DER EINFLUSS VON
AETHYLEN ÀUF DIE WUCHSSTOFFBILDUNG
BEI AVENA UND VICIA
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WUCHSSTOFFBILDUNG BEI AVENA UND VICIA
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DER EINFLUSS VON AETHYLEN AUF DIE
WUCHSSTOFFBILDUNG BEI AVENA UND VICIA
TER VERKRIJGING VAN DEN GRAAD VAN
DOCTOR IN DE WIS- EN NATUURKUNDE
AAN DE RIJKSUNIVERSITEIT TE UTRECHT,
OP GEZAG VAN DEN RECTOR-MAGNIFICUS
DR. C. W. STAR BUSMANN, HOOGLEERAAR IN
DE FACULTEIT DER RECHTSGELEERDHEID.
VOLGENS BESLUIT VAN DEN SENAAT DER
UNIVERSITEIT TEGEN DE BEDENKINGEN
VAN DE FACULTEIT DER WIS. EN NATUUR-
KUNDE TE VERDEDIGEN OP
MAANDAG 25 JUNI 1934,
DES NAMIDDAGS OM 3 UUR
DOOR
GEBOREN TE LEEUWARDEN
N.V. Drukkerij en Uitgeverij
J. H. DE BUSSY
AMSTERDAM
MCMXXXIV
BIBLIOTHEEK DER
RIJKSUNIVERSITEIT
UTRECHT.
rt-ö
-ocr page 11-Gaarne zal ik hier, de traditie getrouw, de zeer velen,
die het mij mogelijk maakten, gedurende acht jaren prettig
te studeeren en student te zijn, hartelijk dank brengen.
Het groote voorrecht, te mogen studeeren, heb ik aan
U, mijn ouders te danken.
De voortreffelijke vooropleiding tot universitaire studie,
die ik van U, leeraressen en leeraren van het Utrechtsch
Stedelijk Gymnasium, mocht ontvangen, memoreer ik
hier graag.
Hooggeleerde De Bussy, U heb ik zeer veel te danken;
op Uw enthousiaste wijze gaf U mij de raad, mijn biolo-
gische liefhebberijen in een studie voort te zetten en maakte
mij opmerkzaam op de toekomstmogelijkheden, die er toen
in Ned.-Indië voor de bioloog waren. Het was de beste
raad, die ik ooit kreeg!
Hooggeleerde Nierstrasz en Rutten; steeds volgde ik
met veel belangstelling Uw colleges.
Hooggeleerde Jordan; met veel genoegen denk ik nog
aan de tijd, dat ik mij met uw jonge vak, dat rijk aan
perspectieven is, bezig hield. Uw veelzijdige geest heeft
mij veel geleerd.
Hooggeleerde Westerdijk; in Baarn werken is een
genot op zich zelf; Uw heldere en frissche kijk op menschen
en toestanden en Uw duidelijke colleges hebben mij veel
doen leeren. Ik dank U voor de uitstekende opleiding tot
de praktijk, die ik van U mocht ontvangen.
Hooggeleerde Pulle; aan U dank ik inzicht in het
systeem der planten en vormenkennis, noodzakelijk voor
een botanicus; aan Uw excursies zal ik steeds zeer bizondere
herinneringen behouden.
Hooggeleerde Went, hooggeachte promotor; het is een
zeer groot genoegen onder Uw leiding te werken; U laat
Uw leerlingen een groote vrijheid, doch staat hen steeds
met raad ter zijde, zoodra het noodig is. En evenals mijn
60-tal voorgangers dank ik U en Mevrouw Went van
ganscher harte voor het vele goede, dat ik aan persoonlijke
belangstelhng en gastvrijheid van U mocht ondervinden.
Zeergeleerde Hirsch, Van Oordt en Schuurmans
Stekhoven; gelukkig ben ik telkens weer in de gelegenheid
geweest om, al legde ik me op de botanie toe, van U op
zoölogisch gebied veel te leeren.
Waarde H. Hirsch, voor de prettige wijze, waarop U
de korrektie van dit proefschrift ondernam, dank ik U
zeer hartelijk.
De bestuurders van het Heere Godfrieds of St. Jans
Leen ben ik zeer erkentelijk voor het vertrouwen, dat zij
steeds in mij gesteld hebben.
Het personeel van het Botanisch Laboratorium dank ik
voor hun vele hulp.
Tevens was ik tijdens mijn studietijd ook student; de
vereenigingen en de vele vrienden en kennissen, die het
mij mogelijk maakten, mij op velerlei gebied te oriënteeren,
zij ook hier veel dank gebracht.
Extrait du Recueil des Travaux botaniques néerlandais, Vol. XXXI, 1934.
DER EINFLUSS VON AETHYLEN AUF DIE
WUCHSSTOFFBILDUNG BEI AVENA UND VICIA
von
P. A. VAN DER LAAN,
INHALTSVERZEICHNIS.
Seite
Einleitung ..................................... 692
Erster Abschnitt: Algemeines
§ 1. Allgemeine Literaturübersicht ............ 693
§ 2. Das Gas; Allgemeine Versuchsaufstellung 701
Zweiter Abschnitt: Untersuchungen an Avena sativa
§ 3. Allgemeines............................................703
§ 6. Methodik der Bestimmung des Wuchsstoff-
transportes .......................................707
§ 7. Methodik der Bestimmung des Wuchsstoff-
reaktionsvermögens ..................... 708
§ 8. Wachstumsbestimmung .................. 708
§ 9. Bestimmung der Wuchsstoffproduktion.... 710
§ 10. Bestimmung des Wuchsstofftransportes.... 712
§ 11. Bestimmung des Wuchsstoffreaktionsver-
mögens; Übersicht über die Versuche an
Avena sativa...................................714
Dritter Abschnitt
§ 12. Untersuchungen an verschiedenen dikotylen
Keimpflanzen .......................... 717
Vierter Abschnitt: Untersuchungen an Vicia Faba
§ 13. Allgemeines .................................................718
§ 14. Methodik der Wachstumsbestimmungen... 720
-ocr page 14-Seite
§ 15. Methodik der Bestimmung der Wuchsstoff-
produktion ............................. 721
§ 16. Methodik der Bestimmung der Wuchsstoff-
verteilung .............................. 721
§ 17. Wachstumsbestimmungen................ 722
§ 18. Bestimmung der Wuchsstoffproduktion---- 723
§ 19. Bestimmung der Wuchsstoffverteilung. — . 726
§ 20. Einfluss der Schwerkraft auf das horizontale
Wachstum; Übersicht der Versuche an
Vicia Faha............................. 729
Fünfter Abschnitt
§ 21. Übersicht der Ergebnisse und der daraus zu
ziehenden Schlüsse; Theorie ............ 731
Zusammenfassung.............................. 737
Literaturverzeichnis............................. 738
EINLEITUNG.
Will man über die Lebenserscheinungen der Pflanzen
etwas erfahren, so verfährt man gewöhnlich nach folgender
Methode: Man wechselt einen der Aussenfaktoren, für den
die Pflanzen empfindlich sind, und hält alle anderen
Faktoren konstant; hierauf antworten die Pflanzen mit
besonderen Reaktionen. Eine derartige Arbeit setzt sich
zum Ziele, diesen Erscheinungen nachzugehen und aus
den Ergebnissen Schlüsse über das Wesen der pflanzlichen
Lebenserscheinungen zu ziehen.
In der vorhegenden Arbeit wird der Aussenfaktor: frische
Luft durch Hinzufügung von ein wenig Aethylen verändert.
Die Pflanzen sind für Aethylen, den schädlichsten
Bestandteil des Leuchtgases, ausserordentlich empfindlich
und die Änderungen, die dabei auftreten, sind sehr mannig-
faltig. Zwei dieser Aethyleneinflüsse sollen hier näher unter-
sucht werden, nämHch:
a. Die Verringerung des Längenwachstums der Keim-
pflanzen von Avena sativa.
ö. Der horizontale Wuchs der sonst vertikal wachsenden
Sprosse von Keimpflanzen von Vicia Faha.
Ich untersuche also speziell Wachstumsänderungen und
will besonders die Rolle des best bekannten pflanzlichen
Hormons^ des Wuchsstoffes, bei diesen Aethyleneinflüssen
nachprüfen.
ERSTER ABSCHNITT.
§ 1. Allgemeine Literaturübersicht,
Liest man die Literatur über die Schädigungen, die
das Wachstum der Pflanzen durch Leuchtgas oder durch
Aethylen erleidet, so bekommt man keineswegs ein einheit-
liches Bild. Entweder findet man mehr oder weniger starke
Hemmungen, oder die Schädigung ist nicht deutlich
ausgeprägt, oder es treten Förderungen auf. Die Empfind-
lichkeit schwankt sehr mit den verschiedenen Arten, mit
den Stadien des Wachstums, — und mit den Experimenta-
toren.
Die Landwirtschaft bemühte sich zuerst um den Leucht-
gasschaden; die ältesten Forscher (Girardin 1864; Vir-
chow 1870; Kny 1871; Spaeth und Meyer 1873) unter-
suchten Strassenbäume. Kny berichtet schon von der
verschiedenen Empfindlichkeit verschiedener Arten;
Spaeth und Meyer melden, dass in der Wachstums-
periode das Gas am schädlichsten einwirkt. Dann treten
Blattabfall und Kambiumsterben auf.
Wiesner (1878) untersuchte die Einwirkung von Licht
und Schwerkraft auf Phaseolus-Keimpflanzen. Als Licht-
quelle benutzte er eine Gasflamme, die andauernd brannte.
Es stellte sich heraus, dass die Pflänzchen eine verschiedene
Lichtkrümmung zeigen, je nachdem ob sich die Vorder-
oder Hinterseite krümmt (die Vorderseite ist die Stelle,
wo sich der Same an den Keimpflanzen befindet)» Die
Seiten sind also ungleich wachstumsfähig; es besteht die
Tendenz, von den Samen weg zu wachsen: die Vorder-
seite wächst anfangs schneller, darauf holt die Hinterseite
auf, sodass der Spross sich aufrichtet, dann wächst die
Vorderseite wieder schneller; schliesslich entsteht ein
wellenartiger, horizontaler Wuchs, den Wiesner „undu-
lierende Nutationquot; nannte. Schon Sachs (Lehrb. d. Bot.
4 Aufl. 1874 S. 828/829) erwähnt die Nutation bei der
Besprechung dieses von ihm begründeten Begriffes. Die
Erscheinung zeigt sich auch bei Vicia Faba, Pisum sativum,
und anderen Arten. Die Ursache der Erscheinung ist nach
W i e s n e r in ungünstigen Wachstumsbedingungen zu suchen.
Neljubow (1901; 1911) konnte zeigen, dass dies nicht
der Fall war. Es stellte sich heraus, dass unreine Luft,
besonders geringe Dosen Leuchtgas die Hand im Spiele
hatten; an eine autonome Nutation glaubte er nicht, nach
seinen Vorstellungen sollte das Leuchtgas bei den Pflanzen
eine geotropische Umstimmung veranlassen, wobei sich der
negative Geotropismus in einen transversalen verwandelt.
Es ist gleichgültig, von welchem Stand der Pflanze man aus-
geht, immer stellt sich nach seiner Meinung der Spross
im Gas horizontal, verhält sich also wie eine Seitenwurzel.
Richter (1903—1910) baut auf den Einsichten von
Wiesner weiter. Eine autonome Nutation soll zum Vor-
schein kommen, wenn das Gas den negativen Geotropismus
abschwächt. Unter normalen Umständen unterdrückt der
Geotropismus die Nutation. Als Beweis für seine Auf-
fassung, gegen die von Neljubow, führt er an, dass die
Sprosse unabhängig von ihrer Lage immer von den Samen
weg wachsen. Die gleiche Nutation tritt hervor, wenn
Richter bei normalen Pflanzen den negativen Geotropis-
mus durch Klinostatieren aufhebt.
Knight 6c Crocker (1913) bestimmen die Konzen-
-ocr page 17-tration des Gases, bei der die genannten Erscheinungen
bei Pisum gerade noch auftreten. Aethylen zeigt sich am
wirksamsten, schon 0,0001 % hat Erfolg. Sie untersuchen
weiterhin die Beschädigungen durch Tabaksrauch nach
dem Vorbild der Untersuchungen von Molisch (1911),
und schliessen daraus, dass Aethylen wahrscheinlich auch
in diesem Fall der schädliche Faktor sei. Der Gaseinfluss
besteht aus drei Teilen (»»triple responsequot;):
1.nbsp;Hemmung des Längenwachstums,
2.nbsp;Förderung des Dickenwachstums,
3.nbsp;Horizontale Nutation in der wachsenden Zone.
