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RIJKSUNIVERSITEIT TE UTRECHT
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Der
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bei unseren
nutzbaren Maussamp;ugethieren.
Eine monographische Skizze.
Nach eigenen Erfahrungen und wissenschaftlichen Deduclionen dargestellt
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J. K. li. Fallce,
Fiirstl. Scliivnrzb. Rudolst. LamUHerante, Rossarzt des FSrsÜ. iVarstalles vnd Ehramityliede des landwirtkschnftl. Vereines zu Rndohtadt etc.
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I^eipzig,
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Verlag von Ludwig Schumann. 1840.
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Uissenschajtiielter Theil.
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wW enn der umsichtige Dr. Bnzorini noch 1836 in seinem Werke: „Der Typhus und dessen Erscheinungenquot; klagt, dase wir (die Anthropoiatriker) noch nicht vielmehr, als einige Kenntnisse von der Aussenseite und den Teigen des Ty­phus, aber von dem Wesen und dessen Zusammenhang mif den erstem nichts wissen und unsere therapeutischen Mass­regeln kaum eine gelehrte Empirie zu nennen sind, um wie viel schwieriger muss die Nosologie dieser Krankheit un­serer Hausthiere seyn, wo uns manche Aufschlüsse vor­enthalten bleiben und wo der Thiergattungen mehre sind? Daher kömmt es, dass wir zwar in der thierärztlichen Li­teratur des Typhus gedacht finden, jedoch, so viel mir be­kannt ist, eine allseitige wissenschaftliche Arbeit über diesen Gegenstand gänzlich vermissen; denn unmöglich kann es genügen, wenn z. B. D'Arboval Milzbrand und Rinderpest typhöse Krankheiten, d. h. nach dem Begriff eben genannten Schriftstellers und treu der einmal Mode gewesenen Brous-laquo;atVschen Lehre: höchst acute Entzündungen des NahrungM-schlauches oder wenigstens eines Theils desselben nennt. Weder aber in den Symptomen oder in den Ursachen, noch durch die Section lässt sich nach ihm etwas entdecken, was den Typhus als eine wesentliche Krankheit characte-risirt und von den übrigen bösartigen Fiebern unterscheidet.
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Auch unser trefflicher J. E. Vcith nennt die Lungenseuche der Rinder und die Löscidiirre, die hitzige Kbpfkrankheit der Pferde, die Briistsenche schlechthin typhöse Krankhei­ten, und Rychners und Im-Thurns Darstellung unter Brust­seuche, die noch Blitzcatarrb, Nervenfieber, Pferdeseuche, Pferdeinfluenza, Typhus Equorum epizooticus, in ihrer En-cyclopädie genannt wird, steht nicht rein da, da hier Typhus mit Influenza geradezu verwechselt ist* Sander spricht von einem Leherlyplms, ein Anderer gar, horribile dictu, von einem Eutertyphus, noch Andere von einem Stalltyphus; aber vom diagnostischen Standpuncte aus werden wir über das Wesen des Typhus und seine formelle Darstellung nicht genügend befriedigt.
' Was lt;liesen Pnnct betrifft, so verdient unter andern der ärztliche Bericht über die Behandlung des Ty|iliiis in der K. Infar-inarie zu Dundee vom 15. Juni 1836 bis 18. Juli 1837 von Dr. J. Arrot (The Edinburr/h, medical and surfftcal Journal. Jamiar;/ 1^39) nachgelesen zu werden, wo gesagt wird, dass sich liäulig(er?) zum Typhus Lungenatl'ectiunen binzugesellen um die Zeit, wenn die influenza herrscht. Dass übrigens Influenza und Typhus manches Verwandte in den Erscheinungen haben, das mag ich nicht wider­streiten.
(Nachtrag.) Am 21. Mai a.c. brach die Influenza zuerst im Fiirstl. Marstalle hieselbst aus. Ich kann daher den Unterschied derselben vom Typhus im Wesentlichen hier mittheilen. Die Influenza, ndt vielem Hechte ein Blitzcatarrb genannt, zeigte sich, ohne dass Vorläufer bemerkt worden wären, plötzlich und zugleich bei mehren Individuen: am ersten Tage war schon fast ein Dritlheil des mehr als 50 Stücke starken Marstalles ergriffen. Der Anfang kündigte sich durch Zu­rücktreten von der Krippe, gänzliche Appetitlosigkeit, Eingenom­menheit des Kopfes, Ilinfälligkeit, locker, aber stark angeschwollene Kehlgangdrüsen, äusserst heftigen, in den frühen Morgenstunden und Nachmittags zwischen 3—5 Uhr sich wiederholenden Schüttel­lrost an, dem eine hohe Ilautwärme folgte. Der Puls ist bei den mehrsten nur massig fieberhaft, bei inancfien mehr unterdrückt, sel­ten hart und gespannt, grösstentheils weich. Am ersten Tage sind Maul und Nase trocken und sehr heiss, die Maidsclileimhaut aller­dings den Status bilioso - gastricus verrathend, die Ausscheidung des Kothes und Urins ist retardirt, der abgesetzte Koth jedoch von gewöhnlicher Consistenz und Volumen, bei manchen ist er dunkler gefilrbt. Den andern Tag findet sich in der Regel schon das Maul von normaler Temperatur und feucht, ja, an diesem, noch mehr am flritten Tage, raquo;abern manche, wie bei der Maulseuche, bedeutende Speichel- und Schlehnmassen aus; die Nase fangt auch an abzu-
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Mein Wunsch musste desshalb sehr laut werden, als ich im Jahre 1839 untl, nach einer Tierteljahrigen Unter­brechung, Anfangs 1840 eten Typhus in seinen merkwür­digen Eigenthünilichkeiten kennen zu lernen, zu beobachten und zu behandeln erfreuliche Gelegenheit hatte, mit der Literatur und den herrschenden Ansichten über ihn (in der Anthropoiatrik) mich vertrauter und nach diesem auch an­dere meiner Collegen auf ihn aufmerksamer zu machen. Zur Zeit der Seuche selbst hatte ich nicht Ruhe und Muse genug, es zu thun, später machte dieselbe mich auf Ge­genstände aufmerksam, die ich leider übersehen hatte. Des­halb kann ich.auch vorliegende keine fest abgeschlossene Arbeit, nein, nur das Skelet oder, würdige ich die Schwie­rigkeiten der Sache, den Impuls für eine solche nennenraquo;
sondern- Den 2. Tag fressen sie schon wieder ein wenig; die Ge­schwulst der wnriiigelialtenen Kelilgangdriisen gellt nach und nach zurück; bei vielen zeigen sich dafür (litzbeulen. Atlimnngsbeschwer-den, die gleich vom Anfange vorhanden sind, namentlich eine Op­pression der Function, dauern in der Regel noch einen oder einige Tage fort: die raehrsten haben die Neigung zum Husten und Aus­brausen, aber es scheint, als ob ein Krampf der Respirationsmiiskeln (wie bei manchen Tetanischen) es verhindert. Auch andere Krampf-ziifälle zeigen sich, namentlich Ziehen der Schenkel. Bei einem Patienten waren dabei noch in einem Anfalle die griisslichsten Brust-krämpfe zu bemerken: ein imwillkürliches Brüllen (bei der schmerz­haftesten Operation hörte ich dem nichts Aehnliches), das selbst den Wärter fast zu Thriinen rührte; verbunden mit den heftigsten Athmungen, Aechzen, jähes Verzerren des Kopfes, der Lippen und Nasenflügel, des Halses, der Glieder. Nach und nach tritt starke Fuss-, oder Schlauch-, oder Kopf- undHalsgeschwnlst, Verschwellen der Augenlieder ein, oder sie erscheint auch vom Anfange. Die erst geringe [iarnabsondenmg wird nach und nach reichlicher und ge­schieht auch öfterer, der Appetit regelt sich immer mehr, das matte Auge wird munterer, eine Mattigkeit und Ilintalligkeit bleibt aber bei mehren noch viele Tage zurück. Den Aderlass verschmähte ich durchaus; nur hei einem sehr ergriffenen Pferde zog ich ver­suchsweise und scheinbar ohne wesentlichen Nutzen ein Eiterband an die Brust. Meine Mittel waren: Kampher mit Nitrum, Spies-glanzWeinstein, Schwefel, Glaubersalz; bei starken KrampfziißiHen dasBilsenkrautextract, die Baldrianwnrzel; bei starkem Ergriffenseyn des Gehirns: Einreibungen von Canthariden mitSpiesglanzweinstein-salbe am Halse. — Ausserdem Kleienfntter, frisches Gras, warme Bedeckung, massige Bewegung in freier Luft.
