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RIJKSUNIVERSITEIT TE UTRECHT
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LEHRBUCH
DER
PATHOLOGIE und THERME
DER
HAUSTHIERE.
VON
Ds M. P. ROLL,
STUDIEN-DIRECTOR UND PROFESSOR DES K. K. TllIEIiAIiZNEI-INSTITUTES IN WIEN,
D. Z MITGLIED DEli STÄNDIGEN MEDIZINAI.-COMMISSION HEI DEM K. K. MINISTKRHIM
DES INNERN ETC.
ZWEITE VBRMEHRTE UND ÜMGEAEBEITETE AUFLÄGE.
WIEN, 1860.
WILHELM BRAUMÜLLER,
K. K. HOFHUCHHÄNDLER.
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Vorwort.
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JJei der Bearbeitung der zweiten Auflage meines Lehrbuches der Pathologie und Therapie der Hausthiere war ich bestrebt, die, während des kurzen, seit dem ersten Erscheinen desselben ver­flossenen Zeitraumes gewonnenen thatsächlichen Bereicherungen der thierärztlichen Wissenschaft thunlichst zu verwerthen. Ein, selbst nur oberflächlicher Vergleich mit der ersten Auflage wird ergeben, dass, obwohl der Gang der Darstellung im Allgemeinen beibehalten wurde, doch die meisten Partien des Buches einer vollständigen Umarbeitung unterzogen worden und ganze Abschnitte neu hinzugekommen seien. Im Interesse der, bei der Erhebung und Tilgung von Tliierseuchen zur Verwendung kommenden Acrzte und Thierärzte wurde überdiess den, in Ocsterreich bestehenden und theilweise erst in der letzten Zeit erflossenen vcterinär-poli-zeilichen Vorschriften eine besondere Rücksichtnahme zugewendet.
Wien, im December 1859.
Dr Roll.
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Vorw ort
zur ersten Auflage.
Wenn ich ungeaclitet der zahlreichen und mitunter sehr brauchbaren Hand- und Lehrbücher der mediciuischen Pathologie
und Therapie, welche die tliieriii'ztliclio Literatur aufzuweisen hat, an die Abfassung eines neuen, dieselbe Doctrin behandelnden Lehrbuches schritt, so geschah es wahrlich nicht in Verkennung der Verdienste, welche die Verfasser derselben sich um das thier-ärztliche Wissen erworben haben, sondern in der Ueberzeugung, dass einerseits in vielen derselben den tagtäglich sich häufenden und gegenwärtig auch in der Thierheilkundc, schon wegen ihres Einflusses auf die Diagnostik und die Beurtheilung der Krank-heitszustände nicht mehr zu unterschätzenden Leistungen der pa­thologisch - anatomischen Forschung verhältnissmässig nur wenig Rechnung getragen und in manchen Beziehungen der Speculation und Hypothese mehr Platz als der nüchternen Beobachtung ein­geräumt wird, andererseits aber nur wenigen Thierärzten die zahlreichen, in Zeitschriften niedergelegten Ergebnisse neuerer Untersuchungen zugänglich sind. Das reiche klinische und patho­logisch-anatomische Matcriale unserer Lehranstalt bot in vielen Hinsichten hinreichende Gelegenheit zu Beobachtungen und Unter­suchungen, deren Resultate, mit Rücksichtnahme auf das auch
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anderweitig Festgestellte hier niedergelegt wurden. Dort, wo eigene Erfahrung wegen Mangel an Objecten nicht zu Gehote stand, wurden die besten und anscheinend verlässlichsten Quel­len benützt.
Ueber die Anordnung des vorliegenden Buches sei nur be­merkt, dass dasselbe in einen allgemeinen und besonderen Thoil zerfalle. Der erstere enthält, ihres phantasiereichen Gewandes entkleidet, jene Lehren, welche man gewöhnlich als dem Gebiete der sogenannten allgemeinen Pathologie angehörig betrachtet und die hier, namentlich was die allgemeinen Formen der Störung betrifft, ausführlicher abgehandelt werden. Dass hiebei die patho­logische Anatomie eine vorwaltende Berücksichtigung fand, wird mir wohl nicht zum Vorwurfe gemacht werden, im Gegentheile glaube ich durch diese Behandlungsweise die Nothwendigkeit einer genaueren Bekanntschaft mit dieser, dem, nur die nächstliegenden praktischen Bedürfnisse im Auge haltenden Anfänger gewöhnlich trocken und unpraktisch erscheinenden Doctrin hervorgehoben zu haben. Der specielle Theil behandelt in neun Abtheilungen die allgemeinen und örtlichen, nach hergebrachter Weise dem Gebiete der medicinischen Pathologie ssagetheilten Störungen, wobei die letzteren nach den physiologischen Organsystemen in Hauptabthei­lungen gebracht und nach der Verschiedenheit der Krankheits-formen an einander gereiht wurden. Eine mehrjährige Erfahrung hat mich in der Ueberzeugung von der Zwcckmässigkeit und Üe-bersichtlichkeit dieser Art der Anordnung bestärkt. Dass a\ich in diesem Theile manche Abschnitte in einer, von der geläufigen ab-.quot;weichenden Form behandelt wurden, wird schon eine flüchtige Durchsicht des Buches zeigen.
Von Polemik habe ich mich ferne gehalten und ein Litera-turverzeichniss nicht beigefügt, da die erstere in einem Lehrbuche eine passende Stelle nicht findet, das letztere aber meiner Ansicht nach für den Anfänger ohne Worth, und für den praktischen Thierarzt, wenn er nicht in der Lage ist, eine öffentliche oder
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Veremsbibliotlick benutzen zu können, wegen der materiellen Sclnvierigkeit, sich zahlreiche Werke anzuschaffen, meistens unnütz ist, überdiess aber ein unvollständiges Literaturverzeichniss seinen Zweck doch nicht erfüllt, ein vollständiges aber unvcrhältnissmäs-sig vielen Raum in Anspruch genommen hätte. Es genüge daher, Jene, welche weitere Belehrung suchen, auf die, die spccicllo Pathologie behandelnden Werke Dictcrich's, Funke's, Haubner's, Hering's, Ryclmer's und Veith's, auf Kreutzcr's Veterinärmedicin und auf das eben im Erscheinen begriffene Handbuch der Patho­logie und Therapie von Spinola, dann auf die, die neuen For­schungen enthaltenden Veterinär - Zeitschriften von Gurlt und Hertwig, Hering, Zangger, das Eecueil de med. veter. prat. und die vom Wiener k. k. Thierarznei-Institute herausgegebene Vier-teljahresschrift zu verweisen.
Wien, im Jänner 1856.
*#9632;
Dr- Roll.
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Inhalt.
Die hinten augeaetzten Ziffern bedeuten die Seiten d. W.
Allgemeiner Theil.
I.nbsp; Abschnitt. Pathologische Grundbegriffe 3.
Leben des Organismus 3. — Gesundheit 3. — Kranksein, Krankheit 3. — Krankheitsursachen 4. — Innere Krankheitsursachen 4. — Aeussere Schädlichkoi-Hnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ten 4. — Verschiedenheit der Störungen; mechanische, anatomische und funetio-
nelle Störungen 5. — Allgemeine und örtliche Krankheiten 6. — Primäre und seeundäre Leiden 6. — Verbreitungsweise des localen Leidens 6. — Combination) Ausschlicssung und Complication der Krankheit 9. — Krankheitszeichen, Semiotik' Diagnostik 10. — Objective und subjective Symptome 11. —Krankheitsverlauf 11-
—nbsp; nbsp;Stadien der Krankheit 13. — Krankheitsausgänge 15. — Naturheilung 17. — Prognose 17. — Nachkrankheiten, Tod 18. — Leichenerscheinungen 19.
II.nbsp; Abschnitt. Allgemeine Heilgrundsiitze 24.
Therapie, Prophylaxis 24. — Kunstheilung 27. — Symptomatische Cur, Ka-dical-Cur 27. — Empirisches und rationelles Heilverfahren 28. — Direct heilende und exspeetative Methode 20. — Curplan 30. — lieilanzeigen 31.
III. Abschnitt. Die Ursachen der Krankheit 33. Disposition 34. — Innerhalb des Organismus liegende Schädlich­keiten 35. — Gattungsanlage 35. — Einfluss des Geschlechtes 36. — Einfluss des Alters, der Race 37. — Einfluss der Aufzucht und Lebensweise 38. — Erb­lichkeit, überstandene Krankheiten 39. — Aeussere Krankheitsursachen 39.
—nbsp; nbsp;Mechanische und chemische Einwirkungen 39. — Licht 40. — Wärme 41. — Elektricität und Magnetisnms 43. — Kosmische und kosmisch-tcllurische Einflüsse, Tageszeiten, Jahreszeiten 44. — Atmosphärische Verhältnisse 45. — Bodenver-hältnisse 47. — Klima 48. — Nahrungsmittel 49. — Getränke 54. — Weiden 50.
—nbsp; nbsp;Ställe 60. — Lebensverhältnisse 62. — Präservativ- und Arzneimittel 63. — Parasiten 64. — Pflanzliche Parasiten 64. — Thiorischc Parasiten 66. —
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VIII
Infusorien 67. — Eingeweidewürmer 67. — Plathvürmsr 70. — Rund­würmer 80. — Arachniden 88. — Zecken 88. — Balgmilben 88. — Pentasto-mcn 88. — Kratz- und Räudemilben 90. — Insocteu 99. — Bremsen 99. — Concretionen und Steine 113. — Magensteine 113. — Darmsteinc 114. — Speichelsteine 118. — Gallensteine 119. — Harnsteine 121. — Krankheitsur­sachen unbekannter Natur 131. — Miasma. 132. — Contagium 136. — Krankheits-Constitution 141. — Verschiedenheit der Krankheiten nach der Häu­figkeit ihres gleichzeitigen Vorkommens 142. — Epizootien, Enzootien 142. — Contagionen 143.
IV. Abschnitt. Die Veterinär-Polizei 144.
Prophylactische veterinär-polizeiliche Massregeln 145. — Tilgungsmassregeln 149. — Abfassung der Seuchen-Kapporte und Berichte 150. — Separation der ge­sunden von den kranken Thieren 157. — Verbot des Vieh-An- und Abverkaufes 158. — Einstellung des Weideganges 160. — Ortssperre 160. — Einstellung der Viehmärkto 161. — Ausmittelung des Aasplatzes, Verscharren der Cadaver 161. — Behandlung der Häute, Hörner, Klauen, des Unschlittes und der Knochen 162. — Reinigung der Ställe und Gcräthe 165. — Benehmen der Wärter, Aerzte und Thierärzte 167. — Requisition von Militär-Assistenz, Mittheilung des Seuchenaus­bruches an die umliegenden Ortschaften 167. — Beendigung der Seuche 169. — Schlussbericht 170.
V. Abschnitt. Die allgemeinen Formen der Störungen 170.
I,nbsp; Functionelle Störungen 170. — -4. Imtationsformen 171. — Schmerz 171. — Krämpfe 175. — Vermehrung der Absonderungen 176. — B. Schicäche-und Lähmtmysfarmen 177. — Verminderung der Empfindlichkeit 178. — Lähmungs-Zustände 178. — Verminderung der Absonderungen 180. — C. Dan Fieher ISO.
II.nbsp; nbsp;Anatomische Störungen 180. — A. Locale Störungen den Kreis­laufes 188. — 1) Oertlicher Blutmangel 189. — 2) Oertliche Blutfiille, Congestion Hyperämie und Stase 190. — 3) Blutungen und Blutflüsse 195. — 4) Pfropfbil­dung in den Gefässen 202. — 5) Die Wassersucht 205.
B.nbsp; Störungen der Ei-nährung 209. — 1) Der Brand 209. — 2) Schwund und Entartung 215. — 3) Hypertrophie und Neubildungen 220. — 4) Die Neubildun­gen im Besonderen 227. — I. Epidermis- und Haarbildung 227. — II. Neubildung von Zähnen 228. — III. Neubildung von Lederhautgewebo 228. — IV. Neubil­dung von Uindegewebe 229. — a) das Fibroid 230; — b) das Sarcom 231. — V. Neubildung von Fett 232. — VI. Neubildung von Knorpelgewebe 234. — VII. Neubildung von Knochengewebe 235. — VIII. Neubildung von Muskelgewebe 236. — IX. Neubildung von Nervengewehe 236. — X. Neubildung von Gefässen 236. — XI. Pigmentbildung 238. — XII. Tuberkel 240. — XIII. Cystenbildung 244. — XIV. Der Krebs 247. — 5) Die Entzündung 254.
C.nbsp; nbsp;Veränderungen der physikalischen Eigenschaften der Organe 278 — 1) Ver­änderungen der Cirösse 278; — 2) der Gestalt 280; — 3) der Lage 280; — 4) der Verbindung und des Zusammenhanges 281; — 5) der Consistenz 281; — 6) der Färbung 282.
D.nbsp; Veränderungen des Inhaltes der Organe 283. — Ansammlung von Luft 283.
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IX
Besonderer Theil. I. Abthellung. Anomalien der Constitution 287.
I. Abschnitt. Störungen der Blutmisehung 290.
I. Veränderungen in der QnantitSt und Qualität der Blntbestandtheile 290.
—nbsp; XI. Veränderungen der Blntmenge im Ganzen 295. — 1) Vollblütigkett 295.—
2)nbsp; Blutarmnth 297. — 3) Bleichsucht 298. — III. Veränderungen des Blutes, be­dingt durch Anhäufung schädlicher Stoffe in demselben iJOl, — 1) Faulige Zer­setzung des Blutes 303. — 2) Scorbut 303. — 3) Pyämie 305.
II. Abselinitt. Constitutionskrankbeiten, bedingt durch ejji-, enzoo-tische und contagiöse Infection 307.
Maul- und Klauenseuche 307. — Anthrax, Milzbrand, Typhus 314. — A. Beim Pferde: 1) ohne bestimmte Localisation 325; — 2) mit Localisationen an der Körperoberfläche und in inneren Tlieilen; der eigentliche Pferdetyphus 326.— li. Beim Binde: 1) Ohne bestimmte Localisation, a) Der Milzbrandblutschlag 337-
—nbsp; nbsp;b) Das Milzbrandfieber 338. — 2) Mit Localisation au bestimmten inneren Organen: a) Der Zungenanthrax 339. — b) Der Mastdarm -Carbunkel 340. —
3)nbsp; nbsp;Mit Localisation an der Haut oder an äusscren Theilen. Die CarbunkelUrank-heit. 341. — O. Beim Scho/e: 1) Ohne bestimmte Localisation 342. — 2) Mit Lo­calisation an äusscren Körpertheilen: a) Milzbraud-Carbunkel 343. — b) Brandiger Kothlauf 343. — Zgt;. Beim Schweine: 1) Ohne bestimmte Localisation Der Jlilz-brandblutscblag 344. — 2) Mit Localisationen an inneren Körpertheilen: a) Das Bank­korn. 344. — b) Die Anthraxbräune 345. — 3) Mit Localisation an der Körper­oberfläche: a) Die weisse Borste 340.—b) Der brandige Rotblanf 346. —E. Bei Hunden 347. — i-'. Bei dem Ilcmsyeßiiyel 347. — Die Kinderpest 348. — Die Pocken 387. — Die Schafpocken 387. — Die Knhpocken 400. — Die Pocken der Ziegen 405. — Die Pocken der Schweine 405. — Die Pocken der Hunde 406. — Die Pocken des Geflügels 400.
III. Abschnitt. Siechkrankheiten 407.
Die Knocheubrüchigkeit 408. — Die Knochenweiche 411. — Siechkrank-heiten durch Metallvergiftungeu 412.
II. Abtheilung. Krankheiten des Nervensystems 414. I. Abschnitt. Krankheiten des Gehirnes und seiner Hüllen 416.
I. Functionelle Störungen 419. — A. Beizungn/oi-men: Die Wuth-krankheit 419. — Die Fallsucht. 438. — Die Starrsucht 440. — Der Veitstanz 441. — Der Schwindel 441. — Die Stätigkeit der Pferde 443. — B. Sclmäche-formen: Die Ohnmacht und der Scheintod 445. — Das paralytische Kalbefieber 447.
JI. Anatomische Störungen 451. — A. Loca/e Störnnyen des Kreis-laufes 451. — 1) Anämie des Gehirnes 451. — 2) Hyperämie des Gehirnes, Ge-hirncongestion 452. — 3) Bluterguss im Gehirne, Schlagfluss, Schlaglähmung 455.
—nbsp; 4) Pfropfbildung und metastatisebe Ileerde im Gehirne 458. — 5) Wassersucht 459. — a) Das Gehirnödem 459. — b) Die Wassersucht der weichen Hirnhaut
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459. — c) Wassersucht der Hirnventrikel 460. — a) Dor angeborene Wasserkopf 4G0. — ß) Der erworbene Wasserkopf 4GI. — Der Dunimkoller 461. — B. Stü-niui/en der Krn'dhfmuj 469. — 1} Hypertrophie und Atrophie 469. — 2) Neubil­dungen 469. — 3) Gehirn- und Gehirnhaut-Entzündmig 471. — C. Veründeiim-tjen der physikalischen Eigcnsclmflen 477. — D. Parasiten im Gehirne 478. — Die Drehkrankheit 478.
II. Abschnitt. Krankheiten des Rückenmarkes u. seiner Hüllen 483.
I.nbsp; nbsp;Functionelle Störungen 486. — A. Eeizungsformen. Convulsionen 486. —Der Starrkrampf 486. — Die krampfhafte Liimmerlähme 492. — DioWetz-krankheit 494. — Die Jackkrankheit der Pferde 497. — B. Sclncüc/ie- und L'dh-muiKjsformen. Die Lähnmngskranklieit der Zuchtpferde 498.
II.nbsp; nbsp;Anatomische Störungen 502. — A. Locale Störungen des Kreis­laufes 502. — 1} Hyperämie, Congestion des Rückenmarkes 502. — 2) Bluterguss im Kückenmarko 503. — 3) Oedem des Kiickenmarkes 503. — B. Störungen der Ernährung 504. — 1) Hypertrophie und Atrophie 504. — 2) Neubildungen 504. — 3) Entzündung 504. — C. Veränderungen der physikalischen Eigenschaften 504. — D. Schmarotzerlhiere im Rückenmarke 505. — Die Kreuzdreho 505.
III. Abschnitt. Krankheiten der peripherischen Nerven 505.
III.nbsp; Abtheilung. Krankheiten der Respirationsorgane 508.
Aetiologie derselben 508. — Symptome 510. — Aussehender Nasen­schleimhäute 510. — Nasenausfluss 510. — Auswurf 510. — Beschaffenheit der ausgeathmeten Luft 511. — Häufigkeit und Beschaffenheit der Athemzüge 511. — Niesen, Ausbrausen, Husten 514. — Stimme 515. — Stellung der Thiere; physi­kalische Untersuchung der Brust durch die Percussion 515; — durch die Auscul­tation 520. — Ein flu ss dieser Krankheiten auf andere Organe 526.— Therapie 527.
I. Abschnitt. Krankheiten der Nasenhöhle 529.
I.nbsp; Functionelle Störungen 529.
II.nbsp; Anatomische Störungen 529. — A. Locale Störungen des Kreis­laufes: 1) Hyperämie 529. — 2) Blutung 529. — B. Störungen der Ernährung: 1) Neu­bildungen. Von Haaren 530 ;— von Bindegewebe. Polypen, Sarcome 530; — von Knochengewebe 532. — Tuberculose. Die verdächtige Drüse und der Rotz 532. — Cystenbildung 543. — Krebsbildung 543.— 2) Entzündung: a) acuter Katarrh (Strengel) 543. — b) chronischer Katarrh 545. — Schafrotz 546. — c) gutartige Drüse 547. — d) bedenkliche Drüse 550. — e) Croup der Nasenschleimhaut 552. — f) acuter Rotz 555. — g) Kopfkrankheit des Rindes 558. — h) Schnuffelkrank-heit 560. — O. Veränderungen der physikalischen Eigenschaften 560. — D. Schma-rotzerthiere: a) Insecten 561. — Die Schleuderkrankheit 561. — b) Eingeweide­würmer 562.
11. Abschnitt. Krankheiten des Kehlkopfes und der Luftröhre 563.
I.nbsp; Functionelle Störungen. Der Krainpfhusten 563.
II.nbsp; nbsp;Anatomische Störungen. A. Locale Stöi-ungen des Kreislaufes: 1) Hyperämie 564. — 2) Blutung 564. — B. Störungen der Ernährung: 1) Hypertrophie
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and Atrophie. Der Pfeiferdampf 504. — 2) Neubildungen 500. — 3) Entzündung;
a) acater Katarrh (Kehle, Kelilsueht) 500. — b) chronischer Katarrh 507. — c) Croui) 5G9. — d) Glottisödem 570. — C. Vcränderuiiyeii der physikaHaehen Eigen-aehaflen 57t. #9632;— D. Parasiten 572.
III.nbsp; Absclinitt. Krankheiten der Bronchien 572.
Anatomische Störungen. Ä Locale StSrungen den Kreislaufes: Hyper­ämie und Blutung 672. — B. Stamp;nmgen der Ernährumj: 1) Brand 573. — 2) Neu­bildungen 573. — 3) Entzündung: a) der acute Bronchialkatarrh 573. — b) die Staupe der Hunde 577. — c) der chronische Bronchialkatarrh 580. #9632;— C Verän-derunyen der physikalischen Eiycnscltaflen: Verengerung und Verstopfung der Bronchien 582. — Erweiterung der Bronchien 582. — D. Pams'dcti. 584. — Die Lungemvurmkrankheit 584.
IV.nbsp; Abschnitt. Krankheiten des Brustfelles 58G.
Anatomische Störungen. A. Locale Störungen des Kreislaufes: 1) Hy­perämie und Blutung 586. — 2) Brustwassersuch't 587. — B. Störungen der Er­nährung: 1) Brand 588. — 2) Neubildungen 588, — von Bindegewebe 588, — die Franzosenkrankheit 588, — von Fett 591, — C'oncrcmcnte 591, — Tubcrcu-lose 591, — Krebs 591. — 3} Entzündung 591. — O. Anomalien des Inhaltes: 1) Ansammlung von Gasen in der Brusthöhle 600. — 2) Parasiten 602.
V. Abschnitt. Krankheiten der Lungen 602.
I. Functionelle Störungen 602.
II. Anatomische Störungen. A. Locale Störunyen des Kreislaufes: 1) Anämie 602. — 2) Hyperämie: a) Lungencongestion 602. — b) Mechanische Hyper­ämien 604. — 3) Lungenblutung 604. — 4) Lungenödem 606. — B. Störunyen der EmUkrung: 1) Lungenbrand G07. — 2) Atrophie 607. — 3) Neubildungen von Bindegewebe, Concremente, Pigmentbildung, Tuberonlose 608. — Cystenbil-dung, Krebs 611. — 4) Entzündung: a) die gewöhnliche (croupöse) Lungenent­zündung 611. — b) die interstitielle (chronische) Lungenentzündung 622. — Die Lungenseuche des Rindes 623. — O. Veränderunyen der physikalischen Eiyen-schaften: der Grosse 633, — das Lungenemphysem 634, — der Lage 635, — des Zusammenhanges 635, — D. Parasiten 636.
IV. Abtlxeilung. Krankheiten der Kreislaufsorgane 637.
I. Abschnitt. Krankheiten des Herzens und Herzbeutels 637.
I. Functionelle Störungen. Herzklopfen 640.
H. Anatomische Störungen. A. Locale Störunyen des Kreislaufes: 1) Anämie und Hyperämie 641. — 2) Blutung 641. — 3j Wassersucht 641. — B. Stö-rungen der Ernährung: 1) Atrophie 642. — 2) Hypertrophie 642. — 3) Neubil­dungen von Bindegewebe, Fett 646, — Tubcrculose, Krebs, Faserstoffgerinnungen 647. — 4) Entzündung: a) Herzbeutelentzündung 648. — b) Entzündung des Herzfleisches 651. — c) Entzündung der inneren Heizauskleidung 662. — O. Ver­änderunyen der physikalischen Eigenschaften 655. — D. Veränderunyen des In­haltes 656.
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II. Abschnitt. Krankheiten der Gefässe Goß.
I.nbsp; nbsp;Arterien C.56. — 1) Hypertrophie und Atrophie G57. — 2) Neubildun­gen 658. — 3) Arterienentzüudung 058. — 4) Erweiterung; Pulsiidergeschwülste G59. — 5} Verengerung- und Versohlieasnng 601. — G) Trennungen des Zusam­menhanges 661.
II.nbsp; nbsp;Venen 662. — 1) Pfropfbildung 662.— 2) Hypertrophie und Atrophie 664, — 3) Neubildungen 064. — 4) Venenentziindung 664. — 5) Erweiterung 666. — 6) Verengerung und Verschliessung 067. — 7) Trennungen des Zusam­menhanges 067.
III.nbsp; Lymphgefässe 607. — Lymphgeffissentzttndung 667.
IV.nbsp; Lymphdrüsen 071. — 1) Atrophie und Hypertrophie 671. — Darr­sucht 672. — 2) Neubildungen 074. — 3) Entzündung 075. — 4) Parasiten 076.
V.nbsp; nbsp;Krankheiten der Schilddrüse 676. Anhang. Der Dampf der Pferde 077.
V. Abtheilung. Krankheiten der Verdauungsorgane 681. I. Abschnitt. A. Krankheiten der Maul- und Rachenhöhle (381.
I. Functionelle Störungen 084.
II. Anatomische Störungen. A. Locale Störungen des Kreislaufes: 1) Anämie und Hyperämie 085. — 2) Blutung 085. — B. Stömnjen der Ernährung: 1) Neubildungen 685. — 2) Entzündung: a) der Manischleimhaut 680; — b) der Schleimhaut des harten Gaumens 080; — c) die Hals- und Rachenentziindung
686.
C. Schmarotzer 690.
B. Krankheiten der Speicheldrüsen 690.
I.nbsp; Functionelle Störungen. Verminderung der Speichelabsonderung 690.
—nbsp; nbsp;Vermehrung der Absonderung 691.
II.nbsp; nbsp;Anatomische Störungen. 1) Neubildungen 692. 2) Entzündung 092.
0. Krankheiten der Speiseröhre 693.
1) Neubildungen 093. — 2) Entzündung 693. — 3) Erweiterung 093. —-4) Verengerung 694. — 5) Trennungen des Zusammenhanges 694. — 6) Para­siten 694.
II. Abschnitt. Krankheiten des Magens und Danncanales 695. I. Functionelle Störungen. Die Lecksucht der Kühe 707. — Die Kolik 709. — Kolik der Pferde 710. —Kolik der Wiederkäuer 718. — Kolik der Schweine 719. — Kolik der Hunde 719.
II. Anatomische Störungen. Ä. Locale Störungen des Kreislaufes: I) Anämie 721. — 2) Hyperämie 721. — 3) Blutung 721. — B. Störungen der Ernährung: 1) Brand 722. — 2) Hypertrophie und Atrophie 723. — 3) Neubil­dungen 723. — 4) Entzündung: a) Aeuter Katarrh der Magen-und Dannschleim-haut 724. — b) Entzündung der Mastdarmsehleiinhant 728. — c) Chronischer Katarrh der Magenschleimhaut 729. — d) Die chronische Unverdaulichkeit 730.
—nbsp; e) Der chronische Darmkatarrh 732. — f) Cronpöse Entzündung 735. — g) Die Eämmeiruhr 735 — h) Die Kulir 739. — ij Entzündung des Nahrungsschlauchcs
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diii-ch Gifte 743. — k) Die Holz- oder Waldkrankheit 740. — C. Veramp;ndenmgea der 'jihysikaliscUen Eigensehaßen: I) der Grosse 747, — 2) der Lnge 748, — a) in­nere Darmeinsohnfirnngen 750. — b) Darmeinschiebung 754. — Mastd.-irmvorfall 755. — 3) der Verbindung und des Zusammenhanges 750. — 1). Veränderungen des Inhaltes: 1) Ansammlung von Gasen 759. —Trommelsucht 7G0. — 2) Magen-und Dannsteine 764. — 3) Parasiten 764.
III. Abschnitt. Krankheiten der Leber 766.
I. Functionelle Störungen 770. II. Anatomische Störungen. A. Des Leberparenchyms: 1) Anämie 771.
—nbsp; nbsp;2) Hyperämie 771. — 3) Blutung 772. — 4) Neubildungen 773. — 5) Eut-zündung 775. — 6J Veränderungen der Grosse, Gestalt und Lage 776. — 7| Pa­rasiten 777. #9632;— B. Der GaUenylinye wtd der Gallenblase: 1) Neubildungen 777. — 2) Entzündung der Gallenblase 777, — 3) der Schleimhaut der Gallengänge 778.
—nbsp; 4) Erweiterungen und Verengerungen 778. — 5) Anomalien des Inhaltes 770.
—nbsp; Die Egelkrankheit 77ü.
IV. Abschnitt. Krankheiten der Milz und des Pancreas 781.
V. Abschnitt. Krankheiten des Bauchfelles 784. Anatomische Störungen. A. Locale Störungen des Kreidaufe-i: 1) Hy-perlimie 785. — 2) Blutung- 786. — 3) Wassersucht 786. — li. Stönmgen der ErnilJaimg: 1) Brand 788. — 2) Neubildungen 7S8. — 3) Entzündung 71)0. — C. Veräiideriiiiycn des Inhalles 795.
VI. Abtheilung. Krankheiten der Harnorgane 797.
I.nbsp; Abschnitt. Krankheiten der Nieren und der Nierenbecken 800.
I Functionelle Störungen. Verminderung der Harnabsonderung 800.
—nbsp; Vermehrung, Harnruhr 801.
11. Anatomische Störungen. A. Locale Störungen des Kreislaufes: 1) Anämie 802, — 2} Hyperämie 802. — 3) ülntung, Blutharnen 803. — jB. Störun­gen der Ernühruiiy: 1) Hypertrophie und Atrophie 805. — 2) Neubildungen 806.
—nbsp; nbsp;3) Entzündung: a) Einfache Nierenentzündung 808. — b) Metastatische Nie­renentzündung 810. — c) Bright'sche Krankheit 811. — d) Entzündung der Nie­renkapsel 812. — e) chron. katarrhalische Entzündung des Nierenbeckens 812. — C. Veränderimyen der physikalischen Eigenschaften S13. — D. Anomalien des In­haltes 813.
II.nbsp; Abschnitt. Krankheiten der Harnblase und der Harnröhre 814.
I. Functionelle Störungen 1) Der Blasenkrtunpf 814 — 2| Die Läh­mung der Harnblase 816.
II. Anatomische Störungen. A. Locale Störunycn des Kreislaufes: Uy-perämie und Blutung 816. — B Störunyen der JSmUhrmg: 1) Hypertrophie und Atrophie 817. — 2) Neubildungen 817. — 3) Enlzünduug der Harnblase: a) Ka­tarrh der Blascusehleimhaut 818 — b) Croup der Blasenschleimhaut 819. — o) Entzündung der Harnröhre 819. — 0. Veränderungen der physikalischen Eiyen-
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XIV
sehaften: 1) der Grosse 820, — 2) der Lage 820, D. Venindei-ungeu des Inhaltes 821.
A n hang. Die Iliirninfectiou 822.
3) des Zusammenhanges 821.
VII.nbsp; Abtheilung. Krankheiten der Geschlechtsorgane 823.
I.nbsp; Abschnitt. Krankheiten der männlichen Geschlechtsorgane 827.
Entzündung und Hypertrophie der Vorsteherdrüse 827.
II.nbsp; Abschnitt. Krankheiten der weiblichen Geschlechtsorgane 828.
I. Krankheiten der Eierstöcke. 1) Blutung 828. — 2) Neubildun­gen 828. — 3) Entzündung 829.
II.nbsp; nbsp;Krankheiten der Gebärmutter. 1) Hyperämie 830. — 2) Blutung 830. — 3) Neubildungen 831. — 4) Entzündung: a) Der chronische Katarrh 831.
—nbsp; b) Entzündung nach der Geburt 832. — 5) Veränderungen der physikalischen Eigenschaften 835 — 6) Veränderungen des Inhaltes 837.
III.nbsp; nbsp;Krankheiten der Scheide. 1) Neubildungen 838. — 2) Entzündung 838. — 3) Grossen- und Lageveränderungen 839.
IV.nbsp; Krankheiten des Euters. I. Functionolle Störungen. Anoma­lien der Milch 839. — a) Fehler der Absonderung: a) bezüglich der Menge 840, ß) bezüglich der Beschaffenheit 840. — b) Fehler der Umsetzung 842. — II. Ana­tomische Störungen. 1) Neubildungen 847. — 2) Entzündung 847.
Anhang. Krankheiten der Scham und der Eichel; Chankerkrankheit 800.
VIII.nbsp; nbsp;Abtheilung. Krankheiten der Bewegungsorgane 854.
I.nbsp; Abschnitt. Krankheiten der Knochen 854.
A. Locale Störwigen des Kreislmifes: 1) Hyperämie 854. — 2) Bhitnng 854. — B. StSnmgen der Erndhrvang: 1) Knochenbrand 855. — 2) Schwund 857.
—nbsp; 3) Hypertrophie 867. — 4) Neubildungen 858. — 5) Entzündung 800. — C, Veränderungen der physikalischen Ehiensclmflen: der Grosse, Gestalt, Verbindung und Lage 8G1. — Knochcnbn'ichc 802. — Knochenversclnvärung 864.
II.nbsp; Abschnitt. Krankheiten der Gelenke 8G5.
1) Gelenkswassersiicht 8G5. — 2) Neubildungen 805. — 3) Entzündung 806. — Gelenkskrankheit der Säuglinge 867.
III. Abschnitt. Krankheiten der Muskel und Sehnen 871. 1) Blutung 871. — 2) Hypertrophie und Atrophie 871. — 3) Neubildnn-
gen 872. — 4) Entzündung 872.
5) Veränderungen des Zusammenhanges 873.
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IX. Abtheilung. Krankheiten der allgemeinen Decke 874.
I. Functionelle Störungen. Abnormitäten der Absonderung auf der Haut 877.
II. Anatomische Störungen. I. Anomalien der Oberhaut, der Klauen und Ilaare: a) der Oberhaut a) die Kleienflechte 879; — ß) die
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Scliuiiiienflechtc 879. — b) des hornigen Ueberzuges der Fusseudeii 881.
—nbsp; Das bösartige Klaucmveli 882. — c) Anomalien der Ilaare 885. — d) Ano­malien des Pigmentes 887.
II. Krankheiten der Lederhaut. Ä. Locale Stürumjen den Kreislauf es: 1) Anämie 887. — 2) Hyperämie 887. — a) Ulntmig 889. — 4) Wassersucht 890.
—nbsp; B. StSnmgea der Ermlhnmg: 1) Brand 890. — 2) Afroiihie 890. — 3) Hyper­trophie und Neubildungen 891. — Der Wurm 892. — 4) Entzündung 893. — I. Eidzilnduny der oberjläc/dicheii, Jlautschkhlcn und Exmdatwnen unter der Epi­dermis: 1) Knötehcuformen 894. — a.) Der gewöliuliche Knöteheuausschlag 895.
—nbsp; ß) Das Hautjucken 895. — 2) Quaddelformen. Der Nesselausschlag 89G. —
3)nbsp; Bläschenfonnen. Eczem 897. — a) gewöhnliches Eczem: a) nasse Flechte 898.
—nbsp; ß) Die Kegenfäulc 898. - -,) Die Mauke des Rindviehes S9S. — b) Grindartiges Kczem 899. — 4) Pustulöse Formen 901. — a) Blatterpusteln 901. — b) Grind 901. — a) Maulgrind 902. — ß) Lippengrind 902. — 7) Mähnen- und Halsgrind 903. — i) Kuss der Ferkel 903. — e) Mauke des Pferdes 903. — //. Enlzlhidung der tieferen Schichten der Lederhaut und des Unierhlt;iulhindpijeicehcs 90(5, — (J. Tren-mmyen des Zusaimnenhanyes 907. — V. Anomalien des Inhaltes: 1) Ansammlung von Luft 907. — 2) Schmarotzer 907. — a) lusecten 908. — b) Arachniden 908.
—nbsp; nbsp;1) Pferdckrätze 909. — 2) Krätze dos Kindes 910. — 3) Schaf kratze 912. —
4)nbsp; nbsp;Schweinekrätzc 913. — 5) Hundekrätze 913. — 6) Krätze der Katze 914. — c) Helminthen 918. — Die Finnenkrankhoit 919.
Formularien 921. Alphabetisches Register 923.
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Verbesserungen.
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Eud.) v. u. „ liourgignon,Bourguignon, v. u. „ höbe — holier y- quot;• ii 4. Pyämie. — 3. Pyämie. v. o. „ übrigen — den übrigen
und 14 v. o. statt Brechweinsteinpräparato — SpiessglanzprSparaie v. o. statt Thürcm — Thüren v. u. „ Klystieron, — Klysticren, anempfohlen,
v. u. „ sect;sect;. in u. fr.) — sect;sect;. in u. ff.
V. o. „ grossen — grosser
v. o. „ Kachenhöhle und des Schlundes.llaclien-
höhle. v. o. „ sie sich — er sich.
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Allgemeiner Theil.
Hüll, raiiml. und Tberapio.
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I. Abschnitt.
Pathologische Grundbegriffe.
sect;. !. Das Leben des Organismus umfasst alle an und in diesem ablaufenden Vorgänge, welche in einem beständigen Wechsel seiner inneren Verhältnisse und seiner Beziehungen zur Aussenwclt be­stellen. Zunächst sind es die Zellen, aus denen in letzter Instanz die Organe und sehlicsslich der ganze Thierkörpcr zusammengesetzt ist, welche bei diesem beständigen nutritiven Wechsel thätig und in gewis­sem Grade auch unabhängig sind, während ihr einheitliches Wirken sowol durch die gegenseitige Berührung und die in einander greifende Bewegung vieler Elemente, als durch die Nerven und die Circulation vermittelt wird.
Jenes Gleichgewicht der Functionen, durch welches die Elcmcn-tartheilc im Stande sind, fich in ihrer Zusammensetzung zu erhalten, sich des Verbrauchten zu entledigen und das Xothwendige anzueignen, bezeichnet man mit dem Ausdrucke: Gesundheit.
Länger andauernde Störungen dieses Gleichgewichtes, welche die Leistungsfälligkeit einzelner Theile oder des Körpers überhaupt beein­trächtigen, durch die gewöhnlichen physiologischen Vorgänge nicht sogleich ausgeglichen werden und den Fortbestand des Körpers oder einiger seiner Elemente gefährden, bedingen das Kranksein eines Individuums. Die Acusserungen dieses Krankseins werden gewöhnlich als Krankheit bezeichnet.
Die Erkcnntniss krankhafter Vorgänge setzt die Kcnntniss des gesunden Lebens — die Physiologie — voraus. Zwischen den Ge­setzen des gesunden und kranken Lebens besteht kein Unterschied; sie weichen nur in den Bedingungen ab, unter welchen sie in beiden in die Erscheinung treten.
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Kraukhcitsuroachen.
Die krankhaften — pathologisohon — Störungen sind entweder abnorme Zustände, l)ei welchen eine Veränderung, ein Wech­sel iu den Erscheinungen nicht zu beobachten ist, oder pathologische Vorgänge — Processe — bei welchen eine Anfeinanderfolge ge­wisser Reihen von Veränderungen stattfindet.
Die Lehre, welche sieh mit der Betrachtung der pathologischen Zustünde und Processe beschäftiget, heisst Pathologie, und insofeme sie hiebei den Thierkörper in's Auge fusst: Zoopathologie.
Die Lehre von dem, bei pathologischen Störungen zu beobachten­den Heilverfahren wird Therapie genannt.
sect;. 2. Eine Störung des gesunden Lehens kann nur durch die Einwirkung einer Ursache, welche mit Rücksicht auf die, durch sie hervorgerufene Krankheit Krankheitsursache, Schädlichkeit ge­nannt wird, veranlasst werden. Jedoch nicht in jedem besonderen Falle gelingt es, dieselbe mit Bestimmtheit nachzuweisen, indem manche anscheinend geringfügige Ursachen durch ihre längere oder bestündige Einwirkung nur allmälig gewisse Veränderungen in bestimmten Organen veranlassen, welche sich erst dann objeetiv durch Zeichen zu erkennen geben, wenn sie eine bestimmte Grosse erlangt haben, während die Schädlichkeit selbst der Wahrnehmung entgeht.
Manche Krankheitsursachen sind an und für sieh schon in ge­wissen normalen oder abnormen Zuständen und Vorgängen des Organismus begründet, und bedingen bald ein offenbares Erkranken, bald nur die Geneigtheit (Disposition), iu Folge der Einwirkung einer anderen Ursache leichter zu erkranken. Sie werden gewöhnlich als innere Krankheitsursachen bezeichnet. Andere wirken von aussen ein — sogenannte äussere Schädlichkeiten — wozu sowol die gewöhnlichen Verhältnisse der Aussenwelt, unter welchen die Tiiiere leben, als auch ungewohnte Einwirkungen chemischer und mechanischer Art gehören.
Jedoch selbst eine und dieselbe Schädlichkeit ruft nicht bei jedem von ihr betroffenen Thiere mit Sicherheit dieselbe Erkrankung oder auch nur eine Störung überhaupt hervor; manche Individuen besitzen eine besondere Prädisposition für den Eintritt von Störungen der Gesundheit, andere sind widerstandsfähiger gegen schädliche Einflüsse. Diese Thatsache ist bald in einer angebomon, erblichen oder erst erwor­benen, leichten, krankhaften Veränderung der üewebselemente einzelner Organe, bald in einer Abstumpfung der Erregbarkeit gegen gewisse Heize in Folge der Gewöhnung an dieselben bedingt.
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Verseil icdcnlicit der Störungen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; O
Nach der Einwirkung pclir intensiver Scliildlichkcitcn erfolgt in der Kegel eine bedeutende Störung in dem betroffenen Organe, und es stehen dann Ursache und Wirkung in einem nachweisbaren Wech-selyerhältnisse; in anderen Fällen reicht eine unmessbarc oder sehr geringe Menge eines Stoffes hin, wesentliche Veränderungen im Or­ganismus zu veranlassen (AnsteckungsstofFe, Gifte), in anderen endlich ersetzt die Andauer, die allmälige Steigerung, der plötzliche Eintritt oder rasche Wechsel der Schädlichkeiten, die mangelnde Intensität ihrer Wirkung.
sect;. 3. Die Krankheitsursachen veranlassen in ihrer Einwirkung auf einen thierisciien Theil entweder Veränderungen des Zusammen­hanges und der Verbindung oder Veränderungen der inneren Zu­sammensetzung desselben; ihre Wirkung ist daher in letzter Instanz eine materielle Störung der normalen Eigenschaften des thicri-seben Theiles.
lgt;ic Veränderungen in der Textur und inneren Zusammensetzung eines Theiles sind bald schon durch die blossc Besichtigung und Prä-paration desselben zu erkennen, bald ist zu ihrer Unterscheidung eine microscopische oder chemische Untersuchung erforderlich; in vielen Fällen kann ihr Vorhandensein nur aus der Beobachtung einer vorhan­denen Functionsstörung erschlossen werden. Hiernach können die Stö­rungen unterschieden werden in grob-mechanische (Störungen der Continuität und Contiguität), in patliologisch-anatomische (Fehler der Form), in pat hologisch - chemische (Fehler der Mischung) und in functionelle.
Obwol Störungen anfänglich sowol als formelle, wie auch als chemische auftreten können, so fuhrt doch eine Veränderung der einen Art in Kurzem zu einer solchen der anderen Art, so dass bei ursprüng­lich veränderter Form bald auch die chemische Constitution des Theiles abgeändert wird und umgekehrt.
In practischer Rücksicht genügt es daher, die Störungen in me­chanische, anatomische (oder organische) und functionelle zu unterscheiden. Jedoch auch die letzteren können nicht unabhängig von inneren, physicalischen oder chemischen Aenderungen in der Zu­sammensetzung der Theile gedacht werden, und je weitere Fortschritte die Untersuchungsmethoden machen werden, in desto engere Grenzen wird ihr Feld eingeschränkt werden. Man ist nur dann berechtiget, eine Störung als eine functionelle zu betrachten, wenn bei einer Abweichung in der A'errichtung eines Theiles entweder keine oder
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VersobiedenboU der StÖningon.
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nur derartige formelle oder chemische Veränderungen desselben sich auffinden lassen, dass sie in eine noihwenclige und entsprechende Ver­bindung mit jener nicht gebracht werden können.
sect;. 4. Jede Krankheitsursache, mit Ansnahme jener, welche den unmittelbaren Eintritt des Todes berbeiführt, mass zunächst einen T h c i 1 des Thierkörpcrs treffen, und vermag demnach auch nur an bestimmten Elementen desselben eine krankhafte Störung zu bedingen. Jede Störung kann daher ursprünglich auch nur eine locale sein. Je weniger der ursprünglich erkrankte Theil mit anderen Organen in Ver­bindung steht, je geringer der Eintiuss seiner Function auf den üo-sammtorganismus ist, desto weniger wird eine Verbreitung der Störung auf andere Theile zu besorgen sein, die aber um so leichter und ge­wöhnlicher erfolgt, je inniger seine Wechselbeziehungen zu anderen Theilen durch Angrenzung, durch Gefasse und Nerven sind.
Obwol es kaum irgend eine örtliche Störung gibt, welche nicht während ihres Bestehens und Verlaufes Veränderungen in der Mischung des Blutes, und in den Nerven veranlassen könnte, daher einer Ver­breitung fähig wäre, so hat man sich doch gewöhnt, die Krankheiten in allgemeine (constitutionellc) und örtliche — locale — zu unterscheiden, und begreift meist unter den ersteren die Abänderungen in der Zusammensetzung des Blutes und die, in Folge der Verbreitung der localen Veränderungen einzelner Theile gesetzten Störungen der Central-theilc des Nervensystems, während man zu den letzteren alle übrigen primär veranlassten Störungen rechnet.
sect;. 5. Die Verbreitung einer localen Störung auf eine geringere oder grösscre Zahl anderer Theile kann auf verschiedenen Wegen erfol­gen. In einem solchen Falle heisst die ursprüngliche locale Störung das primäre, idiopathischc oder Erst - Leiden, die durch selbes ver-anlasste weitere Störung das seeundäre oder Folge - Leiden. Am gewöhnlichsten geschieht die Verbreitung des localen Leidens auf eine oder die andere, oder auf mehrere der nachstehenden Weisen:
a) Durch mechanische oder chemische Einwirkung. Ver­änderungen in der physicalischen Beschaffenheit, in der Schwere, Ela-sticität, Dichte, Form, Grosse und Lagerung eines Organes können durch Druck, Zerrung, Eeibung zu verschiedenen Veränderungen in benach­barten Theilen, wie Schwund, Verschliessung von Ausführungsgängen und Kanälen, anatomischen und functionellcn Störungen führen. Ebenso bedingen Krankheitsproducte der primären Störung, wenn sie scharf und ätzend sind, durch die Berührung und chemische Einwirkung auf
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Verbroitung der 8t5rongen.
andere Theile nicht selten seoundärc Erkrankungen von verschiedener Bedeutung and Gefahr.
li) Durch Ausbreitung auf angrenzende Theile. Diese beschränkt sich entweder auf das ursprünglich ergriffene Gewebe oder Organ, oder sie findet auch über andere statt. So verbreiten sich die krankhaften Affeclionen der allgemeinen Decke, der serösen Häute ge­wöhnlich nach verschiedenen Richtungen dieser Flächen; Krankheiten der Schleimhautcanäle meist in einer dem Strome der abgesonderten Flüssigkeit entgegengesetzten Bichtung; Krankheiten der sogenannten parencliymatösen Organe nach verschiedenen Richtungen, hauptsächlich aber gegen die Oberfläche des Organes zu; Störungen der Empiin-dungsnervon kommen sogleich in dem Contralorgane zum liewusstsein; Störungen im Bereiche der motorischen Nerven worden auf das peripherische Ende übertragen u. s. w. Die Verbreitung auf Gewebe anderer Textur geschieht am gewöhnlichsten auf solche, die mit dem primär erkrankten Organe unmittelbar verbunden sind, seltener auf solche, die nur an dieselben gränzen. So erkrankt das Brust- und Bauchfell in der Hegel, wenn Krankheit sprocessc der von ihnen über­zogenen Organe bis in ihre Nähe vorgeschritten sind.
c) Durch Vermittlung des Nervensystems. Dieses voranlasst zunächst wol nur eine der Nervenstimmung des ursprünglich ergriffe­nen Theiles entsprechende oder entgegengesetzte Stimmung in anderen nicht selten entfernten Theilen, jedoch können diese wieder die Veran­lassung zum Eintritte functionellor und selbst anatomischer Störungen werden. So ruft ein krankhafter Zustand in den Empfindungsnerven eines Theiles eine entsprechende Empfindung in dem Gehirne hervor, und es ist dicss in Krankheiten sogar dann der Fall, wenn Nerven gereizt 'werden, bei denen unter normalen Verhältnissen eine solche Mittheilung nicht staltfindet, wie z. 15. bei den Eingeweidenervon. Er­regungen oder Voränderungen einzelner Empfindungsnerven veranlassen dann nicht selten consensuelle, sympathische oder antagonistische Wir­kungen in anderen Ausbreilungen sensitiver Nervenfasern oder durch Uobertragung dos l{eizcs auf Bewegungsnerven auch lie Hexbewegungen, bisweilen selbst in Theilen, welche von den ursprünglich ergriffenen entfernt liegen (wie Husten bei Lungenkrankheiten), oder aber auch Lähmung. Erregung motorischer Nerven hat nicht selten den Eintritt von Mitbewegungen oder entgegengesetzt Behinderung in der Bewegung anderer Theile zur Folge. Leiden des Gehirnes und Bückenmarkes be­dingen die mannigfachsten Einwirkungen auf die üewegungs - und
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Verbroltnng der Stamp;riingon.
