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Influenza aer Pferde
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ihren verschiedenen Modificationen,
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Dr. Wemraquo; Theodm JTos, Spinoia,
Zweite Ausgabe.
Berlin, 1819.
Verlag von August Hirschwald,
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BIBUOTHEEK UNIVERSITEIT UTRECHT
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Influenza der Pferde
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ihren verschiedenen Modiiicationen,
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Dr. Wemraquo; Theod* *Fos, Spinota,
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Berlin, 1819.
Verlag von August Hirschwald,
Burg-Strasse No. 25-
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Mßie üeberlassung des vorliegenden Werkes an die unterzeichnete Verlagshandlung ist die Ver­anlassung zu einer erneuten Ausgabe desselben geworden. Hierbei haben jedoch, wegen der kur­zen Zeit seit dem ersten Erscheinen des Werkes, keine wesentliche Verbesserungen des Textes ein­treten können; es ist vielmehr nur auf Beseitigung der eingeschlichenen Druckfehler gesehen worden.
August Hirschwald
Verlagshandlang.
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V o r p e el e.
Kei den grossen Verlusten, welche die Influenza der Pferde den Pferdezüchtern und Pferdebe­sitzern überhaupt verursacht hat, konnte es nicht fehlen, dass diese Krankheit ein sehr allgemeines Interesse erregen, für den Thierarzt aber zum besondern Gegenstande des Studiums werden musste. Das beweisen auch zur Genüge die vielen Beschreibinigen, welche über diese Krank­heit theils in besonderen Monographien, theils in den Handbüchern über Thierkrankheiteu, so wie in den verschiedenen thierärztlichen Zeitschriften, geliefert worden sind. Ohne den Werth und den Fleiss, mit dem viele der vorhandenen Beschrei-
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IV
bungeu der Influenza gearbeitet sind, zu verken­nen , liat es mir docli geschienen, dass es noch au einer Abhandlung über diese Krankheit fehle, in welcher dieselbe eine vollständige, über ihre verschiedenen Modificationen sich erstreckende Er­örterung finde. — Die Gelegenheit, welche sich mir besonders darbot, die Influenza nicht allein häufig selbst zu sehen und zu behandeln, sondern sie auch ans Berichten und mündlichen Mitthei-lungen von Andern vollständiger kennen zu lernen, machte in mir schon frühe den Entschluss rege, so viel als möglich Materialien für eine Bearbei-tuno- dieser Krankheit zu sammeln. Schon im Jahre 1828, wo ich in dem Königl. Cavallerie-Remonte-Depots Gelegenheit fand, die ersten praktischen Erfahrungeu mit meinen Studien in dieser Krankheit zu verknüpfen, begann ich damit und habe seitdem sorgfältig meine Sammlung fortge­setzt. Dabei unterstützte mich wesentlich meine Stellung, in der mir nicht allein die sämmtlichen, aus der Monarchie eingehenden Veterinair-Sanitäts-Be-richte zur Einsicht gelangen, sondern auch noch mehrere Commissorien welche mir Seiten des Kö-
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nigl Hoheraquo; Kriegs-Ministerium und des König!. Ober-Marslall-Anits in Betreff dieser Krankheit geworden sind. Da mir so eine reiche Quelle von eignen und fremden Beobachtungen über die Influenza geöffnet worden, glaubte ich denn das Resultat meiner seitherigen Forschungen dem für die Influenza sich interessirenden Publicum wohl vorlegen zu dürfen. Ich entschloss mich zur Her­ausgabe der verliegenden Bearbeitung, von der ich wünsche, class sie einer gleichen freundlichen Aufnahme und nachsichtsvollen Beurtheilnng sich zu erfreuen haben möge, wie solche meinen frü­hem Schriften zu Theil geworden sind.
Die Art und Weise, wie ich das Material verarbeitet habe, will ich nicht zu rechtfertigen suchen: Das muss das Werk selbst thun, wenn ich den richtigen Weg eingeschlagen habe; und das öffentliche ürtheil wird darüber entscheiden. Nur erlaube ich mir zu bemerken, dass ich, bei dem allgemeinen Interesse, welches die Influenza der Pferde, aussei- bei den Thierärzteu, auch bei vielen Andern finden musste — nicht bloss für
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die erstem allein zu schreiben beabsichtigt habe. Die Schwierigkeit in der Lösung dieser Aufgabe: für den Einen nicht zu Viel, für den Andern nicht zu Wenig zu geben — möge den Kritiker, hei den Gebrechen meiner Arheit, zur nachsichts­vollen Rüge stimmen.
Berlin im August 1844.
Dr. Sphtola.
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Inhalt.
Seile I. Geschichlliche Bemerkungen undLi teratur zur
Influenza.........nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;2
11. Symptomatologie der Kranlcheit.......8
Vorbemertung sect;. T — 9. — Beschreibung der Krank-heil in ihren einfachen Formen; 1) der rlieumatischen Form sect;. U — 14. — 2) der catarrhalisch - rheumati­schen Form sect;. 15 u. 16. — 3; der gastrisch-rheuma­tischen Form sect;. IT —19. _ Beschreibung der Krank­heit in ihrer zusammengesetzteren und complicirlen Form sect;, 20—37. — Verlauf, Dauer und Ausgang der Krankheil sect;. 3T —58. — Sectionserscheinungen sect;. 59
— 64, — Nachkrankheiten sect;. 65 — 82. __
III. Aetiologie der Influenza .......nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;72
Vorbemerkung sect;. 83. Anlage sect;. 84. Veranlassende Ursachen: Miasma und Contagiura g. 85 u. 86. An­steckungsfähigkeil der Influenza sect;.86 — 95. Die Ter-schiedene Form (und Complicalionen) der Influenza bedingenden Einflüsse sect;. 96 — 102. — Nächst-Ursache, Natur und Wesen der Krankheit (und Eigenschaften des Contagiums) sect;. 103 — 116. — IV. Diagnose, Gang und Verbreitung der Influenza IH
V. Prognose............... . 123
VI. Therapie..........nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 128
Vorhemerkung sect;. 124-126. (Behandlung der Influenza nach all Bopalhischen Grund-
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Seite laquo;ätz en)— AllgemeineiHeilTexfahrea mit Be­rücksichtigung einzelner dringender Zufälle sect;. 121— 142. — Besonderes lleilrcrfahren sect;.142—184. a) Behandlung der Influenza in ihren einfachen For­men: 1) der rheumatischen sect;.143—144. 2) der rheu­matisch - catanhalischen sect;. 145. 3) der rheumalisch gastrischen Form sect;. 146 —147, — b) Behandlung der Influenza in ihrer zusammengesetztem und complicir-tern Form sect;. 148 —167. Leitung der Beconralescenz uelist allgemeinen Regeln für die Behandlung derXach-hrankheiten sect;. 168—177. — Behandlung der In­fluenza nach homöopathischen und hydro-palhischen Grundsätzen sect;. 178 — 184. — Prophylaxis (und polizeiliche Massregeln) ......192
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I. Ciescliichtllclie Bemerkungen und lilteratur aur Influenza.
sect;• l-
quot;ic Mittheilungcn, welche uns die Gechichlc der älicreri Zeit über die Tliierkranhkeitcn liefert, sind höchst dürftig. Dieser wird kaum anders als mir nebenbei von den Ge­schichtsschreibern und Dichtern, angeregt durch das Unge­wöhnliche der Erscheinung, und wenn Menschen und Thicre an gcineinschaftlichen Ucbcln litten, gedacht. Da­durch erhält die Thierheilkunde überhaupt nur eine schwache historische Basis, insbesondere aber wird es unmöglich, das Herrschen der in Rede stehenden Krankheit in altern Zeiten nachzuweisen; und es erscheint als eine blosse Ver-muthung, dass die Griechen dieselbe unter den Namen Malis und die Römer sie unter der Benennung mofis or-ihrilica gekannt hätten, wie 'dies Viborg im 5. Band seiner Sammlung von Abhandlungen (pag. 310) annimmt und sich auf die Beschreibung einer Krankheit bezieht, welche Ve-getius — de Mulo modicina — und Lancisi — Appendix de bovilia peste dissertatio — geben.
sect;• 2. Bei dein fast gänzlichen Mangel an historischen Mii-theilungen über diese Krankheit, selbst ans einer Zeit, wo
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die Tliierhcilkundc schon oilier wis.senscliaCtlu'hcn Koarbrl-lung sich zu erfreuen halle, ist vielmehr anzunehinen, dass dieselbe erst ein Erzengniss der neueren Zeit ist; und, wie ich nicht ohne Grund anzunehmen glaube, dürfte ihr erstes Erscheinen In die Zeit zu setzen sein, wo die Ver­edlung der Pferde allgemeiner wurde.
Durch die Veredlung der Pferde scheint näoilich vor­zugsweise erst die Disposition zur qu. Krankheit den aus der Kreuzung hervorgegangenen Individuen erwachsen zu sein. *)
Mit Uehorgehung der physiologisch-theoretischen Gründe, von denen weiter unten bei der Actiologie die Rede sein wird, sprechen für diese Ansicht als factisch: 1, Dass die Krankheit, nach meinen und mehrerer an­deren Thiorärzte Beobachtungen, bisher in seuchenarli-ger Verbreitung und ursprünglich nie bei unvermischt
*) Man hat zwar in laquo;ler neuslen Zeit auf eine sehr seliarfsinnige Weise das Ersclieineii neuer und ganz anderer Kranklieilsfornien, als sie vergangene Jalirlimulerle hesassen, auf gewisse Kvolulionen unsers ErdkOrpers zurückzufüliren gesudit. Ohne im Geringsien diese Lehre anfechten zu wollen, das Wahre, was sie ha hen kann, vielmehr anerkennend, kann ich doch in Bezug auf die Thierkrank-heilen jener Iheils nachweisbaren, theils aber nur auf Hypothesen angenommenen Veränderung, welche unser Planet in seiner vorschrei­tenden Dfetämorjiliose erlitten liat, eben kein besonderes Gewicht beilegen. Ohne sich in Ahnungen zu verlieren oder in das Innere des Brdkiirpers sich versetzen zu müssen , bietet die Erdoberlläche der vor sich gegangenen Veränderungen schon genug dar, um in diesen die Ursachen zu neuen. bis dahin noch ungekannten Krankheiten unserer Hausthieie zu finden. Ich erinnere in dieser Beziehung nur an die vorgeschrittene Kultur des Bodens, welcher Wälder und Sümpfe gewichen, und welche sandige Steppen in fruchtbare Felder umge­wandelt hat: an die Reformation, welche die Bewirlhscliaftung der Güter überhaupt erlitten und in ihrem Gefolge zu einer ganz andern Verlialtungs - und Fiilleningsneise der nutzbaren Hauslliiere geführt hat, so wie endlich an die Systeme, nach welchen man in der neue­ren und neusten Zeit die Züchtung der Thiere betrieben. In diesen Verhältnissen haben eben so wohl bis dahin unbekannte Krankheiten ihr erstes Entstehen gefunden, als viele andere, früher nur spärlich vorgekommene Krankheiten jetzt zu den herrschenden geworden sind.
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gebliebenen Pferden gemeinen Schlages beobachtet worden ist; und 2. dass diese Krankheit in der neusten Zeit, wo die Ver­edlung der Pferde allgemein Eingang gefunden und sich auch auf die Pferde der Landlcute immer mehr und mehr erstreckt hat, viel häufiger und allgemeiner verbreitet gesehen wird, ja so zu sagen, zur stationä­ren Seuche geworden ist.
sect;• 3-Dem eben Gesagten zufolge, fallen denn auch die er­sten und sicheren Nachrichten über die Krankheit in das Ende des vorigen und in den Anfang dieses Jahrhunderts, namentlich in die Jahre 1786, 1792, 1805 und 1806. In dem erstgenannten Jahre verbreitete sich wenigstens eine Krankheit seuchenartig unter den Pferden, von Holstein aus, durch das Hannoversche, welche scheint der in Rede stehenden beigezählt werden zu müssen. Die Beschreibung, welche Havemann von derselben giebt, lässt kaum einen Zweifel über die Identität beider Krankheiten zu. Später durchzog diese Krankheit auch andere tcutsche Provinzen, namentlich die Mark, Sachsen etc., und es sind uns über dieselbe mehrere Abhandlungen hinterlassen worden, als:
1.nbsp; nbsp; nbsp; Havemann. neues hannoversches Magazin. St. 71 Sep­tember 1796.
2.nbsp; nbsp; nbsp; Naumann. Bekanntmachung über die jezt herrschende Pferdeseuche in Berlin. Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen vom Jahre 1805. No. 54.
3.nbsp; nbsp; nbsp; Sander. Guiachten über die jezt an einigen Orten, vorzüglich in Hannover unter den Pferden grassirende Brustseuche. Halberstadt und Heiligenstadt 1805 und in dessen vermischten Beiträgen etc. Berlin 1810. p.
19 seq.
4.nbsp; nbsp; nbsp; Wolsiein. Bemerkungen über die Pferdeseuche, welche in Hamburg unter den Dragoner- und Fuhrwesen-Pfer­den .u s. w. herrscht. April 1805.
5.nbsp; nbsp; nbsp; Fehr, Ausführliche Beschreibung der Bruslsenche der Pferde. Göttingen 1806.
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6.nbsp; nbsp; nbsp;Pilget. Skizzidc Darsicllung etc. der jezt herrschen-di'ii sogenannten spanischen Kopfkrankheit der Pferde. Hanau 1S05.
7.nbsp; nbsp; nbsp; Vihorg. Veterinair-Beobachtungen für das Jahr 1806. I. Die holsteinische Pferdekrankheit. Alitgetheiit in dessen Sammlung von Abhandlungen etc, Copenhagen 1807.
Doch passt die Schilderung der abgehandelten Krank­heit nicht bei allen Autoren auf die in Rede stehende Krankheit, so dass man, wie hierauf auch schon Bach-#9632;mann *) aufmerksam gemacht hat, Grund findet, anzuneh­men, dass einige der beschriebenen Krankheiten ganz an­dere waren und ohne nähere Prüfung für die in Rede stehende genommen worden sind. Denn gasirisch-nervöse und typhöse Krankheilen haben zu allen Zeiten geherrscht, meistens mit dem Namen : nStalltyphuslaquo; belegt — und herr­schen auch noch, werden aber mit Unrecht der sogenann­ten Inßuenza beigezählt. Es hält desshalb auch sehr schwer zu bestimmen, ob die in den genannten Jahren herrschend gewesenen Krankheiten unter den Pferden alle der Inßuenza angehörten, Die nachweisbaren Kalamitäten, welche in mehreren jener Fälle als die Ursache der Krankheit mit Recht zu betrachten waren, machen es vielmehr wahrschein­lich, dass die beschriebenen Krankheiten eben so wenig überall gleicher Natur waren, als sie nur als verschiedene Complicationen einer und derselben Krankheit betrachtet werden könnten.
sect; 4.
Erst in den loztcn 2 Decennien ist das vielfachere Erscheinen der Inßuenxa oder Bruslsenche unter den Pfer­den constatirt worden; namentlich bot sich in den Gestüten und bei der in diese Zeit fallenden Einrichtung von Ka-vallcrie-Remontc-Depots in Prcussen vielfache Gelegenheit dar, diese Krankheit näher zu beobachten und ihre Natur richtiger zu würdigen.
*) In einem ungedrucklen, mir vorliegenilen Aufsatze Über diese Krankheit,
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Es war das Jahr 1821 (im Herbst), wo sie in Preussen, nachdem sie zuvor ^1S20) schon in Berlin sich zeigte, in senchcnarliger Verbreitung, und zwar unter den Gestuts-Pferden zu Trakehnen in lAlthauen eine rege Aufmerksam­keit auf sich zog und von dem, leider für die Wissenschaft zu früh verstorbenen, Haupt-Gestüts-Inspector und Ober-llossarzt Bachmann treffend beschrieben worden ist *).
1S22 (im Spätherbst) grassiric sie auch unter den Mutterstuten des Gradiizer Gestütsvorwerks Dohlen, wohin sie durch zwei von Trakehnen aus translocirte Stuten, welche dem Graditzcr Gestüt einverleibt wurden, verschleppt worden zu sein scheint. **) Von dieser Zeit an, nachdem sie auch in dem Jahre darauf in den zuerst in Litthauen etablirten Remonle-Depots, so wie in verschiedenen Privat­gestüten dieser Provinz auftrat, ist sie in Teutschland noch nicht wieder gänzlich erloschen, vielmehr hat sie alljähr­lich bald hier, bald dort geherrscht.
•So herrschte sie in dem Jahre 1824 in den litthauischen Depots und zeigte sich auch in märkischen Depots, in Hes­sen, Süddeutschland, Schweden und 1825 in der Schweiz und Frankreich.
Im Jahre 1827 grassirte sie abermals in den preussi-schen Depots und 182S sehr ausgebreitet in den märki­schen, so wie unter den Pferden mehrerer Kavallerie-Regi­menter.
Ans dieser Epoche sind uns mehrere Abhandlungen geliefert worden, so von:
1.nbsp; nbsp; nbsp;v. Tennecker. Practischc Beobachtungen über die un­ter den Pferden herrschende chronische Lungen- und Lebcrentzündung. Ilmenau 1823.
2.nbsp; nbsp; nbsp; Braucll. lieber die seit mehreren Jahren in Deutsch-
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*) 1. c.
**) Wie Dies aus einem mir vorliegemlen Berichf des Ober-iliietnrzles Halhach, welcher damals mit der Untersuchung der Krank, lieit vom Ober-Marstall - Amte beauftragt worden war, gefolgert wer­den muss.
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land unier den Pferden u. s. w. herrschende Epizoo-tie. Weimar 1825.
3.nbsp; nbsp; nbsp;Anker. Abhandlung des 1S25 unier den Pferden epi-zooiisch geherrschien Nervenfiebers. Bern, 1826.
4.nbsp; nbsp; nbsp; Norling. Uistoiro d'unc Epizooiie, observce en Suedc 1S24. (Recueil de med. veler. iom. II. pag. 444.)
5.nbsp; nbsp; nbsp; Girard. Noiicc sur la maladic qni regne epizootiq. sur les chevaux (Rec. de med. vetcr. iom. II. pag. 137.
(Beschreibung der gegenwärtig in Frankreich herr­schenden Pferdckrankbeit von Girand, aus dem Fran­zösischen mit Anmerkungen von Tcußcl. Carlsruhe 1825).
sect;. 5. In dem leizien Decennium war ihre zeilweise Verbrei­tung nicht geringer, und sie erschien, obwohl vorzugsweise in Gestüten, Remonle-Depots, in Mar- Kavallerie- und Post-Ställen, auch mehr oder minder verbreitet unter den Landpferden. Doch ergriff sie von diesen (wie Das auch schon früher beobachtet), nach Franque's #) Olitthcilung fast aussclilicsslich nur Pferde der Fuhrleute, Postpferde und Pferde, welche Handelsleute eben erst aus andern Gegenden eingeführt hatten 5 während die Pferde der Bauern, die nur zum Ackerbau und nicht zu Reisen benutzt wurden, davon verschont blieben.
In der jüngsten Zeit aber war ihr Erscheinen auch vielfach unter Landpferden. Wie sie denn auch, wenn gleich sie periodisch noch in allgemeiner Verbreitung auf­tritt, doch nicht gänzlich in Teutschland erloschen ist, son­dern sich in einzelnen Erkrankungen hier und dort zu er­halten wusste. Desshalb ist sie nunmehr auch als eine slationäre Krankheit zu betrachten.
Beschreibungen von den lez/eu Seuchenfällen finden sich in verschiedenen thleriirztlichen Zeilschrißen, sowohl des In- als Auslandes niedergelegt; Monographien erschie­nen über dieselbe ausser von Meier, (Abhandlung über die
*) Franque GescMchte der Seuchen etc. Fxanifutt a. Of; 1834,
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Pferde-Inflaeiiza fir. Potsdam 1841) meines Wissens in Teutschland nicht.
Dagegen zieht eine Schrift des Engländers Spooncr (a treatise on the influenza of horses etc. Southampton u London 1837} in sofern unsere Aufmerksamkeit auf sich, als daraus hervorgeht, dass die Inßuenza iu England schon zu Anfang des vorigen Jahrhunderts in senchenartiger Ver­breitung aufgetreten sei; namentlich wird das Jahr 1714 als ein solches bezeichnet, wo eine bösartige Epizootic von dem Continent aus nach England verschleppt worden sei, und wo bei den Pferden einstimmig dieselben hervorstechen­den Symptome, wie hei der gewöhnlichen Epizootic (In­fluenza?) sich gezeigt haben sollen. — Wir müssen jedoch bezweifeln, dass die 1714 auch bei Pferden beobachtete Krankheit, nach der von ihr gegebenen Beschreihung, die Influenza gewesen und noch mehr, dass dieselbe vom Con­tinent aus eingeschleppt M'ordcn sei. Die leztere Annahme ist wohl lediglich einer Voreiligkeit beizumessen, indem man jene Krankheit bei Pferden, bei ihrem gleichzeitigen Auftreten neben der Rinderpest, in ursächlicher Beziehung wie diese bcurtheilte.
sect;. 6.
Ob die ferner von Spooner gedachten und von Gibson in den Jahren 1732 und 1734 beobachteten und beschrie­benen beiden Epizootien, welche unter den Pferden Lon­dons und in verschiedenen Theilen des Königreichs herrsch­ten, der Influenza angehört haben, und namentlich von der lezten mit Spooner anzunehmen sei, dass sie unsrer jetzigen Influenza sehr ähnlich gewesen, wollen wir ununtersucht lassen. Aber gesetzt, es wäre der Fall wirklich, so würde die oben von uns ausgesprochene Annahme, dass diese Krankheit in Teutschland erst gegen das Ende des vorigen Jahrhunderts zuerst aufgetreten sei und mit der vorschrci-tenden Veredlung der Pferde in ätiologischer Beziehung stehe, dadurch doch weiter nicht an Glaubwürdigkeit ver­lieren, vielmehr in lezter Hinsicht noch Bestätigung finden. Denn bekanntlich ist England mit der Veredlung der
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Pferde uns vorangceiU, mithin wurde in seiner Pferdezuclit auch die grössere Anlage für die qu. Krankheit früher ent­wickelt, als in der unsrigen. Ja, wäre meine Annahme ganz zweifelsohne richtig, so würden wir uns in Bezug der Verschleppung der Influenza vielleicht eher gegen England zu beklagen haben, als England gegen uns; denn die Krankheit erschien in Teutschland (conf. sect;. 3.) zuerst in jenen Landestheilen, die mit England zunächst in enge­rem Verkehr mit Pferden standen.
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II. Symptomatologie der KrankbeU.
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sect;• 7. Vorbemerkung.
Die In/Iuensa der Pferde hat das Eigenthümliche, dass sie nicht allein mannigfach modilicirt erscheint, sondern auch mitunter selbst larvirt auftritt, und eben dadurch die Entwerfung eines liranliheitsbildes, welches jeden einzel­nen Fall treu abspiegelte, kaum znlässt. Die Ursachen dieser Mannigfaltigkeit liegen tlieils und vorzüglich in der Verschiedenheit und der Zusammensetzung der Localaffec-tionen, theils sind sie abhängig von dem begleitenden Fie­ber und dem Charakter, welchen die Krankheit behauptet.
So wichtig der leztere, der Charakter der Krankheit, für die richtige Würdigung der Krankheit in therapeuti­scher Hinsicht auch ist, so wenig ist er doch geeignet, durch ihn Aufschluss über die Natur der Krankheit zu er­halten, oder nach ihm die Modificationen der Inttaenza in symptomatologischer Hinsicht festzustellen. Es entscheiden vielmehr die Art und die Znsammensetzung der örtlichen Affection, zumal da, bei den verschiedenen örtlichen Affec-tionen, üoeh der allgemeine Character derselbe sein kann.
Wir glauben daher eine viel treuere Darstellung der
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Krankheit zu gpbcn, wenn wir nach der Verschiedenheit der örtlichen Aficction die Krankheit besclireibcn, hierbei besonders ihre ^Einfachheit und Zusammensetzung berück­sichtigen und als Grundform der Kraukheit jene annehmen, die nachweislich die durchgreifendste ist.
sect;. 8.
Es ist das System der serösen Membranen, worin diese Krankheit vorzugsweise sich zu lokalisiren sucht, und nur unter besondern Umstäiideu, wird das Leiden dieser Häute durch das schärfere Hervortreten von Leiden ande­rer Organe oder Systemtheile bald mehr, bald weniger zu­rückgedrängt, doch höchst selten nur— raquo;venigster.s mir ist nie der Fall vorgekommen, — gänzlich verwischt. Dem Sitze entsprechend ist daher die Krankheit, auch in ihrer Allgemeinheit aufgefasst, rheumatischer IVatnr.
Da nun das seröse Memhransystrm ein in dem Kör­per weit verbreitetes ist, die serösen Häute besonders aber zur Auskleidung der Höhlen und als Umkleidung der in denselben gelagerten Organe dienen, so darf es nicht wun­dern, dass (bei dem gewöhnlichen Verhalten fieberhafter Krankheiten in einzelnen Systemtheilen oder Organen sich vorzugsweise zu vergegenwärtigen) die in Rede stehende Krankheit sich bald in diesem oder jenem Systemlheile oder Organe vorzugsweise localisirt, und bei ihr die ver­schiedensten Organe leiden können. Wir sehen jedoch, dass die Krankheit vorzugsweise dort sich zu localisiren sucht, wo die serösen Häute in besonders reichlichem Maasse angehäuft sind. Da hieher insbesondere die Brust­höhle gehört, so sind es auch eben die Organe derselben, die ganz gewöhnlich speeieller in den Kreis des Krankheits-processes gezogen werden. Es ist Dies erfahrungsmässig auch so constant beobachtet worden, dass man die Krank­heit hiernach allgemein benannt hat, als: epizootische Brusl-fellenizündting, Bruslseuche etc. Da nun aber in der Hinter-leibshöhle die serösen Häute gleichfalls weit verbreitet sind, so können Organe dieser Höhle ebensowohl an dem Krankheitsprocess besonderen Antheil nehmen. In der
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Thai ist Dies nun auch der Fall, und wir sehen das Bauch, feil, die Leber und die Gedärme (von ihrem pariionäalen Urborzugc aus) mit leiden. Es ist indessen die Leber, deren MitcrgrilTcnsein bei dieser Krankheit vorzugsweise beobachtet worden ist. Warum es gerade die Leber ist, darüber vergleiche den sect;. 109.
In vielen Epizootien war das Leberleiden ziemlich con­stant, doch selten oder nie war es die Leber allein, welche litt, sondern mit ihr noch andere Organe und von diesen fast regelmässig wieder die der Brust, so dass man zur nähern und bezeichnenderen Benennung des gesammten Krankheitszustandes den Namen : epizooüsche BrustfeU-Le-bereutziinJung, epizoolische Brusl/ell-Lungen-Leberentzündung etc. wohl gewählt hat; eine Benennung, durch welche die Krankheit in ihrer Allgemeinheit und mit Bücksicht auf ihren vorzngsweisen Sitz aufgefasst, noch am richtigsten bezeichnet wird. Ist es nun ferner Thatsachc, dass Leiden der serösen Häute auch auf entfernter gelegene, gleichar­tige Gebilde sich gern fortpflanzen oder darin reflectirt wer­den, so kann es um so weniger auffallen, wie bei Leiden der Pleura auch die serösen Häute der Hinterleibshöhle so leicht in Mitleidenschaft gezogen werden und umgekehrt. Endlich sehen wir auch, dass dieser organische Consens nicht blos zwischen ganz gleichartigen Gebilden obwalte, sondern sich auch auf nahe verwandte erstrecke, so na­mentlich zwischen den serösen, fibrösen und den Synovial-Hänten bestehe, wobei allerdings auch die ätiologischen Beziehungen dieser verschiedenen Leiden in Betracht kouimen. Daher wird denn auch bei der Influenza ein Mitleiden der fibrösen Gcbikie sowohl, als der Schleimhäute gar häufig gesehen. Diese Erörterungen, die wir vorläufig schon hier, zur bessern Verständigung der Krankheit, ge­hen zu müssen glaubten, bestätigen die mannigfachen Ab­weichungen in dem Krankhcitsbilde.
sect;• 9-So gross nun auch die Nuancirungen der Krankheit,
und so beträchtlich die Schwankungen zwischen den Haupt-
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Verschiedenheiten sind, und selbst nahmhaße Leiden einzel­ner Eingeweide im Verlauf der Krankheit hervortreten kön­nen : so lassen sich doch alle ganz füglich und einem prak­tisch therapeutischen Zwecke entsprechend, auf folgende 3 Hanptformen zuriickfülircn.
I. Die örtliche Afleclion ist auf die serösen Häute, ge­wöhnlich die der Brusthöhle beschränkt: die einfache, rheumatische (oder Grund-) Form.
Neben dem Leiden der serösen Häute, oft dasselbe in den Hintergrund drängend, besteht noch eine beson­dere Affection der Schleimhäute, gewöhnlich auf die der Respirations-Organc beschränkt, und zwar ent­weder für sich allein, oder auch gleichzeitig mit einem Leiden der Lymphdrüsen: die rheumatisch-calarrhalische (lymphatisc/ie) Form. 3. Neben der Affection der serösen Häute besteht noch ein namhafies Mitleiden einzelner Hinterlcibsorgane, am gewöhnlichsten der Leber: diegaslrisch-rheunuilische oder hUiös-rheumalische Form.
Zu bemerken ist jedoch, class diese 3 Formen nicht immer jede für sich so deutlich markirt erscheint, sondern eine Annäherung oder Verbindung der einen mit der an­dern Form nicht selten stattfindet.
sect;. 10. Zufälle der Krankheil. In welcher Form die Krankheit auch auftreten mag, in der Kegel gehen ihrem völligen Ausbruch Vorboten voran. Jüan kann wohl mit Recht sa­gen in der Regel, denn nur seilen pflegte die Krankheit momentan anzuheben. Doch kommen Fälle der Art vor, wenn die Krankheit entschieden mit dem entzündlichen Character auftritt und sehr robuste Thiere (namentlich Beschäler) befallt, oder zufällig dergleichen Pferde, bei de­nen die Krankheit in Anmarsch ist, nachtheilige Einflüsse treffen *). Diese Vorboten nun, die sich im Ganzen auf ein
*) Es hält ttberliaupt schwer bei Krankheiten der Thiere darüber abzuurlheilen, ob Vorboten roiangehen oder nicht. Denn da diese
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tiefes GesiUHseiii dos Gomcingefiilils Lczielien, ilaher die­ser Kranlihcii keinesweges eigcniliümlich sind, vielmehr auch andern, nachhallig iieberhaften Krankheiten zukom­men, bestehen im Allgemeinen in verminderter Munterkeit, Trägheit und Abgrsclilagenheit, denen sich gewöhnlich Husten, welcher bald mehr kurz und trocken, bald mehr rauh und gedehnt ist, hinzugescllt. Die Fresslust ist nicht mehr so rege, der Appetit pflegt mehr auf Rauh- als Kör­nerfutter gerichtet zu sein. Untersucht man solche Pferde genauer, so pflegt man einige Pulse und Athemzüge in der Minute mehr als gewöhnlich und meistens auch eine un-gleichmässig über den Körper verbreitete Temperatur schon jetzt wahrzunehmen. Ferner bemerkt man gewöhnlich, dass dergleichen Pferde einen gespannten, wackligen Gang haben, (wobei mitunter die Gelenke knacken) nnd im Ste­hen abwechselnd mit dem einen oder andern Hinterfusse ruhen (schildern). Ausser diesen genannten Symptomen hat man dem wirklichen Ausbruche der Krankheit auch wohl noch andere Zufälle, als rosenartige Anschwellung der Füsse und anderer Theile, Schwäche im Kreuze und daher schwankender Gang, so wie auch lähmungsartige Zufälle an andern Körpertheilen, Erscheinungen von Dumm-holler etc. vorangehen sehen, wodurch dann dieselbe mehr oder weniger larvirt auftritt. Die Krankheit als Seuche betrachtet, sah man ihrer allgemeinen Verbreitung zuweilen, als Vorläufer calarrhalischo und gastrische Erkrankungen einzelner Individuen vorangehen, so dass Erkrankungen ersterer Art die Influenza gewissermassen einleiteten.
sect;. 11.
1. Die einfache, rheumatische Form.
Die meisten der so eben genannten Vorboten gehen dem Ausbruche der Krankheit in dieser Form immer mehr
sich meistentheils doch nur auf tlas Geineingefühl beziehen, und die ersten Trübungen hier mehr subjective als objective sind, so gehl ihre Wahrnehmung bei Thieren (wegen Mangel an Sprache) für uns stets mehr oder weniger verloren.
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oder weniger tleullich verlier und meistens mehrere Tage, ja selbst Wochen lang; und nur wenn zufällige Erliältun-gen statthaben, oder eine stürmische Witterang, namentlich mit Windströmungon aus Nordost, eintritt, sind die Vor­boten von kürzerer Dauer.
Ein mehr oder weniger deutlicher, doch meistens nur kurz dauernder Frostsclianer mit nachfolgender Hitze, Kün­digt den Fiebereintritt und somit den völligen Ausbruch der Krankheit, in der Form eines rheumatischen Fiebers, an. Die Thiere verhalten sich sehr ruhig, vermeiden jede Bewegung, werden sie dazu veranlasst, so ist ihr Gang mehr und minder gespannt, steif; die Gelenke scheinen weniger biegsam, knacken ; beim ruhigen Stehen schildern die Kranken abwechselnd mit den Hintcrfüsscn, eine Er­scheinung, die man characteristisch nennen könnte. So constant ist sie. Da bei diesen Kranken das seröse Mem­branen-System der locus afl'cctus ist und die serösen Haute namentlich in der Brusthöhle reichlich angehäuft sind, so sehen Mir denn auch hier vorzugsweise Erscheinungen der BrustafTection neben dem des Fiebers hervortreten.
sect;. 12.
Was nun zunächst das leztere betrifft, so trägt das­selbe, wie so eben bemerkt, ganz das Gepräge eines rheti-malischcn Fiebers, bald mit dem Charakter einer gelinden, seltener gleich einer heftigen Synocha, bald mit dem der Schwäche; in beiden Fällen aber mit mehr oder minder hervortretendem Erethismus. Ueberhaupt verdient bemerkt zu werden, dass das den ferneren Verlauf der Krankheit begleitende Fieber alle Verschiedenheiten des Characters annehmen kann. Demnach .zeigen auch Puls und Herz­schlag einige Verschiedenheiten, so dass im ersteren Falle der leztere nur undeutlich oder gar nicht hervortritt, im leztcren Falle aber derselbe m. o. m. deutlich gefühlt wird, und der Puls, wenngleich iu der Regel krampfhaft und klein, im ersten Falle doch mehr gespannt, im lezteren dagegen mehr weich erscheint. Die Maul- und Nasenschleim-haut ist höher geröthet und weniger feucht; die Wärme
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im Maule vermehrt, so wie die Tcmpcrahir des Körpers überhaupt gostoigert. Doch wird nicht selten gleich zu Anfange ein häufiger Wechsel in der Körperwärme oder ungleiche Vertheilung di'rselbeii bcobachlet, wenn die Krankheit mit einiger Bedrnkiichlieit auftriU und eine Hinneigung zum nervösen VJiarakler verrath. Im lezten Falle kann sich sogar der Körper kühl anfiihien; insbeson­dere aber zeigen die E.xtrcmiläten eine (eisige) Kälte. Die Excrctionen sind verändert: die ]gt;listentleerung mei­stens verzögert, der Mist klein geballt, dunkel gefärbt und mehr trocken oder auch weich. Der Urin ist wasserhell oder gelblich gßGSrbi, doch nur seilen, ausser wenn Local-cntziiiidungen hinzutrelcn, besitzt derselbe eine saturirt gelbe Farbe; häufig findet ein Reiz zum Uriniren statt.
sect;. 13. Die SJffecüon der Bruslhüttle wird nun insbesondere durch ein vermehrtes Athemliolen, (so dass statt der Nor-malmittelzahl von 10 Athemzügcn , 20, 30, 40—60 in der Minute wahrgenommen werden,quot; ohne dass aber das Ath-inen selbst gerade erschwert erschein!), durch die gespannte Sfellung und steife Haltung der Kranken und die Empfind­lichkeit gegen angebrachten Druck an die Brustwandungeu erkannt. War der Husten schon früher vorhanden, so wird derselbe jezt häufiger, seiner Beschaflcnheit nach kurz und trocken, gehört, oder er tritt jezt ein; jedoch ist der Hu­sten keineswegs ein constantes Symptom. Die Kranken pflegen während der Dauer der Krankheit sich entweder gar nicht zu legen, oder wenn dies geschieht, so ist es doch nur auf sehr kurze Zeit.
sect;• 14-In dieser so eben beschriebenen, einfachen und gelin­den Form geht die Krankheit, fast ohne Anwendung phar-maceutischer Mittel, durch ein zweckmässiges diätisches Verhalten, meistens nach 7—9 fägiger Dauer in fienesung über; indem sie sich durch kritischen Urin, seltener durch Schweiss entscheidet. Wo aber die Krankheit mit grösse-rer Heftigkeit auftrat, das Fieber eine bedeutende Höhe
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erreichte, Vernachlässigung de. der Kranken siaUfamd, da steigert sich das örtlicbe Leiden ganz gewöhnlich, wird zur förmlichen Bruslentsündung, der Krankheitszustand erscheint dann complicirter und bedenklicher (cf. sect;. 21).
sect;• 15-
Wie bemerkt, erhält sich die Influenza nicht immer so rein in ihrer einfachen rheumatischen Form, sondern erlei­det mancherlei Beimischung, wovon wir der obigen Ein-theilung zufolge, zunächst der Verbindung mit Katarrh ge­denken, die wir
2) als die calarrhalische Form bezeichnet haben. Im Allgemeinen sehen wir auch hier dieselben Erscheinungen, wie die in den vorhergehenden sect;sect;. beschriobenen, eintreten, nur dasssie sich mit solchen, welche ein Leiden der Schleim­häute (der Respirationswerkzeuge) anzeigen, vergesellschaf­ten, und wo diese mehr oder weniger die prädomini-rendsten sind.
Von diesem Schleimhautleiden dürfte zur besseren Verständigung schon hier die Bemerkung zu machen sein, dass dasselbe bald und gewöhnlicher gleich Anfangs vor­handenist, gewissennassen den Anfang der Krankheit macht, in andern Fällen aber tritt es erst später hinzu.
Das Mitleiden der Schleimhäute giebt sich durch die mehr oder wenigere Auflockerung der IVasenschlcimhaut und der Conjunctiva des Auges, liefere Röthe derselben; durch einen Anfangs wässrig-schleimigen, später consisten-teren, nicht selten klümperigen und gelb gefärbten, jedoch nie sehr beträchtlichen Ausfluss ans der IVase; durch häu­figen , gedehnten, rauhen Husten zu erkennen. Das Ath-men ist etwas beengt, wird leicht hörbar, wohl selbst (durch den in der Luftröbre angesammelten Schleim) rö­chelnd. Bei jungen Thieren, (und diese sind es eben, wo eine catarrhalische Beimischung am gewöhnlicLslen vor­kommt) schwellen auch gern die Kehlgangsdriisen an, so dass der Kehlgang mehr oder weniger belegt gefunden wird. Das Fieber, (dessen Eintritt gewöhnlich durch auf. fallenden und anhaltenden Frostschauder, der nicht seifen
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in den folgeiifleii Tagen pcrioilisch wiederkehrt, mit deui' lichem Aufsträuben des Ilaares, verbunden ist) pflegt schon von vorn herein eine Hinneigung zum asthenischen Cha­rakter zu zeigen, daher der Puls, weun auch voll, doch wenig gespannt, und mehr weich erscheint; der Herzschlag mehr oder weniger fühlbar ist. Der Anfangs mitunter vorkommende entzündliche Anstrich des Fiebers pflegt sich meistens bald zu verlieren, doch sehen wir dasselbe auch, bei robusten Konsiitutionen und bei trockener kalter Wit­terung, mit dem stelinischen Charakter so ganz selten nicht auftreten. In diesem Falle pflegt dann aber ganz gewöhn­lich das Schleimhautleiden bis zur wirklichen Entzündung sich zu steigern, (catarrhalische) Brünne und Bronchitis ge­langen leicht zur Ausbildung und rufen nun noch eine Reihe anderer Erscheinungen in dem Krankheitsbilde her­vor. Indessen verdient doch bemerkt zu werden, dass auch selbst in solchen Fällen der Charakter des Fiebers sich nicht lange als slhenisch erhält, vielmehr bald eine Um­wandlung in den aslhenischen zu erleiden pflegt, und dann gern, bei schweren Leiden in den typhösen übergeht.
Bemerkt zu werden verdient noch, dass in der ersten Hälfte der Krankheit, bis jVasenausfluss eintritt, mehr oder weniger Eingenümmciiheit des Kopfes zu bestehen pflegt, die bei der snb 1 beschriebenen Form in der Regel nicht beobachtet wird. Die Abweichungen in den Digestionsver-richtungen sind denen der rheumatischen Form im Ganzen gleich, doch ist ein schleimiger Ueberzug des Mistes eine ziemlich gewöhnliche Erscheinung.
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Die Krankheit verläuft in dieser Form etwas zögern­der als in laquo;rstbescliricbener, nur selten entscheidet sich dieselbe vor dem 10 bis 14. Tage, doch ist der Ausgang auch hier gewöhnlich Genesung, wenn nicht örtliche Ent­zündungen oder Erscheinungen eines lieferen lymphati­schen Leidens liinzutreten und mit ihnen eine gefährliche Krankheit überhaupt zur Ausbildung gelangte.
Die Erscheinungen, unter welchen die Genesung erfolgt,
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sind neben dem Naclilasscn der allgemeinen KrankheHszeigt; chen, ein trüber sedimeutösev Urin, Schleimfluss aus der Nase, begleitet von einem lockeren Husten.
sect;• 17.
3. Häufiger noeb, als die Schleimhäute sehen wir die Hinierlethsorgane milieiden, und zwar, wie bereits bemerkt, am gewöhnlichsten die Leber mit in den Krankheifsprocess gezogen werden, und die Influenza dann in der von uns unterschiedenen dritten, der gasirisch-rheumatischen oder biliös#9632;rheumatischen Form auftreten.
Wir glauben auch hier wieder, wie bei der vorigen Form, darauf anTmerksam machen zu müssen, dass das ga­strische Leiden bald gleich von vorn herein mit vorhanden ist, bald aber — und Das wohl am häufigsten — erst spa-ter hinzutritt. Dass das Leztere häufig Statt finde, kann nicht aufTallen, da schon an und für sich (iberhafte Allge­meinleiden von einiger Dauer, auch Störungen in der Ver­richtung der Verdauungswerkzeuge nach sich ziehen, na­mentlich aber auch gern Störungen in der Gallcnsecretion veranlassen, zumal wenn die Bescbairenhcit des Bluts, wie
es eben in dieser Krankheit der Fall ist — conf. sect;. 19.__
solche noch begünstigt. Dann aber liegt es, wie oben (sect;.8.) angedeutet, schon in der Natur der Krankheit, die Hin­terleibsorgane in Mitleidenschaft zu ziehen, da auch sie mit serösen Umklcidungcn versehen sind. Wir können in vie­len Fällen sogar durch die Section nachweisen, dass nam­hafte entzündliche Leiden der Hinterleibsorgane von den serösen llmkleidungeii ausgehen.
Wo bei der Krankheit gleich von Anfang an ein ga­strisches Leiden, namentlich .der Leber, prävalirt, da sehen wir häufig schon unter den obengenannten Vorboten eine gelbliche Färbung der Schleimhäute, die am stärksten an der Conjunctiva des Auges hervortritt, m. o. in. belegte Zunge, Störungen in der Verdauung etc. dem eigentlichen Ausbruche der Krankheit längere oder kürzere Zeit vor­ausgehen. Erscheinungen, welche während der Dauer der Krankheit bleibend sind und dem Grade nach noch zuneh-
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inen. Der Eintritt der Krankheit selbst kündigt sich nicht selten durch gelinde Kolikschinerzen an, wobei sich die Iirankcn jedoch nicht so unruhig benehmen (sich nur nach dem Leibe umsehen, mit dem Schweife wedeln, sich nie­derlegen und incistens längere Zeit liegen bleiben), als Dies bei einer eigentlichen Kolik der Fall ist. Doch fehlt es auch nicht an Beispielen, wo wirklich Koliken zu Staude kamen, nach deren ITeberstehung die Influenza dann in ihrer vollen Blüte dastand; ja es sind mir und Andern Fälle vorgekommen, wo von vorn herein eine Darnientzüu-dung zur Ausbildung gelangte und die Thierc tödteie (cf. sect;. 27). Im Ganzen und am gewöhnlichsten sehen wir aber, dass Erscheinungen einer BrustafTection sehr bald hinzutre­ten, so dass die snb 1) beschriebenen Symptome sich mit denen eines entzündlichen Leberlcidens vereinen. War jene zunächst und gleich deutlich ausgeprägt vorhanden, so gesellen sich (meistens nachdem sich eine Brustentzün­dung ausgebildet hatte) die Erscheinungen des Leberlei­dens in den ersten Tagen hinzu. Auf welche Weise nun aber auch das Leberleiden zur Entwiekelung gelangt, so pflegt bei dieser Form der Influenza die Eingcnonimcnheit des Kopfs gross zu sein: die Thiere stehen abgestumpft, stützen den Kopf wohl auf den Barren, die Augenliedcr erscheinen wie gedunsen, die Augen sind halb geschlossen, gläsern; in hohen Graden treten selbst Erscheinungen nie-dern Grades des Dummkolters ein, wo denn die Kranken auch eine unregehnässige Stellung, meistens eine schräge, mit mehr unter den Leib gestellten Ilintcrfüsscn, annehmen; in andern Fällen ist die Stellung der Ilinterfüssc mehr kuh-hessig; doch fehlt auch hier das Schildern der ilinterltisse, insbesondere mit dem rechten Uinterfusse nicht. Gegen den Druck in der Lebergegend zeigen sich die Thiere, (wenn die Abstumprung nicht zu gross ist) empfindlich. Das Athinen, das auch hier beschleunigt, jedoch nicht so frequent, als bei einfacher BrustafTection ist, geschieht in der Art, dass die Inspiration lang (und tief), die Exspira-tiou kurz ist. Der gewöhnlich vorhandene Hasten ist kurz.
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abgebrochen (wegen der Berührung zwischen Zwerchfell und Leber) schmerzhaft und wird zu unterdrücken gesucht. Der Puls, der auch hier, zwar je nach dem Charakter des Fiebers verschieden sich zeigt, ist dadurch ausgezeichnet, dass er mei­stens in Bezug auf die Aufeinanderfolge und Beschaßcn-heit eine grössere oder geringere Ungleichheit und Unre-gelmassigkeit zeigt, nicht selten sogar selbst aussetzend ist. Die Fresslust ist geringe oder ganz aufgehoben; die Störungen in der Mistexcretion sind hier auffallender; der Mist ist klein geballt, trocken, dunkel gefärbt und glän­zend, oder auch grösspr und locker geballt, unverdaute Futterstoffe enthaltend. Der Urin gelblich, safranfarbig.
sect;• 18. So lange auch hier in den örtlich ergrifienen Organen keine namhafte Enizuiulungcn zur Ausbildung gelangen, pflegt die Influenza in dieser Form, wo das seröse Haut-leiden eine gastrisch-biliöse Beimischung erlitten hat, wei­ter nicht gefährlich zu werden, obgleich der ganze Krank-heitszustand bedenklicher erscheint, als bei den andern beiden angenommenen Hauptformen, worüber weiter unten das Nähere. Es erfolgen mit dem 7. bis 9. Tage kritische Erscheinungen durch die Nieren, den Darmkanal, durch rosenartige Schlauchanschwcllnngen etc., und Genesung tritt ein.
sect; 19. Eine auffallende Abweichung von dem Normal zeigt das Blut in jedem Falle. Es ist von einer bald mehr, bald weniger auffallend zähen Besehaffeuheit und es bildet sich, in Geissen aufgefangen, beim Erkalten desselben eine be­trächtliche Lage plastischer Lymphe (Speckhaut) über dem Bliitkuchen (cruor). Dieselbe zeigt mehr eine strohgelbe, gelbgraue, und nur, wo ein Leberleiden deutlich hervortritt, mehr orangegelbe Farbe, ist meistens von geringer Elasli-cität, mehr schleimiger (snlziger) Beschaffenheit und haftet nicht so innig mit dem Blutkuchen zusammen, wie Dies bei reinen Entzündungskrankheitcn der Fall ist. Nicht selten, namentlich bei deutlichem Leberleiden, lagert sich
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unter der Speckhaui eine dünne Schicht einer schmierigen, gelb-grauen, schmutzig-bräunlichen Masse ab. Serum wird nur wenig und sehr langsam ausgeschieden. Je deutlicher der asthenisehe Character der Krankheit ausgesprochen ist, desto dicker ist die Speckhaui, welche sich auf dem Blute ablagert (sie macht nicht selten den dritten Theil der ganzen Blutmassc aus) und von desto lockerer Beschaffen­heit ist sie und ihre Verbindung mit dem CVuor, so dass sie von diesem leicht gelrennt werden kann, Bei sthenischem Charakter ist die Speckhaut von geringerer Dicke und noch in­niger mit dem Blutkuchen verbunden.
sect;. 20. Complicaiionen.
Wenn wir in dem Vorhergehenden die Influenea in ihrer einfachsten und am wenigsten zusammengesetzten Gestalt beschrieben haben, wie sie ohne vorherrschendelaquo; Localleiden unter der Form eines rheumatischen, rheumatisch-catarrhalischen oder rheumatisch - gastrischen Fiebers auftritt, so behauptet sie sich, wie dies bereits oben bemerkt wor­den , doch keinesweges immer so gutartig, vielmehr wird sie, durch die in ihrem Verlaufe sich leicht und gern ent­wickelnden Entzündungen einzelner Organe, durch Umbil­dung des Fieber-Charakters in den nervösen, typhösen etc., oft genug zu einer sehr compllcirtcn und gefährlichen Krankkeit, und ruft dem entsprechend noch die verschieden­sten Krankheitserscheinungen hervor, die dann m. o. m. ein abweichendes Bild von dem eben beschriebenen bedingen.
Eine möglichst vollständige Betrachtung der Influenza in ihren verschiedenen Modificaiionen wird daher zu ihrer vollständigen Beschreibung und Erkennung hier zunächst
noch Aufgabe sein.
II
sect;. 21. Am allergewöhnlichsten sehen wir nun wie dies (sect;. 14.) schon erwähnt worden, dass die ursprünglich entzündliche Reizung der serösen Häute bis zur wirklichen Entzündung sich steigert. Bei der sub I. sect;. 11 seq. betrachteten Form sind daher vorzugsweise Pleuritis und Peri-pneumome, bei der
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sub 2 beschriebenen Form sind es Laryngitis und Bronchi­tis, bei der sub 3. beschriebenen Form, Leber-, Bauchfell- und Darmentxüjulung etc., die im weitern Verlaufe der Krankheit hervor- und hinzuireien. Es entwickeln sich somit nun auch jene pathischen Erscheinungen, die diese Krankheits-zustände characterisiren, und die wir zunächst erörtern wol­len, bevor wir zu jenen Complicationcn übergehen, die sel­tener vorkommen.
sect;. 22.
a) Bei der Ausbildung von Brustfellentzündung nimmt das Athmen an Frequenz zu, nicht selten steigert es sieb, ohne besonders beengt zu erscheinen, bis auf 70—80 Züge in der Minute, ja es kommen Fälle vor, wo die Zahl der Athemzüge die des Pulses, der gleichfalls sehr frequent (80 — 90 und darüber in der Minute) klein und krampf­haft erscheint, erreicht; es wird mit lebhafter Agitation der Nasenflügel, der Flanken und Bauchmuskeln ausgeführt, während die Kippen mehr festgestellt sind, und dadurch längs der falschen Rippen eine Rinne sichtbar wird; der vorhandene Husten ist hellklingend,1, kurz und schmerzhaft, in heftigen Graden wird er zu unterdrücken gesucht. Beim Druck an die Rippen äussern die Kranken sichtbare Schmerzen, indem sie stöhnen und dem Drucke auszuwei­chen suchen. Der Schmerz, welchen die Thicre empfinden, veranlasst sie, sich nach der Seite umzusehen. Die Ilin-terfüsse, womit abwechselnd geschildert wird, sind mehr unter den Leib geschoben. Ist der Herzbeutel auch gleich­zeitig mitergriflen, so wird Dies durch grösscre Angst und Unruhe, kleinen, unregelmässigen Puls, ungleichen Herz schlag m. o. in. deutlich angezeigt.