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/.umal -£ine Epizootie oder Epidemie, wenn auch derselben Natur, doch keineswegs desselben Characters wie eine vor­hergehende oder nachfolgende ist. Es wird mich deshalb freuen, wenn meine Ansichten und Erfahrungen über sie durch etwa ruhigere und erfahrenere Beobachter geläutert und bereichert werden.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; - '
Wem übrigens die Theorie, wozu Gibern,* Baum-yärtner,*** Lesser****1* und einige Neuere, nachdem sie vor­her in praxi schon gefunden war, festern Halt gaben, nicht gefällt, der nehme mit den niedergelegten Thatsachen fürlieb, die gewiss nicht ganz uninteressant dastehen wer­den. Dass auf solche Mittheilungen das nonum prcmatur in annum keinen Bezug haben darf, darüber hat wohl jeder keine andere Meinung, der die Wissenschaft und Kunst lieb hat und dem Lücken in ihr ein Aergerniss, Ausfüllung dieser aber eine wahre Freude sind.
fttosologie des Typhus.
Die Bezeichnung Typhus kömmt zuerst in den hippo-cratischen Schriften vor und Hippocrates gebrauchte die Bezeichnung Tvqxidijg von jeder Krankheitsform, bei welcher ein soporöser Zustand obwaltet. Weil aber sowol Sopor, als auch die krankhaft und einseitig erhöhte Empfindlichkeit
* Memoire envoye au coneours de la Societe de tncdc-cine pratique de Paris pour la solution de questions suivantes, et honore d'une medaille par cette Societe. Existe-t-il tou-jours des traces d'inflamtnation dans les visceres abdominaux apres les fievres putrides malignes? Cette inflammation est eile cause, effet ou complication de la fievre? Paris, chet Gabon 1825.
quot; Karlsruher Annalen II. 2. pag. 73 sq.
••? Ueber die Entzündung und Verschwärnng der Schleim* haut des Verdauungscanais. Berlin 1830. 8. Ensiin.
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idiopathlsch oder sympathisch vom Nervensystem bedingt sind, so wählte man später den Terminus ..Nervöser Zu­stand, status nervosus,quot; oder fur ein Fieber mit nervösem Character: „nervöses Fieber;quot; und wenn die pathognomi-schen Zufälle anderer Krankheitsformeti in den Hintergrund treten, dagegen das ganze, insbesondere das höhere Nerven­system ergriffen zu seyu scheint, so dass bald zu starke* bald zu schwache und unoi'dentliche Äeu^seiimgen dieser Verrichtungen im ganzen Nervensysteme oder in einzelnen Theilen desselben vorhanden sind, den Ausdruck „Nerven-tieber,quot; und distinguirt dasselbe auf verschiedene Weise. So spricht man von einem rasch und langsam verlaufenden Nervenfieber, Febris nervosa acuta et lenta, und, wie schon gesagt, von einem Nervfentieber mit erhöhter, oder mit ver­minderter Empfindlichkeit und Reizbarkeit, Febris nervosa versatilis, Febris nervosa cum erethismo et cum torporlaquo; s. Febris nervosa stupida etc.
Die neuere Zeit machte aber den anfänglich genannten Terminus für eine Krankheitsform, oder wie man lieber will: Krankheitsfamilie, deren Betrachtung ich meine Muse wid­men will, im Allgemeinen geltend, konnte sich aber über die Grenzen desselben nicht einigen, vielleicht weil der Cha­racter und die Ausdehnung des krankhaften Zustandes in den verschiedenen Jahreszeiten,- Localitäten, Climaten eini-germassen, wenn auch nicht gerade wesentlich, abwichen.
Auch legt man einen Unterschied zwischen Typhus und typhöses Fieber. Gaultier de Claubry erhielt unlängst von der Französ. Akademie den ausgesetzten Preis von 1000 Francs für die Beantwortung der von ihr gestellten Frage: die Analogieen und Verschiedenheiten, welche zwi­schen Typhus und ty|ihö^eiii Fieber (Fievre typhoide) im wirklichen Zustande der Wissenschaft vorhanden sind? — bekannt zu machen. Unter Typhus versteht jener die Kriegspest, Febris nosocoraialis, oder diejenige Fieberform, die in den Kriegsjahren von 1808 — 1814 auch in Deutsch­land bei Menschen beobachtet wurde. Unter typhösem Fic-
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ber begreift er das heftig anhaltende Fieber-, weiches von Louis, Chomel u. A. diese Benennung erhielt und dessen anatomische Charactere in Veränderungen der Schleimbälge des Dünndarms und der lymphatischen Ganglien des Ge­kröses bestehen sollen. Nach Betrachtung des prophyla-ctischen Verfahrens in beiden Krankheiten wendet er sich endlich zur Beantwortung der von der Akademie gestellten Frage, welche lautet: dass der Typhus und das typhöse Fieber eine und dieselbe Krankheit sind.
Wollen wir eine eingewurzelte Meinung gelten lassen, so sey es dafür, den Typhus als selbstständige, im Fol­genden näher betrachtete Krankheit, das typhöse Fieber für Typhoid, oder für die Krankheiten, die einen Anstrich von Typhus haben oder annehmen, daher in der Regel Folgekrankheiten sind und einen zum Nervös-Fauligen hin. neigenden Character (nisus in liquationem) gewinnen, zu nehmen.
Was das epizootteche Auftreten des Typhus betrifft, so kömmt es, läugnen wir auch hei manchen Thier-gattungen ein Contagium, auf die erzengenden Ursachen an, ob diese nämlich günstig zusammenwirken, und ob sie mehr auf einzelne Individuen, oder auf ganze Heerden und Ge. genden verbreitet sind. Im Jahr 1839 und Anfangs 1840, wo viele Menschen an Typhus krank lagen, w urden auch hier, wie an vielen andern Orten, viele Pferde und Schweine davon heimgesucht, und auch bei Rinderkrankheiten sprach sich eigenartig genug nicht selten ein entweder erethisch oder torpid nervöser Character aus; so w urde mehrmals das nervöse Kalbefieber beobachtet.
Fassen wir nun aber, um zur Erkenntniss der Sache zu kommen,
das physiolosiselie Bild des Typhus auf. Wir sehen eine grosse Abgeschlagenheit im ganzen Körper, Schwindel, Appetitlosigkeit; mehr und mehr wird sich aber Eingenommenheit und Betäubung der sensoriellen
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Thätigkeit entwickeln, so dass endlich der Patient aus die­sem Hinbrüten erst durch Zurufen und Aufrütteln erneckt werden muss, ja endlich kaum zu erwecken ist. Die Be­wegung des arteriellen Bhites bei noch nicht ganz unter­drückter Nerventhätigkeit ist zwar beschleunigt, doch da es den Character der Venosität angenommen hat, nicht in dem Maasse und mit der Energie, wie wir -es bei Krank­heiten sehen, wo Arteriosität vorwaltet. Das aus den Ve­nen gelassene Blut ist dunkel, es gerinnt bald gleichförmig, nur eine ganz unbedeutende Speckhaut bildet sich, bald aber scheidet sich auf der Oberfläche ein grünlich-gelbes, Gallen-pigment verrathendes Wasser aus. Die Temperatur der äussern Haut ist sehr erhöht. Die Schleimhäute zeigennbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;'
eigenthümliche Erscheinungen der nächsten Ursache dernbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;-nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;'
Krankheit: nämlich gelbe Färbung, und des Krankheitspro-cesses; Papillen (Flecke), Knötchen, Erosionen, Geschwflr-chen, ja grössere Geschwüre, die bis zur Perforation desnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; '
ergriffenen ürganes sich steigern. In der äussern Haut, die ja mit den Schleimhäuten in innigsterVerbindung steht, somit sich auch bald durch antagonistische, bald sympa­thische Erscheinungen ausspricht, macht sich ein Ausschlag (vorerst bei Thieren mit weisser Haut, namentlich bei Schweinen), durch eine beschränkte violette Röthung, ähn­lich der erysipelatösen Hautentzündung beim Milzbrand der Schweine, nur nicht in der grossen Ausdehnung 'und so dunkeln Färbung kund. Binnen 84 Stunden hat sich aber gewöhnlich das E.xanthem ausgebildet und besteht aus klei­nen, runden, linsengrossen Flecken von verschieden huan-cirter Röthe, und trifft besonders die Abdominalffcffend. Abends ist das Exanthem deutlicher als Morgens gefunden worden; beim Drucke mit der Hand schwindet momentan die Röthung. Mit der Ausbildung des üebels sah ich in zwei Fällen (bei Schweinen) Blut mit dem Miste abgehen. Gewöhnlich ist das Exanthem über die Haut erhaben und bildet in der Mitte ein Bläschen. Dieses selbst (noch mehr aber, wenn sein Inhalt vertrocknet) giebt sich nun auch bei
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duukelfarbigeo Pferden, nächütdem laquo;lass sie hier sehr em-piindlich sind, v\-enii die Gehirnuifection nichtprädominirt, kund. Bald schilfern sich nun die Steilen, wie bei andern acuten Exanthemen, und zivar kieienartig- oder in kleinen Borken ab. \nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Anatomischer Chalraeter.
