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TRICHINENKUNDE.
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lEin Leitfaden für Fachleute,
insbesondere für
Fleischbeschauer und deren Examinatoren,
mit
gleichzeitiger kurzer Bespreclnmg der Finnen.
Von
Dlaquo; LUDWIG KUNTZ,
Kreisphysilcus in Wanzleben,
Zweite verbesserte und vermehrte Auflage.
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STUTTGART. VERLAG VON FERDINAND ENKE.
1883.
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TRICHINENKUNDE.
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Ein Leitfaden für Fachleute.
insbesondere für
Fleischbeschauer und deren Examinatoren,
mit
gleichzeitiger kurzer Besprechung der Finnen.
Von
DR LUDWIG KUNTZ,
Kreisphysikus in Wanzleben.
Zweite verbesserte und vermehrte Atiflage.
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STUTTGART. VERLAG VON FERDINAND ENKE.
1883.
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RIJKSUNIVERSITEIT UTRECHT
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BIBLIOTHEEK
DIERGENEESKUNDE
UTRECHT
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1471 0721
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Druck Ton Gebrüder Kroner in Stuttgart.
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Vorrede.
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Der Herr Verleger wünscht eine neue Auflage dieses Werkchens. Angesichts der lebhaften Concurrenz, welcher dasselbe begegnet, spricht dies für ein grosses Vertrauen, welches der Herr Verleger in das Schicksal des Werkchens setzt. Indem ich ihm hierfür Dank weiss, habe ich mich bemüht, die 2. Auflage so zu gestalten, dass sie befähigt werde, jenes Vertrauen möglichst zu rechtfertigen. Das Werkchen hat sich in vielen Beziehungen völlig verändert. Seit der ersten Auflage hat sich auf dem Gebiete der Fleischschau manches Neue eingefunden, mehrfache neue Gesetze und Verordnungen sind seitdem erschienen, die Untersuchung auf Finnen ist hinzugetreten; in Deutschland giebt es wohl kein Gebiet mehr, welches der obligatorischen Fleischschau noch entbehrte. Eigene Erfahrungen haben berücksichtigt werden müssen. Hat sich daher das Werkchen nach gewissen Richtungen hin etwas ausgedehnt, so ist dagegen manches Entbehrliche gestrichen, die Schilderung der Trichinose beim Menschen z. B. ganz weggelassen worden. Wesentlich erweitert ist das Register über die, theils im Auszug, theils unverkürzt mitgetheilten Gesetze, Verordnungen etc. über die Fleischschau.
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Ich glaube durch diese Zusammenstellung nicht bloss den Fleischbeschauern, sondern auch Behörden und sonstigen Interessenten einen Dienst erwiesen zu haben. Das Hauptgewicht legte ich indess, wie der Leser finden wird, auf das selbstständige sichere Erkeniren (differentielle Diagnose) der freien Trichine, wie dies auch in der ersten Auflage geschah. Schliesslich bemerke ich noch, dass ich mich im Interesse der Fleischbeschauer bemüht habe, wissenschaftlich gebräuchliche Fremdwörter möglichst durch deutsche zu ersetzen.
Wanzleben, den 15. Januar 1883.
Der Verfasser.
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1. Naturgeschichtliches.
sect; 1. Die Trichine, Trichina spiralis, ist eine besondere Art der Eingeweidewürmer, welche die Eigenthümlichkeit besitzt, nur bei einer gewissen Anzahl solcher Säugethiere, welche thierische Nahrung zu sich nehmen, wozu auch das allesfressende Schwein gehört, sowie beim Menschen vorzukommen.
Da sie also ein regelwidriger Bestandtheil des thieriscben Fleisches ist und bisher auch immer nur als solcher vorgefunden wurde*), so schliesst sich von selbst die Annahme aus, dass unter gewöhnlichen Verhältnissen die Trichine in Thiere gelangen könne, die nur Pflanzennahrung zu sich nehmen. Künstlich kann man dies bewirken, die Natur dürfte es jedoch kaum herbeiführen.
sect; 2. Die Trichine ist von ausserordentlicher Kleinheit; man vermag sie zwar mit unbewaffnetem Auge bisweilen zu erkennen, indess nur als ein winzig feines Härchen oder Fäd-chen (Trichine bedeutet Haarwurm), nicht als ein lebendiges Thier. Dies wird einleuchten, wenn man sich vorstellt, dass die Länge der Trichine schwankt zwischen '/so bis 3 Millimeter
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*) Es ist durchaus irrig, die Trichine in jedem Düngerhaufen, in Pfützen, Tümpeln etc. zu vermuthen.
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(*/w bis 1 Linie), die Dicke derselben aber etwa den 20. Theil der Länge beträgt. Ihre durchschnittlichen Grössenmaasse, wie sie vom Untersucher gewöhnlich beobachtet werden, sind 1 Millimeter ('/s Linie) Länge und raquo;^o Millimeter (J/laquo;o Linie) Breite, d. h. sie ist etwa halb so breit, wie das feinste Haupthaar und in gestrecktem Zustande etwa so lang wie eine kräftige Stecknadel dick ist.
Man reihet sie wegen dieser ihrer Gestalt der Klasse von Eingeweidewürmern an, welche man unter dem Namen der Rund- oder Fadenwürmer (Nematoden) zusammenfasst. Es gehören ausser ihr hierher noch z. B. der Spul-, Spring-, Peitschen-, Palissaden- und Guineawurm, ferner die Rüben-nematode, welche Wurmarten jedoch, mit Ausnahme des letztgenannten Pflanzenschmarotzers, sämmtlich viel grosser sind als die Trichine und im Uebrigen mit dieser nichts Verwandtes haben.
sect; 3. Zufolge ihrer ungewöhnlichen Kleinheit ist es nur mit Hilfe der Loupe und des Mikroskopes möglich, ihre Anwesenheit im Fleische festzustellen, sowie von ihrem Körperbau und ihren verschiedenen Entwickelungsstufen Kenntniss zu erhalten. Wir erfahren dadurch, dass die Trichine keinen so einfach gebildeten Körper besitzt, als es den Anschein hat; sie ist vielmehr ein wohl entwickeltes Thier, welches allerhand Organe besitzt, getrennte Geschlechter aufweist, sich begattet, durch Gebären von lebendigen Jungen in zahlloser Menge sich fortpflanzt, ferner durch einen in mehrere, durchaus verschiedene, aber nothwendige Entwickelungsstufen zerfallenden Lebenslauf, endlich durch eine Widerstandskraft und Lebenszähigkeit sich auszeichnet, wie es bisher noch nicht wieder beobachtet worden ist.
sect; 4. Räthselhaft erschien es bisher, aus welchen Quellen mit Trichinen behaftete Thiere dieselben bezögen. Da man
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sich sagen musste, dass erstere in letztere doch nur durch Genuss von trichinenhaltigen Stoffen gelangen könnten, woher bezog sie dann z. B. das Schwein? Und wenn dieses sie vielleicht durch Ratten, Mäuse u. dgl. erhielt, woher bezogen sie letztere ?
Vollständige Aufklärung über diesen Punkt hat die wissenschaftliche Forschung bis jetzt noch nicht zu liefern vermocht, obwohl eine Anzahl von Thieren ermittelt ist, in welchen die Trichine heimisch zu sein scheint. Hierher gehören ausser den genannten die Maulwürfe, Hamster, Katzen, Hunde, Igel, Marder, Füchse. Da jedoch auch zahlreiche niedere Thiere, z. ß. Insekten und Würmer am Cadaver sich weiden, so ist die Ver-muthung nicht ganz haltlos, dass unter besonders günstigen Umständen dergleichen niedere Thiergattungen wohl im Stande seien, die Trichine weiter zu tragen und auch die Infektion (Ansteckung) des Schweines zu vermitteln, ohne dass es möglich wäre, dies in jedem einzelnen Falle nachzuweisen.
Man hat aber drittens auch die Ansicht aufgestellt, dass eine fernere Bezugsquelle für das Schwein das Verzehren trichinenhaltigen Kothes sei, und ist zu dieser Annahme durch den Umstand verleitet worden, dass zuweilen in einem Stalle mehrere Thiere gleichzeitig oder nach einander trichinös wurden und dass unzweifelhaft in gewissen Ortschaften, Gegenden, Bezirken die Trichine eine öftere Erscheinung ist, also gewissermassen sich eingenistet hat. Man sprach daher von sogenannten Trichinenherden, welche hier und da vorhanden zu sein oder erst sich aufzuthun scheinen.
Zugegeben, diese Verbreitungsart sei eine thatsächliche, so ist doch mit Bestimmtheit anzunehmen, dass dies der gewöhnliche Ansteckungsweg des Schweines nicht sei. Denn es ist klar, dass in diesem Falle die gleichzeitigen Insassen eines
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Stalles oder Glieder einer Herde wohl fast immer mehr oder weniger sämmtlich mit Trichinen behaftet sein müssten, was aber keineswegs der Fall ist; ferner müsste, falls die menschliehen Excremente die Ausstreuer lebensfähiger Trichinen sein könnten *), nach grösseren Trichinenepidemien, deren nun bereits eine ganze Anzahl verzeichnet ist, unfehlbar ein allgemeineres Erkranken des Schweinebestandes im Seuchenorte erfolgen, — was bisher aber durchaus nicht geschah. Endlich spricht gegen diese Annahme auch die Entwickelungs-geschichte der Trichine, welche, wie wir später ausführlicher sehen werden, der im Darmschleime geborenen jungen Trichine nicht gestattet, sich im Darmkanale oder ausserhalb desselben weiter zu entwickeln, ohne vorher in der Muskulatur des Schweines (oder des Menschen) sich erst etwas höher organisirt zu haben.
Da indess über diese Streitfrage ein endgültiges Urtheil noch nicht zu fällen ist, so erscheint es doch immerhin empfehlens-werth, der Wohnung des gebräuchlichsten unserer Schlachtthiere etwas mehr Sorgfalt in Bezug auf Reinhaltung des Stalles und Futters zuzuwenden als bisher.
S 5. Ganz unerwiesen ist das Vorkommen der Trichine bei Pflanzen; aus der Fütterung von mit Nematoden behafteten Zuckerrüben können nie Trichinen hervorgehen**).
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*) Kratz (Hadersleben) und Andere vermochten in menschlichen Darmausleerungen keine Darmtrichinen zu entdecken; Rupprecht (Hettstädt) gelang dies in Calomelstühlen. Aber selbst im Kothe von Schweinen wurden nie Trichinen gefunden.
**) Die Rübennematode besitzt zwar bei oberflächlicher Betrachtung überraschende Aehnlichkeit mit der Trichine, ist aber bei genauerer Untersuchung ein wesentlich anderes Thier, ist
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sect; 6. Es scheint zwar immer noch, als ob gewisse Theile Norddeutschlands vorzugsweise von unserm Schmarotzer heimgesucht würden. Indess hat die Aufmerksamkeit, welche jetzt überall dem Gegenstande zugewendet wird, ergeben, dass die Trichine nirgends fehlt, wo das Schwein gezüchtet wird, wenn sie auch nicht überall gleich häufig erscheint. Sie ist also allem Vermuthen nach, wie das Schwein, und wie ein anderer mit diesem verbreiteter Eingeweidewurm, der Bandwurm, ein über die Erde verbreitetes (kosmopolitisches) Thier.
S 7. Aus dem Gesagten ergiebt sich, dass der Mensch, wenn er trichinös erkrankt, dies nur durch das Schwein werden kann. Wenn es bisweilen bei unbedeutenden Erkrankungen nicht gelang, in genossenem Schweinefleische die Ursache zu finden, so liegt dies daran, dass die Trichine, wenn sie nicht gerade sehr dicht liegt, der Beobachtung sich leicht entzieht und andererseits zufolge der ausserordentlichen Fruchtbarkeit der Trichine nur wenige Exemplare derselben genügen, um im menschlichen Körper Tausende zu erzeugen. Bei heftigeren Erkrankungen wird es sich aber kaum ereignen, der Ursache nicht auf die Spur zu kommen, da die Millionen von Individuen, welche alsdann den Menschen bewohnen, auch eine dichtere Durchsetzung des genossenen Schweinefleisches zur unentbehrlichen Voraussetzung haben.
sect; 8. Aus dem Umstände, dass dieser gefahrliche Parasit erst im Jahre 1835 (von Owen) endgültig entdeckt wurde und die durch ihn erzeugten Erkrankungen resp. Epidemien gar
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grosser, hat einen deutlich abgesetzten, mit einem Saugstachel versehenen Kopf und setzt einige Hundert Eier in einem citronen-förmig gebildeten Schlauche ab, welcher sich incrustirt und deshalb entfernt an eine Trichinenkapsel erinnert.