Weiter sei die ausführhche, aber experimentell nicht
befriedigende Arbeit von Sorauer (1916) erwähnt; er
setzt seine Versuchspflanzen in einen Raum, in dem an-
dauernd eine Gasflamme brennt. Die starken Schäden, die
dann auftreten, vergleicht er mit denen, die durch Sauer-
stoffmangel verursacht werden. Er findet einige Überein-
stimmung, und, als Sorauer weiterhin Transpirations-
und Assimilationshemmungen nachweisen zu können glaubt,
die seines Erachtens als Folgen des Sauerstoffmangels
auftreten, schliesst er, dass die sämtliche Gasbeschädi-
gungen auf Erscheinungen, die als Folgen von Sauerstoff-
mangel beschrieben wurden, zurückzuführen sind. Seine
Arbeit bezieht sich aber auf andauernde, schwere und
dadurch komplizierte Gasschäden, die sich mit den Ergeb-
nissen anderer Forscher nicht ohne weiteres vergleichen lassen.
Später erschien noch die Arbeit von Wehmer (1917—
1918), der Leuchtgasbeschädigungen bei verschiedenen
Pflanzengruppen beschrieb.
Die älteren Autoren beobachteten fast immer mehr oder
weniger ausgesprochene Wachstumshemmungen. Einen
stimulierenden Einfluss des Aethylens auf das Wachstum
entdeckt man ja nur, wenn man mit ganz bestimmten
Gaskonzentrationen arbeitet; wie viele Gifte, wirkt auch
Aethylen in ganz geringer Menge förderend.
Eine häufig auftretende Stimulationserscheinung ist die
epinastische Krümmung schon erwachsener Blätter unter
dem Einfluss von Leuchtgas oder Aethylen. Wächter
(1905) entdeckte die Erscheinung, Molisch (1911)
zeigte ihr Auftreten bei Pflanzen, die der Einwirkung von
Tabaksrauch ausgesetzt sind und Doubt (1917) bei vielen
Pflanzen unter Einfluss von Leuchtgas; Schwarz (1927)
teilt ausserdem mit, dass die gleichen Erscheinungen nach
dreistündigen Aufenthalt in Wasser von 35° C auftraten.
Sie konnte weiter durch anheften von Marken auf dem
Blattstiele feststellen, dass die Epinastie eine Wachstums-
und keine Variationsbewegung ist.
Am besten untersuchten Crocker, Zimmerman amp;
Hitchcock (1932) die durch Aethylen verursachte Epi-
nastie. Sehr viele Pflanzen wurden auf ihre Empfindlichkeit
geprüft; nur 36 % zeigten eine deutlich ausgeprägte
Epinastie. Die Erscheinung wurde an einer Tomaten-
pflanze gefilmt, dabei ergab sich, dass die Nutationen und
Schlafbewegungen der Blätter in Aethylen aufhörten, es
trat eine gewisse Starre auf. Der Anteil des Geotropismus
an der Epinastie wird eingehend untersucht: klinostatieren
sie um eine horizontale Achse, so bleibt zwar nur 40 %
der Epinastie übrig, sie bleibt aber in jedem Fall bestehen.
Anscheinend hat der Geotropismus einen hervorragenden
Anteil am Zustandekommen der Erscheinung, aber der
einzige bedingende Faktor ist er nicht; auch innere Faktoren
haben die Hand im Spiele. Dasselbe gilt für das horizontale
Wachstum der Keimlinge.
Eine dritte Reihe von Erscheinungen ist durch die
Anforderungen der Technik bekannt worden. In Amerika
wird die ausserordentliche Empfindlichkeit von Pflanzen
gegen Aethylen in mannigfaltiger Weise ausgenutzt. Da
vor einiger Zeit eine gute Übersicht erschienen ist (Mack
amp; Livingstonel933), genügt hier eine kurze Besprechung.
Es stellte sich heraus, dass geringe Mengen Aethylen die
Ruheperioden der Pflanzen beträchthch verkürzen können,
und dass die zum Reifen abgepflückten Obstes nötige
Zeit in Aethylen bedeutend geringer ist (Chace amp; Denny
1924; Denny 1924a; Wolfe 1931). Dazu kommt, dass
die Atmung stets intensiver ist und vielleicht kann man
ganz allgemein auf einen beschleunigten Stoffwechsel
schliessen (E. M. Harvey 1915; Denny 1924b; Receim-
bal, Vacha amp; R. B. Harvey 1927; Mack 1927; Davis
amp; Church 1931; Mack amp; Livingstone 1933).
Wie schon erwähnt, kürzt Aethylen die Ruheperioden
ab; ganz besonders wird die Entwicklung der Ausläufer
bei Kartoffelknollen beschleunigt (Vacha amp; R. B. Harvey
1927). Aethylen war nicht immer am wirksamsten (Denny
1926); oft zeitigten C2H4-Verbindungen bessere Ergeb-
nisse. R. B. Harvey (1925) und Mack (1927) teilen mit,
dass Sellerie in Aethylen schneller weiss wird.
Sehr interessant ist weiterhin die ausführliche Arbeit von
Rossi (1933). Er fand, dass Behandelung mit Aethylen
die zur Fermentation und Trocknung von Tabaksblättern
notwendige Zeit um 40 % verkürzt. Er nimmt an, dass
sich die Wirkung des Aethylens auf eine Stimulation der
enzymatischen Prozesse beschränke. Dabei wird nach seiner
Meinung das Zellplasma gereizt. Die Qualität des Tabaks
bleibt vollkommen unverändert.
Wir können also aus den bisher bekannten Erscheinungen
die Wirkung des Aethylens auf die Pflanzen noch keines-
wegs analysieren; m.E. besteht jedoch wenigstens ein Anhalts-
punkt: vielfach zeigten sich unter Einfluss von Aethylen
Wachstumsänderungen, Da F. W. Went (1928) den engen
Zusammenhang zwischen Wachstum und Wuchsstoffgehalt
festgestellt hat, schien es interessant, die Gaseinflüsse von
diesem Gesichtspunkt aus zu untersuchen.
Die Geschichte der Entdeckung des Wuchsstoffs kann
ich kurz behandeln, da über dies Thema schon viele Über-
sichten erschienen sind (F. W. Went 1928; Kostytschew-
Went 1931; Du Buy amp; Nuernbergk 1932).
Boysen Jensen (1913) und Paal (1919) wiesen das
Bestehen eines Stoffes nach, der für die phototropische
Krümmung verantworthch ist. Diese Entdeckung arbeiteten
Cholodny (1927), F. W. Went (1928), und Dolk (1930)
aus zu ihrer bekannten Wuchsstofftheorie der Tropismen:
In orthotropen Pflanzenteilen besteht ein hasipetaler, all-
seitiger Wuchsstofftransport, der durch Licht oder Schwer-
kraft {allgemein gesagt einem „Reizquot;) einseitig abgelenkt wird;
mehr Wuchsstoff bewirkt ein stärkeres Wachstum, also ergibt
sich ein einseitig erhöhtes Wachstum, das die Krümmung
verursacht,
F. W. Went verdanken wir eine schöne, quantitative
Methode zur Bestimmung des Wuchsstoffgehaltes, die
seitdem viele eingehende Untersuchungen ermöglichte;
Van der Wey (1931) brachte in dieser Methode einige
sehr nützliche Verbesserungen an.
Die Untersuchungen von Went wurde in verschiedenen
Richtungen ausgearbeitet:
Heyn (1931) konnte bei Avena zeigen, dass unter Ein-
fluss des Wuchsstoffes die Plastizität der Zellmembran (d.h.
die Fähigkeit irreversibel gedehnt zu werden) erhöht wird,
danach überdehnt der Turgor diese Zellmembranen. —
Die elastische Dehnbarkeit (d.h. die Fähigkeit zu rever-
siblen Längenänderungen) hat jedoch ebenfalls die Hand
im Spiele, denn sie erhöht sich während des Wachstums,
sinkt dagegen bei Wachstumshemmung, z.B. durch De-
kapitation. Heyn und Van Overbeek (1931) zeigten,
dass die elastische Dehnbarkeit ebenfalls vom Wuchsstoff
beeinflusst wird.
Van der Wey (1932) untersuchte den Wuchsstoff-
transport in lebenden Koleoptilzellen von Avena. Der
Transport verläuft viel schneller als eine reine Diffusion,
ausgesprochen polar, nur in basipetaler Richtung. Die
Menge zugeführten Wuchsstoffes beeinflusst die Transport-
geschwindigkeit nicht, auch die Temperatur wirkt auf
den Wuchsstofftransport nicht anders ein als auf jeden
beliebigen anderen Lebensprozess.
Uyldert (1931) arbeitete mit Sprossen von Tradescantia
fluminensis. Durch Dekapitation hemmte sie das Wachstum
und das geotropische Reaktionsvermögen; nach Wuchsstoff-
zufuhr traten beide wieder auf. Sie konnte in jungen Inter-
nodien Wuchsstofftransport nachweisen. Die Normal-
stellung eines Sprosses von Tradescantia weicht etwa um
20° von der Vertikalen ab. Vertikal orientierte, auf der
dorsalen Seite eingeschnittene Sprosse führen keine epinas-
tische Krümmung mehr aus, wohl aber solche, die auf
der ventralen Seite eingeschnitten werden. Bei geotropischer
Reizung leitet also nur die dorsale Seite den Wuchsstoff;
die geotropische Reizung verursacht eine Polarisation des
Wuchsstofftransportes.
Du Buy (1933) bestimmte die Wuchsstoffabgabe bei
Avenakoleoptilen während der Entwicklungsperiode; es
zeigte sich, dass sie sehr lange konstant blieb. Weiterhin
untersuchte er die verschiedenen Wuchsstoffverhältnisse
in Bezug auf das Älterwerden: Ich komme darauf noch
näher zurück (S. 717).
Van Overbeek (1933) konnte bei Keimpflanzen von
Raphanus und Lepidium nur in den Kotyledonen und
den jungen Blättern Wuchsstoff nachweisen. Dort liegt
bei diesen Arten also ein Wuchsstoffproduktionszentrum,
wie bei Avena in der Koleoptiispitze. Entfernt man je-
doch die Kotyledonen, so beginnt die Hypokotylspitze,
Wuchsstoff zu bilden. In grünen Blättern stellte er Wuchs-
stoffproduktion unter Einfluss des Lichtes fest. Es besteht
hier vielleicht ein Zusammenhang zwischen der Wuchs-
stoffbildung und der Assimilation.
Dijkman (1934) extrahierte dagegen aus den Hypoko-
tylen etiolierter Keimpflanzen von Lupinus viel Wuchs-
Stoff, während die Kotyledonen in diesem Falle keinen
wirksamen Wuchsstoff abgaben. Der Wuchsstoff kommt
über die ganze Länge des Hypokotyls verbreitet vor, es
gibt hier kein fest umschriebenes Zentrum der Wuchsstoff-
produktion. Wahrscheinlich bildet jede Zelle ihren eigenen
Wuchsstoff. Auf die Menge des gebildeten Wuchsstoffs
hat die Richtung der Schwerkraft keinen Einfluss; wohl
tritt, wie schon Dolk (1930) bei Avena zeigte, im horizon-
talen Hypokotyl eine einseitige Verteilung des basipetalen
Wuchsstoffstroms auf. Dabei erhält die Unterseite eben-
soviel mehr Wuchsstoff;^ als die Oberseite weniger empfängt.
Nach einer Berechnung von Dijkman lässt sich hier die
geotropische Krümmung aus dieser einseitigen Verteilung
des Wuchsstoffes quantitativ vollkommen erklären, an
ihrem Zustandekommen ist keine Geowachstumsreaktion
beteiligt. Dies stimmt mit den Befunden von Cholodny
(1929, 1930) und Dolk (1930) überein, beide konnten
keine Geowachstumsreaktion nachweisen.