Die Cadaver bleiben lange wann, und wenn die Krank­heit dem putriden Zustande sich näherte, tritt bald Fäuluiss ein. Das oder die Organe, welche besonders ergriffen was ren, sind mit venösem Blute überfüllt und zeigen selbst die ,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; deutlichsten Spuren von vorhanden gewesener Entzündung.
Die Affection der Peyerschen Drüsen wird fast von Allen als characteristische Erscheinung des Typhus hervorgehoben; die Fälle hingegen, in welchen nur, die Darmzotten entzün­det erscheinen, oder in welchen keine krankhaften Verän­derungen im Darmcanale vorgefunden wurden, sollen nur Ausnahme (nach der pathologischen Anthropotomie) seyn. Körber fand bei Sectionen daran gestorbener Pferde, dass das Oberhäutchen des Magens und der Gedärme missfarbig und leicht abzutrennen, dass die Schleimhaut der Gedärme mit braunrothen oder violetten Flecken besetzt war, ja dass sogar einmal erbsengrossc Geschwürchen auf der Darm­schleimhaut sich vorgefunden haben. Auch die Rychner-/m-TÄJWH'scheEncyclopädie gedenkt derselben. Würden aber diese Geschwürchen, wie gar einige Menschenarzte meinen, das Wesen der ganzen Krankheit ausmachen, so müsste sich doch nothwendig zwischen Zahl und Ausbildung dieser und dem Grade der Heftigkeit des Allgemeinleidens ein bestimmtes Verhältniss nachweissen lassen. Diess ist aber noch nicht nachgewiesen worden! Die in Folge jener Ge­schwüre des Verdauungscanais entstehenden DurchlUche-inbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; rungen sind nicht ganz selten. Eine krankhafte Beschaffen-
heit der dicken Gedärme wird als weniger häufig genannt. Wo die Brustorgane mit ergriffen waren, findet sich der
I nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; entzündliche Zustand gleichfalls vor, das Innere des Her-
zens und der Aorta gerCthet, eine Erscheinung, die nach Louis überhaupt in solchen Fällen, die lange gedauert ha-
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ben, vorkommen soll. Ich fand diess als constante Erschei­nung bei den wenigen sich dargebotenen Sectionen. Ent­zündliches Ergriffenseyn des Gehirns und der Gehirnhäute bei vorherrschenden Cerebralsymptomen, wenn der Tod im ersten Stadium der Krankheit erfolgt; geschieht diess spä­ter, so zeigt sich Wassererguss zwischen pia niater und arachnoidea. Angeschwollene, meist bläulich gerüthete und in verschiedenem Grade aufgelockerte oder erweichte Gekrösdrüsen. Der plexus Solaris soll angeschwollen und stark geröthet seyn; die Ganglien oft so hart wie Faser­knorpel, wornach man die Krankheit abschätzte und sie geradezu Typhus gangliosus nannte. — Der Tod durch Nachkrankheiten wird noch andere Erscheinungen zeigen.
Allgemeine Reaction.
Der Typhus verläuft mit Fieber; -es ist jedoch der Gefassreiz in der Regel nicht so stürmisch, als bei reinen Entzündungen; der Herzschlag ist bei einem Patienten fühl­bar, beim andern nicht, und scheint die Fxihlbarkeit oder Unföhlbarkeit nicht mit der allgemeinen Constitution in Ein­klang zu seyn. Ueber die lieschaflenheit des Harnes sind verschiedenartig lautende Mittheilungen gemacht worden. Der Schwelss ist Anfangs nicht bedeutend, ja die Haut gewöhnlich trocken; im höhern Grade der Krankheitsaus­bildung aber beträchtlich, wie sauer riechend und klebrig; der Mist hart oder weich, ja ganz durchfällig und pestilen-zialisch stinkend. Oft sind kritische Entscheidungen auf gewöhnlichem Wege gar nicht zu bemerken; niemals De-cubitus, wie beim Menschen. Uebrigens umfasst
die Dauer des Typhus eine Zeit von 7 — 28 Tagen und beim Mitrechnen der sich hinziehenden Convalescenz oder etwa eintretender Nach­krankheiten eine noch weit längere Zeit.
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werden mancherlei, so grosse Hitze, anhaltend feuchte Wit­terung, niedriger Barometerstand und sonst eigentbümliche
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(worin es liegt, freilich unbekannte) Witterungsverhältnisse und Mischung der atniosphürischen Luft, oiler, um die un­verständliche Gelehrtensprache zu reden, ein specificus ge­nius e^izootlcus, Fäulniss vegetabilischer und animalischer gt;Stolle, Erschöpfung des Muskelsystems, ein kraftloses, vo-luminüses Futter und die Ansteckung genannt. Letztere habe ich nicht als Ursache finden können, da an den- ersten Tagen der deutlichen Erkrankung die ersten Kranken mit Gesunden zusammenstandeii und wenigstens die zunächst stehenden nicht erkrankten; ferner als ich diese Pferde von den andern (den gesunden) separirte, stellte ich doch zwei alte Pferde absichtlich zu solchen Kranken, um meine Er­fahrungen über Contagiosität zu berichtigen, ja ich Hess denselben von dem Futter geben, was die Kranken liegen gelassen hatten, und es wurde keins angesteckt.*
Dr. B. Lanyenbeck in Göttingen vergleicht den Typhus mit der epidemisch - contagiösen Krankheit der Seidenwür-mer, Muscardlnc genannt, welche Bassin und Audou'm darstellten. Wie hier. Entwickelung einer Pilzart, der Botrytis Bassiana, am Fettkörper des Thieres Ursache
• Ob Typhus bei Thieren auf die menscbllche Gesnndbeit keinen Nachtbeil änssere ? das sollte ich selbst nolens volens er­fahren. Ich blieb n'imlicb, wenn meine übrigen Geschäfte es nur irgend erlaubten, auch halbe Nil elite liindm-di bei denselben, athmete ihre . Ausleerungen, gab mit der Hand die nöthige Latwerge alle selbst ein und erhielt niancben blutigen Biss, den ich nicht immer gleich reinigte, und ich blieb verschont. Ein Fall bei einem Pfetde im Fiirstl. Alarslalle — Tosca — das, naclidem schon gegen 8 Wochen die Seuche vorüber war, an einer Leber- und Darment-zKudung heftig erkrankte, bei dem zwar jener dem Typliuraquo; eigene Stupor, nicht aber die, andern vorangegangenen Typhiiskranken ei-genthümlichen Krankheits - und Sectionserscheinungeri fehlten, be­lehrte mich aber eines Andern. Die Emanationen vonquot; den wiisse-rigen, auf einmal und stürmisch eintretenden Oanuentleerungen wirk­ten auf mich so widrig ein, dass noch in der niunliclien Nacht bei mir eine ebenso profuse und widrige DiaiTbolaquo; eintrat. Sie bewirkte eine so gewaltige Abgeschlagenheit und llintalligkeit, dass ich erst fühlte, welche lebenskräftige Constitution mir sonst eigen ist. Es quälte mich dieser Zustand gegen eine Woche und Abgeschlagenheit blieb noch lange zuriiek. Eine andere Ursache konnte ich durch­aus nicht beschuldigen.
