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BEITRAG ZUR DYNAMIK

DER

FLÜSSIGEN KRISTALLE

PROEFSCHRIFT

TER VERKRIJGING VAN
DEN GRA,\D VAN DOCTOR IN DE WIS- EN NATUURKUNDE
AAN DE RIJKSUNIVERSITEIT TE UTRECHT, OP GEZAG VAN
DEN RECTOR-MAGNIFICUS, D
r. C. W. STAR BUSMANN, HOOG-
LEERAAR IN DE FACULTEIT DER RECHTSGELEERDHEID,
VOLGENS BESLUIT VAN DEN SENAAT DER UNIVERSITEIT
TEGEN DE BEDENKINGEN VAN DE FACULTEIT DER WIS- EN

NATUURKUNDE TE VERDEDIGEN OP
MAANDAG
20 NOVEMBER 1933, DES NAMIDDAGS TE 4 UUR

DOOR

PIETER JOHANNES BOUMA

GEBOREN TE AMSTERDAM.

BIBLIOTHEEK DER
RIJKSUNIVERSITEIT
UTRECHT.

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Aan mijn moeder

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Bij het voltooien van dit proefschrift is het mij een aangename taak
een woord van dank ie richten tot allen, die tot mijn wetenschappelijke
vorming hebben bijgedragen.

Aan U, Hooggeleerden ORNSTEIN, Hooggeachten Promotor, heb ik,
door Uw onvermoeide leiding en Uw nooit verflauwend enthousiasme,
meer te danken dan ik hier in enkele regels weer kan geven.

Hooggeleerde WOLFF, de klare en geestige wijze, waarop Gij ons een
blik hebt doen slaan in het wondere land van de moderne Analyse, zal
steeds tot de mooiste herinneringen van mijn studietijd blijven behooren.

Hooggeleerde KRAMERS, Uw interessante colleges zullen mij onge-
twijfeld nog tot veel nut strekken.

Hooggeleerde MIJLAND en B.iRRA U, ook U zeg ik dank voor het
genoten onderwijs.

Hooggeleerde KAST, de aangename en leerzame wijze waarop ik em
jaar mei U samen heb mogen werken heeft veel bijgedragen tot mijn
wetenschappelijke vorming in het algemeen en tot het tot siand komen
van dit proefschriß in het bijzonder.

Aan hei personeel van hei Physisch Laboratorium mijn dank voor de
medewerking, en aan mijn vrienden en coUega^s voor den preltigen geest
van kameraadschap.

Ten slotte een woord van dank aan Prof. HOLLEMAN, die mij in
de gelegenheid stelde mijn werk in dezen vorm te publiceeren en aan
Dr. WOLFSOHN voor zijn welwillende hulp bij hei corrigeeren van het
manuscript.

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BEITRAG ZUR DYNAMIK DER FLÜSSIGEN KRISTALLE

von

P. J. B O U M A.

Einleitung.

Zur Beschreibung der physikalischen Eigenschaften des
kristallinisch-flüssigcn /;-Azo.xyanisols (im Temperaturbereich
von 116-134® C.), stellen wir uns auf den Standpunkt der
„Schwarmhypothescquot;, deren wesentlichen Inhalt wir folgender-
masscn kurz zusammenfassen können:

Die flüssig-kristallinische Schmelze setzt sich zusammen aus
Gruppen von etwa 10^-10® Molekülen, die wir als Schwärme
bezeichnen werden. Innerhalb eines Schwarmes liegen die lang-
gestreckten Moleküle alle mit ihren Achsen in der gleichen
Richtung; die hierdurch definierte Hauptrichtung des Schwar-
mes ist aber im normalen, ungestörten Zustand von Sch^varm zu
Schwärm verschieden: die Schwärme liegen ganz regellos
durcheinander.

In dieser einfachsten Form wurde die Schwarmhypothcse
zuerst von
Bose (i) aufgestellt. Eine mathematische Theorie
der Schwarmbildung wurde erst 1918 von
Ornstein und
Zernike (2) gegeben, für Systeme in der Nähe des kritischen
Punktes, während
Ornstein (3) später die Theorie für flü.ssigc
Kristalle ganz ausführlich aufgestellt und sowohl durch theore-
tische als durch e.xperimentelle Argumente gestützt hat.

Der Schwärm zeigt hinsichtlich vieler physikalischer Eigen-
schaften eine Anisotropie; weil die Schwärme im ungestörten
Zustand ganz regellos durcheinander liegen, können diese Ani-
sotropieen sich im allgemeinen nicht makroskopisch bemerkbar
machen.

Nun besteht aber die Möglichkeit, unter Einwirkung äusserer
Kräfte verschiedener Art die Schwärme zu richten, d.h. ihre
Achsen teilweise oder ganz parallel zu stellen. Die Orientierung

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kann stattfinden entweder parallel zu einer Ebene (z.B. der
Wand des Gefasses) oder zu einer bestimmten Richtung (z.B.
zu parallelen magnetischen oder elektrischen Kraftlinien).

Nach einem derartigen Orientierungsvorgang kann nun die
Anisotropie der einzelnen Schwärme sich nach aussen bemerkbar
machen, während die dabei auftretenden Erscheinungen nun
umgekehrt auch als Mass für die entstandene Orientierung
dienen können. Hört die Wirkung der äusseren Kräfte auf, so
stellt sich unter dem Einfluss der desorientierenden Wärme-
bewegung allmählich der alte, ungeordnete Zustand wieder ein.

Im ersten Kapitel werden die wichtigsten anisotropen Eigen-
schaften der Schwärme, die verschiedenen Möglichkeiten zur
Orientierung der Schwärme und die Methoden zum Nachweis
dieser Orientierung kurz besprochen. Ausserdem werden einige
ältere Messungen über das Verhalten von flüssigen Kristallen in
elektrischen Wechselfeldern genannt, insbesondere eine Arbeit
von
Kast (4), worin die Existenz kritischer Frequenzen der
Grösse 10®-10® Hertz nachgewiesen wird.

Im zweiten Kapitel werden Messungen der dielektrischen Ver-
luste beschrieben, die ich, teilweise zusammen mit Dr.
Kast (der
als
Rockefeller Fellow in Utrecht arbeitete), an/;-Azoxyanisol
angestellt habe, und die die Existenz dieser kritischen Fre-
quenzen bestätigten. Es wurde weiter untersucht, in welcher
Weise diese kritischen Frequenzen sich mit der Temperatur
verschieben.

Das dritte Kapitel handelt von Versuchen über die Einstell-
geschwindigkeiten der Schwärme unter dem Einfluss verschieden-
artiger orientierender oder desorientierender Kräfte.

Im vierten Kapitel werden die verschiedenen experimentellen
Resultate näher diskutiert, und einige theoretische Schlüsse
gezogen.

I. Die anisotropen Eigenschaften und das Richten der

Schwärme.

Unter den physikalischen Eigenschaften die mit Anisotropie
verbunden sind, sind für uns die folgenden von besonderem
Interesse:

1°. Die optische Anisotropie.

2°. Die Anisotropie der magnetischen Permeabilität.

3°. Die Anisotropie der elektrischen Leitfähigkeit.

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beitrag zur dynamik der flussigen kristalle.nbsp;3

4°. Die dielektrische Anisotropie.

5°. Das Auftreten eines permanenten Dipolmomentes des
Schwarmes.

Die Orientierung der Schwärme kann herbeigeführt werden;

1°. Durch das Anlegen eines Magnetfeldes.

2°. Durch das Anlegen eines elektrischen Feldes.

3°. Durch Wirkungen der Wand.

Das Mass der Ordnung können wir feststellen durch Messung:

1°. Der Änderungen in der optischen Durchlässigkeit.

3°. Der Änderungen in der elektrischen Leitfähigkeit.

3°. Der Änderungen in der Dielektrizitätskonstante,
und überdies

4°. Mit Hilfe von Röntgendiagrammen, oder

5°. Durch Kontrolle, ob noch eine weitere Orientierung
durch andere Ursachen möglich ist.

Die optische Anisotropie ist derart, dass der Schwärm in seinem
optischen Verhalten gleichwertig ist mit einem einachsigen
Kristall, und insbesondere eine Doppelbrechung zeigt. Liegen
die Schwärme im ungeordneten Zustand, so wird ein auffallender
Lichtstrahl eine Zerstreuung durch unregelmässige Doppel-
brechung erfahren, und diese Zerstreuung ist, wie
Bose (5)
schon vermutete, die Ursache der bekannten Erscheinung der
Trübung der kristallinisch-flüssigen Schmelze. Das Problem
kann mathematisch eingekleidet werden durch Anwendung der
Theorie, die
Ornstein und Zernike (6) für die Brechungszer-
streuung gegeben haben, die nach der Annahme von
Julius in
der Sonnenatmosphäre auftritt. Eine experimentelle Bestätigung
für die Richtigkeit dieser Anwendung wurde von Frl.
Riwlin
(7, 8) gegeben.

Parallelrichtung der Schwärme durch ein Magnetfeld oder
durch Wandwirkung hat denn auch eine Abnahme der Trübung
zur Folge (7-10); bei hinreichende Ordnung nimmt das Prä-
parat denn auch makroskopisch die optischen Eigenschaflen
eines einachsigen Kristalles an (9, 11). Daraus geht hervor, dass
die Durchlässigkeit des Präparates ein Mass für die Orientie-
rung der Schwärme ist.

Auf der Anisotropie der magnetischen Permeabilität des Sch^varnles
(12, 13) beruht die Möglichkeit, mittels eines magnetischen
Feldes eine Orientierung der Schwärme herbeizuführen. Eine

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4nbsp;p. j. bouma.

früher von Ornstein (14) gemachte Annahme, dass hierbei ein
permanenter magnetischer Dipol auftreten würde, hat sich
durch die Untersuchungen von
Freedericksz und Repiewa (12)
und von v. Wijk(ii) als unzutreffend herausgestellt. Die
Schwärme stellen sich mit ihren Achsen den magnetischen
Kraftlinien parallel (15, 10, 9).

Die Anisotropie der elektrischen Leitfähigkeit kann eine orientie-
rende Wirkung des elektrischen Feldes zur Folge haben. Die
dabei auftretenden Drehmomente sind aber, wie eine nähere
Berechnung zeigt (Seite 61), viel zu klein, um einen messbaren
Effekt zu verursachen. Sind die Schwärme aber orientiert, so
ist das Präparat auch hinsichtlich seiner Leitfähigkeit anisotrop
geworden (16, 17): die Leitfähigkeit hat in der Richtung der
Hauptachsen zu-, in den dazu senkrechten Richtungen ab-
genommen. Man kann also auch die Änderungen in der Leit-
fähigkeit benutzen, um Orientierung der Schwärme nachzu-
weisen.

Die dielektrische Anisotropie, die erst messbar wird, wenn die
Schwärme orientiert sind (17), hat die Tendenz, die Schwärme
senkrecht zu den elektrischen Kraftlinien zu orientieren (j ist
nämlich am kleinsten in der Richtung der Hauptachsen, wie
sowohl von
Kast (17) als von Jezewski (18, 19) gezeigt worden
ist). Dass beim Anlegen eines elektrischen Feldes die Schwärme
sich nicht senkrecht, sondern parallel zu den Kraftlinien ein-
stellen (18, 4), deutet auf das Auftreten eines permanenten
Dipolmomentes des Schwarmes hin, dessen Einfluss den des
induzierten Dipolmomentes bei allen gebrauchten Feldstärken
noch weit übersteigt. Auch bei Wechselfeldern niedriger Fre-
quenz sollte nach
Kast (4) der Einfluss dieses permanenten
Dipolmomentes noch vorherrschen.

Schliesslich sei noch bemerkt, dass in dünnen Schichten eine
störende Wirkung der Wand (Orientierung parallel zur Wand)
auftritt. Sehr deutlich zeigt sich diese Erscheinung beim Ein-
und Ausschalten eines Magnetfeldes (10, 20) und beim Studium
der optischen Erscheinungen im Magnetfeld (11). Bei vielen
anderen Versuchen tritt der Wandeinfluss als störende Neben-
erscheinung auf Die Wirkung kann beeinflusst werden durch
chemische Behandlung der Wand (21, 11).

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beitrag zur dynamik der flüssigen kristalle.nbsp;5

Das Verhalten in Wechselfeldern.

Alle bis jetzt genannten Betrachtungen beziehen sich auf
stationäre magnetische und elektrische Felder, eventuell auch
auf Wechselfelder genügend niedriger Frequenz. Die Tatsache,
dass nach dem Ausschalten eines Magnetfeldes der alte, un-
geordnete Zustand erst nach längerer Zeit wieder erreicht
wird (22,10), und die Bemerkung
Svedbergs (i6), dass nach dem
Anlegen eines elektrischen Wcchselfeldes von einigen Perioden
pro Sek. die Leitfähigkeit erst nach längerer Zeit ihren kon-
stanten Endwert annimmt, beweisen schon, dass die Orientie-
rung und die Desorientierung der Schwärme unter Umständen
sehr langsam vor sich gehen können, sodass wir nur bei äusserst
niedrigen Frequenzen die angeführten statischen Betrachtungen
ohne Gefahr anwenden dürfen. Bei den von
Svedberg (i6)
benutzten Frequenzen ist dies vielleicht schon nicht mehr er-
laubt.

Wählt man nun die Frequenz eines elektrischen oder magne-
tischen Feldes so hoch, dass die Einstellzeit der Schwärme sehr
gross ist im Vergleich zu der halben Schwingungszeit, so wird
das Veriialten der Schwärme dadurch bestimmt werden, ob
die richtende Wirkung des Feldes polaren oder apolaren Cha-
rakter hat, d.h. ob Umkehrung der Feldrichtung auch eine
Umkehrung des orientierenden Momentes mit sich bringt, oder
nicht.

Bei polaren Effekten wird die Wirkung in zwei aufeinander-
folgenden Halbpcrioden entgegengesetzt sein, sodass ein Richten
des Schwarmes nicht möglich ist. Bei apolaren Effekten dagegen
werden die Einflüsse in zwei aufeinanderfolgenden Halbperioden
sich verstärken; die Schwärme werden also auch bei den höchsten
Frequenzen allmählich orientiert werden, bis sich ein Gleich-
gewicht zwischen der richtenden Wirkung und der desorien-
tierenden Wärmebewegung eingestellt hat.

Die orientierende Wirkung des magnetischen Feldes wird
durch die Anisotropie der magnetischen Permeabilität verur-
sacht, also durch einen apolaren Effekt; beim elektrischen Felde
treten sowohl polare (permanentes Dipolmoment) als apolare
Effekte (dielektrische Anisotropie, Anisotropie der Leitfähigkeit)
auf; bei hohen Frequenzen wird der Zustand dadurch erheblich
komplizierter.

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Die Röntgenaufnahmen von Kast.

Die wichtigsten Untersuchungen über das Verhalten der
Schwärme in elektrischen Wechselfeldem sind die von
Kast (4)
angestellten Versuche, wobei Debye-Scherrer-Diagramme an
einem/»-Azoxyanisol-Präparat, das unter Einwirkung eines elek-
trischen Gleichspannungsfeldes oder eines Wechselfeldes von
50-600.000 Hertz (650 Volt/cm) stand. Die Röntgenstrahlen
durchliefen dabei das Präparat senkrecht zu den elektrischen
Kraftlinien. Aus dem Röntgendiagramm kann man ersehen,
ob eine Orientierung vorhanden ist, und welche Richtung sie
hat (parallel oder senkrecht zu den Kraftlinien).

Kast kommt nun zu folgenden Resultaten:

a.nbsp;Bei Gleichspannung entsteht Orientierung in der Richtung
der Kraftlinien, auch bei den höchsten verwendeten Spannungen
(7200 Volt/cm).

b.nbsp;Bei Wechselspannung von 50-25000 Hertz tritt die gleiche
Erscheinung auf.

c.nbsp;Oberhalb 25000 Hertz wird die Parallelorientierung immer
weniger ausgeprägt, bis sie bei etwa 300.000 Hertz vollständig
verschwindet, sodass überhaupt keine Orientierung mehr nach-
zuweisen ist.

d.nbsp;Oberhalb 300.000 Hertz tritt eine Querorientierung auf,
die bei wachsender Frequenz immer stärker wird.

Kast gibt nun die folgende Deutung dieser Erscheinungen: Zwi-
schen 50 und 25000 Hertz überwiegt, wie bei Gleichspannung, der
Einfluss des permanenten Dipolmomentes, sodass die Schwärme
wegen des polaren Charakters dieses Effektes gezwungen sind,
in jeder Halbperiode ihre Richtung einmal um 180° zu ändern.

Da die Diagramme zeigen, dass die Schwärme während des
grössten Teiles der Schwingungszeit orientiert sind, so müssen
wir annehmen, dass in diesem Frequenzgebiet die halbe Schwin-
gungszeit noch gross ist im Vergleich zu der Zeit, die die Schwär-
me zum Umklappen brauchen.

Oberhalb 25000 Hertz werden nun diese Zeiten von der
gleichen Grössenordnung; bei 300.000 Hertz sind sie genau
gleich, sodass die Schwärme dauernd in Bewegung sind, und
dadurch keine Orientierung mehr auf dem Röntgenbild er-
kennen lassen. Die Phasenverschiebung zwischen Feld und Ein-
stellrichtung der Schwärme hat bei dieser kritischen Frequenz
den Wert 90°.

