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DIE LAGE

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DES MENSCHEN

VON

HUBERT TON LUSCHKA

0. Ö. PROFESSOR DER ANATOMIE UND DIRECTOR DER ANAT. ANSTALT IN TÜBINGEN.

MIT FÜNF TAFELN.

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DIE LAGE

DER

BAUCH-ORGANE

DES MENSCHEN

VON

HUBEET VON LUSCHKA,

O. 0. J\'BOFESSOK DER ANATOMIE UND DIRECTOR DER ANAT. ANSTALT IN TÜBINGEN.

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MIT FÜNF TAFELN.

OARLSRUHE, 1873.

VERLAG DER CHR. FR. MÜLLER\'SCHEN HOFBÜCHHANDLUKG.

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Einleitung . ..........

I. Die Lage der Eingeweide des Bauches im Allgemeinen

A. Die Regio abdomiualis propria .....

a. Die vordere Gregend des eigeutliciien Bauches
]. Das Epigastrium.......

2. Die ßegio umbilicalis \'.....

3. Das Hypogastrium ......

b. Die seitlichen Gegenden des eigentlichen Bauches

c. Die hintere Gegend des eigentlichen Bauches
ci. Die Regio liimbalis inedialis
ß. Die Regio lumbalis lateralis

B. Die Regio thoi-acico-abdominalis
]• Das Hypochondrium dextrum

Das Hypochondrium sinistrum

C. Die Regio pelvino-abdominalis .
n. Die Lage der Eingeweide des Bauches im Einzelnen

1. Der Magen ......

a. Der Axriang des Magens

b. Das Ende des Magens

c. Die verschiedenen Seiten des Magens

Inhalt.

Seite

Seite

1

2.

Der Darmkanal . . . . . . . .

18

2

a. Der dünne Darm .......

18

2

a. Das Intestinum pancreatico-biliosum

19

2

ß. Der Krummdarm ......

21

3

b. Der Dickdarm ........

21

4

cr. Der Blinddarm mit dem Wurmfortsätze .

22

ß. Der Grimmdamx . . . . . .

23

5

y. Die Flexnra iiiaca s. sigmoidea

23

6

ö. Das Intestinum egestivnm ....

24

6

0.

Die Leber und die extraparenchymatösen Gallenwege .

25

7

a. Die Leber an sich . . .

25

8

b. Die extrapareuchymatösen Gallenwege

26

9

4.

Die Milz..........

28

10

5.

Die Bauchspeicheldrüse . , . . ,

30

11

6.

Die Nebennieren ........

31

12

7.

Der Harnapparat .......

31

13

a. Die Nieren . .......

31

14

b. Die Harnleiter .......

32

16

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32

17

III.

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Einleitung.

Ein früheres, der Lage der Brustorgane gewidmetes Werk hat
sich ausschliesshch auf den Inhalt des Cavum thoracis bezogen. So sehr
nun auch jene Arbeit eine Lücke in der Literatur ausgefüllt und einem
Bedürfnisse der praktischen Heilkunde entsprochen zu haben scheint, kann
man sich doch nicht verhehlen, dass die Beschränkung unserer dortigen
Angaben lediglich nur auf die im Brustraume enthaltenen Organe einen
entschiedenen Nachtheil im Gefolge hatte. Indem wir das gegenseitige
Verhältniss zwischen den Brustorganen und den Eingeweiden der Ober-
bauchgegend ausser Acht Hessen, mussten nothwendig werthvolle An-
haltspunkte und Aufschlüsse sowohl in Betreff der physikalischen Dia-
gnostik, als auch der Lehre von den, namentlich für die forensische
Praxis so wichtigen, penetrirenden Wunden der Brust und des Bauches
unberücksichtiget bleiben.

Mcht blos diesem mit Recht beklagten Übelstande soll das vor-
liegende Werk abhelfen, sondern auch noch die weitere Aufgabe lösen:
die naturgemässe Lage der Eingeweide des Bauches in ihrer Gesammt-
heit zum Verständnisse zu bringen. Da wir bei dem gegenwärtigen Unter-
nehmen den ganz speziellen Zweck im Auge hatten, dem klinischen
Unterrichte ein Mittel darzubieten, welches jeden Augenblick leicht in
den Stand setzen soll, die normale Lage der Eingeweide des Bauches
und ihr Verhältniss zu jenen des Thorax zu demonstriren, musste selbst-
verständlich auf die bildliche Darstellung das Hauptgewicht gelegt u^nd
alles Übrige nur als erläuternde Zugabe angesehen werden. Trotz mehr-
facher Inconvenienzen hielten wir es zur vollen ßealisirung unserer Ab-
sicht doch für unvermeidlich, die hiezu erforderlichen Figuren in Le-
bensgrösse darzustellen. Dies geschah nicht allein deshalb, damit die
Details der Tafeln während der Lehrvorträge auch auf eine weitere
Entfernung kenntlich seien, sondern auch um, wenn es beliebt wird,
die Möglichkeit zu gewähren, auf die vorher gefirnissten und aufgezo-
genen Tafeln mit Hilfe farbiger, leicht wieder abwischbarer Kreide Um-
risse anomaler Form- Grössen- und Lagerungsverhältnisse der Eingeweide,
oder auch etwa wünschenswerthe Ergänzungen wie z. B. den Umriss
des Herzens a^nbringen zu können.

Nachdem wir schon bei mehreren Gelegenheiten auf die verschie-
denen theils sich ergänzenden, theils controlirenden Methoden hinge-
wiesen haben, deren man benöthigt ist, um die den Verhältnissen
während des Lebens annähernd entsprechende Lage der Eingeweide zu
ermitteln, wird man es wohl ermessen können, mit welchen Schwierig-
keiten es verknüpft sein musste und nach wie mannigfachen Vorarbeiten
es erst möglich gewesen ist, die ersten drei Tafeln in der vorliegenden
Abrundung und Vollständigkeit herzustellen. Obschon wir es im In-
teresse einer erschöpfenden Darlegung namentlich des in so vieler Be-
ziehung praktisch wichtigen gegenseitigen Verhältnisses zwischen den
Organen der Brust und des Raumes der Oberbauchgegend nicht unter-
lassen haben, auf den beiden letzten Tafeln die Lagerungsverhältnisse der
hier in spezielle Betrachtung kommenden Theile auch an Durchschnitten
gefrorener Leichen zur Ansicht zu bringen, so glauben wir doch, dass
solche Durchschnitte allein für die Zwecke des Unterrichtes zumal in
der physikalischen Diagnostik nicht ausreichen können. Sie vermögen
zwar über den engen Anschluss der einzelnen Organe an einander und
über ihre gegenseitigen Beziehungen eine durch nichts zu ersetzende
Aufklärung zu geben, eine volle Einsicht in die Verhältnisse eines ganzen
Organes ist aber mittelst derselben doch nur dadurch erreichbar, dass
in verschiedenen Ebenen gemachte Durchschnitte in der Vorstellnng wieder
unter sich verbunden werden.

Wenn es dadurch allerdings gelingt, sieh schliesshch über die Lage
eines Eingeweides Rechenschaft abzulegen, so mussten unsere dermaligen
Bemühungen doch weiter gehen, nämlich jener Vorstellung einen con-
creten plastischen Ausdruck geben. Ohne alle Frage sollen die Ein-
geweide der grossen Höhlen für die meisten Bedürfnisse der praktischen
Heilkunde jeweils in ihrer Gesammtheit und zwar nicht blos nach
dem gegenseitigen Verhältnisse, sondern auch nach ihren Beziehungen
zur Aussenseite des Leibes, namenthch zu den durch sie hindurch mehr
oder weniger leicht tastbaren Bestandtheilen des Skeletes zu einer so
klaren Ansicht gebracht werden, als ob der Körper durchsichtig sei.

Indem wir an den beigegebenen ersten drei Tafeln das Skelet so-
wie die Umrisse des Leibes zu Grunde gelegt haben, wird es ohne Zweifel
leicht sein, bei der von verschiedenen Seiten des Körpers aus gewährten
Einsicht in die Lage seiner Eingeweide sich am lebenden Menschen zu
Orientiren. Allerdings darf es aber nicht unerwähnt bleiben, dass noch
innerhalb des Breitegrades der Normalität allerlei individuelle Verschie-
denheiten vorkommen, sowie Schwankungen obwalten, die von wech-
selnden physiologischen Zuständen der Organe abhängig sind. Für die
in den ersten drei Tafeln niedergelegten Ansichten des Situs der hier
in Betrachtung kommenden Eingeweide haben wir die nach dem Zeug-
nisse einer reichen Erfahrung häufigsten, also die Regel bildenden Ver-
hältnisse der Form und Lage, überdiess für die hohlen Organe den Zu-
stand mässiger Ausdehnung zur bildlichen Darstellung gewählt. Der
speziellen Erläuterung unserer Tafeln müssen wir jedoch noch einige Be-
trachtung sowohl über die Lage der Eingeweide des Bauches im Allgemeinen,
als auch über diejenigen Organe desselben im Einzelnen vorausschicken,
welche bei diesem Anlasse einer ganz eingehenden Schilderung bedürfen.

1) H. Luschka, Die Brustorgane des Menschen in ihrer Lage. Tübingen 1857.

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I. Die Lage der Eingeweide des Bauches im Allgemeinen.

Der Begriff von dem, was man Bauch oder Unterleib zu nennen
pflegt, ist insofern schwankend, als man bald dem gewöhnlichen Sprach-
gebrauche folgt, bald durch gewisse vom Skelete vorgezeichnete Ab-
grenzungen, oder auch durch die innere Einrichtung sich leiten lässt.
Dem Wortlaute nach ist man gewöhnt, als Bauch die weiche, mehr
oder weniger „vortretende Wölbung" der vorderen Rumpfwand anzu-
sehen, während eine auf die Aussenseite des Körpers sich beschränkende
Topographie darunter diejenige Provinz desselben versteht, welche durch
die einander zugekehrten Ränder des Brustkorbes und Beckens um-
schrieben wird.

Die nicht sowohl für den Bau der Wandung des Bauches, als viel-
mehr für den Situs viscerum abdominahum maassgebende Bestimmung
dehnt den Begriff von Bauch viel weiter aus , indem sie sowohl vom
morphologischen, als auch vom praktisch-ärztlichen Gesichtspunkte aus
das Verbreitungsgebiet des Peritoneum für entscheidend hält. Nach
dieser, dem inneren Wesen des Bauches am meisten entsprechenden
Auffassung erscheint es als characteristische Eigenthümlichkeit desselben,
dass er mit einer grossen, vom parietalen Bauchfelle umschlossenen Höhle
versehen ist, deren Wand eines schützenden Skeletes grösstentheils ent-
behrt. Diese Wandung hat sehr überwiegend eine Muskulatur zur Grund-
lage, welche einen concentrischen Druck auszuüben im Stande ist. Die
weichen Substrate der Wandung gestatten nämlich den meist hohlen
Baucheingeweiden nicht allein die für ihre Funktion erforderlichen wech-
selnden Grade der Ausdehnung, sondern sie vermögen auch hinwiederum
an der Austreibung ihres Inhaltes aktiven Antheil zu nehmen. Die vor-
herrschende Weichheit der Wandung des Bauches befähigt denselben, sich
den verschiedenen Stellungen des Körpers leicht anzupassen, wobei sie
jedoch bemerkenswerthe Aenderungen der Form und der Consistenz er-
leidet. Bei der Streckung des Rumpfes sowohl in aufrechter Position,
als auch in der horizontalen Rückenlage wird die vordere Bauchwand
angespannt. Sie wird dagegen möglichst relaxirt, wenn bei der Rücken-
lage mit mässig erhöhtem und unterstütztem Kopfe die unteren Glieder
im Knie- imd Hüftgelenke gebeugt werden. Bei dieser Körperhaltung
ist die Bauchwand für gewöhnhch so weich und compressibel, dass intra-
abdominale Geschwülste jetzt am besten auf ihren Sitz, ihr Volumen und
ihre Consistenz geprüft und Hernien reponirt werden können. Mitunter
wird aber auch selbst in dieser Stellung eine genaue Untersuchung da-
durch vereitelt, dass jede Berührung des Unterleibes, besonders wenn
dieselbe schmerzhaft ist, Contractionen der Bauchmuskeln hervorruft.

Die in dem Räume des Bauches enthaltenen Eingeweide schmiegen
sich normalmässig innig theils aneinander, theils an die Innenseite seiner
Wandung an. Namentlich sind die in das Peritonealcavum tiefer her-
einragenden Organe so dicht aneinander gepresst, dass ihre serösen
Flächen sich unmittelbar berühren, nirgends grössere Zwischenräume ob-
walten und jenes Cavum auf eine spaltenartige Enge reduzirt ist. Diese
Verhältnisse beruhen aber wesentlich auf dem sog. Horror vacui, d. h.
darauf, dass unter dem Drucke der Atmosphäre das luftleere Peritoneal-
cavum durch die andrängenden Eingeweide, welche dem auf die Bauch-
wand wirkenden Drucke das Gleichgewicht zu halten streben, in eine
enge nur ein Minimum seröser Feuchtigkeit enthaltende Spalte verwandelt
wird. Diese Anordnung hört durch den mit der Oeffnung der Bauchhöhle
stattfindenden Eintritt der Luft plötzlich auf, wobei an der Leiche in
gleicher Art, wie beim lebenden Menschen eine Tympanitis peritonei er-
zeugt wird. Dies hat Veränderungen zur Folge, welche sowohl die
Lagerung als auch die Form der in der Bauchhöhle enthaltenen Organe
betreffen können. Es weichen die einander entsprechenden serösen
Flächen auseinander, so dass weite Spalten entstehen, die Organe den
Aenderungen der Stellung des Cadavers folgen und nur noch durch ihre
dehnbaren Bänder gehalten werden. Durch jene auf dem Horror vacui
beruhende Einrichtung wird aber nicht blos die Gesetzmässigkeit des
gegenseitigen Lageru.ngsverhältnisses der Eingeweide gesichert, sondern
auch der active Einfluss der Bauchwand auf dieselben in zweckentspre-
chender Weise fortgeleitet und vertheilt. Dieser Einfluss kommt na-
mentlich durch die Wirkung der Bauchpresse zur Geltung und macht
sich unter Anderem auch bei der inspiratorischen Exacerbation des Ent-
zündungs-Schmerzes der Bau.chorgane bemerklich, welche eben dadurch
zu Stande kommt, dass sich die inspiratorische Locomotion des Zwerch-
felles nach abwärts fortpflanzt. Daraus mag man zugleich entnehmen,
wie sehr während des Lebens die Dimensionen des Bauchraumes unter
dem Einflüsse der Muskulatur vorübergehende Aenderungen erfahren
können. Diese Factoren hören aber auch im Momente des Tods noch
nicht völlig auf, ihre Wirkung zu entfalten. Nach den von Josef Ha-
mernik gemachten Erfahrungen verkleinern sich Brustkorb und Unter-
leib noch einige Stunden nach erfolgtem Tode continuirlich, so dass in
demselben Maasse der Stand des Diaphragma höher wird.

Insofern sich das Cavum abdominis nach oben in den Brustkorb,
nach unten in das Becken fortsetzt, hat man an dem Bauche, wenn für
den weiteren Begriff desselben das Peritoneum entscheidend sein soll, einen
ihm eigenthümlichen Bezirk und zwei Provinzen zu unterscheiden, welche
ihm und jenen Abtheilungen des Körpers gemeinschaftlich sind.

A. Die Eegio abdominalis propria.

Der eigenthümliche Bezirk des Bauches ist äusserlich von seiner
Nachbarschaft und zwar nach oben durch den Rand der unteren Apertur
des Brustkorbes, nach abwärts durch die Kämme des Darmbeines von
dem Becken, durch die Leistenfurchen vom vorderen Umfange der Ober-
schenkel natürlich abgegrenzt. Obwohl bei der Rundung der Leibesform
die verschiedenen Seiten dieser grossen Körperprovinz unmerklich in
einander übergehen, pflegt man sie doch als ebenso viele Wände des
Bauches im engeren Sinne aufzuführen.

a. Die vordere Gegend des eigentlichen Bauches.

Dieselbe ist nach oben durch den Ausschnitt des Brustkorbes, nach
unten durch jenen des Beckens gleichsam eingerahmt, während nach
beiden Seiten hin keine natürhche Abgrenzung obwaltet. Sie muss hier
künstlich durch eine Linie ausgedrückt werden, welche man sich jeder-
seits vom oberen Darmbeinstachel zum untersten, in der Frontal-Ansicht
eben noch sichtbaren Punkte des Rippenbogens gezogen denkt. Durch
zwei transversale Linien, welche die Enden jener verticalen verbinden,
wird die vordere Bauchwand in drei übereinander liegende Provinzen
abgetheilt, welche man als Epigastrium, als Regio umbilicalis und als
Hypogastrium zu bezeichnen pflegt.

1) Das Herz und seine Bewegung. Prag 1858.

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3

1. Das Epigastrium.

Dieses die „Oberbanehgegend im engeren Sinne" darstellende
G-ebiet begreift diejenige Abtheilung des Unterleibes in sich, die äusser-
hch dem Thoraxansschnitte entspricht, also auf jeder Seite den Rippen-
bogen zur natürlichen, dagegen unten eine Linie zur künstlichen
Grenze hat, welche die Spitzen des zehnten Rippenpaares verbindet. Form
und Grösse des so u.mschriebenen Epigastrium sind hauptsächhch von
der Beschaffenheit des nach unten offenen Winkels abhängig, unter
welchem die Rippenbogen, wenn sie bis zur Kreuzung verlängert gedacht
werden, in der Gegend der Basis des Schwertfortsatzes zusammenstossen.
Die Grösse jenes Winkels ist schon unter normalen Verhältnissen schwan-
kend, doch nur so, dass man es als die Regel ansehen kann, dass er
zwischen 60 und 70 Graden beträgt. Bei gewissen Krankheiten der
Lungen und des Herzens dagegen, welche mit Thoraxverlängerung ver-
bunden sind, kann eine Verkleinerung des Winkels bis auf 53*^ eintreten
ja er kann nach den Erfahrungen von J. EngeP) selbst bis auf 36"
herabsinken, wobei das Epigastrium im höchsten Grade verengt und
jeder stärkeren Ausdehnung unfähig erscheint, wodurch die Funktion der
epigastrischen Organe nothwendig beeinträchtiget werden muss. Eine
ähnliche Wirkung bringt der längere Zeit fortgesetzte Gebrauch eines
eng anliegenden Schnürleibes hervor, durch welchen die epigastrischen
Eingeweide verdrängt und die Rippenbogen einander in dem Maasse ge-
nähert werden, dass die dem Epigastrium entsprechende Abtheilung der
vorderen Bauchwand schliesshch nur noch als mediane Rinne erscheint.

In gewöhnlichen Verhältnissen, namentlich bei jugendhchen Indivi-
duen befindet sich die Aussenseite des Epigastrium grösstentheils in der
Ebene des vorderen Thoraxumfanges oder überschreitetet dieselbe doch
nur wenig. An einer Stelle dagegen, nämlich am oberen Ende des Epi-
gastrium prägt sich bald mehr, bald weniger deuthch eine flache Ver-
tiefung aus, welche, obschon sie weder mit dem Magenmund noch mit
dem Herzen in unmittelbarer räumlicher Beziehung steht, gleichwohl
bald
„Fovea cardiaca" bald „Scrobiculus cordis" genannt wird. Als
Magen- oder Herz-Grube pflegt man aber die Vertiefung zwischen den
Sternalenden des siebenten Rippenpaares bis herab in die Ebene der
Spitze des Schwertfortsatzes zu verstehen, welcher ihre feste Grundlage
darstellt, so dass sie also in dieser Hinsicht, ohne jedoch an der Be-
grenzung des Cavum thoracis Theil zu nehmen, zur vorderen Brustwand
gehört, Ihre Bildung beruht zunächst darauf, dass der Sehwertfortsatz um
einen Theil der Dicke der Sternalenden jenes Rippenpaares tiefer liegt
und ausserdem nach vorn, jedoch meist nur leicht, nicht selten aber auch
bis zu dem Grade ausgehöhlt ist, dass die Spitze als kleines beim Drucke
darauf momentan zurückweichendes Hügelchen erscheint. Bisweilen ist
aber auch umgekehrt das untere knorpelige Ende des Schwertfortsatzes
gegen die Unterleibshöhle einwärts gerichtet, was einige Autoren nach
dem Vorgange von C o r d r o n c h i als Ursache von heftigem chronischem
Erbrechen, Gelbsucht u, dgl. angenommen haben. Nachdem wir schon
bei verschiedenen Gelegenheiten den Nachweis geliefert haben, dass kein
Theil des Magens mit dem Schwertfortsatze in irgend welcher räum-
lichen Beziehung steht, sondern hinter ihm lediglich blos der linke Lap-
pen der Leber vorbeizieht, der sich hier nach hinten an den rechten
inneren Schenkel der Pars lumbaÜs des Zwerchfelles anlehnt, sollte end-
lich einmal die völlig sinnlose Bezeichnung „Magengrube" für die der
Lage des Processus xiphoideus entsprechende Vertiefung gründhch auf-
gegeben werden.

Eine völhg naturgemässe Beurtheilung sowohl derjenigen Abthei-
lung des Raumes der Oberbauchgegend, welche den Schwertfortsatz zu
ihrer vorderen Wand hat, als auch der übrigen vom Magen nicht ein-

1) Wiener medizinische Wochenschrift 1861. Nro. 31.

2) S. Th. Soemmerring, Ueber die Wirkungen der Schnürbrüste. Berlin 1793. b .

genommenen Höhle des Epigastrium könnte dagegen leicht dadurch er-
zielt werden und zur Aufstellung praktisch wichtiger Gesichtspunkte
dienen, dass die ganze von der kleinen Curvatur des Magens und den
über ihr liegenden Segmenten des siebenten Rippenpaares umschriebene
Abtheilung des Epigastrium mit der Gegend der sog. Herzgrube unter
einem gemeinsamen Namen zusammengefasst und nach den specifischen
Gebilden dieses Bezirkes: nach der Arteria coeliaca und dem Plexus coe-
liacus als
„Regio coeliaca" der Ober bau chgegend unterschieden würde.

Bei mässiger Ausdehnung des Magens beträgt die Höhe der Regio
coeliaca, welche jeweils im Wesentlichen der über der kleinen
Curvatur
desselben stattfindenden Ausbreitung der oberen Abtheilung der Bursa
omentahs entspricht, von der Basis des Schwertfortsatzes bis zur kleinen
Curvatur auch in der Mittellinie jedenfalls nicht mehr als 8 Ctm. und
kann durch eine beträchtliche Füllung des Organes bis auf 5 Ctm. re-
ducirt werden. Zum festen Hintergrunde dienen dieser Gegend die drei
letzten Brustwirbel, sowie die Anfangsstücke der beiden letzten Rippen-
paare. Ueber diesem Skelete breitet sich der Lendentheil des Diaphragma
aus, dessen Hiatus oesophageus und aorticus links von der Medianebene
angebracht sind. In der rechten Seitenhälfte der Gegend lehnt sich an
den Lendentheil des Diaphragma der mehr oder weniger tief in die
Bursa omentalis hereinragende Lobus Spigelii der Leber sowie die untere
Hohlader an. Nach vorn von dieser, von ihr durch den Eingang in den
Netzbeutel geschieden, zieht steil nach rechts empor der Stamm der
Pfortader, welcher zur linken Seite die Arteria hepatica, zur rechten
die Gallenwege neben sich hat. Links von der Mittellinie zieht ganz
im Hintergrunde dasjenige Stück der Aorta abdominahs herab, welches
den Hiatus aorticus des Zwerchfelles einnimmt und hier den Anfang des
Ductus thoracicus bedeckt. Aus ihrem vorderen Umfange gehen dicht
unter dem Scheitel des Aortenschlitzes die Arteriae diaphragmaticae,
2 Ctm. tiefer die Art. coeliaca hervor. Von den drei Aesten, welche
aus dieser unter Bildung des Tripus Halleri entstehen, zieht die Arteria
lienalis in mehrfacher Krümmung entlang dem oberen Rande des
Pankreas, welches die kleine Curvatur des Magens in wechselndem
Grade überragt, nach links, um sich mit der kleinen Curvatur des
Magens ungefähr in der Ebene des Halbirungspunktes des Knorpels der
linken siebenten Rippe zu kreuzen. Die Art. coronaria ventricuh sinistra
steigt zuerst unter Bildung eines nach aufwärts convexen Bogens empor,
um dann der kleinen Curvatur von hnks nach rechts zu folgen, während
die Art. hepatica communis nach kurzem transversalem Verlaufe sich in
die Art. hepatica propria sowie in die Gastro-epiploica dextra spaltet,
welche, ehe sie ihren Lauf unter dem oberen horizontalen Stücke des
Duodenum fortsetzt, meist die Arteria coronaria ventriculi dextra ent-
sendet. In der nächsten Umgebung der Arteria coeliaca breitet sich
das Sonnengeflecht aus, dessen beide Ganglia semilunaria zu den Seiten
ihres Ursprunges angebracht und nach oben mit den Nervi splanchnici
und
Vagi in Verbindung gesetzt sind.

Alle die genannten Bestandtheile der Regio coeliaca, über welche
sich der linke Lappen der Leber wie ein Deckel hinüberlegt, werden
zunächst durch die obere Abtheilung des Netzbeutels verhüllt, dessen
hintere Wand sich über den Lendentheil des Diaphragma, über das
Aortenstück dieser Gegend, sowie über den Anfang ihrer Aeste daselbst
und den Plexus coeliacus, endüch über die vordere Seite des Pankreas
ausbreitet. Die vordere Wand der Bursa omentalis zieht nach Ueber-
kleidiing des Lobulus Spigelii hinter den durch die*^eberpforte ein- und
austretenden Gebilden zur kleinen Curvatur herab, um ihren Lauf an
die hintere Seite des Magens fortzusetzen. Im ganzen Bereiche der

3) De morbo novo, prolapsua scilicet mucr. cartil. libellus. Bonon. 1703.

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Eegio coeliaca ist sie mit derjenigen Lamelle des Banchfelles znr Bildung
des Omentum minus verklebt, welche vor der Leberpforte zur kleinen
Curvatur herabsteigt, um die vordere Seite des Magens zu verhüllen.

Die Regio coeliaca nimmt in mehrfacher Beziehung ein grosses
praktisches Interesse in Anspruch. Zunächst hat man bei Beurtheilung
penetrirender Wunden dieser Gegend wohl darauf zu achten, dass
es sich hier unter keinen Umständen in den Fällen um eine Verletzung
der Gegend des Magenmundes handeln kann, in welchen die Perforation
in gerader Richtung von vorn nach hinten erfolgt ist, dass vielmehr
in erster Linie der linke Lappen der Leber verletzt werden muss, in
zweiter Reihe aber auch grosse Gefässe nämUch die Pfortader, die Cava
inferior, die Aorta, die Coehaca mit den Anfängen ihrer Hauptäste, so-
wie das Pankreas getroffen werden können. Die in dieser Gegend unter
Umständen auftretende sog. epigastrische Pulsation ist nicht immer
die Folge eines verstärkten, durch Zwerchfell und linken Leberlappen
auf die Haut fortgepflanzten Herzschlages, sondern kann bei dünner,
einigermaassen eingezogener Bauchwand auch von der Aorta, sowie von
der Coeliaca und ihrem Tripus Halleri herrühren. Nachdem man weiss,
dass das Sonnengeflecht mit seinen grossen Ganglien nahe unterhalb der
Spitze des Schwertfortsatzes in der Tiefe des Bauchraumes seine Lage
hat, wird es nicht befremden, wenn heftige Erschütterungen der Regio
coeliaca, wie sie durch Stoss oder Schlag geschehen, so bedeutende
Rückwirkungen auf den Nervenapparat zu üben vermögen, dass eine
mit eigenthümlicher Athemlosigkeit verbundene Ohnmacht die gewöhn-
lichste Erscheinung ist Ebenso wird es nichts Auffallendes haben, dass
diese Gegend zum Sitze einer Neuralgie werden kann, welche die meisten
Aerzte unter dem Namen der Kardialgie ledighch auf den Magen zu
beziehen pflegen, während doch schon Romberg und zwar gewiss mit
vollem Rechte eine von nervösen Magenaffectionen gänzlich unabhängige
Neuralgia coeliaca unterschieden hat.

Von den Eingeweiden des Bauches sind in der dem Epigastrium s.
str. entsprechenden Abtheilung des Cavum abdominis nur Bruchstücke
enthalten, welche sich theils unmittelbar an die Innenfläche der vor-
deren Bauchwand anlehnen, theils eine tiefere Lage haben. Hierher
gehört in erster Linie die Leber, deren unterer Rand beginnt, den
rechten Rippenbogen in der correspondirenden
ParaSternallinie zu über-
schreiten, so dass der Lobus quadrangularis, sowie der grösste Theil
des linken Lappens mit ihrer convexen Fläche in einer von oben nach
unten zunehmenden Breite die Innenseite der Wand des Epigastrium
berühren, während das zungenartig sich verjüngende Ende des letzteren

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Lappens in das Hypochondrium sinistrum übergreift und die Gegend der
Cardia des Magens bedeckt. Der zugeschärfte untere Rand der Leber
steigt in der Art schräg von rechts nach links empor, dass er in der
Medianlinie, in welcher bei dünner Bauchwand seine Incisura interlobu-
laris tastbar ist, bis zur Grenze des oberen und mittleren Drittels des
Abstandes zwischen dem Nabel und der Spitze des Processus xiphoideus
reicht. Vom Magen, dessen Pylorusende bisweilen in der Mittellinie
liegt, diese jedoch gewöhnlich soweit überschreitet, dass sein Centrum
in der Richtung einer Linie getroffen wird, die man sich zwischen der
Sternalis und rechten Parasternahs gezogen denkt, berührt nur ein Theil
seines Körpers und seiner Pars pylorica die Innenfläche der Wand des
Epigastrium direct. Ein ungefähr ebenso grosser Abschnitt, welcher
die kleine Curvatur und nahezu die ganze Portio pylorica in sich be-
greift, wird von der Leber so bedeckt, dass jene unter dem linken, diese
imter dem viereckigen Lappen hegt. Je nach der Richtung seiner Pars
horizontalis superior ist das Duodenum, dessen erste Abtheilung stets
die untere Fläche der Leber berührt, während es im Uebrigen nebst
einem Theil des Dünndarmconvolutes hinter dem Magen liegt, entweder
ganz auf das Epigastrium beschränkt, oder dasselbe greift mit seinem
oberen horizontalen Stücke, sowie mit dem Anfange der Pars descendens
auch in das rechte Hypochondrium ein. Von dem die kleine Curvatur
des Magens überragenden Pancreas, das übrigens grösstentheils hinter
jenem Organe gelegen, aber von ihm durch den Netzbeutel geschieden
ist, erstreckt sieh nur etwa ^/s seiner Länge in das linke Hypochondrium,
so dass es also sehr überwiegend dem Epigastrium angehört. Den unteren
Abschluss der epigastrischen Organtheile bildet das
Colon transversum,
dessen Stellung jedoch sowohl nach seiner eigenen Ausdehnung, als auch
nach dem Grade der Füllung des Magens sehr variirt. Es gewinnt eine
von rechts nach links mehr oder weniger ansteigende Verlaufsrichtung,
so dass seine Axe jedenfalls nur theilweise und annähernd dem Laufe
der unteren Grenzlinie des Epigastrium folgt.

Auf den Zustand des Epigastrium hat die Beschaffenheit der ge-
nannten Organe einen viefach modiflcirenden Einfluss. Namentlich be-
dingen die verschiedenen Grade der Ausdehnung des Magens und des
queren Grimmdarmes einen bedeutenden Wechsel seiner Wölbung. Das
Colon transversum kann so stark ausgedehnt sein, dass es einen stö-
renden Druck auf den Magen ausübt, kann überdies eine ungewöhnhch
hohe oder tiefe Stellung einnehmen, ausserdem aber auch mehrfach
gekrümmt sein.

Die Regio umMllcalis.

Die bei vollem Leibe ceteris paribus durch die stärkste Wölbung
ausgezeichnete Nabelgegend ist durch keinerlei natürliche Grenzen von
der Nachbarschaft geschieden. Man pflegt deshalb zur Präcisirung des
Begriffes sich conventioneller Linien zu bedienen, von welchen die eine
die winkeligen Vorsprünge der Knorpel des zehnten Rippenpares, die an-
dere die beiden oberen Darmbeinstacheln verbindet, während die seit-
lichen Grenzen durch zwei verticale ausgedrückt werden, die man sich
von den vorderen oberen Darmbeinstacheln zu den Rippenbogen gezogen
denkt. Es hat demnach diese Region eine viel grössere Ausdehnung,
als nach dem Umfange des specifischen Bestandtheiles derselben, nach
welchem sie benannt ist, zu erwarten wäre. Der Nabel nimmt jedoch
nicht das Centrum der Aussenseite dieser Gegend ein, sondern ist der
oberen Grenze derselben viel näher gerückt als der unteren. Dagegen
kann man im Allgemeinen annehmen, dass unter geregelten Verhält-
nissen seine Lage dem Halbirungspunkte des Abstandes zwischen dem
Schwertfortsatze und der Schoossfuge, also etwa der Ebene der un-
teren Verbindungsfläche des Körpers vom dritten Lendenwirbel ent-
spricht. Aehnlich wie die Brustwarzen und die von ihnen aus gezogenen
Lineamente für die Topographie der Organe des Thorax vom grössten
Interesse sind, kann auch der Nabel zur Orientirung für gewisse Ver-
hältnisse an der vorderen Bauchwand, sowie zur Bestimmung der Lage
verschiedener Abdominalorgane benützt werden. So ist es bei derPara-
centese des Bauches wichtig sich daran zu erinnern, dass die Vasa epi-
gastrica inferiora die Grenze des oberen und mittleren Drittels der Linie
kreuzen, welche man sich vom oberen Darmbeinstachel zum Nabel ge-
zogen denkt, so dass also ein Einstich am
Halbirungspunkte dieser Linie
jene Gefässe sicher vermeidet. Eine normalmässig ausgedehnte Harn-,
blase erhebt sich nicht über die Grenze des unteren und mittleren Drittels
des Abstandes zwischen Nabel und Schoossfuge, und der quere Grimm-
darm darf nicht unter den Nabel herabreichen, wenn sein Verlauf als
regelrecht gelten soll u. s. w.

Unter Umständen kommen aber auch bemerkenswerthe patholo-

1) Vergl. N. Pirogoff, Grundzüge der allgemeinen Kriega-Chirurgie. Leipzig 1864. S. 565 n. 568.

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gische Abänderungen der Stellung des Nabels vor. Bei stär-
keren Anschwellungen und Dislocationen der Leber kann derselbe tiefer
herab-, bei Tumoren, welche von der Beckenhöhle ausgehen und den
Bauchraum erfüllen, höher hinaufgeschoben werden. Die Lagerungs-
verschiedenheiten des Nabels, auf deren klinische Bedeutung namentlich
Ballard\') aufmerksam gemacht hat, müssen übrigens deshalb mit
einiger Vorsicht verwerthet werden, weil schon innerhalb des Breite-
grades der Normalität individuelle Schwankungen seines Abstandes vom
Schwertfortsatze und der Schoossfuge stattfinden können.

Die der Nabelgegend entsprechende Abtheilung des Bauchraumes
wird bei regelmässiger Anordnung der Eingeweide hauptsächlich durch
das Convolut der Dünndärme eingenommen, wodurch denn auch die
prononcirte Wölbung sowie der höhere Grad von Elastizität jener Re-
gion vorzugsweise bedingt werden. Beide Quahtäten nehmen vorüber-
gehend in dem Maasse ab, als nach Entleerung, des Inhaltes der Organe
des kleinen Beckens die freier gewordene Höhle des letzteren Dünndarm-
schlingen aufnimmt. Unter normalen Verhältnissen legen sich die Darm-
schlingen nicht unmittelbar an das wandständige Peritonealblatt der
Nabelgegend an, sondern sie sind in diesem ganzen Bereiche vom grossen
Netze bedeckt, dessen Lagerung übrigens zahllosen individuellen Schwan-
kungen, sowie vielen wahrhaft pathologischen Verschiebungen und Adhä-
sionen unterworfen ist.

3. Das Hypogastrium.

Wenn man nur den äusseren Umriss, nicht aber die gesammte
hinter ihm hegende, schon theilweise von der Wandung des Beckens um-
gebene Abtheilung des Bauchraumes im Auge hat, dann muss als Regio
hypogastrica dasjenige Gebiet verstanden werden, welches vom vorderen
oberen Ausschnitte des Beckens eingefasst und nach oben durch eine
Linie künsthch abgegrenzt wird, welche die beiden Darmbeinstacheln
verbindet. Obwohl keine äusserhch deuthch ausgesprochenen Grenz-
marken dazu auffordern, pflegt man doch die dreiseitige, mehr oder
weniger gewölbte Unterbauchgegend in einen mittleren Bezirk und in
zwei seithche Provinzen zu zerlegen, die als Leistengegenden des Bauches
unterschieden werden.

Der mittlere Bezirk hat die lateralen Ränder der beiden geraden
Bauchmuskeln zu seinen seitlichen Grenzen, während die untere Grenze
durch den oberen Rand des Beckens von einem Tuberculum pubicum
zum andern gebildet wird. Solange die Harnblase leer und in sich
zusammengezogen ist, überragt sie den Rand des Beckens nicht, sondern
ist, wie auch der jungfräuhche Uterus ganz im Cavum pelvis enthalten.
Unter diesen Verhältnissen begegnet man hinter der Abdominalwand
dieser Region ledighch nur Schlingen des dünnen Darmes. In dem
Maasse, als die Blase sich ausdehnt, erhebt sie sich über die Schoossfuge,
so dass ihr Scheitel zuletzt bis zur Grenze des unteren und mittleren
Drittels des Abstandes zwischen Nabel und Schoossfuge reicht. Bekannt-
hch entbehrt der nach vorwärts-abwärts schauende Umfang der Blase
theilweise eines peritonealen Ueberzuges, so dass man von dieser Gegend
aus die Paracentese des Organes, sowie den hohen Steinschnitt ausführen
kann, ohne jene Membran zu verletzen. Der von Peritoneum freie Be-
zirk des genannten Umfanges der Blase erstreckt sich bei voller Aus-
dehnung derselben bis in die Nähe des beiderseitigen Tuberculum pubi-
cum und verschmälert sich allmälig gegen den Scheitel, so dass also
das Peritoneum ein dreiseitiges von ihm freies Feld der Blasenwand
umschliesst. Da jedoch das Bauchfell oft genug noch ein wenig unter
den Anfang des Lig. vesicae medium herabrückt, wird es einer wün-
schenswerthen Vorsicht angemessen sein die Eröffnung der Blase eher
hinter als über der Schoossfuge vorzunehmen.

