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Einige Worte
zur Beleuchtung des Aufsatzes:
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^ Ur^-i-'V'
über
pestartige Rinderkrankheiten,
vom
K. K. Kreisarzte Dr. Alois Witowsky
in Caslan.
VierteljahYschrift für die praktische Heilkunde, Jahrgang XVIII, Bd. 3, Prag 1861.
Vom Professor P, Jessen.
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Dorpat ISlaquo;laquo;.
Gedruckt bei E. j. Rarow, Universitatsbuchhäadler.
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Der Druck wird gestattet.
Dorpat, den ö. December 18C1. ,^3 209.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Abgetheilter Censor de la Croli.
(L. S.)
RIJKSUNIVERS1TEIT TE UTRECHT
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Wenn in einer Zeit wo sich eine allgemeine und heilsame Rührigkeit auch in der wissenschaftlichen Veterinairmedicin gel­tend macht, wo besonders die drei Hauplseuchen der Haus-thiere: Rinderpest,'Lungenseuche und Milzbrand von Tage zn Tage genauer erforscht werden, auf einmal ein Mann öffent­lich mit der Rehauplung auftritt, dass namentlich in Be­zug auf die Diagnose der erstgenannten die grösste Unsicherheit vorherrscht, so muss davon nicht nur No­tiz genommen, sondern auch der ausgesprochene Satz, wo möglich, öffentlich widerlegt werden, und von woher könnte dies besser geschehen, als von.Russland aus, wo die Veteri-naire seit 1852 dargethan haben, dass sie die Rinderpest, selbst unter den schwierigsten Umständen, in den Steppen­ländern, und nach der Impfung, wo das Krankheitsbild sich zuweilen, ganz abweichend von der gewöhnlichen Chablone, mit äusserst wenig in die Augen fallenden Symptomen dar­stellt, zu diagnosticiren im Stande waren?
Ich kann es daher nicht unterlassen, den Nebelbildern, die uns Herr Dr. Wi tow sky als Rinderpestbeschreibungen verkaufen möchte, einige Aufmerksamkeit zuzuwenden und es.
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sollte mir sehr lieb sein, wenn meine Beleuchtungen dem Auf­satze die vielseitige Beachtung der Collegen zuwenden könnte, die er durch die darin so klar dargelegten, folgenreichen Miss­griffe, wohl verdient.
Mit Auszügen aus den gegebenen Krankengeschichten und Sectionsbefunden muss hier begonnen weiden, wobei ich mich so kurz als möglich fassen und nur das Wesentlichste darlegen will.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;,
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Ein Ochs versagt am 20. December 1859 .Morgens das Futter. Nachmittags athmet er schwer, Abends wirft er sich hin und wird geschlachtet. Am 23. December (!) wird die Section durch den Dr. Schreiber ausgeführt. Der Fall wird für Rinderpest erklärt, wahrscheinlich wegen des trockenen Futters im dritten Magen und der ausgedehnten Gallenblase, denn sonst ist im Sectionsbefund nichts Charakteristisches. Alles wird verscharrt und strenge Absperrung der verseuchten Wirthschaft, nicht nur der Rinder, sondern auch der Leute, angeordnet. Kreisarzt Dr. Witowsky kommt am 21., trotz klafterhoher Schneewehen an und lässt, nach vorgenommener Untersuchung, den ganzen Ort auf 20 Tage sperren. Es erfolgen aber keine neue Erkrankungen.
M2.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;'
Anfangs Juni 1860 beginnen in dem Meierhofe des Kut-tenberger Bürgers Zadal von seinen 16 Stück schönsten
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Rindviehs einige zu hüsteln. . Am 7. Januar lässt er in Gegen­wart dos Stadtwundarztes Dreyer 2 davon schlachten; dieser findet nur partielle Kungenhyperämie und der Eigenthümer er­hält Bewilligung zum Ausverkauf des Fleisches. Am 13. ist eine hochträchtige Kuh, nach sehr kurzer Krankheit, gestor-hen1 und vom Stadtphysicus Dr. Stetka und dem Chirurgen Dreyer secirt. Die linke Lunge fand sich hochgradig ent­zündet, mit vielen Verhärtungen; die rechte war weniger ent­zündet. Der Herzbeutel dunkelroth, mürbe; am linken Rippen­felle ein ausgebreitetes, dunkelrothes Exsudat (?).