Oberhalb 300.000 Hertz sind die Schwärme nicht mehr im-

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beitrag zur dynamik der flussigen kristalle.nbsp;7

Stande, mitzudrehen. Die bei diesen hohen Frequenzen auf-
tretende Quereinstellung muss also notwendig einem anderen,
und zwar apolaren Effekte zugeschrieben werden. Die nächst-
liegende Annahme ist, dass dieser Effekt die dielektrische Ani-
sotropie ist, die bei niedrigen Frequenzen von der Wirkung des
permanenten Dipolmomentes übertroffen wird. Die Schwärme
können jetzt nur noch kleine Schwingungen um die neue
Gleichgewichtslage (senkrecht zu den Kraftlinien) machen. Bei
wachsender Frequenz wird die Amplitude dieser Schwingungen
kleiner, und dadurch die Orientierung immer vollständiger.

Schliesslich zeigt Kast noch (23), dass die Lage der auftreten-
den kritischen Frequenz stark beeinflusst wird von dem Azo-
anisolgehalt des Präparates, dagegen unabhängig ist von der
Grösse der Leitfähigkeit.

IL Die Verlustmessungen an /j-Azoxyanisol.

Ist die von Kast (4) gegebene Deutung seiner Röntgen-
diagrammc richtig, so muss die kritische Frequenz sich auch bei
Messung des dielektrischen Verlustes als Funktion der Frequenz
bemerkbar machen.

Erstens muss der Übergang von Parallelorientierung zu Quer-
orientierung von einer Abnahme der Lcitfiihigkeit (16) begleitet
sein, und zweitens muss in der Nähe der kritischen Frequenz, wo
nach der Auffassung von
Kast die Phasenverschiebung zwischen
Feld und Schwärm go° ist, eine maximale Energieübertragung
zwischen Feld und Schwärm auftreten. Beide Effekte zusammen
müssen jedenfalls eine Unregelmässigkeit in der Kurve verur-
sachen, die die Abhängigkeit von Verlust und Frequenz angibt.

Um dies zu kontrollieren, wurden bei Frequenzen zwischen
4.10' und 3.10® Hertz Verlustmessungen an /»-Azoxyanisol an-
gestellt.

Die Messviethode.

Wir verivendeten die Methode, die von Weyers (24) ange-
geben und von ihm für feste Dielektrika benutzt wurde, und
u.a. auch von
Hiddink (25) bei der Messung von Verlusten in
ölen gebraucht wurde.

Das Prinzip der Methode ist folgendes:

Ein Resonanzkreis ist mit einem Generator so lose gekoppelt,
dass keine Rückwirkung auf den Generator zu befürchten ist.

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8nbsp;p. j. BomL\.

Zu dem Resonanzkreis kann der Messkondensator, der das zu
messende Präparat enthält, parallel geschaltet werden.
Wir bezeichnen mit:

$ den gesuchten Verlustwinkel (Komplement des Phasen-
winkels zwischen Stromstärke und Spannung).

Vi die Spannung die zwischen den beiden Belegungen des
Drehkondensators auftritt, wenn der Resonanzkreis auf maxi-
male Spannung abgestimmt ist, während der Messkondensator
noch nicht parallel geschaltet ist.

V2 die gleiche Spannung nach Einschaltung des Messkonden-
sators und erneuter Abstimmung.

Cj die Kapazität des Drehkondensators bei der ersten Ab-
stimmung.

Ca die Kapazität des Drehkondensators bei der zweiten
Abstimmung.

A C den Betrag um den man bei der ersten Abstimmung die
Kapazität des Drehkondensators ändern muss, um die Spannung

Fquot;, auf-^ herabzusetzen.
' V/2

Dann gilt die folgende Beziehung:

, Vi-V, aCnbsp;.

= -y- c,-Q

Weyers hat keine Ableitung dieser Beziehung gegeben,
während in der Berechnung von
Hiddink (25) einige unnötigen
Vernachlässigungen gemacht werden, durch die die Anwcn-
jnbsp;dungsmöglichkeit der Methode scheinbar be-

schränkt wird.

/ jnbsp;Wir wollen darum hier eine strenge Hcrleitung

/ Inbsp;der Beziehung geben. Wir dürfen den Vcrlust-

/ Inbsp;kondensator als eine verlustfrcie Kapazität C

1nbsp;betrachten, mit parallelgeschaltetcm Ohmschem

-^-^ Widerstand R, so dass wir (Fig. i) den durch

den Kondensator flicssenden Strom I in die
zwei zu einander senkrechten Komponenten F//2
und
VmC zerlegen können. Aus der bekannten Vektorfigur

sehen wir:nbsp;, ^ i

=

Wir betrachten nun einen Schwingungskreis, der sich zu-
sammensetzt aus einem Kondensator
C mit Verlust R, und einer

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Selbstinduktion L mit Ohmschem Widerstand R' (Fig. 2). Wir
bezeichnen mit F die
EM K welche auf L induziert wird, und
mit
A die Spannung welche infolgedessen
zwischen den beiden Enden von
C entsteht.

Die auftretenden Widerstände schreiben
wir in komplexer Form, wobei also der Modul _
das Verhältnis zwischen den Maximalwerten 'nbsp;? ^v.'

von Spannung und Stromstärke, das Argu-
ment die Phasenverschiebung zwischen Span-
nung und Strom angibt.
nbsp;2.

Sind und die Impedanzen von (C /?) und {L-{-R'),
dann können wir direkt schreiben:

A =nbsp;vvorin = C*)quot;' und =-- R' -f i 0. L ist.

Nehmen wir nun von beiden Gliedern den Absolutwert, so
finden wir:

ij-f(3)

Durch Änderung von C wird nun die Amplitude|/l| maximal
gemacht. Hierzu muss:

gemacht werden, woraus hervorgeht:

r =__A__= A

{R'y

wenn l^^«! = gesetzt wird.
Durch Einsetzen in
(3) ergibt sich für den Maximalwert von

Wenden wir dieses Resultat auf unsere Messmethode an und
bezeichnen wir den Ohmschen Widerstand des Drehkonden-
sators mit Ri, den gesamten Ohmschen Widerstand von Dreh-
kondensator und Messkondensator mit 7?«, so finden wir:

F^/?,nbsp;VZR.

und

F, - Ji ^ - Rn lt;-

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' A C ergibt sich aus der Bedingung:

sj - 1)2 nbsp;I

Setzen wir hierin C = ^ so folgt:

r^(i-i) • • • • w

und weiter:

Fl- Fa ^C

V2 Ci — Ca f») (C

Nun ist --^ ~ ^ ^^^ Leitfähigkeit, und C^ - C« = C die

Kapazität des Messkondensators; damit geht (4) in die Formel( i):
Fi-Fo AC I , ^

Aus der Herleitung geht hervor, dass die Formel auch dann
noch richtig ist, wenn der Drehkondensator mit Zubehör
(Voltmeter, Isolation der Drahtdurchführungen, usw.) nicht
ganz verlustfrei ist. Ein erheblicher Verlust in diesen Teilen
würde die Methode allerdings sehr unempfindlich machen.

Wenn sehr kleine Verluste gemessen werden sollen, ist es
nicht immer möglich, den Verlust in der Apparatur im Ver-
hältnis zu dem zu messenden Verlust klein zu halten. In diesem
Fall ist es wichtig, dass die Erfüllung der von
Hiddink (25) ge-
forderten Bedingung Rigt;gt; Rn nicht notwendig ist.

Es muss natürlich verlangt werden, dass unabhängig sei

von der Kondensatoreinstellung und der Grösse der Spannung
(ein Verlust, der die letzte Bedingung nicht erfüllt, entsteht
z.B. durch das Fliessen eines Gitterstromes, wenn wir mit einem
Triodevoltmeter eine zu hohe Spannung messen wollen!).

Beschreibung der Apparatur (Fig. 3).

Als Generator wurde eine Philips Triode TB 04/10 mit Rück-
koppelung zwischen Gitter- und Anodenkreis gewählt. Als
Selbstinduktionen wurden Spulen von 25-1000 Windungen ver-

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wendet, als Kapazitäten vier unveränderliche Kondensatoren
von je 5000 cm, und ein variabler Kondensator von 500 cm. Die
Kondensatoren konnten auf vielerlei Weisen hinter- oder neben-
einander geschaltet werden, sodass Kapazitäten von 100 bis
20000 cm zur Verfügung standen.

Der Resonanzkreis setzt sich zusammen aus einem Dreh-
kondensator
D von 2000 cm, mit einem kleinen parallelgeschal-
teten Kondensator F (zum Feinregulieren), beide mit verteilten

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Fig. 3. Die Scliwingungsapparalur.

Skalen, dem Messkondensator (M) mit dem flüssig-kristallini-
schen Präparat, und auswechselbaren Spulen von i bis 1500
Windungen.

Zur Messung der Spannung auf dem Resonanzkreis war ein
möglichst verlustfrcics und sehr empfindliches Instrument not-
wendig, dessen Anweisung ausserdem unabhängig von der ver-
wendeten Frequenz sein musste. Die Bedingungen wurden am
besten erfüllt durch ein Triodenvoltmeter. Verwendet wurde
eine Philips Triode A 415, mit 105 Volt Anodenspannung, -15
Volt Gitterspannung, und 3,9 Volt Heizspannung. Die gemes-
senen Spannungen überstiegen niemals eine Efiektivspannung
von 7 Volt: es bestand also keine Gefahr für Gitterströme.

Die Anodcnströmc wurden mit einem MoLL-Galvanometer
gemessen, gewöhnlich mit einem Nebenschluss, der die Empfind-
lichkeit im Verhältnis 1:10 herabsetzte. Wie aus Fig. 3 ersichtlich
ist, wurden an dem Nebcnschluss noch zwei kleine Drosselspulen
und ein Blockkondensator angebracht; dies war notwendig, weil

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sonst das Shunt-Verhältnis bei sehr hohen Frequenzen nicht
mehr richtig blieb.

Als Messkondensator verwendeten wir anfänglich einen Zy-
linderkondensator, dessen Konstruktion aus Fig. 4 ersichtlich
ist. Das äussere Messinggefäss bildete die eine
Belegung; die zweite bestand aus einem Messing-
hohlzylinder, der mittels eines Quarzrohres isoliert
war. Das Quarzrohr war unten in eine Spitze
ausgezogen, die in einer Bohrung im Boden des
Gefässes ruhte und für eine genaue Zentrierung
des Ganzen sorgte. Oben wurde das Quarzrohr
mit einem aufgeschraubten, ebenfalls aus Messing
,. bestehenden Deckel in der richtigen Stellung ge-
W halten. Der eine Anschluss befand sich am Dcckel,
* der andere wurde durch das Quarzrohr nach aussen
geführt. Der Plattenabstand betrug V2 mm, Länge
und Querschnitt des inneren Zylinders waren 40
Der Zylinder- und 19 mm. Um eine Reduktion des p-Azo\y-
kondensator. ^nisols möglichst ZU vermeiden, wurden die Ober-
flächen der Belegungen vergoldet.

Bei den späteren Untersuchungen wurde ein anderer Konden-
sator verwendet (Fig. 5) der aus einem zylindrischen Glasgefäss
mit zwei Platinelektroden bestand. Die untere
Platinplatte wurde durch eine schwere Platindurch-
führung in der richtigen Stellung gehalten, während
an der anderen Platte ein Glasrohr angeschmolzen
war, das oben mit einem Korken festgehalten wurde,
und das gleichzeitig als Durchführung für die
beiden Drähte eines an der Kondensatorplatte an-
gelöteten Thermoelementes diente.

Die Stromzuführungen des Kondensators befan-
den sich an der unteren Platindurchführung und
an einem der Drähte des Thermoelementes. Das
Thermoelement war so montiert, dass die unter-
suchte Substanz nur mit Glas und Platin in Be-
rührung kam.

Beide Kondensatoren wurden in einem zylin-
drischen elektrischen Ofen aufgestellt, dessen aus Kupfer be-
stehende Innenwand geerdet war, und somit gleichzeitig eine
elektrische Abschirmung des Kondensators bildete.

Bei Verwendung des Messingkondensators wurde der Raum

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zwischen Kondensatorgefäss und Ofenwand mit öl gefüllt; die
Temperatur im Ölbad wurde gemessen. Der Kondensator wurde
derart geschaltet, dass auch das äussere Kondensatorgefäss ge-
erdet war; eventuelle Ölverluste konnten also nicht störend
wirken.

Bei Verwendung des Platinkondensators wurde kein öl ver-
wendet. Die Temperatur wurde gemessen mit dem angelöteten
Thermoelement, dessen zweite Lötstelle
[Th in Fig. 3) sich in
einem kleinen, mit öl gefüllten elektrischen Hilfsofen befand,
in dem die Temperatur mit einem Thermometer auf Vio° genau
abgelesen werden konnte. Die obere Kondensatorplatte war
geerdet, damit auch der Hilfsofen, das zugehörige Galvanometer,
usw. sich nicht auf Hochfrequenzpotential gegen Erde befanden.
Der Plattenabstand konnte geändert werden; er betrug ge-
wöhnlich
i mm.

Der Platinkondensator hatte den Vorteil, dass er unempfind-
lich für chemische Einwirkungen und leicht zu reinigen war,
dass die Temperatur viel besser gemessen, und kleinere Mengen
/»-Azo.vyanisol verwendet werden konnten. Der einzige Nachteil
war, dass die Kapazität für unsere Zwecke etwas zu klein war.

Zur Vermeidung äusserer Störungen und unerwünschter Kop-
pelungen wurden die verschiedenen Teile der Apparatur mittels
geerdeter Blechkästen abgeschirmt, während die Verbindungen
zwischen Generator und Empfänger in geerdeten Metallröhren
verlegt wurden.

Eichung der Apparatur.

Zur Eichung des Voltmeters verwendeten wir eine Spannung
von 15 Volt/500 Hertz, von der wir mit Hilfe zweier Präzisions-
widerstandskasten n^ [Keinen genau messbaren Teil abzweigen
konnten (Fig. 6). Die TotaLspannung auf W l\\ die nicht mit
so grosser Genauigkeit bestimmt zu werden brauchte wie das
Spannungsverhältnis (weil in (i) nur das Verhältnis zweier
Spannungen auftritt), wurde durch den durch
IV W fliessen-
den Strom mittels eines mit Gleich.strom geeichten Vakuum-
thermokreuzes
Tk gemessen.

Bei der Eichung wurden die Widerstände IV IV so geändert,
dass ihre Summe immer gleich 1000 Ü blieb. Die Frequenz 500
wurde gewählt, weil die zur Verfügung stehende 50 Per. Span-
nung nicht genügend konstant war.

Bei Benutzung des Voltmeters musstcn Heiz-, Anoden- und

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Gitterspannung genau auf den gleichen Wert gebracht werden
wie bei der Eichung. Die Heizspannung wurde immer auf 3,9
Volt gebracht; eine Abnahme der Anodenspannung wurde mit

Akkumulator und Potentiometer kompensiert, wie aus Fig. 3
und 6 ersichtlich ist. Als Kriterium bei der Einstellung der
Anodenspannung diente der Anodenstrom bei bestimmter Heiz-
und Gitterspannung.

Um die höchstmögliche Präzision zu erreichen, musstc die
Eichung ungefähr zweimal im Monat wiederholt werden; es
zeigten sich dann kleine Verschiebungen der
Eichungskurve infolge der Abnahme der
Gitterspannung.

Zweitens müssen die Frequenzen bestimmt
werden. Hierzu wurde bei verschiedenen
Spulenkombinationen die Beziehung zwi-
schen Frequenz und Stellung der Konden-
satoren
D und F (Fig. 3) bei ausgeschaltetem
Messkondensator
M festgelegt.

Im hörbaren Frequenzgebiet haben wir
die Frequenzen mit einem Resonanzrohr

h Tnbsp;i' bestimmt (Fig. 7); T ist ein, aucn in Fig. 3

Flg. 7. Resonanzrohrnbsp;, ^ ° '''nbsp;, • r^ f-

'nbsp;angegebenes, Telefon, A ein Gefass zum

Heben und Senken des Wasserniveaus, B ein Gummischlauch

durch den man die hierbei auftretenden Intensitätsmaxima und

-minima hören kann. Die Höhe des Niveaus wurde an einer

mm-Skala abgelesen; die Gesamtlänge des Resonanzrohres

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betrug 60 cm. Wir konnten auf diese Weise eine ziemlich grosse
Zahl Maxima und Minima zählen, und so die Wellenlänge
und damit auch die Frequenz mit einer Genauigkeit von un-
gefähr i % bestimmen. Die Schallgeschwindigkeit musste hierbei
auf Zimmertemperatur umgerechnet werden.

Die Rückkoppelung im Generator musste so locker wie
möglich sein, weil sonst starke Oberschwingungen auftraten,
die das Hören der Maxima ausserordentlich erschwerten.

In der beschriebenen Weise \vurde der Resonanzkreis mit
Frequenzen von 2000 bis 15000 Hertz geeicht.

Bei der weiteren Eichung haben wir die Oberschwingungen
benutzt. Der Generator wurde hierzu erst auf eine schon be-
kannte, hörbare Frequenz gebracht, wobei die Rückkoppelung
sehr fest gemacht wurde, damit die Oberschwingungen in ge-
nügender Intensität auftraten; der Resonanzkreis wurde nun
mit Hilfe des Triodenvoltmeters auf die verschiedenen Ober-
schwingungen der hörbaren Frequenz abgestimmt (man konnte
bis zu der 20. bis 25. Oberschwingung gehen). Nachher wurde
eine der neugefundenen, oberhalb der Gehörgrenze liegenden
Frequenzen in der gleichen Weise als Grundschwingung be-
nutzt, um mit Hilfe ihrer Oberschwingungen den Resonanzkreis
weiter zu eichen, usw.

Bei den höchsten Frequenzen konnte man verschiedene Grund-
frequenzen als Ausgangspunkt wählen und die erhaltenen
Resultate vergleichen. Bei derartigen Kontrollmessungen stellte
sich heraus, dass auf diese Weise im ganzen Frequenzgebiet
von 2000 bis 10^ Hertz eine Genauigkeit von 1% erreicht war.