Bei der Auscultation an der Luftröhre und den Brust­wandungen vernimmt man das respiratorischc Geräusch deut­licher, als bei gesunden Thieren (haben sich aber schon Aus­gänge gebildet, so kann das respiratorischc Geräusch von den Brustwandungen aus auch undeutlich erscheinen). Die Fresslust ist fast ganz aufgehoben, die Sauflust meisten-theils vermehrt. Mist- und Harnentleerung erfolgen unter
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Beschwerde, weil durch die hierbei thätigen Banchmuskeln die Respiralion noch mehr erschwert wird.
sect;. 23.
b)nbsp; nbsp; nbsp;Hai die Enfzündung auch den Thcil der Plcara ergriffen, welcher als Ueberzug der Lungen dient, so pflanzt sich die Eiitziindnng sehr leicht auf das Parcnchym der Lunge fort und eine l'leuro-pneumomlis gelangt zur Ausbil dung. In diesem Falle erscheint das Athmcn nicht allein frequent (40—50 Züge in der Minute), sondern es ist auch beengt, die Respirationsbeschwerden sind viel beträchtli­cher, als wenn die Pleura und insbesondere wenn die Pleura coslalis allein leidet. Dies findet seine Erklärung leicht darin, dass der bis dahin freie EintriU der Luft in die Lungen nunmehr behindert ist. Daher sieht man denn auch in diesem Falle bei der Athemangst, der grossen Schmerzen ungeachtet, die Rippen beim Athemholen sich wieder bewegen; die ausgealhmete Luft nimmt einen hö­heren Wärmegrad an; der Ilusfcn ist für die Kranken sehr peinigend, wird daher nach Möglichkeit zu unterdrücken gesucht, so dass oft, wenn die Kranken sich zum Husten anstellen, statt desselben nur ein Stöhnen und Aechzen ge­hört wird. Die Thicre stehen mehr mit gesenktem Kopfe und auseinander gestellten Vorderfüssen und legen sich nicht mehr; das respiratorische Geräusch wird, statt zi­schend zu sein, knisternd; die Kranken verrathen viel Schmerzen, Angst und Unruhe — Zufalle, die besonders im Auge reflectiri werden. Futter versagen die Thiere jezt mehr oder minder gänzlich, dagegen ist das Verlangen nach Getränk sehr rege, so dass sie nach dem ihnen dargereichten sehr gierig langen, allein nur in hurzen Absätzen saufen.
sect;• 24.
c)nbsp; nbsp; Wie von der Peripherie der Lungen aus, wie in dem so eben beschriebenen Falle, eine Pneumonie zur Aus­bildung gelangen kann, eben so sehen wir Dies auch bei der catarrhalischen Form vorkommen, wenn nämlich das Schleimhautleiden sich besonders in den Bronchien niaui-festirt und zur wirklichen Entzündung wird. In diesem
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Falle ireicn zu den sub 2. (sect;. 15.) brschrlcltcncn Erschciium-gen zunächst die einer Bronchitis hinzu. Das Fieber wird be-deuiender, das Athmeu noch mehr aUcriri; wogen der durch die Entzündung aufgelockerten Schleimhaut beengt, sebnau-fend, röchelnd und mehr tief. Die Nascnlücher werden weit aufgerissen; die Rippen sind nicht festgesteilf, sondern werden beim Einathmen deutlich gehoben; die Frequenz des Athmens erreicht nicht die Höhe, wie bei der Pleuri­tis (weil hier die Berührung der Lungen mit den Rippen, was durch mehr tiefe und vollständige Athemzüge geschehen würde, wegen Schmerz vermieden wird.) Die Zahl der Athemzüge übersteigt nicht leicht 40 — 50 in der Minute. Der Husten ist häufig und besteht in einem mehrmaligen Aufhusten, ist nicht mehr so gedehnt, und seine frühere Rauhigkeit ist mehr zur Heiserkeit geworden. Der frühere schleimige Ausfluss aus der iVase pflegt nun zu verschwin­den , und statt dessen eine mehr oder weniger saturirt gelbe, wässrige Flüssigkeit aus der Nase abzutröpfeln, (später und bei günstigem Ausgange wird sie schleimig, klümperig) die mitunter wohl selbst, bei sehr heftiger Entzündung und deren Ucbergang auf das Parencbym der Lunge, eine blutige Beschaflcnheit annimmt. Erfolgt eine Fortpflanzung der Entzündung auf das l'aroiichyin der Lunge, so gelangt auch hier eine Pneumonie zur Ausbil­dung , die sich von der sub b) beschriebenen insofern unterscheidet, als das Athmen hier noch viel mehr beengt und erschwert erscheint, die Bewegung der Flanken beim Athemholen nur unmerklich ist, dagegen die Hebung der Rippen bei jedem Athemzüge auf das äusserste steigt, um den Brustkasten nach Möglichkeit zu erweitern; der Hu­sten bleibt zwar, doch suchen ihn die Kranken möglichst zu unterdrücken, so dass er abgebrochen, kurz und dumpf erscheint j nicht selten sieht man auch hier, dass die Thiere zum Husten sich anstellen, aber nur stöhnen. Das respiratorische Geräusch hört sich von der Luftröhre aus noch deutlich, hat aber eine Beschaffenheit angenom­men, die mau provinciel mitgiemend bezeichnet, allgemein,
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jedoch nicht ganz genau, bezeichnet kann man es pfeifend, und wenn Schleim in den Bronchien sich findet, schlot­ternd (von dem in den Bronchien enthaltenen und beim Ein- und Ansdringen der Luft mit bewegtem Schleim herrührend) nennen. Von den Rippemrandungen aus ge­horcht, hat sich das respiratorische Geräusch dem Gehör mehr entzogen. Die Eingcnoinmcnheit des Kopfes pflegt gross zu sein, die Kranken stehen mit gesenktem Kopfe (um jede Anspannung der Luftröhre zu vermeiden) mehr oder minder stumpfsinnig. Die Arterienbewegungen sind zwar nach dem Charakter des begleitenden Fiebers ver­schieden; im Ganzen aber erscheint doch der Puls mehr oder minder gespannt. Die sichtbaren Schleimhäute sind stark (venös) geröthet, und die Maulschleimhaut pflegt längs ihrer Begrenzung an den Zähnen durch einen rothen Strei­fen abzustechen.
sect;. 25. d) Gelangt Bräune zur Ausbildung, so pflegt solche zwar im Allgemeinen die Form der catarrhalischen Bräune zu behaupten, doch sehen wir sie auch mit mehr rein entzündlichen Erscheinungen, ja in sehr bösartigen Fällen sogar (wenn in dem Fieber der faulige Charakter deutlich ausgesprochen liegt) selbst in der Form der brandigen Bräune auftreten, so wie in Fällen, wo im ganzen Krankheitsbilde eine anlhraxartige Natur sich ausspricht die Bräune selbst carbuneulöser Art sein kann. — Die Veränderungen, welche das Krankheitsbild durch den Hinzutritt der Bräune erleidet, werden somit, nach der Art der Bräune, einige Verschiedenheiten zeigen, im Allgemeinen aber kommen sie dahin überein, dass Schlingbeschwerden eintreten, aufge­nommenes Futter und Getränk theilweisc durch die Nase wieder zurückfliessen; das Athmen bei weitgeöffneten und mehr festgestellten Küstern, schnaufend, pfeifend, schnar­chend wird, die Kranken mit vorgestrecktem Kopfe stehen (um dem örtlich leidenden Theilc mehr Raum zu ver­schallen) und Schmerz beim Druck in der Kehlkopfgegend äussern. Dabei vorratheu die Thiere, nach dem Grade
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des örtlichen Leidens, mehr oder weniger Angst, die Angen erscheinen hervorgedrängt, der Blick ist stier, die Pupillen erweitert; in sehr hohem Grade schwellen die Adern am Kopfe und Halse auf; die Schleimhaut der Nase ist intensiv roth', nicht selten von marmorirten, bei höhcrem Grade der brandigen Bräune selbst von geschwii-rigem Ansehen. Aus den Nasenlöcliern tröpfelt eine gelb-bräunliche Flüssigkeit; im weitern Verlaufe der Krankheit stellt sich gewöhnlich förmlicher Ansfluss aus der Nase von verschiedener BcschaiTenheit, je nach dem Ausgange, welchen die Krankheit nimmt, ein; er wird schleimig-klum-perig bei günstigem Ausgange; bei der brandigen Bräune missfarbig, übelriechend, von scharfer, ätzender Beschaflen-heit, so dass er die Theile (Lippen) welche er berührt, corrodirt, Stückchen abgclöseien Epitheliums, selbst der Schleimhaut mit sich führend. Gewöhnlich ist auch Geschwulst nach aussen hin, vorhanden; sie nimmt zunächst die Kehle ein', wird nicht selten aber auch so bedeutend, dass sie den ganzen Kehlgang ausfüllt, ja, (wenn ein typhöses Allgemeinleiden vorhanden ist und die Bräune als brandige besteht, erstreckt sie sich auch auf andere Partien des Kopfes; die Lippen, Augenlicder etc., wodurch dann dem Kopfe ein ganz unförmliches Ansehen verliehen wird (spanische Kopfkrankheit nach Pilger?). Es kann ferner Abscesslaquo; und Geschwürbildung in und auf der Geschwulst zu Stande kommen. Je stärker die Geschwulst nach aussen hin ist, desto geringer pflegt die Entzündung der innern Theile zu sein. Den verschiedenen Gradationen der Bräune ent­sprechend, treten nun auch noch verschiedene Nebenzu­fälle, als Erstickungsfälle etc. ein, deren nähere Anführung
hier unwesentlich sein dürfte.
sect; 26.
e) Leberentziindung ist eine der gewöhnlichen Com-plicationen unserer Krankheit; in einzelnen Epizootien wurde sie fast constant beobachtet. Aus den in sect;. 109. u. a. O. angeführten Gründen, kann es auch nicht auffallen, dass die Leber, wenn auch nicht immer in ihrem organi-
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sehen Gcfiige, laquo;loeli von ihrer funciioncllen Seite her, so leicht in Mitleidenschaft gezogen werde. Daher kann denn neben dem, dass schon Lungenentzündung etc. vorhanden ist, aucli gleichzeitig noch Lebercntzüiidung hinzutreten. In solchen Fällen erscheinen die Thiere um so kränker und das Krankheitsbild schlicsst die Symptome dieser beiden Iirankhcilen gemeinschaftieb in sich ein.
Bei den Vorhandensein einer Lcbcrentzündiing treten die sub 3. (sect;. 17.) beschriebenen, auf das Leberleiden bezo­genen Symptome zwar schärfer hervor, doch gilt auch hier, wie bei jeder andern sporadisch vorkommenden Leber­entzündung der Satz, dass dieselbe nicht so unzweideutig erkannt werden kann, wie Dies mit Entzündung solcher Organe, die mit der Aussenwelt in unmittelbaren Verkehr treten, der Fall ist. Aus dem Grade des Fiebers und dem Allgemeinerkranklsein überhaupt, und insbesondere aus dem Grade des Gcstörlscins der Function der Leber wird auf die Entzündung dieses Organs geschlossen werden müssen. Mit der ausgebildeten Lebcrentziindung pflegen sich die Kranken ruhiger zu verhalten, doch zeigt ein zeitweises Knirschen mit den Zähnen auf die empfindenden Schmer­zen hin. Die Abshimpfung und Stumpfsinnigkeit wird aber grosser, die Gelbfärbung der Schleimhäute, insbesondere die der Conjunctiva bekommt einen Stich in's Bräunliche, die Zunge hat einen bräunlichen, klebrigen Belag, erscheint im börhsten Grade selbst russig. Die kurzen Exspirationen werden noch auffallender, wie die Störungen in der Ver­dauung und der Mistexcretion beträchtlicher, der Mist ist hlass gefärbt. Der Hinterleib pflegt meistens etwas ange-dostet zu sein.
sect;. 27.
f) Der Hinzutritt von Darmenlzündung (und BauchfeU-enlziindung) ist zwar seltener beobachtet, in vielen Seu­chenfällen fehlten Beispiele der Art gänzlich, in andern wurden sie einzeln, in uoeb andern häufiger gesehen; wo sie jedoch beobachtet wurden, pflegten sie am gewöhn­lichsten gleich in den ersten Tagen des sichtbaren Erkran-
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kens anf die im sect;. 17. angeführte Weise zur Ausbildung zu gelangen und als eine der gerährlichstuit Complikationcn meistens zum Tode zu führen. Die Erkennung der Darm­entzündung ist durch die heftigen und anhaltenden Kolik-schmerzen, den kleinen, harten, vibrirenden Puls, Spannung des Bauchs, Schweissausbruch, hartnäckige Verstopfung, seltener gleich zu Anfange Durchfall etc. gegeben. Am gewöhnlichsten hat man die Därme von ihrem pcritonäalen Ueberzuge aus leidend gefunden, in andern Fällen wieder mehr von der Schleimhaut aus, (wenn die Kranbhcit gleich­zeitig mit einer entzündlichen, catarrhalischen Aflcction des Darmkanals auftrat). Im ersten Falle, wo auch das Bauchfell in andern Partien oft namhaft mitleidend gefun­den wurde, waren es vorzugsweize die dünnen, im letzten mehr die dicken Därme, worin die Entzündung Sitz ge­griffen hatte.
Mitunter hat man auch Bauchfellenlziinäung (Perito­nitis) beobachtet, ohne dass die Därme dabei besonders beiheiligt waren. In diesem Falle sind die Kolikzufälle nicht so beträchtlich; die Thiere legen sich nicht nieder, vermeiden vielmehr jede Bewegung, trippeln mit den unter den Leib gestellten Hinterfüssen, sehen sich häufig und anhaltend nach dem Bauche um, der Bauch ist ge spannt, aufgetrieben, beim Druck an denselben äussern die Thiere Schmerzen, stöhnen; es ist hartnäckige Verstopfung vorhanden; der Puls ist sehr frequent, klein und hart, das Athmen geschieht mit starker Erhebung der Brustwandung und möglichster Schonung der Bauchmuskeln.
Inwiefern die hier und da in seuchenartiger Verbrei­tung beobachtete Bauchfellentzündung als eine Espece uns rcr Krankheit zu betrachten sei, mnss ferneren berichti­genden Beobachtungen noch vorbehalten bleiben. Bemerkt zu werden verdient hier übrigens, dass die im späteren Verlaufe der Krankheit hinzugetretene Darmenlt;zündnng sich in vielen Fällen als eine Folge unzweckmässig und übermäasig in Gebrauch gezogener Abführmittel (insbe­sondere des Calomels) herausgestellt haben und somit ein
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Theil der beobachieien Darmeniziindung auf Rechnung der Krankheit geschoben sein mag, während sie Unrorsichtig-keit nur herbeifuhrie.
sect;• 28.
g) Eine, namenOich in den letzt geherrschien Epi-zootien mehr als früher beobachtete Complication, ist die mit Nierenentxündung. Das Vorhandensein derselben lässt sich aus dem Reize zum Vriniren, Drängen auf den Urin, wobei doch nur wenig oder gar kein Urin, mitunter von blutiger Beschaffenheit, entleert wird, dem gestreckten Stehen bei mehr festgestelltem, unbeweglichen Hintertheil, in welchem sich meistens auch bald eine grossc (lähmungs­artige) Schwäche einstellt, wohl selbst gelähmt wird, dem Schmerzausdruck der Kranken bei angebrachtem Druck in der Nierengegend etc. schliessen und die Diagnose nicht leicht verfehlen. Die Nierenentzündung pflegt ge­wöhnlich erst im ferneren Verlauf der Krankheit einzu­treten und darf hierüber ebenfalls nicht unbemerkt bleiben, dass sie durch Missbrauch harntreibender Mittel, zumal in der Periode, wo sich Krisen durch die Nieren zu bilden beginnen, ähnlich wie Darmentzündung durch Miss­brauch von Abführmittel, erst herbeigeführt werden kann. In manchen Fällen sah man aber auch gleich Anfangs Er­scheinungen eines Nierenleidens eintreten, in welchem Falle dann die Häute der Nieren wohl nur vorzugsweise und primair litten.
sect;• 29.
Weniger häufig als die vorbeschriebenen Entzündungen kommen im Gefolge der Influenza noch vor:
h) Augenenlzündung. Diese befallt bald beide Augen gewöhnlicher aber nur ein Auge. Wenn gleich auch die äusseren Augentheile mehr oder minder mit ergriffen sind, die Augenlieder anschwellen u. s. w., so greift doch die Entzündung vorzugsweise in dem Augapfel selbst Sitz. Die Cornea erscheint verdunkelt, die wässrige Feuchtigkeit getrübt, ganz ähnlich wie bei der periodischen Jhtgeneni-raquo;ündung, ja bei höheren Graden bekommt die wässrige
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Feuchtigkeit selbst ein blutiges Ansehen, in Folge ausge­tretenen Blutes', die Angen thränen stark, so dass die Thränen fortwährend über die Backen fortrollen. Ganz gewöhnlich hat man'nun beobachtet, dass Angenentzün-dungen erst im ferneren Verlaufe und meistens sogar erst gegen das Ende der Krankheit eintreten und dann ihren Verlauf in der Beconvalescenz-Pcriode beendeten, wie in andern Fällen denn auch Angenentzündungen späterhin noch, als Nachkrankheiien auftretend, beobachtet worden sind.
sect;. 30.
i) Gelenkentzündungen sind ebenfalls nicht ganz selten beobachtet worden; bezüglich der Zeit ihres Eintritts pfle­gen sie sich ganz so, wie die Augenenizündung zu ver­halten; am liebsten befallen sie das Sprung- und Hinter-knicgelenk; sind höchst schmerzbaft für das Thier, machen dies bejammernswürdig leidend und setzen mehr oder minder den betrefienden Schenkel ausser Gebrauch. In ihren Folgen sind diese Gelenkentzündungen immer als ein sehr übler Zufall zu betrachten.
sect;. 31.
k) Auch Entzündung des Rückenmarks und der Hirn-Ilmde sind einzeln beobachtet worden. Auf das Vorhan­densein der ersteren lässt, neben den Erscheinungen der Entzündung überhaupt, die Lähmung des Ilintertheils schliessen; wobei jedoch die Muskeln der Lendengegend und des Kreuzes sich mehr in einem gespannten (starrkrampf­artigen) Zustande befinden, und die Wärme des Hinter-theils nicht gesunken, im Gegentheil vermehrt zu sein pflegt.
Wo eine Rückenmarkseidzündung zur Ausbildung ge­langt, da pflegt sie meistens schon von vorn herein einge­leitet zu werden, (indem der Natur der Krankheit entspre­chend, hier die Bückenmarksbäute in besondere Mitleiden­schaft gezogen und ihre anfänglich rheumatisch-entzünd­liche Beizuug bald bis zur Entzündung sich steigert, ähnlich wie wir Dies beim Brustfell etc. angeführt haben.) Daher denn auch gewöhnlich schon beim Eintritt der
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Krankheit Schwäche im Kreuze (cf. sect;. 10.) wahrgenommen werden.
Wo eine UirnhantentzünduHg zur Ausbildung gelangt, da sehen wir sie bezüglich ihrer Entwickelungs-Weise der Ruckenmarkshaut-Eiiiziindung sich analog verhalten. Störungen in den Gchirnverrichtungcn, insbesondere in der Sinnesthätigkcit, aulTullende Abweichungen in der Recep-tibiliiät, selbst Rasen und Toben, (Deliriren) vermehrte Wärme am Hinterhaupt, nebst den übrigen bekannten Symptomen der Hirnentzündung, lassen auf diese höchst gefährliche Complication schliessen.
Rei vorzugsweisem Er^riffensein des kleinen Gehirns und des verlängerten Markes bemerkt man, neben schwan­kendem Gange, Kreuzschwäche etc. auch ein stetes Rück­wärtsdrängen der Kranken!
sect;• 32. In dem Vorhergehenden hätten wir nun die Krankheit von ihrer durch örtliche Entzündungen ^ vcranlassten Zu­sammensetzungen und Complicationcn betrachtet und die Verschiedenheiten, welche dadurch in dem Krankheitsbilde veranlasst werden, näher erörtert. Wir glauben jedoch, bevor wir zur Reschreibung der anderweitigen Verbindun­gen übergehen, hier noch darauf aufmerksam machen zu müssen, dass oft mehrere der beschriebenen Localentzün-dungen gleichzeitig oder nacheinander zur Ausbildung ge­langen, dem entsprechend somit auch ein höchst compli-cirtes Krankheitsbild in's Dasein gerufen werden kann, deren Würdigung in symptomatologischer Hinsicht dem beobachtenden und behandelnden Thierarzt überlassen bleiben muss. Denn eine Beschreibung derselben würde
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*) Ansscr tlen gennnnlen, können zwar auch noch einige andere Entzündungen, wie z. 11. Fussenlzündung (Verschlag) Complicationen der Influenza abgeben; des seltenen Falles wegen, haben wir uns jedoch einer näheren Beschreibung derselben Überheben zu dürfen geglaubt, um so mehr, da die Erkennung und Beurtheilung derselben keine Schwierigkeiten darbieten.
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nur eine Wiederholung des bereits Gesagien in andrer Gestalt sein, und bei den unendlich vielen Nüancirungen, mit welchen die In/hienxa überhaupt vorkommen kann, zu einer Weitschweifigkeit führen, durch welche dem Sach­verständigen doch weiter keine Belehrung verschafft wird. — Ebenso dürfte hier noch darauf hingedeutet werden, wie in den verschiedenen Epizooticn ziemlich constant ein und dasselbe Organ leidet; eine Erscheinung, die mehr auf den Genius epizooticus zurückgeführt werden muss.
sect;. 33.
Von nicht minderer Wichtigkeit auf die Gcsiallung der Krankheit ist nun ferner auch der Character, wel­chen das Fieber im fernem Verlaufe der Krannheit be­hauptet, da auch hierdurch, besonders wenn dasselbe selbst in einer zusammengesetzten Form, als Nerven- und Ftml-fieher auftritt, wie Dies so häufig bei unserer Krankheit der Fall ist, noch mancherlei Zufalle hervorgerufen werden.
Es ist sect;. 20. angeführt worden, dass die Krankheit in ihrer einfachsten und weniger zusammengesetzten Gestalt in der Form eines r/ieumalischcn, rheumalisrh-cafarrlialischen oder rheumatisch-gaslrixcheii Fiebere aufzutreten pflege, so wie wir bei der Beschreibung der Zufalle dieser 3 Haupt­formen tier Krankheit auch beiläufig auf den verschiedenen Character des Fiebers, je nachdem dies nämlich mehr den sthenischen, (srnochösen^ oder aslhenischen (torpiden) an sich trage, hingewiesen haben. Einer noch näheren Aus­einandersetzung wird es wohl nicht bedürfen, da jedem Thierarztc die Eigonthünilichkeitcn und Unterscheidungs­merkmale dieser beiden Haupirichtungsweisen, in denen das Fieber zunächst vorkommt,, bekannt sind. Zu einer un-nöthigen Weitschweifigkeit würde es aber nicht minder auch führen, wollte ich mich auf eine extendirende Erör­terung der Symptomatologie des Nerven- und Faulfiebers einlassen. Auf die in Folge derselben hervortretenden wich­tigsten Zufalle dürfte sich daher hier füglich beschränkt werden können; da eben sie es sind, welche (auch von dem Nichlthierarzte wahrgenommen werden können) für
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tlen Thicrarzt in therapoulischer Hinsicht von besomlorera Inlercsse sind.
sect;• 34. Bezüglich des Nervenßelers sei zunächst bemerkt, dass dasselbe sich, in seiner Allgemeinheit aufgefasst, auch bei unsrer Krankheit bald mehr als ein versatiles, bald mehr als ein slupides zu behaupten pflegt. Wenn im ersten Falle eine grosse Aufgcregdieit bei den Kranken beobachtet wird, krampfhafte Zufälle, tbeils clonischer, theils tonischer Art, wie: Zuckungen in den Schenkeln, den Lippen und den Gesichtsmuskeln (mitunter auch wohl in der Harnblase) etc. krampfhafte ühboweglichkcit einzelner Glieder, namentlich des einen oder andern Hinterscheukels, Trismus etc. eintre­ten können — so beobachten wir im zweiten Falle grosse Stumpfsinnigkeit, die im höhern Grade selbst soporöse und comaiöse Zufälle hervorruft. Gern treten Lähmungen verschiedener Tbeilc ein, namentlich des Hinterthciles, ^von jenen bereits genannten Paraplegien, durch ein gleichzei­tiges Sinken der Wärme in den genannten Theilen wohl unterschieden) der Lippen, Ohren, eines Vorderschenkels, oder auch einer ganzen Seite (hemiplegia), der Harnblase etc. Ja es sind selbst Fälle von Lungenlähmung beobach­tet worden. Da ferner ein regelloser Verlauf xu dem Cha-raJclerislischen des Nervenfiehers gehört und demzufolge eine grosse VerSnderÜchkeU in den Syvtplomen, nicht selten selbst die widersprechendsten Erscheinungen, hervorgerufen werden, so bietet unsre Krankheit in ihrem Verlaufe, auch in dieser Hinsicht, noch mancherlei Zufälle dar, die jedoch -weniger in therapeutischer als vielmehr in prognostischer Hinsicht nichtig sind. Es beziehen sich diese Zufälle vorzugsweise auf die Kreislaufsbcwegungcn und die Körpertemperatur. Wenn beim versalilen Nerven/teher der Puls sehr frequent ist, so pflegt Dies beim iorpiden oder stupiden nicht der Fall zu sein, ja nicht selten, wenn sonst keine beträchtliche Entzündungen zur Ausbildung gelangt waren, ist der Puls sogar rclardirt. Auffallend sind die Abweichungen m der Körpertemperatur; nicht allein dass ein grosser Wechsel
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zwischen Kallc und Wärme hcobachiet wird, so class Thcilc, die kurz zuvor eine erhöhln Temperatur zeigten, bald narhher cislialt sich aiifühlen, sondern wir sehen sogar, dass Scliweiss mid Frostschaucr zugleich au verschiedenen Kör|ici-ihcilcii vorliouimcn etc. (Alles Erscheinuugen, die auf einen ungleich rerthcilten IVcrvenoiiifluss hindeuten.)
sect;• 35. Gcstälici sich das Fieber im Icnieru Verlaufe der Krankheit zum Faul/lebcr, so sehen wir namentlich als Ausdruck dor dieses Fieber charakterisireiulcn Sepsis der Säftcniassc überhaupt und des Rlntes insbesondere, ausscr einer auflallcndon Neigung zur Brandbilduiig (so dass an den Stellen, wo Fontanelle gelegt, scharfe Einreibungen gemacht, ein Absterben der Haut, des Zellgewebes und selbst der Muskeln erfolgt, an etwa zum Aufbruch ge­kommenen Drüsengeschwülsten Dasselbe entsteht) insbeson­dere an verschiedenrn Körperthcilcn starke Anschwellun­gen erfolgen, so am Kopfe, am Schlauche bei Wallachen, an der Schaam bei Stuten, an den Schenkeln etc., die gleich­falls zu brandigem Absterben der Haut führen können. Ferner können noch Profluvien: Blulflüsse, Durchfalle, die meistens von meteoristischer Auftreibung des Hinterleibs begleitet sind, durch Aphthen auf der Maulschleimhaut re-flectirtc Geschwüre der Darmschleimhaiit (Abdominal­typhus) zur Ausbildung gelangen. Wenn Thierc mit lymphatischer Diathesc in die Krankheit verfallen, so scheint dadurch die Entwicklung des Faulfiebers nicht allein begün­stigt zu werden, sondern ein bösartiges lymphtUisches Leiden kommt im Verlaufe der Krankheit sehr leicht zur Ausbil­dung; es pflegt sich bald, neben der Anschwellung der Kchlgangsdrüsen, ein sehr übler, schmutziger, stinkender Ausiluss aus der IVase einzustellen; die vorhandenen An­schwellungen nehmen einen wurmigen Charakter an, es bilden sich Wurmgeschwüre sphacelöser Bcschaflenhcit aus. Auch auf der Nascnschleimhaut erscheinen brandige Ge­schwüre, und der ganze Krankheitsznstand stellt die Form der sogenannten brandigen Druse oder des akuten Rotzes
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dar. Alles Erscheinungen, die in tier Sympiomcngruppc des gesammien Kraukheitszusiandes aulTallcndc Abänderun­gen von den bereits bcsclirii-bencn hcrvorrufei) können.
Bei henigrn Erkraiikiiiigen, wo das ganze bildende Leben lief ergriffen wird, ist es denn auch eine gewöhn­liche ^Erscheinung, dass trächtige Stuten abortiren.
sect;• 36.
Wenn endlich nun, wie es in einzelnen Erkranknngs-lallon beobachtet worden, die liiiluenza in dem letztgenann­ten Falle, bei der Neigung zur Säfteentmischung, spccicl-ler zum Anlhraxarligen hinüberschweift und selbst wohl m. o, W. deutlich eine Anlhraxform darstellt, — so scheu wir auch, diesem Zustande entsprechend, ein veriinderles Krankheilsbild. Die ganze Krankheit tritt heftiger auf, ihr Verlauf ist viel rapiderj die ßlutentmischung ist be­sonders durch m. o. in. asphyetische Zufälle, bläulichroth gefärbte Schleimhaut, unregelmässige Kreislaufsbewegungen (Stockungen im kleinen Kreisläufe, für deren Grosse mit­unter ein Herzklopfen zeugt) ausgesprochen; so wie ge­wöhnlich auch noch, als das Charakteristische des Anthrax, Karhmkeln hervortreten. Diese sind bald mehr nach aus-sen unter der Haut gelagert, lionimen gern an den Schen-licln in der Nähe der Gelenke vor, sehr gern aber neh­men sie auch die Kehlkopfgcgend ein {Anlhraxhrüime), wo dann nicht selten gleichzeitig auch unter der Zunge — lieben dem Zungcnbändchcn etc. — Hrandhlasen erscheinen; oder es gelangen letztere an dem genannten Orte und an­deren Stellen der 3Iaulhöhlc allein zur Ausbildung {Gloss-anl/mix.) Man hat daher diese Theile hei ausgesprochenem jinlhraxleiden, einer wiederholten Besichtigung zu tmlerwerfen, damit die Karbunkeln zeitig erkannt werden, welches bezüg­lich der Therapie von grosser Wichtigkeit ist.
sect;• 37. Verlauf, Dauer und Ausgang.
Der grösscren oder geringeren Einfachheit, der grös-scren oder geringeren Komplication, dem Charakter des Fiebers n. s. w. entsprechend, gestaltet sich der Fer-
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lauf der Influenza niannigrach vcrscliicdcn. In den un-icrscliiedenen drei Hauptfornicn bcobachtoi der Verlauf zwar eine grössorc Regdmässigkeit, die Krankheit zeigt sich überhaupt mehr gutartig; das Fieber behauptet mehr einen anhaltend iiachlasseiidcn Typus, r.icht selten wird jedoch auch in diesen Fällen einige Unregclmässigkeit in der Aufeinanderfolge und Stärke der Symptome wahr­genommen — eine Erschphiuug, die, je mehr und allei­nig die serösen Häute in Anspruch genommen sind, je deutlicher überhaupt die rheumatische Natur des Uebels ausgesprochen ist, hervortritt. Daher hat man denn auch, und wohl nicht ohne Grund, der Influenza überhaupt einen unregelmässigen Verlauf zugeschrieben, der von Mehreren sogar als etwas Charakteristisches betrachtet worden ist.
Je beträchtlichere Localentzündungen (innerer wichti­ger Organe) zur Ausbildung gelangen, desto anhaltender pflegt jedoch der Verlauf zu sein, die früher m. o. w. beobachteten Remissionen treten nicht mehr so deutlich hervor, und der ganze Krankheitszustand erscheint über­haupt heftiger; doch treten auch hier, nach Verschiedenheit der entzündeten Organe, Abweichungen ein, die nach Dem, was bei Deirachtung der Complication gesagt worden ist, leicht zu bemessen sind.
Die grösste Unregclmässigkeit zeigt aber die Krank­heit in ihrem Verlaufe, sobald das Fieber entschieden ei­nen nervösen Charakter angenommen hat (wie wir dessen oben sect;. 35. erwähnt haben). Auflallende Exacerbationen (selbst Paroxysmen) werden hier beobachtet, worüber je­doch zu bemerken, dass nicht immer eine grösserc Fre­quenz des Pulses das Merkmal der Exacerbation ist; defin nicht selten ist der Puls während derselben seltener, voller und zur Zeit der Remission frequenter, aber schwächer.
Die grösste Höhe pflegt die Krankheit gegen den 5. 7. — 9. Tag zu erreichen, wo in den gelinderen Fällen vollständige Krisen (durch die Haut, Schleimhaut, Nieren etc.) unter den in sect;. sect;. 41. — 46. angeführten Erscheinungen laquo;ich einzustellen pflegen. In schweren Erkrankungsfallen
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aber und namcnUich bei tlcullich ansgcsprochencni nervö­sen und fauligen Zustande ireien um diese Zei(, besonders wenn ein übler Ausgang bevorsieht, schwerere Nervenzu-lallc (Krämpfe, Convulsionon, Zittern der Gliedmasscn, Läbmungeii etc.) , so wie Zeichen der Kolliqnation (kalte, vvässrige Scliweisse, stinkende DurchRiHc, Geschwülste an verschiedenen Körperihcilen) ein.
sect;. 38;
Die Dauer tier krankheit variirt sclir. Sie richtet sich im Allgemeinen nach dor Art des Ausganges, welchen die Krankheit nimmt. Hier beschränken wir uns zunächst auf die Dauer derselben, wenn sie ihren Cnrstim vollendet, und nicht durch den Tod unterbrochen wird. In den ge­linden Graden, wo keine namhaften Entzündungen innerer wichtiger Organe zu Stande kommen, ist die Krankheit in 10 — 14 Tagen, d. h. vom Tage der wirklichen Erkran­kung an gerechnet, überstanden; bei beträchtlichen Local-entzündungen aber und der Bildung von Entzündungsüber-gängen, selten vor 3 Wochen beendet, und wo schwere Ner­venzufälle und die eines septischen Zustandes überhaupt hervortreten, kann die Krankheit nine Dauer von 4 — 6 Wochen umfassen. Etwa eintretende Nachkrankheiten kön­nen die Dauer des Krankseins in. o. w. noch weiter hinausziehen, (cf. sect;. 65. seq.) Insbesondre aber verdient bezüglich des Stadium der Reconvalescenz bemerkt zu wer­den, dass dasselbe, wenngleich es sich mitunter sehr in die Länge zieht, (cf. sect;. 47.) im Ganzen doch nach der Daner der Krankheit sich richtet.
sect;. 39.
Ausgang. Die Krankheit geht 1. in Genesung über und zwar entweder unmillelbar, indem das Fieber sich auf­löst, die zu Stande gekommenen Entzündungen sich zer-theilcn, oder mittelbar durch Entzündungsübergänge; oder 2. sie führt zum Tode und zwar ebenfalls entweder unmil-telhnr, oder mittelbar durch übelgeartcte Folgekrankheiten. Endlich aber kann sie 3. auch zu verschiedenen chroni­schen, mit relativer Gesundheit bestehenden Nachkrank-
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heitcn von verschiedener Dignhät fuhren. Der Nachkrankhei-ten, die einer möglichsi vollständigen £röriernng uns werth erscheinen, wird in einem besonderen Kapitel Erwähnung geschehen! weshalb wir uns hier auf die Ausgänge in Ge­nesung und die unmillelbar xum Tode führenden beschränken.
sect;• 40.
Unter welchen Umständen der unmitlelhare Ausgang in Genesung erfolge, ist bereits zum Theil bei Erörterung der Zufälle und des Verlaufs schon erwähnt. — Es steht solcher überhaupt zu erwarten, wenn das Fieber in mas­sigem Grade fortbesteht und sich als ein gclind synochöses oder mehr einfach asihenisches behauptet, hochgradige Entzündungen nicht zur Ausbildung gelangten, und heftigere nervöse Zufälle fehlen; insbesondere wenn gegen den 5,
7 __ 9. Tag critische Erscheinungen hervortreten. — Am
allergewöhnlichsten und namentlich bei mehr reinem Lei­den der serösen Häute, kommen Krisen durch die Nieren und Haut zu Stande. Beim Mitleiden der Schleimhäute, neben diesen Wegen, auch durch Schlcimauswurf und Durchfall (wenn die Darmschleimhaut mitergrifien war); letzteren sehen wir auch bei gastrischen Leiden eintreten; wo sich auch Hautausschläge mit Lösung der Krankheit hervorbilden.
Eine richtige Erkennung der Zufälle, welche die Kri­sen begleiten, ist daher nicht allein in prognolaquo;^iscAer Beziehung wichtig, sondern eine genaue Würdigung derselben ist auch, da der Eintritt der Krisen gewöhnlich mit einer scheinbaren Verschlimmerung (perturbatio critica) der Krankheit ver­bunden ist, in /Äerapeu/iscÄer Hinsicht von hoher Bedeutung. Denn nur zu leicht kann de'r weniger erfahrne und mit der Krankheit nicht hinlänglich vertraute Thierarzt, ver­leitet werden, unzeitig einzuschreiten, wodurch die IVatur in ihren heilsamen Bestrebungen gestört, die Krisen nicht vollständig durchgeführt, oder gar üble Umwandlungen der Krankheit, längeres Siechthum herheigeluhrt werden. — Wir halten es daher der Wichtigkeit des Gegenstandes ange­messen, wenn wir demselben, ihn etwas ausführlicher erör-
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icrnd, unsere ganze AiiCincrksamkeit schenken und der Zu­fälle, welche die Krisen begleiten, speciellcr gedenken.
sect;- 41.
1)nbsp; Zufälle, welche die Krisen durch die Haut zu bcglei-icn pflegen sind: Nach (gewöhnlich) vorhergegangenem, gelinden, kurzdauernden Froslschaudcr, tritt eine reichliche, duftende Ilautausdünstung ein, wobei die Haut über den ganzen Körper glcichmässig warm, weich und geschmeidig sich anfühlt. Zum förmlichen Schweissausbruch kommt es selten, wo aber solcher beobachtet wird, ist er massig und obwohl in der Flankengegeiul, am Grunde der Ohren, am untern Halstheilc gewöhnlich stärker, gleichfalls mehr über den ganzen Körper verbreitet, warm und m. o. w. von stechendem, ammoniakalischen Gerüche. Der Puls wird voller, weicher. Kommt es zum wirklichen Schweissaus­bruch, so verrathen die Kranken eine gewisse Beängsti­gung im Athmen — wodurch man sich nicht verleiten lassen muss. Gegen das Ende des Schwitzens (nach 1 — 2 und mehren Stunden) benehmen sich die Thierc behaglich, blicken freier und munterer um sich, der Puls sinkt, das Athmen wird ruhiger, und ein aus der Tiefe hervorgehendes Stöhnen (nicht Acchzen!) wird in vielen Fällen gehört.
Schwcissc, bei denen die Temperatur des Körpers nicht glcichmässig verbreitet ist, die Extremitäten kalt bleiben, die Haut nicht weich und geschmeidig, vielmehr spröde und kalt sich anfühlt, der Puls klein und krampf­haft (statt voll und weich) ist, der Schweiss selbst ungleich-massig, mehr auf einzelne Körpertheile beschränkt, unbe­ständig, iibermässig, wässrig, Idcbrig erscheint — sind nicht kritisch, sondern symptomatisch.
sect;. 42.
2)nbsp; nbsp;Zufalle bei Krisen durch die Nieren. Den Krisen durch die Harnwerkszeuge gehen gewöhnlich als Vorläufer: erhöhte Empfindlichkeit in der Nierengegend und Reiz zum Uriniren (welcher an dem wiederholt Sichanschicken der Patienten zum Harnlassen erkannt wird) vorher, Alan
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hat daher sich wohl in Acht zu nehmen, diese Symptome nicht auf eine sich ausbildende Nierenentzündung zu be­ziehen. Jenen Ziifällcn folgt nun ^nach 12 — 36 Stunden) die reichliche Entleerung eines trüben, molkigen, sedimen-tösen Urins, von scharfem, laugenhaften Gerüche. — Die Haut muss auch hier warm und geschmeidig, der Puls voll und weich sich anfühlen. — Auch hier treten gegen das Ende der kritischen Harnentleerung, die sich nicht selten über 1 — 2 Tage ausdehnt, und wo anfangs alle Stunden, später jedoch weniger häufig Urin, von der angeführten Beschaffenheit, abgesetzt wird — die oben genannten Er­scheinungen der Besserung ein.
Ein häufiges Harnen, wobei der Urin, wässrig klar, die Haut kühl, trocken und spröde ist, der Puls klein und krampfhaft sich anfühlt, ist nicht kritisch, sondern sympto­matisch und ein Zeichen des krampfhaften Zustandes über­haupt und der Haut insbesondere. — Vor einer Verwechs­lung der genannten Vorläufer mit Nierenentzündung schützt man sich durch eine genaue Vcrgleichung der Symptome der Nierenentzündung mit den so eben genann­ten. Die richtige Auffassung dor Summe der Erscheinun­gen (nicht einzelner Symptome) lässt nicht leicht einen Fehlschluss zu.
sect;• 43.
3J Zufälle des kritischen Durchfalls. Dem kritischen Durchfalle gehen gewöhnlich aussetzender Puls, Poltern im Leibe und gelinde Kolikznfäile (die jedoch mit dem Eintritt des Durchfalls nachlassen und nicht zunehmen dürfen) voran; die in reiehUcher Menge mit einemniale entleerten Excremcnte zeigen zwar, nach dem Ursprünge des Durchfalls, ob solcher mehr als ein sogenannter Ä'a-tarrhalischer oder galliger besteht — einige Verschieden­heiten in Bezug auf Consistenz, Farbe und Geruch, im Allgemeinen aber sind sie wässrig-schlcimig m. o. w. un­verdaute Futterstoffe enthaltend; besitzen eine dem ge­nossenen Futter entsprechende Farbe und einen säuerli­chen m. o. w. stechenden Geruch. Die Haut muss beim
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kritischen Durclifalli-, wie beim kriiischcn Urine, warm und vrcich sich aufiilik-n. Durchfälle von sehr fauligem, hransligen Gerüche und brauner Farbe (wie zu Brei angerührter Honig­kuchen) sind in kritischer Bedcuiung sehr trügerisch. Sind sie von Mastdarinzwang (Jenesmtis), Mclcorismus, grossom Durste, fortbesiohenden Bauchschmerzen, dem Ausbruche kalter Schweisse, kleinem, harten, kaum fühlbaren Pulse etc. bcgleitctj so sind sie nicht hrUUchj denn dergleichen Er­scheinungen sind kritischen Durrhfällen fremd. — Es sind diese vielmehr, nachdem 3 — 4 Entlcerniigen stattgefunden, mit einem sirhllichen Nachlassen der Zufälle, namentlich mit einem weichen Pulse, verbunden; sie halten ferner nicht leicht über einen Tag an und lassen, nachdem 4—8 Entleerungen stattgefunden, nach; daher denn auch alle Durchfälle, die über einen Tag hinaus bestehen, auch wenn sie gerade nicht von obengenannten üblen Zufällen begleitet sind, sehr beachtet sein wollen.
sect;• 44.
4)nbsp; Der kritische JXasenschleim/Iuss, der in unserer Krank­heit nur bei der sub 2. beschriebenen Form eintritt, verraquo; hält sich im Allgemeinen wie beim Katarrh und der Druse; der in sect;. 15. gedachte, anfangs wässrige Ausfluss aus der Nase nimmt gegen, den siebenten Tag eine deutlich schlei­mige Beschaffenheit an, wird reichlicher; er ist als kritisch zu betrachten, wenn er von weissgelber Farbe, zusammen­hängend, consistent, geruchlos oder doch wenigstens nicht übelriechend und der ihn begleitende Husten locker, ge­dehnt und frei ist. — Nach 3 — 5 tägiger Dauer vermin­dert sich der Ausfluss und verlieret sich mit vollständiger Lösung der Krankheit gegen 8 — 10 Tage ganz.
Der Ausfluss verliert seine kritische Bedeutung dage­gen, wenn er gründlich, eitrig-blutig, überhaupt missfarbig, zähe, klebrig oder übelriechend ist und länger anhält; die Drüsen im Kehlgangc wiirstfonnig anschwellen, unem­pfindlich und hart werden.
sect;• 45.
5)nbsp; Kritische Hautausschläge tmd Anschwellungen, Erstere
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hai man in der Form von Pickclchcn, Knöichen und Bläs­chen, die zur Abschilferung der Epidermis und theilweisem Ausfallen der Haare führten, beobachtet. Der Sitz dieses Ausschlages zeigte im Ganzen nichts Bestimmtes, obwohl er an dem Kopfe, Halse, der untern und hintern Bauch­gegend und den Extremitäten häufiger, als anderen Orts gesehen worden ist. Seiner Natur nach scheint der Aus­schlag dem Erysipcl anzugehören.
Die am Schlauche und den Schenkeln häufig als kri­tisch beobachteten Anschwellungen dürften zweifelsohne gleicher Natur sein. Wo ich sie sah, war ihre erysipelatöse 11;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Natur nicht zu verkennen. Diese Geschwülste sind nun
mit jenen, die beim Ucbergange der Krankheit in Höhlen­wassersucht, (sect;. 51.) so wie bei deutlich ausgesprochenem Faulfiebcr wohl vorkommen, nicht zu verwechseln. Der Symptomcncomplex, in welchem jede Art dieser Anschwel­lungen vorkommen, ist zu abweichend, als dass leicht eine unrichtige Beurtheilung und Verwechslung vorkommen könnte; daher denn auch eine nähere comparative Erör­terung der hierher gehörenden Zufälle unbedenklich (und zur Vermeidung einer nutzlosen Weitläufigkeit) aus­fallen kann. Die hirrnächsi folgenden Bemerkungen wer­den übrigens auch massgebend sein.
sect;• 46.
Als Ergänzung zu dem über die Krisen bis jetzt Ge­sagten hätten wir hier noch einiger Erscheinungen zu gc. denken, welche jede der genannten Arten von Krisen, theils beständig, theils häufig, thcils nur ab und zu bo­gleiten, und die wir hier, nqi Wiederholungen möglichst zu vermeiden, zusaminengefasst anführen wollen.
Als constante und sehr wichtige Erscheinung sehen wir nun bei jeder Krisis, sie mag auf einem der genannten Wege oder auf mehren zugleich (was, wie bereits bemerkt, vorkommt, obwohl dann doch immer ein Ueber-gewicht auf einer Seite beobachtet wird) zu Stande kommen, dass naeh ihrem Eintritt ein Nachlassen der wichtigsten Krankheitserscheinungen, insbesondere in denen der Kreis-.
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laufs- uml Respiralionsorganc erfolgt. Dieses Verhalten, was zwar erst im Verfolg der genannten Ausicerungen etc. m. o. w. (mit apotlictischer Gewissheit) erkannt wer­den kann, giebt daher auch das sicherste Kennzeichen für ihre kritische Bedeutung und lässt den aufmerksamen Beob­achter nicht leicht auf Irrwege gerathen, zumal wenn er den Patienten von Anfang seiner Krankheit an behandelte. — Auf einen Umstand, der leicht, namentlich von eben in die Praxis Tretenden, falsch beurfheiit werden kann, verdient hier besonders aufmerksam gemacht zu werden. Eine häufige Erscheinung ist nämlich, dass vor dem Ein­tritte und während der kritischen Ausleerungen der Puls aussetzend ist (sect;. 43.). Nach vollendeter und vollkommener Krisis pflegt der Puls wieder normal zu werden, wo aber die Krisen nicht zur vollständigen Lösung der Krankheit führen, da bleibt der Puls i. d. R. noch aussetzend und kann Dies selbst für längere Zeit bleiben. Man gewinnt demnach auch an dieser Beschaffenheit des Pulses einen Anhaltspunkt für die Prognosis und für die etwa erfolgte vollkommene oder unvollkommene Krisis insbesondere. — Ich muss gestehen, dass mir jedes influenzkranke Pferd, bei dem ich einen aussetzenden Puls beobachtete, durch­seuchte. Hiermit will ich keineswegs behaupten-, als müsse Dies immer so sein, noch, dass nicht Andere entgegenge­setzte Beobachtungen gcinaclit hauen. Der Sjmptomen-complex wird auch hier entscheidenj wo ein aussetzender Puls etwa als ein bedenklicher oder gar lebensgefährliches Zeichen zn betrachten ist.
Eine genügende, auf physiologische und pathologische Grundsätze gestützte Erklärung für dieses Phaenomen zu geben, halte ich mich nicht far hinlänglich befähigt. In der wohl angenommenen Störung in der Bluicirculation des kleinen Kreislaufes oder des Pfortadersystems, wird eine genügende Erklärung nicht gefunden. Obwohl von mir der anssc-tzende Puls im Allgemeinen am häufigsten in schweren Erkrankungsfällen, wo die Lungen und Leber namhaft mitlitten, beobachtet worden ist, so fehlte er doch
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auch in gelinderen Fällen nicht und irat im Siadio criseos ein. Es kann übrigens auch vollständig genügen, die Aufincrksamkeit auf diesen Punkt gelenkt und darauf hingewiesen zu haben, dass ein aussetzender Puls (wie es in pathologischen Handbüchern ziemlich allgemein geschehen ist) nicht immer als eine sehr üble Erscheinung zu betrach­ten sei.
sect;• 47.
Wird die Krisis mit vollständiger Lösung der Krank* heit durchgeführt, so sehen wir gegen das Ende derselben schon die Tbicre inunterer werden und darauf etw-raquo; üble Angewohnheiten, wie Anlegen der Ohren, Beisssucht, Schlagen, IVeben, Koppen etc. wiederkehren. Die Aufre­gung im Gcfässystem schwindet, die Zahl der Pulse sinkt, das Athmcn wird ruhiger und freier, die Thiere legen sich nieder, der Appetit wird rege etc. und das Stadium reconvalescenliae tritt ein. Ucber dieses wäre zu bemerken, dass seine Dauer sehr verschieden ist, im Allgemeinen aber nach der Constitution des Thiercs, dem Heftigkeits-grade und den Complicationen der Krankheit und den durch dieselbe consumirten Kräften und Säften, insbeson­dere aber nach deren Dauer sich richten wird. Die kür­zeste Zeit pflegt 8—10 Tage zu sein, gewöhnlich aber um-fasst die Periode, bis wohin die Thiere wieder im Besitze ihrer frühern Gesundheit sind, einen längern Zeitraum und man sagt nichts Unwahres, wenn man behauptet: dass der Influenza überhaupt eine lange Reconvalescenz zukomme, und als M'ittelzeit 3 Wochen annimmt. Oft genug umfasst die Reconvalescenzperiodc 4 — 6, Wochen. Eine gesteigerte Reizbarkeit der Rcspiralionsorgane und Erregbarkeit des Geiasssystems — so dass die von der Inßuenz genesenen Pferde bei der Bewegung ebensowohl unverhältnissmässig beschleunigt athmcn, als auch bewegten Puls bekommen — bestehen nicht selten selbst noch über diese Zeit hinaus.
sect;.48.
Die Entscheidung der Krankheit und die Genesung er-
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folgen aber niclii Ininier auf die vorhin beschriebene Weise, durch aufrallciule kritische Erscheinungen; in nicht #9632;wenigen Fällen vermissen wir dieselben und die Entschei­dung tritt auf dem Wege der Lysis ein. Die Genesung erfolgt nach und nach ohne die oben angeführten reichlichen Ausicerungen, indem die Krankhcitssymptomc successive an Stärke und Zuhl abnehmen und das Stadium der Reconva-lescenz eingeleitet wird. — In anderen Fällen erfolgen die Ausleerungen nicht reichlich genug, um zur vollkommenen Lösung der Krankheit zu führen, die vollständige Genesung #9632;wird dann zum Tbcil auch durch Lysis herbeigeführt. In beiden Fällen wird die Genesungsprriode um so länger dauern; daher denn auch zu den obengenannten, bemes­senden Momenten für die Dauer des Std. rcconval. die Art der Entscheidung der Krankheit noch beizuzählen ist. —
Bei nicht vollkommen durchgeführten Krisen sehen #9632;wir mitunter auch, bald nach dem Zurücktritt der Auslee­rungen, metaslalische Geschivülsle an verschiedenen Körper-theilen entstehen (namentlicli in jenen Fällen, wo neben dem Schlcimhaut-Leiilen auch ein EingrilT in das lympha­tische System stattfand), die zwar meistens zur vollständi­gen Lösung der Krankheit führen (und somit gewisscr-masseii als Uilfskrisen zu betrachten sind), aber auch gern den Grund zu chirurgischen Ucbeln legen, die bald leicht, bald aber auch hartnäckig sein können. Das Nähere hier­über bei den iVachkrankheiten ^sect;. 77. 78.)
sect;• 49.
Geht die Krankheit nicht unmittelbar in Genesung über, was da erfolgt, wo beträchtliche Entzündungen ein­zelner Organe zur Ausbildung gelangten, und welche be­reits Ucbergänge machten: so kann die Genesung zwar noch, aber nur milklbar durch diese (die Entzündungs-übergänge) erfolgen; indem die Froducte der Entzündung beseitigt werden und Gesundheit -wiederkehrt. — Es kann selbst da noch Genesung erfolgen, wo eine vollstän­dige Beseitigung der Entzündungsprodncte (deren sichere Erkennung nicht einmal immer möglich ist) nicht stattfand,
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d. h. es kehrt GesuiuiheU, nach doin gcwölinlicheii ßegrific da­von, in dem Masse wieder, dnss die ihierischen VcrricIiUmgon ohne sichtbare Störungen von Staiicn gehen, und die Dicust-fähigkeit der Thiere nicht, oder doch nicht besonders licein-trächügt wird. In anderen, und ungünstigen Fällen füh­ren die EniKÜiuhingsübergnnglaquo; zu JVachki'aiiklici'ten oder zum Tode. Eine nähere Beirachtang der Entziindungs-übergänge (und der sie anzeigenden Zufälle) dürflo daher, zu ihrer richtigen Beurlheiliing, namentlich in prognosti­scher Beziehung, zunächst nplliwcudig sein.
sect;. 50,
Die gewöhnlichen Frodncle der Entzündung sind he-kanntVich AusschwilZungen. Die hei der Injluenz zur Ausbil­dung gelangenden En(zündiingen hahen (wofür der Sitz auch schon spricht) nun eine sehr grosse IVcigung bald, oft unglaublich schnell, zu Exsndationen zu führen, so dass, wenn überhaupt einer Klasse von Eidziindungcn der Bei­namen raquo;exsudalivelaquo; beigelegt werden kann, diese vollen Anspruch auf solchen machen können (die sect;. 59. angeführ­ten Scctionsdata werden Dies näher darthtiii).
Es sind nun, wie bereits früher (sect;. S.) angeführt worden, vorzugsweise das Brustfell und die Lungen und nächst diesen die Leber und das Bauchfell (besonders als peritonäaler Ueberzug der Därme), welche im Verlaufe der Injhienza Entzündungen unierliegenj wir glauben uns da­her auch auf eine nähere Erörterung der Entzüiulungs-Uebergänge in diesen Organen hier um so eher beschrän­ken zu können, als sie zugleich die wichtigsten und am wenigsten leicht erkennbaren'sind, ausserdem aber auch leicht (sofern sie nicht den Ausgang in den Tod veranlas­sen) den Grund zu den wichtigsten Nachkrankheiten legen.
sect;• 51.
Die Avsschwifzung, als der constanteste und uns daher hier besonders intcressirende Uebergang der Brustfell-Ent­zündung bei der Inßuenza (denn der Uebergang in den soge­nannten Brand führt unmittelbar zum Tode), kann nun, wie
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überhaupt, so auch in unserem Falle, doppelter Art sein; einmal der Beschaffenheit nach wiissrig oder plaslischf und dem Orte nach frei in die Höhlen oder in das Parenchym der Organe erfolgen. Wir haben daher zu erwähnen:
1) Der wüssrigen Ergiessung in die Bruslhöhle (acute SrusCwassersuchl), einen der gcwöhnlichsU-n Heber- (und Aus-) gänge der Injlncnta, bei vorzugsweisem örtlichen Ergriffenscin der Pleura.
AtisscJiwilzungen in die Brusthöhle stehen zu befürch­ten, wenn die sect;. 22. angeführten Erscheinungen der Brust­fellentzündung vorhanden sind und dieselben in gleichem Grade mehre (3 — 5) Tage anhalten. Mitunter hat man jedoch auch nach 2 — 3 tägiger Dauer der erkannten Krank­heit den Tod durch Brustwassersucht schon erfolgen ge­sehen , so dass gleich von vornherein gewissermassen un­aufhaltsam die Tendenz zu diesem IJcbergange der Ent­zündung gelegt war.
Aus folgenden Erscheinungen lässt sich auf diesen llebergang näher schliessen: Mit dem Eintritt der Wasser-ergiessung nehmen die Athmungsbeschwerden, unter wogen­den Bewegungen der Flanken zu: das Athemholen wird immer mehr und mehr beschlrunigt und ängstlich, nimmt jene Beschaflenheit an, die man mit pumpend und bauch-sch'.ägig bezeichnet, und ist mit gewaltsamer Erweiterung der Nasenlöcher verbunden; der meistens auf beiden Seiten der Brust hervortretende Herzschlag ist auf einer grös-seren Fläche fühlbar, pochend und prellend. Die Haut ist trocken, der Glanz der m. o. w. ausgebürsteten Haare ver­mindert; der Puls wird klein und weich; die Nasen- und Alaul-Schleimhant erscheint blass; die Urinsecretion ist vermindert und der abgesetzte Urin von quot;wasserhcller oder schwach gelblicher Farbe; der Mist klein geballt und trocken; seltener besteht Durchfall; die Fresslust ist m. o. w. gänzlich geschwunden. Mitunter (bei mehr langsamen Verlaufe) gesellen sich noch ödematöse Anschwellungen un­ier der Brust, dem Bauche, am Schlauche, Euter und an den Gliedmassen den ebengenannten Erscheinungen hinzu
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und vergewissern die Diagnose. (Diese Anschwellungen sind jedoch nicht mit jenen im sect;. 45. genannien zu ver­wechseln.)
Als ein IliUsmittel zur richügen Erlicnnung der in die Brusthöhle eiTolgten wässrigen Ergiessnngcn dient nun auch noch die Auscultation.^) Man findet nüinlich, von den Rippen Wandungen aus gehorcht, das, bei den frühe­ren, zu Anfange der Kcanliheit vorgenommenen Ausculta-tioneu, deutlich wahrgenommene, respiratorische Geräusch immer mehr und mehr, und namentlich von der tiefsten Stelle des Brustkastens aus, schwinden; während solches von der Luftröhre aus noch, jedoch in weniger langgezoge­nen, zischenden Tönen, vernommen wird. Ein eigentliches Plätschern des Wassers (durch die Herz- und Lungen­bewegung hervorgebracht), wie Einige wollen, habe ich nie wahrnehmen können; es kann aber auch wohl nicht wahrgenommen werden, weil bei der horizontalen Stellung der Thiere die Lungen wärend des Athmens in der Flüs­sigkeit sich blos heben und senken, und ihre Ränder die Oberfläche der Flüssigkeit nicht durchschneiden. Bei der aufrechten Stellung des Alenschen verhält es sich anders: hier kann ein sogenannter Wellenschlag wahrgenommen wer­den. Das, bei dem Einalhmen durch die Lungenausdeh-nung, gehobene Wasser gleitet an der glatten Oberfläche der Lunge und den Rippen, ohne ein deutlich wahr­nehmbares , plätscherndes Geräusch zu veranlassen, herab. Ein eigenthümliches, durch Worte nicht näher und ge­nau zu bezeichnendes, schwaches Getöse wird allerdings wahrgenommen (und bei .einiger Hebung leicht wieder er­kannt), welches aber keineswegs mit einem Plätschern zu
*) Die Auscullalion erfordert iininer viel Uelmng, wenn man Nutzen aus ihr ziehen will. Es lassen sich die Wahrnehnumgen, welche durch dieselbe gewonnen werden, viel weniger bildlich treu beschreiben, als sie durch Autoiisie gewürdigt werden können. Da­her ich denn auch die Ergebnisse der Auscultation nur im Allge­meinen zu bezeichnen vermag.
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vergleichen ist*). Nur tlann, wenn das Thier stark auf-hustet, oder dazu vcranlasst wird, hört man etwas Achnliches, was sich noch am hcstcii mit dem, aus weiter Entfernung hörenden Wogen eines Sees vergleichen lässt. —
sect;#9632; 52.
2) Atisschiviliung plastischer Lymphe in die Brusthöhle oder in die Suhslanx, der Lungen.
Die Ausschwitzung von plastischer Lymphe in die Brusthöhle kommt ganz gewöhnlich, in unserer Krankheit, gleichzeitig mit den wässrigen Ergiessungen vor (cf. Scc-tionsbeiuiul) und hat daher die vorhergenannteu Erschei­nungen als Begleiter. — Sind aber die ersten sehr über­wiegend und die wässrigen nur in geringer Menge beige­geben, so werden sie Veranlassung zur Bildung von Gcrinscln, die in in. o. w. dicken Lagen, je nach der Aus­breitung der Entzündung, bald nur die Oberfläche der Lungen, das Rippenfell, oder aber auch das Mittelfcll und den Herzbeutel bedecken. Die Erscheinungen, welche in diesem Falle wahrgenommen werden, sind abweichend von denen bei vorherrschend wässrigen Ergiessungen. Der Herzschlag ist nur auf einem beschränkten Raum (nicht so ausgebreitet) und undeutlich (in der Tiefe); bei be­trächtlichen Exsudaten am Herzbeutel und auf der Ober­fläche der Lungen (und in diesen selbst) ganz unfühlbar. Je mehr die linke Bruslseile die leidende ist, desto mehr wird der Herzschlag, wie beschrieben, sich verhalten. Der nur selten oder sparsam abgesetzte Urin ist von zäher, fadenziehender Beschaffenheit; die Wärme deraquo; Körpers ist anhaltend erhöht, klebrige Schweissc pflegen hervorzutreten und es entstehen wohl noch oedematöso Anschwellungen an der Brust, dem Bauche etc. Das solchen Patienten entzogene Blut zeigt eine hellere Farbe und ist von geringer plastischer Beschaflcnheit. — Der Auscultation, von den Rippcirwandungen aus execotirt.