Wird Tür hochgradige Lungen- und Herzbeutelentzündung erklärt, und vorsichtshalber Contumazirung des Meierho­fes verfügt. laquo;
Am 24. Januar wird der Kreisarzt herbeigerufen, denn am 22. hatte, gegen Mittag, eine Kuh das Futter versagt, sich von der Krippe zurückgezogen, weniger Milch gegeben und festen Mist abgesetzt. Wundarzt Dreyer legte Niesswurz in den Drill und Hess am 23. zur Ader, gab auch innerlich Glau­bersalz, Salpeter und Schwefelblumen. Gegen Mitternacht: Unruhe, Brüllen, Zittern an den Gliedern und Tod unter Con-vulsionen.
Bei der Section fand sich: Tuberculose raquo;der Lungen nnd ein sehr acuter, entzündlicher Process auf. der Schleimhaut des Dünndarms, im geringern Grade auch des Labmagens. Daher wurde dieser Fall von Dr. Witowsky für einen pest-
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artigen erklärt und es wurden alle diesfalls vorgeschriebenen Massregeln angeordnet. Die Keule liess sich nicht anwen­den, weil die Anzahl des Viehes zu gross, dasselbe zu theuer, Contagiumseinschleppung nicht nachzu-weisen und vollständige Absperrung des inficirten Meierhofes leicht durchzuführen war. Daher ward dem Eigenthümer der dringliche Rath erthellt, Stück um Stück seines kostbaren Viehes so, schnell als möglich an der städtischen Schlachtbank zu verwerthen. Diese bot aber zu wenig und so behielt der Eigenthümer, da weitere Erkrankun­gen ausblieben, gegen den Willen des Doctors sein Vieh!
M 3.
Bei einem Lohgerber ist plötzlich am 9. Februar 1860 eine Kuh gestürzt und unter Convulsionen verendet. Als ein' bedenklicher Umsand (ich referire wörtlich!) wird angefühlt, dass 2 (zwei!) Tage zuvor auf (?) der Ortsschmiede, die sich nur wenige Schritte vom Stalle entfernt befand, 4 Ungarische Ochsen beschlagen wurden.
Weil bei der Section eine, die sämmtlichen Häute der ersten zwei Mägen durchsetzende und auch die Schleimhaut des Labmagens und der dünnen Gedärme einnehmende, exsu--dative Entzündung das Hauptelement des Krankheitsproccsses darstellte; weil der Zustand der Milz vom normalen Aussehen kaum merklich abweichend war, und weil die' rege gewordene Vermuthung der Einschleppung von Pest-Contagium (durch die
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4 beschlagenen Ungarischen Ochsen, die, erwiosenermassen, einer gesunden Heerde entstammten!) zwar nicht bestätigt wurde, doch auch nicht gänzlich widerlegt werden konnte — so wurde der Fall als pestverdächtig bezeichnet und dem-gemäss 2gesunde Kühe und 1 do. Kalb der Keule un­terzogen.
Die K. K. Statthalterei anerkannte (kaum glaublich!) die Diagnose und das Verfahren^ das K. K. Ministerium des In­nern that aber den Ausspruch, dass die qu.Kuh wahrschein­lich am Anthrax gelitten habe, während auch nicht der ge­ringste Umstand für das Vorhandensein der Rinderpest spreche.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; gt;
M 4.
In diesem Falle wurde auf Grundlage der Section einer Kuh, die am 0. März 1860 erkrankte und am 8. März cre-pirte und die der erwähnte Chirurg Dreyer für „Lungenseu-chenkrankquot; hielt, deren Leiden für „eine einerseits mit chro­nischer Leberschrumpfung und darin bedingter Verdauungsstö­rung, andrerseits mit pestartigen Erscheinungen complicirte Ruhr,quot; erklärt. Alle für pestverdächtige Fälle vorgeschriebe­nen Vorbauungsmassregeln traten in Kraft und die 11 übrigen Rinder des Eigenthümers entgingen der Keule nur, weil die Anzahl zu gross war.