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erst seit 1860 (Prof. Zenker in Dresden) als solche erkannt worden sind, folgt keineswegs, dass derselbe nicht schon früher existirt habe. Wenn wir es auch dahingestellt lassen wollen, ob die Schädlichkeit trichinösen Schweinefleisches schon der unbewusste Grund der Verschmähung desselben Seitens der Juden und Muhamedaner von Alters her gewesen sei, oder ob dies auf anderen Gründen beruhe, so giebt es doch keinen vernünftigen Grund zu bezweifeln, dass die Trichine von jeher existirt habe und dass wir die durch sie herbeigeführten Krankheitszustände früher in unserer Unkenntniss nur mit andern, falschen Namen belegten. Wir würden noch im Dunkel tappen, wie wir es früher thaten, wenn nicht das Mikroskop allmälig die Sachlage aufgeklärt hätte. Seitdem wir aber durch dieses die Trichinosis des Menschen und des Schweines klar erkannt haben, ist durch die Untersuchung des Fleisches auf Trichinen jedenfalls bereits eine zahllose Menge von Erkrankungen vermieden worden. Die Epidemien von Hettstädt und Hadersleben wären längst in wiederholten Auflagen erlebt, vielleicht noch überboten worden.
sect; 9. Die Entwickelungsgeschichte der Trichine ist eine so ungewöhnliche und eigenthümliche, dass es nicht auffallen kann, wenn die Wissenschaft in der Feststellung derselben, mit mannigfaltigen Schwierigkeiten kämpfend, lange Zeit zu keinem klaren Resultate gelangte und mancher Punkt derselben noch jetzt einer besseren Aufklärung harrt. Es tritt nämlich hier die merkwürdige Erscheinung auf, dass wir es mit einer Thiergattung zu thun haben, welche nicht an ihrem Geburtsorte (dem Darm-kanale) die zur geschlechtsreifen und fortpflanzungsfähigen Ausbildung erforderlichen Bedingungen vorfindet, sondern erst an einem entfernten Orte (Muskulatur), aber auch hier erst noch eine Art Verpuppungszustandes, eine Periode latenten
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Lebens von ganz unbestimmter, rein zufälliger Dauer durchzumachen hat, bevor sie an einem dritten Orte (Magen und Darmkanal eines anderen Thieres, oder des Menschen) sich fortzupflanzen vermag.
Durch diesen Verpuppungszustand werden zwei verschiedene Erscheinungsformen bedingt: die Darmtrichine und die Muskeltrichine. Erstere ist hervorgegangen aus der mit der Nahrung dem Magen einverleibten Muskeltrichine, letztere aus der von der Darmtrichine geworfenen Brut, welche den Darmkanal sofort mit der Muskulatur des bewohnten Thieres vertauscht. Niemals kann eine erwachsene alte Darmtrichine wieder zur Muskeltrichine werden, weil sie ja dann, abgesehen von ihrer die Auswanderung verhindernden Grosse, zu einer niederen Entwickelungsstufe zurückkehren müsste.
sect; 10. Die Muskeltrichine nun ist es vorzugsweise, welche Gegenstand der amtlichen Untersuchung wird. Für den Fleischbeschauer handelt es sich zunächst nur um solche.
sect; 11. Man findet in der bei Weitem grössten Mehrzahl der Fälle den Wurm im Fleisch des Schweines nicht mehr als freies bewegliches Thier, sondern von einer schützenden, bisweilen kalkhaltigen Hülle oder Kapsel umgeben, und unterscheidet daher Kapseltrichinen von den noch nicht so weit gekommenen freien (Muskel-) Trichinen.
Es folgt hieraus, dass diejenige Form des Parasiten, in welcher der Mensch ihn aufnimmt und der Fleischbeschauer ihn findet, nur selten die freie Trichine, fast immer die Kapseltrichine ist.
Manche Gründe sprechen dafür, dass die Uebertragung der Trichine von einem Organismus auf den andern nur durch die Kapselform geschieht.
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sect; 12. Gelangt nun die Kapsel nebst Inhalt in den Magen, so wird die Kapsel durch die Säure des Magensaftes aufgelöst, der Wurm wird frei und erhält nun im Darmkanale seine weitere Ausbildung, wozu es — leider — nur einer kurzen Spanne Zeit bedarf. Er entwickelt sich nämlich hier schnell zu Männchen und Weibchen, die sich begatten, und führt ein sehr intensives Leben auf Kosten des bald mehr, bald weniger, bald gar nicht darunter leidenden Organismus (siehe Abbildung 1).
Die Weibchen werden nicht selten sehr bald bis zu 3 Milli. meter (1 Linie) lang, dabei auch wesentlich stärker, so dass man die grössten Exemplare bei scharfem Zusehen wohl auch ohne Anwendung von Vergrösserungen als ein feines kurzes Fäserchen zu erkennen vermag. Das Männchen bleibt kürzer und schmäler; es erhält dagegen an seinem hintern Ende zwei kurze Haken (Begaltungshaken). Man findet sie weniger häufig, auch nicht so lange Zeit wie die Weibchen.
Was die innere Ausstattung des Wurmes betrifft, so erreicht dieselbe einen verhältnissmässig hohen Grad, so dass derselbe zur Erfüllung von allerhand Verrichtungen hierselbst befähigt wird.
Der Verdauungskanal besteht aus drei Theilen. Von dem vorderen spitzen Mundende verläuft eine lange Speiseröhre in Form einer Linie, welche bisweilen etwas bauchig erweitert erscheint und sodann von einer Hülle sehr grosser, regelmässig stehender, mit grossen Kernen versehener Zellen, dem sog. Zellenkörper, umgeben wird, zu dem birnförmigen Magen, aus welchem ein einfacher Darmschlauch zum Afterende führt.
Das Geschlechtsorgan füllt nebst dem Darmschlauch den grössten Theil des Wurmleibes aus. Das Weibchen besitzt
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einen mit zahllosen Eiern und Jungen ausgestatteten Eierstock und eine in beträchtlicher Entfernung vom After befindliche Geschlechtsöffnung, aus welcher die junge Brut zum Weiterleben fertig ausgestossen wird. Das Männchen lässt einen nicht geringer bedachten Hoden erkennen, dessen Samen durch den After, der somit zur Kloake wird, sich nach aussen ergiesst.
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Abbildung 1. Etwa SOfache Vergrössexung
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I. quot;Weibliche Darmtriehiue. a Speiseröhre, b Magen, c Darm, A After,
f Geschlechtsöffnung, g h Geschlechtsapparat.
II. Männliche Darmtrichine, a Hoden, b Kloake,
c Begattungshakeu.
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Die Darmtrichine besitzt ferner sogar ein, wenn auch sehr einfaches, Gehirn in Gestalt eines Häufchens von Ganglienzellen, welches dicht hinter der Mundöffnung die Speiseröhre umlagert.
Ferner ist ihr eine muskulöse Hautsc hiebt eigen-thümlich, welche bei weitem stärker ist, als das äusserst feine Oberhäutchen (ein Chitinschlauch), die Bewegungen des Thieres
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vermittelt und für das Auge des Untersuchers den Gesichtseffekt bewirkt, dass die Trichine mit einer sehr starken Haut und schon bei massigen Vergrösserungen mit doppelten Umrissen versehen erscheint.
S 13. Wie schon bemerkt, geschieht die Fortpflanzung nicht durch Eier, wie bei andern Eingeweidewürmern, sondern durch Ausstossen lebendiger Jungen seitens der Weibchen, der sog. Muttertrichinen, und diese Jungen, Darmembryonen genannt, erscheinen schon am 5. Tage nach der Einverleibung, sind von unendlicher Kleinheit und werden binnen kurzer Zeit in zahllosen Mengen produzirt. Man hat berechnet, dass eine Muttertrichine, die mehrere Wochen bis zu 2 Monaten im Darmkanale verweilen kann, wenigstens 500 junge Individuen von sich zu geben vermag; nach Pagenstecher ist eine einzige Trichine sogar im Stande, nach und nach ein paar Tausend Junge zu gebären; es würden also etwa 500 Muttertrichinen eine Million Embryonen liefern! Um aber 500 Trichinen zu verschlucken, genügt es eines einzigen Bissen Fleisches, ohne dass derselbe sehr gross und trichinenreich zu sein braucht. Verfasser sah Fleisch, von welchem jedes Präparat 45 bis 50 Trichinen lieferte, wonach ein etwa erbsen-grosses Stück 5000 Trichinen enthielt*). Hiernach berechne man, welche Mengen mit einer ganzen Mahlzeit dem Körper einverleibt werden können, und wie viele Millionen Darm-embryoneu daraus hervorgehen müssen! (S. Abbildung 2.)
sect; 14. Ob diese Vervielfältigung im Darme eine in bestimmten Absätzen oder Perioden stattfindende, sich wieder-
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quot;) Dergleichen Fleisch ist allerdings selten; man sah 10 bis 15 Kapseltrichinen dicht bei einander liegen.
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holende sei, oder ob dieselbe als ein ununterbrochenes Geschäft betrachtet werden müsse, darüber herrscht noch Zweifel. Soviel leuchtet aber ein, dass die von einer Generation Darmtrichinen im Verlaufe der Zeit (2 Monate) gebornen Embryonen sich in etwas verschiedenem Alter befinden müssen. Es kann dies für die Fleischbeschauer bisweilen von Wichtigkeit sein.
Abbildung 2.
200fache Vergrosserung. a Darmembryo im Darmepithel Ij c.
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C-
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sect; 15. Haben die Darmtrichinen in der beschriebenen Weise' dem Fortpflanzungsgeschäfte obgelegen, so haben sie ihrer Aufgabe genügt; sie sterben ab, und ebenso eine nicht geringe Anzahl Darmembryonen; beide findet man schon im Dickdarm todt. Gehen die Muttertrichinen noch lebend ab, dann sind sie entkräftet und ebenso wenig im Stande, neue Infektionen zu erzeugen wie die Embryonen. Nur in dem einen Falle wäre eine weitere Verbreitung zu fürchten, wenn mit den Excrementen
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unverdaute Fleischreste abgingen, was beim Menschen recht wohl denkbar ist.
sect; 16. Die geborene junge Brut wandert nun unver-weilt aus; sie durchbohrt die Darm wand und begiebt sich, überall dem geringsten Widerstände folgend, was unzweifelhaft in den Bindegewebszügen der Fall sein wird, nach der Muskulatur des bewohnten Thieres, wobei sie im Schwein ganz auffallend den vordem Körpertheil bevorzugt. Da sie hierbei fast ausschliesslich durch das Zwerchfell muss, so setzt sie sich hier zunächst zahlreich fest; die weiterwandernden Thiere befallen der Reihe nach sämmtliche Muskeln des Vorderkörpers, mit alleiniger Ausnahme des Herzens, welches beim Thier wie beim Menschen fast absolut verschont zu bleiben pflegt. Gewisse Muskeln suchen sie indess mit Vorliebe auf; dies sind erfahrungsmässig die Z w i s c h e n r i p p e n-, Genick-, Kau- und Augenmuskeln.
Weniger zahlreich finden sie sich, wie schon bemerkt, im Hinterkörper. Es kann sich daher ereignen, dass man sie, wenn sie überhaupt nur spärlich vorhanden sind, in den Muskeln der hintern Gliedmaassen gar nicht oder doch nur selten findet. Ist das Schwein freilich sehr stark trichinös, so wird ein Unterschied zwischen Vorder- und Hintertheil kaum noch bemerkbar. Findet man dagegen in den bevorzugten Muskeln bei sorgfältiger Untersuchung Nichts, so ist es überflüssig, die hintern Muskeln auch noch zu untersuchen, die Untersuchung würde ebenso erfolglos sein.
Niemals begiebt sich die Trichine in die aus sog. glatten Muskelfasern bestehenden Organe (z. B. die Gebärmutter); sie bewohnt vielmehr nur die quergestreifte Muskelfaser, d. h. solche Muskeln, welche der willkürlichen Bewegung dienen.
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Hier findet man sie bereits am 8., ja schon am 7. Tage nach der Einverleibung; die Trichine legt also den Weg vom Darm nach der Muskulatur in 2 bis 3 Tagen zurück.
sect; 17. Die Wanderung in der Substanz des Muskels selbst dürfte dem überaus kleinen Wurme keine weiteren Schwierigkeiten bereiten, da er hier dem Laufe der parallel geschichteten Muskelfasern folgt, zwischen denen er mittelst seines spitzen Kopfendes mit Leichtigkeit sich korkzieherartig vorwärts zu arbeiten vermag. Er lagert sich also im Allgemeinen in gleicher Richtung mit der Muskelfaser, was für die Untersuchung insofern von Wichtigkeit ist, als dadurch auch die Richtung des Schnittes beim Bereiten des Präparates bedingt wird. (Hiervon später mehr.)
sect; 18. Der Muskel zeigt sich gewöhnlich nicht gleich-massig von Trichinen durchsetzt, man findet diese vielmehr in weit grösseren Mengen angehäuft in Präparaten, welche man dem Sehnenende oder der sehnigen Oberfläche des Muskels (so z. B. im Zwerchfell, im Zwischenrippenmuskel), oder auch den an der sogen. Schwarte und den durchziehenden Sehnenhäuten (Pascien) sitzenden Fleischtheilen entnimmt. Diese Erscheinung hat den Grund, dass die Trichinen so lange in Bewegung bleiben, vielleicht auch mechanisch weiter geschoben werden, bis sie ein Hinderniss finden, welches sie nicht überwinden können. An den bezeichneten Stellen — Sehnenenden und Sehnenflächen — sammeln sie sich daher bisweilen in solcher Menge an, dass die Präparate überfüllt sind.
sect; 19. Auffallend, aber sicher constatirt ist der Umstand, dass die Trichinen sich nicht damit begnügen, sich zwischen den Muskelfasern einzubetten. Es begiebt sich vielmehr wenigstens ein grosser Theil derselben, wie jeder Fleischbeschauer
K u n 12, Trichinenkunde. 2. Auflage.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;o
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bei einiger Sorgfalt beobachten kann, in das Innere der Fleisch fasern, wodurch einige Veränderungen in diesen hervorgerufen werden, von welchen wir später noch sprechen müssen. Hier bleibt sie endgültig, um sich zu verpuppen und in diesem Verpuppungszustande so lange zu bleiben, bis eine günstige Gelegenheit sie aus der engen Muskulatur in den geräumigen Darmkanal eines andern geeigneten Körpers überführt. Dies kann geraume Zeit dauern. Es ist schwer begreiflich und mit der Anschauung, welche wir von der Dauer latenten (schlummernden) Lebens bei thierischen Organismen hegen, schlechterdings unvereinbar, wenn wir sehen, dass die Trichinen in diesem Zustande, durch eine Kalkkruste völlig abgeschlossen, beiläufig ein halbes Menschenalter verharren können, ohne abzusterben (man hat lebende Trichinen gefunden, deren Alter sich auf 25 Jahre berechnen liess), und dass sie sodann, wenn frei geworden, in einen andern Körper mit der gewöhnlichen Lebhaftigkeit sich weiter entwickeln und fortpflanzen.