Bei den höchsten Frequenzen wurde der Drehkondensator D
abgeschaltet und nur der kleine Kondensator F (Fig. 3) be-
nutzt, der bei allen anderen Frequenzen auf Null gestellt wurde.

Zur leichteren Orientierung wurden die Frequenzen bei ver-
schiedenen Spulen und Kondensatoren im Generator in einer
Tabelle zusammengestellt. Weil die Frequenz sich aber sowohl
mit der Heiz- und Anodenspannung als auch mit der Rück-
koppelung änderte, musste für die genaue Frequenzbestimmung
immer die Eichung des Resonanzkreises benutzt werden.

Die Messungen.

Die nächstliegende Methode zur Auffindung der kritischen
Frequenzen besteht darin, bei konstanter Temperatur (zwischen
118° und 134°) Igo als Funktion der Frequenz zu messen.
Wir wollen diese Methode mit Methode I bezeichnen.

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Da die kritische Frequenz sich sehr stark mit der Temperatur
verschiebt, ist es auch möglich mit konstanter Frequenz zu
arbeiten, und durch Messung von
tg § als Funktion der Tempe-
ratur diejenige Temperatur zu bestimmen, bei der die benutzte
Frequenz gerade die kritische ist. (Methode II).

Ein Vorteil der Methode II ist es, dass wir uns dabei auf
Spannungsmessungen beschränken können, da
a C unabhängig
von der Temperatur ist, und dies in erster Annäherung auch für
C1-G2 gilt. Weil gerade bei der Messung von
a C die grössten
Fehler auftreten, wird die Genauigkeit dadurch erheblich ge-
steigert. Auch die Frequenz braucht nicht so genau bekannt
zu sein wie bei Methode I.

Die Nachteile der Methode II liegen in der weniger sicheren
Temperaturmessung, und in der starken Temperaturabhängig-
keit der Leitfähigkeit, die das Auffinden eines eventuellen
Maximums sehr erschwert.

Eine Messreihe nach Methode I verläuft nun folgendermassen:
Nachdem das Präparat auf konstante Temperatur gebracht,
der Generator eingeschaltet und der Messkondensator abge-
schaltet worden ist, wird Kondensator
F auf Null gestellt und
mit Kondensator
D auf maximale Spannung eingestellt. Die
Eichung gibt sofort die benutzte Frequenz. Die Koppelung
wird nun so reguliert, dass die Spannung auf dem Drehkonden-
sator etwa 6 Volt beträgt.

. Wir können auf zweierlei Weisen kontrollieren ob keine zu
starke Rückwirkung vom Resonator auf den Generator besteht,
nämlich entweder dadurch dass wir prüfen ob
a C unabhängig
von der Stärke der Koppelung ist, oder indem wir kontrollieren
ob Ci sich nicht mit der Koppelung ändert. Die erste Me-
thode ist die empfindlichere. Es stellte sich heraus, dass bei den
gebrauchten Spulenkombinationen die Rückwirkung bei Fi ~ 6
Volt schon völlig zu vernachlässigen war.

Nun werden V^ und V^ möglichst genau gemessen, wobei
der Drehkondensator so eingestellt wird, dass wir durch Variation
des kleinen Kondensators
F sowohl ohne als mit parallel-
geschaltetem Messkondensator die Abstimmung erreicheri kön-
nen.
a C und Ci-Ca werden mit dem Kondensator F bestimmt,
und zwar
a C (das gewöhnlich erheblich kleiner war als Ci-Cg)
durch Einstellung auf Ci-AC und Ci AC, wodurch die Ge-
nauigkeit erheblich besser wird als bei Einstellung auf C^ und
Ci AC.

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Weil in (i) nur das Verhältnis von AC und C^-C^ eingeht,
braucht der kleine Kondensator nicht absolut geeicht zu werden.
Es wurde festgestellt, dass die Kapazität des kleinen Kondensators

sich über etwa seines Messbereiches innerhalb der Fehlergren-
zen linear mit
der Ablesung änderte, sodass in diesem Gebiet die

Kapazitäten direkt in Skalenteilen ausgedrückt werden konnten.

Aus der Beziehung tg^

geht hervor, dass tg ^ mit

t^RC

wachsender Frequenz schnell abnimmt, und aus (i) sehen wir,
dass daher das Produkt
{V,-V,) AC bei hohen Frequenzen
sehr klein, bei niedrigen Frequenzen sehr gross wird. Wah^rend
dieses Produkt nicht geändert werden kann, ist es moghch das
Verhältnis von
V^-V, und a C durch passende Wahl der Spulen
beeinflussen: wählt

zu

man die Spulen grösser,

so wird a C kleiner

und F1-F2 grösser, und

umgekehrt. Durch eine

günstige Wahl der Spulen

kann man daher bei sehr

hohen Frequenzen die

Genauigkeit erheblich

steigern und bei sehr

niedrigen Frequenzen

dafür sorgen, dass sowohl

F1-F2 als auch AC noch

innerhalb des Mess-

bereiches der Apparatur

liegen.nbsp;j t-^

Die Methode I kann folgendermassen verfeinert werden: Da

Avir eine kleine Abweichung der Kurve tg^ = ƒ (o)) gegenüber
tg^ = K. - suchen, wird die Methode sehr viel empfindlicher

werden, wenn wir den Verlust des Präparates direkt vergleichen
mit dem Verlust eines verlustfreien Kondensators mit einem
parallelgeschalteten Ohmschen Widerstand. Der Verlust tg§o

der letzten Kombination sollte dem Gesetz tg^o {■) - streng

folgen.nbsp;.

Fig. 8 gibt das Schema dieser Messmethode. Als verlustfreier

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Kondensator wurde einfach ein Teil des Drehkondensators D
benutzt, als parallelgeschalteter Verlustwiderstand wurden zwei
hochohmige „Royaltyquot; Regulierwiderstände
R R von 5.10^ und
5.10® Ohm verwendet.nbsp;^

Wir müssen nun drei Spannungen messen:
Fl, die Spannung ohne
M und ohne R R-,
Fa, die Spannung mit M, aber ohne R rI
F3, die Spannung ohne M, aber mit R eingeschaltet
Die gesuchte Abweichung finden wir dann aus-

lt;^1-^2 V V.nbsp;F3 )

Hieraus sieht man, dass die Genauigkeit von tgnbsp;haupt-

sachhch bestimmt wird durch die Genauigkeit, mit di wir dk
kleme Differenznbsp;bestimmen können^ und weil
V, und F

Grossen gleicher Art sind, die wir direkt nacheinander messen
können, so wird die erreichte Genauigkeit auf diese Weise viel

Diffe^LT-quot;nbsp;Methode I, bei der die

^^nbsp;g^^ählt werden, dass für sehr

niedrige Frequenzen gilt: = 0.

Die Schwierigkeit dieser Methode liegt in dem Auffinden von
Widerständen RR, die wirklich dem Gesetz
tg So (:) streng

Widerstände erfüllten diese Bedingung
Tee^gneLnbsp;^^^^^ Flüssigkeitswiderstände besser Lzu

Bei Methode II ist, wie wir schon bemerkten, ^^^ die einzige

^^^ Temperatur^ndert. Die
tr^S. t • ' ß^^ie^^t^^itätskonstante s mit steigender Tem-
peratur können wir vernachlässigen, weil die Änderung klein,
und ausserdem sehr gleichmässig ist, sodass sie beim Auffinden

Sri^^'tquot;ITk vf Verlustkurve nicht störend wirkt.
Nun ist natürlich beim Übergang vom Zustand der Parallelorien-
tierung zum Zustand der Querorientierung wohl eine kleine
Zunahme von e zu erwarten, aber diese ist prozentual ungefähr

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10 mal so klein wie die erwartete Abnahme der Leitfähigkeit
(16, 18), und kann daher ebenfalls vernachlässigt werden.

Die Temperaturmessung ist bei Methode II etwas schwieriger.
Bei Verwendung des Platinkondensators ist eine genaue. Fest-
stellung der momentanen Temperatur leicht möglich, während
bei nicht zu schneller Temperatursteigerung das Temperatur-
gleichgewicht durch die kleinen Abmessungen des Konden-
sators gesichert ist. Bei Verwendung des Zylinderkondensators
muss die im Ölbad gemessene Temperatur korrigiert werden
für den immer bestehenden Temperaturunterschied zwischen
dem Öl und dem untersuchten Dielektrikum. Sorgen wir dafür,
dass die Temperatur möglichst gleichmässig steigt, dann ist dieser
Temperaturunterschied annähernd konstant und kann dadurch
gefunden werden, dass wir den Unterschied bei 116° und 134° G.
beobachten. Die beiden Punkte sind nämlich direkt in der

Kurve zu finden, die fg§ (^odernbsp;als Funktion von T

gibt. Beim Schmelzpunkt ändert sich der Verlust sprungweise
durch Zunahme der lonenbeweglichkeit; beim Klärpunkt tritt
ein Knick auf, weil der Temperaturkoeffizient in der isotropen
Phase nur etwa halb so gross ist wie in der anisotropen Phase.
Auf Fig. 11 ist dieser Knick deutlich zu sehen. Die Änderung
beim Schmelzpunkt ist nicht zu sehen, weil bei fallender Tem-
peratur gemessen wurde und eine starke Unterkühlung auftrat.

Um die Richtigkeit der Temperaturkorrektion zu prüfen
können wir einmal bei steigender und einmal bei fallender Tem-
peratur messen und sehen, ob die Kurven sich decken.

Ergebnisse.

Bei Benutzung der Methode I haben wir Maxima in den
Verlustkurven bei Frequenzen gefunden, die gut mit den von
Kast (4,17) gefundenen kritischen Frequenzen übereinstimmen.

Fig. 9 illustriert den Charakter der gefundenen Kurven. Bei
zwei verschiedenen Temperaturen ist hier die Grösse l^tgB,
d.h. der Unterschied zwischen dem gemessenen Wert von
tg i

und dem Wert, der sich auf Grund des Gesetzes tg^ (:) - aus

TL

den bei sehr niedrigen Frequenzen gefundenen Verlustwerten
berechnen lässt, als Funktion der Frequenz aufgetragen.

Obwohl die Streuung, zumal bei T = 119,5° G., recht gross
ist, (wie auch zu erwarten ist: I^tg^ macht nur einige Prozente

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des totalen Verlustes aus) erkennt man doch ein deutliches
Maximum, dessen Lage ziemlich genau festgelegt werden kann.
Wir machen auf zwei Tatsachen aufmerksam:
i Das Maximum verschiebt sich bei steigender Temperatur
nach höheren Frequenzen.

2°. Bei den höchsten Frequenzen fälltnbsp;nicht wieder

bis zum Nullwert zurück.

Beide Eigenschaften sind noch deutlicher ausgeprägt in Fig. 10,
wo die entsprechende Kurve für T = 122,2° G. gezeichnet ist.
Die Streuung ist hier kleiner, weil der relative Wert des Effektes
mit steigender Temperatur wächst. Man sieht, dass sich dem

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Maximum bei etwa e.io® Hertz noch ein allgemeiner Anstieg
überlagert, der bei etwa 2.10^ Hertz beginnt, und bei den höch-
sten Frequenzen sehr stark wird.

Da dieser Anstieg sich auch bei anderen Temperaturen auf
genau die gleiche Weise bemerkbar macht, glauben wir, dass
hier ein Apparatfehler vorliegt, dessen Ursache wir jedoch nicht

feststellen konnten. Zieht man diesen allgemeinen Anstieg (die
gestrichelte Kurve von Fig. 10) von den Werten bei 119,5°
ab, so erreicht AtgS bei etwa 7.10^ Hertz wieder den Nullwert.

Fig. 11 gibt ein Beispiel der mit Methode II erhaltenen Kur-
ven. Die Kurve ist gemessen worden bei fallender Temperatur;
die Frequenz betrug 325.000 Hertz. Es zeigt sich:

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1°. Ein Knick beim Klärpunkt: der Temperaturkoeffizient
ändert sich sprunghaft.

2°. Ein ganz flaches Maximum bei i2i,5°G.

3°. Eine Unterkühlung: bei 113° G. ist das Präparat noch
flüssig.

Aus dieser Figur sieht man deutlich die Vor- und Nachteile
dieser Methode gegenüber Methode I, nämlich: sehr kleine
Streuung; störende Wirkung durch die starke Temperatur-
abhängigkeit der Leitfähigkeit. Die Kurve ist mit dem Zylinder-
kondensator gemessen; die Temperaturen sind schon auf die
oben angegebene Weise korrigiert worden.

Das flache Maximum tritt, wie wir annehmen, bei der Tem-
peratur auf, bei welcher die gebrauchte Frequenz gerade die
kritische ist. Es zeigte sich, dass diese Temperatur sich mit der
Frequenz verschob und zwar, wie zu erwarten war, bei Steige-
rung der Frequenz nach höheren Temperaturen.

Eine gute Kontrolle der Richtigkeit unserer Überlegungen
besteht darin, dass die Beziehung, die wir mit Methode II
zwischen der Frequenz
n und der Temperatur T^ des Maxi-
mums finden, die gleiche sein soll wie diejenige die wir mit Me-
thode I zwischen der kritischen Frequenz 71^ und der Tempera-
tur
T gefunden haben. Tabelle I gibt die gefundenen Werte:

Tabelle I.

Methode I

Methode II

T

Uk

n

T,

121,0

2,3.105

2,97.105

121,2

1x8,0

7.10^

5.105

122,0

124,0

3.106

55-106

123,4

122,2

6.105

3,25.105

121,0*

3gt;i5-io5

121,5

2,24.105

120,6*

Die mit * bezeichneten Werte sind bei steigender, die übrigen
bei fallender Temperatur ermittelt.
In Fig. 12 sind die Werte eingetragen.
Es ergibt sich also:

1°. Die mit Methode I und mit Methode II gemessenen
Werte, die durch verschiedene Zeichen angegeben sind, liegen
innerhalb der Messfehler auf derselben Kurve.

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2°. Die kritische Frequenz ändert sich ausserordentlich

schnell mit der Temperatur.

3°. Es ist keine systematische Abweichung vorhanden zwi-
schen den bei fallender und bei steigender Temperatur gemesse-
nen Werten.

Aus I. und 3. können wir den Schluss ziehen, dass wir hier

wirklich die von Kast (4) entdeckten kritischen Frequenzen
reproduziert haben, und dass Fig. 12 die Temperaturabhängig-
keit für das verwendete Präparat richtig angibt.

Über die Art und Grösse der gefundenen Abweichungen kön-
nen wir noch keine sicheren Aussagen machen, weil die Mess-
genauigkeit zu klein ist. Auf Grund der Betrachtungen von

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Kast sollte man beim Überschreiten der kritischen Frequenz
sowohl ein vorübergehendes Maximum (wegen des Mitschwin-
gens der Teilchen), als auch eine dauernde Abnahme der Leit-
fähigkeit (die Querorientierung der Schwärme!) erwarten. Es
ist unbekannt, welcher dieser beiden Effekte überwiegt. Aus den
mit Methode I erhaltenen Resultaten kann man wegen des all-
gemeinen Anstiegs und der grossen Streuung nichts Sicheres
über Art und Grösse der Unregelmässigkeit entnehmen, während
die Abweichung der in Fig. 11 gezeichneten Kurve, obgleich sie
eine erheblich kleinere Streuung zeigt, doch auf sehr verschie-
dene Weisen interpretiert werden kann, nämlich entweder als
vorübergehendes Maximum bei etwa 121° C., oder als eine
abnormale Steigerung des Verlustes zwischen 114° und 122,5°,
oder schliesslich als ein Abfall des Verlustes zwischen 121° und
127° G.

Man kann jedoch versuchen zu kontrollieren, ob die Grössen-
ordnung der gefundenen Unregelmässigkeiten einigermassen mit
der Grösse übereinstimmt, die aus den Betrachtungen von
Kast
zu erwarten ist. Im Anschluss an seine Anschauung nehmen wir
für die Schätzung in erster Annäherung an, dass bei ganz nie-
drigen Frequenzen die statischen Betrachtungen noch richtig
sind, dass die einzige Änderung bei höheren Frequenzen eine
wachsende Phasenverschiebung zwischen der Spannung und
dem Orientierungszustand ist, und dass schliesslich die Span-
nungen so klein sind, dass die Änderungen von Leitfähigkeit und
Dielektrizitätskonstante noch proportional sind mit dem Qjua-
drat der angelegten Spannung. Setzen wir also:

dann finden.wir in erster Näherung:

4- Ö- tg V^ (3 Sin^ cp r^)

Nun ist der Sättigungswert (in %) der Leitfähigkeit etwa zehn
mal so gross wie der der Änderung in e; der Term mit
ß kann
also vernachlässigt werden, und wir finden:

- ^ = je. tgä.V,' (3sin',f cos'^).

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Wächst nun cp von o bis 90°, dann wächst (3 sin^ cp cosquot;^ f) von
eins auf drei; bei Annäherung an die kritische Frequenz wäre also
eine Steigerung von der Grössenordnung

zu erwarten. Oberhalb der kritischen Frequenz sind die gemach-
ten Voraussetzungen natürlich unbrauchbar.

Mit Methode II ergeben sich nun die folgenden Werte:

Tabelle II.

tg§

Atgd

224.000
297.000
325.000
325.000
500.000
1.550.000

0,0145
0,0088
0,0070
0,0166
0,0240
0,0350
4,6.10-^
3,5-10-^
2,9.10-4
6,1.10quot;'^
10,0.10-'^
8,0.10
-4
2,6.10-3
2,5.10
-3
2,4.10-3
2,4,10-3
2,8.10-3
2,0.10-3

25

32

34,5

30

30

23

während wir aus Fig. 23 entnehmen können, dass bei dem ge-
brauchten Plattenabstand von | mm eine Spannung von 5 Volt
eine Widerstandsänderung von etwa 7,2% verursacht, woraus

wir finden: 6 = 2,88.10-3

Der Effekt hat also die Grössenordnung, die man aus der

Theorie von Kast erwarten sollte.