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Empfindimgsneryen selbst sehr entfernter Körperstellen; wovon gewisse Ki-iinkhi'itsi'onnon, wie Dummkollcr, Drehkrankheit, Starrkrampf u. s. f. an tfallende Belege liefern.
d) Durch Vermittlung der Circulation. Diese geschieht bald durch die Aufnahme der Producte localer Erkrankungen in den Strom oirculirender Flüssigkeiten, besonders des Blutes (z. B. bei Entzündun­gen, bei Gerinnungen innerhalb der Oefässe und Eortreissen solcher Gerinnsel durch das strömende Blut u. s. w.), bald durch die Aufnahme fremdartiger Substanzen, wie Jauche, Gifte, Contagien in den Blutstrom, bald durch Zurückhalten gewisser, zur Ausscheidung bestimmter Stoffe im Blute, bedingt durch eine Erkrankung des secernirenden Organes, bald durch Behinderung der Aufnahme gewisser Stoffe in das Blut in Folge von Störungen der hiezu bestimmten Organe (z. B. der Lunge), bald durch Verlust des Blutes entweder im Ganzen oder einzelner seiner Bestand-theile. Alle diese Umstände wirken häufig als Krankheitsursache für andere Organe und bedingen daselbst seeundäre Störungen. Auf diesem Wege wird auch der Eintritt der Metastasen, Versetzungen der Krankheit, vermittelt, von welchen erst später ausführlicher die Bede sein kann.
o) Auf eine bisher unerklärte Weise geschieht die Ausbreitung einer Störung von dem ursprünglich ergriffenen Theile auf andere durch sogenannte Sympathie. Beispiele hievon liefert die Mitleidenschaft eines paarigen Organs an der Erkrankung des anderen, die Antheilnahme einzelner Abschnitte der Schleim-, serösen und fibrösen Häute an Krankhcitsprocessen anderer, mit ihnen nicht in direct cm Zusammen­hange stehender Partien derselben, das häufige Mitleiden der Harn­organe bei Krankheiten der Geschlechtsorgane — und umgekehrt, die häufige Antheilnahme der Darmschleimhaut bei intensiveren Erkrankun­gen anderer Organe, namentlich der Lungen, und viele andere.
Xicht weniger schwierig zu enträthseln ist die Thatsache, dass Krankheitsprocesso von einem Organe auf andere, mit dem ersteren nicht in näherer Verbindung stehende übergreifen, nachdem die Störung in dem erst ergriffenen entweder schon erloschen oder docli ihrem Ende nahe ist; z. B. das Auftreten von Sehnen- oder Gelenksentzündungen nach abgelaufener Lungenentzündung.
Endlich gibt es Organe, welche eine besondere Geneigtheit zeigen, bei den verschiedenartigsten, wenn nur hinreichend heftigen Erkran­kungen anderer Organe in Mitleidenschaft gezogen zu werden.
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Combination, CompUoation.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; .)
Die seoundären Leiden sind bald den primären gleich oder doch ähnlich, bald aber auch völlig von ihnen verschieden; bisweilen hören sie gleichzeitig mit dem Erlöschen der ErsÜeiden auf, bisweilen überdauern sie diese; nicht selten erlangt das seeundäre Leiden eine bei weitem grösserc Bedeutung und Gefährlichkeitquot; für flen betroffenen Theii, als dem primären zukam.
sect;. 6. Nicht selten leidet ein und dasselbe Thier gleichzeitig an Störungen verschiedener Art, die nicht in einem nachweisbaren Verhältnisse zu einander stehen. Man hat in dieser Rücksicht beobachtet, dass manche Processe besonders gerne und häufig neben und mit einander vorkommen, sich combiniren, während andere sich umgekehrt ver­halfen — einander ausschliessen. So ist das Vorkommen von Tu­berkeln neben Herzkrankheiten, Aneurvsmcn, Krebs u. s. f. ein sehr seltenes, dagegen die Combination von Cystcn und Krebs ein sehr hantiges.
Auch bei Herrschen seuchenartiger Thicrkrankheiten wird ein ähnliches Verhalten wahrgenommen. So kommen bei dem Herrschen von Typhus Lungenentzündungen selten vor, bei dem Herrschen des Anthrax ist das Vorkommen der Maul- und Klauenseuche häufig. Bis­weilen sind gewisse Seuchen die Vorläufer anderer (Maul- und Klauen­seuche vor Anthrax), und nach dem Erlöschen bedeutender Seuchen wird bisweilen durch längere Zeit ein selteneres Vorkommen gewisser Krank­heitsformen beobachtet.
Von dieser Krankheitscombination ist aber wohl das Auftreten von Störungen in verschiedenen Theilen zu unterscheiden, welches ent­weder einer der früher angegebenen Verbreitungsarten oder der gleich­zeitigen Einwirkung einer und derselben oder verschiedenartiger Krank­heitsursachen auf verschiedene Theile des Thierkörpcrs oder der wiederholten Einwirkung einer Schädlichkeit auf ein schon krankes Thier seine Entstellung verdankt. In solchen Eällen spricht man dann von Compl icationen der Krankheiten. So entstehen nicht selten in Eolge von Erkältungen bei Pferden gleichzeitig Kolik und Kelie, in Folge der plötzlichen Abkühlung des schwitzenden Körpers eines gleich­zeitig übermässig gefütterten Pferdes: Lungenentzündung und Ueberfüt-terungskolik u. s. w.
Bisweilen treten die durch eine und dieselbe oder durch verschie­denartige gleichzeitig wirkende Ursachen veranlassten Störungen an den verschiedenen verletzten Theilen nicht gleichzeitig in die Erscheinung-dies tindet seine Begründung entweder darin, dass die Störung in
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Ktanklicitä-Zciclx'n.
oiuzelueh Theilen langsamer sicli entwickelt und vorwärts schreitot, als in anderen,' und sich daher in der Regel auch erst später durch Zeichen zu erkennen p;ibt oder darin, dass die durch die Erkrankung eines Theiles bedingten Erscheinungen mit solcher Intensität auftreten, dass sie die durch die vorhandene andere Störung hervorgerufenen vollständig decken, welche letzteren erst dann deutlich werden, wenn die Heftigkeit der ersteren gebrochen ist. Hiedurch erlangt es bisweilen den Anschein, als wäre eine Krankheit die Folge einer andern, gleich­sam früher bestandenen, während die Entwieklung beider doch gleich­zeitig stattgefunden hat.
In der Praxis der Hausthicre, bei denen begreillicher Weise die Mittheilung subjeetivor Empfindungen hinwegfällt, hat man oft Gelegen­heit, sich hievon zu überzeugen.
Nur selten ist es der Fall, dass Krankheitsprocesse ganz isolirt, und ohne Störungen in anderen Theilen ablaufen. Hiedurch, sowie durch die Individualität des erkrankten Thieres geschieht es, dass eine und dieselbe Krankheitsform bei verschiedenen Individuen doch stets Ver­schiedenheiten nicht nur in den Erscheinungen, sondern auch in dem Verlaufe zeigt. Noch autfallender tritt diese Verschiedenartigkeit des Krankheitsbildes hervor, wenn dasselbe bei den verschiedenen Haus-thiergattungen in Betrachtung gezogen wird.
sect;. 7. Das Vorhandensein von Störungen in dem normalen Lebens­vorgange kann nur durch das Auftreten von Erscheinungen erkannt werden, welche mit Bücksicht auf das Zugcgensein eines Krankheits-zustandes oder Processes Krankheitszeichen — Symptome — genannt werden. Die Lehre von den Krankheits-Symptomen heisst Sc-miotik, die Kunst, aus diesen Zeichen auf die sie bedingenden Stö­rungen zu schliessen: Diagnostik.
Bisweilen sind die Krankheitszeichen so auffallend, dass sie bei einiger Aufmerksamkeit nicht übersehen werden können; bisweilen ge­langt man zu ihrer Wahrnehmung erst durch eine genaue Untersuchung und gewisse Untersuchungsmethoden; bisweilen endlich gibt sich die Störung eines Theiles durch directe Erscheinungen gar nicht zu erken­nen, und es lässt sieh nur aus gewissen anderweitigen Störungen ein Schluss auf die Erkrankung desselben ziehen.
In vielen Fällen stellen sich Krankheits-Symptome erst dann ein, wenn die ihnen zu Grunde liegende Störung bereits eine bedeutende Höhe erreicht hat und selbst ziemlich vorgeschrittene Texturverände­rungen zugegen sind; in anderen Füllen verräth sich wenigstens ein
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Diagnose. — Kvanklieil.sverlauf.
Tlioil der vorhandenen Störungen nicht durch auffällige Erscheinungen; in anderen endlich lässt sicli uns den gogemvörligon Symptomen wohl auf das Erkranktsein eines Theiles überhaupt schliessen, während die besondere Art der Erkrankung nicht auszumitteln ist.
Die an einem kranken Tliiere wahrnehmbaren Erscheinungen sind behufs der Stellung einer rationellen Diagnose zu sondern und in ihrem gegenseitigen Verhältnisse und in ihrer Abhängigkeit von gewissen Störungen bestimmter Organe zu würdigen. Hicbei wird es sich heraus­stellen, dass manche von ihnen von gewissen Zuständen eines Theiles unmittelbar abhängig sind, wie die Veränderungen seiner Farbe, Elasti-cität, seines Umfanges u. s.w., während andere sieh nur als die Folgen gewisser Zustände eines Organes, welches überdies bisweilen nicht ein­mal der Untersuchung zugänglich ist, ergeben. So schlicsst man z. L. aus der Beschaffenheit der Absonderungsäüssigkeiten auf den Zustand des secernirenden Organs, aus dem l'ulse auf gewisse Zustände der K rei slaufsorgane.
Die Genauigkeit einer Diagnose wird bei Thiercn, besonders im Beginne der Krankheit, oft durch den Umstand erschwert, dass nur jene Krankheitserschoinungen zur Kennlniss des Arztes gelangen, welche bei der Untersuchimg der Kranken, ihrer So- und Excrete sich ergehen (objective Symptome), während die unangenehmen Empfin­dungen, Schmerzen u. s. w. (subjective Symptome) dem Untersu­chenden häufig verborgen bleiben.
Dieser Umstand fordert zu einer um so genaueren Untersuchung eines kranken Thiercs und zur Benützung jedes sieh darbietenden Hilfs­mittels der physicalischen und chemischen Exploration auf.
Eine Schilderung der einzelnen Jvrankheits - Symptome und eine Würdigung ihres gegenseitigen Werthes kann erst hei der Betrachtung der einzelnen Krankheitsformen gegeben worden.
sect;. 8. Die Reihenfolge von Veränderungen und der von diesen abhängigen Erscheinungen , welche vom Beginne einer Störung bis zu ihrem Aufhören stattfindet, wird Krankheitsverlauf genannt.
In manchen Fällen ist' der Krankheitsverlauf ein sehr kurzer; die kaum entstandene Störung verschwindet rasch; dies ist nur mög­lich , wenn der betroffene Thcil keine wesentliche Aenderung seiner Textur erlitten hat; in anderen bleibt eine einmal gesetzte Veränderung andauernd ohne wesentliche Aenderung zurück — wie manche func-tionellen Störungen und Krankheitszustände —, in anderen endlich führt eine Krankheit zu weiteren Veränderungen in demselben
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I —nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Rrankboitedaner.
oder in anderon Organen, welche in dor primären Störung ihre Be­gründung finden.
Hei Funotionsstörungen im Nervensysteme tritt, wenn sie lungere Zeit andauern, häufig ein TJinscMag in den entgegengesetzten Zustand ein; Krämpfe gehen in Lähmungen, Schmerzen in Empfin­dungslosigkeit über. Gewebserkrankungen veranlassen bei längerer An-dauer meist zunehmende Veränderungen, durch welche die Function des Thoiles gehemmt und das Auftreten seeundärer Störungen mit Ver­zögerung des Krankheitsverlaufes häufig bedingt wird. Ausführlicher kann hieven erst später die Rede sein. Werden die während des Verlaufes einer Krankheit neben und nacheinander auftretenden we­sentlichen Erscheinungen, insofern sie durch bestimmte fnnctionelle oder anatomische Störungen bedingt sind, zusaramengefasst, so erhält man das Gcsammtbild der bestimmten Krankheitsform.
sect;. 0. Xach der Dauer des Krankheitsverlaufes hat man früher die Krankheiten in höchst acute, die bis zu 4, in sehr aente, welche bis zu 7, in einfach acute (hitzige), die bis zu 28, in sub-acute, die bis zu 40 Tagen, und in chronische, welche darüber andauern, eingetheilt. Diese Unterscheidung hat aber keinen besonderen Werth, da die Dauer des Krankheitsverlaufes von so vielfachen und verschiedenartigen Einflüssen abhängt, dass hiernach eine und dieselbe Krankheitsform bald zu den aeuten, bald zu den chronischen gezählt werden müsste; sie kann daher zu einer Eintheilung der Krankheiten in 2 grosse Gruppen, die der aeuten, und jene der chronischen nicht benützt werden. Gewöhnlich nimmt man jetzt den Ausdruck acut als gleich bedeutend mit rasch verlaufend und spricht daher auch in ge­gebenen Fällen von einem aeuten Verlaufe mancher Krankheitsformen, die in der Regel langsam ablaufen.
Im Allgemeinen entwickeln sich nach der Einwirkung nicht zu heftig wirkender Schädlichkeiten oder vorübergehender nachtheiliger Aussenverhältnisse Krankheiten von kurzer Dauer, durch die entgegen­gesetzten Umstände, durch die andauernde Einwirkung solcher EinHüsse auf von früher her geschwächte und herabgekommenc Thiere, durch die Aufnahme deletärcr oder fremdartiger Substanzen in die Circulation hingegen in der Regel langwierige Krankheiten. Störungen, während deren Verlauf Texturerkrankungen entweder gar nicht oder nur der­artig sich entwickeln, dass hiedurch eine namhaftere Eunctionsstörung nicht veranlagst wird, so wie solche, bei welchen Krankheitsproducte entweder nicht ausgesehieden werden oder doch leicht wieder entfernt
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KrankheltBstadleu.
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werden, verlauten gewöhnlieh rascher, wühreud die entgegengesetzten Verhältnisse, die Ausscheidung von Troducten, welche ubernuils als Krankheitsursache wirken oder relativ bedeutende Zerstörungen eines Organes meist einen langwierigeren Krankheitsverlaut' bedingen.
sect;. 10. Das (laquo;esamnitbild eines Krankheitsprücesses erleidet durch die Zu- und Abnahme der Erscheinungen verschiedenartige Abänderun­gen, und es lassen sich demnach im Verlaufe einer Krankheit Zeiträume statuiren, welche sich durch das Auftreten oder Ver­schwinden, die Zu- und Abnahme gewisser Symptome von einander unterscheiden. Solche Epochen nennt man Stadien der Krankheit. Naturgemäss lassen sich bei jeder Krankheit die Stadien des Be­ginnes, der Zunahme, der Höhe, der Abnahme und des Endes unterscheiden, welche, wenn sie auch nicht bei jeder Krankheitsform gleich deutlich sich aussprechen, doch in ihrer Aufeinanderfolge nie­mals fehlen.
Das Stadium des Beginnes oder Anfanges. Eine Erkrankung tritt nur selten so plötzlich auf, class man den Zeitpunct ihres An­fanges mit Sicherheit angeben könnte, wie /.. B. nach der Einwirkung sehr heftig wirkender Ursachen. In den meisten Fällen beginnt sie allmälig und unmerklich, die Veränderungen in dem ergriffenen Organe sind anfangs meist geringfügig, und erlangen erst nach und nach eine grössere Bedeutung, daher sind auch die um diese Zeit durch sie her­vorgerufenen Erscheinungen in der Hegel wenig auffallend und werden häufig übersehen. Dies ist insbesondere bei phlegmatischen Thieren und bei solchen Thiorgattnngen überhaupt der Fall, bei welchen die lieeeptivität dos Nervensystems mehr zurücktritt, wie bei Bindern. Ge­wöhnlich wird von den Eigenthümern oder Wärtern der Tliiere eine Erkrankung erst dann vermuthet, wenn die Thiere zu fressen aufhö­ren und es gelingt desshalb dem Thierarzte nur selten, dem Anfange einer Krankheit zu begegnen, ouss'er er hätte gesunde Thiere unter seiner Aufsicht oder es entwickelte sich bei einem bereits anderweitig kranken Thiere ein neuer Krankheitsprocess. Die während dieses Sta­diums auftretenden Symptome sind auch keineswegs noch von der Art, dass sie schon auf eine bestimmte Störung eines gewissen Organes hin­wiesen, sie sprechen sich meist als unlustiges Benehmen, Traurigkeit und Hinfälligkeit, als Abnahme der Fresslust n. dgl. aus. Bei Krank­heiten, welche sich in Eolge der Einwirkung eines Ansteckungs­stoffes entwickeln, geht dem Beginne der Krankheit noch ein Zeit­raum — das Stadium der Incubation — voraus, welches von dem
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Krankheitsstadien.
Augenblicke der Einführung des Ansteckungsstoftcs bis zum Auftreten der ersten Krankheitserselieinungen wahrt, und sich durch Merkmale gar nicht zu erkennen gibt. Es hat bei verschiedenen ansteckenden Krankheiten eine verschiedene, aber meist bestimmte Dauer.
Im Stadium der Zunahme steigern sich wegen der Zunahme des Krankheitsprocesses die Krankheitserscheinungen allmälig, es kön­nen sympathische Affeotioncii sich einstellen und Allgemeinstörungen auftreten.
Im Zeiträume der Höhe erreicht der Symptomencomplex und der ihm zu Grunde liegende Krankheitsprocess seine höchste Entwicklung, an welcher angelangt entweder der T o d oder ein allmäliger, bald lang­samer, bald rascherer üebergong in das
Stadium der Abnahme eintritt, welches durch das Zurücktreten der drohendsten und stürmischesten Erscheinungen sieh kund gibt, obwol gerade um diese Zeit bisweilen die organischen Veränderungen eines Theiles die höchste Entwicklung erreicht haben und noch ganz wohl den Tod des Thieres zur Folge haben können. Aehnliches gilt von dem
Stadium des Endes, welches sich durch das Verschwinden der wesentlichen Symptome kund gibt, so dass die Krankheit nicht mehr als eine bestimmte Form zu erkennen ist. Nicht selten findet man aber bei einer genauen Untersuchung eines anscheinend schon gene­senden Thieres noch wesentliche pathologische Veränderungen vor, welche sich gleichwol durch auffallende Symptome nicht mehr zu erkennen geben.
Gewöhnlich nimmt man noch das Stadium der Wiedergene­sung, lleconvalcscenz, an, während dessen Dauer das krankgewesene Thier noch Schwäche, Hinfälligkeit, Abmagerung, eine leichtere Em­pfänglichkeit für äussere Einflüsse u. dgl. zeigt.
Bei einigen Krankheitsformen hat man auch eine Eintheilung des Verlaufes mit Rücksicht auf die Veränderungen, welche das ergriffene Organ entweder durch den uatm-gemässen Verlauf des Krankheitspro­cesses oder durch das Krankheitsproduct selbst erleidet, statuirt, welche dann nach der Verschiedenheit des Krankheitsprocessea verschieden ist (Typhus, Lungenentzündung, Binderpest u. s. f.).
Die Rückkehr einer Krankheit aus einem vorgeschrittenen Zeit­räume in einen frühern heisst man Uecidive, Rückfall.
sect;. 11. Die wenigsten Krankheiten nehmen während ihres Ver­laufes glcichmässig zu oder ab; im Gegentheile bemerkt man sehr häuiig Schwankungen zwischen Besserung und Verschlimmerung; man bezeich­net die ersteren mit dem Namen der Nachlässe (Remissionen), die
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AusgUngO der Krankheit.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;ID
letzteren mit jenem der Steigerungen (Exacerbationen). Solche Verschlimmerungen treten bei fieberhaften Krankheiten meistens am Abend und in den Stunden vor ITittermicht ein. Krankheiten, bei welchen während ihres ganzen Verlaufes stets Krankheitserscheinungen vorhanden sind, heissen anhaltende, jene hingegen, welche eine zeit­weilige Unterbrechung der Krankheitsersoheinungen derart zeigen, dass während dieser die Thiere vollkommen gesund erscheinen, aussetzende, i n t er mi 11 i r e nd e — und die auf solche Unterbrechungen folgenden Krank­heitsanfalle Paroxysmen, Anfälle. Krankheiten der letzteren Art äussern sich meistens nur durch functionelle Störungen im Nerven­systeme und sind bei Hausthieren verliältnissmässig sehr selten.
sect;. 12. Der Ausgang einer Krankheit ist entweder die volle Genesung, d. i. die vollständige Herstellung der Gesundheit oder unvollkommene Genesung, bedingt durch das Zurückbleiben von Krankheitsresten, oder die Entwicklung von Nachkrankheiten, oder endlich der Tod.
Vollständige Genesung erfolgt, wenn entweder die funetio-nellen Störungen ausgeglichen, oder die Krankheitsproducte entfernt und stattgehabte Substanzverluste wieder ersetzt sind, mithin das krank gewesene Organ wieder in seinen früheren Zustand zurückversetzt wor­den ist. Sie tritt entweder sehr rasch ein, ohne dass es zu der, der Krankheit eigenthümlichen Entwicklung gekommen wäre (die Krank­heit wird coupirt) oder sie erfolgt erst nach längerer Dauer mit plötzlichem Aufhören der Krankheitserscheinungen, wie bei Stö­rungen der Verrichtung, bei Lageveränderungen oder dort, wo eine im Innern des Körpers vorhandene Krankheitsursache entfernt wird oder sie stellt sicli rasch ein, nachdem die Krankheitserscheinungen unter Eintritt auffallender Erscheinungen, wie Schweissbildung, reichlichen und veränderten Harnes, häufigeren Mistabsatzes, vermehrten und con-sisteutcren Auswurfes nachgelassen oder aufgehört haben. Solche unter auffallender Besserung des Thiercs eintretende Erscheinungen nennt man Krisen und hält sie für die Ursache der eintretenden Besserung, wäh­rend sie in den meisten Fällen nur die Folge einer mit Besserung verbundenen Aenderung des Krankheitsproeesses sind und häufig durch entleerte Krankheitsproducte repräsentirt werden. Kritische Tage, d. h. solche, an welchen Krisen bestimmt eintreten oder doch zu er­warten sind, können bei Hausthieren nicht nachgewiesen werden.
Gewöhnlich aber erfolgt die Genesung nur allmälig, indem ent­weder die functionellen Störungen ausgeglichen werden, oder die
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Ausgleicbang der StSrungen.
organischen Yeräuderungeu uach und nach zur Normalitäl zurückkehren, ein Vorgang, den man mit dem Xamen Lösung — Lysis — bezeichnet.
sect;. 13. Die Ausgleichung einer vorhandenen Störung kann wohl auf verschiedene Weise, stets aber nur auf dem, durch die physio­logischen Verhältnisse vorgezeichneten Wege stattfinden; sie erfolgt daher um so leichter, je günstiger sich hiefür die in der individuellen Beschaffenheit der Theile begründeten Bedingungen herausstellen.
Störungen im Nervensystem gleichen sich entweder auf dem Wege der Ernährung oder durch Verbreitung der Störung auf andere Partien aus. Die Ausgleichung auf dem ersteren Wege erfolgt ent­weder durch den schiiesslichen Eintritt eines Stadiums der Erschöpfung und der Kühe, oder durch einen gesteigerten Stoffumsatü in Folge der Einwirkung eines stärkeren Reizes (Gegenreiz) oder endlich durch Herbeiführung einer vollständigeren Ernährung überhaupt, bedingt durch reichlichere Zufuhr von Xahruugsmateriale. Auf dem letzteren Wege wird die Ausgleichung veranlasst durch Verbreitung der im Nerven­system vorhandenen Spannung über die unmittelbar betroffene Stelle hinaus in der Richtung der Nervenbahnen, wobei die erregten Theile ihre Erregung an die benachbarten abgeben, wornach sie, indem die Erregung sich allmälig erschöpft, in den normalen Zustand zurück­kehren können.
Störungen in der Blutmischung gleichen sich, insofeme sie auf dem Mangel gewisser Blutbestandtheile beruhen, noch dem Auf­hören der sie bedingenden Localaftection theils durch Zufuhr neuer, aus den genossenen Nahrungsmitteln stammenden Elemente, theils durch Resorption im Organismus abgelagerter Stoffe, theils endlich durch die neue Bildung von Blutkörperchen und Faserstoff in den Lymphdrüsen aus. — L'eberschuss in den normalen Blutbestandtheilen, oder die Bei­mengung fremdartiger Substanzen zu denselben gleicht sich bald durch Zersetzung derselben innerhalb der Blutbahn (z. B. Oxydation), bald durch Ausscheidung derselben mittelst eines Absonderungsorganes, bald durch Ablagerung derselben in einem Organe aus. Insoferne solche Zersetzungen, Ausscheidungen und Ablagerungen vollständig sind, und durch sie die Veränderungen in der Blutmischung vollkommen besei­tiget werden, kommt ihnen der Character kritischer Ausscheidungen und Localisationen zu.
Störungen in den Geweben endlich gleichen sich auf dem Wege der Ernährung aus, indem die erkrankten Elemente allmälig vorschwinden und an ihrer Stelle andere neue sich entwickeln. Diese
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Prognose.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;17
Regeneration erfolgt um so leichter und vollstiinfliger, je näher die zu ersetzenden Gewebe dem Bindegewebe stehen, um so schwieriger und unvollständiger, je feiner und complicirter ihr hau ist. Diese Aus­gleichung ist demnach bald eine vollständige, bald eine unvollständige; in dem letzteren Falle kommt dem ncugebildeten Gewebe nicht selten der Character einer Narbe zu. Bisweilen übernimmt ein Organ tem­porär oder bleibend die Function eines krankhaft veränderten und es ist dann, trotz einer mehr oder weniger bedeutenden Abweichung des letzteren von dem normalen Verhalten, dennoch der Eintritt einer we­nigstens relativen Gesundheit möglich.
Die (Jenesung, welche auf einem der angeführten Woge, ohne Anspruchnahme einer Kunsthilfe erfolgt, bezeichnet man mit dem Namen Xaturheilung. Dass zur Erklärung ihres Eintretens nicht die An­nahme einer besonderen, im Körper gleichsam hiefür reservirten Kraft — Xaturheilkraft — erforderlich sei, bedarf nach dem Angeführten wohl keines weiteren Beweises.
sect;. 14. Der Grad der Möglichkeit und Wahrscheinlichkeit, die Genesung eines kranken Tliieres herbeizuführen, bedingt im Allgemeinen die Prognose oder Vorhersage, deren richtige Stellung dem Thier-arzte nur durch eine genaue Bekanntschaft mit dem Verlaufe der ein­zelnen Krankheiten, mit den ihnen zu Grunde liegenden pathologischen Processen, unter Ilücksichtnahme auf die Individualität des eben vor­handenen kranken Thieres möglich wird.
Nach dem Grade der Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit des Wiedereintrittes der Gesundheit unterscheidet man die Krankheiten in leichte, d. h. solche, bei welchen die Genesung dem gewöhnlichen Verlaufe nach mit Wahrscheinlichkeit oder Gewissheit zu erwarten ist — und schwere, bei welchen dem Erkrankten Gefahren bevorstehen; in gutartige, bei welchen die Gesammtheit der Erscheinungen einen giinsügen Verlauf zu hoffen berechtigt und bösartige, bei welchen eine fortschreitende Steigerung der Krankheit oder unvorhergesehene Zufälle die Genesung unwahrscheinlich- machen.
Unvollständige Genesung kann durch verschiedene Umstände bedingt werden. Gewisse Krankheiten hinterlassen nach ihrem Ab­laufen eine Geneigtheit des erkrankt gewesenen Theiles, in dieselbe Krankheit wieder zu verMlen (z. B. Katarrhe), während andere durch das einmalige Uebcrstchen die Geneigtheit zu derselben tilgen (z. B. llinderpest, Schafpocken). Zurückbleibende Kraukheitsproducte, Zerstö­rung eines ürganes oder Organtheilcs ohne genügenden Wiederersatz
Roll, Pathol. und Therapie. II. Aufl.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 2
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warn
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Nachkrankheiten
führen zu andauernden Störungen als Folgen überstandener Krankheiten.
Jsicht selten entwickelt sicli nach dem Ablaufen eines Krankheits-processes eine andere, sogenannte Nachkrankheit. Diese entsteht entweder durch örtliche Ausbreitung des Processes, durch mechanische oder chemische Einwirkung der Krankheitsproducte, durch Vermittlung des Xervensystems und des Blutes, durch sympathische Fortpflanzung oder durch Auftauchen des, in einem Organe zur Lösung gekommenen Krankheitsprocesscs in einem andern Organe oder dadurch, dass die in dem erkrankten Organe vorhandenen Veränderungen eine neue von der ersten verschiedene Krankheit veranlassen (Tuberkel nach Entzün­dungen, Wassersucht nach Entzündung der inneren Hcrzauskleiduug) oder endlich dadurch, dass sicli nach dem Ablauf einer Krankheit eine an­dere, welche mit der ersten in gar keiner Beziehung zu stehen scheint, zu welcher jedoch entweder schon die Anlage zugegen gewesen oder die sogar schon in der Entwicklung begriffen war, entwickelt.
sect;. 15. Der ungünstigste Ausgang einer Krankheit ist der Tod, das Erlöschen des Lcbensproccsscs; dieser erfolgt jedoch nicht immer durch die Störung des vorzugsweise ergriffenen Organes, sondern ist in sehr vielen Fällen durch verschiedene Hebenzufälle und seeundäre Pro-cesse bedingt. Das Erlöschen des Lebensprocesses geht zuletzt immer von den Centraltheilen des Xervensystems und, wie es scheint, insbe­sondere von dem verlängerten Marke aus und kann durch verschiedene Umstände herbeigeführt werden. Unmittelbar führen den Tod herbei: Verletzungen der Centraltheile des Nervensystems selbst, Krankheiten derselben, bei welchen entweder ein Druck auf sie ausgeübt oder eine chemische Veränderung in denselben herbeigeführt wird; —mittelbar: Krankheiten verschiedener Organe, während welcher das Blut eine Ab­änderung in seiner Mischung erleidet, wie jene der Athmungs- und Kreislaufsorgane; Veränderung des Blutes durch die Einführung giftiger, fauliger Stoffe in den Kreislauf u. dgl.
Dem Eintritte des Todes geht in jenen Fällen, in welchen der­selbe nicht urplötzlich erfolgt, durch längere oder kürzere Zeit eine lleihc von Erscheinungen voraus, welche das bevorstehende Erlöschen des Lebensprocesses ankündigen, und mit demNamcn desTodeskampfes, der Agonie, bezeichnet werden. Ihr Auftreten ist dadurch zu erklären, dass das Absterben nicht in allen Theilcn gleichzeitig erfolgt, sondern dass der eine Theil bereits seine Verrichtungen eingestellt hat, während der andere entweder noch vollständig oder doch theilweise
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Agonie— Leiclieuerscheinuugen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; iv
functionirt. Die hauptsächlichsten Erscheinungen der Agonie sind: Erschlaflen der Gesichtsmuskeln, Zurücksinken des Auges, Verschwin­den des Lebensturgors, daher starre, angezogene Haut, Kulte der Schleimhäute der Nase, des ^laules, Blass- oder Bläuliclnverden der­selben , Sinken der Temperatur an den Extremitäten, Ohren und Hör­nern, Ausbruch eines kalten klebrigen Schweisses, ünregelmässig'keit, Schwäche oder Unfühlbarkeit des Pulses und Herzschlages, Verschwin­den des Bewusstseins, bisweilen unwillkürliche Entleerung der Excre-mente und des Harnes.
Bei manchen Krankheiten (wie Herz- und Athmungskrankheiten) dauert dieser Zustand längere Zeit, bisweilen selbst mehrere Tage, in andern Fällen währt derselbe viel kürzer (wie bei Kinderpest, Anthrax) oder er ist bei plötzlich eintretendem Tode gar nicht zugegen. Dieser erfolgt bisweilen bei ganz gesunden, häufiger aber bei schon vorher kränklichen oder kranken Thieren und kann durch sehr verschiedene Ursachen bedingt werden. Dergleichen sind Blutüberfüllungen, Blu­tungen, Ergüsse in das Gehirn, Erschütterungen desselben, so wie des verlängerten Marks, Zerreissungen grosser Gefässe oder des Herzens, mechanische Behinderung des Kreislaufes, Verhinderung des Eintrittes atmosphärischer Luft in die Lungen durch heftige Blutüberfüllung, acute Ergiessuugen von Serum in dieselben, Aufnahme fremdartiger Substanzen in das Blut, acute Zersetzungsxu'ocesse desselben, wie bei Anthrax oder nach sehr heftigen Bewegungen, Erschütterung des gan­zen Körpers oder der Baucheingeweide. In manchen Füllen lässt sich die Ursache des Eintrittes eines plötzlichen Todes durch die darauf­folgende Section wenig oder gar nicht aufhellen.
sect;. 16. Die Merkmale des wirklich eingetretenen Todes zei­gen sich theils an dem Aeussern des Cadavers, theils treten sie im Innern desselben auf; man unterscheidet daher die Leichcnorschei-nuugen in äussere und innere.
Zu den äusseren Leichenerscheinungen rechnet man die bald nach dem Tode eintretende Blässe der sichtlichen Schleim­häute und der nicht pigmentirten Haut stellen, das Verschwinden der thierischen Wärme und Sinken der Temperatur des Cadavers auf die Temperatur der umgebenden Luft, die erst dann wieder steigt, wenn der Fäulnissprocess sich einzustellen beginnt. Der Eintritt der Todeskälte erfolgt bei einigen Krankheiten langsamer, bei anderen rascher und richtet sich auch nach dem Ernährungszustände des Thieres.
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20nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Leicliftncrscheinungen.
Die Todtenstarrc stellt sieh meist schon einige Stunden nacli dem Tode ein und währt nach Verschiedenheit der vorausgegangenen Krankheit, der herrschenden Temperatur, der früher oder später eintre­tenden Fäulniss eine verschieden lange Zeit; sie ergreift die sämmt-lichen Muskeln, tritt jedoch am auffallendsten an jenen des Kopfes und der Extremitäten hervor. Die dieser Erscheinung zu Grunde liegenden Ursachen sind noch immer nicht mit Sicherheit ausgemittelt, und die zu ihrer Erklärung ausgesprochenen Ansichten nicht völlig genügend. Nach E. Weber soll dieselbe durch Zunahme der Elasticität der Mus­keln beim Eintritte des Todes, wodurch sie der versuchten Ausdehnung derselben einen grössern Widerstand entgegensetzen, bedingt sein.
Bei Thieren, welche längere Zeit nach dem Tode gelegen sind, und eine nicht pigmentirtc Haut besitzen, wie bei Schweinen, Schafen, bisweilen auch bei Hunden, trifft man Flecke, sogenannte Todten-fleckc, welche entweder durch das Senken des Blutes innerhalb der venösen Gefässc nach den abhängigsten Körpertheilen, oder durch die Durchschwitzung des mit aufgelöstem Blutfarbestoffe getränkten Blut­serums durch die Gefässwände und Uebertritt desselben in die anstossen-den Gewebe (in welchem Falle sie sich dann längs der grösscren Hauf-venen vorfinden), oder durch Anfüllung der kleineren Gcfässe mit Blut in Folge eines stattfindenden Druckes bedingt sind.
sect;. 1 7. Sehr wichtig ist es, mit den sogenannten inneren Leichen­erscheinungen vertraut zu sein, da eine Unbekannt schaff mit den­selben zu den häufigsten Irrungen bezüglich der Diagnose am Cadaver Veranlassung gibt, indem manchem Befunde, welcher als pathologischer, durch die während des Lebens entstandenen Veränderungen bedingt geschildert wird, nur die Bedeutung einer Leichenerscheinung zukommt. Aus der Schnelligkeit ihres Eintrittes nach dem Tode und aus ihrer Ausdehnung lassen sich jedoch manche nicht zu vernachlässigende Schlüsse auf die Art der vorausgegangenen Exankheit ziehen.
Zu den wichtigsten und häufigsten der hicher gehörigen Erschei­nungen sind zu rechnen:
a) Veränderungen in der Farbe eines ürganes oder Gewebes. Sie sprechen sich bald als eine Verminderung derselben, am häufig­sten der rothen Farbe aus. Eine solche kann entweder durch Verrin­gerung des Blutgehaltes eines Theiles in Folge von Blutsenkung nach anderen Theilen oder stärkerer Zusammenzichung der Capillargefässe während des Sterbeactes bedingt sein, wodurch dann Theilc, welche während des Lebens dunkelroth gefärbt waren, nach dem Tode blass
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Loichenorschi'inungen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ^1
erscheinen, oder sie kann cine Folge der Durchtriinkung des Gewebes mit einer an und für sicli farblosen oder nach vorherigem Austreten des Hlnt-farbestoffes farblos gewordenen Flüssigkeit, oder endlich nur scheinbar und durch Tränkung und Verdickung der ein Organ überziehenden Membran veranlasst sein, wie diess z. B. an der Leber nach Durchfeuch­tung des sie überziehenden Bauchfelles der Fall ist. Die dunklere rothe Färbung -wird durch Senkungen des Blutes, durch Tränkung des Organes mit gelöstem Blutfarbestoffe, durch längere Einwirkung des Sauerstoffes oder der Darmgase auf einen bluthältigen Theil bewirkt. Eine Abänderung der Färbung entsteht durch Fäulniss, durch Trän­kung mit farbigen Flüssigkeiten, z. B. Galle, durch die Einwirkung von Darmgasen, durch Veränderung der physikalischen Eigenschaften eines Organes, wie Schwellung, durch den Grad der Trockenheit oder Feuch­tigkeit desselben.
b)nbsp; nbsp;Abänderungen in der Consistenz. Sie sprechen sich in der Mehrzahl als Verminderung derselben — Erweichung — aus, be­dingt entweder durch stärkere Durchfeuchtung oder chemische Einwir­kung , Fäulniss, Entwicklung von Gasen. In letzterer Beziehung ver­dienen insbesondere die Erweichungen des Magens, welche man bei Pferden und Hunden nicht selten lindet, eine besondere Bemerkung. Sie kommen bei der erstcren Thiergattung an dem Pförtnertheile, bei der letzteren besonders am Grunde des Magens vor, finden sich nur bei Thieren, die nach dem Tode längere Zeit gelegen sind, und werden durch die Einwirkung des sauern Magensaftes auf eine schon von früher her blutreiche (hyperämische) Schleimhaut oder durch den Fäulniss-process veranlasst. Man findet dann meistens die Schleimhaut blutig oder schmutzig braunroth gefärbt, entweder blos weicher und leichter abstreifbar oder sogar zu einem Breie oder einer gallertigen Masse erweicht.
Eine Vermehrung der Consistenz kann als Leichenerschei­nung blos durch den Verlust der in einem Theile vorhandenen Flüs­sigkeit veranlasst werden und ist jedenfalls eine sehr seltene Er­scheinung.
c)nbsp; nbsp;Veränderungen des Volums bestehen entweder in einer Vermehrung desselben, welche durch den Eintritt von Flüssigkeiten oder die Ansammlung von Gasen veranlasst wird — oder in einer Verkleinerung, welche ebensowohl durch Aufhören des Lebensturgors als durch Entfernung der enthaltenen Blutmasse oder Flüssigkeiten ent­steht. -Manche während des Lebens vorhandene, namentlich Entzündungs-
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Tjcichenersch :mningon.
Geschwülste, sind auf diese Weise nach dem Tode völlig oder grössten-thcils versclnvunden.
d)nbsp; nbsp;Die Durchsichtigkeit eines hautartigen Organes, insbeson­dere der serösen Häute wird vermindert durch das Aufhören des Lebensturgors, durch Tränkung desselben mit Flüssigkeit; eine ver­mehrte Durchsichtigkeit kann nur durch Austrocknung eines der at­mosphärischen Luft ausgesetzten Theiles veranlasst werden. Die Con-statirung dieses Zustandes als Lcichencrscheinung unterliegt wohl keiner Schwierigkeit.
e)nbsp; nbsp;Eine Verminderung des, einem Organe zukommenden Glan­zes wird in den meisten Fällen durch stärkere, seröse Dui-chfeuchtung, seltener durch Verminderung der Spannung, durch Erweichung, Uneben­heit der Oberfläche veranlasst, während eine Vermehrung desselben einer massigen Durchfeuchtung, insbesondere eines parenehymatösen Or­ganes (z. B. des Gehirnes), einer bedeutenderen Spannung oder Zu­sammenziehung des Theiles ihre Entstellung verdankt.
f)nbsp; nbsp;Die Elasticität der Theile wird in Cadavcrn meistens ver­mindert angetroffen u. z. in l'olge des Eintrittes der Fäulniss, der stärkeren Tränkung mittelst durchgeschwitzter seröser oder blutiger Flüssigkeit.
Von grösserer Wichtigkeit bei Beurtheilung des Leichenbefundes erscheinen die Veränderungen, welche in Folge der Gerinnung des Blutes und des Ausscheidens gewisser Bestandtheile desselben, oder des Durchdringens des, reinen oder aufgelösten Blutfarbestoff enthalten­den Blutserums entstehen. Es gehören hieher:
g)nbsp; nbsp;Die Blut- und Faserstoffgerinnsel, welche sich häufig im Herzen und in den Gefässen nach dem Tode vorfinden. Ihre Bildung hängt meist mit der Abnahme der Körpertemperatur zusammen, obwol nicht zu übersehen ist, dass die Zusammensetzung des Blutes, die Be­rührung mit fremdartigen Substanzen eine, wenn auch nicht immer aus-zumittelnde Holle in Beziehung auf die Schnelligkeit ihrer Bildung spielt. Je rascher die Gerinnung vor sich ging, desto umfangreicher, aber auch weicher ist das Coagulum, unter entgegengesetzten Verhält­nissen wird es kleiner, über derber und enthält meist den Faserstoff von den Blutkörperchen getrennt. Am umfangreichsten sind sie in der Hegel in der rechten Herzkammer und erstrecken sich von da aus, wenigstens beim l'ferdo, nicht selten weit in die Lungenarterien, wäh­rend sie sich in der linken Kammer meist sparsamer bilden. Sie liegen bisweilen ziemlich innig und fest der Herzwand an; wenn sie vorwaltend
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Leichenerscheinungen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 2d
Faserstoffgerinscl sind, sind sie nicht selten zwischen die Sehne nfiiden der Klappen wie eingefilzt und füllen bisweilen die Kammern, vorzugs­weise die rechte, vollkommen aus. Da man sie manchmal bei Thieren antrifft, welche sogleich nach dem Tode secirt werden, so muss dann ihre Bildung schon auf die Zeit des noch bestehenden, wenn auch er­löschenden Lebens zurückgeführt werden. Sie entstehen liier offenbar dadurch, dass bei sehr verlangsamten Blutlaufe der Faserstoff sich an den Sehnenfaden und den Balkenmuskcln ablagert, wahrend die, wenn auch schwach fortdauernden Zusammenzielmngen des Herzens die Ge­rinnung des Blutes im Ganzen hindern und dasselbe noch forttreiben. Da durch diesen Vorgang das Blut an Faserstoff verarmt, so steht dann die Menge der in beiden Herzkammern vorfindlichen Fibringerinnsol stets in umgekehrtem Verhältnisse. In den Gefassen des übrigen Kör­pers trifft man sie desshalb, weil Thiere meist bald nach dem Tode untersucht werden, seltener an; bei solchen jedoch, welche länger ge­legen sind, finden sie sich bisweilen auch in den arteriellen Gefassen der Extremitäten. Bisweilen zeigen die in den Herzkammern vorfind­lichen Coagula ein nahezu eiterähnliches, durch die Gegenwart einer bedeutend grossen Menge farbloser Blutkörper, bedingtes Ansehen, wovon noch später die Hede sein wird.
h) Blutüberfüllung findet sich häufig in gefässreichen, aus lockerem Gewebe bestehenden Theilen; am ausgeprägtesten dann, wenn das Blut an und für sich dünnflüssig und dunkelgefärbt ist, oder wenn die Gerinnung desselben durch höhere Temperatur der Umgebung (im Sommer) oder durch rasch eintretende Fäulniss gehindert wird. Sie entstehen entweder durch Senkung des Blutes nach den tiefer gele­genen Theilen des Cadavers (wie in den Lungen, in einzelnen Ab­schnitten des Darmcanales), oder dadurch, dass in Folge des durch ein Organ, durch Gase u. dgl. ausgeübten Druckes das Blut zu einem an­deren Organe hingepresst oder sein Abfluss verhindert wird. Solche, nach dem Tode mit Blut überfüllte Organe zeigen eine dunkle, gegen die abhängigste Stelle am deutlichsten entwickelte, gleichförmige oder fleckige Eöthung, welche nach aufwärts zu allmälig blässer wird, und in die normale oder durch Krankheiten schon von früher her verän­derte Färbung des Organes übergeht.
i) Die Leichentränkungen beschränken sich entweder auf das Organ, in welches der Durchtritt von Flüssigkeiten unmittelbar statt­gefunden hat, oder sie überschreiten die Gränzen desselben und treten in Körperhöhlen oder andere anstossende Organe über. Sie werden
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Allgemeine Heilgrundsätze.
1
häufig durch Blutserum, welches aufgelösten Blutfarbcstoff enthält, zuerst die Gefüsswandungen oder die innere Herzauskleidung tränkt und dann in anstossende Gewebe oder Höhlen tritt, bedingt. Die Fär­bung ist dann am stärksten in der Nähe der Gefässe und verliert sich um so mehr, je grosser die Entfernung von denselben wird; sie ist meistens tlunkelbläulichroth oder violett und insbesondere in solchen Theilen sehr stark entwickelt, welche mit grösseren Mengen Blutes durch längere Zeit in unmittelbarer Berührung gestanden haben, z. B. an der inneren Herzauskleidimg. Rein seröse Flüssigkeit dringt bisweilen von den serösen Säcken in die anliegenden Theile ein, durch­tränkt, schwellt, bleicht vmd erweicht dieselben, oder es gelangt um­gekehrt von einem durchfeuchteten Organe aus in Höhlen und Säcke und bedingt daselbst Ansammlungen von verschiedener Mächtigkeit.