In der Muskulatur erhält die Trichine ihre Geschlechtsorgane bis auf die äussere Oeffnung beim Weibchen, und die Begattungshaken beim Männchen. Sie wächst und vervollkommnet sich hier überhaupt so, dass sie in ihrer Organisation sich kaum noch von der Darmtrichine unterscheidet. Bemerkenswerth ist nur noch der sogen. Farre'sche Körnerhaufen in der Mitte der weiblichen Trichine, der von dunklerer Färbung erscheint und seinem Wesen nach wohl zum Eierstocke gehört. (Siehe Abbildung 3.)
sect; 20. Ist die Muskeltrichine zur Ruhe gelangt, so rollt sie sich allmälig ein. Sie gewinnt dadurch die Gestalt einer Uhrfeder, oder eines Korkziehers, oder einer 6, 9, 3, 8; bisweilen sieht sie genau aus, wie eine Brezel. Bei grossem Trichinengehalte sieht man bisweilen die noch freien, in ein-
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ander geschlungenen Trichinen gruppenweise zusammen liegen. Man beobachtet deutlich, wie sie sich bewegen, was aber nicht etwa hastig und weitausgreifend geschieht, sondern auf ein ganz allmäliges Oeffnen, Erweitern oder Verengern der gebil-
Abbildung 3. Eine weibliche Muskeltrichine hei etwa 200facher Vergrösserung.
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a vorderes spitzes,
b hinteres dickeres Ende mit der
Afteröffnung, c grösseste Dicke des Körpers, d Speiseröhre, e Zellenkörper, f Magen,
g Farre'scher Kömerhaufen, h Darm,
i doppelte Couturen der Haut, k breitgedrückte Stelle.
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deten Krümmungen sich beschränkt. Sind sie todt, so verlieren die Krümmungen an Rundung, sie bekommen Ecken und Winkel, auch wird der Wurm platt.
Ist die Trichine aufgerollt, so umgiebt sie sich sehr bald, nämlich frühestens 10 Tage nach der Einwanderung in den Muskel,
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also etwa schon 18 Tage nach dem Genüsse des Fleisches, mit einer Kapsel, d. h. mit einem hellen, durchsichtigen, von einer derben Haut umschlossenen Hofe von rundlicher oder eiförmiger Form. An den beiden Enden der Längsachse läuft die Kapsel in Winkel aus, von welchen der eine spitz, der andere abgerundet ist, täuschend ähnlich den Winkeln des menschlichen Auges. Der runde Winkel ist gewöhnlich etwas dunkler schattirt. Natürlich ändert sich die Gestalt etwas; sie kann kugel-, birn- oder mandelförmig sein; Manche finden sie der Gitrone ähnlich.
Man kann die Kapsel schon mit der Loupe als helleren Punkt erkennen. Meistens findet sie der Fleischbeschauer in diesem Aussehen; er sieht die Kapsel nicht, wie er wohl glaubte, dunkel oder schwarz, sondern heller als die darin befindliche Trichine selbst. Die Kapseln sind nämlich in diesem Stadium noch unverkreidet; das ist aber das für den Fleischbeschauer Gewöhnliche, da das Schwein meist jung und früher geschlachtet wird, als die Verkreidung oder Verkalkung erfolgt. (Siehe Abbildung 4.)
Nicht selten findet man neben frisch verkapselten noch freie Trichinen. Da die Muttertrichine 8 Wochen lang dem Fortpflanzungsgeschäfte obliegt, so müssen nach und nach Thiere ganz verschiedenen Alters im Muskel ankommen. Sollten sich jedoch einmal neben bereits verkalkten Kapseln noch freie, nicht durch Sprengung dieser frei gewordene Würmer vorfinden, so kann dies nur auf einer neuen, unabhängig von der ersteren dastehenden Trichineneinverleibung beruhen.
Die Verkalkung beginnt nämlich erst etwa nach Ablauf des 3. Monats der Einwanderung, und zwar zuerst am runden Winkel der Kapsel. Hierbei wird durch Ablagerung von #9632;Kalkkörnchen die vorher weiche, elastische Hülle zur harten,
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spröden Masse, welche auf Druck zerbricht. Unter dem Mikroskop betrachtet (also bei durchfallendem Lichte), erscheint sie als ein mehr oder weniger dunkler Körper, der nur selten noch einige Durchsichtigkeit besitzt und den Wurm erkennen
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Abbildung 4. Etwa SOfache Vergrösseruug.
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aa quergestreifte Muskelfasern, bb Bindegewebsfasern, cc Fettblasen, dd Luftblasen, ee Trichinen in ihrer
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f eine Trichine, welche im Begriff ist, ihrer Kapsel zu entschlüpfen,
gg doppelte Conturen der Haut.
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lässt. Bei auffallendem Lichte sehen die verkalkten Kapseln weiss aus. Hat man daher ein Stück Schweinefleisch, welches mit solchen Kapseln reichlich durchsetzt ist, so mag es wohl bisweilen gelingen, auch ohne Loupe das weisse Kalkkörnchen wahrzunehmen; auch soll man beim Anfühlen oder Durchschneiden des Fleisches die Empfindung von Sand erhalten.
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Ein häufiges Vorkommniss sind leere Kapseln, in deren Nähe man gewöhnlich die frei gewordenen Insassen vorfindet.
Es wird gleich hier noch darauf aufmerksam gemacht, dass der Kalk durch Säuren aufgelöst wird, bei Zusatz von Salpeter-, Essigsäure, sowie beim Hinzutritt von saurem Magensaft die verkalkte Kapsel unter Entwickelung von Kohlensäure sich auflösen muss.
sect; 21. Bemerkenswerth sind die krankhaften Veränderungen, welche die Muskelfasern unter dem krankmachenden Einflüsse der Parasiten erleiden. Die befallene Muskelfaser unterliegt zufolge des Reizes einer Art von Entzündungsprozess, zumal dann, wenn die Trichine in ihr selbst verborgen liegt. Hierbei verliert die Faser ihre charakteristische Quer- und Längsstreifung, statt welcher sie ein mehr körniges Ansehen erhält. Ob hierbei die Muskelfaser selbst den Kalk absetzte, um die Trichine als fremden Körper gewissermassen auszuscheiden, oder ob letztere selbst zu ihrem Schütze dies that, mag dahin gestellt bleiben.
Aeltere verkalkte Kapseln tragen gewöhnlich an den beiden Enden eine Anhäufung von Fettbläschen, welche vermuthlich durch Zerfall der betroffenen Muskelfasern entstanden sind.
sect; 22. Man sollte nun meinen, dass die ungeheuren Mengen von Trichinen, welche die Muskulatur eines Schweines bewohnen können, bei demselben äusserlich wahrnehmbare, mehr oder weniger heftige Krankheitserscheinungen hervorrufen müssten. Dies ist jedoch thatsächlich fast niemals der Fall. Man hat zwar bei methodischen Fütterungsversuchen bisweilen ein kurzdauerndes schwaches Erkranken der betr. Thiere beobachtet; in seiner Praxis aber wird es dem Fleischbeschauer selten gelingen, bei trichinös befundenen Schweinen von den Besitzern derselben etwas Derartiges zu erfahren.
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Gewöhnlich behalten die Schweine ihre Fresslust und Munterkeit bis zum letzten Augenblick, auch die Mästung leidet nicht darunter, selbst bei dem denkbar stärksten Trichinengehalte.
Den Zeitpunkt, wann ungefähr die Infection eines Schweines stattgefunden haben könne, um darin einen Anhaltspunkt dafür zu gewinnen, wodurch dieselbe wohl bewirkt sei, näher zu bestimmen, ist nur dann möglich, wenn man aus der Beschaffenheil der vorgefundenen Trichinen über deren Alter einen ungefähren Schluss machen kann. Auf einige Wochen mehr oder weniger darf es hierbei allerdings nicht ankommen; die Erfahrung lehrt jedoch, dass hierüber die Gerichte Auskunft zu verlangen veranlasst werden.
sect; 23. Gelangt nun die verkapselte Muskeltrichine wiederum in den Verdauungskanal eines Menschen oder Thieres, so tritt sie aus ihrem Verpuppungszustande heraus, beginnt ihr eigenes Darmleben und hat, wenn sie auch dieses beendigt, den Kreislauf ihrer Existenz an derselben Stelle beschlossen, wo sie ihn begonnen hatte.
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II. Mikroskop und Präparat.
sect; 24. Haben wir in Vorstehendem die Trichine in ihrer Eigenthümlichkeit als thierischer Organismus resp. als Eingeweidewurm betrachtet, so liegt es uns nun ob, uns etwas sorgfältiger zu beschäftigen mit ihrem Verhalten als mikroskopisches Untersuchungsobject, mit ihrem Auffinden, Erkennen und sicherem Unterscheiden von andern ähnlichen Gebilden im mikroskopischen Präparate.
Bevor wir jedoch hierzu übergehen, können wir nicht umhin, den Fleischbeschauer mit dem Wesen und dem Gebrauche
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seiner Waffe, dem Vergrösserungsglase selbst, etwas näher bekannt zu machen. Es kann zwar im Hinblick auf den Zweck dieses Leitfadens nicht des Verfassers Aufgabe sein, an diesem Orte einen mehr oder weniger vollständigen Abriss der Lehre vom Mikroskope einzuschalten. Das Princip, auf welchem die Construction desselben beruht, die physikalischen Gesetze mithin, welche demselben zu Grunde liegen, gehören nicht in das Bereich der Kenntnisse, welche von einem Fleischbeschauer, bei dem es ja lediglich auf die Befähigung ankommt, einen gesetzlich gültigen Befundschein auszustellen, zu fordern sind. Es ist indess unerlässlich, ihm wenigstens die einzelnen Theile, aus denen das Mikroskop sich zusammensetzt, etwas ausführlicher betrachtet, vorzuführen, damit derselbe, falls er noch uneingeweiht ist und keine Gelegenheit findet, sich praktisch unterrichten zu lassen, dies ohne fremde Hülfe zu thun in Stand gesetzt werde.
Gute brauchbare Mikroskope giebt es gegenwärtig in jeder einigermassen bedeutenden Stadt käuflich zu durchaus massigen Preisen, dank der Entdeckung der Trichine. Die Fleischschau ist gegenwärtig in Deutschland vielleicht überall obligatorisch, der Verbrauch von Mikroskopen muss ein enormer sein, es werden sich daher binnen Kurzem auch die Bezugsquellen vervielfältigen und die Preise noch mehr ermässigen.
Es sind wesentlich dreierlei Haupterfordernisse, welchen ein gutes Mikroskop in der Hand des Fleischbeschauers genügen muss:
1) es muss bequem, schnell und sicher zu handhaben, dabei leicht zu transportiren, es muss mit einem Worte praktisch sein; denn der Fleischbeschauer wird durch die Verhältnisse genöthigt, die sachkundige Untersuchung seiner Fleischprobe mit thunlichster Schnelligkeit auszuführen;
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2)nbsp; es muss ein klares und scharfes Bild liefern, und
3)nbsp; es muss achromatisch sein, d. h. frei von Farbenbildung.
Diese drei Eigenschaften sind von gleich grosser Wichtigkeit: Zuverlässigkeit des Instruments, scharfe Zeichnung bei guter Beleuchtung, und Achromatismus der Gläser. Fehlt z. B. letzteres Erforderniss, so könnte es sich ereignen, dass der Fleischbeschauer sich verleiten liesse, in einem fremden Körper eine gefärbt erscheinende Trichine zu vermuthen, und umgekehrt.