Schmitz (1933) untersuchte den Wuchsstoffgehalt der
Grasknoten; die Knoten enthalten Wuchsstoff, die Inter-
nodien nicht. Auch hier tritt bei geotropischer Reizung
eine Polarisation des Wuchsstoffes auf, wobei die Unter-
seite an meisten empfängt. Bekannthch wachsen die Gras-
knoten bei Klinostatieren allseitig aus, und es stellte sich
heraus, dass dann auch allseitig mehr Wuchsstoff ge-
bildet wird. Im Gegensatz zum Falle von Dijkman, wird
hier also durch die geotropische Reizung Wuchsstoff neu
gebildet. Doch müssen wir eher das Verhalten der Gras-
knoten als die Verhältnisse bei den Keimpflanzen von
Lupinus als einen abweichenden Fall auffassen.
Van derWey (1934) zeigte polaren Wuchsstofftransport
bei dem Strauch Elaeagnus, und fand auch Wuchsstoff
bei Valonia.
Von den verschiedensten Gesichtspunkten sind also
Untersuchungen über die Rolle des Wuchsstoffs im
pflanzlichen Leben in Angriff genommen worden. Es
zeigte sich, dass dieser Stoff ganz allgemein verbreitet
ist und überall die Zellstreckung fördert. In der letzten
Zeit ist aber unumstösslich bewiesen, dass der Wuchsstoff
bei Wurzeln das Streckungswachstum hemmt: (Cholodny
1927; Boysen Jensen 1933); vergl. auch Gorter (1932).
Diese Erscheinung ist mit unseren heutigen Vorstellungen
über den Mechanismus der Wuchsstoffeinwirkung nur
schwer zu deuten.
Bonner (1933) griff die Sache von einer anderen Seite
an; er mass das Wachstum von Avenakoleoptilen an
wuchsstoffreien Koleoptilzyhndern von 3 mm Länge.
Ob hier das normale Wachstum erfasst wird, bleibt dahin-
gestellt. In einer Wuchsstofflösung verlängern sich diese
Zylinder; dies Wachstum variiert mit den Wuchsstoff-
konzentrationen (der Wuchsstoff stammt von Rhizopus).
Wir finden eine optimale Konzentration; hohe Konzentra-
tionen haben eine schädliche Wirkung. Die Verlängerung
der Koleoptilzylinder wird vollständig gehemmt von einer
0,001- normalen KCN-Lösung, ebenso von einer 0,05 %
Phenylurethan-Lösung; auch in einer Stickstoffatmosphäre
trat kein Wachstum mehr auf. Die gleichen Hemmungen
zeigten sich, wenn er die Atmung bei in gleicher Weise
behandelten Pflanzenstücken bestimmte. Hinzufügen kleiner
Wuchsstoffmengen erhöht die Atmung, grössere Mengen
stören sie. Aus seinen Untersuchungen schliesst Bonner,
dass eine Steigerung der Atmungsintensität für die Wachs-
tum verursachende Wirkung des Wuchsstoffes wahrschein-
lich eine notwendige Voraussetzung ist.
§ 2. Das Gas, Allgemeine Versuchsdarstellung,
C—H
Aethylen, il ist ein brennbares, nicht explosions-
C—H
fähiges, riechendes Gas, das im Wasser schwer löslich ist
-ocr page 24-(0.25 % bei 0° C). Infolge der doppelten Bindung ist es
zu vielen Additionen, z.B. mit Halogenen, Schwefelsäure,
Stickoxyden und Metallsalzen im Stande. Von Schwefel-
säure wird es gut absorbiert. Eine Übersicht der physi-
kalischen und chemischen Eigenschaften von Aethylen
geben Malisoff amp; Egloff (1919).
Der Leitsatz beim Suchen nach einer zweckmässigen
Methodik war folgender: es musste eine Versuchsaufstellung
geschaffen werden, in der nur ein Faktor wechselt: Aethylen
oder kein Aethylen; sonst
sollen alle Versuchsbedin-
gungen vollkommen kon-
stant sein.
Herstellung des Aethy-
lens: 25 Gr. Aethylalkohol
96 %, 150 Gr. konzen-
trierte Schwefelsäure und
30 Gr. Sand werden im
Ölbade auf 230° C er-
hitzt. Wenn Aethylenent-
wicklung auftritt, fügt man
aus einem Scheidetrichter
eine Mischung von Alko-
hol und Schwefelsäure im Verhältnis 1 : 2 hinzu. Das Gas
wird in Waschflaschen mit Lauge und Schwefelsäure von
Verunreinigungen befreit und unter Wasser aufgefangen;
dann wird es im Gasbehälter gesammelt. (Erlenmeyer
amp; Bunte 1874; Abderhalden's Handb. d. Physiol. Arb.
Meth. I, 4. 36).
Der Gaskastem Die Versuchspflanzen werden in dem
in Abb. 1 wiedergegebenen Blechkasten (22.4 x 12.5 x
16 cm) dem Gaseinfluss ausgesetzt. Mit einer Gaspipette
(Jordan amp; Hirsch 1927) wird ein wenig Aethylengas
unter Wasser aufgefangen und durch einen gläsernen Hahn
in den Kasten gepresst; um einen grösseren Druck ausüben
zu können, wird an der Pipette ein Gummiball befestigt.
Immer stand neben dem Versuchskasten ein zweiter ohne
Gas zur Kontrolle.
Kontrollversuche zeigten folgendes: innerhalb bestimm-
ter Grenzen der Aethylenkonzentration (0.005—0.0005 %)
bleibt der Einfluss unverändert; es ist also nicht nötig
immer mit einer genau bestimmten Konzentration zu ar-
beiten. Das bedeutet eine wichtige Erleichterung der Arbeits-
methode. Bei allen Versuchen lag die benutzte Gasmenge
innerhalb dieser Grenzen. Weiter ergab sich, dass bei
einem 24-stündigen Aufenthalt im Kontrollkasten niemals
Beschädigungen infolge von Sauerstoffmangel auftraten;
im Gaskasten zeigten sich dagegen innerhalb dieser Zeit
deutliche Änderungen; damit ist festgestellt, dass So-
rauer's Befunde als unrichtig zu bezeichnen sind; die alten
Versuche von Wieler (1883) und Jaccard (1893) finden
hier ihre Bestätigung.
Alle Versuche fanden bei einer Temperatur von 22° C
statt, die im Dunkelzimmer ausserdem bei einer Feuchtig-
keit von 92 %.
ZWEITER ABSCHNITT.
Untersuchungen an Avena sativa
§ 3. Allgemeines,
Da die genauesten Wuchsstoffbestimmungen an Avena
sativa (Svalöv's Siegeshafer) ausgeführt werden
können, wählte ich diese Pflanze als erstes Versuchsobjekt.
In dieser Arbeit wird das Wort „Wuchsstoffquot; gebraucht für
das aus Pflanzen extrahierte, nicht behandelte Produkt; das Woit
„Auxinquot; dagegen für den aus Urin angereicherten, chemisch als
a-Auxin gut bekannten Stoff (vergl. Kögl, Haagen Smit und
Erxleben, 1932).
Die Pflanzen werden in der üblichen Weise in gläsernen
Behältern im Wasser gezüchtet (Went 1928), sie standen
auch im gleichen Dunkelzimmer.
Nach 3% Tagen werden die Pflanzen in die Blechkästen
gestellt und zur Hälfte mit ein wenig Aethylen versehen;
danach stellte ich sie in einen Thermostaten mit der
gleichen Temperatur, die im Dunkelzimmer herrschte;
das „ekligequot; Gas durfte ja nicht ins Dunkelzimmer gelangen!
Am nächsten Tage fingen dann die Versuche an.
Für Transportversuche (vgl. v. d. Wey 1932) muss
man an einem einzigen Tage sehr viel Wuchsstoffanalysen
ausführen; untersucht man z.B. den Transport während
fünf verschiedener Zeiten, so benötigt man zur Analyse
der Agarblöckchen 5 X 12 = 60 Avenapflanzen. Bestimmt
man den Gehalt des unteren und des oberen Plättchen, so
ist eine doppelte Anzahl nötig; und vergleichende Versuche
in Gas und in reiner Luft verdoppeln die Zahl der Test-
pflanzen abermals! Dekapitieren von 20 X 12 Avena-
keimlingen, das Ausziehen der Primärblätter und das Auf-
setzen der Agarblöckchen dauert mindestens 100 Minuten.
Zwischen dem Aufsetzen des Agar auf die erste und die
letzte Pflanze liegt also ein Zeitraum von 100 Minuten,
und dies kann einen erheblichen Fehler verursachen.
Kögl und Haagen Smit konnten nämlich zeigen, dass
das Reaktionsvermögen der Avenakeimpflanzen auf eine
bestimmte Menge Auxin stündlich um mehrere zehn Pro-
zente schwankt (Kögl 1933).
Um gut vergleichbare Versuche zu bekommen, ist es
also angebracht, die Analysen möglichst gleichzeitig aus-
zuführen. Dies war durch eine geänderte Versuchstechnik
zu erreichen. Ich benutzte nicht, wie bisher, eine Reihe
von 12 Pflanzen für eine Versuchsserie, sondern gebrauchte
der Reihe nach alle Serien nach einander, sodass jede
Pflanze einer Reihe zu einer anderen Versuchsserie gehört.
Der folgende Versuch rechtfertigt dies Verhalten:
TABELLE L
Vergleich zweier Serien verschieden vorbehandelter Testpflanzen
im Auxin-Testverfahren.
Serie a: Die Agarwürfelchen jeder Versuchsreihe wurden nachein-
ander auf je zwei Kulturgestelle gesetzt.
Serie b: Die Pflanzen eines Kulturgestells werden abwechselnd mit
einem Agarwürfelchen jeder Versuchsreihe versehen.
a. |
b. | |||
1.nbsp;8,6° ± 0,5 19 Pfl. 2.nbsp;7,6° ± 0,5 16 Pfl. 3.nbsp;7,2° ±0,6 17 Pfl. 4.nbsp;5,8° ± 0,7 19 Pfl. |
1.nbsp;7.0° ± 0,5 20 Pfl. 2.nbsp;8,1° ± 0,4 17 Pfl. 3.nbsp;7,0° ±0,5 16 Pfl. 4.nbsp;7,6° ± 0,4 20 Pfl. |
§ 4. Methodik der Wachstumsbestimmungen,
Das Wachstum der Keimpflanzen muss sowohl in
Aethylen, als in reiner Luft gleichzeitig unter gleichen
Bedingungen bestimmt werden. Zu diesem Zweck wird
einer der früher beschriebenen Blechkästen mit einer voll-
kommen luftdichten Scheidewand, und mit Fenstern an
der Vorder- und Hinterseite versehen (Abb. 2). So ent-
stehen zwei Fächer, eins davon kann man mit einer kleinen
Menge Gas beschicken. In jedem Fach standen 5—7
Avenakeimpflanzen.
Nun wurde kontrolhert, ob der Kasten dicht hielt.
Ich setzte zu diesem Zwecke einen zweiten Kasten mit
gleich alten Pflanzen daneben. Nach 12 Stunden waren
diese Pflanzen genau so lang wie diejenigen, die sich im
Fach mit Luft befanden, während die Pflanzen im Fach
mit Gas sehr viel kürzer gebheben sind. Diese Wachstums-
hemmung mass ich nun folgendermassen:
Ein photographischer Apparat von Zeiss (C) wurde an
demselben Tisch, auf dem der Blechkasten (B) steht, gut
befestigt und auf die Pflanzen in den beiden Fächern ein-
gestellt. Die Kamera enthält eine Kassette, worin sich ein
panchromatischer Film befindet, der nach jeder Aufnahme
weiter gedreht wurde. Die rote Beleuchtungslampe (A)
hinter dem Blechkasten brennt nur während der Aufnahme-
Zeit (Abb. 2).
Ich bekam also jedesmal ein Doppelbild von 2x6
Pflanzen, von denen die Hälfte dem Gaseinfluss ausgesetzt
war. Die ganze Apparatur stand in dem Dunkelzimmer
mit konstanter Temperatur und Luftfeuchtigkeit, das schon
F. W. Went (1928) beschrieb.
Auf die Pflanzen wurden nach dem Vorschlag von
Du Buy amp; Nuernbergk Stanniolmarken geklebt. Die
Glashälterchen der Koleoptile setzte ich sehr dicht neben-
einander, damit möglichst viele Pflanzen zugleich photo-
graphiert werden konnten. Aufnahmen wurden alle 30 oder
60 Minuten gemacht.
Die Filme wurden schliesslich auf einen Schirm projek-
tiert und mit dem Apparate nach Du Buy (1933 S. 818)
ausgemessen.
§ 5. Methodik der Bestimmung der Wuchsstoffproduktion.