Gallige Durchtränkungen finden sich bei Thiercn, welche eine Gallenblase besitzen, wenn diese eine grössere Menge, besonders düunäüssige Galle enthält, die dann durch die Blasen Wandungen in die unmittelbar angelagerten Theile, insbesondere in die Magen- und Zwölf­fingerdarmwände eindringt.
Manche an dem Cadaver vorfindliche Erscheinungen müssen jedoch als Folgen der Agonie erklärt werden. Hieher gehören die Darm­einschiebungen, welche bei Pferden und Hunden bisweilen beob­achtet werden, sicli aber durch den Mangel jeder Entzündungserscheinung so wie dadurch, dass sich die ineinandergeschobenen Darmstütke leicht auseinander ziehen lassen, leicht von den schon während des Lebens gebildeten unterscheiden lassen, ferner Einschnürungen am Magen und Darme, leichte Achsendrehungen des letzteren, ohne Merkmale der Entzündung, Risse der Muskelfasern und Bänder, Zerreissung von Lungenbläschen und Austritt von Luft in das Bindegewebe der Lungen.
II. Abschnitt.
Allgemeine Heilgrundsätze.
sect;. 18. Der Endzweck des ärztlichen Handelns ist einerseits die Herbeiführung der Heilung vorhandener Krankheiten (Therapie), an­dererseits die Verhinderung des Entstehens einer Erkrankung (die Pro­phylaxis).
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Prophylaxis.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;25
Die Vorbauunf?, Prophylaxis, hat die Aufgabe, entweder das Erkranken überhaupt zu erschweren und seltener zu machen, oder ein­zelne Thiere oder ganze Heerdcn vor einer drohenden Krankheit zu schützen. Die erstere Aufgabe wird durch ein entsprechendes diätetisches und hygienisches Verhalten und durch Abhärtung am sichersten gelöst; die letzlere, deren Erfüllung insbesondere bei bevorstehenden Seuchen­krankheiten in Betracht kommt, umfasst Mittel der verschiedensten Art, welche in diätetische, therapeutische und Veterinär-polizei­liche zerfallen.
Die diätetische Prophylaxis sucht Krankheitsursachen, von denen es bekannt ist, dass sie gewisse Krankheitsformeu hervorzurufen im Stande sind, ferne zu halten; sie fällt wohl häufig mit den allgemeinen Vorschriften der Gesunderhaltungslehre zusammen, entfernt sicli aber in anderen Eällen mit llücksicht auf die eben zu verhütende Krankheit von ihnen. Ihre Durchführung stösst nicht selten auf mannigfache, ins­besondere ökonomische Schwierigkeiten und ist überhaupt nur dann mög­lich, wenn die durch sie veranlassten Opfer sich nicht schliesslich be­deutender herausstellen, als der Schade, welchen die drohende Krank­heit etwa verursachen könnte.
Die therapeutische Vorbauung kann, wenn von den absolut schädlichen und widersinnigen, sogenannten Vorbauungscuren abgesehen wird, bloss darin bestehen, dass entweder eine schon im Keime vor­handene Krankheit, wo möglich coupirt, ein in den Körper gelangter Ansteckungsstoff zerstört oder eine bestimmte normale oder abnorme An­lage zu einer gewissen Krankheit getilgt wird.
Die polizeiliche Prophylaxis ist bei Seuchen, insbesondere an­steckenden, von dem grössten Belange. Sie besteht in der Durchfüh­rung gewisser von dem Staate vorgeschriebener Massregeln, wodurch die Weiterverbreituug von Krankheiten verhindert und die Tilgung der­selben herbeigeführt wird.
Die prophylactische Behandlung, gehöre sie einer oder der anderen der eben erwähnten Kathegorien an, ist entweder gegen die Krankheits­ursache oder gegen eine schon im Keime vorhandene Krankheit gerichtet. In ersterer Beziehung sucht sie entweder der allgemeinen oder individuellen Anlage zu Krankheiten zu begegnen oder äussere Schädlichkeiten zu beseitigen.
Der allgemeinen Krankheitsanlagc kann in den meisten Fällen am sichersten durch ein der Thiergattung und dem eben zu behandeln­den Thiere entsprechendes diätetisches Verhalten und durch vernünftige
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Prophylaxis.
Abhärtung begegnet werden. Gegen die Gefahr einiger contagiöser Krankheiten ist die Impfung, d. h. die Einführung eines Vehikels des Contagiums in eine passende Körperstelle eines noch nicht angesteckten Thieres gerichtet; ihre Vornahme ist jedoch nur dann angezeigt, wenn die durch die Impfung hervorgerufene Krankheit milder und gefahrloser verläuft, als die durcli gewöhnliche Ansteckung entstandene, oder wenn man eine wohl an und für sich nicht gefährliche, aber durch ihr nur allmäliges Fortschreiten und längere Dauer lästige Seuche abzukürzen beabsichtiget.
Gegen individuelle Anlagen, welche entweder in der theils an­geerbten , theils durch den fortwirkenden Eintluss gewisser, obwol an und für sich geringfügiger Schädlichkeiten bedingten, durch äussere Merkmale jedoch nicht zu erkennenden Geneigtheit zu gewissen Erkran­kungen oder in einer durch vorausgegangene Krankheiten und die hie-durch herbeigeführten Veränderungen bestimmter Organe verursachten Disposition zu bestimmten Folgekrankheiten besteht, kann in prophy-laclischer Hinsicht entweder durch eine der Entstehung der befürchte­ten Krankheit entgegenwirkende Heilmethode oder durch die Beseitigung der Reste der vorausgegangenen Krankheit gewirkt werden.
Die äusseren, der Entstehung einer Krankheit günstigen Ein­flüsse werden theils durch genaue Beachtung der allgemeinen diäteti­schen und hygienischen Vorschriften, theils, u. z. insbesondere bei orts-cigenen Krankheiten durch die möglichst thunliche Verbesserung oder Beseitigung jener Verhältnisse, unter deren Eintiusse sie sich entwickeln und herrschen, bekämpft. Diese sind entweder bekannt und mehr oder weniger leicht zu entfernen, oder sie sind unbekannt, in welchem Falle man sich dann darauf beschränken muss, wo möglich solche Verhält­nisse herbeizuführen, bei deren Vorhandensein die Seuche notorisch nicht vorkommt. Bei nachgewiesen ansteckenden Krankheiten beruht die Prophylaxis in der Fernhaltung oder der Zerstörung des Con­tagiums. Diese wird entweder durch das Tödten oder Separiren des mit einer contagiösen Krankheit behafteten Thieres oder durch Zerstö­rung des Contagiums an oder mit seinem Träger, was je nach der Na­tur der einzelnen Contagien auf verschiedene Weise geschehen muss, oder endlich, was jedoch nur selten gelingt, durch Vertilgung und Zer­störung des bereits auf ein Thier übertragenen Ansteckungsstoffes erreicht. Das letztere kann überhaupt nur dann mit einiger Wahrscheinlichkeit des Erfolges versucht werden, wenn das Contagium in eine Wunde eingedrungen ist, in welchem Falle man es entweder durch Waschen
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Kunstheilung. — Radicalcur. — Svmptomatische Curnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;27
zu entfernen oder durch die Einwirkung gewisser local angewandter Mittel zu zerstören, oder falls es bereits in den Organismus eingedrun­gen und aufgesaugt worden wäre, durch Hervorrufung und Unterhaltung eines künstlichen Geschwüres an der Wundstelle, durch welche das Contagium eingedrungen ist, zur Ausscheidung zu bringen trachtet.
Gegen Krankheiten, welche bereits in der Entwicklung begriffen sind, kann nur in seltenen Fällen eine Vorbauungsbehandlung möglich werden.
sect;.19. Die Heilung einer sclion entstandenen Krankheit geschieht ohne oder unter der Einwirkung der Kunsthilfe; die erstere heisst Jf a-turheilung, die letztere Kunstheilung, Therapie.
Von der Naturheilung war schon früher (sect;. 13) die Hede.
Die Kunstheilung — Therapie im eigentlichen Sinne — kann im Allgemeinen keine anderen Wege verfolgen, als die Naturheilung. Ihr Zweck ist: Störungen, unter Benützung der vorhandenen physiolo­gischen Einrichtungen des Körpers durch künstliche Herbeiführung ent­sprechender Bedingungen der möglichst günstigen Ausgleichung zuzu­führen. Alle jene Eingriffe und Veranstaltungen, welche zur Ausgleichung oder Milderung einer Störung in Anwendung kommen, werden mit dem Namen der Cur bezeichnet. Ist diese gegen die Krankheit im Ganzen und die sie hervorrufenden oder unterhaltenden Ursachen gerichtet, be­zweckt sie mithin eine gründliche Herstellung, so wird sie Radical­cur genannt. Ihre Aufgabe ist einerseits, jene Ursachen zu erforschen, welche die Krankheit hervorgerufen haben, unterhalten und steigern (ein besonders bei sogenannten innerlichen Krankheiten sehr schwieri­ges, oft unmögliches Vornehmen), um sie von den kranken Thieren ferne zu halten, anderseits das directe therapeutische Wirken gegen den aus-gcmittelten pathologischen Process.
In Fällen, wo die Einleitung dieser Curart nicht möglieh ist, muss man sich damit begnügen, die schlimmsten Erscheinungen zu mildern und die drohendste Lebensgefahr zu beseifigen, ein Verfahren, welches mit dem Namen der sj'mptomatisehen Cur bezeichnet wird. Man unterscheidet diese abermals :
a) in die Lebenscur, deren Zweck es ist, die drohende Lebens­gefahr, falls dieselbe auch nur durch eine einzelne Erscheinung der Krankheit bedingt wird, zu heben (z. B. Paraeenthcse bei Erstickungs­gefahr, verursacht durch seröse Ergüsse in die Brusthöhle, bei Ansamm­lung von Ga^en im Pansen oder Darme; Stillung gefahrvoller Blutun­gen bei Verwundungen, Anstellung eines Aderlasses bei drohender Ge­hirnapoplexie u. dgl.);
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28nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Empirisches Heilverfahren.
b)nbsp; nbsp;in die Erhaltungscur, deren Aufgabe es ist, ein mit chro-niscben, vielleicht unheilbaren Leiden behaftetes Thier wenigstens fur eine gewisse Zeit, aus verschiedenen ökonomischen Eücksichton bei Le­ben zu erhalten;
c)nbsp; nbsp;in die Lindcrungs- oder palliative Cur, welche die Hebung solcher Krankheitserscheinungen beabsichtigt, die entweder eine Steige­rung des Krankheitsprocesses oder gefahrdrohende Complical ionen zu veranlassen im Stande sind, oder dem Eintritte der Genesung hindernd in den Weg treten. Sie ist entweder bestrebt, der Durchführung der Radicalcur vorzuarbeiten, oder den Eintritt der Naturheilung zu begün­stigen. Endlich gehört hieher
d)nbsp; nbsp; die sogenannte Nachcur, d. i. jenes Heilverfahren, welches während der Reconvalescenz von einer Krankheit in Anwendung kommt und entweder die Krankheitsrestc, welche zu Rückfällen häufig Veran­lassung geben, zu beseitigen, oder die in einzelnen Organen zurückblei­bende ScliAväche und Geneigtheit zu wiederholten Erkrankungen zu heben beabsichtiget.
sect;. 20. Man hat in der Therapie von jeher zwei Verfahrungs-weisen einander entgegengestellt, die empirische (erfahrungsmässige) und die rationelle.
Empirisch heisst jenes Heilverfahren, welches als alleinigen An-haltspunct des Handelns früher vorgekommene Krankheitsfälle gleicher oder ähnlicher Art berücksichtiget und zur Bekämpfung einer Krankheit jene Heilmethode und jene Heilmittel in Anwendung bringt, welche sich bereits früher unter ähnlichen Umständen erfolgreich bewiesen haben.
Wenn gleich die Xothwendigkeit eines empirischen Verfahrens für jene Fälle zugegeben werden muss, für welche man auf rationelle Weise eine Therapie anzugeben noch nicht vermag und für jene Krank­heiten zugestanden werden kann, in denen sich nach reichlicher Erfah­rung eine gewisse Heilmethode als wirksam erwiesen hat, so muss doch die allgemeine Durchführung dieses Principes als schädlich und leicht­sinnig verworfen werden. Einerseits nämlich sind jene Fälle nicht häufig, wo sich die nachfolgende Heilung der Anwendung bestimmter Mittel mit Sicherheit zuschreiben lässt, anderseits aber die Krankheitsfälle nur selten unter einander so gleich oder auch nur wesentlich ähnlich, die in ihren äusseren Erscheinungen ähnlichen überdiess in dem ihnen zu Grunde liegenden Krankheitsprocesse häufig so wesentlich verschieden, endlich selbst die ähnlichsten durch die Individualität des kranken
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Rationelles HeilverfabroQ.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 2u
Thiorcs so mannigfaltig modificirt, dass durch diese Umstände die nütz­liche oder schädliche Wirkung eines und desselben Mittels oder einer Heilmethode nothwendiger Weise abgeändert werden muss. Das ganze thera­peutische Handeln läuft hei diesem Verfahren meist auf das Curiren eines blosscn Krankhcitsnamens hinaus. Uehcrdicss bestellen auch therapeu­tische Erfahrungen nicht in jener Zahl und die gerühmten Heilerfolge besitzen bei weitem nicht jenen Grad von Glaubwürdigkeit, dass sich auf sie ein sicheres empirisches Verfahren begründen Hesse.
sect;. 21. Das rationelle Verfahren sucht, basirt auf die Kennt-niss der einer gewissen Krankheit zu Grunde liegenden functionellcn oder anatomischen Störungen, ihres natürlichen Verlaufes und der wäh­rend desselben gewöhnlich eintretenden Gefahren jene Methoden und Mittel in Anwendung zu bringen, welche nach dem Stande unseres pharmakologischen Wissens entweder die Ausgleichung einer vorhande­nen Störung herbeizuführen oder doch die gefährlichsten Zustände vor­läufig zu beseitigen geeignet erscheinen. Diesem nach kann man hiebei zwei Methoden unterscheiden, die direct heilende und die exspeetative (abwartende).
Die direct heilende Methode leitet ein Verfahren ein, durch welches die vorhandenen Störungen oder docli einzelne ihrer wesentlichen Erscheinungen geradezu aufgehoben werden. Gelingt hiedurch die Be­seitigung sehr rasch, so dass die krankhaften Erscheinungen schnell zurücktreten und die Gesundheit mehr weniger vollkommen wieder­hergestellt wird, so heisst sie insbesondere die coupirende Methode. Sie erfordert nicht selten heftige und energische Eingriffe, welche bis­weilen gefahrvolle Verschlimmerungen oder Complicationen herbeizufüh­ren im Stande sind, wesshalb bei ihrer Anwendung stets grosse Vorsicht zu beobachten ist. Die Art und Weise, auf welche eine Krankheit oder ihre lästigen Symptome direct beseitigt werden können, ist höchst vor­schieden. Am gewöhnlichsten geschieht diess: durch Entfernung der, eine Krankheit unterhaltenden oder hervorrufenden Ursache (Ausziehen eines fremden in den Organismus gedrungenen Körpers, Entfernung eines Darmconcrementes, der Darmwürmer u. s. f.), wohin auch zahl­reiche chirurgische Eingriffe gehören; durch rasche Beseitigung eines örtlichen Krankheitsprocesses (mittelst Aderlass, Kälte, chemischer Einwirkung auf das erkrankte Gewebe, durch narkotische Mittel); durch directe Anwendung von Arzneistoffen auf den afficirten Theil (Ein­führen von Wasser oder aromatischen, adstringirenden Dämpfen in die Luftwege, Einsprilzungen in zugängliche Körperhöhlen oder Canäle
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30nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Curplan. Heil-Auzeigen.
u.dgl.); durch künstliche Hervorrufung gewisser, auf die Zustände des Gesammtorganismus Einfiuss nehmender Functionsäusserungen (Erbrechen, Abführen, Schwitzen u. dgl.); durch künstliche Herab­stimmung des Nutritionsprocesses (z. B. durch Blutentleerungen, Entziehung des Futters u. dgl.); durch künstliche Steigerung des ört­lichen Krankheitsprocesses; durch Hervorrufen von Zuständen, welche den kranken entgegengesetzt sind (Abführen bei Verstopfung); durch Anwendung chemisch wirkender Substanzen als Gegengifte; endlich durch die sogenannte Ableitung, d. h. Hervorrufung von Ver­änderungen in einem vorher gesunden Theile, um hiedurch auf sympa­thischem oder antagonistischem Wege eine llilderung des Krankheits­processes in dem erkrankten Organe zu veranlassen.
Die abwartende, exspeetative Methode beschränkt sich darauf. Alles abzuhalten, was den natürlichen Verlauf der Krankheit zu stören, oder Verschlimmerungen herbeizuführen im Stande ist. Sie sucht einer zu hohen oder stürmischen Entwicklung des Krankheitsprocesses ent­gegenzuwirken, den zu langsamen Verlauf zu beschleunigen und die gefahrdrohendsten Erscheinungen zu bekämpfen; sie findet vorzugsweise dann ihre Anwendung, wenn bereits anatomische Veränderungen bedeu­tenderen Grades in einem Organe eingetreten sind; wenn das dircete Heilverfahren wenig oder nur zweifelhaften Erfolg verspricht oder sogar gefahrdrohend erscheint; wenn endlich der natürliche Verlauf der Krankheit selbst die Wahrscheinlichkeit der Heilung in sich schliesst.
Nicht selten macht ein und derselbe Krankheitsfall in seinem Ver­laufe die Anwendung beider Methoden erforderlich.
sect;. 22. Die planmässige Ordnung des gesammten Heilverfah­rens bei einem bestimmten Krankheitsfalle heisst der Curplan. — Jene vernünftigen Gründe, welche das ärztliche Handeln leiten, werden Heil­anzeigen, Indicationen genannt. Dieselben sind gegen verschiedene Puncte der krankhaften Verhältnisse je nach ihrer überwiegenden Wich­tigkeit gerichtet und können daher wesentlich folgende sein:
1. Die Anzeige aus der Ursache, Causalanzeige. Sie bezieht sich sowohl auf die Entfernung oder Mässigung der nocli fortbestehen­den Krankheitsursachen, als auf die Femhaltung solcher Eintiüssc, welche, wenn sie gleich die Krankheit nicht hervorgerufen haben, doch dieselbe zu unterhalten und die Herstellung des gesunden Zustandes zu hindern vermögen. Ihre Erfüllung ist eine der wichtigsten Bedingungen der ganzen Cur.
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Gegenanzeigen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Ol
2.nbsp; nbsp;Die wesentliche oder Krankheitsanzeige beruht auf dem #9632;wesentlichsten, allen abnormen Erscheinungen zu Grunde liegenden Krankheitsprocesso, dessen Tilgung in der Absicht erstrebt wird, um hiedurch auch die übrigen von ihm abhängigen Störungen zu beseitigen. Sie ist die vernunftgemässeste; in vielen Fällen kann ihr jedoch nicht entsprochen werden und häufig bedingt überdies nicht der vorwaltende Krankheitsprocess, sondern Nebenumstände die grösstc Gefahl im Ver­laufe einer Krankheit. Die auf die Erfüllung dieser beiden Anzeigen ge­richtete ärztliche Thätigkeit gibt die Radicalcur.
3.nbsp; nbsp;Die symptomatische Anzeige hat die Beseitigung der lästig­sten oder gefahrdrohendsten Krankheitserscheinungen zum Zwecke. Sie berücksichtigt zunächst nicht den wesentlichen Krankheitsprocess, son­dern sucht unangenehmen Xebenzufällen oder Gefahren zuvorzukommen und findet ihre Berechtigung zunächst darin, dass in der Mehrzahl der Fälle die drohendsten Gefahren nicht durch den ursprünglichen Krank­heitsprocess, sondern durch Folgekrankheiten und Nebenerscheinungen bedingt werden. Sie findet Berücksichtigung bei leichten Krankheiten, wo nur unangenehme oder lästige Erscheinungen zu beseitigen sind und heisst dann insbesondere Lindorungs- (Palliativ-) Anzeige, dann dort, wo im Verlaufe einer Erkrankung gefahrdrohende Symptome oder Complicationen eintreten, welche den Fortbestand des Lebens bedrohen (Lebensanzeige), endlich in Fällen, wo die Diagnose zweifelhaft und desshalb ein radicales Verfahren nicht durchführbar ist.
Man hat die Anzeigen ferner eingetheilt in:
1.nbsp; nbsp;dringende, Haupt- und Nebenanzeigen;
2.nbsp; nbsp;in allgemeine und besondere;
3.nbsp; nbsp;in diätetische, chirurgische und pharmaceutische, deren Bedeutung schon aus dem Namen klar wird.
sect;. 23. Ein aus allgemeinen Gründen angezeigtes C'urverfahren kann nicht selten durch gewisse Umstände, wie Krankheitscomplicationen, Individualität des kranken Thieres, öconomische Verhältnisse u. dgl. verboten werden; Umstände, welche man mit dem Namen der Gegen­anzeigen, Contraindicationeu, belegt. Die Lebensanzeige allein kennt keine Gegenanzeige.
In der thierärztlichen Praxis ist bei dem Entwürfe eines Curpla-nes, da es sich in der Eegel nicht um die Erhaltung eines Thieres an und für sich, sondern um den Nutzen, welchen dasselbe zunächst dem Eigcnthümer abwirft, handelt, die öconomische Zweckmässigkeit vor Allem im Auge zu behalten. Diese ist oft Ursache, dass die dir
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o2nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Regelung des Curp'anes in Rücksicht auf die Stadien.
mancher, an und für sich heilbarer Krankheiten mit Rücksicht auf die, während der Dauer der Krankheit auflaufenden Fultcr- und Curkoslcn und auf die Verringerung des Werthes, welchen das Thier nach seiner Heilung entweder für immer oder doch für längere Zeit erleidet, unter­lassen werden muss. Nicht weniger können polizeiliche Rücksichten die Behandlung gewisser Krankheiten wegen der, für Mensehen oder Thiere drohenden Gefahr der Weiterverbreitung verbieten oder doch wenigstens sehr beschränken.
Der einer Krankheit im Allgemeinen entsprechendste Curplan er­leidet häufig verschiedene, durch die Thiergattung, das kranke Indivi­duum, sein Alter, Geschlecht, seine Körpcrconstitution, die Art seiner Aufzucht, die Gewöhnung an manche Einttüsse, sowie durch den eben herr­schenden Krankheitsgenius bedingte Abänderungen. Der einer Krank­heit und dem Individuum anpassend gewählte Curplan wird ferner durch den Verlauf der Krankheit selbst, durch das Auftreten verschiedener Nebenzufälle und Complicalionen nicht selten Modificationen erfahren müssen.
Bei acut verlaufenden Krankheiten muss der Curplan auch auf die Stadien Rücksicht nehmen. Im Zeiträume der Vorboten, wäh­rend dessen eine sichere Diagnose noch unmöglich ist, ist sich meistens auf Schonung des Thieres zu beschränken, in manchen Fällen kann ein Aderlass, das Darreichen eines Brech- oder Abführmittels u. dgl. den Ausbruch der Krankheit hintanhalten. Ein Gleiches gilt im Zeiträume des Ausbruches, falls die Diagnose noch nicht sicher gestellt werden kann? es sind dann bloss drohende und gefährliche Erscheinungen zu beseitigen, im Uebrigcn aber ein mehr abwartendes Verfahren einzuschla­gen. Lässt sich die Diagnose sicher stellen, so findet bereits die, dem bestimmten Krankheilsprocesse entsprechende Therapie ihre Anwendimg. Während des Zeitraumes der Höhe ist der Krankheitsprocess einer di­rect en Therapie nicht weiter zugänglich, da die sogleichc Entfernung der Krankheitsproducte und die sofortige Wiederherstellung des norma­len Zustandes direct nicht möglich ist. Da während dieser Zeit die Hauptgefahr meistens von Nebenzufällen abhängig ist, so müssen diese vorzüglich beachtet werden und es findet dann insbesondere die Lebens­und symplomatische Anzeige ihre Begründung, die auch bei sich ein-slellenden Verschlimmerungen berücksichligct werden muss, während bei Nachlässen die directe Heilmethode ihre Anwendung finden kann. Im Stadium der Abnahme ist in der Regel ein negatives Verhalten ange­zeigt; man hat höchstens die Lösung der Krankheitsproducte und ihre
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Krankheitsursachen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;0raquo;gt;
Ausführung zu begünstigen und muss für den Wiederersatz der durch den Krankhoitsproccss und die beschränkte Aufnahme der Nahrungs­mittel verlorenen organischen Materie Sorge tragen; gleichzeitig aber auch die Möglichkeit von Bückfällen im Auge behalten und etwa eintretenden rasch zu begegnen suchen.
Die Behandlung während der lleconvalescenz richtet sich nach der Art des abgelaufenen Krankheitsprocesses und besteht im Allgemei­nen in der Zurückführung des Thieres zu der früher gewohnten Lebens­weise und Dienstesverrichtung. Ein eigentliches arzneiliches Einwirken ist dann gewöhnlich nicht weiter nothwendig.
Bei dem Entwürfe des Curplanes für chronische Krankheiten nehmen ökonomische und polizeiliche Rücksichten oft den ersten Platz ein. Nebst diesen hat die Anzeige aus den Ursachen die meiste Berücksichtigung zu finden und es ist die grösste Sorgfalt auf die Erhebung, Beseitigung oder wenigstens Milderung jener Ursachen zu richten, welche die Krankheit hervorriefen oder sie zu unterhalten im Stande sind. Vorzüglich gilt diess bei seuchenartig verbreiteten Krank­heiten. Nach Verschiedenheit des Krankheitsprocesses wird bald die directe, bald die symptomatische Cur oder beide vereinigt in Anwen­dung zu ziehen sein.
III. Abschnitt.
Die Ursachen der Krankheit (Aetiologie).
sect;.24. Unter Krankheitsursache oder Schädlichkeit versteht man alle Einflüsse, welche eine Krankheit zu veranlassen, oder die Fortdauer und Zunahme einer bereits vorhandenen zu begünstigen und zu unterhalten vermögen. Möglicher Weise können alle ausser- und inner­halb des Organismus vorhandenen Gegenstände und Verhältnisse als Krankheitsursache wirken. Die Lehre, welche sich mit der Untersuchung und Würdigung der Krankheitsursachen und der Art ihrer schäd­lichen Einwirkung auf den Thierkörpcr beschäftiget, heisst Aetio­logie.
Nur in manchen Fällen ist man im Stande, das Auftreten einer Erkrankung mit der Einwirkung einer gewissen Schädlichkeit in eine unmittelbare Verbindung zu bringen, und die erstere als eine nothwen-
Röll, Patbol. und Therapie. II. Aufl.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 3
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o-inbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Qelegenheitsarsacben.
dige und unausbleibliche Folge der letzteren zu erkennen (Trennungen des Zusammenhanges nach mechanischen Einwirkungen, Ausbruch einer bestimmten Krankheit nach Impfung eines Virus); meistens vcranlassl nicht eine einzelne Schädlichkeit , sondern eine Gruppe nachtheiliger EinHiisse, die theils von aussen wirken, theils innerhalb des Organismus selbst gelegen sind, den Eintritt einer Erkrankung.
Manche derselben bedingen nur eine massige Veränderung im Or­gunismus, welche als solche entweder gar nicht durch objective Erschei­nungen zu erkennen ist und den Thierkörper nur geneigter macht, in Folge der fortgesetzten Einwirkung derselben oder einer anderen Schäd­lichkeit zu erkranken, mithin nur eine grössere Disposition zu gewis­sen Erkrankungen setzt, oder aber an und für sicli schon sich durch gewisse Erscheinungen kundgibt, und als Kränklichkeit, Schwäch­lichkeit, grosse Eeizempfänglichkeit ausspricht.
Andere Schädlichkeiten veranlassen durch ihre Einwirkung auf einen entweder schon von früher her disponirten oder auf einen ganz gesunden Organismus deutliche Erkrankungen; man nennt sie veran­lassende oder Gelegenheitsursachen.
Je grosser die Disposition zum Erkranken ist, desto geringfügi­gerer veranlassender Ursachen bedarf es, um ein offenbares Erkranken hervorzurufen und umgekehrt. Durch den wirkliehen Ausbruch und das Ueberstehen einer Krankheit wird bisweilen die Disposition zu einer späteren Erkrankung der gleichen oder ähnlichen Art für längere Zeit oder sogar für beständig getilgt, in den meisten Fällen aber im Gegen-theile gesteigert. Die Kenntniss der Krankheitsursachen ist sowohl in Rücksicht auf die Vorbauung (Prophylaxis) von Krankheiten, als auch in Beziehung auf ihre Heilung von Wichtigkeit. Nicht nur wird diese letztere durch die fortdauernde Einwirkung von Krankheitsursachen zur Unmöglichkeit, sondern es können auch Einflüsse, welche unter gewissen Verhältnissen als Schädlichkeiten wirken, bei gehöriger Regelung nicht selten zum Zwecke der Herbeiführung der Genesung benützt werden.
Eine Eintheilung der Krankheitsursachen in disponirende und veranlassende zu statuiren, ist nicht statthaft, da eine und dieselbe Schädlichkeit bald als vorbereitendes, bald als erregendes Krankheits­moment wirken kann; es ist desshalb vorzuziehen, dieselben in solche, welche innerhalb desOrganismus liegen, und von aussen wirkende Schädlichkeiten zu trennen.
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Innere Ursachen. — GattuiijjsanlaKo.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;
I. Innerhalb des Organismus liegende Schädlichkeiten.
sect;. 25. Alle Verhältnisse des Thierkörpers können unter gewissen Umständen Eintiuss auf die Entstehung einer Krankheitsdisposition oder einer wirklichen Erkrankung, sowie auf den Verlauf und Ausgang der­selben gewinnen. Diese Verhältnisse gehören bald dem normalen Le­ben an, und bedingen vorzugsweise nur eine besondere Geneigtheit zur Entstellung von gewissen Krankheitsformen, oder zu gewissen Mo-dificationen des Verlaufes der Erkrankungen (wie die Verhältnisse des Alters, des Geschlechtes, der Race, der Thiergattuug selbst), bald sind sie schon an und für sich abnorm und geben als solche Veranlassung zum Entstehen verschiedenartiger anderer abnormer Zustände.
Die hieher gehörigen Einflüsse können in nachstehende Rubriken gebracht werden:
1. Thiergattuug.
sect;.26. Den verschiedenenGattungen der bei uns einheimischen Hausthiere kommt eine, durch die Verschiedenheit ihrer Organi­sation an und für sich bedingte verschiedene Geneigtheit zur Ent-wickelung bestimmter Krankheitsformen zu, d. h. es befällt nicht nur eine und dieselbe Krankheitsform verschiedene Hausthiergattungen un­gleich häufig, sondern es kommen auch Krankheiten bei einer oder einzelnen Thiergattungen vor, welche bei anderen entweder gar nicht oder doch nicht ursprünglich sich entwickeln. Man bezeichnet diese, durch die Gesammtorganisation einer Thiergattuug bedingte Disposition zu gewissen Krankheiten mit dem Jsamen der Gattungsanlage.
Bei dem Pferde besteht eine besondere Geneigtheit zu entzünd­lichen Krankheiten der Athmungsorgane, zu functionellen Störungen und Texturerkrankungen des Gehirnes und Rückenmarkes, zu katarrha­lischen und rheumatischen Affectionen, zu Koliken und inneren Darm-einklemmungen, zu gewissen speeifischen Krankheitsprocessen der Nasen­schleimhaut , der Lymphgefässe und Lymphdrüsen, endlich zu Krank­heiten der Hufe.
Bei den Wiederkäuern, bei welchen die reproductive Sphäre vorwaltet, tritt im Allgemeinen eine Geneigtheit zu Krankheiten der Verdauungsorgane, der Blutmischung und der Ernährung hervor; die meisten Krankheiten bleiben wegen der geringeren Erregbarkeit des Nervensystems viel länger örtlich, als bei dem Pferde und Hunde; nur wenige verlaufen sehr rasch, die Mehrzahl langsam. Insbesondere
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3bnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Eiufluss des Qeschlechtes.
gilt diess föi das Rind, welchem auch gewisse Erankheitsfonueii, wie die
Rinderpest, die Kuhpocke cigenthümlicli sind. Dem Schafe kommt nebst dieser Anlage aucli die Geneigtheit zu cachectischeu Krankheiten und zu acuten und chronischen Erkrankungen der Haut zu, während bei der Ziege nervöse Erscheinungen häufig anderen Krankheitspro-ccssen sicli beigesellen oder als selbstständige Krankheitsformen auf­treten.
Das Schwein steht rücksichtlich seiner Gattungsanlage ziemlich zwischen Pflanzen- und Fleischfressern j es zeigt eine besondere Ge­neigtheit zu Krankheiten der Reproduction und zu acuten, oft rasch zum Tode führenden Entzündungen der Schlingwerkzeuge und des Kehlkopfes.
Dem Hunde und der Katze ist vor allen übrigen Hausthiergat-tungen die vorwaltende Disposition zu gewissen selbstständigen oder consensuellen Erkrankungen des Äervensystemes, insbesondere ihrer Centralorgane eigenlhümlioh. Die Fähigkeit der Selbstentwickelung der Wuth kommt diesen Thiergattungen allein zu.
3. (irsclilcclil.
sect;. 27. Bei männlichen Thieren findet man im Allgemeinen eine kräftigere Entwickelung der Üewegungs-Apparate und der körperlichen Kraft; Entzündungskrankheiten treten bei ihnen häufiger und gefahr­voller auf und nehmen einen rascheren Verlauf, als bei weiblichen Thieren, bei denen häufiger nervöse Erscheinungen sich einstellen. Die Verschiedenheit des Baues und der Function der Geschlechtsorgane bedingt nothwendig Verschiedenheiten in den Formen der örtlichen Er­krankungen dieser Theile; überdiess fährt bei weiblichen Thieren die Trächtigkeit, das Geburts- und Sauggeschäft an und für sich eine Disposition zu Krankheiten herbei, die bei männlichen Thieren sicli nicht entwickeln können. Dagegen zeigen die in Folge der Jsicht-oder der übermässigen Befriedigung des Geschlechtstriebes auftretenden Krankheiten bei beiden Geschlechtern viel Uebereinstimmendes. Die Entstehung der Hundswuth wird ziemlich allgemein dem aufgeregten und nicht befriedigten Geschlechtstriebe der männlichen Hunde zuge­schrieben. Bei entmannten, oastrirten Thieren ist die productive Thä-tigkeit auf Kosten der übrigen Funclionen gesteigert, dieselben werden dadurch zu Krankheiten der Vegetation geneigter, hingegen die Anlage zu jenen Krankheiten in ihnen getilgt, welche in der Geschlechtsfunclion begründet ist.
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Einflnss des Alters, der Race.
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3. Lebensalter.
sect;. 28. Die Disposition zu erkranken ist in den verschiedenen Le­bensaltern eine sehr ungleiche, und selbst eine und dieselbe Krank­heitsform zeigt nicht selten einen, hiedurch bedingten verschiedenarti­gen Verlauf und Ausgang.
Während des Fötalzustandes entwickeln sich die meisten Bil­dungsfehler und Abnormitäten der Lage der Organe; durch Entzün­dungen während dieser Periode, so wie durch Krankheiten des Trag­sackes und des Mutterkuchens erleidet der Fötus zahlreiche Gefahren für seine Gesundheit und sein Leben.
Von der Geburt bis zum vollendeten quot;Wachs thume zeigt das junge Thier eine grösserc Geneigtheit zu Krankheiten überhaupt, beson­ders aber zu Erkrankungen der Verdauungsorgane, des Lymphgefäss-und Drüscnsystemes, zu Krankheiten der Llutbildung und Ernährung. Der Wechsel der Zälme, die weitere Entwickelung der Athmungs- und Geschlechtsorgane, so wie das Hervortreten der Thätigkeit dieser letzte­ren bedingt eine Disposition zu Erkrankungen dieser Organe und zu cousensuellen Leiden.
Völlig erwachsene TMere zeigen das relativ beste Gesundheits-verlüiltniss; acute Krankheiten verlaufen in dieser Lebensepoche weit rascher und unter gefahrdrohenderen Erscheinungen als in anderen; die zur höchsten Entwickelung gediehene Geschlechtsfunction bedingt das öftere Entstellen von Krankheiten dieser Sphäre.
Im höheren Alter erleichtert die allmälig stärker hervortretende Starre, der Schwund und die Trockenheit der Organe das Erkranken. Leiden des Gehirnes, der Athmungs- und Yerdauungsorgane chronischer Art werden häufiger; die nach und nach eintretende Abnützung, so wie das Ausfallen der Zähne begünstiget die Entstehung von Störungen der Verdauung und Ernährung.
4. Race.
sect;. 29. Je nach der Race zeigt eine und dieselbe Thiergattung eine verschiedene Geneigtheit zur Entwickelung gewisser Krankheiten. Im All­gemeinen tritt bei edleren Racen die Disposition zu nervösen Krankhei­ten mehr hervor, als bei gemeinen. Unter den Pferden soll das unga­rische eine besondere Geneigtheit zur Entwickelung des llotzes und Wur­mes, das gemeine deutsche zum Koller, das engliche zu Koliken zeigen; die Rinderpest entwickelt sich ursprünglich nur bei dem Steppenvieh und wird von ihm auch leichter überstanden, als von anderen Rind-
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nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Einfluss der Anfzurht und Lobensweise, dor Körpprconstitution.
^äehracen; dem veredelten, feinwolligen Schafe ist die Wetzkrankheit eigen; bei Mopsen, Spitzen und anderen Stubenhunden entwickelt sich die Hundswuth originär häufiger als bei Wind- und Jagdhun­den u. s. w.
Blendlinge, d. h. durch Racenvermischung entstandene Thiere, äussern gegen schädhehe Einflüsse ein viel geringeres Widerstandsver­mögen als reine Racethiere.
3. AuCzucht und Lebeusneise.
sect;. 30. Gezähmten, vorzugsweise von Jugend auf in Ställen ge­haltenen Thieren konunt eine grössere Empfindlichkeit gegen Schäd­lichkeiten zu, als solchen, welche zeitig abgehärtet, naturgemäss aufgezogen und gehalten wurden. Sowohl die ungewöhnlich heftige Einwirkung als die Entziehung der gewohnten Einflüsse kann Krankheiten hervorrufen. Durch die Anspruchnahme gewisser Thätig-keiten oder Organe entwickelt sich nach und nach eine Geneigtheit zur Entstehung gewisser Krankhcitsfonnen, die bei längerer Andauer dieser Verhältnisse in offenbare Erkrankung überschlagen kann.
So stellen sich bei Pferden, welche rasche Bewegung leisten müssen, häufig Krankheiten der Athmungsorgane und der von dem Horn-schuhe eingeschlossenen Theile, bei solchen, die zum schweren, anstren­genden Zuge verwendet werden, Dummkoller und Augenkrankheiten ein; bei Beschälhengsten und Zuchlstuten entwickelt sich die Chancre-seuche; bei Melkkühen kommen Krankheiten des Euters und Störun­gen der Ernährung, bei zur Schur benützten Schafen Krankheiten der Haut und der Reproduction häufig vor; Mastthiere verfallen nicht selten in Lungenleiden und cachectische Krankheiten.
6. Kür|ierconsiiiiit!oii.
sect;.31. Von nicht geringem Einflüsse auf die Entstehung von Krank-heilen ist die Körperconstitution, d. i. der Inbegriff der gesammten Organisafionsverhältnisse, welcher sich durch das äussere Aussehen des Thieres zu erkennen gibt.
Die starke Constitution, welche sich durch dichte Knochenmasse, entwickelte Musculatur, wenig oder keine Eettablagerung, guten Ver-dauungsprocess und raschen Wiederersatz zu erkennen gibt, besitzt wohl ein bedeutendes Widerstandsvermögen gegen äussere schädliche Ein­flüsse, disponirt aber zu heftigen Entzündungen verschiedener, insbe­sondere der Athmungsorgane und zu gewissen Krankheiten des Blutes (Anthrax).
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Krlilichkeit. Deborstandene Krankheiten. — Aenssere tlraachen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ol)
Die reizbare Constitution clisponirt, je nachdem ein oder das andere wichtigere Organsystem eine besondere Reizempfänglichkeit besitzt, zu Krankheiten des Gehirnes und des Rückenmarkes, der Schleimhäute, der Athmungs- und Verdauungsorgane, oder der gesammten Ernährung.
Die schlaffe Constitution, welche sich durch starke Entwicklung des Fettes, der Knochen und Drüsen, Schlaffheit der Musculatur und der Schleimhäute zu erkennen gibt, disponirt zu chronischen, cachecti-schen Krankheiten, zu Xeubildungen der verschiedensten Art, zu Ent­zündungen mit meist serösen oder doch wenig gerinnfälligen Ausschei­dungen.
7. Krbliclikeit.
sect;. 32. Gewisse Krankheiten pflanzen sich in einzelnen Tliier-familien fort, und zwar derart, dass die Jungen entweder schon mit der beginnenden Krankheit oder doch Krankheitsanlage behaftet zur Welt kommen, oder dass sieh diese erst in einem best immten A Iter und zwar scheinbar ohne Einwirkung einer äusseren Ursache entwickelt. So treten gewisse Knochenkrankheiten, der Rotz, Haut wurm, Koller u. m. beim Pferde bisweilen als erbliche Krankheiten auf; die jun­gen Thiere sind bis zu einem gewissen Alter anscheinend gesund, so­bald sie aber dieses erreicht haben, werden sie von einer Krankheit befallen, an welcher beide oder eines der Eltemthiere gelitten haben.
8. Ucbeistaiidcni' Krankheileii, sect;. 33. Bereits überstandene Krankheiten lassen häufig durch die Texturänderungen, welche sie veranlassten, die Geneigtheit zu Erkrankungen derselben oder einer anderen Art zurück (Katarrhe), eine Erfahrung, deren schon früher, sowie der Thatsache gedacht wurde, dass aus einem Krankheitszustande oft nothwendiger Weise ein anderer sich entwickle. Zu Lungen-Emphysemen gesellen sich Herzkrankheiten, zu Herzkrankheiten gewisse Structuränderungen der Leber. Ausführ­licher kann hievon erst im speciellen Theile die Rede sein.
II. Aeussere Krankheitsursachen, I. illechanlsche und cbpiniüche Einwirkungvii.
sect;. 34. Die mechanisch - wirkenden Schädlichkeiten können durch ihre physische Wirkung, durch Stoss, Druck, Reibung u. s. w. Körpertheile verletzen, und entweder an der unmittelbar betroffenen Stelle oder mittelbar in anderen, von dem Orte der Einwirkung ent­fernten Organen sogleich oder allmälig eintretende Aenderungen der
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40nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Chemiscli-wirkumiu Substanzen. — Imponderabilien. — Licht.
Textur, der Lage, der Grosse, des Zusammenhanges u. s. w. veranlassen. Ihre Wirkung ist nach der Heftigkeit, Dauer und Art der Einwirkung, der Beschaffenheit des verletzenden Körpers und des getroifenen Thei-les höchst verschieden, und wird überdiess durch eine etwa gleichzeitig verursachte Verletzung von Gefässen und den dadurch bedingten Blut­verlust verschiedenartig modificirt. Es werden hiedurch viele der soge­nannten chirurgischen Krankheiten, aber nicht selten auch innerliche Gebrechen veranlasst.
Andere Stoffe wirken auf chemische Weise nachtheilig ein. Es gehören hieher viele der giftig wirkenden Substanzen und die Mehr­zahl der Arzneistoffe. Chemische Einwirkungen anderer Art geschehen entweder zufallig oder absichtlich, und geben dann Veranlassung zu man­chen oft sehr intensiven Krankheitsprocessen. Ihr Effect ist nach der Art der chemischen Substanz, ihrem Concentrationsgrado, der Dauer ihrer Einwirkung, der Applicationsstelle u. s. w. höchst verschieden. Auf die Haut wirken sie bald schrumpfend oder vorkohlend, bald, indem sie Verbindungen mit ihren Eiweisskörpem eingehen; in ähnlicher Weise auf die Darmschleimhaut, oder indem sie die Verdauungsiiüssigkeit um­ändern und hiedurch die Verdauung belästigen; ferner auf die Schleim­haut der Luftwege, der Harn- und Geschlechtsorgane, auf offene Ge-schwürsfiächcn, auf denen die Wirkung in der Hegel intensiver als auf der Haut eintritt, dann auf das Blut, wohin diese Substanzen mit Aus­nahme der direct in die Gefasse gespritzten Stoffe, durch Aufsaugung von der Haut oder den Schleimhäuten aus, oder durch das Einathmcn gelangen, endlich auf innere Gebilde, wohin sie entweder durch das Blut oder mittelst der Durchtränkung der angrenzenden Gewebe gelangen.
2. liupoiiderabiUcn.
a. Licht.
sect;. 35. Uebermässiges und grelles Sonnenlicht wirkt zunächst und unmittelbar reizend und in der Folge lähmend auf das Auge und kann sogar bei andauernder Einwirkung Erblinden veranlassen. Durch Vermittlung des Auges bedingt Uebermaass von Licht eine Reizung des Gehirnes, welche zur Hyperämie, Blutung, selbst Entzündung füh­ren und durch Lähmung der Gehimthätigkeit auch den Tod verursachen kann. Diese Wirkungen treten um so auffallender hervor, je plötzlicher der grelle Lichteindruck stattfand, je länger er andauerte oder je rascher und unerwarteter der Wechsel zwischen Dunkelheit und hellem Lichte
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Wärme.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 41
eintrat. Krankheiten der Centralorgano des Nervensystems (z. B. Starr­krampf, Dummkoller) verschlimmern sich unter diesen Verhältnissen.
Intensives Licht kann auf den zarteren und weissen Stellen der Haut Hyperämie, Abschuppung der Epidermis, seihst rothlaufartige Entzündung veranlassen (Blatterrose der Schafe).
A'erminderung oder Mangel des Lichtes bedingt bei längerer Einwirkung eine Verringerung des Sehvermögens und krankhafte Em­pfindlichkeit des Auges, selbst gegen massiges Licht.
Andauernde Entziehung des Lichtes verändert die Beschaffen­heit der Haut, welche schlaff, blass, selbst serös infiltrirt wird, während die Blutbildimg unvollkommen, das Blut dünn und serös wird und sich allmälig Störungen in der Ernährung und ein cachectischer Zustand her­vorbilden.
b. Wärme.
sect;. 3G. Obwohl eine Lufttemperatur zwischen 15 und 22deg; C. in unserem Klima der Gesundheit der Hausthiero am zuträglichsten ist, so ertragen sie doch namhafte Zu- und Abnahmen derselben, voraus­gesetzt, dass sie nicht zu plötzlich erfolgen oder zu lange Zeit andauern, ohne dass hiedurch nothwendig eine Störung der Gesundheit bedingt würde, namentlich wenn die Thiere durch Abhärtung und Angewöhnung sowol gegen den Wechsel der Temperatur als auch gegen Gradunter­schiede derselben widerstandsfähiger geworden sind.
Die Wirkungen der Wärme sind verschieden je nach ihrem Grade, ihrer Dauer und der Raschheit ihrer Eolgo auf niederere Tem-peraturgrade, und sind thcils rein physicalische (Ausdehnung der un­mittelbar betroffenen Gebilde, Veränderung ihres Cohäsionszustandes), theils chemische (Steigerung des Stoffwechsels), theils vitale (Erregung schmerzhafter Empfindungen, Erregung oder Lähmung verschiedener Functionen).