Ist der Fleischbeschauer im Besitz eines solchen Mikro-skopes, so bedarf es für seinen beschränkten Zweck durchaus keiner weiteren optischen Hülfsmittel, wie etwa einer Loupe, mit oder ohne Stativ. Die Erfahrung lehrt, dass es weder nöthig ist, noch dass dem Fleischbeschauer Zeit bleibt, der Untersuchung mittelst des Mikroskopes erst noch eine solche mit der Loupe voranzuschicken; nöthig ist dies desshalb nicht, weil der Fleischbeschauer durch den täglichen Gebrauch sein Instrument sehr bald so beherrschen und kennen lernt, dass es ihm keine Schwierigkeiten macht, die Präparate schnell und richtig einzustellen. Dies geht auf keine Weise besser, als durch das Mikroskop mit etwa SOfacher Vergrösserung.
sect; 25. Am Mikroskop hat der Fleischbeschauer folgende Theile zu unterscheiden:
1) den Tubus (Rohr), welcher die Vergrösserungsgläser enthält, resp. aufnimmt, und selbst in einer Metallhülse sich befindet, in welcher er entweder durch Reibung oder durch ein Schraubengewinde festgehalten wird. Die Auf- und Abwärtsbewegung geschieht entweder durch letzteres oder, weniger gut, durch Ziehen und Schieben, wobei der Rand der
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Metallhülse vermöge eines Spaltes nachgiebt. Verliert letzterer seine federnde Wirkung, so steht der Tubus nicht mehr;
2)nbsp; den unter dem Rohr befindlichen Objccttisch, auf welchen die zu untersuchenden Präparate gelegt werden, und in dessen Mitte eine Oeffnung angebracht ist, durch welche
3)nbsp; der unterhalb des Objecttisches befestigte, in ein- oder mehrfacher Richtung drehbare Spiegel das aufgefangene Licht nach oben sendet;
4)nbsp; nbsp;am oberen Ende des Rohres blickt der Untersuchende zunächst in das Ocular, ein 2 Gläser haltendes engeres Rohr, welches das erzeugte mikroskopische Rild zuletzt dem Auge zuleitet. Zu vollkommenen Mikroskopen hat man mehrfache Oculare mit verschiedenen Vergrösserungen;
5)nbsp; nbsp; am unteren Ende des Rohres sind die sogen. Linsen angebracht, deren gewöhnlich mehrere zu einem Systeme vereinigt sind; hat man verschieden geschliffene Linsen, so gewährt dies den Vorzug, den betreffenden Gegenstand bei stärkerer und schwächerer Vergrösserung untersuchen zu können;
6)nbsp; die am Tubus befindliche, bereits genannte Schraube ermöglicht in vorzüglicher Weise das richtige und schnelle Einstellen des Präparates. Sie ersetzt gewissermassen die Mikrometerschraube, welche, am Objecttisch angebracht, diesem die minimalsten Vorgänge mittheilt. Letzterer bedarf der Fleischbeschauer nicht;
7)nbsp; nbsp;unmittelbar neben dem Objecttische findet sich noch die in horizontaler Richtung drehbare Blendscheibe, gewöhnlich mit 3 Oeffnungen versehen. Sie dient dazu, bei stärkeren Vergrösserungen nur die centralen Strahlen durchzulassen, die Randstrahlen dagegen, welche nicht nöthig, sogar störend sind, abzuhalten.
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sect; 26. Legt man nun auf ein durchsichtiges Gläschen ein undurchsichtiges Sandkorn und schiebt man dies auf dem Ob-jecttische unter die anstehende Linse, so findet man, dass dasselbe, durch das Mikroskop betrachtet, schwarz aussieht. Dies hat den Grund, dass es in den Lichtstrahlen, welche vom Spiegel her durch das Glas nach oben gelangen, einen schattengebenden Körper bildet. Man nennt dies die Untersuchung bei durchfallendem Lichte, und zwar ist sie für die Fleischbeschauer die gewöhnlichste und vortheilhafteste. Untersucht man bei durchfallendem Lichte einen durchsichtigen Gegenstand, so erscheint dieser in seiner ihm eigenthümlichen Färbung.
Lässt man dagegen auf den zu untersuchenden Gegenstand das Licht mittelst einer besonderen Vorrichtung von oben her fallen — wie es bei der einfachen Loupe geschieht —, so hat man die Untersuchung bei auffallendem Lichte. Hierbei erscheint der untersuchte Gegenstand wiederum in seiner natürlichen Färbung, ein Sandkorn also nicht mehr schwarz, sondern weiss. Ebenso ist's mit der Trichinenkapsel. Ist sie entkalkt, so muss sie bei durchfallendem Lichte schwarz, bei auffallendem weiss erscheinen.
Man nennt das Gläschen, auf welchem man das Prüfungs-object unters Mikroskop bringt, das Objectglas. Es eignen sich dazu am besten rechteckige (aber nicht quadratische), ca. 8 Centimeter lange, 2^2 Centimeter breite, möglichst farblose Glasplatten von der Stärke einer Fensterscheibe, die man sich von jedem Glaser schneiden lassen kann. Das Prüfungs-object wird dann noch, um es festzulegen und breitzudrücken, mit sogen. Deckgläschen bedeckt, kleineren Glasplättchen, die der Fleischbeschauer sich am besten aus zerschnittenen
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Objectgläsern bereitet. (Bei genaueren Untersuchungen mit hohen Vergrösserungen müssen sie papierdünn sein.)
Es ist eine gewöhnliche Nachlässigkeit der Fleischbeschauer, dass sie das Object zwischen 2 gleich lange Objectgläser legen. Die Folge davon ist, dass sie beim Einstellen des Präparates und noch mehr beim Untersuchen desselben mittelst des Fingers das Deckgläschen heben, verschieben und damit das ganze Präparat in Unordnung bringen.
sect; 27. Regeln für den Gebrauch des Mikroskop e s.
Welchen VergrösserungsgradderFleischbeschauer anwenden solle, das ist eine wichtige Frage. Controlirt man die Untersuchungen der Fleischbeschauer, so findet man, dass sie meistens mit hohen Vergrösserungen (150- bis 200fach) untersuchen. Das ist aber für ihren praktischen Zweck ganz falsch. Man darf keineswegs glauben, dass, je stärker die Ver-grösserung sei, desto leichter der Zweck erreicht werde, möglichst schnell und sicher die An- oder Abwesenheit von Trichinen festzusetzen. Dies geschieht vielmehr weit besser durch schwache Vergrösserungen, weil diese heller erleuchtet erscheinen und ein viel grösseres Gesichtsfeld mit einem Blicke übersehen lassen als sehr starke Vergrösserungen, bei welchen man immer nur das Gebiet von einigen wenigen Muskelfaserabschnitten übersehen kann bei spärlicher Erleuchtung. Solche Vergrösserungen sind höchstens dann anzuwenden, wenn ein verdächtiges Gebilde vorliegt, dessen Natur man durch solche besser zu erkennen glaubt.
Die zweckrnässigste Vergrösserung ist eine 50- bis 80- bis lOOfache; bei diesen lässt sich schnell, sicher und angenehm arbeiten; Verfasser findet die 50fache am allerbesten. Kommen schwierige Fälle, so wird man allerdings zunächst
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zu stärkeren Vergrösserungen (150-bis 200 fach) seine Zuflucht nehmen, man muss sie daher haben; aber dann thut der Fleischbeschauer gut daran, sich lieber zu einem sachverständigen Vorgesetzten zu begeben, anstatt durch jene selbst den Zweifel zu lösen.
Hierbei ist allerdings zuzugeben, dass man erfahrungsmässig sich auch auf etwas stärkere Vergrössserungen einüben kann; Täuschung ist es aber, wenn die Fleischbeschauer meinen, nur mit solchen untersuchen zu können, weil sie sich darauf eingeübt haben; die grössere Schnelligkeit und Umfänglichkeit bleibt immer den schwächeren Vergrösserun gen.
Nicht unwichtig ist quot;die Benutzung der Blendscheibe. Wir sagten oben schon, welchen Zweck sie hat. Bisweilen, besonders bei sehr hellem Tageslichte, aber auch bei Lampen-beleuchtung, fällt so viel Licht durch das Präparat, dass alle Theile desselben in einen gleichmässigen Lichtschimmer gehüllt werden, wobei die Umrisse der mikroskopischen Gebilde nicht mehr hervortreten. Natürlich hört dann jede Untersuchung auf. Dieser Uebelstand wird beseitigt durch die Einschaltung einer Oeffnung der Blendscheibe, indem man nach Bedarf eine kleinere oder grössere wählt. Bleibt die Mitte des Bildes auch dann noch zu hell, so wird das überschüssige Licht beseitigt, indem man die kleinste Oeffnung nur theilweise unters Object gelangen lässt.
Denjenigen Fleischbeschauern, deren Mikroskop keine Blendscheibe besitzt, ist zu rathen, den Spiegel so zu stellen, dass weniger Licht einfällt; man erreicht dies auch recht schön, wenn man das ganze Mikroskop schräg gegen die Bichtung des einfallenden Lichtes stellt.
Unbedingt am besten lässt es sich untersuchen bei weissem Wolkenlicht; blaues Himmelslicht ist schon weniger
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gut. Im Winter muss indess vom Fleischbeschauer sehr häufig bei Lampenlicht untersucht werden. Obgleich dies dem Tageslichte, wenn der Himmel nicht allzu bewölkt ist, bei Weitem nachsteht, so gewöhnt sich doch das Auge, durch die Verhältnisse gezwungen, derartig an das Lampenlicht, dass der Fleischbeschauer zuletzt glaubt, es nur noch bei solchem thun zu können. Darin täuscht er sich nun zwar; indess ist gegen diese Gewohnheit nichts einzuwenden.
Im Uebrigen macht Uebung den Meister. Der Fleischbeschauer mache sich, bevor er sein Amt antritt, mit den Eigenthümlichkeiten seines Instrumentes vertraut, damit es ihm im Gebrauchsfalle nicht den Dienst versage. Er muss, um unter allen Umständen, wie sie die Praxis mit sich bringt, zum Ziele zu kommen, in der That sein Instrument wie seine Kunst völlig beherrschen. Er ist verpflichtet, dasselbe mit sich zu tragen, bisweilen auf weitere Entfernungen, beim Tagesgrauen in der Arbeiterwohnung die Untersuchung vorzunehmen, um keine Zeitverluste zu veranlassen, und muss sich hierbei zu helfen wissen so gut es geht. Glücklicherweise findet er gegenwärtig überall eine Petroleumlampe; ohne Petroleum dürfte es zweifelhaft sein, ob die Fleischschau durchführbar wäre.
Die Untersuchung ist, wenn möglich, im Sitzen vorzunehmen, verbietet sich dies, so muss, um den Rücken nicht zu ermüden, das Mikroskop möglichst hoch gestellt werden, wobei aber darauf Rücksicht zu nehmen ist, dass der untersuchende Arm sich stützen kann.
Es mag noch hinzugefügt werden, dass am Mikroskop mit der Zeit verschiedentliche Schäden sich einstellen können. Bei Säulenmikroskopen wird die Säule bisweilen unfest, oder der Spalt der Metallhülse zur Aufnahme des Tubus federt nach längerem Gebrauche nicht mehr, am Spiegel erscheinen des
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Belags beraubte Stellen, oder die Gläser, resp. Linsen haben Risse erhalten, oder es lässt sich der Spiegel nicht mehr con-centrisch einstellen u. s. w. Dergleichen Fehler müssen möglichst schnell beseitigt werden.
sect; 28. Zur Bereitung des Präparates und Bedienung des Mikroskopes bedarf es noch einiger Hiilfsutensilien. Diese sind folgende:
1) eine spitze Pincette; 2) eine auf die Fläche gebogene (Cooper'sche) Scheere; 3) ein paar Präparir-nadeln, nicht zu kurz, mit hölzernem Griff; 4) ein Fläschchen mit Glycerin oder destillirtem Wasser; 5) ein dito mit Essigsäure; 6) ein dito mit Aetzkalilösung; 7) einige Glasstäbchen zum Betupfen des Präparates mit genannten Flüssigkeiten; 8) etwas weiches Leder zur Reinigung des Mikroskopes. Von Object- und Deckgläsern war bereits die Rede.
Der Zusatz von Glycerin oder destillirtem Wasser hat den Zweck, das Präparat aufzuhellen und das Eintrocknen desselben, was sonst sehr schnell geschieht und jedes weitere Untersuchen aufhebt, zu verhindern. Glycerin ist dem Wasser vorzuziehen, da dieses zu schnell verdunstet. Die Essigsäure dient dazu, etwaige undurchsichtige Kapseln aufzulösen und dadurch den Wurm sichtbar zu machen. Wir haben hierüber schon bemerkt, dass dies für den Fleischbeschauer nur selten nothwendig wird, da die Kapseln fast immer noch unverkalkt und daher durchsichtig zur Beobachtung kommen.
Dagegen kann es sich ereignen, dass bei höchst spärlich vorhandenen Trichinen oder bei einem diesen ähnlichen Gebilde es nothwendig wird, dieses oder jene in der sie ganz oder theilweise bedeckenden Muskelfasermasse frei zu machen. Dies geschieht in vorzüglicher Weise durch Kalilösung. Nimmt man eine Lösung von 1 Kali auf 15 Wasser, so wird die Muskel-
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faserung, mit einem starken Tropfen der Lösung betupft, der-massen durchsichtig, dass sie den Augen fast entschwindet, während nun die darin etwa verborgen gewesenen Trichinen vollkommen unbeschädigt hervortreten. Da die Fälle, welche dies nothwendig machen, doch nicht so ganz selten sind, so
Abbildung 6. Aufhellung eines Präparates durch Kalilösung.
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ist, zumal dem Fleischbeschauer auf dem Dorfe, anzurathen, diese Lösung vorräthig zu halten. (Siehe Abbildung 5.)
sect; 29. Das Präparat selbst wird auf folgende Weise bereitet.
Man trägt mittelst der gebogenen Scheere von dem Fleischstücke, möglichst parallel den Muskelfasern, d. h. in der Richtung derselben, ein Theilchen ab, etwa von der Grosse eines starken Stecknadelkopfes (oder doch nicht viel grosser!), wobei
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man besonders die Stellen aufsucht, wo das Muskelfleisch in sehnige oder häutige Theile übergeht, also namentlich die Oberfläche und die Ränder. Man muss den Schnitt in der Richtung der Muskelfasern machen, weil die Trichine diesen parallel liegt; würde man quer schneiden, so könnte es vorkommen, dass man zugleich eine Trichine quer durchschneidet, was bei spärlichem Vorkommen doch von Nachtheil sein könnte. Dieses Fleischtheilchen, das Untersuchungsobject und Präparat, wird auf ein Objectglas gebracht, mit Hülfe der Präparirnadel schnell etwas aus einander gebreitet, mit Glycerin oder Wasser befeuchtet, und mit dem Deckgläschen bedeckt. Drückt man nun letzteres etwas an, so breitet sich das Präparat aus, wird durchsichtiger, und man hat dann bei Gegenwart verkalkter Kapseln wohl das Gefühl, als zerdrücke man Sandkörner. Drückt man zu heftig, so kommen die Trichinen aus den Kapseln und werden theilweise zerdrückt.