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dazu ist, so sieht er die Entwickelung einer Pilzart, die er neuerdings auf der Verdauungsschleimhaut, namentlich auf der innern Fläche der Speiseröhre fand, als Ursache der Krankheitserscheinungen bei Typhus an. Diese soll am Ende eine Zersetzung der Säftemasse wegen ihrer parasiti­schen Vegetation herbeiführen. Die Contagiosität der Krankheit lässt sich nach ihm aus einer Uebertragung der Schimmel­sporen auf andere Individuen erklären, wie diess wieder bei der Muscardine der Fall ist. Und wenn Eble in _ seinen pathologischen Untersuchungen (Berlin 1840, Verlag von Hirschwald) sagt, dass das Quecksilber das Contagium bei der Muscardine gründlich hebe, so spricht die Erfahrung über den grossen Nutzen des Calomel beim Typhus ihm einigermassen das Wort. Weitere Forschungen werden ja die Sache aufhellen! -
mräcliste Ilrsaclie und. Wesen des Typhus.
Jene müssen wir in einer eigenartigen Erkrankung eines oder' einiger Organe suchen, die in Forge gestörter organischer Ausscheidungen und dadurch Ueberladung des Blutes mit auszuscheidenden Stoffen und daraus wieder her­vorgehender Venosität afficirt worden sind. Diese Affection ist aber entzündlicher Art,* wie wir diess aus den Sym­ptomen, dem Erfolge der Behandlung und aus den Kenn­zeichen , die uns Cadaver geben, ersehen können; dieser entzündliche Zustand paart sich aber mit nervösen Erschei­nungen, eben weil erhöhte Venosität und venöse, vom Sy­stem der Pfortader abhängige Congestionen vorhanden sind, womit Veränderung des Gemeingefühls und der Cerebral-funetionen, sowie der Muskelthätigkeit herbeigeführt wird. Diess daraus hervorgehende (vufffo) Nervenfieber wird aber um so vehementer seyn, je intensiver die Entzündung ist, und je mehr Organe entzündlich ergriffen sind. Diess sind
* „Character fehris hujux, si non per totum deeursum, saltern inprincipio semper inflammatoriusquot; sagt der ehrenwerthe Hildenbrand.
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aber, nie der Diagnostiker am lebenden Thiere es selieu muss und am Cadaver nicht verkennen kann, Leber, Milz und Darmcanal, namentlich seine Schleimhaut. Sonach gäbe es auch nur Einen Typhus, und die Ausdrücke: Ce­rebral- und Ptilnionallyplius sind nur insofern zu statuiren, als wir die Combination, die durch das vorher schon ge-schwächte oder für solche Eindrücke besonders empfäng­liche Organ veranlasst wird, ausdrücken wollen. Dass die äussere Haut mit den Schleimhäuten in innigstem Con­tact steht, somit sich auch bald durch antagonistische, bald sympathische Erscheinungen ausspricht, wie oben gesagt wurde und wie die Physiologie lehrt, diess giebt die Deu­tung für den Dermato - oder 1 exanthematischen Typhus. Geben ja auch die mehrsten Pathologen zu, class man bei sorgsamer Beobachtung der verschiedenen (eingebildeten) Formen desselben finden werde, dass bei allen diesen Symptome vorkommen, welche sie mit einander gemein haben ; ja Eisenmann sogar, dass beim einfachen Petechial-typhus die Schleimhaut des Magens und der dünnen Ge­därme immer der primär ergriffene und vorherrsch.end lei­dende Theil sey. Sehen wir bei jeder Krankheitsform, dass im concreten Falle bald dieses, bald jenes Symptom vor­herrscht und dass sich natürlich noch mehr ein solches Verhältniss beiEpidemieen und Epizootieen ausspricht, eben weil individuelle, atmosphärische und tellurische Einflüsse nicht immer dieselben sind, so kann diess beim Typhus um so weniger auffallen, da er in einer Veränderung der ganzen Blutmasse und in der vorherrschenden Affection die­ses oder jenes Organ6s im Hinterleibe begründet ist. Dass leicht Dissolution des Blutes und fauliger Zustand, Typho-septosis, eintritt, oder mit andern Worten, dass der ent­zündliche in einen fauligen Character sich gern umwandelt, liegt eben in dem venösen Zustande und zugleich wohl in der theilweise davon abhängenden Unterdrückung oder schie­fen Richtung der Nerventhätigkeit und in den grusstentheils noch fortwirkenden Ursachen. Diese, wie sie von den
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nu-hrsten Pathologen aufgeführt, auch oben berührt worden, sind mehr herabstimniender Art und man konnte desshalb allerdings verführt werden, anzunehmen, dass es mit der Entzündung gar nicht weit her sey,- wie sich genug Stim­men desshaib haben hören lassen. Jedoch kann ich bei der von mir beobachteten Seuche durchaus nicht anders, als die Entzündlichkeit des Typhus zu behaupten, mag nun auch die Individualität der Kranken, mag die Witterungs-constitution im Allgemeinen dieser Seuche diesen Character verliehen haben. Und ich werde daher der Entzündlichkeit des Typhus, besonders in seinem ersten Zeiträume, so lange das Wort reden, bis mich Autopsie andersartiger Typhen zu einem moderirten Urtheile bestimmt. Doch will ich der fast allgemein herrschenden Ansicht wenigstens so viel Respect schenken, dnss ich im wissenschaftlichen Theile dieser Abhandlung die Therapeutik übergehe und sie in den speciellen Theil, der meine Beobachtungen aufnehmen soll, verweise..
Die Prognose ist bei dieser viclgestalteten, den Organismus gleichsam durchdrungenen und einzelne edle Theile besonders noch afficirenden, bei Thieren oft unter verlarvten und schlei­chenden Symptomen fortwuchernden, bald unter stheni-schem, bald unter asthenischem Character auftretenden, oder von erstem leicht in diesen und in Sepsis, oder in Zerstö­rung besonders stark ergriffener Organe übergehenden Krankheit im Allgemeinen nicht besonders günstig zu stellen; besonders da sie sich nicht selten in die Länge zieht und die Arzneimittel oftmals kostspielig wer­den, der Viehbesitzer also nur zu leicht von einer Behand­lung abgeschreckt wird. Doch lässt sich von der umsich­tigen Tbätigkeit des Practicanten und der getreuen Befol­gung des Wärters viel erwarten, wie ich denn auch in der Typhusepizootie im vergangenen und im Anfange dieses Jahres von den vielen Patienten, die zum Theil die heftig­sten Symptome zeigten und mehre Tage keine Hoffnung
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zur Wietlerherstellung gaben, nur wenige verloren habe. Üebrigens richtet sich die Prognose darnach, welche Or­gane vorzugsweise ergriflfen, wurden und wann eben ratio­nelle Behandlung eintritt, ob sich bald Crisen vorbereiten, ob die nervösen Erscheinungen eine bedeutende Höhe er­langen. Je stumpfer das sensible Leben ist, um so un­günstiger ist sie, je deutlichere Remissionen bemerkt wer­den, um so besser ist sie. Ist und bleibt die Zunge trok-ken, so sehen wir grössere Gefahr, als wenn sie wenig­stens an der Spitze und an den Rändern feucht ist; selbst so lange ist es noch nicht geheuer, als in der Convalescenz noch Eingenommenheit des Kopfes, Sinnestäuschungen und Abgeschlagenheit vorhanden sind; wenigstens können sich ärgerliche iNachkrankheiten, wie Dummkoller, Stätigseyn u. dgl. bei Pferden manifestiren.
Vom polizeilirlien Gesielitspnnkte
aus muss man immer den Typhus und die TyphoYde als ansteckende Krankheiten betrachten,* daher die Kranken von den Gesunden möglichst separirt, die Krankenställe selbst durch öftere frische Luft gereiniget und Anhäufungen thie-rischer Effluvien verhütet werden müssen. Um aber auch auf mittelbare Weise etwaige Ansteckung zu verhüten und ein gebildetes Contagium zu zerstören, müssen alle Se- und Ex-cretionsstoffe mit Vorsicht bei Seite geschafft und die damit besudelten Gegenstände durch Auflösungen von Chlorkalk oder durch Chlorwasser sorgfaltig gereinigt werden.