Entsprechend den Angaben von F. W. Went wurden
jedesmal neun Avenaspitzen eine Stunde lang auf ein
Agarplättchen gesetzt.
Die Pflanzen wurden auf die bekannte Weise im Dunkel-
zimmer herangezogen und kamen dann 12—36 Stunden
lang in zwei Serien in die Blechkästen; eine Serie erhält
eine kleine Menge Aethylen.
TABELLE 2.
Einfluss der Einwirkungsdauer des Gases auf die Wuchsstoffpro-
duktion. Die Analysen wurden an einem Tage ausgeführt.
Verbleib in den |
14h |
18»^ |
; |
Versuchskästen | |||
in Gas..........----...... |
4,6° |
4,1° |
4,0° |
in reiner Luft............ |
6,8° 1 |
7,2° |
6,4° |
Tabelle 2 zeigt uns, dass die Wuchsstoffproduktion in
Gas geringer ist, dass dagegen die Dauer des Verbleibs der
Pflanzen in Aethylen die Wuchsstoffproduktion nicht
beeinflusst. Näheres über die oben genannte Einschränkung
findet man in § 9, S. 710.
§ 6. Methodik der Bestimmung des Wuchsstofftransportes.
Die Pflanzen für die Transportversuche wurden auf
dieselbe Weise herangezogen, wie die für die Produk-
tionsversuche. Die Koleoptilen der Gaspflanzen waren
2%—3 cm, die normalen 4—4% cm lang. Beide waren
gleich alt.
Ich gebrauchte die Methode von Van der Wey (1932)
und schnitt mit seinem auf S. 397 beschriebenen Apparat
Koleoptilzylinder; bei einiger Übung gelang es, auch ohne
seine Transportapparate (S. 401) die Zylinder in guten
Kontakt mit den Agarplättchen zu bringen.
§ 7. Methodik der Bestimmung des
Wuchsstoffreaktionsvermögens.
Auf zweierlei Weise wurde untersucht, wie das Gas
das Reaktionsvermögen der Keimpflanzen auf eine be-
stimmte Menge Auxin beeinflusst; erstens wurde die Grösse
der Wuchsstoffkrümmung nach einseitigem Aufsetzen von
Auxinagar gemessen, zweitens die Grösse des Wachstums,
wenn man auf dekapitierte Avenakoleoptilen allseitig
Auxinagar setzt
L Normale und Gaspflanzen, auf die übliche Weise
gezogen, wurden nach der Went'schen Methode mit Agar-
blöckchen versehen, die gleich viel Auxin enthielten.
Darauf kamen sie wieder in die Kästen und nach 110 Minuten
wurde ein Schattenbild der inzwischen entstandenen
Krümmung aufgenommen; dies wird nachher ausgemessen
(Went 1928 S. 26).
2. Ungefähr 3 cm lange Koleoptilen wurden dekapi-
tiert, das Primärblatt wurde ganz herausgezogen und
allseitig Auxinagar aufgesetzt. Die Pflanzen kamen darauf
in denselben Kasten mit der Scheidewand, der schon oben
beschrieben wurde. Auch das Wachstum wurde in der
gleichen Weise gemessen (Abb. 2.; S. 705).
§ 8. Wachstumsbestimmung (siehe Abb. 3.).
An unverletzten Pflanzen tritt nach einem Aufenthalt
von ungefähr einer Stunde in Aethylen eine 70-prozentige
Wachstumshemmung auf. Niemals stand das Wachstum
jedoch vollkommen still. Gleichzeitig ist beachtenswert,
dass die Gaspflanzen bedeutend dicker sind als normale
Pflanzen. Auf Schnitten sehen wir, dass die Zellen viel
kürzer und breiter und die Wände dicker sind, als bei
1) Für die Überlassung des zu meinen Versuchen benötigten
a-Auxin möchte ich den Herrn Prof. Dr. F. Kögl und Dr. A. J.
Haagen Smit meinen herzlichen Dank aussprechen.
iilone | ||
P W=J 1-1 1 1 1 1 1 1 |
1___________^ t t 1 ) 1 1 |
---Normal 1 1 |
2 t Zone
25-
ZO-
75-
m-
- Normal
5-
vA 10
r ^
SpUzenZone
Totä/es Wachstum
«Sf
I
-Homa!
quot;•-L._____
l_i_l
8 9 10 11 12 tdSfunden
Zeit nach der Zufuhr des Gases
Abb. 3. Totales Wachstum und Wachstum der Zonen bei
Avena. Mittelwerte aus 5 Versuchen vom 20.6., 7.7., 11.7.,
12.7. u. 13.7.1933.
gewöhnlichen Koleoptilen. Die mikroskopische Messung
der Koleoptilzellen von normalen und von Gaspflanzen
ergab:
Vi 1
TABELLE 3.
Gaspflanzen:
Normale Pflanzern
Länge
Breite
66,8 [j.
112,0 [X
19,5 [X
16,0 [X
Sämtliche Zahlen sind Mittelwerte von je fünfzig Messungen.
Wachstum der Zonen: Der Zeitpunkt des Anfangs der
Wachstumshemmung ist nicht für alle Zonen derselbe.
In der am kräftigsten wachsenden Zone, der mittleren
(7—15 mm von der Spitze), ist die Hemmung absolut am
grössten; es besteht also besonders zwischen dem Streckungs-
Wachstum und dem Gaseinfluss eine Beziehung. Es ist zu
erwarten, dass Aethylengas die Einwirkung des Wuchs-
stoffes, ohne den ja die Zellstreckung nicht möglich ist,
schwächt.
Viele Möglichkeiten sind nun gegeben:
1.nbsp;Aethylen beeinflusst die Wuchsstoffproduktion in der
Spitze.
2.nbsp;Aethylen beeinflusst den Wuchsstofftransport von der
Spitze zur Basis.
3.nbsp;Aethylen beeinflusst das Vermögen der Koleoptil-
zellen auf Wuchsstoff zu reagieren.
4.nbsp;Eine Kombination der obengenannten Faktoren.
Nacheinander wollen wir alle diese Möglichkeiten unter-
suchen.
§ 9. Bestimmung der Wuchsstoffproduktion.
TABELLE 4.
Wuchsstoffproduktion bei Avena in Gas und reiner Luft.
Wuchsstoffproduktion in
Verbleib in Gas
in Stunden.
Datum
Gas
! reiner Luft
18.11.32
21.11
25.11
26.11
28.11
2.12
3.12
3.12
7. 1
33
1.
1.
1.
1.
Total
4,9°
5,1°
4,4°
5,r
5,8°
4,6°
4,1°
4,0°
7,5°
1,3°
2,9°
3,5°
3,8°
7,0°
6,7°
8,3°
6,5°
8,9°
6,8°
7,2°
6,4°
9,2°
4,9°
4,1°
5,5°
5,8°
± 20
21%
33
12
13
14
18
35
72
15.
20.
20.
20.
15
35
35
35
57,0 = 65 %
87,3 = 100 %
Aus Tabelle 4 ergibt sich, dass Aethylen die Wuchsstoff-
produktion deutlich beeinflusst: diese wird um ein Drittel
vermindert. Diesen Änderungen ähneln die Erscheinungen,
die sich ergeben, wenn man die Spitze der Koleoptile ver-
letzt oder abschneidet. Auch dann wird das Streckungs-
wachstum infolge Wuchsstoffmangels eingestellt, die Zellen
werden dicker und bleiben kurz.
Das Aethylen schädigt bei Avena also das Wuchsstoff-
prodüktionszentrum in der Spitze,
Die im vorhergehenden Paragraphen genannte erste
Möglichkeit hat sich bestätigt; aber prozentual nimmt
das Wachstum viel stärker ab als die Abgabe wirksamen
Wuchsstoffes aus der Spitze der Koleoptile an das Agar-
plättchen. Es scheint mir jedoch noch nicht sichergestellt,
ob die Abgabe von wirksamem Wuchsstoff und die
Verringerung des Streckungswachstums prozentual ver-
gleichbar sind; wohl sind Wuchsstoffmenge und Wuchsstoff-
krümmung innerhalb gewisser Grenzen einander proportio-
nal (F. W. Went 1928; Dijkman 1934). Wir wissen je-
doch noch gar nicht:
1.nbsp;Wieviel Wuchsstoff zu einem bestimmten Wachstum
nötig ist;
2.nbsp;Ob aller Wuchsstoff, den wir aus den Pflanzen ge-
winnen, für das Wachstum gebraucht wird, und um-
gekehrt:
3.nbsp;Ob wir mit unserer heutigen Methodik überhaupt
allen wirksamen Wuchsstoff aus den Pflanzen gewinnen.
In der letzten Zeit (Dijkman 1934; v. Overbeek
1933) bemüht man sich durch quantitative Schlüsse, die
sich auch auf Wuchsstoffbestimmungen stützen, die theo-
retischen Einsichten zu vertiefen; so lange aber die
obengenannten Fragen offen bleiben, müssen wir diese
Erörterungen mit den grössten Vorsicht aufnehmen; m.E.
eilen sie den Experimenten voraus.
§ 10. Bestimmung des Wuchsstofftransportes.
Auf zweierlei Weise wurde der Transport bestimmt:
A.nbsp;Kurze Zylinder (2 mm), hohe Ausgangskonzentration
(100°), kurze Transportzeit (15—40 Min.);
B.nbsp;Lange Zylinder (6 mm), niedrige Ausgangskonzentration
(20—30°), lange Transportzeit (1—4 Stunden).
Wenn man den Transport auf die letztgenannte Weise
bestimmt, kann man gleichzeitig den Verbrauch des Wuchs-
stoffes ermitteln. Dabei
ist natürlich vorausge-
setzt, dass man sowohl
die Ausgangskonzentra-
tion als, am Ende des
Versuches, die Wuchs-
stoffkonzentrationen im
oberen und unteren Plätt-
chen beide bestimmt
(Van der Wey 1932
S, 438). Bei diesen Ver-
suchen findet der Trans-
port immer in Gas statt,
während die Versuche
mit kurzen Transport-
zeiten in der Zeit der
Nachwirkung des Gas-
einflusses erfolgten. Ich
setzte dann die Zylinder
nach dem Schneiden ei-
nige Stunden lang in
Gas, danach wurden sie
zu Transportversuchen
verwendet.
Ergebnisse: A. aus 8 Versuchen mit vielen verschiedenen
Transportzeiten zeigte sich, dass der Transport bei normalen
und in Gas gezogenen Pflanzen vollkommen gleich war (Abb. 4).
TABELLE 5.
Wuchsstofftransport bei Avena in Gas und reiner Luft.
Ausgangskonzentration 100°, Länge der Zylinder 2 mm.
Datum |
Transportzeit |
Grenz- | |||||
1933 |
16 Min.|24 Min.:32 Min.|40 Min.|48 Min. |
winkel. | |||||
% 1 |
% 1 |
% 1 |
% i |
% | |||
7.2. |
Gas |
3.1nbsp;; 4.2nbsp;! |
5,1 |
7,7 1 |
8,7 |
_ |
20,9° |
8.2. i |
Gas Normal |
3,3 : |
6,0 |
8,8 ! |
12,2 |
20,8 |
26,8° |
13.2. |
Gas Normal |
2,4 4,4 i |
5.1nbsp;1 5.2nbsp;1 |
5,4 |
8,0 i |
— |
22,6° |
14.2. |
1 Gas |
3,7 ^ |
6,4 |
9.0 9.1 |
11,2 |
13,3 |
23,4° |
15.2. |
1 Gas |
2,3 3,8 : |
3,6 |
6,5 |
8,0quot; |
— |
22,1° |
17.2. |
Gas Normal |
6,0 : |
7.1 5.2 |
8,1 |
10,2 |
— |
21,5° |
20.2. |
Gas Normal |
i 3,3 |
7,1 |
! 8,8 |
10,0 |
13.4 14.5 |
15,7° ■ |
21.2. |
Gas |
; 6,6 |
10,0 |
12,7 |
15,1 |
18,1 |
21,2° |
B. auch bei diesen 7 Versuchen konnte ich keinen Unter-
schied entdecken, weder im Wuchsstoffverbrauch, noch
im langwährenderi Transport (Abb. 5).
Damit ist unumstösslich bewiesen, dass Aethylen bei
Avena auf Wuchsstofftransport und -verbrauch keinen
Einfluss hat.
Die zweite Möglichkeit ist also nicht verwirklicht.