Die Fleischbeschauer begehen gewöhnlich den Fehler, das Präparat zu dick oder zu gross zu machen, um mit einem Male eine grössere Fläche überschauen oder durchschauen zu können. Dies hat aber zur Folge, dass das Präparat undurchsichtig bleibt und, da die Durchsichtigkeit unentbehrlich ist, etwaige Trichinen viel weniger deutlich hervortreten lässt. Kleinere, völlig durchsichtige Präparate haben daher immer den Vorzug, wenn sie auch bei gleicher Anzahl ein geringeres Quantum untersuchten Fleisches darstellen als grössere.
Wir haben bereits angeführt, dass, wenn dem Fleischbeschauer zwei oder mehrere Linsen zu Gebote stehen, er immer zuerst mit der schwächeren Vergrösserung zu beginnen und erst bei zweifelhaftem Refunde zu der stärkeren zu schreiten hat.
Kuntz, Trichinenkunde. 2. Auflage.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 3
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Hat man eingetrocknetes Fleisch zur Untersuchung (z. B. Schinken, Wurst), so lege man dasselbe zuvor einige Tage in Glycerin oder Kalilösung, worin es sich allmälig auflockert.
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III. Erkennungsmerkmale der Trichine und
Unterscheidung derselben von verwandten
Gebilden.
sect; 30. Die B r k e n n u n g (Diagnose) der Trichine ist zwar für denjenigen, der ihre Besonderheiten gründlich studirt hat, kaum jemals noch mit grossen Schwierigkeiten verknüpft. Wer aber dieselbe unter allen Verhältnissen für gleich leicht erklären wollte, der würde damit verrathen, dass ihm die rechte Erfahrung und Sachkenntniss doch abgeht. Von der schlechten, oberflächlichen, leichtsinnigen Untersuchung, die überhaupt in keiner Weise genügt, reden wir hier nicht; wir haben vielmehr die gründliche und gewissenhafte Untersuchung im Auge, als unentbehrliche Bedingung für die Lösung schwieriger Fälle. Auch dieser kann es nämlich widerfahren, dass sie auf Dinge stösst, die ihr noch neu und desshalb überraschend sind. Häufig sind diese Fälle allerdings nicht, sie beweisen aber doch, dass auch beim Fleischbeschauer nicht immer Alles normal geht. Es hat sich schon des Oefteren ereignet, dass mikroskopische Gebilde für Trichinen gehalten worden sind, die es nicht waren, und dass desshalb sogar die betr. Schweine sanitätspolizeilich vernichtet worden sind; wer trägt in solchen Fällen rechtlich den Schaden? Wahrscheinlich der oder die betr. Fleischbeschauer. Denn diese haben jedenfalls eines Versehens
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sich schuldig gemacht. Es soll nicht geläugnet werden, dass das Versehen, wenn es vorkommt, wohl meist als raquo;grobeslaquo; zu bezeichnen sei. Verfasser muss jedoch hiergegen anführen, dass er einige Fälle beodachtet hat, die ein solches Versehen entschieden als entschuldbar hätten erscheinen lassen. Glücklicherweise hielten die Fleischbeschauer auch hier Vorsicht für das bessere Theil, insofern sie beim Vorgesetzten Entscheidung einholten. Es wird nachher ein solcher Fall mitgetheilt werden, der jedenfalls für die Tüchtigkeit des betr. Fleischbeschauers spricht. Diese Fälle von technischen Versehen haben zum Glück keinen Nachtheil in gesundheitlicher Beziehung; letzterer ist vielmehr meist Folge des Leichtsinns, der sich gar nicht die Mühe giebt, die Trichine sorgfältig aufzusuchen, und keine constatirt, wenn sie nicht gleich zahlreich zu finden sind.
Der Fleischbeschauer nehme also seine Sache weder in civil rechtlicher noch in strafrechtlicher Beziehung zu leicht. Ist es für ihn geboten, den Befund seiner Untersuchung sofort mit Bestimmtheit zu erklären, ist ihm nur die Wahl gelassen zwischen Ja und Nein, so muss er auch in der Erkennung der Trichine und in ihrer Unterscheidung von andern, ihr ähnlichen Gebilden völlig sicher sein. Hat er die Untersuchung mit Sachkenntniss und Sorgfalt vorschriftsmässig ausgeführt, so kann ihn niemals der Vorwurf des Leichtsinns oder der Unkenntniss treffen und es würde dann, falls einige Trichinen nicht entdeckt worden seien, dies weder heftige Erkrankungen, noch auch gerichtliche Ahndung zur Folge haben.
sect; 31. Für zweifelhafte Muskelfunde muss übrigens der Fleischbeschauer daran erinnert werden, dass er sich Aufklärung holen kann und soll aus der Untersuchung der Darmschleimhaut. Finden sich hier alte und junge Trichinen, so ist die Bestätigung da; dagegen ist noch kein Schluss auf den
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Muskelbefund zu machen, wenn im Darmkanal nichts Verdächtiges vorgefunden wurde.
sect; 32. Die Bestandtheile des mikroskopischen Bildes.
Hat der Fleischbeschauer ein Präparat passend eingestellt, so findet er, dass dasselbe recht verschiedene Bestandtheile enthält.
1) Die bereits erwähnten, quer- und längsgestreiften Muskelfasern als Hauptmasse. Diese Fasern laufen durch das ganze Bild (Gesichtsfeld), wenn das Präparat ihrer Bich-tung gut parallel genommen wurde, während man bei quergeschnittenen Präparaten nur die Endflächen der Faser im Querschnitte, etwa Balkenköpfen ähnlich, sehen kann. Die Querstreifung derselben ist an fast allenMuskeln gleich charakteristisch, besonders deutlich z. B. an'den Fasern der Zwischenrippenmuskeln. Sie wird bewirkt durch äusserst feine, scharf gezeichnete, ungemein dicht neben einander stehende leicht wellenförmige Querlinien, von einer wunderbaren Begelmässig-keit und Sauberkeit. Dieselben treten stärker hervor an den Seiten der Faser, da wo sie in die Faserhülle abfallen, während sie auf der Höhe der Faser sich etwas weniger gut markiren.
Aendert man die Beleuchtung des Präparates oder stellt man es ein wenig anders ein, so tritt in höherem Grade die Längsstreifung hervor. Obwohl nicht so scharf und sauber wie die erstere, ist sie doch immerhin ein Erkennungszeichen der Muskelfaser. Bisweilen ereignet es sich, dass man die Quer- und Längsstreifung einer oder zweier über einander liegender Fasern zugleich bemerkt; man erhält dann das Bild von zahllosen unendlich kleinen Quadraten.
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Die Hülle der Muskelfasern ist eine durchaus einfache liniendünne Haut, in welche die Querstreifen unmittelbar übergehen.
Die Dicke derselben ist eine gleichmässige; sie ist auch bei allen Muskeln so ziemlich dieselbe, nur in den Augenmuskeln ist sie etwas geringer. Im Allgemeinen ist eine Muskelfaser 2 bis 3 Mal so stark und breit als eine Trichine. Hat man eine abgerissene Faser vor sich, so quillt auf Druck aus dem Ende eine krümelige Masse aus.
2)nbsp; Hie und da sieht man vereinzelt oder in Haufen bei einander Fett blasen. (S. Abbildung 4 cc.) Sie sind bald grosser, bald kleiner, von runder oder eiförmiger Gestalt, den kleinen runden Scheiben eines Kirchenfensters nicht unähnlich, mit einer äusserst dünnen Hülle umgeben, im Gegensatz
3)nbsp; zu den Luftblasen des Präparates, welche durch Zusatz von Glycerin, Wasser oder andern Flüssigkeiten entstanden sind. Sie fallen sofort ins Auge durch ihre breiten, schwarzen, oft ganz unregelmässigen Umrisse, in deren Mitte sich ein heller Luftkern befindet. Ebenso verhalten sich durch Kohlensäure erzeugte Blasen, welche man bei Zusatz von Säuren bisweilen sich bilden sieht.
4)nbsp; nbsp;Blutkörperchen, einzelne oder in grösseren gelblichen Massen beisammen; sie stellen sich dar als sehr kleine, runde, plattgedrückte Bläschen oder Scheibchen.
5)nbsp; nbsp;Sehnen fasern, von äusserster Feinheit, und zu breiteren oder schmäleren Zügen oder Flächen vereinigt.
6)nbsp; nbsp;Sehr häufig enthält das Schweinefleisch fremdartige Beimischungen in Gestalt länglicher, wurstförmiger Körper, die man unter gewissen Umständen wohl mit Trichinen verwechseln kann. Dies sind die überall erwähnten, jedem Fleisch-
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beschauer wohlbekannten, überaus häufigen sogen. Rainey'-schen Körper oder Miescher'schen Schläuche, vermuthlich dasselbe unter verschiedenen Namen. Diese Gebilde sollen, wie allenthalben gelehrt wird, wegen ihrer ovalen Gestalt und Undurchsichtigkeit Trichinenkapseln so ähnlich sehen, dass man die Gefahr vor Verwechselung beider für gross halten möchte.*) In Wirklichkeit liegt indess eine solche Gefahr nicht vor. Abgesehen davon, dass Verfasser noch keinen Fleischbeschauer gefunden hat, der es für möglich gehalten hätte, Miescher'sche Schläuche mit Trichinenkapseln zu verwechseln, ist dem Verfasser auch noch nie etwas von einer solchen Verwechselung bekannt geworden. Die Verwechselung ist nicht zu befürchten mit Trichinenkapseln, sondern mit freien Trichinen ! Man kann nicht selten beobachten, dass diese Schläuche ganz schmal und lang gestreckt sind, ja in einem Falle hat Verfasser beobachtet, dass sie Krümmungen und Schlingen bildeten, ganz ähnlich denen der Trichinen und desshalb that-sächlich einen alten, mit Trichinen viel beschäftigt gewesenen Fleischbeschauer irre geführt hatten. Der erste Entdecker derselben hatte sich aber nicht täuschen lassen; er erkannte wenigstens, der genaueren Erkennungsmerkmale sich erinnernd, das Ungewöhnliche der Erscheinung in der übermässigen Länge und der Undurchsichtigkeit der Gebilde, welche übrigens in allen Längen und Gestalten vorhanden waren.
Nebenbei mag bemerkt werden, dass diese Schläuche nicht
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quot;:t) Auch das Gutachten der wissenschaftl. Deputation vom 24. April 1878 spricht von vorgekommenen groben Versehen, indem Psorospermienschläuche oder vegetabilische Fäden für Trichinen gehalten worden seien. — Man weiss nicht, ob hier verkapselte oder freie Trichinen gemeint sind.
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thierischer, sondern pflanzlicher Natur zu sein scheinen. Sie bestehen aus einer ausserordentlichen feinen Haut und einem krümlichen Inhalte (dessen Körperchen meist nierenförmig sind). Eine weitere Organisation haben sie nicht. Aus diesem Grunde sind sie von unregelmässiger Gestalt, die schlanke Regelmässig-keit eines Wurmkörpers haben sie nie, sie verbreitern und verschmälern sich vielmehr, lassen sich breit drücken, haben daher auch kein unterscheidendes vorderes resp. hinteres Ende.
7)nbsp; Bisweilen sind im Schweinefleische kalkartige Körner gefunden worden. Sie haben mit Trichinenkapseln nichts zu schaffen; sollte indess die rundliche Form derselben Verdacht erregen, so wird ein Tropfen Essigsäure den Zweifel heben.
8)nbsp; Mannichfaltige zufällige Beimengungen können bei der Bereitung des Präparates aus der Luft, den Geräthschaften, der Kleidung des Untersuchers in dasselbe hineingelangen. Dergleichen Körper unterscheiden sich durch Gestalt, Grosse und Farbe sehr wesentlich von der Trichine.
9)nbsp; Ueber Finnen später.
sect; 33. Hat der Fleischbeschauer vorstehend beschriebene Gebilde mit ihren besonderen Eigenthümlichkeiten durch wiederholtes Betrachten und Vergleichen seinem Gedächtnisse nachhaltig eingeprägt, so wird er finden, dass man die etwaigen Trichinen eines Präparates nur dann übersehen kann, wenn man es an Aufmerksamkeit und Ausdauer fehlen lässt. Eine eingekapselte Trichine hat etwas so Charakteristisches, dass ein geschultes Auge nicht gut über sie hinweggleiten kann, ohne sie bemerkt zu haben, und auch eine freie Trichine hat so viel besondere Eigenthümlichkeiten, dass ein Unterrichteter bei gehöriger Sorgfalt zuletzt nicht im Zweifel bleibt.
Wir wollen jedoch in nachfolgender vergleichender Uebersicht die Erkennungsmerkmale der Trichine einerseits
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und der mit ihr verwandten Gebilde andrerseits noch einmal zusammenfassen:
1)nbsp; nbsp;Die Trichine besitzt ein vorderes spitzes und hinteres stumpfes Ende*), die Muskelfaser verläuft in gleichmässiger Stärke, die Miescher'schen Schläuche haben weder in ihren Enden, noch in ihrer Breite überhaupt etwas Charakteristisches oder Gleichbleibendes.
2)nbsp; nbsp;Die Muskelfaser ist im Allgemeinen 2 bis 3 Mal so breit als die Trichine, nur in den Augenmuskeln kann die Breite dieselbe sein.
3)nbsp; nbsp;Die Trichine hat zwei, deutlich zu unterscheidende Häute, die Muskelfaser nur eine einzige feine Hülle, oder anders ausgedrückt: die Trichine hat doppelte Umrisse, die Muskelfaser einfache.