Die einzelnen Typhusepizootieen werden noch manche Special-Vorsichtsmassregeln erheischen; es ist jedoch hier der Ort nicht, sie näher zu beleuchten.
quot; Wozu die Löserdürre, die wir, wie weiter unten gesagt werden wird, als Typhus anerkennen müssen, sattsan) anregt. Hat aber diese unter günstiger Congrnenz der Localverhültnisse diese Eigenschaft erlangt, so müssen wir auch eine Ansteckung von den 'scheinbar leichteren Fällen unter anderen günstig-obwaltenden Ein­flüssen erwarten und befürchten.
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JPractischer Theit.
]|[osog;rapliie des Typhus.
a) Der Typhus bei Pferden
zeigte sich dem flüchtigen Beobachter in allen Tier ange­nommenen Uauptformen: als Cerebral -, als Pulmonal -, als Abdominal- und als Dermatotyphus. Untersuchte und be­obachtete man aber die Patienten genauer, so konnte man niemals aus physiologischen und'Erfahrungsgründen die ver­änderte Blutmischung, und den Erkrankungsheerd: die Leber und Milz, und die daraus hervorgegangenen örtlichen Lei­den, welche sich wieder in letztern selbst oder in der In-testinalschleimhaut, ja zugleich in der Maulscbleimhaut und äussern Haut finden, verkennen.
Mit dieser recapitulirten Erklärung gehe ich an die Aufstellung des Krankheitsbildes, ohne mich um die ver­schiedenen Eintheilungen zu bekümmern, die nur in einander laufen und die Sache mehr verwirren, statt sie aufzuhellen, daher besonders dem bei dieser Krankheit zum ersten Male wirkenden Arzte manches Lästige und Beengende auferlegen. Auch von mir kann ich das sagen: Die Abhandlung nament­lich in der rühmlich zu nennenden Rychner -, Im-Thumsehen Encyclopädie fährte mich erst recht tief in ein Labyrinth von Ungewissen Folgerungen, und ich warf endlich Alles weg, um die Theorie in der Praxis zu finden. Und dass mein Han­deln, das sich auf allgemein wissenschaftliche Principien basirte. kein irriges war, lehrte der Erfolg.
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Wollen wir auf die Vorläufer der zu beschreibenden Typhusepizootie Rücksicht nehmen, so muss ich mittheilen. dass schon vom Fehruar des Jahres 1839 an sich bei Pfer­den äusserst hartnäckige Hautentzündungen zeigten, die unter dem Namen Hitzbeulen oder (hier fast passender gewählt und die Realität dieser von alten Practikern gewählten Be­zeichnung einmal rechtfertigend) fliegender Wurm- bekannt sind, da ein wahrhaft gefahrdrohender lymphatischer Zu­stand sich damit vergesellschaftete. * Einen grelleren Wechsel hatte ich noch nicht in Krankheiten erfahren. Bei fortdauerndem massig fieberhaften Zustande' zeigte sich z.B.Morgens der Kopf enorm dick, mit Hitzbeulen über­säet, die Augen verschwollen, die Käumuskeln wegen starker Geschwulst des Käuens nicht fähig, der Kehlgang mit Ge­schwülsten, oft denen bei rotzigen Pferden ähnlich, mehr oder weniger angefüllt; besuchte man Nachmittags den Pa tienten wieder, so war davon keine Spur mehr zu finden, wol aber faustgrosse Geschwülste am Bauche, ein anderes Mal an der Brust oder auch über einen grossen Theil des tnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Körpers; vaste Stollbeulen, die vielleicht in einer Stunde
verschwanden, damit die Krankheit anderswo wieder ihr Spiel treiben konnte. Ein musterhaftes Chamäleon dieser Art fand sich bei einem Pferde des Herrn LJMstr. v. H. hieselbst, gegen das ich 4 Wochen lang mit Eiterbändern, Hautreibungen, Einwickeln in aromatische Kräuterkissen, m|t entzündungswidrigen, auf das lymphatische System, auf die Haut, auf die Nieren wirkenden Mitteln zu Felde zog, ohne dass etwas gefruchtet hätte. Ich zwfilfjähriger Praxis­ritter stand als Neuling da; zum ersten Male betrauerte ich lebhaft die bettelhafte Armuth der Wissenschaft, zum er­sten Male verwünschte ich die Wahl meines Berufes. Der
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• An mehren Orten sollen sich fliese Erscheinungen wieder gefunden haben und gaben Solchen, die keine richtige Diagnose zu stellen wissen, mehrmals Gelegenheit, derartige Patienten alraquo; wur­mig und rotzig zu bezeichnen.
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Krankheitszustand blieb mit seinem tollen Wechsel. Da griff ich desperat, um derivatorisch und auf die Leber zu wirken, zu einer vollwichtigen Aloepille und •fn in wenigen Tagen war die Krankheit quittirt. Eine grosse Menge sol­cher, wenn auch nicht so sehr hartnäckiger Urticarien finden sich in meinem Journale verzeichnet, an die sich reinere lymphatische (ganz besonders häufig Drusenabscesse) und gastrisch - catarrhalische Erkrankungen, später venöse Fieber und deutlich sich aussprechende entzündliche Leberleiden anreiheten, die mich auch gegen den Chef des Marstalles prophezeien Hessen, dass ich bei der nun enormen Hitze im Juni bald noch heimtückischere und gefahrvollere Krank­heiten zur Behandlung erhalten würde. Und diess sollte nur zubald in Erfüllung gehen. Ende Juni kamen schon Patienten zur Behandlung, die die teesenllicken Zufälle des Typ/ms zeigten.
Seit einiger Zeit oder seit einigen Tagen, sagen die Wärter, sey Patient matt gegangen, habe den Kopf gehan­gen und seit gestern oder heute zeige sich das Pferd wie dummkollerig. Oder es ist die Klage weniger über Einge­nommenheit des Kopfes, aber über öfteren, mehr oder weniger heftigen, trockenen, matten Husten, über gleich­zeitige kurze Respiration oder gleichsam Oppression der Brustorgane und über grosse Abgeschlagenheit der Kräfte; oder Patient zeige verlorne Fresslust, dabei sei er aber beim Putzen, namentlich in der Bauchgegend, auaseror-deutlich empfindlich und kitzelig, so dass es mit gehöriger Reinigung grosse Noth habe. Wieder andere Patienten klagten über verlorne Fresslust und mindere oder stärkere Colikzufälle bei dem Absatz eines dünnen, sehr stinkenden Kothes.
Untersuchte ich solche Kranke näher, so fand ich gewöhnlich eine trockne, reine, oder trockne und dunkel-schmuzig belegte, nur an den Rändern und zuweilen an der Spitze feuchte, späterhin selbst rissige Zunge, kleine rotfae Pünctchen auf dieser und dem dunkeigelb gefärbten Zahn-
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tteisdve, die Mauihiihle heiss, das Auge nie mit Blut ih-jicirl, glänzend und stier, oder matt und in diesem Falle die Augenlieder halb geschlossen, die Bindehaut und un­durchsichtige Hornhaut gelb gefarht. Der Habitus der Na­senflügel ist ein ganz eigenthiimlicher, nämlich sie sind äusserst lang gezogen, das Athmen bei manchen beschleu­nigt und kurz, das Bauchathmen sichtbarer, die ausgeath-mete Luft wärmer, die Frostzufiille weniger heftig, als bei Schweinen, darauf hohe Hautwärme, bei manchen ungleich vertheilte Wärme. Der Puls bald weich, bald hart, bald wellenförmig, wo Darm und Brust angegrifien sind, schnel­ler, bei vorherrschendem Ergriffenseyn der Leber und des Gehirnes oft kaum die normale Zahl der Pulse; grosse Ein­genommenheit des Kopfes, Hängen oder Auflegen oder Einstemmen desselben in eine Ecke, bei Einzelnen zu Zeiten Zufalle von Raserei, Springkollcr, Chorea, Schwindel. Zu­ruf und Umgang mit Menschen macht die meisten munterer, nur Einzelne werden dadurch in wilde. Tobsucht versetzt, oder sie gehen auch auf den Anreger mit, man möchte sa­gen, raffinirter Vertilgungslust los, eine Erscheinung, die auch mich einmal ans memento mori erinnerte. Schwanken im Kreuze ist ein nicht seltenes Symptom. Nehmen sie Futter auf, so geschieht diess äusserst langsam, oder auch übereilt, und merkwürdig, je stärker das Cerebralleiden ist, um so brutaler ist zwar nicht das Verlangen nach Fut­ter, aber die Aufnahme des vorgelegten Futters. Andere hingegen, bei denen sich mehr ein catarrhalischer Krank­heitszustand aussprach, zeigten wenig Fresslust, aber schon erwähnten, kurzen, matten Husten und die grosse Empfind­lichkeit der allgemeinen Decke. Die Darmausleerungen er­folgten bei den Gehirnleidenden sehr träge und selten, wa­ren sehr dunkel oder auch sehr hell gefärbt, in ersterem Falle klein und hart, im zweiten Falle grossgeballt und wie roh, nicht saftig durchdrungen, immer aber, sowie bei denen, welche einen breiigen oder dünnen Mist absetzten, enorm stinkend. Bei einem weichen oder massig dünnen
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Kotbabgau^e sab ich über fast immer einen nur määsigen Stand der Krankheit.
