen Schlitz durch den der Raditis hindurch-
gesteckt bis in die Höhle des Centraigelenkes hineinreicht. Das
Lig.
annulare radii
ist demnach nicht eine selbstständige Bildung, sondern
hängt "innig und untrennbar mit dem
Lig. laterale extermim zusammen,
dessen Schlitz durch eine Anzahl Bogenfasern abgerundet wird.

Verwächst der Radius mit der Ulna, wie es nach Amputationen
des Vorderarmes die Regel ist, so wird dadurch jede Rotation um die
Ulna aufgehoben und eine Reihe von Veränderungen in den Gele^jken
hervorgerufen, deren hauptsächlichste darin besteht, dass das
Lig. laterale
externum
schliesslich mit dem Radius verwächst, an demselben inserirt
als ob derselbe ein Fortsatz, ein Theil der
Ulna wäre, was er in Folge
seiner Verwachsung mit der
Ulna functionell auch wirklich geworden ist.

-ocr page 127-

R^.I.

Fié-1

su hraeh.nt.

h u

U.s

n. radiali-

m

un.

■M\'iat iTi la.T)id dfùiri

Il,\' \'iîip

-ocr page 128-

w

In

\\¥ ■

iiïf

- — -\' --^ v.\'* - \'

• ^

<

- •■-"-■■•V\'S;

\'-1\'

r ■

Mt\'^\'\'

^ t " l -1.

^ ^ c

* \'t.\' y _ i-\'j.j!_

s

X

- V,\'

E\\

•Î.-J

%

J

I-

a

-ocr page 129-

TAFEL XXX.

Die Reihe der Querschnitte, welche auf dieser und der folgenden
Tafel abgebildet sind, wurde an dem linken Arm eines etwa 40jährigen,
äusserst muskelkräftigen Mannes gemacht, desselben, von dem auch der
Frontalschnitt des
Thorax und der Schultergelenke auf Taf XXVIII
stammt. Die Arterien waren vor dem Gefrieren des Körpers gut injicirt
worden. Der Arm selbst blieb in der Haltung wie sie am Leichnam
vorlag, nämlich in schwacher Beugung und Pronation. Um an den
einzelnen Scheiben Orientirungspunkte zu haben, ward vorher eine
Linie gezogen, welche von der Mitte des
Biceps über die Höhe des
M. siipinator longus herab zum Daumen verlief. Nach dieser Linie
wurden die einzelnen Scheiben gerichtet, so dass diese Marke an jeder
Scheibe und jeder Figur den obersten Punkt bildete. Demgemäss findet
sich an den Abbildungen des Unterarms der
Radius über der ülna
stehend, rechts von beiden Knochen der Beugeseite, links davon die
Streckseite. Die Bezeichnungen rechts und links gelten hierbei für den
Beschauer. Ohne eine solche Orientirung hat man an den Schnitten
des Vorderarms grosse Schwierigkeit sich in den einzelnen Muskelab-
schnitten zurecht zu finden.

Figur I.

Der hier vorliegende Schnitt ging durch die Mitte des Ober-
arms. Man blickt von oben nach abwärts gleichsam in den eigenen
linken Arm hinein. Bei der Symmetrie beider Extremitäten hat man
aber auch die Fläche des Amputationsstumpfes eines rechten Armes
vor sich, wie schon oben bei Besprechung der unteren Extremität er-
wähnt worden ist. Der Schnitt ist unter dem Ansätze des
M. deltoideus
geführt; M. hiceps und M. triceps nehmen die Hauptfelder ein. Auf der
Vorderseite des Knochens liegen ausserdem noch Theile vom
Brachialis
internus
und Coraco-hrachialis. Auf der medialen Seite, also rechts
vom Beschauer, liegen zwischen Beuge- und Streckmuskeln die grossen
Gefässe und Nerven. Nur der
N. radialis hat sich bereits auf seinem
Spiralgange an die hintere Seite des
Humerus begeben, begleitet von
der
Arteria profunda. Diese Lage des Nerven bedingt es, dass Stösse
oder Schläge von hinten her kommend, ihn so stark gegen den Knochen
quetschen können, dass eine Lähmung die Folge davon ist.

Die Scheidung der Musculatur der Beuge- und Streckseite ist
bereits in dieser Höhe des Oberarms soweit eingleitet, dass die
Liga-
menta intermuscularia
sich in eine frontale Ebene eingestellt haben.
Das Verständniss der einzelnen Muskelgruppen wird dadurch so sehr
erleichtert, dass die Schnitte dieser Gegend kaum noch einer weiteren
Erläuterung bedürfen.