4)nbsp; Die Muskelfaser zeigt die bekannte regelmässige, feine Quer- und Längsstreifung, die Trichine erscheint bei gewöhnlicher Vergrösserung gar nicht gezeichnet oder höchstens weitläufig getüpfelt.
5)nbsp; nbsp;Niemals lässt die Trichine eine auffallende Färbung erkennen; findet sich eine solche, etwa eine rothe oder bläuliche, so darf der Fleischbesehauer durch eine noch so täuschende Form sich nicht verleiten lassen, Trichinen zu entdecken, vorausgesetzt, dass sein Mikroskop fehlerfrei ist.
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*) Es ist dies nicht so zu verstehen, als ob das hintere Ende auch zugleich der breiteste Theil des Körpers wäre; dieser liegt vielmehr etwa in der Mitte des Thieres. Die schalmeiartige Muskeltrichine bei Wolff (die Untersuchung des Fleisches auf Trichinen) giebt daher eine zwar drastische, aber nicht ganz richtige Vorstellung von der Sache.
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6)nbsp; nbsp;Aufrollung oder Schlängelung ist für Trichinen beweisend, wenn die andern Erkennungsmerkmale nicht gänzlich vermisst werden.
7)nbsp; Es schwindet jeder Zweifel, wenn man an dem verdächtigen Gegenstande Bewegungen wahrnimmt, oder in der Nachbarschaft desselben sich eine leere Kapsel vorfindet.
8)nbsp; Sind dann Trichinen vorhanden, so ist auch der Muskelbefund gesichert; die Abwesenheit von Darmtrichinen beweist dagegen nichts.
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IV. Vorsichtsmassregeln.
sect; 34. Wenn in Nachstehendem es nicht unterlassen wird, denselben eine kurze Besprechung zu widmen, so geschieht dies nicht bloss mit Bücksicht auf solche locale Verhältnisse, wo eine regelrecht durchgeführte Trichinenschau noch nicht stattfindet, sondern auch weil der Fleischbeschauer als bestellter Sachverständiger hiervon geziemender Weise Kenntniss besitzen muss, und weil endlich die importirte fremde, besonders amerikanische Waare Deutschland und halb Europa mit trichinösem Fleische überschwemmt. Es wird, wie in Frankreich es bereits geschehen, so auch in Deutschland gegen diesen massenhaften Trichinenimport durch Gesetze eingeschritten werden müssen.*) Alle Gesetze indess, alle Verordnungen nebst der Fleischschau, welche ja niemals einen absoluten, sondern nur einen relativen Schutz gewährt, dürfen das Pu-
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*) Bereits 1880 wurde durch Erlass des ljundesraths die Einfuhr von Würsten und Hackfleisch aus Amerika verboten.
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blikum nicht davon entbinden, seinerseits immer noch möglichste Vorsicht anzuwenden.
sect; 35. Denn gleich beispiellos, wie die Lebensdauer, ist auch die Widerstandsfähigkeit der Trichinen. Man hat gefunden, dass die Trichine in den schärfsten chemischen Substanzen, in Salzlösungen, Säuren, in gänzlich verwestem Fleische sich lange Zeit lebendig zu erhalten vermag. Es kann daher nicht Wunder nehmen, wenn auch das Räuchern (im Schmooch, das Bestreichen mit Creosot oder Holzessig thut selbstverständlich nichts), ferner das Pökeln, das Braten und selbst das Kochen einen vollkommenen Schutz vor Ansteckung nicht gewährt.
Zwar ist es richtig, dass eine Temperatur von 60deg; R., bei welcher das Eiweiss gerinnt, also alles thierische Leben schliesslich erlöschen muss, auch auf einen so verschwindend kleinen Organismus, wie derjenige der Trichine ist, nicht anders als ertödtend einwirken kann, und dass mit noch grösserer Sicherheit dies durch Siedhitze (80deg; R.) geschehen muss. Es hat aber Experiment und Erfahrung dargethan, dass eine derartige Einwirkung bei der Bereitung unserer Speisen und die Gonservirung unserer Nahrungsmittel nur in einer so unzureichenden Weise erfolgt, dass immer ein mehr oder weniger grosser Theil der Parasiten unversehrt bleibt und die Erkrankungen, welche sie verursachen, immer noch beträchtliche sein können.
Wir nehmen uns theils aus Gewohnheit, theils aber auch absichtlich nicht die Zeit, das Braten oder Kochen des Fleisches so lange fortzusetzen, bis aller Fleischsaft ausgeschmort oder ausgekocht ist und dadurch etwa vorhandene Trichinen getödtet sein können. Das ist nicht einmal rationell mit Rücksicht auf die Zartheit und die Bouillon des Fleisches, die wir uns doch
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erhalten müssen, wenn wir eine kräftige und leichtverdauliche Nahrung haben wollen. Aber gerade hierin liegt die Gefahr. Will man dieser entgehen, so bleibt nichts Anderes übrig, als 5 bis 6 Stunden zu kochen oder zu braten.
Fast überall wird das Schweinefleisch noch gänzlich roh genossen, entweder als Hackfleisch oder als völlig un- oder doch nur leicht angeräucherte Fleischwurst unter sehr verschiedenen Namen. Es ist nicht zu läugnen, dass diesen Fleischarten ein grosser Wohlgeschmack, Leichtverdaulichkeit und Nahrhaftigkeit beiwohnt. Wo indess keine Pleischschau besteht, ist es unbedingt geboten, diese Gewohnheit gänzlich zu unterlassen. Abgesehen von der Trichinengefahr, werden dadurch der Menschheit ungeheure Mengen Bandwürmer einverleibt.
Streng genommen können zwar nur solche Fleischwaaren trichinös sein, welche aus Theilen bestehen, die mit Trichinen behaftet sein können, also ausser dem unverarbeiteten frischen Fleische: sogen. Hackfleisch, Klops, Schinken, Sülze, Zungen, Blut-, Gervelat-, Knack-, Brat-, Kohlwurst, überhaupt alle fleischhaltige Würste, sowie noch manche andere, nach der Gegend verschiedene, Bereitungsformen. Hiernach müsste alles Andere, was kein Fleisch enthalten soll, trichinenfrei sein. Man verlasse sich jedoch auf diese Unterscheidung nicht allzu sehr, da eine zufällige Vermengung der verschiedensten Körpertheile durch Geräthschaften, vor Allem durch den Hackeklotz ganz unvermeidlich erscheint, und somit Alles verdächtig oder schädlich werden kann.
Sicher ist, dass in concentrirter Kochsalzlösung die Trichinen sehr schnell getödtet werden können; bewirkt man also die Pökelung derartig, dass das Fleisch mehrere, etwa 6 Wochen lang mit starker Salzlauge durchtränkt gewesen ist, so ist die
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Gefahr beseitigt. Aber wer thut das mit der gehörigen Sorgfalt? und wer kennt den Zustand von gekaufter, vor Allem von nordamerikanischer Waare?
Nach Vorstehendem erscheint es geboten, auf den Genuss von Theilen eines als trichinös erkannten Schweines überhaupt zu verzichten, mögen sie noch so vorschriftsmässig zubereitet sein. Die ordnungsmässige Fleischschau hat sich daher auch gar nicht weiter einzulassen auf ein unterschiedliches Verfahren, um den materiellen Schaden in etwas zu vermindern; das behaftete Schwein ist genussunfähig zu machen.
Schliesslich noch ein Wort über das Wildschwein. Obwohl es noch der Bestätigung zu bedürfen scheint, ob dasselbe in der Freiheit trichinös werden könne, so ist dies doch an und für sich für wahrscheinlich zu halten. Mit Rücksicht darauf, dass das Wildschwein aber vorzugsweise Waldmast, d. h. vegetabilische Kost erhält, ferner bezüglich seiner Wohnungsverhältnisse entschieden den Vorzug besitzt vor dem Stallschwein, rauss indess die Trichineninfection desselben eine weit seltenere sein. Es ist daher das Wildschwein auch noch nicht in die obligatorische Fleischschau eingeschlossen. Wer indess ganz sicher gehen will, lasse es vor dem Genüsse dennoch untersuchen.
sect; 30. Wir sprachen in der 1. Auflage die Meinung aus, dass bei streng geregelter Fleischschau die Zahl der trichinösen Schweine mit der Zeit abnehmen müsse. Man sollte meinen, dass diese Abnahme zufolge der unnachsichtlichen Vernichtung alles Trichinenverdächtigen sich sogar schon in verhältnisstnässig kurzer Zeit bemerkbar machen müsse. Diese Ansicht scheint jedoch voreilig zu sein; beispielsweise hat das Prozentverhältniss trichinöser Schweine im Kreise Wanzleben von 1875 bis 1880 um mehr als das Doppelte zugenommen, von wo ab erst wieder
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ein Abfall eintritt. Wir kennen die Ursachen der Einwanderung der Trichinen in das Schwein im Einzelfalle noch zu wenig, um uns diese Zu- und Abnahme der Prozentziffer erklären zu können.
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V. rinnen.
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sect; 37. Zufolge der neueren Gesetzgebung sind überall Verordnungen der Landespolizeibehörden erlassen worden, wonach auch das Vorkommen von Finnen beim Sehwein Gegenstand der sanitätspolizeilichen Fürsorge geworden ist. Natur-gemäss sind hiermit zugleich die beamteten Trichinenschauer zunächst beauftragt worden. Sie wirken hierbei eigentlich weniger als Sachverständige als vielmehr als Polizeibeamte, die die Anweisung haben, das Auftreten von Finnen im concreten Falle zur Anzeige zu bringen und dadurch die Polizei in Stand zu setzen, nach ihrem besten Ermessen zu verfahren.
Denn das Erkennen der Finnen unterliegt gar keinen Schwierigkeiten, könnte daher ebensogut den Schlächtern und Fleischern überlassen werden sammt der Anzeige an die Polizeibehörde, — wenn diese nicht die Finnen noch weniger respek-tirten als die Trichinen, die sie immer noch abläugnen. Es ist geradezu erstaunlich, wie gross die Mengen finniger Schweine sind, die ans Tageslicht gezogen werden, seitdem darauf untersucht wird.
Eine Abbildung zu liefern von finnigem Schweinefleische wäre überflüssig; jeder Fleischbeschauer kennt sie und weiss, dass sie das Aussehen von weisslichen Blasen haben, die etwa wie Perlen oder Graupen sich ausnehmen und ohne Weiteres aus dem Fleische herausfallen, wenn es zerlegt wird.
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Es mag aber doch für manchen Fleischbeschauer von Interesse sein, nicht bloss zu seiner eigenen Belehrung, sondern auch dem Publikum gegenüber, etwas Näheres darüber zu erfahren, was es für eine Bewandtniss habe mit der Herkunft
Abbildung 6.
Finnenkopf nebst Scliwanzblase, von oben her betrachtet; in der Mitte des Kopfes
a die Mundöffming mit dem doppelten Hallenkranze; darauf die seitlich etwas
vorspringenden 4 grossen Saugnäpfe; b Hals; c zusammengefaltete
Schwanzblase.
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und Schädlichkeit dieses ekelerregenden, zwar nicht gerade lebensgefährlichen, aber doch immerhin an der Zerstörung der menschlichen Gesundheit arbeitenden Parasiten.
sect; 38. Durch die Finne (Gysticercus cellulosae) steht das Schwein im umgekehrten Verhältnisse zum Menschen wie durch
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die Trichine. Diese ertheilt es dem Menschen, jene erhält es von ihm, und zwar fast ausschliesslich.
Wir sind zwar gewohnt zu sagen, dass der Mensch durch finniges Schweinefleisch Bandwürmer erhalte, das ist richtig; wir sollten aber umgekehrt in unserem eigenen Interesse uns mehr an den Gedanken gewöhnen, dass wir durch unsere
Abbildung 7. Finnenkopf von der Seite betrachtet, wobei der Hakeukranz deutlicher hervortritt.
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Bandwürmer das Schwein, unser wichtigstes fleischgebendes Nutzthier, erst selbst inficiren! Denn nur erst dann, wenn diese Einsicht durchgedrungen ist, wird man zu der Ueberzeugung kommen, dass vor Allem auch in der Schweinezucht Sorgfalt auf Stallung und Accuratesse auf Fütterung zu verwenden ist. Es soll Gegenden geben (Abyssinien), wo schlechthin jeder Mensch seinen Bandwurm haben soll; man kann sich darüber nicht mehr wundern, wenn man gesehen hat, wie in solchen Gegenden, z. B. in Ostasien Mensch und Thier zusammenlebt;
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das Schwein ist derartig mit dem Menschen vergesellschaftet, dass es nothgedrungen von diesem finnig werden muss.
Das Schwein bezieht nämlich die Finnen durch die künstlich dem Menschen abgetriebenen ganzen Bandwürmer, sowie durch die bekannten gurkenkernähnlichen Glieder oder Gliederketten, welche menschliche Bandwürmer von Zeit zu Zeit, bald mehr, bald weniger, mit den Excrementen ihres Besitzers verlieren. Diese Glieder sind im Grunde nichts als grosse Eierstöcke, deren Inhalt, wenn vom Schwein aufgenommen, dieses ansteckt, d. h. finnig macht. Hierbei gehen im Magen des Schweines aus den Eiern, deren nicht wenige sind, Embryone hervor, welche, im Darm angelangt, durch dessen Wandung sich in das lockere Bindegewebe zwischen den Muskelbündeln begeben. Aehnlich den Trichinen, scheinen auch diese hierbei den vorderen Theil des Schweines zu bevorzugen.