*) Man mag inilunler wohl laquo;lurcli ein derarliges Geräusch in den Därmen sich haben irre führen lassen.
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cnizlclit sich raquo;las rcspiralorischc Geräiiscli immer m. u. m. doch mit dem Unterschiede von der Bruslwasscrsucht. dass es in. o. w. glcichiniissig an der ganzen Brustwand (der leidenden Seile) und nicht blos von der tiefsten Stelle der Brust (vom Brustbein) ans geschieht; dagegen wird auch hier ein eigenes Gesumme in der Brust ver­nommen.
Bei Pferden mittleren Alters und von strammen Fa­serbau, und wo die Erscheinungen der I'leuro - Peripneu-monie vorhanden sind und mehrere Tage in gleichem Grade fortbestehen, macht die Entzündung gern den Uebcro-ang in plastische Exndate.
sect;• 53.
Erfolgt die Ausschwilziing in das Parenchym der Lungen, so fuhrt solche zur Vcrgrösserung und Verdichtung der Lungen (Hepaiisalio) sofern, und was bei unserer Krankheit am gewöhnlichsten der Fall ist, die Ausschwitznng mehr gleichmässig über einen grossen Theil oder laquo;ine ganze Lunge sich verbreitet. Sie liann aber auch auf einzelne begränzte Stellen sich beschränken und zur Bildung der sogenannten Entzündnngs- (und Eiler-) Knoten fuhren. Ge­wöhnlich ist es nun, dass nur eine Lunge auf diese Weise verändert wird. Die Erkennung dieses Ueberganges ist im Ganzen leicht. Er steht im Allgemeinen zu er­warten, wo die Erscheinungen der Pneumonie vorhanden sind , diese 5 — 7 Tage in gleichen Grade forthe-steht, ohne dass kritische Erscheinungen hervortreten, und das übrige Verhalten der Kranken sich gestaltet, wie in dem so eben beschriebenen Falle, mit dem er bezüglich der Körpertemperatur, ddr Beschaifenhcit des Pulses, des Blutes und Urins übereinstimmt. Insbesondere aher wird dieser Uebergang erkannt aus der langen Inspiration — wo­bei die Bauchmuskeln langsam und stark an- und die IVa-scnlöcher sehr zurückgezogen werden — und der kurzen Ex-spiration, wobei die Bauchmuskeln schnell herabsinken ; aus dem schwachen, dumpfen, keuchenden Husten; aus dem ziem­lich constant vorhandenen Abtröpfeln einer citroneu- oder
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orangcngelbcn, niihnitcr blutigen Flüssigkcif, raquo;lie auch wohl geronnene Schleiinparlikclchen enthält, und dann kiiiinprieli erscheint, ans einem oder beiden Nasenlöchern; aus dem Zurücktreten des früher fühlbaren Herzschlages, wenn die linke Lunge die allein oder vorzugsweise leidende ist; aus dem theihveisen oder gänzlichen Verschwundensein des respiratorischen Geräusches (beim Horchen) an der kranken Brustseite, und dem dumpfen Tone, welche diese Seite [bei weniger gut genährten Pferden*)] bei der Percussion von sich giebt, während von der Luftröhre aus gehorcht, das respiratorische Geräusch eine cigcnthümlichc knitternde oder (wenn die Ausschwitzung mehr auf begränzte Stellen erfolgte, also Knotcnbildung stattfand) knatternde, selbst rappelnde (statt zischende) Beschaffenheit angenom­men hat.
sect;• 54. 3) Eiterung. Dieser Uebergang der Entzündung ist nur als eine Folge des so eben genannten zu betrachten, namentlich dann, wenn die Bildung sogenannler Enlzün-dtmgsknoten zu Stande kommt, nun die ausgeschwitzten plastischen Massen der Auflösung erliegen, und an ihrer Be.gränzungsfläclic Eiterbildung stattfindet. Eiterung kann schon in sehr kurzer Zeit erfolgen, so dass die Tendenz zu derselben gewissermassen von vornherein gegeben ist. Es kömmt dieser Uebergang bei der Jn/Itienza nun zwar nicht sehr häufig vor und, wie es scheint, nur in jenen Fällen, wo die zu Stande gekommene Lungenentzündung mehr catarrlialischer Natur ist, oder Störungen der Krisen vorfielen.
Zufälle, welche auf den Uebergang in Eiterung schliessen lassen sind: nach vorhergogangenem Nachlass in den Krank-
#9830;) Die Percusion fimlel liei Pferden nur eine sehr beschränkte An­wendung: Lei sehr gulgenährlenPfenlen ist Jurcü sie kaum ein Resultat über die Beschaffeiilieit der Lungen zu gewinnen ; während sie beim Rindvieh durchaus sicher leitend ist und in Bezug auf das Vorhan­densein raquo;on Heiialisalion in den Lungen die Diagnosis durch sie allein iestgeslellt laquo;erden kann,
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heHscrscheinungen, (denen dor Eniziindung n. des Fiebers) wovon jedoch der Husten eine Ausnahme zu machen pflegt, denn dieser wird sogar liäufiger— tritt von IVeucm ein m. o. w. deutlicher und anhallcndor Ficberfrost, (wobei das Haar aurgesträubt, die Schleimhäute blass geiarbi erscheinen) ein; das Athmcn wird wieder beschleunigter, ebenso die Krcislaufsbcwegnngen, indem sich der Charakter der Schwäche m. o. w. deutlich ausspricht; das respiratorische Geräusch ist knackend, schlotternd, die ansgeathmetc Luft nimmt, wenn die Abscessbildung in den Lungen zu Stande ge­kommen ist, einen m. o. w. üblen Geruch an, und wenn einzelne der Abscesse (Eiterknoten) platzen, stellt sich periodisch oder auch bleibend ein eitriger, eitrigblutiger Austluss aus der Nase ein. Diese beiden letztgenannten Zufälle manifestiren die Diagnose, die sonst beim Fehlen derselben (wenn die Abscesse entfernt von den Bronchien-zweigen und mehr eingeschlossen liegen) noch immer m. o. w. zweifelhaft bleibt, auf das bestimmteste. Doch lassen auch, hei dem Nichtvorhandcnscin derselben: ein aus dem Urin sich bildender eitriger Bodensatz, widrig riechende Hautausdünstung und dergleichen klebrige Schweisse, in Verbindung mit den übrigen genannten Symptomen — auf den erfolgten Ucbergang in Eiterung schliessen.
sect;. 55.
Wie nun in den genannten Organen der Brusthöhle die besprochenen Enfziindungsübergänge sich bilden kön­nen, so kann Dieses auch mit den Organen der Hintcrleibs-höhlc geschehen. Wir erwähnen hiervon zunächst:
4) Der Ausschwilsungen in die Bauchhöhle. Es können dieselben auch hier wjfssriger und plastischer Art sein. Die erstem geben die Veranlassung zu aeuier Bauchwas-sersiicht — ein Ucbergang, der mitunter beobachtet, im Gan-zen jedoch nicht so häufig gesehen worden ist als plastische tflusschwilzungen an dem peritonäalen Ueberzug der Därme, wodurch diese unter sich, und der Leber, wodurch diese mit dem Zwerchfell etc. (jedoch bei günstigem Ausgange nur selten bleibende) Adhäsionen eingehen,
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Es steht ilcr Uebergang in Bauchwassersucht zu er­warten, wenn die sect;. 27. beschriebenen Erscheinungen der Bauchfell-Darmenlzündung eintreten und mehrere Tage in minder hohem Grade (denn ;schr hochgradige Entzün­dungen der genannten Theilc führen früher zum Tode) forlbcstehen, die Excretion des Mistes anhaltend nnter-drückt ist oder doch nur sehr spärlich, unter Schmerzäusse-rung, erfolgt, die des Urins vermindert ist, und der Urin die sect;. 31. seq. angeführte Beschaffenheit hat. Aus der zunehmen­den Anschwellung des Bauchs, dem — beim Anlegen der fla­chen Hand und des Ohres an der einen Seite der Bauchwan­dung, während auf der entgegengesetzten ein Stoss angebracht wird, um die ergossene Flüssigkeit in Be­wegung zu setzen — empfindenden Wellenschlag, aus den zunehmenden Albmungsbcschwerden, den ödematösen An­schwellungen am Bauche, dem Schlauche etc. — wird der Uebergang in Bauchwassersucht näher zu erkennen sein. — Geringfügige und eine Genesung zulassende Aus-schwitzungen würden nur durch die fortbestehenden Störun­gen in den Verrichtungen der betheiligten Organe, dem, mit Schonung der Bauchmuskeln ausgeübten Afhmen, so wie aus dem ganzen Symptomcomplex, mit besonderer Rücksicht auf die vorangegangenen Erscheinungen, zu er­kennen oder vielmehr nur zu vermuthen stehen.
sect;• 56. 5) Ebenso werden auch bei vorhandener Leberenizün-dung deren etwa erfolgten Uebergänge als: rfusschwUztmg plastischer Lymphe auf die Oherßüche oder in das Parenchym der Leber und dadurch herbeigeführte Vergrösserung und Verdichtung derselben, so wie Abscessbildung elc. — aus den fortbestehenden Störungen in den Verrichtungen der Leber, während die Enizündungssymptomc gemäs-sigter erscheinen als: aus der noch zunehmenden Gelbfärbung der sichtbaren Schleimhäute, den Störun­gen in der Verdauung, der (etwa) vorhandenen Auftrei­bung des rechten Ilypochondriums und der bleibenden Schmerzäusscrung bei angebrachtem Drucke daselbst etc.
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gefolgert, im Ganzen jedoch mehr gemuthmasst, als sicher erkannt werden können.
sect;• 57.
Insofern nun alle die genannten Uehcrgiingc ihrer Art, dem Grade und der Ausdehnung nach nicht Genesung zu­lassen, aber auch nicht, durch Vernichtung wichtiger, zur Erhaltung des Lehens nothwendiger Functioncn, znm Tode führen, legen sie meistens den Grund zu Jfachkrankheiten wovon später (sect;. 65. seq.) gehandelt werden wird. — Die nähere Würdigung der genannten Uehergängc in prognos­tischer Hinsicht, wird bei der Prognose erfolgen, und es dürfte daher hier die allgemeine Bemerkung genügen, dass nur dann durch die genannten Entzündungsübergänge noch mittelbar Genesung erfolgen könne, wenn durch sie nicht so gewaltsame Eingriffe in die thicrischen Verrichtungen bedingt werden, dass die Natur noch Zeit gewinnt, das krankhaft Produzirtc zu beseitigen oder für den Organis­mus unschädlich zu machen.
Die Zeichen nun, welche für einen solchen günstigen Ausgang sprechen, werden aus der Zahl, dem Grade und der Stärke der diese Uehergängc überhaupt hegleitenden Zu­falle leicht zu bemessen sein, und wir glauben uns daher der nähern Anführung derselben überhoben; da überdiess bei Gelegenheit der Prognose das Wichtigste hierüber ange­führt werden wird.
sect;• 58.
Der 2. und unglückliche Ausgang, welchen die Li/luenza nehmen kann, ist der in den Tod. Mittelbar kann dieser nun, wie schon erwähnt, durch Entzündungsübergänge (oder durch ihrerseits be'dingte Nachlirankheitcn) erfolgen. Die wichtigsten davon haben wir in den vorhergehenden sect;sect;. kennen gelernt, und wird der Tod durch sie überall dort herbeigeführt werden, wo es, wie so eben erst be­merkt, der Natur nicht gelingt, noch Genesung herbeizu­führen, oder doch eine minder wichtige, für den Augen­blick nicht lebensgefährliche Krankheit einzuleiten und so den Tod abzuwenden. Namentlich aber wird der Tod
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stets tla eintrcfen, wo die Eiitzümlung bis zn dorn Grade sich steigerte, den man mit Brand zu bezeichnen pflegt. Die Erscheinungen, welche diesen (den Entzündungsüber-gängen gemeinhin beigezählten) Zustand begleiten, die Entzündung mag ihren Sitz haben wo sie will, sind im Allgemeinen immer dieselben und die wichtigsten davon: ein lileiner, harter, kaum fühlbarer vibrirender Puls; die früher schon gerölhete Nasen- und 3Iau!sclileimbaut nimmt eine bleiche, livide Farbe an; die äusserc Körpertempera­tur sinkt, die Extremitäten, Ohren, Vorkopf, selbst das Innere des Maules fühlen sieb eisig kalt an, desgleichen ist auch die ausgealhmetc Luft kühl; kalte Schweissc brechen aus, und es erfolgt dann bald der Tod unter Konvulsionen. Der Tod kann aber auch eintreten ohne gerade durch Ent-zündungsübergänge vcranlasst zu werden, so durch plötz­liche Lähmung der Function einzelner wichtiger Organe, wie des Gehirns und der Lungen, in Folge heftiger Gon­gestionen und Blutübcrfüllung dieser Theile, durch krampf­hafte Zufälle, so wie durch allgemeine Entmischung der Säftemasse, besonders wenn eine anthraxartige Beimischung der Krankheit stattfindet.
sect;• 59-Secfionsersclieinungen. Die Veränderungen, welche nach dem Tode in dem Körper gefunden werden, sind im Allgemeinen abhängig von der Art und dem Sitze der örtlichen Entzündung, den etwa schon erfolgten Uebergängen derselben, so wie von sonstigen Complicationcn und dem Charakter der Krank­heit überhaupt. — Wie nun von diesen Momenten auch m. o. w. die Dauer der Krankheit abhängig ist, so wird denn auch der Befund nach Verschiedenheit dieser sich richten, so dass wir im Allgemeinen bei schnell zum Tode seführten Krankheitsfällen nur die Zeichen der Congestion oder m. o. w. die der Entzündung; hei längerer Dauer und schon stattgefundenen Entzündungsübergängcn die Pro-duetc dieser vorfinden werden. Es kann daher auch als Re­gel gelten, dass nach kurzdauernder Krankheit die Abnormi-
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täien weniger zahlreich sind, als wo die Krankhcii von längerer Dauer war. — Aus den Erscheinungen im Leben lässt sich auf den Befund nach dein Tode specieller schlicssen.
sect;. 60.
Die conslantesien Veränderungen sind in der Brust­höhle angetrofleu worden, wie Dies auch schon aus dem gewoJinliclien Siize der zu Stande kommenden Eniziindun-gen hervorgeht; ja man sagt wahrlich Keine Unwahrheit, wenn man behauptet, dass die Brustorgane nur als sel­tenste Ausnahme bei dem Krnnkhcitsprozcss nicht bethei­ligt gefuntlen worden sind. Ich muss gestehen, dass bei 100 und mehr Obducüonen, die ich in verschiedenen Seu-chenfalleii theils selbst zu machen Gelegenheit hatte, oder worüber mir die Berichte zur Einsicht vorgelegen haben, die pathologischen Veränderungen in der Brusthöhle dio erheblichsten waren.
Man findet nun in der Brust, nach kurzer Krankheils-dancr, die Pleura entweder mehr allgemein verbreitet, oder mehr in einzelnen Parthien: als P. coslalis, P. pul-monalis, das Mediasslimim und Pericardium entzündet und daher in. o. w. aufgelockert und verdickt, stark geröthet, vielfach mit turgescirenden Gelassen, in büschelförmiger Vcrbreiiung,. durchzogen und in deren Umgebung, bei hoch­gradigen Entzündungen, wohl Bliitaustrclungen , in welchem Falle dann die Pleura noch dunkel- und schwarzrothe Strei­fen und Flecke zeigt. Die Oberfläche der Pleura hat ihre Glätte verloren, erscheint m. o. w. rauhzascrig und wie mit einer Schmiere iiberkleistert. Ganz gewöhnlich findet sich ausserdem in der Brusthöhle ein Erguss von blutigem Serum, der bald nur geringe ist, bald aber auch in be­trächtlichem Maasc sich vorfindet; auch der Herzbeutel enthält, mitunter in übermässiger Menge, eine gleiche Flüs­sigkeit. In andern Fällen findet man die Pleura nur we­nig verändert, dagegen aber die Lungen (gewöhnlich eine) stark mit Blut erfüllt, aufgetrieben, von dunkler Farbe und geringem Zusanimcnhangc (mürbe)) sie zeigen
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iibcrliaupt mehr oder iniiulcr dcnüich die Spuren der Entzüiuluiig. ]Vach längerer Krankhcitsdaiier, findet man in der Brusihühle Ergiessungcn einer wässrigen mehr oder minder gelb gorärhten, durch zu Flocken geronnene plasiische Lymphe geü-üblcn, meistens m. o. W. übelrie­chenden Fliissiglioit, die oft in der Menge von einem und meh­ren Stalleimern voll vorhanden ist; oder es ist der wass-rige Erguss nur geringe, und die plastischen Ausschwi(zun-gen bedecken, zu lockeren, porösen oder fadenförmigen Massen geronnen, m. o. w. dick, in Lagen von #9632;% — ljquot; und darüber, die entzündete Brnsthaut und verkleben die Organe der Brusthöhle unter sich, so die Lungen mit dem Zwerchfell und den Bippen, den Herzbeutel mit dem Mittelfell etc. Nicht selten sind diese plastischen Aus-schwitzungen in dem Maase vorhanden, dass sie den Mit­telfellraum ausfüllen, und mitunter als sackartige Gerinsel die ganze Oberfläche der Lungen bedeoken. — In andern Fällen findet man die plastischen Ausschwitzungen in der Brusthöhle nur geringe oder sie fehlen ganz, dagegen in das Parcnchym der Lungen erfolgt und diese daher hepa-iisirt, wodurch sie: vergrössert, auf der Schnittfläche in ihrem Gefüge verdichtet, der Porosität beraubt, von ge­ringem Zusammenhange, bald mehr dunkelroth, bald mehr grau gefärbt, gegen die Bänder zu nicht selten marmorirt erscheinen, in Wasser untersinken etc. Ausserdem findet man in den Lungen auch wohl Eiterknoteu (kleinere oder grösscre Abscesse), die Bronchien blutigen, schaumigen Schleim enthaltend, oder theilweiso durch zähen Schleim verstopft oder mit eitriger Flüssigkeit erfüllt, die Schleim­haut in den grösseren Aesten derselben aufgelockert, ver­dickt, abnorm gefärbt, von grünlicher, grauer, schmutzig-rother Farbe. War Laringilis vorhanden, so findet sich auch die Schleimhaut der Luftröhre in ihrer oberen Par-ihie und namentlich im Luftröhrkopf entzündet, aufge­lockert; zwischen den Stimmritzenbändern, am Kehldeckel
Ausschwitzungen etc.
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sect;#9632; 61' Die plastischen Aiisschwhziingcn fehlen bei der In-Jluenza, sofern überhaupt Ausschwitzungcii zu Stande kom­men, gänzlich wohl nie; viclinciu* werden selbst in den aeutesten Fällen, wo nur der Erguss eines blutigen Serum in der Brusthöhle stattfand, in diesem in. o. w. Flocken g'cronnnencn Eiweis- und Faserstoffes, wodurch die Flüs­sigkeit m. o. w. getrübt wird, gefunden.
Bei vollständiger Abscheidnng der plastischen Stoffe, zu zusammenhängeiuleii Massen, von den wässrigen, kann das in der Brusthöhle vorhandene gelblich gefärbte Wasser klar und ohne Geruch sein, wennsonst die Obduction bald nach dem Tode vorgenonunen wird; so dass ein widriger, stinkender Geruch der Flüssigkeit keineswegs durchgrei­fend als ein Kriterium des Hydrops aculus gelten kann, wie Dies von Einigen wohl angenommen worden ist.
sect;. 62.
Unter den Organen der Iliuterleibshöhle wird am con-stantesten die Leber krankhaß verändert gefunden. Oft fin­det sich blos die Oberfläche derselben mit fadcuförinigon Coagulirungen der, von dem entzündeten und verdickt er­scheinenden serösen Leberzuge ausgeschwitzten, plastischen Lymphe bedeckt, und ihre Substanz ist dicht unter demselben bis auf eine oder mehrere Linien Tiefe, (durch plastische Ausschwitzungen) verdichtet und statt von brauner von graugclber Farbe, als Zeichen, dass die Entzündung, von dem peritonäalen Ueberznge aus, sich zwar auf die Sub­stanz der Leber verbreitet hat aber nicht tief eingedrun­gen sei. In solchen Fällen erscheint daher die Leber, auf den Querdurchschnitt vbn einem (orange-) gelben Rande umgeben. — In andern Fällen aber findet sich die Leber vergrössert, in ihrem Parcnchym durchweg auf genannte Weise, als Zeichen der tiefer eingedrungenen Entzündung, verändert. Als seltene Abnormitäten werden Berstung der Leber, Abscesse in derselben u. s. w. gefunden.
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Zwar nicht so häufig, aber doch in jenen Fällen, wo
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im Lclx'n dio Ersclioinungcn einer Bmich feil - Darmentzün­dung vorhanden waren, finden sich, wenn der Tod schnell erfolgte, die Ergebnisse der Bauclirrll-Darmcntzündung vor, so dass das Poritonänm, sowohl in seinen Bauchwandpar-Ihieen, als da, wo es die Baucheingeweide, die Därme u. s. w. unilileidet, dieselbe krankhafte Beschaffenheit zeigt, wie die Pleura; und gleichfalls auch in der Bauchhöhle eine Ergicssung wässriger m. o. w. blutigen u. s. w. Flüs­sigkeit gefunden wird. — Hatie die Entzündung auch hier bereits Ucbergänge gemacht, so bestehen diese auch hier, wie in der Brust, in wüssrigen und plastischen Aus-schwitzungen, wovon die ersten mitunter in sehr reichli­chem Maasc gefunden worden sind, so dass ihre Quantität 'i — 4 Stalleimer voll betrug. Die plastischen Ausschwiz-zungen finden sich tiieils in Form von Flocken, (falschen) Häuten dem Wasser beigemengt, oder als Fäden an der Bauchhöhlenobcrfläche, den Därmen, dem Zwerchfell, der Leber n. s. w. ankleben; wo sie vorherrschend und in sein: reichlichem Maasc vorhanden waren, hat man selbst die Därme unter sich verklebt und deren Wände, durch Aus­tritt plastischer Lymphe zwischen seröser und Muskel-haut, sehr verdickt gefunden.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; lt;
Tödtetc die Darmentzündung erst im fernem Verlaufe der Krankheit und wurde sie von Durchfall begleitet, so wird am gewöhnlichsten die Darmschleimhaut krank: ent­zündet, bedeutend aufgelockert, hier und da ihres Epithe­liums beraubt, Blutaustrctungen zwischen Schleim- und Muskelhaut bis zu 2'quot; Dicke gefunden. Ob dieser Befand aber der Krankheit stets angehört habe und mitunter nicht Folge der unzweckmässig gebrauchten Arzneien, so des t/alomols, gewesen sei, will ich nicht entscheiden. Mit, auf kleine Bäume, von der Grosse eines Silbergroschens und darüber, beschränkten Blutsugillationen, die sich bis zu 1 und mehrere Linien Dicke zwischen Muskel- und seröser Haut erhoben, findet man die Därme häufig hie und da besetzt.
Die JVieren hat man (in einzelnen Epizootien ziemlich
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häufig) cntziiiulei, oder sehr liluireich, gleichsam, wie einen geronnenen Bluikliini|)cn gefuiulen. Auch an der Harn­blase, Gebärmuller wurden milunfor deulliche Sporen der Kiifziiudimg wahrgcnomnicn.
In Fällen, wo ein namhaftes Leiden des Gehirns und Rückenmarks beobachtet wurde, hat man die Erscheinun­gen vorhanden gewesener Entziinduiig der Hirn- und Riickenmarkshäutc und plastische Exndationen an densel­ben gefunden.
sect;• 64.
Aussei- diesen Erscheinungen werden nun auch in jenen Fällen, wo das Fieber eine typhöse Natur bekundete noch solche vorgefunden werden, welche sich hierauf be­ziehen, so namentlich Zeichen der Entmischung der Blut-masse, Sugillationen an verschiedenen, sect;. 35. genannten Körpcrthcilen, brandige Zerslörnngen in äussern Theilrn, so, wo Fontanelle gelegen. War mit diesem Zustande ein Schleimhautkiden besonders hervortretend, so finden sich auch noch die Ergebnisse der sect;. 35. genannten Zufälle: beträchtliche Zerstörungen auf der Nasenschlcinihaut (und mitunter auch auf der Darmschleimhaut) Geschwüre daselbst, die Kieferhöhlen mit jauchichter Flüssigkeit erfüllt, bran­dige Geschwürflächcn im Kehlgang etc, Waren rfugen-oder Gelenkentzündungen vorhanden, so werden auch diese Theile verändert gefunden, so im letztern Falle die Kno­chenenden aufgelockert, entzündet, besonders in ihrem knorpelichen Ueberzug; die Synovialhäute aufgelockert, durch plastische Ausschwitzungen verdickt, von einer zähen, dunkelgelb oder, durch beigemengtes Blut, roth ge­färbten Gelenkschmierf, in der sich auch wohl Gerinsel plastischer Lymphe befinden, stark ausgedehnt; in heftigen Fällen selbst die übrigen Gelenkbänder, nahliegendc Seh­nen, Aponeuroscn etc. entzündet und in das zvvischenlie-gende Zellgewebe Infiltrationen einer serösen, serösblutigen Flüssigkeit. — Bei etwa anthraxartiger Beimischung, wird das Blut entmischt von sclnvarzcr Farbe und theerartiger Bcschaflenheit, die gelassreichcn Organe, wie Lungen, Leber,
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Milz von einem Blnic von gletchor BoschafTenlieit aufgefne-ben, fleckig, dunkel genirbt und mürbe gefunden, und was eiWscheidend ist, es finden sich die dein Anibrax eigenthuni-licben gelbsulpigen Infiltrationen, die mitunter selbst in Form von Karbunkeln erscheinen, au verschiedenen Kör-perstellen vor, so namentlich an dem sect;. 36. genannten Stellen. Indessen auch selbst in diesem schnell zum Tode fülirenden Fällen ist das Leiden dor serösen Häute nicht gänzlich verwischt, ihre entzündliche Beschaffenheit viel­mehr in. o. w. deutlich zu erkennen.
sect;• 65gt;
Nachhranhheilen.
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Die so mannigfachen örllichen Affectionen, welche die Jnßuema eingeht, lassen schon erwarten, dass sie auch zu den verschiedensten Nachkrankhcilen führen könne. In der Wirklichkeit hat sich Dies nun aber auch so bestätigt dass die Influenza erst eben ihrer IVachkrankheiten wegen eine so gefiirchtete Krankheit geworden ist. Hat nun auch gleich die Erfahrung gelehrt, dass die Nachkrankheiten in der letzten Zeit, gegen früher, an Zahl und Stärke gerin­ger geworden sind — eine Frucht der jetzt besser er­kannten Nadir der Inßuenza und einer gegen früher zweck-mässigeren Behandlung derselben — so steht doch auch fest, dass ihre gänzliche Abwendung ausser der Möglich­keit ärztlicher Eingriffe liegt, und sie noch ein sehr wichtiges Kapitel in der Beschreibung der Injluenza aus­machen. Ebendeshalb halten wir es denn auch für ange­messen, denselben ein besonderes Kapitel anzuweisen. Es würde indessen viel zu weit führen und in das Gebiet der Krankheitslehre sehr allgemein eingreifen, wollten wir uns auf eine spezielle Beschreibung aller Nachkrankheitcn einlassen. Deshalb, und um die Gränzcn einer Monogra­phie nicht zu weit zu stecken, wird es genügen müssen, derselben in ihrer Allgemeinheit zu gedenken, die spezielle Würdigung (ihre Bedeutung, Gefahr etc.) wird auch füglich dem Sachverständigen überlassen bleiben können.
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sect;. OD. Die Nachkrauliliciteii bestehen nun iheils in innerlichen Leiden theils in chirurgischen liebeln, so dass sie hiernach in zwei Hauptklasscn zerfallen; im (•anzen aber gehören folgende zu den wichtigsien.
1) Verdauungsschwäche (Unordnungen in der Verdau-ungslhätigkeit, Mangel an Appetit, schwache, schlechte Verdauung und daher rührende mangelhafte Ernährung) gehört zu einem der gewöhnlichen JVachübel der Li/luenza. — Der Grund derselben kann im Darmkanal, in einer feh­lerhaften Secretion des Magen- und Darinsaftcs; in einer krankhaften Veränderung der Gekrössdrüsen (man fand dieselben sehr vergrössert und verhärtet oder in Eiterung übergegangen und dann mitunter beträchtliche Abscessc bildend) oder aber in chronischen Leiden der Leber und daher rührende anomale Gallensccrclion — liegen. Im letzten Falle, bei chronischem Lebcrleiden, hat man auch die Ausbildung von chronischer Bauchwassersucht zu fürch­ten. Die Ermittlung des Ursprunges des Uebels ist in therapeutischer Beziehung von besonderer Wichtigkeit. Daher möge hier die allgemeine Bemerkung Platz finden, dass im ersten Falle die allgemeinen Erscheinungen des Status gastricus pituitosus, im zweiten die eines lymphati­schen Leidens und im dritten die des Stat. gast, hiliosus gefunden werden. Durchfall begleitet den einen oder andern dieser Zustände nicht selten und setzt die Ernäh­rung noch mehr herab. — Dergleichen Uebel bleiben nun in jenen Fällen gern zurück, wo die Krankheit langsam verlief, das Fieber seine faulige Natur deutlich ofTenbartc, so wie dort, wo die Leber und der Darmkanal in nam-liaffe Mitleidenschaft gezogen wurden, Entzündungsübcr-gänge in ihnen zu vermuthen stehen, und die Krankheit zu Anfange oder in ihrem Verlaufe von Kolikzufällen be­gleitet wurde. —
Es ist der genannte Zustand immer von Bedeutung, da er m. o. w. in den Ernährungsprozess eingreifend, bei längerem Fortbestehen und fruchtlosem ärztlichen Ein-
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schreiten, leiclif zu cliroiiischon, anheilbaren liebeln fübrt, die sich als cacheclische Leiden oflenbaren. Am ehesten ist Dies der Fall, wenn lt;lie Gelirösdrüsen krank siiul, und da­durch eine gute Clivlificatioii leidet, oder Eiterbildung H. s. w. in der Leber, (icschwürausbildung im Darmkanal zu Stande kommen. Der Hinzutritt eines hektischen Fiebers bekundet dann die iibele Wendung und lässt wenig Hoff­nung für die Rettung der Thierc. Die allgemeine Ab­magerung nimint dann rasch zu, es gelangen auch wohl noeli Rolz und fVurm zur Ausbildung.
sect;• 67.
2)nbsp; Chronisclier Husten. Ein monatelang, nach überstan-dener Inßuenzu, fortbcstchciuler linsten, bleibt nicht selten zurück und namentlich in den Fällen, wo die Schleimhäute der Rcspiralionswege namhaft mitlitten. Er scheint bald lediglich auf einer gesteigerten Reizbarkeit der cbengenann-ten Schleimhäute zu beruhen und besteht dann für sich, bald aber auch mit Ucbcrbleibseln der Lungenentzündung: Lungenknolen, Verwachsungen der Lungen etc. zusammenzu­hängen. In diesem Falle wird er dann noeli von Ath-mungsbeschuerden (Ilurzatlnnigkeit) begleitet und dadurch von höherer Bedeutung. Mitunter sah man neben dem Husten, auch noch Schleimtluss, chronischen Lungenkatarrh (Blennorrhoea pulmonuni) bestehen.
sect;. 68.
3)nbsp; Athmungsleschwerden (Knrzathmigkeit, Dämpfigkeit) gehören überhaupt zu den gewöhnlicheren Folgeübeln der Influenza in jenen Fällen, wo eine Brnstentzündung mehre Tage in beträchtlichem Grade fortbestand. -— Es ist schon sect;. 47 erwähnt worden, dass selbst in jenen Fällen, wo Ge­nesung eintritt, sehr häufig mehre Wochen eine grösserc Reizbarkeit in den Respirationsorgancn und erhöhte Er­regbarkeit in dem Cefässsystem zurückbleibe, die sich durch beschleunigtes Athmen etc., besonders wenn die Thicre bewegt werden, zu erkennen gebe. Wo sich nun die Auf­regung im Gefässsystcm verliert und mit dieser nicht gleich­zeitig auch das beschleunigte Athmen, da besteht dieses in
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der Form von Kurxalhmigkeil fort, und es hält solche dann nicht selten noch mehre Monate an, bevor sie sich, im günstigsten Falle, verliert, oder sie ist bleibend und macht das Thier dämpßg. Im ersten Falle bemerkt man ge­wöhnlich deutlich periodische Verschlimnierungon, die meistens mit ungünstiger — feucht kalter — Witterung zusammenhängen und als eine Frucht der, durch die Krankheit zurückgebliebenen grösseren Empfindlichkeit der serösen Häute zu betrachten sind. Dadurch erinnern sie an die bestehende Association zwischen rheumatischen üebeln und widrigen Witterungseinflüssen überhaupt. Im zweiten Falle, wo die Kurzathmigkeit überhaupt einen hühern Grad erreicht, statt abzunehmen, noch woli! zunimmt und bleibend wird, stellt der ganze Zustund die Dämpjig-Jeeit, mit ihren eigcnthümlichcn Erscheinungen dar. — Ob ein Pferd nach überstandener Influenza mit zurückblei­benden Athmungsbeschwerden bleibend dämpfig sei oder nur voriibergeheud: Das lässt sich mit Gewisslieit von vornherein nicht bestimmen, sondern kann höchstens nur vcrmuihet werden. Wenigstens liegen (mir) Reispielc genug vor, dass Pferde mit allen Erscheinungen der Dämpfigkeit nach Verlauf von ^, i, — 1 Jahr wieder ganz normal athmeten (wenn sonst sie nur zu leichten und lang­samen Arbeiten benutzt wurden) — ein Umstand, der in Bezug auf die gerichtliche Thierheilkunde wohl erwogen zu werden verdient. Eine nähere Erörterung dieses Gegen­standes kann hier nicht Aufgabe sein, und es dürfte ge­nügen auf denselben aufmerksam gemacht zu haben. —
sect;69. 4) Schwindsucht. .Auch diese tritt in die Reihe der Nachkrankheiten der Tii/luenza auf, und zwar am gewöhn­lichsten als Lungenschwindsucht, wenn die Lungenentzün­dung in dem Grade zur Eiterbildung in den Lungen führte, dass dadurch das Ernährungsgeschäft sehr herabgesetzt und ein hektisches Fieber, mit allgemeiner Abmagerung zur Ausbildung gelangt. Es ist diese Krankheit eine der übel­sten Folgekrankhciten der Injluenza, denn nur selten ist
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liier noch auf Genesung zu liofl'eu, doch ist ilicsc keines­wegs gänzlich ausgeschlossen. Bei jungen, nicht zu sehr geschwüchien Thiercn vermag die Katar und eine zweck-mässige Behandlung noch viel, hesomlors wenn zeitig (hei erkaiuitem Uehergnngc der Entzündung in Eiterung) dein
Uebel entgegen getreten wird.
sect;• -o.
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5)nbsp; nbsp;Verdächiige Druse, als Folgokrankhcit der Inßueu/.u, ist ziemlich häufig beobachtet worden- Wie sect;. 15. und 16. schon erwähnt, ereignet es sich nicht selten, dass entweder schon, von vornherein das Schleinihaufleiden eine lympha­tische Beiinischung erleidet, oder aber im ferneren Verlaufe lt;lcr Krankheit eine solche AfTection erst hervortritt (cf. auch sect;. 35.). In manchen Fällen sogar wurde die Affection der Schleimhäute verwischt, und ein Leiden des Lyniph-drüsensystems (durch Anschwellung der Kehlgangsdriisen etc. markirt) trat allein eu den Erscheinungen der/jraquo;/7uenraquo;a überhaupt; in noch andern Fällen nahm das caiarrhalisch-lymphathische Leiden mehr eine mclastatischc Richtung, erschien ganz in der Gestalt der sogenannten verschlagenen Jhuse (indem sich an verschiedenen Stellen des Körpers, am Wiederrüsl, auf dem Rippengewölbe, in der Nähe der Ohrdrüse etc. Ablagerungsgeschwülstc, wie sie bei dieser Druscnforin vorkommen, sich bildeten). — Solche Fälle siiul. es nun , wo leicht, bei besonderer Disposition der Kranken (cf. sect;. 9ti.^ oder Vernachlässigung, eine Ausartung in schwerere und bösartige lymphatische Krankheitsforinen stattfinden, verdächtige, lösarlige Druse zur Ausbildung gelangen, die, wenn sie auch in vielen Fällen noch glück­lich geheilt werden, doch auch nicht minder oft,
sect;. 71.
6)nbsp; nbsp;zu Rotz und Wwrm führen. Die Anzahl Pferde, welche, nach überstandener lußuenxa, durch diese letztge­nannten Krankheiten noch ihren Tod fanden, ist wahrlich nicht geringe. Mir liegen Beispiele vor, wo 3—6 pr Ct. und darüber von den influenzkranlKen Pferden später wegen Rotz und Wurm getödtet werden mussten. Die hohe Be-
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deuiung, welche laquo;lahcr vertlacMigc Druse eic. als Nacli-krankheit der Tn/htenxa unter Umsländcn, wie in Gestüten, Rcmonte-Depots, Cavalierieställen etc. erlangen können, liegt sehr nahe. Nur zu leicht werden die Folgcübel hier von viel ernstlichem Belange, als die Inßuenza selbst es war. — Es ergiebt sich hieraus auch die grosse Auf­merksamkeit, mit welcher die Inßuenza von dieser Seite aus ins Auge gefassi sein will, und dass eine genaue Wür­digung der catarrhalisch-lymphatischen Nebenlciden stets empfehlenswerth sei. In Bezug dieser und ihrer Folge-übel überhaupt glaube ich, die aUgemeiue Bemerkung (denn eine speziellere Betrachtung muss hier ausiallen) noch hinzufügen zu müssen, dass ihre Ausbildung oft sehr rasch erfolgt, so dass mitunter binnen 2 — 4 Wochen Pferde influenzkrank sein und rotzig werden können; nicht selten sogar wider Vcrmuthen. In andern und den ge­wöhnlichem Fällen aber werden die gewöhnlichen Stufen durchlaufen, und der vollendete Rotz tritt erst nach plusmn; bis | bis 1 jähriger Frist hervor, wenn nicht, der fruchtlosen Kur-versuche müde, die Pferde früher getödtet wurden, (wozu un­ter Uniständen nur zeitig gerathen werden kann). Auch ist der und zwar der übelste Umsland wohl zu berücksichtigen, dass nicht gleich und unmittelbar nach überstandener Influenza die Erscheinungen der verdächtigen Druse eic, vor­handen sind, so dass diese etwa nur als eine Fortsetzung von jener zu betrachten wäre; sondern nicht selten schei­nen die Kranken (ausser einer zurückbleibenden gering­fügigen Anschwellung der Kehlgangsdrüsen) vollständig genesen, und über mehrere Wochen erst entwickelt sich successive das bis dahin' geschlummertc (zurückgetretene) lymphatische Leiden von Neuem. Auch dann pflegt es wohl noch in scheinbar gutartiger Druscnform aufzutreten, und erst über kurz oder lang seine bösartige IVatur zu entfalten. Man traue daher niemals solchen Erkrankungen, bei denen während des Verlaufes der Influenza ein nom-haftes catarrhalisch-lymphalisches Leiden hervortrat.
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7)nbsp; nbsp;Wie v'lugeneniZündungen schon im Verlaufe tier In­fluenza (cf. sect;. 2ü.) vorkommen können, so sehen wir sie (mehrere Wochen) nach iibersfandener Krankheit noch viel häufiger auftreten. Es ist Grund vorhanden, eine be­sondere Disposiiion bei den befallenen Individuen anzu­nehmen, die durch die Influenza noch gesteigert wurde, so dass nach Uebcrstehung derselben Gelegenheitsursachen (Erkältungen) einen weit grösseren Effect ausüben. Die Augenentzundung tritt ihrem Erscheinungen nach als rheumalische auf, und fulirt demzufolge gern zu Exudationen, artet aber auch gern (bei erblicher Disposition) in perio­dische Augenent/Aindung aus und hat in ihrem Gefolge die dieser zukomnienden Ausgänge. Sie zeigte sich überhaupt nicht leicht, und manches Pferd ist durch sie theilwcise oder gänzlich erbliiidet. Die Zahl der Erkrankungen an Augenentzüiulung nach ttberstandener Injluenxa war oft sehr belrachdich, namentlich in jenen Gegenden und bei Pferdeschlägen, wo und bei denen innere Augenentzündun-gen auch für gewöhnlich häufig beobachtet werden, und eine erbliche Anlage zu vermuthen steht.
sect;• 73.
8)nbsp; lähmungsarlige ScJiwäche, selten förmliche Lähmung einzelner Thcilc bleiben nach der Injhiensa in jenen Fällen, wo derartige Zufalle schon während des Verlaufes der Krankheit, als Begleiter des nervösen Fiebers, der Ent­zündung der Hirn- und Rückenmarkshäute hervortreten, nicht selten zurück. Es kann die Lähmung an allen den sect;. 31. genannten Theilen vorkommen, am häufigsten ist sie aber doch am Hiiiterthcil beobachtet worden. In der Mehrzahl der Fälle verlor sich die Lähmung oder lähmungs­artige Schwäche, unter einer zweckmässigen Behandlung, nach und nach, doch ereigneten sich auch Fälle, wo Dem nicht so war: die Schwäche im Kreuze blieb und machte das Thier in. o. w. nnbrauchbar. In solchen Fällen schei­nen unheilbare krankhafte Veränderungen im Rückenmarke zu Grunde zu liegen.
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sect;. 74.
9) Conlracluren der Seimen, Sehnen-Scheiden und Ge­lenkanschwellungen gehören zu den häufigsien Nachkrnnk-heiten der Inßuenza. Die crsleren folgen der Krankheit gewöhnlich gleich, gehen gewissermassen unmütclbar aus derselben hervor; die leiztcru lt;rcten dagegen entweder erst gegen das Ende der Rcconvalcscenzperiodc ein oder, was eben so häufig und fast noch häufiger der Fall ist, nachdem die Pferde bereits -wieder zu Diensten benutzt wurden. Am gewöhnlichsten werden die Gliedmassen cr-griifen, und wie es scheint, die vordem mehr als die hin­tern. Die Confracluren bemächtigen sich insbesondere der Beugemuskeln der Schenkel und veranlassen eine bockbei­nige, kiHhensländige, sielzfussarlige etc. Stellung der Schen­kel, begünstigen die Ausbildung vom Bock/mf, ja wo (in seltenen Fällen) die Sehnen weit verbreitet am Körper ergriffen sind, kann eine förmliche Ungcslaltung des Kör­pers veranlasst werden, wohin auch die mitunter erfolgten Rückgradsverkrümmungen gehören. Da in solchen Fällen die Bewegungen der Thiere meistens mit viel Sclimerz für sie verbunden sind, so kann man mit Recht sagen, dass dergleichen Kranken zu den hemitleidcnswerlhesten Ge­schöpfen gehören. Jede Bewegung scheuend, liegen sie fast beständig, liegen sich leicht durch etc. —
sect;•75.
Viel häufiger nun als die blossen Coniraciuren der Sehnen kommen (entzündliche) Jlnsehwelhmgen einzelner Sehnen vor — am allergcwöhnlichsten dicht über dem Fessclgelenk und zwar wieder an den Vorderschenkelu gewöhnlicher als an den Hinterschenkeln. Sie können aber an allen Körperlheilen, wo Sehnen mit Scheiden sich finden, vorkommen, so wie auch in den Aponeurosen am Vorarm, am Unterschenkel etc. Der eigentliche Sitz (der Entzündung) ist mehr in den Sehnenscheiden (des Kronen-nnd Hufbeinbeugers) als in den Sehnen selbst. Es sind diese Anschwellnngen (vor deren Eintritt, worauf ich hier besonders aufmerksam machen will, nicht selten eine
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fieberhafte Aufregung im fiefitsssystem bcobacliict wird) da sie vorzugsweise durch eine krankhaft vermehrte An-saiumlung von Selmcnschmicre in der Sehnenscheide und da­durch erfolgte Ausdehnung der letztern veranlagst werden, in. o. w. fluetuirend (wodurch sie sich, ausser dem Sitze, dicht über dem Fesselgelenk, von dem sogenannten Sehnen-Mapp unterscheiden) und höchst schmerzhaft, so dass sie den befallenen Schenkel bei der Bewegung m. o. w. ganz aussei' Gebrauch setzen. Es kömmt nun bald und gcwohnlicli nur an einem Schenkel eine solche An­schwellung vor, doch wurden nicht selten zwei, mit­unter drei, ja in einzelnen Fällen selbst alle vier Schen­kel zugleich ergrifTen. Dadurch werden die Thiere sehr leidend, liegen fast beständig, und wird bei ihnen ein Reizfieber unterhalten. In manchen Fällen bilden sich die mehrfachen Anschwellungen nicht zu gleicher Zeit aus, sondern es wird ein Schenkel nach dem andern und nicht selten in Zwischenzeit von 2, 4—6 Wochen und noch länger ergriffen; ein Umstand, der in prognostischer Seziehung von Wichtigkeit ist.
Es lassen diese Sehnenanschwellungcn insbesondere, wenn sie in der Behaiullung vernachlässigt werden, gern Verdik-kungen, Sehnenscheidengallen etc. zurück. Sie erscheinen am gewöhnlichsten bei den Pferden, bei welchen vollstän­dige Krisen nicht zu Stande kamen, oder wo eine Störung derselben stattfand. Hiermit scheint auch die Beobachtung zusammenzuhängen, dass man dies Ucbel häufiger dort vor­kommen sah, wo die Krankheit mit dem asthenischen Cha­rakter auftrat, oder wo Aderlässe, ohne gerade angezeigt zu sein, unternommen worden waren.
sect;.76. Die Anschivellungen der Gelenke kommen (obwohl kein Gelenk davon ausgeschlossen ist) am gewöhnlichsten am Sprung- und dem Hinterkniegclenk vor. Auch sie sind gewöhnlich entzündlicher Natur und theilen dann eine gleiche Schmerzliaftigkcit mit den Sehnenanschwellungcn,
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Der eigoniliclic Siis. sind zunäciist die Gclenkbäiulcr, von denen das Kapsclband durch Uebcrfullung mit Synovia, stark ausgedehnt ist und die ganze Geschwulst in. o, w. fluetuirend macht. Es können aber auch im ferneren Ver­laufe die Knochen (Gelcnkendcn) mit in den Kreis der Entzündung gezogen, und dadurch das Leiden gefahrlicher werden. Auch die Gclenkanschwcllungen lassen gern Verdickungen, Gallen, Pipphacken etc. zurück.
Die Erscheinungen nun, welche die Gelenk- wie die Sehnenanschwellungcn überhaupt begleiten, lassen das Leiden für eine rheumatische Entzündung erkennen. Hierfür spricht nicht allein der Sitz, sondern auch die sie stets begleitende, vorherrschende IVeignng zu Exudationcu [Man findet gewöhnlich in dem Inhalte der Geschwulst, sofern eine OefTnung derselben später zur vollständigen Beseitigung derselben vorgenommen wird, fadenförmige Gerinsel plastischer Lymphe.*)]
sect;• 77.
10)nbsp; Nächst den so eben beschriebenen schmerzhaften Anschwellungen, kommen mitunter auch schmerzlose an verschiedenen Körpertheilen vor, die nicht selten auch wieder die Gelenke einnehmen und hier gern zu namhaften Ansammlungen der Synovia und Bildung von Gallen führen; am Sprunggelenk auch wohl Pipphacken erzeugen. — Des­gleichen sah man
11)nbsp; nbsp;umfangreiche Jlhscesse an verschiedenen Körper­theilen vorkommen. Der Sitz und die Beschaffenheit der­selben werden ihre Bedeutung näher würdigen lassen; im Allgemeinen aber gehören sie nicht za den übelsten Nach-krankheiten und dürften selbst nicht selten noch in einer kritischen Beziehung znr Influenza stehen (cf, sect;. 48.)
*) Diese failenfDcmige Gerinsel gleichen den in seltenen Fällen in [den Selinensclieiden sich findenden Würmern. Wohl müglicli, dass die Entstehung derselben mit dem hesprochenen Krankheilszu-slande im Zusammenhange steht I
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sect;. 78.
12)nbsp; Ucbler, ihrer Hartnäckigkeit in der Heilung wegen, sind jene schmerzhafte Jlnschwellungen auf den Rippen, die von einer Entzündung der Beinhaut und Auftreibiiiig die­ser Knochen auszugehen scheinen. Auch hier entstehen, durch Eiterbildung in den benachbarten Weichgebilden, Abscesse; nicht selten werden aber auch die Rippen selbst von Caries ergriffen, Stückchen Knochen lösen sich ab und die Heilung verzögert sich sehr. Ja mau sah selbst bei pro-fuser Absonderung eines jauchichten Eiters und durch die wahrscheinliche Absorption desselben in einem Falle ein tödliches Faulficber sich entwickeln. (Beyer). Diese (rheumatisch arthrtische) Entzündungen, die bald den Körper der Kippen, bald aber auch die Gelcnkköpfc der­selben ergreifen, mitunter auch am Brustbein erscheinen, pflegen gewöhnlich 6—8 Wochen nach überstandener In­fluenza hervorzuireten.
sect;. 79.
13)nbsp; In einzelnen Fällen sah man auch Auftreibung des Speichelkanals, Anschwellung, Verhärtung der Ohrdrüsc und Fisteln daselbst entstehen. Imgleichcn erfolgen,
14)nbsp;wenn das die Influenza begleitende Fieber seinen fau­ligen Charakter behauptete, vble Geschwüre an den früher geschwollen gewesenen Theilen, so wie dort, wo Haarseile, Fontanelle etc. gelegen haben. Dann und vorzüglich wur­den beobachtet: übelartige Geschwüre in der Käthe, die lange bestanden, nur langsam eine Heilung eingingen und gern zu Entartungen der Haut (Verdickung etc. derselben) führten.
sect;. 80.
15)nbsp; Harte hegränxte Knoten in der Haut, die mehrere Wochen bestanden und dann unter Ausfallen der Haare wieder verschwanden, sind auch noch den IVachüheln der Influenza beizuzählen. — Das Ausfallen der Haare wird übrigens nach der Influenza (mit nervös-fauligem Fieber) auch ohne die ebengenannte Knotenbildung, ziemlich häufig beobachtet. Gewöhnlich gehen nur die Deckbare, mit
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Bildung von kleinen nackten llautstellen, zum Theil ver­loren. In einzelnen Fällen sind es aber auch vorzugsweise die Mähnen und der Schweif, welche m. o, w. gänzlich von Haaren enthlössi -und dadurch die Thierc geschanddeckt werden. Die Dekhaarc regeueriren sich zwar bald wieder; doch sieht man dieselben mitunter eine andere Farbe au-nchmen, die zwar der frühem Grundfarbe noch angehörend, doch in einer sehr abweichenden Niiancirung besteht. Pferde, welche die Haare so verlieren, zeigen sich von der Hautseite aus sehr empfindlich gegen die Witterungsein-fliisse , was in diätetischer Beziehung beachtet sein will. —
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16) Ausser den bereits genannten Naclikrankheiien können nun auch noch andere der Influenza folgen, die jedoch zu den seltenern gcliören. So sehen wir, wenn die Harn- und Geschlechtswcrkzeuge, während des Verlaufs der Influenxa besonders mit ergriffen waren, als Nach-krankheiten Störungen in der Harnexcretion: Ilarnhe-schwerden, Inconlinentia urinae, Lähmungen der Ituthe etc. wohl eintreten. In einzelnen Fällen folgten Ilarnruhren, JYiereti-schwindsucht, chronische Bauchwassersucht etc. In andern Fällen blieben Störungen in den Iliruverrichtungen: Stumpfsinniglieit etc. zurück, so laquo;lass die Erscheinungen des niedern Grades des Dummkollers vorhanden waren. Diese verloren sich zwar meistens nach kürzerer oder län­gerer Zeit wieder, wurden in einzelnen Fällen aber auch bleibend.
sect;• 82.
Einer interessanten. Bcobachtang ( laquo;reiche in den Re-monte-Depots gemacht worden ist) dürfte hier schliesslich noch Erwähnung geschehen; nämlich der, dass nach über-standener Krankheit später bei mehreren Pferden innere Verblutungen vorkamen, die ihren Grund in geplatzten *lneurysmen (der Darmaterien) fanden. Es dürfte dieser Umstand wohl den Ruckschluss' zulassen, dass die Bildung von Ancurysmcn während der Krankheit stattfinde. Man
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dürfte die Erklärung hierfür allenfalls tiarin finden, dass bei einem vorzugsweisen Leiden der Hintcrlcibsorgane in Folge der Turgescenz der Gefässe (welche durch die sect;. 19. genannte Bescliaflenhcit des Bluts begünstigt wird) und Hemmung des Blutlaufs, besonders im Pfortadersystem, bei starkem Antriebe des Bluts in den Arterien, in diesen, (vielleicht durch Dünuheit der Wände an einzelnen Stellen begünstigt) die Erweiterungen entstehen.
Man hat, da die Innern Verblutungen besonders bei Pferden beobachtet wurden, die während der Krankheit viel Calomel erhalten hatten, auch die Vcrmulhung aufge­stellt, dass der Gebrauch dieses Mittels (insofern es einen stärkeren Andrang des Bluts nach den Darrnkanal veran-lasst etc.) anf die Entstehung der Aneurysmen von Einfluss sei. — Nach der Seuche im Remonte-Dcpot Friedrichsau im Jahre 1828 verlor ich in Zeit von 2 Monaten, von circa 200 die Seuche überstandenen Pferden 4 Stück an innerer Verblutung. Andere haben ähnliche Verhältnisse erlebt.
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III. Aetlologle der Influenza.
sect;. 83.
Vorbem erkung.
Die tletiologie der Inßuenm befindet sich noch keines­wegs auf dem Standpunkte, dass sie eine, auch nur eini-germassen, befriedigende Einsicht in die Pathogenie dieser Krankheit gewährte. Der Grund hiervon muss zunächst in der Schwierigkeit gesucht werden, die Ursachen bei Seuchenkrankheiten überhaupt anfzufinden; da diese als mehr ungewöhnliche Erscheinungen meistens unter Ver­hältnissen auftreten, deren Erkennung weniger zu Tage liegt. Vorzüglich aber wird das Auffinden der Ursachen
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bei diesen Kraiikheiicn dadurch erschwert, dass man nur zu geneigt ist zufällig vorhandene, näher erkennbare nach-theilige Einflüsse für die cigenÜich veranlassenden Ursa­chen zu nehmen; während [sie nur als beiläufige, mitwir­kende, schädliche Potenzen (Alitnrsachen, concausae) zu be-traebien sind. Einseitigkeit in der Anflassung haben we-scntlieh zur Verwirrung beigetragen. So kam es denn, dass der Eine Dies der Andere Jenes als die Ursache der Influcnxa anklagte, jenachdem man dieselbe bei einer ladelhaftcn Futterbeschaffenheit, unter nachtheiligen Witie-rungseinflüssen, unzwccliinässigcm Gebrauch der Pferde etc. auftreten sah. — Erst eine grosse Anzahl von Beobach­tungen verschiedener Seuchonfällc konnte die Einseitigkeit in den Ansichten dart hu n und musste zunächst zu dem Resultate führen, dass die, bei der Infhienza angeklagten Ursachen mindestens eine grosso Vielseitigkeit zeigen. Die Fälle nun, und deren Anzahl ist nicht klein, wo in dein Verhalten der Pferde gar nichts IVachtheiliges aufgefunden werden konnte, und dieselben der Influenza doch anheim­fielen, musste ferner nofhwendig auf den Gedanken führen, dass noch andere, nicht so leicht erkennbare Ursachen die Krankheit ins Dasein zu rufen vermögen. — Diese letzten Ursachen nun scheinen sogar, bei vorurlheilsfreier Prüfung und als summarisches Resultat der über die Infhienza ge­wonnenen Erfahrungen zufolge, grade den wesentlichsten Antheil an dem Entstehen derselben zu haben. Ein Re­sultat, dass allerdings sehr wenig befriedigend ist, dafür aber ein um so grössercs Feld der IVachforschungen eröff­net. Ein Feld, dass zugleich zu der grössten Vorsicht in den Schlüssen mailnt-, da seine Wege des deutlich Erkennbaren nur wenig bieten und fast unvermeidlich zur Hypothese lenken.