Die lateralen Provinzen des Hypogastrium nehmen das Interesse
der praktischen Heilkunde hauptsächhch durch den an sie geknüpften
Schenkelring und Leistenkanal in Anspruch. Da wir es bei dieser Ge-
legenheit jedoch nicht sowohl mit der Wandung des Bauches, als viel-
mehr mit der Lage des Inhaltes seiner Höhle zu thun haben, kann auf
jene nur insoweit Rücksicht genommen werden, als es die Beziehungen
des Situs viscerum verlangen, so dass wh- also in Betreff des Baues der
Wand auf frühere^) ausführhche Erörterungen verweisen müssen. In
den lateralen Provinzen der Unterbauchgegend verhalten sich jedoch
die Eingeweide nicht auf beiden Seiten gleich, indem sie blos die Ueber-
einstimmung darbieten, dass Schlingen des dünnen Darmes in beide ein-
greifen. Für die rechte Seite dagegen ist es charakteristisch, dass
hier mit seinem wurmförmigen Anhange der Bhnddarm liegt,\' welcher
sich im Zustande seiner Ausdehnung gewöhnlich bis zur Mitte des Pou-
part\'schen Bandes erstrekt, also jedenfalls knapp über der äusseren Hälfte
dieses Stranges durch die Abdominalwand hindurch tastbar ist. In der
linken Seitenregion des Hypogastrium nimmt diePlexura sigmoidea ihren
Verlauf, deren erste Krümmung mit ihrer Convexität an den Anfang
des Lig. Poupartii angrenzt, indessen die Flexura secunda des S. Romanum
sich mehr oder weniger weit in die Nabelgegend erhebt. Das ganze
Darmstück ist übrigens einem ausserordentlichen Wechsel sowohl seiner
Krümmung als auch seines Verlaufes unterworfen, indem es bisweilen
bis in die Gegend des Blinddarmes verschoben, oder auch fast ganz in
die Höhle des kleinen Beckens versenkt und dabei entweder von den
Schlingen des Dünndarmes bedeckt wird, wie es die Regel bei seiner
normalen Form ist, oder aber über diesen liegt und also mit der Peri-
tonealfläche der Wand des Hypogastrium in Berührung gelangt.

b. Die seitlichen Gegenden des eigentlichen Bauches.

Diese die Weichen oder Flanken darstellenden Bezirke des Bauches
haben nur nach unten durch den Darmbeinkamm und nach oben durch
den betreffenden Rand des Brustkorbes natürhche Grenzen, welche
übrigens auch blos bei abgemagerten Individuen äusserhch deuthch er-
kennbar sind. Die vordere und die hintere Grenze pflegen künstlich
ausgedrückt zu werden und zwar die erstere durch eine Linie, welche
vom vorderen Darmbeinstachel vertical zum Rippenbogen, die letztere

durch eine solche, die von der Spitze der zwölften Rippe zur crista ossis
iliurn gezogen wird.

Der Inhalt des Bauchraumes hat zu den Flanken insofern auf beiden
Seiten ähnhche Beziehungen, als ihnen je nach dem Grade seiner Aus-

1) The physical diagnosis. London 1852. p. 11.

dehnung rechts der laterale Umfang des Colon ascendens, links der la-
terale Umfang des Colon descendens, ausserdem aber auch ein Theil des
Convolutes der Dünndarmschlingen entspricht. Diese werden natürhch
um so mehr in der Gegend der Weichen getroffen werden, je vollstän-
diger das Colon entleert und in sich selbst zusammengezogen ist. Im
Zustande stärkerer Ausdehnung kann sich der auf- und absteigende
Grimmdarm bis über die Mitte des Abstandes zwischen den Dornfort-
sätzen der Lendenwirbelsäule und der Spina anterior superior ossis ilium
nach vorn erstrecken. Ein Längsschnitt durch den Halbirungspunkt
jenes Abstandes, mag dieser durch eine Gerade ausgedrückt oder nach
der betreffenden Circumferenz des Leibes bestimmt werden, wird beim

2) H, Luschka, Die Anatomie des menschlichen Bauches. Tübingen 1863. S. 50-75.

2

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Versuche das Colon descendens oder ascendens blosszulegen, ohne Aus-
nahme sieher zur Eröffnung des Cavum peritonei führen. Dies begegnete
denn auch wirkhch Thomas Bott^), welcher zwar die Absicht hatte
einen künstlichen After extraperitoneal anzulegen, aber gleichwohl den

c. Die hintere Gegend

1) Vgl. Wiener Mediz. Wochenschrift 1871. Nro. 9.

In ihrer Gesammtheit stellt diese, zwischen dem hinteren Umfange
des Brustkorbes und des Beckens liegende Abtheilung der Streckseite
des Rumpfes die
Regio lumhalis dar, welche äusserlich als unmittelbare
Fortsetzung des Eückens erscheint. I>fur am Skelete erfährt die Lumbai-
gegend nach oben und nach unten eine natürliche Abgrenzung, welche
aber durch die Weichtheile um so mehr verloren geht, je mächtiger das
Fettpolster und die Muskulatur entwickelt, während die seitlichen
Grenzen unter allen Umständen bloss künstlich sind und durch gewisse
Lineamente hergestellt zu werden pflegen. Als obere Grenze der ßegio
lumbahs möchte man geneigt sein das zwölfte Rippenpaar anzusprechen.
Da jedoch die Länge der letzten Rippe ungemein wandelbar ist und
zwischen 11 Ctm. und der Hälfte dieses Maasses schwankt, so dass sie
im letzteren Falle den seitlichen Rand des Muse, extensor dorsi com-

«. Die Regio

Sowohl die räumliche Ausdehnung, als auch die äussere Form dieser
Gegend wird durch dasjenige Segment des Muse, extensor dorsi com-
munis bedingt, welches zwischen der oberen und der unteren Grenze
derselben liegt. Sie bietet demgemäss eine bald mehr bald weniger
prononcirte cylindrische Wölbung dar, je nachdem die mittlere den
Dornen der Wirbel entsprechende, sowie die seitliche neben dem Ex-
tensor verlau.fende Lendenfurche ausgeprägt sind, was namentlich von
der Stärke des subcutanen Fettpolsters abhängig ist. Der Muse, ex-
tensor dorsi communis, welcher im Aufsteigen bis zum Winkel der
elften Rippe an Breite allmälig zu- und dann wieder abnimmt, legt sich
nicht blos in die Rinne zwischen den Dorn- und Querfortsätzen, sondern
überschreitet die letzteren auch noch lateralwärts, so dass er nicht allein
den Muse, quadratus lumborum grossentheils, sondern auch noch einiger-
maassen die Niere bedeckt. Aehnlich wie der Muse, rectus abdominis
in eine fibröse, von den Aponeurosen der breiten Bauchmuskeln gebildete
Scheide eingeschlossen ist, wird auch das Lendenstück des Extensor dorsi
in eine von Aponeurosen verschiedener Muskeln erzeugte Scheide auf-
genommen, welche man von Alters her als
Fascia lumho-dorsalis zu be-
zeichnen pflegt, ohne jedoch in Betreff ihrer Abkunft einer Ueberein-
stimmung der Ansichten zu begegnen. So hat noch in neu.ester Zeit
P. Lesshaft behauptet, die Fascia lumbo-dorsalis seie eine ganz selbst-
ständige Formation, welche aus drei in einander übergehenden Blättern
bestehe und Scheiden für den Extensor dorsi und Quadratus lumborum
bilde. Es wird noch die Bemerkung beigefügt, dass von dieser Fascie
die Sehnenfasern der Musculi latissimus dorsi, obliquus abdominis in-

ß. Die Regio

Durch ihren unmittelbaren Anschluss an die vorige Provinz ge-
wännt diese Gegend medianwärts ihre Grenze durch den seitlichen
Rand des Muse, extensor dorsi, während sie von der Flanke nur künst-
lich geschieden wird durch eine Linie, die man sich von der Spitze
der elften Rippe vertical zum Darmbeinkamme gezogen denkt. Lidem
die zwölfte Rippe bisweilen so kurz ist, dass sie gänzlich unter dem
Extensor dorsi verborgen liegt, anderemale diesen Muskel seitlich nur
wenig überragt, kann sie nicht zur Bestimmung der oberen Grenze des
in Rede stehenden Gebietes verwendet werden. Man ist vielmehr ge-
nöthigt den Theil der elften Rippe dafür anzusprechen, welcher den
genannten Muskel überragt, währepd das der Länge jenes Rippenstückes

Schnitt „parallel der Wirbelsäule und auf halbem Wege zwischen dieser
und der Spina anterior superior des Darmbeines" durch die Weichtheile
geführt hat.

des eigentlichen Bauches,

munis gar nicht überragt, sieht man sich genöthigt die obere Grenze
durch dasjenige Segment der elften Rippe zu ergänzen, welches die
Spitze der zwölften überschreitet. Nach unten findet die Begrenzung
durch diejenige Abtheilung des Darmbeinkammes statt, welche der
Länge der genannten Rippentheile entspricht, während die lateralen
Grenzen durch Linien ausgebreitet werden, welche man sich von den
Spitzen des elften Rippenpaares vertical zum oberen Rande des Beckens
gezogen denkt.

Die so umschriebene, die hintere Wand des Bauches darstellende
Provinz zerfällt in zwei unter sich übereinstimmende Seitenhälften, welche
jedoch nicht in ihrer ganzen Breite gleich beschaffen sind, sondern na-
tu^rgemäss in zwei neben einander liegende Gebiete zerlegt werden
können.

lumbalis inedialis.

ternus, serratus posticus inferior und transversus abdominis beginnen
und sich mit dem Gewebe derselben verflechten. Wenn man es auch
nicht bestreiten kann, dass von verschiedenen Bestandtheilen des Ske-
letes ausgehende fibröse Züge sich der Fascia lumbo-dorsalis beigesellen,
ähnlich wie etwa die Fibrae collatérales Winslowii über und in die
Scheide des Muse, rectus abdominis ausstrahlen, so wird es doch gewiss
eben so wenig jemand ernstlich in Abrede stellen können, dass diejenige
fibröse Scheide, welche in Verbindung mit der Wirbelrinne das Lenden-
segment des Muse, extensor dorsi communis umgibt, keine Fascie
ist-,
vielmehr im Wesentlichen durch flächenhaft ausgebreitete Sehnen, d. h.
durch Aponeurosen breiter Muskeln gebildet wird, die nur eben am la-
teralen Rande der Lendenportion des Extensor unter Bildung eines durch
selbstständige Bogenfasern ausgerundeten Flächenwinkels zusammenstossen.
Die hintere Wand jener Scheide wird nämlich durch die Ursprungs-
aponeurose des breiten Rückenmuskels hergestellt, mit welcher zugleich
stellenweise die Ursprungssehne des Serratus postic. inferior und des
Obliquus internus verwachsen, während die vordere Wand durch die
hintere Aponeurose des queren Bauchmuskels gebildet wird, die sich an
die Spitzen der Processus transversi der Lendenwirbel inserirt, oben
dagegen mit dem Lig. lumbo-costale, unten mit dem Lig. ileo-lumbale
zusammenhängt. Mit dieser osteofibrösen Scheide hat das dünne fibröse
Blatt keinerlei Gemeinschaft, welches zwischen den Muse, quadratus
lumborum und die Niere eingeschoben ist, indem dasselbe unzweifelhaft
eine Fortsetzung der Fascia transversalis ist, übrigens einen sehr wan-
delbaren Grad der Ausbildung darzubieten pflegt.

lumbalis lateralis.

entsprechende Segment des Darmbeinkammes die untere Grenze dar-
stellt. Das so umschriebene Gebiet hat die Form eines ungleichseitigen
Vierecks, dessen Höhen- und Breitendimensionen bedeutenden indivi-
duellen Schwankungen unterworfen sind. Am unzerlegten Körper er-
scheint diese Gegend, wenn keine zu grosse Fettbildung stattfindet,
neben dem durch den Extensor dorsi erzeugten Längswulste als seichte,
die laterale Lendenfurche ausmachende Vertiefung, die als Wegweiser
bei der Sectio lumbalis vom grössten praktischen Belange ist, indem
durch sie die Schnittlinie bei der Nephrotomie und bei der Bildung
eines künstlichen Afters vorgezeichnet ist. Aber auch in Rücksicht
auf die von J. L. Petit näher begründete Lehre von der Hernia lum-

2) Archiv für Anatomie, Physiologie und wissenschaftliche Mediciù. Berlin 1870, S. 275.

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balis muss diese Gregend ein hervorragendes praktisches Interesse in
Anspruch nehmen. Obwohl es nicht im Plan der vorhegenden Arbeit
liegt den Bau der Wand des Bauches darzulegen, so ist es doch wegen
der in dieser Gegend geschehenden operativen Eingriffe auf die Nieren
und das Colon descendens unvermeidUch, näher auf die schichtenweise
Zusammensetzung sowie auf die Gefässe und Nerven der Regio lum-
balis laterahs einzugehen.

Die in der äusseren Lumbairegion durchschnitthch 5 Mm. dicke
Cutis ist schon bei massigem Embonpoint mit einem so mächtigen
Fettpolster versehen, dass man sich ledighch nur durch eindringhches
Tasten zulänglich orientiren kann. Unter der Haut breitet sich, blos
von einer dünnen Zellstofflamelle bedeckt, der Muse, latissimus dorsi
aus, dessen Verhalten sich jedoch nicht in allen Fällen gleich bleibt.
Nach den von P. L es shaft gemachten Erfahrungen breitet sich dieser
Muskel beim erwachsenen Menschen in der Regel nicht über die ganzQ
hier in Betrachtung kommende Abtheilung des Muse, obliquus abdo-
minis externus aus, so dass er den hinteren Rand dieses Muskels theil-
weise freilässt. Bei 108 Leichen Erwachsener begrenzten die einander
zugekehrten Ränder beider Muskeln einen dreiseitigen Zwischenraum —
trigonum Petitii s. lumbale inferius —dessen Grössenverhältnisse
übrigens ungemein variiren. Nach eigenen Ermittelungen betrug die
Höhe desselben meist nur 3 Ctm., die Breite seiner durch den Kamm
des Darmbeines gebildeten Basis 2 Ctm., während er bisweilen aber
auch bei einer Höhe von 7 Ctm. eine grösste Breite von 4 Ctm. dar-
geboten hat. An diesem sehr flachen Interstitium, welches zum Hinter-
grunde den Obliquus abdominis internus hat, entwickelt sich als an
dem Orte des geringsten Widerstandes dieser Gegend unter Umständen
ein Bruch, welcher zuerst von J. L. Petit und Cloquet genauer
untersucht und als „Hernia lumbahs" bezeichnet worden ist.

Unter dem breiten Rückenmuskel und dem von ihm nicht be-
deckten Stücke des Obhquus abdominis externus befindet sich das
hintere Ende des inneren schiefen Bauchmuskels, dessen Fasern schräg
nach rückwärts abfallen und in eine Sehne übergehen, die sich vom
Dorne des dritten Lendenwirbels an gegen die hintere. Mittellinie ver-
liert. Dieser Muskel bedeckt seinerseits die hintere Aponeurose des
Transversus abdominis, welche jedoch nicht in ihrer ganzen Höhe von
ihm, sondern an ihrer oberen Grenze von der untersten Zacke des
Muse, serratus posticus inferior überlagert wird. Eine dreieckige oder
verschoben vierseitige Stelle —
trigonum lumbale superius —
der hinteren Aponeurose des queren Bauchmuskels stösst unmittelbar
an die vordere Fläche des Latissimus dorsi an, ist medianwärts vom
Extensor dorsi communis, lateralwärts vom Knochen der elften Rippe,
im Uebrigen von den einander zugekehrten Rändern des Serratus posti-
cus inferior und des Obliquus abdominis internus begrenzt. An die
vordere Fläche der hinteren Aponeurose des Transversus abdominis
lehnt sich der
Muse, quadratus lumborum an, welcher den äusseren Rand
des Extensor dorsi cummunis in einer von oben nach unten zuneh-
menden, im Maximum jedoch nur 3 Ctm. betragenden Breite überragt.

Zur Lendengegend gelangen zwar mehrere, jedoch nur kleine
Blutgefässe. Die hier in Betrachtung kommenden Arterien und
Venen entsprechen einander im Laufe und stellen ausser den letzten,
dem unteren Rande der zwölften Rippe folgenden Intercostalgefässen,
die vier Arteriae und Venae lumbales dar. Ihre hinteren Aeste dringen
zwischen den Querfortsätzen nach rückwärts, um sich in der Substanz
des Extensor dorsi und in der ihn bedeckenden Haut zu verzweigen,
indessen die Rami anteriores theils vor, theils hinter dem Muse, qua-
dratus lumborum ihren Verlauf nach aussen nehmen. Die Nerven
stammen aus dem zwölften Dorsahs, sowie aus sämmtlichen hinteren

1) Vgl. H. Lue chka, Die Anatomie der Brust des Menschen. Tübingen 1863 S 175
Fig. IX. 14. o • • .

2) Mém. de l\'Acad. de Chir. T. III. Part. 2. sect. 2.

und theilweise auch aus den vorderen Aesten der Nervi lumbales her.
In der das Operationsfeld bei der Colo- und Nephrotomie darsteUenden
Regio lumbahs laterahs kommt übrigens nur ein einziger stärkerer,
von einer Arteria und Vena lumbalis begleiteter Nerv in Betracht, der
aus dem vorderen Aste des ersten Lumbalis abstammt. Es ist der
bisweilen auch den Ileo-inguinahs abgebende
Nerv, ileo-hypogastricus,
welcher bald vor dem Quadratus lumborum, bald diesen durchbohrend
schräg hinter dem unteren Ende der Niere und hinter dem Colon gegen
den Darmbeinkamm nach aussen herabsteigt, um schhesshch zwischen
dem Transversus und Obhquus internus abdominis zu verlaufen und in
der Gegend des Bauchringes und Schamberges zu endigen. Dieser
Nerv, dessen Trennung kaum nennenswerthe Störungen nach sich
ziehen möchte, verdient doch schon deshalb einige Berücksichtigung,
weil beim Drucke desselben durch eine zu voluminöse Niere oder durch
einen von den vor ihm liegenden Organen auf ihn fortgepflanzten ander-
weitigen Reiz eine die Haut der Unterbauchgegend betreffende Neuralgie
eintreten kann.

Gnter den Eingeweiden des Bauches, welche sich im Bereiche der
Regio lumbalis theilweise unmittelbar an die Innenfläche der Wandung
anlehnen, müssen die Nieren, das Colon descendens und ascendens mit
specieller Berücksichtigung der Sectio lumborum einer eingehenden Be-
trachtung unterworfen werden. Gegen die ehedem gemachten Ein-
würfe von Hevin\'3 hat meines Wissens G. N. Gerdj diese neben
dem Lendensegmente des Muse, extensor dorsi communis, entlang der
seitlichen Lumbaifurche anzustellende Operation eindringlich empfohlen,
indem sie mehrere wichtige therapeutische Indicationen zu erfüllen und
anderen Operationen, namentlich der Nephrotomie den Weg zu bahnen
vermag. Nach Gerdy kann aber die Operation indicirt sein, wenn ein
Nierenabscess in der Lendengegend eine Hervorragung bildet, oder auch,
um seine Senkung in das Becken zu verhindern, wenn ein Abscess,
obgleich noch tief liegend, sich doch deuthch zu erkennen giebt. Wei-
tere Indicationen erbhckt Gerdy in den Fällen von Obliteration des
Ureters, wenn die dadurch ausgedehnte Niere zu bersten und so dem
Kranken sicher den Tod zu bringen droht, sowie bei Nephritis calcu-
losa, wo der Kranke, durch die heftigsten Schmerzen gepeinigt, um jeden
Preis von seinem Leiden befreit sein will. Ohne Frage bilden auch
gewisse Verwundungen und Eiterungen in der Nierensubstanz unter
Umständen Indicationen für die Nephrotomie, welchen Namen übrigens
G. Simon nur für die von ihm zuerst ausgeführte Exstirpation der
ganzen Niere reservirt wissen möchte, sowie denn auch zur Anlegung
\'eines künsthchen Afters die Sectio lumborum der linken Seite in An-
wendung kommen muss.

Wie wir bei der Untersuchung der Lage der Baucheingeweide im
Einzelnen ausführlich zeigen werden, ist die Niere nicht in ihrer Ge-
sammtheit in die Regio lumbalis laterahs verlegt, sondern reicht noch
bis zum elften Brustwirbel in das betreffende Hypochondrium hinauf,
sowie sie denn auch theilweise durch den Extensor dorsi communis
von aussen her bedeckt wird. Dagegen ragt das Organ mit seiner
unteren Abtheilung bis zur Mitte der Höhe des äusseren Lumbaigebietes
herab und wird sicher etwa in der Breite von zwei Querfingern in dem
Winkel getroffen, welchen der seitliche Rand des Extensor dorsi com-
munis mit dem ihn überschreitenden Segmente der zwölften, oder wenn
diese zu kurz ist, der elften Rippe erzeugt. Um zu ihr zu gelangen,
hat man den obigen Auseinandersetzungen gemäss neben dem ge-
nannten Muskelbauche der Reihe nach die Haut mit dem Panniculus
adiposus, den Muse, latiss. dorsi, den obhquus internus, die hintere Apo-
neurose des Transversus abdominis und endlich ein dünnes fibröses
Blatt, das hinter der Niere weg zieht, d. h. die Fascia transversa zu

3) Anatomie der äusseren Formen des menschlichen Körpers. Aus dem Französischen
Weimar 1831.

4) Chirurgie der Meren. Erlangen 1871.

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spalten, wobei es nöthig werden kann, den schief hinter dem unteren
Ende der Mere schräg nach aussen herabsteigenden Nerv, ileo-hypo-
gastricns nach abwärts zn schieben. Indem bei der vollständigen Ex-
stirpation der Niere der Akt der, mit den Fingern zu bewerkstelligenden,
Auslösung aus ihrer Umhüllung schon deshalb am schwierigsten und
zeitraubendsten ist, weil das Organ theilweise von den beiden letzten
Rippen umfasst wird, kann es unter Umständen sehr wünschenswerth
sein die zwölfte Rippe in so weit zu reseciren, als sie den seitlichen
Rand des Muse, extensor dorsi communis überragt. Da nun aber die
Pleura in der Regel erst 8^/2 Ctm. von der hinteren Mittellinie des
Thorax entfernt, beginnt mit der zwölften Rippe in Berührung zu treten,
und das den Extensor seitlich überragende Stück frei zu lassen pflegt,
dürfte also für gewöhnlich der theilweisen Resection überhaupt kein
Hinderniss im Wege stehen. Aber auch in den Fällen, in welchen bei
einer beträchtlicheren Länge der zwölften Rippe, diese jenen Muskel-
rand mit einem bis zu 7 Ctm. messenden Stücke überragt, und die
Pleura sich ausnahmsweise auf die ganze Länge erstreckt, bietet die bei
theilweiser Resection der zwölften Rippe beabsichtigte Vermeidung der
Verletzung des Brustfelles aus dem Grunde keine erheblichen Schwierig-
keiten dar, weil es lose adhärirt und eigentlich nur dem oberen Rande
jener Rippe folgt.

In sehr naher räumlicher Beziehung mit der in die Regio lumbalis
übergreifenden Abtheilung der Mere steht rechts das Colon ascendens,
links das Colon descendens, welche jedoch keineswegs unter sich ganz
übereinstimmende Verhältnisse darbieten. Diese müssen aber ceteris
paribus bei dem gleichen Individuum einigerniaassen wechseln, nämlich
nach dem Grade der Ausdehnung, welche das betreffende Darmstück
jeweils darbietet.

Der aufsteigende D ick dar m liegt theils vor der unteren Hälfte
der Mere, die er im Zustande stärkerer Erweiterung mehr oder weniger
lateralwärts überragt, theils breitet er sich nach abwärts von diesem

Organe aus und zwar rechts so, dass, der tieferen Lage der rechten Niere
wegen, der Abstand zwischen dem unteren Ende derselben und dem Darm-
beinkamme stets merklich geringer als links gefunden wird. Das
Co-
lon descendens
soll, soweit es dem Laufe der linken Niere folgt, nach
den Untersuchungen von Lesshaft immer nach aussen vom seit-
lichen Rande derselben gelegen sein. Wenn damit gemeint ist, dass
dieser Darm in seiner ganzen Dicke neben der linken Niere herab-
steige, so ist jene Behauptung entschieden falsch. Man kann nur sagen,
dass derselbe den convexen Rand der Niere mehr oder weniger über-
ragt, muss aber hinzufügen, dass er um so weiter an die vordere Fläche
der linken Niere übergreife, je mehr seine Ausdehnung fortschreitet.
Ist der Darm mässig ausgedehnt, dann kann man darauf rechnen, dass,
im Falle seiner unvollständigen Einhüllung durch das Peritoneum, die
von dieser Membran freie, höchstens 2 »/2 Ctm. breite, die hintere Taenia
enthaltende Stelle in der fortgesetzten Richtung des convexen Randes
der linken Niere gegen den Darmbeinkamm im Bereiche des Trigonum
lumbale superius und inferius (vgl. S. 7) herabsteigt, und zwar in einer
Entfernung von den Dornen der Lendenwirbel, welche, in gerader Rich-
tung gemessen, beim erwachsenen Menschen durchschnittlich 8 Ctm.
beträgt. Dieser Abstand wird zugleich die Gegend bezeichnen, in
welcher die Colotomie ausgeführt zu werden pflegt. Bei der Bildung
des künstlichen Afters werden aber bekanntlich zweierlei Methoden
geübt, von welchen die eine nach dem Vorgange von Dur et und Cal-
lissen den Verticalschnitt in Anwendung bringt, indessen die andere,
welche von Amussat empfohlen wurde, einen transversalen Schnitt
wählt, der zwei Querfinger über dem Darmbeinkamme ausgeführt wird.
Diese letztere schon mehrfach in Anwendung gekommene Methode mag
zugleich als Beweis gegen die völlig unbegründete Behauptung einiger
Autoren^) dienen, nach welchen sich die Niere bis zum Darmbeinkamme
herab erstrecken und demgemäss die Percussion ihrer unteren Grenze
unmöghch sein soll.

B. Die Eegio thoracico-abdominalis.

Aus dem Umstände, dass die Höhle des Bauches weit in das Ge-
biet des Thorax hinaufreicht, so dass die Wandung des Brustkorbes
theils direct, theils indirect, d. h. durch die Vermittelung des Diaphragma
zur Begrenzung des Bauchraumes dient, wird sich leicht ermessen
lassen, was in topographischem Sinne als „Brust-B auch-Gegend"
bezeichnet werden muss. Diese muss nämlich ihrer Aussenseite nach
dasjenige Segment des Brustkorbes in sich begreifen, welches im
wesentlichen der Ausbreitung der Concavität des Zwerchfelles entspricht,
also gemäss der ungleichen Wölbung desselben sich bis zu verschie-
denen Höhen der Peripherie des Thorax erstreckt. Während das Zwerchfell
in der Mitte die Basis des Schwertfortsatzes nicht überragt, erhebt sich in
der Exspirationsstellung sein Scheitel in der rechten Hälfte des Thorax
bis zu einer Horizontalebene, welche man sich durch den oberen Rand
der Sternalenden des vierten Rippenpaares gelegt denkt, indessen er
links um die Breite jenes Rippenpaares tiefer liegt. Die Ausbreitung
des Zwerchfelles bezeichnet jedoch den Brustbezirk des Bauches inso-
fern nicht ausschliesslich, als auch der Transversus abdominis einigen
Antheil daran hp.t, indem er in den vorderen Enden der vier unteren
Intercostalräumen gewissermaassen eine Ergänzung des Diaphragma
darstellt. Wenn unterhalb der durch die Scheitelpunkte des Diaphragma
gelegten Ebenen, Wunden die Brustwand bei aufrechter Haltung in
horizontaler Richtung penetriren, so dringen sie bei einer gewissen
Tiefe sicher in den Bauchraum ein. Die Eigenthümlichkeit im Ver-
halten des Rippenfelles zur Thoraxwandung bringt es aber mit sich,
dass bei jedwedem Stande des Diaphragma durch penetrirende Wunden
des Brustkorbes bald nur das Cavum pleurae, bald dieses und die
Bauchhöhle zugleich, oder auch nur die letztere allein eröffnet werden
kann.

Das Rippenfell setzt sich nämlich nicht bis zur unteren Grenze
des Brustkorbes fort, sondern es berührt die Knorpel der falschen
Rippen gar nicht, indem es hinter dem, von der 7.—12. Rippe all-
mälig bis zu 6 Ctm. an Länge zunehmenden, vorderen Segmente des
Knochens derselben unter einer nach unten convexen Bogenlinie in die
Pleura phrenica umbiegt. Der unterhalb jener Linie befindliche, gegen
seine Enden spitz auslaufende, im Maximum 3 Querfinger hohe Ab-
schnitt der seitlichen Wand des Brustkorbes hat also durchaus keinen
Antheil an der Begrenzung der Höhle des Pleurasackes, sondern nur
des Bauchraumes, so dass er demnach als ausschliessliche Pars abdo-
minalis der Wand des Brustkorbes erscheint.

Die kuppeiförmige, mit der Wand des Brustkorbes einen spitzen
Flächenwinkel bildende Wölbung des Diaphragma bringt es mit sich,
dass die Höhlen der Pleurasäcke, in ihrem der Peripherie des Thorax
folgenden Laufe, annähernd in dem Maasse sich nach abwärts er-
strecken, als der Bauchraum sich nach oben ausdehnt. So kommt es
denn, dass die an die Concavität des Zwerchfelles genau sich anschmie-
genden Eingeweide der Oberbauchgegend von den Organen des Brust-
raumes durch das Diaphragma hindurch theilweise gewissermaassen
umfasst werden. Diese Beziehungen werden verständlich, wenn man

1) Vgl. J. Vogel in Virchow\'s Handbuch der Pathologie u. Therapie. Bd. VI. Abth. 2. S. 421.

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9

die Architektur des Diaphragma und das Verhältniss seines pleuralen
Ueberzuges zum Eippenfelle näher ins Auge fasst. Ein grosser Theil
des Zwerchfelles steigt jeweils parallel der inneren Seite der Thorax-
wand empor, was namentlich von den lateralen, durch die Rippen-
portionen gebildeten Abschnitten desselben gilt. Diese begrenzen näm-
lich im Vereine mit den Rippenbezirken der Bauchwand enge, nach
vorn und hinten an Höhe allmälig abnehmende, spaltenartige Räume,
welche sich mehr und mehr gegen den Brustraum erweitern und einen
Theil des scharfen, convexen Randes der Lungenbasis in sich aufnehmen.
Ausgekleidet werden diese Spalten von den Brustfellen, deren betreffende
Pars costalis und phrenica sich hier bis zur unteren Lungengrenze un-
mittelbar berühren, jedoch wegen Grlätte und Feuchtigkeit ihrer freien
Flächen leicht aneinander verschoben werden können. Diese engen,
durch die gegenseitige Berührung je zweier verschiedener Abtheilungen
des wandständigen Brustfelles ausgezeichneten Bezirke der Pleurahöhlen
können darnach passend „disponible Räume" der Brustfellsäcke
genannt werden, dass sie stets bereit sind, bei den wechselnden Graden
der Ausdehnung der Lungen diese aufzunehmen. Normalmässig reichen
bekanntlich die Lungen nicht bis zur unteren Grenze des Rippenfelles,
indem sie auch bei der tiefsten Inspiration nur etwa die obere Hälfte
derjenigen Abtheilung des Cavum pleurae noch erfüllen, welche der
sog. Pars verticalis des Diaphragma\'s entspricht. Nur bei sehr tiefer
Inspiration während der reinen Seitenlage des Körpers steigt nach
Gerhardt\'s perkutatorischen Ermittelungen der convexe Rand der
Lungenbasis in der nicht aufliegenden Hälfte des Thorax bis zur un-
teren Grenze des Rippenfelles herab.

In Uebereinstimmung damit, dass seiner Aussenseite nach das
engere Gebiet des Bauches nach oben hin durch den Rand der unteren
Thoraxapertur abgegrenzt wird, zerfällt die Regio thoracico-abdominalis
naturgemäss in zwei Seitenhälften, welche jedoch nur durch das von
den beiden Rippenbogen umfasste Epigastrium äusserlich von einander
geschieden werden. Die innere Sonderung zweier Seitenhälften ist aber
insofern lediglich imaginär , als diese mit dem Epigastrium den ge-
meinsamen Raum der gesammten Oberbauchgegend bilden. Sie kann
aber zum Zwecke einer präciseren Lagebestimmung der betreffenden
Eingeweide künstlich durch zwei Ebenen ausgedrückt werden, w^elche
man sich in der Verlaufsrichtung der beiden Rippenbogen so gelegt
denkt, dass sie in der Medianlinie des Zwerchfelles unter einem spitzen
Flächen Winkel zusammenstossen, wodurch auch das für die Bestimmung
der räumlichen Ausdehnung der Regio thoracico-abdominalis maass-
gebende Zwerchfell in zwei Seitenhälften getrennt wird. Die in solcher
Art theils natürlich, theils künstlich abgegrenzten Seitenhälften der
Regio thoracico-abdominalis pflegen als
Hypochondria bezeichnet zu
werden.

Unter Hypochondrien hat man demgemäss diejenigen Abtheilungen
des Raumes der Oberbauchgegend zu verstehen, welche äusserlich von
den Rippen umschlossen sind. Indem nun aber das Diaphragma wäh-
rend des Lebens in einem unaufhörlichen Wechsel von Senkung und
Hebung begriffen ist, leuchtet es von selber ein, dass die Hypochondrien,
deren Höhe überdies nach Alter, Geschlecht und Individualität variirt,
bei der Inspiration niedriger, als im Momente der Exspiration sein
müssen. Der innige Anschluss der Baucheingew^eide an die Concavität
des Zwerchfelles bringt es mit sich, dass sie alle Bewegungen desselben
theilen, also bei der Einathmung eine tiefere, der Untersuchung leichter zu-
gängliche Stellung einnehmen. Anstatt der normalmässig hiebei stattfinden-
den, in der Erhebung der unteren Rippen nach auswärts-rückwärts begrün-
deten Breitenzunahme der Hypochondrien kann unter verchiedenen
Umständen eine inspiratorische Einziehung derselben erfolgen.
Eine solche pflegt namentlich dann einzutreten, wenn die zur Fixation
der Rippen bei der Zwerchfellthätigkeit erforderlichen Muskeln, nämlich
die Intercostales und Levatores costarum geschwächt sind, oder, z. B.
während des Sehluchzens, durch plötzliche Contraction des Diaphragma
gleichsam unvorbereitet überrascht werden. Insofern die nächste Be-
grenzung des Raumes der Hypochondrien hauptsächlich durch das
Zwerchfell geschieht, muss die Antheilnahme der Rippen an der Bildung
ihrer Aussenwand nach dem jeweiligen Stande des Diaphragma einiger-
maassen wechseln. Wenn man sich während seiner Exspirationsstellung
eine Horizontalebene durch den Scheitel des Zwerchfelles gelegt denkt,
dann ergiebt es sich, dass die unter jener Ebene befindliche Abtheilung
der Wand des Brustkorbes die fünf unteren Rippen in ihrer ganzen
Länge, die drei nächst oberen nur theilweise in sich begreift.

Der Zusammensetzung ihrer Wandung nach stimmen die beiden
Hypochondrien annähernd unter sich überein, indem an ihnen die ge-
nannten Rippen ausser durch Haut und Fascie lateralwärts vom Muse,
serratus anticus magnus und obliquus abdominis externus, hinten vom
Extensor dorsi communis, Serratus posticus inferior und vom Latissimus
dorsi, vorn vom Rectus abdominis, Obliquus abdominis externus und
Pectoralis major überlagert werden. Im linken Hypochondrium bietet
dagegen das in die Zusammensetzung seiner Wand theilweise eingehende
Rippenfell von der Pleura der rechten Seite bemerkenswerthe Ab-
weichungen dar. Vom Sternalende der fünften Rippe an verläuft näm-
lich die vordere Grenze der Pleura costalis sinistra schräg so nach
abwärts-rückwärts, dass sie mit einem verschieden langen medialen
Segmente des Knorpels der sechsten und siebenten Rippe, sowie des
fünften und sechsten Intercostalraumes gar keine Verbindung eingeht.
Ferner breitet sich das linke Rippenfell etwas weiter nach abwärts
aus als das rechte, so dass es sich in der Axillarlinie, welche man
sich vom Köpfchen der ersten Rippe aus vertical nach abw^ärts gezogen
denken muss, bis zum Knochen der zehnten Rippe erstreckt.

Rücksichtlich des Inhaltes ihrer Räume haben die Hypochondrien
nur das mit einander gemein, dass beide ungefähr zu gleichen Antheilen
das obere Ende der Niere und die auf ihm ruhende Nebenniere ent-
halten, welche aber so sehr in die Tiefe verlegt sind, dass sie sich an
die Dorsal wand der Hypochondrien, also hier an das Diaphragma da
anlehnen, wo es vor der zwölften Rippe mit dem äusseren Schenkel
seiner Pars vertebralis emporsteigt. Im Uebrigen unterscheiden sich die
beiden Hypochondrien nach ihrem Inhalte so wesentlich von einander,
dass sie in dieser Hinsieht gesondert betrachtet werden müssen.

1. Das Hypochondrium dextrum.

Der Raum des rechten Hypochondrium wird grösstentheils durch
die Leber eingenommen, von welcher, bei der gewöhnlichen Form und
Grösse dieses Organs, fast der ganze rechte Lappen so in den Brust-
korb aufgenommen, resp. vom Zwerchfelle umfasst wird, dass nur wenig
von ihm den Knorpel der siebenten Rippe überschreitet, dagegen die
letzte Rippe ganz und von der elften, zehnten und neunten Rippe in
der Regel ihr Knorpel von ihm unberührt bleibt. Die Leber erstreckt
sich demgemäss nicht durchgreifend bis zum correspondirenden Rande
der imteren Brustapertur herab, sondern überschreitet den rechten

Rippenbogen nur bis zur Spitze des Knorpels der neunten Rippe, und
zwar in einem von unten nach oben zunehmenden Grade, wobei der
Grund der Gallenblase den Rippenbogen in der fortgesetzten Linea
parasternalis dextra zu überragen pflegt.

Mit ihrer der Concavität des Diaphragma congruenten convexen
Fläche reicht die Pars hypochondriaca der Leber genau so weit in die
Höhe, wie die Kuppel des Zwerchfelles, also beim Exspirationsstande
des letzteren bis zu einer Horizontalebene, welche man sich durch die
Sternalenden des fünften Rippenpaares gelegt denkt, und w^elche durch

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den Körper des neunten Brustwirbels nahe seiner unteren Verbindungs-
fläche hindurchgeht. Dieser höchste Punkt entspricht der Mitte zwischen
Linea mammalis und parasternalis, in welcher Richtung denn auch
die Leber in grösster, nach beiden Seiten hin abnehmender Höhe von
der Lunge bedeckt wird. Damit steht es im Einklänge, dass hier bei
der Exspiration die obere oder wahre Lebergrenze um drei Querfinger
höher als der untere Lungenrand gelegen ist, so dass man sie also
etwa 5 Ctm. über der Dämpfungslinie anzunehmen hat.