Die Behörde entschied, dass hier Verdacht auf Rinder­pest vorgelegen hatte und dieser nur noch durch Ehveisung
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des Contagiuros zu erhärten sei. Ein solcher Beweis aber war nicht zu liefern; es erkrankte kein Stück weiter und nach 3 Wochen ward die Sperre, aufgehoben
M 5.
Eine Kuh verendete plötzlich unter Kolikerscheinungen. Die Sectionsergebnisse stellten dem Hrn. Dr. Witowsky wie­der das Gespenst der Rinderpest vor Augen und er liess die übrigen 4 Rinder des laquo;Stalles sofort der Keule unterzie­hen. Dass K. K. Thierarzneiinstitut erklärte, nach Einsicht der Acten, dass in diesem Falle weder durch den Krankheits- ' verlauf noch die Sectionsergebnisse eine Rinderpesterkran­kung, vielmehr eine heftige Darmentzündung, mit Koliker­scheinungen, den Tod herbeigeführt hatte.
M 6 übergehen wir hier mit Stillschweigen, da der Referent die­sen Fall nicht selbst beobachtet hatte.
Bei Jtä 7 wurde die Todesursache „unter Berücksichtigung des bei Jfä 3 angeführten hohen Ministerial-Ausspruchesquot; kurzweg als Milz­brand erklärt, vorsichtshalber jedoch das Gehöft 20 Tage lang streng contumazirt!
Der sachkundige Leser wolle selbst nachsehen, ob er aus der Krankengeschichte und dem Secfionsbefund den Milzbrand herauslesen kann; mir hat es nicht gelingen wollen. — Auch hatte der Herr Dr. mit „seiner Berücksichtigung eines frühern
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Ministerialausspruchesquot;, diesmal wieder nicht das Rechte getrof­fen; denn das Ministerium gab in einem Erlasse zu erkennen: „dass in diesem Falle der Verdacht von Rinderfest durchaus nicht ausgeschlossen sei und zur strengsten Durchführung aller für (?) diese Seuche vorgeschriebenen Massregeln auffordere.quot; Eine 2tc Erkrankung kam aber auch in diesem Orte nicht vor. Auf Grundlage der vorstehenden Facta erklärt Herr Wi-towsky nun: dass — obgleich er ausser diesen und einigen ähnlichen Fällen, die er 1855 und 1857 sah, keine weitern Erfahrungen, bezüglich der Rinderpest, durchgemacht hat — er doch vollkommen berechtigt ist zu dgm Ausspruche: „nicht . seine ünkenntniss, sondern die Unsicherheit der über Thier-seuchen herrschenden Begriffe, trage die Schuld an der Un­sicherheit der Diagnose.quot; Ausgerüstet durch das Studium der 'nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;bewährtesten und neuesten Leistungen auf diesem Felde, hin-
reichend vertraut mit den Leistungen und Fortschritten der pathologischen Anatomie an (?) Menschen und dadurch im Stande, die an (?) Thierleichen vorfindigen Zustände gehörig beurtheilen zu können — dürfte ihm dies Recht nicht abge­sprochen werden.
Er hält es darauf noch für nothwendig, .von Seite 127 bis 144, die bekannten Aussprüche und Erfahrungen der Wie­ner und Prager Pathologen in Bezug auf Rinderpest wieder­zugeben,'erklärt aber vorweg: „dass er von- den ganz unzu­verlässigen Erscheinungen' an den lebenden Thieren, die nur
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Werlh haben^ wenraquo; sie mit- materiell nachweisbaren, sich stets gleichbleibenden inneren Veränderungen des Organismus, als die Wirkung mit der Ursache, zusammengestellt werden, vollständig absieht und sich, nach dem Muster der An-thropo-Palhologie hauptsächlich an die anatomischen Charaktere hall.quot; Weiterhin räumt er ein: „dass auch die ursächlichen Momente eine zureichende Würdigung finden müssen.quot;
'Bevor ich, vom veterinairischen Standpunkt aus, hier mein Bedenken über diesen ersten Theil der Arbeit des Dr. Witowsky abgebe, will ich einige Bemerkungen eines verstorbenen Arztes anführen, eines Mannes vor dem, bei Lebzeiten, jeder Veterinair gewiss hochachtungsvoll den Hut zog, da er sich als gründlicher Kenner der Rinderpest, so­wohl in theoretischer als praktischer Hinsicht ausgezeichnet und sie viele Male öfter getilgt als Dr. Witowsky sie, bis zum Erscheinen seiner in Rede stehenden Abhandlung, gese­hen hat.