Ich habe es nun in dem Nachstehenden versucht (!) eine grösserc Aufklärung in die ätiologischen Verhältnisse der Influenza zu bringen, als bisher darin bestanden. Sie durchaas befriedigend abgehandelt zu haben, schmeichle ich mir nicht, doch bin ich mir bewusst, auf Thatsachcn
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als das nur Fruclitbringcnclc in tier Heilkunde, gebaut zu haben. Dass die hiervon abgeleüeicn Schlüsse überall richtig sind, will ich nichts weniger als behaupten; gebe vielmehr gerne zu, dass das Gesagte der Ergänzungen und Berichtigungen bedürnig ist, —
sect;. 84. Anlage. Was zunächst die Anlageverhältnisse der Jn-JJuenza betrifTt, so scheinen eine (grösserc) besondere An­lage zu dieser Krankheit, aus ICreuzung hervorgegangene, veredelte Pferde zu besitzen. Wie Eingangs bereits ange­führt, ist die Influenza fast ausschliesslich nnr bei derarti­gen Pferden, nie (so viel ich darüber habe in Erfahrung hringen liönncn) in seuchenartiger Verbreitung, bei unver-mischt gebliebenen Pferden gemeinen Schlages, in ursprüng­licher Entwicklung, beobachtet worden. Wo die Krank­heit ausnahmsweise bei einzelnen dieser Pferde gesehen wurde, muss die ursprüngliche Entwicklung derselben bei ihnen doch sehr in Zweifel gezogen #9632;werden; da stets ein Zusainmentreffen dieser Pferde mit Kranken gegeben war, und somit eine erfolgte Ansteckung wahrscheinlich wird. Wie­derholt sind die Beobachtungen gemacht, dass gemeine Pferde, inmitten veredelter und von der Krankheit befalle­ner Pferde, verschont blieben,- woraus auf eine überzeu­gende Weise hervorgeht, dass jene nur eine geringe Nei­gung in die Krankheit zu verfallen besitzen. — Wollte man diese Thatsachc erklären, so dürfte der Grund davon in der höheren Sensibilität der veredelten Pferde und der daraus erwachsenden grössern Emplanglichkeit, vermöge welcher sie für äussere Einflüsse überhaupt und für schäd­liche (Krankheitsreize) insbesondere empfänglicher sind, gesucht werden müssen. Es scheint, dass, gleich wie die materielle Seite des Organismus, die Körperfonn, erst durch eine mehrere Generationen fortgesetzte Paarung zu einer gewissen Conslanz und SlalililiU gelangt. Dies auch mit der dynamischen Seite des Organismus der Fall sei. — Wäh­rend der Ausgleichnngspcriode (die von der ersten Ver­mischung zweier verschiedener Pferdcracen bis zur Errei-
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cliung eines bestimmten Racelypus dauert) wo gewisse he­terogene Eigenschaften gegenseitig sich ausgleichen müssen, bevor die gewünschte I/omogenilät (Racetypus) erreicht wird, scheint der Organismus sowohl in somalischer als dynami­scher Hinsicht weniger fest zu sein und den ätisseren Ein­flüssen eine weit grösscre Gewalt über sich einzuräumen, diesen überhaupt weniger zu resistiren im Stande zn sein. Daher werden denn Krankheiten bei dergleichen Indivi­duen nicht allein Läufiger beobachtet, sondern die gewöhn­lichsten bei Pferden vorkominenden Krankheiten, verlaufen bei ihnen immer viel heftiger, und die guiartigsten wer­den bei ihnen leichter bösartig. Ich erinnere in dieser Beziehung nur an die Druse, die bei Pferden reiner Race viel gelinder verläuft als bei noch in der Veredlung bo-grißenen. Daher tritt diese /frankheit in Gestüten, wo noch Kreusnng betrieben, weit heftiger auf, als dort, wo bereits eine reine, constante Race erzielt wurde; daher die Druse unter den Rcmonte-Pferden (welches fast durch­weg veredelte Pferde sind) so häufig, während sie bei den Pferden gemeinen Schlages nur selten einmal jene Höhe erreicht, dass thierärzlliche Hilfe nothwendig wird. Ich würde das hier eben Gesagte durch eine grosse Zahl von Beispielen, in meiner Praxis und auf meinen Reisen ge­sammelt, belegen können, wenn ich nicht voraussetzen dürfte, dass dieser Erfahrungssatz bei den meisten Tliier-ärzten sich geltend gemacht habe, und nähere Erläuterun­gen über diesen Punkt die Gränzen des mir vorgesteckten Zieles weit überschreiten würde. Da es nriii jetzt bei uns fast keinen unvermischt gebliebenen Pferdeschlag mehr giebt, so lässt sich hieraus das immer allgemeiner gewor­dene Grassiren der hifluemu erklären *).
*) Mit Bezug auf ilie zu sect;. 2. gemachte Note, will ich hier noch hemerlien, dass das jetzt häutige Vorkommen der Influenza allerdings auch nach der Ansicht seine Erklärung finden kOnae, nach welcher Alles in der Natur, nach einem ewigen, unerforschliehen Gesetze ei­nem steten Wechsel unterworfen ist, Indem hiernach consequent
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80 wie nun veredelte Pferde eine grösserc Anlage zu der in Rede stellenden Krankheit besitzen, so scheint auch das jugendliche Aller mehr für dieselbe disponirt als das höhere Alter, — Durch eben iiberstandenc andere Krank­heiten (bei Reconvalescentcn) scheint gleichfalls die An­lage für die \nfluenxa gesteigert zu werden. So sah man Pferde, welche eben die Druse überstanden haften, leich­ter in die Krankheit verfallen. {Bachmann.)
sect;. 85.
Vielfältigen Beobachtungen zufolge scheinen nun auch noch gewisse Ausseneinflüsse die jVeigung, in die Krank­heit zu verfallen zu erhöhen, daher sie als vorbereitende Ursachen in die sleliologie der In/lnenxa aufzunehmen sind. Es gehören hierher besonders wiederholte Störungen in der Hantausdünsinng, mögen diese durch kalte regnige Witterung, oder auch durch ein träges, ruhiges Stehen im Stalle (denn Bewegung ist das natürlichste Anregungsmit­tel der llautausdünstung) bedingt sein. Hierin muss der Grund gesucht werden, warum die Krankheit in nassen Jahren häufiger und weit verbreiteter beobachtet wurde, und von verschiedenen älteren Thicrärzten eben in der Witterungsbeschairenheit (und in der mit dieser meistens zusammenfallenden schlechten Gewinnung — und Beschaf­fenheit — der Futtergcwächse) die veranlassenden Ursachen der Krankheit gesucht wurden.
Neuere, unbefangene und treue Beobachtungen haben indessen gelehrt, dass in den obengenannten und verschie­denen andern angeklagten Einflüssen nicht, wie wohl ge­schehen, die veranlassenden Ursachen der Krankheit gesucht ----------------
am.li angenommen werden kann , laquo;lass im Zeileulaufe auch mit lt;len Thieren eigentliflmliche Veränderungen vor sich gegangen sind, und somit ancli deren innere Disposition einen quot;Wechsel erlitten habe, so dass in verschiedenen Zeitperioden die äusseren Einflüsse, im Conflicle mit der inneren Disposition, ganz verschiedene Krankheits-fonnen hervorzuhringen vermiigen : dass neue Krankheitsgatlungen sich erzeugen, alle verschwinden, und die bleibenden mehr oder minder moditizirt erscheinen, —
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werden liönncn, raquo;lass ilincn allen kein anderer Aniheil au der Krankheit beigemessen werden kann, als dass sie bald tlcn Krankhcilsausbruch bcsciileunigende, oder den Verlauf der Krankheit verändernde, oder zu bestimmten Complica-lioncn führende Momente abgehen. — Die Krankheit hat sich bisher unter den vcrscliictlenstcn Ausseneinfliisseu ebensowohl gezeigt, als sie oft laquo;lort erschien, gt;vo in der Fütterungsweise und in dem Verhalten der Pferde über­haupt nichts Nachtheiliges sich auffinden liess. Der vor-urtheilsfreic Beobachter findet sich daher zu der Annahme gedrungen, die veranlassenden Ursachen der Iiifluenxa in, lei­tler nicht zu erforschende, cosmisch lellurische Vtrhülinisse zu versetzen und ein Miasma als das hauptbedingende Mo­ment (der ursprünglichen Entwicklung) der Krankheit an­zuerkennen.
sect;. 86.
Es würde sich nun viel über dies vermeinte Miasma sagen lassen, doch dUrfleu alle Explicationen und Reflexio­nen hierüber weiter keine Ausbeute für eine grössere Auf­hellung der Aetiologie dieser Krankheit liefern; indem wir uns dabei in ein Gebiet versetzen würden, wo blosse Mufh-massungen, schwankende Meinungen und leere Hypothesen an die Stelle des Realen treten, und wir uns zuletzt doch, trotz allen Abmühens, gestehen müssen: viel gesagt und we­nig belehrt zu haben. So erging es noch allen Miasmatolo-gen und allen Versuchern, die prima causa der Epidemien und Epizootien zu erklären. Ich erinnere nur an die Cho­lera. — —
Nur so viel muss hier beziiglicii des Miasma und zur Verständigung der Natur der Krankheit erwähnt werden, dass die Influenza, einmal auf dem genannten Wege ent­standen (leicht) zur Erzeugung eines Contagiums führt, und somit hierdurch noch ein veranlassendes Moment für die Entstehung dieser Krankheit (auf abgeleitetem Wege) ge­funden werden müsse. — Bei der Wichtigkeit dieses Punk­tes, wollen wir denselben zunächst noch einer besonderu Erörterung unterwerfen.
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sect;. 87. AnsfecktmgsfäMgkeil tier Inßuenza.
Die Ansichion und Meinungen iiher die Ansieckungs-rähigkeit Act Influenza sind gcüieiU. Einige (Dieterichs *) Meyer**) u. A. leugnen alle und jede Ansteckung bei die­ser Krankheit, andere sind der entgegengesetzten Meinung (Havemann **#), Sander****), Bachmann-];), n. m. A.); noch Andere {Kürber-\quot;\-), PwjiÄ-e-J-^i) c*c' halten dieselbe für zuweilen ansteckend. — Es kann diese Verschiedenheit der Meinungen -raquo;-eiter nicht auflallen, sie ist das gewöhn­liche Ergebniss bei allen miasmaiisch-rontagiösen und selbst vielen andern Krankheiten, wo die Ursachen eine Vielsei­tigkeit zeigen oder überhaupt nicht klar zu Tage liegen. So verhält es sich mit dem Milzbrand, der Maul- und Klauenseuche (bei dieser hat man sich ja sogar verleiten lassen eine contagiöse und eine nicJil conlagiöse zu unter­scheiden) so mit der Lnngenseuche des Rindviehs und selbst mit dem Holz der Pferde 11. m. a.
sect;. 88.
Der reine Theoreltker nnA die mehr iheorelisirenden Thier-ärzte behaupten gewöhnlich, dass durch Jmpjversuche die Contagiosität einer Krankheit erst ausser allem Zweifel gesetzt und überhaupt dargethan werden können. Ihre Meinungen difTeriren daher auch , je nachdem sie die vor­handenen Beobachtungen und etwa angestellte Versuche auf verschiedene Weise (nicht selten einer vorgefassten Meinung zu Liebe) anwenden. — Die treu beobachtenden
*) Handbuch iW speziellen Palliologie und Tlieraiiie für Thier-ärzle timl Landwirthe. elc. Berlin 1826. #9830;•) 1. c. ***) 1. c.
t) I. c. ff) Handbucli der Seuchen und ansteckenden Krankheiten der Hausthiere. Quedlinliurg n. Leipzig. 1833.
•fft) Handbuch der speziellen Pathologie niilt;t Therajiie etc. Leip­zig 1836.
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Praktiker haben dagegen gewöhnlich nur eine Meinung. Ihre gewonnene Ansicht gründet sich auf eine Reihe von Beobachtungen, gesammelt in der Natur, erworben an den kranken Thieren und dürfte daher mehr Glauben verdienen. — Versuche sind allerdings oft cnischoidend für die Er­mittelung der .Ansteckungsfiihigkeit einer in dieser Hin­sicht sich verdächtig gemachten Krankheit im bejahenden Falle, sie können es aber nicht immer unter entgegenge­setztem Resultate sein ; obwohl von Einigen den Versuchen allein eine entscheidende Kraft beigomossen wird, den blossen Beobachfungen aber nicht. Dies muss indessen bei unbefangner Benrtheilung ungegründet erscheinen und zwar:
1) Versuch und Beobachtung sind nnr dadurch von einander unterschieden, dass bei ersterein absichtlich ein Gegenstand (Thicr) gewissen Einflüssen ausgesetzt wird, um sein Verhalten gegen dieselbe zn erforschen. Bei der Beobachtung aber zufällig ein Gegenstand (Thier) in die­selben Verhältnisse geräth. In dem hlos Zufälligen oder Absichtlichen kann daher die grössere Sicherheit des ge­wonnenen Resultats wohl nicht gesucht werden, sondern in den Verhältnissen, unter welchen Versuch und Beob­achtung gemacht werden. Sind'diese gleich, so verdient auch das Resultat auf beiden Seilen eine gleich grossc Glaubwürdigkeit. Es wird daher dem Unbefangenen ganz gleich erscheinen müssen: ob ein krankes Thier absichtlich unter gesunde Thiere gestellt wird, ober ob es zufällig unter solche gelangt. Wenn die mit ihm in dem einen oder an­dern Falle in Gemeinschaft gerathenen Thiere auch in dieselbe Krankheit verr.illon, so muss der Verdacht der erfolgten Ansteckung in beiden Fällen obwalten. Wieder­holen sich solche Beobachtungen mannigfach, so wird zu­letzt an der Anslccknngsfähigkeit der betreuenden Krank­heit nicht mehr gezweifelt werden können. Wird aber durch Beobachtungen und Versuche ein entgegengesetztes Resultat gewonnen; so würde dies den Schluss zulässig erscheinen lassen: dass die betreffende Krankheit mitunter
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aber nicht immer auf dem Wege der Ansleclcmg sich weiter zu verbreiten im Stande sei. Dann würde es sich darum handeln, die Umstünde zu ciTorschen, unter welchen die Krankheit contagiös erscheint, und unter welchen nicht; ob namentlich der Grund hiervon in der Krankheit selbst begründet liege. d. h. ob sie in dem einen Falle zur Ent­wicklung eines Contagiums führe, in dem andern aber nicht; oder ob solcher in mehr zufälligen Einflüssen zu su­chen sei *).
2) In nicht wenigen Fällen wird bei den durch zu-
*) So z. B, kann laquo;lie Empfängliclikeil für das Conlagium im Thieie, durch ilas schon frühere Ueberslelien der Krankheit, bereits getilgt sein; denn es ist eine Eigenthüinlichkeit lt;ler meisten, und na-inenllich der fieberhaften contagiüsen Krankheiten, laquo;lass sie die An­lage in dem befallen gewesenen Thiere für laquo;lieselbe Krankheit ent-welaquo;ler für immer olaquo;ler laquo;Inch für einige Zeit aufheben.
Durch enges Beisammenslelien vieler Kranken, besomlers in nie­drigen , dunstigen Ställen, scheint das Conlagium an Intensitäi zu gewinnen, hauptsSehltcIi ist aber der Vmslaad bei laquo;lenjenigen Con-lagien, die bei uns ursprünglich aus iniasmatischen Einflüssen her­vorgehen, von Belang, laquo;lass sie an In- und Extensität verlieren, so-bald laquo;liejenigen allgemeinen schädlichen Einllüsse, welche die Krank­heit ursjtrttnglich veranlassten^ aufhören als Gelegenheitsursache zu wirken5 indem hiervon die Disposition der Thiere unlaquo;l somit deren Emiifänglichkeit für das Contagium sehr abhängig ist. Daher ver­lieren denn auch laquo;lie epizootisch • contagiüsen Kranheiteu nach dem Verschwinden iener Einflüsse ihre epizoolische Bedeutung ebensowohl, als iinter ihrer Beihilfe das Contagium im thierischen Körper besser gedeiht.
In hühern Gilde des Nervenliebers mit besonderer Neigung zur Säftezersetzung, besonders wenn die reproductive Sjjhäre oder das Schleiinmenibransyslem dabei in besonderer Mitleidenschaft gezogen wird, im thierischen Organismus zur Ausbildung gelangen, und somit die gesanimte Lebeiislliäligkeit in hohem Grade Terlelzt erscheint, desto eher gelangt ein Contagium, als laquo;las Product einer durchaus ab­normen Richtung des Bildungsprocesses, zur Entwicklung. Daher denn auch der Character der Krankheit für die Bildung eines Con­tagiums immer mehr oder weniger entst-heidend mit ist, und somit der Fall, wo ein und dieselbe Krankheit, bald deutlicher, bald un­deutlicher, oder gar nicht contagiils erscheint, auch in der Krankheit selbst begründet liegen kann.
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fällige Bcobacliüingci) als coniagiös erkannie Krankheiten, durch absichtlich angestellte Beobachtungen (Versuche), so­fern diese auf die materielle Uebertragung des Contagiums durch Impfung (Itnpfversuche) berechnet sind, ein entgegen­gesetztes, oder doch wenigstens ein unentscheidendes Re-snllat gewonnen. Hier wird also die Frage zu erörtern von grosser Wichtigkeit sein müssen: verdient die Bcob-aclitung oder der luipfvcrsuch die grösserc Glaubwürdigkeit? — Bei der Beantwortung dieser Frage wird es nun zu­nächst auf die Art der Ausführung des Versuchs ankoni-men. Ist diese von jener der Beobachtung verschieden, so dürfte die letzte an ihrer Glaubwürdigkeit eben nicht verlieren und zwar aus folgendem Grunde;
Jede contagiösc Krankheit scheint in einer gewissen Beziehung zu irgend einem Organe oder Systeme zu ste­hen. Dies wird durch mehrfache Beispiele höchst wahr-scheinlich *). Es wird daher das Contagium am ehesten haften, wenn es mit den Organen oder Theilen desjenigen Systems in Berührung kommt, zu denen es in besonderer Beziehung steht; und je mehr diese Beziehung hervortritt, desto entscheidender wird dieser Umstand für die Anstek-kung sein müssen. Ich erinnere hier nur an die Lungen­seuche des Rindviehs, bei der fast alle Impfversuche, sofern man von der Hautseite aus impfte, misslungen sind; wäh­rend eine grosse Anzahl von Beobachtungen glaubwürdiger Tbierärzte die C'ontagiosität dieser Krankheit bis zur Evi­denz geführt haben **).
sect;• 89.
Diese Vorbemerkui)g(;n habe ich, zur bessern Verstän-
*} Es tvütile zu uiner neillfiutigeii Krürleruiig führen, wollte ich diese meine Ansicht weiter verfolgen; indem das ganze Gebiet der conlagiUsen Krankheiten berührt werden milsste, was eine zu grosse Abschweifung sein würde.
**) Die noch wenigen Zweifler dürften, durch die neuerdings ia Mügliu angestellten Versuche „über die Ansleckungsfäliigkeit der Lun-genseuebe des Rindviehsquot; und die dort gewonnenen Resultate, nunmehr auch wohl jeden Anhaltspunkt filr ihre Behauptungen verloren haben! —
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digung und Bcurthcilung des Nachfolgenden, für diejeni­gen Leser, welche mit der Lehre von den Coniagien weni­ger vcrlraut sind, vorauszuscliickcn nüthig geglaubt; da sich auf eine nähere und kritische Beleuchtung der Griindo, welche zur Befestigung der Ansichten, welche über die C'ontagiosität oder JVichtconfagiosität der Influenza von verschiedenen Thierärzten aufgestellt sind, nicht eingelassen werden kann, sondern mir durch Thatsachcn erworbene Erfahrungen zur Entscheidung dieser wichtigen Frage be­nutzt werden sollen. Ein Jeder wird, unter Anwendung des Vorausgeschickten, zu einem Resultate gelangen kön­nen, welches, da es auf Beobachtungen gestützt, frei von jeglicher vorgefassten Meinung bleiben wird.
sect;. 90. Sehen wir uns zunächst bei den verschiedenen Schrift­stellern, welche über die Iiifltienxa der Pferde geschrieben haben, nach deren Meinung über die Contagiosität dieser Krankheit, um, so finden wir zwar verschiedene Ansich­ten über diesen Punkt ausgesprochen, doch finden wir nur von sehr wenigen die Contagiosität geradezu geläugnct; von mehreren aber dieselbe auf das bestimmteste ausge­sprochen.
Ilavemann sagt: raquo;in den Jahren 1786 und 1792 sei die Krankheit uubezweifelt gewiss anstockend gewesen; ob Dies auch 1805 bestimmt der Fall gewesen sei, davon habe er zwar keine so grosse Beweise gehabt, indessen müsse er es doch für wahrscheinlich halten.laquo; Die Ansteckungsfä­higkeit der Krankheit hängt nach ihm insbesondere von dem Grade der Uebclartigkeit derselben ab. Er sagt: raquo;Bc-homnit ein Pferd in einem Stalle, wo mehrere Pferde zu­sammenstehen die Krankheit in hohem Grade, so lehrt die Erfahrung, dass sie, wo nicht auf alle, doch auf mehrere übergeht. Es ist daher vorzüglich nothwendig, dass man die Kranken sogleich aus der Gemeinschaft der Gesunden bringt.laquo;
Sander erklärt sich ebenfalls für die Austeckuugslahig-keit der Brustseuchc, und nach Dem, was derselbe zur
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Vorbeugung der möglichen Weiiervcrbrcitung der Krank­heit in Vorschlag gebracht hat, muss er dieselbe sogar in hohem Grade für ansteckend gehalten haben*). — Mau beobachtete unter Andern damals, dass die Krankheit auf dem Lande nur in den Gehöften an solchen Orten zum Ausbruch kam, wohin aus der Stadt (Hannover) schon an­gesteckte Chasseurpfcrde gebracht und mit den Bauerpfer­den in nahe Verbindung gekommen waren. Nach Zuriick-bringnng der Chasseurpferde nach Hannover soll denn die Krankheit auf dem Lande sich nicht weiter verbreitet haben.
Viborg erklärt sich ebenfalls für die AustcckungsfShig-keit der Krankheit indem er sagt '*) : raquo;Dass diese an ge­wissen Orten enzootische Krankheit durch Ansteckung epizootisch werden kann, ist nicht zu bezweifeln.laquo; Ob­gleich er sich hierbei nur vorzugsweise auf die Havemann-schen Erfahrungen beruft, so führt er doch auch eine That-sache, zur Bestätigung seiner Ansicht an.
Bachmann, dem vor vielen Andern ein grosses Feld der Beobachtungen in seinem Wirkungskreise***) ofl'en stand, und was noch mehr ist, der als ruhiger und gediegener Beobachter und ausgezeichneter Thierarzt seinen Zeitge­nossen noch rühmlichst bekannt ist, hat sich, gestützt auf wiederholte Beobachtungen in den Gestüten, Kemontc-De­pots etc. unbedingt für die Conlagiosilät der Influenza ausge­sprochen; ja er stellte dieselbe in dieser ihrer Eigenschaft sogar den Pocken und der Rinderpest zur Seite.
Es sei mir erlaubt Bachmann's eigene Worte aus ei­nem von ihm, unter den 8. November 1829 erstatteten Be­richte ****) über den beregten Punkt, wenn auch mit #9632;
') Cf. laquo;lessen vermischte Beitrage Berlin 1810, so wie Mag­deburger Inlelligeits Ulall Ku. 52, 180.raquo;. raquo;quot;) 1. c. p. 317, ***) Als Ober-Rassarzt uml Hauigt;t - Gestüts-luspeclor zu Trakeh #9632; nen in Litlhauen. Leider starb er zu früh für die Wissenschaft. *quot;**) In einem früher, unter den 22. Januar 1822 von ihm er-
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Ucbcrgeliung dor. Belege für die ausgesprochene Ansicht, hier niiüheilen zu dürren.
raquo;Einige Neuere haben liezwcilvlii wollen, dass dieselbe, raquo;(die Influenza, von Bachmann Brualsenche genannt) zu den raquo;ansteckenden Krankheiten gehöre. — In dem Jahre 1805 raquo;und später, als sie ebenfalls in Europa herrschte, ward sie raquo;allgeincin als solche betrachtet, und bei so ausgedehnten raquo;Erfahrungen, wie sie in den Künigl. Gestüten und hiesi-raquo;gen Remoute-Depots jetzt wieder haben gemacht werden raquo;können, lionntc über ihre contagiöse Natur ebenfalls gar raquo;kein Zweifel weiter übrig bleiben. Ja der unbefangene raquo;Beobachter musstc als hüclist wahrscheinlich annehnicn, raquo;dass sie, wie die Poi-kcn und Kiudcrpest rein contagiö-raquo;ser IVaiur sei. Keine der wesentlichen Charaktere conta-raquo;giöscr Krankbeituu inaugelt derselben.raquo;
Wenngleich wir nun auch Bachmann darin nicht bei-stimuieu künuun, dass die luiluenza mehr in die Katego-ric der reinen Conlagionen gehöre, sondern nach dem Vor-angeschickten vielmehr glauben, dieselbe den miasmatisch -conlagiösen Krankheiten beizählen zu müssen — so hat sich doch später, bei dem wiederholten Herrschen dieser Krankheit in den Gestüten und Remontc-Depots Preus-sens, Gelegenheit genug dargehoien, die contagiöse Natur der Influcn/.a zu erkennen; und dieselbe ist auch von den Gestüts- und Bvmonte-Depots-Hossärzten allgemein als an-slecketid anerkannt und bei verschiedenen Gelegenheiten, durch genaue Verfolgung des Ganges der einzelnen Säuclienfälle, so Xu sagen, zur Evidenz nachgewiesen.
Bei einer so ausgebreiteten Gelegenheit, wie sie sich in den Gcslüien und Remotiie-Depots darbot, Beobachtun­gen in grosser Anzahl zu machen, dürfte denn auch den Erfahrungen, welche dort geaainniclt worden sind, wohl mit Recht ein entscheidendes Gewicht beigelegt werden. Vor allen glaube ich in dieser Beziehung auf das Urtheil
statteten Berichte, halle sich Bachinann liereits enlschieden für die Ansteckungsfähigkeil der luiluenza ausgesprochen.
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des Konigl. Remonle' Depots Ober' Ross • Arxt Beyer zu Jurgaitschen in Litlhmten bcsoiulers viel geben zu müs­sen, da dessen Errahrung über diese Krankheit besonders reich zu nennen sind. Beyer hält die Influenza für miÄe-Aingt corUagiös. Gleiche Erfahrungen, wie in den Gestü­ten und Remontc.Depots, wurden auch vielfach in den Cavalleric - Regimentern gesammelt. Wiederholt wurde hier die Beobachtung gemacht, dass die Influenza durch die ncueingelieferien Remonten eingeschleppt, oder durch Pferde aus dem einen Stalle in dem andern übertragen wurde *). Mitunter war Dies so augenfällig, dass die Wei-terverbreitung der Kranltheit per Contagium gar nicht zu verkennen war.
Aucb von, mit der Landpraxis beschäftigten Thierärz-ten ist die Beobachtung wiederholt gemacht worden, class durch den Transport von Pferde-Abtheilungen, unter de­nen sich Influenzlcranke befanden, die Krankheit in Ställe und Ortschaften verschleppt wurde, wo jene Pferde über­nachtet hatten. Desgleichen sah man durch Pferde, welche die Landwehriibung mitgemacht hatten, und als influenz-krank zurückkehrten, die Krankheit in jene Ställe bringen die zunächst zu ihrer Aufnahme dienten, und auf diesem Wege die Influenza oft eine grosse Ausbreitung gewinnen; -----------------
*) Der Escailrons Rossarzt /. Lausch in Tilsit lial in dieser Hinsicht besonders recht liülische BeoLachiiingen gemacht. Ich über­gehe jeilocli die sigt;ezielle Blitlheilung dieser und vieler gleichen Fälle hier, Iheils wegen Ersiiarniss an Raum, theils aber weil ich nicht die Erlanlmiss der Verüffeiitlichiiiig eingeholt habe. Doch dürfte die toii Körher (S. dessen siieziells Palliologie tind Therapie etc. Quedlinburg und Leipzig 183}gt; p. 138) mitgelhcilte von dem Kreis Ihierarzle Richter gemachten Beobachtung hier wohl wUrllich citirt w erden:
„Im Jahre 1837 herrschte diese Krankheit (die Influenza) unter „den Gesliilspfenlen zu Gradilz etc. Während der Dauer der Krank-„Heit wurde der Dünger dieser l'ferde durch die Pferde zweier Bauer-„gutsbesitzer aus AVelsau weggeschaft, und acht Tage später erkrank­ten sämuitliefae zum Wegschaffen des Düngers benulzle Pferde, ohne „dass andere Erkrankungen der Art in oder um Welsau vorkamen.raquo;
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•während in jenen Stallen, wohin solche Pferde nicht ge­langten, die Krankheit nicht auftrat. Mitunter war Dies so aufinllcnd, dass auf einem und demselben Gehöft, bei ganz gleicher Fütterung und Dienstgebrauch der Pferde, in raquo;lern einen Stalle die Krankheit grassirtc, in dem an­dern nicht; und in dem einen Stalle war eine Einschlep­pung nachweisbar, die in dem andern fehlte.
Wie sich nun fast alle, der besser unterrichteten teut-schen Thicrärztc für die Contagiosität der Inßuenxa aus­sprechen, so ist auch im Auslande die Ansteckungsfähig-keit dieser Krankheit (wenn aneh nicht in jedem einzel­nen Scuchcnfalle) erkannt worden. In Frankreich, Eng­land, Dänemark, Schweden etc. Man vergl. die oben citirte Abhandlung von Girard, insbesondere die pag. 152 hinzugefügte Note in Bezug auf Dänemark und Schweden; ferner Spooner a. a. O. pag. 94. Anker etc.
sect;• 91* Dessen ungeachtet giebt es noch einige Zweifler, nnd unter diesen selbst solche, die sich als Schriftsteller eine Anctorität zu vorschafTen gesucht haben. *) Sie mögen für ihre Ansicht Beobachtungen als Belege anzuführen haben. Wir wollen solche nicht gerade zu in Abrede stellen, jedenfalls aber sind die Beobachtungen entgegen­gesetzter Art bei Weitem überwiegend, so dass man wohl, nicht ohne Grund, der Vermuthung Baum geben darf: dass es entweder Mangel an Gelegenheit war, die Krank­heit oft genug beobachten zu können, um zu einem sichern Resultate zu gelangen, oder dass die Bedingnisse, die zu einer richtigen Beobachtung erforderlich sind, ent-
*) Ja selbst einzelne Tliierarzneiscluilen sind theilweise hierher zu zählen. Wenn von solchen die Ansleckungsfäliigkeil der Tnßuenza geleugnet wird, so muss Pies wohl darin gesucht werden, dass sich in ihnen weniger genaue Beoliachtungen in der genannten Beziehung machen lassen. Ihre Slimoie kann daher auch nur ron untergeord­neter Bedeutung für die Enlsrheidung der Frage der Anstechungs-fähigheit der Influenza sein.
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weder nicht vorhanden waren oder nicht gehörig bcnulzi wurden. Es soll hieraus den Vcrthcidigcrn der Nicht-cohtagiosliät der Influenza weiter kein Vorwurf gemacht werden, sondern silaquo; erscheinen dadurch vielmehr entschul­digt- Eine nähere Beleuchtung und kritische Würdigiuig ihrer Ansicht muss ich jedoch von der Hand weisen, und überlasse es ihnen selber, den evidenten Nachweis der NichlconiugiosilUt der Injluenza zu führen.
i Es dürfte überdies anzunehmen sein, dass die IVicht-conlagiosität der Injluenxa von Einzelnen mehr als eine leere Behauptung, denn als eine Wohlbegründetc Ansicht aufgestellt worden ist. Als Beweis hierfür diene folgendes Chat aus Meyer's Abhandlung. Dieser Schriftsteller sagt nämlich pag 20:
raquo;Es ist, wie gesagt, durch alle Versuche und Er­fahrungen unwidersprechlich erwiesen, dass die Influenza kein Contagium enthält, und nicht ansteckend Ist, noch durch ein Miasma erzeugt wird. Obgleich es öfter den Schein an sich hat, als ob diese Krankheit ansieckend sei, oder von einem Miasma erzeugt würde, so ist dies trotz aller VVidersprüche, doch ein Irrthum, und der Schein ist täuschend.laquo;
Hiernach würde sich also eine grossc Anzahl der anerkannt besten Beobachter im Irrthum befinden. Wahrlich eine vage Behauptung. Man muss auch die Ansichten Anderer ehren!
Unbcgreiilich aber muss es erscheinen, wie Meyer die Behauptung aufstellen kann, dass durch alle Versuche und Erfahrungen unwidersprechlich nachgewiesen sei, dass die/n/YueiMsa kein Contagium enthalte. In dieser Beziehung befindet er sich ja offenbar selber im Irrthum! Wenn Meyer nun ferner pag. 26. sogar sagt:
So unwidersprechlich gewiss es ist, dass nie in etwas anderm als in dem, länger andauernden Genüsse verdorbener JVahrungsniitiel die wahre Ursache der Infltiema liegt etc. :laquo;
so sieht man bald ein, wie es mit seiner Erfahrung,
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auf die er sich viel zu gulc tluit, stehen müsse. — Solche einseitige und heschränkte Behauptungen sind wohl keiner Widerlegung würdig; und die Anticontagionisteri haben wahrlich an Meyer in der neuern Zeit keinen coinpetenten Vertreter gefunden. — Wohin nicht Einseitigkeit führt! Funke erwähnt in dieser Beziehung, in seiner speziellen Pathologie und Therapie 1. Bd. pag. 291., daher auch ganz mit Recht:
raquo;— — aber diese YerhäUnisse als Gelegenheitsiirsache zu betrachten, wie Dielerichs gethan, widerspricht wohl aller Erfahrung, indem sie hei den verschiedenen er­krankten Thicrcn verschiedenartig sich vorfanden, ja in vielen Fällen, bei der besten Pflege, Fütterung, War­tung, Aufenthalt und Constitution dennoch die Krankheit
ausbrach.laquo;
sect;. 92.
If
ill
Bisher habe ick nun meine eigene Ansicht über die Contagiosität der lufluenxa zwar noch nicht definitiv aus­gesprochen, doch hin ieh als Bekenner der Contagiosität wohl schon erkannt worden. Ich glaube denn auch, auf Grund einer grossen Anzahl von Fällen, die ich selber zu beobachten Gelegenheit hatte, mich von der Anstek-kungsfahigkeit der Influenza vollkommen überzeugt zu haben, und zwar in der Art: dass dieselbe ebensowohl in ihren gelinden Graden und einfachen Formen als in ihren höheren Graden und complicirter Form einen Jlnsteclemiessioff enhvickle, der, sofern er für seine Keimungsfahigkeil einen geeigneten Boden ßndet, haftet. Die Umstände und Ver­hältnisse, unter welchen das Letztere stattfindet, sind nun zwar noch nicht hinlänglich erforscht, doch dürfte nach den bereits oben gegebenen und den hiernächst noch folgenden Bemerkungen, eine etwas nähere Einsicht in diese Verhältnisse gegeben sein. Ich beschränke mich auf diese Bemerkungen und übergehe die spezielle Alitthei-lung von ferneren Thatsacheu, welche für die Ansteckungs-fähigkeit unzweideutig sprechen; da einlaquo; Aufzählung aller jener hierher gehörigen: eignen und fremden, mir bekannt
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gewordenen Bcobachtringen und Vorsuche zu weitläufig sein würde. Die von mir beiläufig cingeflochtenen Beob­achtungen, welche fiir die Ansteckungsfahigkeit der Influenza sprechen, werden in Verbindung mit den von mir namhaft gemachten Bekennern für die Contagiosität, auch hinläng­liche Belege fiir die ausgesprochene Ansicht enthalten.
sect;• 93. Wenn nun nicht immer (nicht in all und jedem Fall bei vorhandener Gelegenheit zur Ansteckung) eine Ueber-tragung der Krankheit stattfand, so ist Dies zu beziehen auf den Grad der EmpfänglichkeU des der Ansleckung aus­gesetzten Pferdes. Es kann nämlich die Empfänglichkeit nur sehr geringe sein, oder auch gänzlich fehlen:
ec) Wenn das betrefiende Pferd die Krankheit schon früher überstanden hat, und Dies steht immer in. o. w. von älteren Pferden, (die sonst nicht genau gekannt sind) bei dem so allgemeinen Herrsrhen der Krank­heit, zu erwarten. — Es soll hiermit nun keineswegs behauptet werden, als befiele die Influenza ein und dasselbe Pferd nur einmal iin Leben; denn entgegen­gesetzte Beobachtungen liegen mehrfach vor; sondern nur, dass die Anlage zu dieser Krankheit durch das frühere reberstehen derselben im Allgemeinen viel geringer ist. Dies hat durch eine Unzahl von Beob­achtungen seine volle Bestätigung gefunden. h) Scheint an und für sich das höhere Alter weniger zu der Influenza zu disponiren, so dass bei einer gegebenen Gelegenheit zur Ansteckung alte Pferde, (auch wenn sie notorisch die Krankheit noch nichi überstanden habcü) weniger einer erfolgreichen An­steckung preisgegeben sind als junge. c) Geringer ist ferner die Empfänglichkeit für das Con-tagium bei Pferden gemeinen Schlages (cf. sect;. 84.) und durch Arbeit und Strapazen abgehärteten Pferden, so dass diese, bei einer der Ansteckung ausgesetzten Gelegenheit, viel eher verschont bleiben als veredelte
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und junge, mehr nnlliäiigc (ruhig im Stalle siehende)
Pferde.
J) Desgleichen wird die Empianglichkeit (wie dieses
IJin.slaiulfs hcrei(s oben, sect;. 88. Note gedacht worden
ist) durch das Foribestehen jener Einflüsse, welche
die Krankheit zunächst bedingten und hervorriefen,
ebensowohl erhöht, als durch anderweitige Einflüsse,
wie catarrhalischc Aflcctionen u. dgl., der Körper
schon krankhaCt aufgeregt ist und dadurch gegen
andere Krankheiisreize empfänglicher gestimmt wird.
sect;• 94.
Bei einer richtigen Anwendung vorgenannter und
andern Orts erwähnter Punkte werden sich viele Thatsachen,
welche man als Einwürfe gegen die C'ontagiosität der
Injluenxa angeführt hat, erklären lassen und an Gewicht
sehr verlieren. Es wird sich erkennen lassen, warum
Pferde inmitten Kranker von der Krankheit verschont
bleiben, warum die Krankheit nicht immer auf die Zu-
nächststehenden übcrzvigehen braucht clc.
licsondcrs wichtig sind diese Punkte aber für die Anstel­lung von Versuchen, indem sie beweisen, dass mit allen Pferden nicht gründlich operirl werden könne, sondern dass man sich hierzu junger, die Influenza notorisch noch nicht iiherstandencr Pferde nur bedienen könne; wenn sonst ein gründliches und sicher leitendes Resultat gewonnen wer­den soll. Versuche der Art sind aber kostspielig und schrecken deshalb jedenfalls ab.
Diejenigen, welche die Anstccknngsfähigkeit längnen, mögen uns doch durch Versuche belehren und sich eine Koppel junger Pferde (wenn auch gerade nicht englisches Vollblut) kaufen und dazu verwenden! Ich bin überzeugt, sie würden, durch einen solchen Versuch belehrt und ge­straft, sehr bald zu einer JMcinungsänderung gebracht werden.
sect;. 95. Ein von mir angestellter Versuch möge hier sclilicss-lich noch Milthcilung finden.
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Ein flinf Jahr alter, vcmleKer (von Brandenburger Land­gestüt) Fnchswallach, welcher die Influenxa noch nicht ge­habt und vor dem Versuche auf dem Lande, in einem Orte und unter Pferden war, wo weder zur Zeit noch früher und später die Influenza herrschte, und deshalb, so wie überhaupt, zu einem Versuche ganz geeignet erschien — wurde zwischen ein influenzkrankes Pferd und dessen ge­sundes, vor 2 Jahren die Influenza überstandenes Neben­gespann gestellt und mit Ictzterm zu leichten Arbeiten verwendet, bei einer Fütterung von Hafer und Heu, ganz tadelloser Qualität. Nach 8 Tagen schon fing das Ver­suchspferd an zu husten, und es stellten sich die Prodrome der Influenza bei ihm immer mehr und mehr ein; und am 14 Tage war die Krankheit vollständig in ihm ausge­bildet und erreichte einen so hohen Grad, dass ich Gefahr lief das Pferd zu verlieren. Das ersterkrankte Pferd, welches überhaupt nur leicht erkrankt war, war inzwischen genesen; die Genesung des Versuchspferdes erfolgte nur sehr langsam, so dass die ganze Krankheitsdauer circa 6 Wochen betrug. — Das Pferd war ein werthvolles, und es hätte mir leicht dieser Versuch sehr thciier zu stehen kommen können. Ich stand nun von allen fernem Versu­chen, da sie doch nur zu einem bestätigenden Zweck von mir hätten angestellt werden können, ab, die Wieder­holung gleicher und ähnlicher Versuche sehr gern Andern überlassend.
Diesen Versuch habe ich insbesondere noch deshalb der Mittheilnng werth erachtet, weil er (in Uebercinstim-inuug mehrerer von mir und Andern gemachten Beobach­tungen) dafür spricht,'dass die grösserc Bösartigkeit der Krankheit eben keine besondere Bedingung für die An-steckungsfahigkeit derselben abgiebt, sondern dass, wenn auch, wie oben (sect;.88. Note) bemerkt, die Anstcckungs-fähigkeit der Influenza durch den nervös fauligen Charak­ter gesteigert werde, doch dieser nicht als ausschlicssliche Bedingung für die Contagiosität derselben aufgestellt werden könne, dieselbe vielmehr auch in den leichten
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Gradelaquo; der Erkrankung zur Eniwicklitng eines Conia-gium führe. Warum sollte Das nicht auch der Fall sein können! Ist denn die Druse nicht auch ansteckend, trotz dein sie für gewöhnlich nur eine gelinde Krank­heit darstellt? —
sect;. 96;
Wenn wir nun, denraquo; Vorausgeschickten zufolge, einer­seits in miasmalischen Einflüssen und anderseits in einem Contagium die veranlassenden Ursachen zur Entstehung der Influenza zu suchen uns veranlasst sahen, so verdienen hier doch noch jene Einflüsse namhaft gemacht zu werden, welche, wie oben bereits beiläufig angeführt worden ist, die nähere Gestaltung der Krankheit, ihre verschiedene Com-pliccäionen etc. bedingen.
sect;• 97.
1) Der Ausbruch der Influenza in der zuerst beschrie­benen, der mehr reinen rhenmaiischen Form wird, neben Dem, dass Pferde sensibelcu Temperaments und solche, die eine fein behaarte Haut besitzen (daher besonders junge veredelte und solche Pferde, auf deren Ilautkullnr mehr Sorgfalt verwendet wird) zu dieser Form besonders nei­gen — durch die sogenannte rheumatische Witterungscon-stiiution begünstigt und befördert. Daher behauptet die Influenza bei häufigem Witterungswechsel, insbesondere bei herrschenden Windströmungen aus Osten und Nord­osten, nicht allein am gewöhnlichsten eine deutlich rheu-inatischc Natur, sondern die Zahl der Erkrankungen pflegt dann auch grosser zu sein. Ausser der genannten Wit-terungsbeschaflenheit ist es insbesondere noch Zugluft, welche als Mitursache (concansa) erwähnt zu werden ver­dient; wie solche iu grössern Stallungen, in welchen gc-wölinlich eine grössere Anzahl Fenster und Thüren vor* handen ist, leicht entsteht; namentlich aber, wenn sie durch ihre Lage (freie, sowie In der Nähe von Seen und Flüssen etc.) und Bauart gegen Windströmungen weniger geschützt sind; dann aber auch, wenn durch unvorsichtiges Oeflncn der Thüren und Fenster am Morgen, eine zu
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rasche Abkiililiuig lt;lcs Stalles vcranlasst wird. amp;*#9632; Man hat auf die Beobachtung gestützt, dass gerade in grössern Stallungen die Ivflaenxa am häufigsten und ausgebreitetsten herrscht, auch wohl aiigenommen (Sticker) dass in Folge der raschen Abkühlung drr reichlich mit Wasscrdünsten geschwängerten Luft in Ställen, wo viele Pferde zusammen stehen, eine Condensation der WasserdämpiV, sowohl im Allgemeinen, als insbesondere auch unmittelbar an der Ilautoberfläche des Pferdes stattfinde, hierdurch ein Krampf-zustand in der Haut (ähnlich dem Erscheinen der so­genannten Gänsehaut bei Menschen) und m. o. w. Schlies­sung der Ilautpomi entstehe, in Folgen dessen zur Ausdün­stung bestiuuntc Siofle im Körper ziiriicligehaUeii und da-durch die serösen Häute anfantagonistiscliein Wege in eine vi-carirende Thätigkeit und in einen Reizzustand versetzt würden. Inwiefern diese Annahme auf richtigen Prämissen brrnhe, wollen wir vorläufig dahingestellt sein lassen. — Ferner kann jede andere ErkäKung ein den Ausbruch der Krankheit veranlassendes Moment, in dem angegebenen Sinne (als Nebenursache) abgeben.
sect;. 98.
Es scheint nun aber von dem Vor- oder Nichtvor-haiidensein der beiläufig, gelegentlich einwirkentlcn Ursa­chen abzuhängen, in welchem Grade der Heftigkeit die Localaflectioncn bei der Ittfluenxa zu Slandc kommen j ob es bei einer blos entzündlichen Reizung der serösen Häute bleibe, oder bis zu einer wirklichen Entzündung dersel­ben komme, und in diesem Falle die Entzündung sich auch auf die von den serösen Häuten umkleideten Organe — Lunge, Leber etc. — fortpflanze, so zur parenehyma-tösen Entzündung werde und zugleich zur wesentlichen Verschlimmerung des ganzen Krankheifszustandes führe.
Es würde jedoch einseitig und nicht mit zahlreichen Beobachtungen im Einklänge stehend erscheinen ^ sollte behauptet werden, beträchtliche Localenteündungeu könn­ten nur unter den genannien Ausseneinflüsseu zu Stande kommen; es können solche vielmehr bei einer bc-
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sondern ciitzündlichcn Diathcso der Thicrc, auch bei dem Mangel nachweisbarer äussem PotciiKcn sich ausbilden.
sect;. 99. 2) Mit einer AllVdiou der Schlcimhänfe pflegt die Krankheit im Allgemeinen am liebsten bei jungen, noch nicht abgezahnten Pferden, bei denen überhaupt eine vor­herrschende Neigung zu catarrhalischen Krankheiten, ins­besondere zur Druse obwaltet, aufzutreten.*) Alle Ein­flüsse daher, welche einen cafarrhalUchen und caiarrhalisch-lymphaüschen Zustand hervorzubringen vermögen, gehören in das Gebiet der Ursachen der Influenza in dieser Verbin­dung. Störungen der Hautausdünsiung durch feuchte Kälte, Regen, wenn solchen die Tliiere wiederholt ausge­setzt sind, wie Dies bei weidenden Pferden namentlich der Fall ist; daher denn auch bei solchen Pferden die Jn-fluenza selten ohne gleichzeitige Afleclion der Schleim-häntc gesehen wird. — Der Gcnuss eines sehr nassen und kalten Grases, wie es bei Regenwetter (besonders auf niedrig gelegenen Weiden noch mehr) und im Spätherbstc der Fall ist, erhöht den schädlichen Einfluss. — Unter sol­chen Umständen sehen wir denn auch häutig, dass Erkrankun­gen an der Druse dem Ausbruche der/raquo;i/Yuenso schon vorher­gehen, dass also gewissermasseu diese zu jener hinzutritt;1'*) oder wenn die Influenza schon bei einzelnen Thieren zum Ausbruch gekommen, die zur Zeit noch verschont davon geblieben, unter den genannten Einflüssen, bei ihrem Ycrfall in dieselbe, deutlich die Erscheinungen des Mitlcidcns der Schleimmenbranen zeigen. — Wenn die Pferde solchen Lintlüssen anhaltend ausgesetzt waren, z. B. in sehr regenreichen Sommern oder Herbsten, wenn die Weiden m. o. w. durch Ueberschwemmungcn litten,
*) Da nun ilie jungen I'fcnlc am liauligslen run ner tnjluenza befallen v erden, so erklart es sick hieraus auch, warum diese Krank-heil von Vielen den calarrhalischen Krankheiten heigezähll vonlen ist. *#9830;) Was insbesondere auch auf dem Wege der Ansleckun; ge­schehen kann.
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so wie, wo in Folge genannter Wilierungscinfliisse die Gewinnung der Fuüergewachse leidet, insbesondere das Heu nicht wohl gerath, dasselbe von schlechter Qualität, ausgewässert, feucht, staubig ist und an die Pferde ver­futtert werden muss — so kann in Folge fehlerhafter Be­schaffenheit des Chylus und dadurch herbeigeführter ab­normer Erregung der Lymphgefässc und Lymphdrüsen, auch das Lymphsyalem in Mitleidenschaft gezogen werden. Dann bleibt es nicht bei einer einfachen catarrhalischen Beimi­schung , wenn die InfluctiKa unter solchen Umständen zum Ausbruch kommt; sondern ein schwereres lymphatisches Leiden, das sich in seiner günstigem Form als sogenannte verschlagene Druse, in seiner gefährlicheren als verdächtige Druse, Wurm und Rotz ausspricht, gelangt, gewöhnlich nach iiberstandener Influenza , mifunfer aber noch während die­ser, zur Ausbildung (cf. sect;sect;. 70. n. 71.) Hiermit soll aber nicht behauptet werden, als könne Rotz und Wurm, in einzelnen Fällen nicht auch auf andere Weise zur Aus­bildung gelangen; vielmehr kann Dies sehr wohl auch erst durch eine üble Wendung der Krankheit in ihrem fernem Verlaufe geschehen, worauf bei Betrachtung des Ausgangs der Inßuenza besonders hingewiesen worden ist.
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sect;. 100.
3. Die gasirisch biliöse Form, zu der Pferde initiieren Alters, von cholerischem Temperamente (Hengste) und solche, die ein schweres, die Gallenbeimischung in reich­licherem Maassc bedürfendes etc. Futter geniesssn, daher auch die gewöhnlichen Arbeitspferde mehr als andere, nei­gen — findet ebenfalls unter gewissen zufallig einwirkenden Ausseneintlüssen eine 'gewöhnlichere Ausbildung als dort, wo solche vermisst werden. Namentlich gehören hierher: eine warme, schwüle Temperatur, daher im Sommer die Krankheit iii dieser Form gewöhnlich vorkommt; eine warme dunstige Stallluft hat dieselbe Wirkung, daher in Stallungen, die vermöge ihrer Lage und Bauart, nicht ge­hörig gelüftet werden können, besonders, wenn viele Pferde darin aufgestellt sind. In sogenauuieu weichen, unvcrhalt-
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nissmässig warmen Winicrn, besonders wenn sie reich an Nebel sind, sah man die Influenza mit Leberlcidcn gleich-falls häufiger vorkommen, als in strengen Wintern, wo mehr Lungcnentziindungcn vorzukommen pflegen. — Fer­ner und insbesondere sind hierher zu zählen die Bcschaf-fenheit des Futters und Getränks: duoipfiger, multcriger Hafer, schimmliches Heu etc. Besonders hat sich Kleeheu, wenn es nicht ganz gut gewonnen ist, klamm erscheint, verdächtig gemacht. Mit Rost und lUehlthau beschmutztes Stroh. Trinkwasser, sowohl schlechter Qualität als auch ungewohntes. Daher die Krankheit hei jenen Pferden ge­rade am liebsten gastrisch complicirt erscheint, die aus einer Gegend in eine andere versetzt worden waren, wo das Wasser abweichende Eigenschaften zeigt. — Auffallend sind mitunter die Wirkungen des Wassers, welche durch die Art, wie das Tränken geschieht, erst vcranlasst werden *). — Ferner kann die ga­strische Beimischung auch durch zufallig vorhandene g-a-
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*) Ein iulerressanUr Fall laquo;ler Arl, weleltec lgt;ei Gelegenljeil, WQ ick im December 1839 im Auftrage des Muhen Kriegsininisterii die Garnisuu der drillen Arlillerie-Brigade, uegen der unter den Pferden derselben herrschenden lnß-uenta liereisen musste, zn meiner Kenntnissnahme gelangle , dürfte einer speziellen llit-
heilung werlh erscheinen,----Ks wtr die Inßuenza znniiehst bei
den neueingeliefeTleii Beinunleii, die theils schon krank in die Gar­nisonen anlangten, oder doch bald nachher erkrankten, zum Aus­bruch gekommen. Erst sjiüler befiel sie auch Pferde vom allen Be­stände, doch vurzugsweise die jüngeren, von denen nach Sachlage anzunehmen, ilass sie die Kranklieit noch nicht überstanden hallen. Die £inschleigt;]iung der Krankheit und ihrer Contagiositttt kunnle kaum lieztveifelt verdeu, besonders wurde diese Eigenschaft in der Garnison Burg, von dein durligeu Militair-Xhierarzt Schröter deut­lich erkannt. In der Garnison Wiltenberg — wo die Krankheil im Allgemeinen unter den Erscheinungen eines entzündlich rhemnaliiichen Fiebers, mil vorzugsueisern Ergriffensein der serilsen Häute der Brust und des serilsen Leberiiberzugs, ohne gleichzeitige calarrhalische Af­fection, und bei inaiigeliiden gastrischen Beschwerden im Anfange
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laquo;irische Reize, als Würmer und dcrgl. veranlasse werden, so wie sie auch bei jenen Individuen stets nicht fehlt, de­ren Verdauung schon vor dem Ausbruche der Influenza abnorm war, die überhaupt an dem Status gasdicus labori-ren. — Schliesslich kann auch nicht unerwähnt bleiben, dass bei allen länger anhaltenden fiebcrharien Krankheiten
auflral f) — wurde die Beuhacliliing gemacht, class liei den meisten kranken Pferden der einen Compagnie im Verlaufe der Krankheit ein Durchfall eintrat, der zur heilenteaden Verschlimmerung dersellien führte und deslialli eine syinplomatische Behandlung nothwendi'' machte, #9632;während Igt;ei der andern Compaguie Dies nicht bemerkt wurde. Hei dieser waren Lis zum Tage meiner Unlersuehung von einer fast gleichen Anzahl Kranker (resp. 21, und 22. Stück) nur ein Pferd kreiiirt, hei jener aber fünf. — Die Ursache dieses Fae-
tums dürfte nun in folgendem Umstände aufgefunden werden, ___
Es war nämUcli seit länger, in der Absicht, den Pferden ein iiherschlagenes Trinkwasser zu reichen, der Gehrauch eingeführt, die Pferde aus, im Stalle aufgestellten Kübeln, worin laquo;las aus dem Brunnen geschupfte Wasser erst einige Zeit gestanden, zu tränken. Bei die­sem Verfahren wurde schon früher toiraquo; dem, hei der Beitcom|ialt;gt;nie stehenden Tlüerarzt Teichmann bemerkt, dass das Wasser eine ab­führende Eigenschaft annahm, und demzufolge bei den Pferden eine dünnere Blistung eintratj weshalb man bei dieser Pompaguie von obiger Tränkuiigsweise wieder abstand. Bei der Fusscomjiagnie da­gegen wurde sie beibehalten. Als min bei Gelegenheit der lierr-schenden Krankheil die Beobachtung gemacht wurde, dass nach dem Gebrauch des Calomels, bei den Kranken der Fusscompagnie, sehr bald beträchtlicher Durchfall eintrat, während nach gleichen Ga­ben dieses Blitlels bei den Kranken der Beilcompagnie Dies nicht der Fall war; so wurde auf Anralhen des Tcichmann die hislieriquot;e Träukungsweise ausgesetzt und das Wasser unmittelbar aus den Brun­nen geschupft, den Pferden gereicht. Seitdem wurden die Durchs falle nach dem Gebrauch des Calomels nicht mehr beobachtet, und es kam kein Sterbefall mehr vor; die bemerkten 5 Todesfälle fallen vielmehr alle in die Zeit, wo noch aus dem Kübel getränkt wurde.
) In der Garnison Magdeburg mangelte der Krankheit der entzündliche An-strich, welchen sie in Willenberg m Anfange halle; sie leiglc hier vielmehr, bei gleicher Ortlicher Affection, gleich von vornherein eine Hinneigung zum Kervüscn. In Burg, wo die Krankheit im Ganzen am einfachsten verlief, und bei der Ge­wordenen, zweckmässigen Behandlung keine Opfer forderte, trat dieselbe fas' durchweg nur mit einer Affection der Brusthaiit auf; ein Mitleiden der Leber wurde in keinem Falle wahrgenommen.
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(in Folge der allgemeinen Funcllonsslörungen, wie sie bei solchen Krankheiten stets vorhanilcn sind) die Vcrdauungs-organe immer m. o. w. mitleiden müssen. Je bedeutender das Allgcmeinleiden ist, je länger die Kranlihcit anhält, desto sicherer tritt ein Leiden der Verdauungsorgane und insbesondere Störungen in der Gallensecretion ein.
sect;. 101.