Der Wuchsstofftransport ist auch unabhängig von der
Menge zugeführten Wuchsstoffs (v. d. Wey 1932), von
der Wirkung der Längskomponente der Schwerkraft
(Pfaeltzer 1934), ausserdem ist der Temperatureinfluss
derselbe wie bei anderen Lebensprozessen (v. d. Wey
1932).
Der Wuchsstofftrans-
port ist also gegen äussere
Faktoren sehr resistent,
auch wenn diese das
Wachstum beeinflussen.
Anscheinlich ist es einer
der Faktoren, die die
Lebenserscheinungen
der Pflanzen in erster
Linie bedingen. Will man
die Stellung bestimmen,
die der Wuchsstoffme-
chanismus in der Reihe
pflanzlicher Lebenspro-
zesse einnimmt, so ist
m.E. vorallem eine nä-
here Untersuchung über
den Zusammenhang zwi-
schen Wuchsstofftrans-
port und Stoffwechsel-
prozessen, zumal der At-
mung, notwendig.
§ 11. Bestimmung des Wuchsstoffreaktionsvermögens,
Die Versuche über das Reaktionsvermögen sind nicht
leicht, da es stark wechselt, infolgedessen sind ein-
deutige Versuchen schwer zu erhalten (vgl. Kögl 1933;
Pfaeltzer 1934).
1. Methode (s. S. 708). Es war nicht möglich, auf diese
Weise ein einheitliches Bild zu gewinnen. Häufig reagierten
die vergasten Pflanzen stärker, zuweilen aber schwächer
als die normalen, oder es zeigte sich kein Unterschied.
Während dieser Versuche bekam ich den Eindruck, dass
die Zeit der Gaseinwirkung die Reaktion beherrscht.
TABELLE 6.
Transport und Verbrauch des Wuchsstoffes bei Avena. Ausg. konz. 20—30°. Zyl. 6 mm.
H-'
un
Da- |
Transportwerte in Graden |
bi) g ______________ — quot;ä S |
.5 u ri VH VI B 3 |
N quot;ttJ ^ -i | ||||||||||||
Nach 1 St. |
11/2 St. |
2 St. 2% St. |
3 St. |
4 |
St. lt; w | |||||||||||
unten |
oben |
unten |
oben |
unten' oben |
unten | oben unten |
oben unten |
oben | |||||||||
23.2 |
Gas |
6,0 |
14,1 |
7,0 |
13,6 |
9,7 11,1 |
10,4 |
10,4 — |
_ |
— |
— |
25,2° |
4,9° |
15,7° | ||
28.2 |
Gas |
— |
— |
7,25 ! 9,0 |
— |
—nbsp;' 7,2 -nbsp;i 8,5 |
6,0 |
- |
— |
-—— |
— |
19,5° |
6,3° 1 | |||
1.3 |
Gas |
5.3nbsp;11,7 8.4nbsp;1 9,2 |
— |
— |
7.3 7.4 |
6,25 — |
_ |
9,25 |
4,8 |
I |
24,7° |
11,2° | ||||
3.3 |
Gas |
6.5 5.6 |
11,25 |
— |
— |
8,9 i 9,8 |
— |
-nbsp;9,4 -nbsp;iio,o |
8,0 |
9,5 |
5,5 |
20,2° |
5,2° |
18,8° | ||
1 Gas i 6,9 |
10,5 |
8,2 |
— |
12,6 i 5,6 |
3,1 |
20,0° |
4,9° |
20,7° | ||||||||
14.3 |
Gas |
— |
— |
3,3 |
8,2 |
7,0 |
6,8 |
9,0 |
4,7 |
15,6 |
' 7,1 |
— |
— |
20,2° |
6,3° |
j 20,3° |
22.2 1 Norm. |
— |
— |
— |
— |
29,1° |
6,4° |
22,7° |
2. Methode. Mit dieser Versuchsaufstellung konnte ich
den Gaseinfluss während des Eintretens der Reaktion
beobachten. Dabei stelke sich deuthch heraus, wie sich
die Sache verhält: anfänglich trat ein verstärktes Wachstum
auf, darauf war die Reaktion nahezu gleich, und am Ende
blieb die Reaktion der Gaspflanzen hinter der normaler
Pflanzen zurück (Abb. 6).
n
leif in Stunden
-j_I_
40
35
r
I '
N
-Normal
'^Gas
8
6. Reaktionsvermögen für Wuchsstoff bei Avena. Mittel-
aus 5 Versuchen vom 24.7., 25.7., 27.7., 28.7. und
31.7. 1933.
Wie ist dies erhöhte Wachstum zu erklären? Die Zellen
bekamen infolge der Gaseinwirkung andauernd zu wenig
wirksamen Wuchsstoff, dagegen ging die Anfuhr von Bau-
stoffen weiter. Führt man nun Koleoptilen, die sich in diesem
Zustande befinden, viel Auxin zu, dann löst das Auxin
das Streckungswachstum in beschleunigtem Tempo aus.
Deutlich zeigt sich hier die Rolle des Wuchsstoffes als
auslösender Faktor bei der Zellstreckung.
Übersicht über die Versuche mit Avena: Das
Aethylen hat eine deutliche, hemmende Wirkung auf das
Wachstum der Avenakoleoptile. Die Streckungszone wird
am stärksten gehemmt. Die Wuchsstoffproduktion beträgt
Abb.
werte
bei vergasten Pflanzen nur 66 % der Menge normaler
Pflanzen. Das Wuchsstoffproduktionszentrum in der Spitze
wird durch Aethylen geschädigt.
Der Transport des Wuchsstoffes, sowie der Verbrauch
bleiben vollkommen unbeeinflusst.
Das Reaktionsvermögen auf eine bestimmte Menge
Wuchsstoff wird vorübergehend gefördert; da aber dieser
Faktor stets auch anderen Bedingungen unterworfen ist
(Kögl 1933; Pfaeltzer 1934), möchte ich hierauf nicht
tiefer eingehen.
Du Buy (1933) findet beim Altern von Avenakoleoptilen
folgendes: die Wuchsstoffabgabe bleibt gleich, der Trans-
port nimmt ab, der Verbrauch des Wuchsstoffes wird
grösser, das Reaktionsvermögen nimmt ab. Diese Er-
scheinungen sind also gerade das Gegenteil der von mir
beobachteten.
DRITTER ABSCHNITT.
§ 12. Untersuchungen an verschiedenen
dikotylen Keimpflanzen.
Im Dunkeln bei 20° C wurden in Sägemehl gepflanzt:
Samen von Phaseolus vulgaris, Vicia Faba var. minor;
Pisum sativum; Lepidium sativum; Lupinus angustifolius;
Raphanus sativus.
Nach zwei Tagen brachte ich die Pflanzen in ähnliche
Blechkästen, wie sie in den Avenaversuchen verwendet
wurden, nur war ihre Oberfläche grösser. Wieder kam die
eine Hälfte der Pflanzen in Kästen mit, die andere Hälfte
in Kästen ohne Gas. Die Kästen wurden täglich gelüftet
und neues Gas gegeben.
Überall stellte sich ein erheblicher Gaseinfluss heraus;
doch traten Unterschiede auf. Die Erscheinungen lassen
sich in einige Kategorien einteilen:
L die horizontale Nutation: ein flacher, leicht aufwärts
strebender, gerader Wuchs, geringeres Längenwachstum,
verstärktes Dickenwachstum. Wir finden hier also die
„triple responsequot; in Sinne von Knight und Crocker:
Epikotyle von Vicia Faha minor und Pisum sativum.
2.nbsp;das Hypokotyl bildet eine starke Verdickung und wird
geringelt wie ein Schweineschwänzchen; bisweilen
wächst der Spross wieder in den Boden. Es sind kurze
abnormal entwickelte Pflänzchen: Hypokotyle von Phase-
olus vulgaris und Raphanus sativus.
3.nbsp;das Hypokotyl verdickt sich ebenfalls, der Spross wächst
jedoch normal gerade nach oben und ist nur dicker
und kürzer: Hypokotyle von Lupinus angustifolius
und Lepidium sativum. Avena sativa verhält sich
ebenso.
Alle Kontrollpflanzen, die gleichfalls in Blechkästen
untergebracht waren, zeigten den bekannten, übertrieben
langen, senkrechten Wuchs etiolierter Keimpflanzen.
Immer wird also das Streckungswachstum beeinträchtigt
und das Dickenwachstum gefördert.
VIERTER ABSCHNITT.
Untersuchungen an Vicia Faba.
§ 13. Allgemeines,
Nach den Bestimmungen von Dijkman an Hypokotylen
von Lupinus, prüfte ich die Wuchsstoffverhältnisse an
Epikotylen von Vicia. Ich arbeitete immer mit etiolierten
Pflanzen, deren anatomische Einzelheiten im Vergleich
ZU normalen Pflanzen von Priestley (1926) ausführlich
beschrieben wurden.
In den letzten Jahren hat Snow (1925—'33) an diesen
Sprossen den Einfluss der Spitze auf das Ausschlagen der
Seitenknospen eingehend untersucht. Er beobachtete den
Einfluss eines Stoffes, sehr vermutlich Wuchsstoff, der bei
intakten Sprossen das Ausschlagen der Knospen hemmt;
wurde durch Dekapitation die Wuchsstoffzufuhr gestört,
so schlagen die Knospen schnell aus. Wuchsstoff hätte
hier also eine hemmende Wirkung.
Thimann amp; Skoog (1934) bestimmen mit der Went-
schen Methode den Wuchsstoffgehalt der Keimlinge von
Vicia Faba. Zumal in der Endknospe ist eine grosse Menge
Wuchsstoff vorhanden. Die ruhenden Seitenknospen ent-
halten fast keinen, ausschlagende dagegen wohl Wuchs-
stoff. Es ist Thimann amp; Skoog gelungen, das Aus-
schlagen der Seitenknospen dadurch zu verhindern, dass
sie dekapitierten Pflanzen künstliches (aus Rhizopus ge-
wonnenes) Auxin zuführten. Hier hemmt der Wuchsstoff
also das Wachstum, doch besteht vorläufig noch die Mög-
lichkeit, dass ein Hemmungsstoff eine Rolle spielt.
Wir wissen heute, dank der Untersuchungen von
Cholodny (1927) und Boysen Jensen (1933), dass auch
bei Wurzeln der Wuchsstoff das Wachstum hemmt (vergl.
auch Gort er (1932). Der Wuchsstoff ist also ein Stoff,
der auf die Zellstreckung einen starken regulatorischen
Einfluss, sowohl im positiven als im negativen Sinne, hat.
Der oben besprochenen Arbeit von Heyn, die ausschliess-
lich Avena betrifft, dürfen wir noch keine allgemeine
Gültigkeit zusprechen. Es bleibt ja doch die Frage offen,
wie sich der Wuchsstoff auf die Plastizität der Wurzel-
membranen auswirkt. Eine nähere Untersuchung wäre hier
sehr erwünscht!
Ich möchte mich in dieser Arbeit aber auf den Einfluss
von Aethylen beschränken. Zu meinen Versuchen wählte
ich die Epikotyle von Vicia Faba var. minor (Mansholt's
Wierboonen). Im Gas erheben sich die Sprosse merk-
würdigerweise überhaupt nicht über die Oberfläche, sondern
bohren sich durch das Sägemehl und bleiben horizontal
^Siehe aber Heyn (1934).
-ocr page 42-(Abb. 7). Ich habe ver-
sucht diese Erscheinung
zu analysieren.
Die Samen wurden
vorher ungefähr 36 Stun-
den lang in Wasser ein-
geweicht und darauf in
feuchtes Sägemehl in
Tongefässen gepflanzt.
Sieben Tage alte Pflan-
zen waren für die Ver-
suche am besten geeig-
net. Sie sind im Dunkel-
zimmer unter konstanten
Bedingungen aufgezogen
worden, aber schon nach
zwei Tagen kamen die
Gefässe in zwei grosse
Kästen, der eine davon
wurde immer mit etwas.
Aethylengas versehen.
Wie schon oben gesagt,
standen die Kästen nicht
im Zimmer mit kon-
einem Thermostaten.
stanter Temperatur, sondern in
§ 14. Methodik der Wachstumsbestimmungen,
Einen Tag vor Anfang des Versuches werden etiolierte,
normale Keimpflanzen in einer Reihe in Zinkgefässe mit
Sägemehl gepflanzt und mit Stanniolmarken versehen.