An dieser Stelle, ebenso wie weiter unten, lässt sich die Arterie
leicht comprimiren, da der Knochen eine feste Unterlage abgiebt, gegen
die das Gefäss leicht angedrückt werden kann. Will man ein Tour-
niquet anlegen, um einen weiteren Transport des Kranken zu ermöglichen,
so empfiehlt sich hier die Benutzung des Foefcs\'schen Knüppel-
tourniquets, welches einen Theil der Venen unberührt lässt und des-
halb nicht so beträchtliche Gefässstauungen veranlasst wie der schnürende
Gurt eines gewöhnhchen Tourniquets. Zwei Stäbe, z. B. Trommelstöcke,
werden parallel zu einander und rechtwinklig zur Längsachse des
Humerus
an beiden Seiten angelegt und durch feste Schnürung mit einander ver-
bunden. Der äussere Stab, der am Deltoideusansatze direkt auf dem
Knochen zu liegen kommt, giebt den Gegendruck, der hier keine nennens-
werthen Gefässe oder Nerven trilft.

Figur n.

In dieser Figur liegt ein Querschnitt des linken Oberarms
in der Mitte des unteren Drittels vor. Die Beuge- und Streck-
muskeln haben sich auf beide Seiten des
Htimerus so gelagert, dass
rechts und links die
Ligamenta intermuscularia in dieser Gegend noch
viel deutlicher als bei dem vorhergehenden Schnitte eine Grenzscheide
abgeben. Im
Ligamentum intermusculare externum liegt der N. radialis,
der seine halbe Umkreisung des Htimerus vollendet hat, und hinter
ihm der Anfang des
M. supinator longus. Auf der inneren Seite hat
sich der
Nervus ulnaris bereits von dem grossen Gefäss- und Nerven-
bündel abgesondert. Die
A. brachialis befindet sich am inneren Rande
des
Biceps, bedeckt vom N. medianus und den begleitenden Venen.
So leicht ihre Lage zu bestimmen und ihre Compression auszuführen
ist, so grosse Schwierigkeiten kann ihre Isolirung und Unterbindung
geben, wenn dabei nicht die richtige Methode eingeschlagen wird. Man
darf nicht, wie schon die Abbildung an sich lehrt, direkt auf das Ge-
fäss einschneiden, man würde sonst durch Nerv und Venen, die gerade
hier oft vielfache Anastomosen zeigen, sehr gehindert werden, uud, wie
die Erfahrung gezeigt hat, leicht die Arterie verfehlen können. Man
muss vielmehr auf den
Biceps selbst eingehen, ein Stück nach vorwärts
von den Gefässen, und dann seine Scheide von innen her einschneiden,
wodurch man direkt auf die Arterie gelangt.

Die Entfernung der Arterie vom Knochen wird durch die Ent-
wickelung des
Brachialis internus bedingt. Mit seiner hier beträchtlich
stärker gewordenen Masse hängt es daher zusammen, dass das Gefäss
auf dieser Abbildung weiter vom Knochen absteht als auf den Abbil-
dungen der höher oben angelegten Querschnitte. Man vergleiche Figur I
dieser Tafel, sowie die Tafeln XI und XH.

Im vorliegenden Falle zeigte der Humerus keinen Processus snpra-
condyloideus.
Dieser Fortsatz, welcher wie ein Rest des Knochenringes
aussieht, der bei manchen Thieren z. B. bei den Katzen regelmässig
vorhanden ist, darf nicht mit der pathologischen Bildung eines
Osteo-
phyten
verwechselt werden. Bei uns zu Lande scheint er seltener vor-
zukommen als anderwärts. Wenigstens war es mir auffällig, dass Herr
Struthers in Aberdeen eine sehr reiche Serie dieser Bildung besitzt,
während ich bei dem sehr reichlichen Material, und trotz emsigen
Suchens bis jetzt nur zwei Fälle davon habe ausfindig machen können.

Figur III.

Der Schnitt auf dieser Figur geht durch den Processus
cubitalis
des Humerus und das Olecranon. Man hat links den
Anfang der
Rotula mit dem Ende des Epicondylus lateralis-, rechts
die
Trochlea mit dem weit vorspringenden Epicondylus niedialis. Hinten
liegt das weit nach aufwärts greifende
Olecranon in der Fossa supra-
trochlearis posterior.
Die Ausbreitung der Gelenkhöhle und Kapsel ist
durch eine dunkle Linie wiedergegeben. Hinter dem
Olecranon liegt
ein grosser Schleimbeutel, zwischen der Haut und dem sehnigen An-
satz des
Triceps. Rechts davon, in der Furche zwischen Olecranon und
Epicondylus medialis, der Nervus tdnaris. Links vom Olecranon der
spärliche
31. anconaeus quartus. Die Muskeln des Oberarms sind in
ihrer Flächenausdehnung sehr reducirt, da sie sich ihren Ansatzpunkten
sehr nahe befinden. Dafür treten die Köpfe der Flexoren und Exten-
soren der Hand und Finger,
Pronator teres und Supinator longus auf,
von denen die letzteren in Folge ihres höheren Ursprunges am
Humerus
auch stärker entwickelt sind. Man hat somit nur auf der Vorderseite
des Skeletes Muskelmassen vor sich, auf der Rückseite nur Bandmassen
und sehnige Theile, welche das Relief der Knochen deutlich hervortreten
lassen. Dieses Verhältniss der Muskelmassen, sowie die Lage der Ge-
fässe auf dem Muskelbauche des
Brachialis internus macht es selbst
dem Anfänger sofort klar, dass alle Schnitte, welche in das Gelenk hinein-
führen sollen, auf der Streckseite anzubringen sind; dass man hier ein-
gehen kann, ohne Gefahr einer grösseren Blutung und nur auf den
Nervus ulnaris Rücksicht zu nehmen hat.