Die verscliieilencn andern C'omplicationen, namentlicli örtliche Entzündungen, welche hoi der Intluenza nicht sel­ten hervortreten, haben ebenfalls ihre besondern Ursachen. Insoweit sie in den bereits genannten nicht schon mitbe-griffen sind, ist hierüber zu beinerlicn, dass sie im Allge­meinen in dem llenigkeilsgrado (und dem Genius cf. sect;. 32) der Kranlihcit selbst begründet liegen, häutig als die Folge gestörten Verlaufs der Kranlihcit oder als Metastasen, mit­unter auch als die Wirkung zu heftig auftretender kriti­scher Bewegungen oder in Gefolge unzwcckuiässig in Ge­brauch gezogener Arzneien erscheinen. So kann Nieren­entzündung durch zu heftig auftretende Krisen durch die Nieren, durch den Missbrauch von harntreibenden Mitteln ebensowohl zur Ausbildung gelangen , als Diiichfälle und Darinentzündiing durch unvorsichtigen Gebrauch des Calo­mels etc. erst erzeugt werden. Häufig scheint indessen auch eine besondere Disposition der befallenen Organe zu Fntzündungen den vorherrschenden Anthcil zu haben. Namentlicli nmss Dies von den Angcnentziindiingen ange­nommen werden. Zur Vervollständigung der Actiologic über den Hinzutritt von Localentzündungcn zur Influenza vergleiche man, was bei Gelegenheit des Verlaufs und der Nachkrankbeiten gesagt worden ist.
sect;• 102.
Es würde uns nun noch übrig bleiben jener Einflüsse zu gedenken, welche die Verschiedenheit des Charakters, unter welchem die lußuenxa auftreten kann, veranlassen. Wenngleich im Allgemeinen die Anlage, der Stand der Kräfte im Organismus, für den Charakter der Krankheit entscheidet, und wir demzufolge die Krankheit bei robn-
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ster Consiiiution und im mitilercn Alior sich befindenden Pferden am gewöhnlichsten und zunächst mit dem stheni-schen Charakter auftreten sehen; hei sclnvächlicher Consti­tution und noch im Füllenalter stehenden Pferden mehr den aslhenischen Charakter als den gewöhnlichsten bcohach-ten, so giebt es doch auch verschiedene äussere Einflüsse, welche, abgesehen von jenen Anlagcverhältnisscn, als den Charakter bedingende Momente zn betrachten sind. Es gehören hierher zwar grösstcnthcüs auch jene Einflüsse, welche bereits in dem Vorstehenden, als die besondere Ge­staltung der Influenza veranlassende Momente betrachtet worden sind; daher denn auch insbesondere von der Ein-fachbeii oder Zusammengesetzthcit und Complication der Krankheit der Charakter derselben vorzugsweise abhängt. Doch ist nicht in Abrede zu stellen, dass, aussei- den ge­nannten, verschiedene andere Aussenverliältnisse einen nicht mindern Antheil an der Itestinimung des Charakters der Krankheit haben. So pflegt die Inßuenza in IViedernngen, in der IVäbe von Flüssen (denen die Krankheit überdies in ihrer Ausbreitung gern zu folgen pflegt cf. sect;. 122.) gern den asthenisch nervösen Charakter anzunehmen; während sie in Höhengegenden zu Anfange gewöhnlicher mit dem ent­zündlichen oder entzündlich-nervösen Charakter erscheint. In heissen, gewitforreichen Sommern, besonders wenn die Ge­gend eine Kiederung, mit ausgetrockneten Sümpfen reich­lich versehen ist, zeigt die IiranLheit leicht von vorn­herein eine auflallendc Neigung den faidig nervösen (typhö­sen) Charakter anzunehnicn, ja sogar in das Antbraxar-tige hinüberschweilen zu können (obwohl das letztere auch bei einer besondern Krankhcilsconstitution erfolgen kann) während sie in trocknen und kalten Wintern zunächst häu­figer mit dem slhenischen Chajakter auftritt und solchen auch länger behauptet. Von ganz hesomlerm Einfluss auf den Charakter der Krankheit, scheint auch die Beschaffcnlicit und namentlich die Lage der Stallungen zu sein. So nimmt, die Krankheit ganz gewöhnlich den faulig nervösen Cha raktcr an, wenn die Ställe eine (lefc Lage haben, sehr
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dunsiig sind und in der Nähe staguirende Wässer (Ab­zugsgräben u. dergl.) sieb befinden, oder ihre Construction sonst die Anhäufungen von Unrath begünstigen, wie schlechte Abzugskanäle bei Bohlenständen, Streuklappen etc. — In grössern Stallungen, wo viele Pferde, namentlich mehrere Kranke beisauimcn stehen, zumal wenn bei ein­zelnen der letztem stinkende Durchfälle eintreten, wodurch die Luft verderbt wird — sehen wir die Krankheit den ebengenannten Charakter gleichfalls leicht unnebmen; wäh­rend in kleinen Ställen, die nur wenige Pferde beherber­gen und sonst von guter Hauart sind, Dies seltner beob­achtet wird. Daher denn auch in grösscren Cavallerie- etc. Ställen die Krankheit viel häufiger bösartig erscheint und verhältnissmässig mehr Opfer fordert, als Dies in kleinen der Fall ist. Eine Beobachtung die so oft gemacht ist, dass sie mitunter zu nähern Erörterungen geführt hat; indem nicht selten bei den verschiedenen Pfcrdeabtheilun-gen eines und desselben Regiments etc. ein ganz verschie­dener Charakter der Krankheit gesehen worden ist, wo­von man die Ursache, sofern sie nicht auf eine genügende Weise in den sonstigen Locaieinflüsscn aufzufinden waren, auf den genannten Umstand zu schieben sich für berech­tigt halten musstc *). — Lehrigens verdient schliesslicli bemerkt zu werden, dass der generische Charakter der Krankheit, während der Dauer der Seuche audi wechseln kann. So sehen wir nicht selten, dass mit dein Eintritt einer kalten Witterung, besonders trockenen Frostes, die nun erfolgenden Krankheitsfälle, den früheren entgegen, gern mit einer m. o. w. deutlich ausgesprochenen Sthenie be­ginnen.
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*) Wenn lt;lie Influenza, bei gleicher Fullerungs • und Verbal' ungsweise der Pferde, in dem einen Stalle herrschl, in einem zwei­ten nicht, laquo;der auf einem Vorlaquo; erke und auf dem benachljarten niclil, so trägt meistens, sofern die Krankheit nicht (was indessen jedoch gewöhnlich der Kali ist) durch Ansteckung eingeschleiiiit worden ist, die Lage des Stalles oder Gehöfts die Schuld davon; wie mir Dies mehrere Beispiele bestätigt haben.
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Nächste Ursache, Natur und Wesen der Kranklaquo;
heit. sect;. 103. Wie uns das Nächsdirsachlichc und Wcscnüiche der Krankheiten überhaupt meistens in. o. \v. verborgen bleibt und thatsächliche Erklärungen zu geben so zu sagen un­möglich wird, so ist auch das Nächstursächliche der In-ßuenza noch in manches Dunkel gehüllt und es lässt sich daher eine völlig genügende Erklärung hierüber nicht ge­ben. Alles, was gegeben werden kann, sind m. o. w. nur Vermuthungen und Ansichten. Diese müssen nun zwar des näheren Beweises entbehren, allein insofern als sie doch durch Wahrnehmungen belegt und darauf zurückge­führt werden können, führen sie doch im Ganzen zu einer vollständigen Ansicht der Fathogenie und grössern Ein­sicht in die nosologischen Verhältnisse der Inßuenza. Ihre Erörterung würde daher hier nicht ausfallen dürfen. — Es künnlc nun zwar dem Zwecke einer Monographie entsprechender scheinen, hierbei auf historische Weise zu verfahren und die verschiedenen Erklärungen und Ansich­ten, welche über die Nadir und das Wesen der Inßuenxa gegeben und aufgestellt worden sind, nebeneinander wieder­zugeben und kritisch zu beleuchten. — Wir überheben uns indessen, diesen Weg einzuschlagen, da er uns weni­ger praktisch und insofern selbst nutzlos scheint, als dabei Ansichten berührt werden müssten, die aus Beobachtun­gen eines oder weniger Seuchenfälle hervorgegangen sind und sich darauf stützen, wie in diesen Fällen die Krank­heit gerade sich aussprach; aber nichts weniger sind, als die Frucht zahlreicher Beobachtungen und geläuterter Erfah­rung. Uebrigens ist der meisten und wichtigsten Ausich. ten über diesen Punkt im Verlaufe dieser Abhandlung auch beiläufig bereits gedacht worden, oder soll dersel­ben noch Erwähnung geschehen, so dass wir aus diesem Grunde uns um so füglicher auf die Mittheilung unsrer eignen Ansicht beschränken können.
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sect;. 104.
Halten wir uns zunächst an die Erscheinungen, welche durchgreifend bei der Inßuenamp;a beobachtet worden sind, so inüssen wir als solche insbesondere die sect;. 19. erwähnte Bcschaflenbeit des Bluts bezeichnen. Insofern als nun die niiasmatischen Einfliisso höchst wahrscheinlich zunächst eine veränderte Blutmischung bewirken, die genannten, noch gelegentlich hinzukommenden nachtheiligen Einflüsse gleichfalls der Art sind, dass sie, wenn auch auf verschie­denem Wege die nonnalc Blutinischung stören, insofern sie hald zur Aufnahme von nachtheilig wirlienden Stoffen von Kabrungsschlancho aus, bald durch Zurücklialfung, Relension, von Stoffen im Blute, die zur Ausscheidung bestimmt waren, wie es durch gestörte Hautansdünstung etc. geschehen mnss — so dürfte wohl das Xächslursüchliche der Ivßuenaa in einer Anomalie der Blutmischung zu ver­setzen und dieselbe, nach der am Blute beobachteten Ver­änderung, in einer zähflüssigen Bcschaffenheil zu suchen sein, die höchstwahrscheinlich in einem nicht zur vollständigen Läuterung gelangten Faserstoffe, mit andern Worten in einer eiweisstoffigen Beschaffenheit begründet liegt. Zahl­reiche angesteUte Beobachtungen über das Verhalten des von Intluenzkranlien entnommenen Blutes haben mich zu dieser Ansicht gelangen lassen. — Diese Blutbcschaffcn-heit behindert und erschwert nun die dunstförmigeu Se-crelioncn {Auslianchung) und da gerade die serösen Häute solchen Absonderungen vorstehen, so würde es sich auch ungezwungen erklären lassen, wie gerade diese Häute durch Funktionsstörung am meisten gestimmt werden, die Local-afl'ecfion in der fernem Ausbildung der Krankheit im All­gemeinen abzugeben; sie werden aber insbesondere und um so deutlicher den Locoaffectus bilden, als gleichzeitig durch stattgefnndene Störungen der Ilantthätigkeit auf an­tagonistische Weise die Secretion der serösen Häute noch in Anspruch genommen wird. Da nun durch die genannte Blutbesehaffenheit auch andere Ausscheidungen ebensowohl ins Stocken gerathen können als die der serösen Häute, so
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lässi sich hieraus auch zugleich das häufige 3Iitleit1en der Lungen (als Egestions- und hlutbereiiendes Organ) der Leber cic. erklären. Es ist ferner aber auch noch als ein abnorm erregendes (deprimirend wirkendes) Alnment auf die Nerven zu betrachten, und hierdurch lassen sich die so häufig vorhandenen, nervösen Erscheinungen im Krank-heitsprozessc wieder erklären.
sect;. 105. Insofern nun als die Blutvcräiuicrung in verschiedenem Grade vorhanden sein kann, so wird es hiervon höchst­wahrscheinlich auch abhängen, ob die'Störungen, welche dadurch in den verschiedenen thierischen Vcrrichiungeii hervorgerufen werden, geringer oder grosser an Zahl und von Bedeutung sind, so dass es gerade nicht erforderlich erscheint, dass jeder einzelne Krankheitsfall ganz dasselbe Bild darstelle, um die veränderte Blutbeschaffenhcit als das nächstursächlichc des ganzen Krankheitsprnzesses zur £rklärung benutzen zu können. Was aber insbesondere noch wichtig ist, ist, dass durch Annahme des IVächstur-sächlichen der Krankheit im Blute, jene Beobachtungen auch eine Erklärung finden, wo die Krankheit unläughar in das Anthraxartigc hinüberschweifte, ja in einzelnen Fäl­len selbst unzweideutig bis zum wirklichen Milzbrand sich heranbildete — einer Krankheit, deren Wesen jetzt allgemein in eine cigenthümliche Bluteiitmischung versetzt wird. Wenngleich nun diese von jener bei der Induenza abweicht, so ist doch die Hervorbildnng der ersten aus der letzten, durch besondere (wenngleich nicht genau genug gekannte) Einflüsse *) sehr wohl denkbar.
*) Solche Einflüsse Werden allerdings in noch liesomU'in mias­matischen Verhällnissen gesucht werden müssen, da uns die eigentlich veranlassenden Ursachen des Milzbrandes gleichfalls nicht näher be­kannt sind. Im Allgemeinen sah man daher auch diese Hinneigung der Inßuenza. zum Anthrax in einzelnen ihrer Krankheitsfälle zu einer Zeit rorkoinmen; wo Ulilzhraml hei andern Thieren Todes­fälle veranlusste, so wie vorzugsweise in jenen Gegenden, wo diese Krankheit üherhauiil mehr zu Hause gehilrt. Oh in südlichen Klimaten
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sect;. 106.
Dem Siiisc der vorherrscheuden Loealafleciion cnisprc-chciul, wird daher auch im Gesatnmikrankhcitszustande die rheumatische JVahir sich entfalten müssen; und es wird diese um so mehr und um so deutlicher ausgeprägt sein, je mehr zufällig noch Ursachen, wie die sect;. 97 genannten mitwirken, die an und für sich schon geeig­net sind, rheumatische Beschwerden zu veranlassen. In diesem lolztgeiiannten Falle werden dann auch leicht noch die fibrösen Gohildc: die Synovialhäute, Aponeurosen, Sehnensrheidcn, Sehnen etc. in Mitleidenschaft gezogen. Der steife, gespannte Gang, das Knacken in den Gelenken etc., welche oft den Ausbruch der Iii/Juenza begleiten, bekunden Dies nicht allein, sondern sprechen zugleich nicht minder für die rheumalische IVatur des Uebcls. — Dass es nun aber auch wirklich die serösen Häute sind, welche dnreh-greifend örtlich bei der Influenza leiden, wird durch die Seclioiisergebnissc hinlänglich constalirt. Niemals wurden sie ganz frei gefunden, gewöhnlich blieben si ; die vorherr­schend leidenden Thcilc, in andern, den gefährlichen und häufiger zum Tode führenden Fällen leiden die von ihnen umkleideten Organe nainhaft mit — cf. sect;. 8.).
sect;• 107.
In den gelindem Graden der Krankheit besteht nun das liciden der serösen Häute in einer blosscn Reizung der­selben, die sich aber gern bis zur wirklichen Entzündung steigert, und da das seröse Membranensystem ein im Kör­per sehr weil verbreitetes ist, so können denn auch in Be-
es liiiufiger iler Fall sei als in nördlichen, muss daliin gcslelll Mei-ben. Nacli der Besclueiliiing, welche uns Giraid von der Influenza gelieferl hat, sollle man es lermuthen; doch slelU fest, ivenngleicb es noch einige Zweifler laquo;ohl gieht, dass auch hei uns, die Influenza eine anlhraxarlige Ueiinischung erleide, und nicht Lloss in hohen Sommern, sondern seihst im Winter, wie Keoliachtnngeu der Art von mir und Andern gemacht worden sind. Belraclilen wir den Milzbrand als ein Art des Faul lieber;raquo; , so gewinnt das Vorkommen von milz-l)randarligen Iniliienzfällen noch melir an KrklÄiung.
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rücksichiigiing des Umslandcs, tlass nach allgemeinen Krankheitsgesetzen Entzündungen sich nie über ganze Sy­steme gleichmässig aasbreiten, sondern immer nur ein­zelne Parihicn (Organe oder Organtheilc) vorherrschend ergreifen — an verschiedenen Orten Entzündungeu zur .Ausbildung gelangen. — In der Wirlilichkeit verhält es sich nun auch so: es können sowohl die serösen Häulc in der Brust, als Hinterleibshöhle, die Gehirn- niulRückenmark-liäute, die Syiiovialhäule etc. vorzugsweise ergrifferaquo; sein, lind in ihnen und den von ihnen umkleideten Organen Entzündungen zur Ausbildung gelangen.
Wenn wir nun auch sehen, dass letztere am gewöhn­lichsten dort sich hcrvorbilden, wo die serösen Häute in reichlichem Maasc vorhanden sind, wie Dies in der Brust­höhle der Fall ist, und daher die hi/luenza wie sect;. 8. ange­führt, fast constant dort ihren besonderen Ilcerd aufschlägt und am gewöhnlichsten mit Brustcntziindnng sich verbin­det, wozu auch das Betheiligtsein der Lungen in Fiebern bei­tragen mag — so werden doch gewisse Uinslände m. o. VF. bestimmend für den Ort sein, wo die Entzündung vor­zugsweise Sitz greift und sich vollständiger entwickelt, ebenso wie unter -Mitwirkung besonderer Einflüsse noch andere namhafte Nebcnlciden zur Ausbildung gelangen und selbst zu den prädominirensten werden können: wie catar-rhalische und gastrisch-biliöse Leiden. Diese Leiden indessen als die wesentlichen der Xnßuenxa zu betrachten und ihre jValur hiernacl) bestimmen und dieselbe als ein catarrhali-sches oder biliöses Leiden aufsiellen zu wollen, crsclicint nnstaühaft, und kann sich diese Ansicht nicht, im Wider­spruch mit zahlreichen ßeobachiungen, hinlängliche Geltung verschaffen.
Wir könnten hier füglich auf Das, was wir bei Gele­genheit der Symptomatologie und .letiologie hierüber beiläufig gesagt haben, verweisen, doch glauben wir es zur Aufhel­lung der IVatur der Xnßttenza für nofbwendig, noch ei­nige Punkte hervorzuheben.
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sect;. 108.
Die hi/lueiiza ist zwar, wie so eben angedeutet, von Mehreren den catarrhalischcn Kranklieitcn beigezählt wor­den ; mit welchem Recht, darüber wollen wir nicht richten. Fest steht, dass das Schlciiuliauilciden nie durchgrei­fend bei allen Kranken weder wahrgenommen, noch durch die Section ein solches in namhafter Ausdehnung nachgewiesen worden, ist! — Durch die ätiologisch verwandtlichcn Beziehungen, in welchen Catarrh und Rheumatismus sieben, lässt es sich aber hinlänglich erklä­ren , wie ein Ilinüberschweifcn des einen llrankheitszu-standes in den andern stattrinden, oder ein Anflug von dem einen dem andern leicht verliehen werden könne. Insbe­sondere aber wird die Berücksichtigung der individuellen Anlage des Pferdes zu catarrhalischcn Leiden darüber Auf­klärung verschallen, warum die Lnßmnza, namentlich bei jungen Pferden, leicht eine catarrhalische Beimischung er­leidet, ja unter den sect;. 99. erwähnten Einllüssen der Ca­tarrh wohl selbst m. o. w, prädominiren könne. Dies berechtigt aber noch nicht der Itißnen/.a selbst stets eine catarrhalische Natur unterzuschieben. Denn durch sie Hesse sich das in manchen Fällen beobachtete, vorherr­schende Leiden der Gehirn- und Rückemnarkshäute; die an denselben nach dem Tode gefundenen Exndate doch wohl nicht erklären; da die gcnannlen Häute durchaus keine Schleimhäute sind; ebenso das oft so allgemein beobachtete Mitleiden der Synovialhänfe, ilcr nachfolgcn-den Sehncnanschwellnngcn etc.
sect;. 109.
Nicht gross anders verhält es sich nun auch mit dem Leberleidcn, welches, und was sehr zu verwundern ist, von Vielen als das Constantestc und der Influenza ihrem Wesen nach beslimmende belrachlet worden ist. — Gegen diese Annahme spricht aber (ei. sect;. 17.) dass das Leber­leiden keineswegs stets gleich ursprünglich vorhanden ist, dass vielmehr solches sehr oft erst im fernem Verlaufe der Krankheit hervortritt. — Das häufige Mitleiden der
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Leber bei der Inßvcnza kann indessen auch weiter nicht so sehr auflallen und findet seine Erklärung sehr cinfacli in den Punkten, die bereits (sect;. 100 u. a. O.) erwähnt wor­den sind; dann aber auch in folgenden. Erstens sehen wir, dass in länger anlialienden fieherlianon Leiden bei Pferden die Leber, von ihrer funcüonellcn Seite aus, weit leichter in Mitleidenschart gezogen wird, als dies heim Rindvieh und jenen Thieren, die eine Gallenblase besitzen, der Fall ist. Es dürfte fiir dies Verhalten nicht ohne Grund die Erklärung darin gefunden werden, dass bei der verminderten Futteraufnahme einer der natürlichsten Reize für die Gallensecretiou und insbesondere auch für ihre Excre­tion fehlt, somit die Leber ein Anregungsmittel für ihre Thätigkcit entbehrt, diese somit ins Stocken gerathen mnss. Rei den Thieren, welche eine Gallenblase besitzen, wird die abgesonderte Galle (wenngleich auch hier aus gleichem Grunde ihre Absonderung als geringer anzunehmen ist) in der Gallenblase sich ansammeln, bis neue Fntieraufnahme ihre Ergiessung in den Darmkanal erfordert. Ebendeshalb finden wir denn auch bei fast allen Krankheiten des Rind­viehs, wo längere Zeit kein Futter genossen worden ist, in der Regel die Gallenblase durch Galle sehr ausgedehnt.
Ein anderer Grund wird nun ferner darin gefunden, dass bei allen länger bestehenden Leiden der Lungen, wie es in unserer Krankheit ja so gewöhnlich der Fall ist, in Folge dos dadurch gestörten Rospirationsprozesses und mangelhaften Entkohlung des Rluts, dieses einen grösseren Reichthum an jenen Stoffen (eine venösere Besehaffenheil) erhält, welche für eine reichlichere Gallenboreitung geeig­net sind; hieraus alsQ nicht allein eine Ueberladung mit genannten Stoffen im Blute, sondern zugleich auch eine grössere Beanspruchung der Leberthätigkcit erfolgen müsse*). — Allein auch zugegeben, diese Erklärung sei ungenügend, so steht doch das Factum fest, dass bei anhaltenden Störun-
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*) Die oben bemerkte Beseliaffenlieil des Blnls selbst bei Iii-tluenzkranken, dürfte gleichfalls begünstigeiul nnlivirken.
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gen der LungciiüiäiigkeU, auch Erscheinungen eines Lcberlci-tlens, Gelbfärbung der Schleimhäute etc. gern herrorgerufeu werden. Hiervon nun Anwendung auf die Tn/famsagemachf, würde also wenigstens für die Fälle, wo die Brustaflectiou die bedeutendste ist, und Dies ist gewöhnlich der Fall, die so hating beobachtete Gelbfärbung bei dieser Krankheit er­klären lassen, ohne dass es nothwendig noch auf wichtige Prämissen beruhend erscheint, bei ihr die Erzeugung eines cigenthümlichen, gribfärbenden Stoßes im Blute, welcher mit dem FärbcstofTe der Galle die grosste Heimlichkeit be­sitze , anzunehmen, in ihm das Wesentliche der Influenza zu suchen, und sie ihrem Wesen nach als eine Cholosis aufzustellon. — Das Vorkommen dieses Stoffes (der jedoch nicht bloss dem FärhestolTc der Galle sehr älinlich, sondern wohl als identisch bezeichnet werden dürfte) im Blute aber auch zugegeben, so würde doch seine primäre Erzeugung auf dieselben ursprünglichen Verhältnisse zurückgeführt werden müssen, die wir bei der Aetiologie überhaupt ange­geben haben, er also doch immer nur ein Mit- oder viel­mehr Xebenerzcngniss sein könne, da die von uns (sect;. 19) angeführte Anomalie der Blulbeschaffenheit stets beobach­tet worden ist und bei Weitem die aufTallcndsten Abwei­chungen des Bluls in sich schliesst. — Lassen wir hier nun endlich noch den Umstand nicht unberücksichtigt, dass rheumatische Leiden so gern und leicht mit gasfrisch-biliö-sen sich verbinden, so würde durch die rheumatische Na­tur der Infltienza, die so häufige, deutlicher hervortretende biliose Beimischung gleichfalls noch an Erklärung gewin­nen, so wie denn schliesslich auch der Grundcharakter dieser Krankheit, dessen Erörterung liier nächst erfolgt, für das besprochene Phänomen auch noch einigen Aufschluss giebt. — Uehrigens bleibt es nicht immer bei einer blossen fiinctionellcn Störung der Leber niederer Dignität, son­dern es kann sich das Leiden auch bis zur wirklichen Ent­zündung dieses Organs steigern (cf. sect;. 26.) und dasselbe uladiirch eine grössere, materiellere Grundlage erhalten.
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Meisicntheils aber, wo nicht immer kommt die EniKÜndang von dein serösen Ucbcrzugc aus zu Stande (sect;. 8.)
sect;• no.
Da nun aber iiberhaupl sehr gewöhnlich, namentlich aber in allen jenen Fällen, wo die hilhtenza mit einiger Heftigkeit auftritt, örtliche Entzündungen zur Ausbildung gelangen, so würde es sich fragen iniisscn, in welchem Zu­sammenhange diese mit dem Allgemeinlciden (Fieber) stehe; ob sie nämlich als sccuiuläre Uebel oder nicht viel­mehr als das primäre im Iirankheitsprnccss zu betrachten sind. Wir glauben das Erstcrc annehmen zu müssen.
Die Erstwirkungen der veranlassenden Ursachen be­ziehen sich auf das Blut, veranlassen in diesem die oben angegebene Veränderung. Diese Blutbcschairenbeit wirkt nun ebensowohl als veränderter Ueiz auf die Gefasse und Nerven (belästigend) als sie insbesondere auch zu Störun­gen in den Sccrctiunsgeschäften führt, in Folge Dessen Seitens des Gesaminiorganismus allgemeine Reactioncn erfolgen, die wir mit Fieber bezeichnen, und laquo;lie eine Aus­gleichung der erlittenen Beleidigung im Organismus be­zwecken sollen. Gelingt Dies vollkomincn, so entscheidet sich die Krankheit ohne Hinzutritt örtlicher Entzündungen, gelingt Dies aber nicht, so folgt auch hier der eingeleitete Krankheitsprocess den allgemeinen Gesetzen, sich in irgend einem Thcile zu localisiren und zwar vorliegenden Falls als Entzündung. Daher denn auch die bei der Injhtenza vorkommenden Entzündungen als das Secundäre, Zweilvor-hnndene, nicht als das Primäre oder Erslvorhandene betrach­tet werden können. Wollte man (mit Andern) das umge­kehrte Verhällniss, neben dem so eben angeführten auch bestehen lassen, oder laquo;wohl gar noch überdiess annehmen, dass Entzündung und Allgemeinleidcn gleichzeitig entstäu-
-*) Ja man lifli,ui[ilel grade keine Utmahrheit, uemi inau sagl,
ilass ilie Haul, laquo;lie serüseu Häule (Bruslfell) iintl Lelier seliuii lange
vor laquo;lern sichtbaren Ausbruche der Krankeil ihre Schuldigkeil niclll
mehr gelhaii haben.
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den, Jas Causalvcrliähniss, iu wclcliem beide steheraquo; kön­nen, also ein laquo;Ircifaches sei, so geräth mau oflenbar mit sich in Widerspruch. — Wir geben indessen gern zu — cf. sect;. 10 — dass durch gewisse Nebcneiiiflüsse be­dingt, Fälle voriiouinicn, welche den Schein der primären Entstehung der örtlicheu Entzündung oder der gleichzeiti­gen dieser und des Allgemcinleidens an sich tragen. Dergl. Fälle aber können nicht als Kegel gelten. — Uebrigcns wollen wir hier nebenbei ausdrücklich bemerkt haben, dass es ein vergebliches Abmühen sein würde, wollte man bis zur Evidenz nachzuweisen suchen, was Primär und was Sccundär in einem fieberhaften Krankbeitsproeess sei — verschiedene Deulungen sind hier zulässig! — Wir glau­ben Grund zu haben, die Jnßiienza als eine primiir Jieber-hafle Krunkheil zu betrachten; schon die dem sichtbaren Krankheitsausbruche vorhrrgehenden Trübungen in dem All­gemeinbefinden, sprechen ebensowohl dafür als der ganze Verlauf derselben etc. In ihrer einfachsten Hestalt ein (allerdings m. o. w. zusammengesetztes) Fieber darstellend, kann sie denn auch die verschiedensten Formen des­selben durchlaufen; bis zum typhösen Fieber sich heran­bilden.
sect;• Hl-
Was limi den Charakter, mit welchem die inflitcuxa auf­tritt, anbetrifl't, so gelit aus den obigen Erörterungen hervor, dass derselbe zwar sehr verschieden sein könne, doch hat sich herausgestellt, dass er im Allgemeinen als aslhenisch be­zeichnet zu werden verdient. Denn, abgesehen von einzel­nen Ausnahmen, wo die Krankheit sich länger, [mehrere Tage als eine sihenische behauptete, so ist die Anzahl der Fälle doch ungleich grosser, wo der sthenische Anstrich der Krankheit nicht nachhaltig war, vielmehr bald der aslhenische Charakter sich hervorbildetc; die grösstc An­zahl der Fälle aber von vornherein schon diesen Charak­ter in. o. w. deutlich ausgeprägt an sich trugen.
Die angegebenen ursächlichen Verhältnisse sind nun im Allgemeinen auch der Art, dass sie mehr für die Aus-
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bildung des astliiiisclien (Jliaracicrs stimmen; weshalb denn auch unier den sect;. 102 angegebenen Verhältiiisscn nnd Um­ständen die Influenza so leicht unter der Allgcmcinsherr-schaft eines Nerven- und Faulfiebcrs verläuft; sich über­haupt zum Typhus gestalten kann.
sect; 112.
Was nun die Conlagiosiiüt als cjne fernere Eigenthüm-lichkeit der Inttuenza anbetrifft, so vermögcii wir zwar nicht diese näher zu erliiären, verweisen vielmehr in dieser Beziehung auf das in den i^. S7 soq. Abgehandelte, bemer­kend , dass die Aiisieckungslahig!;eit in allen den Fällen, wo der asilienische Charakter der Krankhcif denllich, zu­mal in höherem Grade hervortritt, nacli Analogie anderer Krankheiten, auch im höheren Maase bervortreten werde; obgleich, ausdrücklich sei es nochmals gesagt, in keinem Falle mit positiver (raquo;ewissheit sich behaupten lasse, dass dieselbe gänzlich fehle. !Vur eine blossc Präsumption ist hier zulässig.
sect;• 113.
Welche näheren Eigenschaften das Contagium besitze, ist noch nicht hinlänglich ermittelt worden. iVach den bis jetzt darüber erworbenen Krfulirungen, scheint das Conta-ginm den ttücfiligen beigezählt werden zu iniissen. In wel­cher Entfernung es sich aber von dorn llcrrde seiner Er­zeugung wirksam verbreiten liönno, hierüber wissen wir nichts Bestimmtes anzugeben. Körher*) glaubt, dass es sich über den Dunstkreis der kranken l'ferde, ohne ent­kräftet zu werden, nicht ausbreite, und stützt diese seine Annahme auf die Beobachtung, dass in den Fällen, wo er eine Ansteckniig voraussetzen inusste, jedesmal das dem kran­ken Pferde zunächst stehende Pferd erkrankte. Andernfalls beobachtete er, dass dann keine Ansteckung stattfand, wenn kranke und gesunde Pferde in demselben Stalle zwar, aber 4—5 Schritte von einander entfernt standen. — Anderorts ge-
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*) Hamlbuclt der Seuche jiag, 182,
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machte Rcobachiungcn liabeu aber zum Theil gerade wie­der das Cegeniheil dargeihan : man sah, wo zufällig iniluciiz-krankc Pferde in grösserc Ställe aufgenommen wurden, dass in rcrscliiedenen Entfernungen Erkrankungen in den Pferdcreihcn vorkamen, so dass es höchst wahrscheinlich ist, dass in einein abgeschlossenen Räume (wie in Ställen) das Contagium in grösscrer Entfernung- wirksam sich zeigen kann. Der Grad, in welchem, die Stallatmosphäre mit dem Contagium geschwängert ist, dürfte indessen je­denfalls hier von Einfluss sein, so dass, wenn mehrere Kranken vorhanden sind, die Entwicklung des Contagiums mithin in grössercr Quantität .sfatüindd, die ansteckende Kraft auch in grosscreii Entfernungen als auf die nächste Umgebung der Kranken wirksam sei. Den grössten Ein­fluss scheint hierbei der Grad der Empfänglichkeit der Thierc für das Contagium auszuüben. In dieser Beziehung liegen mir mehrere sehr interessante Beobachtungen vor*).
sect;• 114.
Was die Ertlialtungsfähigkeit des Contagiums anbe­trifft, so ist dieser Punkt noch am wenigsten erforscht; doch sah mau Pferde, die in Ställe gebracht, worin meh­rere Tage zuvor iiifluenzkranke gestanden, in die Krank­heit verfallen. Desgleichen liegen mehrere Beobachtungen vor, wo durch Pferde, die unter iniluenzkranken gestanden, die Krankheit in Ställe verschleppt wurde, ohne dass sie die ersterkrankten darin ausmachten. Aus diesen Beobach­tungen lässt sich daher vorläufig wohl der Schluss ziehen: £?ass das frei gewordene Contagium unter den gewöhnlichen Einßissm sich mehrere Tage wirksam erhalten könne; dass __________.
*) ISachinaun führt liezliglicli ilieses Punktes an: „Uass in einem Slnlle niclil seilen Pferde, die von den Erkrankten entfernt stehen, fiiiher iutizirl werden als andere, die in der Nähe sich hefinden, kann daher auch nicht als Bewejs gegen die Ansteckbarkeit ange-uoinmen laquo;erden. Die Beceplivilät fürs Conlgaium entscheidet hier wohl mehr, und diese ist liei einzelnen Individuen und Familien gtösseri so laquo;area z. 15. unter den 15 zuerst erkrankten Mutterslutcn alle Töchter des Rodnv, und 4 davon gingen verloren.quot;
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M ferner sogar durch andere Träger, als die Atmosphäre, ver-schleppt werden könne und ihm insofern daher auch ein ge­wisser Grad von Fixheit zugeschrieben werden und anzunehmen seht dürße, dass es sehr wohl durch Decken, Geschirr etc., welche bei kranken Pferden benutzt wurden, und selbst durch Wärter jener Pferde auf gesunde übertragen werden könne. Welcher Annahme Körber*) u. m. A.*#) auch beitreten.
sect;• 115.
Ob das Coniagiuin zu den leicht oder schwerer zerstör­baren Anstcckstoflen gehöre: hierüber zu entscheiden, liegt noch keine hinlängliche Anzahl von Bcobaehlnngcn oder Ver­suchen vor. Im Ganzen jedoch ist das Ersterc wahrscheinlich, da man geiunden hat, dass nach dem gewöhnlichen Gebrauch der Chlorräucherungen der beabsichtigte Zweck (Zerstö­rung des Contagimn) erreicht wurde.
Als feststehend kann aber angenonimcn werden, dass des Contagiums Wirksamkeit auf das Pferdegeschlecht beschränkt ist, nicht aber lediglich auf das Pferd, wie Körbern. A. anneh­men. Denn mir ist der Fall vorgekommen, wo die Krankheit auf einen (jungen) Esel, unter Umständen überging, die nur einer erfolgten Ansteckung zuzuschreiben waren. Wann aber die Krankheit in dem angesteckten Thicrc zum Ausbruch komme, ist nicht bestimmt anzugeben; im Ganzen variirtc die Zeit zwar, doch lielen die meisten Erkrankungen zwi­schen den 8ten und 21stcn Tag nach vorauszusetzender, erfolgter Ansteckung.
Eine andere noch streitige Frage ist die, in welchem Stadium der Krankheit das Coniagiuin zur Entwickhing gelange, und ob Pferde, bei denen die Krankheit selbst
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*) 1. c. **) Bachmann frzalilt: „In einem Fall schien die Ansteckung mehrerer Ackeriifenle durcS Benutzung lt;1es Slreuslrohs, welches Lei Kranken angewendet war, vor sich gegangen zu sein; in einem zwei­ten Falle aber durtlis Futter, welches in einem Stalle gelegen hatte, worin sich Kranke helanden,quot;
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noch nicht zur vollsiäntliaen Aushildung gelangt ist, für andere schon anstcckiingsfähig sein künnen. Man hat, auf eine sehr voreilige Weise, als nothwemliges Requisit die vollsläiuligc Entwicklung der Krankheit fiir ihre Fähigkeit anzustecken üherhaupt aufgestellt. Es treten dieser An­nahme aber so viele Beobachtungen bei andern anstecken­den Krankheiten entgegen, dass schon per Analogie mehr als die blossc Mögliclikeit vorliegt, dass die In/Iuenza schon in ihrem ersten Stadium, dein der Prodrome, coutagiös sich änssern könne. Durch einige Beobachtungen ist Dies sogar wahrscheinlich gemacht. Man sah nämlich nach Einführung von Pferden, die selbst noch scheinbar gesund, aber, den gegebenen TTmsläiilt;Ieii zufolge, den Keim der Krankheit schon in sich trugen, unter den- Pferden, zu denen sie ge-slellt wurden, die Influenxa zum Ausbruch kommen, bevor sie selbst noch sichtbar erkrankt raquo;aren. — Bei Gelegen­heit der Symptomatologie ist erwähnt, dass die Influenza nicht selten ein sehr langes Stadium der Vorboten habe, dies Siadium aber in andern Fällen von einer kürzeren, unter Umständen sog^r gar nicht vorhanden zu sein scheine. Dieser Umstand wird zur Erklärung des Phäno­mens, dass die infizirten Thiere scheinbar früher erkran­ken, als diejenigen, von denen die Ansteckung ausging, die­nen müssen, wie er gleichfalls auch zum Theil den, in ver­schiedener Zeit erfolgenden, offenbaren Ausbruch der Krankheit nach stattgefnndener Ansteckung erklären lässf. Dem Vorausgeschickten zufolge, würde die Influenza, in ihrer TolaWät aufgefasst, zu bezeichnen sein als: eine fteberhafle contagiöse Krankheil mit vorxugsweisem Ergr\f-fensein des serösen Menibranensyslems, die aber sehr gern und gewöhnlich, huld mil cularrludisihen, laid mil ga­sirisch, biliösen Besehwerden, miiunler sogar mit beiden zu­gleich sich verbindet und dadurch, so wie durch die Ausbildung von innern Entzündungen und Hervorbildimg des nervös-faidi-gen Fiebercharalters sehr verwickelt, (und von ihrer Primitiv­form sehr abweichend) erscheinen kann.
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sect;• 116, Schlicsslich diirfle hier wohi noch zur Frage kommen, ob der Name „In/luenxaquot; fur den beschriebenen KVauk-heitszusiand der passendste, und ob nicht einer der vielen andern demselben beigelegten Namen bezeichnender sei. Auf eine weitläufige Erörterung kann sich über diese Frage nicht eingelassen werden, weil Dies im Ganzen ein frucht­loses Unternehmen sein würde, da „der Name nichts zur Sache thut.laquo; Indessen soviel dürfte hier zur Erörterung kommen, dass die meisten der, von andern Schriftstellern der Krankheit beigelegten Namen entsprechend den her­vorstechendsten Erscheinungen, den LocalafTectionen, dem Fiebercharakter etc. gewählt wurden, wie sie solche in den von ihnen beobachteten ScuchenfäUcn wahrnahmen. Da nun aber unsere Krankheit sich sehr verschieden zeigt, so passt keiner der gegebenen Namen auf alle Fälle. — Wenn wir auch sehr wohl erkennen, dass ein Name, nach dem Sitze und dem Charakter der Krankheit ausgewählt, zu einem praktisch therapeutischen Zwecke, jedenfalls den Vorzug verdiene, so beweist doch der letztberegte Um­stand, dass, da ein speziell bezeichnender Name sich nicht geben lässt, ohne grosse, das Ohr beleidigende Zusammen­setzungen*), ein solcher den Vorzug verdienen müsse, welcher allgemein bezeichnend ist. Ein richtiger Begriff von der Sache lässt sich mit dem Namen immer verbinden. — Ist doch der Name „Rinderpestquot; für eine bestimmte Seuche von den vielen Sciichkrankheiien beim Rindvieh angenommen worden, und ein Jeder weiss, welcher Krank-heitszusiand damit gemeint ist. Es würde sich also nur fragen können: welcher allgemein bezeichnende Name für unsere Krankheit einzurühren sei. An dem Namen „In-fhtenxaquot; haben zwar Einige Anstoss genommen, und es
*) Wie z. B. ilcr wokl in Vorschlag gebrachte „epizootisc/ic sporadische Brustfell-Lungen-Leher-Entzündungquot; elc. Ein Name, iler trotz seiner Länge doch noch nicht alle wesentliche aiu-inente der Krankheit in sich schliesst.
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lässt sich in der Thai auch Manches gegen ihn einwenden; wir glauben aber doch, weil er einmal schon so allgemei­nen Eingang gefunden hat, dass man ihm das Bürgerrecht verstatten könne, und ich habe es daher auch vorgezogen ihn beizubehalten, statt die Nomenclatur der abgehandelten Krankheit zu vermehren. Sonst dürfte der Name „Pferde-seuchequot; als ein gleichfalls allgemein bezeichnender, vor den meisten andern eingeführt zu werden verdienen. Denn die Influenza ist zur Zeit gewiss die gewöhnlichste Seuchen-krankheit der Pferde, und alle übrige Seuchenkrankheiten dieser Thicre führen andere JVainen, so dass also derselbe zu einer Verwechslung nicht führen kann. Dies thut aber der Name Iiifluenxu jedenfalls auch nicht und ist überdies, der Bedeutung des Worts nach, noch etwas speziell-bezeich­nender als „P/erdesenchequot;. Daher möge denn der Name „Pferdeinfluenza, influenza equonunquot;, eine allgemeine An­nahme finden.
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IW. Diagnose, lt;*aiis und Verbreitung der Influenza.
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Nachdem wir die Inßiienza in symptomatologischer und ätiologischer Hinsicht beschrieben und erörtert haben, dürfte es, um dieselbe in jeder Bezicining möglichst voll­ständig abzuhandeln, noch erforderlich scheinen, etwas Nä­heres über ihre Diagnose (Unterscheidung von andern ihr ähnlichen Krankhciti-n) zn sagen und hieran einige Bc-incrkungcn über ihre Eigenthümlichkciteu als Seuche hin-zuzufügen.
Die Influenza muss zunächst (wie der Name Dies auch schon anzeigt) als eine Semhenkrankheil festgestellt werden.
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Das YerhaHcn iliosrr schlicsst iiulosson kpincswegs das Vorliommen vcrcinzcher Krankheitsfälle ans (wie diese ja bei meiirorcn Scnchenkraiikheiti'n, z. B. bei dem Milz­brand nie. vorkommen). Im Ganzen wird also auch die Influenza, nngeachfet der vercinzeKen Kranklieiisfalle, eine Seuche bleiben. Ihr sporadisches Vorkommen ist nur mehr scheinbar und hitnj;! fheils mit der Grosse des Pfcrdcbeslt;andcs und dem etwa schon IW.illcngoweseiiseiu der Pferde von dieser Krankheit, und andern Umsiänden (cf. sect;. 93.) zusammen. In grösseren Stallungen: Mar-, Ca-vallcrie- und Poststälien, in Gestüten, Ilcmontedepots etc. sind bisher einzelnsiebende Krankheitsfälle nicht beobach­tet; stets folgten mehrere. Dieser Umstand hat denn auch wohl zu der Ansicht und Behauptung geführt, dass die Influenza vorzugsweise Eigenthum grosser Stallungen sei. Anders verhält es sich in Privatställci!, wo mir ein oder ein paar Pferde stehen, indessen die Zahl selbst der ver­einzelt vorkommenden Krankheitsfälle spricht doch unzwei­deutig genug für ihre seuchenarlige IVatnr. Denn stets ist es der Fall gewesen, dass wenn den Thierärzten, im Be­reiche ihres praktischen Wirkungskreises, erst ein influenza-fall vorkam, es bei diesem nicht blieb, sondern andern Ortes und in anderen Ställen gleiche Erkrankungen vorfie­len. Doch können Ausnahmen slattfinden, wie Dies aus einer richtigen Würdigung Dessen, was oben in ursäch­licher Beziehung über die Influenza gesagt worden ist, sich entnehmen lässt.
Da nun die Influenza als ansieckende Seuche auftritt, so wird eines ihrer diagnostischen Merkmale, und ihre Unter­scheidung von andern, in den Symptomen ihr ähnlichen, sporadischen KraiikheMen, auch vorzugsweise mit in ihrer Contagiosität aufgefunden werden müssen.
!?. 118.
Es ist insbesondere die (rheumalische) Bnislfellentxün-dung, welche eine Verwechslung mit der Influenza zulässt. Das plötzliche Auftreten, so wie die meistens nachweisba­ren veranlassenden Ursachen der sporadisch auftretenden
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Bi'uslt;fellen(ziiiraquo;diing, roichen für gewöhnlich schon ans, sich vor einer Verwechslung zu schützen, mindestens fiih-ren sic d.-irauf hin, Verdacht zu schöpfen. Durch die, dem siclitbaron Erkranken an der Influenza vorhergehenden Vor­boten, ist dem Kranken selbst, bei erfolgtem Ausbruche der Krankheit, schon ein so eigentftümlicher Mabilus aufge­drückt, das ganze Kraiikheifsbild hat ein so besonderes Ge­präge, dass es schon hierdurch allein dem erfahrenen Prak­tiker gelingt, die Influenza in ihrem ersten Krankheitsfälle richtig zu erkennen. Der minder Geübte kann allerdings noch Zweifel hegen, doch werden ihm nachfolgende Er­krankungen des Zweifels bald überheben. Für die Thera­pie erwächst indessen ans einer solchen A'erwechslnng #9632;weiter kein erheblicher Nachtheil, sofern, und was ja über­all beobachtet werden soll, dieselbe mit Vorsicht und Um­sicht geleitet wird. — Wer nur in der GelhJ'ärhxmg der Conjuncliva die Influenza erkennen zu A'öjmen wähnt, der ivird allerdings dieselbe oft genug verkemien.
Bei dem so häufigen Stichen nach Gelbfärbung der sichtbaren Scbleimhänte, ist es denn auch die Leberentzün­dung geworden, die wohl für die Influenza in Anspruch genommen ist. Meiner Meinung nach kann aber (in Rück­sicht der ganz andern Gesaramterschciiningen, mit welchen die Gelbfärbung der Conjunctiva z. B. bei- der Influenza in Verbindung auftritt) nur eine sehr oberflächliche Unter­suchung und Würdigung der vorhandenen Krankheilser-sclieinungcn etc. zu einer Verweclislung dieser beiden Krankheiten führen, und daher glaubten wir uns eines nä­hern Vergleichs derselben überheben zu können.
Leichter wird, zu Anfange der Krankheit, eine Ver­wechslung m\i fieberhaften rheumatischen, rheumatisch-entar-rhalischen und rheumatisch -gasiristhen Krankheitszuständen stattfinden können, da die. Influenza, wie sect;. 20 bemerkt, unter der Form solcher, in ihrer einfachsten Gestalt aufzu­treten pflegt. Indessen auch hier werden, theils die in. o. w. erweislichen Ursachen, und theils und vorzüglich wie­der die Eigenthütnlichkeit des Krankhcitsbildes bei der In-
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fluenxa, bei einiger FeHigkcil in der Erkcniinng tier Kraule-heiien, das Richlige ohne grosse Schwierigkeiten auffinden lassen. Bei anränglichem Zweifel wird der _/lt;?}'raquo;jfrc Verlauf der Krankheit jedenfalls Aufklärung rerschalTen. Dies gilt namenllich (iir jene Fälle, wo die Iii/hienza wie sect;. 10. an­geführt, unter der Alaske anderer Krankheiten zunächst auftritt, dieselben gewisserinassen als Vorläufer hat, und Ursachen vorhanden sind, die solche £rkrankungen recht­fertigen lassen. — Dieser Fall niiii, wo nachtheilige Aus-scneinflüssc gleichzeitig nachweisbar sind, ist aber auch wohl der einzige, wo selbst der Erfahrene sich m. o. w. Zweifeln liiiigcbcn kann. Fiinc richtige Anirassiing aller zur Diagnose behilflichen Momente, wird indessen auch hier vor grossen Fehlschlüssen schützen und den im Hintergrund versteck­ten Feind inindcstens vernuithen lassen. Sein Hervortreten wird auch bald genug die blossc Vcrmuthung zur Wirk­lichkeit erheben und in die bis dahin zweifelhaft gebliebene Diagnose Aufklärung bringen.
Die Coniagiosilül der Influenza wird nun in vielen Fäl­len nicht minder zu einer richtigen Diagnose führen, niin-destens doch darauf hinlenken, welcher ]\a(ur die noch fragliche Krankheit sei. So, wenn sich ein gewisser Propa-galionsgang in den Erkrankungen bemerkbar macht: das erste Erkranken die Pferde bctrifl't, die kürzlich erst eingeführt sind, zumal wenn sie aus Ortschaften oder Gegenden herstam-men, wo die hi/luenza herrscht. Aber auch wenn Letzteres nicht der Fall ist, lässt der Umstand des Vorhandenseins dieser Krankheit in der Nachbarschaft, oder ihr zur Zeit überhaupt häufiges Vorkommen den concreten Krankheits­fall schon verdächtigen.
. sect;. 119. Ueber den Seuvhengnng der Influenza (die Art und Weise ihrer Weitcrvcrbreitung) lässt sich nichts Bestimmtes anfuh­ren. Dass sie sich in einer gewissen Richtung weiter verbreite (nach .einer Himmelsgegend hin), wie Dies wohl bei einigen anderen Seuchenkraukheiten sich bemerkbar macht, scheint nicht der Fall zu sein, wohl aber hat man beobachtet, dass
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sie in der Kicliiiing liin sich weiter verbreite, in welcher Pfertleablliciliiiigen (ransporliri wurden, unter welchen die Influenza herrschte. Daher kann diese in den verschie­densten Richtungen, und zwar in allen solchen sich vcr-hrcitcn. wohin VerJceh'r mit Pterden stattfindet. Hierauf beruht es auch, wenn Frmujiie (cf. sect;. 5) anführt, dass die­selbe sich nur an solchen Orten gezeigt habe, wohin Pferde durch Pferdehändler etc. gebracht worden. *) Das-
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*) Diese Beobaclitung lial vielfndie Bestfiligung gefunden j ilocli liat sie in iler neusten Zeit ivenigec rein gemaolil werclea können als in fililieicr Zeit, wo ilie hiflucnzn noch niclit eine so allgemeine Verlireiliing erlang! hallo als jelzl. liaclnmtnn (I. c.) envälint be­züglich iles (ranges (lev Krauliheil laquo;inier ilen GestQls^gt;ferden zu Tra-kehneu im Jahre lil2l—li!22 Folgendes; .,lii ilen ersten zwei Blona-len. wo sie (ilie Influenza) lieoliarhlet ivnnle, lillen nnfangs die Olülzkoer T.ainlliesclialer, iniil ilann erkranKlen nur solche Geslüls-lifenle daran, ilie mil jenen in genauer Gemeinst'ltafl geslamlen hat­ten elc. — Demnächsl zeigle sie sich hei mehreren Aclcerpfenleu etc. und wühl ans Keinem anderen Grunde, als dass solche mit Kranken leicliler in niillelharer iiml mimillelharer KerLihning kamen. — Pfenle ans den verscliiedensten Gegenden und Lenensverlilllinissen, mit ilen Kranken in Berührung gebracht, wunlen angesleckl, #9632;/., B. meh­rere Klepper uml Dienslpfenle, welche iveder auf Weiile noch auf Grasung gewesen waren , im Gegenlheil aber blieben ilie Trakehner Lanilbeschäler, welche in Inslerhuig zuriickgelassen wunlen und mit ilen Olülzkoer t.anilhi'scbiilern in keiner Derühriing geslamlen halten, gesund, obwohl sie mil den hier Kfkranklen iles Trakehner Marstalls früher gleiche Nahrung und Fliege genossen hallen. — Auf Vorwerken, wo die Krankheit bei einzelnen Iniliviiluen ausbrach, da blieben nur wenige verschont, währeml sie auf anderen Vorwerken gar nicht vor­kam; in Ställen, wo erst ein Krankheilsfall eintrat, folgten gewUhiilich halil mehrere, indess Pfenle anderer Ställe nuch lange oiler ganz gesund blieben. — Nahm die Krankheit in iler Heenle ganz den ei-genlhiimlichen Gang ansteckender Seuchen: es erkrankten zuerst einzelne Iniliviiluen , nach Verlauf von 5—7 Tage zeigten sich meh­rere, bis ilie Zahl der gleichzeitigen Erkrankungsfälle ein iUaximnm erreichte und dann allmälig wieder abnahm. — Bei warmer feuch­ter Luft zeigten sich die ineisleu Kranken; das Gegenlheil aber wurde beobachtet, sobald reine Luft und eine trockene Kälte eintra­ten.quot; — Anmerk. Wo die Krankheit aber schon im Enlslehen war, da kam sie bei trockener Kälte um so schneller zum Ausbruch und erreichte einen hilhern Gradquot; etc.
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selbe kann oriolgen durch ftemonten, Avclchc den Cavallc-ric-Regimeniern zugeführt laquo;erden, durch Pferde, welche die LandwchrUbuns; mhgeinacht haben e(c. (cf. tj. 90). Dabei ist es jedoch nicht immer der Fall, dass diese Pferde die Krankheit von Hause aus mit sich foHschle)i|gt;en, sondern sie können solche ebensowohl erst auf dem Traiis|)ortc er­worben oder durch denselben sich zugezogen haben. In diesem Falle gelangt dann nicht seifen die Krankheit bei ihnen erst zum Ausbruch, naclidem sie einige Tage, am Orte ihrer ISestimmniig. der Kühe genossen haben.
Wenn nun auch die JnJInenza keinen bestimmten Zug in ihrer Weiterverbreitung beobachtet, so sprechen doch mehrere Fälle dafür, dass sie gern den Flnssgebieten folge; freilich wird Dies nur für ihren niiasinalischen Ansbrei-tungsweg gelten können, und nur bedingt auch auf den contagiösen Anwendung linden. Auf dem letrten Wege in ihrer Wcitervcrhreilnng hegnnsligt, sehen wir sie mitunter nur einen bestimmten Zug nehmen: Menu nämlich mehrere Pferdetransporte nach cnlCernten. in einer Itichfni'g liegelaquo;-genden CJegenden stattfinden; anderen Falles aber nach Ortschaften, in den verschiedensten Richtungen gelegen, verschleppt werden. Dafür liegt eine grosse Anzahl von Ueobachtnngeii vor. Oft schon sah man die Krankheit zum Ausbruch kommen, wo Koppelpferde etc. unter denen die Krankheit notorisch grassirle, übernachteten; während die neLcnliegcnden Ortschaften verschont blichen; ebenso auch von Märkten etc. ans. durch daselbst angekaufte Pferde, in melirere Ortschaften zugleich verschleppt werden.
sect;. 120. .
Durch laquo;lie so eben berührten Verhältnisse werden nun auch (wie 'hierauf schon sect;. 102, in der Note, hingedeutet worden) jene Fälle ihre Erklärung finden, wie es u.'öglich sein kann, dass die Influenza, unter scheinbar ganz gleiciien Ausseneinflüssen, unter einem Pferdcsfandc herrscht, unter einem benachbarten nicht. So war es verschiedene Male schon der Fall, dass die Pferde einzelner Vorwerke eines und
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desselben Rcmoniü-Depots oder Gesiiils, von der Influenza verschont lilieben; während sic unier den Pferden aller übrigen Vorwerke grassirlt;e. Diese Thatsarhcn liaben sich nicisieiis durch eine erfolgte Ansteckung erklären lassen.
Wie nun die cnntagiüse Eigenschaft der Influenza auf die Art und Weise ihrer Weiterverbreilung, den Seuchen­gang, von Eintluss sein kann, so hat man hiervon auch auf das mehr periodische Auftreten der Krankheit, in ein und derselben Provinz, Anwendung gemacht und, auf Grund vorangegangener Heobachtnngen, angenommen (BacAmaim), dass der hifluensa meislens eine dreijährliche Ertiplion eigen sei. Dies Verhalten hat man eben dadurch zu erklären geglaubt, dass, da bei einem allgemeinen Verbreilctsein derselben m. o. w. alle Pferde, welche die Krankheit noch nicht überstanden (cf. sect;. 8.9gt; von ihr ergriffen würden; und die Pferde nicht wieder in dieselbe zum zweiten Male verfielen — die Disposition erst in den nachfolgenden Generationen wieder aufkommen könne, und dass so in der Regel eine mehrjährige Pause, während welcher eine grössere Anzahl infeclionsfähiger Pferde wieder herangewachsen, eintreten müsse, bevor wieder eine grössere Verbreitung der Seuche vorkommen könne.