Zwei Zinkkästen waren an Vorder- und Hinterseite mit
einem gläsernen Fenster versehen; in jeden dieser Kästen
kamen vier Pflanzen. Dann befestigte ich die Kästen gut
auf dem Tisch des gleichen Kathetometers, das schon
Van Overbeek benutzte (1933; Abb. 3 u. 4, S. 555—556).
Die Methodik der Ablesungen findet man dort angegeben.
In den einen Kasten kam ein weinig Aethylen, so konnte
das Wachstum in Gas und in reiner Luft wieder gleich-
zeitig bestimmt werden.
§ 15. Methodik der Bestimmung
der Wuchsstoffproduktion.
Untersucht wird nun, ob die Epikotyle Wuchsstoff
enthalten. Dazu schnitt ich 7 mm lange Stücke aus den
Epikotylen, setzte sie einige Minuten lang auf nasses
Filtrierpapier und dann mit ihrer basalen Seite nach unten
auf ein Agarblöckchen (2 X 2x 0,9 mm). Jede Versuchs-
nummer enthält mit Rücksicht auf die Variabilität des
Materials immer mindestens 18 Pflanzen.
Nach Entfernung der Epikotylstücke werden die Agar-
blöckchen mit einem Tröpfchen Wasser einseitig auf
dekapitierte Avenakoleoptilen aufgesetzt. Die Krümmung
der Koleoptilen gab den Wert des Wuchsstoffgehaltes der
Epikotylstücke an.
§ 16. Methodik der Bestimmung der Wuchsstoffverteilung,
Wie in dem vorhergehenden Versuche werden aus
7 Tage alten, etiolierten Pflanzen 7 mm lange Epikotyl-
zylinder geschnitten. Nach dem Beispiel von Dijkman
(1934, S. 407) setzte ich sie auf horizontal gestellte Rasier-
messer.
Da sich aus den Versuchen über die Produktion des
Wuchsstoffes (§ 18) ergeben hatte, das die Epikotyle sehr
viel Wuchsstoff enthalten, war es im Gegensatz zum Ver-
fahren von Dijkman nicht nötig, künstliches Auxin auf
dem freien Ende der Zylinder anzubringen. Ausserdem
konnte ich bereits nach einer Viertelstunde den Wuchs-
stoffgehalt der Agarblöckchen bestimmen, und so unter-
suchen, ob schon eine einseitige Verteilung im Sinne von
Dolk aufgetreten war. Nach dieser ersten Viertelstunde
wurden die Agarblöckchen schnell bis zur Ausführung der
Wuchsstoffbestimmung in eine feuchte Kammer gelegt
und die Epikotylzylinder mit neuen, reinen Agarblöckchen
versehen. Auch diese standen eine Viertelstunde lang auf
den Epikotylstücken, um danach wieder durch neue ersetzt
zu werden. Dieses Verfahren wurde einige Male wieder-
holt, sodass ich eine Übersicht bekam über die Zeit, in
der die ungleiche Verteilung eintrat. Es war möglich auf
diese Weise die geotropische Präsentationszeit zu bestimmen.
Gleichzeitig wird die Präsentationszeit auf die übliche
Weise bestimmt, d.h. die Zeit, in der eine, mit blossem
Auge sichtbare Krümmung auftritt. Zu diesem Zwecke
pflanzte ich 9 Keimpflanzen in eine Reihe und stellte sie
vor einem mit Millimeterpapier bespannten Schirm horizon-
tal. Ihr Stand wird jede Viertelstunde abgelesen.
§ 17. Bestimmung des Wachstums (Abb. 8).
Das Wachstum konnte nur alle 30 Minuten bestimmt
werden; die Hemmung tritt aber sicher erst in der zweiten
halben Stunde der Gaseinwirkung auf; das Wachstum der
Iquot;
30
I | ||||
hlnnma! | ||||
1______J___ 1 |
1 | |||
- |
i |
1 | ||
———-- |
■ | |||
1 |
1 1 |
' t |
icv/ in Stunden i 1 1 1 ! |
12nbsp;13 nnbsp;15 16 17 16nbsp;19
Abb. 8. Totales Wachstum bei Vicia. Der Pfeil zeigt an,
dass um 14*^ Gas zugeführt wurde.
Gaspflanzen bleibt nachher mehrere Stunden lang gleich-
mässig niedrig, verschwindet aber nicht völlig. Die Ahnlich-
keit mit den Kurven, die sich bei Avena ergaben, ist augen-
fällig (Abb. 3; S. 709).
Eine Messung des Wachstums der Zonen zeigte nichts
Besonderes. Die Hemmung des Wachstums trat überall
gleichzeitig und im gleichen Masse auf.
Nach Dekapitation wachsen die Epikotyle weniger stark,
aber es dauert Sehr lange, bis das Wachstum ganz aufhört.
Dies lange währende Wachstum ist vielleicht aus dem
grossen Wuchsstoffvorrat des Epikotyls zu erklären.
§ 18. Bestimmung der Wuchsstoffproduktion.
Schon Thimann amp; Skoog (1934) zeigten,
dass die Epikotyle von Vicia Faba ausserordent-
lich viel Wuchsstoff enthalten. Aus welcher
Zone (Abb. 9) ich bei 7 Tage alten Pflanzen
die Zylinder schnitt, war gleichgühig, immer
bekam ich schon nach einer Viertelstunde eine
messbare Menge Wuchsstoff:
TABELLE 7; 29.9.33.
Extraktionszeit: |
1/4 Stunde |
Anz. |
1/2 Stunde |
Anz. |
Zone 1 |
6,2 ± 0,8 |
14 |
13,7 ± 0,9 |
15 |
2 |
6,8 ± 0,7 |
18 |
14,3 ± 1,3 |
14 |
Siehe Abb. 9 3 |
6,0 ± 0,9 |
16 |
11,5 ± 1,2 |
14 |
4 |
6,0 ± 1,0 |
11 |
12,6 ± 0,9 |
15 |
2 bis 3 Wochen alte Pflanzen zeigen jedoch in den basalen
Regionen eine Abnahme des Wuchsstoffgehaltes:
TABELLE 8; 10.10.33.
Pfl. 6 Tage. |
Anz. i |
Pfl. 10 Tage. ! |
Anz. | |||
Spitzenzone ........ |
14,4 ± |
1,3 |
1 14 |
16,5 ± |
1,0 |
13 |
Mittlere Zone ...... |
14,7 ± |
1,1 |
16 |
10,3 ± |
0,8 |
15 |
Basale Zone........ |
13,9 ± |
1,1 |
17 |
5,8 ± |
1,3 |
11 |
Extr. Zeit 1/2 Stunde. |
Stellt man die Zylinder invers, so wird die Wuchsstoff-
abgabe stark verringert:
TABELLE 9.
6.10.33.
Invers ............. |
. 4,8 ± |
0,6 |
18 |
Pfl. |
Normal ............ |
20,7 ± |
1,5 |
i 15 |
Pfl. (Grenzwinkel) |
Extr. Zeit 1 Stunde.
Auch bei Vicia Faba tritt anscheinend nur basipetaler
Transport auf.
Das Vorkommen und die Verbreitung des Wuchsstoffes
bei Vicia Faba ist vollkommen mit den Befunden von
Dijkman am Hypokotyl von Lupinus albus (1933, S. 112)
zu vergleichen. Auch hier ist kein festumschriebenes
Wuchsstoffproduktionszentrum vorhanden. Vicia liefert
aber 2—3 mal mehr wirksamen Wuchsstoff als Lupinus.
Der Einfluss der Jahreszeiten ist auch im Dunkelzimmer
bedeutend: die Wuchsstoffproduktion erreicht im Winter
nur die Hälfte der Sommerproduktion:
TABELLE 10.
Unterschiede in der Wuchsstoffproduktion bei Sommer-
und Winterpflanzen.
Datum |
Extraktions- |
Wuchsstoff- |
Anzahl der |
26. 9.33 |
i |
15,2° ± 0,5 |
19 Pfl. |
12.12.33 |
7,5° ± 0,8 |
12 Pfl. |
Wie steht es nun mit der Wuchsstoffproduktion in
Aethylen? Die Abgabe wirksamen Wuchsstoffes wird durch
0.0005 % Aethylen sehr stark eingeschränkt. Nur ein
kleiner Rest bleibt übrig. (Tabelle 11).
Wenn man nun nachher die Gaspflanzen in reine Luft
setzt, tritt eine teilweise Regeneration auf: 8.12.33: Gas-
pflanzen, 24 Stunden lang wieder in frischen Luft: Extr.
Zeit 1 Stunde: 4.1° ± 0.9; 18 Pfl.
TABELLE IL
Wuchsstoffproduktion in Gas und reiner Luft bei Vicia Faba
^ roduktion
Datum I-----
1933 in Gas
Anz.
Pfl.
Normal
_____I Extraktions-
Anz.'^eit in Stunden
Pfl. I
1.4nbsp;± 0,2
2,9 ± 0,3
6.5nbsp;± 0,6
9,8 ± 0,9
7,2 ± 0,8
6,4 ± 0,9
12,5 ± 0,6
22,7° (Grenzw.)
19,6° (Grenzw.)
25,4 °(Grenzw.)
20,7° (Grenzw.)
21,2° (Grenzw.)
1
5
4
4
4
4
18
32
45
28
42
15
35
36
48
31
48
16
23.10
7.11
8.11
14.11
15.11
24.11
Noch deudicher ist der folgende Versuch:
TABELLE 12; 12—15.12.33. Extr. Zeit 1
Normale Pfl..................... 15,0 ± 1,6
Nach 24 St. im Gas............. 4,0 ± 0,8
.. 48 ♦ » it ff
4,6 ± 1,0
4,0 ± 0,4
GaspfL
Nach 24 St. im reiner Luft...... 10,0 ± 0,9
48 „ » „ „ ...... 13,6 ± 1,1
St.
12 Pfl.
17 „
17 „
12 Pfl.
12 „
14
Der Standard (Kögl 1933) des Reaktionsvermögens der
Avenakoleoptilen wird täglich bestimmt: die im obigen
Versuch an verschiedenen Tagen auftretenden Krümmungen
sind darauf umgerechnet.
Wann tritt in Gas diese ungeheuere Produktionshem-
mung auf? Eine grosse Zahl von Keimpflanzen wird gleich-
zeitig aufgezogen: ein Viertel wird nach 5 Tagen auf ihren
Wuchsstoffgehalt untersucht; die anderen Viertel kamen
beziehungsweise 3, 5, 9 Stunden in Gas. Alle Analysen
werden gleichzeitig ausgeführt.
(3 St. im Gas)
(6 „ „ „)
,, „)
TABELLE 13; 18.12.33.
1.nbsp;Extr. Z. 1 St. 7,6 ± 0,8 15 Pfl.
2.nbsp;„ „ 1 „ 2,0 ± 0,4 17 „
3.nbsp;„ „ 1 „ 2,0 ± 0,5 15 „
2,2 ± 0,4 18 „ (9 „ „
Nach 3 Stunden ist also die Hemmung bereits vollkommen;
sie bleibt in den folgenden Stunden gleich! Der nächste
1
-ocr page 48-Versuch zeigt, dass sogar schon nach einer Stunde die
maximale Hemmung erreicht ist!
TABELLE 14.
20.12.33.
1.nbsp;Extr. Z. 1 St. 6,7 dz 0,8 11 PfL
2.nbsp;„ „ 1 „ 1,8 ± 0,6 12 „ (1 St. im Gas)
3.nbsp;„ „ 1 „ 1,2 ± 0,4 12 „ (2 „ „ „)
4.nbsp;„ „ 1 „ 1,8 0,6 13 „ (3 „ „ „)
Es gelang mir nicht, den Zeitpunkt, an dem die Hemmung
eintritt, noch genauer festzulegen. Diese Ergebnisse smd
aber mit den Wachstumskurven vollkommen zu vergleichen:
Wachstum und Wuchsstoffgehalt gehen auch hier Hand
in Hand. Alle diese Folgerungen sind jedoch nur qualitativ,
denn die Hemmung des Wachstums durch Gas ist verhältnis-
mässig viel geringer als die Verminderung (fast eine Ver-
nichtung) des Wuchsstoffgehaltes.
§ 19. Bestimmung des Transportes und der
Verteilung des Wuchsstoffes.