Die grosse Empfindlichkeit der Haut leitete zur ge­nauem Untersuchung derselben und da fanden sich, wenn auch nicht gleich, doch nach einigen Tagen kleine Knüt-chen, die bei allen in kleine Geschnarchen und Schorfchen übergingen. Am gewissesten waren sie in der Medianlinie des Körpers, namentlich gegen den Schlauch oder das Euter hin, zu treffen.,
Habe ich nicht oft genug den entlassenen Harn unter­sucht, um auf den Gang der Krankheit einen Schluss zu machen? Ich weiss es nicht, doch mir ging es wie Fr. X. Prinz in Wien bei Menschen, dem es auch nicht gelang, aus der Verschiedenheit desselben eine Relation zu irgend einer besonderen Modification der Krankheit herauszubringen.
Exacerbationen zu gewissen Tageszeiten waren nicht deutlich zu finden. Besonders wo die Krankheit gleich mit grösserer Intensität auftrat, steigerten sich einzelne vorge­nannter Zufalle mehr und mehr, ja es traten noch andere nervöse Zufalle ^n den Vordergrund, als heftiges Zusanimen-schrecken, krampfhaftes Ziehen des Halses und Kopfes nach einer oder der anderen Seite, abwechselnd mit heftig­stem Grade von Stupidität, damisches Vorschieben und An­oder Auflehnen, Schnarchen; das Maul war mit zähem Schleime angefüllt, die Augen sahen wie verglast aus, die Delirien wurden andauernder und man vermochte nicht, die Kranken zu einein momentanen Bewusstseyn zu erwecken. Die Kräfte sanken mehr und mehr; der widrig riechende und klebrige Schweiss zog Fliegen in Unzahl herbei, auf deren Stiche solche Patienten nicht gegenwirkten, eben so wenig wie auf Zuruf und Schläge, nur der volle Fresstrog hat dann und wann einen Reiz für sie, besonders wenn vom Weichfutter die Brühe in das aufgestützte Maul und in die Nase läuft. Solche Patienten schluckten damit derbe Portionen ätherische Baldriantinctur und andere stark rie­chende Sachen mit hinunter, sie nalmieii keine Notiz davon-
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Trotz dieser bösartigen Erscheinungen nahm aber zu meiner Freude nur in nach genannten wenigen Fällen die Krankheit einen ungünstigen Ausgang, in allen übrigen Fällen wurde das Gemeingefühl lauter, das Auge wurde freier, die stumpfe Betäubung Hess nach, die Zunge be­gann wieder feucht zu werden, die Schling- und Respira-tiousbeschwerden gingen mehr und mehr zurück, Hafer wurde dem quot;Weichfutter vorgezogen, der Puls hob sich, Exacerbationen und Remissionen waren deutlicher zu be­merken und wurden letztere immer länger, die Darment­leerungen wurden geregelter und wie verdaueter, fetter. Lang nachhaltende Mattigkeit und Trägheit, auch An­schwellung derFüsse waren übrigens öfters als Nachzügler bemerkbar.
Tödtlich liefen folgende Fälle ab: Tosca im Fürstl. Marstalle, eine sehr schöne edle Fuchsstute, die gegen 13 Jahr alt war, erkrankte Unter den heftigsten Zufallen einer Verstopfungscolik (cf. S. 13) und Hess mich die am ersten Tage schon in allen wesentlichen Zufällen sich aussprechende Darm- und Leberentzündung alles fürchten. Die rotlien Pflnctchen in der Maulschleimbaut, welche sich zu kleinen Bläschen umwandelten und wunde Stellen, welche sich mehr und mehr braun färbten, zurückliessen, waren auch hier vorhanden. Am 5. Tage nach dem bemerkbaren Er­kranken schienen die Heftigkeit der Entzündung und die Verstopfung durch den unausgesetzten Gebrauch von Calo­mel mit sehleimig-öligen Mitteln verbunden und durch häu­fige Clystiere bezwungen zu seyn, ohne dass aber andere als geapfelte Darmexcremente eingetreten waren; dabei entwickelten sich zugleich deutliche catarrhalische Zufälle, der Appetit stellte sich auch wieder recht leidlich ein. Ich liess deshalb am 6. Tage das im Fürstl. Marstalle von mir für die gewöhnlichen Fälle geführte Drusenpulver, aus Salmiak, Schwefel, Süssholz, Fenchel und Bockshornsamen bestehend, auf das Weichfutter geben, traute übrigens dem Landfrieden nicht recht, da die Zunge noch trocken, der
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Pols häufig und fein war, auch das Fontane)! am Bauche und die scharfen Einreibungen keine sonderliche äussere Affection bewirkt hatten. Docli wollte ich mich überreden, tlnsa die Respirationsschleinihaut der von der Natur gewählte
' Heilweg sey und mit noch besserer Entwicklung des Ca­tarrhs die Krankheit einen erwünschten Ausgang, wie bei anderen derartigen Patienten nehmen werde.
Den 7. Tag verschmähte Patient wieder das Futter, es stellten sich Ton Neuem Colikzufälle, zugleich Respira­tionsbeschwerden, und eine reichlich und immer reichlicher, dünner und stinkender werdende bräunlich gefärbte Darm­entleerung ein, und am 9. Tage erfolgte der Tod, und fand
sich bei der Section eine höchst dunkle Röthung der rech-nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;1
ten Herzkammer, auch üeberfüllung der Lungen mit ven!5-nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;l
sem theerartigem Blute und Umwandlung einzelner Stellen
der Lungensubstanz in eine milzähnliche Masse, die Milz
wenig in der Masse verändert, etwas vergrössert, die Leber
verhärtet, an einzelnen Stellen mürbe und an diesen sehr
hell gefärbt, im Ganzen sehr schwer. Die Färbung der
linken Hälfte der Magenschleimhaut war dunkler, die rechte
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blässer gefärbt, so dass beide eine ziemlich gleiche Fär­bung zeigten. An mehren Stellen war sie wie angefressen,
nämlich kleine, fast nur linsengrosse Stellen schienen von
ihr ganz beraubt zu seyn. An^der kleinen Krümmung War
der Magen durchaus geröthet, der Dünndarm, namentlich
das lleum, an einzelnen Stellen dunkel und durchdringend
geröthet, das Colon stark entzündet und die einzelnen Häute
wie erweicht (in der rechten, etwas schlaffen Niere ein
zackiges Harnsteinchen), das noch vorhandene Fett stark
gelb geförbt Im Gehirn keine wesentlichen Veränderungen. Einen zweiten und dritten Fall hatte ich im Januar
1840, wo wieder in einigen Privatställen der Typhus sich
bei einer schnell mild gewordenen, man kann sagen: Früh-
lingsluft eingestellt hatte. Der 1. von diesen, welcher einen
tödtlichen Ausgang nahm, war schon Jahre lang dummkolle-rig gewesen. Das Pferd litt ö Tage anscheinlich unte-
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vorherrschendem Ergriffenseyn des Gehirnes und fand sich bei der Section dasselbe sehr erweicht und in der rechten Hirnhälfte ein haselnussgrosser Theil fast geschwürig auf-gelüsst; aber die schon beschriebenen stellenweisen Ent-häutuugen der Magenschleimhaut, einzelne Schleimklumpen und grosse Mürbheit des Organes überhaupt, auch stellen­weise gleichartige Enthäutungen der Zunge und des Schlun­des, stark entwickelte Venennetze und purpurrothe Stellen im Darme, endlich eine ungewühnlich starke Rüthung der Herzkammern fanden sich auch hier.