Im Bindegewebe des Muskels wird der Embryo zur Finne, d. h. jenem Blasenwurme, an welchem man unter gewöhnlichen Verhältnissen weiter nichts unterscheidet als einen festeren weisslichen Punkt in einer Blase wässerigen Inhalts. Dieser Blasenwurm ist ein Bandwurm in nuce; er ist der bereits ausgebildete Kopf des Bandwurms, ohne den bandartig anwachsenden Körper desselben. Statt dessen findet sich nur ein blasenartiges Anhängsel am Kopfe, die sogen. Schwanzblase, ausser einem kurzen Halse, mittelst dessen der Kopf ausgestreckt oder eingezogen werden kann.
Der Kopf ist schon bei massiger Vergrösserung unschwer zu unterscheiden; er besitzt Kau- und Saugwerkzeuge, nämlich einen doppelten Hakenkranz um die Mundöffnung und vier Saugnäpfe. (S. Abbildung 6 und 7.)
Die Finne ist in der Grosse etwas, doch unerheblich verschieden ; grosser als ca. 1 Centimeter wird die Schwanzblase
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nicht. Das Thier bleibt auf dieser Entwickelungsslufe (Scolex der Taenia solium), bis es in den menschlichen Magen und Darm gelangt, wo es erst zum gegliederten Bandwurm weiter auswächst.
Bisweilen sind die Finnen in ungeheurer Anzahl vorhanden; dann kann man sie auch ausserhalb der Muskeln im lockeren Bindegewebe antreffen, im Gehirn, Rückenmark, Speck. Nur in diesem Falle kann das Schwein sichtbar erkranken und selbst zu Grunde gehen; auch wird es möglich, die Krankheil als solche zu erkennen, wenn man unter der Augenlidbindehaul die Finnen wahrnimmt.
sect; 39. Die Finnen besitzen nicht die grosse Widerstandsfähigkeit der Trichinen. Sie lassen sich durch Kochen, Pökeln und Räuchern wesentlich leichter tödten; überdies hat das Kochen noch den Vortheil, dass sich hierbei ein grosser Theil der Finnen loslöst und an die Oberfläche steigt. Bei geringem oder massigem Finnengehalte leidet das Schweinefleisch in keiner Weise hinsichtlich seiner Nahrhaftigkeit und Zuträglieh-keit. Anders steht es freilich bei stärkerer Durchsetzung; bei dieser bewirkt schon die grosse Menge des in den Schwanzblasen angesammelten Wassers eine derartige Durchwässerung des Fleisches, dass von gesundem Fleische nicht gut mehr gesprochen werden kann.
Es würde aber eine grosse Menge gesunden nahrhaften Fleisches verloren gehen, wenn man ohne Unterschied wie das trichinöse auch das finnige Schweinefleisch einfach der Vernichtung anheimgeben wollte. Der Schutz des Publikums macht dies auch nicht unumgänglich nöthig. Die zu diesem Zwecke zu erlassenden sanitätspolizeilichen Vorschriften werden sich daher weniger streng halten können.
Kuntz, Trlcbinenkunde, 2. Autlage.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 4
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Thatsäclilich entfaltet das in Preussen nach den von der Wissenschaftliehen Deputation zu Berlin aufgestellten Grundsätzen zur Zeit gebräuchliche Verfahren immer noch eine bedeutende Härte, da es den Genuss des Fleisches in gekochtem Zustande nur dann zulässt, wenn der Finnengehalt ein geringer war, in andern Fällen aber das Schwein wie ein trichinöses behandelt werden soll. (Siehe später.) Es wäre daher wohl zu wünschen, dass ein Modus gefunden würde, wie auch stärker finniges Fleisch noch wirthschaftlich gerettet werden könne.
Für unzulässig halten wir jedoch den Vorschlag, solches Fleisch auf einer sogen. Freibank zum Verkauf ausstellen zu dürfen, mit näherer beigegebener Gebrauchsanweisung, dass dasselbe nur gekocht, gepökelt oder geräuchert genossen werden solle. Hierbei ginge wieder jeder Schutz des Publikums verloren. Abgesehen davon, dass das Fleisch dann wieder bis zur Freibank in Gewahrsam genommen und auf dieser noch con-trolirt werden müsste, so wissen wir, dass das Publikum zu seinem Schütze nichts thut, wenn es nicht dazu gezwungen wird.
Schliesslich wollen wir nicht unerwähnt lassen, dass es noch eine andere Art Schweinefinne geben soll als die geschilderte. Sie soll etwas kleiner und länglicher sein: für die Fleischbeschauer hat sie indess dieselbe Bedeutung, da sie ebenfalls einen Bandwurm erzeugt. Vielleicht hängt ihr Vorkommen von der Gegend ab; bei uns ist sie jedenfalls selten.
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VI. Gesetze, Circularerlasse, Polizeiverordnungen etc.
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Wenn wir in Nachstehendem die auf Trichinen- und Finnenschau bezüglichen Bestimmungen und Erklärungen theils unverkürzt, theils im Auszuge zusammenstellen, so glauben wir damit nicht bloss den Fleischbeschauern einen Dienst zu erweisen, sondern auch Medizinal- und andern Behörden. Sollte es in Deutschland und Oesterreich in der That noch Landbezirke geben, in denen die obligatorische Fleischschau auf Trichinen und Finnen noch nicht eingeführt ist. so dürfen wir wohl annehmen, dass sie daselbst jedenfalls im Werke ist, und es erscheint für solche Gegenden zur Orientirung daher von erhöhtem Interesse, von dem einschlägigen Material Kenntniss zu erhalten. Wir wollen speziell die Polizeiverordnung der Regierung zu Magdeburg von 1865 nicht als ein für alle Verhältnisse passendes Muster hinstellen, sie hat aber — in Deutschland wenigstens — das Verdienst, in der Sache vorangegangen zu sein, und desshalb gebührt ihr der Vorzug, vor andern, wenn auch nur im Auszuge, hier mitgetheilt zu werden.
a) Trichinen.
i.
Strafgesetzbuch für das Deutsche Reicli sect; 367:
Mit Geldstrafe bis zu 150 Mark oder mit Haft wird bestraft:
7) wer verfälschte oder verdorbene Getränke oder Esswaaren, insbesondere t rieh inen haltiges Fleisch feilhält oder verkauft.
Ein hierauf bezügliches Obertribunalserkenntniss vom 3. November 1875 lautet: „Es kann nicht für rechtsirrthümlich erachtet werden, dass einem Schlächtermeister vermöge dieses seines Gewerbebetriebes die Verpflichtung auferlegt wird, mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln dafür Sorge zu tragen, dass die von ihm in den Verkehr gebrachten Fleischwaaren nicht von die
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Gesundheit oder gar das Leben der Consumenten gefährdender Beschaffenheit seien.quot; ....
Dieses Erkenntniss lässt darüber keinen Zweifel mehr, dass für Schlächter, welche Schweinefleisch feilhalten, die mikroskopische Untersuchung überall da, wo sie praktisch ausführbar und thatsächlicli gehandhabt, geboten ist, selbst wenn sie noch nicht auf dem Polizeiwege eingeführt sein sollte.
11.
Gesetz vom 14. Mai 1879, betr. den Verkehr mit Nahrungsmitteln etc.:
sect; 1. Der Verkehr mit Nahrungs- und Genussmitteln unterliegt der Beaufsichtigung nach Massgabe dieses Gesetzes.
sect; 10. Mit Gefängnissstrafe bis zu 6 Monaten und mit Geldstrafe bis zu 1500 Mark oder mit einer dieser Strafen wird bestraft: ad 2) wer wissentlich Nahrungs- und Genussmittel, welche verdorben (oder nachgemacht oder verfälscht) sind, unter Verschweigung dieses Umstandes verkauft oder unter einer zur Täuschung geeigneten Bezeichnung feilhält.
III.
Auszug aus der Verordnung der Königl. Regierung zu Magdeburg vom 12. Decbr. 1865 auf Grund des Gesetzes über die Polizeiverwaltung vom 11. März 1850:
sect; 1. Ein Jeder, der ein Schwein schlachtet oder schlachten lässt, ist verpflichtet, dasselbe von einem amtlich concessionirten Fleischbeschauer untersuchen zu lassen. Erst dann, wenn auf Grund dieser Untersuchung von dem concessionirten Fleischbeschauer das Attest ausgestellt und dem Antragsteller ausgehändigt worden ist, „dass das Schwein trichinenfrei befunden worden seiquot;, darf das Schwein zerlegt, das Fleisch desselben an Andere überlassen oder zum Genüsse für Menschen zubereitet werden.
sect; 2. Wird ein Schwein trichinenhaltig befunden, so hat. der Fleischbeschauer davon sofort der Ortspolizeibehörde Anzeige zu machen.
Alle Theile eines trichinenhaltigen Schweines sind, bei Vermeidung einer Polizeistrafe von 10 Thalern, sofort zu vernichten und zu diesem Behuf dem Abdecker zu überweisen, welcher dieselben in vorschriftsmässiger Weise vergraben muss, widrigenfalls
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er auch in eine Polizeistrat'e von 10 Thalern verfällt. (Siehe die Verordnung vom 6. Juni 1874.) Ausserdem haben diejenigen, welche durch Kichtbefolgung der vorstehenden Vorschriften die Veranlassung dazu geben, dass trichinenhaltiges Fleisch zum Verkauf gestellt oder durch den Genuss desselben die Gesundheit eines Menschen beschädigt oder gar dessen Tod herbeigeführt wird, die gerichtliche Untersuchung mit Bestrafung nach Vorschrift des Strafgesetzbuches zu gewärtigen.
sect; 3. Die amtliche Untersuchung eines geschlachteten Schweines wird durch Fleischbeschauer, welche von der Ortspolizeibehörde concessionirt sind, ausgeführt. Um diese Concession zu erhalten, bedarf es für promovirte Aerzte, Apothekenbesitzer, sowie für die Departements- und Kreisthierärzte nur der Meldung bei der Ortspolizeibehörde, welche dieselben, nach Ertheilung der Concession, zu diesem Geschäfte durch Handschlag zu Protokoll verpflichtet.
Alle übrigen Personen, welche das Amt eines Fleischbeschauers zu erhalten wünschen, müssen sich zu diesem Behuf einer besonderen theoretischen und praktischen Prüfung vor dem betreffenden*) Kreisphysikus unterziehen. Erst auf Grund der bestandenen Prüfung können dieselben als Fleischbeschauer von der Ortspolizeibehörde concessionirt und amtlich verpflichtet werden.
Die Concessionen sind unter Siegel und Unterschrift der Behörde kostenfrei auszufertigen. Ein Stempel ist dazu nicht zu verwenden0*).
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•) Fleischbeschauer, welche den Kreis, in welchem sie geprüft sind, mit einem andern vertauschen, haben sich in letzterem einer nochmaligen Prüfung zu unterwerfen. Hierüber können sie sich nicht beschweren ; die betr. Medizinalbeamten müssen in Stand gesetzt sein, sich von der Tüchtigkeit ihrer Fleischbeschauer zu überzeugen.
**) Hierzu ist zu bemerken, dass zufolge einer neuerlichen Circ.-Verfügung des Ministers der geistl. etc. Angel., des Innern und für Handel die amtlichen Verfügungen, durch welche Fleischbeschauer gemäss sect; 36 der Gewerbeordnung mit öffentlicher Glaubwürdigkeit behufs der Controle der obligatorischen Fleischschau, soweit dieselbe polizeilich angeordnet ist, bestellt werden, also die Concessionen derselben, einem Stempel von 1 Mk. 50 Pf. unterliegen. — Wir weisen darauf hin, dass die Concession schon mit dem Wechsel des Concessionsbezirkes erneuert werden muss.
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sect; 4. Gewerbetreibende, nämlich Fleischer, Schmelzer etc., haben ein Fleischbuch nach folgenden Rubriken zu halten:
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2.
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3.
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4.
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6.
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Nummer
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Tag
des
Schlach-
tens
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Bezeichnung
des geschlachteten Schweines nach Geschlecht und Alter
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Angabe I
des Ortes,1
wo das j
Schwein
herstammt, sowie des Verkäufers I
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Tag der mikroskopischen Untersuchung
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Attest des
Fleischbeschauers über das Resultat der mikroskopischen Untersuchung
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in dieses Buch die ausgeschlachteten Schweine am Tage des Schlachtens einzutragen, und dasselbe, in den ersten vier Rubriken ausgefüllt, dem Fleischbeschauer bei der mikroskopischen Untersuchung mit vorzulegen, so dass letzterer sein Attest über das Resultat der Untersuchung, unter Beisetzung seiner Naraensunter-schrift, des Ortes und Tages der Untersuchung, sofort in die 5. und 6 Rubrik eintragen kann.
Den Nicht-Gewerbetreibenden, welche ein Schwein sohlachten oder schlachten lassen, bleibt es freigestellt, ein gleiches Fleischbuch zu halten. Wollen sie dies nicht, so müssen sie sich von dem Fleischbeschauer über jedes ausgeschlachtete Schwein ein besonderes Attest, welches die Bezeichnung des Schweines, des Ortes seiner Herstammung, event, des früheren Eigenthümers, den Tag des Schlachtens und der mikroskopischen Untersuchung enthalten muss, ausstellen lassen und solches wenigstens 3 Monate lang aufbewahren.
Das Fleischbuch, sowie die vorbemerkten besonderen Atteste sind der Ortspolizeibehördc zur Controle auf Erfordern jederzeit vorzuzeigen.
sect; 5. Wer, obwohl dazu verpflichtet, das Fleischbuch gar nicht oder nicht ordentlich und richtig führt, verfällt ebenso wie derjenige, der die über die mikroskopische Untersuchung geschlachteter Schweine ihm vom Fleischbeschauer ausgestellten besonderen Atteste nicht 3 Monate aufbewahrt, in eine Strafe von 3 Thalern.