Eine massige Erhöhung der gewöhnlichen Temperatur veranlasst bei örtlicher Anwendung das subjective Gefühl der Wärme, das sich bis zu schmerzhaften Empfindungen, gegen welche die Thiere durch verschie­denartige Bewegungen reagiren, steigern kann, Hyperämie an der Ap-plicationsstelle und Vennehrung der Secretion. Bei ihrer Einwirkung auf den ganzen Körper ruft sie nicht selten Hyperämien, selbst capil-lare Blutaustretungen und Ausschwitzungsproccsse in inneren, nament­lich solchen Organen hervor, welche schon von früher her hiezu dis-ponirt oder bereits offenbar krank sind (Gehirn, Lungen). Heisse, trockene Luft wird leichter ohne Nachtheil ertragen als feuchtwarme.
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42nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Wärme. — Kulte.
welche erschlafft und nicht selten Blutüberfülhmg der Lunge zur Folge hat.
Diese EinÜüsse werden um so nachtheiliger, je länger sie ein­wirken. Während einer anhaltend höheren Lufttemperatur sind Krank­heiten der Respirationsorgane (insbesondere katarrhalische Affoctionen) nicht selten; die Blutbildung wird, da mit zunehmender Lufttemperatur der Kohlensäuregehalt der ausgeathmeten Luft geringer wird, abnorm, das Blut erscheint dunkler, weniger gerinnfähig und es entwickeln sich unter diesen Verhältnissen Typhus, Anthrax, Ruhr, Magen-, Darmka­tarrhe mit gleichzeitigem Leberleiden, nicht selten in seuchenartiger Verbreitung.
Ein rascher Uebergang von niederen 5:11 höheren Temperatur­graden führt in der Regel zu Congeslionen, Blutaustritt und Entzün­dungen verschiedener, namentlich der Respirationsorgane und der Haut, wesshalb auch beim plötzlichen Auftreten warmer Frühlingstage Katarrhe der Luftwege, Lungenentzündungen, ßehimcongestionen so häufig vor­kommen. Plötzlicher Uebergang von Kälfe zu höherer Temperatur führt häufig Brand oder Yerschwärung herbei (Application von Wärme auf erfrorene Theile).
Höhere Hitzegrade wirken in der Regel nur auf einzelne Körperstellen ein; sie veranlassen daselbst schmerzhafte Empfindungen, Congestion und Entzündimg, — die verschiedenen Grade der Verbrü­hung und Verbrennung.
Die höchsten Hitzegrade bewirken unmittelbar Verkohlung — den Tod — des betroffenen thierischen Gewebes.
Thiere, welche an eine höhere Temperatur durch beständigen Aufenthalt in wannen Stallungen, sorgfältige Bedeckung des Körpers u. s. w. gewöhnt sind, werden selbst gegen leichtere Temperatur­änderungen, welche an anderen Thieron spurlos vorübergehen, empfind­lich und erlangen hiedurch eine Disposition zur Entwickelung katarrha­lischer und rheumatischer Leiden.
Niedere Temperaturgrade — die Kälte — bewirken eine stärkere Zusammenzichung nicht bloss der unmittelbar betroffenen Theile, sondern auch in Folge der erregten Reflexbewegungen tiefer gelegener contractiler Gewebe, und beschränken den örtlichen Stoffwechsel, indem sie die chemischen Umsetzungen erschweren.
Geringere Kältegrade wirken erregend und belebend, wenn sie einen gesunden Organismus treffen und nicht zu lange andauern; sie bedingen jedoch schädliche Folgen, wenn das ihnen ausgesetzte
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Elcktricität und Magnetismus.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 43
Thier verzärtelt, von früher her schwächlich oder durch vorausgegan­gene Bewegung erhitzt ist. Diese Nachtheile steigern sich noch, wenn die kalte Luft gleichzeitig bewegt ist. In Polge der Contraction der Ca-pillargefasse der Haut wird die Ausdünstung derselben unterdrückt, die Harnsecretion vermehrt, bei längerer Anduuer die Blutbiklung abnorm; Katarrhe, Lungenentzündungen treten häufiger auf.
Sehr niedere Temperatur grade veranlassen in Folge der be­deutenden Contraction in den Hautcapillaren seeundäre Hyperämien in inneren Organen (Gehirn, Lungen), Betäubung, Scheintod imd wirk­lichen Tod. An den äussersteu Körpertheilen, Ohren, Extremitäten, können sie zu namhaften Hyperämien, zu Lähmungen und zum Absterben führen (verschiedene Grade des Erfricrens).
Die plötzliche Einwirkung kalter, namenllich bewegter Atmosphäre — die sogenannte Erkältung — insbesondere auf ein erhitztes Thier bringt höchst verschiedene Folgen hervor. Während manche Thiere für solchen raschen Temperaturwechsel nur wenig empfindlich sind, bedingt er bei anderen die schwersten Folgen. Kaum wird hiedurch eine Er­krankung der unmittelbar von der kalten Luft betroffenen Haut, son­dern je nach der verschiedenen Disposition des Thieres eine Erkrankung bald der Respirationsorgane, bald des Intestinaltractes, bald der serö­sen oder fibrösen Häute, bald der Endtheile der Gliedmassen veranlasst. Bei dem Vorherrschen einer gewissen Krankheitsconstitntion, wo mithin alle Thiere einer Gegend mehr oder weniger an dem gemeinsamen Krank­heitsgenius partieipiren, gibt nicht selten eine, wenn auch leichte Er­kältung den nächsten Anlass zum Ausbruche der eben herrschenden Krankheit.
c. Elektricität und Magnetismus.
sect;. 37. Welchen Einfluss die atmosphärische Elektricität auf die Entstehung und den Verlauf der Krankheiten der Hausthiere äus-sere, ist bisher so viel wie unbekannt. Während des Herrschens seu­chenartiger Krankheiten wurde bisweilen nach heftigen Gewittern ein deutlicher Sachlass oder ein völliges Aufhören derselben beobachtet.
Starke elektrische Entladungen, wie der Blitz, können eine län­gere oder kürzere Zeit anhaltende Betäubung, Lähmung einzelner Kör-pertheile, selbst plötzlichen Tod des getroffenen Thieres zur Folge.haben. Bei der Untersuchung solcher Cadaver finden sich entweder gar keine anatomischen Veränderungen oder Brandwunden, gewöhnlich in Gestalt verschieden verästelter Streifen oder Linien auf der Haut.
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44nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Kosmiscli-tollmi.iclm EünSHsso. — Tageü- und Jahreszeiten.
Der Einttuss des Magnetismus auf den Thierkörpcr ist bisher noch völlig unbekannt.
3. Kosmische Giiiflüsse.
sect;.38. Der Einiluss der Veitkörper auf den thierisehen Orga­nismus überhaupt und auf die Entstehung von Krankheiten insbesondere lässt sich, wenn nicht haltlose Hypothesen aufgestellt werden sollen, dermalen der Hauptsache nach nur auf die Wirkungen des Lichtes und der Wärme zurückführen.
4. Kosmisch-tellurlsche Ginflüssp, ü. die Tageszeiten.
sect;. 39. Sie äussern im Ganzen einen geringen Einfluss auf die Entstellung von Krankheiten. Man hat jedoch bemerkt, class äussere Schädlichkeiten, die zur Abend- oder Nachtzeit einwirken, im Allge­meinen eher nachtheilig wirken, vielleicht wegen der um diese Tages­zeit in der Regel stattfindenden rascheren Temperatursprünge. Bei be­reits vorhandenen, namentlich fieberhaften Krankheiten erfolgen gewöhn­lich Abends und in der Nacht deutliche Verschlimmerungen (Exa-oerbationen).
h. Jahreszeiten.
sect;. 40. Unbestritten ist der Einfluss, welchen die Jahreszeiten auf die Entstehung gewisser Krankheilsformen und den Verlauf dersel­ben ausüben. Im Frühlinge sind vorzüglich die durch raschen Tem-peraturwcchsel, grösseren Feuchtigkeitsgrad der Luft und des Bodens bedingten Krankheiten häufig. Katarrhe der Luftwege, Lungenentzün­dungen, Durchfälle, acute Hautkrankheiten, dann Verschlimmerung vor­handener chronischer Leiden treten um diese Zeit sehr häufig, erst ere bisweilen seuchenartig und besonders dann mit grosser Intensität auf, wenn der Frühling zugleich kalt und trocken ist. — Im Sommer, besonders in dem weiter vorgerückten und heissen, kommen acute Ge­hirnkrankheiten oder Verschlimmerungen bereits vorhandener chronischer (Dummkoller), Typhus, die verschiedenen Milzbrandformen, Magen- und Darmkatarrhe, Durchfälle und Ruhren, dann Leberkrankheiten häufiger vor. — Im Beginne des Herbstes, namentlich wenn er heiss ist, dauern die genannten Krankheiten fort, im späteren Herbste stellen sich in Folge des Fortbesuches bethauter Weiden öfter Durchfälle ein; Erkäl­tungskrankheiten, Katarrhe, Rheumatismen treten häufiger auf; durch den Genuss der auf überschwemmten oder nassen Weiden wachsenden
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Atniosphärisdie VerhäUuissu.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 40
Gräser entwickeln sich bei Schafen gerne cachectische Kmnkheiten, wie Fäule und. Bleichsucht. — Im Winter verschlimmern sich gewöhnlich die chronischen Krankheiten; acute Erkrankungen der Atliniungsorgane werden häufiger und verlaufen mit grosser Intensität; durch den wäh­rend dieser Jahreszeit gewöhnlichen Aufenthalt in warmen Stallungen wird die Haut der Hausthiere gegen Kälte empfindlich und es ent­wickeln sich demnach leicht Katarrhe, Nierenleiden, Koliken und Durch­fälle. — Durch Anomalien der, in den einzelnen Jahreszeiten herr­schenden Witterungsverhältnissc erleiden begreiflicherweise diese An­gaben mannigfache Aenderungen.
c. Atmosphärische Verhältnisse.
sect;.41. Als eine der häufigsten Krankheitsursachen kann das, alle Hausthiere umgebende, gemeinsame Medium — die atmosphärische Luft — angesehen werden, deren nachtheiliger Einttuss jedoch häufig sehr complicirt ist und in vielen Fällen nicht klar und offen zu Tage liegt, obwol demselben mit Vorliebe die Entstehung weiter verbreiteter und solcher Krankheiten zugeschrieben wird, deren Ursache in anderen und palpableren Eimvirkimgen nicht nachgewiesen werden kann.
Die Abänderung ihres mechanischen Druckes (als vermehrter oder verminderter Luftdruck) ist in ihrer Wirkung auf den Thierkörpcr noch nicht bekannt genug, um dieselbe als eine sichere Ursache der Entstehung bestimmter Krankheiten anzunehmen. Eine massige Zu­nahme des Luftdruckes bringt keine wahrnehmbaren nachtheiligen Wirkungen hervor, namhafte Zunahme desselben, sich kundgebend durch hohen Barometerstand (wie in tiefen Thälern, Schachten u. s. w.) macht dasAthmen der Thiere beschwerlicher; Lungenkrankheiten steigern sich unter ihrem Einflüsse. Seltener wird der Eintluss eines verminderten Luftdruckes, wie auf bedeutenden Höhen, bemerkbar, er tritt selbst auf höheren Alpenweiden nicht deutlich hervor. Bei manchen Seuchen, z. B. Milzbrand, wurde bemerkt, dass die grösste Sterblichkeit sich bei niederem Barometerstande zeigte.
Grösseren Eintluss auf die Entstehung von Krankheiten übt der Feuchtigkeitszustand der Atmosphäre, der jedoch nach der gerade herrschenden Temperatur eine verschiedene Wirkung ausübt. Anhal­tend feuchte Witterung ist insbesondere Schafen nachtheilig und gibt dort, freilich im Zusammenwirken mit anderen Schädlichkeiten, zur Entstehung der Bleichsucht, vieler Hegen zur Bildung der sogenannten Hcgenraude, bei allen Thieren aber zu Erkältungen Veranlassung. Unter
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46nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Atniosphiiri.'.cho Verhältnisse.
der Herrschaft einer feuchtwamien Witterung leidet die Verdauuog und Respiration; Circulation und die Secrctionen werden vermindert, Klut-krankheiton (Typhus, Anthrax) kommen häufiger vor. Anhaltend feucht­kalte Witterung verringert auffallend die Hautausdünstung, katarrha­lische und rheumatische Affectionen, dyscrasische Krankheiten werden durch sie begünstiget.
Anhaltende, meist mit einer niederen Temperatur verbundene Ne­bel wirken wie die feuchtkalte Luft im Allgemeinen und geben zu Kr-kältungen Anlass. Der Thau soll in einigen Gegenden, z. B. Ungarns, wenn Pferde längere Zeit auf damit beschlagenen Weiden hin- und her­gehen, brandige Fussgeschwüre erzeugen; die von ihm benetzten Gräser können, weil stark abgekühlt, Koliken, Aufblähen und Durch­fälle erregen.
Eine wenig bewegte Luft ist, insbesondere wenn sie zugleich heiss ist, bei längerer Einwirkung immer nachtheilig, während massig bewegte theils als Heiz auf die Haut, theils weil sie die A'erdünste-ten Theile wegführt, wohlthätig wirkt. Heftige Winde behindern theils durch ihren mechanischen Druck das Athmen, theils wirken sie, wenn sie zugleich kalt sind, auf Lungen und Haut erkältend und bringen daher nicht selten Katarrhe, Rheumatismen, Lungenentzündungen her­vor. Die Nachtheile der Winde sind überhaupt nach dem Temperatur-und Feuchtigkeitsgrade der Luft verschieden und auch hiernach zu be-urtheilen. Während des Herrschens kalter und trockener Winde (bei uns die Ost- und Nordwinde) treten meist acute Krankheiten der Athmungsorgane auf; bei feuchten, warmen Winden (bei uns die West- und Südwinde) herrschen am häufigsten Typhus, Ruhr, Gastro-Intestinalkatarrlie u. dgl. Fremde, fein in der Luft vertheilte, me­chanisch wirkende Substanzen, wie Kies, Kalk, Staub u. dgl. veranlassen Reizungen der Schleimhäute der Augen, der Nase und der Luftwege, Blutungen und Entzündungen derselben. Metalldämpfe, wie sie sich in Berg- und Hüttenwerken bei der Gewinnung des Quecksilbers, Arseniks, Bleies, Zinnes bilden, verletzen theils unmittelbar die Athmungsorgane, theils gelangen sie von da aus in das Blut und veranlassen Yergiftungs-krankheiten, theils schlagen sie sieh auf Wiesen, Weiden u. dgl. nieder, bedecken die dort wachsenden Pflanzen mit einem für Pflanzenfresser schädlichen Ueberzuge und geben zu acuten und chronischen Krankhei­ten der Verdauungsorgane und der Blutbildung Gelegenheit.
Die der Luft beigemischten ammoniakalischen Ausdünstun­gen schlecht gelüfteter Ställe reizen die Athmungsorgane, die Haut
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Bodenverhaltnissp.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 4 4
und Augen und bringen bei längerer Einwirkung Katarrhe der Luftwege, Binde- und Hornhautentzündungen, langwierige Hautausschläge zu Wege. Die durch das Zusammendrängen vieler Thiere in engen, schlecht gelüfteten Stallräumen bedingte Luttvcrderbniss kann zum seuchenarti­gen Auftreten von Katarrhen, Typhus, selbst Rotz fuhren. Die mit Zer-setzungsprodueten faulender thierischer und vegetabilischer Stoffe ge­schwängerte Luft, wie sie sich vorzüglich über Sümpfen oder in der Nähe stehender Gewässer vorfindet, gibt zur Entstehung constilutionel-ler Krankheiten, des Typhus, Anthrax, der Bleichsucht und Fäule, langwieriger Lungen- und Leberleiden Veranlassung; sie wirkt um Vieles nachtheiliger auf Thiere, die erst neu in solche Gegenden eingeführt wurden, als auf bereits akklimatisirte; schädlicher auf Pferde und Schafe, als auf Rinder und Schweine ; nachtheiliger, wenn die Luft wenig oder nicht bewegt ist, als bei dem Herrschen von Winden.
d. Bodenverhältnisse.
sect;. 42. Die Beschaffenheit des Bodens einer Gegend wirkt auf die dort lebenden Thiere einerseits durch die Verschiedenheit der daselbst herrschenden atmosphärischen Verhältnisse, andererseits durch die aus der chemischen Zusammensetzung des Bodens resultirende be­stimmte Beschaffenheit der daselbst wachsenden Pflanzen und des vor­kommenden Trinkwassers.
Auf Gebirgen ist die Luft trockener, reiner, aber auch kälter, der Luftdruck geringer, die Einwirkung des Lichtes stärker. In Gebirgs­gegenden aufgezogene Thiere sind der Regel nach abgehärteter, aber kleiner; Erkältungskrankheiten, acute Lungenleiden sind häufiger. In hochgelegenen, den Luftströmungen stark ausgesetzten Thälern herrschen in der Regel Katarrhe und Rheumatismen vor; in allseitig umschlossenen, in denen die Luft nur wrenig bewegt, gewöhnlich feucht, im Sommer meist heiss, gegen Morgen und Abend empfindlich kühl ist, treten nebst Katarrhen und Lungenkrankheiten Typhus und Anthraxformen häufig auf. Die letzteren Krankheitsformen sind noch gewöhnlicher in tiefen, sumpfigen, allseitig von hohen Gebirgen umge­benen Kesselt hälern.
Von Hügeln durchzogene Flächen begünstigen je nach den über sie streichenden Winden die Entwicklung verschiedener Krankheilen. Den Nord- und Ostwinden geöffnete zeichnen sich durch das Vor­kommen acuter Entzündungen, insbesondere der Lungen, der Katarrhe und Rheumatismen; solche, welche den Strömungen der West- und
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nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Hofli-nvorhältaisso. — Klima.
Südwinde ausgesetzt sind, durch das Auftreten von Typhus, Milzbrand und von Krankheiten der Ernährung aus.
In ausgedehnten Ebenen sind die Temperatur- und Feuchtig-keitsverhültnissc der Atmosphäre wohl gleichförmiger, aber die sie durch­ziehenden Winde begünstigen insbesondere dann, wenn sie Sand- und Staubthcilc mit sich führen, die Entstehung von Katarrhen und anderen Krankheiten der Athmungsorgane und der Haut. Die auf ihnen nicht selten sich vorfindenden stehenden Gewässer und Sümpfe erleich-tem die Entwicklung cachcctischer Krankheiten, des Milzbrandes u. dgl.
In der Nahe grosser Gewässer ist die Luft mit Feuchtigkeit gesättiget, sie veranlasst daher die Nachtheile, welche feuchte Luft im Allgemeinen herbeiführt. Gegenden, welche öfteren Ueberschwem-mungen ausgesetzt sind, sind für Pflanzenfresser durch die häufige Verderbniss der Futtergewächse, solche, deren Oberfläche durch Sand­boden gebildet ist, den Luftwegen des beim Athmen eindringenden Staubes halber nachtheilig; Kalksand insbesondere reizt die Haut und die Luftwege und veranlasst Erkrankungen derselben. In Landstrichen, wo Kalkboden einen thonigen Untergrund hat, sowie auf Torfgründen kommen cachectischc Krankheiten vorzugsweise unter den Schafen, so wie der Milzbrand häufiger vor.
Ueber den Einfluss der geognostischen Verhältnisse einer Gegend auf die Entstehung gewisser Krankheitsformen ist übrigens im Allgemeinen noch wenig Sicheres bekannt.
e. Klima.
sect;. 43. I)en Inbegriif aller, von den atmosphärischen und Boden­verhältnissen einer Gegend abhängigen Einflüsse nennt man Klima. In dieser Rücksicht gibt es Localitäten, welche einen besonders günstigen, andere, die im üegentheile einen höchst ungünstigen Einfluss auf die Erhaltung der Gesundheit und den Verlauf auftretender Krankheiten ausüben.
Das von der geographischen Breite eines Ortes abhängige Klima kommt als Krankheitsursache in sofern in Betracht, als es durch Thatsachen erwiesen ist, dass manche Krankheiten in gewissen Klimaten häufiger vorkommen, als in anderen; dass andere nur in bestimmten Klimaten ursprünglich entstellen und sich von hier aus (bisweilen als Seuchen) über andere Landstriche verbreiten; dass endlich Tliiere, welche in Gegenden versetzt werden, deren klimatische Verhältnisse von jenen, unter welchen sie aufgezogen wurden und lebten, sehr
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Nahrangsinittcl.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 49
verschieden sind, Anfangs in Krankheiten verfallen, welche bei den einheimischen Thicren ungewöhnlich sind und erst bei der Angewöh­nung an die neuen Verhältnisse (Akklimatisation) völlig verschwinden, und dass ihre Xachkommen nicht selten Racendegenerationen erleiden.
3. NahruiigsmUtel.
sect;. 44. Die zur Ernährung und Erhaltung der Hausthiere verwen­deten sehr zahlreichen und mannigfachen Futterstoffe können bald durch das quantitative Mass, in dem sie verabreicht werden, bald durch ihre Beschaffenheit und die Art ihrer Zubereitung als Schädlichkeit wirken.
Eine v o 11 k o m m e n e E n t z i e h u n g der Nahrungsmittel führt unter allmälig sich steigernder Betäubung und rasch zunehmender Abmage­rung zum Tode des Thieres.
Die Zufuhr einer für die Thiergattung überhaupt, das Alter, die Grosse und die Gebrauchsverwendung eines individuellen Thieres zu geringen Menge von Futterstoffen führt Abmagerung, Sinken der Kräfte, chronische Magendarmkrankheiten, Blutarmuth, und eine seröse Blutmischung, nicht selten mit serösen Transsudationen in Kör­perhöhlen und das Uuterhautbiudegewebe, daher einen cachectischen, die Verwendbarkeit der Thiere sehr beschränkenden oder gänzlich auf­hebenden Zustand herbei.
Dieser Erfolg stellt sich sowohl ein, wenn an und für sich zu geringe Mengen sonst ganz entsprechender Nahrungsmittel den Thiereu verabreicht, als auch dann, wenn Futterstoffe von geringem Nahrungswerthe, wenn auch in grösserer Quantität gegeben werden; in dem letzteren Falle linden sich nicht selten auch noch jene Folgen ein, welche der Genuss einer absolut zu grossen Menge von Futterstoffen erzeugt. Der Nahrungswerth der Futterstoffe hängt bekanntlich von ihrem Gehalte an stickstoffhaltigen Verbindungen, den sogenannten Protein­stoffen (PHanzen- und thierischem Eiweiss, Faserstoff und Kleber, Casein und Legumin), dem Creatin und Creatinin, dann der Gallerte ab, welche allein für den Ersatz des grössten Theiles der thierischen Ge­bilde geeignet sind, und die man plastische Nahrungsmittel nen­nen kann, während die stickstofflosen (sogenannten Respirations­mittel) theils zur Bildung freien Fettes dienen, theils dem beim Athmcn aufgenommenen Sauerstoffe zur Oxydation dargeboten werden. Zu diesen letzteren gehören die Fette, Gummi, Amylum, Zucker und das aus dem Amylum und der Pflanzencellulose während der Verdauung sicli Uöll, I'aihul. uiul Tboraple. II. Aufl.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; i
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50nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Nahrungsmittel.
bildende Dextrin. Zu einer entsprechenden Ernährung der Hausthiere ist ein gehöriges Verhältniss zwischen beiden Kathegorien der Nahrungs­mittel unerlässlich, und eine Störung in demselben führt mannigfaltige Nachtheile für die Gesundheit der Thiere herbei. Futterstoffe, welche nur eine geringe Menge von Proteinstoffen — wenig Nahrungs­gehalt — enthalten, führen die Nachtheile einer ungenügenden Nahrung überhaupt — Abmagerung und Entkräftung — herbei. Hieher gehört die Fütterung mit Stroh, namentlich wenn es von schlechter Qualität ist, mit dem Laub der Waldbäume, mit sauren Gräsern (aus der Familie der Cyperaceen, Juncaccen und Schachtelhalme), welche letztere auch noch andere Nachtheile (wie Knochcnbrüchigkeit, Bluthamen) vcranlasst, die Fütterung mit ausgelaugtem, verschlammtem oder verdorbenem H e u, welches überdiess zur Entstehung von Koliken beiträgt und chronische Lungenleiden bedingen soll. Werden solche Futterstoffe aber, um das, was ihnen an Nährkraft abgeht, durch die Menge zu ersetzen, in zu grossen Quantitäten gegeben, so führen sie jene Nachtheile herbei, welche die Einführung zu bedeutender Futtermengen überhaupt vcranlasst.
Die Zufuhr zu geringer Mengen von stickstofffreien Substanzen bedingt eine raschere Consumtion der thierischen Gewebe durch den Sauerstoff und schliesslich Abmagerung, wenn dem Sauerstoff nicht ande­rerseits durch die Verabreichung einer grösseren Menge stickstoffhaltiger Nährstoffe das Matcviale zur Oxydation geboten wird.
Der Mangel an Kalk salzen in den Nahrungsmitteln veranlasst bei Thieren, die noch in der Entwicklung begriffen sind, eine mangelhafte Entwicklung des Knochengerüstes, und kann auch bei erwachsenen Thieren zur Entstehung von Knochenkrankheiten führen.
Die Einführung zu grosser Quantitäten von Futterstoffen be­dingt eine übermässige Ausdehnung des Magens und Darmes und Be­hinderung der Respiration, und kann zur Entstehung von Koliken und Aufblähen, Lähmung der Magen- und Darmwände, zum Eintritte von Rissen in denselben (besonders bei Pferden), zur Entwicklung von Ma­genkatarrhen Veranlassung geben.
Bei fortgesetztem Genüsse zu grosser Massen von Futter er­weitern sich allmälig die Räume der Verdauungsorgane, und es entwickelt sich, wenn die Fütterung zugleich mit Substanzen von grossem Nahrungs-gehalte stattfand, ein Zustand von Vollblütigkeit, welcher wieder als disponirendes Moment für gewisse Krankheitszufälle wirkt. Waren aber die Thiere an die Qualität der reichlich genossenen Nahrungsmittel nicht gewöhnt, oder sind diese zugleich in den Verdauungssäften schwer
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KalirangsmUtet.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;51
löslich — schwer oder unverdaulich — so werden die Verdauungsorgane beläBtiget, die Futterstoffe gehen in die gewöhnliche Gährang aber und sind eine häutige Ursache zur Entstehung von Magen-, Darmkatarrhen, Durchfällen und Kolik.
Seihst die einer Thicrgattung an und für sich vollkommen ent­sprechenden Nahrungsmittel können häufig durch Abänderungen ihrer Qualität oder durch die individuellen Verhältnisse eines Thieres schäd­lich werden und als Krankheitsursache wirken.
Für Pflanzenfresser sind wohl die Körner der Getreide­arten und die Samen der Hülsenfrüchte als die kräftigsten Nahrungs­mittel anzusehen; sie sind jedoch schwerer zu verdauen und bedingen, besonders anhaltend und in grösserer Menge verfuttert, eine Neigung zu Entzündungskrankheiten. Frisch geerntete Körnerfrüchte bringen bei Pferden leicht Kolikschmerzen hervor, noch mehr gilt diess von den Hülsenfrüchten, welche auch bei Wiederkäuern nebst gastrischen Zu­ständen nicht selten Aufblähen erzeugen; bei Schweinen wurde biswei­len nach dem Genüsse von Körner- und Hülsenfrüchten der Ein­tritt lähmungsartiger Erscheinungen an dem Hintertheile beobachtet. Nach dem Genüsse maltrigen Hafers entsteht manchmal bei Pferden Harnruhr, nach jenem schimmliger Getreidearten und dergleichen Brotes Schwindel. Die Samen des, wegen seiner Nahrhaftigkeit hie und da verfütterten Buchweizens bringen bei weissgetieckten Schweinen und Schafen, seltener bei Rindern und Pferden, und auch da nur an den weissen Hautstcllen einen rothlautahnlichen Ausschlag und die Erschei­nungen einer Congestion zum Gehirne hervor, welche bisweilen innerhalb weniger Stunden den Tod herbeiführen. Beim Herrschen einer trockenen und hellen Witterung treten diese Folgen ungleich häufiger auf, als unter entgegengesetzten Verhältnissen.
Nach der Fütterung der Klee- und einiger Grasarten, wie des Wasserrispen-, des Queckengrases, des Fuchsschwanzes, dann des grünen Gerstenstrohes, der grünen Hülsenfrüchte wurde das Entstehen von Aufblähen und Durchfällen beobachtet, insbesondere dann, wenn der durch Thau oder Regen befeuchtete, oder der geschichtete und hiedurch erhitzte Klee verfüttert, oder unmittelbar nachher Wasser verabreicht wurde. Am schädlichsten wurde in dieser Ilücksicht der rothe Klee, weniger gefährlich die Luzerne, Esparsette und die übrigen Kleearten erkannt. Bei Pferden und Wiederkäuern sollen nach seinem reichlichen Genüsse Hautausschläge, bei Lämmern Gehirnentzündung sich einstellen.
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Die siisscn Gräser sind im Allgemeinen ein sehr gedeihliches Futter, sie können jedoch, wenn sie sehr saftig sind, Aufblähung und Durchfalle verursachen. Die grannentragenden Getrcidearten, insbe­sondere die Gerste, verletzen, im grünen Zustande gefüttert, die Maul-und llachenschleimhaut und führen zur Entzündung dieser Theile. Heu in grosser Menge oder allein gefüttert, dehnt den Magen und die Ge­därme stark aus und veranlasst Athmungsbeschwerden; frisch einge-braohtes Heu ist auch schwer verdaulich und gibt zu Koliken, Auf­blähen, Congestioncn zum Gehirne und zu den Lungen Veranlassung.
Fleisch, den Fleischfressern in zu grosser Menge verabreicht, wird bisweilen erbrochen, bringt aber nach lange fortgesetztem Genüsse einen mastigen Zustand hervor, der zu den oben angeführton Krank-heitszuständen disponirt. Von giftiger Wirkung ist das von, mit acu-ten Blutkrankheiten (Typhus, Milzbrand) behaftet gewesenen Thieren stammende Fleisch, welches zur Entstellung gefährlicher acuter Erkran­kungen Veranlassung gibt, gleichwie auch das in Fäulniss begriffene, wenn es nicht erbrochen wird, zu bedeutenden gastrischen Zufällen und Störungen der Ernährung führen kann.
Nahrungsmittel, welche nebstbei Stoffe enthalten, die einen Ueiz auf die Magenschleimhaut ausüben, sind, wenn derselbe massig ist, der Verdauung zuträglich; ist er jedoch zu intensiv, so entstehen aussei' den örtlichen Erscheinungen der Blutüberfüllung der Magen- und Darm­schleimhaut, auch je nach der Beschaffenheit dieser Stoffe Kranklieits-zustände in anderen Organen, und nach länger fortgesetzter Verabrei­chung derselben Abmagerung, Kraftlosigkeit, nach Umständen selbst der Tod. Insbesondere erzeugen Kastanien und Eicheln, in zu grosser Menge gegeben, Unverdaulichkeit und Verstopfung, die Bucheckern führen bei Pferden und Eseln zu Entzündungen der Darmsehleimhaut, zu Koliken, selbst zum Tode; dieselbe Wirkung wurde nach dem Gemisse der aus ihnen bereiteten Oelkuchen beobachtet, während sie für andere Thiere unschädlich sind; der Gcnuss von Fichten- und Wachholdcr-sprossen, sowie der jungen Sprossen von Eichen, Pappeln, Weiss-dorn u. s. f. veranlasst Blutharnen, besonders bei Bindern; der öftere Genuss des Pfriemenkrautes, Heidekrautes und Ginsters bei Schafen Verstopfung, Schwindel, Entzündung der Gehirnhäute, auch Anthrax, insbesondere wenn gleichzeitig heisse, trockene Witterung herrscht. Reizloses Futter belästiget die Verdauungsorgane, erschlafft sie und veranlasst im Allgemeinen Verdauungsbeschwerden, Koliken, chronische Katarrhe der Magen- und Darmschleimhaut, Durchfalle, aus
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Nahrungsmittel.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;DO
denen nickt selten cachectische Krankheiten tiervorgehen. Derartige Fütterungen sind jene mit Wurzel- und Knollengewächsen. Mach längerem Genüsse grösserer Mengen von Ruhen wurde Schwächung der Verdauung, der Eintritt von Durchfällen , wässerige Beschaffenheit des Blutes beobachtet; im gefrorenen Zustande verfüttert, erzeugen sie Koliken. Aehnliche Wirkungen, als Durchfall, Erschlaffung der Verdau-ungsorgano veranlassen die Kartoffeln, nach deren reichlicher und fortgesetzter Fütterung bisweilen blutige Durchfälle, Entzündungen der Darraschleimhaut, seihst der Tod eintreten. Bei Rindern tritt öfter wäh­rend der Fütterung mit diesen Knollen ein eigenthümlichor Hautausschlag an den Fesseln, auch Verwerfen ein. Herabgekommenen Thieren an­dauernd gereicht, begünstigen sie die Entwicklung cachectischer Krank­heiten, der Fäule, Bleichsucht, Knochenbrüchigkeit u. dgl.
Wegen ihres Solaningehaltes sollen die keimenden Kartoffeln insbesondere auf Pferde nachtheilig wirken. Durch vorsichtige Verab­reichung , Vermengung derselben mit passenden anderen Futterstoffen und geeignete Zubereitung, z. B. Kochen, kann diesen Jfachtheilen be­gegnet werden. Ihr Kraut übt dieselbe schädliche Wirkung wie die Knollen, nur in noch höherem Grade, insbesondere dann, wenn es mit den Blüthen oder unreifen Samen verfüttert wird, wo es Aufblähen, Durchfälle, Koliken, ja selbst den Tod veranlassen kann. Futterstoffe, welche eine grosse Geneigtheit besitzen, nach ihrer Einführung in den Nahrungsschlauch chemische Zersetzungen einzugehen, oder welche schon vor ihrer Verabreichung in Gährung oder Fäulniss begriffen waren, wirken durch ihre Zersetzungsproducte der Regel nach sehr schädlich. Hiedurch werden die frischen Samen der Getreidearten und Hülsen­früchte, dann die Kleien, wenn sie in zu grosser Menge oder mit Hint­ansetzung der nöthigen Vorsichtsmassregeln an Thierc, welche an ihren Genuss nicht gewöhnt sind, verfüttert werden, nachtheilig, indem sie Aufblähen, Koliken, selbst Magenberstungen, insbesondere bei Pferden, veranlassen.
Die Branntweinschlämpc, vorzugsweise wenn sie von unreifen oder gekeimten Kartoffeln herrührt, veranlasst häufig Verdauungshc-schwerden und Aufblähen, und wenn sie sauer ist, Durchfälle, Ent­zündung der Darmschleimhaut, nach länger fortgesetztem Gebrauche einen juckenden Hautausschlag, der insbesondere bei Rindern an den Hinterfüssen auftritt und mit dem Namen des Träberausschlages be­zeichnet wird. Die fortgesetzte Schlämpefütterung, wie sie bei dem in
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04nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;N'abrnngstuHte]. OHtritnkp,
Branntweinbrenuereieu aufgestellten Mastviehe stattfindet, wird als eine der Ursachen zur Entwicklung der Lungenseuche beschuldiget.
Ale oh ölhaltige Branntwcinschlämpe erzeugt Berauschung, Elut-üherfülhmgen des Gehirnes und seiner Häute, Entzündung und Blutung in diesen Theilen, hei fortgesetzter Verabreichung selbst den Tod.
Die alleinige Verabreichung der Bier trab er, der Kuckstände der Rübenzucker- und Stärkefabrikation bringt leicht Verdauungsbe-sclnverdeu, Aufblähen und Koliken hervor, insbesondere wenn dieselben bereits in die saure Gährung übergegangen sind. Saure Milch und saure Molken, welche den Schweinen eine zuträgliche Nahrung bie­ten und als Vorbauungsmittel gegen Entzündungs- und Anlhraxkrank-heiten dieser Thiere benützt werden, rufen bei Pferden Kolik und Durchfall hervor, die wohl meist nach mehreren Stunden aufhören, aber bisweilen auch schon den Tod herbeigeführt haben sollen, üeberhaupt werden von dieser Thiergattung Pflanzensäuren und in saure Gährung leicht übergehende Substanzen schlecht vertragen.
Durch die Art der Zubereitung können manche, an und für sich entsprechende Futterstoffe schädliche Eigenschaften erlangen und umgekehrt die jVachtheile gewisser anderer beschränkt oder aufgehoben werden. So veranlasst gebrühtes und noch warm verabreichtes, sonst ganz zuträgliches Futter eine Erschlaffung der Verdauungsorgane; es begünstiget wohl die Mastimg, macht aber gegen die Einwirkung der Kälte empfindlicher und zur Entwicklung von Lungenkrankheiten ge­neigter; Kartoffeln verlieren durch das Kochen viel von ihren nach­theiligen Eigenschaften; durch Zusatz von Kochsalz wird selbst we­niger zuträgliches Futter besser verdaulich , obwohl dasselbe in zu grosser Menge verabreicht die Dannschleimhaut zu sehr reizt, Durch­fälle , Entzündung der Schleimhaut und in übermässig grosser Gabe sogar den Tod herbeiführen kann. Selbst das beste und gedeihlichste Futter wird durch mechanische Beimengung von Sand, Staub u. dgl. nacht heilig, und gibt durch die mechanische Reizung der Darmschleim­haut Veranlassung zu Entzündungen derselben oder legt den ersten Grund zur Bildung der Darmsteine. — Rascher Wechsel zwischen trockener und grüuer Fütterung, sowie Unordnung in der Futterzeit veranlasst jene Nachtheile, welche bezüglich der Nahrhaftigkeit und der zu grossen und zu geringen Menge der Futterstoffe angeführt wurden.
0. Getrau kc.
sect;. 45. Die Menge des, einer jeden Thiergattung erspriesslichen Getränkes ist an und für sich verschieden; Hund, Schwein und Rind
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r,rgt;
bedürfen mehr davou uls das Pferd, das Schaf und die Ziege, u. z. for­dert jedes derselben eine um so grössere Quantität, je jünger es ist, je trockener das verabreichte Futter, je holier die umgebende Temperatur, je rascher mithin die Verdunstung, und je angestrengter die von ihm geforderte Dienstleistung ist.
Wird unter solchen Yerhältnissen eine zu geringe Menge üe-tränkes verabreicht, so entwickeln sich Hartleibigkeit, Verminderung: der Ab- und Aussonderungen, bisweilen Concremente in dem Darme, sogar Enlzündungs- und Anthraxleiden. Bei gänzlicher Entziehung des Getränkes und blosser Verabreichung trockener Nahrungsmittel stellt sich der Tod ein.
In l'olge des fortgesetzten Genusses zu vielen Getränkes ent­wickelt sicli Trägheit der Verdauung, Vermehrung der Ab- und Aus­sonderungen, seröse Durchschwitzung in Körperhöhlen und das ünter-hautbindegewebe, bei Schalen kommen selbst cachectische Krankheiten, wie die Fäule, Bleichsucht zum Vorschein. Diese Nachtheile werden noch erhöht, wenn gleichzeitig den Thieren frisches, saftiges Futter verabreicht wird; sie treten insbesondere bei Wiederkäuern dann auf, wenn sie ein Uebermass des Getränkes während des Wiederkauens zu sich nehmen.
Bei dem gewöhnlichsten Getränke unserer Hausthiere, dem Was­ser, kommt bei Beurtheilung seiner schädlichen Wirkungen vorzugsweise die Temperatur und Keinheit in Betrachtung.
Zu kaltes Wasser ist Thieren, die an seinen Genuss nicht ge­wöhnt sind, vorzüglich aber Pferden, insbesondere dann nachtheilig, wenn sie vor der Verabreichung desselben stärker erhitzt waren. Es entwickeln sich dadurch entzündliche Leiden verschiedener Organe, ins­besondere der Lungen, des Xahrungsschlauches, der Nieren, der Gelenke und der von der Hornkapsel eingeschlossenen Endtheile der Extre­mitäten.
Zu warmes Getränk erschlafft bei fortgesetztem Genüsse die Verdauungsorgane, vermehrt die Hautausdünstung und veranlasst die Geneigtheit, schon durch geringe Abkühlung des Körpers in Katarrhe der Luftwege und des Darmcanales zu verfallen.
Hartes Wasser ist Pferden wenig gedeihlich; nach längerem Ge^ brauche desselben hat man die Entstehung von Harnsteinen beobachtet. Wasser aus Mooren, Pfützen, stehenden Gewässern überhaupt, be­sonders im Sommer, wenn es mit den Zersetzungsproducten faulender Pflanzen- und thierischer Theile geschwängert ist, ruft Krankheiten der
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56nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Getränke. — Weiden.
Verdauungsorgane und der Ernährung, Fäule, Milzbrand, Typhus, Kuhr hervor.
Insbesondere nachtheilig ist der Genuss von Wasser, in welchem Lein und Hanf geröstet wurde, wornach sich Durchfall, Anthrax, Harnbeschwerden und Störungen in der Milchabsonderung entwickeln. Nach dem Genüsse des Meerwassers hat man bei Rindern und Scha­fen Durchfall, Blutharnen oder wenigstens Verminderung der Fresslust entstehen gesehen.
Manche künstliche, besonders warme Tränke, wie Brühen, Braimt-weinspülicht u. dgl. werden, obwohl ihre Naohtheile nicht unbekannt sind, dennoch des ökonomischen Nutzens wegen, namentlich bei dem Mastvieh in Gebrauch gezogen.
Durch das unzeitige Tränken, insbesondere unmittelbar nach dem Genüsse gewisser Futterstoffe oder bei erhitztem Körper, werden die bekannten Störungen herbeigeführt.
7. Weiden.
sect;. 40. Nicht selten müssen Hausthiere einen grosseu Theil ihrer Nahrung auf Weideplätzen suchen und diese können dann in vielfacher Rücksicht als Krankheitsursache wirken.
Vor Allem kommt bei ihnen die Lage und der Boden zu be­rücksichtigen. Auf Weiden, welche der Sonne zu sehr ausgesetzt und gegen ihre Strahlen nicht durch Bäume, Gesträuche oder Mauerwerk geschützt sind, erhitzen sich die Thiere und verfallen leicht in acute Krankheiten; die PHanzen verdorren auf solchen Plätzen bald und ge­ben dem Viehe eine ungenügende und wenig entsprechende Nahrung. — Tiefliegende, öfteren Ueberschwemmungen oder Regengüssen ausgesetzte Weideplätze führen einmal die Nachtheile einer feuchten Atmosphäre an und für sich herbei, geben aber auch durch die auf ihnen sich sammelnden stehenden Wässer, welche die Thiere saufen und durch die dort häutig wachsenden sauern Gräser oder wasser­reichen, wenig nahrhaften PHanzen, endlich durch den schlammigen und sandigen Ueberzug, der sich nach Ueberschwemmungen auf die Gewächse niederschlägt, Veranlassung zur Entstehung verschiedener Störungen der Verdauung und Blutbildung und zu cachectischen Krankheiten. Völlig ungenügend für eine gute Ernährung des Viehes und direct nachtheilig erweisen sich die sogenannten Gemeinde­weiden; der Mehrzahl nach schlecht gelegene, sonnige, den Ortschaf­ten nahe, meist wüste Plätze, welche, überdiess durch die Excremente
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Weiden.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;07
der dort sich aufhaltenden Tliiere verunreiniget, nur einen unzureielien-den und zugleicli ekelliaften Plianzenwuchs bieten. Es wirkt demnacli daselbst die Mehrzahl der bereits erwähnten atmosphärischen Schädlich­keiten im Vereine mit ungenügendem und verdorbenem Futter auf die Thiere ein, und der Besuch derselben trägt bei dem Herrschen an­steckender Krankheiten wesentlicli zur Verbreitung dieser bei.
Trockene, steinige Weideplätze geben zu Krankheiten der Hufe und Klauen ebenso Veranlassung, wie feuchte, moorige und durch Uebersclnvemmungen unter Wasser gesetzte; während die erste-ren die hornigen Theile spröde machen und ein Einschrumpfen dersel­ben mit Druck auf die eingeschlossenen Theile verursachen, erzeugen die letzteren Hache und volle Hufe und Erkrankungen der Klauen-drüsensäckchen.
Mit kaltem Thau beschlagene Weiden, besonders wenn sie von nüchternen Thieren besucht werden, veranlassen leicht Erkältungen mit ihren Folgen, und falls sie mit PHanzen besetzt sind, welche leicht Aufblähen hervorbringen, begünstigt der Thau den Eintritt dieses Zu-standes. Noch schädlicher ist der Thau, welcher sich auf moorigen Weideplätzen niederschlägt, da dieser auch die Zersetzungsproducte organischer Reste enthält. Gegen die nachtheilige Wirkung des in den kälteren Jahreszeiten des Morgens die Gewächse bedeckenden Reifes werden die Thiere am besten durch die Verabreichung von etwas trocke­nem Futter vor dem Austreiben geschützt.
Die Weide in Xadelholzungen veranlasst durch das Fressen der jungen Sprossen dieser Bäume Reizung der Hainorgane und Blut­harnen, sie wird auch als Ursache gewisser Formen des Milzbrandes beschuldiget; ebenso kann jene in Laubhölzern, in welchen viel Un­terholz vorkommt, sowohl durch den Genuss der Blätter desselben, als auch der daselbst wachsenden scharfen Pflanzen nachtheilig werden.
Die Stoppelweide wird theils durch die mechanischen Ver­letzungen, welche die harten Halme an den Füssen und dem Gesichte der weidenden Thiere verursachen, theils durch den Genuss des zwi­schen dem Getreide, besonders auf feuchteren Aeckern unmittelbar nach der Ernte wachsenden wässerigen ungedeihlichen Grases schäd­lich; auf trockenen, sandigen Aeckern hingegen ist diese Weide sehr unergiebig. Andererseits wird sie auch dadurch nachtheilig, dass die auf dem Boden zahlreich herumliegenden Körner des Getreides von den gewöhnlich ausgehungerten Thieren begierig gefressen werden, wo­durch Ueberfütterung mit allen ihren Nachtheilen entstehen kann.
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Weiden.
Klee weiden veranlassen, besonders wenn sie im bethauten Zu­stande von noch nüchternen Tliieren besucht werden, häufig Aufblähen, welchem man durch früheres Verabreichen trockenen Futters, kürzeren Aufenthalt auf der Weide und nicht unmittelbares Tränken nach der Fütterung vorbeugen kann. Das Weiden auf Aeckern mit sogenannten (Jallen bringt Krankheiten der Verdauungsorgane und chronische ca-checfische Krankheiten hervor. — An den Besuch der Weiden nicht gewöhnte Tliiere bedürfen stets einer gehörigen Beaufsichtigung, wenn die daraus hervorgehenden Nachtheile vermieden werden sollen. Bei Schafen entsteht das sogenannte Verhüten (ein Ueberfressen, welches zu cachectischen Krankheiten Veranlassung gibt), besonders leicht im Frühlinge, wenn die durch sparsame Winterkost ausgehun­gerten Thiere auf eine üppige Weide konunen oder wenn sie im Herbste eine geile Stoppelweide beziehen. Jedoch auch im Sommer kann es durch das Weiden auf feuchten Wiesen und den Genuss eines, durch die Sonne erwärmten Trinkwassers auftreten.
Einen weiteren Nachtheil üben die Weiden, sobald auf ihnen der Gesundheit nachtheilige Gewächse — Giftpflanzen — vorkommen, obwohl man beobachten kann, dass die meisten derselben von den Thieren, welchen sie schädlich sind, hartnäckig verschmäht und höch­stens dann genossen werden, wenn sie von dem stärksten Hunger ge­quält werden.
Die narkotischen Gewächse können von den Pflanzenfressern, wenigstens so wie sie auf Weiden wachsen, in bedeutenden Mengen ohne Schaden genossen werden. So wird das frische Bilsenkraut von ihnen zu mehreren Pfunden ohne Nachtheil vertragen, während die Samen in grösserer Gabe Entzündung der Magen- und Darmschleim­haut, Raserei und Betäubung hervorrufen. Eben so wenig schädlich ist ihnen der Nachtschatten, der Giftlattich, der Fingerhut und die Tollkirsche.