Verluste im festen Zustand.

Auch im festen Zustand treten noch Veriuste auf. Diese Ver-
luste können nicht durch normale lonenbeweglichkeit erklärt
werden, ebenso spielen die Isolationsfehler bei unseren Versuchen
keine Rolle. Kontrollmessungen zeigten nämlich, dass die Grösse
des Veriustes unabhängig von dem Elektrolytgehalt war, und
dass der Verlust des leeren Kondensators nur einige Prozente
von dem im festen Zustand gemessenen Veriust ausmachte.

Während nun im flüssig-kristallinischen Gebiet die Beziehung
ntg§ = Konst. auf einige Prozente genau erfüllt war, stellte es
sich heraus, dass sich der Verlust im festen Zustand erheblich
weniger mit der Frequenz änderte (Fig. 13); dass also
n tg ^ mit
der Frequenz zunimmt.

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Eine derartige Erscheinung ist bei festen Substanzen schon
Otters beobachtet worden.
Weyers (24) z.B. fand etwas Ähn-
liches bei mehreren Isolationsmaterialien, während bei
Hiddink
^5) die gleiche Erscheinung bei dem Isolationsmaterial seines
Kondensators störend auftrat.

Die Zunahme von n tg ^ mit der Frequenz hat zur Folge, dass

der Verlust im festen Zustand bei höheren Frequenzen mehr und
mehr vergleichbar wird mit dem Verlust in der kristallinisch-
flüssigen Phase. Wie Fig. 13 zeigt, sind bei unserem Präparat
die beiden genannten Verluste bei lo® Hertz nahezu gleich
gross (diese Frequenz wächst natürlich mit dem Elektrolyt-
gehalt). Bei
4.10« Hertz (die höchke Frequenz, die wir benutz-

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ten) ist der Verlust im festen Zustand schon 3 bis 4 mal so gross
wie im kristallinisch-flüssigen Zustand.

Es wurde weiter gefunden, dass die Kurven, die in Fig. 13
den Verlust als Funktion
der Temperatur geben,
sehr flache Maxima zeigen,
die sich mit der Frequenz
verschieben.

Fig. 14 gibt für die Lage
des Maximums die Bezieh-
ung zwischen Frequenz
und Temperatur. Wir ver-
muten, dass hier die gleiche
Erscheinung vorliegt die
Errera (26) für Eis ge-
funden hat und die von
Debye (27) ausführlich be-
sprochen worden ist.

Erscheinungen in der Nähe des Schmelzpunktes.

Bei ungefähr 10® Hertz wurde in der tg ^/T-Kurve ein deut-
liches Maximum in der unmittelbaren Nähe des Schmelzpunktes
gefunden. Diese Erscheinung wurde sowohl bei steigender als
bei fallender Temperatur beobachtet. Fig. 15 gibt die Kurven
bei steigender und fallender Temperatur. Oben ist der Verlauf
der Kapazität angegeben. Der Anstieg der letztgenannten Kurve
zeigt uns die Stelle, wo der Schmelzvorgang stattfindet. Man
sieht, dass das Maximum auftritt, während das Präparat schmilzt.
Anfänglich vermuteten wir (28), dass hier ein ähnliches Maxi-
mum vorlag wie dasjenige, das wir in der flüssig-kristallinischen
Phase gefunden hatten, und deuteten es also durch die An-
nahme, dass unmittelbar oberhalb des Schmelzpunktes eine
abnormal starke Schwarmbildung aufträte, wobei es auch
Schwärme gäbe, deren Grösse derart war, dass sie gerade bei
116° C. Anlass zu einer kritischen Frequenz in der Nähe von
10® gaben.

Man könnte gegen diese Auffassung folgenden Einwand
machen:

1°. Der Efiekt ist sehr gross im Vergleich zu dem in der
flüssigen Phase auftretenden Effekt.

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2°. Wir haben mit dem Zylinderkondensator gemessen; die
Temperaturmessung ist also, zumal in der unmittelbaren Nähe
des Schmelzpunktes, sehr schlecht, und es ist sehr fraglich, ob
hier eine gute Homogenität der Temperatur besteht.
Die Messungen wurden daher etwas sorgfältiger mit dem

Platinkondensator wiederholt, wobei die Temperatur in der
früher angegebenen Weise mittels eines Thermoelementes und
eines Hilfsofens gemessen wurde.

Es stellte sich sofort heraus, dass der Effekt beim Platin-
kondensator weniger ausgeprägt war; es ist also sehr wahrschein-
lich, dass die Inhomogenität der Temperatur eine wichtige

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Rolle bei seinem Zustandekommen spielt. Es wurde weiterfol-
gendes gefunden:

1°. Der Effekt tritt nur dann auf, wenn die Verluste in der
festen und in der kristallinisch-flüssigen Phase (beide direkt
beim Schmelzpunkt gemessen) von der gleichen Grössenord-
nung sind (siehe oben: Veriuste im festen Zustand).

2° Bei weniger schneller Temperatursteigerung wird der
Effekt immer kleiner, um bei äusserst
langsamer Steigerung
schliesslich
völlig zu verschwinden.

Wir können also das Auftreten des Verlustmaximums folgender-

massen deuten:nbsp;. r^ . -r,

Bei steigender Temperatur: Während em Teil des Präparates

sich noch in schmelzendem Zustand befindet, also bei ii6° C.,
und einen abnormal grossen Temperaturunterschied mit der
Luft im Ofen hat, ist ein anderer Teil schon flüssig; die Tem-
peratur dieses Teiles steigt infolge des grossen Temperatur-
unterschiedes sehr schnell. Für den schon flüssigen Teil ist der
Veriust daher abnormal gross, woraus sich das Auftreten eines
vorübergehenden Maximums erklärt.

Weil die obere Platinplatte im allgemeinen wohl der kaiteste
Teil des Kondensators ist, wird das Thermoelement eine Tem-
peratur von 116° anzeigen bis zum Moment, wo alle Substanz ge-
schmolzen ist, während nachher infolge
des grossen Temperatur-
unterschieds eine sehr
schnelle Steigerung eintritt, die schliess-
lich wieder in die normale Geschwindigkeit übergeht. Em der-
artiger Temperaturverlauf wurde wirklich wahrgenommen.

Bei fallender Temperatur: Während ein kleiner Teil des tief
unterkühlten Präparates schon fest geworden ist, steigt die Tem-
peratur des noch flüssigen Teiles schnell bis 116° C. (diese Steige-
rung wurde beobachtet!);
tg $ steigt somit in sehr kurzer Zeit
bis fast zum normalen Wert, den der Veriust beim Passieren

dieser Temperatur zeigte.nbsp;, , , ,nbsp;n •

Eine analoge, beim Benzophenon (28) beobachtete Erschei-
nung muss
wahrscheinlich der gleichen Ursache zugeschrieben
werden.

Verlustmessun^en bei höheren Feldstärken.

Um auch bei höheren Feldstärken Veriuste messen zu können,
wurde ein variabler Spannungsteiler benutzt: em
Teil der be-
nutzten Wechselspannung wurde zum
Voltmeter abgezweigt.

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Dieses Instrument konnte daher ungeändert bleiben. Fig. i6
gibt das Schema der Methode.

D, F und M sind wie früher Drehkondensator, Kondensator
zum Feinregulieren, und Messkondensator. Als Spannungsteiler
konnten keine Widerstände gebraucht werden, weil diese einen zu
grossen Verlust im Schwingungskreis bilden würden, während
eine induktive Koppelung zwischen Resonanzkreis und Volt-
meter wegen der Frequenzabhängigkeit nicht brauchbar war.
Als Spannungsteiler wählten wir daher zwei verlustfreie Dreh-
kondensatoren Ä*! K2, mit einer Maximalkapazität von etwa

yOLTMSrtH.

A 415

'SEioWANIKPeis,

Fig. 16. Verlustmessung bei hoher Feldstärke.

500 cm. Parallel zu K^ wurde ein Widerstand von 10'' Ohm ge-
schaltet, zwecks Zuführung der Gitterspannung, Hierdurch ist
das Übersetzungsverhältnis natürlich nicht mehr streng fre-
quenzunabhängig. Weil nun bei 10* Hertz die Impedanz von
K2, nur etwa 3,10Mi ist, können wir diese Frequenzabhängigkeit
oberhalb lo* Hertz vernachlässigen. Weil praktisch verlustfrei
ist, macht sich der Widerstand von lo' Ü auch nicht als störender
Verlust im Schwingungskreis bemerkbar.

Das Übersetzungsverhältnis wurde folgendermassen bestimmt:
K^ wurde kurzgeschlossen, und bei lo* Hertz die Spannung auf
etwa 8 Volt gebracht. Nach Aufhebung des Kurzschlusses
wurden K^ und K^ so eingestellt, dass die Spannung z.B. auf
ein Drittel der ursprünglichen Spannung zurückging. Bei dieser
Einstellung hatten wir also ein Ubersetzungsverhältnis von i :3.
Sollte mit noch höheren Spannungen gearbeitet werden, so stellen

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wir, mit dem Übersetzungsverhältnis 1:3, die Koppelung derart
ein, dass das Voltmeter wieder etwa 8 Volt zeigte, und ändern
Kl so lange, bis die Spannung z.B. auf 4 Volt abgefallen war.
Wir konnten dann mit dem Übersetzungsverhältnis 1:6 weiter-
arbeiten, usw.

Die Verwendung des Spannungsteilers hat den Nachteil, dass
die Gesamtkapazität des Schwingungskreises vergrössert wird.
Bei den höchsten Frequenzen sind wir daher gezwungen, mit
sehr kleinen Spulen zu messen, und dies hat zur Folge, dass
Vi-V^ so klein wird, dass die Messgenauigkeit erheblich herab-
gesetzt wird. Eine Verkleinerung der Kapazitäten K^ und K^.
war unerwünscht, weil dann erstens der Gitterwiderstand eine
zu grosse Rolle spielt und zweitens zufällige Extra -Kapazitäten
störend wirken.

Ein Versuch zur direkten Messung der hohen Spannungen
mittels eines statischen Voltmeters scheiterte aus folgenden
Gründen:

I Bei hohen Frequenzen hat das Voltmeter einen zu hohen
Verlust (auch hier galt das Gesetz tg^ (:) ^ nicht!).

iL

2°. Die Abstimmung wurde dadurch sehr erschwert, dass
die Kapazität des Voltmeters von dem Ausschlag abhängig war.

3°. Das Voltmeter ist wahrscheinlich nicht frequenzun-
abhängig (es wurde bei 50 Hertz und mit Gleichspannung ge-
eicht; die beiden Kurven zeigten schon einen erheblichen Unter-
schied) .

Die hier beschriebene Messmethode wurde angewandt zur Be-
stimmung des Einflusses eines Magnetfeldes auf die dielektrischen
Verluste bei hohen Frequenzen. Diese Messungen werden im
nächsten Kapitel besprochen werden.

ni. Trägheitserscheinungen bei der Einstellung der

Schwärme.

Die ausserordentlich kurzen Einstellzeiten der Schwärme, wie
Kast (4) sie annimmt, scheinen einigermassen im Widerspruch
zu stehen zu den schon bekannten Trägheitserscheinungen in
magnetischen (10) und elektrischen (16) Feldern. Es schien uns
daher wichtig, die Geschwindigkeit zu bestimmen, mit der die
Schwärme sich in veränderlichen elektrischen und magnetischen

Feldern einstellen.

Die Erscheinungen sind beim magnetischen Felde viel leichter

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ZU Studieren; beim elektrischen Felde gibt es im allgemeinen zwei
störende Einflüsse, die die Messungen sehr erschweren, nämlich:

1°. Das Auftreten von starken Strömungen in der Flüssigkeit,
die die Verhältnisse komplizieren und z.B. die Bestimmung
mittels Extinktionsmessungen unmöglich machen.

2°. lonenverarmung; zeitliche Änderungen in den lonen-
konzentrationen; diese Erscheinungen erschweren die Be-
stimmung mittels Leitfähigkeitsmessungen.

Es wurde daher zuerst die Trägheit der Schwärme in magne-
tischen Feldern untersucht. Die erhaltenen Resultate können lei-
der nicht ohne weiteres auf den Fall elektrischer Felder über-
tragen werden, weil die orientierende Wirkung des Magnetfeldes
sicher apolar ist, während beim elektrischen Feld sehr wahr-
scheinlich auch polare Effekte (permanentes Dipolmoment) eine
Rolle spielen.

Magnetische Wechselfelder.

Eine mit /»-Azoxyanisol gefüllte Küvette (Dicke i mm) wurde
in ein magnetisches Wechselfeld (50 Hertz) gebracht, und mit
der skroboskopischen Methode wurde versucht, die Durch-
lässigkeit in verschiedenen Punkten der Periode zu bestimmen.

Als Ofen wurde ein zylindrisches Kupfergefäss verwendet mit
elektrischer Heizwicklung; hier hinein passte ein massiver zylin-
drischer Kupferblock, in den die Küvette hineingeschoben
werden konnte. Im Block und im Ofen waren zwei runde Boh-
rungen angebracht, mit Glasfensterchen abgedeckt, damit ein
paralleles Lichtbündel (ausgehend von einem auf Gleichspannung
brennenden Automobillämpchen) quer durch die Küvette ge-
schickt werden konnte. Im Strahlengang des austretenden
Bündels wurde eine Linse derart aufgestellt, dass der durch-
strahlte Teil des Küvettchens scharf auf eine photographische
Platte abgebildet wurde. Da das j!;-Azoxyanisol hauptsächlich
die roten und infraroten Strahlen durchlässt, wurden panchro-
matische Platten verwendet.

Dicht vor der photographischen Platte wurde eine mit einem
Spalt versehene rotierende Scheibe angebracht, die von einem
50 Per. Synchronmotor getrieben wurde, damit das Licht nur
während eines ganz kleinen Teiles der Periode die Platte errei-
chen konnte. Durch Änderung der Stellung des Motors konnte
ein anderer Teil der Phase ausgewählt werden.

Die gleiche 50 Per. Spannung, mit der der Synchronmotor

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betrieben wurde, wurde auch zur Erregung des Magnetfeldes
benutzt: der Strom wurde durch eine grosse, eisenfreie Kupfer-
drahtspule geführt, die um den Ofen herumgelegt wurde, mit
ihrer Achse parallel zum Lichtbündel, also senkrecht zu den
Wänden der Küvette. Die Spule konnte während kurzer Zeit
mit 20 Ampère belastet werden, wobei ein Magnetfeld von
etwa 1700 Gauss entstand.

Wurde Gleichstrom durch die Spule geschickt, so fanden wir,
dass dieses Magnetfeld schon eine derartig richtende Wirkung
ausübte, dass die photographische Schwärzung im Falle eines

eingeschalteten Magnetfeldes diejenige, die ohne Magnetfeld
erhalten wurde, viele Male übertraf.

Im Wechselfeld und bei Einschaltung der rotierenden Scheibe
in den Strahlengang ergab sich, dass in allen Punkten der
Phase die Extinktion gleich gross war, d.h. sich höchstens um
einige % änderte.

Die Annahme, dass bei so niedrigen Frequenzen wie 50 Hertz
der Zustand in jedem Augenblick der gleiche ist wie bei einem
konstanten Feld von derselben momentanen Feldstärke, d. h.
dass die Trägheit der Schwärme hier ganz vernachlässigt werden
kann, ist also jedenfalls unrichtig.

Da sich nun herausgestellt hat, dass die Grösse der Extinktion
während der ganzen Schwingungszeit konstant ist, konnten wir,
um die Grösse des Effektes festzustellen, die rotierende Scheibe
ruhig weglassen. Dadurch wurde so viel an Energie gewonnen.

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dass es möglich wurde, die photographische Platte durch ein
Vakuumthermoelement zu ersetzen und die Durchlässigkeit
direkt mit dem Galvanometer zu verfolgen.

Wir haben die Grösse des Effektes sowohl bei Gleichstrom als
auch bei Wechselstrom als Funktion der Feldstärke gemessen.
Die Resultate findet man in Fig. 17, wo der Galvanometeraus-
schlag (der der Durchlässigkeit proportional ist), als Funktion
der effektiven Stromstärke in der Spule (proportional mit der
magnetischen Feldstärke), aufgetragen worden ist.

Es zeigt sich folgendes: Die Durchlässigkeit ist beim magne-
tischen Wechselfeld von der effektiven Feldstärke
H genau so
gross wie beim konstanten Magnetfeld
H. Im Zusammenhang
mit dem apolaren Charakter des Effektes und mit dem oben
erhaltenen Resultat, dass die Schwärme sich innerhalb einer
Periode nicht neu einstellen können, war ein ähnliches Resultat
auch zu erwarten.

Die Tatsache, dass die Schwärme den Schwingungen nicht
folgen können, aber schliesslich doch orientiert werden, kann
man als eine Bestätigung der Apolarität des Effektes auffassen.

Stationäre Magnetfelder (Extinktionsmessungen).

Mit der gleichen Apparatur (mit Thermoelement) wurden
nun die Erscheinungen, die beim Ein-, Aus- und Uriischalten
konstanter Magnetfelder auftreten, weiter studiert. Da die
Spule bei den benutzten Stromstärken schon sehr warm wurde,
war es unmöglich, die Temperatur im Ofen genau konstant zu
halten. Da aber nach Frl.
Riwlin (8) die Temperaturabhängig-
keit der Extinktion ausserordentlich gering ist und nach unsern
Messungen die Einstellzeiten sich, wenigstens im Gebiet von
116-128°, nur sehr wenig ändern, so können die auftretenden
Temperaturschwankungen unsere, allerdings nur qualitativen,
Messungen nicht erheblich fälschen.