Wenn gleich diese Annahme, in ihrer ganzen Ausdeh­nung, sich nicht bestätigt hat, so liegt ihr doch etwas Wahres zu Grunde und ist nicht ganz Hypothese. Der zur Zeit viel regere Verkehr mit Pferden, als früher, mag dazu beitragen , dass die Periodizität in der neuesten Zeit weniger mehr hat wahrgenommen werden können. Indes­sen es verdient dieser Punkt, nicht ganz aus den Augen verloren zu werden; vielleicht dass eine Sammlung (chro­nologisch verfolgter) einzelner Scuchenfälle, doch noch zu interessanten Resultaten führt. — Die in dieser Dezichung mir vorliegenden, eigenen und fremden Reobachtungeu scheinen mir noch nicht hinreichend, um daraus einen sichern Schluss zu ziehen. Sie vorläufig als Fragmente zu einem spätem Ganzen mitzutheilcn, dürfte leicht als eine
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belasirnde Zugabe dieses Buches erscheinen; und habe ich daher Heber von einer solchen NiUheilung abstehen wollen.
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lr. Prognose.
sect;. 121.
Welchen ,1usgang die Influenza nehme, lässt sich gleich zu Aiifangc der Krnnklu'it nicht immer mit der zu wün­schenden Sicherheit hestiimuen; da im fernem Verlaufe derselben sich leicht und gern f'oinplicationcn etc. hinzu-gesellen, die, selbst bei einen anfänglich gelinden Anscheine der Krankheit, doch noch einen üblen Ausgang bedingen. Dieser Umstand nun mnlint insbesondere in prognostischer Beziehung zur Vorsicht und warnt vor voreiligem Aus­spruch.
Fassen wir die Innnenza zunächit in ihrer Allgemein­heit auf, so gehört dieselbe im Ganzen nicht zu den bös­artigsten Seucheiikrankheiten, selten nur ist die Sterblich­keit sehr gross. Bei den verschiedenen Scuchenlallen ha­ben sich /.war sehr verschiedene Besultate herausgestellt. Im Allgemeinen ist die Erfahrung gemacht, dass sich die Influenza ähnlich andern Senchenkrankheiten verhält, in­dem sie sich bei ihren ersten Ansbrüclien bösartiger zeigte als später — doch ist der Verlust selten nur über 10 pCt. gewesen. .In der neusten Zeit hat er meistens nicht 5 pCt. überstiegen; in vielen' Fällen sogar nur 2 — 1 pCt. be­tragen. — Wenn die jetzigen gfinstigern Besultate gegen die früheren uugünstigern, wie bemerkt, zum Theil dem Verhalten der Intlnenza selbst zusgechriehen werden müs­sen, so ist dabei doch auch nicht zu übersehen, dass hieran auch eine zweckmässigere Behandlung einen nicht ge­ringen Antheil habe. Durch die genauere Kenntniss, welche
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man sicii von dieser Kraulchcit, bei ihrem häufigen Herr­schen, zu verschaflen Gelegenheit Fand, konnte ihre Be­ll and hing auch auf richtigere Indlcationen zuriickgefiihrt werden; man hielt sich nicht Itlos melir an den Namen, solidem indlvidiialisii-le mehr! Die erfrenlichen Fortschritte, welche die Thierheilknnde in dem letzten Decenniuin iiher-hanpt gemacht haf, brachte auch die Influenza mit auf den Lehrstuhl j und es konnte den angehenden Thierärztcn schon eine vollständigere Beschrcrbjung über dieselbe gegeben werden: sie (raten nichl mehr als Neulinge an die Ki-.ui-ken! — Ebendeshalb ist denn auch jelzt die /laquo;/Ztfenzo nicht melir die ^efürchtete A'rmtffheil wie vor 15 — 20 Jaliren.
sect;. 1-22. Fassen wir nun ferner die In/Iuenzn in prognostischer Beziehung 'als Seuche an/, so werden sich die AnliaKungs-punktc für eine richtige Benrlheilung und somit au ob. für die Vorhersage insbesondere daraus ergeben, in welcher Gestalt sie anflritt. In ihren einfachen Gestalten, wie sie in den sect;!}. 11 — 17 beschrieben worden, ist ein tödtlicher Ausgang seltener: wo sie dagegen mit Entzöndiingcn Ver­bindungen eingeht, /la wird sie zu einer viel wichligern Krankheil und ein übler Ausgang ist viel mehr zu fürch­ten ; der Sitz der Enlziindung wird für die grösserc oder geringere Gefahr entscheiden. Jene Seuchenfälle, die im Allgemeinen mit Briislentzündnngen auftraten, Maren von einer geringen Slerblichkeit hegleitet, als wo ausserdem auch noch lii'berenlzündung hesland; am übelsten zeigte sich die Seuche stels. vvenn sie in der (sect;. 27.) beschriebe­nen CoMinlicalion mit igt;armenlzündiiiig vorkam. Von ganz besondern Finfluss ist ferner der Vharucler* welchen die Krankheit im Allgemeinen behauptet. Alle jene Seuchen­fälle, die unter der Allgemeinherrschaft eines nervösen, ner­vös Jauligen Fiebers verlaufen , zeigen sich bösartiger; und laquo;lie Slerhlicbkeit erreicht hier leicht einen hohen Grad, so­bald gleichzeitig (und Dies ist in der Regel der Fall) ir­gendwie beträchtliche Localentzündungen mit zu den Grund­zügen der Kränkelt gehören, während jene Seuchenfälle
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wo das begli'itciulc Fieber einen getind synochösen oder mehr einfachen aslhenischen Charakter bchaiiplc(c. fast ohne SU-r-befällc vorübergingen. Sehr ungünstig wird sich die Prog­nose gestalten, wo ein Ilinuberschweifen der Krankheit in das Aiifhraxarlige stattfindet, oder, als mehr niizweideuligc Zeichen hiervon, bereits Karbunkeln (an den sect;. 36 genann­ten) Stellen zur Ausbildung gelangt sind — weil die Krank­heit, bei ihrem höchst rapiden Verlauf, dem ärztlichen Ein­schreiten keine Zögerung verstattet. Ks wird daher ganz besonders die Prognose von der zeitigen Erlicnnung des Krankhcitszustandos abhängig gemacht. Auch Kace, Ge­schlecht etc. sind für die Stellung der Prognose (die Krankheit als Seuche aufgefasst) gleichfalls von einiger Bedeiilung. Im Allgemeinen sah man bei veredelten Pfer­den die Seuche leichter einen üblen Verlauf nehmen: in Beschälerdepots zum Ausbruch gelangf, gestaltet sie sich gewöhnlich heftiger | tragenden Muttersiutcn wird sie leich­ter verderblich. — VVitferungs- und Localitäts-Eiiitlüsse sind endlich nicht minder iu Anschlag zu bringen: bei trocknem, heiteren Wetter bleibt die Krankheit gewöhnlich gutartiger; bei stürmischem, kalten, regnigen und Schncc-Wctfer, tritt sie übler auf. In Nicdernngsgcgcndcn; in der Nähe von Flüssen, stagnirenden Gewässern, in grössern, dem Zuge mehr ausgeselztcn Stallungen etc. neigt sie inelir zum büsartisen Charakter.
sect;• 123-Die Influenza als Krhnkheilsfall beurfheilt — da richtet sich die Prognose nach bekannten Grundsätzen: die Hef­tigkeit und der Grad, mit welcher und in welchem die Krankheit aultritt; der Charakter, welchen sie behauptet; die Zusammenselzungvn und Verwickelungen, welche sie eingeht; die cunslilutionellen Verhältnisse des Kranken; das Stadium der Krankheit; ob eine zeilige oder verspätete Behandlung eintritt, so wie endlich auch die Ausscnvcr-hältnisse, unter denen die Krankheit verläuft und die Kur uniernommen wird — sind insbesondere bei Bestimmung des Ausganges der Krankheit im conercien Falle in Eiwii-
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amis zu ziclicn. Es werden sich daher laquo;lie iiäliern Au-lialispunkic für lt;1ie Yorlivrsage aurh nach Analogie ande­rer, dem gegebeneu KraiiUieilsfall cnisprcchendeii Krank­heiten gewinnen lassen. — Eine nähere, in das Detail gehende Erörterung aller hierher gehörigen Momente zu liefern, dürfte indessen ebensowohl zur Weitschweifigkeit fuhren, als sie für den Thierarzt überflüssig erachtet werden muss. Daher müssen wir uns denn hier auf die wichtigsten und allgemein leitenden zu beschränken, alle Veranlassung finden.
So lange die Injlnenza ohne namhafte örtliche Entziin-dungen bleibt, ist die Prognose gut. Gelangen Entzündun­gen höhern Grades zur Ausbildung, so kömmt zunächst die Art und der Sitz derselben in Betracht; naincntlich aber, ob sie etwa schon llcbergäiigc gemacht haben, oder eine besondere Hinneigung zu gewissen Uebergängen zei­gen, wovon die in acute Wassersucht am gewöhnlichsten und übelsten mit ist. — Brusl/eUentZündungen lassen bei zeitiger Behandlung eher einen günstigen Ausgang hoflen als Lungenentzündung. Sehr übel und meistenthcils tödt-lich sind Darm- und Batwhfellenlzündungen, und am übel­sten Hirn- und Rückenmarksenlzündungen. le mehr Organe gleichzeitig entzündet sind, desto gefährlicher ist die Krank­heit und ein tödtlicber Ausgang zu fürchten. Schon er­folgte Uebergänge der Entzündung sind stets uiisslich, wenn auch gerade nicht bezüglich eines tödtlichen Endes der Krankheit, doch in Bezug sich ausbildender JVachkrank-heilen. - Diese, wo sie wirklich erfolgen, sind ihrer Art nach zu beurtheilen, worüber die allgemeinen Anhaltspunklc in der sect;. 65—83 gelieferten Beschreibung der Nachkrankhci-ten leicht aufgefunden werden könneii. Ucbel zu beurlhei-len ist die Influenza, wenn sie eine lyntphaüsche Bei­mischung erleidet, wegen leicht nachfolgendem Holz oder IVurm. — Der Eintritt beträchtliclier nervöser) so wie von Sepsis (und .Inthrux) zetigender Erscheinungen (cf. 34—37.) bringen grosso Gefahr. Schwächliche, so wie sehr robuste Konstitutionen erliegen eher. — Eine frühzeitige zweck-
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massige Beliaii(lliiiig lässl im Allgeiuciiivii auf eiuvn gün­stigen Ausgang hoflen ; eine. verspätete (und unrichtige) bringt leiclit Schaden. Bleibende, grossc Unregelmassig-keit und Unbeständigkeit in den Symptomen ist gefährlich; Eintritt einer Uebercinstiinmung der Symptome giebt Hoff­nung zum günstigen Ausgange. Je mehr einzelne drin­gende Symptome bei der Behandlung eine vorzugsweise Berücksichtigung erfordern, desto grosser ist die Gefahr; je weniger Solches der Fall ist, oder gar nicht stattfindet, desto geringer. Doch ist ein sehr beschleunigtes Afhemlio-len, bei frequentem Pulse, nicht grade als ein sehr übles Zeichen zu betrachten {sect;. 22.) — Je deutlicher sich ein Heilbestreben der Natur im Verlaufe der Krankheit zu er­kennen giebt und kritische Erscheinungen hervortreten, desto sicherer gelingt eine gründliche Heilung. Daher sind die oben sect;. 40. seq. aufgeführten Zeichen der Krisen für die Stellung der Prognose besonders niassgebend. Je we­lliger solche Heilbestrcbuiigen wahrgenoinmen, oder gänz­lich vermisst werden, desto mehr hat man, wenn auch ge­rade nicht einen tödtlichen, doch einen ungünstigen Ausgang, IVachkrankhcit cite, zu fürchten. — Ebenso ist auch der Erfolg der Behandlung, die Wirksamkeit der in Gebrauch gezogenen Dliüel. niassgebend für die grösserc oder gerin­gere Gefahr. Insbesondere gilt Dies von den äusseru Ab­leitungsmitteln. — Wo eine starke Anschwellung an den Applicaiionssicllen erfolgt, hat man solche im Allgemeinen zwar als eine giinsiige Erscheinung zu betrachten, docli muss die Art (Beschaflenheit) der Anschwellung entschei­den, ob sie auch wirklich von günstiger Bedeutung sei. Es kann nämlich die Anschwellung auch ödematös sein, und ist dann kein günstiges Zeichen. Bei fauligem (und anthraxartigem) Charakter der Krankheit, tritt oft eine sehr grossc und weitverbreitete Geschwulst in der Hinge­bung des Fontanells ein, und dennoch ist die Gefahr grade seht gross. Der erfahrne Thierarzi wird sich daher bei Stellung der Prognose nicht von einzelnen Symptomen lei-
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ton lassen, sondern ihre etwa giinsiige Bcdeuinng nach der Vorbindung, in #9632;welcher sie mit andern Zufällen auftreten, bemessen.
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Tl. Therapie.
#9632;
#9632;
Vr o r b c in c r k u n g :
Ueber das der Influenza entgegen zu setzende Heil­verfahren hat schon mancher Streit unter den Thierärztcn bestanden, und noch sind die verschiedenen JMeinuugen nicht geschlichtet. Der Eine hielt sein Verfahren für das beste, weil er es durch die Krfahriing erprobt gefunden haben wollte, und verwarf das des Andern; dieser glaubte wieder dem seinigen, was er gleichfalls in praxi geprüft hatte, den Vorzug einräumen zu müssen und tadelte das des Erstercn. Ja Einzelne (voll Dunkel, aber von weniger Erfahrung) Hessen sich wohl verleiten, ihre Methode als untrüglich auszugeben, indem sie behaupteten, dass jeder Kranke dadurch gerottet würde, in der Wirklichkeit aber hielten sie nicht Wort und — niusstcn anderer Ucbcrzeu-gung werden.
Verschiedene Mittel sind als besonders heilsam empfoh­len worden, und mau rühmte sich des besten Erfolgs der­selben, die andern Orts versucht, sich als unwirksam, ja zum Theil selbst als schädlich bewährten. Xu ivelcher MeinungS' verschiedenheil hui nicht in lelzler Beziehung der Aderlass Ver­anlassung gegeben!
sect;• 125.
Forscheu wir nun nach der Ursache dieser grossen Verschiedenheit in den Heilansichtcn, so liegt die Antwort sehr nahe. Einseitigkeit und Voreiligkeit haben sie herbei­geführt. Man verfiel in das Ucbcl, das Heilverfahren nach
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lt;lcin IVamoii der lii-ankhoit zu beurtkvilen. Jeder haue dem X.uni'n narh die hifluenza, oder wie er sie sonst zu lienennen beliebte, vor sich, aber nicht alle eine gleiche Krankheit! Was Wunder also, wenn der Eine die Krank­heit dem Namen nach, nacli einer sehr angepriesenen Me­thode behandelte und, sieb getäuscht findend, zu einer an­dern übersprang, die (ihm) erspriesslicherc Dienste leistete und diese nun für besser ausgab und jene verwarf; ein Dritter wieder diese rersuchie und in denselben Fall ge-rieth. —
Der Grund aller dieser Meinungsverschiedenheiten lag mit einem Worte darin, dass man die Vielseitigkeit der Krankheit (wie wir sie in der Symptomatologie kennen ge­lernt haben) nicht aufl'asste, sondern sie einseilig so beur-thcilte, wie man Gelegenheit fand, sie zu sehen und zu behandeln und nun glaubte , es müsse überall so sein. — Aber wir wollen auch gerecht sein: auch diese Einseitig­keit findet mehr oder weniger Entschuldigung. Durch eine Reihe von Seuchenfiillen (nicht blos einzelne Krankheits­fälle) konnte erst die grosse Verschiedenheit, welche die Influenza überhaupt darbietet, festgestellt, näher beurthcilt und zu dem Kesuhate gelangt werden: dass nicht überall ein und dasselbe Ueilverfahren passe, sondern dieses ebenso verschieden ausfüllen müsse, als die Influenza, ihrem Cha­rakter, Complication etc. nach, verschieden sich zeigt.
Bei Gelegenheit der Symptomatologie bähen wir uns bemüht, die Influenza in ihren mannigfachen IVüancirungen möglichst treu darzustellen. Es ist daraus, ohne in weit­läufigem Erörterungen einzugehen, leicht zu entnehmen, dass es kein Heilverfahren geben kann, welches bei dieser Krankheil durchgreifend mid allgemiin in Anwendung gebracht werden könne. — Es werden daher auch 4*deg; Regeln für die. Behandlung ebenso speziell gegeben werden müssen, wie wir die Krankheit selbst beschrieben haben. Dessen­ungeachtet aber giebt es doch einige Begeln, die bei je­dem Seuchefallc mehr oder weniger Beachtung verdienen, und derer wir-daher hier, gewissermassen als eine Einleitung
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zu (lern (speziellen) Hcilverfalircn, in der Kurze gedenken wollen.
sect;. 126.
Im Allgemeinen gill, class die Influenza ein Feind von vielen innerlichen Arzneien ist, namentlich gilt Dies für jene Fälle, wo Roburaniia und Excilanüa angezeigt sind. — Aeus-scrliche ableitende Mittel finden in jedem Falle Anwen­dung, und sie sind in Verbindung mit einem Adcrlass, so­fern solcher angezeigt ist, im Allgemeinen von viel grösse-rem Belang als die Innern Arzneien (worauf auch schon Uavemann aufinerlisam gemacht hat). — -Ein angemessenes diütisches Verhallen ist eine tvichlige Slüize. Dieses allein, unter AnwemUing äusserlicher ableitender Jgt;liitel, führt in manchen Fällen (den gelinderen) schon zur glücklichen Ucberstehung der Krankheit; daher denn auch ein exspeeia-iives Verfahren im Allgemeinen und namentlich in Fällen, wo der Kränkheitscharakter nicht deutlich ausgesprochen liegt, sehr zu empfehlen ist. In manchen, sehr complicirten Fällen ist ein direktes Heilverfahren kaum möglich. Wir sehen uns auf ein indirektes, mehr symptomatisches, be­schränkt, und man fahrt bei diesem, aufmerksam durchge­führt, selbst viel sicherer und gewinnt weit bessere Resul­tate, als wenn man (auf unsicherem Wege) direkt einzu­schreiten versucht.
Man vertraue nicht zu sehr auf einzelne Mittel: es gicbl kein Specißcnm gegen die Influenza; mehrere der em­pfohlenen (wie z. B. Calomel) bedürfen einer grossen Vor­sicht in ihrer Anwendung. — Die Symptome sind es nicht allein, welche die Heilindicationen feststellen, auch der Krank­heilsgenius (den man leider so oft unbeachtet liess) will berücksichtigt sein. Ebendeshalb erfordern auch die Erst­erkrankten, bevor die Krankheit noch deutlich erkannt ist, eine vorsichtige Behandlung. Uebrigens vergesse man auch nicht, dass bei langdauerndcr Seuche der Krankheitsgenius sich ändern könne! — Dem Erfolg, mit welchem einzelne Mittel in Anwendung gezogen werden, muss nicht selten der Vorzug über die aus den Symptomen entlehnten Indi-
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caiionen eingoräumi werden. iXamviiÜich gilt Das vom Aderlass! Oft schien er durch die Symptome angezeigt und sein Erfolg war schlecht, und umgekehrt: man hielt ihn für contraindicirt und massige, gleich zu Anfange der Krankheit unternommene Blutenlleerungen bewährten sich. — Der umsichtige Thkrarzt wird sich daher bei der Influenza nicht lediglich durch die Symptome leiten lassen, sondern auch den Krankheitsgenius laquo;u erforschen suchen; er wird prüfen und das Beste behalten!
Mitunter wird auch noch ein energisches ärztliches Einschreiten durch besondere Umstände beschränkt, so na­mentlich bei tragenden Stuten, wo der Gebrauch inner­licher Arzcnci nach Möglichkeit zu vermeiden ist; und in Fällen, wo starke Rlutentziehiingen angezeigt sind, dürfen diese nicht mit einem Male ausgeführt werden, sondern sind durch Aderlässe in kurzen Zwischenzeiten wiederholt zu bewerkstelligen.
sect;• 127.
allgemeines Heilverfahren, Aus der grossen Mannigfal­tigkeit in der Gestaltung der Influenza, und mit Rücksicht auf das in den vorigen sect;sect;. Angeführte, dürfte sich nun leicht ergeben, dass durchgreifend giltige Heilindicatipnen sich (als Basis für die Behandlung) nicht aufstellen lassen. Nur sehr allgemein würden solche dahin gegeben werden können, dass:
1)nbsp; solche Einflüsse, die etwa als (mitwirkende) ursäch­liche Momente der Influenza zu betrachten sind, und solche, welche überhaupt nachtheilig auf den ferneren Verlauf der Krankheit einwirken, zu beseitigen sind.
2)nbsp; Entgegnung der Krankheit selbst, durch vernünftige Leitung der Krisen, Beseitigung der Localentzündungen und deren etwaigen Ucbergänge (und Nachkraukheiten) und
3)nbsp; Zweckmässige Beförderung der Reconvalescenz.
In Bezug auf die erste Indication würden die bei Gele­genheit der Aetiologie (sect;. 97. seq.) genannte als die besondere Form der Influenza gestaltenden, nachtheiligen, Einflüsse uu-
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sore Auruierksamkcil verdienen uml raquo;lie Thiere ilensclben zu ciiizielicnj ferner aber auch solche Einflüsse abzuwenden sein, welche etwa erst noch Ursache zu wichtigen Conipli-cationen der Krankheit werden könnten. Dabei ist jedoch zu bemerken, dass sich nur selten gegen tlic (Mit-) Ur­sachen noch viel unternehmen lässt; indem in der Mehr­zahl der Fälle weniger mehr sie selbst zu beseitigen, als vielmehr ihren Erstwirkungen zu begegnen sein wird. In Bezug dieser lässt sich aber oft durch ein zweckmässi-ges Verfahren viel üiun, wie wir Dies bei der Präservaüv-kur näher angeben werden, bei welcher Gelegenheit auch das Verfahren bei muthmasslich erfolgter Anslcckung Er­örterung finden wird.
sect;. 128. Bezüglich der aweittn Indicalion verdient bemerkt zu werden, dass derselben nur da vollständiger genügt wer­den liann, wo überhaupt ein direktes Heilverfahren sich einleiten lässt. Von diesem wird bei Gelegenheit, wo das spezielle Heilverfahren besprochen] wird (sect;. 143. seq.) die Rede erst sein können; hier beschränken wir uns darauf, für jene Fälle, wro nur indirekt verfahren werden kann, die allgemeinen Regeln an die Hand zu geben. — Indirekt wird nun im Allgemeinen überall dort die Behandlung nur sein können, wo der Charakter der Krankheit nicht deut­lich ausgesprochen ist (und somit ein direktes Verfahren, ohne leicht Missgrifle zu machen, sich nicht einleiten lässt), die Localafl'edionen noch nicht scharf genug hervorgetreten sind, mn ihre Bedeutung genau würdigen zu können; so wie endlich dort, wo einzelne Zulalle eine besondere Ent-ifcsnuns; erheischen, weil sie entweder an und für sich schon gefahrdrohend sind, oder doch auf den günstigen Verlauf der Krankheit, insofern durch sie die Einleitung von Krisen behindert und eine glückliche Entscheidung der Krankheit beeinträchtigt wird, von störendem Ein-fluss sind.
sect;#9632; 129-Ein zweckmiissiges diätelisches Verhalten und Unterhat-
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tung der normalen Se- und ExcreHonen, bilden die Gi-iiih]-]agen des indirekten Verfahrens (für die ersigcnaiinieii Fälle):
Man sorge für einen reinen iemperirien Stall (unreine, übelriechende Gegenstände müssrn fortgeschafl't oder ge­reinigt werden) und gebe den Kranken eine reichliche und trockene Stren, auch wenn sie sich nicht legen, und be­decke sie (im Winter) nöthigcnfalls mit einer Decke, die aber nicht fest gegurtet werden darf. — Bei dem meistens regen Durste, welchen die Kranken änssern, darf man es ihnen an einem angemessenen und liiureichemlem Getränk nicht fehlen lassen. Da indessen die Pferde an reines Wasser gewöhnt sind, so pflegt ihnen in Krankheiten jede fremde Beimischung zuwider zu sein ; und man wird daher in vielen Fällen auf die Anordnung einer angemessenen Quantität und geeigneten Temperatur des Wassers sich beschränken müssen. Alan reiche den Patienten oft und in kleinen Portionen iiberstandencs Wasser; ein höherer Wärmegrad ist ihnen meistens zuwider und selten auch passend. Sehr kaltes Getränk, besonders wenn davon in der Fieberhitze viel auf einmal genossen wird, ist durch­aus zu vermeiden. — Nehmen die Kranken zubereitete Getränke an, so passen Gerslemvasser oder mit Kleie oder aufgelösten Leinkuchen angerührtes Wasser. — Als Futter reiche man leicht verdauliche Stoffe und nicht mehr als zur Erhaltung der Kräfte nothwendig scheint. Im Allge­meinen vermeide man Körncrfutter, was überdies meistens von dem Kranken schon verschmäht wird. Ein gutes Heu im Winter, im Sommer Gras, in kleinen Portionen, in den Bemissionzeiten gereicht, sagt den Patienten am besten zu, sonst ist auch passend Schrot, Kleie, mit wenigem Heksel vermischt und angefeuchtet. Die Fütterung von Mohrrüben, etwas rohen Kartofleln, kleingeschnitten, sind gleichfalls in den meisten Fällen ein sehr zweckmässiges Futter, besonders im Winter, wo die Gelegenheit zu Grün-fütternng. fehlt und die Mistung befördert werden soll. Wenn Saugfüllcn wegen Krankheit der Mutter von dieser
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genommen werden müssen und nicht Gelegenheit zum Am­men vorhanden ist, so sind neben Milch besonders Eier zu empfVlili'n, deren ich mich in dergleichen Fällen immer mit ansserordentiiehem Yortheil bedient habe*).
sect;. 130. Bezüglich der Unterhaltung der natürlichen Ab- und Aussonderungen verdienen neben der Hautausdünstung ins­besondere die Harn-Se- und Excretion und die Alistcnllec-rung alle Aufmerksamkeit. Meistens sind beide (in den Fällen, von denen hier nur die Rede sein kann) vermin­dert und verzögert, was in einem gewissen Grade, als Folge der (ieberhaften Aufregung im Körper, zwar weiter nicht beunruhigen kann, dessenungeachtet aber gilt als Regel, stets für Leibesöffiiung und reichliche Urinentleerung Sorge zu tragen. In vielen Fällen wird Dies durch zweck-massige Auswahl des Futters und reichliches Getränk, in der Art, wie so eben angegeben, schon erreicht werden; in andern Fällen aber wird noch Zuflucht zu besondern Mitteln genommen werden müssen; so bezüglich der Mistung zunächst zu der Application von eröflnenden Klystiren, wo diese aber nicht ausreichen, zu dem Gebrauch von Glau­bersalz und anderen abführenden Salzen, die man in an­gemessenen (nicht gerade abführenden) Dosen den zube­reiteten Getränken beigemischt, oder in Latwergenform eingiebt. Besonders empfehlenswerth ist auch der Brech­weinstein, da, seiner übrigen Wirkungen wegen, durch ihn mehrere Zwecke zugleich erreicht werden, — Nicht minder
*) Zu ein|ife]ileii ist Übrigens, dass, wenn man ilie Füllen an ilirer Mutier auch nicht saugen lassen kann, diesellien doch einige­mal des Tages zur Mutter bringt, damit sich diese nicht von dem Füllen cntH ülinl. Mir ist einmal der Kali brgegnet, dass ein Füllen, welches 9 Tage keine Nahrung an der Mutter finden konnte später, nach erfolgter Genesung derselben und dem Wiedereintritt einer gu­ten Milchsecrelion, von der Mutler nicht wieder angenommen wurde, obgleich es während der ganzen Zeit dicht neben der Mutter {raquo;lacirt gewesen war.
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ist auch auf die Haut ein besonderes Augenmerk zu ricliicn. Wo ihre Thaligkcit darniederliegt, ist solche durch Frotü-rungen, warme Bedcrkung etc. anzuregen.
g. lol.
Was nun die Begegnung einzelner, wichtiger Zufälle betrifft, so ist diese besonders insoferu von ganz ausser-onlcntlichcm Belang, als durch dieselben der Eintritt kri­tischer Ausleerungen geslört und verzögert werden kann. Eine vernünftige Leitung der Krisen gehört (cf. sect;. 127.) mit zu der Hauptaufgabe einer zweckmässigen Behandlung der Influenxa. Es muss daher auch zunächst das Wich­tigste für den Thierarzt sein zu erforschen, auf welche Weise und auf welchem Wege sich die Krankheit ent-scheiden werde. Gelingt es, sich hiervon nach Anleitung der in sect;. 41. seq. gemachten lgt;littheiluiigen Kenntniss zu verschaffen, so hat man zu trachten, die Entscheidung herbeizuführen; indem man dieselbe auf alle mögliche Weise unterstützt. Doch ist auch hierin Vorsicht und Behutsamkeit zu empfehlen, damit nicht durch zu starke kritische Ausleerungen Nachtheil gestiftet werde.
Sieht durch die Haut die Entscheidung zu erwarten, so sind Frottirungen derselben mit Strohwischen entweder blos für sich oder (wenn etwa Congestionen nach innerraquo; Thcilen die Entscheidung durrh die Haut verzögern und erschweren) nachdem zuvor die Haut mit Terpentinöl be­sprengt worden, anzuwenden und nächstdem aber die Thiere mit Decken zu belegen. Auch durch innere, die Hautauadünstung befördernde Dlittel, können die Krisen auf diesem Wege unterstützt werden; so durch Eingüsse von warmem Kamillen- und Fliederthec etc.
Steht eine Entscheidung durch die Harnwege bevor, so ist ein zu warmes YerhaUen, wodurch die Hautthätigkeit zu sehr angeregt wird, zu vermeiden, dagegen sind passend: leichte oder gar keine Bedeckung, reichliches Getränk und der innerliche Gebrauch von harntreibenden Mitteln, deren Auswahl sich nach dem Charakter der Krankheit richten
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muss, als Salpeter, Borax, Brechweinstein Wachholder-beeren, gekochten Terpentin u. dgl.
Isl auf cine Entscheidtmg durch den Darmkanal zu rech­nen, so sind warme schleimige Getränke (Abkochnngen von Leinsaamen) mit einem Znsatz von Kochsalz zweckmässig; so wie der Gehrauch von Latwergen, bestehend aus schlei­migen und gelind bittern Mitteln mit Znsatz von massigen QuaiilitHten Natr. sulphur., Jgt;lagn. sulphur, etc., ganz an ihrem Orte sind.
Krisen durch die Schleimhaul (der Respirationswege) #9632;werden befördert durch das Einatlimenlassen von warmen Wasserdämpfen etc.
sect;. 132.
Bei der Schwierigkeit mit Gewissheit zeitig ermitteln zu können, auf welchem Wege die Krankheit sich ent­scheiden werde; überdies die Entscheidung oft auf meh­reren Wegen zugleich erfolgt z. B. durch vermehrte Hautausdiinstung und Harnabsonderung, und dann weni­ger deutlich erkannt wird — ist einerseits ebensowohl Be­hutsamkeit zu empfehlen, als anderseits oft mehrere der angegebenen Verfahrungsartcn zu verbinden sind. Insbe­sondere wird aber der (sect;. 128. gedachte) Fall nicht selten eintreten, wo einzelne Zufälle eine symptomatische Behand­lung erfordern. Es sind Dies theils solche, die der Krank­heit selbst angehören und durch zu hohe Steigerung Be-sorgniss erregend werden (symptomata fortuita), oder es sind ganz neue, zufällig hinzugetretene Symptome (sympt. supervenientia). Die wichtigsten sind nun folgende, und wir gedenken ihrer gleich hier mit dem Bemerken, dass sie nicht bloss in den Fällen, wo der Charakter der In­fluenza, wie sect;. 128. bemerkt, noch nicht deutlich erkannt und also ein direktes Verfahren nicht eingeleitet werden kann, sondern überhaupt und überall Berttr.'ksichtigung ver­dienen, wo sie in beunruhigender Weise hervortreten. Daher denn auch, in fernerem Verfolg der s^?e2je//en The­rapie der Inßuenxa, auf das hier zunächst Gesagte zum Thcil verwiesen und Bezug genommen werden wird.
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sect;. 133.
1)nbsp; nbsp;Lange anhaltender Frost. Durch denselben wird die freie Biulcircula(ioii gehindert, und durch Zurück-drängung des Bluts aus den periiiherischen Gefässen werden leicht Ansaminlnngen und Siocknngen von Blut in inneren blutreichen Organen veranlasst, mid dadurch die Entwicklung von LocalentziindHiigen etc. begünstigt. Hier­aus ergiebt sich die Wichtigkeit dieses Zufallos in thera­peutischer IJeziobung und fordert zur Beseitigung auf. Warme Bedeckung, nachdriicklickc Frotliriingen der Haut, massige Einreibungen von Terpentinöl und Spiritus ää längs der Wirbelsäule sind die Mitlei, die wir zunächst in Anwendung zu bringen haben, mit denen meistens auch ausgereicht wird, und die vor dem Gebrauch von inner­lichen orwäi-mcnden Mitteln stets den Vorzug behalten werden. Wo man sich jedoch des Gebrauchs der letzten bedienen zu niiissen glaubt, wähle man stets solche, deren Wirkung bald vorüber^ und nicht nachhaltig ist; weil sonst die nachfolgende Hititc dadurch leicht gesteigert und all die Nachtheile, welche diese mit sich führen kann, erst herbeigeführt -werden, denn
sect;. 134.
2)nbsp; nbsp;eine übermässige Hitze kann ebenso wie der Frost Nachtheil bringend sein, weil sie schwächt, die Empfind­lichkeit der Haut steigert, symptomatische Schweisse veran­lasst, dagegen andere Absonderungen vermindert und hin­dert und dadurch die Veranlassung zu Störungen in ver­schiedenen andern thicrischen Verrichtungen glebt; nament­lich aber begünstigt sie die Entstehung örtlicher Entzün­dungen und steigert schon vorhandene. Daher muss man denn auf Verminderung der Hitze bedacht sein. Hierbei hat man zunächst ihi'c Ursachen zu erforschen. 1st sie le­diglich als ein Symptom der besonders gearteten Krank­heit zu betrachten, so findet ihre Begegnung durch das Verfahren gegen diese schon statt, und es kann hier die Bemerkung genügen, dass ausserdem bei heftigen entzünd­lichen Fiebern reichlich kühlende Getränke mit einem Zu-
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safz von Salpcier oder FrucMsaurcn (Sauerteig) und bei ty­phösem Fieber von JMineralsäuren passend sind. E.s kann die Hilze aber auch durch Zufälligkeiten erzeugt oder ver-melirl werden; so durch zu ivarmen Stall, zu warme Be­deckung, unierlassenvs Tränken, den übermässigen Gebrauch erregender, erhii/.ender, diaphoretischer Mittel etc. — Uebel-
ständc
nach deren Besciiigung dann auch die Hitze bald
nachlassen wird.
sect;. 135.
3) Schweiss. Es ist sect;. 41. des kritischen Schwcisses Erwähnung geschehen, daselbst auch der Erscheinungen desselben, so wie der Unterschcidungsnierkuiale von dem symptomatischen Schweisse, von dem hier die Rede ist, ge­dacht worden. — Wie die Hitze, so ist auch der sympto­matische Schweiss eine üble Erscheinung und erfordert insofern seine besondere Berücksichtigung, als er zur schnellern Consumption der Kräfte beiträgt, die Entschei­dung der Krankheit auf einem anderen Wege, namentlich durch den Urin erschwert und verhindert.
Die Veranlassung zu symptomatischen Schweissen kann zwar auch durch Zufälligkeiten, wie die bei der Hitze ge­nannten, gegeben werden j viel gewöhnlicher aber ist er ein Zufall höherer Grade von wahrer Schwäche und ein zur Zersetzung und Säfteentmischung hinneigender Zustand. Deshalb werden denn auch symptomatische Schweisse bei der Influenza vorzugsweise in jenen Fällen beobachtet, wo der nervöse faulige Charakter deutlieh ausgesprochen ist.
Was nun die Behandlung dieses Zufalles anbetrifft, so wird sich solche hauptsächlich auf die Entfernung der Ur­sachen beziehen. Sofern nun diese in zufälligen Uebcl-ständen, wie die bei der Hitze genannten, gefunden wer­den, ist deren angemessene Beseitigung auch hier zunächst Aufgabe. Man vermeide eine zu hohe Temperatur des Aufenthaltsorts, verhalte dergleichen Kranke vielmehr kühl, gebe nur leichte oder gar keine Bedeckung, reiche ihnen angemessenes Getränk, beseitige etwa vorhandene Ver­stopfung, und suche ebenso etwa bestehende verminderte
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IJrinsecrctioii au heben. — Wo aber die Ursachen in der JVaiur der Krankheit liegen, wird sich zwar speziell gegen den Schweiss nur wenig thun lassen; indessen bleibt es doch auch hier, wie bei allen symplomalischen Schweissen, Regel, ein besonderes Augenmerk auf die Haut zu richten. Da sich diese meistentbcils in einem Schwächezustande befindet, so sind theils trockene Reibungen, thcils erre­gende Einreibungen (bei nervös-fauligem Fieber), so von KampherspirUus, aromalischem Essig (durch Aufguss von kochendem Essig auf aromatische Kräuter als: Phymus, Mentha etc. bereitet) in Anwendung zu bringen.
sect;. 136. 4) Aufblähung. Dieser Zufall, der bei der gastrischen Form der Influenza und überhaupt, wo eine grossc Schwä­che im Darmkanal, fchlerhafkquot; Bcschaffeuhcit der Ver­dauungssäfte insbcsoiulcrc der Galle besteht, gesehen wird, und der gern gleichzeitig mit Verstopfung vorkommt, wirkt insbesondere nachtheilig durch Ausdehnung der Därme und dadurch hrrbeigefülirtc Störung der räumlichen Ver­hältnisse. Er vcranlasst daher Bauchschmerz, Harnver­haltung, behiudertes Athmcn, Störung in der Blutcircula-tion des Hinterleibes etc. Die Aufblähung ist daher im­mer als ein unangenehmer Zufall zu betrachten und ihre baldige Beseitigung Aufgabe des Thierarztcs. Man bedient sich der sogenannten windtreibenden Mittel, von denen die Schwefelleber am allgemeinsten Anwendung findet, verab­säume aber nicht mit diesen die Application von Klystiren, und erforderlichen Falles das Ausräumen des Mastdarmes zu verbinden; ebenso sind Frictionen des Hinterleibes und Drucken desselben wesentliche Hülfsmittel. Ist Alistverhal-tung die Ursache der Aufblähung, so wird diese noch be­sonders mit zu berücksichtigen und Abführmittel anzuwenden sein. Da nun, wie bemerkt,, die Aufblähung überhaupt dort leicht vorkommt, wo Schwäche des Darmkanals und eine fehlerhafte Beschaffenheit der Verdauungssäfte besteht, so wird auf diese bei der Behandlung besonders Rücksicht ZU nehmen sein, und bittere Mittel: Enlien, Aloe, Ochsen-
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gälte (welche zugleich den in solchen Fällen, wegen ver-miiuleHcr Gallenabsondcrung, siattrindcnden inangelndcn Reiz der Galle einisermassen crsclzen) in angemessenen Dosen Anwendung (inden und selbst da in Gebrauch zu ziehen sein, wo ein allgemein stärkendes Heilverfahren sonst nicht angezeigt ist. Der umsichtige Thierarzt wird in solchen Fällen von einem sogenannten gemischfen Heil­fuhren Gebrauch zu manhen verstehen, überhaupt einzelnen, dringeiiilcn Symptomen ohne gerade das eingeschlagene Radicalvevl'ahreu zu verlassen, zu entgegnen wissen.
sect;• 134. 5) Verstopfung. Verlangsamte Mistentlcerung ist eine gewöhnliche Erscheinung bei fieberharten, namentlich ent­zündlich fieberharicn Krankheiten und daher auch bei der Influenza ein häufiger Zufall; nicht selten aber tritt auch wirkliche Mistverhaltnng oder Verstopfung ein, und zwar und gewöhnlicher gleich zu Anfange der Krankheit, wie sect;. 27. u. a. O. erwähnt worden, oder aber auch im ferne­ren Verlaufe der Krankheit, wo dann mitunter ein krampf­hafter Zustand zu Grunde zu liegen scheint. Auch in der Reconvalesccnz - Periode werden Zurückhaltungen des Mistes, als eine Folge allgemeiner Schwäche und Unthätig-keit des Darmkanals, nicht selten beobachtet. — Verstopfung ist nun immer ein sehr Ubier Zufall, da sie Veranlassung zu Congestionen, Steigerung etwa vorhandener RrustaflTec-tionen, Angst und Unruhe, Aufblähen und selbst zu Koli­ken werden kann. Ihre baldige Rescitigung ist daher von grosser Wichtigkeit. Doch werden, wie sich aus dem Ebcngesagten schon von seihst ergiebt, nicht überall die­selben Mittel passen, sondern diese den Ursachen der Ver­stopfung und dem allgemeinen Krankheitscharakter entspre­chend auszuwählen sein. Es werden indessen salzige Ab­führmittel, wie Glaubersalz, Bittersalz, Doppelsalz etc. ziem­lich allgemein Anwendung (inden. Man lasse sich von dem Gebrauch derselben selbst in Fällen von allgemeiner Schwäche, sobald diese nur licinen zu hohen Grad er­reicht hat, nicht abschrecken. Durch einen angemessenen
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Zusatz von biiicrn Miiiclu, uiul unirr doin Fortgcbrauch der gegen den Gesammlzusfand aiigeordnck-n 31i(U'l, wer­den die eiwaigen üblen Nebenwii-kimgen leiebt verwischf. Auch handelt es sich in solchen Fällen ja nicht darum, einen Durchfall zu veranlassen, als vielmehr nur Leibesüff-nung zu verschafl'cn, wozu meistens geringe Dosen der ge­nannten Salze führen. In Fällen, von zu befürchtender Darmreizuug sind die Salze mit schleimigen, öligen Mit­teln, und wo ein Krampfzustand zu vermulhcn, steht, in welchem Falle dann auch gewöhnlich m. o. w. Aufblähung vorhanden ist, mit krampfstillcndcn in Verbindung zu ge­ben. Fleissige Application von eröffenden Klystiren, die beim Krampfzustande aus Kamillen etc. zu bereiten sind, verdienen als Unterstützungsmittel tun so mehr empfohlen zu werden, als nicht selten eine Träglieit des Mastdarms an der Mistverhaltung besonders Theil hat, ja in gewissen Fällen, z. B. um die Zeit der Kriscnbildung durch, die Haut, wo eine längere Zurückhaltung der Excremente ganz gewöhnlich vorkömmt, und diese beunruhigend erscheinen sollte, hat man sich auf die Application von Klystiren ni­lein zu beschränken. Unter Berücksichtigung der (sect;. 41.) genannten Erscheinungen, wird man solche Fälle nicht leicht verkennen und sich vor einem unzeiligen Einschrei­ten schützen.
sect;. 136. 6. Durchfall. Wir haben des Durchfalls bereits sect;. 41. als einer kritischen Erscheinung gedacht. Von diesem ist hier natürlich nicht die Rede (wenngleich auch er insofern eine Beachtung verdient, als er übermässig sein und da­durch schwächen kann) sondern nur von dem symplomali-schen Durchfall. Als solcher erscheint derselbe nun am ge­wöhnlichsten bei der hi/Iuenxa, wenn sie vom nervösen fau­ligen Fieber begleitet wird , und ist dann immer als eine gefährliche Erscheinung zu betrachten, weil durch ihn die Körperkräfte, die ohnedies durch die Krankheit schon ge­schwächt sind, noch mehr erschöpft werden. Er kann aber auch durch verschiedene andere Umstände veranlasst wer-
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den. So köiiuen zufällige Erkäliungcn siaUgcrnndcn haben; es kann ein krampfhafter Zustand der Haut, oder Blutcon-gestionen nach dem Darmkanal obwalten, oder er rührt von angesammcUcn Unreinigkoiten im Darmkanal her, oder aber er beruht auf Schwäche und grosser Reizbarkeit desselben; endlich kann er Folge von dem genossenen (schlecht beschaflenen) Futter und Getränke, insbesondere von zu viel auf einmal genossenem kalten Wasser und von andern Alissgrillen in der Behandlung sein. In letzterer Beziehung verdient namentlich das Calomel seiner schon vielfach erzeugten Nachtheile wegen hier namhaft gemacht zu werden. Bei gewissen Zuständen des Darmkanals und wie es scheint, wenn eine vorwaltende Säurcbildung statt­findet, wie Dies namentlich bei gastrischen Zuständen häu­fig der Fall ist, wird das Calomel schlecht vertragen; schadet oft schon in mittclmässig starken Dosen; veranlasst heftige, stinkende, selbst blutige Durchfälle, Ablösung des Epitheliums, Auflockerungen der Darmschleimhant und Corrosionen derselben.
Der verschiedenen Entstehungsweise des Durchfalls entsprechend, werden zwar die Mittel zu dessen Entfernung auszuwählen sein. Es ist aber nicht immer so leicht die eigentliche Ursache des Durchfalls zu erspähen, man bleibt vielmehr darüber gar oft im Dunkeln. In solchen Fällen hat man sich zunächst au dem Charakter des gesammten Krankheitszustandes zu halten und gegen den Durchfall Mittel in Anwendung zu bringen, die überhaupt (bei jeder Art) eine allgemeine Anwendung finden, als: Reibungen der Haut, besonders des Hinterleibes, Einhüllung desselben in Decken, Einreibungen in demselben von flüchtig erre­genden, reizenden Dingen; innerlich schleimige Getränke: Abkochungen von Leinsaamen, Buchweitzengrütze, Roggen-mehl etc. Sollten die Getränke nicht freiwillig genommen werden, was jedoch, bei' dem grossen Dnrste, von welchem der Durchfall in der Regel begleitet wird , gewöhnlich zn geschehen pflegt — so müssen sie als Eingüsse gege­ben werden; und es ist dann der Zusatz einer Abkochung
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von Bilsenkraut, Mohuköpfen cic. in den nicislen Fällen zweckmassig.
Bei Durchfällen, nach znlalligon Erkältungen enislan-deli, finden warme Eingüsse von Flieder- oder Kamillen-thee, Warmbier etc, Anwendung. — Steht ein krainpfhaf-fer Zustand der Haut zu vermuthen, woiiir eine trockene, spröde Haut, struppiges Haar, anhaltendes Frösteln spre­chen, so sind Infusa von Pfeflcrmünze, Baldrian, mit oder ohne Zusatz von Kampfer, Terpentinöl angezeigt. — Lie­gen dem Durchfall Unreinigkcitcn in den ersten Wegen zum Grunde (wofür duinpfc Kolikschmerzen, Wechsel in der Frequenz und BeschalTenheU des Pulses, stark belegte Zunge etc. sprechen), so erreicht man oft durch Abführ­mittel am ehesten seinen Zweck; doch ist hierzu nur zu rathen, wenn keine entzündliche Reizung des Darmkanals vorhanden ist. (Deutliche Kolikschinerzen, kleiner, harter Puls, geröthete Schleimhäute etc. lassen solche vermuthen.) Wäre Dies der Fall, so sind einhüllende, schleimige, ölige Mittel, in grossen Dosen, anzuwenden, und erst nach Be­seitigung der entzündlichen Reizung greife man erforder­lichen Falles zu den abführenden Salzen. — Gleichfalls vorsichtig ist jener Durchfall zu behandeln, welcher von einer Congestion des Bluts nach dem Darmkanal abhängig erscheint. Er erfordert eine sorgfältige Erwägung des etwa vorhandenen entzündlichen Zustandes. IVicht selten wird hier eine antiphlogistische Behandlung und selbst ein Aderlass nothwendig. — Liegt dein Durchfall eine grosse Schwäche des Darmkanals, eine fehlerhafte, entartete Ab­sonderung der Darmsäfte zu Grunde, ist er überhaupt colliquativer Natur, wie bei hohen Graden des fauligen Zu-standes, so sind Blcizucker, Eisenvitriol mit vegetabilischer Kohle (neben dem Gebrauch anderer antiseptischer und erregender Mittel) zu versuchen. — Ist Sfasidarmzwang mit solchen Durchfällen verbunden, so sind Zusätze von narkotischen Mitteln und die Application von schleimig-öli­gen Klysiiren, gleichfalls mit einem Zusatz Von narkotischen Mitteln (Abkochungen von Bilsenkraut, Mohnköpfen cic.)
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liiiizuzurügen. — Treten Durclirälic in Folge zu grosser Dosen von AbfuJirmitteln, numenllich des Calomels ein, so sind dergleichen Mitlei vorab sofort auszusetzen und zur Heilung des Duiclifulls reichlich schleimig-üligc Eingüsse, mit Zusatz von Schwcfelleber und irgend einem narkoti­schen Mittel: Belladonna, Opium etc. zugeben. —Die, iu der Recoiivaiescenzpcriodeii, wohl zurückbleibenden Durch­fälle, die bald auf einer zu grossen Erregbarkeit, bald aber auch auf Schwäche des Darmkanals beruhen, erfordern eine umsichtige und nachhaltige Behandlung, weil sie leicht die Ausbildung cacliectischer JVachkrankireiten begünstigen. Durch zweckmässige Fütterung, Vermeidung saftigen Fut­ters und Darrciclning gerösteter liörner, insbesondere des Darrmalzes, muss hier das Meiste geschehen.
sect;. loJ.
7) Sclnväche (und Hinfälligkeit). Der Eintritt einer auflallenden Schwäche ist bei der Inßuenzu kein so selte­ner Zufall. Dieselbe kommt theils als wahre, thcils a\s fal­sche Schwäche vor; die erstere ist, mit Ausnahme jener in der Reconvalcscenzperiode vorkommenden, selten nur Folge einer unzulänglichen Reproduction, sondern sie geht viel­mehr vom IVcrvensystem aus und erscheint daher bei der Inßuenza vorzugsweise dann, wenn das begleitende Fieber ein nervöses ist. Sie kann aber auch durch ein unzweck-mässiges llc-ilverlahren, durch Misshrauch der schwächen­den Methode: durch übermässige, von der Krankheit selbst ausgehende Ausleerungen, durch Durchfall etc. vcranlasst werden. — Ihre Erkennting ist leicht aus der aufl'allend verminderten Muskelkraft zu entnehmen: die Pferde ver­mögen sich kaum zu bewegen, schwanken und taumeln, wobei nicht selten, besonders an den Vorderextremitäten, ein Zittern wahrgenommen wird.
Die falsche Schwäche, welcher eine Unterdrückung der Kräfte zu Grunde liegt, ist meisteniheils abhängig von Cou-gestionen (venösen Turgcscenzen) nach dem Kopfe und da­durch vcranlasstem Druck auf das Gehirn, die ihrerseits wieder nicht immer von primärer Reizung des Gehirns,
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sonilerii nicht selten auf einer synipiumaiisclicn Reizung (durch gaslrische UreinisKciten), vom Darmkanal ausge-gehcml, herulion: ein Umstand, der wohl berücksichtigt zu werden verdient. Sie Können aber auch auf eineni Man­gel an Blufzniliiss nach dem Gehirn heruhen, wenn Hin­dernisse in der Fortbewegung des Bluts, wodurch dasselbe in der Brust, dem Hinterleibc zurückgehalten wird, beste­hen. — Die falsche Schwäche wird daher auch in jenen Fällen der Inßtienza beobachtet, wo das Fieber mehr den sthenischen Charakter behauptet und gastrisch compliziri ist. Ihre Unterscheidung von der wahren Schwäche, ist daher auch vorzugsweise durch die Erscheinungen, welche diesen Zustand bezeichnen (und mit Bcrück-sichtigung der Konstitution der Kranken) gegeben, und eine Verwechslung beider nicht leicht möglich. — Die falsche Schwäche ist zwar kein so gefährlicher Zufall als die wahre, welche, be­sonders wenn sie plötzlich eintritt, auf eine grossc Bösar­tigkeit der Krankheit hindeutet; indessen verdient doch auch jene die Aufmerksarnkeit des Tliierarzlcs.
Die wahre und plötzlich eintretende, vom IVcrvensystem ausgehende Schwäche erfordert die stärksten erregenden und belebenden Mittel zu ihrer Beseitigung: aromafische Infvsa mit Zusatz von Schwefelüiherweingeisl, ICampher, Ter-penthiniil etc., verlunden mil Haulreixvn. — Wo sie als Folge unzweckmässigen Heilverfahrens, übermässiger Ausleerun­gen etc. entseht, muss den JVachtheilcn desselben auf an­gemessene Weise begegnet, und IlurchßkHe auf eine Weise beseitigt werden, wie im sect;. 138. angegeben worden. — Diejenige Schwäche, -wie sie bei langdauerndcr Krankheit gewöhnlich und namentlich in der Rcconvalescenzperiode eintritt, hat man vorzugsweise durch nährende Mittel zu beseitigen.
Gegen die falsche Schwäche finden, bei activen Con-gestionen nach dem Gehirn, Merlass und ein dertvalorisches Verfahren, bei blossen venösen Turgcscenzcn das letztere, neben Frottirungeu und reizenden Einreibungen der llals-seitcnthcilc, Anwendung; bei gastrischen Reizen bedient
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man sich Avt milden AhßhrmiHei Wo aU Grund der
falsclii-n Schwäche ein mangelnder Zuflnss des Bluls nach dem ftehirn angenommen werden muss, da kommt der Silz der Hindernisse in der Blufcirculation und deren Ur­sachen in Betracht. Meistens sind diese entzündlicher, sel­ten krampfhaltcr Natur. Im ersten Falle wird eine aji/i/)A/o-gUtkchea und ahleiletides; im letzten mehr ein anlispasmodisches Verfahren einzuleiten, insbesondfre aber nachdrückliche Reibungen der Haut, um die Blutcirculation zu bethätigen, in Gebrauch zu ziehen sein. Ein kühnes Verfahren bringt oft Rettung in solch wahrhaft verzweifelten Fällen. So wird man Bchuis Abwendung der augenblicklichen Lebensgefahr, Z. B. bei passiven Congeslionen von Blut in den Lungen und drohendem suflocatorischen Tode, von einem Aderlass Gebrauch machen iniissen, wo er den übrigen Zufällen nach ganz contraindizirt ist. Ich könnte Dies durch mehre, sehr interessante Krankeitsgesehichten aus meiner Praxis belegen. —
sect;. 140. 8) Krumpfe und Lähmungen. Zittern (tremor), als niedrig­ster Grad des Krampfes, ist eine ziemlich häufige Erscheinung bei der Inßuensa mit nervösem Fieber, indessen aneb c?o-niscltc Krumpfe (Convulsionen in einzelnen Theilen) sind keine ganz seltene Erscheinung (cf. sect;. 34.); seltener sind tonisclie Krämpfe, und wenn solche vorkommen, so erschei­nen sie meistens als trismus. Wenngleich die Dignität der Krämpfe sich nach der Art, dein Sitze und Grade dersel­ben richtet, so sind sie doch stets als ein sehr übler Zu­fall zu betrachten, und insbesondere deshalb, weil wir über ihre L'rsachen uns selten einen genügenden Aufschluss ver­schaffen können, ihnen selten gröbere materielle Ursachen zu Grunde liegen, als vielmehr eine besondere Prädispo­sition dazu im Nervensystem obwaltet, sie sogar ihrem We­sen nach bis jetzt unerkannt geblieben sind. Ebendeshalb bieten sie nun auch in der Behandlung die grössten Schwie­rigkeiten dar, — Direkt lässt sich gegen die Krämpfe selbst nur wenig unternehmen; ihre Beseitigung ist vielmehr der
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Heilkraft der Natur zu überlassien. Wir müssen uns bv-gniigon, sie von der Seite ihrer Folgen inn Auge zu Tas­sen. Sie kSnnen nämlich Schlagfluss (apoplexia) veran­lassen oder Lähmung (paralysis) zurücklassen. Diese all­gemeinen Andeutungen müssen hier für die Behandlung der Krämpfe hei der Influenza genügen und dem Laiuieln-den Thierarzt das spezielle Verfahren, nach allgemeinen therapeutischen tirundsälzen einzuleilen, überlassen hlei-lien. Dabei wollen wir jedoch bemerken, dass für das spe­zielle Verfahren besonders der Silz und die (muthmassliclie) Ursache, mit glrichzeiliger Berücksichtigung des Ursprungs der Krämpfe, entscheiden müssen. Demnach würde in den Fällen, wo dieselben aus den ersten Wegen, durch An­häufungen von Unreinigkeiten, Verstopfung cic, abzulei­ten wären, ausleerende und Jemulcirende Mittel angezeigt sein. Ist Dies nicht der Fall, so wie auch dort, wo sie von grossen Schmerzen begleitet sind, passen narkotische Mittel, besonders das Opium; dieses in grossen Dosen (izjj) nngewendet, leistete mir die besten Dienste, Erfolgen Krämpfe nach zuriickgetreienen Metastasen, so ist die meiste Hilfe von äusscrlich angebrachten Reizen zu erwarten. Wo nachfolgende Lalimuiigcn zu befürchten stehen oder solche, ohne vorhergegangene Krämpfe, eintreten, da ist eine excitirende Behandlung der gelähmten Theile einzulei­ten. Die gelähmten Theile unverzüglich mit Terpenthinöl eingerieben, leistete mir in einigen Fällen von Paraplegic auffallend gute Dienste, In all den Fällen, wo lähmungs-artige Zufalle eintreten, besonders wenn sie das Ilinter-(heil betreffen, hat man auch ein besonderes Augenmerk auf Mist- und Harnentleerung zu verwenden 2 — Gegen die bei der Influenza häufig vorkommenden Zuckungen in den Gliedmassen, die mehr als der Ausdruck rheumatischer Schmerzen zu betrachten sind, bedarf es kaum einer bc-sondern Beachtung, da sie der Behandlung gegen die Krankheit selber schon -.weichen, Ausscr fleissigem Rei­ben und etwa Einhüllen der Gliedmasseu (wenn solches an­geht) erfordern dieselben weiter keine Berücksichtigung,
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9) Delirium. Wo das laquo;lie InJIueiiza bcglcitemle Fieber als Ncrvcnficber auftriU, sind Delirien keine ganz seltene Erscheinung; ebenso dort, wo die liirnliäute in namhafte Mitleidenschaft gezogen werden (cf. sect;. 31.)- Sie pflegen meistens nur vorübergehend zu sein und zur Zeit der Exacerbation einzutreten. Im Uebrigen sehen wir, dass, ienachdem das Fieber als ein versaliles oder als ein stupides Nervenßeber erscheint, das Delirium sich bald mehr als so-genaniilcs ivildes oder als slilles zeigt. Das letztere, in der dcstalt von Betäubung auftretend, kömmt gern aiihallcnd vor das erstere mehr vorübergehend. Beide Arten des Deliriums sind immer gefährliche Erscheinungen und lassen auf ein tiefes Ergriljensein der sensiblen Sphäre schliesscn. Während das wilde Delirium unter Erscheinungen von Ra­serei auftritt, drückt das ruhige den Pferden das Bild des Duimiikollers auf. Die Erkennung unterliegt somit keinen quot;rossen Schwierigkeiten; nicht so leicht ist es, ihre ver-anlassenden Ursachen spezieller aufzufinden. Bei dem wü­rfen Delirium liegt meistens eine Hirnreizung zu Grunde, oder wo diese vermisst wird, eine so hoch gesteigerte Empfindlichkeit des Gehirns, dass selbst naturgemässc Ein­wirkungen, wie die des Bluts, schon eine Aufregung und Störung in dessen Functionen veranlassen. Bei dem rtiAi-quot;•en Delirium walten Ursachen, die deprimirend auf das Ge­hirn wirken und meistens in der Blutmischung (kohlen-und wasscistollreichcn Beschaflenheit) aufzusuchen sein dürf­ten- weil wir dies Delirium gewöhnlich dort eintreten se­hen, wo das P fort ad ersy stem (sainmt der Leber) in nam­hafte Mitleidenschaft gezogen ist, das Blut überhaupt eine venöse Beschaffenheit annimmt und zur Entmischung neW, so dass es in dieser seiner Mischungsveränderung das Gehirn und die Nerven nicht mehr hinlänglich normal erregt, indessen können auch vom IVahrungschlauche aus, auf syuipatischcm Wege, Delirien vcranlasst werden; so in Folge von anhaltenden, einen hohen Grad yqn Et-schöpfungsschwächc hetbeiführenden Duichlällenj durch
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heftige Reizungen dos Darmkanals cic. durch Hcinniungcii im kleinen Kreislauf und dadurch bedingte venöse Tut-* goscenzon im Gehirn.