Der Dr. Loriiser sagt, in einer Eingabe an das Königl. preussische Landfes-Oekonomie-Collegium, vom 8. April 1845, Folgendes:
„Zu einer sichern Erkennung (der Rinderpest) ist erfor­derlich, dass der Seuchengang,quot; der Complexus der Symptome und der Leichenbefund sich wechselseitig entsprechen und in einem gewissen Grade sich decken und ergänzen. Man muss daher, um sich ein Urtheil zu bilden, vor allen Dingen ver-
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gleichen und das Ganze erwägen. Wer dieses nicht ver­mag, und die Besonderheiten zu keinem richtigen Schluss zu verhinden weiss, der ist für solche Untersuchungen, bei wel­chen es weit mehr auf gesunden Menschenverstand, als auf Gelehrsamkeit ankommt, nicht geschickt.quot;
Und an einer andern Stelle: „der Irrthum wird aber noch um Vieles sich vergrössern, wenn einheimische und fremde Aerzte ihre vorgefassten merlicinischen Ansichten und Analogien unpassend auf die Rinderpest übertragen und diese Krankheit im modernen Sinn und Geist zu „localisirenquot;, d. h. ein allgemeines, den ganzen Organismus ergreifendes Leiden, auf einzelne Organe zu reduciren trachten und von dem Gan­zen hinwegsehend, an Specialitäten hängen bleiben; wenn sie dabei noch überdies, nach einer jetzt üblichen Weise, die pa­thologische Anatomie ungebührlich überschätzend und unrichtig benutzend, die materiellen Veränderungen der organischen Ge­webe nicht als Folgen, sondern als Ursachen der Krankheit betrachten, die ursprüngliche Entstehung derselben aus den Ueberresten des Todes erklären, und die Wahrheit allein an der einzelnen Erscheinung mit Hülfe des Messers, des Mikros-kopes und des chemischen Reagentienkastens zu gewinnen glauben.
Von einer solchen Betrachtungsweise, welcher jetzt allzu­viel gehuldigt wird, lassen sich chemische Untersuchungen des Blutes, der Secrete und Excremente, pünktliche Aufzeichnung
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aller bei den Kranken in die Sinne fallenden Symptome, höchst genaue und minutiöse Beschreibungen des Leichenbefundes er­warten; aber die lebendigen Verhältnisse treten dabei in den Hintergrund, der Scuchengang wird so wenig, als der Krank-heitsprocess der Individuen erkannt, ja sogar kaum beachtet, das Contagium entzieht sich dem Scalpell, und der Analyse und für die Praxis ist dabei in diagnostischer, präservativer und curativer Hinsicht kein Vortheil zu hoffen. Wohl aber kann es geschehen, dass die Ergebnisse einer solchön Unter­suchung zu Ansichten und Folgerungen führen, die für das Leben früher oder später als schädlich sich erweisen. Ein unrichtig gewählter wissenschaftlicher Standpunkt und falsche Analogien liegen auch den Behauptungen zu Grunde, die sich neuerlich in Böhmen hervorgethan und bereits in Sachsen und Baiern ihren Wiederhall gefunden haben.quot;
Ich wüsste wahrlich keine bessre Kritik des in Rede ste­henden Aufsatzes zu geben, als die in den vorstehenden Worten eines so würdigen, einstmaligen Collegen des Herrn Dr. Witowsky, der uns mit „pestartigen Rinderkrankheitenquot; zu überschütten droht, enthaltene. Solche Wahrheiten können nicht oft genug wiederholt werden, obgleich die Jetztzeit sie nur zu leicht mit den paar Schlagwörtern: „längst abgethancr Standpunctquot; und „verwerflicher Conservatismusquot; beseitigt.