Die Klatschrose ist den Lämmern schädlich; der Wasser- und gefleckte Schierling ist in frischem Zustande den grösseren Thieren unschädlich, im getrockneten Zustande wirkt er in geringer Menge ge­nossen narkotisch. Die Blätter und Zweige des Eibenbaumes sind allein genossen für alle Thiere ein tödtliches Gift; unter anderes Futter gemengt, scheinen sie weniger nachtheilig zu wirken. Die Samen der Kornrade sind besonders den Schweinen schädlich.
Nachtheiliger ist der Genuss der scharfen und scharf-betäu­benden Pflanzen, welche Magen- und Darmentzündung, blutigen
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Weiden,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;/Mraquo;
Durchfall, Blutmelken, selbst in kurzer Zeit den Tod veranlassen kön­nen, obwohl auch einzelne derselben von den l'Hanzent'ressern in grosser Menge ohne Nachtheil vertragen worden.
Hieher gehören die verschiedenen Hahnenfuss-, Adonis-, Ane­monen- und Wolt'smileharten, welche auch in getrocknetem Zu­stande giftig wirken und Bluthamen, Blutmelken und Fehlgeburten veranlassen, obwohl sie selten gefressen werden. Das Bingelkraut bringt beim Binde Blutharnen und Entzündung der Verdauungsorgane hervor, bei Schafen bedingt es nicht selten plötzliche Todesfalle.
Die Herbstzeitlose, welche im grünen Zustande auf Weide­plätzen hartnäckig verschmäht wird, veranlasst unter anderem Futter verabreicht heftige Entzündung der Darmschleimhaut und selbst den Tod.
Das Gottesgnadenkraut erzeugt Erbrechen und Durchfall, Ent­zündung der Magen- und Darmschleimhaut und soll seine nachtheiligen Eigenschaften auch der Milch mitt heilen. Nach dem (lenusse der Schwalbenwurzel wurde der Eintritt von Blutharnen, bei Schafen von Harnruhr beobachtet. Am gefährlichsten sind die Xiess wurzarten, #9632;welche heftige Entzündung der Darmschleimhaut, blutige Durchfälle, Krämpfe, selbst den Tod herbeiführen.
Auch andere nicht in die Kathegorie der sogenannten Giftpflan­zen gehörige Gewächse können schädlich wirken; so hat man nach der Yerfütterung von grünem Lein bei dem Ilindviehe den Tod ein­treten gesehen. Bei der Section fand man denselben knäuelartig zusam­mengedreht in den Mägen, und hiedurch die Communicationsöffnungen zwischen denselben verstopft. Der auf feuchten Wiesen häufig vor­kommende Schachtelhalm bringt Durchfälle und Entkräftung hervor, das Perl- und das Knochenbruchgras wird gleich den sauern Grä­sern überhaupt als Ursache der Knochenbrüchigkeit beschuldiget.
Mechanische Verletzungen entstehen auf Weiden durch harte, spröde, stachlige oder dornige Gewächse, welche die Thiere beim Fressen verletzen, in dieser Beziehung ist insbesondere das fadige und haarige, im Juni bis August reifende Pfriemengras zu bemerken, dessen scharfe Grannen bei Weideschafen durch die Haut in die Mus-culatur, ja selbst in die Eingeweide eindringen und daselbst Eiterung veranlassen, die durch Abzehrung zum Tode der Thiere fuhrt.
Auch Insecten belästigen die Thiere auf der Weide, indem sie dieselben durch ihr Schwärmen im Fressen und Wiederkauen stören, oder durch ihren Biss peinigen. Manche werden auch mit den Püan-zentheilen, auf denen sie sitzen, von den Thieren verzehrt, und bedingen
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60nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Wpidpii. StällP.
naohtheilige Einwirkungen auf die Vevdauungsorgane. Zu den evsteren gehören die Gewitter-, Aas- und Schmeissfliege, die Ochsen- und lie genbreme, die gemeine Mücke, die Stechfliege, die fliegende Pferdelaus, die Wespe und Hornisse, endlich in einigen Gegenden die Kolumbaczer Mücke. Andere liisecten, wie die Bremsen, logen ihre Eier auf oder in die Haut der Weidethiere und veranlassen durch die an verschiedenen Stellen sicli entwickelnden Larven manche Stö­rungen, von denen noch die Rede sein wird.
Zu der letzteren Art nachtheiliger Insecten gehört die spanische Fliege, welche in der wärmeren Tageszeit häufig auf der unteren Fläche der Blätter mancher Gesträuche sitzt und wenn sie mit diesen ver­zehrt wird, Magen- und Darmentzündung, Kolik, Bluthamen und Blut­melken veranlasst. Auch Bilanzen, welche von zahlreichen Blattläusen besetzt sind, wirken nachtheilig; bei Pferden hat man nach dem Ge­nüsse derselben brandiges Absterben der weissen Hautstellen beobach­tet. Mit Raupen bedeckte Gewächse, z. B. Kohl, können Entzündung der Maulschleimhaut veranlassen.
Der auf zahlreichen Pflanzen nach grosser, mit feinem Regen abwechselnder Sonnenhitze sich bildende Honigthau ist an und für sich nicht schädlich, wohl aber, wenn sich auf ihm zahlreiche Blatt­läuse eingefunden haben. Die durch die Gegenwart von Faden- und Staubpilzen bedingten Krankheiten der Gewächse, als der Mehlthau und Brand, rufen nach dem Genüsse sehr gefährliche Erscheinungen, als Entzündungen des Xahrungsschlauches, der Harn- und Geschlechts­organe, Durchfälle, Darmblutung u. dgl. hervor; bei jungen Thieren entstehen selbst langwierige cachecfische Krankheiten. Der Genuss des Mutterkornes ist insbesondere Schweinen nachtheilig; es wurden da­nach Kolik, Betäubung, brandiges Absterben der Ohren, des Schweifes, der Extremitäten und Ausfallen der Borsten beobachtet. Weniger schäd­lich wirkt dasselbe auf Pferd und Rind.
8. Ställe.
sect;. 47. Die zum zeitweiligen Aufenthalte der Hausthiere bestimm­ten Ställe können in vielfältiger Rücksicht Xachtheile auf den Gesund­heitszustand derselben ausüben. Die Mängel in ihrer Einrichtung werden sich um so schädlicher erweisen, je länger die Thierc in ihnen sich auf­zuhalten bemüssiget sind.
Zu dunkle Ställe veranlassen eine grosse Empfindlichkeit der Augen gegen den Einttuss des Lichtes und machen die Thiere zur
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laquo;lalle.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;(51
Entstellung von Augenontzündungon geneigt, so wie im üegentheile zu helle Stallräume, insbesondere dann, wenn das Lieht direct auf die Augen einfällt, zu Entzündungen des Auges Veranlassung geben. Zu niedrige, dunstige Stallungen, bei welchen die Erneuerung der Luft nicht entsprechend stattfinden kann, verursachen eine grössere Empündlichkeit der Haut gegen nachfolgende atmosphärische Schädlich­keiten, disponiren daher zu sogenannten Verkühlungen. Durch das fort­dauernde Einathmcu verdorbener, mit ammoniakalischen Ausdünstungen verunreinigter Luft begünstigen sie die Entstehung von Krankheiten der Lungen und Abnormitäten der Blutmischung, und sobald sie nicht rein gehalten und die Excremente nicht häutig hinweggeschafft werden, durch die Einwirkung der rroduete der Eäulniss auch Katarrhe der Augenbindehaut, Erkrankungen der Haut und der hornigen Endtheilc der (jrliedmassen. Zu hohe und geräumige, oder mit einer für ihre Ausdehnung zu geringen Zahl von Thieren besetzte Ställe schützen zur Winterszeit zu wenig vor Kälte und Frost, führen mannigfaltige durch Erkältung hervorgerufene Krankheiten herbei, und diess um so mehr, wenn sie vor der Zugluft nicht hinlänglich geschützt sind oder durch die Bewegung erhitzte Thiere ohne Vorsicht in sie eingestellt werden. Steinerne Eussböden sind, wenn sie nicht mit reichlicher Streu ver­sehen werden, im Winter zu kalt, gewähren den Thieren stets ein hartes Lager, sind auch den Hufen und Klauen durch ihre Härte nach­theilig, und können, wenn sie überdiess ausgetreten und uneben sind, zu verschiedenen Verletzungen und indem sie zur Ansammlung des Harnes und Unrathes in den Eugen und Löchern fuhren, zu jenen Nachtheilen Anlass geben, welche durch faulende Excremente entstellen. Am unreinlichsten sind, wenn nicht sehr grosse Sorgfalt auf ihre Erhaltung verwendet wird, die aus Lehm oder Erde gestampften Eussböden, indem sich die Mistjauche in ihnen versenkt und der Boden uneben und höckerig oder zu einem schmutzigen Breie zerknetet wird. Ansammlungen von Excrementen oder Jauche in schlecht ange­legten oder verstopften, unter hölzernen Dielen befindlichen Abzügen verderben die Luft im Stalle und geben so wie die Anhäufung des Düngers zu jenen Krankheiten, welche durch unreine Luft erzeugt wer­den, zur Verderbniss des in dem Stalle oder über demselben vorräthi-gen Futters, zur Belästigung der Thiere durch die in Menge sich ein­findenden Insecten Veranlassung.
Zu dichtes Aneinanderdräugen der Thiere oder zu enge Stände behindern das Niederlegen und beeinträchtigen die llulie, geben
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i)3nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Stiillo. — LebonsverhSltuIsse.
auch zu Verletzungen durch Treten, Stossen u. dgl. Veranlassung und wirken insbesondere auf trächtige Thiere nachtheilig.
Manche der angeführten Folgen, welche eine unpassende Einrich­tung der Stallungen herbeiführt, äussern sich erst nach längerer Zeit, wie man diess bei Thieren, welche Jahr aus, Jahr ein durchaus im Stalle gehalten worden, zu beobachten Gelegenheit hat.
In manchen Gegenden werden Thiere nur in Unterständen ge­halten. Sind diese wenigstens vor den grellsten Einflüssen der Witterung geschützt, der Jahreszeit entsprechend verwahrt, sind die in ihnen auf­gestellten Thiere an einen Aufenthalt im Freien von Jugend auf ge­wöhnt und abgehärtet, so wird eine solche Unterkunft nur wenige Xachtheile hervorrufen, während unter gegentheiligen Verhältnissen die Gesundheit gefährdet wird und Krankheiten mannigfacher Art entstehen. Auffallende Belege hiezu bietet das Pferchen der Schafe, das Lagern der Pferde in Feldzügen u. dgl.
Dass endlich jede Gattung der Hausthiere zu ihrem Gedeihen eine andere Construction der Stallungen bedarf, ist aus der Bio-tik bekannt und mithin einleuchtend, dass das Unterbringen verschie­dener Hausthiergattungen in einem und demselben Stalle der Gesundheit nicht gedeihlich sein kann.
Insofern die in den Stallungen vortindlichen Gegenstände und Geräthschaf'ten als Träger eines Ansteckungsstoffes dienen kön­nen, vermögen auch die Ställe, wenn mit ansteckenden Krankheiten behaftete Thiere in denselben untergebracht waren, die Verbreitung solcher Krankheiten auf andere, später daselbst eingestellte Thiere zu vermitteln.
9. LcbeiisrerhäUnlsse.
sect;. 48. Da die Hausthiere unter den Verhältnissen, in welchen sie im freien Naturzustande leben, für viele jener Dienstesleistungen, zu welchen sie verwendet werden, wenig oder nicht geeignet wären, so musste ihre naturgemässe Lebensweise entsprechend den verschiede­nen Anforderungen Aenderungen erleiden. Dieses, sich mehr oder we­niger von den, durch die Natur gebotenen Anforderungen entfernende Verhalten begründet aber in den Thieren die Anlage zu gewissen Er­krankungen, und zwar vorzugsweise jener Organe, welche hauptsächlich in Anspruch genommen werden. Es genüge, hier nur auf einige dieser Momente Rücksieht zu nehmen, da bei der Betrachtung der Entste-
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Lebensverbfiltnlsse. — Präservativ- uiifl Arzneimittel.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;(jo
hungsanlässe einzelner Krankheiten hierauf noch häutig zurückzukom­men sein wird.
Man pflegt den Hausthiercn die rohen Nahrungsmittel durch ver­schiedene Zubereitungen, durch Schrotten, Schneiden, Anbrühen, Annetzen u. dgl. verdaulicher und nahrhafter zu machen, dieselben in Stallungen unterzubringen, durch Decken wann zu halten, ihre Haut durch Putzen zu reinigen, sie durch Entmannung für gewisse Dienste geeigneter zu machen u. dgl. m. Obgleich manche dieser Mass­regeln bei gehöriger Vorsicht den Hausthieren unschädlich sind, so können sie bei nicht entsprechender Regelung doch höchst nachtheilig werden. Unpassende Verabreichung der künstlich zubereiteten Fut­terstoffe führt zu Krankheiten der Verdauungsorgaue, zu Störungen der Ernährung, zu chronischen Leiden der Lungen; zu warme Be­deckung disponirt zu Krankheiten, welche durch Erkältung entstehen. Mangel an Bewegung, wie bei Thieren, die beständig im Stalle ge­halten oder zur Mast aufgestellt werden, bedingt Verminderung der Fresslust, Schwäche der Verdauung, Sinken der Zahl der Athemzüge, unvollkommene Blutbildung, verschiedene chronische Erkrankungen. Längeres Stehen veranlasst bei Thieren, welche an Bewegung gewöhnt sind, Steiligkeit der Gliedmassen, wassersüchtige Anschwellung dersel­ben; über massige Bewegung, wenn lange fortgesetzt, kann den Tod durch Ueberjagung in Folge eines Schlagttusses oder acuter Zersetzung des Blutes zur Folge haben; in minderem Grade andauernd fortgesetzt, ver­anlasst s?c Abmagerung, mangelhafte Ernährung und ihre Folgezuständc.
Unpassende, zu schwere, zu weite oder zu enge Arbeitsgeräthe, fehlerhafter Hufbeschlag, Misshandlung der Thiere beim Putzen, bei der Abrichtung und Verwendung können zu langwierigen, meist auf mechanische Art verursachten, die Brauchbarkeit und Gesundheit der­selben beeinträchtigenden Krankheitszuständen führen.
10, Präservativ- und Amieimiftel.
sect;. 49. Absolut nachtheilig ist die hier und da noch gebräuchliche Anwendung sogenannter Präservativmittel, besonders der häufige Gebrauch von Salzen, die Anstellung von Aderlässen, die Verabreichung von Abführmitteln u. dgl., wenn sie bei gesunden Thieren in der Ab­sicht angewendet werden, um sie hiedurch vor dem Ausbruche gewisser Krankheiten zu schützen. Mit Ausnahme der Impfung bei einzelnen Krankheitsformen gibt es kein Heilverfahren, welches diesem Zwecke entsprechen würde, welcher nur durch eine naturgemässe diätetische
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b-inbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Parasiten.
l'rtogc imd bei ansteckenden Krankheiten duroh eine gewissenhafte Durchführung von Separations-Massr^eln erreicht werden kann.
Schädlich, ja in manchen Fällen lödtlich wirkt die Verabreichung von Arzneistoffen, welche einem vorhandenen Krankheitsznstande nicht entsprechen, wie sie von den zahlreichen thierärztlichen Pfuschern so häufig in Anwendung gezogen werden. Abgeschmackt und zum Glücke grösstentheils schon ausser Gebrauch und verschollen ist die Vornahme gewisser, mitunter selbst gefährlicher Operationen, welche theils zur Verhütung, theils zur Heilung einiger Krankheiten in Gebrauch waren; namentlich des sogenannten Gaumenstechens, Kerubrennens, Maulräumens bei schlechter Fresslust, des Haut- oder Nagelschnei­dens bei Augenentzündungen und Milzbrand, des Mäuseschneidcns zur Verhütung von Augenkrankheiten, des Feifeins, d. i. Klopfens oder theilweise Herausschneidens der Ohrspeicheldrüse, um Koliken oder andere Krankheiten der Pferde zu verhüten oder zu heilen, des Toll wurm Schneidens, um die Entwickclung der Hundswuth Iiint-anzuhalten u. dgl.
II. I'aiiisiltn (Schmarotzer).
sect;. 50. Als äusserliche Schädlichkeiten üben manche Xach-theile auf den Organismus die Parasiten oder Schmarotzer.
Man versteht hierunter selbstständigc pflanzliche oder thie-rische Wesen, welche nur durch Vermittlung eines anderen fremd­artigen Organismus, der ihnen entweder für beständig, oder nur für eine gewisse Zeit ihres Lebens Wohnort und Nahrung bietet, be­stehen können. Sie gehören theils dem Pflanzen-, theils dem Thier­reiche an, und leben bald auf, bald in thicrischen Organismen, womach sie auch in pflanzliche und thi eri sehe Parasiten, in Epi-und Eutophyten, in Epi- und Entozoen unterschieden werden.
Ihre'Gegenwart wirkt einerseits häufig als Krankheitsursache, indem sie verschiedenartige pathologische Zustände zur Folge liat, andererseits aber scheint bisweilen ihr Gedeihen durch gewisse ab­norme Zustände des Wohnthiers auffallend begünstigt zu werden.
A. Parasitische Pflanzen.
sect;. 51. Sie gehören durchgeheuds den niedersten Pflanzenformen, den Pilzen an, und werden in der Regel nur bei grösserer An­häufung dem freien Auge sichtbar. Erst in der neuesten Zeit hat man
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Pflanzliche Parasiten.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ()0
den parasitischen Pflanzen der Hansthiere die Aufmerksamkeit zuge­wendet , jedoch ist die Zahl derselben noch immer eine sehr geringe.
Durch Versuche verschiedener Art ist, nachgewiesen, dass die Keime dieser Schmarotzer von aus sen her auf den Körper gelangen und sich nicht durch Urzeugung entwickeln. Ihr Gedeihen scheint durch das Vorhandensein sich zersetzender Stoffe wesentlich heglinsfiget zu werden, daher sie bei Unreinlichkeit des Wohnthiorcs, unter Ein­wirkung feuchter Wärme u. dergl. am besten gedeihen, und Ueber-tragungen der Keime solcher Pilze auf ganz gesunde, und öfter ge­reinigte Hautstellen nur schwer haften.
l)ie Keime (Sporen) der Pilze stellen kleine runde oder ovale Körperchen dar, welche durch Hervortreibung und Abschnürung kleiner, heranwachsender Knötchen zu gegliederten Fäden werden.
Durch die Anhäufung von Pilzlagern entsteht bisweilen entzünd­liche Heizung der von ihnen bedeckten Gewebe und ihrer Umgebung, Heizung sensibler Nerven (Hautjucken), Atrophie des betroffenen Ge­bildes (z. B. des Haares), bisweilen auch eine allgemeine Erkrankung (bei Seidenraupen).
Es gehören hieher:
Mycoderma (Oidium Schönleini, Achoria Seh.), dessen Vorkom­men bei Vögeln (neuerlich von E. Müller beim Haushuhne), bei Katzen und Mäusen sichergestellt ist. Es bildet aus einer Anhäufung von (Eavus-) Pilzen bestehende, schüssclförmige, auf der äusseren Fläche etwas ausgehöhlte, concentrisch geringelte Borken (den Favus), welche in einer Depression der etwas verdünnten, bisweilen exeoriirten Haut sitzen. Nach beiden Seiten ist die Borke von einer Epidermislage be­kleidet. (Fr. Müller sah den Favuspilz sicli auch in die Federsäcko hinein erstrecken.) Die durch die Gegenwart dieser Pilze verursachte Haut­krankheit wird durch Uebertragung der Sporen ansteckend. Auf Hunde solche Pilze zu übertragen, ist bis nun nicht gelungen.
Trichophyton tonsurans wurde von Gerlach bei Rindern, welche an Flechten leiden, angetroffen. Die Pilze bestellen aus rosen­kranzähnlichen, zum Theile gabelförmig getheilten Sporenketten und ein­zelnen Sporen, deren mittlerer Durchmesser 1/4ooquot;' beträgt; sie lagern sich um die Haare an der Austrittsstelle aus ihrer Scheide, wachsen längs derselben in den Haarfollikel bisweilen bis zur Haarwurzel, und umgeben, wenn nicht in Folge der eingetretenen Entzündung die Haare sammt ihrer Scheide und Wurzel hervorgehoben werden, den Haar­schaft in einer dicken Schichte. Später wuchern die, zwischen Scheide
Roll, l'atiiul. und Thürapie. II. AuH.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 5
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6Gnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Pflanzliche Parasiten. — Thierische Parasiten.
und Haarscluift zusammengehäuften Pilze von der Wurzel aus in die Haare (besonders dunkelgelarbte) hinein, wodurch diese mürbe wer­den und abbrechen. Auf diesen Flechtenstellen bilden sich mehrere Linien dicke Borken, die anfangs festsitzen, dann durch eine aus der Haut exsudirte eiterige Flüssigkeit losgelöst und schliesslich abge- . stossen werden, worauf in der Kegel ein kahler Fleck zurückbleibt, auf dem dann wieder Haare hervorsprossen. Die Verbreitung dieser Flechtenform geschieht stets nach der Peripherie hin, die Heilung er­folgt von der Mitte aus, indem an der zuerst erkrankten Stelle auch am frühesten die Aushebung der Haare und der mit Pilzen angefüllten Haarscheiden, so wie die Abtrocknung erfolgt, und neue Haare her­vorsprossen. Durch Vernachlässigung der Hautcultur wird das Wachs­timm und die Verbreitung der Pilze begünstiget, und durch gegen­seitige Berührung der kranken Hinder mit gesunden, die durch die Pilze veranlasste Hautkrankheit (Flechte) verbreitet.
Absichtliche Uobertragungen des Pilzes auf Kinder waren vonnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 1^
bleibendem, jene auf Pferde von vorübergehendem, jene auf Schafe und Schweine von keinem Erfolge begleitet. Beim Menschen veranlasst dieser Pilz die unter dem Namen Herpes tonsurans bekannte Haut­krankheit.
Lie bei Seidenraupen vorkommende, die grössten Verheerungen anriclitcnde Krankheit, — die Muscardine — wird durch einen Pilz (Botrytis bassiana) veran­lasst, welcher in das Zellgewebe und den Fettkörper der Raupen eindringt, und sich rasch weiter entwickelt. Die Krankheit tödtet innerhalb weniger Stundca und ist ansteckend.
li. Thierische Parasiten.
sect;. 52. Dieselben gehören verschiedenen Thierclassen an und leben entweder auf der Oberfläche des Thierkörpers (Epizoen) oder in Organhöhlen und Parenchymen (Entozoen).
Einige derselben bringen ihre ganze Lebenszeit auf anderen
Thieren zu (die Milben, Läuse, Flöhe u. s. f.); andere leben nur während gewisser Kntwicklungs - Perioden als Schmarotzer; andere
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nehmen aber active oder passive Wanderungen vor und gehen be­stimmte Metamorphosen ein (Eingeweidewürmer, Bremsen). Ihre Ent­wicklung erfolgt durchgehends aus dem Eie, und die neueren For­schungen haben bezüglich der Entstehung auch dieser Wesen die Urzeugung als unzulässig nachgewiesen. Ihre Einführung auf oder in den Thierkörpor geschieht entweder im Zustande des Eies, der Larve, oder des vollkommen entwickelten Individuums: zur weiteren
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Thiorische Parasiten.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;G7
Entwicklung und zum Gedeihen der ersteren ist aber die üebcrtragung in einen geeigneten Organismus und das Gelangen zu einem passen­den Organe nothwendig.
Manche bisher für verschiedenartig gehaltenen Thicre haben sich durch die Erkenntniss ihrer Metamorphosen als zusammengehörig oder sogar identisch und nur in verschiedenem Entwicklungszustande befind­lich herausgestellt, während andere, scheinbar zusammengehörige von einander getrennt werden mussten.
I.nbsp; nbsp;Infusorien.
sect;. 53. Hieher gehören die in verschiedenen in Zersetzung be­griffenen, eiterigen oder eiweissigen Flüssigkeiten häufig vorkommenden Vibrionen, Vorticellen.
II.nbsp; nbsp;Würmer.
sect;. 54. Aus der Klasse der Würmer gehören hiehor jene, welche wenigstens einen Theil ihrer Lebenszeit in anderen Thieren schmarotzend zubringen, und die man
Eingeweidewürmer, Helminthen, Entozoen nennt.
Man hat sie bis vor Kurzem als die festeste Stütze der soge­nannten Urzeugung betrachtet und angenommen, dieselben entwickeln sich unter günstigen Verhältnissen in oder aus den normalen, noch mehr aber aus den pathologischen Flüssigkeiten und Ocwcben des Thierkörpers selbst, indem diese zu selbstständigen Organismen sich erheben.
Die neueren Untersuchungen und Beobachtungen haben jedoch gelehrt, dass auch diese Organismen, wie alle anderen Thiero sich aus den in den Müttern meist in enormer Anzahl vorhandenen Eiern, der Hegel nach jedoch nicht in den von dem Muttcrthicre bewohnten Thieren, sondern meist ausserhalb derselben, zu Eingeweidewürmern entwickeln, welche dem Mutterthiere entweder vollkommen gleichen, oder zuerst eine Gestaltung annehmen, welche von jener der Mutter nicht selten so sehr abweicht, dass sie als besondere, vollendete Thierc betrachtet und beschrieben werden konnten, während sie in der That nichts Anderes als Larven darstellen, aus welchen die vollkommenen Thiere erst hervorgehen, sobald sie in andere, ihrer ferneren Ent­wicklung zusagende Wohnthiere oder passende Organe gelangt sind. Bei jenen Helminthen, welche keine Geschlechtstheile besitzen, die mithin keine vollkommen ausgebildeten Thiere sind (Blasemvürmcr), geschieht die Vermehrung bisweilen durch Knospung und Theilung. Behufs des Eierlegens verlassen die Eingeweidewürmer entweder die
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Eingeweidtnvflnner.
Wohnthiere, sie wandern aus, oder wenigstens gehen die von ihnen innerhalb der letzteren abgesetzten Eier ab, und erlangen unter bis jetzt tlicilweise noch unbekannten Verhältnissen eine weitere Ent­wicklung, um dann von neuem activ oder passiv einzuwandern, und unter günstigen Verhältnissen sich zum vollständigen Helminthen zu entwickeln. Dass hiebei unzählige Eier zu Grunde gehen können, bevor eines in die seiner Entwicklung zusagenden Verhältnisse kommt, ist bcgreiHich; wird jedoch die enorme Anzahl entwicklungsfähiger Eier betrachtet, welche ein einziges geschlechtsreil'es Thier enthält und zu­gleich auf ihre durch sehr feste Eischalen bedingte Lebenszähigkeit llücksicht genommen, so muss die Furcht vor dem etwaigen Aus­sterben einer Art bald verschwinden. Die Helminthenbrut wird von den Thiercn mit dem Wasser, dem Fleische und den PÜanzen aufge­nommen und in den Darmkanal gebracht. Jene Eingeweidewürmer, welche in dem Gewebe mancher Organe, die in keinem directen Zu­sammenhange mit dem Xahrungsschlauche stehen, beobachtet werden, gelangen entweder nach ihrer Einwanderung in das Innere von Blut-gefässeu und werden mit dem Blutstrome bis zu einem, ihrer wenigstens larvenartigen Entwicklung entsprechenden Platze geführt (Ülutwürmer, Hämatozoen), oder sie bohren sich durch die Gewebe bis zu einem ihrer Entwicklung zusagenden Organe, worin sie durch ihre Kleinheit und durch die einigen zukommenden hornigen Haken unterstüzt werden. Dieses Eindringen der Helminthenbrut in ein Wohnthier einer­seits , so wie das Verlassen desselben, um die Eier zu legen, bis­weilen die Form zu ändern und dann ein anderes passendes Wohn­thier aufzusuchen, wird mit dem Namen der Wanderung der Ein­geweidewürmer bezeichnet. Bei diesem Aus- und Einwandern sind sie bisweilen selbstthätig, indem sie durch die natürlichen Körper-Öffnungen aus- und einkriechen oder sich durch die Ürgan-Parenchyme oder die Häute des Darmkanales hiudurchbohren, oder sie verhalten sich unthätig, indem sie mit den Futterstoffen und dem Wasser durch die natürlichen Körperöffnungen ein-, mit den Absonderungs­und Auswurfsstoffen aber austreten. Manche Helminthen gelangen da­durch, dass ihre Woliuthiere oder wenigstens die von ihnen bewohnten Organe von anderen Thieren gefressen werden, in diese letzteren und entwickeln sich daselbst häufig erst zu ihrer vollendeten Gestalt. Dass das Gedeihen der eingewanderten Brut durch Alters- und Ge­sundheitsverhältnisse der Wohnthiere unterstützt oder gehindert werde^ kann nicht geläugnet werden.
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Ein^eweidewHrmer.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;6D
Manche derselben erleiden bei diesen Wanderungen eine solche Veränderung der Körpergestalt, dass sie dann eine ganz andere Thierart zu sein scheinen; andere gehen, nachdem sie eine Anzahl von Individuen producirt haben, zu Grunde, ohne geschlechtsreif zu werden (man nennt sie Ammen), während die aus ihnen entstande­nen entweder geschlechtsreif werden, oder wieder auf ungeschlecht­lichem Wege Brut erzeugen, welche entweder selbst oder erst in ihrer Nachkommenschaft wieder geschlechtsreif wird. Man nennt diesen auch bei anderen niederen Thieren beobachteten Vorgang den Generations­wechsel und versteht darunter den Vorgang, dass ein Thier eine Brut zur quot;Welt bringt, welche der Mutter unähnlich ist und bleibt, aber eine neue Generation erzeugt, welche entweder selbst oder in ihren Xachkömmlingen zur ursprünglichen Form des Mutterthieres zurück­kehrt. Die Ammen erzeugen eine Brut, ohne wahre Geschlechtswerk-zeuge zu besitzen; sie vermehren sicli durch Theilung und Knospen­bildung ; sie erzeugen in ihrem Körper Keime, die sich zu neuen Thieren entwickeln. Beispiele hiezu liefern die Saug- und Band­würmer.
Die Art der Ernährung der Eingeweidewürmer ist sehr ver­schieden. Viele besitzen eine Mundöffnung, durch welche sie Flüs­sigkeiten, die sie entweder frei vorfinden, oder aus Körpertheilen auf­saugen können, aufnehmen, wozu einzelne auch Saugorganc und Haken zum Festhalten besitzen, während anderen keine Mundöffnung zukommt, und daher die Flüssigkeiten, in denen sie liegen, von der ganzen Körperoberfläche eingesaugt werden.
Die Nachtheile, welche die Eingeweidewürmer veranlassen, sind von höchst verschiedener Art. Häufig wirken sie wie mechanische Schädlichkeiten, indem sie Canälc verstopfen, die Ausführung von Ab-sonderungstiüssigkeiten hindern, Gewebe verdrängen und zum Schwunde bringen, durch ihr Saugen oder durch Verletzungen mittelst ihrer Haken einen Reiz veranlassen, der zu Entzündung und heftigen nervösen Erscheinungen führen kann, durch den Druck auf Nerven Krämpfe und Lähmungen erzeugen u. s. w. Bei beträchtlicher Anhäufung ent­ziehen sie auch dem Wohnthiere manche zu seiner Ernährung noth-wendige Stoffe und veranlassen eine mangelhafte Ernährung und ein cachectisches Aussehen derselben.
Bei der Betrachtung der, bei Hausthieren vorkommenden Einge­weidewürmer folgen wir der Eintheilung C. Vogt's, wornach dieselben in Plattwürmer und in Rund- oder Fadenwürmer zerfallen.
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70nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Bandwürmer.
A. Plattwürmer (Platyelmia).
sect;. 55. Diese Abtheilung zerfällt wieder in 1) Bandwürmer (Cestoidea, V. PlattwnrmcolonienKüchenmeister) und 2) iSaugwürmer, Trematoidea V. isolirte Plattwürmer Küchenm.).
laquo;) Bandwürmer (Cestoidea).
sect;. 56. Charakter: (nach Dujardin und Küchenm.) Körper weich, gewöhnlich tiach oder dreikantig, bandartig und aus zahlreichen Glie­dern bestehend, von denen die letzten und reifen, Proglottiden genannt, von selbst in die Aussenwelt abzugehen pflegen, ohne feste Umhüllung, ohne Eingeweide, ohne Mund und After; der Kopf mit 2 oder 4, sehr selten 6 musculösen und sehr contractilen Saugnäpfen versehen, und sehr häufig mit Haken bewaffnet, welche in einem ein­fachen, doppelten oder mehrfachen Hinge am Ende des Kopfes, oder paarweise von jedem Saugnapfe, oder sehr zahlreich auf zurückzieh­baren Rüsseln sitzen. Aus dem (Scolex genannten) Kopfe des reifen Bandwurmes entsteht, wenn er in dem Darmkanale zurückbleibt, eine neue Reihe von Gliedern. Der Xahrungssehlauch fehlt, Nerven­system entweder keines vorhanden, oder wenigstens kaum zu erken­nen; im entwickelten Körperzustande 4 seitliche Längsgefässe. Kalk­körper bei vorgeschrittener Entwicklung vorhanden, im Embryo fehlend, beiderlei Geschlechtsorgane in einem Gliede vorhanden, bisweilen auch in zwei Gliedern getrennt; die Eier mit einer einfachen, dop­pelten oder mehrfachen Eihaut umgeben, sehr zahlreich, einen kleinen, durchsichtigen, bläschenartigen, mit 4 bis (gt; Häkchen bewaffneten, den Eltern vollkommen unähnlichen Embryo (Amme) enthaltend, welcher ausser dem Darmkanale, und entfernt von dem Wohnorte der Eltern-thiere eine complicirte Metamorphose durchzugehen hat (Blasen-w ü r m e r).
Aus dieser Charakteristik ergibt sich schon, dass die Blasen­würmer, welche man bis vor Kurzem als eine besondere, von den Band­würmern verschiedene Ordnung der Eingeweidewürmer angesehen hat, unter Einem mit diesen letzteren betrachtet werden müssen.
Es hat sich nämlich herausgestellt, dass gewisse Blasen- und Band­würmer nur als verschiedene Entwicklungsstufen einer und derselben Species gelten können. Jeder entwickelte Bandwurm besteht nämlich aus einem Kopfe (Scolex) und aus mehr oder weniger zahlreichen Gliedern, deren jedes einzelne einen männlichen und weiblichen, oder einen getrenn­ten Geschlechtsapparat besitzt und eine grosse Zahl von Eiern entwickelt. Der reife Bandwurm im Ganzen muss als ein zusammengesetztes Thier
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Handwürmer.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; T 1
(ein Thierstock) betrachtet werden, der aus dem Kopfe und zahl­reichen, hinter einander liegenden, unter sich zusammenhängenden, anders gestalteten Individuen (den Gliedern) bestellt.
Bei jenen Bandwürmern, welche den Taenien angehören, gehen die Glieder, sobald sie vollkommen reif sind, (Proglottiden) aus dem Darme des quot;VVohnthieres ab, sie wandern aus, behalten durch einige Zeit ein selbstständiges Leben, besitzen das Vermögen der sclbstständigen Bewegung und sterben endlich ab. Durch die Fäulniss derselben werden die in ihnen enthaltenen Eier, welche durch ihre sehr harte Schale lange Zeit den äusseren Einwirkungen widerstehen können, frei und gelangen dann mit dem Wasser oder dem Futter in den Magen und Darm anderer Wohnthicrc. Dort werden die Eischalen gelöst und die, ihren Eltern ganz unähnlichen, mit sechs Haken versehenen Embryonen frei. Diese sind jedoch nicht fähig, sich unmittelbar zu Bandwurmern zu entwickeln, sondern müssen früher die Stufe der Blasenwürmer durchgehen. Der Embryo bohrt sich mittelst seiner Haken durch die Darm- oder Gefässwandungen des Wolinthieres durch und gelangt an die verschiedensten Körperstellen. Sind diese seiner weiteren Entwick­lung ungünstig, so geht er zu Grunde, unter zusagenden Verhältnissen jedoch entwickeln sich in dem Inneren seines Leibes durch Knospen­bildung ein oder mehrere Köpfe, dann schmale Glieder und aus dem Bandwurm-Embryo ist ein Blasen wurm geworden. In serösen Körper­höhlen nimmt ein solcher Blasenwurm den Nahrungsstoff durch Ein­saugung mittelst seiner Hautobertläehe aus den Flüssigkeiten seines Wohnthieres auf, an anderen Körperstellen festgesetzt, bildet sich um ihn eine Umhüllungscyste, deren innere Auskleidung ganz den Bau einer serösen Haut zeigt (Luschka, Küehenm.). Mcht selten bilden die angrenzenden Organgewebc eine schwielige Kapsel um den Schmarotzer. Werden nun entweder solche Schmarotzer oder die sie beherbergenden Thiere oder wenigstens die von ihnen bewohnten Organe von anderen, bestimmten und für die weitere Entwicklung derselben geeigneten Thieren gefressen, gelangen sie mithin in den Darm eines anderen passenden Wohnthieres, so verlieren sie ihre Schwanzblase, sie setzen Glieder an, welche nach und nach geschlechtsreit werden, Eier entwickeln und end­lich abgehen. Es entwickelt sich mithin aus dem Blasenwurm ein Band­wurm, dessen Kopf jener des Blasenwurmes ist und nie geschlechts­reif wird.
Dass mithin das Zusammentreffen sehr vieler günstiger Umstände erforderlich ist, um die Entwicklung eines Bandwurmes aus einem
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7l?nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;BamlwHrraer.
Bandwurmembiyo zu ermöglichen, ist von selbst klar; die enorme An­zahl von Eiern jedoch, welche sich in einem einzigen Bandwurmglicde findet, so wie die lange andauernde Lebensfähigkeit derselben macht es begreitüch, dass selbst bei dem Zugrundegehen vieler Tausende von Eiern doch die Erhaltung der Art nicht gefährdet ist.
EUtterungsversuche haben die angegebene Art der Entwick­lung über jeden Zweifel erhoben. Kennt man gleich noch nicht alle zusammengehörigen Blasen- und Bandwurmarten, so weiss man doch bereits, dass der Bandwurm der Katzen aus dem bandförmigen Blasen­schwanz der Mäuse und Ratten, der gesägte Bandwurm des Hundes aus dem erbsenförmigen Blascnschwanz des Hasen und Kaninchens, der Bandwurm des Menschen aus der Finne des Schweines, der Ge­hirnblasenwurm des Schafes aus einer bis vor Kurzem mit dem gesägten Bandwurme des Hundes zusammengeworfenen Bandwurmart (T. Coe-nurus), der dünnhalsige Blasenwurm der Wiederkäuer aus einer anderen Bandwurmart des Hundes hervorgehen und umgekehrt. Um die Con-statirung der hier angeführten Thatsachen haben sich insbesondere v. Siebold und Dr. Küchenmeister verdient gemacht.
Bei den Grubenköpfen (Botriocephalus) ist die Wanderung der Embryonen und die Entwicklung der Scolices noch unbekannt; es scheint jedoch der Scolex vorerst in dem Darme einer anderen (niederen) Thier-gattung eine gewisse Entwicklung erreichen zu müssen, bevor er in dem Darme einer höheren Thierart die weiteren Veränderungen bis zur Beife eingehen kann.
Die Nachtheile dieser Parasiten sind sehr verschieden. Als Blasenwürmcr beeinträchtigen sie vorzugsweise durch ihre Grosse und Zahl auf mechanischem Wege die Functioncn der von ihnen ein­genommenen Organe, z. B. Gehirn, Lungen, Leber u. s. f. und hiedurch mittelbar auch den allgemeinen Gesundheitszustand, während sie als Bandwürmer, falls sie in geringer Zahl vorhanden sind, wenig oder gar nicht belästigen, falls sie aber in bedeutenderer Menge angehäuft sind, theils die Wohnthiere in ihrer Ernährung beeinträchtigen, theils aber auch durch die mechanischen Verletzungen der Darmwandungen mittelst ihrer Haken Entzündung der Darmschleimhaut, heftige Schmer­zen, selbst Anfälle von Raserei veranlassen können. Das Letztere wurde bereits zu wiederholten Malen bei Hunden beobachtet, welche dann Erscheinungen darboten, die von jenen der sogenannten rasenden Wuth während des Lebens kaum zu unterscheiden waren.
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BandwHrmer.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 73
Ucber die zusammengehörigen Arten der Band- und Blasenwürmer können nur Fütterungsexperimente und noch anzustellende genaue mi­kroskopische Vergleichungen der Saugnäpfe, der Beschaffenheit des Küsseis und der Hakenkränze, so wie der Geschlechtsorgane und Eier weiteren Aufschluss geben.
Es gehören hieher:
A.nbsp; nbsp;Grubenköpfe (Botriocephali, — Dibothria Bud.).
Charakter. Bandwürmer mit 2 gegenüberstehenden, an den Bän­dern gelagerten längliehen Saugnäpfen oder Gruben; der Kopf nahezu vierwinklig, gegliedert, ohne Haken, die üeschlechtsöffnung in der Mittellinie des Wurmes an der Bauchseite. Die den völlig ausgebildeten Individuen ganz ähnlichen, aber keine Spur von üeschlechtstheilen zeigenden Scolices bewohnen den Darmcanal niederer, die reifen Wür­mer den Darm der Wirbelthiere.
Bei Hau st liieren kommt vor:
Der täuschende ürubenkopf (Dibothrium deeipiens Diesing), oder Katzen Gr. im Dünndärme der Katze.
B.nbsp; nbsp;Eigentliche Bandwürmer, Taeniae.
Charakter. Kopf kugelförmig oder dreikantig, mit 4, selten 6 kreisrunden, entgegenstehenden, sehr contraotilen Saugnäpfen, einem imdurchbohrten Bussel, welcher eingestülpt ist, so lange der Wurm in eine Cyste oder Körperhöhle eingeschlossen lebt, — vorgestreckt, sobald er in einem Darme sich aufhält, und mit einer wechselnden Zahl von Häkchen, welche in 1, 2 oder mehreren Beihen stehen, bewaöhet ist. Hals bald vorhanden, bald fehlend. Der Körper des reifen Thieres ist weiss, flachgedrückt oder rundlich, sehr selten drei­kantig und besteht aus contraotilen Gliedern — l'roglottiden — deren Zahl, Farbe und Grosse sehr verschieden ist, und von denen die vorderen und kleineren geschlechtslos, die hinteren, grösseren Zwitter sind. Der Körper des unreifen Thieres (Blasenwurm) fehlt oder ist kurz, geschlechtslos und endiget in eine Schwanz blase, in welche der Kopf (Scolex) entweder eingesenkt ist, oder nach aussen anhängt. Als Gefäss-System besitzen sie jederseits 2 mit einander anastomo-sirende Längsgelasse. Die Geschlechtsöffnungen sind gewöhnlich einfach, bisweilen doppelt, bald auf einer Seite, bald abwechselnd stehend. Die männlichen Geschlechtsorgane bestehen aus einem ein­fachen, doppelten oder lappigen Hoden, einer, Samenthierchen enthalten­den Samenblase, einem gewundenen Samenstrange und einem verschie­den gestalteten, durchbohrten und in eine Tasche zurückziehbaren Penis.
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74nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Banrtwilrmcr.
Der weibliche Geschlcchtsapparat besteht aus der, an der Ge-schlechtsoffhung beginnenden und an dem, aus einem Mittelstückc und seitlichen Aesten bestehenden Uterus endenden, neben dem Samen­strange liegenden Scheide. Der Uterus ist mit ein- oder mehrscha-ligen Eiern erfüllt, welche einen mit 6 Häkchen bewaffneten, sich lebhaft bewegenden Embryo enthalten, und, sobald sie entweder frei oder in Proglottiden eingeschlossen, nach aussen abgesetzt werden, die Bestimmung haben, zuerst passiv in den Darm eines Thieres eingeführt zu werden, dann aber aelive Wanderungen in dem Körper dieses Thieres vorzunehmen und daselbst in Blasenwürmer sich umzuwandeln.
In Haussiiugethieren kommen nachstehende Taenien, und zwar entweder im reifen oder im unreifen Zustande vor:
1.nbsp; nbsp;Ausgebreiteter Bandwurm (Taenia expansa Eud.). Länge 1' bis 100', Breite bis 1'quot;.
Wohnort: der Dünndarm des Schafes und Eindes.
2.nbsp; nbsp;Gezähnelter Bandwurm (T. denticulata Eud.). Länge an 8quot;, Breite 3'quot; bis 4//'.
Wohnort: der Darm des Eindes.
3.nbsp; nbsp;Gefalteter Bandwurm (T. plicata Eud.) Länge 6quot; bis 3', Breite 3'quot; bis 8'quot;.
Wohnort: der Dünndarm des Pferdes. (Selten.)
4.nbsp; nbsp; Kleiner Pferdebandwurm (T. mamillana Mehlis). Länge 5quot;—•)quot;', Breite 2'quot;.
Wohnort: der hintere Theil des Dünndarmes des Pferdes. Sehr selten.
5.nbsp; nbsp;Durchwachsener Bandwurm (T. perfoliata Göze). Wohnort: der Dünndarm des Pferdes.
Die zu diesen fünf Arten von Taenien gehörigen Blasenwürmer sind bisher unbekannt.
ß. Gesägter Bandwurm (T. serrata Göze.). Länge 2'—4', Breite 2quot;'—3'quot;.
Wohnort: der Dünndarm des Hundes.
Bis vor Kurzem wurden sämmtliche im Hundedarme vorkommenden Bandwurmspecies der T. serrata oder der später aufzuführenden T. cueu-merina beigezählt. Erst die neueren Untersuchungen Küchenmeisters haben nachgewiesen, dass die der T. serrata beigezählten Individuen verschiedenen Arten angehören, welche sowohl durch die Gestalt des Körpers und der Haken, als auch durch die aus der Fütterung der reifen Eier sich ergebenden Ecsultate wesentlich von einander abweichen.
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Banihvllrmer.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 75
Dem gesägten Bandwurme entspricht als Hcolexzustand der erbseuför-mige Blasenschwanz (Cysticercus pisiformis) des Kaninchens und Hasen.
7.nbsp; nbsp;Der aus dem diinnhalsigen Blasenwurme gezogene Band­wurm (T. e Cysticerco tenuicolli. Küchenm.) kommt in dem Dünndarme des Hundes vor. Er ist 4'—6' lang und sehr dick. Ihm entspricht als Scolex: der dünn halsige Blasenschwanz (Cysticercus tenuicollis Eud.). Kopf eingestülpt, vierkantig, mit 4 an den Winkeln stehenden Saugnäpfen, einem Küssel mit doppeltem Hakenkranze, der Hals kurz, fadenförmig, der rundliche, yaquot;—1quot; lange Körper endiget in eine sehr grosse, fast kugelförmige, mit Flüssigkeit angefüllte Schwanzblase.
quot;Wohnort: das Brust- und Bauchfell, dann die Leber des Scha­fes, Eindes, Schweines, der Ziege und anderer Biianzenfresser; er ist meist von einer derben fibrösen Kapsel eingeschlossen.
8.nbsp; nbsp;Der aus dem Gehirnblasenwurme gezogene Bandwurm (T. Coenurus Küchenm.) lebt im Dünndärme des Hundes. Ihm entspricht als unreifer Ziistand
der Gehirnblasenwurm (T.Coenurus Rud.). Gemeinschaftliche Blase hautartig durchscheinend, bis zur Grosse eines Ganseies und darüber heranwachsend, zahlreiche Sprossen treibend; die einzelnen, der Innenfläche dieser Blase aufsitzenden Scolices '/,/quot;—2'quot; lang, l/4quot;' dick, der Kopf vierkantig, mit vier an den Winkeln sitzenden Saugnäpfen, der Rüssel mit einem doppelten Hakenkranze versehen; de* Körper länglich, der Quere nach gerunzelt.
Wohnort: das Gehirn, seltener das Rückenmark des Rindes und Schafes, durch Druck auf einzelne Hirnpartien die Drehkrankheit ver­anlassend.