Die concave Seite des im rechten Hypochondrium enthaltenen
Leberabschnittes wird zum kleineren Theile von der rechten Mere,
grösstentheils von der Flexura coli dextra berührt. Bei geregelter An-
ordnung setzt sieh das Bauchfell mit glatter Oberfläche als Lig. hepa-
tico-colicum auf die genannte Krümmung des Dickdarms fort. In Folge
einer in diesem Bezirke nicht selten auftretenden Peritonitis können
Adhäsionen zwischen jener Plexur und den umliegenden Theilen ein-
treten. Sie verwächst alsdann innig mit der ihr zugekehrten Leber-
fläche, besonders auch mit der Gallenblase, und es können sich von da
aus anomale Bindegewebsstreifen bis zum Zwölffingerdarme und Pylo-
rus, zum Netze und zur vorderen Bauchwand erstrecken. Je nach
ihrer Ausdehnung und Mächtigkeit können solche Adhäsionen, welche
übrigens nicht\' seltener, und bisweilen gleichzeitig, auch im linken Hy-
pochondrium zwischen Colon, Netz, Milz, Zwerchfell stattfinden, Ver-
änderungen in der Lage der Theile bedingen, die zu stärkeren Knickungen
der Flexuren, zu Axendrehungen des Darmes, sowie zu partiellen Ver-
engerungen seines Lumens Veranlassung geben. Diese Form der Peri-
tonitis, welche die partielle hypochondrische genannt zu werden pflegt,
gehört nach den Beobachtungen Virchow\'s^) zu den häufigsten Er-
krankungen und verdient schon deshalb die grösste Beachtung, weil
sie einen nur zu handgreiflichen Beweis der wirklichen Existenz einer
Hypochondriasis cum materia liefert. Ebensowenig darf bei Beur-
theilung gewisser chronischer ünterleibsleiden das Vorkommen von
Kothanhäufungen in demjenigen Abschnitte des Colon unberücksichtigt
bleiben, der im rechten Hypochondrium verborgen liegt. Ein mit
festen Fäcalmassen überfülltes Colon kann, insoweit es sich dem unteren
Rande der Leber anschliesst, eine ümfangszunahme des matten Per-
cussionstons bedingen, die, wie Fried. Th. Frerichs^) mit Recht
hervorhebt, um so leichter auf die Leber bezogen wird, als nicht selten
wegen gleichzeitiger Compression der Gallenwege ein mehr oder minder
intensiver Icterus besteht. Ja es ist schon wiederholt der Fall vor-
gekommen, dass harte, knollige Scybala, welche als höckerige Tumoren
tastbar waren, für Krebsknoten der Leber gehalten worden sind.

2, Das Hypochondriiim sinistrum.

Im Gegensatze zu dem ziemlich monotonen Inhalte der rechten
Unterrippengegend bietet das linke Hypochondrium eine grosse Mannig-
faltigkeit seiner Bestandtheile dar. Aber nicht blos durch seinen sehr
verschiedenartigen dem Bauchraume angehörigen Einschluss , welcher
■ ausser linker Niere und Nebenniere, einen Theil des Magens, des Pancreas,
des Colon, der Leber, sowie die ganze Milz in sich begreift, nimmt das
für die klinische Diagnose so complicirte Terrain der unteren Hälfte
der linken Seitenwand des Thorax ein so eminentes praktisches In-
teresse in Anspruch, sondern auch der doppelten Beziehung wegen, die
es zum Inhalte des Brustraumes darbietet. Es kommt nämlich hier
nicht allein das Verhältniss der linken Lunge, sondern auch das des
Herzens in Betracht, sowohl zum Magen beim Uebergange der Speise-
röhre in denselben, als auch zu dem in das linke Hypochondrium über-
greifenden zungenähnlich verjüngten Ende des linken Lappens der
Leber.

Im Zustande schon massiger Ausdehnung hat an der Ausfüllung
des Raumes der linken Unterrippengegend den grösstgn Antheil jeden-
falls der Magen, von welchem dasjenige Segment durch den Brustkorb
umfasst wird, welches die sog. Cardia, sowie den Blindsack und min-
destens V» vom Körper in sich begreift. Während die Speiseröhren-
mündung des Magens medianwärts schaut und hinter dem Sternalende
des Knorpels der siebenten Rippe hegt, der Blindsack dagegen nach
aufwärts-rückwärts gekehrt ist, folgt die obere-vordere Fläche des
Magens in der Art der Bauchseite des Diaphragma, dass sie gleich
dieser sehr steil nach vorwärts abfällt und also sowohl an die kuppei-
förmige Pars phrenica sich anlehnt, als auch an diejenige Abtheilung
des Muskels, welche der Rippenwand des Brustkorbes parallel empor-
steigt. Durch den Verein von Leber und Milz, welche sich eine Strecke
weit der Oberfläche des Magens genau anschmiegen, wird die Concavität
des Diaphragma im linken Hypochondrium in ähnlicher Weise, wie
jene im rechten von der Leber, so eingenommen, dass sie fast wie der

1) Archiv für patholog, Anatomie etc. Bd. V. S. 336.

Gelenkkopf und die Pfanne eines Nussgelenkes zu einander passen.
Trotz aller individuellen Schwankungen, welche die Ausbreitung der
Leber darbietet, erstreckt sich doch der linke Lappen dieser Drüse
fast ausnahmslos so weit in\'s Hypochondrium sinistrum hinein, dass er
nicht blos einen Theil des Magenkörpers bedeckt, sondern noch über
die Cardia hinaus auf den Blindsack u. s. w. greift. Der allmälig
saumartig dünn werdende linke Leberlappen schiebt sich so zwischen
den Magen und diejenige Provinz des Diaphragma ein, auf welcher
das Herz ruht, dass man wohl sagen kann, dass dieses grösstentheils
von ihm getragen wird, und demgemäss auch seine Bewegungen durch
denselben auf die vordere Wand des Epigastrium fortgeleitet werden
können. Hinter dem der Dorsalwand des linken Hypochondrium zu-
gekehrten Umfange des Magens ist die Milz so angebracht, dass sie
das von jenem Organe nicht berührte Gebiet der Zwerchfellaushöhlung
hauptsächlich einnimmt und in Verbindung mit der Niere und dem
Ende des Pancreas eine durch Fett vervollständigte Grube erzeugt,
welche den gerade nach rückwärts gekehrten, theilweise seinen Blind-
sack bildenden Umfang des Magens aufnimmt.

Der von den genannten Organen jeweils nicht eingenommene Raum
des linken Hypochondrium wii\'d von der
Flexura coli sinistra erfüllt.
Es hängt aber hauptsächlich vom Grade der Ausdehnung des Magens
ab, wie weit sich jene Dickdarmschlinge in die Höhe erstreckt. Bei
leerem, eng zusammengezogenem Magen wird der dadurch neben dem-
selben frei gewordene Raum durch die Flexura coli sinistra, sowie
durch das mit hinaufgezogene Omentum majus ausgefüllt. Besonders
weit hinauf rückt bei leerem Magen die von Gas stark ausgedehnte
Flexura coli sinistra, die es denn auch viel häufiger ist als der Magen,
welche den tympanitischen vollen Percussionston in der linken unteren
Brusthälfte bedingt und bei starkem Drucke nach aufwärts selbst einen
störenden Einfluss auf die Funktion der Brustorgane ausüben kann.

2) Klinik der Leberkrankheiten. Braunschweig 1858. Bd. I. S. 72.

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Nachdem man übereingekommen ist, den engeren Begriff von Bauch
blos nach den äusseren Formen des Körpers zu bemessen, kann als
unterer gemeinsamer Bezirk desselben nur die in die Höhle des
grossen und des kleinen Beckens stattfindende Fortsetzung desjenigen
Raumes verstanden werden, welcher zunächst noch von dem Perito-
neum umschlossen wird. Damit stimmt denn auch die Auffassung der
praktischen Heilkunde überein, welche die von unten herauf, z. B.
zwischen Mastdarm und Blase, oder zwischen Scheidengewölbe und
Rectum bis in\'s Peritonealcavum vordringenden, oft genug mit Vorfall
von Darmschlingen verbundenen Läsionen nicht weniger als penetrirende
Bauchwunden aufzufassen pflegt, als diejenigen, welche von der Ober-
fläche des Körpers aus den Bauchraum eröffnen. Aus dem Umstände,
dass die Regio pelvino-abdominalis alle diejenigen noch mit dem Bauch-
felle in Berührung stehenden Organe in sich begreift, welche nach
aussen hin von der festen Wand des Beckens umschlossen sind, kann
es nicht befremden, dass auch durch sie hindurch penetrirende Wunden
des Peritonealsackes möghch sind. Schon aus diesem Grunde, aber
auch deshalb, weil gewisse Zustände von Bauchorganen durch die
Beckenwand hindurch mittelst der Perkussion erforscht werden können,
darf die Topographie der Bauch-Becken-Organe hier nicht ausser Acht
gelassen werden. Wir müssen aber zunächst daran erinnern, dass sich
das Bauchfell keineswegs bis zum unteren Ende des Beckens erstreckt,
also auch die Höhle desselben nicht in ihrer Gesammtheit zum Bauch-
raume gezählt werden darf. Es ist nämlich leicht den Nachweis zu
liefern, dass zwischen der unteren Peritonealgrenze und der Aussen-
seite des Bodens der Beckenhöhle ein im Maximum 6 Ctm. hoher
Zwischenraum existirt, in welchen ausser dem unteren Umfange der
Blase und dem Ende des Mastdarmes gewisse Organe, wie die Saamen-
blasen, die Prostata, beim Weibe die Scheide eingeschlossen sind. Doch
kann man einwenden, dass diese infraperitonealen Bestandtheile zum
Bauchfelle sich ähnlich verhalten, wie gewisse retroperitoneale Gebilde,
z. B. die Nebennieren, das Pankreas etc., welche gleichwohl als Bauch-
organe angesprochen zu werden pflegen. Insofern könnte denn auch
der von Bland in aufgestellten Behauptung eine gewisse Berechtigung
zuerkannt werden, dass nämlich der untere Abschluss der Höhle des
kleinen Beckens zugleich als Boden des Bauchraumes angesehen werden
müsse. Trotz des obigen Einwurfes, welcher keine consequente Wider-
legung erlaubt, möchte es aus Gründen der Zweckmässigkeit für topo-
graphische und operative Erörterungen doch zulässig sein, das Peri-
toneum als untere Grenzmarke des Bauches gelten zu lassen. Aber
dennoch kann bei der Lehre vom Situs viscerum abdominalium ohne
Störung einer zusammenfassenden Schilderung nicht Umgang von den-
jenigen Bruchstücken im Uebrigen vom Bauchfelle überzogener Ein-
geweide genommen werden, welche einer peritonealen Verhüllung ent-
behren.

Es dürfte den practischen Bedürfnissen angemessen sein, die Ein-
geweide der Regio pelvino-abdominalis nach ihren räumlichen Be-
ziehungen zu den verschiedenen Wänden des Beckens näher in\'s Auge
zu fassen. Doch muss zuvor daran erinnert werden, dass weder der
Inhalt des Beckens, noch der Zustand der constanten Beckenorgane
sich gleich bleiben. Wenn die Blase sowie der Mastdarm leer und in
sich zusammengezogen sind, dann nimmt die hiedurch weit gewordene
Höhle des kleinen Beckens einen grossen Theil des Dünndarmconvolutes
in sich auf, in Folge dessen die vordere Bauch wand einigermaassen
einsinkt. Die Erleichterung, welche mit Athmungsbeschwerden be-
haftete Individuen nach ergiebiger Harn- und Kothentleerung empfinden,
beruht nun eben darauf, dass der Dünndarm jetzt in das Becken aus-

1) Klinik der Gebärmutter-Chirurgie. Deutsch von H. Beigel. Erlangen 1870. S. 182.

weichen kann und somit in geringerem Grade gegen die Organe der
Oberbauchgegend und durch sie gegen das Zwerchfell andrängt.

Im Bereiche der vorderen, während ihres Verlaufes nach abwärts
mehr und mehr zurückweichenden Wand des Beckens hat die Harn-
blase ihre Lage, deren in die Urethra übergehendes Ende bei jedem
Füllungsgrade der Grenze des mittleren und unteren Drittels der Längen-
axe des Schoossgelenkes entspricht. Die volle, den oberen Beckenrand
mehr oder weniger übersteigende Blase reicht vorn jederseits bis zur
Mitte des horizontalen Schambeinastes. Die nach aufwärts schauende
Wand der vollen Blase erhebt sieh entsprechend dem Halbirungspunkte
ihrer fast horizontal verlaufenden Längenaxe bis zur Grenze des unteren
und mittleren Drittels des Abstandes zwischen Supercihum acetabuM
und dem höchsten Punkte der Crista ossis ilei, während sie sich nach
abwärts bis in die Ebene der Spitze des grossen Rollhügels erstreckt.
Nach rückwärts kann die Ausdehnung der Blase bis zum unteren Rande
des Foramen ischiadicum majus stattfinden, den sie bisweilen noch
ein wenig überschreitet, so dass alsdann in transversaler Richtung in
diese Oeffnung eindringende Verletzungen noch ihre dem Mastdarme
zugekehrte Wandung betreffen können.

Die hintere, hauptsächlich durch das Kreuz- und Steissbein, ausser-
dem durch die Ligamenta sacro-spinosa und sacro-tuberosa gebildete
Wand des Beckens steht mit dem Mastdarme, beim weiblichen Ge-
schlechte auch mit dem Uterus und seinen Adnexa in Beziehung. Von
der linken Articulatio sacro-iliaca an steigt das
Intestinum egestivum
unter Beschreibung einer nach links convexen Krümmung gegen die
Mitte des Kreuzbeines herab, um jetzt eine die Medianlinie nach rechts
überschreitende und in dieser Richtung convexe Biegung zu erfahren,
welche sich bis vor das breite Ende des Lig. sacro-spinosum und sacro-
tuberosum dextrum erstreckt. Diese Flexur geht alsbald in eine dritte,
hinter dem Ende des Kreuzbeines und hinter dem ersten Steissbeine
verlaufende, nach links convexe Krümmung über, die bis auf das Lig.
sacro-spinosum und sacro-tuberosum sinistrum übergreift. Unter Bildung
der nach vorn und unten convexen Perinealkrümmung überschreitet
das Intestinum egestivum schhesslich das Steissbein, w^elches es nach
beiden Seiten hin stark überragt, um mit seiner nach rückwärts an-
steigenden Analöffnung zwischen der beiderseitigen Tuberositas ischii
zu endigen. Aus diesem Verhalten des Mastdarmes zur hinteren Becken-
wandung wird es ersichtlich, dass rechts die obere Hälfte des Kreuz-
beines von ihm frei bleibt, so dass den Knochen dort perforirende
Verletzungen ohne Betheiligung des Darmes möglich sind, andererseits
aber auch das unter die Steissbeinspitze herabragende Endstück des
Darmes von der Rückenseite her, ohne Beschädigung eines Knochens
verwundet werden kann. Je nach der vom Grade der jeweiligen x\\us-
dehnung abhängigen Grösse der geraden Durchmesser des Mastdarmes
springt er bald mehr bald weniger tief gegen die Höhle des kleinen,
Beckens herein, woraus die Möglichkeit seiner Verletzung auch durch
solche Wunden verständlich wird, die in rein transversaler Richtung
durch das Foramen ischiadicum majus eindringen. Da nun im Be-
reiche dieser Lücke der Beckenwand die Excavatio recto-vesicalis liegt,
ist es recht wohl denkbar, dass Projektile beide Foramina ischiadica
majora durchsetzen können, ohne dass weder der Mastdarm noch die
Harnblase beschädigt wird.

In eine theilweise sehr nahe räumliche Beziehung zur Innenseite
der hinteren Beckenwand sind der Uterus und seine Adnexa ge-
bracht. Nach der ziemlich allgemein adoptirten Vorstellung von J.
Marion Sims nimmt jedoch der Uterus im normalen Zustande eine
fast centrale Lage im Becken ein, so dass er weit von der Innenseite

C. Die Eegio pelviEO-abdominalis.

Um

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der hinteren Beckenwand nach vorn abweicht und nicht blos an seinem
vorderen, sondern auch am hinteren Umfange von Darmschlingen be-
rührt wird. Die Längenaxe des Organes soll in einem fast rechten
Winkel zu sein er Vaginalportion stehen, und der Fundus in dieDirection des
Nabels fallen, der Muttermund aber gegen das Ende des Steissbeines
gekehrt sein.

Einen scharfen Gegensatz zu diesen Angaben bilden die von
M. Claudius\') gemachten Erfahrungen, nach welchen in der über-
wiegenden Mehrzahl der Fähe der Uterus sowie die breiten Mutter-
bänder und die Ovarien der hinteren Beckenwand und dem Mastdarme
grad so dicht anliegen, wie etwa die Lungen der Rippenwand. Auch
während der Schwangerschaft berührt der Uterus die hintere Becken-
wand bis zum Promontorium hinauf, um dieselbe bei der Involution
nicht wieder zu verlassen. Der Eierstock ruht in einer seichten Grube
— fossa ovarii —, welche in demjenigen fetthaltigen Bindegewebe
ausgetieft ist, das am oberen Rande des Muse, pyriformis die zum
Durchtritte der Vasa glutea superiora dienende Lücke vollends ausfüllt.
Die Vorderseite des Ovarium wird von der Ala vespertilionis ganz be-
deckt, so dass nirgends Därme mit demselben in Berührung kommen.
Die Tube verläuft dem convexen Rande des Eierstockes entlang nach
aussen und biegt sich dann so abwärts hinter das Ovarium, dass das
Infundibulum in der lateralen Hälfte der Fossa ovarii zwischen dem
Grunde der Grube und der Hinterseite des Eierstockes eingeschlossen ist.

Nach der Wahrnehmung, die ich an dem Taf. V. Fig. III. abge-
bildeten Durchschnitte gemacht habe, welcher in der Richtung seiner
oberen Apertur durch das Becken einer fest gefrorenen weiblichen
Leiche hergestellt wurde, könnte man geneigt sein, sich den Angaben
von Claudius anzuschliessen. Wenn man an jener Figur das Verhält-
niss der breiten Mutterbänder zu derjenigen Abtheilung des parietalen
Bauchfelles betrachtet, welche aus der Umbiegung ihres hinteren Blattes
hervorgeht, und überdies in Erwägung zieht, dass der Uterus in eine
seinem hinteren Umfange durchaus congruente, von einem subperi-
tonealen Fettlager ausgepolsterte Peritonealnische eingefügt ist, möchte
man sich nicht leicht dafür entscheiden können, in dieser Anordnung
eine durch abnorme Einflüsse bedingte Rücklagerung der Gebärmutter
zu erblicken. Indem die hintere Seite des Uterus und seiner breiten
Bänder sich an das der hinteren Beckenwand angehörige parietale
Bauchfell glatt anschliesst, wird der sog. hintere Beckenraum, d. h.
das Cavum Douglasii, von welchem man anzunehmen pflegt, dass es
in der Regel Darmschlingen aufnehme, zu einer so engen Spalte redu-
zirt, dass nur eine dünne Schichte von Liquor peritonei die einander
zugekehrten serösen Flächen von einander trennt. Diese, wie mir
scheint, gesetzmässige Reduction des Douglasischen Raumes zu einer
engen Spalte, bringt unter anderem die Erklärung des unzweifelhaften
Vorkommens einer extrauterinalen Ueberwanderung des Eies dem
Verständnisse viel näher, als es mit der Annahme eines weit offenen,
Schlingen des Darmkanales enthaltenden Douglas\'schen Raumes mög-
lich ist.

Unter den Gynäkologen scheint sich dieser Ansicht von der Lage
des Uterus und seiner Adnexa V. Hueter®) zuzuwenden, indem er
bemerkt, dass, weil die hintere Wand des Uterus in viel grösserer
Ausdehnung, als die vordere vom Peritoneum überzogen ist, man an-
nehmen sollte, dass die Intestinalschlingen hinten weiter hinab als vorn
den Uterus bedecken. Die Erfahrung an Lebenden, sowie die Unter-
suchungen an Leichen sprechen jedoch nicht zu Gunsten einer solchen
noch ziemlich allgemein verbreiteten Voraussetzung. Das sparsame
mir zu Gebote gestandene Untersuchungsmaterial berechtigt mich nicht,
ein entscheidendes Urtheil darüber abzugeben, ob die Angaben von
Claudius auf die normale, oder auf eine pathologisch retrovertirte
Lage des Uterus bezogen werden müssen. Gleichwohl habe ich die
Gelegenheit nicht versäumen wollen, jene u.nter allen Umständen lehr-
reiche Abbildung in der Literatur niederzulegen.

Bei der Rundung des Beckenumfanges und dem wechselnden Vo-
lumen des Intestinum egestivum und der Harnblase kann es nicht fehlen,
dass diese letzteren Organe auch auf die seithchen, im reinen Profil zur
Ansicht gelangenden Gebiete des Beckens übergreifen. Indem wir diese
Organe jetzt nicht mehr weiter berücksichtigen, haben wir hier die Be-
ziehungen nur derjenigen Eingeweide in\'s Auge zu fassen, welche eine
ausschliessliche Beziehung zur Seitenwand des Beckens und zwar zum
Darmbeine haben, jedoch rechts und links nicht die gleiche Beschaffen-
heit darbieten. An die Innenseite des rechten Darmbeines, resp. an
den Muse, iliacus dexter lehnt sich theilweise das Colon ascendens, so-
wie der Blinddarm an, welcher bald mehr gegen die Höhle des kleinen
Beckens hereimagt, bald entlang der äusseren Hälfte des Poupart\'schen
Bandes sich dicht an die Wand des Hypogastrium anschmiegt. Auf
der Innenseite des linken Darmbeines breitet sich die Flexura sig-
moidea aus, die auch hier schon an der hinteren Grenze desselben ihren
Uebergang in das Intestinum egestivum erfährt, übrigens ausserordent-
hchen Schwankungen des Lagerungsverhältnisses unterworfen ist.

II. Die Lage der Eingeweide des Bauches im Einzelnen.

Ihrer physiologischen Bedeutung nach gehören von den im Bauche
enthaltenen Organen die meisten, nämhch der Magen, Darmkanal, die
Leber, das Pankreas dem Verdauungsapparate an, weshalb denn auch
sie für die Qualitäten jener Abtheilung des Rumpfes am meisten maass-
gebend sind. Ausserdem enthält das Cavum abdominis aber auch noch
einen Theil des Harnapparates, sowie lymphatische Gebilde, ferner Blut-
gefässstämme, und mächtige Nervenausbreitungen, welche überwiegend
aus dem Gangliensystem herzuleiten sind.

Nach ihren allgemeinen räumlichen Beziehungen hat man sich daran
gewöhnt, die Eingeweide des Bauches in „Organa extra und in Organa
intra saccum peritonei sita" einzutheilen. Das Verhalten des Perito-
neum zu den mit ihm überhaupt in Berührung kommenden Eingeweiden

1) Bericht über die XXIX. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte. Giessen 1865.

S. 192.

2) Vgl. H. Luschka, Schwangerschaft in dem rechten rudimentären Hörne eines Uterus
ist aber nur insoweit ungleich, als es die einen bis auf sehr beschränkte,
dem Ein- und Austritt von Gefässen und Nerven dienende Stellen um-
hüllt, andere dagegen in grösserem Umfange frei lässt oder nur lose an
ihnen vorbeizieht. Jene alt hergebrachte Eintheilung der Baucheinge-
weide ist aber deshalb ganz unlogisch und irrthümlich, weil in Wahrheit
sämmtliche Organe des Bauches ausserhalb des Peritonealsackes hegen
und nur eben in wechselndem, sich nicht einmal immer gleich bleibendem
Grade mittelst Einstülpungen mehr oder weniger tief gegen sein dadurch
zu einer engen Spalte reduzirtes Cavum hereinragen.

Hinsichtlich des speziellen Lagerungsverhältnisses der einzelnen
Baucheingeweide erachten wir es für zweckmässig, dieselben in nach-
stehender Reihenfolge aufzuführen:

unicornis mit einem Corpus luteum verum im Eierstocke der entgegengesetzten Seite. Zeit-
schrift für Geburtskunde. 1863. S. 31.

3) Die Flexionen des Uterus. Leipzig 1870.

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pr

13

1. Der Magen.

Nicht blos zum Zwecke einer gründliehen Beurtheilung gewisser
penetrirender Bauchwunden, sowie zur Exploration vom Magen aus-
gehender Greschwülste oder anderweitiger örtlicher Anomalieen ist die
genaueste Kenntniss der Lage dieses Eingeweides nöthig, auch gewisse
Erscheinungen bei der Percussion des Inhaltes der Brusthöhle, welche
von den räumlichen Beziehungen des Magens abhängig sind, können nur
durch sie zu einem befriedigenden Verständnisse gelangen. In jüngster
Zeit hat ausserdem die Topographie des Magens durch die Localbehand-
lung desselben mit der Pumpe, sowie dadurch ein neues Interesse ge-
wonnen, dass selbst eine Methode in Aussicht genommen worden ist,
das Innere des Organes als Spiegelbild zur Ansicht zu bringen.

Mit so mannigfachen Bedürfnissen und Zielen der praktischen Heil-
kunde stehen die Vorstellungen in einem seltsamen Widerspruche, welche
man bis in die neueste Zeit hinsichtlich der normalen Lage des Magens
gehegt hat. Auch in der Gegenwart ist die althergebrachte Tradition
noch nicht vöUig erloschen, nach welcher der Magen als ein quer unter
dem Zwerchfelle liegender Sack bezeichnet wird, dessen Pförtnerende in
das rechte Hypochondrium hineinreiche. Dieser, unter Anderen von
E. H. Weber vorgetragenen Lehre, schloss sich namenthch C. Fr.
Th. Krause®) unbedingt an, indem er behauptet, dass der Magen in
querer Richtung durch die Regio epigastrica ziehe und mit seinen Enden
in beide Hypochondrien übergehe. Aber nicht blos in Deutschland ist
die Meinung sehr verbreitet, dass der Magen quer hege und in beide
Hypochondrien übergreife, auch ausländische Schriftsteller sind nicht
weniger in diesem Irrthume befangen. So bemerkt z. B. W. Sharpey
von ihm: „seated in the left hypochondriac, and the epigastric regions
and in a part also of the right hypochondrium." Als Beweis dafür,
dass diese und ähnhche Ansichten von der Lage des Magens auch als
Grundlage für die praktische Heilkunde gedient haben, mögen die nach-
stehenden Auseinandersetzungen von W. B r i n t o n gelten. Nach diesem
Autor liegt der Magen beinahe quer von links nach rechts und ist mit
der Speiseröhre an seinem höchst (!) liegenden Punkte verbunden, wäh-
rend das Pförtnerende in das Hypochondrium\' dextrum hereinragt.

Obwohl wir die auf verschiedenen Wegen ermittelte wahre Lage
des Magens erst vor nicht langer Zeit zur näheren Kenntniss brachten,
haben die Resultate der in dieser Hinsicht von mir angestellten Unter-
suchungen doch bereits so vielfache Bestätigungen und Anwendungen
gefunden, dass man schon jetzt die erfreuliche Wahrnehmung constatiren
kann, dass die meisten Lehrer und Schriftsteller die Sache für ganz
selbstverständhch erachten, und manche unter ihnen dieselbe sogar nie
anders aufgefasst haben wollen. Mit den früheren, entschieden irrthüm-
lichen Vorstellungen über die Lage des Magens ■ pflegte man aber auch
eme unrichtige Ansicht über die Beschaffenheit des Organes während
des Zustandes seiner Leerheit zu verbinden. Nachdem schon C. Fr.
Th. Krause die Angabe gemacht hatte, dass am leeren Magen die
vordere und die hintere Wand desselben schlaff aneinander liegen, lieferte
später Brinton eine Beschreibung, welche an Unrichtigkeit die seiner
Vorgänger weit übertrifft, indem er sagt: „wenn der Magen keine Nah-
rungsmittel enthält und auch nicht von Luft ausgedehnt ist, so hängt
er abgeplattet herab. In diesem Zustande des Organs gelangt der Bissen,
welcher aus der Speiseröhre hereintritt, sogleich in den Grund des Ma-
gens, der den abhängigsten Theil desselben bildet. Die Aufnahme
von weiteren Mengen gleicht den oberen und den unteren Rand aus,
wobei sie die vorher aneinander hegenden Flächen trennt. Die Ansicht

1) Vergl. Ad. Kussmaul, lieber die Behandlung der Magenerweiterung durch eine
neue Methode. Freiburg i./ß. 1869. S. 5.

2) Handbuch der Anatomie des Menschen. Vierte Ausgabe. Stuttgart 1833. Bd. IV
S. 267.

3) Handbuch der menschlichen Anatomie. Zweite Auflage. Hannover 1841. S. 617.

vom schlaffen Herabhängen des leeren Magens scheint auch Fr. Ar-
nold®) zu theilen, wenn er behauptet, dass derselbe bei der Anfüllung
mit seinen Flächen und Rändern in der Art sich drehen müsse, dass
seine grosse Krümmung nach vorn und hnks, die vordere Fläche nach
oben und rechts sich wende, die Cardia und das Pförtnerende aber fast
horizontal zu liegen kommen.

Eine den genannten Anschauungen entsprechende Beschaffenheit
bietet ein leerer Magen nur in seinem einige Zeit nach dem Tode er-
schlafften Zustande dar, in welchem dann allerdings seine Wände, wenn
er am Oesophagus und Pylorus in die Höhe gehalten wird, dem Gesetze
der Schwere folgend, herabhängen und mit ihren jetzt glatten Schleim-
hautflächen so aneinander liegen, dass die grosse sowie die kleine Cur-
vatur als wirkhche Ränder erscheinen, und das ganze Organ wie abge-
plattet aussieht. Wie man sich an möghchst frischen Leichen von
Selbstmördern oder Hingerichteten, welche vor dem Tode längere Zeit
gefastet hatten, leicht überzeugen kann, ist der leere Magen nicht schlaff
und hängend, sondern so stark in sich zusammengezogen, dass sein
Volumen sehr reduzirt ist, er sich fest anfühlt und auf Durchschnitten
eine spaltenartig enge Höhle zeigt. Die Wand eines derartig in sich
selbst zusammengezogenen Magens ist auffallend dick, so dass sie bis
zur Höhe der Falten bis zu 13 Mm., zwischen denselben jedoch kaum
halb so viel beträgt. Während die Aussenseite eines so contrahirten
Magens glatt oder nur fein gerunzelt erscheint, zeigt die Schleimhaut-
fläche einen plumpen Faltenwurf, welcher jedoch keiner regelmässigen
Anordnung folgt. Die meisten dieser wulstartigen, den Windungen der
Hemisphären des grossen Gehirnes einigerniaassen ähnhchen Palten fliessen
zu netzartigen Figuren unter sich zusammen, während nur diejenigen,
welche der kleinen Curvatur entsprechen, mehr gesondert sind und einen
deutlich ausgeprägten longitudinalen Verlauf nehmen.

Mit zunehmender Anfüllung des Magens findet eine mit entspre-
chender Relaxation der Muskulatur verbundene Ausdehnung desselben
statt, deren Maximum jedoch auch innerhalb des Breitegrades der Nor-
malität sehr bedeutenden Schwankungen unterhegt. Ohne eine normale
Spannung zu erleiden, vermag der Magen des erwachsenen Menschen
je nach der Individualität durchschnitthch 1^2—2 Liter zu fassen, kann
aber unter pathologischen Verhältnissen, wie seine Entleerung mittelst
der Magenpumpe bewiesen hat, eine 5 mal so grosse Menge Flüssigkeit
enthalten. Die normale Capacität des Magens pflegt man ganz allge-
mein darum grösser anzugeben, weil die Bestimmungen durch Anfüllung
mit Wasser am isolirten Organe vorgenommen werden, dessen Wandung
nicht allein wegen ihrer Erschlaffung, sondern auch deshalb einer weit
über die Norm hinausgehenden Dehnung fähig ist, weil ihr durch keine
dicht anschliessende Umgebung natürliche Schranken gesetzt werden.
Jedenfalls weniger fehlerhaft dürfte wohl das von mir in Anwendung
gebrachte Verfahren sein, den Magen bei geschlossenem Bauche von der
Speiseröhre aus in dem Grade mit Luft anzufüllen, als dies die Um-
gebung desselben gestattet. Auf geeigneten Durchschnitten des nach-
träglich zum Gefrieren gebrachten Leichnams wird der Magenraum mit
Gypsbrei gefüllt, wodurch sich Abgüsse erzielen lassen, welche sieh sehr
gut zur Bestimmung der Capacität eignen. Durch dieses Verfahren ge-
winnt man zugleich Kenntniss davon, dass der in seiner natürhchen Lage
ausgedehnte Magen nicht genau die Form des im isolirten Zustande
aufgeblasenen Organes darbietet, sondern allerlei, von der Nachbarschaft
herrührende, ihr angepasste Eindrücke besitzt.

4) Elements of anatomy by J. Quain. Sixth Ed. by W. Sharpey. London 1856.
Vol. in. p. 144.

5) Die Krankheiten des Magens. Aus dem Englischen von H. 0. Bauer. Würzburg 1862.
S. 2 und 3.

6) Handbuch der Anatomie des Menschen. Bd. IL S. 71. Freiburg i./B. 1847.

4

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Um über die Lage des Magens die für den lebenden Körper maass-
gebenden Aufschlüsse zu erhalten, genügen die Betrachtungen desselben
an dem, wenn auch noch so weit geöffneten Bauche nicht, es ist viel-
mehr nöthig, sieh anderer, seine ursprüngliche Lage nicht alterirender
Untersuchungsmethoden zu bedienen, deren wesentliche, einmal zur
sicheren Kenntniss gelangte Resultate sich dann allerdings gelegentlich
bei Sectionen annähernd constatiren lassen. In dieser Hinsieht gewähren
aber die Untersuchungen an fest gefrorenen Leichen deshalb die sichersten
Aufschlüsse, weil sowohl die Yerlaufsrichtung des Magens, als auch sein
Verhältniss zur Nachbarschaft unverrüekt bleiben. Um die Beziehung
des Magens zum Zwerchfelle zu ermitteln, eignet sich ein in der Ebene
der höchsten Stelle desselben gemachter Querdurchschnitt des Rumpfes,
wobei man nach Entfernung der Lungen und des Herzens, das Diaphragma
vorsichtig mit Meissel und Hammer abtragen muss, wodurch alle Be-
standtheile der Oberbauchgegend insoweit frei gelegt werden, als sie sich
der Concavität des Diaphragma innig anschliessen und die Krümmungs-
verhältnisse seiner Kuppel genau wiederholen. Ungemein lehrreiche
Aufschlüsse über die Stellung des Magens, sowie darüber, was unter
und hinter dem Organe liegt, erhält nian durch einen sagittalen Schnitt,
welcher zwischen der linken Linea parasternalis und papillaris geführt
wird, an dem man sich zugleich am besten über den Ort und die
Art der Einmündung des Oesophagus unterrichten kann. Durch diese
und ähnliche Methoden wird man sich gründlich davon überzeugen, wie
ganz abweichend der Situs stomachi von der gangbaren Vorstellung ist,
nach welcher der Magen in der Art quer liegen soll, dass der Scheitel
des Blindsackes gegen die linke Rippenwand schaut, das Pylorusende
in das rechte Hypochondrium hereinragt, die Speiseröhre in den oberen
Umfang des Organes einmündet, und die Spitze des Schwertfortsatzes bei
der Exspirationsstellung des Zwerchfelles der Mitte der vorderen Magenwand
entspricht. Bei allem Wechsel seines Volumens ist der Magen in der Art
auf den Raum der Oberbauchgegend vertheilt, dass etwa desselben —
pars hypochondriaca — im linken Hypochondrium enthalten, also vom
Brustkorbe umschlossen sind, während nur \'/i — pars
epigastrica —

im Epigastrium, d. h. hinter der zwischen den beiden Rippenbogen be-
findlichen Bauchwand seine Lage hat. Im Allgemeinen kann man sagen,
dass der Magen mit dem grössten Theile seiner Länge schräg von links
und hinten nach rechts und vorn herabsteige, um sich schliesslich, näm-
lich mit seiner Portio pylorica, wieder zu erheben und dabei um so
stärker von der vorderen Bauchwand zurückzuweichen, je mehr er sich
seinem Ende nähert. Hinsichtlich derLängenaxe des Magens kann man
die Richtung derselben annähernd als eine etwas gedehnte, schief nach
rechts abfallende Spirallinie bezeichnen und wird man sich demnach von der
Wahrheit nicht weit mit der Annahme entfernen, dass nämhch der Magen
eine in jener Art gekrümmte Sehlinge darstellt, welche mit ihrer Con-
cavität die Pars lumbalis des Diaphragma theilweise umgreift, während
die sog. grosse Curvatur im Wesentlichen der Krümmung der Seiten-
wand des linken Hypochondrium folgt.

Die Erhebung des Magens aus der bald mehr bald weniger steil
von links, hinten und oben nach rechts, vorn und unten abfallenden,
beim weiblichen Geschlechte häufig genug nahezu verti-
calen Richtung beginnt gewöhnlich erst in der Mittellinie des Epi-
gastriums, in welcher denn auch das Organ am w^eitesten nach abwärts
reicht, so dass es sich bei mässiger Füllung hier bis zur Mitte des Ab-
standes zwischen der Spitze des Schwertfortsatzes und dem Nabel er-
streckt. Eine vom Halbirungspunkte jenes Abstandes zum linken Rip-
penbogen gezogene Horizontale trifft ungefähr auf die Stelle, an welcher
sich der Rippenbogen mit der grossen Curvatur kreuzt. Ueber den
Grad der schräg abfallenden Richtung des Magens erhält man einen
annähernd präcisen Ausdruck, wenn man sich eine dem Laufe der Kranz-
arterien folgende Ebene durch den Magen gelegt denkt und den Winkel
bestimmt, den eine frontale Ebene mit jener schiefen bildet. Dieser
Winkel beläuft sich aber durchschnittlich auf 48° und bleibt sich, wie
sagittale, an gefrorenen Leichen gemachte Durchschnitte des linken Hy-
pochondrium gezeigt haben, am ausgedehnten und an dem in sich zu-
sammengezogenen Magen nahezu gleich, woraus allein schon hervorgeht,
dass von einer Drehung des Magens beim Uebergange aus dem Zustande
seiner Leerheit in den der Ausdehnung keine Rede sein kann, womit
es denn auch übereinstimmt, dass die Stellung der sog. Curvaturen des
Magens in beiden Zuständen keine wesentliche Abänderung erleidet.

Bei einer noch innerhalb der Grenzen der Normalität befindlichen,
wenn auch schon starken Ausdehnung des Magens wird von demselben
bei weitem nicht die ganze Höhe des linken Hypochondrium eingenom-
men. Es folgt vielmehr von der Linea scapularis an der nach unten
und hinten schauende Umfang des Magens dem oberen Rande des Kno-
chens der achten Rippe, dessen Richtung jener Umfang auch im Wesent-
lichen bis zur Mittellinie des Epigastrium, resp. bis zum Halbirungspunkt
des Abstandes zwischen Processus xiphoideus und Nabel fortsetzt. In
Fällen pathologischer Erweiterung kann sich der Magen bis in das Hypo-
gastrium heraberstrecken, was während des Lebens sowohl durch In-
spection und Perkussion, als auch durch die peristaltischen Bewegungen
des Organes nachgewiesen worden ist. Unter keinen Umständen aber
reicht der Magen bis zur hinteren Wand der Höhle des linken Hypo-
chondrium, sondern nur bis etwa zur Grenze des mittleren und hinteren
Drittels der Pars phrenica, d. h. derjenigen Abtheilung des Diaphragma,
welche sich frei gegen den Brustraum herein wölbt.