Schon Dijkman (1934, S. 420) beschrieb einige Ver-
suche über die Beziehung zwischen der Einwirkungszeit
der Schwerkraft und der Wuchsstoffverteilung. Er be-
stimmte nach 1, 2 und 3 Stunden die Differenzen
zwischen den Wuchsstoffmengen aus den oberen und
unteren Hälften von horizontal gelegten Hypokotylzylindern
von Lupinus albus. Es stellte sich heraus, dass die Differenz
in der ersten halben Stunde noch innerhalb der Fehler-
grenze liegt, aber nach einer Stunde tritt die einseitige
Verteilung deutlich hervor. Die Werte von Dijkman
liegen jedoch nicht sehr regelmässig und sind mit sehr
verschiedenen Anzahlen von Pflanzen erreicht, sie bedürfen
daher einer näheren Bestätigung. Dank des grossen eigenen
Wuchsstoffgehaltes bei meinem Material war ich im Stande
diese Bestätigung zu erbringen.
Ich bestimmte jede Viertelstunde die Wuchsstoff-
differenz zwischen Ober- und Unterseite. Aus der Tabelle 15
und der graphischen Darstellung (Abb. 10) ergibt sich,
dass die einseitige Verteilung des Wuchsstoffes in der dritten
Viertelstunde nach dem Horizontallegen eintritt; die prozen-
tuale Verteilung bleibt während der nächsten Stunden
gleich gross; diesen Schluss zog bereits Dijkman auf
Grund seiner Zahlen. Messen wir die geotropische Präsen-
tationszeit in der gewöhnlichen Weise, so ergeben sich
ähnliche Zahlen; auch hier beobachtete ich die ersten
70
60
50
iO
30-
%
1 -
0.5
0
unten
oben
Zeit in Stunden
f'4
Abb. 10. Beziehung zwischen der ungleichen
Wuchsstoffverteilung und der Zunahme der
Krümmung geotropisch gereizter Epikotyle von
Vicia Faba. Die obere Kurve zeigt die Zunahme
der Krümmung in Graden; die untere den
Wuchsstoffgehalt von Unter- und Oberseite in
Prozenten.
Unterschiede im Wachstum zwischen Ober- und Unter-
seite in der dritten Viertelstunde, Danach nimmt der
Krümmungswinkel noch zu, aber die Krümmungszunahme
je Viertelstunde bleibt während der nächsten Stunden
ungefähr gleich; sie lässt sich mit der Kurve des Wuchsstoff-
gehaltes nach Eintritt der ungleichen Wuchsstoffverteilung
vergleichen. Dies ist also eine weitere Stütze für die Wuchs-
Stofftheorie des Geotropistnus von Cholodny—Dolk
(1927—1930), in dem von Dijkman erweiterten Sinne.
TABELLE 15.
Auftreten der einseitigen Wuchsstoffverteilung nach Horizontallegen.
Nur die Prozentzahlen der Wuchsstoffwerte sind angegeben. Es
wurden 14—18 Pflanzen je Bestimmung verwendet.
O Oberseite, U = ^ Unterseite.
Datum |
Nach |
Nach |
Nach |
Nach |
Nach |
Nach | |||||
1933 |
15 Min. |
30 Min. 1 |
45 Min. |
60 Min. |
75 Min. |
90 Min. | |||||
U |
O |
U |
O |
U |
o 1 |
U |
O |
U |
O |
U O | |
6.10,L |
52 |
48 |
46 |
54 |
62 |
38 | |||||
IL |
— |
— |
48 |
52 |
— |
— |
59 |
41 |
— |
— |
61 39 |
9.10. |
— |
— |
50 |
50 |
60 |
40 |
63 |
37 |
61 |
39 |
— — |
11.10. |
50 |
50 |
— |
— |
63 |
37 |
58 |
42 |
67 |
33 |
— — |
17.10. |
— |
— |
49 |
51 |
— |
— |
56 |
44 |
60 |
40 |
— — |
23.10. |
— |
— |
■ — |
— |
— |
— |
69 |
31 |
— |
— |
— — |
27.10. |
, 48 i_ |
52 |
57 |
43 |
67 |
33 |
— |
— |
59 |
41 |
65 35 |
Mittel- |
i | ||||||||||
werte: |
50 |
50 |
50 |
50 |
63 |
37 |
61 |
39 |
62 |
38 |
63 37 |
Aber wir kehren zur Besprechung des Gaseinflusses
zurück. Eine Bestimmung des Wuchsstoffgehaltes der
oberen und unteren Hälfte der Zylinder bei Gaspflanzen
war wegen ihres geringen Wuchsstoffgehaltes schwierig.
Dennoch erhielt ich folgende Daten:
TABELLE 16.
Einseitige Verteilung des Wuchsstoffes bei Gaspflanzen in
Horizontallage.
1 Datum i |
Wuchsstoffverteilung |
Zahl der |
Zahl der |
i Extraktions- | |
20.10. |
1,4° ± 0,4 |
' 4,1° ± 0,7 |
1 18 |
16 |
2 |
7.11. |
0,9= ± 0,3 |
2,0° ± 0,3 |
16 |
20 |
5 |
8.11. |
2,5° d= 0,5 |
, 4,0° ± 0,6 |
23 |
25 |
4 |
14,11. |
4,1° = 0,7 |
' 5,9° ± 1,1 |
18 |
13 |
4 |
15.1L |
3,1° = 0,6 |
4,1° ± 0,6 |
25 |
23 |
4 |
Total |
12,0° |
20,1° |
100 |
97 |
Die obere Hälfte enthielt also immer den meisten Wuchs-
stoff. Den Wert der absoluten Differenz muss man nicht
allzu hoch ausschlagen, denn sie ist wegen der sehr geringen
Krümmungswinkel vielleicht noch etwas zu gross. Aber
ich glaube dennoch einen Unterschied nachgewiesen zu
haben.
§ 20. Einfluss der Schwerkraft auf das horizontale Wachstum
der Sprosse von Vicia.
Neljubow (1911) glaubte zeigen zu können, dass
horizontal gewachsene Gaspflanzen immer wieder die
horizontale Lage aufsuchen, wenn man sie der Schwer-
kraft aussetzt. Auf diese Weise kommt er zu der Annahme,
die horizontale Nuta-
tion im Sinne von
Wiesner sei nicht
autonom, sondern es
trete ein transversaler
Geotropismus auf.
Es schien mir an-
gebracht, das geotro-
pische Verhalten von
Vicia-Pflanzen in Gas
nochmals zu unter-
suchen.
Dazu pflanzte ich
in dieselben Zinkge-
fässe, worin sonst
Avena-Koleoptilen
gezogen werden, Samen von Vicia Faba, und setzte die
eine Hälfte von ihnen dem Gase aus; die Pflanzen waren
wieder in drie Reihen geteilt:
1.nbsp;Horizontaler Stand;
2.nbsp;Vertikaler Stand; die Seite, an der der Spross aus dem
Samen erscheint, ist nach oben gerichtet;
3. Ebenso, nur ist diese Seite nach unten gerichtet.
Täglich bekamen die Pflanzen frische Luft, beziehungs-
weise neues Gas. Nach 8 Tagen werden die Pflanzen aus
den Blechkästen genommen, mit Stecknadeln auf photo-
graphisches Papier gesteckt, und ein Schattenbild an-
gefertigt. Abb. 11 zeigt uns Zeichnungen, die nach diesen
Schattenbildern angefertigt wurden. Ein Einfluss des
Geotropismus auf die horizontale Nutation ist nicht zu
erkennen!
Ergebnisse der Versuche mit Vicia Faba.
Durch Aethylen wird das Wachstum von Vicia Faba-
Keimlingen stark herabgesetzt. Die Hemmung erstreckt
sich gleichmässig über alle Zonen.
Die Epikotyle enthalten sehr viel Wuchsstoff, bei jungen
Pflanzen in allen Zonen gleich viel, bei älteren in den
unteren Zonen weniger. In Aethylen wird die Wuchsstoff-
abgabe sehr stark herabgesetzt, sodass nur eine ganz geringe
Menge übrig bleibt.
Die einseitige Verteilung des WuchsstoiTes und die
geotropische Krümmung beginnen zur gleichen Zeit, in
der dritten Viertelstunde nach Anfang der geotropischen
Reizung.
Durch den Einfluss von Aethylen ist der übrig gebliebene
Wuchsstoff in vergasten Pflanzen einseitig verteilt; die
obere Hälfte enthält den meisten Wuchsstoff.
FÜNFTER ABSCHNITT.
§ 21. Übersicht der Ergebnisse und der daraus zu ziehenden
Folgerungen; Theorie,
Kurz zusammengefasst sind die Ergebnisse folgender-
massen zu formulieren:
A.nbsp;Avena.
1.nbsp;Aethylen verringert das Streckungswachstum (§ 8).
2.nbsp;Aethylen verringert die Wuchsstoffproduktion (§ 9).
3.nbsp;Aethylen fördert das Dickenwachstum (§8).
4.nbsp;Aethylen beeinflusst weder den Wuchsstofftransport
noch den Wuchsstoffverbrauch (§ 10).
5.nbsp;Aethylen fördert das Vermögen, auf Wuchsstoff zu
reagieren, vorübergehend (§ 11).
B.nbsp;Vicia.
6.nbsp;Aethylen verursacht ein horizontales Wachstum, das
von der Schwerkraft nicht beeinflusst wird (§ 17 und 20).
7.nbsp;Aethylen verringert am stärksten die Wuchstoffabgabe
(§ 18).
8.nbsp;Aethylen verursacht eine Verteilung der übriggeblie-
benen Wuchsstoffmenge, wobei die Oberseite am
meisten bekommt (§ 19).
9.nbsp;Aethylen ändert die Wirksamkeit einer direkt zugeführten
Auxinlösung nicht im geringsten (Siehe S. 735).
Welche Folgerungen dürfen wir aus diesen Tatsachen
ziehen? Zu (1) und (2): Es hat sich herausgestellt, dass gleich-
zeitig mit der schon längst bekannten starken Hemmung
des Streckungswachstums eine bedeutende Verringerung
der abgegebenen Menge wirksamen Wuchsstoffes eintritt.
Schon F, W, Went (1928) hat festgestelh, dass ohne
Wuchsstoff kein Streckungs^zchstnm möglich is. Absicht-
lich sage ich: Streckungswachstum; denn, wie sich aus (3)
ergibt, kann man wohl ein starkes Dickenwachstum fest-
stellen, Dies gilt auch für vergaste Keimpflanzen von
Vicia, die nur noch sehr wenig VC^uchstoff enthalten.
Anscheinend ist das Dickenwachstum vom Wuchsstoff-
gehalt viel unabhängiger als das Streckungswachstum.
Wie verändern sich die Zellen, wenn dies Dicken-
wachstum auftritt? Auf Schnitten (§ 8) sehen wir breite,
kurze Zellen mit dicken, geschichteten Wänden; eine Plas-
tizitätserhöhung hat anscheinend nicht statt gefunden (siehe
Heyn 1931). Wohl aber ist eine Substanzvermehrung
der Zellwände (durch Apposition oder Intussusception)
aufgetreten.
Dies bestätigt also die Ansicht von Heyn, dass sich bei
der Wuchsstoffeinwirkung auf die Zellstreckung primär
die Plastizität der Zellwand ändert und dass erst später
die überdehnte Membran durch Intussusception neuer
Teilchen fixiert wird. Söding (1934) nimmt dagegen auf
Grund seiner Versuche mit sich streckenden Organen
an, dass bei der Zellstreckung sofort Intussusceptions-
wachstum auftritt. Da sich aus den vorliegenden Versuchen
ergibt, dass in Aethylen infolge der Schädigung der
Wuchsstoffproduktion keine Streckung, wohl aber Dicken-
Wachstum durch Intussusception eintritt, scheint mir die
Ansicht von Söding zum mindesten zweifelhaft.
Die Zufuhr neuer Baustoffe aus den Wurzeln zu den
Sprosszellen wird in Aethylen vermutlich wenig gestört;
hierfür spricht, dass die Gaspflanzen stark guttieren und
keine besonderen Transpirationsstörungen aufweisen. In-
folge der Substanzvermehrung der Zellwände werden die
Sprosse also dicker, dadurch werden die elastische Dehn-
barkeit und die elastische Dehnung erniedrigt (siehe
Heyn 1931). Die Zellstreckung, die normalerweise die
Wände länger und dünner macht, tritt infolge der durch
das Aethylen stark verringerten Menge wirksamen Wuchs-
stoffes nahezu nicht auf. Die Zellen bleiben kurz und dick,
die Lage stabilisiert sich, und eine nachträgliche Wuchsstoff-
zufuhr verändert an diesen Zellen nicht viel mehr. Dennoch
habe ich die Tendenz eines Ausgleiches nachweisen können.