Die Begegnung des Deliriums muss nach der Wahr­scheinlichkeit der veranlassenden Ursachen geleitet werden. Steht eine Hirnreizung und Congestion nach dem Gehirn zu vermuthen, oder scheinen venöse Tnrgcsconzen die Ur­sache abzugeben, so ist im ersten Falle ein starker, im zweiten ein kleiner Aderlass angezeigt. Man erwarte von diesem jedoch nicht Alles, sondern ziehe äusserliche und innerliche Ableitungsmittel und, bei activon Congeslionen nach dem Kopfe, kalte Umschläge auf dem Kopf in Ge­hrauch ; bei venösen Tnrgescenzen sind noch passend: Frot-tirungen und reizende Einreibungen des Halses. — Wo lediglich eine gesteigerte Empfindlichkeit des Gehirns zum Grunde zu liegen scheint, sind absltimpfende Mittel in An­wendung zu bringen, wobei man jedoch die Unterhaltung einer gehörigen LeHiesoftnung nicht zu übersehen hat: denn Hartleiblgkcit darf durchaus nicht geduldet werden. — Wo (ruhige) Delirien nach hefligen Dm-clifallcn eintreten, sind, bei mangelnder Darmreizung, erregende Mittel an­zuwenden. — tiaslrische Reize sind auf eine passende Weise zu entfernen; mitunter führt hier dreiste Anwen­dung drastischer Purgirmittel (wenn man sicher vor einer entzündlichen Reizung des Darmkanals ist) am ehesten zum Ziele. — Bei hohem Grade von Betäubung kann man sich der kalten Begiessungcn (Sturzbäder) bedienen, die, mit Vorsicht angewendet, oft Hilfe brachten.
sect;. 142.
Ausser den im Vorstehenden speziell gedachten, eine besondere Berücksichtigung erfordernden Zufällen, können auch noch verschicdeire andere, im Verlaufe der lußuenza auftreten und gleichfalls die Aufmerksamkeit des Thier-arzles in Anspruch nehmen; sie sind im Ganzen jedoch von viel geringerer Bedeutung und ihre Begegnung nach allgemeinen Regeln leicht zu bewerkstelligen. Nur eines Zufalles;-
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10) des Herzklopfens, glauben wir hior laquo;oeli mit ein paar WoHcn gi-clenken zu miissoii, da dasselbe bei der ih-fluenztt nicht so gam selten beobachtet wird. Wenngleich das Herzklopfen am gcwöhnlichsteii dort wahrgeiiomnien wird, we die Lungen in namhafte Milleidenschafl gezogen sind, io kommt dasselbe doch auch vor, ohne dass die In­fluenza mit vorherrschenden Lungenleiden (Lungenentzün­dung) zusammenhängt, und zwar am ehesten bei robusten Thieren, wie Beschäler, wenn die Krankheit unter der All-gemeinherrschaft eines Nerven- oder FauHiehers auflritt. — Wenn in dem ersten Falle eine Hemmung iiraquo; der Blulbc-wegung In den Lungen als Ursache des Herzklopfens an­gesehen werden muss, so scheint im letztgenannten Falle dasselbe mehr vom Nervensystem selbst auszugehen; sei es nun mittelbar, dass die veränderte Blnlbcschaflenheit das Gefässsystem (und mit diesem das Herz, als Central-organ desselben insbesondere) abnorm errege, oder unmit­telbar, durch ein nicht genau zu erkcnnciides Leiden der Herz- und Gefässnerven selbst. Genug, wir müssen diesen IJntersciiicd, Behufs einer zweckmässigen Begegnung dieses Zufalles aufstellen: denn immer ist heftiges Herzklopfen in seinen Folgen eine sehr üble Erscbeinuug, und erfor­dert daher alle Beachtung. In den ersten Fällen tritt das Herzklopfen in Verbindung mit Erscheinungen einer befu­gen Lungenentzündung überhaupt auf und erfordert dann keine besondere Behandlung; da die gegen die Lungenent­zündung gerichtete (antiphlogistische) Behandlung auch die geeignetste gegen diesen speziellen Zufall ist. Im letztgenannten Falle fehlen die Erscheinungen einer hefti­gen Entzündung der Lungen, oder Congestionen nach den­selben; ja das Athmen erscheint nicht einmal besonders beengt, mitunter sogar frei, und dennoch sind die Uerzbe-wegnngen so gewaltsam, dass man sie sehen und hören kann. In diesem Falle muss daher eine andere Ursache Schuld sein, und bin ich geneigt, als solche (d. Ii. für unlaquo; scren Fall) eine abnorme Erregung, vom Blute ausgehend, anzunehmen. Hierfür sprechen sowohl die gleichzeitig vor-
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handencn Erscheinungen, welche darauf hindoutcu: dass nämlich, wie vorhin erwähui, das HcrzUoiilVilaquo; bei der In­fluenza am gewöhnlichsten gesehen wird, wenn sie unler der Herrschaft des Nerven- oder Faulfiebers verläuft, als insbesondere auch der Erfolg des in Gcbrnneh gezogenen Heilverfahrens. In dieser Beziehung will ich nun bemer­ken, dass man, ungeachtet des Allgrmeinzustniules, sich einer massigen Blutentzieliung mit Vortlieii beilient, ohne dass die innerliche Behandlung jener entsprerlirud eine an-tiphlogistische zu sein braucht, sondern diese bleibt, dem allgemeinen Zustande entsprechend unverändert (eine mehr erregende, die Blutmasse verbessernde, antiseptisebe — cf. sect;. 165gt;). — Man sieht nach einer Blutentleerung nicht allein das Herzklopfen abnehmen, sondern gewöhnlich tritt die ßlutwclle in den Arterien auch deutlicher hervor; doch wird es sich nur selten ereignen, dass nach dem Aderlass das Herzklopfen sich vollständig bald verliert. Dies findet seine Erklärung aber auch leicht. — Frottirungen über dem ganzen Körper, insbesondere der Extremitäten, sind beim Herzklopfen nicht bintenan zu setzen.
sect;. 143.
Besonderes Heilverfahren. Was nun die spezielle Be­handlung der InJIuenza anbelangt, so wird diese nach dem Charakter: der Einfachheit, den besondern Verbindungen und C'omplicationen, unter welchen dieselben auftreten und vorkommen kann, Abweichungen darbieten. Wir glauben deren am besten auch hier wieder auf die Weise zu ge­denken, wenn wir die Behandlung in derselben Iteibefolge besprechen, der wir bei Gelegenheit der Symptomatologio gefolgt sind.
1) In ihrer einfachsten und reinsten Gestalt, wo die Krankheit in der Form eines rheumatischen Fiebers auftritt, reicht in den gelinden Fällen ein Verhallen aus, wie es sect;. 129 und 130. angegeben ist. Wo aber die Thicre auf­fallend erkrankt sind, das Fieber bedeutend ist, darf ein ernstliches ärztliches Einschreiten nicht verabsäumt wer­den. Die Wahl der Mittel richtet sich hier zunächst nach
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dein Charalder drs Fiebers, so tlass also auch, selbst bei laquo;licscr einrachsien Form der Jnßuenza, nicht überall die­selben Mittel passen. — Das Fieber pflegt nun im Allge-nicinen, wie sect;. 12. angerührt, als ein gelind erelisch-synochö-ses anfznfreton; es ist daher auch ein gelhid anlyphlogisli-sches Verfahren und demgemäss der innerliche Gebrauch der kühlenden Salze als: Salpeter, Glauber-, Bitler- und Doppelsalz: des Brechweinsleins und Calomels angezeigt, und je deutlicher der sthenische Charakter sich ausspricht und die Ausbildung örtlicher Entzündungen zu beliirchten steht, in je griisseren Dosen und nachhaltiger sind diese Mittel, und nnnicnflich der Salpeter oder der Brechweinstein, in schleimigen Vehikeln, zu geben und mit ihnen ein Ader-lass von 4—S Pfd zu verbinden, welcher sonst in den ge­lindern Graden besser fortbleibt. Sticht dagegen der aslhe-nische Charakter mehr hervor, so passt insbesondere der Brechiveinslein in Verbindung mit Fliederblumen, Fenchel, sluics und denen ähnlichen Mitteln — cine Composition, die sehr zu empfehlen ist und der man, bei trorkner und träger Mistung, am ersten Tage noch etwas Glaubersalz mit Vortheil zusetzen wird. — In Fällen, und Das ist nicht selten, wo der Charakter dubiös bleibt, passt mehr ein ge­mischtes Heilverfahren, d. h. wir geben anliphlogistische Salze mit gelind erregenden 31itteln, und es eignet sich für solche Fälle besonders die letztgenannte Verbindung mit Zusatz von Salpeter. Eine Blutentziehung kann hier nur versuchsweise und in kleinen Quantitäten — 2—4 Pfd. — unternommen werden, doch hat sich ein Aderlass, worauf sect;. 126. besonders hingedeutet worden ist, oft sehr heilsam gezeigt. Man könnte seine gute Wirkung da­durch erklären, dass, insofern durch ihn eine Quantität des zähflüssigen und daher zur freien Circulation weniger geeigneten Blutes entfernt wird, dadurch die Circulation erleichtert, die Thätigkclt des Gelasssystems überhaupt freier und Stockungen des Blutes und die Ausbildung von Entzündungen weniger begünstigt werden. Durch ange-incsscncn Gebrauch des Tart. stibita. wird indessen in der-
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artigen Fällen und selbst in solchen, wo der Charakter der Krankheit mehr zu dem entzündlichen hiiiiiberschwcift der Aderlass entbehrlich gemacht. Einige praktische Sicher­heit lässt, unter Bcriicltsichtigung des im sect;. 126. bezüglich des Krankheitsgenius Gesagten, leicht das rechte Mittel finden.
sect;• 144. Ueberall nun, wo von vornherein der (tsthenische Cha-rakler deutlich ausgesprochen ist, ist ein Aderlass (wenn nicht einzelne dringende Symptome, wie z. B. grossc Rlut-anhäufungen in den Lungen und Ersticknngszulallc ihn an­zeigen (indicatio vitalis) zu vermeiden, das Heilverfahren muss hier vielmehr ein erregendes sein. Doch hat sich auch hier noch erlahrungsmässig der Brecliweinstcin, in kleinen Dosen den erregenden Mitteln in den ersten Tagen des Krankseins zugesetzt, bewährt (z. B. Fenchel, Entian oder Kalmus v. j. 6 Lth. Brechweinstein ^ Lth. mit Wachhol-dersulzc zur Latwerge gemacht). Es wird sich der Zu­satz des Brechweinsteins (oder auch des Calomels) beson­ders da bewähren, wo die Ausbildung von innern Entzün­dungen bevorsteht, ohne darin, dass dieselben als asthe-nische betrachtet werden eine besondere Contraindica­tion zu finden. In Fällen der letztgenannten Art (wo Ent­zündungen innerer Organe bevorstehen) machen nun äusser-liche ableüende Mittel den wichtigsten Theil des Ileilappa-rats mit ans, und die Application eines Fonfanells unter der Brust, scharfe Einreibungen oder Senfpflaster auf den Rippenwandungen, wovon letztere beide in dieser Form der InJJuenza den Vorzug vor ersterem verdienen, dürfen nicht unterbleiben. Es ist sogar zu ihrem Gebrauch, auch ohne dass man in den sich ausbildenden inneren Entzün­dungen eine besonderQ Lulication für ihre Anwendung fin­det, gleich zu Anfange der Krankheit zu rathen, weil da­durch oft der Ausbildung beträchtlicher innerer Entzün­dungen vorgebeugt wird; durch sie also einer wichtigen Anzeige (ind. praeservativa) genügt wird. Wo man aber auch glaubt, ohne permanent wirkende austere Ableitungslaquo;
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niiHcl aus/nkruunioii, da vorabsntime man (in jedem Falle) nicltt, diircli I nliihallunn einer regeren Haiitausdünstung die Kr.inklieit einer sclinellern tind gliicklicliern Entseliei-Jung entgegen zn Hihren. Täglich 1—2 mal zu wieder­holende ßesprengnngen mit Terpenlhinöl (auf die Seiten-wnndnngen der Knist) mit nachfolgenden gelinden Frolü-rangen haben sich sehr bewährt. Es versteht sich von selbst, dass man die Quantität des zu verwendenden Ter-penlhinols nach der EinpfiiKilichkeit des Thieres bemisst, um nicht durch eine zu starke Aufregung das Fieber zu steigern — daher denn, bevor die Einpfindlichkeit des Tliiers ermittelt ist, anfangs nur geringe Quantitäten {xß—j) des Terpenthinöls und mit zwei Theilen SpirHus vermischt in Gebrauch zu ziehen sind,
sect; 145-2) Bei der zweiten von uns nnlerschiedenen, der rÄeu-malisch catarrhalischen Form ist insbesondere nun noch das Schleimhantleiden zu berücksichtigen. Auch hier wird zunächst der Charakter für die Wahl der Mittel entschei­den. Selten, dass die Krankheit den sthenisehen deutlich ausgesprochen an sich trägt (cf. sect;. 15.) und wo Dies der Fall ist, steht meistens die Ausbildung von Lungenent­zündungen etc. zu befürchten. Es wird daher auch hier im Allgemeinen ein gleiches Verfahren, wie im vorigen sect;. angegeben, passen, insofern nämlich als in dem einen Falle mehr antiphlogistisch in dem andern erregend zu ver­fahren ist. Im ersten Falle finden die obengenannteu Salze in reichlicheren Gaben Anwendung, besonders ist es aber der Salmiak, welcher hier, nachdem die kühlenden Salze 1 — 2 Tage gegeben sind, Anwendung findet; häufiger noch wird er gleich Anfangs in Verbindung mit zuckerstoff-halligen und gelind erregenden Mitlein angezeigt sein (z. B. Salmiak 3 — 4 Loth, Fenchel oder Anies und Süssholz-wurzelpulver v. j. 6 — 8 Loth pr. Tag). Statt des Sal­miaks findet auch der Brechweinstein Anwendung, doch hat sich der ersterc in dieser Form der Iii/lnenraquo;a einen vor­züglicheren Ruf erworben, — Je mehr das Schleimhaut-
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loidoii nun (iefcr hinab bis in die Lmtgen sich ersfrerkf, dcslo mehr ist dio Aiizpigi* zum Grhrauch des Goldsrhwe. fels. der Srhwefelleber i'ie. vorhamlrn, (la.lt;t laquo;TStiTC JliKrl ist kaum durch ein anderes zu ersHzm. Alan setzt den Glt;iltl-schwefel zu j'jj — jv. die StohwufttHclSr zu 7:] ~ Jj. der ebeiigeitantiten Composition zu, oder, wo die Anzeige zum Forlgrbrauch des Salmiaks (bei allgemein atis^esprociu-neu asthenischem Zustande) nicht mehr vorhanden sein sollte, fällt dieser fort. — Auch der Schwefel, Sc/iwefelspiessglam finden hier Anwendunst, doch stehen sie in ihrer Wirksam­keit dem fioldschwefel und der Schwerelleber bei Weilern nach. Bei sehr frequentem Pulse ist auch tier Zusatz der nigilalls {'A — j,3 pr. .Ta^)gaiiz passend. — Aderlass wird selten angezeigt sein, doch ist derselbe bei dieser Form keineswegs ausgeschlossen, und es werden ßlutenfziehun-gen in Fallen, wo das Schleimhautleiden sich bis zur Ent­zündung steigert, überhaupt die Erscheinungen des slho-nischen Fiebers. vorhanden sind, der Husten kurz und schmerzhaft ist, nicht hintenan zu setzen sein. — Die An­wendung üusserlicher Aöleilungsmillel, namentlich eines Fon-tanells oder Haarseils vor die ßrust, welche den im vori­gen sect; genannten scharfen Einreibungen vorzuziehen sind, darf auch hier nicht unterbleiben. . Da endlich auf eine Entscheidung durch die Schleimhäute, durch vermehrte Schleimsecretion zu rechnen ist, so kann diese durch das Einathmen von Wasserdämpfen (die jedoch mit Vorsicht und namentlich mit Vermeidung von nachfolgender Erkäl­tung applicirt werden müssen) zweckmässig befördert und unterstützt werden. Die Fütterung von Alohrrübcii, wo dieselben zur Hand sind, ist sehr zu emplehien.
sect;. 146. 3) Bei der rheumntisch gastrischen Form fällt die Be­handlung etwas zusammengesetzter aus, und die Abwei­chung von der in den vorigen sect;sect;, angegebenen Behand-lungsweise bezieht sich insbesondere anf die Art des ga­strischen Mitleidens. Ist es bloss die Leber (durch eine ge­störte Gallensecretion) ohne vorhaudenc gastrische IJnrci-
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nigkeiicn, bei mehr allgemein rheumaiischem Ansiricli, so sind der Brechweinslein nnd das Calomel, wovon man dem letzten vielfach den Vorzug eingeräumt hat, für sich, blos mit schleimigen Mitteln, als Althäwurzelpnlver etc. oder bei entzündlichem Zustande nnd träger, trockner Mistung mit Glaubersalz, Doppelsalz etc. in Verbindung, oder bei asthenischem Zustande mit gelind erregenden Mitteln (als Entian, Kalmus, Wachholdcrbeeren etc.) angezeigt. Üebcr-haupt hat sich in ilcn Fällen, wo ein hiliüses Leiden deut­lich hervortritt, der Zusatz von irgend einem bittern Mit­tel, in geringer Dosis, zu den obigen, um den in solchen Fällen mangelnden Reiz der Galle für den Darm einiger-massen zu ersetzen, in der Erfahrung als sehr zwechmässig bewährt. Dieser dient zugleich dazu, der schwächenden Wirkung der obgenannien beiden Mittel, besonders aber des Calomels, auf den Darmkanal zu begegnen. Mit dem Gebrauch des Calomels muss überhaupt die nöthige Vor­sicht zu verbinden, nicht untcrlasssn werden. Bei deut­lich sthenischem Charakter und der Befürchtung der Aus­bildung von lieberentzündung passen allerdings grösserc Dosen (^j/3 — jrjji p. T.); bei einer Hinneigung zur Asthe-nie aber fällt es besser ganz aus, und statt desselben ist lieher der Brechweinstein zu geben; wenigstens übersteige man nicht die Dosis von laquo;j. pr. T. Im letztgenannten Falle will man auch den Ife'mstein mit Erfolg angewendet haben. — Ueberall, wo das Calomel in Gebrauch gezogen wird, namentlich aber wenn es in der Absicht gegeben wird, um Abführung durch dasselbe zu bewirken, ist die zeitige Erkennung dieser seiner Wirkung von Wichtigkeit. Sobald man Pollern im Leibe wahrnimmt, darf dasselbe nicht mehr fortgegeben werden, auch wenn noch keine durchfällige Mistnng eingetreten ist; weil durch unvorsichti­gen Fortgebrauch des Mittels leicht übermässige Darment-leernngen erfolgen, die zum grössten Naclitheil führen kön­nen. Daher ein zeUweises Horchen am Kour/ie (Ausculliren) sehr zu empfehlen ist, um möglichst zeitig von der ein­tretenden Wirkung des Calomels sich Nachricht zu ver-
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schaftcn. Je nielitr die Schleimhaut des Darmkauals mit zu leiden scheint, und ein allgemeiner verhreiteter catar-rhalischer Zustand hervortritt, desto weniger passt das Ca­lomel; ebenso wenn gastrische Unreiiiigkciten zu vermu-then stehen. In diesem Falle hat, nach vorheriger Anwen­dung von gclind abführenden IVlittelu, Behufs Fortschaflung der angehäuften Unreinigkciten (Schleim etc.) jedenfalls der Salmiak den Vorzug. — Alan giebt diesen hei allge­mein entzündlich fieberhaftem Zustande zunächst noch mit abführenden Salzen (Glaubersalz efc.) lusst aber diese nach eingetretener weicher Mistung fort und verbindet ihn mit gelind erregenden Mitteln (Fenchel, Anies, Entian, Bittcr-klcc etc.) Bei asthenischem Charakter wird er sogleich mit letztgenannten Mitteln gegeben, und je mehr der Schwäche-Charakter überliau|)t und insbesondere eine Uu-thätigkeit des Darmkanals und Vorschlciniung desselben hervortritt, desto mehr passen hier tonlstrende Mittel, wo­von jedoch die mehr reiu bittern (insbesondere frische Ochsengalle, wenn sie zu beschaflen ist) vor den erhitzen­den den Vorzug haben, Mcerrettig und Senf sind für solche Zustände auch passende Mittel ; ebenso ein Zusatz von Kochsalz zu den bittern Mitteln. Mit dem Gebranch der innerlichen, sind auch hier änsserliche ableitende Mittel zu verbinden. Bei deutlichem Leiden der Leber, passen um so mehr scharfe Einreibungen in der rechten Unterrippengegend, als die Ausbildung von Lebercntzün-dung zu vermuthen steht. Wo solche weniger zu be­fürchten ist, unterstützen fleissige Frottirungen des Hin­terleibes und reizende Einreibungen in demselben die Wir­kung der innerlichen Mittel sehr.
%. 147. Wie sect;. 17. erwäitut, tritt die InJJucnza in ihrer gasiri-sehen Verbindung nicht selten zunächst unter Erscheinun­gen von Kolik auf, in welchem Falle eine Reizung des Darmkanals vorausgesetzt werden muss. Aussei- dem ge­wöhnlich hier nothwendig werdenden Aderlass, sind inner­lich vorab schleimig-ölige Mittel (Abkochungen von Lein-
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saamcn vie.) in reichlichon Gahpn, und bei glfichzeitig vor-handonor llarlloitiiglicit oili'i- Alislvcrhaltung mit tincin Zu­satz von Caldincl, Glaubri'- oder Bittorsalz anzuwenden. Itei vorhandenen Durchrall aber lässt man jeden andern Zusatz fort. Fleissige und nachdrückliche Frollirnngen des Hinterleibes und bei anhaltenden Leibschmerzen selbst reizende Einreibungen, so von Terpenthinöl und Spiritus ^ sind hier nicht zu verabsäumen und um so weniger hin-tenan zu setzen, als zulällig statt^clViiulciic Erkältiingen zu vermullien sieben. Auch unterlasse man nicht bei ver­zögerter Alistung einige eröffnende Klystiere zu appliziren. — Nach Beseitigung der Hulilizufällc wird die fernere Behandlung nach den vorhin gegebenen Vorschriften fort-zusplzen sein. Nicht ganz selten ereignet es sich, dass in dergleichen Fällen, im ferneren Verlaufe der Krankheit, die Kolikzufälle ab und zu repetiren und dann leicht ge­fährlicher werden ; da sie auf ein besonderes Mitleiden des Darmkauals hindeuten, und einen tödlichen Ausgang durch Darmentzündnng befürchten lassen, — Es erfordert daher die liifluenamp;a in den Fällen, wo sie mil Kolik beginnt, eine ganz besondere Aufmerksamkeit und Beachtung des Verhaltens des Darmtractus im feftiern Verlaufe und malmt zur Vorsicht in dem Gebrauche von erregenden und reizenden Mitteln. Eine Vorsicht, die nicht genug empfohlen werden kann!
sect;. 148. Die in dem Vorhergehenden für die drei Uauptfonnen, in welcher die Influenza vorkoinmeii kann, gegebnen An­weisungen Behufs einer zweckmässigen Behandlung, müssen nun auch für die anderweitigen Modificationen und C'oin-plicationen der Krankheit als Bichtschnur dienen. Mit Be­zug auf die in den sect;sect;. 132 — 142 erläuterte Behandlung einzelner, dringender Symptome, würden hier insbesondere nur noch die hinzutretenden Entzündungen und der lieberraquo; gang des Fiebers in ein Nerven- oder Faulfieber, welcher von höherer therapeutischer Diguität ist — ihre Erörte­rung finden. #9632;
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sect;• 149. Was mm zunächst lt;He Bcliandliing dor Injhienza in raquo;lou Fallen anbelangt, wo tlit-selbe mit volUländig zur Aus­bildung gelangten Enlzündungeii vorKoniml, da nehinen diese, als prädoininirendc Leiden die ärztliche TLäii^keit vorzugsweise in Anspruch. IVach den Organen, welche leiden, wird nun zwar die Behandlung verschieden aus­fallen müssen, doch ist hierbei nicht zu überselien, dass die Entzündungen i. d. 15. rheumatischer IVatur (exndati-^ ver Art), und insofern bei allen m. o. w. gleiche Rücksich­ten zu nehmen sind. — Eine vorherrschende JVeig-ung der die Iii/Iuenza häufig begleitenden Entzündungen zu Aus-schwilzungen zu führen, muss ihnen nach den Resulla-ien, welche die Sectionen geliefert haben, zugeschrieben werden. Bei dieser Neigung nun, wird in der Behandlung besonders auf Steigerung der ResorpllonslhiitiglieU hinzuwir­ken sein, und man ivird Dies durch Vermehrung der natürli­chen Secret ionen zu erreichen trachten Es wird daher als eine sehr allgemein durchgreifende Regel gelten, und sie hat sich in der Erfahrung auch bestätigt, mit den Mitteln, welche den erhöhten Vegetationsprozcss in den entzünde­ten Organen mehr direct herabzusetzen vermögen, solche zu verbinden, die diureiische und diaphoretische Wirkungen besitzen. Dies Verfahren entspricht auch ganz der rheu­matischen Aatur dieser Entzündungen. Ebendeshalb hat sich denn auch der Tarl. slibiat. welcher mit seiner anti-phlogistiscben Wirkung die genannten verbindet, einen so grossen Ruf erworben und vor dein mehrseitig angeprie­senen Calomel im Allgeineuieu auch hier den Vorzug da­vongetragen; wenngleich wir in leizterm Falle, wo die Ent­zündungen mehr parencbymatöser Art sind und zu plasti­schen Exudationeu führen, wie hei Lungen- und Leber-entzündungen, seine gute Wirkung keineswegs absprechen wollen. Doch hat das Calomel auch in diesen letztge­nannten Fällen keine besonderen Vorzüge vor dem Salpeter, dürfte diesem sogar eher nachstehen, sobald die Entzündung sehr aetti verläuß.
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sect;. 130. Wie sect;. 14. angcfUlirt, geht die Inßuenza am gcwülin-lichsten eine Verbindung mit Bruslenlziindung fin, die mei-steuthcils als Pleuritis, weniger häufig als wahre Pnetimo-nitis auftritt. — Welches von heiden der Fall sei, ist für die Behandlung von grösserer oder geringerer Wichtigkeit und wird nach Dem, was oben in den sect;sect;. 22—24 über die Zufalle und den Verlauf angeführt worden, auch nicht schwer zu ermitteln sein. — Die Application äasserer Allei-iwigsmitlel, sofern solche nicht schon früher in Anwendung gezogen worden, ist nun dringend nothwendig. Bei PleU' ritis sind Vesicatorien, Sinapismen auf die Rippenwandungen, in sehr dringenden Fällen Einreibungen der Brechweinstein-salbe den Fontanellen vorzuziehen. Die letzleren passen da­gegen, wenngleich sie den Gebrauch der ersteren Mittel nicht ausschliessen, mehr bei Pneumonitis, und je naclidem diese von den Bronchien aus als Bronchitis, oder mehr von der Peripherie der Lungen ans, als Peri-Pneumonitis, ausging, vor oder unter der Brustj in heftigen Brustent­zündungen selbst an beiden Stellen. Bei gleichzeitigem Leidender Leber ist das Fontanell in der Schaufelknorpelge-gend zu legen. — Insofern nun die Entzündung den slhe-nischen Charakter behauptet, und Dies wird bei Pneumonien, gewöhnlicher als bei Pleuritis der Fall sein , werden un­verzüglich Blutenlziehungcn stattfinden müssen, für deren grössere oder geringere Quantität der Grad der Entzün­dung und des Fiebers, so wie die Constitution ties Thieres entscheiden müssen, — Wo die Pneumonie gleich von vorn-lierein rasch und unaufhaltsam sich entwickelt, da sind sehr ergiebige Aderlässe meistens angezeigt; wo dagegen dieselbe ziigernder auftritt, gewöhnlich nur mittelstarke, wie denn überhaupt massige Blutentziehungen bei der Pleuritis mei­stens nur Anwendung finden. IJeberhaupt kann in diesem Falle nicht genug Vorsicht, bezüglich der zu entziehenden Quantität Blut, empfohlen werden; da durch MissgrifT hierin, bei der Neigung der Krankheit, Ausschwitzungen zu veran­lassen, insofern leicht Nachtheil gestiftet wird, als zu Star-
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kcr Bluiverlust ivässrige *JusschwUzimgen begünstigt, und Bruslwassersuchl leichter zur Ausbildung gelangt. Ue-bcrall, wo der asihenischc Charakter deutlich ansgespru-chen ist, fallt der Adcrlass fort: der Wirksamkeit der ausserlichen Ablciiungsmiitel ist hier der günstige Aus­gang anheitn zu geben. Die innerliche Behandlung wird von der in dem sect;. 144. angege-benen keiiic wesentliche Ab­weichung erleiden. Bei Pntwnonitis mit sthenischem Charak­ter ist der Salpeter in Verbindung mit Glaubersalz, Doppel­salz und Bittersalz zu geben, und erst wenn die Entzün­dung etwas gebrochen, lässt man das Calomel oder Brcch-weinstein, in bekannten Dosen, folgen; letzteres Mittel wähle man jedesmal bei Pleuritis und bei einer Hinneigung zum asthenischen Charakter. Spricht sich in der Krank­heit dieser Charakter deutlicher aus, so passen zwar die erstgenannten Salze nicht mehr, doch wird dadurch der Gebrauch des Tarf. stibiat. keineswegs ausgeschlossen, nur wird er dann in Verbindung mit erregenden Mitteln ver­abreicht. — Stellt die Lungenentzündung sich mehr als eine katarrhalische dar, so verdient, nachdem die etwa hei sthenischem Zustande nöthig gewordenen, kühlenden Salze nicht mehr erforderlieh scheinen, der Salmiak und Gold­schwefel besonders cinpfohlen zu werden, denen man, bei hohen Fiebcrgraden zweckmässig Digitalis zusetzt, und wo Asthenie. im höherem Grade prävalirt, lässt man den Sal­miak fort und verbindet Kumpher neben andern (gclind) erregenden Mitteln, mit dem Goldschwef'el und der Digita­lis (z. B. Bp.: Camph. tritae. — pulv. herb. Digit, purp. ^ 3J—jj- — Sulph. stibiat. aurant. gjj — 5ß — pulv. se-min. Foenicul et. rad. Gent. rubr. ^ 9jjj — farin et. aq. q. s. lit f. elect. DS. in 24 Stunden zu verbrauchen. Eine Compositibn, die mir sehr erspriessliche Dienste ge­leistet hat.).
sect;• 151-Gelingt es nicht, die hinzugetretene Brustentzündung durch das gciiaiinntc Verfahren zur Zerthcilnng zu brin-
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gen, so macht tlloselbc die im sect;. 51. scq. geiianiiicn Ucber-gSbgo, lt;lie mm ihrer Art nach zu hchandelu sind.
B.ei ciToIgicn wässrigen Ergicssungen liat man nicht allein auf Beseitigung der bereits ergossenen Flüssigkeiten RücKsicht zn nehmen, sondern auch dahin zu trachten, dass den ferneren Ergiessungen Einhalt gethan werde. — Bamp;eiügung des gestörten Werhiätmaae* zwischen Absonderung und Aufsungung und Ausleerung macht somit den Haupt­zweck der Bchaiullung ans. — Dieser doppelten Anzeige wird durch die Anwendung der resorhirenden und die natürlichen Ab - und Aussanderungen, namentlich durch die Nieren und Jlavt, befördernde Mittel genügt: doch wird der Zweck nicht so leicht erreicht. Daher hat man denn auch, worauf oben besonders hingewiesen worden ist, bei bemerkter JVci-gung dieses Uehcrgangs der Entzündung auf Verhütung desselben hinzuarbeiten.
Mittel, welche hier Anwendung linden, sind: Ging die Brustwassersijclit ans ursprünglich sthenischer Brustentzün­dung hervor, und stehen neben den wässrigen auch plasti­sche Ausschwitzungen zu vermulhen, so wird meistens noch der Tart. stihiat. in Verbindung mit harntreibenden Mitteln, wie Digitalis, gekochten Terpenthin, IVachholderbeeren, Schvalbemvurzel in (Gebrauch zu ziehen sein. Besonders passt in solchen Fällen der Borax, den ich aus Erfahrung empfehlen kann. In anderen Fällen aber, und wo der Brcchweinstein schon früher anhaltender gegeben wurde, und die Verdauung gleichzeitig geschwächt erscheint, bleibt er besser fort. Höhere Grade der Asthcnie erfordern die Anwendung des Terpenthinöls mit Arnica, Valeriana etc. Mit dem Gebrauch der innerlichen Mittel sind äusserliche, die HaüHhüligkeit erregende Einreibungen, in weiter Verbreitung, über die Brust anzuwenden, wozu man sich des Terpen­thinöls allein oder in Verbindung mit Spiritus bedient, die Wiederholung der früher gemachten scharfen Einreibungen ist gleichfalls passend. — Erreicht man durch die genann­ten Mittel eine vermehrte Harnentleerung, wird die Haut weich, warm und feucht, so ist Hoffnung zur Beseitigung
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des in der Brust ergossenen Wassers. Wo iiichlt;, so bleibt als letzter Yersiicb nur noeb die unmitielbarc Eiilleerniig der ergossenen Flüssigkeit iniiiclst der l'uraceniese übrig; ein Verfahren, durch welches jedoch mir ausnahmsweise Hilfe gebracht wird, und wozu nur in Fällen, wo das Lei­den mehr zum chronischen neigt, das Fieber in Keinem hohen Grade mehr besieht, die Patienten einige Fressinst zeigen, eine schwache IIoiTnung gewährt wird. Es schliesst jedoch dies Verfahren, durch das lediglich nur die ange­sammelte Flüssigkeit entfernt, nicht zugleich aber auch ihre fernere Wiederansammlung verhindert, überhaupt das oben angcdenlele Alissverhältniss zwischen Absonderung und Aufsaugung nicht gehoben wird — den Fortgebrauch inner­licher Mittel durchaus nicht aus. Da es bei der Para-centesc eine Hauptaufgabe ist, das Einströnicn von Luft in die Brust zu vermeiden , so würde Behufs Abzapfung des Wassers ein mit dem Troikar in Verbindung zu setzender Saugapparat sehr zu empfehlen sein, an dem sich eine Vorrichtung befindet, durch welche das Eindringen der Luft verhindert wird.
sect;. 152. Stehen mehr plastische als wässrige Ausschwitzungen zu vermuthen, so bei vorliandener Hepatisation, so wird ein Verfahren eintreten müssen, durch welches die ausge­schwitzten plastischen Stofl'e wieder verflüssigt und so re-sorptionsfähig gemacht werden: man schreibt besonders den Alkalien und einigen Alkaloiden narkotischer Pflanzen, wie auch der Essigsäure diese Wirkung zu. Daher in sol­chen Fällen: Kali carbonicum, herb, Conii maculati. Bella­donna Anwendung finden. Man giebt diese und Mittel von gleicher Wirkung nach dem allgemeinen Kräftestandc im Organismus bald mit gelind, bald mit stärker erregenden und solchen Mitteln in Verbindung, welche gleichzeitig den Resorptionsprozess erhöhen; unter Umständen, bei noch vorhandener entzündlicher Reizung, auch mit einem Zusatz von Calomel. Theer und Theerwasser verdienen ihrer Wohl-fcilheit wegen besonders empfohlen zu werden. In Ver-
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hiiidung uiii Polasche gvbcu (tiosclben zuglrich eins der wirlisamstcn 3lilaquo;cl ab*)
In manchen Fallen, wo noch ein gewisser Reizzustand und Blutandrang in und nach den Lungen besiehen, die Thiere noch gut genährt sind , bewährt es sich, dem Ge­brauch der genannten Mittel — die hier immer länger fortgesetzt werden müssen — von Zeit zu Zeit ein Laxier­mittel zu interponiren.
sect;. 153.
Bei dem Ausgang der Liingenent/iindung in Eiierung, lässt sich durch die Kunst im Ganzen wenig thun; es muss hier vielmehr der Natur überlassen bleiben, den gebildeten Eiter zu entleeren (was durch freiwillige Oeffnung des Abscess in einen Bronchienzweig geschehen kann) oder durch Aufsaugung (heilweise oder ganz wieder zu entfer­nen und den zurückgebliebenen abzugränzen. — Das ärzt­liche Verfahren kann nur auf Erhaltung eines guten Er­nährungszustandes und Vermeidung jeder Beizung der Lungen gerichtet sein. Auf die Sorge für leicht verdau­liche und nahrhafte, aber reizlose Nahrungsmittel, wovon Malzackroi und Mohrrüben besonders zu empfehlen sind, ist unser Handeln meistens bcschränltt. Erst wenn Ab-secsse platzen, und man es mit einem offenen Lungengc-schwür zu tliuii hui, ist der Igt;]oment gegeben, mehr thun zu können. Man hat in solchen Fällen (und auch über­haupt bei noch geschlossenen Abscesscn) die balsamisch harzi­gen Mittel zum innerlichen Gebrauch empfohlen; mehr als durch den Darmkanal, bringen sie Nutzen als Bäuchcrun-gen angewendet, um so unmittelbar auf die Geschwürs­fläche einzuwirken und die Vernarbung zu befördern. Hilfreicher als balsamische Mittel hat sich der innerliche Gebrauch des Bleizuckers und Opium (oder Büsenkrawt) mit Zusatz von andern, dem Zustande angemessenen Mitteln gezeigt. Da das Platzen der Absccsse, besonders wenn es
*) Ks ist Dies meine gewülinliclie Verbindung, laquo;leren ich micli im chrunischen Slailium der Ltmgenseuche des Bindviclis bediene.
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grossc sind (wogen der Reizung, welclic IhcHs der Inhalt auf die Schleimhaut der Luftwege ausübt, (heils aber ört­lich durch den Riss in der Abscesswand und das Einstrü-men der Luft in die Absoesshöhle bedingt wird) ganz ge­wöhnlich von Neuem eine entzündliche Aufregung in den Lungen entsteht: so wird hier oft ein angemessenes anti-phlogistisches Verfahren für einige Zeit wieder nothwen-dig werden. — llehrigens streiche man nicht zu früh die Segel: es können sich Abscesse verheilen, die ein oder mehre Quart Eiter entleeren, wie ich Dies durch einige Reispielc aus meiner Praxis belegen kann. Das Einathmcii-lasspn von Wasserdämpfen dien.t dazu, dein au der Schleim­haut anklebenden Eiter zu entfernen und ist daher beson­ders empfehlungswerth, wo der entleerte Eiter eine weni­ger milde ReschafTenheit zeigt.
sect;• 154. Rei vorhandener Complication mit Bräune ist die meiste Hilfe von äusserlichen Ablcitungsmitteln, von Ein­reibung mit Schar/salhen in die Kehlkopfsgeg'end (wobei man sich jedoch auf die Seilcntheilc beschränkt und nicht auch die untere Fläche initeinreibt, weil Dies bei kräftiger Wirkung der Salbe leicht jVachtheil bringt!). Die Einrei­bung von weniger scharfen Dingen, als des flüchtigen Li­niments etc. ist nicht räthlich: bei eben heftiger Entzün­dung ist ihre Wirkung viel zu gering, und in nur gelinden Fällen sind sie entbehrlich. Sie können aber selbst da­durch leicht schädlich werden, dass durch ihren Vorge­brauch , sobald man später doch noch zu kräftiger einwir­kenden Alitteln zu greifen sich genöihigt sieht, die Theilc nun für diese kräftigern Mittel weniger Empfindlichkeit zeigen. — In dringenden Fällen scarifizire man vor der Anwendung der Scharfsalbc zuvor die Haut. — Wo die Rräune unter der Herrschaft eines Faulfiebers zur Ausbil­dung gelangt, pflegt sie meistens von bedeutender Ge­schwulst der Aussentheile, mitunter des ganzen Kopfes, begleitet zu sein. In diesem Falle sind dann Dähungea und Umschläge von aromatischen Kräutcraufgüssen. mit
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Zusatz von Essig oder ftgt;vas Chlorkalk, in Amveiulung zu bringen. Bei drohender Erstickungsgefahr von dem Lufl-röhrenschnilt Gebrauch zu machen, muss ich aus Erfahrung widerrathen. In dem letztgenannten Falle wird er ohne Vortheil gemacht und in den übrigen ist er zu entbehren, wenn man nur darauf bedacht ist, die äusserlichen AbleU tungsmittcl schnell zur Wirksamkeit zu bringen. Daher ist es anrätlilich, in -sehr dringenden Fällen die oben ge­nannten Stellen mit dem Glüheisen oberflächlich zu brennen. Die innerliche Behandlung erleidet bei dieser Compli­cation keine wesentliche Veränderung von der früher an­gegebenen ; nur wird, bei Unvermögen zu schlucken von dem Eingeben von Arzencien abgestanden werden müssen. Wo Dies aber auch nicht der Fall ist, wird man doch, weil bei dein erschwerten Schlucken von den gereichten Arze-neien meistens in der Rachenhuhle mehr oder minder zu­rückbleibt, wohl thun, solche Arzencien von dem Gebrauch auszuschliesscn, welche örtlich die Schleimhaut zu sehr rei­zen und daher zur Stcigeruiig der Entzündung und Ver-schliinmcrung der Zufälle nur beitragen. Besonders gehört der Brechweinstein hierher, welcher unvorsichtig angewen­det, oft schon Schaden durch Erzeugung von Blasen und Cor-rosionen in den Maul- und Rachenhöhle gebracht hat. Wo mau ihn nicht entbehren zu können glaubt, ist es nicht zu un­terlassen, nach jedesmaligem Eingehen das Maul-mil schleim-halligen Wasser auszusprilsen! — Ein Eimer mit Kielwasser etc. muss den an Bräune leidenden Patienten stets, zum beliebigen Ausspülen des Maules, was sie meistens freiwil­lig gerne thun, vorgesetzt sein oder doch sehr häufig vor­gehalten werden. Man kann darin den Brechweinstein auf­lösen und auf diese Weise seine Beibringung (da die Kran­ken Flüssigkeiten noch am ehesten zu schlingen vermögen) versuchen. Eine Art und Weise, die überall, wo man dies Mittel (und andere auflösliche Substanzen) in Gebrauch zieht, nicht genug empfohlen werden kann, vorausgesetzt, dass die Thiere bei einigem Durste bleiben.
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sect;. 155.
Die Complicalion mil Leberenlxiindung bedingi vorzugs­weise wieder cine Riiclisichtsnnlinic in der Applicnfions-steilc der äusserlichen AbieilungsmiUcl. Es ist olinc Zeit­verlust eine scharfe Einreibung e(c. oder ein Hanrscil ia der Lebergegend zu appliciren, für deren sclincllc Wirk-samkeii man nach Möglirlikeit Sorge ziu tragen hat. Be­züglich der innerlichen Behandlung erfordert sie im Allge­meinen keine besondern Abweichungen von der im sect;. 146. angegebenen ; nur dass bei deutlich ausgesprochenem slheni-nischem Chavakler, ausscr einem Aderlass, die liier, aus Rücksicht auf das licberleidcn, empfohlenen anliphlogisliiichen Mittel in grössereu Dosen zu verabreichen sind. Es tritt gewöhnlich auch eine begründetere Anzeige für den Ge­brauch des Calomels ein. Rlan gicht es (unter Beachtung seiner eintretenden Wirkung, cf. sect;. 14ö.) zu s,j — %jj pr. Tag mit schleimigen Mitteln entweder für sich allein, oder verbindet es, bei vorhandener Hartleibigkeil, namentlich zu Anfange der Krankheit und bei slhenischem Charakter, mit Glauber-, Doppel- oder Bittersalz. Bei sehr raschem Ver­laufe und brandtlrohender Entzündung (was jedoch selten der Fall ist) hat man den Kampher beizugeben empfohlen, — Wo der Allgeineinzustand aslhenisch ist, das begleitende Fieber m o. w. entschieden den fauligen Charakter an sich trägt, da empfiehlt man, je nach dem Grade dieses Charak­ters, das Calomel mit schleimig-bittern, arornatisch und Jlüch-tig erregenden Mitteln zu geben.
Bei schon zlaquo; vermuthenden Uebcrgüngen der Leber­entzündung (die hier meistens in plastischen Ausschwitzuu-' geu in das Parencbym der Leber bestehen) und bereits ge­sunkenem Fieber hat man eine Verbindung des Calomels mit Terpenthinöl untl Digitalis gepriesen. Passend sind in die­sem Falle auch der Brechweinstein mit gelind bittern vViltehi, besonders frischen Pilanzensäften, so von Cichorien, Lö­wenzahn, Bitlerklee, insbesondere aber der frischen Ochsen-galle, so wie auch der Aloe in kleinen Dosen. — Bei mehr schleicheiulcm Verlaufe, forthcstehemlcr träger Mistuug
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und grosser EingcnomincnhcU des Kopfes Ist eine Purganlaquo; aus *tfloe mit Doppel- oder Glaubersah (z. B. Rcp.: Pulv. Aloes socotr. jrvj — 5j — Kali Snlphur. ?vj — vjjj) sehr zu empfehlen, und es sind selbst solche Piirganzcn, im fernem Laufe des Leidens und bei foHbesichender be­deutender Störung der Lcberfunktion, den übrigen in Ge­brauch gezogenen Mittel ab und zu zu interponiren. —
sect;. 156.
Gegen hinzutretende Darmentzündung ist durch Ader-lass, reizende Einreibungen an dem Hinterleib und innerlich reichlich schleimige ölige Eingüsse, denen den Umständen angemessen Salpeter oder Calomel in kleinen Dosen zuge­setzt werden können, zu verfahren und hiermit, sofern Verstopfung besteht, eröfTnende Klystire zu verbinden. Der Gebrauch abführender Mittel erfordert viel Vorsicht, da die bei der Jn/luenza auftretende Darmentzündung gern Durchfälle in ihrem Gefolge hat. Durch eine umsichtige Auskultation des Hinterleibes wird man sich indessen vor groben Missgriflen leicht sicher stellen. Wo ein häufiges Poltern in den Därmen bemerkt wird, hat man Durchfall, mindestens nicht Verstopfung zu befürchten. Die schlei­migen, öligen Mittel dienen indessen auch schon dazu, die Mistexcretiun zu befördern. Man beschränkt sich daher am sichersten auf diese, da durch sie die wichtigste An­zeige, Minderung der Darmreizung erfüllt wird. Sollte Durchfall eintreten, so ist nach Anleitung des sect;. 13S. zu verfahren.
Nicht jede vom Hinterleib ausgehende Schmerzänsse-rung deutet schon auf Darmentzündung, was bezüglich des in Gebrauch zu ziehenden Aderlasses alle Beachtung ver­dient! —
sect;. 157.
Sollte sich, den vorhandenen Zufallen nach, auf ein vorherrschendes Leiden des perilonäalen Ueberxugs der Därme schlicssen lassen (cf. sect;. 27.) so findet ausscr dem Calomel, insbesondere der Brecltweimtein Anwendung, wel­che dann den schleimigen Eingüssen in Dosen von 3^3j
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zugefugt werden. Wiinle auf ein vorherrschendes Leiden des die Bauchhöhle auskleidenden Thcils des Peritonaums geschlossen werden müssen (cf. 27.) also eine Bauchfell­entzündung in der Entwicklung hegriflen sein, so ist, bei einer gleichen innerlichen Rehandlung — wobei man dem Calomel vor dem Brcchweinstcin wohl den Vorzug gege­ben hat — statt der oben oinpfohliMipn reizenden Einrei­bungen in den Bauchwandangen, eine scharfe Einreibung zu beiden Seiten des Hinterleibes zu machen, und diese Ableitungsmiitel noch durch Legung eines Fontanclles unter den Bauch zu verstärken. Nur durch kräftige äus-sere Ableilungsmittel hauptsächlich mit, kann die grosse Neigung dieser Entzündung, bald Uebergängc zu machen beschwichtigt werden. Sollte es aber dessenungeachtet nicht gelingen, die letzten abzuwenden, so wird nach Art derselben die Behandlung ganz nach Analogie, wie es bei den Ucbcrgängen der Brustentzündung (cf. sect;. 151. sq.) angegeben, zu verfahren sein.
sect;. 158.
Zur Ausbildung gelangende Nierenentzündung erfordert insbesondere Vorsicht in dem Gebrauche von 91itteln, wel­che von reizender Wirkung auf die Nieren sind; daher die alkalmischen Salze (deren Ausscheidung durch die Nie­ren erfolgt) nur beschränkte, besser gar keine Anwendung finden. Statt ihrer passt mehr das Calomel. — Die Wahl der äusserlichen, in die Nierengegend zu applicirenden Ablcitungsmittel muss ebenfalls aus gleichen Rücksichten geleitet werden. So will man namentlich bei feinhäutigen Pferden von dem Gebrauche der Cantharidensalbe Nachtheil in Bezug auf die Nieren gesehen haben ; dasselbe gilt von Teipenthinöl. Daher wählt man, bei gleichzeitig vorhande­nem entzündlichen Nierenleiden diese Mittel nicht und be­dient sich statt deren anderer Ableitungsmittel.
sect;. 159.
Eine Verwechselung der Nierenentzündung mit Rük-kenmar/csentzündting wird — wenn auch beide die lähmnngs-artige Schwäche oder Lähmung des Hinterthcils jfemein
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haben, uichi Iciciil stattfinden, wenn man die sect;, 28. und 31. angeführten S.vmptomc — und den Verlauf der Krank-lieii — gehörig würdigt, doch würde solche nicht ohne allen Nachtheil hleihen, da die letztere, (neben Aderlass) den Gebrauch der antiphlogistischen Salze erfordert und jene Rücksichtsnalime in der Wahl der äusserlichen Ab-leilungsinittcl nicht erheischt. — Eine nachdrückliche scharfe Einreibung längs des Kückens oder seihst lirennen daselbst ist bei zu fürchtender Küclienmarksentziindung nicht zeitig genug in Anwendung zu bringen. — Das wohl ctnpfohlene Aufhängen der Patienten in Gurten bei schon erfolgter Lähmung des üintertheils ist nicht anrathig — man beschränke sich auf eine reichliche, weiche Streu und zeitweises Umlegen des Kranken. — Auf Allst und Ilarn-eiitlcerung ist ein besonderes Augenmerk zu richten; da beide im letztgenannten Falle verzögert, selbst aufgehoben sein können. Die Application von Klvstiren genügt hier selten allein, sondern es muss der Mastdarm ab und zu ausgeräumt werden, um den angesammelten IMist zu be­seitigen. Ebenso wird die Harnentleerung nöthigenfalls durch Kunslhiirc bezweckt werden müssen. Wenngleich unter solchen Umständen die Iloilnung auf Erhaltung der Thiere nicht gross sein kann, so schliesst doch die Ruk-kenmarksentzündung, hei einer sorgfältigen Behandlung, nicht jede Genesung aus.
sect;. 160. Etwa hinzutretende Hirnhauletilzündung macht im All­gemeinen ein sowohl iiusserlich als innerlich ableitendes Ver­fahren nolhwendig: Fonianell vor der Brust, oder scharfe Einreibung an den Seiten des untern Halstheilcs, der In­nern Fläche der llinlcrschenkel, innerlich Salze verbunden mit einem Aderlass, der bald grosser bald kleiner sein muss, jenachdem der allgemeine Zustand (Fiebercharakter) es erfordert. Nur selten wird solcher ganz wegfallen kon-ueii. Kalte Umschläge auf den Kopf, wie solche bei idio-pathischen ilirnentzündiingen passen , bewähren sielt weni-
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ger, doch ist ihr Gebrauch keineswegs für alle Fälle aus­geschlossen.
Da die bei der Influenza als Complication auftretende Hirn- wie Rückenmarhsentzündung sehr gern bald zu Exuda-tionen führen, so wird man häufig noch mit den Kniziin-dungsübergängen zu kämpfen haben. Aliltcl, welche den Resorpiionprozess erhöhen, und die längere Unicrhaltung von Fontanellen , Haarscilen werden hier Anwendung fin­den. Zu jenen gehören, je nachdem mehr wässrige oder plastische AusschwUzungcn zu verinuiheu stehen, die Di­gitalis mit Brechweinsiein, das Calomel mit TerpenthinSl, wel­ches letzte jedoch nur Anwendung findet, wenn das Fieber beschwichtigt ist. — lieber die Behandlung der gewöhn­lich nach nicht völlig zcrtheiltcr Hirn- und Rückenmarks­entzündung zurückbleibenden IVachkrankheiten vergl. sect;. 143. — Auf die mögliche Verwechslung mit jener das IVervcn-fieber begleitenden exaltirten oder deprimirten Ilirnthätigkeit mit Ilirncntziindung will ich hier noch besonders auf-uierksam gemacht haben, da aus einer solchen leicht IVachthcil erwachsen kann.
sect;. 161.
Die im Verlaufe der Inßuenzu aufirelendcn Augen-enlxündungen erfordern alle Beachtung, doch lässt sich ge­gen sie, während der Dauer der Cgt;rundkrankhcit nicht im­mer energisch genug verfahren. Ziehen eines Haarseils auf der Backe; Bedecken des Auges, um es gegen das Licht zu schützen, so wie fleissige Bähungen des Auges mit einer Abkochung schleimiger und narkotischer Mittel; Einreibungen der grauen Quecksilbersalbe in die Augengc-gend am Abend, sind indessen die Mittel, welche recht zeitig anzuwenden sind.
sect;. 162.