Beim Ein- und Ausschalten zeigen sich die bekannten, von
Moll und Ornstein (10) gefundenen Erscheinungen. In Fig. i8
ist die Durchlässigkeit als Funktion der Zeit angegeben. Beim
Einschalten findet zuerst während kurzer Zeit (etwa 5 Sek.)
eine starke Abnahme der Durchlässigkeit statt; dann wächst die
Durchlässigkeit wieder und erreicht nach einigen Minuten
einen konstanten Endwert, der bei einem genügend starken
Magnetfeld den ursprünglichen Wert der Durchlässigkeit über-
trifft. Wird das Feld ausgeschaltet, so fällt der Wert der Durch-

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lässigkeit zunächst, weil die durch das Magnetfeld hervor-
gerufene Orientierung verschwindet. Nach einigen Minuten
ist ein Minimum erreicht und dann wächst die Durchlässigkeit
wieder sehr langsam, und erreicht nach etwa einer Viertelstunde
wieder den ursprünglichen Wert.

Dass die Durchlässigkeit direkt nach Einschaltung des Feldes
abnimmt, kann zwei Gründe haben: erstens wird die durch die
Wand hervorgerufene Ordnung zerstört, bevor noch die neue
Orientierung durch das Magnetfeld entstanden ist, und zweitens
entsteht durch den Streit zwischen Wandwirkung und Feld-
einfluss vorübergehend eine elastische Deformation der Schwär-
me. Die Einsenkung tritt nicht auf, wenn man das Feld in dem

Fii-^ ffui

Rut-^-Bn ----j-

, fl

Fig. i8. Die Durchlässigkeit beim Ein- und Ausschalten des Magnetfeldes.

Augenblick einschaltet, wo die Durchlässigkeit nach dem Ab-
schalten des Feldes ihren Minimalwert erreicht hat (das zweite
Mal in Fig. i8). Hieraus geht hervor, dass in diesem Augenblick
keine merkbare Ordnung durch Wandwirkung da ist, und dass
diese Ordnung sich erst während des sehr langsamen Anstieges
(nachdem die Orientierung durch das Magnetfeld schon völlig
verschwunden ist) wieder einstellt. Es stellte sich nun heraus,
dass, wenn man etwa eine Stunde wartet, bevor man wieder
einschaltet, das auftretende Minimum erheblich tiefer liegt als
das Minimum nach dem Ausschalten.

Da wir nun annehmen müssen, dass beim letztgenannten
Minimum die Orientierung, sowohl durch das Feld als auch
durch die Wandwirkung, ganz verschwunden ist, können wir
hieraus den Schluss ziehen, dass beim Entstehen des ersten

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Minimums nicht nur die völlige Unordnung, sondern auch die
elastische Deformation der Schwärme eine wesentliche Rolle
spielte.

Aus den gefundenen Kurven können wir also folgende Schlüsse
ziehen:

1°. Die Desorientierung durch die Wärmebewegung geht
sehr langsam vor sich (es dauert nach dem Ausschalten mehrere
Minuten, bevor das Minimum erreicht ist).

2°. Die Orientierung durch den Wandeinfluss geht sehr lang-
sam vor sich (es dauert, nachdem das Minimum erreicht ist,
sehr lange, bevor die Durchlässigkeit ihren ursprünglichen Wert

wieder erreicht hat).

3°. Die Orientierung durch das magnetische Feld hat, ab-
gesehen von jeder Wandwirkung, auch eine grosse Trägheit
(Auch wenn eingeschaltet wird, bevor die Orientierung durch
die Wandwirkung entstanden ist, dauert die Einstellung mehrere
Minuten).

4°. Die Einstellzeiten unter Einfluss des magnetischen J^eldes
sind von der gleichen Grössenordnung wie die Zeit, welche die
Wärmebewegung zur Desorientierung braucht.

5°. Bei plötzlichen Änderungen können elastische Deforma-
tionen eine grosse Rolle spielen.

Beim Ausschalten zeigt sich noch ganz systematisch eine kleine
Unregelmässigkeit in der Kurve
{A in Fig. i8), nämlich eine
vorübergehende Abnahme der Abfallgeschwindigkeit. Es ist uns
noch nicht klar, wie diese Unregelmässigkeit gedeutet werden

muss.

•nbsp;1 J

Von den oben gezogenen Schlüssen sind der dritte und der
vierte im Zusammenhang mit den bei Wechselfeldern auftreten-
den Erscheinungen die wichtigsten. Um die Richtigkeit des
dritten zu bestätigen, haben wir nun weiter die Einstellzeiten
verfolgt, welche auftreten, wenn man von einem schwachen auf
ein starkes Magnetfeld umschaltet oder umgekehrt (durch Kurz-
schliessen von Widerständen). Die Wandwirkung spielt hierbei
keine wesentliche Rolle. Es zeigte sich, dass bei Verkleinerung
der Feldstärke Einstellzeiten auftraten, die von 10-40 Sekunden
variierten, und hauptsächlich bestimmt wurden durch die Grösse
A H der Änderung der Feldstärke, d. h. durch die Grösse AI
der Änderung in der Stromstärke. Figur 19 zeigt, wie die Ein-
stellzeit T mit dieser
Grösse A/zusammenhängt (t in Sekunden).

Bei Vergrösserung von H finden wir Einstellzeiten von 8-12

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Sekunden. Diese Einstellzeit ändert sich weniger schnell mit
AI. Wir finden hier also eine Bestätigung des dritten Schlusses
in dem vorangehenden Versuch.

Es wurde weiter untersucht, welche Erscheinungen auftreten,

wenn die Richtung des Mag-
netfeldes sehr schnell umge-
kehrt wird. Der Galvano-
meterausschlag wurde regi-
striert; ausser einem kleinen
Induktionsstoss auf das Gal-
vanometer war auf dem Pho-
togramm überhaupt keine
Änderung des Galvanometer-
ausschlages wahrzunehmen.

Wäre der richtende magne-
tische Effekt ein polarer ge-
wesen, so hätten alle Schwär-
me umgeklappt werden müs-
sen und es hätte unbedingt

eine Trägheitserscheinung,nbsp;,1.. . , v

nämlich eine vorübergehende Abnahme der Durchlässigkeit,
auftreten müssen. Wir finden hier also eine sehr deutliche
Bestätigung des apolaren Charakters dieses Effektes.nbsp;_

Es sei schliesslich noch bemerkt, dass die Erscheinungen beim
Ein- und Ausschalten eines magnetischen Wechselfeldes genau
übereinstimmen mit denjenigen, die beim konstanten Magnet-
feld auftreten. Im Zusammenhang mit dem Vorhergehenden

war dies auch zu erwarten.

Es wurden noch einige vorläufige Messungen angestellt, um
zu sehen wie die Zeit, die die Wärmebewegung zur Desorien-
tierung braucht, sich mit der Temperatur ändert.

Ein Magnetfeld von etwa 1000 Gauss wurde abgeschaltet
und der Ausschlag des Galvanometers (der mit der Durch-
lässigkeit proportional ist) registriert. Die drei Temperaturen,
bei denen gemessen wurde, waren ungefähr 1
16, 123 und 130 G.
Die Zeit
t die verging bis das Minimum erreicht war, betrug bei
diesen Temperaturen: iio,
98 und 55 Sekunden Die letzte
Zahl ist so klein, dass der Unterschied unmöghch der stärkeren
Wärmebewegung bei der höheren Temperatur zugeschrieben
werden kann. Der grosse Unterschied muss also entweder
durch
die Abnahme der Anisotropie (und der Kräfte, mit denen die

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Schwärme einander in dem geordneten Zustand festhalten), oder
durch eine starke Änderung der elastischen Eigenschaften er-
klärt werden.

Wir weisen auf eine merkwürdige Analogie zwischen dem
Verlauf von
t mit der Temperatur einerseits und dem Verlauf
von £
i-s2 (dielektrische Anisotropie) anderseits hin. Aus den
Messungen von
Kast (17) findet Ornstein die folgenden Werte:

Tabelle III.

r ■

119

120

122

123

128

130,5

105

102

100 j

96

75,5

37,4

(es ist ein konstanter Faktor weggelassen worden).

Wie man sieht, stimmt dies ganz genau überein mit dem
Verlauf von
t:

Tabelle IV.

T

116

123

130

t 1 iio

98

55

Stationäre Magnetfelder (Leitfähigkeitsmessungen).

Mit dem Ziel, zu untersuchen, in wie weit Leitfähigkeits-
messungen brauchbar sind zur Bestimmung des Masses der
Orientierung, wurden nun die oben beschriebenen Versuche
(Ein- und Ausschalten von Magnetfeldern) wiederholt, und
unter Benutzung verschiedener Gleich- und Wechselspannungen
der Verlauf der Leitfähigkeit mit der Zeit beobachtet.

Als Messgefäss verwendeten wir den Platinkondensator; Kon-
densator und Magnetspule wurden beide vertikal aufgestellt,
damit sowohl die elektrischen als auch die magnetischen Kraft-
linien senkrecht zu den Kondensatorplatten standen. Ablenkung
von Ionen unter Einfluss des Magnetfeldes wird hierbei ver-
mieden. Der Plattenabstand betrug i mm.

Kontrollmessungen zeigten, dass oberhalb von I34°C. die
Leitfähigkeit sich überhaupt nicht änderte, wenn das Magnet-
feld ein- oder ausgeschaltet wurde. Die Leitfähigkeit wurde
durch Strommessung bestimmt. Als Gleichstrominstrument
wurde hierzu ein
MoLL-Galvanometer benutzt, als Wechsel-

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strominstrument ein v. DijCK-Saitengalvanometer. Die magneti-
sche Feldstärke betrug etwa looo Gauss.

Die Resultate sind am einfachsten zu übersehen, wenn mit
niedrigen Wechselspannungen gemessen wird, weil dann die
lonenverarmung vernachlässigt werdeii kann und die storende
Wirkung der Strömung verhältnismässig gering ist.

Fig. 20 zeigt den Verlauf der Leitfähigkeit mit der Zeit beim
Ein- und Ausschalten des Magnetfeldes, bei Benutzung von
50 Per. Wechselstrom, mit Feldstärken von 50 und 100 Volt/cm.

lä./.

u

SoV^

________—

'U

/ooV^

Fig. 20. Leitfähigheit im Magnetfeld.

Es Stellt sich heraus, dass sowohl die Grösse des Effektes als die
Einstellzeit abhängig ist von der Grösse der verwendeten Feld-
stärke Bei 50 Volt/cm beträgt die Einstellzeit beim Einschalten
ungefähr Va Minute, die Grösse der Änderung etwa 15%; bei
100 Volt/cm sind diese Zahlen 4 Sek. und 10%.

Wir wollen nun diese Kurven mit der in Fig. 18 gezeichneten
Kurve vergleichen, bei der als Kriterium die Durchlässigkeit ver-
wendet wurde. Wir sehen folgende Unterschiede:

1° Die in Fig. 18 gefundene Einsenkung beim Einschalten
fehlt in Fig. 20 vollständig. Dies ist direkt zu verstehen, wenn
man bedenkt, dass die Zerstörung der Wandordnung, die im

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optischen Fall als eine Abnahme der Orientierung aufgefasst
werden muss, bei Leitfähigkeitsmessungen direkt zu einer Zu-
nahme der Leitfähigkeit führen muss, weil dabei schon eine
Vorzugsrichtung parallel zu den Kraftlinien entsteht.

2°. Die Einstellzeiten sind bei den Leitfähigkeitsmessungen
erheblich kürzer. Dieser Unterschied muss dem Einfluss von
Strömungen im Präparat zugeschrieben werden. Diese Strö-
mungen können sehr deutlich beobachtet werden, wenn in der
bei den Extinktionsmessungen verwendeten Apparatur die Linse
so eingestellt wird, dass eine vergrösserte Abbildung der Küvette
entsteht; bei Gleichspannung zeigt sich dann ein sehr lebhafter
Massentransport vom negativen zum positiven Pol; auch bei
Wechselspannung (50 Per.) kann man noch eine sehr deutliche
Strömung beobachten. Diese Strömungen können auf zwei
Weisen die Einstellzeit beeinflussen, erstens dadurch, dass sie
das Entstehen einer Wandorientierung verhindern, und zweitens
dadurch, dass sie die gegenseitigen Kräfte, die die Schwärme auf-
einander ausüben und die das Auftreten schneller Änderungen
verhindern, zum Teil aufheben können. Die erstgenannte Wir-
kung allein genügt nicht, um die kurzen Einstellzeiten von
Fig. 20 zu erklären; denn auch wenn die Wandwirkung keine
Rolle spielt, fanden wir bei den Durchlässigkeitsmessungen noch
Einstellzeiten von etwa i Minute. Auch die zweite Wirkung
spielt also bei 50 Volt/cm schon eine Rolle, während dieser
Einfluss bei 100 Volt/cm noch erheblich stärker ausgeprägt ist.

3°. Bei wachsender elektrischer Feldstärke nimmt die Grösse
des Effektes ab. Man kann dies dadurch erklären, dass die immer
etwas unregelmässige Strömung eine einfache Desorientierung
der Schwärme zur Folge hat; auch kann man annehmen, dass
die Schwärme durch das elektrische Feld schon einigermassen
orientiert sind, und dass dadurch der Einfluss des magnetischen
Feldes ein kleinerer ist. Bei den hier verwendeten kleinen elek-
trischen Feldstärken ist diese Orientierung so gering, dass wir
unbedingt auch eine desorientierende Wirkung der Strömung
annehmen müssen.

Betreffs des Einflusses der Strömung auf die Orientierung der
Schwärme ziehen wir also folgende Schlüsse:

1°. Die Strömung wirkt beschleunigend auf die Einstell-
prozesse.

2°. Sie kann unter Umstände etwas desorientierend wirken.
3°. Sie hat keine orientierende Wirkung, wie von
Herrmann
und May (29) angenommen wurde.

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Für die desorientierende Wirkung der Strömung können wir
mehrere Bestätigungen finden. Erstens bemerkt
Jezewski (30),
dass der Grenzwert der Verkleinerung der Dielektrizitäts-
konstante für das elektrische Feld kleiner ist als für das magne-
tische Feld. Dieser Unterschied muss unbedingt auf dem Ein-
fluss der Strömung zurückgeführt werden.

Zweitens ist auch der von Jezewski (30) sowohl bei p-Azoxy-
anisol als auch bei /»-Azoxyphenetol gefundene Einfluss eines

zur Plattennormalen parallelen elektrischen Feldes auf die Dielek-
trizitätskonstante eines Präparates, das schon unter dem Einfluss
eines starken parallelen magnetischen Feldes steht, nur so zu
erklären, dass die Verkleinerung der Dielektrizitätskonstante
durch das magnetische Feld schon ihren Grenzwert erreicht hat,
und dass bei hohen elektrischen Feldstärken eine Abnahme der
Orientierung als Folge der Strömungen im Präparat auftritt.

Drittens teilte Herr Kast uns mit, dass bei seinen Röntgen-
aufnahmen (4) bei ungünstiger Form des Messgefässes kaum eine
Aufspaltung des Ringes zu beobachten war. Auch diese Er-
scheinung möchten wir der störenden Wirkung der Strömung
zuschreiben, deren Einfluss natürlich stark abhängig ist von der
Form des Messgefässes.

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Wenn wir zur Widerstandsbestimmung Gleichstrom benut-
zen, so tritt sofort eine Komplikation auf durch lonenverarmung
in der Mitte des Präparates und lonenanhäufung in der Nähe
der Elektroden: sobald die Leitfähigkeit durch Orientierung der
Schwärme zugenommen hat, steigt der Stromstärke an, was
eine erhöhte lonenverarmung zur Folge hat, die die Zunahme
der Leitfähigkeit allmählich wieder kompensiert. Eine Ab-
nahme der Leitfähigkeit wird auf ähnliche Weise durch lonen-
anreicherung kompensiert. Fig. 21 illustriert diese Erscheinungen
bei Feldstärken von 100 und 300 V/cm. Im ersten Fall wächst
die Leitfähigkeit nach dem Einschalten des Magnetfeldes in
wenigen Sekunden um etwa 10%; dann fällt die Leitfähigkeit
wieder durch lonenverarmung. Beim Ausschalten dauert es
etwa 15 Sek., bevor die Zunahme der Leitfähigkeit durch lonen-
anreicherung die Abnahme durch Desorientierung übertrifft.
Bei der Feldstärke 300 Volt/cm ist sowohl die Strömung als die
lonenverarmung erheblich stärker. Die grössere lonenverarmung
hat zur Folge, dass der alte Zustand viel schneller wieder zu-
rückkehrt. Dass die Grösse des Effektes bis auf 3% gesunken
ist, beruht wohl hauptsächlich darauf, dass die sehr schnelle
Wirkung der lonenverarmung (schon während des Orientie-
rungsvorganges) das Entstehen eines Maximums verhindert.

Elektrische Wechselfelder (Widerstandsmessungen in der Brücke).

Die richtende Wirkung eines elektrischen Gleichspannungs-
feldes konnte nicht direkt gemessen werden, weil dazu so grosse
Feldstärken verwendet werden mussten, dass die Strömung die
Extinktionsmessungen unmöglich machte und die lonenver-
armung die Messung der Leitfähigkeit verhinderte.

Auch die von Svedberg (16) benutzte Methode, bei der die
Gleichspannung etwa vier Mal pro Sekunde kommutiert wurde,
kann man nicht als Gleichspannungsmessung bezeichnen, weil
die auftretenden Einstellzeiten gewiss nicht klein sind im Ver-
gleich zu der Schwingungszeit.