Der 3. Fall betraf das Pferd eines Steuerbeamten, der darüber klagte, dass sein Pferd (Wallach, 11 Jahr alt, Meklenburger Race) seit Kurzem nicht recht fressen wolle und. sich wie statisch zeige, weshalb er es auch mit der Reitgerte, er wolle nicht gerade sagen „heftigquot; gestern auf den Kopf geschlagen habe. Ich fand das Pferd im Stalle in einer ganz verschrobenen Stellung und sehr schlaf­süchtig; dasselbe liess sich jedoch leicht ermuntern und blieb dnnn für eine kurze Zeit munter, um sodann in seinen alten Zustand zurückzugehen. Zuweilen taumelte es nach rückwärts und stürzte auch, Halfter und Stränge zerreissend, rücklings nieder. Die eingeschlagene Behandlung hatte den besten Erfolg; aber was thut der Geiz nicht! Ich wurde vom ferneren medicinischen Eingreifen abgehalten, die äusseren Ableitungen sollten Alles heben. Der Sturm trat von Neuem ein, die Betäubung wurde stärker, endlich tra­ten selbst massige tobsüchtige Zufälle hinzu, wobei Patient zuweilen mit allen vier Fassen zugleich wie tanzend in starker Motion sich zeigte. Ein Wiederrücklingsüberschlagen desselben veranlasste den Besitzer, das Pferd erstechen zu lassen. Bei der Section die schon genannten Erschei­nungen: dunkle Röthnng der Herzkammern, sehr volumi­nöse und schwere, hier harte, dort mürbe, hellgefärbte Leber, gesunde Milz, stellenweise Excoriationen der Innern Magenhaut, viele Schleimflocken in diesem und in den sonst scheinbar gesunden Gedärmen, intensiv gelbe Färbung des
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noch vorhandenen Fettes in der Bauchhöhle, Erweichung der ganzen Gehirnmasge, eigene Färbung der grauen Sub­stanz, vieles rothliches Wasser in den Hirnkammern, stark entzündliche Ruthung des kleinen Gehirnes.*
b) Der Typhus bei Scbweinen
hat im Wesentlichen dieselben Erscheinungen, wie sie jetzt bei Pferden geschildert worden sind. Besonders deutlich machen sich die Petechien, der Fieberfrost ist heftiger; das Cerebralleiden spricht sich bei manchen sehr deutlich aus. Bei den meisten wurde Morgens und gegen Abend eine sehr üble Laune bemerkt; wie verzogene Kinderchen zeigten sie dieselbe durch ein eigenartiges Grunzen, Quiken etc., wenn man sich näherte und mit ihnen sich abgab, an; da­bei wollten sie nicht aufstehen oder zeigten beim Auftreiben eine ausserordentlich grosse Schwäche im Kreuze,** genos­sen nichts, indess sie zu anderen Tageszeiten im Hofe zu­weilen recht munter herumspazierten und das und jenes als Nahrung zu sieh nahmen. Bei zweien, die verendeten, war mir besonders bei der Section die entzündliche Veränderung der Leber, die Verdickuiig der GalJe zu einer ziemlich conäistenteu Masse, sehrquot; bedeutende Vergrüsserung und
' Auf feinere anatoniische und selbst microscopische Untersu­chungen , so überaus schiitzenswerth sie auch sind, habe ich mich im Orange der Geschäfte und leider aus Mangel an dazu nothwen-digen Hilfsmitteln sowol bei diesen drei, als bei den wenigen vor­kommenden Sectionen bei Schweinen nicht einlassen können.
Auf dem anatomischen Theater, das Königl. Gnade zweck-gemäss mil reich an Ajiimraten hat einrichten lassen, kann der Herr Professor freilich besser ein Scrutator seyn, als der (raquo;ractische Thier-arzt auf dem — Wasenplatze! Darum, Sie glücklich Anserwiihlten! die Sie ausserdem reiche Mittel in und für die Wissenschaft bereit­willig finden, die zu besitzen wir practische Thierärzte uns nur sehnen dürfen, sey aber auch Ihre Critik ,.ab omni superbia, con-temtu et contumelia sejuneta.quot; NB. verkappter 6J.!
quot; Bei einem Schweine stellte sich vollkommerie KreuzlUh-mtmg ein, die durch kein Mittel zum Weichen zu bringen war. Das Ilintertheil magerte vielmehr zusehends ab.
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Mürbheit der Milz, Verscbwärung und Perforation das Ma­gens, Geschwürcheri im Ileum, stark entwickelte Venen-uetze im Colon bemerkenswerth. Und diese Patienten frassen noch bis wenige Stunden vor ihrem Tode, frassen mit Gier! Deshalb kann ich hier den Wink nicht unter­lassen, daslaquo; bei dieser Thiergattung, wenn die Krankheit herrscht, die Viehbesitzer aufmerksam zu machen sind, dass sie auf ihre'Schweine besondere Acht haben und nicht von einem scheinbar gesunden Appetite auf einen gesunden Zustand überhaupt schliessen sollen.
r) Bei Hunden und Katzen
ist mir kein Fall des Typhus vorgekommen; doch die zu manchen Zeiten sich zeigenden häufigen und eigenartigen Erkrankungen bei diesen dürften auf Typhös schliessen lassen. So beschreibt Guersent eine seuchenartige Krank­heit der Katzen, die wahrhaft den Namen Typhus verdient.
d) Bei Bindern
wurde schon lange die Löserdiirre ein Typhus contagiosus genannt. Die Zulalle, wie sie von guten Beobachtern mit-getheilt sind (ich habe sie nie beobachtet), sprechen auch dafür und lassen sich vielleicht für sie nach meinen Erfahrungen und nach der auf Gründe gestützten theore­tischen Ansicht über den Typhus erfolgreiche Schlüsse auf die Behandlung ziehen.
Tberapentik des Typhius.
Das Blut von den ihm fremd gewordenen, zur Ex-vretion also bestimmten, aber krankhaft zurück gehaltenen Stoffen zu befreien, die aus dieser Retention hervorgehende Blut- und Nervenalteration zu besänftigen und die insbe­sondere ergriffenen Organe zum Normaltypus zurückzufüh-
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reraquo;, das sind die anzeigenden Umstände, die uns bei der Cur leiten müssen. Und hiezu dienen, ausser möglicher Entfernung aller veranlassenden, reproducireuden und die Krankheit nährenden Ursachen, eben die Mittel, welche die 8e- und Escretionen auf mehr sanfte Weise befördern. Zeigt uns ja schon die Naturheilkraft, wie sie durch Cri-sen, die zwar und zum Glück nicht immer stürmisch sind, die aber doch wenigstens unser Biechorgan in Anspruch nehmen und beweisen, welche Unreinigkeiten, namentlich mit den Darmausleerungen ausgeschieden werden, ihr Fremd-gewordenes, aber krankhaft Zurückgehaltenes auszustossen sich bemüht Dabei ist der Turgor herabzustimmen oder gegentheils einer opprimirten Thätigkeit edler Organe oder einer drohenden Säfteentmischung entgegenzuarbeiten.*
Was vorerst den Aderlass betrifft, so sieht man davon unbedingt den wesentlichsten Nutzen, wenn er, sowol bei vorherrschendem Cerebral- als Abdominalleiden mit Beson­nenheit zeitig genug, wo der Character der Krankheit noch inflammatorisch oder doch congest!v ist, gemacht wird. Wer aber nur nach der Schnelligkeit de^ Pulses die Inten­sität der Entzündung ermisst, der wird freilich oft die Venäsection unterlassen, dieses Uebel aber in der Mehr­zahl ebensowenig heilen, als nur einfache Leberentzündun-gen, die oft des frequenten Pulses entbehren.**
Calomel, Spiessg.lmntceinstein, Weimteinralim und andere abfültrende Salze. Letztere sind bei besonderem Ergriffenseyn der Leber laquo;nd Milz, ersterer bei diesem so­wol, wie bei vorherrschendem Darmleiden ein herrliches
*nbsp; nbsp; Und wenn wir selbst der Theorie beipflichten, dass der Typhus jederzeit seinen Verlauf haben müsse, wie diess die Pocken, die Masern und dgl. auch thnn, so ist die Ausführung dieser Mass-regel nuthwendig; denn es wird wenigstens im Verlaufe der Krank-heitsstiirm geleitet und beschwichtigt.