9.nbsp; nbsp;Der dreigliedrige Bandwurm (T. ex Echinococco Veter.) kommt im Darme der Hunde bisweilen in enormer Menge vor, und kann bei diesen Thieren die heftigsten Anfälle von Raserei, die mit der Wuth verwechselt werden können, veranlassen. Der Körper ist drei-gliederig, der Kopf rundlich, der Rüssel mit einem doppelten Kranze kurzer Haken bewaffnet, der Hals länglich; die beiden Glieder länglich, Zwitter. Die Länge beträgt 1'/laquo;'quot;. Der zugehörige Scolex ist:
der vielgestaltige Hülsen wurm (Echinococcus polymorphus Dies. Thierhülsenwurm, Ech. Veterinorum, — Ech. scolieipariens. Küchenm.). Eine kastanien- bis apfelgrosse, von einer dichten Kapsel umschlossene, häutige, durchscheinende, mit einer klaren Flüssigkeit angefüllte Blase (der zu dieser Grosse herangewachsene Embryo), aus deren innerer
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70nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Bandwürmer
Fläche zahlreiche kleine Scolices hervorsprossen, welche Anfangs mittelst eines dünnen Fadens der inneren Blasenwand anhängen, später aber frei in der Flüssigkeit schwimmen, und deren Kopf mit 4 schwer er­kennbaren Saugnäpfen und einem, mit einem doppelten Hakenkranze (28—30) bewaffneten llüssel versehen ist.
Einer anderen, bisher noch unbekannten Taenicnart sollen nach Küchenmeister jene Echinococcusblasen ihre Entstehung verdanken, welche gleich den früheren bei verschiedenen Hausthiergattungcn an­getroffen werden, aber rüoksiohtlich ihres Baues einige Verschiedenheit zeigen. Die von der Umhüllungscysto umschlossene, zu einer bedeuten­den Grosso heranwachsende gemeinsame Blase nämlich (die Mutterblase) producirt nicht nur einzelne Scolices, sondern auch neue kleinere (Toch­ter-) und diese abermals neue (Enkel-) Blasen, welche keine Embryo-nalhäkchcn zeigen, aber Scolices erzeugen, welche mit kleinen Stielen der Blase ansitzen, oder auch von ihr losgelöst frei in der Flüssigkeit schwimmen, deutliche Saugnäpfe und eine grössere Anzahl von Haken (40—54) zeigen, als die früher erwähnten.
Kommt es bei einer oder der anderen Art von Echinococcusblasen nicht zur Erzeugung von Scolices, bleiben sie mithin steril, so stellen sie dann jene Gebilde dar, welche man Ace phaloeysten nennt. Man findet dann innerhalb einer Cyste eine entweder mit dieser noch voll­kommen oder doch stellenweise zusammenhängende Blase mit geschich­teten , gallertartig zitternden Wandungen, welche eine wässerige oder citerähnliohe, in Verkreidung begriffene, Proteinmassen ähnliche Flüs­sigkeit enthält, nicht selten seeundäre Cysten einschliesst, ohne jedoch bei genauerer Untersuchung irgendwo Scolices oder die zurückgebliebe­nen Haken derselben zu zeigen.
Nicht selten gehen die Echinococcusblasen in Folge einer Entzündung der Umhüllungscyste zu Grunde. Die Wände der Blase werden schmutzig, undurchsichtig, der Inhalt trübe, schmutziggelb, eiter-ähnlich, und enthält eine feine Punktmasse, Fettkügelchen und in Auf­lösung begriffene Scolices. In manchen Fällen kommt es in Folge der Vereiterung zu einer Eröffnung des Sackes und zum Ergüsse seines Inhaltes in die Höhlen des Körpers oder gewisser, mit dem Echinococ-cus-Sacke in Adhäsion getretener Organe, in anderen erfolgt allmälige Eindickung des Inhaltes zu einem Kalkbreie und Schrumpfung des Sackes.
Wohnort. Beide Arten von Ech.-Blasen finden sich in den ver­schiedensten Organen der pflanzenfressenden Hausthiere und des Schwei­nes. Schädliche Wirkungen veranlassen sie durch ihr Volum, durch ihren
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Bandwürmer.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;i 7
Druck auf die umgebenden Tlieilc, durch Verschliessang wichtiger Gänge. Bei ihrem Andringen an seröse Häute verunlassen sie auf der Obcrtiäche derselben Bindegcwebsnenbildungen und Anlöthungen an die Umgebung.
10.nbsp; nbsp; Dickhalsiger Bandwurm (T. crassioollis Bud.). Länge bis zu 1'. Wohnort: der Dünndarm der Katze.
Der zugehörige iScolex ist der bandförmige Blasen schwänz (Cysticercus fasciolaris Bud.), welcher sich in der Leber der Mäuse und Batten sehr häutig vorfindet.
11.nbsp; nbsp;Kürbiskernähnlicher Band wurm (T. cueumerina Bloch.). Länge 4quot;—1', Breite 1'quot;; wohnt im Dünndärme des Hundes. Die ent­sprechende Blasenwurmart ist noch unbekannt.
12.nbsp; nbsp; nbsp;Elliptischer Bandwurm (T. eUiplica Batsch.). Länge 2quot;'_6quot;', Breite 1'quot;.
Wohnort: der Dünndarm der Katze. Die correspondirende Fin­nenart unbekannt.
13.nbsp; Der langgliedrige Bandwurm des Menschen (T. Solium). Aus dem Embryo desselben entwickelt sich, wie durch Fütterungsver-suche nachgewiesen ist, als Scolex
der Zellgcwcbsblasenschwanz, die Finne (Cysticercus cellu-losae Bud.). Er besteht aus dem Körper (Hcolex) und der das hintere Ende desselben darstellenden linsen- bis kirschengrossen halbdurchsich-tigon, runden oder elliptischen Schwanzblase, welche dort, wo sie in Geweben sitzt, von einer Kapsel eingeschlossen ist. Gewöhnlich ist der Kopf des Scolex in den Hals eingestülpt, und man bemerkt dann an dieser Stelle eine einwärts gezogene kleine Falte. Der Kopf ist stumpf viereckig, mit einem Saugnapfe an jeder Ecke, einem konischen Bussel und doppelten Hakenkranze; der Hals kurz, der Körper cylindrisch, quer gerunzelt.
Wohnort: das Bindegewebe, die Muskeln, die serösen Häute des Schweines (die Finnenkrankheit veranlassend), selten andere Thiere.
14.nbsp; nbsp;Der röhrenförmige Blasenschwanz (Cysticercus fistularis Rud.). Hals fehlend, Körper sehr kurz, rundlich, Schwanzblase lang, fast cylindrisch. Länge 5'quot; und darüber, Dicke rückwärts 3quot;'—4'quot;.
Wohnort: das Bauchfell des Bferdes. Sehr selten. (Hier trotz fortgesetzter Aufmerksamkeit noch nicht gefunden.) Die zugehörige Baudwurmart noch unbekannt.
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Saugwlirmer.
ß. Saugwürmer (Trematoidca Kud.).
sect;. 57. Der Körper ist weich, parenehymatos, llach oder zusam­mengedrückt, seltener rund, besitzt entweder keinen, einen oder meh­rere Saugnäpfe auf dem Bauche, sehr selten auf dem Rücken. Der Kopf vom Körper nicht oder nur wenig abgegrenzt; der Mund am Körpereude oder nahe demselben stehend; der Darmcanal gabelig getheilt oder zweispaltig, ästig, die Afteröffnung fehlend; bei den meisten findet sich eine am Rücken sitzende Ausführungsöffnung; ein doppeltes Gefasssystem; meistens beiderlei Geschlechtsorgane in einem Individuum, selten getrennt; die Geschlechtsöflhungcn sind gesondert, einander nahe oder entfernt; der Penis fadenförmig, zurückziehbar, mit oder ohne Scheide; zwei, selten ein Hode, zwei Eierstöcke. Die Saug­würmer sind von ihrer Entwicklung aus dem Eie bis zum vollkomme­nen Thicre einem Generationswechsel unterworfen, aus dessen Verlauf man wohl nur erst einzelne Thatsachen kennt, die sich jedoch mit vieler Wahrscheinlichkeit schon jetzt zu einem Ganzen zusammensetzen lassen. Der in dem Eie der Trematoden enthaltene Embryo entwickelt sich an passende Stellen nach aussen gelangt zu einem Thiere von ganz an­derer Form und Organisation als die Eltern waren; er wird zu einem mikroskopischen, sogenannten Cercaricnschlauche, welcher im Wasser lebhaft umherschwimmt und in seinem Inneren ohne Hilfe von Geschlechts-theilen eine Brut von Thieren erzeugt, welche Cercarien heissen. Der Ccrcarienschlauch hat daher die Bedeutung einer Amme, er gelangt durch die natürlichen Körperöffhungen verschiedener im Wasser lebender Thicre in das Innere derselben und entwickelt nun, an einen geeigneten Ort gekommen, seine Brut weiter. Diese, ihrer Körpcrgestalt nach den Saugwürmern sehr ähnlichen Cercarien verlas­sen das Wohnthicr ihrer Amme und schwimmen sehr lebhaft im Wasser herum; sie dringen in Insecten oder Schnecken, verlieren ihren Schwanz, kapseln sich ein und entwickeln nach und nach ihre Geschlechtstheile. Werden nun solche Insecten oder Schnecken von einem passenden Thiere verzehrt, so werden sie sammt der, die Cercarie umschliesscnden Kap­sel verdaut; diese, dadurch freigeworden, entwickelt sicli weiter zum vollkommenen Saugwurme. Dass durch diesen complicirten Verwandlungs­und Wanderungsprocess viele Thiere zu Grunde gehen können, ist be­greiflich, der Verlust wird jedoch durch den Umstand, dass eine Amme sehr viele Cercarien erzeugen kann, wieder ausgeglichen. Durch Unter­suchung des Sumpfwassers und der auf nassen, morastigen Weiden vor­kommenden Insecten und Schnecken dürfte sich in der Folge mit
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Saiigwiinnor.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;79
Sicherheit herausstellen, dass die bei Ptianzenfressern sicli vorfindenden, angeblich durch den üenuss des Wassers aus Teichen und anderen stehenden Gewässern und des Sumpfheues entstandenen Trematoden nur durch die Einführung von Ccrcarien enthaltenden Insecten und Schnecken mit dem Futter, oder den Genuss des mit Cercarienbrut ver­unreinigten Sumpfwassers sich entwickelt haben. Es gehören hicher:
1.nbsp; nbsp;Doppelloch (Distomum Dies.). Leib platt oder rundlich, bewaffnet oder unbewatt'uet, Kopf nicht abgesetzt oder
durch einen Hals geschieden; Mund endständig oder doch vorne, gewöhnlich napfahn-lich; ein sitzender oder gestielter Sangnapf am Bauche; die üeschlechtsöffnungen einander nahe, vor, selten hinter dem Saugnapfe. Eine Ausführungsöifnung an der Spitze des Schweifes oder am Eücken vor der Schweifspitze.
a.nbsp; nbsp;Leberdoppelloch (Dist. hepaticum. Abiig. et Mehlis.). Länge der jüngeren 4'quot;, Breite l'/a'quot;raquo; ^er Erwachsenen 8—14'quot;, Breite 3'/„ _6quot;'.
Wohnort: die Lebergänge des Pferdes, Esels; die Lebergänge und Gallenblase des llindes, Schafes, der Ziege und des Schweines. (Häufig und zahlreich vorkommend.)
b.nbsp; nbsp; Lancettförmiges Doppelloch (D. lanceolatum Mehlis.). Länge 2—4'quot;, Breite ,/a — l'quot;.
Wohnort: die Gallenblase und die Lebergänge des Rindes, Scha­fes, der Ziege und des Schweines.
In grösserer Menge vorhanden erweitem und verstopfen sie die Gallengänge, dit auch in ihren Wandungen ausserordentlich verdickt und callös werden. Die Gallcnsecretion leidet hiedurch namhaft; die in den Gallengängcn und der Gallenblase vorfindliche Galle ist schleimig zähe, graugelb; das Leberparenchym atrophirt in Folge des Druckes, es entwickelt sich Gelbsucht, Störung der Ernährung und schliesslich ein cachectischor Zustand — Erscheinungen, die man in ihrer Aufein­anderfolge mit dem Namen der Leberegelkrankheit bezeichnet.
2.nbsp; nbsp; Endloch, Zapfenwurm (Amphistomum Kud.). Körper platt oder rundlich, Kopf vom Körper nicht abgesetzt; Mund endständig oder vorne, bisweilen saugnapfähnlich; ein Saugnapf am Schwanzende; Ge-schlechtsöffnungcn nach vorne, einander nahe; am Rücken eine Aus-
Inbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;führungsöffnuug.
a. Kegelförmiges Endloch (Amph. conicum Rud.). Länge 2 bis 6'quot;, vorne kaum '/j'quot;, rückwärts 1 — l,/2quot;'dick.
Wohnort: der Pansen des Rindes, Schafes und der Ziege. Der Wurm saugt sich mit dem Saugnapfe sehr fest an eine Zotte des Pan­sens an, und verrichtet auch in dieser Lage mit einem dicht daneben
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SangwBnuer. — Rundwürmer.
sitzenden Individuum die Begattung, wobei sie so innig an einander haften, dass sie selbst in Weingeist gegeben von einander nicht ablassen.
b. AbgestutztesEndloch, kege Iförmiges Doppclloch (Amph. truueatum llud. Distomum C!onus Creplin.). Länge 1 '/.j—2'quot;, Breite vorn ,/.,quot;', hinten Vquot;.
Wohnort: die Gallenblase, seltener die Gallengängc der Katze. Hier noch nicht gefunden.
3. Halbloch (Hcmistomum Dies.). Körper fast rundlich oder flach; Kopf gross, von dem Körper durch eine Einschnürung getrennt, saug-napfahnlich, schief abgestutzt, an der Seile klaffend, gewöhnlich länger als der Körper. Der Mund fast endständig, vorne am oberen Hände. Die männliche (ieschlechtsöffnung (der sog. Saugnapf) liegt in einer Aushöhlung des Kopfes und ist wie die am Schweifende liegende weib­liche üeschlechtsöff'nung saugnapfähnlich.
a. Geflügeltes Halb loch, geflügeltes Doppelloch (Hemist. ala-tum Dies. Distomum alat. Zeder.). Länge 1'/jj—3'quot;.
Wohnort: der Dünndarm des Hundes.
B. Rundwürmer.
sect;. 58. Diese Abtheilung kann wieder in eigentliche Bund- und in Hakenwürmer geschieden werden.
a. Rund- oder Fadenwürmer, Nematoidea,
Körper rund, viel länger als dick, häufig fadenförmig, Haut­bedeckung fest, Körperparenchym contractil, mit Hohlräumen, welche eine starke Imbibition zulassen, der Mund am vorderen Körper­ende, der After entweder am hinteren Ende oder am Anfange des Schweifes, der Nahrungscanal einfach und gerade verlaufend; deut­lich entwickeltes Muskelsystem, Gefäss- und Servensystem noch unbe­kannt. Geschlechter getrennt. Männliche Geschlechtsorgane ein verschieden gestalteter Penis, bisweilen mit Hilfs-Haftorganen versehen, Samenstrang und einfacher Hode. Weibliehe Organe: einfache Scheide, einfacher oder zweifacheriger Uterus, verschieden gestaltete, gewöhnlich um den Dann gewundene Eierstöcke.
Die Eichen enthalten bisweilen einen den Eltern ähnlichen Em­bryo. Die Würmer sind theils eierlegend, theils lebendig gebärend.
Eine eigentliche Metamorphose scheint bei ihnen nicht vorzu­kommen, jedoch sind gewiss viele von ihnen einer Wanderung unter­worfen , indem sie in dem Thiere, in welches sie zuerst (nach der Entwicklung aus dem Eie) gelangen, nicht geschlechtsreif werden, sich einkapseln und erst dann vollkommeu entwickeln, wenn ihr Wirth von
^mm
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Rund- oder Fadeowürmer.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 81
einem anderen geeigneten Thiere gefressen wird, oder wenn sie in an­dere Organe desselben Thieres gelangen.
I. Haarkopf, Peitschenwurm (Trichocephalus Geize).
Der Körper nahezu drehrund, bei dem Männchen gewöhnlieh spiralig gewunden, hei dem Weibchen nahezu gerade, der Hals sehr lang, haarförmig, nach hinten zu all-mälig dicker werdend; am Knde des nicht abgegrenzten Kopfes ein sehr kleiner Mund; das Schweifende des Männchens mit einem bewaffneten, sehr selten nur unbewaffneten Schwanzbeutel; das männliche Glied fadenförmig, in einer mit ihm zurückziehbaren röhrigen Scheide; Schweifende des Weibchens gerade, stumpf; die Geschlechtsötfnuug am Grunde des Halses.
1.nbsp; nbsp;Verwandter Haarkopf (Tr. affinis Rud.). Die Länge des Kör­pers beträgt beim Männchen 7 — 8'quot;, die Dicke %'quot;; des Weibchens 6quot;', Dicke ^.j'quot;.
Wohnort: die dicken Gedärme des Seluifes, der Ziege (nach Gurlt auch des Eindes). — Bringt dem Wohnthiere keine bekannten Xachtheile.
2.nbsp; nbsp; nbsp;Gedrückter Haarkopf (Tr. depressiusculus End.). Des Männchens Körperlänge 5'quot;, Dicke Va'quot;; Länge des Weibchens 7quot;', Dicke '/„ 'quot;.
Wohnort: der Blinddarm des Hundes. — Nicht sehr häufig.
3.nbsp; nbsp;Gekerbter Haar köpf (Tr. crenatus Eud.). Körperlänge 8'quot;, Dicke l/g'quot;— '/a quot;' •
Wohnort: die Dickdärme des Schweines. — Nachtheile unbekannt.
11. Padenwurm (Pilaria Müller).
Der Körper fadenförmig, gewöhnlich sehr lang; der Kopf vom Körper nicht abgesetzt. Der endständige Mund ohne oder mit Lippen, nackt oder mit Wärzchen oder mit hornigen Zähnchen besetzt; der haarförmige Penis bisweilen in einer röhren-oder bandförmigen Scheide; die weibliche Geschlechtsöft'nung in der vorderen Körperhälfte.
1.nbsp; nbsp; Thränenfadenwurm (Filaria lacrymalis Gurlt). Lebendige Junge gebärend. Länge des Männchens 5—(gt;'quot;, des Weibchens 7—8'quot;.
Wohnort: die Ausführungsgänge der Thränendrüse des Pferdes und Eindes; bisweilen auch der Eaum zwischen den Augenlidern und dem Augapfel. — Scheint keine üblen Zufälle hervorzurufen.
2.nbsp; nbsp;Warziger Fadenwurm (F. papillosa Eud.). Länge des Männ­chens 2—4quot;, des Weibchens 0—7quot;; Dicke l/3—'/a'quot;-
Wohnort: die Bauch-, seltener die Brusthöhle des Pferdes, Esels und Maulesels, das Bindegewebe des Bauchfelles und der Muskeln, selten die Darmhöhle, der Sack der Spinnwebonhaut des Gehirnes, der Glas­körper des Auges, die vordere Augenkammer des Pferdes und Eindes, so wie auch die Bauchhöhle des Eindes.
Roll, l'athol. und Therapie. II. Aufl.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 6
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Rund- oder FadenwUrmer.
Nachtheile gehen aus dem Aufenthalte desselben in den grossen Kürpcrhöhlen nicht hervor. In der vorderen Augenkammer befindlich kann er durch seine lebhafte Bewegung Entzündung der Eegenbogon-und durclisichtigcn Hornhaut veranlassen, wie diess bei einem im Jahre 1844 auf dem C'Iinicum des hiesigen Institutes befindlichen Pferde der Fall war.
III. Eollschwanz (Spiroptera Und.).
Der Leib cylimlrisch, beiderseits oder an einem Ende mehr versebmächtigt, Kopf nackt oder mit Wärzchen versehen; Mund kreisförmig. Das beiderseits mit tlaiidtliigoln, zwischen welchen der fadenförmige Pcnis hervorsieht, versehene Selnvanz-ende des Jlännchens locker spiralig gedreht, jenes des Weibchens ohne Kandfliigel, gerade, die Geschlcchtsölfnung nach rückwärts gelegen. Eier legend, seltener lebende Junge gebarend.
1.nbsp; nbsp;Grossmäuliger Rollschwanz (Sp. megastoma Und.). Länge des Männchens 4—5'quot;, des Weibchens 5—6'quot;, Dicke V/quot;-
Wohnort: die hypertrophischen, in ihren Wandungen sehr ver­dickten Follikel der Magenschieimliaut des Pferdes. Es entstehen hic-durch haselnuss- bis wallnussgrosse Geschwülste, welche am häufigsten an der Grenze zwischen Schlund- und Pförtnerthcil in der Xähe des scharfen Epithelialrandcs sitzen und an ihrer Höhe eine oder mehrere Pollikclöffnungcn zeigen, durch welche sich der Inhalt, eine zähe, graue Flüssigkeit, mit ganzen Nestern dieser Würmer ausdrücken lässt. Ein­mal fanden wir eine solche Geschwulst von Hühnereigrösse. Frei in der Magenhöhle des Pferdes in den Futtermassen und im Magensafte lie­gend, kommt auch die grösscre Gurlt'sche Varietät vor, deren Männ­chen mit doppeltem Penis 9—10'quot;, die Weibchen 12—15'quot; lang sind. Wir sahen sie bis jetzt nur einmal, bei einem Pferde, in welchem die Spiropterenbälge fehlten, so dass man die Meinung, diese Varietät wären ausgewachsene, in der Wanderung begriffene Individuen der kleinen Art, aufgeben muss.
Scheint ohne Nachtheil zu sein.
2.nbsp; nbsp;Palissadenwurmähnlicher Rollschwanz (Sp. strongylina Rud.). Länge des Männchens 5—6'quot;, des Weibchens 6—9'quot;, Dicke I/4quot;'-
Wohnort: der Magen des Schweines.
3.nbsp; nbsp;Blutiger Rollschwanz (Sp. sanguinolenta Rud.). Länge des Männchens 1'/„—2quot;, des Weibchens 2—3quot;, Dicke xliquot;'.
Wohnort: in Geschwülstchen des Magens des Hundes; sehr sel­ten (wenigstens in Wien).
Keiner dieser Rollschwänze scheint bemerkenswerthe Nachtheile bei den Wohnthieren hervorzubringen.
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Rund- oder Fadenwttnner.
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IV. Palissadenwürmer (Strongyli Rud.).
Die früher dieser Gattung beigezäldten, bei den Hausthieren vor­kommenden Helminthen werden von neueren Systematikem in mehrere Gattungen geschieden.
A.nbsp; nbsp;Krummkopf (Dochmius Dujardin).
Der Körper fast drelirund, selten haarfiirmig; der Kopf fast kugelfiirmig, schief nach ahwärts gebogen, der Mund seitlich, mit einem hornigen, unbewaffneten oder be-#9632;vvaft'neten llande versehen; das Schwanzende des Männchens mit einem ungetheilten oder zweilappigen rielspaltigen Beutel; der Penis in einer zweitheiligen Scheide; Sehwanzende des Weibchens stumpf kegelförmig oder spitzig; die Geschlechtsötfnung in der hinteren Körperhälfte.
1.nbsp; nbsp;Trompetenförmiger Palissadenwurm (D. tubaeformis quot;Duj. St. tubaef. Zdr.). Länge des Männchens 4'quot;, des Weibchens 0quot;', Dicke des ersteren */Gquot;', des letzteren V,raquo;'quot;-
Wohnort: Zwölffingerdarm der Katze. (Nach Zeder in Knötchen eingeschlossen.)
2.nbsp; nbsp; Palissadenwurm mit dreieckigem Kopfe (D. trigonoce-phalus Duj. Str. trig. Eud.). Länge des Männchens 3'quot;, des Weibchens 4—5'quot;, Dicke des ersteren 1/squot;', des letzteren t/squot;'.
Wohnort: Dünndarm des Hundes. (Wir haben ihn bis jetzt nur einmal, aber in ausserordentlicher Menge gefunden.) Nach Gurlt auch im Magen,, in Knoten (?) an den Eingcwciden, besonders am Magen und im Herzen.
3.nbsp; Palissadenwurm mit abwärts gekehltem Munde (D. hypo-stomus Dies. Str. hypostomus Eud. Str. cernuus Creplin.). Länge des Männchens 6—8'quot;, Dicke lls'/4quot;'; Länge des Weibchens 7—11'quot;, Dicke V4—Vaquot;'.
Wohnort: Dünn- und Dickdarm der Ziege und des Schafes.
B.nbsp; nbsp; Mund mit einem Hornsaume; Palissadcnwürmcr mit hornigem Munde (Sclerostomum. Rud.).
Der Körper nahezu drehrund, beiderseits oder vorne oder rückwärts vcrschmäcli-tigt; Kopf fast kugelig; Mund kreisfönnig, mit einem ringförmigen, honiiihnliehen, gezahnten oder wTarzigen Saume. Schwanzende des Männchens mit einem weiten, gan­zen oder getheilten, vielstrahligen Beutel, der Penis In einer zweilappigen Scheide; Schwänzende des Weibchens gerade, Geschlechtsöffnung im vorderen oder hinteren Körpertheile.
4.nbsp; nbsp;Bewaffneter Palissadenwurm (Sclerost. equinum Duj. Str. armatus Rud.).
Man kennt eine kleinere und eine grössere Varietät; die Länge der ersteren beträgt beim Männchen 6'quot;, beim Weibchen 6—8'quot;, die Dicke lfa3/4quot;', während die Männchen der grösseren die Länge von
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Rund- oder Fadenwürmer.
mehr als 1quot;, die Weibchen die von 1'/„—-2quot; und eine Dicke von 3/4quot;' erreichen.
Wohnort: die kleinere, von eingesaugtem Blute gewöhnlich ge-röthete Varietät findet sich sehr häufig in den Ancurysmen der vorde­ren Gekrüsarterie des Pferdes; seltener in der Bauchschlagader und der Hohlvene. Die grössere kommt in dem Grimm- und Blinddarme des Pferdes (auch des Esels und Maulthieres) vor, ^yo sie gewöhnlich mit ihrem Munde an der Darmschleimhaut fest angesaugt sitzen, und bis­weilen in der Begattung begriffen, angetroffen werden. Sie findet sich aber auch in dem Zwölffingerdarme, Pankreas und der Scheidenhaut des Hodens.
Es ist wahrscheinlich, dass die kleinere so oft vorkommende Va­rietät aus dem Blute in das Gefässrohr gelangt und sich, falls sie durch die Gefässwandungen in den Dickdarm vordringt, sicli zur grösseren Varietät heranbilde.
5. Vierstachliger Palissadenwurm (Sclerostomum tetracan-thum Dies. Str. tetrac. Mehlis).
Es kommt eine grössere, gewöhnlich roth gefärbte Varietät vor, deren Männchen eine Länge von o—7'quot;, die Weibchen eine von 7—8'quot; bei einer Dicke von '/s—'4quot;' hat)cn; un(l ei'10 kleinere, bei der das Männchen ungefähr 4'quot;, das Weibchen 5'quot; lang und l/5quot;' dick ist.
Wohnort beider Varietäten: der Blind- und Grimmdarm des Pferdes und Esels.
6. Gezahnter Palissadenwurm (Sei. dentatum Eud.).
Wohnort: Dick- und Dünndarm des Sehweines.
C. Eigentlicher Palissadenwurm (Strongylus Müller).
Körper fast (In.liruncl, sehr selten prismatisdl, nach vorne versehmäclitigt, faden-förtnig, Kopf klein, vom Korper nicht abgesetzt, nackt oder geflügelt; der endständige, kreisförmige oder dreieckige Mund mit einem nicht hornigen oder warzigen Saume. Das Schwänzende des Männchens mit einem ungetheüten, eingeschnittenen oder einem zwei-, drei- oder viellappigeu, vielstrahligeu Beutel und einem fadenförmigen l'enis mit zweitheiliger Scheide; jenes des Weibchens gerade, die (jeschlechtsött'nung hinter der Mitte des Körpers. Es gehören hieher sowohl eierlegende als lebendig gebä­rende Arten.
7.nbsp; nbsp; Strahliger Palissadenwurm (Str. radiatus Eud.). Länge des Männchens 5—8quot;', des Weibchens 1 — l'/aquot;-
Wohnort: Dünndärme des Eindes.
8.nbsp; nbsp; Geäderter Palissadenwurm (Str. venulosus Eud.). Länge des Männchens 8—10'quot;, des Weibchens 1—l1/^'.
Wohnort: Dünndarm der Ziege.
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Rund- oder Fadenwürmer.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;öö
9.nbsp; nbsp; Fadenfoi'miger Palissadenwurm, Luft röhrcnkratzer (Str. filaria. llud.). Länge des Männchens 1 — l Vaquot;, des Weibchens 2 bis 3'/„quot;, Dicke '/8-quot;.quot;
quot;Wolmort: die Luftröhre und ihre Verzweigungen bei Schafen und Ziegen; findet sich oft in enormer Menge (bei der sogenannten Lungenwürmerseuchc) und kann durch seine oft massenhafte Anhäufung in den Luftröhrenverästelungen den Tod des Wohnthieres durch Er­stickung veranlassen.
10.nbsp; nbsp;Kleinschwänziger Palissadenwurm (Str. micrurus Meh-lis). Länge des Männchens 1 '/jjquot;, des Weibchens 3''.
Wohnort: die Luftröhrenäste des Kalbes (nicht selten), des Pfer­des und Esels (sehr selten).
11.nbsp; Seltsamer Palissadenwurm (Str. paradoxus Mehlis). Länge des Männchens 8—9quot;, des Weibchens l'/aquot;.
Wohnort: die Luftröhre und die Bronchien des Schweines.
12.nbsp; nbsp;Gedrehter Palissadenwurm (St. contortus Pud.). Länge des Männchens 5—8'quot;, des Weibchens 9—18'quot;, Dicke 1/4quot;'.
Wohnort: Der Labmagen des Schafes.
18. Dünnhalsiger Palissadenwurm (St. filicollis Pud.). Länge des Männchens 4—5'quot;, des Weibchens 8—10quot;, Dicke '/,'quot;.
Wohnort: die dünnen Gedärme des Schafes.
D. Eustrongylus Diesing.
Körper nahezu drohruiul, beiderseits allmiUig versclmiüclitigt, der Kopf vom Körper nicht abgesetzt, der endstiindige, kreisförmige Mund mit Wärzchen versehen; Sclnvanzbeutcl des Männchens ganz, weder strahlig, noch mit Anhängen versehen ; der lange, fadenförmige Penis ohne Scheide, die -weibliche Gcschlechtsötfnung vorne oder rückivärts gelegen. Die hieher gehörigen Arten besitzen ein sehr ausgebildetes Gan­gliensystem.
14. Piesenpalissadenwurm (Eustr. gigas Dies. Str. gigas Rud.). Länge des Männchens 10quot;—1', Dicke 2—3quot;, Länge des Weib­chens 5quot;—3', Dicke 2—6'quot;.
Wohnort: die Xierenbecken des Hundes, Pferdes und Rindes. (Wir fanden einmal in dem Nierenbecken eines Pferdes zwei nur 1 quot; lange weibliche Individuen.)
V. Pfriemenschwanz (Oxyuris. Rud.).
Der Körper beinahe drehrund, etwas dick, das Schwänzende spitz; Kopf nicht abgesetzt, mit einer fast kugelförmig aufgeblasenen, durchsichtigen oder fest angewach­senen Haut; der endständige Mund nackt oder mit Wärzchen besetzt; Schwanzende des Männchens spitzig, der Penis fadenförmig mit röhriger Scheide; Schwanzende des Weibchens pfriemenförmig, die Geschlechtsöffnung in der vorderen Körperhälfte. Eier legend.
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Rund- odor Fadimvvlirmer.
Krummer Pfriemenschwanz (Oxyur. curvula Rud.). Länge des jungen Männchens 3'quot;, des Weibchens 1—3'/igt;quot;) Dicke 1—' Wquot;-
Wohnort: der Blinddarm dos Pferdes. (Das Männchen ist ausser-ordentlich selten.)
VI. Spulwurm (Ascaris Linne').
Körper fast drohrund, beiderseits oder vorne oder rückwärts melir verschmäch-tigt, unbewattiict, sehr selten bewiilt'net. Kopf fast kegelförmig, von dem Körper niclit abgesetzt, nackt oder mit llandflügcln. Der endständige Mund dreilippig, mit drei im Dreiecke gestellten Lippen oder Klappen geschlossen. Das Schwanzende nackt oder geflSgelt; der fadenförmige Penis in einer zweitheiligen Scheide mit linienförmigen, bisweilen seinquot; langen Schenkeln; die Geschlcchtsöfihung im vorderen oder hinteren Körperthcile. liierlegend, sehr selten lebendig gebärend.
1.nbsp; nbsp; Regenwurmähnlicher Spulwurm (Asc. lumbrieoides L.). Länge des Männchens i—6quot;, des Weibchens 8—12quot;, Dicke an 2'quot;.
Wohnort: Dünndarm des Rindes und Schweines.
2.nbsp; nbsp; Grossköpfiger Spulwurm (Asc. megaloeephala Cloquet). Länge des erwachsenen Männchens 7—8quot;, des erwachsenen Weibchens 8quot;—1' und darüber; Länge junger (nicht selten im Frühjahre neben alten zu findender) Individuen 2—4'quot;.
Wohnort: der Dünndarm des Pferdes und Esels; bisweilen in so enormer Menge, dass dadurch vollkommene Verstopfung der Höhle des Dünndarmrohres und selbst zum Tode des Wohnthieres führende Koli­ken veranlasst werden. (Einmal wurden hier Massen dieser Würmer in der Speiseröhre des Pferdes, ein anderes Mal mehrere erwachsene In­dividuen in den Gallengängen der Leber eines Pferdes gefunden, wohin sie aus dem Zwölffingerdarme durch den Ausführungsgang der Leber gelangt sein mussten.)
3.nbsp; nbsp;Katzenspulwurm (Asc. mystax Rud.). Länge des Männchens 2—2 7„quot;, des Weibchens 2—4quot;, Dicke 'Ai—1quot;'• Wohnort: Dünndarm der Katze.
4.nbsp; nbsp; Geränderter Spulwurm (Asc. marginata Rud.). Länge des Männchens 2—2,/,iquot;, des Weibchens 3—5quot;, Dicke 1'quot;.
Wohnort: der Dünndarm des Hundes (häufig).
VIF. Stützschwanz (Onchocerca Diesing.).
Körper fadenförmig, beim Männchen locker, beim Weibchen enge spiralig gewun­den. Kopf vom Körper nicht abgesetzt; Mund endständig, kreisförmig; Schwanzende des Männchens unten ausgehöhlt mit zwei vertiealen , an der Basis beiderseits mit Häkehen und an jedem oberen Rande mit einem Wärzchen besetzten Lappen und einer fadenförigen Kuthe zwischen den Lappen; jenes des Weibchens verschmächtigt; Gc-schlcchtsöffhung nach vorne gelagert.
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Hakenwüimer.
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1. Gegitterter Stützschwanz (Onch. reticulata Dsg.). Der Kör­per des Weibchens an seiner Oberfläche sehr zart netzförmig geringelt; Länge des Männchens 1 '/„quot;, Dicke '/g'quot;; die ganze Windung des Weib­chens l'/oquot;, Dicke '/('quot;.
Wohnort: Im Fesselbeinbeuger und den Häuten der grossen Schienbeinschlagadcr des Pferdes. (Wurde einmal bei einem slarrkräm-pfigen Pferde gefunden.)
ß. Hakenwürmer (Acanthocephala).
sect;. 60. Der Körper etwas abgeplattet, weisslioh oder graulichweiss, selten röthlichgelb; Kopf: ein in den Körper oder in eine eigene Scheide zurückziehbarer, mit rückwärts gerichteten Haken bewehrter Bussel; kein Darmkanal; ein feines Gefässnetz zwischen Haut und Muskelschlauch, welches mit dem Getässnetze zweier vom Grunde des Eüssels entspringender bandförmiger Portsätze communieirt. Die Nahrungsaufnahme geschieht mittelst Einsaugung durch die Haut, die Portbewegung der Flüssigkeit in den Gefässen durch die Körpercon-tractionen. Getrennte Geschlechter; das Männchen besitzt am Schwanzende einen faden- oder schwertförmigen Penis, der von einem beuteiförmigen Anhange umgeben ist, mit welchem bei der Begattung das Hinterende des Weibchens umfasst wird; die Geschlechtsöffnung des letzteren am stumpfen Schwanzende. Der Entwicklungsgang die­ser Würmer ist noch unbekannt.
Es gehört hieher nur die einzige Gattung
Kratzer, Hakenkopf (Echinorrhynchus).
Art: Eiesenkratzer (Ech. gigas Göze). Länge des Männchens 21/2quot;—3'/2quot;, des Weibchens 3quot;—1 '/„' und darüber; Dicke des vorderen Theiles 3'quot;—5quot;'.
Wohnort: der Dünndarm des Schweines. — Der Wurm bohrt sich mit seinem Eüssel in die Schleimhaut der Darmwandung ein, dringt nicht selten bis zum serösen Ueberzuge vor, ja durchbohrt auch diesen und kann durch die gemachte Oeffnung selbst in die Bauchhöhle ge­langen. Da um die Stelle, an welcher der Wurm sitzt, sich meist mehrere gewulstetc stecknadelkopfgrosse Wunden mit blutunterlaufenen Eändern oder wulstige Narben in der Schleimhaut vorfinden, so scheint es, dass derselbe seinen Befestigungsort öfter wechsle und sich nach und nach an verschiedenen Darmstellen einbohre.
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Arachniden.
III. Arachniden.
sect;. 61, Aus dieser Klasse kommen zahlreiche Repräsentanten der Ordnung Mühen auf und in den Hausthieren vor.
A.nbsp; nbsp; Zur Familie der Zecken (Ixodida), parasitisch lehender und das Blut der Wohnthiere mittelst eines Saugbohrers saugender Thier-chen gehören:
1.nbsp; nbsp; Die Hundezecke (Ixodes Ricinus). Sie lobt auf niederem Gestrüppe und hängt sich an Hunde, Einder und Schafe, deren Blut sie saugt; sie ist 3—6'quot; lang.
2.nbsp; nbsp; Die Ochsenzecke hängt sich an Rinder und Schafe und misst in Tollgesogenem Zustande 5—6'quot;.
B.nbsp; nbsp;Familie der Balgmilben.
Von dieser kommt die Haarsaekmilbe (Acarus folliculorum) bei Hunden vor.
Sie hat einen verlängerten Hinterleib, in der Jugend 3, später 4 Paare kurzer Fussstummel, die an der Spitze Klauen tragen. Die Mundtlieile bestehen aus einem kurzen Eüssel, der aus einer Unterlippe und den Mandibeln zusammengesetzt ist, und aus einem Paar zweigliedriger Taster, deren Endglied naeh allen Eichtungen beweglich ist.
Sie veranlasst einen pustulösen, bisweilen über den ganzen Kör­per verbreiteten Ausschlag (Acne). In manchen dieser Pusteln sind die Milben in sehr grosser Menge u. z. in den verschiedenen Stufen ihrer Entwicklung vorhanden. Sie lebt in den Haarbälgen und macht eine lange Reihe von Umbildungen durch.
Ein ähnlicher Acarus wurde von 0schätz auch in den Augen­liddrüsen eines Schafes aufgefunden.
C.nbsp; nbsp;Familie der Pentastomen (Linguatulina).
Diese von einigen Zoologen zu den Arachniden, von anderen zu den Krusten-thieren gerechneten Thierchen dürften nach den neuesten, durch E. Leuckart gewonnenen Erfahrungen vielmehr der Classe der Würmer einzureihen sein, und fänden dann ihren geeignetsten Platz unter den Trematoden.
Es gehören hieher die bisher für zwei Species gehaltenen Pen-tastomum denticulatum (gezähueltes Fünfloch) und Pentastomum taenioides (bandwurmähnliches Fünfloch), welche jedoch in jüngster Zeit Rud. Leuckart durch Fütterungsversuche als verschiedene Ent­wicklungsstufen einer und derselben Species festgestellt hat, so dass das P. denticulatum nur den Embryonalzustand des P. taenioides darstellt.
Das Pentastomum denticulatum kommt in der Leber, den Nieren, in dem submueösen Bindegewebe des Zwölffingerdarmes ver-
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Arachniden.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 89
schiedencr Hausthiergattungon vor, während das P. taenioides in den Stirn- und Nasenhöhlen des Hundes lebt.
Dieses letztere, das hier nur sehr selten, anderswo aber häufig angetroffen wird, zeigt eine länglich lanzettförmige Gestalt des Körpers, der mit rings um das Thicr vorlaufenden Stachelreihen (einige 70—80) versehen ist, von denen jede ungefähr ICO biegsame, kurze, spitze, nach rückwärts gerichtete Stacheln besitzt, und zwischen denen kleine Athcmöffnungen (Stigmata) liegen. Der Kopf ist rundlich; nahe dem vorderen llande befindet sich ein gelblicher, chitinöser Mundring, zu dessen beiden Seiten je 1 Paar gelblicher, ziemlich grosser, stark gekrümmter, innen hohler Haken liegt, deren jeder von einem besonderen Stützapparate getragen wird, und in einer Einstülpung der Bauchhaut gelegen ist.
Durch den Eindruck, welchen die Convexität jedes Hakens in die Bauch- und gegen die Rückenhaut bildet, entstehen jene Gebilde, welche bisher als spalttormigc Oeffnungen beschrieben wurden und zur Bezeichnung Fünfloch Veranlassung gaben. Die von Küchenmeister als sogenannte Spitzendecker beschriebenen chitinösen Ge­bilde vor dem Stützapparate des Hakens werden von R. Leuckart neuerlich wieder für hervorstreckbarc Hilfshaken gehalten. Die Thiere sind getrennten Geschlechtes; das Männchen erlangt eine Länge von 18mm- bei einer Breite nach vorne von 2.2ömm; das Weibchen eine Länge von 50 — 100mngt;- bei einer vorderen Körperbreite von 4.r)lnm-
Ueber die Entwicklung dieser Thiere ist durch Leuckart's Ver­suche Nachstehendes sichergestellt: Die in die Nasen- und Stirnhöhle des Hundes gelangten Pentastomen begatten sich, sobald sie geschlechts­reif geworden; die sehr zahlreichen befruchteten Eier (L. schätzt die Zahl derselben bei einem Weibchen auf mehr als eine halbe Million) gelangen mit dem Nasenschleime nach aussen und zufallig auf Nah-rungsstoife, die von Thieren, in welchen die weitere Entwicklung der Embryonen stattfinden kann, gefressen werden. Im Inneren des Magens werden die Eihüllen durch die Einwirkung der Verdauungssäfte aufge­löst, die mit einem Eohrapparate versehenen Embryonen werden frei, durchsetzen die Wandungen des Darmes, gelangen in die verschiedenen Organe und encystiren sich dort.
In diesem Zustande stellen sie einen, seine Cyste vollständig aus­füllenden, gedrungenen, kurzen (0.27mm-—0.7miquot;- langen) Cylinder mit vorderem abgestumpften und hinterem stark verjüngten und etwas nach der Bauchtläche gekrümmten Ende und einer klaffenden, dickrandigen Mundöffnung dar, an welcher sich später die Anlagen des Hakenappa­rates hervorbilden.
Erst nach mehreren Monaten sind Hakenapparat und Stachelkränze vollkommen entwickelt, während welcher Zeit auch der Geschlechts­apparat der männlichen und weiblichen Thiere sich herangebildet hat. Während dieser Zeit erleidet das Thier mehrere Häutungen.
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Krätzmilben.
Das reife Pentastomum denticulatum schlüpft endlich aus seiner Cyste aus, lebt eine Zeitlang frei in der Leibeshöhle des Wohnthieres, um schlicsslich, wenn es nicht in ein seiner weiteren Entwicklung günstiges Thier einwandern kann, sich abermals einzukapseln , und in dieser neuen Hülle zu Grunde zu gehen.
Werden Thcile des Wohnthieres, in welchen sich reife P. denticu­latum befinden, von Hunden oder anderen Raubthieren gefressen, so können diese Parasiten entweder durch die äusscren Nasenöffnungen oder vom Ilachen aus durch die Choancn in die Nasenhöhle gelangen, wo sie sich weiter zum Pentastomum taenioides entwickeln, dann (den bisherigen Versuchen nach) nach mehreren Monaten geschlcchlsreif werden und die Eierstöcke der Weibchen mit Eiern, in denen die Zeichen der beginnenden Embryonalentwicklung unverkennbar, oder der Embryo schon vollständig entwickelt ist, angefüllt sind.
Die Entwicklungszeit des P. taenioides dauert diesen Versuchen zufolge nahezu ein Jahr; die grössere Hälfte dieses Zeitraumes wird zur Ausbildung der Larvenform (P. dentic.), die kleinere aber zur Um­wandlung in das geschlechtsreife Thier in Anspruch genommen. Das männliche Thier erreicht seine Geschlechtsreife früher als das weibliche.
Das Vorhandensein einer grösseren Anzahl von P. taenioides in der Nasen- und Stirnhöhle der Hunde veranlasst bisweilen höchst stürmische Krankheitserscheinungen, von denen später die Rede sein wird.
D. Familie der Lausmilben. Hieher gehören
die Kratz- und Räudemilben.
sect;. 62. Diese unter oder auf der Epidermis des Hausthiere woh­nenden Thierchen sind die alleinige Ursache der Entwicklung eines Hautausschlages, welcher Krätze oder Räude genannt wird. Um die Naturgeschichte und genaue Beschreibung derselben haben sich beson­ders Walz, Gohier, Hertwig, Hering, Bourgignon, Delafond und zuletzt Gerlach verdient gemacht, dessen letzteren Angaben wir vorzugsweise in Nachstehendem folgen, da wir diese auf Grundlage eigener Beobachtungen bestätigen können. Die Krätzmilben der Haussäugethiere zerfallen nach ihm in zwei Gattungen, nämlich 1) in Milben, welche sich eingraben und 2) in solche, welche sich nicht eingraben.
sect;. 63. 1. Die Milben, welche sich eingraben (Sarcoptes) sind kleine, rundliche Thierchen, deren grössere Species schon mit freiem Auge sichtbar sind. Unter dem Mikroskope betrachtet, erscheint ihr Körper schildkrötenähnlich; ihre an der Rückentläche stärker, an der
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Krätzmilben.
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Bauchseite schwächer und dem Körperinhalte entsprechend gewölbte Haut ist fest, widersteht einem massigen Drucke und ist mit Aus­schnitten für Kopf und Beine, und zwei seitlichen, den ganzen Körper umgebenden, aber besonders an der Bauchseite deutlich markirten Ein­kerbungen versehen. Der mit 4 Fühlfäden versehene Kopf ist flach, vorne abgestumpft gerundet, und kann vor- und zurückgeschoben werden. Man unterscheidet an ihm zunächst nach aussen zwei sehr zarte, an der Spitze nach innen gebogene, hakenförmige Organe (Lippen nach Gerlach), diesen zunächst 2 kegelförmige, nach seitwärts etwas bewegliche Theile (Mandibeln), und innerhalb dieser 2 runde Bohr­organe, welche vorgeschoben und zurückgezogen worden können. Die Gestalt des Körpers und der Pässe ist bei Weibchen in etwas ver­schieden von jener der Männchen. Die Weibchen, welche stets in bedeutend grösserer Anzahl vorhanden und leichter aufzufinden sind als die Männchen, sind auch um vieles grosser als diese. Ihre Haut ist mit sehr zierlichen, der Quere nach verlaufenden Riefen versehen; an der Rücken fläche, und zwar an der Mitte und dem hinteren Theile sitzt eine grössere Anzahl kleiner, kurz zugespitzter, conischer Fortsätze in nahezu regelmässigen Querreihen; am Hintertheile liegen 14 längere, dornförmige, nach hinten gerichtete , willkürlich beweg­liche hohle Fortsätze, die auf beiden Körperhälften in 2 regelmäs­sigen Längsreihen vertheilt sind, 6 ähnliche, aber stumpfere Fort­sätze stehen in der Brustgegend, ausserdem auch noch mehrere Haare, welche das Umwälzen von dem Rücken auf den Bauch zu unterstützen scheinen. Alle diese verschiedenen Auswüchse aber dienen zur Unter­stützung beim Graben der Gänge ^n der Epidermis, indem sie das An­stemmen gegen die abgehobene Oberhaut begünstigen und das Zurück­gleiten des Thierchens beim Bohren verhindern. An der Bauch fläche liegen mehrere, zu jeder Seite des Afters 2 Haare; in der Mittel­linie der Brustgegend verläuft eine bräunliche Leiste, welche mittelst einer gabelförmigen Theilung den Grund des Kopfes umfasst, und sich mit ähnlichen, die Vorderfüsse umgebenden Leisten verbindet. Bei den Männchen sind quot;die Riefen der Rückenfläche nicht so zierlich, und nur die 6 stumpfen Fortsätze in der Brustgegend zugegen.