Wir haben uns darum auf Wechselspannungen von 50 Per.
beschränkt. Der Widerstand des Präparates wurde mit einer
Wheatstoneschen Brücke gemessen; als Nullpunktsinstrument
wurde ein v.
DijCK-Saitengalvanometer benutzt. Die Kapazität
des Messgefässes wurde sorgfältig kompensiert, wodurch eine
sehr scharfe Nulleinstellung möglich war.

Anfangs versuchten wir die lonenverarmung dadurch zu

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verkleinern, dass wir durch einen Zusatz von Elektrolyt die
lonenkonzentration erhöhten. Diese Methode lieferte aber neue
Schwierigkeiten, nämlich:

1°. Bei der grossen Stromdichte ist die Joulesche Wärme
nicht mehr zu vernachlässigen: beim Einschalten einer hohen
Spannung steigt die Temperatur schnell, und die dadiirch her-
vorgerufene Widerstandsänderung macht die Messung des
Effektes unmöglich.

2°. Gleichstrommessungen, bei denen mit Hilfe von Strom-
stössen der Widerstand als Funktion der Temperatur gemessen
wurde, und die bei verschiedenen lonenkonzentrationen und
konstanter Feldstärke angestellt wurden, schienen zu beweisen,
dass bei Stromdichten, grösser als lOquot;quot;^ Amp/cm^ ein neuer

quot; II ttMin

Fig. 22. Leitfähigheit im elektrischen Feld.

Effekt existiert, durch den die Leitfähigkeit vergrössert wird. Ob-
gleich diese Messungen sehr unsicher waren, schien es uns doch
auch aus diesem Grund erwünscht die lonenkonzentration so
klein zu wählen, dass wir auch bei den grössten Feldstärken mit
der Stromdichte noch under lOquot;'^ Amp/cm^ blieben.

Bei diesen geringen lonenkonzentrationen war nun, zumal
bei hohen Spannungen, eine lonenverarmung unvermeidlich.
Die Geschwindigkeit, mit der der Widerstand sich infolge dieser
Verarmung änderte, war aber so klein, dass wir bei der Aus-
wertung unserer Kurven dieser Störung Rechnung tragen
konnten.

Fig. 22 zeigt den gemessenen Widerstand als Funktion der
Zeit, beim Umschalten von 40 Volt/cm auf 600 Volt/cm und
umgekehrt. Wir sehen, dass beim Einschalten der hohen Span-
nung der Widerstand innerhalb sehr kurzer Zeit auf ein Mini-
mum fällt und nachher durch lonenverarmung wieder wächst.

Eine richtige Messung des Widerstandes erfordert so viel Zeit
(etwa 10 Sekunden), dass es unmöglich ist, auf diese Weise das

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Minimum genau durchzumessen. Stellt man aber die Brücke
nicht mehr neu ein, nachdem umgeschaltet worden ist, so findet
man, dass der Nullstrom nach i bis 2 Sekunden seinen Maximal-
wert erreicht hat, und dass also der Widerstand nach dieser
Zeit sein Minimum erreicht.

Wir nehmen an, dass diese schnelle Abnahme der Orientierung
der Schwärme zugeschrieben werden muss. Die Grösse der Ein-
stellzeit (i bis 2 Sek.) ist sehr gut zu verstehen, wenn wir be-
denken, dass wir, wenn wir mit Wechselstrom den Einfluss eines
Magnetfeldes auf den Widerstand bestimmen, bei 50 und 100
Volt/cm Einstellzeiten von 30 und 4 Sekunden gefunden haben.
In der Praxis finden wir also den Einfluss der Orientierung auf
den Widerstand dadurch, dass wir die lonenverarmungskurve
nach links extrapolieren bis zu dem Moment, wo umgeschaltet
wurde.

Beim Umschalten von 600 auf 40 Volt/cm zeigt sich ein viel
kleinerer Sprung im Widerstand. Diese Erscheinung ist sofort
zu verstehen, wenn wir bedenken, dass der vorliegende Fall gut
vergleichbar ist mit dem Fall, wo wir ein Magnetfeld ausschal-
teten, und mit einer Feldstärke von 50 Volt/cm (Wechsel-
spannung) die auftretende Widerstandsänderung bestim^mten.
In diesem Fall fanden wir (Fig. 20) eine Einstellzeit von etwas
mehr als einer Minute. Eine ähnliche Einstellzeit ist auch hier zu
erwarten. Innerhalb dieser Minute ist aber der Widerstand
durch lonenanreicherung schon wieder erheblich kleiner ge-
worden; deshalb kann ein hohes Maximum nicht entstehen.

Die Richtigkeit dieser Auffassung wird durch die Kurven
auf zwei Weisen bestätigt:

1°, Nach etwa i|- Minuten ist eine normale lonenanreiche-
rungskurve erreicht: das ist gerade die Zeit, die zur Desorien-
tierung der Schwärme nötig ist.

2°. Extrapoliert man die normale Anreicherungskurve nach
links, so findet man beim Umschalten einen Sprung, der un-
gefähr ebenso gross ist wie der Sprung beim Umschalten von
40 auf 600 Volt/cm.

Kontrollmessungen im isotropen Temperaturgebiet lieferten
lonenverarmungs- und Anreicherungskurven, die genau so
aussahen wie die im anisotropen Gebiet gefundenen; die Sprünge
aber fehlten vollständig.

Für die relative Änderung des Widerstandes fanden wir bei
Umschaltung von 40 Volt/cm auf höhere Feldstärken
F die

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folgenden Werte in % (bei zwei verschiedenen Temperaturen
T gemessen).

Tabelle V.

X

40

100

200

300

450

500

600

700

iioo

120

0

5,4

11,0

11,8 -

14,3

13,9

16,8

128,3

0

3^5

7,8

9gt;3

11,5

-

12,2

-

-

Aus dem graphischen Bild dieser Tabelle können wir eine
Schätzung machen über die Widerstandsänderung beim Um-
schalten von o auf 40 Volt/cm, und finden dann für Umschaltung
von o
auf F Volt/cm folgende Werte:

Tabelle VI.

0

40

100

200

300

450

500

600

700

iioo

120

1

0

1,8

7,2

12,8

13,6

-

16,1

15,7

17,4

18,6

128,3

0

1,2

4,7

9,0

i

10,5

12,7

-

13,4

-

-

Beide Messreihen sind in Fig. 23 und 24 dargestellt.
In diesen Figuren ist auch die von
Ornstein (14) theoretisch
hergeleitete Kurve für die Grösse des Effektes als Funktion der
Feldstärke eingezeichnet. Durch passende Wahl der beiden
Masstäbe kann man versuchen, diese Kurve mit den gemessenen
Punkten zur Deckung zu bringen.

Bei Fig. 23 gelingt dies ziemlich gut, bei Fig. 24 sogar sehr gut.
Wären die drei folgenden Annahmen erlaubt:
1°. Die Orientierung wird durch Dipolmoment verursacht,
2°. Die Störung durch Strömung ist zu vernachlässigen,
3°. Die Anwendung der statischen Betrachtungen ist bei
dieser Frequenz noch erlaubt,

dann könnte man durch Vergleich der eingezeichneten Masstäbe

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5.

Ii

, flt;tlt;

'2

eye

f

C.lc /
ßv, /

1

ir

. irr c\ a

f..

TS-

Fig. 24. WiderstandsänderungimelektrischenFeld (138,3° C.)

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die Sättigungswerte S des Effektes sowie die Grösse p des Di-
polmomentes bestimmen. Man würde dann finden:

Tabelle VII.

P

120

r

20% 54.IO-'4

128,3

16,2%

Diese Zahlen haben jedoch wenig Wert, weil die drei ge-
machten Voraussetzungen bestimmt nicht alle richtig sind. Dass
die zweite Annahme nicht ganz richtig ist, haben wir bei den
Versuchen im Magnetfeld schon gesehen.

Dass die dritte Voraussetzung bestimmt falsch ist, konnten
wir auf direkte Weise nachweisen. Das Prinzip der Methode ist
folgendes:

Sind die statischen Betrachtungen noch anwendbar, so muss
sich der Widerstand des Präparates während einer Periode noch
ändern. Diese Änderung hat zur Folge, dass bei Benutzung sinus-
förmiger Spannungen in den Strömen in der Brücke Obertöne
entstehen, wodurch die Schärfe der Nulleinstellung schlechter
wird. Durch Messung dieser Schärfe können wir also feststellen
ob die statischen Betrachtungen noch angewandt werden dürfen.
Sei nun die auf das Präparat einwirkende Spannung:

E = Eq sin Mt.

Wir nehmen an, dass die statischen Betrachtungen angewandt
werden dürfen. Die Brücke sei eingestellt auf denjenigen Wider-
stand, den das Präparat bei einer Gleichspannung E^ = '
ccEq
haben würde (o lt;51: lt; i).

Die Stromstärke i in dem Nullpunktsinstrument ist dann
proportional mit der Spannung
E und mit dem Unterschied
zwischen dem Widerstand bei
E Volt und bei E^ Volt; so lange
die Widerstandsänderung klein ist, ist sie proportional mit dem
Quadrat der Spannung (14); wir können also schreiben:
i = K.E _ £-^2) = K. sin / {sin'' o) t - ofi) E^K

Für festes a hat diese Funktion von t einen extremen Wert für:
cosMt = o, nämlich
i — ^ (i a^) KE^^

und für

—f— ocnbsp;,nbsp;2

sinoyt = —7=-3 nämlich z = ± —^ KEq^.

V3nbsp;3I/3

,-14

42.10

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Einstellung der Brücke auf minimalen Ausschlag des Galvano-
meters bedeutet nun, dass wir a so lange ändern, bis das grösste
dieser beiden Extreme minimal ist. Dies ist der Fall, wenn beide
Extreme gleich gross sind, nämlich für a = I1/3. Bei dieser
Einstellung wird der Nullstrom:

i = KEo^ [siri^ wt — ^ sin m = — 1 KE^^ sin 3 m t.
d.h. ein reiner Sinusstrom der Frequenz 3 amp;gt;, mit Amplitude

Bei dieser Berechnung haben wir Proportionalität zwischen
dem Momentanwert der Spannung und dem des Galvanometer-
ausschlages angenommen, d.h. gleiche Empfindlichkeit des In-
strumentes für die verschiedenen Frequenzen. Nun hat das be-
nutzte Instrument eine maximale Empfindlichkeit bei etwa
50 Hertz. Im extremen Fall,

wo das Galvanometer nur Fre-
quenzen von 50 Hertz anzeigen würde, hätten wir aber das
gleiche a gefunden, weil, wie wir gesehen haben, gerade bei
diesem Wert von a. auch die Grundschwingung nicht mehr vor-
kommt. Wir können also ruhig annehmen, dass der gefundene
Wert von a auch im praktischen Fall richtig ist.

Da der minimale Wert des Nullstromes im anisotropen Gebiet
J
C E^, im isotropen Gebiet dagegen theoretisch gleich Null
ist, müssen wir, wenn die Verwendung der statischen Betrach-
tungen noch erlaubt ist, einen Unterschied zwischen der Ein-
stellschärfe in beiden Gebieten finden können. Es zeigte sich
aber, dass bei sehr sorgfältiger Kompensation der Kapazitäten
in beiden Fällen der Galvanometerausschlag bis unter 1/5 mm
herabgesetzt werden konnte: der Unterschied beider Ausschläge
betrug nicht mehr als ^/lo mm.

Aus der Empfindlichkeit des Galvanometers bei 50 und 150
Hertz (gemessen durch Vergleich mit einem Vakuumthermo-
kreuz) und dem Ausschlag des Galvanometers bei einer Ein-
stellung der Brücke die um 1% falsch ist, lässt sich berechnen,
dass die gefundene Differenz von höchstens i/^o mm mehr als
12 mal so klein ist als theoretisch zu erwarten war. Hieraus geht
hervor dass die statischen Betrachtungen bei 50 Hertz schon
nicht mehr angewandt werden dürfen.

Wir möchten zu dieser Berechnung noch einige Bemerkungen
machen:

1°. Wären die statischen Betrachtungen richtig gewesen, so
hätten wir die Brücke auf« = eingestellt, d.h. auf den Wider-

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Stand, den das Präparat für E, = ^o-l ^/s = 1.22. Eff. Spannung
gehabt hätte, eine Korrektur, die in Fig. 23 und 24 schon an-

Annahme, dass die Widerstands ander ung propor-
tional mit dem Quadrat der Feldstärke ist, ist nicht ganz richtig,
und es ist daher wichtig zu kontrollieren, ob die Werte von a
die wir bei einer anderen Abhängigkeit erhalten,^sich erheblich
von dem gefundenen Wert 0,866 unterscheiden. Nehnien wir
zB eine
Proportionalität mit 1^1 an, dann finden wir für den
Wert a bei dem die Grundschwingung ganz verschwindet: a =
o 849, also einen Unterschied von nur etwa 2%. Bei der wirklich
bestdienden Abhängigkeit wird die Abweichung auch nicht

viel grösser sein.nbsp;. , t.nbsp;u- ..

Q° Nehmen wir an, dass 50 Hertz m dem Frequenzgebiet

lieit' wo die Schwärme auf die von Kast (4) beschriebene Weise
„umklappenquot;, dann ist kein Unterschied in der Schärfe der
Einstellung zu erwarten.

Konstante Magnetfelder

Nachdem wir mit Gleichstrom und mit 50 Per. Wechselstrom
den Einfluss eines Magnetfeldes auf die Leitfähigkeit studiert
hatten, schien es uns interessant, diesen Einfluss auch imt hoch-
frequenter Wechselspannung zu untersuchen, d.h. die Ände-
rungen des dielektrischen Verlustes bei etwa 10^-10« Hertz zu
beobachten, die in einem /,-Azoxyanisol-Präparat auftreten,
wenn wir ein Magnetfeld, parallel zu den elektrischen Kraft-
linien, einschalten. Zur Erregung des Magnetfeldes wurde
wiederum die grosse Spule benutzt; die Feldstärke war etwa

1000 Gauss.nbsp;. , ^ 1 •

Wir haben nun das Verhältnis tg^'ltg^ zu bestimmen, worin.

. _ Vi —Vinbsp;den Verlust ohne Magnetfeld, und

tg^ - -y;

f„rV — Y^SzY^nbsp;den Verlust mit Magnetfeld vorstellt.

A C ist in beiden Fällen gleich gross, während wir den Unter-
schied in den C^-C^ Werten, d.h.
in den Dielektrizitätskonstanten,
gegenüber den Änderungen in der Leitfähigkeit vernachlässigen
können. Es ist also:

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wir brauchen also nur Spannungen zu messen. Der Platinkon-
densator wurde verwendet, mit einem Plattenabstand von i mm
und thermoelektrischer Temperaturmessung.

Ausser Fi, Fg und Fg' wurde noch die Einstellzeit t gemessen,
die verging bis der Verlust konstant geworden war, d.h. Fg'
seinen Endwert erreicht hatte. Es wurde bei verschiedenen
Temperaturen, Spannungen und Frequenzen gemessen. Die
beiden im zweiten Kapitel angegebenen Methoden I und II
wurden verwendet.

Fig. 25 zeigt einige Resultate bei konstanter Frequenz, mit
einer Feldstärke von 53 Volt/cm gemessen. Bei bestimmten
Temperaturen treten Unregelmässigkeiten auf. Diese Tempera-
turen Tk verschieben sich langsam mit der Frequenz, wie
Tabelle VIII angibt:

Tabelle VIII.

n

10«

2.10®

5.105

10®

117,8

122,5

123,6

125,4

Wir nehmen an, dass bei den genannten Temperaturen die
benutzte Frequenz gerade die kritische ist.

Fig. 26 zeigt einige Kurven, die bei konstanter Temperatur
mit der gleichen Feldstärke gemessen sind. Bei sehr niedrigen und
sehr hohen Frequenzen verlaufen diese Kurven ganz flach; da-
zwischen findet man eine deutliche Zunahme von etwa 5%.

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Eine derartige Änderung kann nur dort auftreten, wo die durch
das elektrische Feld hervorgerufene Ordnung sich erheblich
ändert d h in der Nähe der kritischen Frequenz. Aus Fig. 2b

y-jr

J.)0

c

(

ti) 'C

^ ' _ .__^

3 0

^^^

I.II

tJl'

'f

, „lt;

Fig. 26. Verluste im Magnetfeld (Methode I).

sind also auch die kritischen Frequenzen zu ersehen. Man sieht,
wie diese Frequenzen sich schnell mit der Temperatur ver-
schieben. Es ist nicht ohne weiteres zu sagen, ob die kritische
Frequenz n, am Anfang oder am Ende des Anstieges hegt.
Nehmen wir an, dass sie in der Mitte liegt, dann finden wir:

Tabelle IX.

llk

3,6.10^

3.105

Irquot;

120

123

Wie zu erwarten war, decken sich die Kurve, die n, als
Funktion von T, und diejenige, die T, als Funktion von «
eibt gut Diese Kurve stimmt bis auf eine Temperaturver-
fchi;bung von etwa 2° mit derjenigen von Fig^ 12 iiberein
Dieser Unterschied ist zu verstehen, wenn man bedenkt, dass
das jetzt gebrauchte Präparat schon sehr viel verwendet worden
ist, und dass nach
Kast (23) bei längerer Benutzung stets eine
Verschiebung nach niedrigeren Frequenzen, d.h. nach höheren
Temperaturen auftritt.

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Fig. 27 gibt die Einstellzeiten t, die bei verschiedenen Tem-
peraturen und Frequenzen gemessen wurden, jeweils bei einer
Feldstärke von 53 Volt/cm. Die Einstellzeiten liegen zwischen
8 und 14 Sekunden; sie sind also viel grösser als die Zeiten, die
mit Gleichstrom gemessen wurden, und stimmen gut überein mit
den Werten, die bei den Durchlässigkeitsmessungen gefunden
wurden. Wir können daraus schliessen, dass die Strömung bei
diesen hohen Frequenzen keine wesentliche Rolle mehr spielt.
Diese Behauptung wird bestätigt durch das Fehlen einer syste-

matischen Frequenzabhängigkeit. Bei grösserem Plattenabstand
(4 mm) wurden ähnliche Werte für
t gefunden. Die Trägheit
wird also nicht hauptsächlich durch Wandwirkung verursacht.