Die voran stehenden allgemeineren Bemerkungen über die Lage des
Magens können zum Verständnisse seiner vielfachen räumlichen Be-
ziehungen noch nicht genügen, es ist vielmehr hiezu nöthig, die spe-
ziellen Verhältnisse des Anfanges und Endes sowie der verschiedenen
Seiten des Organes in\'s Auge zu fassen.

a. Der Anfang des Magens.

Obwohl der Blindsack den Uebergang der Speiseröhre in den Magen
in der Richtung nach hinten und oben mehr oder weniger w^eit überragt,
so kann der Scheitel des Fundus, welcher ohnehin eine erst im Ver-
laufe der Entwicklung des Ojganes allmälig auftretende Bildung ist,
nicht wohl als Anfang desselben betrachtet werden. Als solcher muss
vielmehr der obere Magenmund, die von Alters her sog. Cardia an-
gesprochen werden.

Wer es aber versucht in Erfahrung zu bringen, was man unter
Cardia zu verstehen pflegt, dem kann es nicht entgehen, dass die An-
gaben in dieser Hinsicht jedenfalls schwankend sind. Manche Autoren
beschränken sich auf die allerdings ganz unverfängliche Bemerkung, dass
man darunter eben die Einmündung der Speiseröhre in den Magen, also
einfach die Grenze zwischen beiden Organen zu begreifen habe. Im
Widerspruche damit, dass Cardia so viel als Ostium oesophageum des
Magens, also diesem Wortlaute nach lediglich eine Mündung ausdrücken
soll, wollen die meisten Schriftsteller älterer und neuerer Zeit gleichwohl
eine ganz bestimmte Abtheilung des Nahrungsrohres darunter verstanden
wissen. So bezeichnet z. B. S. Th. SömmerringO als Cardia das
trompetenförmige Schlundende des Magens und hegt auch Fr. Arnold®)
die gleiche Vorstellung, wenn er sagt: der Magenmund stelle sich als
die trichterförmige Erweiterung und Fortsetzung des Endes der Speise-
röhre dar. Däraus geht doch wohl unzweideutig hervor, dass diese

2) Eingeweidelehre. Frankfurt a. M. 1796. S. 226.

3) Handbuch der Anatomie des Menschen. Freiburg i. B. 1847. Bd. II. 1. S. 70,

1) Vgl. Ä. Kussmaul, Ueber die Behandlung der Magenerweiternng etc. Freiburg i./B.
1869. S. 7.

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beiden Schriftsteller die in jenem Sinne sog. Cardia nicht zum Oeso-
phagus rechnen, sondern sie für eine integrirende Abtheilung des Magens
halten.

Es wird darüber kaum ein ernstlicher Zweifel obwalten können,
dass bei dem äusserlich ohne Grränzen stattfindendenUebergange der
Speiseröhre in den Magen nur die für beide Organe specifischen Eigen-
schaften dafür maassgebend sein können, wohin das Ende der Speise-
röhre und der wahre Anfang des Magens, also die eigenthche Einmün-
dung des Oesophagus in den letzteren verlegt werden muss. Die Grränze
zwischen Speiseröhre und Magen ist aber an der Schleimhaut ungemein
deutlich und scharf ausgeprägt durch eine unregelmässig gebrochene
Linie, welche da dem ganzen inneren Umkreise des Nahrungsrohres folgt,
wo dieses beginnt in die Sackform des Magens überzugehen, so dass
also jene Linie den eigentlichen oberen Mund desselben, sein wahres
Ostium oesophageum bezeichnet. Mit dieser durch den Rand rundlicher,
mehrfach eingekerbter, grösserer und kleinerer Lappen gebildeten Linie
beginnen die Eigenthümhchkeiten der Magenschleimhaut, welche sich
durch eine dunklere Färbung, grössere Weichheit und Succulenz, durch
zahllose dicht gedrängte Poren schon dem unbewaffneten Aiige ankün-
digen. Mit Hilfe des Mikroskopes überzeugt man sich davon, dass genau
mit dieser Linie das Cylinderepithelium beginnt, und ebenso die Schleim-
haut plötzlich anfängt fast nur aus Labdrüsen zusammengesetzt zu sein.
Aber nicht blos durch diese Beschaffenheit ist die Grränze zwischen Magen
und Speiseröhre ausgesprochen, sondern auch durch eine neue Anordnung
der Musculatur, sowie derjenigen Venen, welche unter der Schleimhaut
ihre Ausbreitung haben.

Die äussere longitudinale Muskelschichte des Oesophagus strahlt in
sehr oberflächhchem, grösstentheils rein subserösem Verlaufe nach allen
Richtungen aus, wobei jedoch die meisten ihrer Bündel dem Laufe der
kleinen Curvatur des Magens folgen. Ohne Ausnahme dringen, wie ich
an zweckmässig in Chromsäure erhärteten Objecten gefunden habe,
etliche Längsbündel durch die Ringfaserschichte der Gegend des Ostium
oesophageum hindurch, um mittelst feiner elastischer Sehnchen bis zur
Mucosa vorzudringen. Die glatte Musculatur, welche diese Mündung
umkreist, besteht an ihrem rechten Umfange nur aus Segmenten der
sich auf den Magen fortsetzenden Ringfaserung der Speiseröhre, welche
der verticalen Lage der Pars hypochondriaca des Magens gemäss auch
an dieser die transversale Richtung bewahren. Am linken Umfange
besteht die Musculatur zugleich aus Bündeln der Fibrae obliquae, welche
mit den Ringfasern vorn und hinten sich kreuzen. Es ist demnach
keineswegs richtig, wenn Fr. Arnold behauptet, dass die Fibrae obli-
quae wagrechte Kreise beschreiben, die sich an der Cardia an die cir-
culären Fasern der Speiseröhre anschliessen und um das Ostium oeso-
phageum ein breites horizontales Band, einen wahren „Sphincter cardiae"
erzeugen. Ein besonderer Schliessmuskel des oberen Magenmundes
existirt ganz entschieden nicht, vielmehr wird der Abschluss des Magens
gegen die Speiseröhre durch keine anderen Mittel bewerkstelligt, als
durch diejenigen, welche jenes Rohr ausserhalb des Zustandes der De-
glutition oder der gewaltsamen Austreibung des Mageninhaltes nach
oben bis zu seinem Ende herab unter Bildung strahhg auslaufender
Längsfalten seiner Schleimhaut geschlossen erhalten.

Ueber das Verhältniss, welches zwischen den Venen des Magens
und der Speiseröhre obwaltet, ist bis jetzt nichts Näheres bekannt ge-
worden, indem man sich ledighch auf die Bemerkung beschränkt hat:
die Vena coronaria ventricuh superior nehme Venenzweige vom Ende
der Speiseröhre auf. An vollkommen gelungenen Injectionen kann man
sich jedoch leicht davon überzeugen, dass es nicht blos zahlreiche fei-
nere parallel neben einander vom Oesophagus herabsteigende Venchen
gibt, welche im Umkreise des oberen Magenmundes in die bis unmittel-
bar an diesen heranreichenden netzförmigen Ramificationen der Vena
coronaria ventriculi superior übergehen und somit durch diese ihr Blut
in den Stamm der Pfortader ergiessen. Es gelingt ohne Schwierig-
keit den Nachweis zu liefern, dass ohne Ausnahme auch etliche stärkere
Stämmchen existiren, welche aus dem Zusammenflusse feinerer Zweige
der Magenvenen hervorgehen und eine Strecke weit durch die Wand des
Oesophagus in die Höhe ziehen. Nach kürzerem oder längerem Verlaufe
durchbohren sie die Wand der Speiseröhre, um in die Vena azygos und
hemiazygos überzugehen. Es bedarf wohl kaum der Bemerkung, wie
bedeutungsvoll unter Umständen dieser Zusammenhang der Venen des
Magens mit jenen der Speiseröhre werden kann. Obschon es mir bis
jetzt nicht möglich gewesen ist, in pathologischen Fällen die theoretisch
wohl begründete Voraussetzung zu bestätigen, dass nämlich bei sehr
eingreifenden allmähg entstandenen Störungen des Pfortaderkreislaufes
zur Herstellung einer ergiebigen collateralen Fluxion jene Communi-
cationen bedeutende Grade der Erweiterung erfahren können, so hege
ich doch nicht den mindesten Zweifel, dass dies in manchen Fällen wirk-
lich zutreffen wird. Dass es selbst bei bedeutenden Stauungen im Pfort-
adersystem nicht regelmässig stattfindet, kann recht gut damit erklärt
werden, dass es noch anderweitige Auswege für das in seinem natür-
lichen Laufe gehemmte Pfortaderblut gibt, welche aus verschiedenen,
nicht immer zu ermittelnden Gründen vorzugsweise in Anspruch genommen
werden. In dieser Hinsicht ist daran zu erinnern, was A. Retzius\')
schon vor langer Zeit nachgewiesen hat, dass nämlich die Venen, welche
zur Bildung des Pfortadersystems beitragen, mehrfache Verbindungen
mit Aesten eingehen, welche das Blut direct in die untere Hohlader
entsenden. Namentlich verdient ein grosses dichtes Venennetz an der
Aussenseite des Bauchfelles berücksichtiget zu werden, aus welchem Zweige
hervorgehen, die an der hinteren Abdominalwand einerseits mit Venen
des Colon ascendens und descendens, andererseits mit den Nieren- und
Beckenvenen in Verbindung stehen, mit welchen letzteren ausserdem das
Hämorrhoidalgeflecht Communicationen eingeht. Eine nicht unwichtige,
wie es scheint nur wenig bekannte Communication besteht auch zwischen
der Milzvene und dem System der Azygos. Sie wird gebildet durch
etliche Zweige, welche von der Lienalis in der Gegend der Cauda pan-
kreatis ausgehen und zur Vena azygos emporsteigen. In einem von
R. Virchow^) beobachteten Falle einer Obturation der Pfortader waren
dieselben in weite, von Blut erfüllte Säcke umgewandelt.

1) Zeitschrift f. Physiologie von Tiedemann u. Treviranus. Bd. V. S. 105.

Wenn darüber kein Zweifel obwalten kann, dass die beschriebene
ausgezackte Linie an der freien Schleimhautseite die obere Mündung
des Magens und somit dessen eigentlichen Anfang bezeichnet, wird man
zur Annahme genöthigt sein, dass die zwischen ihr und dem Hiatus
oesophageus des Zwerchfelles befindliche Abtheilung der Speiseröhre als
„Bauchtheil" der letzteren zu betrachten ist.

Die in dieser Weise abgegränzte Pars abdominalis der Speiseröhre
besitzt eine nur geringe Länge, welche im Maximum 3 Ctm. beträgt
und von hnks nach rechts allmälig zunimmt. Im Allgemeinen kann
man sagen, dass sie eine trichterähnliche Form habe, deren Basis äusser-
lich fast allenthalben unmerkhch in den Magen übergeht. Nur der
linke Umfang der Basis des Trichters pflegt durch eine Rinne deuthch
vom angränzenden Blindsacke geschieden zu werden. Doch ist ein Bei-
spiel zu meiner Wahrnehmung gelangt, wo auch hier der Uebergang in
den Magen ahmälig erfolgte, und überdies der Bhndsack in der Richtung
nach hinten-oben einen kegelförmigen Anhang besass, wodurch eine ge-
wisse Aehnhchkeit mit der Gestalt des Schweinsmagens herbeigeführt
wurde. In seltenen Ausnahmsfällen findet äusserlich im ganzen Um-
kreise eine deuthche Abgränzung der Pars abdominalis der Speiseröhre
vom Magen durch eine Ringfurche statt, so dass der Bauchtheil des
Oesophagus als eine annähernd ovale Auftreibung erscheint, die man

2) Vgl. Richard P i p p o w: Ueber die Obturation der Pfortader. Diss. Berol. 1868. S. 16

4 *

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auch wohl als Antrum cardiacum bezeichnet hat. Jene Furche kann,
wie eine Beobachtung von G. Blasius\') zeigt, so tief und die Auf-
treibung so beträchtlich werden, dass die Pars abdominalis der Speise-
röhre wie ein eigener, sackartig erweiterter und abgeschnürter Anhang

des Magens aussieht.

Gleich wie an der übrigen Speiseröhre verhält sich im Wesentlichen
die Wand auch ihres Bauchtheiles, dessen blasse, mit einem dicken ge-
schichteten Pflasterepithelium und mit Längsreihen kleiner Papillen ver-
sehene Schleimhaut in longitudinale Falten gelegt ist. Diese durch
Ausdehnung des Rohres verschwindenden Längsfalten verlieren sich nicht
allmälig in die regellos angeordneten Runzeln des in sich zusammen-
gezogenen leeren Magens, sondern hören mit einer gezackten Linie plötz-
lich auf, wobei einzelne Falten kolbig aufgetriebene Enden zeigen. Mit
kleinen acinösen Drüsen ist diese unterste Abtheilung der Speiseröhre
reichlicher, als in ihrer übrigen Länge versehen. Bis in die Nähe der Ora
serrata sind dieselben durchaus ordnungslos zerstreut, und fand ich die
Angabe A. Kölliker\'s\') in keinem Falle bestätigt, der „Cardiadrüsen"
unterscheidet, welche dicht an der Cardia, also doch wohl im Bereiche
jener gezackten, den Anfang der Magenschleimhaut bezeichnenden Linie
einen vollständigen Ring von etwa Breite bilden sollen.

Die Pars abdominalis der Speiseröhre bietet eine vom Brusttheile
derselben wesentlich verschiedene Verlaufsrichtung dar. Sie weicht
nämhch vom Hiatus oesophageus des Zwerchfelles an, welcher 8 Ctm.
hinter der Ecke liegt, welche die Basis des Schwertfortsatzes mit dem
Stemalende der linken siebenten Rippe erzeugt, so stark nach links ab,
dass sie hinter den Anfang des Knorpels der siebenten Rippe dieser
Seite zu liegen kommt. Ihr Uebergang in die Wand des Magens findet
neben dem elften Brustwirbel in den rechten Umfang desselben, und
zwar näher der vorderen als der hinteren Wand in Gestalt eines läng-
lichen Schlitzes statt, dessen Verlauf von der verticalen Richtung nur
wenig nach unten-hinten abweicht. — Sowohl die Form, als auch die
Verlaufsrichtung der Pars abdominalis des Oesophagus kommen erst

b. Das Ende

Die Grenze zwischen dem Magen und dem Darmkanale ist schon
äusserlich durch eine ringförmige Furche —
sulcus pyloricus — deutlich
ausgedrückt, der im Inneren die Pförtnerklappe —
valvula pylorica —
entspricht. Diese scheibenähnliche Schleimhautfalte, welche eine zu
einem W^ulste zusammengedrängte Abtheilung der allgemeinen Ringfaser-
schichte als Sphincter enthält, ist mit einer Oeffnung versehen, welche
bei allem während des Lebens stattfindenden Wechsel ihrer Grösse, wie
schon 8. Th. Sö mm erringt) in einer eigenen Schrift detaillirt hat,
bald genau central, bald in ausgezeichnetem Grade excentrisch liegt.
Jene Klappe kann vorübergehend vom Duodenum die Portio pylorica
vollkommen abschliessen, welche ihrerseits durch mehr oder weniger
prononcirte Ausbuchtungen, durch eine längere am Ende der kleinen,
durch eine kürzere am Ende der grossen Curvatur des eigentlichen
Magenkörpers charakterisirt ist. Die längere Ausbuchtung verliert sich
unmerklich in die kleine Curvatur, während die kürzere von dem be-
züglichen Ende der Curvatura major bald mehr, bald weniger deutlich
durch eine Einschnürung abgesetzt ist, mit welcher innerlich eine Schleim-
hautfalte —
plica praepylorica — correspondirt.

Indem der ein wenig nach rechts ansteigende Pförtnertheil, welcher
gewöhnlich so in der rechten Hälfte des Epigastrium liegt, dass er durch
eine in der Mitte zwischen Linea sternalis und parasternalis gezogene Senk-
rechte halbirt wird, sich um so stärker nach rückwärts neigt, je mehr er sich

1) Observationes medicae rariores. Lugd. Bat. 1677. Taf. VI. Fig. 5.

2) Mikroskopische Anatomie. Bd. II. 2. S. 128.

3) Diese Namen sind von der supponirten Lage der »xaQdia« abgeleitet, welcher Ausdruck
mit cor gleichbedeutend ist. Nach der Interpretation von T h. Bartholin beziehen sich jene
Namen nicht auf die Lage des Herzens, sondern es wurde die Gegend des Magenmundes deshalb
Cardia genannt: »quia ejus affectus animi deliq.uia aliaqae
symptomata cardiacis similia gignunt
dann deutlich zum Vorscheine, wenn dieselbe ihrer peritonealenVer-
hüllung sowie des theilweise fettreichen subserÖsen Zellstoffes beraubt
ist. Gleich wie der seröse Ueberzug des Magens sowohl durch den
directen Verlauf des Bauchfelles, als auch von Seiten der Bursa omen-
talis geliefert wird, so erfährt auch die Pars abdominalis der Speise-
röhre in ähnlicher Weise ihre Bekleidung. Es muss aber in Betreff der
serösen Hülle des Magens die sehr wichtige Thatsache aufgeführt wer-
den, dass dieselbe in der Regel nicht vollständig ist, was vom Verhalten
der Bursa omentalis abhängt. Der durch das Foramen Winslowii ein-
gestülpte Bauchfellsack verläuft, nachdem er den hinteren Umfang des
Magens überzogen und das hintere Blatt des sog. Lig. gastro-lienale abge-
geben hat, nach aufwärts, um die linke Pars lumbalis des Zwerchfelles
zu bekleiden und sodann auf die Cardia sowie auf den Blindsack des
Magens überzugehen. Jene Abtheilung der Wand des Netzbeutels er-
streckt sich jedoch meist nicht soweit, um das die vordere Seite der
Cardia und des Blindsackes verhüllende Peritonealblatt zu erreichen, so
dass zwischen beiden Lamellen am Magengrunde, links von der Cardia
herab, bis gegen den Anfang des Lig. gastro-lienale hin eine manchmal
2 Zoll lange und einige Linien breite Stelle erübrigt, wo dem Blindsacke
ein seröser Ueberzug vollständig fehlt, so dass er in dieser Ausdehnung
durch Bindegewebe an die Pars lumbalis sinistra des Diaphragma an-
geheftet ist. Wenn sich die- genannten beiden Blätter des Peritoneum
einander bis zur Berührung nähern, dann wird das Lig. phrenico-
gastricum zu einer wahren, aus zwei verschiedenen Lamellen des Bauch-
felles gebildeten Duplicatur, während es andere Male blos eine einfache,
nur vom äussern Blatte des Peritoneum herrührende Brücke ist.

Durch die obigen Auseinandersetzungen dürfte es klar geworden
sein, dass weder der eigentliche Magenniund, noch die Cardia im her-
c^ebrachten Sinne, welche also von uns als Pars abdominalis der Speise-
röhre vom Begriffe des Magens getrennt worden ist, ihre Lage in der
Gegend der sogenannten Magen- oder Herzgrube —
fovea cardiaca s.
scrohiculus cordis^) —
haben kann.

des Magens.

seinem Ende nähert, muss die Valvula pylorica nothwendig eine annähernd
frontale Stellung einnehmen. Bei normalem Baue des Brustkorbes er-
reicht das Pylorusende des Magens kaum den rechten Rippenbogen, so
dass es also jedenfalls nicht, wie allgemein irrthümlich angenommen
worden ist, in das Hypochondrium dextrum hineinragt. Meist liegt es
so in der Ebene der Spitze des Schwertfortsatzes, dass jene verticale, auf
der rechten Seite zwischen Sternalis und Parasternalis gezogene Linie
seinem Centrum entspricht. In sehr vielen Fällen, namentlich häufig
beim weiblichen Geschlechte, überschreitet der Magen die Medianebene
des Bauches nicht, so dass sich das Pylorusende meist genau in der
Mittellinie befindet, aber dann merklich weiter als sonst nach abwärts
verlegt zu sein pflegt. Wenn man sich an die Gewohnheit der Aerzte
erinnert, den Pförtnertheil des Magens mit seinem Pylorusende im Hypo-
chondrium dextrum zu exploriren und zu diesem Zwecke oft sehr ge-
waltsam hinter den rechten Rippenbogen in die Tiefe zu tasten, dann
wird man zugeben müssen, dass die von mir auch schon früher vor-
getragenen wohl constatirten anatomischen Thatsachen für die Patho-
logie bedeutungsvolle Anhaltspunkte und Aufschlüsse gewähren müssen.
Mit Befriedigung fügen wir die Wahrnehmung bei, dass dieselben in der
That für die Symptomatologie des Carcinoma ventriculi die ihnen ge-
bührende Würdigung bereits erfahren haben

tum ob exquisitissimum sensum, tum quia cor condolet per consensum vicinitatis et nervornm ab

eodem ramo prodenntium.«

4) Bemerkungen über den Magen des Menschen. 1820. S. 5. • q-

5) VgL Felis v. Niemeyer, Lehrbuch der speziellen Pathologie und Therapie, bie-

bente Aufl. Berlin 1868. Bd. I. S. 590.

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c. Die verschiedenen Seiten des Magens.

Bei der Rundung, v^^elche sowohl der ausgedehnte, als auch der
leere, noch fest in sich zusammengezogene Magen besitzt, so dass er an-
nähernd kreisrunde Querdurchschnitte zeigt, kann von einem Gegensatze von
Flächen und Rändern desselben nicht wohl die Rede sein. Wenn es sich um
die Ermittelung der speziellen räumlichen Beziehungen der Magenwandung
handelt, wird also lediglich blos darauf zu achten sein, welche Richtung
des Verlaufes, und welcherlei Contact der Umfang des Organes nach
verschiedenen Seiten hin darbietet. Indem man sich vom Scheitel des
Blindsackes aus in der Richtung der Kranzgefässe eine Ebene durch den
Magen gelegt denkt, so kann man sich mit dem Umkreise dieser imaginären
Fläche den Verlauf der sog. Curvaturen des Magens vorstellen, indessen
dieselbe im Uebrigen eine Sonderung der Aussenfiäche des Magens in
zwei einander entgegengesetzte, wenn auch ohne natürliche Grenze in-
einander übergehende Seiten, in eine obere-vordere und in eine untere-
hintere ausdrückt. Der Verlauf beider, sowohl der Curvaturen als auch
der Seiten, ist jedoch insofern individuellen Schw^ankungen unterworfen,
als die Pars hypochondriaca des Magens in einem wechselnden Grade
steil durch das linke Hypochondrium herabsteigen kann.

Während die k 1 e i n e C u r v a t u r die Lenden Wirbelsäule umgreift oder
neben ihrem linken Umfange herabsteigt, was namentlich bei sehr steilem
Verlaufe eines dann meist nur bis zur Mittellinie reichenden Magens der
Fall zu sein pflegt, ist die
Curvatura major grösstentheils der Seiten-
wand des Hypochondrium zugewendet, mit demjenigen Segmente aber,
welches den Rippenbogen überschritten hat, der Innenseite der vorderen
Bauchwand zugekehrt. Man wird zugeben müssen, dass in der letz-
teren Region bei stärkerer Ausdehnung des Magens die Verletzung der
Art. gastro-epiploica dextra durch eine penetrirende Bauchwunde ge-
schehen, und bei dünner Abdominalwand die Pulsation jenes Gefässes
tastbar sein kann.

Die obere-vordere Seite des Magens folgt, so lange sie nämlich
dem Hypochondrium sinistrum angehört, grösstentheils genau der Con-
cavität des Diaphragma, so dass der nach aufwärts schauende Umfang
des Blindsackes dem höchsten Theile der Kuppel des Zwerchfelles ent-
spricht. Wie dieses je nach dem Momente der Athmung in wechselndem
Grade in seinen verticalen, dem Laufe der Brustwand folgenden Ab-
schnitt übergeht, ändert sich auch vorübergehend in entsprechendem
Maasse die vordere obere Seite des Magens, um, den linken Rippen-
bogen überschreitend, allmälig eine der inneren Fläche des Epigastrium
theilweise congruente Stellung zu gewinnen. In einem von links nach
rechts zunehmenden Grade wird sie aber theilweise dadurch vom Zwerch-
felle und der vorderen Bauchwand abgedrängt, dass sieh der linke Lap-
pen der Leber, die Cardia, die kleine Curvatur und einen Theil der
Portio pylorica bedeckend, zwischen beide einschiebt. Die sehr ausge-
breitete, von der Leber unbedeckt bleibende Superficies diaphragmatica
des Magens, steht durch ihre seröse Umhüllung mit dem Bauchfell-
überzuge des Zwerchfelles in einem so innigen Contacte, dass zwischen
beiden nur eine enge seröse Spalte obwaltet, weshalb denn auch Ueber-
griffe gewisser Erkrankungen vom Magen auf das Diaphragma, sowie
in zweiter Linie auf die Lunge und umgekehrt sehr leicht möglich sind.

Die Grösse der gegenseitigen Berührung zwischen dem Zwerchfelle
und dem Magen wechselt übrigens nach dem Maasse der Füllung des
letzteren sehr. Ist der Magen stark ausgedehnt, dann reicht er lateral-
wärts bis zum Knochen der achten Rippe herab, so dass er hauptsäch-
lich die Kuppel der linken Hälfte des Diaphragma erfüllt, die Leber
und die Milz dagegen einen nur untergeordneten Antheil daran nehmen.
Darnach kann man leicht bemessen, dass der stark angefüllte Magen die
inspiratorische Bewegung des Zwerchfelles beschränkt, womit die be-
kannte Erfahrung im Einklänge steht, dass nämlich nach einer reichen
Mahlzeit oder während einer aus anderen Ursachen bedeutenden Aus-
dehnung des Organes die Einathmung erschwert zu sein, oder unvoll-
ständig zu geschehen pflegt. Es darf jedoch, worauf übrigens schon
W. Braune hingewiesen hat, hier nicht unerwähnt gelassen werden,
dass die Lage der Eingeweide in der linken Zwerchfellskuppel je nach
dem Zustande des Magens nothwendig wechseln muss. Wenn er näm-
lich nur w^enig enthält oder leer und in sich zusammengezogen ist, er-
streckt sich derselbe nicht bis zur linken Brustwand, resp. bis zu dem
sich an sie lehnenden Zwerchfelle, sondern hat hier neben sich bald nur
dasjenige, meist sehr fettreiche, Stück des grossen Netzes, welches zum
linken Ende des Colon transversum hinüberzieht, oder es kann dieFlexura
coli sinistra bei stärkerer Anfüllung derselben neben dem Magen so weit
in die Höhe rücken, dass sie einen tympanitischen vollen Percussionston
am linken Brustumfange zu bewirken, und bei stärkerem Drucke nach
oben selbst einen störenden Einfluss auf die Funktion der Brustorgane
zu üben vermag.

m

m

Hinsichtlich des Verhaltens der Brustorgane zum Magen muss be-
merkt werden, dass das Herz stets den linken Leberlappen so zwischen
sich und dem Magen hat, dass es nur mit einem, jedoch verschieden
grossen Theile seiner Spitze auf diesem hegt. Nachdem man weiss, dass
eine grosse Abtheilung des Magens mit congruenter Fläche sich an die
Concavität der linken Kuppel des Diaphragma anschliesst, also in zweiter
Linie von der linken Lunge umfasst wird, bedarf es keines weiteren
Commentars, dass der vom Magen abhängige Percussionsschall je nach
dem Momente der Athmung sich in wechselndem Grade nach aufwärts
erstrecken, also gerade soweit wie das Diaphragma auf der linken Seite
in die Höhe reichen muss. Je nach der Beschafi"enheit seines Inhaltes
muss daher nothwendig der von der Basis der linken Lunge überlagerte
Magen auf den Percussionsschall der letzteren bis zu einer, durch das
Moment der Athmung vorgezeichneten Höhe hinauf von Einfluss sein.
Im lufterfüllten Zustande wird der Magen dem Lungenton einen tym-
panitischen Beiklang verleihen, indessen er bei Anfüllung mit Speisen
oder Getränken eine Dämpfung desselben bedingen wird.

Die untere-hintere Seite des Magens ist theils der Dorsal wand
des Bauches zugekehrt, theils nach abwärts gerichtet, kommt jedoch
nirgends mit der Abdominalwand, sondern nur mit verschiedenen Ein-
geweiden in Berührung. Als Grenze beider Provinzen dieser Seite kann
das Pankreas gelten, welches sich mit der kleinen Curvatur kreuzt und
dieselbe theilweise überragt. Da von der Mittellinie des Bauches an die
Art. lienalis dem Laufe des oberen Randes dieser Drüse in der Richtung
nach links folgt, können perforirende Geschwüre der Magenwand leicht
auf sie übergreifen und gefährliche Blutergüsse in den Magen nach sich
ziehen. Insoweit der Umfang des Magens gegen die hintere Bauchw^and
schaut, wird er theils vom Blindsacke, theils vom Körper dieses Organes
gebildet und grenzt an die linke Niere, Nebenniere, sowie die Milz an.
Diese Eingeweide bilden hier gewissermaassen dieRücklehne des Magens
und erzeugen in Verbindung mit einem lockeren Fettlager eine dem be-
treffenden Magenumfange congruente Pfanne. Diese verlässt auch der
leere, im Zustande der Contraction befindliche Magen nicht, indem die
hiebei stattfindende unbedeutende Verkürzung des Organes auf Kosten
einiger Verschiebung der Pars horizontahs superior des Duodenum er-
folgt. Entlang der grossen Curvatur verläuft das Colon transversum,
um im Bereiche des Bhndsackes als Flexura coli sinistra zu enden.
Unter dem Magen nimmt, wenigstens während des Zustandes seiner
stärkeren Ausdehnung, theilweise das Duodenum seinen Verlauf, indessen
unter allen Verhältnissen Bestandtheile des Dünndarmconvolutes gegen

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die untere Seite des Magens andrängen. Die Berührung zwischen jener
Seite des Magens und Schlingen des dünnen Darmes ist jedoch keine
unmittelbare, indem sich zwischen ihr und ihnen nicht blos die hintere

Wand des Netzbeutels, sondern auch das hier mit derselben verwachsene
Mesocolon transversum ausbreitet.

2. Der Darmkanal.

Der grösste Theil des Bauchraumes wird von dem Darmkanale in
Anspruch genommen, wie man schon nach der sehr beträchtlichen Länge
dieses Rohres anzunehmen geneigt sein muss. Die gestreckte Länge des
gesammten Darmkanales beläuft sich nämlich beim erwachsenen Menschen
durchschnittlich auf 10 Meter, so dass
sie in der Regel ungefähr 6 mal die
Höhe des Körpers vom Scheitel bis zur Ferse beträgt. Bei den Maass-
bestimmungen des Darmes darf übrigens nicht ausser Acht gelassen werden,
dass die Resultate derselben nicht genau
den Verhältnissen während des
Lebens entsprechen können. Abgesehen davon, dass am todten Darme
der Mangel des vitalen Tonus schon einigen Einfluss auf das Längen-
maass haben muss, wird dieses auch deshalb merkhch grösser ausfallen,
weil mit der Entfernung der
peritonealen Verbindungen des Darmrohres,
wie es zum Zwecke der Messung unvermeidlich ist, die zur Sicherung
seiner Lage und Biegungen mitwirkenden elastischen Kräfte aufgehoben
werden.

Man ist von alters her gewöhnt, die Länge des Darmes mit Berück-
sichtigung der ganzen Körpergrösse aufzuführen und anzunehmen, dass
die Länge des menschlichen Darmes in dieser Beziehung die Mitte zwi-
schen jener des Darmes der rein fleischfressenden Säugethiere zu halten
pflege, bei welchen er viel kürzer sein, und den Pflanzenfressern, bei
welchen er eine sehr viel bedeutendere Länge besitzen soll. Diese Ver-
gleiche sind aber schon deshalb gänzlich werthlos, weil sie auf ver-
schiedenen Methoden beruhen, indem bei den Säugern die Körperlänge
von der Schnauze bis zum After, beim Menschen dagegen die ganze
Körpergrösse vom Scheitel bis zur Ferse der Vergleichung mit der Darm-
länge zu Grunde gelegt worden ist. Es müssen sich demnach mehrfach
andere Resultate ergeben, wenn beim Menschen und den Vierfüssern in
derselben Weise verfahren wird, wie es auch in der That die nachfol-
gende Zusammenstellung lehrt.

Als die durch eine gerade Linie ausgedrückte Länge zwischen Mund
und After ist der Darm :

beim Menschen 10 mal länger

bei Cynocephalus hamadryas 6 » »

beim Pferde
beim Rinde
beim Schaafe
beim Schwein
beim Hund
bei der Katze

10-12 „
20—22 „
26—28 „
15-17 „
4V2-5V2
4-5 „

Indem einzelne Abtheilungen des Darmkanales constant sowohl rück-
sichthch ihrer Form und Lage, als auch nach ihrem Zusammenhange
mit dem Bauchfelle mehrfach von einander verschieden sind, müssen
sie in dieser Beziehung unter nachstehenden Rubriken aufgeführt
werden.

a. Der dünne Darm.

Das etwa ^/s der Gesammtlänge des Darmes in sich begreifende
Intestinum tenue ist ein ceteris paribus nicht durchaus gleichweites
Rohr, sondern es nimmt die bei mässiger Ausdehnung durchschnitthch
12,8 Ctm. betragende Circumferenz desselben gegen das Ende hin all-
mähg bis zu 9,5 Ctm. ab. Die Capacität des Dünndarmes kann, wegen
der Schwierigkeit, den noch normalen Grad seiner Ausdehnung zu be-
messen, nicht mit Sicherheit bestimmt werden. Doch dürfte es bei
seiner gewöhnlichen, etwa 8 Meter betragenden Länge jedenfalls nicht
zu hoch gegriffen sein, wenn wir aus der Berechnung der Capacität
kleinerer Abtheilungen desselben annehmen, dass er im Ganzen etwa

6 Liter zu fassen vermag.

Der Anfang des dünnen Darmes ist vom Magen schon äusserhch
durch eine kreisförmige. Rinne, im Inneren noch viel deuthcher durch
die scheibenähnliche Pförtnerklappe abgegrenzt, die bald in diagonaler,
bald in annähernd frontaler Richtung nahezu vertical gestellt igt. Bei
der gewöhnlichen Lage des Magens liegt der Anfang des Darmes in der
rechten Hälfte des Epigastriums, wo er, vom Lobus quadrangularis der
Leber bedeckt, durchschnittlich 2 Cent, von der Medianebene entfernt
ist. Es hängt ganz von dér mehr oder weniger steilen Verlaufsrichtung
der Pars hypochondriaca des Magens, sowie davon ab, ob seine Portio
pylorica stärker oder schwächer nach rechts ansteigt, in welcher Höhe
der Anfang des Darmes seine Lage hat. Doch kann man es als die
Regel bezeichnen, dass er über den 12*«" Brustwirbel nicht hinaufreicht
und etwa die Mitte des seiner Lage entsprechenden Abstandes zwischen
der vorderen und hinteren Bauchwand einnimmt.

Das Ende des Dünndarmes mündet, mit dem ihm zugekehrten
medialen Umfange des Coecum einen spitzen, nach unten offenen
Winkel bildend, in der Tiefe der rechten Inguinalgegend an der Grenze
zwischen Coecum und Colon ascendens in den Dickdarm ein, wobei
eine Art von Invagination stattflndet. Die in die Höhle des Dick-
darmes hereinragende Duplicatur stellt die Valvula ileo-colica s. Bau-
hini dar, welche aber nicht gleich der Pförtnerklappe scheibenförmig,
sondern aus zwei übereinander liegenden Lippen gebildet ist. Die zu-
geschärften freien Ränder derselben stossen mit ihren Enden zur Bil-
dung einer knopflochähnlichen, im geraden Durchmesser des Colon ver-
laufenden Mündung zusammen, während die correspondirenden Flächen
so gegen einander geneigt sind, dass sie einen
flach-trichterförmigen
Raum begrenzen, dessen Basis der Canalisation des Dünndarmes zu-
gekehrt ist. Die obere Lippe ist sichelartig ausgeschweift und so sehr
in die Länge gezogen, dass ihre über die Mündung weit hinausragenden,
spitz auslaufenden Enden als sog.
Frena Morgagnii sich wie eine Plica
sigmoidea zur Wandung des Dickdarmes verhalten. Die untere Lippe
ist halbkreisförmig und nur so lang als die Mündung, deren Winkel
entsprechend die Enden der unteren Lippe in die untere Seite der oberen
Lippe übergehen. Die Lippen der Valvula Bauhini bestehen aus Schleim-
haut und der Ringfaserschichte der Muscularis. Die Serosa nimmt an der
Einstülpung keinen Antheil, und ebenso setzen sich auch die Längsfasern
des Dünndarmes nicht in die Klappe fort, sondern sie greifen unter
bedeutender Zunahme ihrer Stärke auf die Wand des Dickdarmes über.

Es ist die Aufgabe der Bauhin\'schen Klappe den Rücktritt des
Inhaltes aus dem dicken Darme in den dünnen zu verhindern. Doch
ist diese Einrichtung erfahrungsgemäss nicht unüberwindlich, wie man
aus dem möglichen Uebergange der Fäcalstoffe in den Dünndarm, so-
wie aus der bisweilen stattfindenden Entleerung der Klystiere durch
Erbrechen ersehen mag. Umgekehrt kann eine Beschränkung der Com-
munication zwischen dem dünnen und dicken Darme nicht allein durch
Verengerung oder Verletzung jener Passage in Folge von Schwellung
der Lippenränder, durch Einkeilung eines festen Körpers, sowie durch

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übermässige Ausdehnung des Colon, sondern auch durch eine fehler-
hafte Stellung des Dünndarmendes, namentlich durch Knickung des-
selben bei zu vertikaler Stellung bewirkt werden. Zur Verhütung des
letzteren üebelstandes ist zwischen dem Blinddarme und dem Dünn-
darme eine von organischen Muskelfasern reichlich durchzogene, bereits
von Santorini^) als „Ligamentum novum" aufgeführte Bauchfell-
duplicatur als Regulator angebracht, die man nach ihren räumlichen
Beziehungen
Plica ileo-coecalis nennen mag. Diese Falte, welche eine
im Maximum zwischen 1, und 2,5 wechselnde Breite hat, zieht am
Dünndarmende entlang der Grenze seines vorderen und linken Umfanges
hin. Ihr freier Rand ist flach ausgeschweift, bei abgemagerten Indi-
viduen dünn und durchscheinend, bei wohl genährten Menschen durch
Fetteinlagerung mehr oder weniger verdickt. Mit dem einen allmälig
sich verjüngenden Ende reicht die Falte bald nur einige, bald 7—8 Ctm.
weit am seitlichen Umfange des Dünndarmes fort, während das andere
Ende unter einer bogigen Linie mit dem rechten Blatte des Mesen-
teriolum processus vermiformis zusammenfliesst. Dieses begrenzt mit
jener Falte eine 3—4 Ctm. tiefe, nach unten offene Tasche, welche
füglich als
Fossa s. Recessus ileo-coecalis bezeichnet werden kann. Ausser
dieser nicht erstHuschke, wie allgemein angenommen wird, sondern
schon Santorini bekannt gewesenen Bauchfelltasche, wurde von mir
auch am lateralen Umfange des Dünndarmendes eine Grube nachge-
wiesen, die W. V^aldeyerals „Fossa ileo-coecalis superior" be-

a. Das Intestinum

Obschon wenig Aussicht vorhanden ist, den seit Herophilus tief
eingebürgerten Namen „Duodenum" auszumerzen, so ermangeln wir
doch nicht, den Vorschlag zu machen, jene Bezeichnung, deren deutsche
üebersetzungdarum nicht den mindesten Sinn hat, weil weder die
Länge noch die Breite von 12 Fingern die Grösse des Darmstückes
ausdrückt, mit dem obigen Namen zu vertauschen. Dieser aber wird
sich vollkommen damit legitimiren, dass der Darm den Kopf des Fan-
creas umgreift, und dass sowohl der Ausführungsgang dieser Drüse,
als auch der Ductus choledochus in denselben einmündet.