Sowohl Männchen als Weibchen besitzen 4 Vorder- und 4 Hin­terbeine. Die Vorderbeine, welche bei den Männchen verhältniss-mässig etwas grosser sind, treten zunächst dem Kopfe am Rande des Körpers aus 4 entsprechenden, mit einer ringförmigen Leiste umgebenen Oeffnungen der Haut, und bestehen aus 4 an Grosse abnehmenden
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92nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krätzmilben.
Gliedern, deren letztes in eine stumpfe, mit einem Häkchen endende Spitze ausläuft, von welcher ein mit einer Haftscheibe versehener, an Länge dem Beine gleichkommender Stiel ausgeht. Jedes Bein ist mit mehreren, auch an der Spitze vorhandenen Haaren versehen, und kann durch In- und Auseinandersohieben der einzelnen Glieder verkürzt und verlängert, aber auch etwas zur Seite bewegt werden. Die Haftscheiben-breiten sicli beim Aufsetzen auf eine Unterlage aus.
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Die kleineren Hinterfüsse bestehen ebenfalls aus 4 Gliedern und sind bei Weibchen am Anfange der hinteren Bauohhälfte, bei Männ­chen etwas weiter nacli hinten angesetzt, die Insertionsstelle am Bauche ist von einer dunklen Leiste umgeben, welche sich bei Männchen an jeder Seite zu einem Bogen verbindet. Bei den Weibchen sind die stumpfen Endglieder neben einem kleinen spitzen Häkehen mit einer langen, nach hinten und aussen gerichteten dicken, hohlen Borste ver­sehen; bei den Männchen zeigt nur das äussere Paar der Hinter­füsse diese Structur, während das innere Paar an einem langen Stiele eine Haftscheibe trägt.
Die Bewegung dieser Thierchen geschieht auf den Haftscheib-chen der Vorderfasse, während das Hintertheil nachgeschleppt wird, wobei die Hinterfüsse nachschieben. Beim Bohren scheinen diese vor­zugsweise als Stütze und zum Aufheben des Hintertheiles behufs des Einsenkens der Bohrwerkzeuge und des Andrückens der Auswüchse des Kückens gegen die Decke des Ganges zu dienen. Am hinteren Rande des Körpers befindet sich in der Mittellinie der After in Gestalt einer bald geschlossenen, bald etwas geöffneten Spalte, neben welcher jederseits 2 Haare hervorragen.
Bei den Weibchen stellen die äusseren Geschlechtstheile zwei kleine, hohle, am Kande des Hintertheiles gelegene Cylinder dar, welche, da sie nur unmittelbar vor und nach der Begattung hervorge­treten erscheinen, gewöhnlich nicht sichtbar sind. Der Eierstock stellt sich als ein ovaler Körper im Hintertheile dar, in welchem man bei befruchteten Milben ein oder mehrere Eier wahrnimmt. Trächtige Weibchen sind schon durch ihren grösseren Körperumfang als solche kenntlich. Die Geschlechtstheile der Männchen liegen zwischen dem inneren Paare der Hinterfüsse; sie werden durch eine kleine dunkle Querleiste markirt, welche in eine in der Medianlinie des Körpers liegende, in 2 S-förmig nach aussen gebogene Aeste sich theilende Leiste übergeht, an welcher die sehr selten sichtbaren eigentlichen
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Krätzmilben.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 93
Gesohlechtstheile, 2 retractile hohle Cylinder, in welchen der Penis liegt, befestiget sind.
Der eigentliche Act der Begattung wurde bei der Sarcoptes-Milbe bisher noch nicht beobachtet, er dürfte aber aller Wahrschein­lichkeit nach auf ähnliche Weise stattfinden, wie bei den auf der Ober­fläche der Haut lebenden Milben. Ebenso ist der Zeitraum unbekannt, welcher von dem Augenblicke der erfolgten Begattung bis zum Legen der Eier verfliesst; wahrscheinlich ist es, dass nur wenige Tage da­zwischen liegen, so wie es sichergestellt ist, dass, sobald einmal das Eierlegen begonnen hat, die einzelnen Eier (bis zu 30 und darüber) rasch hintereinander abgesetzt werden. Die Stelle, an welcher die Eier aus dem Körper treten, ist mit Sicherheit nicht bekannt, wahrscheinlich ist es, dass dies durch die Afterspalte geschieht. Die Grosse der Eier beträgt ungefähr ein Dritttheil der Grosse der weiblichen Milben.
Künstliche Brütversuche haben sichergestellt, dass die Aus­brütung der frisch gelegten Eier nur einen Zeitraum von 64 bis 7 6 Stunden in Anspruch nehme, und dass sie, von der Haut des Wohn-thieres entfernt, selbst nach längerer Zeit (mehreren Wochen) noch brütungsfähig sind, vorausgesetzt, dass sie nicht durch zu hohe Wärme verschrumpft oder bereits zu weit angebrütet sind. Während der Be­brütung tritt eine deutliche Furchung des früher homogenen Inhaltes ein; schon im Laufe des zweiten Tages ist die Anlage für Kopf und Beine sichtbar, und am dritten Tage erreicht die junge Milbe ihre Vollendung, worauf sie mit dem Kopfe zuerst die Eischale durch­bricht, langsam vorwärts kriecht und dann, indem sie sich auf den Kopf stellt, den ersten Bohrversuch macht. Kopf und Vorderbeine der neu ausgekrochenen Milbe sind verhältnissmässig sehr gross , von den Hinterbeinen ist nur das äusscre Paar entwickelt, das innere bildet sich erst im Vorlaufe der nächsten Tage. Innerhalb H Tagen nach dem Auskriechen werden sie geschlechtsreif und trächtig, worauf nach 3 bis 4 Tagen wieder die ersten Milben aus den von ihnen gelegten Eiern ausschlüpfen können. Aus dieser raschen Vermehrung erklärt sich die schnelle Verbreitung des durch die Gegenwart auch nur ver­einzelter trächtiger Weibchen hervorgerufenen Hautausschlages über den ganzen Körper des Wohnthieres.
Die Lebensdauer der Weibchen mag sich auf 4 bis 5 Wochen erstrecken; sie sterben in dem von ihnen gebildeten Gange ab, wenn sie eine Anzahl von Eiern gelegt haben. Die Männchen
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94nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krätzmilben.
sind einer wiederholten Begattung fähig, sie können mithin eine grössere Anzahl von Weibchen befruchten, wie sich diess schon aus der geringeren Zahl, in welcher sie vorkommen, schliessen lässt. Die Sarcoptcs-Milben haben eine bedeutende Lebenstenacität; vom Körper ihres quot;Wohn-thieres entfernt, aber feucht und massig warm gehalten, können sie noch 8 bis 14 Tage lang leben; frei dem Luftzutritte ausgesetzt, schrumpfen sie nach einigen Tagen ein und sterben ab. Chemische Agentien wirken bald schneller, bald langsamer ein, wovon bei der Schilderung der Krätzkrankheit des Näheren die Ecde sein wird.
Die Sarcoptes-Milbe bohrt sich stets in die Epidermis u. z. in der Eegcl an einem Haare in der Art ein, dass sie sich nahezu senkrecht durch Hebung des Hintertheiles mittelst der Hinterfüsse auf den Kopf stellt, nach Durchbohrung der dichten äusseren Epidermisschichte den Körper senkt und sich nun mittelst der Bohrwerkzeuge des Kopfes einen Gang bahnt, in welchem das trächtige Weibchen seine Eier legt. Sie nährt sich von den jüngeren Epidermisschichten. Bei den Hausthiercu sind wegen der dichten Behaarung diese Gänge kaum zu finden; man trifft die Milben am zahlreichsten in den Borken, welche sich in Folge der durch den Juckreiz veranlassten Hautentzündung sehr zahlreich bilden. Am besten können sie durch Aufbinden solcher Borken auf den Menschenarm aufgefunden werden, indem die Milben bald ihre Borken verlassen und sich in die Haut des Menschen einbohren. Nach ungefär 12 Stunden kann man sie aus den sich bildenden rothen Knötchen, in denen sie als weissliche Pünctchen sichtbar sind, mittelst einer Stecknadel hervorholen.
Der Krätzausschlag ist eine Folge des Reizes, welchen die wandernden Milben während des Einbohrens auf die Xcrvonpapillen der Haut ausüben, und in Folge dessen sich auch consensuelle schmerz­hafte Empfindungen an anderen Stellen, an denen Milben nicht vor­handen sind, einstellen. Bei der Vermehrung der Milben verbreitet sich dieser Reiz allmählig über weitere Körperabschnitte; es entstehen vorerst Knötchen, welchen bald gerinnfähige Exsudationen auf der Haut-oberfläche nachfolgen, die durch das fortdauernde Scheuern und Kneipen zunehmen und zu reichlicher Krustenbildung Veranlassung geben. Die Entstehung des Krätzausschlages findet stets durch Uebertragung ent­weder reifer Eier, oder befruchteter Weibchen oder Männchen und Weibchen statt; nie ist er, wie so lange und sogar heut zu Tage noch hie und da behauptet wird, durch sogenannte XJebelsäftigkeit bedingt.
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Krätzmilben.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;JO
Die bei den Hausthiergattungen vorkommenden Sarcoptes - Species kommen rücksicbtlicli ihrer Lebensweise vollständig mit einander überein, und unterscheiden sich nur durch ihre Jvorpergrösse und einzelne geringe Abweichungen der Gestalt.
a.nbsp; nbsp;Die Sarcoptes-Milbe des Pferdes. Die Weibchen zeigen eine Länge bis '/,'quot; bei einer Breite von '/,'quot;. Die Männchen sind 7,0quot;' lang und '/,,quot;' breit, erreichen mithin ungefähr die Hälfte der Griisse der ersteren.
b.nbsp; nbsp; Die Sarcoptes-Milbe des Schweines ist bisher nur bei wilden Schweinen nachgewiesen worden; nach Gerlach kommt sie an Grosse jeuer des Pferdes nahezu gleich.
c.nbsp; nbsp;Die Sarcoptes-Milbe des Hundes ist kleiner als die bisher angeführten Species. Das quot;Weibchen erreicht eine Breite von %'quot;, und eine Länge ven %quot;'. Die klei­neren Männchen zeigen keinen auffälligen Griissenunterschied von den früher genannten.
d.nbsp; nbsp;Die Sarcoptes-Milbe der Katze ist noch um vieles kleiner; das quot;Weibclien erreicht nur eine Länge von '/,,quot;' bei einer Breite von '/,,'quot;; das Männ­chen ist bei '/l4quot;'lang und '/,,'quot; breit; die Xörpergestalt nähert sich der keilrunden.
e.nbsp; nbsp;Die Sarcoptes-Milbe des Kaninchens ist jener der Katze sehr älmlich, aber noch kleiner.
Der Sarcoptes des Pferdes bringt, auf den Menschen übertragen, Krätze hervor, welche jedoch nach Grcrlach's Versuchen stets von selbst abheilte; auf Rindern haftet er und veranlasst Käude; es ist aber bis­her nicht entschieden, ob dieser Ausschlag von selbst, wie beim Menschen, abheilt. Bei Hunden, Katzen, Schweinen, Schafen gaben die Uebertragungsversuehe negative llesultate.
Stattgefundene Ansteckungen von Menschen durch räudige Schweine sind bekannt, es muss daher die Sarcoptes-Milbo des Schweines auf den Menschen übertragbar sein. Directe Versuche hierüber fehlen bei der Seltenheit der Krätze bei zahmen Schweinen.
Ob durch Hunde-Sarcoptes Ansteckungen anderer Thiere erfol­gen können, ist ungewiss; Gerlach's Uebertragungsversuehe bei Schafen und Katzen sprechen dagegen.
Ansteckungen von Menschen durch den Sarcoptes der Katzen sind mehrfach verzeichnet; es ist jedoch wahrscheinlich, dass die hie-durch veranlasste Krätze ebenso von selbst abheilt, wie die nach üeber-tragung dieser Milbe auf Pferde und Hunde von Ger lach beobachteten Eruptionen. Einder und Schafe blieben von solchen Uebcrtragungen frei. Die Kaninchenmilbe haftet den bisherigen Forschungen zufolge auf anderen Thieren nicht.
sect;. 64. 2. Die Milben, welche sich nicht eingraben, unter­scheidet Gerlaeh in Dermatodectes (welche die schon lange bekannte Räudemilbe ist) und die von dieser nur wenig unterschiedene, auf bestimmten Körperstellen allein vorkommende Symbiotes-Milbe.
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96nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krätzmilben.
a. Die Dermatodectcs-Milbe ist grosser als der Sarcoptes; ihr Körper ist weiss, mit einem leichten Stiche in das Gelbliche, eirund, an der Rückenseite stärker, an der Bauchseite schwächer gewölbt, seit­lich mit einer Einkerbung. Die Haut ist schildartig, auf dem Bücken der Quere nach, auf der Bauchseite nach verschiedenen Richtungen fein gerieft. Am Rande des Hintertheiles stellt sich der After als ein feiner Spalt dar, neben welchem jederseits bei Weibchen drei, bei Männchen an gabelförmigen Verlängerungen des Bückenschildes 2 starke Haare sitzen. Bei den Weibehen liegen an dem hinteren Körperrande, mehr der Rückenfläche zu, 2 Cylinder, die weiblichen äusseren Ge­schlechtsorgane, welche jedoch nur vor und nach der Begattung sichtbar, sonst eingezogen sind; ebenda befinden sicli bei den Männ­chen 2 cylinderförmige, am Rande wulstige Körper, die als Saugnäpfe zum Festhalten an den weiblichen Cylindern dienend, den Penis ein-schliessen, und, wenn sie vorgestreckt sind, von der Verlängerung des Rückenschildes bedeckt werden, im zurückgezogenen Zustande aber als dunkle Punkte an der Bauchtläche sichtbar sind. Bei trächtigen Weib­chen ist auch der Eiersaek wahrnehmbar. Bei den Männchen befinden sich an der Rückentläche in der Nähe der Vorderbeine mehrere nach hinten gerichtete Borsten, welche die Lage des Thieres auf dem Bauche sichern.
Der Kopf kann vorgestreckt und eingezogen, aber nur wenig nach der Seite bewegt werden; er ist flachgedrückt und nach abwärts gerichtet, mit 6 Tasthaaren besetzt, und zeigt zwei hellere Punkte, welche Gerlach für Augen zuhalten geneigt ist. Der vordere dünnere, nach seitwärts etwas bewegliche Theil (der Rüssel) zeigt nach innen zu 2 runde, zugespitzte, stangenförmige Bohrwerkzeuge, welche vor- und zurückgeschoben werden können, zur Seite derselben jederseits nach aussen ein verschiebbares Häkchen, und nächst diesem die Mandibol.
Sowohl Männchen als Weibchen haben vier Vorderbeine, welche zunächst dem Kopfe aus wulstigen Oeffnungen des Panzers her­vortreten und aus 5 Gliedern bestehen, deren letztes kegelförmig zuge­spitzt und mit einer nach aussen gerichteten Kralle und einer glocken­förmigen, an einem langen Stiele hängenden Haft Scheibe verseilen ist. Sie sind mit Tasthaaren besetzt, und nach allen Richtungen beweg­lich. Die vier Hinterbeine treten zunächst dem Körperrande von der Bauchseite hervor, und entspringen bei den Weibchen zwischen dem ersten und zweiten Drittthcile des Körpers, bei den Männchen zunächst dem hinteren Ende; sie sind bei weitem dünner als die vorderen. Bei dem
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Krätzmilben.
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Weibchen ist das Endglied des äusseren kürzeren Paares mit zwei starken, langen, hohlen Borsten, das des inneren schwächeren Paares mit einer langgestielten Haftscheibe, bei Männchen das äussere längere Paar mit einer Haftscheibe verseilen, während das innere mir vier kurze, rudimentäre Glieder ohne Haftscheibe zeigt.
Die Fortbewegung dieser Thierchen geschieht ziemlich rasch auf den Haftscheiben der Vorderbeine, während die Hinterbeine, welche vorzugsweise zum Aufrichten des Körpers auf den Kopf beim Anboh­ren der Haut zu dienen scheinen, hiebei nachgeschleppt werden.
Bei der Begattung treten Männchen und Weibchen mit dem Hintertheile zusammen, das erstere schiebt seine Cylinder über jene des Weibchens, welches sich ganz ruhig hält und von dem Männchen fortbewegen lässt. Die Thierchen haften fest und lange an einander, selbst wenn man sie von der Haut des Wohnthieres abnimmt. Die von dem befruchteten Weibchen gelegten (an '/g'quot; langen und llisquot;' breiten) E i c r haften mittelst eines klebrigen Ueberzuges leicht an verschiede­nen Gegenständen, und behalten ihre Bebrüt ungsfähigkeit durch viele Wochen; die Brutzeit scheint 3—3'/^ Tage zu erfordern. Der Durch­bruch der Milbe aus dem Eie geschieht wie bei Sarcoptes; 10—12 Tage nach dem Aussehlüpfen dürfte sie schon geschlechtsreif sein.
Die Dermatodectes-Milben graben nicht Gänge in der Epi­dermis, sondern sie leben auf der Haut des Wohnthieres. Sie bohren, um sich zu nähren, mit den Bohrwaffen ihres Rüssels durch die Epi­dermis bis auf die Lederhaut, wobei sie sich fast senkrecht auf den Kopf stellen, mit den Krallen der Vorderbeine sich in die Haut ein­haken und durch mehrere Minuten Xahrung einsaugen, worauf sie los­lassen , langsam weiter laufen und sich dicht an die Haut oder am Haare andrücken. Bei dem Anbohren tritt zugleich ein scharfer Saft in die Hautwunde, welcher Juckreiz veranlasst und zur Entstehung des Bäüdeausschlages Veranlassung gibt. Sie leben gewöhnlich in grösserer Anzahl an einer und derselben Hautstellc, und wählen vorzugsweise solche Körperparthien, von welchen sie nicht leicht durch Scheuern ent­fernt werden können; besonders gerne nisten sie unter Schuppen und Krusten, sobald sich diese einmal gebildet haben. Von der Haut entfernt leben sie noch durch längere Zeit; in feuchter Stallluft verfallen sie erst nach 20 — 30 Tagen, in trockenen Localitäten schon früher in einen scheintodähnlichen Zustand, aus welchem sie jedoch bisweilen noch längere Zeit nachher durch feuchte Wärme erweckt werden Koil. l'atliul. und Therapie. U. Autl.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;i
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Krät/.milhon
können. Sie zeigen daher noch eine bedeutendere Lebenstenacität, als die Sarcoptesnulben,
Durch ihren Biss veranlassen diese Milben die Uildung von Knöt-chen auf der Haut des Wohnthieres, die Entstehung von Schuppen und Krusten, wozu sich an Stellen, an denen die Thierc sich reiben können, noch Schorfe, Schrunden und Geschwüre hinzugesellon.
Die Uc her tragung von einem Thierc auf ein anderes geschieht durch diese Milbe nocli um vieles eher, als durch Sarcoptos, da sie leichter mittel- und unmittelbar übertragen wird und eine grössere Lebenszähigkeit besitzt als diese.
Von Derma t ode etes-Mill) cn wurden bisher nachstehende, mir sehr wenigt;; von einander verschiedene Species beobachtet:
a. D. des Pferdes. Das Weibchen erreicht eine Länge von '/.'quot; und eine Breite von ungefähr '/.'quot;; das MSnnchen ist etwas kleiner. Sie haftet weder auf Kindern, noch auf einer anderen llausthiergattung.
1). D. des Rindes, soll mit der eben genannten vollkommen übereinstimmen.
C. Igt;. des Schafes, ist die Ursache der so häutig vorkommenden Schafräude. Sie übertrifft die gleichnamige Pferdemilbe noch an Grosse, indem das Weibchen bis '/.,'quot; lang wird. Sie haftet weder auf dem Menschen, noch auf anderen Hausthiergat-tnugen, nicht einmal auf der Ziege. .Mit ihnen kommt
rl. I). der Ziege vollständig iiberein, welche wir bei räudigen afrikanischen Ziegen gesehen haben.
sect;. lt;i5. b. Die Symbiotes-Milbe (Gerlach), desshalb so genannt, weil diese Thierchen gewöhnlich colonienweise beisammenwohnen, wurde bisher bei Pferden und Rindern angetroffen, hei den orsteren nistet sie vorerst an den Kötbcn und verbreitet sich von da aus nach aufwärts längs der Beugesehnen, bei den letzteren an der Schwanzwurzel und in der Grube neben dem After und veranlasst an diesen Stellen einen begrenzten Räudeausschlag.
Obwohl die Symbiotes-Milbe bei Pferden imd Rindern völlig gleich gestaltet ist, so misslangen doch die von Gerlach vorgenommenen An-steckungsversuche mit der Milbe einer Thiergattung auf die andere sowohl, als auch auf andere Hausthiere bisher vollständig.
Diese Milbe ist die kleinste, das Weibchen an */,,'quot;, das Männ-
chen an
lang, beide bei ,/s'
breit. Die Körpergcstalt ist bei
den ersteren oval, bei den letzteren mehr kreisrund, die Haut panzer­artig; zierlich gerieft und auf dem Kücken mit einigen kleinen und zwei langen steifen Haaren besetzt, ebenso hat das Weibchen am hin­teren Körperrande zwei starke Haare, das Männchen beiderseits eine
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KrUl/.iuillion. - (usecten.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;vv
konisclic Verlängerung dos Bückenschildes, die mit 3 langen borstigen Haaren l)osotzt ist.
Dor ttnclio Kopf ist stumpf kegelförmig, mit G Tasthaaren besetzt und zuriickziehbar; die einzelnen Kopftheilo bestehen aus 2 nach inuon gelegenen kegelförmigen Bohrwaffen, neben denen nach aussen die Mandibeln liegen, an welche sich 2 dünne, haarförmig endigende Organe anschliessen.
Die 4 Vorderbeine treten am Körperrande zunächst des Kopfes hervor; sie sind etwas zuriickziehbar, fünfgliederig, mit einzelnen Här­chen besetzt und am kegelförmigen Endgliede mit oirier kleinen Kralle und einer an einem kurzen Stiele befestigten grossen Haftscheibe versehen. Die 4 Hintorbeine entspringen nahe dem Körperrando aus der Bauchfläche, sie sind vierglioderig. Bei dem Weibchen ist das äussere Paar stärker als das innere, und an dem letzten Gliede mit 2 langen dicken Borsten versehen, während das innere, sehr dünne Paar am Ende mit einer Haftscheibe und daneben mit einem langen Haare versehen ist. Bei dem Männchen trägt sowohl das äussere lange, als das innere rudimentäre Paar eine Haftscheibe und das erstere daneben ein langes', dünnes Haar.
Die Fortbewegung geschieht wie bei den anderen Milbenarten, aber woniger rasch. An Zahl kommen die Weibchen bei weitem häufi­ger vor; die Gestalt der Geschlechtstheile, die Art der Begattung ist dieselbe wie bei Dermatodectes; ebenso verhält sich die Bebrütungs-zoit der Eier und die Lehenstenacität derselben und der Milben wie hei jenen.
Sie nähren sich von der Epidermis, bohren nicht so tief als die Dermatodectes und voranlassen daher auch nicht so bedeutende Keactio-nen in der Haut.
IV. •! n s e c t e n.
sect;. •gt;(gt;. Einige von ihnen leben nur während einer gewissen Ent­wicklungsperiode im Innern gewisser Hausthicre, während andere stets ausserhalb des Thierorganismus oder auf seiner Oberfläche sicli aufhal­ten, und sicli von dessen Körpersäften oder von Epidermis und Haaren nähren. Sie gehören den Ordnungen der Zweiflügler und der Flü­gellosen an.
A. Zweiflügler.
sect;. 67. Hieher gehören die sogenannten bremsonartigon Fliegen oder Bremsen. Diese Eamilie wird in zwei Gattungen gctheilt, nämlich
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in die der Magenbremse oder Bremsfliege (Gastras) und der Eies-tliegc (Oeslxas).
1. Die Magenbremse (Gastras). Um die Kenntniss der Entwick­lungsgeschichte dieses Tliiercs, von welchem hier insbesondere der Lar-venzustand interessirt, hat sich zuerst A. Xu man verdient gemacht. Man beschreibt gegenwärtig 4 Arien der BremsenÜiege, deren Kenn­zeichen im Allgemeinen sind:
Dor Kopf etwas zusanunoogodrilvkt, quot;iil breiter Stirno; auf dein Scheitel drei Punktaugen; Jluml geschlossen olme vorragenden BUssel; Fühler in einer kleinen Vertiefung vor dem KoplV, dreiglicderig; die beiden ersten Glieder klein, das dritte zusainmeiigedriiekt, eirund, auf dem Rücken mit natkter Borste. Leib haarig. Hin­terleib yiemngelig, eirund; Schilp liehen doppelt, klein, daher die Schwingen unbe­deckt. Flügel an der Spitze ohne Querader.
Die erwähnten 4 Arten sind folgende:
a.nbsp; nbsp;Die Pferdebremse (U. equi) mit gefleckten Flügeln mit ver­bundenen Queradern. Sie macht ein summendes, fast singendes Geräusch, das beim Männchen stärker ist als beim Weibchen.
b.nbsp; Die Mastdarmbremse (G. haemorrhoidalis) mit durchscheinenden Flügeln und von einander abstehenden Quer ädern, Sie macht ein viel stärkeres singendes Geräusch beim Fliegen als die vorige, und benimmt sieh, unter ein Glas gesetzt, nicht bloss munter, wie die erste, sondern so unruhig, dass sie nicht selten die Flügel beschädiget, ja sich tödtet.
e. Die heilsame Bremse (G. salutaris) mit durchscheinenden Flü­geln und verbundenen Queradern, schwarzen, haarigen Schenkeln; die Männchen an der Spitze des Hauches braun, die Weibchen asch­grau, haarig. Sie macht kein Geräusch und verhält sich ruhig.
d. Die Nasenbremse (G. nasalis) hat durchsichtige Flügel, ver-b u n d e n e Q u e r a d c r n, braune haarige Schenkel, und ei n e n bei dem Männchen an der Spitze braunen, bei dem Weih eben grauen, haarigen Bauch. Auch diese macht kein summendes Geräusch und verhält sich ruhig.
Diese Fnsecten schwärmen bei schönem, hellem Wetter während der warmen Sommermonate Juni bis September und das Weibehen der­selben legt, sobald es befruchtet ist, seine Eier, deren eines an 700 halten soll, auf die Haare der Weidepferde, an denen sie so fest kle­ben, dass sie nur mit einiger Kraftanwendimg entfernt werden können. Dieses Kleben wird durch eine, mit dem Eie aus dem Körper des In-sectes ausgeschiedene Flüssigkeit bewirkt, welche sehr schnell vertrock­net. Das Ei ist stets so befestiget, dass der dünnere Theil desselben nach oben steht und mit dem Haare verbunden ist, der dickere frei nach abwärts sieht.
Die Eier der Pferdebremse sind gelb, kegelförmig, an den Enden abgerundet und auf der Schale mit zarten Hingen versehen; die
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Hivmlaquo;™.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;101
der heilsamen Bremse sind heller gelb, haben eine mehr längliche Gestalt und an der Oberfläche gleichfalls Ringe; jene der Mastdarm­bremse sind schwarz oder dunkelbraun, an dem dünnen Ende mit einem Stiele versehen und gleichfalls geringelt.
Die Pferdebremse soll ihre Eier vorzugsweise au die Vorder-knie, doch auch an das Schienbein, besonders an dessen hintereraquo; Fläche, an die Köthe, auf die Schulter, den Hals, den Hauch, die Flanken, den Rücken und die Hinterschenkel, an die Haare der Mähne und des Haarschopfesiegen; ebenso setzt die heilsame Bremse wahrscheinlich die ihrigen eben dahin ab, wo sie zwischen denen der Pferdebremse sitzen. Eine Unterscheidung beider au dem Pferde ist wegen ihrer Kleinheit und Aelmlichkeit schwer.
Die Mastdarmbremse legt ihre Eier gleichfalls auf die Ober-fläche des Pferdes, wo sie wegen ihrer Kleinheit und schwarzen Farbe nur ausserordentlich schwer zu finden sind; jedenfalls ist die Annahme falsch, dass dieselbe ihre Eier in den Mastdarm absetze, da es ihr ein­mal sehr schwer fallen würde, durch den Sohliessmuskcl des Afters einzudringen und ihr, falls sie selbst hineingelangte, das unverletzte Entkommen wegen ihrer Umhüllung mit Darmschleim unmöglich würde, andererseits jedoch das Vordringen der Larve durch den gesammten Darmcanal bis in den Magen unbegreiflich bliebe. Auch die Na sen-bremse, so genannt, weil man glaubte, sie lege ihre Eier in die Na-senöffnungen des Pferdes, setzt sie wahrscheinlich an der Körperober­fläche ab.
Nachdem das Ei einige Zeit auf den Haaren verweilt hat, platzt der, an dem stumpferen Ende befindliche Deckel, und die anfangs kaum sichtbare Larve kriecht aus. Sie hat um diese Zeit eine längliche Ge­stalt, den Anfang der Stachelkränze, so wie die Haken am Kopfe und bewegt sich sehr lebhaft. Diese Larven gelangen nun entweder durch das Lecken der Pferde an den ihnen zugänglichen Hautstellen oder durch das Kriechen der Larven bis zu solchen Stellen , zu denen das Pferd mit seiner Zunge gelangen kann, wozu es durch das Jucken, welches die junge Larve hervorbringt, bewegen wird, in die Maulhöhle des Pferdes, oder werden auch von anderen Pferden abgeleckt. Von der Maulhöhle aus kriechen sie wahrscheinlich selbst in den Schlund und von da weiter in den Magen , welches Fortschreiten durch das Verschlingen der Nahrungsmittel befördert wird. Nicht wenige Lar­ven jedoch heften sich auch in dem Schlundkopfe und Schlünde selbst an.
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\\t2nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Bremsen.
Die leeren Eihüllen bleiben an den Haaren sitzen, bis sie durch das Putzen oder durch den eintretenden Haarwechsel entfernt werden. Sind die Larven an ihrem Bestimmungsorte angekommen, so suchen sie den ihnen am meisten zusagenden Platz; nur jene der Mastdannbremse scheinen erst mit zunehmendem Wachsthum von dem Schlünde aus gesell den Magen vorzurücken. Sie kleben anfangs nur lose in dem Magenschleime und dringen erst später mittelst eigener am Kopfe he-flndlicher Ilaken auf die Weise in die Magenschleimhaut ein, dass sie dieselben zuerst gerade gegen die Wände des Magens setzen und dessen innere Haut durchbohren, worauf sie dieselben nach unten und seit­wärts wenden, so dass die Larven schliesslich wie mit einem Anker festsitzen. Man kann diesen Vorgang an einer von der Magenwand weggenommenen Larve deutlich beobachten, wenn man sie auf die Hand setzt, an deren Haut sie sich sehr bald anhakt. Nachdem diese Pefesti-gung geschehen ist, durchbohrt die Larve mittelst ihres hornigen Mun­des die innere Magenhaut und dringt mit dem Kopfe in sie ein, um sich von dem in die Magenhäute ausschwitzenden Plasma zu ernähren; nur sehr selten dringt sie auch in die Muskelhaut, noch seltener bis zum serösen Ueberzugc vor.
Die Larven der verschiedenen Pferdebremseuarten unterscheiden sich sowohl der Uestall , als der Stelle des Magens nach, an der sie sich festsetzen.
a. Die Larve der eigentlichen Pferdebremse ist die grösste und am zahlreichsten vorhanden; sie sitzt an dem, mit dem dicken Epithel überzogenen Schlundtheile des Magens und an dem gefalteten Saume, welcher diesen Abschnitt von dem Pförtnertheile trennt, theils einzeln, theils in Gruppen beisammen. Nur sehr selten trifft man sie in dem Pförtnertheile, dann aber meist nur in der Entfernung weniger Zolle von dem Saume.
Sie ist, wenn sio ausgestreckt ist, 22—24'quot; lang und hat einen nahezu eben so grossen umfang, ist länglich, platt gedrückt, am hinteren Ende stumpf, am vorderen versehmächtigt. Aus dem Ei gekrochen, ist sie weiss, wird später blassroth, an dem stumpfen Ende stets Wässer als an dem spitzen; vollkommen ausgewachsen wird sie hraunroth. Sie geht zur Zeit ihrer völligen Entwicklung unmittelbar mit den Excre-menten ah, ohne sicli am Ausgange des Körpers wieder anzuheften.
ihr Körper besitzt 11 Ringe, auf deren Furchen eine doppelte Reihe rund um den Körper herumlaufender, kegelförmiger, mit den Spitzen nach rückwärts gekrümmter Stacheln sitzt, welche in der ersten Keihe grosser als in der zweiten sind, wo sie immer abwechselnd mit jenen der ersten stehen; an dem vorletzten Hinge besitzt bloss die Bauchseite eine Reihe von Stacheln, die Böckenseite ist, wie der letzte Ring in seinem ganzen Umfange, ohne Stacheln. An den Seitenwänden des Körpers erscheint
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Hremseti.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;lOo
eine eingedrückte Linie als Andeutung der Anheftung der Muskel; die zwei untersten Ringe dienen zur Anliet'tung von Getäss-Strängen und zur Befestigung des Herzens und des RUekengefasses. Das hintere Ende wird durch eine hornige Platte geschlos­sen, die aus sechs halbkreisförmigen Streiten zusammengesetzt ist, deren Enden nach einwärts gekehrt, einander gegenüberstehen; diese hornige Platte wird durch zwei häutige Lippen bedeckt, welche die Larve öHheii und schliessen kann; unter diesen endet der Darmcanal, während die an den Seiten mit lufthältigeii Bläsehen versehe­nen, mit Luft gefüllten hornigen Platten als Kiemen zu betrachten sind.
An dem Kopfe befinden sieh zwei hornige, scharfe, schwarze, nach auswärts gerichtete Haken, zwischen denen sich der mit einem doppelten, hornigen, hervor­ragenden Rande versehene längliche Mund befindet, lieber den Haken zeigen sich zwei bräunlich schwarze, für Tastorgane gehaltene Puncte. Diese Theile sind mit einer drei- bis vierfachen Reihe dünner, nach rückwärts geneigter Stacheln besetzt.
b.nbsp; nbsp; Die Larve der Mastdarmbremse wird gleichfalls auf der weissen Magenhuut, aber nicht an so umschriebenen Stellen wie die erstere angetroffen. Sie sitzt gewöhnlich in Häufchen gedrängt zwischen den Larven der grossen Pferdebremse, wird aber auch in der Nähe der Schlundmündung, ja selbst im Schlünde und im Pförtnertheüe des Ma­gens, jedoch nur vereinzelt vorgefunden.
Die Larven dieser Art sind kleiner, dünner und haben eine mehr längliche Gestalt; sie sind, wenn sie noch sehr jung sind, weiss, hinten mit einem rothen Puncte, werden dann schon frühzeitig hochroth und wenn sie vollkommen ausgewachsen sind, blassgelblich. Sie können dann nur durch ihre längliche Gestalt von den Larven der grossen Pferde­bremse unterschieden werden; bei ihrem Durchgange durch den Darm­canal endlich nehmen sie eine grüne Farbe an und halten sich am Ausgange des Mastdarmes noch einige Zeil auf, indem sie sich daselbst festhaken.
Die Zahl der Leibesringe, die Gestalt des Körpers, Kopfes und hinteren Endes verhält sich wie bei der grossen Pferdebremse. Sie besitzen in der Jugend kaum Spuren von Stacheln, die auch in der Folge zarter sind, als bei der ersten Art; in der Furche des 8. und 9. Ringes ist nur am Bauche eine Stachelreihe vorhanden, während sie auf dem Rücken und an den Furchen der zwei letzten Abtheilungen vollkommen fehlt. Diese Larven scheinen nach den Beobachtungen Numan's einem Häutungsprocesse zu unterliegen, der bei den Weibchen später stattfindet als bei den Männchen.
c.nbsp; nbsp; Die Larven der heilsamen und der Nasenbremse sitzen beständig in der Nähe der Pförtnermündung oder im Zwölfingerdarme nahe an der Pförtnerklappe und sind durch diesen Sitz schon leicht zu erkennen. Sie sind im jungen Zustande weiss, nach hinten zu roth und nehmen im ausgewachsenen Zustande eine blassgelbliche oder weisse, dem Milchrahme ähnliche Färbung an.
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104nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Bremsen.
Sie sind kleiner als die dergrossen Pferdebremse (17 —18'quot;) und bähen eine ton-nenlörmigc Gestalt. Die Stacheln stehen nur in einer Reihe und sind mit ihren klei­nen, schwarzen Spitzen nicht so weit nach rückwärts gerichtet, wie bei den übri­gen Arten.
Die an Zahl häufigsten Larven sind jene der grossen Pferdebremse, ihnen folgen die der heilsamen, dann jene der Mastdarm- und Nasen­bremse; sie kommen ohne Unterschied in gut und schlecht genährten, gesunden und kränklichen, jungen und alten, jedoch nur bei Weide­oder solchen Pferden vor, welche viel im Freien sich aufhalten und nicht sorgfältig geputzt werden.
Die jungen Larven nehmen im Magen schnell an Grosse zu. Selten findet man Exemplare, die weniger als 4 — 5'quot; in der Länge messen; mit zwei Monaten haben sie schon ihre vollkommene Grosse orreichl, werden aber zur Zeit ihrer vollkommenen Keife noch voller und in ihren Bewegungen kräftiger, haften dann weniger fest an den Magenwandungen an und lösen sich endlich gänzlich davon los. Sie gelan­gen nun in den Darmeanal und mit dem Darminhalte nach aussen und setzen sicli bisweilen, jedoch nur selten an den Dannwänden nochmals fest. Nur die Mastdarmbremsenlarve hakt sich noch an der Afteröff-nung ein und verweilt dort durch einen Zeitraum von wenigen Stunden bis zu zwei Tagen, wobei sie so fest haftet, dass das Abreissen nur mit einiger Kraftanwendung und nicht selten mit Tödtung des Thieres gelingt. Die Larven der grossen Pferdebremse gehen am frühesten ab; Numan fand die ersten am 29. April; von der Mitte Mai's bis zum Juli findet das Abgehen der verschiedenen Larven am häufigsten statt; gegen Ende Juli bis zur Mitte des August werden nur mehr einzelne entleert. Dieses verschiedene Abgehen ist von der Zeit, zu welcher die Eier gelegt wurden, abhängig. Fach einem trockenen, hellen Som­mer, wo die Insccten vom Regen ungestört schwärmen können, kom­men im nächsten Jahre die Larven in grösserer Menge und früher zum Vorscheine. — Die Larve bleibt demnach nahezu ein volles Jahr in dem Pferdemagen, bevor sie die zur weiteren Verwandlung nothwen-dige Entwicklung erreicht hat. Sie gelangt bei dem Abgange in den Pferdemist, wo sie sich verpuppt.
Man kann diese Umwandlung auch unter Sand, in Moos, in einer Schachtel einleiten und beobachten. Die Verpuppung beginnt wenige Stunden, nachdem die Larve aus dem Pferde abgegangen ist und ist innerhalb vier bis sechs Tagen vollendet. Die Larve wird nach und nach träger, die Haut ändert ihre Farbe, anfangs ins Gclb-licbbraune, dann ins Schwarze um; sie wird zu gleicher Zeit hart, die Haken am Kopfe schrumpfen zu kleinen Höckerchen, die Stacheln zu kleinen Spitzchen ein;
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Hremspii,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;105
der Körper wird zugleich kürzer und stumpfer. Je trockener, wärmer und heller die Atmosphäre ist, desto früher und zahlreicher entwickeln sieh die fertigen In sec ten aus der Puppe, während die entgegengesetzte Wxtterungsbeschaffenheit das Hervor­kommen derselben verzögert und selbst das Leben des Insectes aufhebt, in welchem Falle sieb dann innerhalb der Schale das Inseet theihveise zerstört oder auch voll­kommen vertrocknet zeigt.
Der Zeitraum, welcher von dem Augenblicke des Abganges der Larven aus dem After bis zum Durchbrechen der fertigen Insecten aus den Puppen verläuft, beträgt bei der Pferdebremse 29—52 Tage, bei der Mastdarmbremse 23—59, bei der heilsamen 24—00 Tage und es entwickeln sicli im Durchschnitte mehr Weibchen als Männchen. Die Nasenbremse kommt in so geringer Zahl vor, dass sich keine sicheren Angaben über die Zeit ihres Puppenzustandes und das Yerhältniss bei­der Geschlechter geben lassen.
Ist das Insect innerhalb der Puppenhülle vollkommen ausgebildet, so steckt es den Kopf wie eine Blase hervor und drückt gegen den vorderen Tlieil der Schale, welche am vierten Ringe deckelartig abspringt, worauf dasselbe sogleich herausfliegt. Die blasenartige üestalt des Kopfes verliert sicli bald; nach 2—3 Tagen hat das Insect seine vollkommene Grosse erreicht, wobei sicli insbesondere die Tlügel ausgebildet haben. Sie begatten sich nun und das Weibchen legt seine Eier auf den Pferdekörper. Es scheint, dass diese Insecten gleich der Mehrzahl der übrigen bald zu Grunde gehen, nachdem die Befruchtung und das Eier­legen vollendet ist, und diess um so mehr, als sie für Kälte sehr em­pfindlich sind. Man bemerkt auch, dass in Jahren, die auf einen nassen, kühlen Sommer folgen, viel weniger Brerasenlarvcn in dem Magen der Pferde vorkommen, als nach einem trockenen Sommer, indem eine grosso Zahl von Insecten durcli die niedere Temperatur und die Nässe zu Grunde geht.
Die Bremse ist zu ihrer Entwickelung auf den Pferdemagen an­gewiesen; ausserlialb desselben kann sie ihre Vollendung nicht errei­chen. Da, wie oben bemerkt, weder Alter, Gesundheits- und Ernäh­rungszustand, noch Geschlecht des Pferdes vor dem Eindringen der Bremsenlarvcn in den Magen schützt, noch ihre Entwickelung hindert, so brauchen dieselben auch nicht, wie die Eingeweidewürmer, beson­ders geeignete Verhältnisse zu ihrer Fortbildung und ihrem Bleiben in dem Organismus. Sie geben ihre Anwesenheit in dem Pferde gewöhn-licli durch Krankheitserscheinungen nicht zu erkennen, und sind, wenn auch keine heilsamen, wie diess Clark von der sogenannten heil­samen Bremse glaubte (indem er die Ansicht aussprach, dass der durch
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lUbnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Breiusen.
die Larren im Magen verursachte Eeiz die Verdauung befördere, wäh­rend das Insect selbst durch den Kitzel, den es dem Pferde verursacht, dieses zum schnellen Laufe bewege), doch in den meisten Fällen auch keine nachtheiligen Gäste. Die Oeffnungen, welche diese Larven verur­sachen, dringen in den meisten Fällen nur durch die Schleimhaut bis an die Muskelhaut, wo sich ein kleines Grübchen findet; nur selten durch die Muskelhaut hindurch bis auf die seröse Haut. JVur in den seltensten Fällen und dann wahrscheinlich bei krankhafter Beschaffen­heit der Magenhäute bohren sie sich durch die seröse Haut und haken sich, in die Bauchhöhle gelangt, an der äusseren Obertläche des Darmes an, wie diess auch hier einige Male beobachtet wurde. In diesem letz­teren Falle, so wie dann, wenn sie in sehr grosser Menge angehäuft sind, veranlassen sie bisweilen Koliken und durch den grösseren raquo;Säfte­verlust Abmagerung und Entkräftung des Wohntbieres. — Sobald die reifen Larven yon den Magenwänden loslassen, ziehen sich die Ränder der, durch Auseinanderdrängen des Gewebes verursachten Wunde zu­sammen und es bleibt einige Zeit hindurch nur eine leichte Depression der Schleimhaut zurück, die sich nach und nach ausgleicht. In einigen Fällen jedoch wurde bemerkt, dass an Stellen, wo Bremsenlarven ge­sessen , besonders am Zwölffingerdärme und dem Pförtnertheile des Magens, eitrige Infiltration der Wundränder und Loslösung derselben von der unterliegenden Muskelhaut zugegen war, so dass diese Sub-stanzverhistc Aehnlichkeit mit den nach dem Gebrauche von Brech­weinstein entstandenen Geschwürchen hatten. Her twig führt einen Fall an, wo in Folge der Durchnagung kleiner Zweigchen der Kranz­arterie des Magens durch diese Larven, nach dem Abfallen derselben eine mit dem Tode endende Blutung in die Magenhöhle eines Pferdes eintrat. Ebenso werden durch das Anheften der Bremsenlarven an der Schleimhaut des Einganges zum Kehlkopfe bisweilen Erstickungsanfälle, die bei dem allmäligen Heranwachsen der Larven sich steigern und endlich zum Tode führen können, verursacht. Die Larven der Mast­darmbremse können, sobald sie sich bei ihrem Abgange an den After anhängen, dem Pferde grosse Unruhe verursachen und Hertwig beob­achtete einen Fall, wo nach dem Anheften der Larve an der genannten Stelle durch das heftige Drängen ein Mastdarmvorfall entstand, welcher nur durch die Operation geheilt werden konnte.
Da man, besonders in früheren Zeiten, von der Gegenwart dieser Larven die Entstehung einer Menge von Krankheitszuständen beim Pferde ableitete, so hat, man auch zahlreiche und mitunter auf den Pferdemagen
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sehr eingreifende Mittel zu ihrer Abtreibung in Anwendung gebracht, jedoch ohne Erfolg; unter diesen wurde insbesondere das, in diesem Falle jedoch wirkungslose (Jhabert'sehe hrenzliche üel anempfohlen. — Die von Numan angestellten Versuche, welchen zufolge die durch drei Stunden in Losungen von Arsenik, Stinkasand, Brechnussextract, Nar-cotin, schwefelsaurem Morphium, Strychnin, Kupfervitriol, in Kalkwas-scr, cnipyreuiuatischen Oelen und anderen Substanzen gelegten und dann herausgenommenen Bremsenlarven noch durch mehrere Tage fort­lebten und nur durch Einwirkung der giftigsten unathemburen Gasarten, des Chlor- und Schwefelwasserstoft'gases, dann des Aetzammoniaks, der concentrirten Salz- und Blausäure rasch zu Grunde gingen, beweisen die bedeutende Lebensteuaoität derselben und die Fruchtlosigkeit der zur Abtreibung derselben aus dem Pferdemagen angestellten Versuche, welche eher dem Wohnthiere als den Larven zum Nachtheile gereichen wer­den. Es dürfte daher, entsprechend der Ansicht Numan's am gerathen-sten sein, solchen Pferden, von denen man, ihrem Aufenthalte auf der Weide nach, überzeugt ist', dass sie Bremsenlarven beherbergen, öfter milde, einhüllende Mittel zu verabreichen, um die Magenwände gegen eine zu heftige Reizung durch die Haken und Stachelkränze der Larven zu schützen und sie gut zu füttern, um den durch das Saugen dieser Tliiore verursachten Substanzverlust wieder zu ersetzen.