Da aus Fig. 26 hervorgeht, dass die Messung von tg S'jtg §
als Funktion der Frequenz eine brauchbare Methode zur Auf-
findung der kritischen Frequenzen liefert, und weil diese Metho-
de den Vorteil hat, dass wir uns auf Spannungsmessungen be-
schränken und dadurch eine grössere Genauigkeit erreichen
können als bei den früheren Methoden, haben wir diese Methode
benutzt, um zu untersuchen, ob die kritische Frequenz eine
Abhängigkeit von der Feldstärke zeigt. Da die Spannungen zu
diesem Zweck erheblich erhöht werden mussten, wurde die
in Fig. 16 angegebene Schaltung benutzt. Wir haben mit
Feldstärken von 160 bis 1280 Volt/cm gemessen (bei konstanter

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Temperatur). Bei diesen Messungen wurde ein neues Präparat
verwendet.

A

HS'C.

Bquot;

320 Vcm.

C

160 .

IIS'C

0

160 Vi«

, I20'C.

-T-r-»-

ISO

t B.3)
l«*

Fig. 28. Verluste im Magnetfeld bei verschiedenen Feldstärken.

itf

u.'

'-'——1—^

_l—.—I 1 1 1

Fig. 29. Verluste im Magnetfeld bei 640 Volt/cm.

Fig. 28 zeigt die gefundenen Kurven bei 115 urid I20°C., mit
Feldftärken ^on 160 und 320 Volt/cm Fig. 29
ii5°C mit einer Feldstärke von 640 Volt/cm. Bei 1280 Volt/cm
hatte das Magnetfeld keinen merkbaren Einfluss mehr auf den

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Verlust, d.h. die Änderungen waren kleiner als i%, in Überein-
stimmung mit einer ersten orientierenden Messung bei looo
Volt/cm, wo kein Effekt auftrat.

Wir ziehen nun die folgenden Schlüsse:
1°. Nehmen wir an, dass die Frequenz, bei der der Anstieg
von
tgS'jtgd zur Hälfte erfolgt ist, die kritische Frequenz ist,
so ist keine merkbare Verschiebung der kritischen Frequenz
mit der Feldstärke vorhanden, weder bei
115°, noch bei i20°C.

2°. Die Werte von tgd'/tgS weit unterhalb und weit ober-
halb der kritischen Frequenz sind bei
115° G folgende: ~

Tabelle X.

V/cm

53

160

320

640

1000

Unterhalb n/,......

Oberhalb ......

1,25
1,34

1,29
1,46

1,28

1,52

1,14

1,19

1,00
1,00

Die Werte in beiden Reihen steigen anfänglich mit der Feld-
stärke, um nachher wieder bis zum Wert 1
,00 abzufallen. Dieses
eigenartige Verhalten ist, wenigstens qualitativ, folgendermassen
zu verstehen: Der Einfluss des elektrischen Feldes auf die Leit-
fähigkeit wächst zunächst langsam, dann schneller mit der
Feldstärke und strebt bei grossen Feldstärken einem Grenzwert
zu (vrgl. zB. Fig.
24). Der Einfluss des Magnetfeldes ist am
grössten bei derjenigen Feldstärke, bei der wir uns im steilsten Teil
der beschriebenen Kurve befinden, d. h. wenn die Widerstands-
änderung durch das elektrische Feld ungefähr die Hälfte ihres
Sättigungsv.'ertes erreicht hat. Sowohl bei grösseren als auch bei
kleineren Feldstärken wird der Einfluss des Magnetfeldes kleiner.

Wir finden nun unterhalb der kritischen Frequenz, also bei
Parallelstellung der Schwärme, einen maximalen Einfluss des
Magnetfeldes bei etwa
200 Volt/cm, in guter Übereinstimmung
mit der Kurve in Fig.
24, die bei 180 Volt/cm die Hälfte ihres
Sättigungswertes erreicht hat, und mit den alten Kurven von
SvEDBERG, die bei etwa 150-250 Volt/cm am steilsten sind.

Dass wir auch oberhalb der kritischen Frequenz, d.h. bei
Querorientierung der Schwärme, einen maximalen Einfluss bei
einer Feldstärke von etwa
250 Volt/cm finden beweist, dass der
querorientierende Effekt oberhalb der kritischen Frequenz eine
ähnliche Feldstärkeabhängigkeit zeigt wie der parallelorien-
tierende Effekt bei niedrigeren Frequenzen.

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3° Die Kurve in Fig. 29 zeigt direkt vor dem Anstieg eine
deutliche Einsenkung, die bei den Kurven von Fig. 28 auch
schon angedeutet ist. Diese Erscheinung erklärt sich vielleicht
aus der Annahme, dass bei dieser Frequenz sowohl die Quer-
orientierung als auch die Parallelorientierung sehr schwach ist,
und wir uns somit wieder in einem weniger steilen Teil der
Kurve befinden. Es ist daher vielleicht richtiger,^wenn wir den
tiefsten Punkt dieser Einsenkung als die kritische Frequenz be-
trachten. Auch dann finden wir keine Abhängigkeit von der

Feldstärke.nbsp;, • • u tt

4°. Dass bei 1000 Volt/cm, unterhalb der kritischen Frequenz,

der Wert der Verluständerung durch das Magnetfeld schon

kleiner als 1% ist, ist in guter Übereinstimmung mit den Kurven

von Fig 23 und 24, die bei dieser Feldstärke schon etwa 90%

ihres Sättigungswertes erreicht haben, und dort schon ganz

flach verlaufen. Dass auch oberhalb der kritischen Frequenz bei

1000 Volt/cm keine messbare Änderung mehr da ist, beweist,

dass auch der querstellende Effekt bei dieser Feldstärke seinen

Sättigungswert schon fast erreicht hat.

Trägheitserscheinungen heim Einschalten eines elektrischen Wechsel-

Auch wenn wir ein Wechselfeld von lo^-io« Hertz einschalten,
kann man erwarten, dass Trägheitserscheinungen auftreten, d.h.
dass der Verlust nicht gleich seinen konstanten Endwert er-
reicht. Die Beobachtung dieser Erscheinungen wird durch die
folgenden Tatsachen sehr erschwert:

1°. Die Effekte sind sehr klein; die Messgenauigkeit muss

somit sehr gross sein.

2° Die Verlustmessung muss in sehr kurzer Zeit stattfinden.
3°. Sehr kleine Schwankungen in der Frequenz des Gene-
rators wirken schon sehr störend.nbsp;, .

4° Das Voltmeter hat noch eine gewisse Trägheit (Tempera-
tureinstellung des Heizfadens), die die Resultate sehr leicht

fälschen kann.nbsp;r 1 1

Die zweite Schwierigkeit konnte leicht dadurch aufgehoben

werden, dass der Resonanzkreis vorher schon auf ^ abgestimmt
wurde- dann wurde der Messkondensator 6 Minuten lang aus-
geschaltet, und nachdem er dann wieder eingeschaltet war,
wurde beobachtet, ob V^ sich noch mit der Zeit änderte.

Die vierte Schwierigkeit, die anfangs jede Messung unmöghch

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machte, wurde dadurch aufgehoben, dass beim Ausschalten des
Messkondensators gleichzeitig ein Hilfskondensator eingeschaltet
wurde, der so eingestellt war, dass das Voltmeter die gleiche
Spannung erhielt wie in dem Fall, wo der Messkondensator ein-
geschaltet war, und die Triode also auf der gleichen Temperatur
blieb.

Durch die erste und die dritte Ursache blieben die Messungen
trotzdem sehr ungenau, und wir werden daher die Resultate
nur qualitativ geben. Es wurde gefunden, dass Fg sich noch
änderte, nachdem der Messkondensator eingeschaltet war, und
zwar unterhalb der kritischen Frequenz im Sinne wachsenden
Verlustes, und oberhalb der kritischen Frequenz im Sinne ab-
nehmenden Verlustes. Hierdurch werden die Parallelstellung
unterhalb und die Querstellung oberhalb der kritischen Fre-
quenz noch einmal bestätigt.

Die Einstellzeiten waren von der Grössenordnung von i Mi-
nute.

IV. Diskussion der Experimente.

Wir wollen jetzt versuchen, uns ein Bild von dem Verhalten
der Schwärme in elektrischen Wechselfeldern zu machen. Wir
gehen von folgenden experimentellen Resultaten aus:

1°. Es gibt eine temperaturabhängige kritische Frequenz.
Dies volgt:

a.nbsp;Aus den Röntgenaufnahmen von Kast,

b.nbsp;den Verlustmessungen (Kap. II),

c.nbsp;den Verlustmessungen im Magnetfeld.

2°. Unterhalb der kritischen Frequenz haben die Schwärme
eine Vorzugsrichtung parallel zu den elektrischen Kraftlinien,
oberhalb der kritischen Frequenz senkrecht zu den Kraftlinien.
Dies folgt:

a.nbsp;Aus den Röntgenaufnahmen von Kast,

b.nbsp;den Verlustmessungen im Magnetfeld,

c.nbsp;den Trägheitserscheinungen beim Einschalten des elek-
trischen Wechselfeldes.

3°. Die kritische Frequenz ist unabhängig von der Feldstärke.

4°. Die Einstellzeiten beim Einschalten elektrischer oder mag-
netischer konstanter oder Wechselfelder haben die Grössenord-
nung von Minuten; sie können durch das Auftreten von Strö-
mungen bis zu der Grössenordnung von Sekunden herabgesetzt

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werden. Bei Frequenzen von etwa lo^ Hertz stören diese Strö-
muncren, auch bei den höchsten Feldstärken, nicht mehr

7° Die Zeit welche die Wärmebewegung zur Zerstörung

eine; Orientierung braucht, ist, obgldch etwas grö^^^^^^^^^

der deichen Grössenordnung wie die Zeit, die das Feld braucht
1 diese
Orientierung hervorzurufen (wenn die letzt„^
Zeit nicht durch Strömungen erhebhch herabgesetzt ist).

Z einem elektrischen Wechselfeld von 50 Hertz dürfen
die statischen Betrachtungen nicht mehr angewandt werden.

7° Die Strömungen im Präparat können beschleumgerid und
desorientierend wirken; sie können niemals eine Orientierung
hervorrufen.

Um zu sehen, inwieweit das von Kast (4) 8lt;=g5bene BM ge-
ändert werden muss, gehen wir mit ihm von folgenden An-

Die auerorientierung wird verursaeht durch die dielek-

'TÄraTLienticrung ist, jedenfalls bei solchen Fre-
quenzen, bei denen die statischen Betrachtungen noch anwend-
tar sind dem permanenten Dipolmoment zuzuschreiben.

Cntrdieren wir jetzt inwiefern seine weiteren Schlüsse m
Übereinstimmung sind mit dem von uns gesammelten Tat-

quot;Äerthtlichkeit wegen wollen wir hierzu die folgenden

'TDÄtnbsp;die Einstellzeit des orientieren-

den Moment« bd einer Spannungserhöhung als die Einstell-
S d^d^Lrientierenden Wärmebewegung bei einer Spannungs-
SniS iSng gegenüber der halben Schwingungszeit vernach-
ZTZfJia. In diesem Gebiet dürfen die stauchen Be-
trachtungen noch angewandt werden. In der Bezeichnung von
Kast können wir I charakterisieren durch;

2vt«inbsp;2vt'«i

Aus (6) geht hervor dass die obere Grenze von I unterhalb von

^quot;n quot;üa! febiet, in dem der in I skizzierte Zustand zerstört
wird durch denjenigen Effekt, der bei der oberen Grenze von I

'quot;quot;aMs) sowie aus den Betrachtungen von Kast geht hervor,

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dass t'lt; xistjdie obere Grenze von I wird daher dadurch be-
stimmt, dass T und ^ vergleichbare Grössen werden. Gebiet II

wird somit charakterisiert durch:

2vt nicht lt;lt;inbsp;2vt'lt;lt;i

Die Grösse dieses Gebietes wird bestimmt durch das Verhältnis
t/t'. Da nach (5) t und t' von der gleichen Grössenordnung
sind, ist II nur sehr klein.

III.nbsp;Das Gebiet, in dem der in I skizzierte Zustand auch
durch den zweiten Effekt zerstört wird, in dem sich aber das
Röntgenbild noch nicht ändert. In der Bezeichnung von
Kast
gilt also für III:

2vt nicht lt;lt; Inbsp;2vt' nicht lt;lt; inbsp;v lt; 25000.

In diesem Gebiet fängt der Widerspruch mit den von Kast
gezogenen Schlüssen an. Nach seiner Auffassung gibt es über-
haupt kein Gebiet III, und die obere Grenze von II wird durch
V ~ 25000 gegeben.

Aus (6) und (5) geht aber hervor, dass die obere Grenze von II
nur wenig oberhalb 50 Hertz liegen kann, und jedenfalls weit
unter 25000 Hertz liegt. Das Gebiet III muss also wirklich
bestehen.

IV.nbsp;Das Gebiet in dem^ nach den Röntgenaufnahmen die
Orientierung weniger gut wird. Dieses Gebiet liegt ungefähr
zwischen 25000 und 300.000 Hertz. Nach
Kast sollte dieses
Gebiet charakterisiert werden durch:

2t'v nicht lt;lt; i 2t'vlt;i.

Nach unseren Auffassungen gilt schon überall in IV:

2t'vgt;gt; i.

Dies führt nun zu dem Hauptwiderspruch mit der Auffassung
von
Kast, der die kritische Frequenz v^ als diejenige deutet für
die gilt:

2t'vo= i

was nach unsren Resultaten nicht richtig ist.

V.nbsp;Das Gebiet oberhalb der kritischen Frequenz, in dem also
die Querstellung auftritt. Die Erscheinungen in diesem Gebiet
möchten wir auf die gleiche Weise wie
Kast deuten.

Zu dem gleichen Widerspruch kommt man auch, wenn man
bedenkt, dass
t' und damit auch die Frequenz v,, = stark ab-

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händg ist von der Feldstärke. Wir haben aber gesehen dass die
kritische Frequenz sich nicht mit der Feldstärke ändert; die

kritische Frequenz kann also nicht vo = ^ sein.

Auch in den folgenden Punkten sind wir mit den Auffassungen
von
Kast nicht ganz einverstanden:

i ° inbezug auf die Lage der oberen Grenze von I;

2°' dass schon ein kleiner Bruchteil der von ihm benutzten
Feldstärke genügt zur vollständigen Orientierung dw Schwarme;

Inbezug auf die Deutung der Zunahme der Querorientie-
rung als Abnahme der Amplitude der Schwingungen um die

^4°!^faTs'füf2VTgt;gt; 1 die Rückwirkung der Wärmebe-
wegung überhaupt nicht mehr berücksichtigt zu werden braucht;

5°. dass bei Überschreitung der Frequenz v = die Orien-
tierung etwas schlechter wird.

Da wir jedoch gezeigt haben, dass die Grundlage der Betrach-
tungen, nämlich die Deutung der kritischen Frequenzen, mcht
richtig ist, so scheint es uns nicht wichtig, auf diese Einzelheiten
näher einzugehen.

Wir werden ietzt versuchen, das von Kast entworfene Bild
noch zu retten, durch Anwendung einiger Argumente, die e^

uns mündUch mitteilte:nbsp;.nbsp;'

Erstes Argument. Bei Änderung der Starke eines Mapetfeldes
spielt bei d?r Neueinstellung der Schwärme die Warmebewegung
eine grosse Rolle, während beim „Umklappen nach
Kast der
neue Zustand gleich stark geordnet ^st wie der alte, und die
Wärmebewegung daher nicht ins Gewicht fallt. Es ist also denk-
bar, dass x' sehr viel kleiner ist als die Emstellzeiten, die wir bei
unsern Versuchen in stationären magnetischen und elektrischen
Feldern fanden. In diesem Fall würde der erste von uns gegebene
Beweis seinen Wert verlieren; der zweite (das Fehlen einer Feld-
stärkeabhängigkeit) Würde aber richtig bleiben Man kann
jedoch gegen das von
Kast gegebene Argument folgendes an-
führen: auch die Zeit, die ein Schwärm braucht, um aus einer
willkürlichen Stellung in die Parallelstellung uberzugehen
sollte dann sehr viel kleiner sein als die gemessene Emstellzeit
beim Einschalten des Feldes. In diesem Fall sollte man also beim
Einschalten folgendes wahrnehmen: zunächst in äusserst kurzer

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Zeit eine vollständige Parallelorientierung der Schwärme, und
erst dann, während mehrerer Sekunden, oder sogar Minuten,
die Einstellung des neuen Gleichgewichtes. Derartige Erschei-
nungen sind weder bei den Extinktionsmessungen, noch bei den
Leitfähigkeitsmessungen, je gefunden worden.

Zweites Argument. Die „Umklappzeitquot; würde nur dann so
äusserst kurz sein, wenn der Anfangszustand schon in hohem
Masse geordnet war: alle Schwärme würden dann gleichzeitig
und auf die gleiche Weise umklappen, und sich dabei nicht
merklich hindern. Auch in diesem Fall würde unser zweiter
Beweis richtig bleiben. Gegen dieses zweite Argument kann man
folgendes anführen: nur bei sehr hohen Feldstärken besteht
eine gute Orientierung; man sollte somit bei niedrigen Feld-
stärken niemals eine so hohe kritische Frequenz finden können,
während wir doch derartige Frequenzen beobachtet haben bei
allen Feldstärken zwischen 60 und 1300 Volt/cm.