Der durchschnittlich 30 Ctm. lange „ Gallenpankreasdarm"
beginnt auf der rechten Seite des Epigastrium in der Höhe des ersten
Lendenwirbels, wo er durch den Sulcus pyloricus deuthch vom Magen
abgegrenzt ist, während sein Ende links neben dem dritten Lenden-
wirbel unter Bildung einer kurzen Flexur —
flexura duodeno-jejunalis
— mit dem sog. Jejunum stattfindet. Zwischen diesen beiden End-
punkten ändert das sog. Duodenum dreimal seinen Lauf, was zur Unter-
scheidung eben so vieler, unter Bildung von zwei Flexuren in einander
übergehender Portionen Anlass gegeben hat, die als Pars horizontahs
superior, als Pars descendens und als Pars horizontalis inferior be-
zeichnet zu werden pflegen. Es muss aber schon hier angemerkt wer-
den, dass der Uebergang der beiden letzteren Portionen ohne scharfe
Grenze geschieht, so dass sie eine C-ähnlich gekrümmte Schhnge bilden,
deren Concavität nach links und ein wenig nach vorn gerichtet ist. Die
beiden horizontalen Portionen stimmen nämhch in ihrer Verlaufsrichtung
mit einander nicht überein, indem nur die untere in einer Frontalebene
verläuft, die obere dagegen höchstens eine diagonale Richtung verfolgt,
weshalb es denn auch keineswegs correct erscheint, wenn dem Duo-
denum eine hüfeisenähnliche Gestalt zugeschrieben wird.

Die Pars horizontalis superior des Gallenpankreasdarmes kann nicht,
wie es von einigen Autoren\'\') geschieht, ohne weiteres „oberes Quer-
stück" genannt werden, obwohl zugegeben werden muss, dass sie nicht
immer genau dieselbe Richtung einhält. Als Durchschnittsstellung kann

1) J. Dominici Santorini Septemdecim tabulae. Edit. M. Girardi. Parmae 1775.
Tab. XIV. K.

2) Archiv für patholog. Anatomie u. Physiologie. Berlin 1861. Bd. XXI. S. 288.

3) Hernia retroperitonealis nebst Bemerkungen zur Anatomie des Peritoneums. Bres-
lau 1868. S. 9.

zeichnet wissen möchte. Ein niedriges, mit ausgeschweiftem freiem
Rande versehenes, einen Zweig der Arteria ileo-colica einschliessendes
Peritonealfältchen, welches sich aufw-ärts in das Gekröse, abwärts in
den serösen Ueberzug des Coecum verliert, erzeugt nämlich mit dem
lateralen Umfange des Dünndarmendes eine Grube. Die Falte deckt
gleichsam wie ein feines Segel von oben her die Einmündungssteile des
Ileum in das Coecum zu und setzt sich noch eine längere Strecke weit
auf dem letzteren fort, hegt aber so dicht an diesen Darmparthieen an,
dass jedenfalls nur eine enge Spalte gebildet wird.

In Betreff der Anordnung des Dünndarmes ist man von Alters her
gewohnt, an demselben drei Abtheilungen: den sog. Zwölffingerdarm,
den Leer- und den Krummdarm zu unterscheiden. Da sich aber zwischen
den beiden letzteren durchaus keine Grenze ausfindig machen lässt, in-
dem die Abnahme der Falten und Zotten, sowäe die Zunahme der
Peyer\'schen Drüsen nur allmälig erfolgt, das höchst wandelbare Ver-
hältniss des verschiedenen Grades der Füllung aber unmöglich irgend
welchen Anhalt zu einer Eintheilung bieten kann, mag es gerechtfertigt
sein, wenn wir den Namen „Leerdarm" —
jejunum —, womit man
schlechterdings keinen bestimmten Begriff\' verbinden kann, gänzlich
fallen lassen und die beiden letzteren Abtheilungen ihrer reichlichen
Schhngenbildung wegen unter dem Namen „Krummdarm" —
ileum —
zusammenfassen.

pancreatico-biliosum.

man die Diagonale bezeichnen, wobei die Längenaxe des Darmstückes
bald mehr, bald weniger von der medianen Ebene nach rechts abweicht.
Es erscheint u.ns als eine beachtenswerthe Thatsache, dass die Stellung
der Pars horizontalis superior des Duodenum vorübergehend sich
ändern kann, was denn auch mit ihrer vollständigen peritonealen Um-
hüllung und damit im Einklänge steht, dass ihre Verbindungen dehn-
bar sind. Diese Aenderung der Stellung concurrirt mit dem wechseln-
den Zustande des Magens. Dem Zuge der während der Contraction des
leeren Magens sich verkürzenden Längsfasern folgt das obere horizon-
tale Stück des Duodenum so, dass es sich der transversalen Richtung
nähert, während durch die starke Ausdehnung des Magens ein der-
artiger Zug auf jenes Darmstück in der Richtung nach vorn geübt wird,
dass es sich mehr in den betreffenden geraden Durchmesser des Bauches
stellt. Die 7—9 Ctm. lange, anfangs meist flaschenförmig zum Antrum
duodenale erweiterte Pars horizontalis superior des Intest, pancreatico-
biliosum wird vom Lobus quadrangularis, sowie vom rechten Lappen
der Leber so bedeckt, dass sie bis zur Faciecula renalis des letzteren
reicht. Hier findet der Uebergang in die
Pars descendens duodeni statt,
w-elche übrigens ihren gebräuchlichen Namen
„Pars verticalis" nicht
rechtfertigt, indem sie nicht senkrecht, sondern steil medianwärts herab-
steigt. Je nachdem dieselbe aus einer diagonal oder sagittal gestellten
ersten Portion hervorgeht, ist sie bald weiter nach aussen, bald mehr
nach innen gerückt, so dass sie entweder vor dem Hilus der rechten
Niere, oder vor der unteren Hohlader herabzieht. Ihr Uebergang in
die
Pars horizontalis inferior geschieht so unmerklich, dass hier jeden-
falls nicht von der Bildung eines Winkels die Rede sein kann. Mit der
Pars descendens bildet dieselbe in der Art eine C-ähnlich gekrümmte
Schlinge, dass sie als aufwärts steigender Schenkel derselben erscheint.
An die Vena cava inferior und Aorta abdominahs durch Zellstoff an-
gelöthet, steigt sie nämlich vor dem Körper des dritten Lendenwirbels
schräg von rechts nach links empor, um sich unter Bildung der kurzen,
nach aufwärts convexen Flexura duodeno-jejunahs in den sog. Leer-

4) Es ist übrigens zu bemerken, dass jener Ausdruck als Abkürzung von »Intestinum duo-
denorum digitorum« und identisch mit o S-oSexaS\'Jixruloq ist, wobei digitus, resp. Suy.rvXog die Be-
deutung von »Zoll« hat, so dass demnach das Duodenum eigentlich im Deutschen der Zwölfzoll-
darm heisat, was annähernd schon seine Länge ausdrücken würde.

5) Vgl. J. Hyrtl, Lehrbuch der Anatomie des Menschen. Wien 1859. S. 568.

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darm fortzusetzen. Kurz vor diesem Uebergange wird der Darm von
der Arteria mesenterica superior überschritten, so dass er also in den
von ihr und der Aorta gebildeten Winkel eingeschoben ist. Das Lage-
rangsverhältniss sowohl der absteigenden, als auch der unteren hori-
zontalen Portion des Duodenum zum Magen, ist wesentlich von der
Stehnng abl ängig, welche die Pars horizontahs superior einnimmt. Je
mehr diese der Richtung eines geraden Durchmessers der Bauchhöhle
folgt, um so vollständiger kommen jene beiden Stücke bei ausgedehntem
Magen hinter dessen rechte Abtheilung zu hegen, während sie bei
stark lateralwärts abweichender Richtung der Pars horizontalis superior
vom Magen gänzlich unbedeckt bleiben.

Von der Schilderung der Gestalt und Lage des Intest, pancreatico-
biliosum darf sein Verhältniss zum Bauchfelle schon deshalb
nicht ausgeschlossen werden, weil dieses hauptsächhch seine Verbindung
mit der Nachbarschaft zu vermitteln hat. In dieser Beziehung muss
aber die Bemerkung vorausgeschickt werden, dass jener Darm nicht
überall einen serösen Ueberzug besitzt, und dieser von der ersten bis
zur dritten Portion an Vollständigkeit allmälig abnimmt. Die Pars
horizontahs superior ist vom Peritoneum fast ganz verhüllt, indem sie
nur an der äusseren Grenze ihres unteren Umfanges, d. h. da von
demselben frei bleibt, wo hier die Wand des Netzbeutels mit dem vor-
deren Blatte des Omentum majus zusammenstösst. Die Pars descen-
dens ist vorn, sowie an der hinteren Seite bis in die Nähe des Ueber-
ganges in die Pars horizontalis inferior überzogen, während die letztere
blos am vorderen Umfange vom BauchfeUe bekleidet wird. Zu einem
tieferen Verständnisse dieser auch für die praktische Heilkunde belang-
reichen Angelegenheit ist die Einsicht in den Zusammenhang erforder-
hch, welcher zwischen dem serösen Ueberzuge des Duodenum imd den

adnexen Organen obwaltet.

Der Gallenpankreas-Darm erfährt seine unvollständige peritoneale
Verhüllung theils durch den directen Verlauf des Bauchfelles, theils
durch die Wand des Beutels, welcher schhesshch in die Zusammen-
setzung des grossen Netzes eingeht und mit dem, zwischen der unteren
Fläche der Leber und der ihr zugekehrten Seite der ersten Flexur des
Duodenum gelegenen Hiatus Winslowii seinen Anfang nimmt. Das
zwischen der Leberpforte und der kleinen Curvatur des Magens aus-
gespannte vordere Blatt des Omentum minus breitet sich nach rechts
als sog. „Lig. hepatico-duodenale«, welches zugleich als Fortsetzung
des serösen Ueberzuges der Gallenblase und der unteren Seite ihres
Ganges erscheint, über den oberen Umfang der ersten Portion des
Duodenum bis zu der Stelle aus, wo die Gahenwege anfangen, seinen
hnken Umfang zu kreuzen. Der mediale und der untere Umfang der
Pars horizontalis superior werden durch die vordere Wand des Netz-
beutels überzogen, bald nachdem dieselbe hervorgegangen ist aus der
den vorderen Rand des Hiatus Winslowii darstellenden Umschlagstelle,
welche zugleich als freier, leicht ausgeschweifter Rand des Lig. hepa-
tico-duodenale erscheint. Aus dem bezeichneten Verhalten der ersten
Portion des Duodenum zum Bauchfelle begreift man die Möglichkeit
des Durchbruches eines Geschwüres in den Netzbeutel, wenn nämlich
dasselbe seinen Sitz am medialen oder am unteren Umfange des Darm-
stückes hatte, in welch letzterem Fahe zugleich eine Blutung aus der
dasselbe umgreifenden Art. gastro-epiploica dextra eintreten kann. Durch
die Perforation der übrigen vom Bauchfelle bekleideten Seiten der ersten
Portion des Duodenum muss nothwendig dann ein Erguss in das ge-
meinsaaie Peritonealcavum erfolgen, wenn vorher keine Verlöthung
eingetreten war.

Indem die Pars descendens duodeni mit dem medialen Umfange
der Flexura coh dextra verklebt ist, entbehrt sie an ihrer convexen Seite
eines serösen Ueberzuges, während dagegen ihre nach vorn schauende

1) Hernia retro-peritonealis. Ein Beitrag zur Geschichte innerer Hernien. Prag 1857.

Fläche vom hnken, in die rechte Lamelle des Dünndarmgekröses über-
gehenden Blatte des Mesocolon ascendens überzogen wird. Das rechte
Blatt des letzteren, welches im Bereiche der Flexura coh dextra mit
dem Ueberzuge der Niere, sowie mit dem Lig. hepatico-renale zusam-
menfliesst und hier medianwärts nach oben zur Bildung des Netzbeutels
tendirt, überkleidet auch die hintere Seite der Pars descendens, jedoch
nur bis in die Nähe ihres Ueberganges in das untere horizontale Stück,
wobei das Bauchfell jener hinteren Seite mit dem von der Niere auf
den rechten Umfang der Cava inferior übergreifenden Peritonealüber-
zuge eine mehr oder weniger tiefe Rinne erzeugt. Weil die hintere
Wand des Netzbeutels, nachdem sie die vordere Fläche des Pankreas
überzogen hat, mit dem hinteren Blatte des Omentum majus zusammen-
fliesst, ist sie nicht im Stande, die Pars horizontahs inferior des Duo-
denum zu bekleiden. Da nun das hinterste von den vier Blättern des
Omentum majus entlang dem unteren Rande der Bauchspeicheldrüse
zur Bildung des Mesocolon transversum, die hintere Lamelle des
letzteren dagegen in das vordere Blatt des Dünndarmgekröses umbiegt,
wird man leicht ermessen können, dass, während der hintere Umfang
der Pars horizontahs inferior duodeni durch Zellstoff an die Aorta und
Vena cava inferior angeheftet ist, die entgegengesetzte Seite jenes
Darmstückes mit dem hinteren Blatte des Mesocolon transversum bei
seinem Uebergange in das Dünndarm-Gekröse in Berührung kommen
muss. In der That verläuft der Anfang des rechten Blattes des Me-
senterium über die vordere Seite der Pars horizontalis inferior des
Duodenum herab, welche um so mehr mit dem sie überschreitenden
Stamme der Arteria mesenterica superior zwischen die beiden Lamellen,
also in die Wurzel des Gekröses zu hegen kommt, je mehr sich das
Intestin. pancreatico-biliosum seinem Ende nähert. Dieses Ende biegt
sich plötzhch nach rechts um, wodurch die kurze Flexura duodeno-
jejunalis entsteht, deren nach links und oben gerichtete Convexität
theilweise in die
Fossa duodeno-jejunalis schaut, welche durch die
meisterhaften Untersuchungen von W. Treitz^) eine für die Lehre
von den inneren Hernien so grosse praktische Bedeutung erlangt hat.

Unter gewöhnlichen Verhältnissen ist die Fossa duodeno-jejunalis
kaum so weit, dass sie eine kleine Wallnuss aufzunehmen vermöchte.
Sie hat ihre Lage neben dem linken Umfange des dritten Lenden-
wirbels, also da, wo das Pankreas mit der Aorta und der hnken Niere
eine mehr oder weniger tiefe Nische begrenzt. Ihr Eingang wird theil-
weise von einer halbmondförmigen Peritonealfalte —
plica-duodeno-je-
junalis —
umzogen, deren concaver Rand nach rechts und etwas nach
oben gekehrt ist. Das obere Horn dieser Falte verliert sich im unteren
Blatte des Mesocolon transversum, während das untere in den serösen
Ueberzug des Duodenum sich fortsetzt, und die convexe Seite der Falte
sich gegen das Mesocolon descendens hin verhert. Innerhalb der
Falte nehmen, unter sehr spitzem Winkel sich kreuzend, die Vena
mesenterica inferior und die Arteria colica sinistra einen derartigen
Verlauf, dass sie einen medianwärts concaven, dem Zuge der Falte im
Wesenthchen folgenden Bogen beschreiben.

Hinsichtlich der Entwicklung der Fossa duodeno-jejunalis glaubt

Waldeyer, dass das anatomische Verhalten der Vena mesenterica in-
ferior
jedenfahs grösseren Antheil an ihrer Bildung habe, als die von
Treitz supponirte Locomotion des Duodenums. Der aus den Wurzeln
der V. haemorrhoid. superior und colica sinistra hervorgehende Stamm
der Vena mesenterica inferior liegt nämhch anfangs, d. h, so lange
das Colon descendens ein ausgeprägtes Mesenterium besitzt, in diesem
Gekröse. Je mehr der Stamm jener Vene sich der Einmündung bald
in die Lienalis, bald in die Mesenterica
superior nähert, um so stärker
entfernt er sich von der
hinteren Bauchwand, was damit im Einklänge
steht, dass sein Inhalt schhesshch in die weiter nach vorn
verlegte

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Pfortader gelangen mnss. Mit zunehmender Entwicklung der Niere
schwindet allmälig das Mesocolon descendens, flacht sich immer mehr
ab und wird zur Bekleidung der hinteren Bauchwand links von der
Wirbelsäule verwendet, wodurch die untere Abtheilung der Vena mes.
inferior eine mehr retroperitoneale Lage bekommen muss. Der obere,
bogig verlaufende Abschnitt der Vena mes. inferior nimmt umgekehrt
einen freieren Verlauf zwischen den Mesenterialplatten und rückt weiter
von der hinteren Bauchwand ab. Um das so verlaufende Endstück muss,
beim Verstreichen des Mesocolon descendens, das mediane Blatt des
letzteren eine Peritonealfalte bilden, welche das sich von der Dorsalwand
des Bauches abhebende Gefässstück aufnimmt. Die Plica duodeno-jeju-
nahs bildet sich also um die Vena mesenterica inferior in ähnlicher Weise,
wie das Lig. suspensor. hepatis um die Vena umbilicalis entsteht.

ß. Der Krummdarm.

Die hervorragendste äussere Eigenthümlichkeit des gesammten übrigen
als Krummdarm —
ileum — (von aiXsto, zusammenkrümmen) zu bezeich-
nenden Intestinum tenue spricht sich in zahlreichen, in Form von
Schlingen —
gyri s. ansae intestinales — angeordneten Krümmungen und
in der grossen Beweglichkeit derselben aus. Die ihren Umfang, ihre
Gestalt und Eichtung unter dem Einflüsse der peristaltischen Bewegung
vorübergehend wechselnden Schlingen liegen so dicht theils neben, theils
übereinander, dass sie unter sich nur enge seröse Spalten begrenzen.
Es ist in der leichten Verschiebbarkeit derselben begründet, dass sie
nicht blos zur Einlagerung in Bruchsäcke, sondern auch zum Austritte
durch penetrirende Wunden der Bauchwand sehr geneigt sind. Die
grosse Geneigtheit des Austrittes der Krummdarmschiingen durch pene-
trirende Wunden der Bauchwand beruht wohl nicht immer nur darauf,
dass sie bei gewissen Körperstellungen dem Gesetze ihrer Schwere fol-
gen, soweit dies überhaupt die Dehnbarkeit der Verbindungen gestattet,
sondern gewiss häufig auch auf dem Einflüsse des concentrischen Druckes
der Bauchwand, in Folge dessen sie durch die Wunde, als den Ort
des geringsten Widerstandes ausweichen. Bei einer grösseren durch
Gas bedingten Ausdehnung können aber auch ihrerseits die Krumm-
darmschhngen eine derartige Spannung der Bauchwand bewirken, dass
sie bei plötzlicher Aufhebung der Spannung durch Spaltung der Bauch-
wand in Folge des von ihnen ausgehenden noch fortwirkenden starken
Gegendruckes mit grosser Gewalt massenhaft durch die Wunde her-
vorquellen. Die Dünndarmschlingen bilden ein umfängliches, grössten-
theils der Innenseite der vorderen Abdominalwand zugekehrtes Con-
volut, das hauptsächlich den mittleren Bezirk des Bauches, bei leeren
Organen des kleinen Beckens aber auch die Peritonealräume seiner
Höhle in Anspruch nimmt. Mittelst einer, das „Gekröse« —
mesen-
terium
— darstellenden Duplicatur des Bauchfelles ist diese Abtheilung
des Darmrohres an der hinteren Bauchwand aufgehängt. Dasselbe hat
eine ungleichseitig viereckige Gestalt und schHesst sich mit seinem
kürzesten ßande —
radix mesenterii — so an die Wirbelsäule an, dass
es sich vom linken Umfang des zweiten Lendenwirbels bis herab zur
rechten Articulatio sacro-iliaca erstreckt, wobei es sich während seines
Verlaufes gegen den concaven Umfang des Dünndarmes fächerartig
ausbreitet. Indem das Gekröse dem Verlaufe sämmtlicher Darmschhngen
folgt, wiederholt es ihre Biegungen und gewinnt dadurch eine „ge-
krauste" Anordnung. Das Mesenterium besitzt keine sich gleichblei-
bende Länge, sondern diese nimmt vom Anfang und Ende des Krumm-
darmes allmälig so zu, dass die mittleren Schlingen das längste Gekröse
haben, somit am beweglichsten und daher auch am meisten der Ge-
fahr ausgesetzt sind, in Brüche einbezogen zu werden.
Von der schrägen
Stellung des Mesenterium rührt die beachtenswerthe Thatsache her,
dass auf der rechten Seite desselben abgesetzte Flüssigkeiten gegen
die rechte Leistengegend herabdringen, indessen Blut und flüssige Ex-
sudate an seiner linken Seite eine Geneigtheit haben, in die Höhle des
kleinen Beckens zu fliessen.

Die beiden Blätter des Gekröses, von welchen das eine, wenigstens
im ersten Verlaufe von der Wurzel an, nach rechts oben, das andere
nach hnks unten gekehrt ist, werden durch fettreichen Zellstoff unter
einander verlöthet und schliessen zahlreiche Blutgefässe, Saugadern,
Lymphdrüsen und Nerven zwischen sich ein. In der Nähe des Darmes
weichen die beiden Gekrösblätter zum Zwecke der Umhüllung desselben
auseinander, wobei sie einen nur schmalen, dem Ein- und Austritte der
Gefässe dienenden Streifen freilassen. An der Wurzel des Gekröses schlägt
sich das rechte Blatt aufwärts in die untere Lamelle des Mesocolon trans-
versum um; nach beiden Seiten hin setzen sich die Blätter, das eine in die
innere Lamelle des Mesocolon ascendens, das andere in jene des Mesocolon
descendens fort. Das linke Blatt setzt sich nach abwärts ausserdem
in den Peritonealüberzug der Lendenwirbelsäule fort, welcher über das
Promontorium in die Beckenhöhle herabzieht.

Zwischen das Convolut der Dünndarmschlingen und die Innen-
fläche der vorderen Bauchwand ist das grosse Netz —
Omentum majus
— eingeschoben, dessen Hauptaufgabe es wohl ist, dem Magen bei
seinen Volumenänderungen den erforderlichen Bauchfellsüberzug zu
liefern. In Gestalt eines viereckigen Vorhanges breitet es sich von
der grossen Curvatur des Magens an vor dem Colon transversum und
dem Krummdarme bis in die Unterbauchgegend aus, wo es mit einem
freien
unregelmässigen Rande aufhört. Die Lage des Omentum majus ist
übrigens vielen Schwankungen unterworfen, indem namenthch nicht selten
ein Theil desselben zwischen Windungen des Dünndarmes hereingezogen,
oder auch das ganze Netz so nach aufwärts zusammengeschoben ist, dass
die Därme frei an die Innenfläche der Bauchwand angrenzen. Auch
in normalen Verhältnissen ist das -grosse Netz nicht in seiner ganzen
Breite gleich lang, sondern reicht hnks, wo das Lig. gastro-lienale seinen
Anfang bildet, tiefer herab, womit die Erfahrung im Einklänge steht,
dass Netzbrüche auf dieser Seite häufiger, als auf der entgegengesetzten
gefunden werden. Rechts steht das grosse Netz mit dem Lig. hepatico-
colicum in Continuität und zieht sich eine Strecke weit als sog.
„Omen-
tum colicum Halleri\'\'
am seitlichen Umfange des aufsteigenden Dick-
darmes herab, ohne dass jedoch die Bursa omentalis zwischen seine
Blätter aufgenommen wird.

b. Der Dickdarm.

Das Intestinum crassum s. amplum stellt ein im Verhältnisse zum Dünn-
darme kurzes, durchschnittlich nur einem Fünftel der Länge des letz-
teren gleichkommendes, aber bedeutend weiteres Rohr dar. Sein Um-
fang bleibt sich übrigens nicht durchgreifend gleich, sondern er verjüngt
sich von der breitesten Stelle an der Grenze von Colon und Coecum,
wo der Umkreis 28,5 Ctm. beträgt, gegen das Ende hin allmähg, in-
dem der aufsteigende Grimmdarm eine grösste Circumferenz von 20,5;
der absteigende eine solche von 14,5 Ctm. darzubieten pflegt.

Von diesen mittleren, eine massige Ausdehnung des Darmes be-
zeichnenden Dickenverhältnissen flnden sehr häufig Abweichungen statt.
Durch Ansammlung von Fäkalstoffen oder Gas kann der Dickdarm auf
grössere oder kleinere Strecken um das Doppelte, selbst um das Drei-
fache dieses Maasses erweitert werden. Als das andere Extrem findet
man ihn namentlich an frischen Leichen kräftiger Selbstmörder, zumal das
Colon descendens und die Flexura sigmoidea, manchmal auch den queren
Grimmdarm in dem Grade in sich zusammengezogen, dass er die Dicke

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des Daumenfingers kaum übertrifft. Das Rohr fühlt sich in diesem
Falle härthch an und kann nur durch angestrengtes Lufteinblasen
einigermaassen erweitert werden. Dieser Zustand ist aber durchaus
nicht pathologischer Natur, wie von Grerichtsärzten wohl schon zu Pro-
tocoll diktirt worden ist, sondern stellt einen höheren Grrad von Rigor
mortis dar, wie einfach daraus hervorgeht, dass er mit dem Eintritte
der Fäulniss mehr und mehr verschwindet.

Die Oberfläche des Dickdarmes ist blos gegen sein Ende hin einiger-
maassen gleichförmig, im grössten Theil seiner Ausbreitung wird sie
dadurch in ausgezeichnetem Orade höckerig, dass zahlreiche Einschnü-
rungen imd blasenartige Ausbuchtungen in drei Colonnen linear an-
einander gereiht sind. Diese Sonderung wird durch drei bandartig
platte, etwa kleinfingerbreite Streifen —
ligamenta s. taeniae coli —
bewirkt, von welchen beim auf- und absteigenden Grimmdarme der
eine in der Mittellinie des vorderen Umfanges, die beiden anderen
rechts und links vom hinteren Umfange verlaufen, indessen sie am
queren Grimmdarme oben, vorn und hinten angebracht sind. Die
zwischen Einschnürungen vorfindlichen, unter sich jedoch nicht gleich
grossen Ausbuchtungen —
cellulae s. haustra coli —, welche der Ober-
fläche des Colon das grobhügelige Aussehen verleihen, stellen eben so
viele, im Innern durch klappenartige Vorsprünge —
plicae sigmoideae
— begrenzte Taschen dar, welche durch Ansammlung von festeren
Fäcalstoffen eine colossale Ausdehnung erfahren können. Eine jede

a. Der Blinddarm mit

Als Coecum pflegt das bis zur Einmündung des Intestinum tenue
reichende Anfangsstück des Dickdarmes bezeichnet zu werden. Das-
selbe besitzt eine zwischen 4 und 12 Ctm. wechselnde Länge und eine
Gestalt, welche auch einigermaassen variirt. Das Darmstück erscheint
nämlich entweder stumpf- oder spitzkegelförmig, je nachdem der das
wahre Ende desselben darstellende Wurmfortsatz in seinen hinteren
Umfang mündet, oder es unmerklich, wie beim Fötus, in diesen Anhang
sich verliert. Unter allen Umständen aber setzen sich sowohl die drei
Colonnen der Haustra, als auch die Taeniae coli bis zur Basis des Pro-
cessus vermiformis fort, in dessen Wandung denn auch die Muskel-
faserzüge jener bandartigen Streifen übergehen, wobei sie unter sich
zusammenfliessen.

Seine Lage hat der Blinddarm normalmässig so auf dem rechten
Muse, iliacus internus, dass sein Ende etwa der Mitte des Poupart-
schen Bandes entspricht. Er lehnt sich demgemäss dicht über der la-
teralen Hälfte des letzteren an die Innenseite der vorderen Bauchwand
an. Ausnahmsweise bietet das Coecum eine höhere Lage dar, indem
es seinen gesetzmässigen Descensus nicht vollzogen hat. Seine Ver-
schiebung von links nach rechts und unten geschieht um dieselbe Zeit,
in welcher auch die Hoden nach unten rücken. Es kann daher nicht
überraschen, wenn bei Störung des Descensus testiculi auch die Wan-
derung des Coecum unterblieben ist. Es kann der Blinddarm aber auch
als anderes Extrem weiter gegen den Eingang des kleinen Beckens
oder selbst über die Mittellinie hinaus nach links gewandert sein. Mit
dem Muse, iliacus internus steht der Blinddarm nicht in unmittelbarer
Berührung, indem er einen vollständigen Bauchfell-Ueberzug besitzt, so
dass er im Zustande seiner Ausdehnung frei gegen das Peritonealcavum
hereinragt. Aus dieser, besonders von Sigmund Schultze^) sehr
gründlich historisch-kritisch bearbeiteten anatomischen Thatsache geht
es klar hervor, dass bei der Coecalhernie ein peritonealer Bruchsack
nie vermisst wird. Zu seiner Bildung dient eben so, wie bei jedem
anderen Leisten- und Schenkelbruche hauptsächlich der unter dem
Coecum am. Eingange in den Leisten- und Schenkelkanal lose ange-
heftete Theil des Peritoneums. Indem an der oberen Grenze des Blind-

1) Einige Bemerkungen über das Intestinum coecum. Grreifswald 1849.

2) Hernia retroperitonealis etc. Prag 1857. S. 107.

Valvula sigmoidea, die zwischen je zwei Taenien da, wo äusserlich eine
quere Furche besteht, eine Einfaltung der Schleim- und Muskelhaut
darstellt, ist mit einem scharfen, flach ausgeschweiften Rande und spitz
auslaufenden Enden versehen. Nur selten kommen zwei oder drei
Klappen in Eine Ebene zu liegen, vielmehr haben sie eine mehr oder
w^eniger alternirende Stellung und sind daher wohl kaum im Stande,
bei der Zusammenziehung der Darmwand scheerenartig in der Weise
einzuwirken, dass sie eine fester gew^ordene Kothsäule in die unter
dem Namen der „Skybala" bekannten rundlichen Knollen zerschneiden
können.

In seiner Gesammtheit stellt der Dickdarm eine ungefähr hufeisen-
ähnlich gekrümmte Windung dar, welche das Convolut des dünnen
Darmes umkreist. Das Rohr beginnt mit einer blinden Auftreibung,
steigt vom. rechten Muse, iliacus internus empor und wendet sich in der
Richtung der grossen Curvatur des Magens unter dieser nach links, um
von hier an zum linken Muse, iliacus internus herabzusteigen und in das
Intestinum egestivum überzugehen. Wie nun an jeder Schlinge des
Intestinum tenue die Mitte am freiesten ist, die Enden dagegen mehr
flxirt sind, so kehrt ein ähnliches Verhältniss auch an der Gesammt-
schlinge dés Dickdarmes wieder. Doch müssen die einzelnen Abthei-
lungen derselben gewisser Form- und Lagerungsverhältnisse wegen ge-
sondert betrachtet werden.

3) Wiener medizinische Wochenschrift. 1861. Nr. 40.

dem Wurmfortsatze.

darmes das Bauchfell von ihm auf den Muse, iliacus internus zu dessen
theilweiser Bekleidung übergeht, kann man sich der Annahme nicht
entziehen, dass bei jeder Beugung des Oberschenkels durch jenen Muskel,
ein die Thätigkeit seiner Wandung anregender Druck auf das ange-
füllte Coecum geübt wird.

Unter dem Blinddarme bildet sich bisweilen dadurch die von
W. Treitz^) zuerst genauer beschriebene und so benannte
„Fossa
subcoecalis"
des Bauchfelles aus, dass sich dieses vor und hinter dem
Ende des Coecum zu einer Falte erhebt. Manchmal stellt die Fossa
subcoecalis nur eine seichte Vertiefung dar, während sie bisweilen aber
auch als fingerlanger Sack auftritt, dessen Grund zwischen die Blätter
des Mesocolon ascendens eingeschoben ist. Dass diese übrigens nicht
regelmässig vorkommende Tasche auch zur Entwickelung einer inneren
Hernie Anlass geben kann, dafür mag der folgende von J. E n g e 1 mit-
getheilte Fall als Beispiel dienen. Bei einem 31jährigen Individuum
wurde jene Tasche in dem Grade erweitert gefunden, dass sie fast alle
Dünndarmschlingen aufgenommen und somit einen wahren Bruchsack
dargestellt hatte, welcher durch eine 2 Zoll weite Oeffnung mit dem
Peritonealcavum communicirte und mit einer Dislocation des Coecum
nach links und oben vom Nabel verbunden war. Die Fossa subcoe-
calis darf nicht verwechselt werden mit einer vielleicht noch häufiger
vorkommenden Tasche lateralwärts neben oder eigentlich vor dem Blind-
darme, welche wir dieser räumlichen Beziehung nach
Fossa paracoecalis
nennen wollen. Die oben und unten zu ihrer Begrenzung dienende
leicht ausgeschweifte Falte ist in sehr wechselndem Grade entwickelt,
wovon denn auch die wandelbare Tiefe der Grube abhängt.

Der Wurmfortsatz — processus s. appendicula vermiformis ■—.
Dieser, der Form eines Regenwurmes vergleichbare hohle Anhang des
Coecum stellt den im Wachsthume weiter gediehenen Rest des beim
Foetus nur allmälig sich verjüngenden Colonanfanges dar. Derselbe
besitzt bei einer durchschnitthchen Dicke von 7 Mm. eine 5—8 Ctm.
betragende Länge, welche sich jedoch in einem von mir beobachteten
Falle auf das colossale Maass von 23 Ctm. belaufen hat. Am medialen
Umfange der Einmündung des wurmförmigen Fortsatzes erhebt sich

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nicht selten klappenartig ein schon von Weitbrecht beobachtetes
Schleimhautfältchen, das nach den Erfahrungen von J. Grerlach\') im
späteren Alter immer nur rudimentär zu sein pflegt.

Je nach seiner Länge ist der Wurmfortsatz nur schwach und ein-
fach gekrümmt oder erscheint er mehrfach gewunden und selbst spiralig
aufgerollt. In der Regel ist der Fortsatz sehr beweglich, so dass er
mancherlei Abänderungen seiner Lage erfahren kann. Diese Fähigkeit
erlangt er durch eine dehnbare, dreieckige Bauchfellduplicatur —
me-
senteriolum
—, welche gegen das Dünndarmende hin in zwei Falten
sich erhebt, von welchen die eine sich in die Plica ileo-coecalis ver-
liert, die andere in denjenigen Gekrösabschnitt übergeht, der in den
vom Dünndarmende und Colon ascendens erzeugten stumpfen Winkel
eingeschoben ist.

/?. Der Grimmdarm.

Der grösste, zwischen dem Coecum und dem Intestinum egestivum
liegende Abschnitt des Dickdarmes wird als „Colon" bezeichnet, an
welchem man nach der Art seines Verlaufes folgende Abtheilungen zu
unterscheiden pflegt:

a. Das Colon ascendens. — Der aufsteigende Dickdarm bietet eine
leichte nach auswärts convexe Krümmung dar. Im Anfang nimmt der-
selbe die vom Coecum frei gelassene Fläche des rechten Muse, iliacus
internus ein, so dass er also theilweise vom Darmbeine umfasst wird.
Im Uebrigen steigt er an der Innenseite der hinteren Bauchwand im
Abstände zwischen Crista ossis ilium und Brustkorb empor, wobei er
sich theils an den Muse, quadratus lumborum, theils an das hintere
Ende des queren Bauehmuskels anlehnt. Nachdem der Darm im Be-
reiche der rechten Niere angekommen ist, verläuft er vor der unteren
Hälfte dieses Organes, welches er bei starker Ausdehnung aber auch
lateralwärts überschreitet, während die obere Hälfte der Niere sich
an eine entsprechende Vertiefung des rechten Leberlappens anschmiegt.
Beim Eintritte des Colon ascendens in das Hypochondrium dextrum geht
es unter Bildung einer an die untere Fläche des rechten Leberlappens
und theilweise an die Gallenblase angrenzenden Flexur —
flexura coli
dextra s. hepatica
— in den queren Grimmdarm über, wobei die Pars
descendens duodeni, je nachdem das Pylorusende des Magens tiefer oder
höher steht, in grösserer oder geringerer Strecke mit dem ihr zuge-
kehrten Umfange jener Flexur durch Zellstoff verklebt zu sein pflegt.
Aber nicht blos an dieser Stelle entbehrt das Colon eines peritonealen
Ueberzuges, sondern dieser wird auch regelmässig in wechselnder Breite
am hinteren Umfange des aufsteigenden Dickdarmes vermisst.

l. Das Colon transversum. — Unter normalen Verhältnissen be-
schreibt dieser längste Abschnitt des Dickdarmes einen flachen, nach
abwärts convexen Bogen, wobei er seinen Lauf aus dem rechten Hy-
pochondrium in das linke fortsetzt. Der Darm ist aber keineswegs,
wie sein Name besagt, quer gestellt, sondern er nimmt eine von rechts
nach links mehr oder weniger steil ansteigende Richtung, indem er im
wesenthchen der Krümmung der grossen Curvatur des Magens folgt.
Je nach dem Grade der Ausdehnung dieses Organes wird er von ihm
theilweise überragt, oder aber ist er über dasselbe hinweg in wechseln-
dem Grade in die Höhe geschoben. Mittelst eines bis gegen die hin-
tere Bauchwand reichenden Gekröses —
mesocolon transversum —, das
als „Diaphragma secundarium" die obere Abtheilung des Bauchraumes
von der übrigen sondert, ist der quere Grimmdarm so mit der hinteren
Wand des Omentum majus verklebt, dass er stets zugleich mit diesem
aufgehoben und auch erst, wenn dies geschehen ist, genügend sichtbar
wird. Der Quergrimmdarm erfährt häufig bedeutende Abänderungen
seiner Länge und seiner Lage, welche theils in seinem Zusammenhange
mit dem so vielfachen Verschiebungen unterworfenen Omentum majus
begründet sind, theils in dem Umstände, dass seine schon an sich
grosse- Beweglichkeit den so häufigen Einflüssen der Gas- und Koth-
ansammlung einen nur geringen Widerstand leistet. So kann es kom-
men, dass er tief bis zum Becken herabhängt, oder unter bedeutender
Verlängerung mehrere Biegungen beschreibt, die sogar parallel über-
einander liegen und das dünne Gedärm vollständig decken können.
Aber auch eine derartige Abnormität der Krümmung des Colon trans-
versum findet nicht selten statt, dass ein Theil desselben sich vertical
vor dem Magen aufrichtet und bisweilen genau in der Mittellinie bis
gegen die Herzgrube reicht, um dann wieder plötzhch nach links ab-
zubiegen. Eine solche Dislocation kann zu mancherlei diagnostischen
Irrthümern Veranlassung geben, indem der Darm Magenleiden vorzu-
täuschen und besonders während einer stärkeren Ausdehnung lästige
Gefühle im Epigastrium zu erzeugen vermag.

c. Das Colon descendens. — An der unteren Grenze der Milz geht
das vor dem mittleren Drittel der linken Niere vorbeiziehende Ende
des Colon transversum in das Colon descendens unter Bildung der
Fle-
xura coli lienalis
über. Diese Flexur wird aber durch das Lig. phrenico-
colicum des Bauchfelles zwischen der 10. und 11. Rippe an das Dia-
phragma angeheftet, wodurch zugleich gewissermaassen ein Bhndsack
für die Aufnahme des unteren Endes der Milz erzeugt wird. Von jener
Duplicatur des Peritoneum an, welche als integrirender Bestandtheil
des grossen Netzes erscheint und das äusserste linke Ende der Bursa
omentahs zwischen seine Platten aufnimmt, steigt das Colon descendens
neben dem convexen Rande des unteren Drittels der linken Niere,
welche es bei starker Ausdehnung auch medianwärts überragt, an der
Innenseite der hinteren Bauchwand bis zur Crista ossis ilium herab,
um hier in die Flexura sigmoidea überzugehen. Als eine nur selten
Ausnahmen erleidende Regel muss es erklärt werden, dass das Colon
descendens an seinem hinteren Umfange während des Zustandes stär-
kerer Ausdehnung in der Breite von 1^2—3^2 Ctm. vom Peritoneum
frei bleibt. Bisweilen hängt das Colon descendens, was übrigens auch
vom Colon ascendens gilt, an einem kurzen Gekröse, dessen Blätter durch
laxen Zellstofi" verklebt sind, was nach den Erfahrungen von P. Less-
haft®) bei jungen Individuen seltener, als bei erwachsenen Menschen
vorzukommen scheint.