Eintretende Gelenkentzündungen werden mit umfangrei-chen scharfen Einreibungen, scharfem Pflaster oder Bren­nen am sichersten behandelt: sonst passen auch (in gelin­den Fällen) Bähungen und Umschläge eines Infuso-deco-c(s von aromatischen und narkotischen Kräutern, denen in
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Betracht der auffallenden Neigung, welche auch diese Ent-ziindiingen besKzon, bald zu Exudaüonen zu luliren, ein Zusalz von Pottasche ganz zweckmässig ist. Später passen dann Einreibungen mit grauer Quecksilbersalbe für sich allein oder durch einen Zusatz von Ka\i hydroiodicum ver­stärkt; ebenso auch das ßüchlige Liniment für sich oder zu gleichen Thcilen mit obengenannter Salbe. Gegen etwa vorkommende Fitssentzündung, ist nach vorheriger Ab­nahme der Eisen und Diinnschncidcn der Sohle durch kalte Umschläge um die Hufe, örtlichen Aderlass , Einrei­bung von reizenden Dingen in die leidenden Schenkel, schar­fen Einreibungen auf der Krone und dem Fessel, zu ver­fahren und für eine weiche und sehr reichliche Streu Sorge zu tragen.
sect;. 163.
Von nicht minder wichtigem Einfluss auf eine zweck-mässige Behandlung der In/luenza, wie die verschiedenen hinzutretenden Entzündungen es sind, ist endlich insbe­sondere auch noch die Hervorbildung eines Nerven- oder Faulßebers. — Der verschiedene Fiebcrcharakter, mit wel­chem die Influenza vorkommen kann, ist schon in dem früher Gesagten, in (herapeuüscher Hinsicht in gebührende Berücksichtigung gezogen worden. Deshalb werden wir, mit Hinweisung darauf und insbesondere auch auf Das, was oben (sect;. 132 —142) über die Behandlung einzelner Zufälle, wie sie in Begleitung des Nerven- und Faulliebers auftreten, gesagt worden ist — im Ganzen nur noch we­nig hinzuzufügen haben. Ueberdies kann eine speciellc Erörterung der Behandlung dieser Fieberarten liier nicht Aufgabe sein.
Bezüglich des Nervenßebers verdient bemerkt zu wer­den, dass bei diesem zunächst darauf Bücksicht' zu neh­men ist, ob dasselbe mehr in der Form des versaiilen oder stupiden Nervenflebers besteht. — Im ersten Falle (wo bei vorherrschenden Erethismus eine grosse Unrcgelmässigkeit und selbst Widerspruch in den Symptomen sich ausspricht) trilt die Anzeige zur Hcrabstiramung der krankhaft cr-
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holiicn Thätigkeit im A'orvonsysteui ein, und es bedarf hier, zur Erfüllung dieser Anzeige, des Gebrauchs der reizmin­dernden und abstumpfenden Mittel. Sofern nun vorhandene schmerzhafte Entzündungen die Ursache abgeben, ist das Verfahren auch besonders gegen diese zu richten. Es wird daher in Fällen, wo unter diesen Uinständcn der allgc-ineinc Krankheitscharaktcr noch einen entzündlichen An­strich besitzt (entzündliches Ncrvcnfiebcr) die Thierc gut genährt sind, selbst wohl noch vom Aderlass Gebrauch gemacht werden müssen. Besieht dagegen mit der erhöh-Icn Erregbarkeit zugleich Schwäche, was gewöhnlicher ist, so sind die obengenannten Dliltel, mit stärkenden — vorzugsweise aus der Klasse der reizenden — zu verbin­den. Erst beim stupiden Nervenfiebor iiiulon die (flüchtig) erregenden Mittel, wie Baldrian, Angelika, Kampher, Asafö-iida, JJirschhornöl, Terpenthinöl, Aether etc. eine allgemei­nere Anwendung; und es sind mit ihnen, zur Aufregung der Lebenskräfte auch äusserliche Reizet Senfteige, Einrei­bungen von flüchtigem Liniment zu verbinden.
sect;. 164.
Dies im Allgemeinen angegebene Heilverfahren wird nun der brsondern Zusammensetzung der Krankheit, ob nämlich rheumatische, caiarrhalische oder gastrische Beschwer­den hervorsiechen, spezieller angepassi und bald diesen bald jenen der genannien Dliitcl der Vorzug in der Anwendung gegeben werden müssen, selbst den Gebrauch noch anderer Alittel erheischen. So hat sich das Hirschhornsalz beim jVervcnfieber in den beiden erstgenannten Verbindungen sehr nützlich gezeigt; so wie bei gastrischen Beschwer­den, sofern sie auf einen Saburralzustand beruhen, eine kühne Anwendung von Abführmittel sich oft hilfreich zeigte, —
Es ist die Schwierigkeit nicht zu verkennen , jederzeit ein dem Nervenfieber mit seinen besondern Zufallen ent­sprechendes Heilverfahren einzuschlagen; da es sich nicht allein um die Behandlung des Nervcnfiebcrs an sich und in seinen beiden Hauptarteu handelt; sondern vielmehr
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hanfig genug die ürUichcn Afledionen und anderweiiigc vorkommende Zufälle die llauptberücksichtigung erfordern. Hierzu kommt noch das Veränderliche in seinem Verlaufe und das Täuschende in seinen Sympiomengrnppen, so dass es in nicht seKencn Fällen nur dem durch Erfahrung ge­schärften praktischen Blick gelingt, das ganze Bild der Krankheit zu durchschauen.
sect;. 165. Beim vorhandenen Faulßeber passt zwar im Allgemei­nen ein antiseplisches Verfahren — daher ausser dem Ge­brauch sowohl der permanent als flüchtig erregenden und zusammenziehenden Mitfei insbesondere auch die Mineral-siivren und versüsslen Säuren Anwendung finden. Doch ist nicht zu längnen, dass hiervon nach Umsfänden man­nigfach abgewichen werden muss. Namentlich verdient in dieser Beziehung hervorgehoben zu werden, dass man bei noch robusten Constitutioncn, die Jlüchlig erregenden Mitfei häufig sehr vorlhcilhaft mit anliphloghtischen wie Salpeter, Brechweinstein verbindet. Von diesen beiden Mitteln hat man jedoch dem lelzfen den Vorzug gegeben, und nament­lich auch dessen Verbindung mit .llmin gerühmt. Ganz besonders aber gilt dies Verfahren für die Fälle, wo der allgemeine Krankheitscharakter zum anlhraxarligen hin­neigt. — Hier haben wir besonders auf zwei Lcbensfactoren hinzuwirken, sowohl auf das Blut- als IVervenleben. Den Stockungen und der Entmischung des Blutes ist ebenso­wohl zu begegnen, als durch Erregung des Nervensystems, die unter seinem Einfluss stehende Bewegung anzuspornen ist. Hierauf scheint eben die heilsame iVirkung einer Vcrbin-ilung des Salpeters oder des Brechweinsteins mit Jliichtig erre­genden Mitteln, wie Kampher, Terpenlhinöl und, wo bedeu-trndc Ncrvenzufälle (lorpider Art) bereits eingefreten, des Hirschhomöls zu beruhen. Ja selbst ein Aderlass wird häu­fig genug noch aus gleichen Bücksichten Anwendung finden und sich hilfreich beweisen. Denn durch ihn wird unmittelbar ein Theil des lereiis entmischten, für eine freie Ciradalkm we-
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uiger geeigneten, die Nerven abnorm erregenden (deprimirend wirkenden) Blutes entzogen, die Circidation freier gemacht und den bhitbereilenden Organen (den LungenJ Erleichfemng und eine freiere Thütigkeit verschafft. — Die Einsicht des han­delnden Tliierarztes wird in dergleichen kritischen Fällen den Ausschlag für die Wahl des einzuschlagenden Heil­verfahrens gehen müssen. Er wird sich nicht durch den Namen „Faulfieberquot; blenden lassen und bedenken, dass der faulige Zustand — Neigung zur Entinischuug des Bluts — auf verschiedene Weise herbeigerührt werden kann, und hiernach sein Verfahren niodificiren.
sect;. 166. Aussei- den genannten Mitteln finden ihrer antisepti-schen Wirkung wegeil auch der Chlorkalk, der Eisenvitriol, so wie aus gleichen Rücksichten auch der Arsenik Anwen­dung. Letzlerer, in der neueren Zeit gegen den Milzbrand empfohlen, würde in Fällen, wo die Intluenza eine an-thraxartige Natur gewinnt, versucht zu werden verdienen. Für diese Fälle eignen sich aber auch insbesondere die \erschienenen Chlorverbindungen wovon man den Chlorkalk auch äusserlich, entweder in Auflösung für sich oder als Zusatz zu aromatischen Bähungen, gegen Karbunkeln an­wendet. Die BeschaiTenheit der Karbunkeln wird indessen für die Wahl der Mittel m. o. w. entscheiden müssen. Brandblasen neben der Zunge sind unverzüglich zu öflnen, wobei man auf schnelle Entfernung des Inhalts zn sehen hat. Daher ist es nothwendig, dass nach ihrer OcfTnung die Maulhöhlc mit einer schleimigen Flüssigkeit, der etwas Chlorkalk zugesetzt worden oder, bei mangelndem Chlor­kalk, Essig und Wasser reichlich ausgespritzt werde; ja es ist selbst anräihlicli, unmittelbar vor der EröiTuung Dies schon zu thun; später aber sind die Ausspritzungen des Maules von Zeit zu Zeit zu wiederholen oder ein in obi­gen Flüssigkeiten getränkter Schwamm etc. von Zeit zu Zeit in das Maul zu bringen und ausserdem den Grund der Blase mit einem Gemisch von Sauerhotiig und Kampher oder einem andern erregenden Mittel zu bestreichen.
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Auch in die au andern Siclieu des Körpers vorkom-mcndeii Karbunkeln, sofern ihre Lage es erlaubt und sie mehr von schwappender BcschalTenheit sind, ist es zweck-massig, Einschniüe zu machen und dann, nach vorherigem Bähen mit einem aromatischen InCusum mit Znsatz von Essig, Breiumschläge auf diosclbcn zu machen, nm Eiterung in der Tiefe (der Schnitte) zu erzeugen. — Wo Dies nicht angeht, haben sich auch scharfe Einreibungen, über den Umfang des Karbunkels hinaus angewendet, heilsam ge­zeigt, so wie auch bei vorherrschender Karhunkelbildung die raquo;ipplikation eines Ilaarseils, Fontanelle etc. angezeigt ist. Zur Erregung des Nervensystems hat man beim Milzbrand, auch ohne durch Karbunkeln dazu aufgefordert zu sein, das Brennen atifeiner heschrünkten Stelle, z. B. mit einem thalcrförmigen Eisen auf den Brusiwandungen, als sehr nützlich angepriesen.
Die nicht karbunkelartigen Anschwellungen, wie sie beim Faulfieber (cf. sect;. 35.) vorkommen, erfordern eine erregende, reizende Behandlung, so Bähungen mit einem aromatischen Infusum, Eichenrindeabkochung etc. — Waschungen mit erwärmten Essig und Brandwein, trockne Reibungen mit wollenen mit Kampherpulver bestreuten Lappen; Einrei­bungen mit Kampherspiritus, flüchtigem Lincment etc.
sect;. 167.
Wie beim Nervenfieber, so werden auch beim Faul­fieber häufig genug einzelne Zufälle eine vorzugsweise Be­rücksichtigung erfordern und somit eine symptomatische Kur den wichtigsten Theil in der Behandlung ausmachen. Dem­zufolge wird bald diesem bald jenem der empfohlenen Mit­tel der Vorzug eingeräumt werden müssen, wobei jedoch das YerhaUcn des Danntractus für gewöhnlich am meisten in Betracht kommen wird, so namentlich ob Durchfall be­steht oder nicht. —
sect;. 168.
Was nun endlich die Erfüllung der 3ten in sect;. 127. auf­gestellten Indication, die vernünftige Leitung der Reconva-
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lescenz anbeirifl't, so wird es bei dieser sich besonders da­rum handeln: die dynamischen und materiellen Wirkungen und Folgen der Krankheit, als Alatiigkcit und Schwäche, Magerkeit, erhöhic Reizbarkeit und Einpfindlichkeit zu heben und hiermit zugleich auch die Neigung zu Kiick(ullen
und andern Krankheiten zu beseitigen.
Im Allgemeinen
wird nun diese Indication ihre Erfüllung in einem zweck-mässigen diätetischen Verhalfen iinden müssen, wohin insbe­sondere eine angemessene Fütterung und Bewahrung vor solchen Aussen-Einflüsscn (Erkältungen) gelioren, die über­haupt als nachtlicilig zu betrachten sind, vornehmlich aber geeignet sein könnten, Uecidivc zu veranlassen. Demzu­folge passen leicht verdauliches Futter, wohin in Fällen, wo die Thiere sehr herunter gekommen sind, besonders die Fütterung von Malxschrot gehör!. Bei etwa vorhandener llartleibigkeit ist die Fütterung von Mohrrüben und etwas rohen Kartoffeln sehr zu empfehlen, die jedoch wieder bei dünner Mistung zu vermeiden sind, da hier mehr trockenes Futter \tasst. Massige Bewegung in freier Luft befördert durch ihre w-ohlthätige und belebende Einwirkung auf die Verdauungs- und IlanUhätigkcit gar sehr die völlige Wie-derbcrstellungj auch trägt solche sehr dazu bei, etwa vor­handene Anschwellungen der Schenkel etc. zu beseitigen. Als Regel muss gelten, die Folgen der Krankheit, insofern sie sich auf die Kräfte beziehen, und diese zu heben sind. Dies weniger durch Arzneimiltel, als vielmehr durch näh­rende Mittel zu erreichen. Nur in jenen Fällen, wo eine geschwächte Verdauung der normalen Aneignung der Nahrungsmittel henunend in den Weg tritt, wird erst zur Belebung der Verdauung der Gebrauch verdauungsstärkeu-der Mittel nothwendig werden. Im Allgemeinen kann an-genoinincn werden, dass eine wirkliche Nachkur nur da nothwendig wird, wo neben den gewöhnlichen, oben ge­nannten Folgen der Krankheit, noch besondere Leiden als Nachkrankheiten zurückblieben, was, wie wir in dem sect;. 65. gehört Laben, bei der Inßuenxa so häufig der Fall ist, — Diese sind es nun auch ganz besonders, welche schon in
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der Reconvalosccnzpcriotle bcriicksicliUgi sein wollen, da­mit durch sic cine möglichst vollkommene Genesung nicht vereitelt werde. Eine ganz besondere Berücksichtigung verdienen in der Rcconvalescenzperiode zwei Erscheinun­gen , nämlich Hartleiligkeit und Durchfall. Beide Zufalle dürfen nicht geduldet werden, da durch ihr Fortbestehen leicht erst der Grund zu nachfolgenden chronischen Leiden
gelegt wird.
Sofern ihre Beseitigung nicht durch eine
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zweckmässige Auswahl des Futters und Getränkes erreicht wird, müssen sie, nach Anleitung der sect;sect;. 137 und 138 ge­gebenen Begeln, zu heben gesucht werden.
sect;. 16!).
Es würde zu weit führen, sollte hier neben der Be­handlung der Influenza selbst-, auch noch im Detail die Therapie ihrer Nachkrankheiten angegeben werden, daher wir nns auf einige allgeincine Bemerkungen beschränken werden.
Gegen die in sect;. 66. beregte Verdauungsschtväche und Unordnungen in der Veidamnigsthätigkeit überhaupt, und daher rührende mangelhafte Ernährung, wird, den daselbst beschriebenen verschiedenen Ursachen entsprechend, auch das therapeuiische Verfahren ehizuleiicn sein. Wo sich das Leiden inehr als eine Jrerschleiinung (Slalus gaslricus jnluilosns) darstellt, ist es Aufgabe, den angesanimeKcn Schleim zu entleeren und dessen Wiedererzeugung, durch Belebung der Vofdaunng und Hebung der Kräfte, zu be­gegnen. Abfübrmiücl mit biUercn Mitteln in Verbindung (Glauber- Doppel- oder Bittersalz mit Entian) finden da­her hier die gewöhnlichste Anwendung. Unter ITmsländen verdient (beim sog. Saburalzustand, bei noch kräftigen Constitutionen und mehr trockner Mistung) jedoch oft eine drastische Furganz den Vorzug und führt schneller zum Ziele. — Vor dem Gebrauch erhilzcndcr Arzneien hat mau sich bei diesem Zustande im Allgemeinen in Acht zu nehnicn, daher die rein bittern 3Iittcl (Enüan, liitlerklee) auch besser zu bekommen pflegen, als die ätherischölig-bittern Mittel (wie IVermuih, Kalmus elc.)
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Wo dagegen mehr ein galligter Zustand (Slal. gast, biliosusj zum Grunde liegt, hat man zunächst zu erforschen, ob derselbe davon abhängig sei, dass sich in den ersten Wegen Galle angesammelt habe, oder ob vielmehr die Galle nicht auf den natürlichen Wegen ausgeschieden werde. Im ersten Falle würde man die angesammelte Galle zunächst durch milde Abführmittel zu entfernen haben, und diesen dann bittere Mittel folgen lassen. Die häufig bei diesem Zustande vorkommenden (periodischen galligen) Durchfälle geben für gewöhnlich keine Contra­indication für den Gebrauch milder Abrührmittel ab. — Im zweiten Falle wird ein Verfahren einzuleiten sein, wo­durch die natnrgemässe Absonderung der Galle wieder hergestellt und nach dem Darmkanal geleitet wird. Mit Rücksicht auf den Grad der Erregbarkeit und Empfind­lichkeit des Darmkanals passen in solchem Falle der BrecJi-weinstein, der fVeinslein, der Salmiak, das Calomel mit schleimig bittern Mitteln; als Hausmittel sind zu empfeh­len: Cichorien, Hopfen, Meerrellig, als Futter: Disteln tmd IVurzelwerk.
Wo mehr in den Assimilationswegeii (den Gekröss-driisen) der Grund der mangelliafteii Ernährung zu suchen sein sollte, da wird meistens schon eine nachhaltige Be­handlung erfordert. Mittel, denen man eine spezifische Wirkung auf das Lymphgefässsystcm zuschreibt, welche die Stockungen in demselben zu heben vermögen, finden hier Anwendung. Daher sind slntimonialia und Mercurialia mit bittern Mitteln in Verbindung: schleim- und zucker­haltige Stofl'c — als Nahrung bei solchen Zuständen ganz be­sonders zu empfehlen. So die Fütterung von Mohrrüben und Malz.
sect;. 170.
Gegen den wohl zurückbleibeiuien Iluslen lässt sich wenig durch eine medizinische Behandlung ausrichten; sie würde überdies zu kostspielig sein. Unter Beachtung eines zweckmässigen Verhaltens der Thiere, unterstützen schleimige Getränke das Verschwinden desselben. Sonst
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wird meistens der Salmiak gegen ihn passen, und solcher am einfachsten mit Theer und Fenchel in Verbindung ge­geben werden. Eine Composition, die für die Mehrzahl der Fälle angezeigt sein wird. —
Ebenso lässt sich auch gegen die zurückbleibenden Alhmungsheschwerden wenig unlernehnien : Ruhe, leicht ver­dauliches Futter, nur wenig Rauchfutter; wenn es die Jahreszeit gestaltet Grünfuttcr, besonders aber Weidogang, tragen zur schnellern Rcseiligung bei. — Wo sie noch mit Aufregung im Gcfässsystem bestehen, ist die längere Unterhaltung einer Fontanelle anräthiieh. Ueberall, wo man sich indessen mit dem angegebenen Verfahren nicht begnügen zu dürfen glaubt, oder Seitens der Resitzer die Anwendung von Arzeneimittcl gewünscht wird, muss die Auswahl der Mittel nach dem nach Möglichkeit zu ermit­telnden Ursachen erfolgen. Welche Ursachen zum Grunde liegen, hierüber wird eine genaue Reaufsichtigung des Krankheitsvcrlaufs und insbesondere auch die Reschaflcn-lieit des Hustens Aufschlnss geben. In der grössten Mehrzahl der Fälle werden solche in Ucberbleibseln der Entzündungsproducte bestehen und daher Mittel anzuwen­den sein, welche den Rcsorptionsprozcss anspornen. — Sollte bloss eine zu sehr gesteigerle Reizbarkeit der Re-spiratiousorgane zum Grunde liegen, so sind narkotische Mittel, insbesondere die Blausäuren zu versuchen.
sect;• Hl.
Gegen Lungenschwindsucht lässt sich nur.
wenn sie
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noch in der Ausbildung begriffen, etwas ausrichten. IVeben angemessenem diätetischen Verhalfen bewährte sich mir Bilsenkraut oder Opium (Abkochungen frischer Mohnköpfe) mit Bleizucker noch am besten.
Von den übrigen sect;. 70. und 71. gehannten und inner­liche Leiden darstellenden Nachkrankheiten, als verdächlige Druse, Wurm und Hots, würde fast ausschliesslich nur die erstere noch zu Heilversuchen die Veranlassung geben können, die beiden letzten dagegen wohl lediglich mir
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noch ans präscriaiivcn RiicksiclWcn tlic TliätigKoit des Thicrarztes in Anspruch nehmen.
sect;. 172. Die nachfolgenden Augcncnlzündungen errordern eine der periodischen Augenenizündung analoge Behandlung, Mit Blutcidzichungen sei man nicht -zu kärglich und un­terlasse nicht, neben den örtlichen illiltcln, drastische Pur-girmillel in Gebrauch zu zieheii. Uvherhaupt muss es als Regel gelten, sich nie auf eine blos örtliche Behand­lung des Auges zu beschränken, wenn man mit Erfolg der­artige Augenentzündungen behandeln will.
sect;• 1'3.
Gegen zuriiclibleibende lähmungsartige Schwäche im Kreuze etc. sind scharfe Einreihungen, Haarseile, Brennen, Moxa, Awpnnklur zu versuchen. Mehr als diese Mittel leisteten mir in einigen Fällen kalte Touchbäder, oder tägliches Schwemmen in Flüssen. Durch innerliche Mittel richtet man im Allgemeinen sehr wenig aus, doch würde die mix vomica zu versuchen sein.
Auf gleiche Weise sind etwa zurückbleibende Störun­gen in der Hirnthätigkeit (Stumpfsinn) zu behandeln: leicht verdauliches, einen trockenen Mist unterhaltendes Futter (Grünfutter, rohe KartoiTeln etc.) kühler Aufent­haltsort und Ruhe sind nolhwendige Requisite, wenn noch eine Heilung des Üebels, die jedoch nur langsam eintritt, erfolgen soll. Ab und zu solchen Patienten eine Purganz gegeben, hat sich nützlich gezeigt.
sect;• raquo;74.
Uebcl in der Behandlung sind die Cotüraduren der Betigesehnen, besonders wenn solche alle vier Schenkel ergriffen haben. Es werden hiergegen nicht selten noch innerliche, die Hautausdünstnng befördernde Mittel mit in Gebrauch zu ziehen sein, namentlich verabsäume man sie nicht, wenn die Haut fest anliegt, trocken und staubig er­scheint. Die mehrseitig wohl cmpfohlnen reizenden und selbst scharfen Einreibungen längs der leidenden Sehnen, leisten im Allgemeinen Das nicht, was man von ihnen erraquo;
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wartet; mehr haben sich mir bewährt warme schleimige Bäder und Bähungen, so aus Schlempe, aurgekochter Kleie, mit warmen Wasser angerührtes LcinK-ucheiimehl etc. und ausserdem (in den Zwischenzeiten, namentlich für die ÜVacht) Einreibungen von erwärmtem Ocl, Fischthran etc. Für weiche jMistung ist, durch passende Auswahl des Futters, zu sorgen ; ehenso darf es dcrgleicheu Patienten an einem weichen Lager nicht fehlen; ein warmer Auf­enthaltsort sagt denselben ebenfalls sehr zu. Wo solcher nicht zu heschaflen, ist für warme Bedeckung Sorge zu tragen. Im Sommer ist Weidegang sehr zu empfehlen.
sect;• lquot;raquo;-Die sogenannten Sehnenanschwellungen weichen, nach vorherigem Abschceren der Haare, am sichersten nachdrüclc-lichen Einreibungen von Scharfsalben, der Application von scharfem PJlasltr und tlom Brennen. Die wohl empfohlenen Einrcibuiigon von grauer Quecksilbersalbe, oder Jlüchligem Liniment oder beide in Verbindung, so wie dor Jodsalhe (die jedoch schon sichrer wirkt) etc. werden mit viel weniger sicherem Erfolge und bei eben bedeutender Schnenan-schwellung, meistens ohne den Zweck zu erreichen, ange­wendet ; so dass man später doch noch gezwungen wird, zu erstcren Mitteln seine Zutlucht zu nehmen. — In Rück­sicht der entzündlichen Beschaffenheit, welche die An­schwellungen hei ihrem Eintritt zeigen, hat man auch wohl fcalle Umschläge gegen dieselben in Anwendung gebracht und mitunter auch wohl mit Erfolg. Es ist diese Methode, in Bezug der Natur dieser Anscliwellnngen, aber nichts weniger als zu empfehlen , da sie in anderweitiger Bezie­hung neben Dem, dass sie unsicher ist, selbst leicht Nach­theil bringt. Dagegen werden zweckmässig Seifenbäder (3 — 4 mal täglich 5 Stunde lang) als Hilfsmittel zur schnellem Zertheilung, nach vorherigen scharfen Einrei­hungen, in Gebrauch gezogen; doch hat man dafür zu sorgen, dass die Füsse nach dem Bade jedesmal gut ab­getrocknet werden. Bewährt hat es sich auch, unmittelbar nach dem Bade eine Flanellbindc über die Geschwulst
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anzulegen. Bei der häufigen Wiederholung dieser Art Anschwellungen (cf. sect;. 75) zieht man mit Vorthcil auch: Fontanelle, drastische Purgir- und harntreibende Mittel in Gebrauch! Die begleitenden Zutiille werden für die ange­messene Benutzung dieser, so wie vielleicht noch andrer Mittel entscheiden.
Sollte nach einmaliger Einreibung der Canthariden-Salbc die Anschwellung nicht völlig beseitigt werden, so ist solche zu wiederholen. Ein durch Erfahrung gereifter Blick wird auch bald und frühzeitig genug die JVothwen-digkeit der Wiederholung entdecken, was indessen auch nothwendig ist, um nicht die passende Zeit zu verlieren. Wer sich noch nicht sicher genug glaubt, Ihut daher wohl, nachdem die Salbe etwa 3 — 4 Tage gesessen, dieselbe sammt den sich gebildeten Schorfen mit lauem Seifen-wasscr ahwaschen zu lassen und dann, nachdem der Theil trocken geworden, sofort die Einreibung zu wiederholen. Von der richtigen Application der Salbe hängt der Erfolg ganz besonders ab; gut applizirt leistet eine Einreibung mehr, als drei mit IVachlassigkcit (und ohne vorherige Ab-scheening der Haare) angebrachte. Wer die Salbe in die Haare schmiert und ohne wiederholtes IVachrciben auszu­kommen glaubt, wird wenig mit ihr ausrichten. — Soll sie von zuverlässlicher Wirksamkeit sein, so ist es nöthig, die Haare von der Applicationsstellc (die über den Umfang der Geschwulst hinaus sich erstrecken muss) dicht auf der Haut abzuschecren, und nachdem die Parthic unter der Geschwulst (Köthe) zuvor mit einem Mehl- oder.Lehmbrei dick überstrichen nnüf derselbe trocken geworden ist, wird die Salbe aufgetragen und nachdrücklich eingeriehen und dann im Laufe des Tages (anfangs alle Stunde) mehr­mals nachgerieben. Auf diese Weise die Salbe applizirt, kann man sich von ihrer Wirksamkeit überzeugt halten; und ein Zusatz von Aetzmittcl zur Cantharidensalbe, um ihre Wirksamkeit zu erhöhen, wird i. d. 11. zu entbehren sein.
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8 176 Die Gelenkamchwellungen sind auf gleiche Weise zu behandeln. Ziiriickbleibendc Gallen können, sofern ihre Beseitigung Aufgabe wird, am sichersten mir durch Eröff­nung und Entleerung ihres Inhalts beseitigt werden. — Es ist diese Oiieration zwar noch immer eine gefiirchtetc und wird daher im Allgemeinen widerrathen; allein mit Geschick und Umsicht ausgeführt, ist die Gefahr nicht so gross, als man wohl wähnt. Werden doch auch zufällig entstandene Sehnenscheiden und Gelenkwundcn, die oft erst verspätet zur Behandlung kommen, geheilt: um wie viel leichter niiisscn nicht absichtlich und ohne weitere Nebenverlctziingcn erzeugte und augenblicklich in Behand­lung kommende sein? Ich habe Fessel-, Vorderknie- und Sprunggelenkgallen schon viele geöffnet und hin mit deren Heilung immer glücklich gewesen. Mein Verfahren ist folgendes: Mittels eines schmalen Messers, Scapels, Teno-ioms oder des von Hausmann empfohlenen Gallen-Troikars, laquo;ITne ich (nach vorherigem Abschneiden der Haare) die Galle und drücke die Flüssigkeit aus, sodann brenne ich die gemachte Ocfl'ming mit einem Punktireiscn etwas tief, um so ihre augenblickliche Verklehung herbeizuführen und das Eindringen der Luft zu verhindern, den Umfang der Galle aber nur oberflächlich, um die Haut zusammen-schrum|ifen zu machen und dadurch die Gallcnhöhle au­genblicklich zu verkleinern. Sodann trage ich über Koh-lenfcuer geschmolzenes scharfes Pflaster bis über die Grenze der Galle hinaus auf und suche durch Gegenbalten eines weissglühenden Eisens das Pflaster in flüssigem Zu­stande zu erhalten, um zunächst dessen innigste Berührung mit der Haut zu erzvvecken. In das so flüssige Pflaster drücke ich (mit der Hand) Sandstanb , damit dieser sich mit dem Pflaster zu einer festen (gleichsam ceinentar(igen) Masse verbinde, wodurch eine rindenartige Kruste über der entleerten Galle gebildet und deren Wicderanfüllung, gewissermassen auf mechanische Weise schon, verhindert werde; während durch die nachfolgende Entzündung die
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Absonderung der Synovia zugleich beschränki wird. Bis zur Abgtossung des Pflasiers, muss das Pferd ruhig im Stalle stehen und jede überflüssige Bewegung des beiref­fenden Schenkels zu vermeiden gesucht werden (was am einfachsten erreicht wird, wenn man respect, in die Sprung­gelenks- oder Kniebeuge etwas scharfe Salbe reibt. —) Dabei ist das Pferd auf schmale Diät zu setzen, und wenn es vollsaftig ist, lässt man dasselbe überdies noch mehrere Tage hintereinander gclind abführen, wozu ich mich des Glaubersalzes in Kleienirank bediene.
sect;• 1^7.
Die andern Orts wohl vorkommenden Anschwellungen und Verhärtungen erfordern 'ineistcns gleichfalls eine rei­zende Behandlung, so Einreibungen von Schar/salben etc. Die sect;. 78. erwähnten, schmerzhaften Anschwellungen auf den Rippen, von der Beinhaut ausgehend, werden mitunter noch eine Operation nothwendig machen, besonders wenn sie abscessdiren, Knochenstückc abgestossen werden und Fisteln sich bilden. — Gegen die sect;. 79. bemerkten Ge­schwüre in der Köthe dienen Sublimatauflösungen, Streu­pulver von rothem Präzipitat mit Kohlcnpulver, so wie auch eine Verbindung von Myrrhen, Entianwurzel- und Eichenrindepulver ää: Bäder von Eichenrindedecoci mit Zu­satz von Chlorkalk etc.
Die sect;. 80. genannten harten Knoten in der Haut pflegen gewöhnlich einer Einreibung von Terpenthinöl und Spiritus zu g. Th. oder des erstem mit schwarzer Seife zu weichen.
Bei dem Verlust der Haare, hat man ein besonders Augenmerk auf die Haut zu verwenden; da solche dann in einem Schwächezusiand und höherer Reizbarkeit sich befindet, ihres natürlichen Schutzes beraubt, sehr empfind­lich gegen Ausseneiniliisse, namentlich Kälte ist, und da­her leicht Störungen in ihrer Funktion erleidet. Bestrei­chen der von Haaren entblössten Stellen mit Oel, Fett, schützt ebensowohl gegen Erkältungen, als diese Mittel zu­gleich als den Haarwuchs befördernde zu betrachten sind;
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doch liai man bei Ilircm Gebrauch darauf zu halten, ab und zu durch Abwaschung mit lauem Wasser ihre, durch Ranzigwerden reizende Wirkung auf die Haut zu beseiti­gen. Im Somnu-r hat man solche Tliierc auch noch gegen die Fliegen zu schützen. —
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8 178
Behandlung der Influenza nach homöopathischen und hy d r opa thisch en Grundsätzen.
Wie die HomöopalMe und //yJropa/Äie in der Menschon-hcilkundc ihren Anbeter gefunden, so hat sich auch der lelztern Schwester, die Thierhcilk'unde, nicht ganz vor ihren Vcrl'ührungcn zu sichern vermocht. Auch sie hat in, o. w. den Ileilprincipien jener willig ihr Ohr gelivheu, und man hat diesen selbst, wenigstens in Bezug der Homöopathie, eine festere Basis zu geben gesucht; wofür die verschiede­nen homöopathischen Schriften, zoopathologischen, zoophar-macodynamischen etc. Inhalts sprechen. Es hat somit nicht fehlen können, dass auch die Influenza der Pferde nach die­ser neurn Ilcillchrc behandelt wurde. Wir glauben es nun zwar der Vollständigkeit schuldig zn sein, das uns hierüber bekannt Gewordene hier in der Kürze mitzuthei-len, sei es auch nur, um dem Vorwurf der Anhänger der genannten Hcillchre zu entgehen. Auf eine nähere Erör­terung über die Brauchbarkeit derselben in der Thierheil-kunde überhaupt und in specie bei der Injluenza kann sich jedoch nicht eingelassen werden; es dürfte auch genügen, die Behandlung der fvßuenza in dieser Hinsicht kurz an­zuführen. —
sect;. 179.
Von den verschiedenen homöopathischen Arzneien wer­den gegen die Infltienxa vorzugsweise dasvfcomV, die Bryo-nia und Ar-ienicum album Anwendung finden. Das erste
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MUtel, wo die Krankheit mit ilem sihenisrhen Charakter und örtlichen Entzündungen auftritt; das zweite, wo sie mit den asthenischen Charakter vorkommt, oder die örtli­chen Entzündiingen hereits Ucbcrgänge (durch Ausschwit-zung) gemacht haben; das dritte, wo dieselbe mehr den typhösen (und anthraxarligcn) Charakter entfahet. Genske *) cmpficlilt aussei- den erst genannten beiden Mitteln bei der In/luenza auch JRhus und ganz besonders Phosphor und rühmt namentlich den Gebrauch der Tmcl. Phosph. welche nach seiner Anweisung unverdünnt in einer fiabc von 6 — 8 Tropfen (auf eine Oblate geträufelt, da die Vermischung mit Wasser sehr leicht eine Decomposition bewirkt) gege­ben werden soll.
sect;• IWi
Man will nun im Allgemeinen gefunden haben, dass bei den grösscru Haustliicren, und somit auch beim Pferde, die ersten Verdünnnngcn, etwa bis zur sechsten (also 1. 2. I. 4. 5. II.) die anwendbarsten sind und nur in höchst acu-ten Fällen höhere Pofcnzen (IV —• V'III) Anwendung tin-den; die höchsten (als IX. 28. 29. X.) aber ausfallen kön­nen *'). Ebenso sollen im Allgemeinen kleine Gaben von respect. 3 — 6 Tropfen oder Granen, je nachdem das Mit­tel in Form der Tincluren oder Pulver bereitet wird, den Vorzug verdienen, dafür aber öfter gegeben werden.
Ziwsi Vehikel der homöopathischen Arzneien bedient man sich bekanntlich der (ungefärbten!) Oblaten, worauf die Flüssigkeit (Essenz) getröpfelt und dann dem Pferde auf die Zunge gelegt wird; oder ein Weniges Weizenmehl, womit die Arzcnei in einem Mörser (der aber nach jedes­maligem Gcbraucbc sehr sorgfällig mit heissem und kaltem Wasser gereinigi werden muss) zusammengerieben und dann ebenfalls den Pferden auf die Zunge gebracht wird. Doch ist es auch statthaß sich des Wassers zu bedienen.
*) Allg. BomOopathisclie Zeitung, Jahrg. 1844. No. 19. jag. 298. **) Fried. Aug. Günther: der homüopalliisclie Thierarzt etc. 3. Th. j.ag. 82. Sondershausen 1840,
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Man will sogar selbst in der neuesten Zeit, nach vielfälti­gen Erfahrungen als die zweckmässigste Anwendungsweise der homöopathischen. Mittel diejenige bewährt gefunden haben, nach welcher die vorsebrifismassige Gabe der Arz­nei unter eine kleine Quantität Wasser (doch wohl dcstil-lirtcs?) gemischt wird, und vermittels eines Eingebegläs­chens, welches nacli jedesmaligem Gebrauche ebenfalls sorg­fältig ausgespült werden muss, dem kranken Thicrc in das Maul giosst *). Wo, wegen krankhafter Vcrschliessung des Maules, wie z, B. beim Kinnbackeiikrampfe, ein unmit­telbares Eingeben der Arzneien nicht möglich ist, soll man entweder einen Zahn ausbrechen (I!—) oder dieselbe dem kranken Thiere in die Nase gicssen, oder mit Wasser vermischt, als Klysüor anwenden **).
sect;. 181.
Die Gabe des Mittels wird alle ^ — 4 — 6 Stunden, je nachdem die Dringlichkeit des Zustandes es erfordert, gereicht, doch dürfte es öfterer Wiederholungen kaum bedürfen, da man nach Giin/Äerlaquo; ***) Behauptung bei Brustentzündungen z. B. nicht ängstlich zu sein braucht: laquo;die Homöopathie hilft hier sicher und schnell und hat schon oß Pferde, welche der allöopathische Thierarzl für verloren erklärte, nach 5 — 2 Stunden vollkommen hergestelltlaquo; !!! —
Bei dem Gebrauche der homöopaüschen Mittel, hat man sich aber aller äusserlichcn Mittel, als Einreibungen etc. zu enthalten, weil dadurch sonst die Wirkung der in­nerlichen Mittel gestört wird. Ueberhaupt die homöopa­thisch-diätetischen Vorschriften genau zu befolgen. Selbst in der Nähe derjenigen Patienten, welche nach homöopa-tischen Grundsätzen behandelt werden, dürfen keine mit
*) In der jüngsten Zeit hat man sogar beliauptel, dass esliinrei-clieml sei, wenn die Patienten an der liomöoiialhisclien Arznei Lloss rieclien.
raquo;#9830;) Günther 1. c. jiag. 84.
*) 1. c. 1 TU. vag. 148,
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allöopailiisclicn Arzneidosen bchandellc stehen, wenn die Kur nicht vereitelt werden soll.
sect;. 182.
Ausscr den genannten Mitteln finden unter Umständen, je nach der besondern Verbindung und Complication der Influenza auch noch andre Mittel Anwcndiing, wie Nilrutn, Opium, mix vomica, Mercuritis vivus etc. Nähere Belehrung iiieriibcr wird man sich in Genske's homöopathischer Jlrzenei-millellehre für Thieriirzfe etc. Leipzig 1837, verschaflen können. Wir heschrünken uns auf das Gesagte, jedoch noch bemerkend, ilass nach den Grundsätzen dpr Isopaihie, (der allerhöchsten Potenz .—) bei der Ansteckungsfähig­keit der In/litenza in dem Ansteckungsstotre selbst noch ein homöopathisches Heilmittel aufzurindcn sein wird.
sect;. 183.
Was nun die Behandlung der Influenza nach hydropa-thischen Grundsülzen la Pricssnitz) anbetrifft, so ist der Hauptzweck dabei, eine recht starke Hautausdiinstung zu bewirken, welche durch anhaltendes Reiben des Körpers mit harten Strohwischen, durch kräftige Üebcrgicssungen desselben mit kaltem Wasser, so wie durch häuiiges Ein­geben von kaltem Wasser zu erzwocken gesucht wird.
Das Verfahren hierbei ist Folgendes : Der Patient wird in einen massig warmen, temperirten, zugfreien Stall gebracht, mit 2 — 3 wollenen Decken belegt, wobei nicht allein der Rumpf, sondern auch die Extremitäten möglichst einzuhüllen gesucht werden müssen. Nach diesen Vorbe­reitungen beginnt die iiusserllche Kur damit, dass das Pferd mit fest zusammengedrehten Strohwischen, die öfter in kaltes Wasser getaucht werden, während vier Minuten gerieben wird. Bei diesen Froftirungen kommt es weniger auf die Kraft, als vielmehr auf die Schnelligkeit an, wo­mit sie ausgeführt wird. Nächstdcin wird der Patient, an­fänglich 6, im fernem Verlaufe der Kur aber S Minuten hindurch mit kaltem Wasser aufs kräftigste übergössen, wozu mau am Einfachsten der Stallcimcr sich bedient. Je stärker und in je grösscrer Masse das Wasser gegen den
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Körper geschlendert wird, desto Isräftigerc Rcaclioncn stehen zu erwarten. Unmittelbar nach der ücbergiessung ist der Körper mit trockenen, fest gewickeHen Strohwi­schen, während einer gleichen Zeit, wie das erste Mal, ab­zureiben, worauf dann das Pferd schnell wieder in wollene Decken (unter welche man aber jetzt noch eine nasse lei­nene, der Grosse des Körpers entsprechende, legt) anf das sorgfältigste eingehüllt und in seinen Stall zurückge­führt wird. Behufs Ausführung der genannten Manipulationen sind 5 — 6 Menschen erforderlich und es ist dazu ein Platz zu wählen, der gegen Zugluft geschützt und möglichst in der Nähe des Stalles, wo der Patient aufgestellt, gelegen ist, um zu verhüten, dass das Thier mit durchnässtcu Körper lange der Luft ausgesetzt bleibe. Nach Ver­lauf von etwa | Stunden pflegt das Thier in Schwciss zu gerath^n, welcher oft bis 6 Stunden anhält und von ziemlicher Heftigkeit ist. Nach dem Vorüberscin des Schwitzcns, wird zuerst die leinene Decke, dann in Zwi­schenzeiten von mehreren Stunden die wollenen bis auf eine von ihnen, die bis zur nächsten Uebergicssung liegen bleibt, entfernt. Die genannte Prozedur ist täglich und zwar so lange zu wiederholen bis ein allgemein über den Körper verbreiteter (kritischer) Ausschlag auf der Haut, in Form von Knötchen, eingetreten ist. Mit dem Hervortreten des Ausschlages werden die Reibungen eingestellt, um seinen vollständigen Ausbruch nicht zu stören; mit den Uebergiessungen wird jedoch noch einige Tage fortgefah­ren, dann aber auch mit diesen successive aufgehört, indem man sie anfänglich einen Tag, später aber mehre Tage aussetzt und sie zuletzt ganz einstellt. Eine gleiche Vor­sicht ist auch bezüglich der gänzlichen Entfernung der Decken zu beobachten. — So weit die äusserliche Kur. Die inneriiehe ist höchst einfach und besteht in der häufigen Verabreichung von kaltem Wasser, welches dem Patienten thcils durch Eingüsse in das Maul, theils in Klystieren beigebracht wird. Man giebt dem Thicre alle i Stunde i Quart Wasser ein und applizirt ihm zu gleicher Zeit
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davon ein KlysUcr. Es werden die Eingüsse und Kljslierc so lange fortgesetzt, wie die Uebcrgiessnngen dauern und dürfen nicht vernachlässigt werden, indem durch sie einer­seits wesenllich zur Beförderung des Schweisses beigetra­gen, andererseits eine grössere Freiheit in den ersten Wegen bedingt wird. — Bei vorhandener bedeutender Brustafrcction ist mit dem Eingiessen viel Vorsicht zu verbinden, und daher erst zu versuchen, ob das Thicr nicht frciwilliquot; sanft, welches es während des Schwiizens gewöhnlich thut. In diesem Falle hat man aber genau darauf zu ach­ten, dass es nicht mehr als die bestimmte Quantität zu sich nimmt.
In der neusten Zeit bat man sich, wegen des Um­ständlichen bei dem Wassereingeben, auch wohl auf die blosse äusseriiehe Anwendung des kalten Wassers be­schränkt, und Behufs Erregung des Schweisses innerlich schweisslreibende Mitlel gegeben, überhaupt die Wasserkur mit andern Kurmethoden zweckmässig zu vereinigen ver­sucht.
sect;• 184. Die Resultate, welche durch die Wasserkur bei der Influenza erreicht wurden *), sind im Ganzen günstilaquo;-zu nennen, mindestens waren sie viel besser als die Ho­möopathie sie zu erreichen vermochte. Dessenungeachtet aber dürfte die Wasserkur, der grossen Umständlichkeit in der Ausrührung und der Gefahr halber, welche aus Ver­sehen dabei erwachsen können, in der Thierheilkunde über­haupt, wie gegen die Influenza insbesondere, nur wenig Eingang finden, und die Allöopathie nicht zn fürchten haben, durch sie ersäuft zu werden. Wohl aber muss sie den Unbefangenen zu der Ueberzeugung führen, dass auch ohne (oft zur Ungebühr angewendete) pharmacciitische Mittel, Heilungen zu Sfande kununen können; und es da­her immer für den Allöopathen eine wohl zu beachtende
*) Die meisten Versuclie laquo;1er Art sind wohl in Trakehnen mit Umsicht angestellt worden.
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Regel bleiben müsse, nicht zu stürmisch mit allöopaihi-schcn Dosen gegen unsere Krankheit zu verfahren; wie
wir davor in dem
126. ausdrücklich auch gewarnt
haben.
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Prophylaxis. sect;. 185.
Von einem erfolgreichen Priiservalivverfaliren kann zwar bei der Influenza, mit Rücksicht auf Das, was wir oben in ätiologischer Beziehung angeführt haben, eben nicht die Rode sein; (denn soliie dasselbe sichere Grund-stützen gewinnen, so würde Dies eine genauere Bekannt­schaft der veranlassenden Ursachen vorausseizen). Dessen­ungeachtet verdienen doch einige Massnahmen alle Beach­tung, weil durch deren Befolgung, wenn auch grade nicht der Ausbruch der Krankheit bei drohender Gefahr abge­wendet, dieselbe doch in ihrem Verlaufe gemildert wird. — Diese Massnahmen (iiiden nun bei herrschender Influ­enza grösstenibeils ihre Erfüllung in einem zweckmässigeu diätetischen Verhallen der noch von der Krankheit ver­schont gebliebenen Pferde überhaupt, als insbesondere iraquo; Bcseiügung oder Milderung der oben sect;.97. seq. genannten wichtigere Complicationen der Krankheit bedingenden Aus-seneinflUssc; namentlich sind die Pferde sorgfältig vor jeg­lichen Abküblungcn und ErkäHungen zu schützen, durch Frottirungen und nachdrückliches Striegeln der Haut und angemessene Bewegung die Hautthätigkeit anzuregen (die Pferde ruhig im Stalle zu halten ist durchaus zu tvider-rathen*) und solche Nahrungsmittel zu vermeiden, die
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*) Wiederholt ist ilie ISeoliaclilung gemaclit, ilass nach Ilulie-lageu die Zahl der Eiltrankungeii grosser war. Viel und leichte Be­wegung kann ich aus Erfaliiung als hüchst zvveckmässig emjifelklen.
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durch ihre Schwerverdaulichkeit oder ungesunde Beschaf-fenheit irgendwie gastrische Zustände begünstigen könnten.
__ Für reine Luft in den Ställen ist besonders Sorge zu
tragen, und die sect;. 102. genannten JVacliÜuile der Siallung müssen nach Möglichkeit zu beseiiigen oder zu mindern gesucht werden.
Wenngleich nun auch diese Massnahnicn, wie die Er­fahrung genugsam gelehrt, nicht im Siandc sind die Krank-heit gänzlich abzuwenden, so ist ihr wohlthätiger Einfluss im Allgemeinen doch stets erkannt woi-den.
Alan hat ausserdem verschiedene Mittel aus präserva-tiven Rücksichten in Gebrauch zu ziehen empfohlen, im Allgemeinen haben jedoch auch sie den beabsichtigten Zweck, Verhütung der Krankheit, nicht allgemein erreicht. Allein, wenn Dies auch der Fall war, so ist ihr Gebrauch doch keineswegs als durchaus nutzlos und daher verwerf­lich zu betrachten, wenn sonst nur das richtige Mittel ge­wählt wird, und man nicht nach Universalmitteln hascht. — Man muss mit dem Gebrauch solcher Mittel weniger die Absicht verbinden, die Krankheit gänzlich abwenden zu wollen, als vielmehr den üblen Complicationen zu begegnen und die Thicre in einen solchen Zustand zu versetzen, welcher für einen gutartigen Verlauf der Krankheit dis-ponirt. —
sect;. 186.
Ebenso verschieden, wie die Krankheit sich gcsialien kann, werden daher auch die Mittel auszuwählen sein. Da es nun aber höchst schwierig, fast unmöglich ist. Dies vorauszusehen, so leuchtet ein, dass ein Präservativ - Ver­fahren, auch selbst M dem genannten Sinne, immer seine grossen Betchränlnmgen erleide, und dabei nur nach sehr allgemeinen Regeln verfahren werden könne. Die Anhaltspunkte für die Wahl der Präservativmittcl müssen vorzugsweise aus dem Genius der Seuche und dem Character der Krankheit abge­leitet werden. Wenn diese nun, wie wir oben auseinan­dersetzten, verschieden sein können, die Influenza überhaupt in sehr mannigfachen Modificationen auftreten kann — so
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leucliici daraus auch ein, dass einzelne AliUel, wie nament­lich der wohl empfohlene Aderlass, Ahßihrmütel elc. nicht eine all^cinciiic Anwendung finden, sondern nur für ge­wisse Fälle passen künnen. — Für das speziellere Präscr-tativ-Verfahren lassen sich daher auch keine allgemein durchgreifende Vorschriften gehen. Es muss ganz der Einsicht des handelnden Thicrarzlcs Uherlassen bleiben, welche iHhlcl in den concreten Seuchcnlallen aus präscr-vativen Kücksichlen etwa in Gebrauch zu ziehen sind. Als Mittel jedoch, welche eine sehr dnrehgreifeude An­wendung finden werden und insbesondere auch aus den sect;. Ii7. genannten Rücksichten angewendet zu werden ver­dienen, glaube ich aus Erfahrung die Application von Fon­tanellen, die Darreichung von Kochsalz und Wachholder-heeren in angcinescnen Dosen, für sich allein oder noch mit einem Zusatz von gekochlem Terpetiihin, enipfchlcn zu können. Ick habe über den Erfolg dieser Mittel verglei­chende Versuche*) angestellt, und das Resultat war ein günstiges.
sect;. 187. Mit den ebengenannten Mitteln Chlorräucherungen zu verbinden ist in allen Fällen anzuraihen; unerlässlich aber sind sie in jenen Fällen, wo eine Weiterverhreitung der Krankheit auf dem 'Wege der Ansteckung zn befürchten steht; und Das ist überall dort, der Fall, wo die Krankheit in grössern Stallungen bereits zum Ausbruch gekommen ist. Daher ist denn in präservativer und polizeilicher Hinsicht auch noch die Separation zwischen Kranken und den (icsunden nicht hintenan zu setzen. — In Fällen, wo eine erfolgte Ansteckung zu vcrinuthen steht, thut man wohl, ansscr den vorhin genannten Mitteln, solche in Ge­brauch zn ziehen, welche schweisstreihende Eigenschaften
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*) Es siml diese Versuche milgetlieilt in meiner „Sammlung von Gutachten, Berichten etc. Berlin 1836. in einem Berichte „ Vorhauungsmassregeln wider die Brustseuche unter den Rc-montepferdenquot;- pag, 231,
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besitzen — in tier Absicht das bereits assimilirte Coniagium nicht zur völligen Wirksamkeit gelangen zn lassen, wozu sich lirechwcinslein und Kampfer in einem warmen Flieder-hlumeninfusnm, besonders eignen dürften #). Sonst würde für solche Fülle auch der Gebrauch des kalten Wassers in derselben Weise, wie man sich dessen aus curativeu Kiick-sichten bedient (cf. sect;. 183.) versuchsweise zu einprehlcn sein. Säuerliches Getränk wird in Fällen, wo die Krank­heit entschieden mit dem Jauligen Charakter auf(riü, so wie insbesondere dort, wo einzelne (intercurrirende) Fälle eine anihraxariige Natur verrathen, als passend in Anwendung zu bringen sein: desgleichen auch Jerr. sulphur, im Getränk.
sect;. 188.
Eine noch aus präservativen Rücksichten aufzuwerrende Frage ist die: Erfordert die Influenza ihrer Natur nach nicht auch hesondere polizeiliche Massregeln} — Im Allgemeinen würde diese Frage, da diese Krankheit ganz gewöhnlich als Seuche auftritt und ansteckend ist, mit raquo;lt;/alaquo; beantwor­tet werden müssen. Im Besondern jedoch dürfte die Ant­wort nicht so unbedingt bejahend ausfallen.
Wenn die Ansteckungsfähigkeit der In/hienxa einerseits auch polizeiliche Massiegeln zu gebieten scheint, und zwar aussei- einer blossen Absonderung der Kranken von den Gesunden, auch die gewöhnlichen anderweitigen Mass-nahmen, als die Einstellung des freien Verkehrs mit Pfer­den während des Hcrrsclicns der Seuche (wie das Vorbot des Verkaufs von Pferden aus Stallungen etc., worin die Krankheit grassirt, des forlzuscizenden Transportes von Pferdeabtheilungen, in welchen die Krankheit zum Ausbruch gekommen ist) — 'So werden doch anderseits diese Mass­regeln nie vollkommen und überall ihren Zweck (Abwen­dung und Verminderung der Weiterverbreitung der Seuche)
*) AVie laquo;lor Tart, stihiat. laquo;fins iler Iieslcn Curalirmitlel isr, winl er unter richtiger Wiinligiing des Krankheilscliarakters und unter Keriicksicliligung des Verliallens der Seuche überhaupt auch in iiriiseryaiher Absicht passende Anwendung finden.
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erreichen können. Das deshalb nicht, weil laquo;lie Influenza ihre vorzugsweise Entwickelung auf miasmatischem Wege findet, und selbst ihre Weitcrverbreitung durch Ansteckung auf diesem mit begünstigt zu werden scheint (cf. sect;. 85). Dieser und der wichtigere Weg lässt sich aber nicht ab­sperren, und daher wurde dann, selbst bei aller Strenge in der Ausführung der Massregcln, das Weherunisichgreifen der Influenza doch nicht allgemein verhindert werden können. — Es werden also in manchen Fällen die Polizeimassre­geln nutzlos bleiben und daher als doppelt drückend er­scheinen müssen. — Es würde sich indessen noch insbe­sondere fragen lassen, ob — wenn auch durch Polizei-massregcln der Zweck nicht allgemein, nicht in all und jedem Falle zu erreichen sei — doch die besondern Fälle, wo solche mit Erfolg gehandhabi werden könnten, dieses besondern Nutzens wegen nicht allgemein zur Ausführung gebracht zu werden verdienten, und somit zum Besten gewisser Fälle von andern ein Opfer gebracht werden müsse. — Für die Beantwortung dieser Frage würde ins­besondere die Gefahr der Inßuenamp;a entscheiden müssen. Diese Krankheit gehört nun im Allgemeinen nicht zu den sehr gefährlichen, beschränkt ihre Ansteckungsfähigkeit lediglich auf das Pfcrdcgescblecht (sect;. 115.) und bedroht daher weder andere Thiere, noch insbesondere den Men­schen. Demnach dürften denn auch, meiner Meinung nach, strengere polizeiliche Massregeln nicht im Verhältnisse mit der Gefahr der Krankheit sieben, und die Nachtheile der Beschränkungen, welche jene notbwendig hervorrufen müssen, im Ganzen viel drückender sein als die, welche die Krankheit selbst im Allgemeinen in ihrem Gefolge hat, — Die In/hieiixa der Pferde dürfte meiner Ansicht nach, in veterinairpolizeilieber Hinsicht ähnlich der Aphlhensettche zu beurtheilen sein, und ich glaube, dass bei jener, wie ich es über diese anderwärts bemerkt habe *) die Polizei-massrcgcln sich, ausser der oben schon als zweckmässig
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*) Die Krankheilen der Schweine. Berlin 1842, pag. 201.
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cDipfoIilcncii Absoiulcrung der Kranken von ilcn Gesunden, auf die Warnung vor der Aniiialinic von kranken unter gesunde Pferde, und auf die Anordnung erstrecken müsse, dass die Transporürung von Pfcrdcablliciluiigen, unter denen die Inßnenxu zum Ausbruch gekommen, mit der iiöthigcn Rücksicht gegen die Pfonlcbcsiizer jener Ort­schaften, welche die Transporte passiren, erfolge, dass solche namentlich davon in Keiintiiiss gesetzt weiden, um die nöthigen Schutzmassrcgcln ergreifen zu können und nicht, wie es bisher meistens geschehen, das Yorhandensein der Krankkeii unter den transportirten Pferden mit Still­schweigen Übergängen, oder wohl gar die mitgeführien Kranken in Ställen untergebracht werden, die gleich darauf wieder mit andern Pferden besetzt wurden oder noch zum Thcil damit besetzt waren. —
Eine Ueberwachung der Inßuenxa von Polizeiwegen dürfte demnach wohl, als der Sache entsprechend, anräth-lieh erscheinen.
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