-ocr page 130-

Der Nervus ulnaris lässt sich übrigens bei den Eesektionen des
Ellenbogengelenkes leicht vermeiden. Hat man den Längsschnitt hart
am
Olecranon gemacht, und geht man nun mit Schnitten die immer
hart bis auf den Knochen gehen, nach der medialen Seite hin vorwärts,
so lassen sich mit der Haut sämmtliche Weichtheile und mit ihnen
auch der Nerv so um die Prominenz des medialen
Epicondylus herum-
legen, dass man den Nerven gar nicht zu Gesicht bekommt. Der Nerv
ist übrigens an dieser Stelle so beweghch, dass er bei vielen Individuen
schon bei einfacher Beugung deutlich fühlbar aus seiner Knochenrinne
herausrückt und über den
Epicondylus sich hinüberlegt.

Figur IV.

Der hier vorliegende Durchschnitt geht durch den Unter-
arm in der Höhe des Köpfchens vom
Radius, dessen kreisrunde
Circumferenz mit dem
Ligamenhim annulare gut sichtbar ist, und durch
das obere Ende der
ülna, welche mit der Fossa sigmoidea minor dicht
an dem
Radius anliegt. Der Brachialis internus ist zum grossen Theile
bereits sehnig und an die
ülna noch jenseits ihrer Tuberosität breit
angeheftet. Die Sehne des
Biceps ist der Tuberositas radii, welche
unter der Schnittfläche liegt, nahe gerückt, auch der Schleimbeutel in
der Nähe der Insertion durch die schwarze Linie angedeutet. Die
Ar-
teria brachialis
liegt in der Mitte, vor dem Gelenke, eingeschlossen
von den Köpfen der Flexoren und Extensoren. Ihre Theilung in
Ra-
dialis
und Ulnaris ist bereits sichtbar. Vor derselben liegt die Com-
munication der oberflächlichen Venen mit den tiefen, wodurch der Ader-
lass an dieser Stelle so ergiebig wird, wenn Contractionen der die tiefen

Venen umgebenden Muskeln eingeleitet werden. Es ist auf Durch-
schnitten nicht möglich diese Verhältnisse genau klarzulegen. Es mag
aber hierbei erwähnt werden, dass das System der
Vena mediana nicht
nur die Venenstämme der
Cephalica und Basilica mit einander ver-
bindet, sondern auch mit den tiefen Begleitvenen der
Arteria radialis
und ulnaris in Communication setzt. Der sehr unregelmässig ausge-
bildete und meist nur schwache Venenstamm, der in der Mitte der
Beugeseite des Vorderarms von der Handfläche nach der
Plica cuhiti
heraufzieht, verdient keine besondere Bezeichnung, da er keine grössere
Bedeutung besitzt, als die Stämme, welche oft neben
Basilica und Ce-
phalica
in der ganzen Länge des Vorderarms heraufziehen. Es ist des-
halb wünschenswerth mit den Namen
Vena mediana nur den Stamm
zu bezeichnen, welcher nach der Tiefe führt und von
Arnold Vena me-
diana profunda
genannt wurde, und die queren Verbindungsäste zwi-
schen
Cephalica und Basilica als Vena mediano-cephalica und mediano-
basilica
davon abzuzweigen.

Die Masse der Flexoren ist schon in dieser Höhe stärker entwickelt
als auf dem vorhergehenden Durchschnitt. Sie überwiegen die der Ex-
tensoren, was auf den tieferen Durchschnitten des Vorderarmes noch

deutlicher werden wird.

Bei- der Beugung des Vorderarmes faltet sich die Arteria ctibitalis
an dieser Stelle sehr beträchtlich und wird bei zunehmender Beugung
so zwischen die Muskelmassen zusammengestreckt, dass die Lichtung
des Gefässes vöUig geschlossen wird. Man hat also hier in der spitz-
winkeligen Beugung im Ellenbogengelenk ein Mittel an der Hand, um
Blutungen im Gebiete des Vorderarmes mit Erfolg zu bekämpfen.

-ocr page 131-

m

ri\'*

fig.n

\'A,.

"\'■o.,.,^ V .-•\'Ji

■ce.

VV, 1)1\';) 1)11 0 ()ra(^f).
Siitn|)i \\Vil ^v Coinp. Li|).si,■-](\'.

I\'. SelliiiiiMJcl arl iw.il.in l;i pid dnliti-

E.A.Tmite,

jiae.

-ocr page 132-

"\'oo-r

<74

^ ^ ^^ • f . . . > T,

y

f -

\'y

A

\'V

i

" "■it.

:

%

vi

f-

3? > \'

- <■ , \'\' » Î fei

» JpH .

m

Äs;

^fM

m

\'kt- \'

ii

Hi

-ocr page 133- -ocr page 134-

N, 1!