Die theilweise Entblössung der hinteren Seite des Colon ascendens
und descendens hat Treitz mit einem relativ geringeren Wachsthum
des parietalen Bauchfelles rechter und linker Seits in Verbindung ge-
bracht und angenommen, dass zur Auskleidung der Bauchwände das
Peritoneum auf Kosten der Peritonealhülle des Colon ascendens und
descendens gleichsam requirirt werde. Die Reduction der Mesocola
glaubt Waldeyer jedoch naturgemässer vom Wachsthum der Nieren
herleiten zu können. Man sei im Stande bei Embryonen von der
zwölften Woche an bis zur Reife sehr deuthch zu verfolgen, wie die
unter den medianen Blättern beider ursprünglich wirklichen Mesocola
vorwachsenden Nieren allmähg die Gekrösplatten gewissermaassen zu
ihrer Bedeckung consumiren.

y. Die Flexura iliaca s. sigmoidea.

Die sog. Hüftkrümmung des Colon beginnt in der Ebene des
höchsten Punktes der Crista ossis ilium, d. h, da, wo das Colon des-
cendens anfängt vom Bauchfelle vohständig umhüllt zu werden, indessen

1) Abhandlungen der Erlanger physik.-mediz. Societät. II. 7.

man das Ende der Flexur an die obere Grenze der Articulatio sacro-
iliaca zu verlegen pflegt. Zwischen diesen Punkten beschreibt das
Darmstück eine S-förmige Biegung, deren obere Hälfte als sog. „Colon-

2) Archiv für Anatomie, Physiologie und wissenschaftl. Medizin. Leipzig 1870. S. 285.

6 *

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Schenkel" mit dem Ende des absteigenden Grimmdarmes unter einer
mit ihrer Convexität dem Poupart\'schen Bande zugekehrten Krümmung
zusammenfliesst und ihre Lage auf dem linken Muse, iliacus internus
hat, während die untere Hälfte als „ßectumschenkel" über den Muse,
psoas weg in die Höhle des kleinen Beckens hereinhängt. Nicht selten
erreicht die Flexura sigmoidea eine bedeutendere Länge, womit denn
auch eine mehrfachere Krümmung verbunden zu sein pflegt; sie kann
nämlich die Mittellinie überschreiten und sich bis in die Nähe des Coe-
cum erstrecken, um von da wieder nach links in den Mastdarm um-
zubiegen. Im entleerten Zustande wird sie meist von Schlingen des
Dünndarmes bedeckt, in Folge von starker Anfüllung mit Gas oder
Faecalstoffen erhebt sie sich unter Umständen bis in die Nähe des
Nabels, verdrängt den Dünndarm, und schliesst sich so unmittelbar an
die Innenseite der vorderen Bauch wand an, dass ein consistenterer In-
halt derselben durch diese hindurch gefühlt werden kann.

Die Lage des S-Romanum Neugeborener hat vor längerer Zeit
in der medizinischen Academie zu Paris zu einer sehr lebhaften Dis-
cussion Veranlassung gegeben. Es wurde behauptet, dass die Flexura
sigmoidea bei neugeborenen Kindern immer in der rechten Inguinal-
gegend gelagert sei, wogegen Giraldes die Einwendung machte, dass
dies bei 114 Untersuchungen nur 24 mal der Fall gewesen sei. Nach
den Erfahrungen von L es s h a f t soll in denjenigen Fällen, in welchen
nach der Geburt noch keine Defäcation stattgefunden hat, der Mast-
darmschenkel der Flexura sigmoidea immer in der rechten Inguinal-
gegend gelagert sein, was mit der bedeutenden Enge der oberen Apertur
des kleinen Beckens im Einklänge stehe.

Die Flexura sigmoidea ist mit einem sehr langen, eine ausgiebige
Verschiebung erlaubenden Gekröse versehen, welches sich nach rechts
hin in eine sichelförmige Falte erhebt, deren eines Ende sich in das
Mesenterium verliert, das andere an der Stelle des Ueberganges der
Flexura sigmoidea in den Mastdarm aufhört. Das linke-untere Blatt
des Mesocolon der Flexura sigmoidea, welches häufiger von callösen
Streifen und wie geschrumpften Stellen durchzogen, als völhg glatt
ist, zeigt häufig eine zur normalen Gestaltung des Peritoneum gehörige,
schon von Hensen^) beobachtete Tasche, die von Treitz als
„Fossa
intersigmoidea^\'
bezeichnet worden ist. In der Regel hat sie die Grösse
einer W^allnuss oder eines Hühnereies, erreicht nur selten die Länge
von 10 Ctm. und liegt in der W^urzel des Gekröses. Ihr nach oben
gekehrter Grund ist zwischen die Blätter des Mesocolon descendens
eingeschoben, während die Mündung nach abwärts gerichtet ist.

d. Das Intestinum egestiTum.

Nachdem man längst die Ueberzeugung gewonnen hat, dass diese
letzte Abtheilung des Dickdarmes weit davon entfernt ist, einen ge-
streckten Verlauf zu nehmen, vielmehr mannigfache Krümmungen be-
schreibe, wird man endlich aufhören müssen, dasselbe „Rectum" zu
heissen. Es dürfte dagegen ganz angemessen sein, das Rohr nach
seiner functionellen Bedeutung Ausleerungsdarm —
intestinum egestivum
— zu nennen, womit denn auch der alt hergebrachte Name „Mast-
darm" insofern einigermaassen übereinstimmt, als durch ihn zwar nicht
die Mast (Nahrung) in ihrer Gesammtheit, wohl aber die der Assimi-
lation nicht fähigen Bestandtheile derselben wieder eliminirt werden.
Der Anfang des Ausleerungsdarmes ist durch keine natürliche Grenze
bezeichnet, und darf namentlich die von Amussat als solche ange-
nommene Verengerung nicht für normal erklärt werden. Man kann
höchstens sagen, dass die Art des Ueberganges der Flexura sigmoidea
in jenen Darm unter Umständen hier eine Beschränkung der Canali-
sation begünstige. Die Flexura sigmoidea geht nämlich unter Bildung
einer kurzen, nach abwärts concaven Krümmung, welche einen wahr-
haft klappenartigen Schleimhautvorsprung bewirken kann, so in den
Mastdarm über, dass bei Anfüllung des S-Romanum mit festeren Koth-
massen leicht eine störende Knickung sich auszubilden vermag. Das
den After —
anus — darstellende Ende des Mastdarmes folgt dem
nach rückwärts ansteigenden Segmente des Beckenausganges, so dass
es im Wesentlichen die Stellung der Sitzbeinhöcker theilt. Der After
ist die eines bedeutenden Grades der Ausdehnung fähige, in diesem
Zustande rundliche, beim weiblichen Geschlechte ceteris paribus kleinere
Ausmündung des Darmes, welche während ihres vollständigen Ver-
schlusses nur als eine von radiären Fältchen begrenzte eingezogene
Stelle der Cutis erscheint, die in der Tiefe der Crena clunium etwa
3 Ctm. nach vorn-unten von der Spitze des Steissbeines liegt.

Wenn man den Anfang des Mastdarmes in die Ebene der Basis
des Kreuzbeines, d. h. an die Stelle verlegt, wo der Dickdarm beginnt
mit der Wand des kleinen Beckens in Verbindung zu treten, bietet
derselbe beim erwachsenen Menschen eine Länge dar, die, insofern sie
durch eine Linie ausgedrückt wird, welche die Enden des in natürlicher
Lage befindlichen Organes in gerader Richtung verbindet, sich durch-
schnittlich auf 18 Ctm. beläuft, während die gestreckte Länge des iso-
lirten Rohres 25 Ctm. beträgt.

1) Vgl. Gazette des hôpitaux 1862. S. 17.

2) A. a. 0. S. 289.

3) Dissertatio inauguralis de peritonaeo. Giessae 1742. §. XXVIII.

Die Gestalt des Intestinum egestivum, welche nur bei mässiger
Ausdehnung und in natürlicher Lage desselben richtig beurtheilt wer-
den kann, bleibt sich nicht in seiner ganzen Länge gleich, sondern
bietet sowohl der Art des Verlaufes, als auch der Weite nach mehr-
fach w^echselnde Verhältnisse dar. Vor Allem muss bemerkt werden,
dass es nirgends gerade ist, sondern theils in der Richtung des sagit-
talen, theils in der Richtung des frontalen Durchmessers der Höhle
des kleinen Beckens Biegungen erfährt, wodurch das Gewicht der Con-
tenta auf viele Punkte vertheilt und daher der Sphincter ani mög-
lichst wenig belastet wird. Hinsichtlich der Biegung des Mastdarmes
in der sagittalen Ebene hat man sich an die Annahme gewöhnt, dass
dieselbe genau der Concavität des Kreuz- und Steissbeines folge. Allein
diese Vorstellung stimmt keineswegs mit der Wirklichkeit überein. Bis
gegen den dritten Sacralwirbel steigt der Mastdarm in der Regel so
von links nach rechts, ausnahmsweise auch von rechts nach links me-
dianwärts herab, dass er eine flache, mit ihrer Convexität die Mittel-
linie in der Richtung nach vorn überschreitende Biegung beschreibt. Ihr
Ende weicht so plötzlich gegen das Kreuzbein zurück, um jetzt im
Wesentlichen der Concavität dieses Knochens zu folgen, dass jene Ueber-
gangsstelle wie eine nach vorn offene, auch beim Versuche der künstlichen
Anfüllung des Darmes nicht geringen Widerstand leistende Knickung
erscheint. Eine nach vorn convexe Biegung — die sog. Perineal-
Krümmung — erleidet der Mastdarm von der Stelle an, wo er be-
ginnt unter die Steissbeinspitze herabzusteigen, womit denn auch die
Richtung des Afters nach hinten im Einklänge steht. Die lateralen
Biegungen des Mastdarmes sind gewöhnlich so vertheilt, dass er anfangs
mit einer Convexität die Mittellinie von links nach rechts, dann eine
kurze Strecke von rechts nach links, endlich ungefähr mit einem Drittel
seiner Breite wieder von links nach rechts überschreitet, um schliesslich
genau der Medianebene zu folgen. Die Uebergangsstellen dieser Krüm-
mungen in einander erscheinen bisweilen als tiefe Einschnürungen, welche
durch straffe, sie überbrückende longitudinale Muskelbündel in dieser
Eigenschaft erhalten werden, so dass erst durch ihre Zerreissung eine
Ausgleichung möglich ist. Die Canalisation des Mastdarmes bleibt sich
übrigens unter keinen Umständen in seiner ganzen Länge gleich. Von
seinem Anfange bis gegen das sich rasch verjüngende Ende hin nimmt
das Rohr allmälig zu, jedoch nicht ganz gleichförmig, sondern es besteht

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ganz constant in einiger Entfernung über dem Anus eine nach vorn und
zu den Seiten mehr oder weniger entwickelte, bisweilen sogar zu einer
weiten Tasche umgewandelte Ausbuchtung, welche mitunter der Sam-
melplatz so reichlicher fester Fäcalmassen ist, dass diese ein Geburts-
hinderniss abgeben und durch die Scheide hindurch als rundlicher Tumor
gefühlt werden können.

Im gesetzmässigen Zusammenhange mit der Wandung des Beckens
wird der Mastdarm theils durch das Bauchfell, theils durch formloses
Bindegewebe, sowie durch die Fascia pelvis interna gehalten, ßück-
sichtlich seines in praktischer Hinsicht ungemein wichtigen Yerhältnisses
zum Peritoneum zerfällt das Intestinum egestivum naturgemäss in drei
Abtheilungen, je nachdem es von demselben vollständig oder nur theil-
weise eingehüllt wird, oder von ihm gänzlich unbedeckt bleibt.

Als erste Portion des Mastdarmes kann füglich diejenige Ab-
theilung desselben unterschieden werden, welche vollständig in eine Pe-
ritonealfalte so aufgenommen wird, dass die beiden Blätter noch den
hinteren Umfang überschreiten und eine Art von Gekröse bilden. Das
an Höhe von oben nach unten allmälig abnehmende „Mesorectum"
zieht schräg von der oberen Grenze der linken Articulatio sacro-ihaca
über das Promontorium gegen den zweiten Sacralw^rbel herab, wobei
es nach aufwärts ohne Grenze in das Gekröse der Flexura sigmoidea
übergeht, indessen in entgegengesetzter Richtung seine Blätter ausein-
ander weichen. Bisweilen ist das Mesorectum von Geburt aus oder in
Folge später erlittener Dehnungen höher und länger, so dass es dem
Anfange des Mastdarmes eine bedeutendere Verschiebung gestattet. Bei
starkem Drängen kann sogar vorübergehend einige Invagination des
dünneren, beweglicheren Stückes in den weiteren, mehr fixirten Ab-
schnitt statt finden, so dass man alsdann im Stande ist höher liegende
Partieen der Schleimhaut für die Untersuchung per anum zugänglich
zu machen.

Die zweite Portion des Mastdarmes, welche das grösste, vom
zweiten bis zum letzten Sacralwirbel reichende Stück desselben in sich
begreift, ist nur nach vorn und zu den Seiten vom Bauchfelle über-
zogen. Der hintere Umfang, welcher in eine Fortsetzung der Fascia
pelvina eingehüllt ist, hängt durch Vermittelung eines ziemlich dehn-
baren Zellstoffes in ähnhcher Art mit der Concavität des Kreuzbeines
zusammen, wie etwa die hintere Schlundkopfwand mit der ISTackenwirbel-
säule. Insoweit der laterale Umfang dieser Portion dem Foramen ischi-
adicum majus zugekehrt ist, steht derselbe durch einen ungemein lockeren,
reichlichen fetthaltigen Zellstoff mit den dort aus- und eintretenden Ge-
fässen im Zusammenhange, zeichnet aber auch zugleich die Richtung
vor, in welcher Becken-Abscesse unter die Gesässmuskulatur nach aussen
durchbrechen können.

Die dritte Portion des Mastdarmes ist gewöhnlich von der Spitze
des Kreuzbeines an bis zum After von Bauchfell gänzhch frei und kann
also ohne Gefährdung jener so sehr vulnerabeln Membran verletzt, selbst
völlig exstirpirt werden. Allein es darf nicht unerwähnt bleiben, dass
hier insofern beachtenswerthe Schwankungen im Verhalten des Perito-
neum vorkommen, als seine unterste Grenze, in verticaler Richtung ge-
messen, bald 8 Ctm. über dem vorderen Umfange des Afters liegt, bald
aber auch viel weiter herabrückt und von demselben nur 5^2 Ctm. ent-
fernt sein kann. Die Möglichkeit der Existenz dieses letzteren geringsten
bisher von mir und zwar bei beiden Geschlechtern gefundenen Abstandes
der Peritonealgrenze, muss jedenfalls für die vordere Seite des Rectum
bei chirurgischen Eingriffen maassgebend sein, während dieselben nach
hinten viel weiter ausgedehnt werden können.

Die von Bauchfell gänzhch freie Portion des Mastdarmes legt sich
in gleicherweise bei beiden Geschlechtern theils an die concave Fläche
des Steissbeins an, theils überschreitet sie die Spitze desselben in der
Länge von 21/2—3 Ctm., um hinten und zur Seite vom Levator ani ein-
gehüllt und getragen zu werden, indessen der vordere Umfang je nach
dem Geschlechte wesentlich verschiedene Beziehungen darbietet. Beim
Weibe geht die vordere Wand der dritten Portion des Mastdarmes mit
der Scheide eine um so festere Verbindung ein, je mehr beide Schläuche
ihrem Ende sich nähern, so dass sie schliesslich zur Bildung einer ge-
meinsamen Scheidewand —
septum recto-vaginale — Anlass geben, deren
dickes Ende die hauptsächliche Grundlage des Dammes abgibt. Einen
ungleich lockereren Verband geht jene Wand des Mastdarmes beim
Manne ein, indem sich bei diesem an ihn der sog. Blasengrund und
die Prostata anlehnen, so dass jener durch das Intest, egestivum ge-
öffnet und gewisse krankhafte Zustände der letzteren per anum ex-
plorirt werden können.

B. Die Leber und die extraparenchymatösen Oallenwege.

Da man oft genug in die Nothwendigkeit versetzt ist, das Verhält- bedürfen, wenn wir den räumhchen Beziehungen der Leber an sich und
niss der ausserhalb des Leberparenchyms verlaufenden Gallenwege zur jenen Dependenzen derselben gesonderte Schilderungen widmen.
Nachbarschaft genau zu kennen, wird es wohl der Rechtfertigung nicht

a. Die Leber au sich.

Obschon wir die Meinung Braune\'s^) nicht theilen können, dass
nämlich die Lebersubstanz im normalen Zustande während des Lebens
so weich sei, dass die Form des Organes gar keine Selbstständigkeit be-
sitze, sondern lediglich vom Drucke und Volumen seiner Umgebung ab-
hängig sei, sehen wir uns doch zur Annahme berechtigt, dass sich die
volle Eigenthümhchkeit der Krümmung seiner Flächen mit der Störung
des gesetzmässigen Lagerungsverhältnisses theilweise verhert. Durch die
Entfernung der Leber aus dem Körper erleidet sie bekannthch eine
Verbreiterung ihrer Furchen, sowie einen Grad der Abplattung ihrer
Flächen, welcher vom ursprünghchen Zustande weit entfernt ist.

Die durchschnittlich 2 Kilogramm schwere Leber ist so in den
Raum der Oberbauchgegend eingeschlossen, dass sie in alle drei Bezirke
derselben eingreift, jedoch sehr ungleichförmig auf sie vertheilt ist, was
schon damit zusammenhängt, dass ihre Masse von rechts nach links hin
allmälig abnimmt. Die Vertheilung auf die beiden Seiten des Körpers
findet in der Art statt, dass mindestens ®/4 des Gesammtvolumens, näm-
lich der ganze Lobus dexter, der Lobulus Spigelii und gewöhnlich auch
der ganze Lobus quadratus der rechten Hälfte des Bauches zugetheilt
sind. Nur ein untergeordnetes, einem Theile des Lobus sinister und
quadratus entsprechendes Segment kommt mit der Innenfläche der vor-
deren, weichen Bauchwand in Berührung. Dasselbe liegt so zwischen
den beiden Rippenbögen, dass sein unterer Rand schräg von der Gegend
der Mitte des Knorpels der achten rechten Rippe zur Mitte des Knor-
pels der linken siebenten Rippe emporsteigt und sich in der Richtung
der Sternallinie bis zur Grenze des oberen und des mittleren Drittels
des Abstandes zwischen der Spitze des Schwertfortsatzes und dem Nabel

1) Topographisch-anatomischer Atlas. Leipzig 1867.

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herab erstreckt. Diese Abtheilung der Leber, welche sich hinter dem
Schwertfortsatze in die Höhe zieht, also auch im Bereiche der irrthüm-
lich sog. Magengrube liegt, breitet sich über die kleine Curvatur des
Magens, über die Pars pylorica desselben und über die obere horizontale
Portion des Duodenum wie ein Deckel aus.

In der übrigen Ausbreitung steht die Leber durch ihre gewölbte
Fläche mit der Bauchseite des Diaphragma in Berührung und schliesst
sich seiner Concavität so innig an, dass die Krümmungen einander in
ähnlicher Weise vollständig entsprechen, wie etwa die Berührungsflächen
eines Nussgelenkes. Diese Coaptation des Organes ist aber nicht das
Resultat der Einwirkung der peritonealen sog. Leberbänder, welche auf
die geregelten Lagerungsverhältnisse desselben von keinem wesentlichen
Einflüsse sind, vielmehr ist sie zunächst das Ergebniss des atmosphärischen
Druckes, unter welchem die Eingeweide der Unterleibshöhle stehen. Es
kann also davon keine Rede sein, dass die Leber mit ihrem Gewichte
am Diaphragma ziehe, und ebenso wenig ist es richtig, da.ss dieselbe
unter normalen Verhältnissen die Wölbung des Zwerchfelles in ihrem
Bereiche bedingt. Diese besteht nämlich auch dann noch unverändert
fort, wenn der ganze Bauchraum ausgeweidet worden ist, falls nur das
Cavum thoracis geschlossen und so die elastische Zugkraft der Lunge
ungeschmälert bleibt.

Die Leber schliesst sieh in der Ausdehnung an die Bauchfläche des
Zwerchfelles an, dass sie mit dem vorderen Lappen des Centrum tendi-
neum, sowie mit der Pars sternalis, hauptsächlich aber mit der dem
rechten Hypochondrium angehörigen Abtheilung in Berührung kommt.
Hier erstreckt sich die Leber seitlich bis zu dem lateralen Umfange der
Mere, wo ihr rechter Rand in den Falz eingefügt ist, welchen dieses
Organ mit der hinteren Bauchwand erzeugt. Nach abwärts erstreckt
sich die Pars hypochondriaca dextra der Leber bis in die Ebene des
Knochens der elften Rippe, medianwärts bis zum Rippenbogen, den sie
erst da beginnt nach aufwärts zu überschreiten, wo er von der Linea
parasternalis gekreuzt wird.

Wie schon bei der Topographie der Oberbauchgegend (vgl. S. 4
und 10) gezeigt worden ist, steht die Leber mit der rechten Lunge und
mit dem Herz in einer nahen räumlichen Beziehung, welche durch das
Zwerchfell vermittelt wird. Die rechte Lunge breitet sich nämlich in
der Art über der Leber aus, dass vom saumartig dünnen, convexen

Rande ihrer Basis bis in die Ebene des höchsten Punktes der Leber das
Parenchym der Lunge allmälig eine Mächtigkeit von 5 Ctm. erreicht.
Wir müssen demgemäss Paul Niemeyervollkommen beistimmen,
wenn er in seinem meisterhaften Werke die Ansicht niederlegt, dass zur
Bestimmung der wahren oberen Lebergrenze die Plessimetrie unzureichend
sei und dieselbe sich nur eben dahin empirisch construiren lasse, dass sie im
Wesentlichen der Convexität des Zwerchfelles über der oberen Dämpfungs-
linie entspreche. Während also die Leber wegen nach aufwärts zu-
nehmender Dicke der sie theilweise umfassenden Substanz der rechten
Lunge nach oben hin plessimetrisch nicht abgegrenzt werden kann, ist
dies in Betrefi: auch des Herzens nach abwärts deshalb unmöglich, weil dieses
theilweise auf dem linken Lappen der Leber ruht, und demgemäss der
matte Percussionsschall zwischen beiden Organen keine Unterbrechung
erfährt.

Einige Veränderung des Lagerungsverhältnisses der Leber kann durch
verschiedene Einflüsse herbeigeführt werden. Schon durch die Respi-
rationsbewegungen erfährt dieselbe einige Verschiebung, indem sie bei
tiefer Einathmung um 1—1^2 Ctm. nach abwärts gedrängt wird, wobei
jedoch das Gebiet der Leberdämpfung keine Zu-, sondern eher eine Ab-
nahme seiner Grösse erfährt, indem die Lunge verhältnissmässig tiefer
unter die wahre obere Lebergrenze herabsteigt, die sie bei gewöhnlich
ruhigem Athmen im Maximum in der Höhe von 8 Ctm. überdeckt. Die
Positur des ganzen Körpers hat auf die Stellung des Organes einen nur
geringen Einfluss, indem sie sich namentlich während des Stehens und
der horizontalen Rückenlage gleich verhält, während dagegen nach den
Ermittelungen von Gerhardt®) beim Uebergange aus der letzteren in
die linke Seitenlage einige Drehung der Leber um das Lig. coronarium
hepatis eintritt, mit welcher eine unbedeutende laterale Verschiebung
derselben verknüpft zu sein pflegt. Unter mancherlei Umständen kann
die Stellung einer ganz gesunden Leber anomal werden, wobei sie sich
bald tiefer abwärts neigt, so dass ein grösserer Theil der convexen Fläche
gegen die vordere Bauchwand gekehrt und daher \'der Anschein einer
Volumenzunahme erzeugt wird, oder aber sie kann sich z. B. bei An-
häufung grosser Mengen von Gas im Magen und Darmkanal bis zu dem
Grade nach aufwärts wenden, dass die Bauchwand blos vom scharfen
Saume berührt und so die Ausdehnung der Fläche des matten Percus-
sionstones auf ein Minimum reduzirt wird.

b. Die extraparenchymatösen (rallenwege.

7 Mm. dicke Ductus choledochus, welcher in extremen Fällen 7, oder
auch nur 2 Ctm. lang sein kann, folgt der concaven, nach links und
vorn schauenden Seite der Pars descendens duodeni, um schliesslich un-
gefähr in der Mitte derselben sich in der Darm wand zu verlieren. Aus
dem spitzwinkeligen Zusammenflusse des Ductus hepaticus mit dem cy-
sticus weit unter dem Scheitel des Bogens, welchen der Ausführungsgang
der Gallenblase um das Ende des oberen Umfanges der Pars horizontalis
superior duodeni beschreibt, geht es zur Genüge hervor, dass von einem
Abflüsse der Galle aus dem Ductus hepaticus nach zwei Richtungen,
nämlich einerseits in die Gallenblase, andererseits direct in das Duode-
num keine Rede sein, vielmehr der Uebergang der Galle in die Blase
nur vom Ductus choledochus aus und zwar blos unter Umständen statt-
finden kann, welche ihren unmittelbaren Erguss in das Duodenum be-
schränken.

Zwischen den beiden, das kleine Netz nach rechts fortsetzenden,
mit ihrer vor dem Hiatus Winslowii liegenden Umschlagstelle als Lig.
hepatico-duodenale erscheinenden Blättern sind der Stamm der Pfort-
ader, die Gallenwege, sowie die Arteria hepatica eingeschlossen und so
angeordnet, dass die Vene in der Mitte zwischen der links liegenden

Für die Beurtheilung des Verlaufes der ausserhalb des Parenchyms
der Leber befindlichen Gallenwege verdient zunächst die Thatsache er-
wähnt zu werden, dass dieselben mit der ersten und zweiten Portion
des Duodenum in Berührung kommen. Die Gallenblase, deren Längen-
axe im Wesentlichen der Richtung des rechten Rippenbogens folgt, über-
ragt denselben in der Regel mit dem medialen Umfange ihres Grundes,
welcher sich demgemäss bei stärkerer Ausdehnung durch die vordere
Bauchwand hindurch betasten lässt. Es hängt wesentlich vom Abstände
des beiderseitigen Rippenbogens ab, ob der Fundus vesicae felleae in
der fortgesetzten Linea papillaris den Rippenbogen überragt, oder in
der Linea parasternalis, was mir nach den bisherigen Erfahrungen der
häufigere Fall zu sein scheint. Der Hals der Gallenblase und ihr Aus-
führungsgang umgreifen den oberen Umfang der Pars horizontalis su-
perior duodeni an der Stelle ihres Ueberganges in die Pars descendens, so
dass sie mit demselben unter einem fast rechten Winkel sich kreuzen und
auch eine ihm entsprechende Biegung erfahren. Der
Ductus kepaticus
steigt dagegen an der medialen Seite jenes Darmstückes herab, um mit
dem Ductus cysticus unter einem sehr spitzen Winkel zum gemeinsamen
Gallengange zusammenzufliessen. Der durchschnittlich 4^2 Ctm. lange.

1) Handbuch der theoretischen und clinischen Percussion und Auscultation. Erlangen 1868.

2) Der Stand des Diaphragma. Tübingen 1860. S. 43.

S. 151.,

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Arterie und dem rechts verlaufenden Lehergange getroffen wird. Es
kann sich hei dieser Nachbarschaft fragen, ob Concretionen der Gallen-
wege im Stande seien auf den Stamm der Pfortader eine Compression
auszuüben und dadurch einen Ascites zu bedingen. Ich möchte dies aus
dem Grunde in Zweifel ziehen, weil die mit dem Pfortaderstamme ohne-
hin nicht in unmittelbare Berührung kommenden Gallenwege bei der
Dehnbarkeit ihrer Umgebung leicht nach anderen Richtungen auszu-
weichen und viel eher gegen die auf unnachgiebiger Unterlage ruhende
Cava inferior zu drücken vermögen. Eine überaus lehrreiche Bestätigung
dieser Annahme gewährt ein von Graubner\') beschriebener „seltener
Fall von Gallensteineinklemmung." Das Duodenalende des Ductus cho-
ledochus war hier durch einen wallnussgrossen Gallenstein verstopft,
dessen Sitz derjenigen Stelle des Pfortaderstammes entsprochen hat,
welche unmittelbar über der Einmündung der Lienalvene liegt, ohne
dass etwas Abnormes an dem Pfortaderstamme zu entdecken gewesen
wäre. Gleichwohl hat ein hoher Grad von Ascites nicht gefehlt, der
übrigens seine naturgemässe Erklärung darin gefunden hat, dass durch die
bedeutende Gallenstauung die Pfortaderäste innerhalb der Leber compri-
mirt werden mussten. Das ebenfalls vorhanden gewesene Oedem der
unteren Körperhälfte ist dagegen wohl ohne Zweifel darin begründet
gewesen, dass jener voluminöse Stein einen Druck gegen die Cava in-
ferior geübt hat.

Da es ein mehrfaches praktisches Interesse hat, das Verhalten des
gemeinsamen Gallenganges zur Bauchspeicheldrüse zu kennen,
muss diesem Gegenstande eine spezielleAufmerksamkeit zugewendet werden.

An der Concavität des medialen Umfanges der ersten Flexur des
Duodenum beginnt der Ductus choledochus mit dem Kopfe des Pankreas
in Berührung zu kommen. Dieser Gang steigt in schwacher, nach links
convexer Krümmimg am medialen Umfange der Pars duodeni descendens
herab, um noch oberhalb ihrer Mitte zwischen die Ringfaserschichte und
Schleimhaut einzudringen. Der Eintritt in die Darmwand findet also
durchaus nicht, wie so allgemein behauptet wird, in die hintere Wand
der Pars descendens statt, was auch schon aus dem Umstände klar her-
vorgeht, dass die Concavität der Duodenumschlinge nicht nach hinten,
sondern nach links gerichtet ist.

Während der Ductus choledochus entlang der oberen Hälfte des
medialen Umfanges der Pars descendens duodeni herabsteigt, kommt er
unter allen Umständen mit dem Parenchym des Pankreas in eine sehr
nahe räumhche Beziehung. Die meisten Autoren lassen das nähere Ver-
hältniss beider Theile bei Schilderung der Verlaufsrichtung jenes Ganges
unerwähnt, indessen andere ausdrücklich bemerken, dass derselbe ent-
weder den Kopf des Pankreas durchsetze, oder an ihm ledighch vor-
beiziehe. In Anbetracht der Wichtigkeit der Entscheidung dieser Frage
für die Aetiologie des Stauungsikterus hat sich in neuester Zeit Oskar
Wyss^) bemüht, das Verhältniss durch die Untersuchung an 22 Leichen
auszumitteln. Es hat sich ergeben, dass der Ductus choledochus in
diesen Fällen nur 5mal durch den Kopf des Pankreas hindurch, die an-
deren Male aber neben demselben vorbei zum Duodenum hinabging.
Dieses Resultat stimmt nicht mit den Angaben von J. Cruveilhier
überein, welcher vielmehr auf Grundlage einer reichen Erfahrung lehrt,
dass der Ductus choledochus häufiger vollkommen von der Substanz
des Pankreas umschlossen werde, als er blos in einer Rinne desselben
verlaufe.

Beim Versuche einer definitiven Entscheidung über das gewöhnhche
Vorkommen muss man sich zunächst darüber verständigen, ob das jeden-
falls wechselnde Verhältniss die ganze, im Bereiche des Pankreaskopfes
herabsteigende Abtheilung des Ductus choledochus oder nur das Ende
desselben betreffe. In dieser Hinsicht kann ich, gestützt auf zahlreiche
Wahrnehmungen, die bestimmteste Erklärung abgeben, dass in der sehr

1) Archiv der Heilkunde. Sechster Jahrgang. Leipzig 1865. S. 184.

2) Archiv für patholog. Anatomie und Physiologie. Bd. XXXVI. S. 455.

überwiegenden Mehrzahl der Fälle der gemeinsame Gallengang neben
der Concavität der Pars descendens duodeni so hinter dem Kopfe des
Pankreas herabsteigt, dass er bis gegen sein Ende hin nur mit dem
vorderen Umfange in einer flachen Rinne der Drüsensubstanz hegt, in-
dessen sein extraduodenales Ende fast immer ringsum von Drüsenläpp-
chen umschlossen wird, was schon deshalb nicht wohl anders sein kann,
weil mit ihm ja stets das im Parenchym des Pankreas steckende Ende
des Ductus Wirsungianus zusammenstösst. Gegenüber von dieser Regel
ist es mir als eine verhältnissmässig seltene Ausnahme erschienen, dass
der Ductus choledochus vom oberen Rande des Pankreaskopfes an bis
zum Eintritte in die Darmwand das Drüsenparenchym durchsetzt hat,
wobei er übrigens immer an seinem hinteren Umfange von einer viel
dünneren Schichte verdeckt war als am vorderen, und der laterale Um-
fang sich bald unmittelbar an die Darmwand anlehnte, bald von ihr
durch Drüsenläppehen geschieden wurde. Jedenfalls wird man aber
einräumen müssen, dass der Ductus choledochus um so mehr der Ge-
fahr ausgesetzt ist, bei Anomalieen des Parenchyms oder des Ganges der
Bauchspeicheldrüse comprimirt zu werden, von je dickeren Schichten er
auf eine grössere Strecke rings umgeben ist. Aber auch wenn er in
seiner ganzen Länge frei hinter dem Kopfe des Pankreas herabsteigen
würde, könnte seine Canalisation durch Volumenszunahme der entlang
der Concavität des Duodenum hinter der Bauchspeicheldrüse angebrachten
Lymphdrüsen gefährdet werden, von welchen ganz gewöhnhch ein grösseres
Exemplar dicht hinter der Eintrittsstelle des Ganges in die Darmwand
zu liegen pflegt.

Auch das Verhalten der in der Wand des Duodenum ent-
haltenen Abtheilung des
Ductus choledochus muss hier einer ein-
gehenden Betrachtung unterworfen werden.

Gegen die Mitte des medialen Umfanges der Pars descendens duo-
deni macht sich an der Schleimhaut eine in der Längenrichtung des
Darmes verlaufende kegelförmige Erhabenheit bemerklich, welche von
Santorini\'\') zum Unterschiede von der 2 Ctm. höher und zugleich
weiter lateralwärts hegenden, nur stecknadelkopfgrossen, die selbststän-
dige Mündung des Ductus pankreaticus parvus vermittelnden „Caruncula
minor" als die Caruncula duodenalis major, von späteren Autoren da-
gegen als Plica longitudinalis duodeni bezeichnet worden ist. Die Er-
habenheit wird theils durch die noch selbstständigen Enden des Ductus
choledochus und pankreaticus, theils durch eine trichterförmig sich ver-
jüngende gemeinsame und durchschnittlich nur 7 Mm. lange Fortsetzung
beider Gänge gebildet, welche also gewissermassen einen Ductus ejacu-
latorius pancreatico-biliosus darstellt. Die Länge der Caruncula pan-
creatico-biliosa, vom Eintritte jener Gänge zwischen die Ringfaserschichte
und die Schleimhaut an bis zu ihrer gemeinsamen Mündung gemessen,
bietet einigen Wechsel dar, indem sie zwischen 1V2 und 2 Ctm. schwankt.
In den meisten Fällen prägt sich dieselbe deshalb nicht in ihrer ganzen
Grösse an der Schleimhaut aus, weil die Eintrittsstelle der die Carunkel
bildenden Theile von oben her du.rch eine Kerkring\'sche Falte überlagert
wird,
Vielehe um sie bisweilen eine förmliche Nische bildet. Eine grössere,
über die Wurzel der Carunkel herabhängende Falte wird aber auch häufig
gänzlich vermisst und statt ihrer eine Anzahl leistenartiger Erhebungen
der Schleimhaut gefunden, die über derselben unter sich zusammenfliessen.
Das verjüngte Ende der Caruncula pancreatico-biliosa ist bald in seinem
ganzen Umkreise frei und springt oft rüsselartig über das Niveau der
Umgebung vor, bald ist seine mediale Seite gleich jener der ganzen übrigen
Carunkel mit der Darmwand verwachsen. Sehr gewöhnhch, aber durch-
aus nicht immer, setzt sich das Ende der Carunkel an ihrer mit der
Darmwand verwachsenen Seite in ein longitudinales, allmälig fadenartig
dünn auslaufendes Leistchen fort, welches sich in das Gewebe der Schleim-
haut verhert. Dasselbe war schon Santorini bekannt, der es als

3) Traité d\'anatomie descriptive. Trois. Ed. Paris 1852. Tome III. p. 425.