Was habe ich nun aber schliesslich selbst bei der Lee­türe „der pestartigen Rinderkrankheitenquot; gewonnen? Zuerst
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natürlich den Glauben: dass keiner von den in den fünf ersten Geschichten besprochenen Fällen irgend etwas mit der Rinderpest zu thun hatte. Verwunderlich genug ist es, dass der V. sich nicht einmal selbst die Frage vorgelegt hat, wie es doch ge­kommen seih mag, dass in der verseuchten Wirthschaft und auf dem inficirten Meierhofe JtS 1 u. 2, keine wei­teren Erkrankungen eintraten? Verliert nicht seine tiefsinnige, zweite mathematische Formel:: K (L -^ x) K gänzlich die Bedeutung, wenn die Luft, mit dem x geschwängert, nicht ansteckend wirkt? Es möchte dem V. schwer werden aus der Geschichte der Rinderpest Fälle anzuführen, wo sich diese mit einem Opfer begnügte, wenn mehrere zu haben waren. — Doch — was kümmert der sich um Geschichte, dem patholo­gische Anatomie und Aetiologie vollkommen ausreichen! eben so wenig wird er daran denken, dass in zweifelhaften Fällen die Impfung von ein paar Kälbern Gewissheit geben, die Con^-tumaz abkürzen und das Niederschlagen verhindern kann. — Der Bürger Zadal, der seine kostbaren Rinder nicht um einen Spottpreis weggeben wollte, mag merkwürdige Glossen über den erhaltenen, dringlichen Rath des Herrn Doctors quot;ge­macht haben, als sie gesund blieben. Todte können nicht zeugen, sonst würden die im 3ten und 5ten Falle erschlage­nen und begrabenen Rinder vielleicht auch noch mit einer An­klage kommen. — Bei laquo;TK 3 lautete der Ausspruch nur auf pestverdächtig und ich finde [in der österreichischen Ver-
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Ordnung gegen die Rinderpest keine Vorschrift, die es gestat­tet, den Besatz zu erschlagen, wenn ein Thier aus demselben bloss als verdächtig bezeichnet war. Auch weiss ich nicht dass dort irgendwo gestattet sei, bei einem Sterbefall, der kurzweg für Milzbrand erklärt wird {Jfä 7) eine 20 lägige Contumaz über das betroffene Gehöft zu verhängen. Da in Fall 2 die mordsüchtige Keule nicht in Anwendung kommen konnte, weil, unter andern, das Vieh zutheuer war, so könnte man auf die Idee gerathen, dass die Eigenthiimer bei JtS 3 und 5, das ihrige gern gegen die Vergütung des vollen Wer-thes los sein wollten, weil es eben nicht werthvoll war.
Eine längstgehegte Lieberzeugung hat bei mir schliesslich dieser Aufsalz noch mehr befestigt, nämlich: dass die Vele-rinairmediciner im vollen Rechte sind, wenn sie, in Bezug auf die Tilgung der Hauslhierseuchen, sich von der Unterordnung unter die Aerzte emaneipirt zu sehen wünschen, wo eine solche noch sallfindet. Dass ferner die Staaten in ihrem eignen Interesse handeln, wenn sie diesem Wunsche entgegenkommen und Männer anstellen, die mit der pathologischen Anatomie der Hausthierkrankheiten wirklich und gründlich vertraut sind und sich nicht verleiten las­sen, da Rinderpest zu finden wo keine is.t; die Erfah­rung genug haben, um zu wissen, dass in der Nähe eines Stalles beschlagene Ochsen, selbst wenn sie
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van der bösartigsten Rinderpest ergriffen gewesen würen, kein Rind angesteckt haben konnten, was 2 Tage nachher schon crepirle; die endlich, bevor sie decretiren, alle Umstände gründlich abwägen um das bestehende Gesetz nicht zu compromittiren utid die Vieheigenthümer durch unnütze, drückende Massregeln zu tribuliren!
Ob ich noch sonst etwas aus der Abhandlung zu lernen habe, wird der zu erwartende Schluss lehren. Herrn Dr. Wi-towamp;ky wünsche ich aber aufrichtig, dass er sich künftig nicht mehr mit der Diagnose der Rinderpest abzumühen braucht, die allerdings mit einigen Schwierigkeiten verbunden ist. Sollte, ich meine Worte nicht überall sorgsam genug gewählt haben, so mag das Interesse des 'praclischen Veterinairmediciners, welches ich vertreten wollte, mich entschuldigen.
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