Drittes Argument. Ein einzelner Schwärm würde nur dann
eine so ausserordentlich kurze Umklappzeit haben, wenn er
sich anfänglich genau in der labilen Gleichgewichtslage be-
funden hätte. Auch hierdurch wird der zweite Beweis noch nicht
angegriffen. Aus diesem Argument sollte man aber den Schluss
ziehen dürfen, dass die Schwärme, die gerade in der labilen
Lage sind, die Hauptrolle bei der Erscheinung spielten.

Da dies bei den niedrigen Feldstärken bestimmt nicht der
Fall ist, so ist auch dieses Argument nicht stichhaltig.

Wir glauben nun die Unrichtigkeit der Annahme von Kast
genügend bewiesen zu haben, und wollen nun sehen, zu welchen
Schlüssen das aufgestellte Schema uns führt. Die Frequenz
Vq,
die durch 2 V
q t' = i bestimmt wird, liegt nach unsrer Auf-
fassung weit unter 25000 Hertz, nämhch im Anfang des Ge-
bietes HI. Oberhalb dieser Frequenz kann das permanente
Dipolmoment nicht auf die von
Kast angegebene Weise zu
einer Orientierung der Schwärme führen. Da nach (2) im ganzen
Gebiet HI eine Parallelorientierung vorliegt, so sind wir gezwun-
gen anzunehmen, dass diese Orientierung auf eine andere Weise
entsteht, und dass die kritische Frequenz charakteristisch ist für
einen anderen Effekt, der die Einstellung der Teilchen beeinflusst.

Wir wollen erst sehen, ob einer der bekannten apolaren Effekte
die Ursache der Parallelstellung sein kann:

1°. Die dielektrische Anisotropie kann dafür nicht in Frage

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kommen, denn sie übt einen querorientierenden Einfluss aus.

2° In (7) haben wir gesehen, dass auch die Strömung niemals
orientierend wirkt. Es müsste dann überdies eine Abhängigkeit
der kritischen Frequenz von der Leitfähigkeit existieren, und
das ist nach
Kast (23) nicht der Fall. ^ . , . ,

Drittens wäre noch die Anisotropie der Leitfähigkeit als Ur-
sache zu untersuchen. Um die Grösse dieses Effektes zu schätzen,
denken wir uns ein kugelförmiges Flüssigkeitsteilchen mit dem
Radius
R und der Leitfähigkeitnbsp;a^) in den drei Haupt-

richtungen, das sich in einer Flüssigkeit mit der Leitfähigkeit ^r
befindet und in einem elektrischen Feld, dessen Feldstärke in
grossem Abstand
E ist, während die Hauptachse des Teilchens
(in deren Richtung die Leitfähigkeit gleich c7i, ist) einen Winkel o
bildet mit der Richtung der Kraftlinien in grossem Abstand.
Wir berechneten, dass infolge der Anisotropie der Leitfähigkeit
dann ein Drehmoment auf das Teilchen ausgeübt wird, dessen
Grösse gegeben ist durch:

l6 7t2 Inbsp;____maEYsiTKäcosQ.

Die Grösse des Effektes ändert sich also sehr stark mit dem
Radius
R. Der Faktor E^ weist auf den apolaren Gharakter des

Effektes.nbsp;, ^nbsp;,

Nun ist das Volumen des Schwarmes nach Freedericksz und

Z0LINA (31) etwa 4.10-'^ cm3, so dass wir folgendes finden:

/nbsp;(75.10-^ ilquot;'cm-'

E-eooVoUlcr.

Amp. cm-''
((T
Ey Io^® sin(fCos(f lt;
Setzen wir diese Werte ein, so finden wir:

1,5.10-35

Da das Drehmoment, das bei gleicher Feldstärke durch das
Auftreten des elektrischen Dipols verursacht wird, die Grossen-
ordnung 10- hat, spielt das Moment
M bei unseren Uber-
legungen weiter gar keine Rolle. (Würde man den unsicheren

Fakto? R' so ändern, dass Mvon der Grössenordnung 10- wird,

so käme man zu Schwarmdimensionen von eimgen mm!)

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Wir müssen darum eine andere Erklärung suchen, um die
vier folgenden Erscheinungen zu verstehen:

1°. Die Parallelorientierung unterhalb der kritischen Fre-
quenz.

2°. Das Wesen der kritischen Frequenz.
3°. Die Desorientierung bei der kritischen Frequenz.
4°. Die Querorientierung oberhalb der kritischen Frequenz.
Im Prinzip möchten wir auf diese vier Fragen die folgenden
Antworten geben:

1°. Die Parallelorientierung entsteht durch die Zusammen-
arbeit des elektrischen Dipolmomentes und der Wärmebewegung.

2°. Die kritische Frequenz ist eine elastische Eigenfrequenz
der Schwärme.

3°. Die Desorientierung hat ihren Grund in einer elastischen
Resonanzerscheinung.

4°. Die Querorientierung wird durch die dielektrische Aniso-
tropie verursacht. Dass der parallelrichtende Effekt hier nicht
mehr wirksam ist, wird durch dem eigentümlichen Charakter
der Wärmebewegung verursacht.

Obgleich wir noch weit davon entfernt sind, von den auf-
tretenden Erscheinungen,eine genaue quantitative Erklärung zu
geben, wollen wir doch versuchen, ein Bild zu entwerfen, das die
wesentlichen Züge der Erscheinungen wenigstens qualitativ er-
klärt.

Wir haben in Kapitel III schon gesehen, dass bei plötzlichen
Änderungen des Feldes die elastischen Eigenschaften der Schwär-
me eine wesentliche Rolle spielen, was auch aus einigen älteren
Versuchen von
Moll und Ornstein (32) hervorgeht. Schliesslich
legte auch die ausserordentlich starke Temperaturabhängigkeit
der kritischen Frequenz den Gedanke nahe, dass die elastischen
Eigenschaften hier wirksam sind.

Wir werden versuchen ein Bild der Erscheinungen zu ent-
werfen, und uns dabei auf ein ganz einfaches Modell beschrän-
ken. Wir denken uns also zwei Teilchen
A und B, die sich in
einer Ebene um feste Punkte drehen können, und die mit einer
festen Richtung R die Winkel cp, und (p^ bilden. Die elastischen
Eigenschaften führen wir dadurch ein, dass wir annehmen, dass
die Teilchen ein elastisches Drehmoment «(^i-cpg) bzw.
«(?2-?i) aufeinander ausüben. Wir nehmen weiter an, dass
beide Teilchen ein Trägheitsmoment M und einen Reibungs-

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koeffizienten ß haben, während die Brownsche Bewegung un-
regelmässige Drehmomente Fj_ und Fz hervorruft.

Denken wir uns ein elektrisches Feld F sin wi in der R-
Richtung, dann kommen noch die beiden Drehmomente hinzu:
-p E sin wt sin tp wegen des Auftretens eines permanenten

Dipolmomentes p undnbsp;_

a E^ sin ^ wt sin cp. cos lt;p wegen der dielektrischen Anisotropie.
Die
Bewegungsgleichungen für die beiden Teilchen werden

nun:

=nbsp;('fi-92)-pEsin wt.

dt^ dt

aE^sin^wt. sin «p i (P ^ F^

und

M ^ =nbsp;(91 - -Ps) - pEsinwt. sin^.

dt^ dt '

aE^ sin^ wt. sin o^cos^^z^ F^
Durch Einführung der neuen Variablen

und =

' 2

(o gibt den Stand der Bissectrix zwischen den beiden Richtungen
der Teilchen an, ® den Winkel zwischen beiden Teilchen) ergibt

sich:

sin 0,)

dt^ ' dt 2
und

= -ß^-2Ci'b-pEsinwt {sinr^i- sino^)
^ dt ■

oE^jir^ 2 ^^^ _ 2 Fl - F,. (2)
2

Setzen wir hierin F = o, dann wird (i) die Bewegungs-
ffleichung der Brownschen Bewegung für ein freies Teilchen,
während (2) in die Gleichung für ein quasi-elastisch gebundenes
Teilchen übergeht. Hieraus können wir schUessen, dass für
F = o alle Werte von o gleich wahrscheinlich sind, die Werte

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hingegen eine Maxwell-Boltzmannsche Verteilung zeigen mit
maximaler Wahrscheinlichkeit für i|/ = o.
Wird in (i) und
(2) E sin w t durch eine konstante Spannung
ersetzt, dann haben wir die Gleichungen für den statischen
^all (Gleichspannung). Bedenkt man noch, dass
pEgt;gt; a E^
ist (nach den Röntgenaufnahmen von Kast), dann folgt aus (i)
und (2) in diesem Fall (wenn wir noch sin ^^ durch sin
durch cp2 ersetzen) dass jetzt auch cp eine Maxwell-Boltzmann-
sche Verteilung zeigt, mit maximaler Wahrscheinlichkeit für
o ^ o. Wir haben dann die normale Parallelorientierung im
elektrischen Gleichspannungsfeld.

Um jetzt den dynamischen Fall übersehen zu können, setzen
wir wieder
sin ^^ = und sin ©g = (p^ und vernachlässigen

vorläufig den Term mit E^. Setzen wir nochnbsp;= p und

2

Fl - Fi = dann finden wir:

=nbsp;(3)

und

=nbsp;(4)

Wollen wir erst die relative Bewegung eines Teilchen zu seinem
Nachbarteilchen untersuchen, so müssen wir
(4) benutzen.
Die Lösung der vereinfachten Gleichung:

ist:nbsp;= A cos nt-\-B sinnt mit

M

Sind nun ß und p E beide klein, dann ist die Lösung von (4):
= = A cos nt-^ B sinnt ^-nnbsp;(5)

Der Term mit ß in (4) bedeutet, dass die Schwingung jetzt
gedampftjvird, de^Term lt;P sorgt dafür, dass die mittleren Am-
phtuden A^ und konstant bleiben.

Setzen wir (5) in (4) ein, dann finden wir für die Gleichung:
M _ a ^^nbsp;PE .

^ J^ - -nbsp;cosnt-i-B sin nt) (6)

(in dem kleinen letzten Term ist -n vernachlässigt)

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Für sin w t (A cos nt B sin nt) kann geschrieben werden:
^I^A[sin{w n)t-\- sin(w —n)t} V2B{cos(w—n)l— cos(w n)il
sodass (6) bedeutet, dass dem System mit Eigenschwingung

= 1nbsp;eine erzwungene Schwingung mit Frequenzen w n

y M

und w-n auferlegt wird. Wenn nun w-n = n oder

w= 2n

ist, so wird Resonanz eintreten. In diesem Fall kann -n sehr
grosse Werte annehmen. Obgleich die gemachten Annäherungen
dann bestimmt nicht mehr richtig sind, ist aus dieser Betrachtung
doch zu verstehen, dass bei der durch die elastischen Eigen-
schaften bestimmten Frequenz
w = 2nbsp;e^e völlige

Desorientierung auftritt.

Um die Frage zu beantworten, warum unterhalb der eben
gefundenen kritischen Frequenz Parallelorientierung auftritt,
müssen wird (3) benutzen.
Für
E = 0 ergibt sich aus (3):

oder:

, = - f ?. Js^

Setzen wir nun in (3) : cp = ^ klein), so finden wir für
S die Gleichung:

Nun kannnbsp;und also auch ein Fourierintepal ent-

wickelt werden. Der Koeffizient von sin v t nimmt mit wach-
sendem V ab. Die Entwicklung von Q, hat auch die Terme mit
sin w t und mit cos w t. Der letzte dieser beiden Terme gibt
mit dem Faktor sin
w t ein Drehmoment, das im Mittel den
Wert Null hat, und somit keine Orientierung verursachen kann.
Der Term mit sin
w t liefert aber ein Drehmoment mit dem
Faktor
sin^ w t, also einen apolaren, parallelrichtenden Effekt.
Das Auftreten dieses Termes muss also die Ursache der Parallel-
orientierung sein.

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Dass nun oberhalb der kritischen Frequenz diese Parallel-
orientierung nicht mehr auftritt, muss wohl der Abnahme des
Koeffizientes von sin
v t mit wachsendem v zugeschrieben
werden, und da der eben beschriebene Effekt hier nicht mehr
zur Parallelorientierung genügt, so tritt jetzt der querrichtende
Effekt der dielektrischen Anisotropie in Erscheinung, und die
aus den Röntgenbildern ersichtliche, immer vollständiger wer-
dende Quereinstellung muss also der dielektrischen Anisotropie
und dem vollständigen Verschwinden des Einflusses des Termes
pE^sinwt zugeschrieben werden.

LITTERATUR.

1.nbsp;Bose. Phys. Zs. 9, 708 (1908).

2.nbsp;Ornstein und Zernike. Phys. Zs. 19, 134 (1918).

3.nbsp;Ornstein Zs. f. Krist. 79, 90 (1931).

4.nbsp;Kast. Zs. f. Phys. 71, 39 (1931).

5.nbsp;Bose, Phys. Zs. 8, 513 (1907)-

6.nbsp;Ornstein und Zernike. Proc. Acad. Amst. 21, 115 (1917).

7.nbsp;Riwlin. Proc. Acad. Amst. 23, 807 (1920).

8.nbsp;Riwlin. Diss. Utrecht 1923.
Riwlin. Arch. Neerl. 7, 95 (1924).

9.nbsp;Mauguin. Phys. Zs. 12, loii (1911).

ig.nbsp;Moll und Ornstein, Versl. Akad. Amst. 25, 682 (1916).
Moll und Ornstein. Proc. Acad. Amst. 19, 1315 (1916).

11.nbsp;v. WijK. Diss. Utrecht.

V. WijK. Ann. der Phys. 3, 879 (1929).

12.nbsp;Freedericksz und Repiewa. Zs. f. Phys. 42, 532 (1927).

13.nbsp;Foex und Royer. C. R. 180, 1912 (1925).

14.nbsp;Ornstein. Ann. der Phys. 74, 445 (1924).

15.nbsp;Lehmann.Ann. der Phys. 2, 649 (1900).

16.nbsp;Svedberg. Ann. der Phys. 44, 1121 (1914).

17.nbsp;Kast. Ann. der Phys. 73, 145 (1924).

18.nbsp;Jezewskl Zs. f. Phys. 51, 159 (1928).

19.nbsp;Jezewski. Zs. f. Phys. 40, 159 (1926).

20.nbsp;Moll und Ornstein. Versl. Akad. Amst. 25, 682 (1916).

21.nbsp;Priedel. Ann. de Phys. 18, 355 (1922).

22.nbsp;Bose, Phys. Zs. 12, 6g (1911).

23.nbsp;Kast. Zs. f. Phys. 76, 19 (1932).

24.nbsp;Weyers. Tijdschr. Ned. Radiogen. IV 143.

25.nbsp;Hiddink. Diss. Utrecht 1932.

26.nbsp;Errera. Journ. de Phys. 5, 304 (1924).

27.nbsp;Debye. Polare Molekelen. Leipzig 1929. (S. 118).

28.nbsp;Ornstein, Kast und Bouma. Proc. Acad. Amst. 35, 1209, (1932).

29.nbsp;Herrmann und May. Zs. f. Phys. 73, 419 (1931).

30.nbsp;Jezewski. Zs. f. Phys. 52, 878 {1928).

31.nbsp;Freedericksz und Zolina. Zs f. Krist. 79, 264 (1931).

32.nbsp;Moll und Ornstein. Versl. Akad. Amst. 26, 1442 (1918).

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STELLINGEN.

I.

Mechanische stroomingen werken de orientatie van zwermen
in /»-Azoxyanisol tegen.

(Herrmann en May, Z. f. Phys. 73, 4^9, i93i-)

meter.

II.

Bij verliesmetingen volgens Weyers is het niet noodig de ver-
Hesvrijheid van de vergelijkingscondensator te onderstellen.

(Weyers, Tijdschr. Ned. Radio Gen. IV, 143.)

III.

Het door Jezewski aangevoerde argument tegen de capaci-
teitsbepaling door substitutiemethode met afstemming op
maximale spanning, vervalt bij het gebruik van een triodevolt-

(Jezewski, Phys. Zs. 34, 91, 1933.)

IV.

De fout gemaakt bij meting van een verliescondensator door
substitutiemethode met afstemming op maximale stroomsterkte,
kan veel grooter zijn
dan Jezewski onderstelt, ten gevolge van

de door hem ten onrechte verwaarloosde term ^

(Jezewski, Journ. de Phys. et le R. 5, 59, 1922.)
V.

R. v. Mises verstaat in zijn toepassingen onder „Regellosig-
keitquot; iets anders dan in zijn definitie.
' (v. Mises, Wahrsch., Stat., und Wahrh., pag. 25, 28, 156).

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1

-W.

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De door v. Mises gedefinieerde eigenschappen van onafhan-
kelijkheid en verbindbaarheid van Kollektieven behoeven, in
tegenstelling met de correspondeerende klassieke begrippen,
niet wederkeerig te zijn.

(v. Mises, Wahrsch., Stat. und Wahrh. pag. 54, 56.)

VIL

De door Walsh aangegeven methode, om van een bron van
gegeven spectrale verdeeling met behulp van de „Mixture
Curvesquot; het punt in de kleurendriehoek te bepalen, is foutief.

(Walsh, Photometry, pag. 303.)

VUL

De coördinaten van een spectraalkleur in de kleurendriehoek
verhouden zich als de ordinaten van de „Mixture Curvesquot;,
en niet als die van de „Sensation Curves for an Equal Energy
Spectrumquot;.

(Walsh, Photometry, pag. 303.)
IX.

De bewering, dat de gemiddelde ordinaat van Trotter's
karakteristieke kromme de gemiddelde belichting over het be-
treffende oppervlak voorstelt, is alleen dan juist, wanneer de
belichtingskromme monotoon is.

(Walsh, Photometry, pag. 363.)

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