4) Septemdecim tabulae. Parmae. 1775. Tab. XII.

7 *

mmm

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„Frenulum caruneulae" bezeichnet. Es ist kein blosses Leistchen der
Schleimhaut, sondern stellt einen von dieser überzogenen Ausläufer der
Wand des gemeinsamen Ductus pankreatico-biliosus dar. .

Am Ende der Caruncula duodeni major befindet sich die im grössten
Durchmesser 2^2 Mm. betragende, aber eines bedeutenden Grades der
Erweiterung fähige Mündung des gemeinschaftlichen Pankreas-Leber-
ganges, welche bald länglich rund, bald ein longitudinales Spältchen ist,
das meist von einem saumartig dünnen, öfters mit feinen Zöttchen be-
setzten Bande umgeben wird. Die Mündung führt in einen gegen sie
hin trichterähnlich sich verjüngenden Raum, welcher eine zwischen 3
und 12 Mm. schwankende Länge hat, und von Berger unter
Abraham Vater\'s Auspizien als „Diverticulum bilis et locus permissio-
nis cum succo pankreatico" beschrieben wurde. Das seit jener Zeit so-
genannte
Diverticulum Vateri muss, wie schon gesagt, angesprochen
werden als der für die Leber und Bauchspeicheldrüse gemeinschafthche
Ausführungsgang, zu dessen Bildung sowohl die Wand des Ductus cho-
ledochus als auch jene des Ductus pankreaticus beiträgt. Beide Gänge
stossen in der Art unter einem mehr oder weniger spitzen Winkel zu-
sammen, dass der Ductus pankreaticus vorzugsweise in den medialen,
der Ductus choledochus hauptsächlich in den lateralen Umfang übergeht,
und dieser schon ob seiner grösseren, übrigens allmälig abnehmenden
Dicke den überwiegenden Antheil an der Bildung der Wand des Ductus
pankreatico-biliosus hat. Doch kommt es nach den Erfahrungen von
Gl. Bernard^) als seltene Ausnahme vor, dass die Pars intestinalis des
Ductus choledochus bis zu ihrer Mündung von der Wand des Ductus
Wirsungianus scheidenförmig umfasst wird.

Indem das sog. Diverticulum Vateri aus dem Zusammenflusse des
Ductus choledochus und Wirsungianus hervorgeht, welch\' letzterer mit
jenem früher oder später, aber jedenfalls erst nachdem er in die Wand
des Duodenum eingetreten ist, seinen Zusammenfluss erfährt, werden im
Hintergrunde des Divertikels zwei übereinander liegende Oefihungen be-
merklich, von w^elchen die obere grössere dem Gallengange, die untere
kleinere dem Ductus Wirsungianus speciell angehört. Die Scheidung
beider Mündungen wird durch ein Fältchen bewerkstelligt, das als feines
Ende der Zwischenwand erscheint, die aus der Verschmelzung der ein-
ander zugekehrten Seiten beider Gänge hervorgegangen ist und sich bis-
weilen bis in die Höhle des Darmes herein erstreckt. In solchen Aus-
nahmsfällen besteht weder ein Diverticulum Vateri noch ein gemeinsames
Ostium pankreatico-biliosum, sondern es sind zwei vollständig getrennte
Mündungen an der Spitze der Caruncula duodenalis major angebracht.
Die zufällige Beobachtung nur solcher Fälle mag verschiedene Autoren
verleitet haben, das Vorkommen eines Diverticulum Vateri überhaupt
in Abrede zu stellen, dessen ausnahmsweises Fehlen übrigens schon
Berger und Vater selbst eingeräumt haben, indem sie ausdrücklich be-
merken „non equidem affirmare possumus, eandem dispositionem in omnibus
corporibus reperiri." Die beiden Mündungen im Hintergrunde des Di-
verticulum Vateri sind in ihrem Umkreise häufig mit florähnlich zarten
Anhängseln oder mit papillenartigen Excrescenzen besetzt, denen die
Bedeutung eines Klappenapparates zugeschrieben werden muss, welcher
den Eintritt von Bestandtheilen des Darminhaltes zu verhindern hat.
Dies wird übrigens theilweise schon durch den saumartig dünnen Rand
der gemeinsamen Mündung erreicht, welcher nach Eröflhung des Duo-
denum so collabirt zu sein pflegt, dass sich jene Mündung dem Blicke
leicht entzieht und erst bei sorgfältiger Betrachtung der abgespülten
Schleimhaut, sowie durch Sondiren und Anblasen mit dem Tubulus zur
deutlichen Ansicht gebracht werden kann.

Das Verhältniss der Pars intestinalis des Gallenganges und des mit
ihm verbundenen Endes des Duct, Wirsungianus zur Wand des Zwölf-
fingerdarmes ist in der Art regulirt, dass dieselben zwischen die Ring-
faserschichte und die Schleimhaut eingeschoben und mit ihnen durch
Zellstofl" verbunden sind. An der Eintrittsstelle weichen die ringförmigen
Fleischbündel unter Bildung einer transversalen Spalte auseinander, wo-
bei die jene Gänge überschreitenden Faserzüge constant ungleich stärker
als diejenigen entwickelt sind, welche unter ihnen, sowie unW dem ge-
meinsamen Ductus pankreatico-biliosus hinwegziehen. Die Bündel der
zarteren Längsfaserschichte verlaufen grösstentheils zu den Seiten der
Eintrittsstelle jener Gänge in die Darmwand, doch werden auch nie
etliche dünne Faserzüge vermisst, welche sich von oben her an der dem
Darme zugekehrten Seite des Ductus choledochus sehnig verlieren und
denselben in dieser Richtung anzuspannen vermögen. Der grössere, mit
der Ringfaserschichte nicht verlöthete, gegen das Darmlumen herein-
ragende Umfang der Pars intestinalis wird von der Schleimhaut über-
zogen , welche an der gemeinsamen Mündung ohne Unterbrechung, je-
doch dünner werdend in die Mucosa des kurzen Ductus pankreatico-
biliosus übergeht. In ihm erhebt sich die Schleimhaut sehr gewöhnlich
in transversale Fältchen, welche im kleinsten Maassstabe eine den Val-
vulae conniventes Kerkringii ähnliche Anordnung darbieten.

Die Wand der Pars intestinalis des Ductu.s choledochus, sowie des
aus seiner Zusammenmündung mit dem Wirsung\'schen Gange hervor-
gegangenen Ductus pankreatico-biliosus besitzt im Wesentlichen den
gleichen Bau, wie die extraduodenale Abtheilung des Gallenganges. Ihre
Grundlage ist durchgreifend ein dichtes fibrilläres Bindegewebe, welches
gegen die Lichtung hin in eine homogene Grenzschichte übergeht, in
die oblonge Kerne in geringer Menge eingestreut sind. Das Zellstofl"-
gerüste ist allenthalben ungemein reichlich von elastischen Fasern durch-
zogen, welche bis zur Grenzmembran hin ein dichtes Netz bilden, dessen
Balken nach innen ungleich feiner als nach aussen hin zu sein pflegen.
Nie und nirgends habe ich in den Gallengängen auch nur eine Spur
von glatter Muskulatur nachweisen können, so dass ich denselben mit
T
0 b i e nund H e n 1 e eine vitale Contractilität entschieden absprechen
muss. Schon aus anatomischen Gründen kann daher auch das Vor-
kommen eines Ikterus spasticus nicht anerkannt werden.

4. Die Milz.

Um eine zureichende Vorstellung von den räumlichen Beziehungen
dieses Organes und namentlich auch seines Verhältnisses zum Peritoneum
zu gewähren, ist es unerlässlich, zuerst die Eigenthümlichkeit seiner
Gestalt in\'s Auge zu fassen. Die Form der Milz ist nicht geringen
Schwankungen unterworfen, die sich jedoch im Wesentlichen meist auf
zwei Typen zurückführen lassen, von welchen der eine dem longitudi-
nalen Umrisse nach als ungleichseitig-viereckiger, der andere als ovaler
bezeichnet werden kann. Im Querdurchschnitte ist die Milz dem grössten

Theil ihrer Länge nach prismatisch gestaltet, womit die Existenz von
dreierlei Flächen im Einklänge steht. Die grösste Oberfläche der Milz
— superficies phrenica s. costalis — , welche ganz glatt und ziemlich
gleichförmig erscheint, ist nach links und hinten gekehrt. Dieselbe ist
durchgreifend convex und zwar während der natürlichen Lage des Or-
ganes in der Richtung einer gedehnten Spirale gleich denjenigen Rippen
gekrümmt, deren Laufe sie folgt. Als
Superficies renalis bezeichnen wir
diejenige flache Vertiefung der nach rechts und vorn gekehrten Seite

1) A. Haller, Disputation, anatomicar. select. Vol. III. p. 270.

2) Me\'moires sur le pancréas etc. Paris 1856.

3) Vgl. E. Huschke, Lelire von den Eingeweiden. Leipzig 1844. S.

4) De glandularum ductibus efferentibus. Diss. Dorpat 1853.

5) Handbuch der Eingeweidelehre. Braunschweig 1866. S. 218.

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der Milz, welche sich dem lateralen Umfange der Niere nnd Nebenniere
anschmiegt, während die
Superficies gastrica den ungleich grösseren, zu-
gleich stärker vertieften Bezirk jener Seite ausmacht und an den gerade
nach rückwärts schauenden Umfang des Magens grenzt. Diese beiden
concaven Flächen werden durch eine wulstige, anfangs stärker vor-
springende, nach unten hin mehr und mehr sich verflachende Kante —
margo intermedius — von einander abgegrenzt. Lateralwärts von dieser
Kante befindet sich eine seichte Rinne —
hilus lienalis —, in und neben
welcher 12—15 ungleich grosse Oeffnungen, Einstülpungen der Albuginea
angebracht sind, welche theils paarweise regelmässig über einander hegen,
theils ohne Ordnung zerstreut sind. Sie bilden eben so viele Pforten,
durch welche der Ein- und Austritt derjenigen Gebilde stattfindet, die
mit der Zusammensetzung des Milzparenchyms in Beziehung stehen. Die
Superficies renalis und phrenica stossen unter Erzeugung eines hinteren,
dickeren Randes —
margo obtusus — zusammen, während der diesem
entgegengesetzte vordere, mehr oder weniger scharfe, 2—4fach einge-
kerbte Rand —
margo crenatus — aus dem Zusammenstosse der Super-
ficies gastrica und phrenica hervorgeht.

Die Milz nimmt von oben nach unten allmälig an Umfang zu,
woraus sich von selbst ergibt, dass ihr unteres Ende breiter als das
obere sein muss. Dies ist für die ovale Form ohne Weiteres klar; wenn
dagegen das untere Ende der Milz ganz allgemein für spitziger erklärt
wird, als das obere, so beruht diese Annahme auf einer fehlerhaften
Deutung der Verhältnisse der so häufigen ungleichseitig-viereckigen Form
des Organes. Hier erscheint nämlich das untere Ende mehr oder weniger
schräg von rückwärts nach vorwärts in der Weise abgestutzt, dass ein
stumpfer Winkel entsteht, in welchen der Margo crenatus ausläuft, und
der um so weniger für das wahre untere Ende zu halten ist, als er
bei natürlicher Anordnung des Organes eine höhere Lage als jener ein-
nimmt.

Als Anomalie der Gestalt muss die zungenähnlich sehr in die
Länge gezogene, die halbkugelige, die walzenähnliche, die scheibenför-
mige, sowie diejenige Milz betrachtet werden , welche in Folge tiefer
Einschnitte wie gelappt erscheint. Mit der letzteren Formation hat
übrigens derjenige Bildungsexcess nichts gemein, welcher in Form der
Nebenmilz —
lien accessorius — auftritt, indem diese nicht aus dem
Zerfalle der Milz hervorgegangen ist, sondern bei vollkommener Inte-
grität der Gestalt und Grösse derselben vorzukommen pflegt. Die
Nebenmilzen haben eine zwischen dem Umfange einer Erbse und einer
Wallnuss schwankende Grösse und werden in sehr wechselnder Anzahl,
sowie beim gleichen Individuum an verschiedenen Localitäten gefunden.
Nicht selten hängen sie in der Nähe des unteren Milzendes an Zweigen
der Arteria lienalis; anderemale sind dieselben zwischen die Blätter des
Lig.
gastro-lienale oder auch des grossen Netzes eingeschoben und hier
von lockerem Fette mitunter völlig so eingekapselt, dass man sie mit
hyperämischen Lymphdrüsen vetwechseln könnte. Zu den sehr seltenen
Fundorten gehört die Substanz des Pankreas, in dessen Schwanztheil
ein Milzknoten bisweilen förmlich begraben ist.

Die Grösse und das Gewicht der Milz sind nach Alter, Individuali-
tät und Lebensweise in nicht geringem Grade variirend. In der Kindheit
ist sie verhältnissmässig umfänglicher und namentlich zu Anschwellungen
geneigter; eine Verkleinerung kommt als „Atrophia senilis" normal-
mässig im vorgeschrittenen Lebensalter vor. Im mittleren Lebensalter
ist die gesunde Milz durchschnitthch, die Krümmung nicht eingerechnet,
12 Ctm. lang, im Maximum 7,5 Ctm. breit und besitzt eine grösste
Dicke von 3 Ctm. Während einer reichlichen Chylification ist das Organ
merklich grösser als im Zustande der Nüchternheit des Körpers und
kann auch unter verschiedenen, einen vermehrten Zufluss von Blut be-
dingenden Einflüssen vorübergehend zunehmen, durch mancherlei Textur-
veränderungen aber einen bleibenden so colossalen Umfang erlangen,
dass es einen grossen Theil des Bauchraumes unter Verdrängung anderer

Eingeweide einnimmt und sich sowohl über die Mittellinie als auch
nach abwärts in die Darmbeingegend erstreckt. Unter anderen Verhält-
nissen kann das Volumen aber auch sehr verkleinert, selbst bis auf ^\'e
des normalen Umfanges reducirt werden. Einige Verklemerung erfolgt vor-
übergehend auch bei der gesunden Milz auf den Gebrauch von Eisen- und
Chinin-Präparaten, eine Wirkung, welche ehedem auch einigen crypto-
gamischen Pflanzen, namentlich dem darnach benannten Genus „Asple-
nium" zugeschrieben worden ist. Das absolute Gewicht der Milz beträgt
durchschnittlich 7 Unzen, kann aber auch bis auf 10 Unzen ansteigen,
ohne dass hiemit irgend welcher anomale Zustand derselben oder des
übrigen Organismus concurrirt.

Ihre Lage hat die Milz ausschliesslich im linken Hypochondrium,
wo sie zwischen das Diaphragma, die Niere und den nach rückwärts
schau.enden Umfang des Magens so eingeschoben ist, dass sie von vorn
her gar nicht, sondern erst durch die Verschiebung des letzteren sicht-
bar wird und an der Ausfüllung der linken Kuppel des Zwerchfelles
Antheil nimmt. Das Verhältniss der Milz zur linken Niere ist in der
Art regulirt, dass sie diese von ihrem oberen Ende bis gegen die Mitte
des lateralen Umfanges umgreift, wobei sie zugleich mit der Nebenniere
und mit dem entlang dem unteren Rande der letzteren verlaufenden
Schweife des Pankreas in einige Berührung kommt. Unter normalen
Verhältnissen nimmt die Milz in der Art eine schräge Stellung ein, dass
sie dem Laufe der IX., X. und XI. Rippe folgt, wobei ihr oberes Ende bald
dicht neben dem Körper des elften Brustwirbels liegt, bald 2 Ctm. von ihm
entfernt ist. Das untere Ende der Milz ist von der Spitze der zehnten Rippe
7,5—■ von jener der elften Rippe durchschnittlich 4 Ctm. entfernt, so dass
demnach das Organ bei normaler Lage und Grösse die von der linken Arti-
culatio sterno-clavicularis zur Spitze der elften Rippe gezogene
Linea costo-
articularis
medianwärts nicht überschreitet. Aber auch hinter der vom
Scheitel der Achselgrube aus gezogenen Linea axillaris, welche der Richtung
einer durch das Köpfchen der ersten Rippe gelegten Frontalebene folgt,
bleibt die Milz unter gesetzmässigen Verhältnissen zurück, so dass ihre
grösste, vom oberen Rande der neunten bis zum unteren Rande der elften
Rippe sich erstreckende Breite erst in einer etwa 5 Ctm. betragenden
Entfernung jenseits dieser Linie plessunetrisch bestimmt werden kann.

Die Milz schliesst sich mit ihrer ganzen convexen Fläche an das
von Pleura überzogene Gebiet des Diaphragma an, so dass sie also unter
gewöhnlichen Verhältnissen nicht unter die Brustfellgrenze herabreicht.
Damit steht es im Einklänge, dass die in erster Linie, die Convexität
der Milz betreffenden penetrirenden Wunden mit Verletzungen des linken
Pleurasackes verknüpft zu sein pflegen. In keinem Momente der Ath-
mung wird aber die der Lage der Milz entsprechende Abtheilung jenes
Brustfellsackes von der Lunge so vollständig eingenommen, dass sie sich
über das ganze Organ, sondern höchstens so, dass sie sich über das obere
Drittel desselben herabschiebt, welches aber ohnehin schon deshalb der
plessimetrischen Untersuchung entzogen ist, weil es im Bereiche der
dicken Schichte des Muse, extensor dorsi communis liegt. Das Gebiet der
„Milzdämpfung" bietet je nach dem Momente der Athmung einen ver-
schiedenen Umfang dar, welcher aber wohl kaum mehr als die unteren ^/s
des Organes in sich begreift. Die Feststellung kann übrigens dadurch
sehr unsicher werden, dass durch Anfüllung der Flexura coli sinistra
mit festen Kothmassen ein matter Percussionsschall in grösserer Aus-
dehnung bedingt und so eine Volumenzunahme der Milz vorgetäuscht
wird, die aber allerdings schon in nächster Zeit durch eine ergiebige
Entleerung jenes Darmstückes ihre Reduktion erfahren kann.

Der Zusammenhang der Milz mit dem Bauchfelle wird theils durch
den äusseren Sack dieser Membran, theils durch den Netzbeutel bewerk-
stelligt, ohne dass jedoch das Organ eine vollständige seröse Hülle em-
pfängt. Es bleibt nämlich die Superficies renalis theilweise, d. h. da
vom Peritoneum frei, wo sie von der Nebenniere und dem Ende des
Pankreas berührt wird, sowie denn auch der Margo intermedius und

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der lateralwärts angrenzende Hilus keine peritoneale Verhüllung er-
fahren. Im übrigen wird die Superficies renalis vom hinteren Blatte
des Netzbeutels überzogen, welches dicht vor den Vasa lienalia vorbei-
zieht, so dass diese Gefässe extra saccum peritonei, also keinenfalls
innerhalb einer Duplicatur ihren Verlauf nehmen. Durch das im Gegen-
satze zu dem Netzbeutel sog. äussere Blatt des Peritoneum werden die
Superficies phrenica und gastrica der Milz überzogen, wodurch zugleich
die als Lig. phrenico-, und gastro-lienale bekannten Brücken entstehen.

Obgleich die Milz theilweise in den Falz eingefügt ist, welchen das
obere Ende der linken Niere mit dem Zwerchfelle bildet, und obschon
sie durch gewisse peritoneale Verbindungen gleichsam aufgehängt und
durch das Lig. pleuro-colicum unterstützt wird, so zeichnet sie sich
doch vor anderen parenchymatösen Unterleibsorganen durch ihre grosse
Geneigtheit zu Dislocationen aus. Im höchsten Grade derselben findet
eine Senkung der „wandernden Milz" in den hypogastrischen Bauchraum
statt. Gewöhnlich lagert sie dann in der linken oder selbst in der
rechten Darmbeingegend, mit ihrem Hilus nach aufwärts gewendet und
an einem Strange befestiget, welcher aus dem gezerrten Lig. gastro-
lienale, dem Pancreas, sowie aus der Milzarterie und der Vena lienalis
besteht.

h

30

5. Die Bauchspeicheldrüse.

Das beim erwachsenen Menschen durchschnittlich 23 Ctm. lange,
4,5 Ctm. breite, 2,8 Ctm. dicke und 2^2—3 Unzen schwere Pankreas
besitzt eine bandartig platte, jedoch an den beiden Enden sehr ungleiche Ge-
stalt. Sein rechtes Ende —
caput pancreatis — ist nach oben schwächer,
nach unten stärker flügelartig ausgebreitet. Der obere zugespitzte Lap-
pen des Kopfes ist klein und mit dem Duodenum fest verw^achsen, der
untere krümmt sich, indem er sich gewöhnlich vorher isthmusähnlich
verjüngt, hakenförmig nach rückwärts um und geht schliesslich meist
in einen platten Fortsatz —
pancreas parvum Winslowii — über, welcher
in der Richtung der Pars horizontahs inferior duodeni ansteigt. Durch
die an der Grenze von Kopf und Mittelstück des Pankreas erzeugte
Krümmung wird eine nach links offene Rinne gebildet, in welcher die
Vena mesenterica superior, sowie der Anfang des Pfortaderstammes ihren
Verlauf nehmen. Das linke, eine abgerundete Spitze darstellende Ende
— cauda pancreatis — geht ohne Grenze aus dem Mittelstücke hervor,
welches bald mehr, bald weniger abgeplattet ist. Die vordere, vom
hinteren Blatte des Netzbeutels überzogene Fläche desselben pflegt gleich-
förmiger als die hintere und mässig gewölbt zu sein. Die hintere, durch
Zellstoff mit ihrer Unterlage verbundene Fläche besitzt eine seichte, dem
Laufe der Vena lienalis entsprechende Furche, welche etwa von der
Mitte des unteren Randes an, schräg nach links zum oberen Rande an-
steigt, welcher letztere von der Mitte an entlang der linken Hälfte
ebenfalls eine Furche trägt, in welcher theilweise die Art, lienalis ihren
Verlauf nimmt. Als beachtenswerther Bildungsexcess des Organes ist
das gesonderte, in grösserer oder geringerer Entfernung von der gesetz-
mässigen Bauchspeicheldrüse stattfindende Auftreten von Pankreassub-
stanz zu erklären. So wurde ein
„Pancreas accessorium" von Klob^)
als flach-rundliche Geschwulst in der Mitte der Curvatura major des
Magens zwischen dessen Häuten vorgefunden und ein anderes Mal in
der Wand des Jejunum, vier Zoll von der Stelle entfernt, an welcher
es beginnt tiefer gegen das Peritonealcavum hereinzuragen. An der
Wand des Dünndarmes ist ein Nebenpankreas auch von Zenker
wiederholt angetroffen, einmal sogar in der Nähe der Spitze eines Di-
verticulum ilei gefunden "worden.

Das Pankreas hat eine sehr verborgene, der Exploration durch die
Bauchwand .hindurch völlig unzugängliche Lage, indem es vom linken
Lappen der Leber, sowie vom Magen bedeckt wird und an die hintere
Abdominalwand angelehnt ist, wo es sich den Unebenheiten derselben,
namentlich auch der vorspringenden Wirbelsäule, resp, der Pars lum-
bahs des Zwerchfelles anschmiegt. Hier hängt es insbesondere durch
Zellstoff mit dem vorderen Umfange der Cava inferior und der Aorta
abdominalis zusammen, an der es zwischen den Ursprüngen von Art, coe-
liaca und mesenterica superior vorbeizieht. Seine Lage entspricht zwar
dem Körper des ersten Lendenwirbels, doch nimmt es keinen rein trans-
versalen Verlauf, sondern bietet eine schräge, von rechts nach links
mässig ansteigende Richtung dar. Das rechte Ende des Pankreas wird
vom Duodenum umfasst. Es genügt jedoch nicht blos im Allgemeinen
zu constatiren, dass der Kopf des Pankreas in die Concavität des Zwölf-
fingerdarmes eingefügt sei, weil sonst die irrige Meinung Platz greifen
könnte, als ob die Verwachsung mit allen drei Portionen jenes Darmes
statt finde. Der untere Umfang der Pars horizontalis superior bleibt
nämlich vom Pankreas unberührt und schaut mit glatter Oberfläche in
die Höhle des Netzbeutels hinein, von dessen vorderer Wand er bekleidet
wird. An jener Seite des Duodenum zieht die aus der Leberpulsader
entspringende Art, gastro-epiploica dextra über die obere Grenze des
Pankreaskopfes hinweg, um in schrägem Verlaufe die grosse Curvatur
des Magens zu erreichen. In der von dem absteigenden und unteren
horizontalen Stücke des Zwölffingerdarmes gebildeten Concavität ist da-
gegen das Pankreas theils durch straffes Bindegewebe, theils durch Blut-
gefässe so befestigt, dass sein Parenchym mit platten Läppchen noch
einigermaassen auf die vordere Seife des Darmes, gar nicht aber auf
den hinteren Umfang desselben übergreift. So kommt es, dass von
hinten her gesehen der concave Umfang des Darmes vom Pankreas
grösstentheils frei erscheint und mit ihm eine tiefe Rinne bildet, in
welcher Arteriae und Venae pancreatico-duodenales, sowie zahlreiche
Lymphdrüsen ihre Lage haben. Nach links hin überschreitet die Bauch-
speicheldrüse das obere Drittel der linken Niere, um bis zum Hilus der
Milz vorzudringen. Der Zusammenhang mit der Niere wird durch einen
lockeren Zellstoff bewerkstelligt, w^oraus schon ohne weiteres erhellt, dass
die vordere Seite der linken Niere nur an dem vom Pankreas freien
Gebiete einen Peritoneal-Ueberzug erhalten kann.

1) Zeitschrift der Gesellschaft der Wiener Aerzte. 1859. S. 732.

Mit dem Magen, dessen kleine Curvatur das Pankreas mehr oder
weniger überragt, kommt diese Drüse nicht in directe Berührung, indem
beide durch
den Netzbeutel von einander-getrennt werden, dessen hintere
Wand die vordere Fläche des Pankreas lose bekleidet. Obwohl das
Pankreas von der kleinen Curvatur aus nach Zerreissung des Omentum
minus leicht erreichbar ist, so gelingt die möghchst vollständige Frei-
legung bei Obduktionen doch am besten so, dass man das grosse Netz
nebst Magen und querem Grimmdarme gegen den Brustkorb zurücklegt
und das zwischen der hinteren Bauchwand und dem Colon transversum
sich anspannende Peritonealblatt in querer Richtung durchschneidet, oder
auch zwischen dem Colon transversum und der grossen Curvatur des
Magens in die Höhle des Netzbeutels eindringt.

2) Archiv für pathologische Anatomie. 1861. S. 369.

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Wie gänzlich unabhängig die zwei sog. Glandulae suprarenales vom
Wesen und der Funktion der Nieren sind und wie sehr sie nur in
einem losen anatomischen Verbände mit diesen Organen stehen, mag
schon das wiederholt beobachtete Vorkommen beweisen, dass sie auch
beim angeborenen Mangel der einen oder der anderen Niere an ihrem
gesetzmässigen Fundorte nicht vermisst werden.

Auf beiden Seiten lehnt sich die im Maximum nur 4 Ctm. breite
und etwa 3 Ctm. hohe Glandula suprarenalis in gleicher Weise neben
dem Körper des 11. Brustwirbels durch Vermittelung einer dünnen
Zellstofifschichte so an die Pars lumbalis des Diaphragma an, dass ihre
seitlichen Flächen im Wesentlichen sagittal gestellt sind. Das in dieser
Richtung wie comprimirt erscheinende Organ ruht mit seiner leicht
concaven Basis auf dem medialen Umfange des oberen Endes der Niere,
mit deren fibröser Hülle es durch lockeren Zellstoff zusammenhängt.
Das übrige Verhältniss der Nebennieren zur Nachbarschaft bleibt sich
jedoch nicht auf beiden Seiten gleich. Die
Glandula suprarenalis dextra
hat ihre Lage hinter dem lateralen Umfange des Lebersegmentes der
unteren Hohlader, von welcher die Drüse bald mehr, bald weniger
überragt wird. Mit ihrer lateralen Fläche schliesst sie sich innig an
denjenigen vom Bauchfelle freien Bezirk des sog. stumpfen Leberrandes
an, welcher mit der Pars lumbalis des Zwerchfelles verwachsen ist, so
dass sie also ausser aller Berührung mit dem Peritoneum steht. Mit
der Leber ist die rechte Nebenniere gewöhnlich fester als mit dem
Diaphragma verbunden, weshalb sie denn auch beim Herausnehmen
der Leber gewöhnlich mit entfernt wird und an ihr haften bleibt. Die
Glandula suprarenalis sinistra ist hinter dem Magen zu suchen, wo sie
lateralwärts vom oberen Ende der Superficies renalis der Milz berührt
ward. Von vorn her wird sie theilw^eise vom Pancreas , sowie von
der Arteria und Vena lienalis bedeckt, doch so, dass sie diese Gefässe
nach aufwärts überragt und, insoweit dies der Fall ist, direct, wenn
auch nur lose, vom hinteren Blatte des Netzbeutels berührt wird.

6. Die Nebennieren.

Der Harnapparat.

Insofern nicht sämmtliche zum Harnapparate gehörigen Organe im
Bereiche der Ausbreitung des Peritoneums liegen, können nach den
S. 11 gemachten Bestimmungen auch nicht alle in den Kreis der gegen-
wärtigen Erörterungen gezogen werden. Es muss namentlich die Urethra
davon ausgeschlossen bleiben und streng genommen auch diejenige Ab-
theilung der Blase, welche nach abwärts von der unteren Peritoneal-
grenze liegt. Doch können die wesentlichen räumlichen Beziehungen
der gesammten Harnblase schon wegen des Endes der Ureteren nicht
ausser Acht gelassen werden, so dass also hier in specielle Betrachtung
kommen müssen:

a. Die Nieren.

Mit Ausnahme einer etwas tieferen Stellung des rechten Organes
sind die beiden Nieren im Wesentlichen symmetrisch angeordnet und
auf die beiden Seiten der hinteren Bauchwand neben die Wirbelsäule,
und zwar neben die bezüglichen Querfortsätze verlegt. Sie sind aber
hier mit ihren Flächen bei weitem nicht frontal, sondern diagonal so
gestellt, dass die E\'ortsetzungen der durch den Hilus gehenden, die grösste,
5 Ctm. betragende Breite bezeichnenden Linien sich vor dem Centrum
des ersten Lendenwirbels unter einem Winkel von 60\'\' durchschneiden.
Dabei convergiren die Nieren auch in der Richtung ihrer Längenaxen
nach oben so, dass die unteren Enden, welche 11 Ctm, von einander
abstehen, etw^a um ein Drittel weiter, als die oberen von einander
entfernt sind. Hinsichtlich der Höhenausdehnung der 10,3 Ctm, langen
und normalmässig Höchstens 5 Unzen schweren Niere kann man es
für die Regel erklären, dass sich dieselbe von der oberen Verbindungs-
fläche des zwölften Brustwirbels bis zur unteren des zweiten Lenden-
wirbels erstreckt. Die Nieren ragen demgemäss unter allen Umständen
in das Gebiet des Brustkorbes hinauf, so dass sie theilweise von Rippen
umfasst werden und auch einige Beziehung zur Pleura und zum Dia-
phragma haben. Bei einer durchschnittlichen Länge der zwölften Rippe
von 8 Ctm. kann man im Allgemeinen sagen, dass die Niere etwa zu
^/s unter den Rippen und zw^ar unter der 11. und 12. liegt, wobei wegen
der schräg abfallenden Richtung der letzteren die Niere lateralwärts in
grösserem Umfange als medianwärts von ihnen umfasst wird. Durch
Vermittelung der Pars lumbalis des Diaphragma stehen die Nieren zu
dem Pleurasäcke in einem derartigen Verhältnisse, dass mindestens ihr
oberes Drittel im Bereiche desselben liegt und also vom Rücken aus
durch horizontal verlaufende penetrirende Wunden nur unter gleich-
zeitiger Verletzung der Pleura getroffen werden kann.

Wenn man bedenkt, dass bei ihrer gesetzmässigen Lage die linke
Niere nicht unter die untere Verbindungsfläche des zweiten Lendenwirbel-
körpers herabreicht, und die rechte Niere nur etw^a eine Fingerbreite
tiefer als die linke steht, muss es jedenfalls befremden, wenn behauptet
worden ist dass die untere Nierengrenze sich deshalb der Perkussion
entziehe, weil dieses Organ meist bis unter den oberen Rand des Darm-
beines herabreiche. Unter geregelten Verhältnissen findet dies niemals
statt, dagegen kann man wohl zugeben, dass die Grösse des Abstandes
zwischen dem Darmbeinkamme und dem unteren Ende der Niere wech-
selnd, namentlich grösser in der vorwärts als in der rückwärts ge-
neigten Stellung des Rumpfes ist, überdies durch die Höhe der Lenden-
wirbelsäule, w^elche bisweilen in Folge einer sechsten Vertebra lumbalis
zunimmt, beeinflusst wird. Die hintere Fläche der Niere lehnt sich
zum kleineren Theile an die zunächst aus dem Zusammenflusse der Pars
lumbalis und costalis hervorgehende Fleischfaserung des Diaphragma,
hauptsächlich an den Muse, quadratus lumborum so an, dass sie dessen
lateralen Rand noch ein wenig überschreitet und mit der hinteren
Aponeurose des Transversus abdominis in Berührung kommt. Mit Aus-
nahme eines bald kleineren, bald grösseren, das untere Ende in sich
begreifenden Segmentes, das den Extensor dorsi communis seitwärts
überragt und in der Ecke getroffen wird, welche die zwölfte, oder im
Falle diese wiegen Kürze den Extensor nicht überschreitet, die elfte
Rippe mit dem lateralen Rande dieses Muskels begrenzt, hat die Niere
nach hinten eine durch die Masse jenes Muskels sehr geschützte Lage,
so dass sie der Exploration wenig zugänglich ist. Die vordere Seite
der Nieren ist dem Bauchraume zugekehrt, aber durch mancherlei Ge-
bilde so bedeckt, dass unter gewöhnlichen Verhältnissen auch von vorn
her die Untersuchung des Organes sehr erschwert ist. Im Zustande

1) Vgl. J. Vogel, Handbuch der Pathol. und Therapie von Rud. Virchow, Bd. VI. Abthg. 2. S. 421.

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seiner Vergrösserung kann es jedoch bei nicht zu dicker Bauchwand
gelingen, das Organ unterhalb des Rippenbogens etwa in der ver-
längerten Linea parasternalis einigermaassen tastbar zu machen, jeden-
falls durch Eindrücken des Bauches auf den Grad seiner Schmerzhaftig-
keit zu prüfen.

Zum Bauchfelle verhalten sich die beiden Nieren nur insofern
gleich, als eine zu einer fibrösen Lamelle verdichtete Fortsetzung des
subperitonealen Bindegewebes sich hinter dieselben erstreckt und so
nach rückwärts das die Capsula adiposa bildende Fettlager abschliesst
An ihrer vorderen Seite wird nur die rechte Niere, deren obere
Hälfte in eine Vertiefung des rechten Lappens der Leber eingefügt ist.

vom Bauchfelle fast in ihrer ganzen Länge unmittelbar überzogen,
während dies an der linken Niere höchstens nur an der unteren Hälfte
geschieht, indem die obere Abtheilung vom Ende des Pankreas be-
deckt ist. An beiden Nieren aber haftet das Peritoneum so lose,, dass
es mit Leichtigkeit von der vorderen Fläche dieser Organe abgestreift
werden kann. Daraus begreift man die Möglichkeit einer extraperi-
tonealen Nephrotomie, während nach den Erfahrungen von Simon
beim Hunde die Niere fast in ihrem
ganzen Umfange vom Peritoneum
umhüllt ist, weshalb denn auch bei diesem Geschöpfe die Exstirpation
seiner Niere nicht ohne gleichzeitige Wegnahme des ganzen Bauchfell-
überzuges derselben ausgeführt werden kann.

b. Die Harnleiter.

Am Hilus der Niere beginnen die den Harn nach abwärts leiten-
den Wege bekanntlich mit eben so vielen kurzen Schläuchen ~
calyces
minores
—, als Papillae renales vorhanden sind, welche von ihnen
umfasst werden. Sie fiiessen zu zw^ei dickeren, längeren Röhren —
den
calyces majores — zusammen, welche ihrerseits in das Nierenbecken
übergehen, das nach abwärts ohne Grenze in den im engeren Sinne
sog. Harnleiter —
ureter — sich fortsetzt.

Die Ureteren besitzen beim erwachsenen Menschen im ausge-
streckten Zustande durchschnittlich eine Länge von 27 Centimeter. Ihre
Dicke verhält sich nicht durchgreifend gleich, sie sind vielmehr ohne
Ausnahme stellenweise spindelförmig ausgedehnt, so dass die durch-
schnittliche Dicke von 6 Mm., ohne pathologisch zu sein, im Maximum
auf das doppelte Maass ansteigen kann. Die beiden Harnleiter haben
bis zur oberen Beckenapertur einen nach abwärts convergirenden, da-
bei aber mehrfach gekrümmten Verlauf, indem sie sich verschiedenen
Unebenheiten anschmiegen, die ihnen zur Unterlage dienen. Ihre Lage
haben sie im retroperitonealen Zellstoffe, wo sie vom äusseren zum
inneren Rande des Psoas major über diesen Muskel herabsteigen und
sich mit den über ihnen lateralwärts verlaufenden Vasa spermatica
interna kreuzen. Nach dem Eintritte der Ureteren in die Höhle des
kleinen Beckens, wobei sie den Anfang der Arteria iliaca externa über-
schreiten, folgen dieselben zunächst den Seitenwänden jener Höhle, so
dass sie also unter Beschreibung einer nach aussen convexen Bogen-
linie zuerst divergiren, um schliesslich sich einander wieder zu nähern
und an den Blasenmündungen nur noch einen Abstand von höchstens
3,5 Ctm. darzubieten. Die Pars pelvina der Harnleiter muss übrigens
nach dem Geschlechte wesentlich verschiedene räumliche Beziehungen
erfahren, weshalb gesondert betrachtet werden müssen:

ß. Der Beckentheil der männlichen Harnleiter. —
Während der Ureter des Mannes noch mit der seitlichen Beckenwand
in Berührung steht, kreuzt er sich mit dem nach aussen von ihm em-
porsteigenden Lig. vesicae laterale, um jetzt gegen den Blasengrund
in die Tiefe zu dringen. Da wo der männliche Harnleiter beginnt die
Wand der Blase zu durchsetzen, erfährt er eine Kreuzung mit dem
Vas deferens, welches sich um seinen oberen Umfang herumbiegt und
so gewissermaassen auf ihm reitet.