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sect; 6. - - - - — - -_--___ Der Fleischbeschaner muss die zu untersuchenden
Fleisclithelle von dem geschlachteten Schwein selbst
entnehmen.
Aus der Anlage B, Anweisung für die Fleisch beschaue r zur etc., heben wir hervor:
4) Zur mikroskopischen Untersuchung sind die Muskelfasern vom Zwerchfell, die Augenmuskeln, die Kaumuskeln, die Zwischen-rippenmuskeln und die Nackenmuskeln zu wählen*).....
6)nbsp; nbsp;Findet der Fleischbeschauer in dem zur Prüfung über-gebenen Fleische Trichinen, so hat er der Ortspolizeibehörde ungesäumt Anzeige zu machen und dem betreffenden Kreisphysikus Stücke von dem trichinenhaltigen Fleische zur Nachprüfung zuzustellen. Zugleich ist in solchem Falle der Dünndarminhalt auf Darmtrichinen zu untersuchen. Letzteres ist gleichfalls nicht zu versäumen, wenn der Befund der Muskelfaserung zweifelhaft erscheint.
7)nbsp; Kein Fleischbeschauer darf an einem Tage Fleischtheile von mehr als 6 geschlachteten Schweinen mikroskopisch untersuchen.
8)nbsp; Zur Controle über seine Werkthätigkeit hat jeder Fleischbeschauer vom 1. Juli d. J. ab ein Buch, resp. Liste nach dem hierunten (Seite 56) stehenden Schema selbst zu führen.
9)nbsp; Die den Fleischbeschauern ertheilten Concessionen können von der Polizeibehörde ohne formelles Verfahren denselben entzogen weiden, wenn sie sich Zuwiderhandlungen gegen die vorstehende Anweisung oder Unterlassungen gesetzlicher, resp. polizeiticher, die Fleischschau auf Trichinen belrell'enden Vorschriften zu Schulden kommen lassen.
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quot;quot;quot;) Obertribunalserkenntniss vom 12. Decbr. 1872: „Die Fassung des ersten Satzes der Nummer 4 der Anweisung der Königlichen Regierung zu Magdeburg vom 13. Decbr. 18G5 lässt keinen Zweifel darüber bestehen, dass durch dasselbe den Fleischbeschanern zur Pflicht gemacht ist:
Die sämmtlichen dort benannten fünf Muskeltheile einer Untersuchung zu unterwerfen, bevor sie das in sect; 1 der Pol.-Verordn. vom 12. Decbr. 18(35 erwähnte AI lest über das Nicht-vorhandensein von Trichinen ausstellen dürfen.quot;
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Controlbuch des Fleischbeschauers.
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Zusatzverordnung vom 6. Juni 1874 (Auszug).
Die Bestimmung des 2. Abschnittes des sect; 2 der Polizeiverordnung vom 12. Decbr. 1865, welcher vorschreibt, dass alle Theile eines trichinenhaltigen Schweines bei Vermeidung einer Polizeistrafe von 10 Tlialern sofort zu vernichten und zu diesem Beträfe dem Abdecker zu überweisen sind, welcher dieselben in vor-schriftsmässiger Weise vergraben muss, widrigenfalls er aucli in eine Polizeistrafe von 10 Thalern verfällt, wird aufgehoben; es ist gestattet, das Fett der geschlachteten Schweine, welche bei der mikroskopischen Untersuchung trichinenhaltig befunden worden sind, durch Auskochen des Fleisches dieser Schweine ohne Zusatz von Schwefelsäure sowohl für technische Zwecke als zum Genüsse für Menschen nutzbar zumachen. Wer das trichinöse Schweinefleisch in dieser Weise nutzbar machen will, der ist verpflichtet, dasselbe in Gegenwart und unter Controle eines con-cessionirten Fleischbeschauers in kleine Stücke zerlegt 3 Stunden lang anhaltend zu kochen. Die nach der Abschöpfung des Fettes
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zurückbleibenden Fleischtheile sind zu vergraben. (Die erfolgte Ueberwachung etc. . . . muss auf dem auszustellenden Untersuchungsatteste oder in Colonne 6 des Fleischbuches attestirt werden.)
IV.
Wenn in der letztaufgeführten Verordnung von „Auskochenquot; des Fleisches gesprochen wird, so ist dafür wohl richtiger „Ausschmelzenquot; oder „Ausschmorenquot; zu setzen. Unter Auskochen verstellt man eine Prozedur unter Zusatz von Wasser; dies würde aber einerseits die Gewinnung des Fettes oder Schmalzes erschweren, andrerseits, da es bei Weitem nicht die Hitzegrade des Fettes, wenn dieses durch einfaches Ausschmoren gewonnen wird, erreicht, der Erfüllung des beabsichtigten Zweckes nur hinderlich werden.
Dementsprechend lautete das Gutachten der Wissensch. Deput. zu Berlin vom 2sect;. Decbr. 1875 in seinem Schlusssatze folgender-massen:
es empflehlt sich, sämmtliche Regierungen (Landdrosteien) dahin anzuweisen, dass folgende Benutzungsweisen trichinöser Schweine gestattet werden:
1)nbsp; das Abhäuten und das Entfernen der Borsten, sowie die freie Verwerthung der Haut und der Borsten;
2)nbsp; das einfache Ausschmelzen des Fettes und die beliebige Verwendung desselben;
3)nbsp; die Verwendung geeigneter Theile zur Bereitung von Seife oder Leim:
4)nbsp; die chemische Verarbeitung des ganzen Körpers.
Diese Benutznngsweisen zu gestatten, sind durch Circ.-Verf. des Minist, der Med.-Angel. vom 18. Januar 1875 sämmtliche Regierungen etc. veranlagst worden.
V.
Auf Grund eines Gutachtens der Wissensch. Deputation vom 24. April 1878 wurde unterm 21. Juni 1878 sämmtlichen Behörden zur Kenntnissnahme und Nachachtung empfohlen:
1)nbsp; nbsp;amerikanische Speckseiten, welche sich bei der Besichtigung als ganz muskelfrei ergeben, einer mikroskopischen Untersuchung nicht ferner unterwerfen zu lassen;
2)nbsp; auf die Einführung der mikroskopischen Fleischschau, wo solche noch nicht oder in ungenügender Weise besteht, thunlichst Bedacht zu nehmen;
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3) die Nachrevision des als trichinös befundenen Schweinefleisches, wo solche noch nicht eingeführt ist, anzuordnen.
VI. Circ.-Erlass an sämmtllche Regierungen etc. vom 6. April 1877:
1)nbsp; Das Gewerbe der Fleischbeschauer gehört im Allgemeinen zu denjenigen Gewerben, welche gemäss sect; 36 der Gewerbeordnung-vom 21. Juni 1869 frei betrieben werden dürfen.
2)nbsp; nbsp;Auch diejenigen Fleischbeschauer, welche von der zuständigen Behörde beeidigt und ötTentlich angestellt sind oder werden, sind nicht als angestellte Gehülfen der Polizei, sondern als Gewerbetreibende gemäss sect; 36. Ic. zu behandeln. Die Befugniss etc. etc.
3)nbsp; Dass den amtlich bestellten Fleischbeschauern bestimmte Bezirke überwiesen werden, auf welche sie bei der Ausübung ihrer Funktionen sich zu beschränken haben, ist gesetzlich zulässig, weil es sich dabei nicht um Beschränkungen in dem Betriebe eines durch die Gewerbeordnung Jedermann freigegebenen Gewerbes, sondern lediglich um die Abgrenzung der Rechte und Pflichten einer Klasse der nach sect; 36 der Gewerbeordnung auf Grund reglementarischer Vorschriften anzustellenden und zu vereidigenden, mit besondererGlaubwürdigkeit ausgestatteten Gewerbetreibenden, sowie um eine Bestimmung darüber handelt, auf welche Weise das Publikum sich einer ihm durch Polizeiverordnung auferlegten Verpflichtung zu entledigen hat. Es ist eine solche Beschränkung auf bestimmte Bezirke auch zur wirksamen Durchführung der sanilätspolizeilichen Zwecke der Fleischschau wünschenswerth. Um dem Publikum indess die Erfüllung der ihm dadurch auferlegten Verpflichtung, soweit dies mit den bezeichneten Zwecken vereinbar, zu erleichtern, wird es sich empfehlen, die Bezirke der Fleischbeschauer nicht zu eng abzugrenzen. Dadurch wird dem Publikum die Möglichkeit gewährt, sich an jeden von., den für den betreffenden Bezirk angestellten Fleischbeschauer zu wenden, je nachdem derselbe am leichtesten zu erlangen ist oder besonderes Vertrauen geniesst, und es ist nur auch hierbei zu beachten, dass die Zahl der Fleischbeschauer nicht über das Bedürfniss hinausgeht.
VII.
Nach einem Obertribunalserkenntnisse vom 6. Februar 1878 ist die Funktion der Fleischbeschauer als ein öffentliches Amt
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7,u betrachten, dessen unbefugte Ausübung nicht aTs uncon-cessionirter Gewerbebetrieb nach sect; 149 der Gewerbeordnung vom 21. Juni 1869, sondern nach sect; 132 des Strafgesetzbuches mit Ge-füngniss bis zu 1 Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 300 Mark zu bestrafen ist.
VIII.
Nach einem weiteren Obertribunalserkenntnisse ist ein Fleischer, welcher fahrllissigerweise, d. i. ohne voraufgegangene mikroskopische Untersuchung, trichinenhaltiges Fleisch verkauft und dadurch eine Erkrankung an der Trichinose veranlasse dem Erkrankten gegenüber schadenersatzpflichtig. („Die Feststellung, dass die Tricliinen bei geeigneter Untersuchung stets zu entdecken sind, ist eine laotische, welche nicht mit der Rüge einer Rechtsverletzung, sondern nur durch prozessualische Rüge zu beseitigen ist.quot;)
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b) Finnen.
Siehe die sub a angeführten Gesetze.
IX.
Verfügung der Königl. Regierung zu Magdeburg vom 9. September 187G.
Auf die Beischrift, vom 13. d. Mls. zu dem an uns gerichteten Antrage der Polizeiverwaltung daselbst vom 11. v. Mts., be-treffend den Erlass einer Polizeiverordnung, Inhalts deren das Fleisch von geschlachteten Schweinen unter Controle und Fleischschan auf Finnen, wie dieses bezüglich der Trichinen bereits geschehen, gestellt werden soll, erwidern wir, dass wir den Erlass einer solchen Polizeiverordniing nicht für nothwendig halten und es für ausreichend erachten, die polizeilich bestellten Fleischbeschauer auch in Bezug auf die Untersuchung auf Finnen, zugleich bei Brtheilung der auf Widerruf zu verleihenden Concession zu verpflichten und diese Verpflichtung auch den bereits conces-sionirten FJeischbeschauern aufzuerlegen.
In zweifelhaften Fällen wird bezüglich der am Schlüsse des Gutachtens der Königl. Wissenscli. Deput. für das Medizinalwesen vom 2. Februar d. J. angeführten sanitätspolizeilichen Behandlung
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finnigen Fleisches das Gutachten des Kreisphysikus, wie bei der Untersuchung trichinenhaltigen Fleisches, den Ausschlag geben.
X.
Die von der Wissensch. Deput. aufgestellten Grundsätze, nach denen zu verfahren sei, sind folgende:
1)nbsp; dass das durch Ausschmelzen oder Auskochen gewonnene Fett von finnigen Schweinen unbedingt, das magere Fleisch aber zum Verkaufe, sowie zum häuslichen Verbrauche nur dann zugelassen werden darf, wenn dasselbe wenig mit Finnen durchsetz; und unter polizeilicher Aufsicht nach vorheriger Zerkleinerung vollständig gar gekocht ist;
2)nbsp; dass gegen die Verwendung geeigneter Theile zur Bereitung von Seife und Leim, die freie Verwendung der Haut und der Borsten und die chemische Verarbeitung des ganzen Körpers finniger Schweine ein Bedenken in sanitätspolizeilicher Beziehung durchaus nicht vorliegt, diese Benutzungsweisen mithin unbedenklich zu gestatten sind;
3)nbsp; dass in allen denjenigen Fällen, in welchen die Schweine in bedeutenderem Grade finnig befunden worden, von polizeilicher Seite für die sichere Beseitigung der Cadaver, nachdem diese in zulässiger Weise ausgenutzt sind, Sorge getragen werden muss;
d. h. enthält das Schwein viel Finnen, so ist es wie ein trichinöses zu behandeln.
XI.
Erkenntniss des Königl. Ober-Verwaltungsgerichts zu Berlin vom 27. Juni 1877:
Die Polizeiverwaltung zu G. hatte den Verkauf und Genuss eines stark finnigen Schweines verboten und nur die technische Verwerthung gestattet. In der desshalb erhobenen Klage motlvirlc sie das Verfahren damit: 1) dass die angefochtene Polizeiverfügung auf Grund der Regierungsverfügung vom 9. September 1876 und auf zuvor eingeholtes Gutachten des Kreismedizinalbeamten erlassen, mithin jede willkürliche Handlung dabei ausgeschlossen sei, und 2) dass die Polizeigewalt nach dem betreffenden Paragraphen der Städteordnung vom Jahre 1853 als Organ der Staatsregierung anzusehen sei, deren Gesetze, Verordnungen und Verfügungen sie zu befolgen, resp. auszuführen habe. Sowohl das Bezirks- wie auch das Oberverwaltungsgericht wiesen den Kläger kostenpflichtig ab.
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