Die vorübergehende förderende Wirkung des Aethylens
auf das Wuchsstoffreaktionsvermögen (5) zeigt, dass die
untersetzten Zellen auf die Zufuhr künstlichen Wuchs-
stoffes mit einer übernormalen Zellstreckung reagieren.
Man kann diese Reaktion deuten als einen Versuch,
wieder normale Verhältnisse herzustellen.
Also sind bei Avena die Beschädigungen, die durch
Aethylengas verursacht werden, auf eine Hemmung
der Wuchsstoffbildung zurückzuführen.
Durch das Aethylen wird die Wuchsstoffwirkung stark
eingeschränkt. Unter diesen stark veränderten Umständen
wächst der Spross von Vicia Faba horizontal und reagiert
nicht mehr auf die Wirkung der Schwerkraft (6).
Der Spross der Keimpflanzen von Vicia Faba ist im
Prinzip dorsiventral gebaut, verhält sich aber orthotrop
(Benecke—Jost Pfl. Phys. 4 Aufl. 1923 Bd. II S. 284).
Die Dorsiventralitätskrümmungen werden durch den
starken negativen Geotropismus vollkommen aufgehoben.
Infolge der Gaseinwirkung verschwindet gleichzeitig mit
dem grössten Teil des wirksamen Wuchsstoffes die geotro-
pische Empfindlichkeit (7). Ohne viel Wuchsstoff ist hier
kein Geotropismus möglich. Nun äussert sich die bisher
unterdrückte Dorsiventralität, und die horizontale Nutation
tritt auf. Der übrig gebliebene Wuchsstoff ist in den
horizontalen Sprossen einseitig verteilt (8), die dorsale
Seite bekommt am meisten.
Diesen Zustand verdeutlicht man am besten durch das
folgende Bild: Bei Hochwasser ist ein Flussbett vollkommen
gefüllt, wir sehen eine einheitliche gerade Wasserfläche.
Doch liegt auf dem Boden eine Sandbank. Nimmt nun
das Wasser des Flusses erhebhch ab, so strömt das Wasser
nur an der einen Seite des Flussbettes, die Sandbank wird
trocken liegen. So ist es auch im Falle der horizontalen
Nutation unserer Keimpflanzen. Der einseitige Wuchsstoff-
strom tritt erst zutage, wenn der Hauptstrom infolge der
Gaseinwirkung abgedämmt ist.
Wir können also die horizontale Nutation, im Anschluss
an die alten Anschauungen von Wiesner, bezeichnen als
eine autonome Epinastie, die von vorn herein durch eine
inhärente Dorsiventrahtät bedingt ist (siehe u.a. R a wit-
scher 1925; 1932).
Von Guttenberg (in: Fortschr. d. Bot. 1932) und
seine Schüler Hennings und Freytag (1931) geben die
folgende Erklärung für die sogenannte autonome oder
inhärente Epinastie dorsiventraler Pflanzenteile. Nach einer
Besprechung der Arbeit von Frl. Uyldert sagt er (zitiert
nach S. 241):
„Die Erklärung läge darin, dass die Dorsiventrahtät
dieser Organe nicht nur eine äusserhche, sondern
auch eine innerliche (plasmatische) ist, indem von
sich aus, die eine dorsale Seite den Wuchsstoff aus-
schliesshch oder doch vorwiegend passieren lässt.
Die Epinastie muss dann stets in Erscheinung treten,
wenn eine inducierte Polarität, wie z.B. Schwerkraft
oder Licht bewirken, fehlt, und sie wird in dem
Moment ausgeschaltet, wenn eine Polarisation von
aussen her erfolgt.quot;
In dies Schema fügt sich das Verhalten der Sprosse
-ocr page 57-von Vicia Faba unter Einfluss des Aethylens sehr gut
ein. Mit Hilfe des Aethylens kann man die sonst verborgene
autonome, inhärente Epinastie untersuchen.
Die ganz kleine Menge (0,0005 %) Aethylen vernichtet
die Wirksamkeit des Wuchsstoffes bei Vicia fast voll-
kommen, der Wuchsstoff ist nur in Spuren vorhanden;
die Möghchkeit, dass Aethylen den Wuchsstoff rein chemisch
abbau, liegt auf der Hand, ist aber vom chemischen Stand-
punkte aus gesehen Unsinn. Dennoch habe ich Aethylen
drei Stunden lang durch die Hälfte einer Auxinlösung
aufsprudeln lassen; die andere Hälfte blieb zur Kontrolle
unbehandelt. Das Ergebnis war:
Aethylen-plättchen......... 8,7 i 0,4 19 Pfl.
Kontrolle................. 9,1 ± 0,6 18 Pfl.
Em direkter Einfluss von Aethylen auf Auxin ist also nicht
nachzuweisen. Nach den Versuchen von § 11 war dies schon
zu erwarten: auch dort schädigt das Gas das Auxin in den
Würfelchen nicht.
Kann man sich nun eine einheitliche Vorstellung vom
Aethyleneinfluss auf die Pflanzen machen? Die Ein-
wirkung auf das Streckungswachstum ist jedenfalls auf
die Beeinflussung der Abgabe wirksamen Wuchsstoffes
zurück zu führen. Weiter ist nach meinen Befunden auch
das merkwürdige horizontale Wachstum verständlich. Aber
die Aufzählung im Anfang dieser Arbeit ergibt, dass noch
andere, von mir nicht untersuchte Gaseinflüsse bestehen.
Trotzdem kann ich auch hierüber etwas mehr sagen als
im Anfang.
Die Epinastie erwachsener Blätter in Aethylen (Crocker,
Zimmerman amp; Hitchcock 1932) ist vielleicht auf
ähnliche Ursachen zurückzuführen wie die horizontale
Nutation; letztere beruht ja auch auf einer Epinastie.
Schon Schwarz (1927) zeigte, dass hier ein erhöhtes
Wachstum der oberen Seite der Blattstengel vorlag.
Crocker c.s. bestätigten dies. Die an Keimpflanzen ge-
wonnenen Erfahrungen haben mir gezeigt, dass die Gas-
beschädigungen dort eine Folge des Wuchsstoffmangels
sind. Wenn es sich herausstellen sollte, dass bei erwachsenen
Blättern in Aethylen die Erscheinung der Epinastie ebenfalls
durch Wuchsstoffmangel bedingt wird — so lange noch
kein Hemmungsstoff nachgewiesen worden ist, halte ich
das für sehr wahrscheinlich — dann würde hier ein stärkeres
Wachstum auftreten bei Verminderung des Wuchsstoff-
vorrates, mit anderen Worten unter normalen Umständen
hält der Wuchsstoff die Blattepinastie im Zaum. Dann
bestünde hier ein ähnlicher Zustand wie bei den Seiten-
knospen von Vicia (Snow, Thimann amp; Skoog): der
Wuchsstoff ist nicht nur der Wachstum „auslösende
Reiz/' wie man früher dachte, sondern dies pflanzliche
Hormon hat oft eine regulierende Funktion, es hält
die verschiedenen Lebensprozesse der Pflanzen mit-
einander im Gleichgewicht.
Die übrigen Aethyleneinflüsse sind mit unseren jetzigen
Kenntnissen schwerer zu deuten. Die Verkürzung der
Ruheperioden und die Beschleunigung der Fruchtreife
sind Beeinflussungen enzymatischer Prozesse, deren Wuchs-
stoffverhältnisse, wenn sie überhaupt bestehen, noch voll-
kommen unbekannt sind.
Meiner Meinung nach sind für die Frage nach der
Bildung des Wuchsstoffes in den Zellen folgende Punkte
von Wichtigkeit;
1. Sehr geringe Mengen von Aethylen hemmen bei Epiko-
tylen von Vicia Faba die Abgabe wirksamen Wuchs-
stoffes sehr erhebhch. Diese starken Hemmungen durch
Spuren eines Giftes treten vielfach bei enzymatischen
Prozessen auf: ich nenne z.B. die vollständige Hemmung
der Wirkung des Atmungsfermentes durch Spuren von
HCN, HgS, CO und andere sogenannte spezifische
Hemmungsstoffe (Warbürg 1921; 1925). Da von
Aethylen ebenfalls absorbierende Eigenschaften bekannt
sind (Nord und Franke 1927), ist vielleicht ein
Vergleich zwischen derartigen Hemmungen und den in
dieser Arbeit beschriebenen Einwirkungen auf die
Wuchsstoffproduktion zu erwägen.
2.nbsp;Bonner (1933) zeigte, dass diese Warb ur g'schen
Hemmungen auch auftreten bei Koleoptilzylindern,
die sich unter Emfluss von Wuchsstoff strecken. Die
Wirkung des Wuchsstoffes auf das Wachstum wird
nach seinen Angaben unter anderem durch eine Er-
höhung der Atmung bedingt.
3.nbsp;Sehr geringe Mengen Aethylen wirken ausser auf die
Abgabe von Wuchsstoff auch stark auf die Fruchtreifung
und die Länge der Ruheperioden ein; beides sind
enzymatische Prozesse. Das gleiche gilt für die Fermen-
tierung von Tabaksblättern, die durch Aethylen eben-
falls beschleunigt wird (Rossi 1933).
4.nbsp;Mit anorganischen Katalysatoren, nämlich einigen
Schwermetallen, bildet Aethylen komplexe Verbin-
dungen.
Alle diese Punkte weisen m.E. in die Richtung,
dass die Bildung des Wuchsstoffes in der Zelle auf
einem enzymatischen Prozesse beruht.
Zusammenfassung. Eine Übersicht über das in dieser
Arbeit festgestellte Tatsachenmaterial findet man auf
5.nbsp;731.
Wir können daraus schliessen, dass die Aethylen-
einwirkung bei Avena besonders die Wuchsstoffproduktion
und damit das Streckungswachstum trifft.
Die horizontale Nutation bei Vicia Faba wird von einer
autonomen Epinastie verursacht, die erst zum Vorschein
kommt, wenn die geotropische Empfindlichkeit durch die
Gaswirkung abgeschwächt ist. Etwas Ähnliches tritt viel-
leicht bei der Epinastie erwachsener Blätter auf.
Die Vermutung wird geäussert, dass die Wuchsstoff-
bildung auf einem enzymatischen Prozess beruht.
Ich möchte diese Arbeit nicht beenden, ohne meinem
hochverehrten Lehrer, Herrn Prof. Dr. F. A. F. C. Went,
meinen herzhchsten Dank ausgesprochen zu haben für
seine hervorragende Leitung bei dieser Untersuchung.
Utrecht.nbsp;Botanisch Laboratorium.
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L
De groeistofvorming berust op een enzymatisch
proces.
II.
Aan de horizontale nutatie bij kiemplanten van
Vicia Faba, veroorzaakt door de inwerking van
aethyleen, ligt een autonome, inhaerente epinastie
ten grondslag.
III.
Onder de voorstellingen omtrenthetademhalings-
proces verdient de door Oppenheimer gepropa-
geerde theorie der „einheitliche Deutungquot;, die
de opvattingen van Warburg en Wieland tracht
te vereenigen, de voorkeur.
De theorie van Marey en Baer over het
mechanisme van de ademhahng der vogels tijdens
het vliegen heeft geen algemeene geldigheid.
V.
Door de proeven van silberschmidt is be-
wezen, dat een humorale immunisatie van de plant
niet mogelijk is.
VI.
Sheffield kon aantoonen, dat bij het Aucuba-
mozaiek van de Tomaat het voorstadium der
chloroplasten door het agens aangetast wordt.
Ann. Appl. Biol. 20. 57. 1933.
VII.
De Adoxaceae behooren tot de Saxifragaceae
gerekend te worden.
VIII.
Vaccinium macrocarpon op Terschelling is geen
ijstijdrelict.
Het is noodzakelijk, in de Nederlandsche land-
bouwpraktijk de wortel van Derris elliptica en het
daaruit gewonnen rotenon als insecticiden veel-
vuldiger te gebruiken, niet alleen om mee te spuiten
tegen zuigende, maar ook om te stuiven tegen vretende
insecten, waardoor tevens de kuituur van Derris
elliptica in Nederlandsch-Indië zeer gebaat is.
t
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