*nbsp;* ich verwahre mich übrigens aufs Bestimmteste gegen die Meinung, dass ich Freund des Aderlasses sey. Nichts weniger als das, wie schon meine nachbiirlichen Collegen mir es attestircraquo; küniiea.
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Heilmittel. Ich versichere wenigstenraquo;, laquo;lass ich den Typhus ohne Benutzung des Calomel nicht behandeln möchte. Nur fürchte man nicht so ängstlich, wie College Schüler in Miihlhauseu, die andauernde Anwendung desselben und bei massiven Gaben, so lange die Natur noch keine Bemühun­gen zu kräftigeren Ausscheidungen macht, vertheile aber auch sofort die Dosen, wenn diese sich bemerkbar machen, weil nach mehren guten Beohachtern mit den critischen Erscheinungen zuweilen plötzlich die Krankheit eine schlimme Wendung nimmt und zum tödtlichen Ausgange führt. Ist, wie schon gesagt, der Darm nicht der vorherrschend er­griffene Theil, so eignet sich auch recht gut eine Verbin­dung des Calomel mit schwefelsaurer Bittererde, oder mit Spiessglanzweinstein, oder noch mehr ein Wechsel mit die­sen Arzneistoffen.
Ist aber die Darmentleerung geregelt, oder erfolgt sie gar öfterer und mehr breiig, verbinden sich mit dieser Er­scheinung Zufalle von einem Brust- oder Luftröhrenca-tarrhe, so ist hier der Salmiak, auch in geeigufcten Fällen das Hirschhornsalz in massigen Gaben am Platze.
Zum Chlor greifen wir dann, wenn starke Durchfälle und Hinneigung der Krankheit zur Colliquation sich kennt­lich machen.*
Was die Mineralsäuren betrifft, so ist Puchelt der Meinung, dass sie auf chemische Weise in gesteigerter Venosität nützlich sind, besonders wenn bei verspäteter Hilfsleistung und weit vorgeschrittener Krankheit (oder bei ohnehin schon schwächlichen Kranken) ein Zersetzungs-prozess eingeleitet ist.
Ueber den von jScÄö'n/elaquo;M angerflhmten ^/omm , nament­lich bei Dysenterie, habe ich keine Erfahrungen gemacht.
* Auffallend ist die Wirkung dieses Mittels auf die Petechien, deren dunkele Farbe bei Anwendung desselben schwindet. Ich be­stätige hiermit ganz Dr. v. Castelli's zu Neuchatel Beobachtung bei Menschen.
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Kopp im 4. Bande seiner Denkwürdigkeiten empfiehlt als ausgezeichnet frische Lindenkohle hei Unrchfall von Typhuskranken. Auch ich wandte frisch- geglühete Holz­kohle (von welcher Art Holües? weiss ich nicht) mit ganst günstigem Erfolge bei diesem Krankkeitszufalle bei Schwei­nen an.
Mit genannten Mitteln ist man genöthigt, oft Uba-harber und Rhapontica, und in einer spätem Periode der Krankheit Baldrian in Substanz und als Tinctur, Chamillen, Campher, Hirschhorngeist, ja die anhaltenderen Reizmittel, Arnicablumen, Angelica und bittere, tonische Mittel, so auch das Schöllkrautextract zur griissern Bethätigung der Leber, zu verbinden. Gegen das Ende der Krankheit scheinen diese Mittel besonders angezeigt zu seyn, weil sie einen wohlthätigen Reiz auf die erkrankten Organe her­vorbringen und dadurch die Genesung unterstützen. Wer aber bei Patienten, wo grosse Abstumpfung oder stinkende Kothentleerung vorhanden ist, immer nur Schwäche und putriden Zustand sieht und dagegen Reizmittel gebraueben will, wie diess besonders Aeltere gethan haben, der wird nur eine um so schnellere Consumtion der Nervenkraft ver­anlassen und die örtlich entzündlichen Leiden allzusehr steigern.
Bei Schweinen und gewiss noch mehr bei den eigent­lichen Fleischfressern machen sich zu Anfange der Cur und auch später, wo das Gehirn nicht besonders afficirt ist, Brechmittel nothwendig, denn sie sind nicht nur wegen ihrer ausleerenden Wirkung nützlich, sondern sie haben auch noch eine nervenbethätigende und umstimmende Wir­kung. Brechmittel bei den geeigneten Thieren oder abfüh­rende Salze bei anderen sind überhaupt nicht zu verachten, wo man eine geschehene Ansteckung gesunden Viehes fürchtet. Als gewöhnliches Prophylacticum möchte aber vorzüglich das Kochsalz bei Pflanzenfressern am Orte sevn.
Aeusserlich hat man, um die Haut zu grösserer Wirksamkeit, d. i. Ausscheidung anzuregen, und der Säfte-
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entmischung au begegnen, kalte Begiessungen beim Typhus empfohlen; ich habe sie nur einige Male bei Schweinen, wo die Krankheit mehr zum Putriden sich hinneigte, ver­suchsweise anwenden lassen und allerdings guten Erfolg davon gesehen. Oeftere Waschungen des Kopfes bei vor­herrschendem Cerebralleiden habe ich aber bei Pferden niemals unterlassen.
Fontanelle oder Eiterbänder und scharfe Einreibun­gen , je nach den vorherrschenden Symptomen, in der Nähe des Kopfes, an der Brust oder am Bauche weisen sich als äusserst wohlthätig aus, was sehr leicht zu erklären ist,~ da die Haut in der Bildung derPetechien als Ausscheidungs-oder mitleidendes Organ sich beurkundet und der Bildung einer Ent­zündung innerer Organe begegnet oder Ableitung vom Ent-zündungsheerde möglich gemacht wird. Bei besonders vor­springender Leberaifection nimmt man als Aufnahmemittel fur scharfe Stoffe die graue Quecksilbersalbe.
Clystiere, und zwar bald eröffnende, oder krampf­stillende, oder ableitende, den Darmcanal bethätigende. Bei dem Marstallpferde Figaro griff ich, nachdem eine grosse Mattigkeit und Stumpfheit im Allgemeinen und ausserordentliche Trägheit des Darmcanales bei Ausschei­dungen fortdauerte, zu Kaltwasserclystieren. Nun wurde es bald anders, J. h. besser.
Als Getränk gab ich verschlagenes Wasser, worin Sauerteig, wo er leicht zu haben, aufgelösst war; als Nahrungsmittel Weichfutter, so lange noch Gras wuchs: dieses, den Reconvalescenten Möhren mit dem Hafer. Für einen kühlen Aufenthaltsort und reine Luft sorgte ich best­möglichst. Zur warmen Sommerzeit Hess ich solche Pferde des Nachts auf die offene Reitbahn bringen.
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WtosenscliaftUelier Theil
Einleitung.......
Nosologie des Typhus .... Begriff dieses Terminus .... Unterschied zwischen Typhus und typhöses Epizootisches Auftreten des Typhus Physiologisches Bild des Typhus Anatomischer Character des Typhus Allgemeine Reactionsäusserung des Typhus Dauer der Krankheit .... Ursachen des Typhus . . , . Nächste Ursache und Wesen des Typhus
Prognosenbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ......
Polizeiliche Massreseln . . . - ,
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Praetiseher Vlieil.
Nosographie des Typhus.....
Der Typhus nnd.die Vorlilufer desselben bei Pferden
Der Typhus bei Schweinen.....
Der Typhus bei Hunden und Katzen
Der Typhus bei Rindern.....
Therapeutik des Typhus . . . .
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Jjf't
OedruHt bei O. Froehel in RtidulsltuU.
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