ß. Der Beckentheil der weiblichen Harnleiter\'). — Die

Topographie der weiblichen Ureteren gewinnt dadurch ein viel grösseres
praktisches Interesse, als die der männlichen, dass sie bei Anomalieen
des Uterus und der Scheide in Mitleidenschaft gezogen werden, nament-
lich zur Entstehung von Harnleiter- Scheiden- und Gebärmutterfisteln
Veranlassung geben,- ausserdem bei Retroflexionen des Uterus eine
Knickung erfahren können.. Durch eine den gynäkologischen Bedürf-
nissen entgegenkommende Arbeit haben A.Freund und L. Joseph
die Topographie der weiblichen Ureteren in mehrfacher Hinsicht ge-
fördert, indem von ihnen nicht blos alt hergebrachte Irrthümer zurück-
gewiesen, sondern auch neue Gesichtspunkte aufgedeckt wurden. Die von
mehreren Autoren vorgetragene Ansicht, dass nämlich die Harnleiter
des Weibes in den Plicae Douglasii verlaufen und längs den Seiten des
Rectum herabsteigen, lässt sich unter keinen Umständen bestätigen.
Vielmehr findet man, dass die Ureteren nahe vor der Stelle beginnen
der lateralen Beckenwand zu folgen, wo das vordere Blatt des Lig.
uteri latum anfängt sich von ihr abzuheben, so dass sie also anfangs
unter dem parietalen Bauchfelle des Beckens liegen. Nur allmähg ent-
fernen sie sich von den Seitenwänden des Beckens, um in sehr flach
S-förmiger Krümmung in dem von Bauchfell freien Gebiet des Uterus
und der Scheide medianwärts herabzusteigen. In der Gegend des
inneren Muttermundes ist der Harnleiter, welcher hier durch ein
Venenconvolut hindurchzieht, durchschnittlich P/a Centimeter von der
Wand des Uterus entfernt, so dass also hier nur durchweine fort-
schreitende Versehwärung der irgend wie infiltrirten Zwischenlagerung
die Communication beider Organe eintreten kann. Aus dem mehr und
mehr nach abwärts convergirenden Verlaufe des Harnleiters wird es
ohne w^eiteres klar, dass er sich schliesslich mit dem supravaginalen
Theil des Cervix kreuzen und mit ihm, sowie mit der Scheide in nähere,
theilweise durch Venengeflechte bewerkstelligte Berührung kommen muss.
In der Regel ist es ein 3^2 Ctm. langes Stück des Harnleiters, was
mit der vorderen Wand der Vagina verlöthet ist und schliesslich zwi-
schen diese und den Grund der Blase zu liegen kommt. Nach kurzem,
schrägem Verlaufe durch die Wand des
Blasengrundes findet die Aus-
mündung der Ureteren, 2,4 Ctm. nach abwärts vom höchsten Punkte
des Scheidengewölbes in einer gegenseitigen Entfernung statt, welche
bei ausgedehnter Blase 2^/2 Ctm. beträgt.

c. Die Harnblase.

Die Lage der Harnblase ist nicht geringen, vom Grade ihrer Aus-
dehnung abhängigen Schwankungen unterworfen. Im leeren, in sich
selbst zusammengezogenen Zustande, wobei die Wand der Blase eine
Dicke von 12 Mm. darbietet, erscheint sie an die Innenfläche der vor-

1) Vgl. H. Luschka, Die Anatomie des menschlichen Bauches. Tübingen 1863. S. 291.

2) Vgl. H. Luschka, Topographie der Harnleiter des Weibes. Archiv für Gynäkologie
Bd. III. Heft 3.

deren Wand des kleinen Beckens grösstentheils gleichsam angepresst,
so dass sie als rundlicher, die obere Apertur desselben nicht über-
schreitender Vorsprung in seine Höhle hereinragt. Wie die leere Blase
die schräg nach rückwärts abfallende Richtung der inneren Fläche des

3) Berliner klinische Wochenschrift 1869. Nr. 47.

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wöhnlich durch das den eigentlichen Scheitel bildende kuppelartig ge-
wölbte Ende des oberen Umfanges der Blase nach vorn so überragt
wird, dass zwischen ihm und der Bauchwand sogar ein der Aufnahme
einer Darmschlinge fähiger Zwischenraum entsteht, drückt er nur in
Ausnahmsfällen die höchst hegende peritoneale Blasengrenze aus. Unter
allen Umständen aber kommt es manchmal vor, dass sich das Bauch-
fell
unter Bildung einer Falte um den Anfang des Lig. vesicae medium
einige Linien tiefer als derselbe heraberstreckt.

Der vom B a u c h f e 11 f r e i e, von unten nach oben allmähg schmaler
werdende Umfang der ausgedehnten Blase hängt durch lockeren Zell-
stoff theils mit der Innenseite der vorderen Becken-, theils mit jener
der vorderen Bauchwand zusammen. Dadurch, dass die seitlichen Um-
schlagstehen des Peritoneum schräg gegen den Ursprung des Lig. ve-
sicae medium emporsteigen, erlangt jene vom Bauchfelle freie Seite der
Blase über dem oberen Beckenrande die Form eines Dreieckes, dessen
Basis dem Abstände der Schambeinhöcker entspricht, dessen Höhe da-
gegen in der Mittellinie bei mässiger Ausdehnung der Blase zwischen
3 und 6 Ctm. schwankt. Für die Ausführung des Blasenstiches ist
demnach der das Schoossgelenk überragende bauchfellfreie Bezirk des
Organes schon bei mässiger Ausdehnung gross genug, während es bei
der Sectio alta die Vorsicht gebietet, die Eröffnung der Blase hinter

dem Schoossgelenke vorzunehmen.

Die untere Peritonealgrenze der Blase ist nach dem Geschlechte
wesentlich verschieden. Beim Manne setzt sich der seröse Ueberzug
bis in die Ebene der Linie fort, welche die Mündungen der Harnleiter
untereinander verbindet, um von hier aus unter Bildung der Excavatio
recto-vesicahs auf den Mastdarm überzugehen. Nach fremden und
eigenen Erfahrungen liegt die Umschlagstelle viel seltener höher oben,
als dass sie sich tiefer nach abwärts, selbst bis an die Basis der Pro-
stata erstreckt. Bei dieser Unbestimmtheit im Verhalten der unteren
Peritonealgrenze muss in Anbetracht der grossen Gefährhchkeit einer
Verletzung jener Membran die Punktion der Blase durch den Mastdarm,
noch viel mehr aber die Cystotomia recto-vesicahs mit aller Entschie-
denheit gänzhch verworfen werden.

Beim weiblichen Geschlechte erstreckt sich der Bauchfell-
überzug nur bis zur Grenze des oberen und des dem Utero-Vaginal-
schlauche zugekehrten hinteren Umfanges der Blase herab, um von
hier aus unter Bildung einer Tasche —
excavatio vesico-uterina — im
mittleren Bezirke auf den Uterus^), rechts und links in das vordere Blatt
des breiten Mutterbandes überzugehen. Bei voller Blase erscheint jene
Tasche als transversale Spalte, während bei leerer in sich zusammen-
gezogener Blase der peritoneale Beckenraum vor dem Uterus und seinen
breiten Mutterbändern eine weite, ausgerundete Vertiefung darstellt,
welche einen grossen Theil des Dünndarmconvolutes aufnimmt und
nur schwach vortretende Rehefs der Blase und der Ureteren zeigt.
Im Zustande starker Ausdehnung der Blase findet der Uebergang ihres
Peritoneum auf den Uterus am supravaginalen Theile seines Cervix, und
zwar ungefähr an der Grenze des oberen und mittleren Drittels der
Gesammtlänge des Gebärmutterhalses statt, so dass bis zum Trigonum
Lieutaudh herab der hintere Umfang der Blase sowohl mit der supra-
vaginalen Portion des Collum uteri als auch mit der vorderen Wand
der Scheide durch einen lockeren Zellstoff verwachsen ist. Vom Be-
reiche der Blasenmündungen der Harnleiter an findet eine festere
Verlöthung mit der Scheide statt, welche im Verlaufe der Harnröhre
so innig wird, dass die Wände beider Schläuche eine für sie gemein-
same Zwischenwand, ein wahres
Septum urethro-vaginale darstellen.
Durch die Zusammenziehung der sich entleerenden Blase wird das
Bauchfell tiefer herabgezogen, so dass es dann nicht blos den vorderen
Umfang der ganzen supravaginalen Portion des Cervix uteri überzieht,

1) H. Luschk a, Die Anatomie des menscUiclien Beckens. Tübingen 1864. S. 367. Fig. LIV, g.

2) Vgl. über die Lage des Uterus und seiner Adnexa S. 11 u. 12 dieses Werkes.

9

Schoossgelenkes im WoBentlichen theilt, bewahrt sie eme äbnbche
Stellung auch im ausgedehnten Zustande. Ihr nach hinten schalender
Umfang stützt sich beim Manne nebst den jenem theilweise an hegen-
den Samenblasen und Enden der Vasa deferentia auf die im Ueber-
gange zur Perinealkrümmung begriffene Excavation des Mastdarmes.
" Beim Weibe erstreckt sich der hintere Umfang der ansgedehnten
Blase in einer Höhe von 6 Ctm. nicht blos auf die vordere Wand der
Scheide, sondern greift auch auf die unteren ^/a der supravagmalen Por-
tion des
Halses der Gebärmutter über. Bis herab in die Gegend des
Trigonum Lieutaudii, also bis zu den Mündungen der beiden Ureteren
hängt der hintere Umfang der Blase mit Uterus und Scheide duijh
einen lockeren dehnbaren Zellstoff zusammen. Die im Gefolge der
Retroflexion des Uterus vorkommenden Blasenkrämpfe können also mcht
dadurch bedingt werden, dass die Portio supravaginahs des Cervix uteri
die hintere Blasenwand nach rückwärts zerrt. Diese Erscheinung muss
vielmehr naturgemäss durch einen anderartigen Zusammenhang zwischen
Uterus und Blase erklärt werden. Wie ich^ schon vor längerer Zeit
mitgetheilt habe, gesellen sich etliche, besonders am schwangeren Uterus
ungemein
deuthche Bündel der oberflächhchen Muskellage der Gebär-
mutter der Längsfaserung des hinteren Umfanges der Blasenwand bei.
Dieselben scheiden in der Gegend des-inneren Muttermundes.vom Uterus-
fleische aus und lassen sich bis herein in das Septum
urethro-vagmale
verfolgen, wo sie ihren Stützpunkt zu haben scheinen. Man kann mcht
wohl daran zweifeln, dass es die Aufgabe dieser Muskelbündel sei, zur
Sicherung der Lage zwischen Körper und Hals des Uterus beizutragen.
Bei der durch die Retroflexion des Uterus stattfindenden Ueberwindung
dieses Haltapparates muss derselbe nothwendig eine schmerzhafte Zer-
rung auf die Blasenwandung ausüben.

Mit zunehmender Ausdehnung der Blase überschreitet dieselbe den
oberen Rand
des Beckens, um mit der Innenfläche der vorderen Bauch-
wand in um
so grösserem Umfange in Berührung zu kommen, je
weiter die Anfüllung gedeiht. Unter gewöhnhchen Verhältnissen er-
hebt sich der Scheitel der vollständig normal ausgedehnten Blase nur
bis zur Grenze des unteren und mittleren Drittels des Abstandes zwi-
schen Schoossgelenk und Nabel, während die aherdings vorkommenden
Ausdehnungen bis hinauf in die Gegend des Nabels entschieden die
Folgen einer krankhaften Weite und Ansammlung sind.

Das Peritoneum vesicale, welches die Blase mit der Wandung des
Beckens und Bauches, sowie mit angrenzenden Organen in Verbindung
setzt, überzieht dieselbe bei weitem nicht vollständig, indem es ihren
vordern-unteren Umfang und den Grund theilweise frei lässt. Doch
zeigen sich Differenzen, welche durch
das Geschlecht, und Schwan-
kungen, welche durch die Individualität bedingt sind. Es muss aber
zunLhst angemerkt werden, dass, insoweit das Peritoneum mit der
Blasenwand durch Zellstoff inniger verwachsen ist, seine räumhche Be-
ziehung zur Peripherie derselben sich bei jedem Volumen wesentlich
gleich bleibt. Die Ausdehnung der Blase wird dadurch ermöghcht und
begünstigt, dass das sehr
verschiebbare Peritoneum, welches den
Zusammenhang der Blase mit der Nachbarschaft vermittelt, der Aus-
dehnung ohne Zerrung folgt, um während der mit der Entleerung ver-
bundenen
Zusammenziehung der Blase auf ein kleines Volumen wieder
in das frühere Verhältniss zur Nachbarschaft zurückzukehren. Da es
von besonderem praktischen Werthe ist, die peritonealen Blasengrenzen
im Zustande der Ausdehnung des Organes zu kennen, soll dieser im
Wesenthchen den folgenden Darlegungen zu Grunde gelegt werden.

Von jeder Seite her findet der Uebergang des Bauchfelles auf die
Blase von da an statt, wo das Lig. vesicae laterale beginnt sich an
dieselbe anzulehnen; nach oben ist die Umschlagstelle in der Regel
durch den Ursprung des Urachus bezeichnet. Indem derselbe aber ge-

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sondern auch noch auf das Gewölbe der Scheide übergreift, was eben
durch jenen lockeren, in gewissem Sinne subperitonealen Zellstoff zwi-
schen dem hinteren Umfange der vollen Blase und dem Uterus mit
der Scheide begünstigt und ermöghcht wird. An der hinteren Seite
des Uterus und der Scheide reicht das Bauchfell bekanntlich für immer
weiter, d. h. bis unter das Scheidengewölbe herab, wodurch die blei-
bende Tiefe der Excavatio
recto-uterina bedingt wird. Der hinter dem
Uterus und den breiten Mutterbändern befindhche Peritonealraum, den
man auch wohl „hinteren Beckenraum" nennt, wird übrigens durch
die beiden Phcae Douglasii in eine kleinere, nach unten sehr eng
werdende Abtheilung gesondert, welche nach oben durch eine je nach
dem Abstände der Douglas\'schen Falten verschieden weite Mündung in
den grösseren gemeinsamen Raum übergeht.

Unter dem so angeordneten Ende des Peritonealsackes breitet sich
um die von Bauchfell freien Seiten der Beckenorgane ein von Fett bald
mehr, bald weniger reichlich durchsetztes Zellstofflager aus, welches in
ununterbrochenem Zusammenhange die zwischen der unteren Peritoneal-
grenze und dem Levator ani befindlichen Interstitien einnimmt. Wenn
man erwägt, dass der letztere, gewissermaassen ein Diaphragma pelvis
darstellende Muskel von beiden Seiten her gegen die Medianebene, welche
man sich durch die Beckenhöhle gelegt denkt, herabsteigt, also mehr
und mehr von der Innenfläche ihrer Seitenwände sich entfernt, dann
wird es ohne Weiteres klar, dass er das Cavum pelvis in einen über
und in einen unter ihm hegenden Raum sondert. Da nun aber das
Bauchfell nicht bis zur oberen Fläche des Muse, levator ani herab-
reicht, muss nothwendig zwischen jenem und diesem ein Zwischenraum
obwalten, so dass also die über dem Levator ani liegende Abtheilung
des gesammten Beckenraumes in ein
Cavum pelvis peritoneale und m
ein
Cavum pelvis subperitoneale zerfällt. Aber auch zwischen der un-
teren Fläche des Levator ani und den ihr zugekehrten Seiten der
Beckenwand bleibt ein, namenthch lateralwärts sehr tiefer, von einem
Fettlager erfüllter Zwischenraum übrig, welcher, da er nach unten
durch die Haut seinen Abschluss findet, füglich
Cavum pelvis suhcuta-
neum
genannt werden kann.

1) Vgl. Manne 1, Die Tumoren des hinteren Beckenraumes. Marburg 1864.

2) Indem es ohnehin auch sprachlich unrichtig ist Parametrium zu schreiben, da es jeden-
falls »Paramétra« (von na^a neben tmd die Gebärmutter) heissen müsste, und ausserdem
mit dem Worte der Begriff von Nebengebärmutter verbunden ist, etwa wie Parovarium den

Von diesen drei Abtheilungen der Höhle des kleinen Beckens nimmt
das Cavum pelvis subperitoneale schon deshalb ein grosses praktisches
Interesse in Anspruch, weil sein, die bauchfellfreien Seiten verschie-
dener Organe umgebender Inhalt so häufig der Sitz von Abscessen ist,
welche sich von da aus nach verschiedenen Richtungen, z. B. durch
das Foramen ischiadicum majus unter die Gesässmuskeln etc. Bahn
brechen können. Dieser Inhalt besteht aber nicht blos aus einem
lockeren, fettreichen Zehstoffe, welcher den hohlen Organen ihre Aus-
dehnung gestattet und zugleich die Möglichkeit bedingt, dass das lose
mit demselben zusammenhängende Bauchfell der Yolumenszunahme
jener Organe ohne Zerrung sich anpasst. Im Cavum subperitoneale
sind auch zahlreiche, sowohl arterielle als auch venöse Gefässe, sowie
Saugadern und Lymphdrüsen eingeschlossen. Namentlich bilden die
colossal entwickelten Venengeflechte einen sehr bemerkenswerthen Be-
standtheil, welcher gewiss theilweise die Bedeutung einer leicht com-
pressiblen Umgebung der Beckenorgane hat, und welcher stets bereit
ist, bei der Volumensabnahme der letzteren den leer gewordenen Raum

sofort zu erfüllen.

Es bedarf wohl kaum der Bemerkung, dass der fetthaltige, lockere
Zellstoff des Cavum pelvis subperitoneale den ihm zugekehrten Umfang
der Blase und des Mastdarmes nicht weniger um schliesst, als diejenige
Abtheilung des Uterus und der Scheide, welche in denselben einge-
senkt ist. Da nun aber das Zellstofflager um all\' diese Organe ein
ununterbrochenes Continuum darstellt, ergiebt sich die Unmöghchkeit
von selbst, für die in der Gynäkologie als „Parametrium" unterschie-
dene Abtheilung desselben natürliche Grenzen ausfindig zu machen.

Bekanntlich war es R. Vir cho w®), welcher die lockere Bindegewebs-
und Fettmasse, welche die Scheide, sowie den Uterus seithch umgibt,
zugleich aber auch die Basis der breiten Mutterbänder bildet, als einen
der häufigsten Erkrankungsheerde bezeichnete. Für denjenigen Ent-
zündungsprocess, welcher im weiblichen Cavum subperitoneale zuweilen
unabhängig, am häufigsten jedoch secundär auftritt, aber dann so, dass
dies die Hauptveränderung wird, hat Virchow den jetzt allgemein
adoptirten Namen „Parametritis" in die Literatur eingeführt.

Nebeneierstock bedeutet, erscheint es mir dagegen völlig correct und naturgemäss, jenes Zell-
stoffhiger »parametranes Bindegewebe« zu nennen.

3) Archiv für patholog. Anatomie und Physiologie. Bd. XXIII. S. 415.

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III. Erklärung der Abbildungen.

Erste Tafel.

Vordere Ansicht der Organe der Brust nnd des Bauches in natür-
hcher G-rösse mit Rücksicht auf ihre Verhältnisse zum Skelete und zu.m
Umrisse des Leibes. Die Lungen sind in der Exspirationsstellung und
die hohlen Eingeweide des Bauches im Zustande der Ausdehnung dar-
gestellt.

1. Kehlkopf. 2. Schilddrüse. 3. Luftröhre. 4. Spitze der rechten
Lunge.
5. Oberer Lappen, 6. mittlerer Lappen, 7. unterer Lappen der
rechten Lunge.
8. Obere, 9. untere Incisura interlobularis der rechten
Lunge.
10. Spitze der linken Lunge. 11. Oberer Lappen der linken
Lunge.
12. Processus linguahs des oberen Lappens der linken Lunge.
13. Incisura cardiaca des vorderen Randes der linken Lunge. 14. Von
Pleura pericardiaca überzogene Stelle der vorderen Seite des Herz-
beutels.
15. Vom Brustfelle freie, und deshalb zu seiner Paracentese
geeignete Stelle der vorderen Seite des Herzbeutels, Beide Stellen
zusammen bedingen die Gegend der absoluten Mattigkeit des Herzens,
16. Vordere Grenze des rechten Rippenfelles, 17, Vordere Grenze des
linken Rippenfelles.
18. Obere, wahre Grenze der theilweise von der
rechten Lunge überdeckten Leber,
19, Rechter Lappen der Leber.
20. Viereckiger Lappen der Leber. 21. Linker Lappen der Leber.
22, Abgeschnittenes Lig, suspensorium hepatis. 22,* Grund der Gallen-
blase,
23, Oberer Magenmund, 24. Blindsack des Magens, theilweise
von der linken Lunge überlagert.
25. Pylorusende des Magens. 26, In
das Epigastrium eingreifende, theilweise von der Leber bedeckte Ab-
theilung des Magens,
26.* Arteria gastro-epiploica dextra, entsprechend
dem Laufe der sog, grossen Curvatur des Magens,
27. Blinddarm,
28. Wurmförmiger Fortsatz. 29. Colon ascendens. 30. Flexura coli
dextra.
31. Colon transversum. 32. Flexura coli sinistra. 33. Colon
descendens.
34, Von Dünndarmschlingen überlagerte, durchpunktirte
Flexura sigmoidea,
35, Dünndarmschlingen, in ihrer am häufigsten
vorkommenden Gruppirung.
36. Schräg nach rechts aufsteigendes Ende
des Dünndarmes.
37. Vom Bauchfelle überzogene Wölbung der Harn-
blase.
38. Vom Peritoneum freie Stelle des vorderen-unteren Umfanges
der im Zustande mässiger Ausdehnung den oberen Rand des Beckens
überragenden Harnblase.

Zweite Tafel.

Hintere Ansicht der Organe der Brust und des Bauches,
1, Oberer Lappen, 2. unterer Lappen der linken Lunge. 3. In-
cisura interlobularis der linken Lunge.
4. Oberer Lappen der rechten
Lunge.
5. Unterer Lappen der rechten Lunge. 6. Mittlerer Lappen
der rechten Lunge.
7, Incisura superior der rechten Lunge, 8, In-
cisura inferior der rechten Lunge.
9, Der Magen, welcher hier verti-
caler als gewöhnlich herabsteigt, ist in dunklem Umrisse dargestellt,
wobei jedoch seine Abweichung von einer hinter ihm gelegt gedachten
Frontalebene nach vorn nicht ausgedrückt werden konnte,
10, Die
Milz, in ihrer gewöhnlichen Entfernung von der Wirbelsäule und ihrer
dem Laufe der IX., X., XL Rippe folgenden Richtung ist in ihrer Be-
ziehung zur linken Lunge während der Exspirationsstellung, sowie zur
linken Niere durchscheinend dargestellt, jedoch so, dass man es nicht
vergessen darf, dass die in der Dorsalansicht hier sichtbare Superficies
phrenica in der Wirklichkeit erst nach Entfernung des Zwerchfelles
zum Vorscheine kommt.
11. Die linke Niere ist, insoweit sie nicht
unter der Milz verborgen liegt, nebst dem Nierenbecken und Anfang
des Ureters ausgeführt, während die Niere der rechten Seite durch
eine ihren Umriss bezeichnende punktirte Linie ausgedrückt wurde.
12, Pars horizontalis superior duodeni. 13. Pars descendens duodeni.
14, Pars horizontalis inferior duodeni. 15. Den Uebergang des Duo-
denum in das Jejunum bildende Flexura duodeno-jejunalis.
16. Leber.
17. Ductus hepaticus. 18. Ductus cysticus. 19. Ductus choledochus.
20. Kopf des Pancreas, dessen übriger Verlauf punktirt wurde. 21. Co-
lon ascendens.
22. Colon descendens. 23. Vom Peritoneum freie Stelle
des hinteren Umfanges des Colon descendens,
24, Vom linken Darm-
beine umfasster Colonschenkel der Flexura sigmoidea,
25, Rectum-
schenkel der ETexura sigmoidea,
26. Verlauf des Mastdarmes vor dem
Kreuz- und Steissbeine, mit seinen in frontaler Richtung statt findenden
Krümmungen, wobei man erkennt, dass diese schliesslich ein wenig auf
das Gebiet des Lig. sacro-spinosum und sacro-tuberosum übergreifen.
27, Unter die Spitze des Steissbeines herabreichendes Endstück des
Mastdarmes mit der nach vorn convexen und zugleich in dieser Rich-
tung taschenartig ausgebuchteten Perinealkrümmung.

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Linke Seitenansicht der Brust und des Bauches, vorzugsweise dazu
bestimmt, das untere Ende des Rippenfelles als innerliche Grenze der
lateralen Wand des Bauches und der Brust zur Kenntniss zu bringen
und überdies die Lage der Milz zu den Bestandtheilen des Brustkorbes,
sowie die Richtung ihres Verlaufes anzugeben.

Die Zahlen I—-X bezeichnen die Rippen genau in der Richtung
der Axillarhnie, welche ihrerseits einer Frontalebene entspricht, die man
sich durch das Centrum der Köpfchen des ersten Rippen-Paares gelegt
zu denken hat. In der Richtung der durch die Stellung jener Zahlen
ausgedrückten Linea axillaris gewinnt man einen sicheren Anhalt, den
Höhestand des Diaphragma und des äusseren Randes der Lungenbasis,
sowie die Stelle genau zu bezeichnen, w^o das Rippenfell beginnt in
die Pleura diaphragmatica umzubiegen.

1. Spitze der linken Lunge mit dem Sulcus subclavius. 2. Oberer,
3. unterer Lappen der linken Lunge. 4. Incisura inter-lobularis. 5. Die
von der Incisura cardiaca des oberen Lappens der linken Lunge um-
fasste, von Pleura pericardiaca überzogene Stelle des Herzbeutels.
6. Grösste, in der Exspirationsstellung durchscheinend dargestellte Wöl-
bung der linken Hälfte des Diaphragma.
7.** Aeusserer Rand der
Lungenbasis in der Exspir ationssteilung.
7.*** Durch eine punktirte
Linie ausgedrückte Stellung des äusseren Randes der Lungenbasis in der
Inspirationsstellung.
8. Pleura diaphragmatica. 9. 9. Untere Grenze
des linken Rippenfelles, welches bis auf einen schmalen Saum abge-
tragen wurde, so dass die Superficies costalis der Lunge frei gelegt ist.
10.10. Nach abwärts von der unteren Grenze des Rippenfelles liegende,
also von Pleura freie Abtheilung des Diaphragma.
11. 11. Sehnige
Bögen —
arcus intercostales — von deren Convexität die Partes inter-
costales des Zwerchfelles entspringen.
12. Milz. 13. Pars carnosa des
queren Bauchmuskels.
14. Vordere, 15. hintere Aponeurose des queren
Bauchmuskels.
16. Durch die Wand des Darmbeines durchscheinender
Colonschenkel der Flexura sigmoidea,
17. Rectumschenkel der Flexura
sigmoidea.
18. Durch das Foramen ischiadicum majus hindurch sicht-
barer linker Umfang des Mastdarmes.
19. Die ausgedehnte Harnblase
in ihrem Verhältnisse zur Seitenwand des Beckens und namentlich zum
Hüftgelenke.
20. Untere Grenze des Excavatio recto - vesicalis des
Bauchfelles.
21. Stelle und Richtung des Afters.

36

Dritte Tafel.

Vierte Tafel.

Fig. L

Sagittaler Durchschnitt des rechten Hypochondrium in der
Richtung einer Linie, welche durch den Halbirungspunkt des Abstandes
zwischen Linea parasternalis und mamillaris gezogen wairde. Das Ver-
hältniss der convexen Oberfläche der Leber in ihrem grössten geraden
Durchmesser zum Zwerchfelle und zur rechten Lunge wird hiedurch
zur lehrreichsten Ansicht gebracht.

1, Schlüsselbein. 2. Durchschnitt des Schulterblattes in der Nähe
seines medialen Winkels. I—XII. Schnittflächen der Rippen, deren
Reihenfolge vorn und hinten jenen Zahlen entspricht.
3. Muse, tra-
pezius.
4. Muse, rhomboideus. 5. Levator anguli scapulae. 6. Pec-
toralis major.
7. Scalenus anticus. 8, Scalenus médius, 9. Plexus
brachialis,
10. Arteria subclavia. 11. Vena subclavia. 12. Diaphragma.
13. Oberer Lappen der rechten Lunge. 14. Unterer Lappen der rechten
Lunge.
15. Leber. 16. Gallenblase. 17, Colon in der Gegend seiner
Flexura hepatica.
18. 18. Dünndarm. 19. Niere, in der Gegend des
Hilus durchschnitten.
20. Rechte Nebenniere. 21, Sinus phrenico-
costalis des Brustfellsackes.
22. Cavum peritoneale. 23. Vom Bauch-
felle nicht überzogene, mit dem Zwerchfelle durch kurzen Zellstoff
verwachsene Zone der convexen Fläche der Leber.

In der Mitte zwischen der Linea parasternalis und mamillaris her-
gestellter sagittaler Durchschnitt durch das linke Hypochondrium
eines Menschen mit stark ausgedehntem Magen.

1. Schulterblatt. 2, Schlüsselbein, II—XIL zweite bis zwölfte Rippe,
3. Muse, trapezius, 4, Muse, supraspinatus, 5, Muse, infraspinatus.
6. Muse, subscapularis. 7. Muse, pectoralis major. 8. Serratus anticus
magnus.
9, Plexus brachialis. 10. Arteria subclavia, 11. Vena sub-
clavia.
12, Diaphragma. 13. Oberer Lappen der linken Lunge. 14. Un-
terer Lappen der linken Lunge.
15. Linke Kammer des Herzens.

16, Spitze der rechten Kammer des Herzens, 17, Pericardium, 18, Mün-
dung der Speiseröhre.
19. Pars hypochondriaca des Magens. 20, Ueber-
gang der Pars hypochondriaca des Magens in seine Pars epigastrica.
21. Art. gastro-epiploica, den Lauf der grossen Curvatur des Magens
andeutend.
22. Milz. 23. Pancreas. 24. Arteria lienalis. 25. Vena
henalis.
26. Durchschnitt am convexen Rande der linken Niere, deren
übriger Umfang durch eine punktirte Linie ausgedrückt ist.
27. Colon
transversum.
28. 28. 28. Dünndarm. 29. Sinus phrenico-costalis des
Brustfellsackes.

Fig. HI.

In der Linea parasternalis geführter sagittaler Durchschnitt des
linken Hypochondrium bei einem Manne, dessen Magen leer
und in sich zusammengezogen war,

1, Schulterblatt. 2. Schlüsselbein. I—XIL Erste bis zwölfte Rippe,
3. Muse, trapezius, 4, Muse, supraspinatus. 5. Muse, infraspinatus.
6. Muse, subscapularis. 7, Muse, pectoralis major. 8. Diaphragma.

9. Oberer Lappen der linken Lunge. 10. Unterer Lappen der linken
Lunge.
11. Linke Kammer des Herzens. 12. Rechte Kammer des
Herzens.
13. Pericardium. 14. Dünner Streifen des linken Leberlap-
pens.
15. Mündung der Speiseröhre. 16. Pars hypochondriaca des
Magens,
mit den zahlreichen, der Schleimhaut des leeren, in sich zu-
sammengezogenen Organes eigenen Runzeln seiner
Schleimhaut, welche

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nur im Bereiclie der (16) kleinen Curvatur eine ihrem Laufe folgende
longitudinale Richtung haben.
17. Uebergang in die Pars epigastrica
des Magens.
18. Grosse Curvatur des Magens -mit dem Abgange des
Omentum majus.
19. Pancreas. 20. Milz. 21. Linke Niere im Be-
reiche des convexen Randes durchschnitten, im übrigen Umrisse durch
eine punktirte Linie ausgedrückt.
22. Colon transversum. 23. 23.
23.
Dünndarm. 24. Omentum majus. 25. Sinus phrenico-costalis des
Brustfellsackes.

Fünfte Tafel.

Fig. L

Querdurchschnitt im Niveau des Scheitels der rechten Hälfte des
Zwerchfelles. Nachdem dieser Schnitt an einer gefrorenen Leiche her-
gestellt und die noch aufliegenden Segmente der Lungen und des
Herzens entfernt worden waren, musste das steinhart gefrorene Zwerch-
fell vorsichtig weggemeisselt werden, wodurch alle von ihm unmittelbar
bedeckt gewesenen, seine Wölbung genau theilenden Gebilde in der
Vogelperspective zur Ansicht kamen. Man hat zu unterscheiden:

VIII. Dornfortsatz des achten Brustwirbels. IX. Körper des neunten
Brustwirbels, in der Nähe seiner unteren Verbindungsfläche.
1. Körper
des Brustbeins. IV—X. Vierte bis zehnte Rippe, von welchen die fünfte
zweimal, am Knochen und am Knorpel, getroffen worden ist.
2. Rechter

Lappen der Leber. 3. Linker Lappen der Leber, welcher durch das
Lig. Suspensorium hepatis vom rechten geschieden ist.
4. Lobulus
Spigelii.
5. Bauchtheil der Speiseröhre. 6. Mit der Concavität des
Zwerchfelles in unmittelbarer Berührung stehender Umfang des Magens,
dessen vom linken Lappen der Leber bedecktes Segment durch punk-
tirte Linien ausgedrückt ist.
7. Oberes, medianwärts theilweise noch
von der die Nebenniere umhüllenden Fettkapsel umgebenes Ende der
linken Niere.
8. Milz. 9. Aorta descendens. 10. Vena cava inferior
mit den Mündungen der Venae hepaticae majores.
11. Muse, extensor
dorsi communis.
12. Muse, latissimus dorsi. 13. Muse, serrât, anticus
magnus.

Fig. n.

Schräg von hinten nach vorn abfallender Durchschnitt des Bauches,
annähernd in der Richtung einer Ebene, welche die kleine Curvatur
des Magens da mit der grossen verbindet, wo die Arteriae coronariae
und gastro-epiploieae verlaufen. Der Schnitt fällt durch den Körper des
XII. Brustwirbels, nahe von dessen unterer Verbindungsfläche, und dringt
theilweise noch durch den Faserring, welcher den zwölften Brustwirbel
mit dem ersten Lendenwirbel verbindet, während die Schnittfläche in
der vorderen Mittellinie 6 Ctm. über dem Nabel liegt. Obwohl die
Schnittfläche nicht der ganzen Längenaxe des Magens folgt, indem sie
unter den Blindsack desselben fällt, gewinnt man doch eine ungemein
lehrreiche Ansicht darüber, wie der Magen im linken Hypochondrium
von rückwärts nach vorwärts herabsteigt, 4änn sich wieder von der
vorderen Bauchwand entfernt, um mit seiner Portio pylorica nach rück-
wärts emporzusteigen. Auch wird man leicht ermessen können, wie
viel von ihm und welcher Abschnitt des Magens die Medianebene über-
schreitend in die rechte Hälfte des Bauchraumes hereinragt.

XL Dorn des elften Brustwirbels. XII. Körper des zwölften Brust-
wirbels. VII—XII. Durchschnitt der siebenten bis zwölften Rippe.
1. 1. Zwerchfell. 2. Körper des Magens. 3. Portio pylorica des Ma-
gens.
4. Valvula pylorica, 5. Pars horizontalis superior des Duodenum.
6. Pars descendens des Duodenum. 7. Milz, 8, Linke Niere. 9. Rechte
Niere,
10, Leber, 11, Pancreas, 12, Colon transversum, 13, Höhle
des Netzbeutels,
14. Aorta descendens mit dem Stamme der Art, coe-
liaca, noch zwischen den beiden inneren Schenkeln der Pars lumbalis
des Zwerchfelles gelegen,
15. Untere Hohlader. 16. Stamm der Pfort-
ader,

Fig. HI.

Unteres Ende des Peritonealgebietes nach dem Durchschnitte eines
weiblichen Beckens. An der fest gefrorenen Leiche eines etliche 40 Jahre
alten Weibes wurde der Durchschnitt schräg so durch das Becken
geführt, dass er genau der Richtung der Längenaxe des beiderseitigen
Muse, pyriformis folgte. Nur an der linken Hälfte der Höhle des klei-
nen Beckens wurde das Peritoneum ganz erhalten, währeiid es auf der
rechten Seite bis auf die zur Begrenzung des sog, hinteren Becken-
raumes dienende Abtheilung beseitigt worden ist, um nach Entfernung
des fettreichen, die Beckenorgane zum Theil umgebenden Zellstoffes
einen Einblick in das
Cavum pehis suhperitoneale zu gewähren. Die
Lage des ein wenig nach links abweichenden Uterus und seiner Ligamenta
lata zeigt hier genau das von Claudius (vgl, S. 12) für gesetzmässig er-
klärte, vielleicht nur eine „Retroversion" darstellende Verhalten, indem der
hintere Umfang des Uterus in eine congruente, von Fett ausgepolsterte
Peritonealnische am Kreuzbeine eingefügt ist. Die Ligamenta uteri lata
schliessen in ihrer ganzen Breite und Höhe so an dasjenige, um den Mast-
darm sich herumlegende Blatt des Peritoneum an, in welches sich das
hintere Blatt der breiten Mutterbänder umbiegt, dass zwischen beiden
der als Cavum Douglasii bekannte sog, hintere Beckenraum auf eine
fast lineare Spalte reduzirt erschien.

Der schräge, durch den dritten Sacralwirbel geführte Durchschnitt
traf hier den Mastdarm an derjenigen Stelle, an welcher er mit einer
nach rechts convexen Krümmung die Medianebene überschritten hat,
womit es im Einklänge steht, dass in der vorliegenden Ebene seine
Schnittfläche rechts vom Uterus zu liegen kommt.

Die Harnblase ist in dem Grade entleert mid in sich contrahirt,
dass sie mittelst des lockeren, subperitonealen Zellstoffes das Bauchfell
weit unter die supravaginale Portion des Uterus auf die vordere Wand
der Scheide nachgezogen hat, wodurch eben auch die sog, Excavatio
vesico-uterina eine so umfängliche flache Vertiefung darstellt. Im Ein-
zelnen müssen an der Abbildung unterschieden werden :

1. Dritter Sacralwirbel, 2. 2. Horizontaler Schambeinast. 3, Schooss-
fuge,
4, 4, Muse, pyriformis, 5, 5, Muse, obturator internus, 6, Le-
vator ani.
7. Arteria glutea superior, 8. Vena glutea superior. 9, Nerv,
ischiadicus,
10, Arteria obturatoria. 11. Vena obturatoria. 12, Nerv,
obturatorius,
13. Mastdarm. 14. Uterus, dessen linke vordere Seite

10

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mit dem Peritoneum überzogen, dessen rechte von demselben entkleidet ist.
15. Harnblase. 16. 16. Ureter. 17. Unter dem Peritoneum und der
oberflächlichen Muskelschichte des Uterus sich ausbreitendes Venenge-
flecht.
18. Zwischen den Blättern des Lig. uteri latum eingeschlossen
gewesenes, zur Bildung der Vena spermatica interna führendes Venen-
geflecht.
19. Vorderes Blatt des linken breiten Mutterbandes. 20. Hin-
teres Blatt des linken breiten Mutterbandes.
21. Hinteres Blatt des
rechten breiten Mntterbandes.
22. Hintere Peritonealwand des sog.
Douglas\'schen Raumes.
23. Zu einer engen Spalte reduzirtes, den sog.
hinteren Beckenranm darstellendes Cavum Douglasii.
24. Fettreiches
Zellstofflager, welches mit dem subperitonealen Zellstoffe des auf der
rechten Seite freigelegten Cavum pelvis subperitoneale continuirlich ist.

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