Das einzige Schutzmittel der Pferde vor den Bremsen besteht darin, sie nicht auf die Weide zu schicken, sondern im Stalle zu hal­ten und wenn sie längere Zeit im Freien waren, ihre Haut gehörig zu reinigen.
2. Die Biesfliege, Oestrus.
Charaktere: Kopf halbkugelig, vorne etwas zusammengedrückt; Netzaugen durch die beim Männchen schmälere Stirn getrennt; auf dem Scheitel drei Punkte. — Die Fühler jeder in einer kleinen Höhle vor der Stirne eingesetzt, daher nur wenig vorragend, dreigliedcrig, die beiden ersten Glieder sehr klein, versteckt, das dritte meist kugelför­mig, oder auch etwas zusammengedrückt, mit einer nackten Borste ent­weder aus der Spitze oder an der Wurzel des Kückens. Mund geschlos­sen, kein Rüssel sichtbar. Leib gewöhnlich haarig, Hinterleib vier- oder fünfringlig. Schwingen durch ein grosses Doppelschüppchen bedeckt, Flügel lancettförmig, mikroskopisch haarig, die vierte Längsader an der Spitze winklig gebogen; zwischen der vierten und fünften Längsader noch eine Querader. Im Stande der Ruhe liegen die Flügel halb offen auf dem Leibe.
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10Snbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Bremsen.
Ks gehören hiehei*:
a. Die Bindriehbremse (Oestrus bovis). Sie ist so gross oder grosser als die grosso Pferdehremsej das üntergesicht ist weissgelblieh,
pelzig; die Fühler glänzend schwarz, die Stirn braun, haarig, bei dem Weihehen etwas grosser als bei dem Männchen, Rilekenschikl glänzend schwarz, mit drei Längenforchen, vorne rothgelb, hinten schwarz, haa­rig. Schildchen haarig. Grundfarbe dos Hinterleibes schwarz, die beiden ersten hinge dicht greishaarig, der dritte kurzhaarig, schwarz, das Uebrige rothgell), haarig, der hauch durchaus rothgelb, haarig. Legrohre des Weibchens kurz, walzenförmig, schwarz; Flügel braun, wie beraucht, Schiippchen gross, schmutzigweiss; Beine schwarz, haarig, die Spitze der Hinterschienen und die Füssc rothgelb, letztere nach der Spitze zu braun.
Sie schwärmt von der Mitte des Juni bis zum Anlange des Sep­tembers vorzugsweise bei hellem, trockenem Wetter, in manchen Jahr­gängen häutiger als in anderen, auf Rindviehweiden und in Wäldern, und macht beim Fliegen ein eigenthümlich zischendes oder hissendes Geräusch, wovon sie auch den Namen Bies- oder Bissfliege führt. So­bald die Binder diesen Ton hören, gerathen sie in die grösste Unruhe und laufen davon oder durcheinander. Wodurch diese Unruhe verur­sacht werde, ist nicht ausgemacht; durch Schmerz kann sie nicht ver­anlagst sein, da bei dem Legen des Eies auf die Haut des Thieres keine Verwundung derselben stattfindet. Das Weibchen legt jedoch die Eier nicht allein auf die Haut des Kindes, sondern bisweilen auch auf die des Pferdes und Esels. Es schwebt einige Zeit lang ruhig über dem Kücken des Thieres, fällt dann plötzlich herab, bringt sein Ei auf die Haut desselben und wiederholt diesen Vorgang öfter, quot;wobei es jedesmal nur ein Ei absetzt. Wegen des Mangels eines Legstachels ist es wahr­scheinlich, dass die Eier auf der Haut des Thieres ausgebrütet werden und dass erst die Larve sich in die Haut einbohrt. An der Stelle, wo dieselbe unter der Haut liegt, bildet sich eine Anfangs kleine, im Winter und darauf folgenden Frühlinge und Sommer allmälig bis zur Grosso eines Tauben- und Hühnereies heranwachsende Geschwulst, die Dasselbeule, welche an der Stelle ihrer grössten Wölbung eine Anfangs kleine, spä­ter bis zur Grosse einer Erbse heranwachsende Oefthung zeigt, und nebst der allmälig grosser werdenden Larve (dem sogenannten Enger­ling), welche stets mit ihrem hinteren Ende der Oeffhung zuge­kehrt ist, zähen Eiter in massiger Menge enthält. Diese Beulen, deren Wandungen Anfangs bedeutend verdickt erscheinen, allmälig aber weicher
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Bremsen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;1 (19
und dünner werden, finden sieh vorzugsweise am Rücken und an den Seitenwandungen der Brust bei jüngeren und kräftigeren Stücken, oft vereinzelt; bisweilen jedoch in bedeutender Anzahl. Kälber und ganz alte Thiere bleiben meist verschont.
Die Larve hat zur Zeit ihrer vorgerückten Entwicklung eine Länge von 1 Zoll und darüber; eine längliche, eiförmige Gestalt; an dem verschmächtigten Ende befindet sich der sehr kleine, von dem Körper nicht abgegrenzte Kopf, welcher in der Mitte eine kleine Oeff-nung, den Mund, zeigt.
Xebon dem Kopfe befinden sieh zwei kleine, seliwarze, hornige, in der Mitte durchbohrte Puncto, als die Mündungen zweier Lultcaiiiile, und um ihn herum stellen mehrere nrarzenartige Erhiiliungen, die für Fühler gehalten werden. Der zur Zeit der vollkommenen Ausbildung braun gefärbte, von einer dieken Haut bekleidete Leib trägt 10—11 wulstige Querringe, und ist mit sechs biingenfurehen versehen, wodurch die Obertliieho in zahlreiche Abiheilungen gebracht wird, deren jede nach Clark mit einer Oeffimng als Mündung eines Luftganges versehen ist. Statt der Stacheln sind die Quer­ringe mit kleinen, in zwei lleiheu geordneten mikroskopischen Spitzen versehen. Das hintere breitere, in der Beule stets nach oben gekehrte! Bnde bildet eine kreisrunde Fläche, die aus zwei hornigen Platten zusammengesetzt ist, die in der Mitte eine Spalte einschliessen, welche die Fläche in ein oberes, grösseres, mit zwei halbmond­förmigen Luftlochern versehenes und ein unteres, kleineres, von acht sehr kleinen, in eine Reihe gestellten Löchern durchbohrtes Feld theilt, unter welchen sich die kleine Afteröffnung befindet.
Die Larve hält sich in der Beule ungefähr zehn Monate auf, streckt sich in den, ihrem Ausschlüpfen vorhergehenden Tagen wieder­holt mit ihrem Hintertheile durch die Oeffuung und verlässt endlich mit demselben zuerst ibren Aufenthaltsort. Fällt sie lüebei auf einen, ihrer weiteren Entwicklung günstigen Ort, wie lockere Erde, Gras u. dgl., so geht sie bald die Verwandlung zur Pappe ein.
Sie wird hiebei kleiner, an einer Seite gewölbt, an der anderen flach, dunkelbraun, behält jedoch das zugespitzte vordere, so wie das stumpfe hintere Ende, dann die Querringe und Furchen und verweilt in diesem Zustande durch 7—8 Wochen, worauf das geflügelte Insect durch Hcrausstossen eines Deckels aus dem vorderen Ende der Schale hervorgeht. Die reifen Larven verlassen meist von der Mitte des Mai bis zum Ende des Juli, manche erst später die Dasselheulen.
In geringer Anzahl vorhanden, bringen die Larven keinen beson­deren Nacht heil für den Gesundheitszustand des Wohnthicres hervor, in grosser Menge aber angehäuft, können sie durch die Beunruhigung des Thieres und durch den lange unterhaltenen Biterungsprocess den Ernährungszustand desselben auffallend herabbringen.
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I I 0nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nrcmson.
Die Befreiung der Hinder von diesen Einwohnern gelingt sehr einfach durch Aufschneiden der Heulen und Herausdrücken der Larven, oder durch Tödtuug derselhen mittelst Einführung eines glühenden Drahtes durch die Ocfthung der Beule oder durch Quetschen der letz­teren , worauf die Larve durch die eintretende Eiterung ausgestos-sen wird.
h. Die Schafbremse (Nasenhremse oder Stirngrübler, Oestrus ovis) hat folgende Charaktere:
Das Untergesicht fleischroth, die Stirne rothbraun mit einer rothen Strieme und schwarzen Grübchen, Fühler schwarz, Hückenschild grau mit unzähligen schwarzen Wärzchen unordentlich besetzt. Hinterleib gewölbt, eirund, stumpf, seidenartig weiss, hin und wieder in's Gelbliche schillernd, mit tiefschwarzen, unregelmässigen Schillerflecken zierlich gezeichnet. Beine blassroth; Schüppchen gross, weiss; Flügel rein, glas­artig, mit schwarzer Querader in der Mitte. Grosse ö 'quot;. Das Männ­chen hat eine schmälere Stirn als das Weibchen und an der Flügel­wurzel drei kleine, schwarze Punkte in einem Dreiecke; der Hintertheil des Weibchens ist länger und schmäler als der des Männchens.
Sie schwärmt bei trockenem und warmen Wetter von der Mitte Mai's an bis in den Spätherbst auf den Schafweiden und scheint ihre Eier in der Xähe der Nasenöffnungen und der Lippen der Schafe ab­zusetzen. Sobald diese die Annäherung des Insectes an diese Tlieile bemerken, benehmen sie sich sehr unruhig, reiben die Nase gegen die Erde, stampfen mit den Füssen und laufen davon. Dieser Unruhe wegen kann auch die Bremse in der Regel nur wenige Eier einem Schafe beibringen, wenn gleich Fälle vorkommen, wo zahlreiche Larven sich vorfinden.
Sobald die Larve aus dem Eie ausgeschlüpft ist, kriecht sie durch die Nasen- in die Stirnhöhle, in die Zellen des Siebbeins, die Höhle der Hornzapfen und in die Highmorshöhlen, woher sie auch den Namen Nasenbremse erhalten hat. Die Larven sind Anfangs durchschei­nend und mit Ausnahme der beiden kleinen, hornigen, schwarzen Plat­ten am Afterrande vollkommen weiss, von länglicher, später eiförmiger Gestalt.
An dem vorderen, spitzigeren Ende befindet sich der, mit zwei hornigen, dun­kelbraunen Haken versehene Kopf, während das hintere Ende ähnlich wie jenes der Magenbremse gebaut ist. Der Körper zeigt 11 Querringe, seine Farbe wird bei vor-schreitender Ausbildung mehr gelblieh und auf dem erhabenen Theile eines jeden Querringes bilden sich zwei dunkelbraune Querstrcifen, die an den hinteren Ringen
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Bremsen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Ill
deutlicher Kind, als an don vorderen und an welchen man bisweilen seitlich '1 dunklere Flocklaquo; bemerkt.
Die Larven haften mittelst ihrer hornigen Kopfhaken an der Schleimhunt und nähren sich von den dort abgesonderten Hüssigkeiten. 8ie halten sieh in diesen Höhlen ungefähr 10 Monate lang auf und fallen endlich aus der Nase, oder werden durch Niesen und Aus­brausen entfernt. Die nach Aussen gelangte Larve verwandelt sich sehr bald in eine Puppe, die in ihrem Aeusseren eine sehr grosse Aehnlichkeit mit jener der Rindvichbremse zeigt, aber heller gefärbt und etwas kleiner ist; nach (5—8 Wochen geht aus ihr das geflügelte Insect hervor.
In geringerer Anzahl vorhanden bringen diese Larven ausscr einer durch den fortdauernden Reiz veranlassten Vermehrung der Absonde­rung der Nasenschleimhaut keine besonderen Krankheitszufälle her­vor; sind sie jedoch in namhafter Menge zugegen, so veranlassen sie eine Reihe von Krankheitserscheimmgcn, die mit dem Namen des Bremscnschwindels oder wegen der heftigen Bewegungen, die das Schaf mit dem Kopfe macht, der Schleudcrkrankheit bezeichnet wird. Zur Ilervorrufung dieser Erscheinungen scheint jedoch die bedeu­tende Anzahl von Larven allein nicht, hinzureichen, denn Greve fand bei Heidcschnucken oft eine enorme Menge von Larven, ohne dass die Wohnthiere aussei- einem bedeutenden Nasenkatarrbe besondere Krank­heitssymptome gezeigt hätten, sondern es hat den Anschein, als müsste zur Hcrvorrufung wenigstens des höheren, bisweilen den Tod herbei­führenden Grades der Krankheit die Schleimhaut in Folge der an­dauernden Reizung so geschwellt sein, dass dadurch die Ausgänge der Nebenhöhlen für den Durchgang der Larven unwegsam werden.
Zu der Ordnung der Zweiflügler, welche auf der äusseren Körperobortläche der Hausthierc schmarotzen, gehört:
1.nbsp; nbsp;die Pferdelausfliege, welche auf Pferden und Rindvieh lebt, sich vom Blute nährt und eine Länge von 4'quot; erreicht, dann
2.nbsp; nbsp;die Schaflausfliege, welche in Menge zwischen der Wolle der Schafe lebt, Blut saugt und 2—3'quot; lang ist, ferner einige Insecten, welche, wenn sie gleich zu keiner Zeit ihres Lebens auf den Thieren wohnen, doch zur Sommerszeit eine Plage der Pferde und des Bind­viehes sind, indem sie dieselben anfallen, ihnen schmerzhafte Stiche beibringen und sich von ihrem Blute nähren. Ucber die Entwicklungs­geschichte derselben, so wie über den Aufenthaltsort der aus den Eiern
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lY2nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Bremsen.
hervorgehenden Larven und Puppen ist mun bei Vielen noch nicht im Klaren.
Es gehören hieher die Bnsselhremsen, die Scheinbremsen, die Vieh-, die Blind- und die Handbremse, ferner die Kolum-baczer Mücke. Diese letztere kommt vorzüglich im südlichen Ungarn und in Serbien vor, doch wurde sie im Jahre 1830 auch in Ocsterreich, Mähren und den angrenzenden Gegenden Ungarns längs der March beobachtet, nachdem ausgebreitete Uebcrsclnvemmungcn stattgefunden batten. Sie erscheint in der zweiten Hälfte des Monats April und Anfangs Mai oft in so ausscrordentlicher Menge, dass ihre Schwärme von der Ferne gesehen als Wolke erscheinen und dass man kaum einen Athemzug macheu kann, obne eine Menge derselben einzuschlürfen. Vorzüglich fallen sie Hinder, Pferde und Schafe an den Augen, den Nasenlöchern, dem After, dem Maule und den Ucschlechtstheilen an und kriechen sogar durch diese Körpcröfthungen in grosser Menge ein. Jeder Stich, den das Insect versetzt, veranlasst eine sehr schmerzende, harte Geschwulst, welche erst nach 8—lOTagen wieder verschwindet. Werden Heerden, wie es oft der Fall ist, von Schwärmen dieser Thiere angefallen, so geht nicht selten eine namhafte Zahl derselben theils in Folge der ausgebreiteten schmerzhaften Verwundungen, theils in Folge der in dem Bachen und dem Kehlkopfe eintretenden Entzündung und der Verstopfung der Luftröhrenäste durch die eingedrungenen Insecten zu Grunde. Die neueren Untersuchungen liaben gezeigt, dass nicht die in der Xähc des alten Schlosses Kolumbacz, in dem Kalkgebirge befind­lichen Höhlen ihre Geburtsstätte seien, sondern dass die Fliege den Ei-, Larven- und Xymphenzustand im Wasser zubringe, das sie erst im vollkommen entwickelten Zustande verlässt. Die genannten Höhlen dienen ihr bloss als Zufluchtsstätte bei ungünstiger Witterung.
sect;. (38. B. Zu der Ordnung der Flügellosen gehören nachstehende auf Haussäugetbicren lebende Schmarotzer:
1.nbsp; nbsp; Aus der Gattung Harling, die sich von feinen Haaren oder Oberhautschuppen nährt: der Hunde-, der Ziegen-, der Kinds-, der Pferde-, der Schaf- und der Katzenharling, welche auf den ihrem Namen zukommenden Hausthieren leben.
2.nbsp; nbsp; Die Läuse. Sie nähren sich vom Blute der Säugethiere, auf denen sie leben, das sie durch ihren eingebohrten Rüssel einsangen. Das Weibchen klebt die birnförmigen Eier an die Haare des Wohnthieres. Sie linden sich vorzugsweise bei sohlecht genährten, abgemagerten Thieren.
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Concretioiien und Steine. — Magenlaquo; und Darniconcremento.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;llo
Es gehört hi eher die Gattung Thierlaus oder Bluttrinker mit den Arten: Hunde-, Kinder-, Kälber-, Pferde- und Eselslaus, die Schwein- und Ziegenlaus.
3. Der Floh, mit der Art:
Der Hundefloh, häufig auf der Katze und dem Hunde.
12. Cuiicretluiicn und Steine.
sect;. 69. In Folge verschiedener Ursachen häufen sich in den Höh­len und Canälen dos thierischen Körpers fremdartige, unorganische Massen an, welche als mechanische Schädlichkeiten wirkend zu mannig­fachen Störungen Veranlassung geben. Es gehören hieher insbesondere die sogenannten Concretionen und Steine. Dieselben kommen beiden Hausthieren ziemlich häufig vor und werden nach den Organen, in denen sie angetroffen werden, benannt.
A. Magen- und Darmconcremenfe.
sect;. 70. Man unterscheidet sie mit Rücksicht auf ihre Consistenz und die zusammensetzenden Bestandtheilc in Steine, Concremente und Haarballen, und nach dem Fundorte in Magen- oder Darm-concretionen. Wir folgen hier im Allgemeinen den Ergebnissen der Untersuchungen Fürstenberg's.
a. Magen steine. Sie kommen bei dem Pferde nur vereinzelt und ziemlich selten vor; sind grau mit einem Stiche in das Röthliche oder Bläuliche, an der Oberfläche glatt, fein porös oder von seichten Vertiefungen durchzogen; von einem Durchmesser von wenigen Linien bis zu jenem eines halben Schuhes und darüber; sehr dicht und fest. Auf dem Durchschnitte zeigt sich ein durch ein Stückchen Metall, ein Sandkorn u. dgl. gebildeter Kern, um den die scliiehtenwcisc Ablage­rung Anfangs krystallinischer, dann amorpher Logen stattgefunden hat, die je mehr nach aussen gelagert, desto dünner werden. Der vorwie­gendste Bestandthcil ist phosphorsaure Ammoniak - Magnesia.
Bei dem Hunde kommen gleichfalls, wenn gleich sehr selten und von geringer Grosse, Magensteine vor, welche weissgelblich von Farbe, an der Oberfläche glatt und glänzend und, da sie sich meist in der Mehr­zahl vorfinden, durch gegenseitige Abreibung vielttächig und an den Eeibungsflächen wie polirt sind. Den Kern bildet meist ein Quarz- oder Kalkkorn, um welches sich concentrisch Schichten abgelagert haben, welche zunächst dem Kerne ein deutlich krystallinisches Gefüge zeigen.
Riill, l'alliol. und Therapie. II. Aufl.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;8
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114nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Damutoine.
Auch liier maclit phosphorsaure Ammoniak-Magnesia denHaupt-bestandtheil aus.
b. Diirmsteine. Es sind dicss dichte, specifiscli schwere, vor­waltend aus anorganischen Bestandtheilcn zusammengesetzte Concretionen, die bis nun nur beim Pferde gefunden wurden. Gurlt unterscheidet sie nach der Farbe, was endlich auch das einzige Eintheilungsprincip sein kann, da die chemische Zusammensetzung derselben nur wenig difterirt und den vorwalteudsten Bestandtheil auch hier die phos­phorsaure Ammoniak-Magnesia bildet, zu welcher in wechselnden geringen Quantitäten phosphorsaure und kohlensaure Kalkerde, Kie­selsäure, organische Substanzen, Chlorkalium, Chlornatrium und Spuren von Eisen hinzutreten.
Man unterscheidet die bräunliclion, selir festen, kleinen, an der Oberitiiclie glatten, durch gegenseitige Abreibung mehrerer meist abgesehliitenen, die selten vor­kommenden gelbbraunen runden oder liinglielien, an der Oberliäelio durcli hervor­ragende Jvrvstalle von Ammonlaktrippelphosphat rauhen, die häufigen grauen, ent­weder einzeln und dann runden oder eiförmigen, oder in Mehrzahl vorkommenden und dann vielseitig abgeschliffenen, an der OberflSche entweder glatten oder rauhen, mit Oelliiungen versehenen, endlich die blättll e h o n üarmsteine, welche nur eine sehr geringe üriisse erreichen, aber bisweilen bei einem Thiere in grosser Menge vorkom­men und meist durch gegenseitige Abreibung bedingte Schlilffliichen zeigen. Ihren Kern bildet ein Sandkorn oder ein anderer fremder Körper, um welchen die concen-trlsche Schichtenablagerung des Hauptbestandtheües dieser Steine, nämlich der phos-p her sauren Ammoniak-Magnesia stattgefunden hat.
Die Entstehung dieser liildungen kann auf folgende Weise er­klärt werden: Uie phosphorsaure Magnesia findet sich in ziemlich bedeu­tender Menge in den raquo;Samen der Getreidearten, vorzugsweise aber in den Hülsen, welche den grössten Theil der Kleie bilden; in viel gerin­gerer Menge kommt in ihnen phosphorsaure und kohlensaure Kalkerde vor. In der That findet man auch, dass sich bei Pferden Darm- und Magensteine dort häufig bilden, wo die Kleienfiitterung eingeführt ist. Bei den Pferden Wiens und seiner Umgebung kommen sie nur selten vor.
Im Magen- und Elinddarme, in welchem letzteren sich die Steine am häufigsten vorfinden, verweilen an und für sich die Nahrungsmittel länger und bei mit Kleie gefütterten Pferden desshalb noch länger, weil durch diese Eütterungsweise der Tonus sämmtlicher Organe und auch die Energie der Zusammenziehung der Darmwandungen leidet. Die in den Magen- und Darmsäften enthaltene freie Säure löst wohl die in den Nahrungsmitteln enthaltenen anorganischen Stoffe, die jedoch später bei der langsam vor sich gehenden Darmcontraction Gelegenheit haben, abermals hcrauszukrystallisiren.
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Darmsteine.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; llö
Die genannten Nahrungsmittel enthalten wohl, wie gesagt, phos­phorsaure Magnesia, jedoch nicht als Trippelphosphat vorgebildet. Das hiezu nöthige Ammoniak findet sich thcils frei, theils an Säuren gebun­den in den Magen- und Dannsäften, theils wird es mit dem Trink­wasser, besonders solchem, das länger in Stallungen gestanden ist, ein­geführt, theils aber absorbiren die in den Ställen aufbewahrten Futter­stoffe aus der mit Ammoniak geschwängerten Stallluft diesen Körper, welcher nun in den thierischen Organismus eingeführt, der phosphor­sauren Magnesia einen Theil der Phosphorsäure entzieht und mit ihr das genannte Doppclsalz bildet. Um einen, im Magen oder Darme be­findlichen fremden Körper, welcher den Kern des späteren Steines bil­det, setzen sich nun die kleinen Krystalle des Trippelphosphates in Schichten ab, welche durch den Darmschlcim innig mit einander ver­bunden werden. Das Ansetzen neuer Schichten geht entweder bis zum Abgange des Steines durch den After oder bis zur Umänderung der Fütterung und der dadurch bedingten Entziehung des Materiales oder bis zu dem auf irgend eine Weise erfolgenden Tode des Thieres vor sich.
Fürstenbcrg hat versuclit, aiiniilierungswuise durcli Ziüilunt; der Schichten eines Steines die Zeit zu hereehnen, welche zu seiner Bildung erforderlich war, indem er annimmt, dass nach jeder Futtcraufnalime eine neue Schichte sich bilde. Ein Stein daher, welcher vom Korne bis zur Oberfläche 720 concentrische Ringe zeigt, wurde bei täglich zweimal stattgehabter Fütterung nach dieser Annahme 3G0 Tage zu seiner Bil­dung benöthiget haben.
c. Die Darmconcremcntc bestehen vorzugsweise aus Haaren, Pflanzenfasern, dann Schleim als organischen und phosphorsau­rer Ammoniak-Magnesia, phosphorsaurer und kohlensaurer Kalk­erde, Kieselsäure und Chloralkalien als anorganischen Bestand-thcilen; bei einigen finden sich auch Spuren von Thonerde. Sie erreichen häufig einen viel grösseron Umfang als die Darmsteine und finden sich beim Pferde und Schweine im Dickdarme, bei Hunden und Wiederkäuern im Magen und Dickdarme. Sie sind porös, von lockerem üefüge und im frischen Zustande leicht zu verkleinern. Für­stenberg nimmt folgende Varietäten an, von welchen sich in den meisten Sammlungen Exemplare vorfinden:
1. Bio aschgrauen Uarmconcrcmente. Sie finden sich meist in grös-serer Anzahl, nur selten vereinzelt im Blind- und Grimmdarme des Pferdes. Sie sind von runder oder eckiger (icstalt, an der Oberfläche glatt, stellenweise vertieft, hie und da heller und dann fester, oder dunkler gefärbt und dann weniger hart. Das Centrum nimmt entweder ein fester fremder Körper ein, oder es wird durch eine kleine Hohle gebildet, um welche eine weiche, filzige, fast gänzlich aus Haaren bestehende
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libnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Dannsteine.
Masse, der nur wenig Pflanzenfasern beigemengt sind, hcrumgelagert ist, die je weiter naeh aussei!, desto dichter wird, bis endlich die äusserste Schichte an Härte den Dannsteinen wenig nachgibt und ein vollkommen krystallinisches Gefüge zeigt. Der Griisse nach wechseln sie von einem Durchmesser von 1 — 3quot; und darüber.
2.nbsp; nbsp;Die braunen Darmconcremente kommen gleichfalls im Dickdarme des Pferdes u. z. in der Mehrzahl, nicht vereinzelt vor; sie sind von kugelähnlicher Gestalt, an der Oberfläche saimntähnlich rauh, höckerig uneben. Im Centrum findet sich gewöhnlich eine kleine Höhle, um welche herum verfilzte Haare gelagert sind, während die äusseren Schichten nach und nach ein deutlicheres, krystallinisches Gefüge erhalten, sich jedoch nie zur Dichte der ersterwähnten Coneremente erheben. Don mir vorliegenden Exemplaren nach halte ich diese Form für Coneremente jüngeren Datums, welche durch spätere Ablagerung anorganischer Salze sich zu aschgrauen Concremcn-teu fortbilden.
3.nbsp; nbsp;Die grossen Darmconcremente finden sich gleichfalls im Dickdarme des Pferdes; sie erreichen eine bedeutende Grössc, sind von unregelmässigcr, meist länglicher Gestalt, an der Oberfläche rauh, höckerig, an einzelnen Stellen filzähnlich, weich, gelblich- oder dunkelbraun, an anderen hart und weiss oder grau gefärbt. Sie enthalten in ihrem Inneren eine oder mehrere Höhlen und bestehen aus Haaren, Pttanzcnresten und anorganischen Bestandtheilcn, jedoch ohne wahrnehmbare Schich­tenablagerung.
d. Die Haarbällc finden sich bei den quot;Wiederkäuern meist in dem Pansen oder der Haube, selten im Dickdarme, beim Schweine und Hunde häufiger im Dickdarme als im Magen. Sie bestehen gröss-tontheils aus Haaren und enthalten die anorganischen Bestandtheile (phosphorsaure Ammoniak - Magnesia und Kalksalze) in viel geringerer Menge als die Coneremente des Pferdes.
Die Haarbälle der Wiederkäuer bestehen während ihrer Bil­dung und in so lange sie nicht vollendet sind, fast durchgehends aus spiralig übereinander gefilzten, durch Schleim verbundenen Deckhaaron oder Wolle; sobald ihre Bildung beschlossen ist, erhalten sie einen bräun­lich schwarzen, glatten, glänzendenUeberzug, der auf dem Durchschnitte grauweiss erscheint und nach Pürstonberg nebst organischer Substanz vorzugsweise aus phosphorsaurer Ammoniak-Magnesia, phosphorsau­rer und kohlensaurer Kalkerde besteht. Ihr Durchmesser wechselt von '/a—2quot;; sie sollen sich auch um fremde Körper bilden.
Die Borstenbälle der Schweine sind cylindrisch, durch die vor­stehenden Enden der Borsten rauh und erreichen einen Längendurch­messer von 3quot; und darüber, bei einem Breitondurchmesser von 1 — 1 '/„quot;.
Die Haarbällc des Hundes sind meist locker, ziemlich klein und erhalten, wie die vorher genannton, keinen Ueberzug durch anorga­nische Salze.
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D.irnisteinn.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; i 1 (
Die Bildung der Conoremente geht auf die quot;Weise vor sich, dass die, vorzugsweise während der Haarungsperiode mittelst der Zunge auf­geleckten Haare in das Maul und von da in den Magen und Darincanal gelangen, wo sie durch Schleim aneinander geklebt, durch die Darra-contractionen und die vorbeigeführten Futterstoffe mit einander verfilzt und durch neue Anlagerung von Haaren vergrössert -werden. Im Be­ginne ihrer Bildung enthalten sie nur wenig anorganische Stoife; nach und nach jedoch setzen sicli Salze an dieselben ab und bedingen das fernere Wachsthum. Sie können sicli begreiflicher Weise bei jeder Fütterungsart bilden, jedoch wird die weitere Entwicklung eines Haar­ballens zum eigentlichen Concrcmente durch die Kleienfütterung begün­stiget; er wird dann zuerst zum braunen, dann zum grauen, an der Ober­fläche dem Darmsteine ähnlichen Concremente.
Die grossen Darmconcremente sind, wie diess schon die mehreren, auf einem gemachten Durchschnitte hervortretenden Höhlen nachweisen, meistens aus mehreren grauen oder braunen Concrementen zusammen­gesetzt; bei anderen besteht der Kern aus faulen Futterstoffen und Kieselerde, um welche Haare herum gelagert sind, die mit einem weis-sen, aus Kalksalzen und phosphorsaurer Ammoniak-Magnesia bestehen­den Ueberzuge bedeckt sind.
e. Die sogenannten falschen Darmsteine, welche in ihrem Ansehen die grösstc Aohnlichkeit mit den wahren Darmsteinen zeigen, entstehen durch fortgesetzte Ablagerung von phosphorsaurer Ammoniak-Magnesia auf die Oberlläclie der aschgrauen Concremente. Sie sind von weisslicher, grauer oder brauner Farbe, an der Oberfläche entweder glatt, wie polirt und mit kleinen Oeffnungen versehen oder aber durch kleine hervorspringende Krystallc rauh und uneben. Ein Durchschnitt durch dieselben weiset auf die angegebene Entstehungsweise hin, indem man um den Kern herum eine weiche, filzige, aus Haaren oder Pflan-zenresten bestehende Masse antrifft, um welche in concentrischen Schich­ten die Ablagerung anorganischer Salze, vorzugsweise der phosphorsau­ren Ammoniak-Magnesia stattgefunden hat, welche gegen die Oberfläche zu allmälig an Dichte zunimmt. Sie finden sich wie die Concremente im Dickdarme des Pferdes entweder vereinzelt und dann regelmässig rund oder länglich, oder in grösserer Zahl und dann meist eckig.
Die wahren sowohl als die falschen Darmsteine und die Con­cremente geben u. z. um so eher und häufiger, je grosser, schwerer und an der Oberfläche unebener sie sind, zur Entstehung von Koliken, zu Trennungen, selbst Perforationen der Darmwand in Folge der durch
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SiieidiüisliMm'
sie verursachten mechanischen Verletzung und der Eehindorung der Fort­bewegung der Excremente Veranlassung.
li. Speichelsteine.
sect;. 71, Seltener als die eben abgehandelten, finden sich Concre-tioneu in den Ausführungsgängen der Speicheldrüsen des Pferdes und Kindes, welche mit dem Namen der Speichel st eine bezeichnet werden.
a. liei dem Pferde wurden Speichelsteine in den Ausführungs­giingen siimmtlicher Maulspeicheldrüsen beobachtet, am häufigsten jedoch in jenem der Ohrspeicheldrüse. Sie kommen daselbst entweder verein­zelt oder in der Mehrzahl vor.
Vereinzelt vorkommeml sind sie von eiförmiger Gestalt mit einem spitzi­gen vorderen und einem stumpfen hinteren linde, einer glatten, dem Kaumuskel zuge­wendeten äusseren und einer inneren durch warzen- und knotenartige Erhabenheiten drüsig unebenen Käclie. (Der grösste der hiesigen Sammlung hat einen Längendureh-messer von 2quot; 7'quot; bei einem Querdurchmcsser von 1quot; 'quot;' und einer Dicke von 1quot;.) Häufiger trifft man mehrere kleine Steine von wechselnder Grosse an, welche dann von nahezu cylindrischcr Gestalt, an den einander zugekehrten Enden facettenfiirmig abgeschliffen sind und hier vollkommen an einander passen. Sie zeigen eine kreideweisse Farbe, eine bedeutende Dichte und Härte und auf dem Durchschnitte einen, durch einen fremden Körper gebildeten Kern, um welchen herum eine dünnschichtige Abla­gerung der im Speichel enthaltenen Salze stattgefunden hat. Auch beim Esel und Maulthiere kommen solche Steine vor.
Die in den Wharton'schen und Rivin'sohen Gängen vorgefun­denen Speichclsteinchen sind klein, rundlich, mit kleinen Fortsätzen versehen, glatt, gelblichweiss und finden sich meist in der Mehr­zahl vor.
Sie zeigen auf dem Durchschnitte eine dünne, compaete Schichtenabliigeruiig um einen festen, nicht von aussen hineingelangten Kern. Sie bestehen aus viel koh­lensaurem (82—880/o)) etwas phosphorsaurem Kalke, kohlensaurer Magnesia und orga­nischer Materie.
1gt;. Die beim Rinde im Stenon'schen Speichelgangc aufgefunde­nen Speichclsteine sind kleiner als jene des Pferdes, diesen aber in Beziehung auf Gestalt und chemische Zusammensetzung ähnlich.
Auch im Ausführungsgange der Bauchspeicheldrüse kommen bei diesen Tliiercn kleine, höchstens die Grosse einer Haselnuss errei­chende weisse, eckige Steinchen vor, welche, da sie sich meist in grös-sercr Zahl vorfinden, an den Berührungsflächen facettirt erscheinen.
Auf dem Durchschnitte zeigt sich eine ungleich starke Schichtenablagorung um einen aus derselben Masse bestehenden Kern. Sie bestellen vorwaltend aus kohlen­saurem Kalke (910/0), etwas kohlensaurer Magnesia und organischer Materie.
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Bpeichelstfiine, — Gallensteine.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Xlv
Die Speichelsteine bilden sich aus den, im Speichel enthaltenen Salzen. Bei jenen, welche einen von ausscn eingeführten fremden Kör­per, welcher den AusÜuss des Speichels erschwert, als Kern enthalten, ist die Bildung leicht auf die Weise zu erklären, dass die Salze des Speichels um den festen Körper in Krystallform anschiessen. Je mehr auf diese Weise der Stein anwächst, desto schwieriger wird die Aus­führung des Speichels; die in ihm gelüsten Salze fallen heraus und lagern sich schichtenweise um den Anfangs kleinen, dadurch aber all-mälig heranwachsenden Stein an. Dort jedoch, wo kein fremder Körper als Kern vorgefunden wird, muss der Grund der Steinliildung in einem zu grossen Gehalte des Speichels an Erdsalzen gesucht werden, welche besonders bei verlangsamtem Abflüsse nicht in Lösung erhalten werden können, herausfallen und den Kern des zukünftigen Steines darstellen. Auch der in den Speichelgängen abgesonderte Schleim und die abge-stossenen Epithelialzellen treten in die Zusammensetzung des Stei­nes ein.
Erreichen die in den Speichelgängen, besonders dem Stenou'schen, gebildeten Steine ein grösseres Volum, so bringen sie durch den stetig wachsenden Druck die Wandung des Speichelganges zum Schwunde, gelangen dann in das umliegende Bindegewebe und werden daselbst eingekapselt.
Derlei Concremente verursachen Behinderung des Abflusses des Secretes der Drüse, daher Anhäufung desselben, Erweiterung des Aus­führungsganges und endlich Schwund der Drüse.
Auf eine den Speichelst einen ähnliche Weise entsteht der Zahn­stein bei Pferden und Hunden, eine schmutzig gelblichweisse, feste Masse, die sich an den Backen- und Hakenzähneu oft in der Mächtig­keit mehrerer Linien festsetzt und vorzugsweise aus schichtenweise ab­gelagerten Kalk- und Magnesiasalzen, welchen Futterüberreste und Schleim beigemengt sind, besteht. Er bildet sich dadurch, dass sich die in dem Speichel und Maulschleime enthaltenen Salze, nachdem ihr Lösungs­mittel verdunstet ist, an den Zähnen absetzen.
C. Gallensteine.
sect;. 72. Concretionen, welche vorzüglich aus den Bestandthcilen der Galle bestehen und sich in der Gallenblase oder in den Gallengängeu vorfinden, werden mit dem Namen der Gallensteine bezeichnet. Sie finden sich am häufigsten beim Binde, weniger oft bei den übrigen Hausthiercn; bei Schafen ist ihr Vorkommen uugewiss.
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Galleusteine.
a.nbsp; nbsp; Gallensteine des Pferdes. Sie kommen, den hierortigen Beobachtungen nach, als eigentliche freie Steinchen sehr selten vor. Häufiger trifft man Concretionen in den Gallengängen der Leber als flache, der Wand derselben aufsitzende, gelblichbraun gefärbte, an der Oberfläche drusig unebene Ablagerungen, unter denen die Häute der meistens sackig erweiterten Gänge auffallend verdickt und starr sind, so dass es nahe liegt, sie durch Ausscheidung gewisser Bestandtheile der, wegen Starrheit der Wandungen des Ganges langsamer bewegten Galle entstanden, zu betrachten.
Fürstenberg unterscheidet jedoch kleine, runde undgrosse Gallensteine. Die erstcren, welche gewöhnlich in der Mehrzahl in dem Lehergallcngangc vorkommen sollen, wechseln nach ihm von der Grosse einer Erbse bis zu jener einer kleinen Wallnuss, sind an der Oberfläche eben und dunkelgrün, in der Mitte hohl und wenig fest. Die letzteren sind wallnuss- bis apfelgross, unrcgelmässig gestaltet, an der Ober­fläche rissig, im Inneren stellenweise von Höhlen durchzogen, in welchen sich Fett und seitenartige Verbindungen vorflnden; der Kern ist rund und besteht aus derselben Masse wie die verschieden dicken, bald dunkel, bald hellgrün, bald weisslich gefärbten Schichten. — Diese Steine bestehen aus Gallenfarbstoft' (ungefähr 447o), Gallcnharz (10 bis 12 %), Gallenschleim (10—12 %), Fett (4—19 %), Galle, Wasser und geringen Mengen von Kalk und Natron.
b.nbsp; nbsp;Hie Gallensteine des Hindes zeichnen sich alle durch den moschusähnlichen Geruch aus, welcher dort, wo er undeutlich ist, durch Behandlung mit Aetzkali unter gleichzeitiger Ammoniakentwickluug deutlich hervortritt.
Man kann drei Arten derselben unterscheiden:
1.nbsp; U ie dunkelgrünen. Sie erreichen eine bedeutende Grosse und finden sich in der Gallenblase — in welchem F'allc sie die Gestalt dieses Sackes zeigen, in dem Leber- und gemeinschaftlichen Gallengange, wo sie dann von unregelmässiger Form sind; — von Farbe dunkelgrün, sind sie an der Oberfläche von Eissen durchzogen, die sich häufig tief in das Innere erstrecken und bisweilen zu mit Fett erfüllten Höhlen führen. Einzelne der in den Gallengängen der Leber vorfindlichen Coneremente stellen hohle, dünnwandige Röhren dar und sind als losgelöste Incrustationen der Wandung zu betrachten. Einige der hieher gehörigen Steine sind hart und zeigen dann dichte, um den festen Kern gelagerte Schichten, andere sind weich, bröcklig, locker geschichtet und enthalten einen frei und lose liegenden Kern. Ihre grössere Festigkeit scheint durch den grösseren Gehalt an Gallenschleim bedingt zu sein.
Die Bestandtheile dieser Gallensteine sind: Galle, Gallenharz, Gallcnfarbstofl' (an 60%), Gallenschleim, Wasser und bisweilen Gallenfett.
2.nbsp; Die gelblichgrünen Gallensteine sind rund, meist facettenartig abgeschlif­fen, glatt und fest. Sie zeigen eine ziemlich rcgelmässigc, dünne Sehichtenablagerung um einen aus derselben Masse bestehenden Kern. Sie bestehen aus einer grösseren Menge von Gallenschleim, Gallcnharz, Galle und Wasser, einer geringeren von Gallen-farbstoff (49%) und Fett, und enthalten kein Gallenfett.
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Gallciisieino. — Harnsteine.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 121
3. Lie weissen Gallensteine kleiden die Gallengänge aus, sind dalier länglieh, im Inneren meistens hohl, an der Oberfläche rauh, sehmutzigweiss, im Inneren gelb-lichhraun; die Wände sind dünn und von krystallinischem Gefüge. — Sie bestehen aus viel phospborsaurem und etwas kohlensaurem Kalke, kohlensaurer Magnesia, organi-seher Materie und Wasser.
c.nbsp; nbsp;Die Gallensteine des Schweines sind klein, an einer Fläche gewöhnlich abgerundet, an der anderen abgeschliffen, facettirt, dunkel­braungrün, auf dem Durchschnitte nicht geschichtet; zerrieben stellen sie ein hellgelbes Pulver dar. !Sie bestehen aus Galle, Gallcnharz, Gal­lenfarbstoff, Gallenschleim, Wasser und Spuren von Fett.
d.nbsp; Die Gallensteine der Hunde und Katzen stellen kleine, dunkelgrünlichbraune, zuckererbsen- bis bohnengrosse, weiche Sternchen dar, welche sich in der Gallenblase und in dem Lebcrgallengango vorfinden.
Die Ursache der Gallensteinbildung ist entweder in einer zu trä­gen Fortbewegung der Galle oder in einem zu grossen Gehalte der Galle an Gallenfarbstoff zu suchen. In dem ersteren Falle zersetzt sich die Galle, wodurch Gallenfarbstoff und Gallenharz ausgeschieden wer­den, die mit Schleim den Kern des zukünftigen Steines hergeben, wäh­rend im letzteren Falle der überschüssige Gallenfarbstoff von der Galle nicht in Autlösung erhalten werden kann, sondern herausfallt. In jedem Falle lagern sich um den einmal gebildeten Kern neue Schichten ab und bedingen das Wachsthum des Steines.
Die in den Gallengängen vorkommenden hohlen Concretionen be­sitzen keinen Kern; sie entstehen durch unmittelbare Ablagerung der genannten Bestandtheile auf die Wände; ihre Höhle kann jedoch unter gleichzeitiger Verschliessung des Ganges nach und nach durch neue Schichtenablagerung vollständig ausgefüllt werden.
Die Nachtheile der Gallensteine sind in der, durch sie beding­ten Verschliessung der Ausführungsgänge und der theilweisen Behinde­rung des Abflusses der Galle in den Darmcanal zu suchen.
D. Harnsteine.
sect;.73. Eine grosse Wichtigkeit haben die in den Harnorganen der Hausthiere vorkommenden Concretionen, welche den Namen der Harn­steine führen. Sie werden nach dem Orte, wo sie sich vorfinden, in Nieren-, Blasen-, Harnröhren- und Vorhautsteine cingetheilt.
1. Die Nierensteine sind beim Pferde, Esel, Rinde, Schafe und Hunde beobachtet worden.
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a. Die Nierensteine des Pferdes sind häufig sehr gross, ent­sprechen dann ihrer Gestalt nach dem Nierenbecken und bestehen meistens aus einem cylindrisehen ilittclstücke, welches sich nach bei­den oder nach einer Seite in einen nach innen gekrümmten hornarti-gen Fortsatz verlängert.
Sie erreiehon eine Liinge von 5—Gquot; bei einer lireite von l1/, —3quot; und einem Dickendurobiuessei von 1—2quot;, sind an der Oberfläche briiunlielnveiss oder braun oder in beiden Farben mannorirt, an der Oberfläche rauh, nicht selten mit dichten Krystal-len kleesauren Kalkes besetzt und aus verschieden gefSrbten, dichten Schichten zusam-mengesetzt, die um einen aus kohlensaurem Kalke bestellenden pulverigen Kern abge­lagert und hie und da von kleinen, mit kohlensaurem Kalke erfüllten Höhlen durchzogen sind. Sie bestehen vorwiegend aus kohlensaurem Kalke (G9—SGquot;/,,), etwas kohlensaurer Bittererde, Spuren von kleesaurem Kalke, Wasser und organischen Substanzen.
Andere sind bei weitem kleiner als diese und zeigen gleichfalls einen Körper, aus welchem zahlreiche Fortsätze ausgehen, wodurch sie Aehnlichkeit mit einem Korallenstocke erhalten.
Sie sind weiss, braun oder marmorirt, an der Oberfläche durch warzige Erhöhun­gen und Krystalle kleesauren Kalkes rauh, auf dem Durchschnitte geschichtet und von grösseren Höhlungen durchzogen, die theils leer, theils mit kohlensaurem Kalke ange­füllt sind. Die Fortsätze sind an der Basis solid und geschichtet, gegen die Spitze zu werden sie hohl. Ihrer Zusammensetzung nach bestellen sie wohl gleichfalls verwiegend aus kohlensaurem Kalke und -Magnesia, enthalten jedoch noch phosphorsauren Kalk und einen grösseren Heiehthum an kleesaurem Kalke (bis zu 28quot;/0) nebst organischen Sub­stanzen und Wasser.
Seltener und stets in der Mehrzahl finden sich runde Nieren­steine, welche von der Grosse einer Erbse bis zu jener einer kleinen Wallnuss wechseln, sehr fest, glatt, bräunlichweiss, mit kleinen, war­zigen Erhöhungen versehen und dadurch Galläpfeln nicht unähnlich sind.
Sie zeigen eine, entweder aus kohlensaurem Kalke oder Bittererde oder aus klee­saurem Kalke bestehende, concentrisclie Sehichtenablagerung um einen zuweilen aus kleesaurem Kalke gebildeten Kern.
Auch weniger dichte, unregelmässig runde, gclblichweisse, ab­färbende, aus concentrischen zähen Schichten erhärteten, meist mit koh­lensaurem Kalke belegten Schleimes bestehende Concremente finden sich bisweilen in den Nierenbecken vor.
Als blosse Zusammensinterungen der Harnsalze mit Hilfe des bin­denden Scbleimcs sind die sogenannten Niederschlag- oder sediment­artigen Nierensteine zu betrachten, gelblichgrauc, abfärbende, leicht zerreibliche Massen von verschiedener Grosse. Sie bestehen der grössten Masse nach aus kohlensaurem Kalke, mit etwas kohlensaurer Magnesia und organischen Substanzen.
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Hiirn.iteiue.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 1 — #9632; gt;
b.nbsp; nbsp;Die Nierensteine des Esels sind selten und gleichen den koraUeufomdgen des Pferdes. Sie bestehen gleichfalls grösstentlieils aus kohlensaurem Kalke (an 90 0/()), etwas kohlensaurer Bittererde, organi­schen Substanzen und sind wie jene an der Oberfläche bisweilen mit Krystallen kleesauren Kalkes besetzt.
c.nbsp; nbsp;Die Nierensteine des Rindes kommen bei weitem weniger häutig vor als jene des Pferdes. Sie zeigen bald die Gestalt der koral-lenstockförmigen Nierensteine des Pferdes, bisweilen treten sie in der Form facettirter, grauer, an der Obertiäche durch Krystalle kleesauren Kalkes rauher, aus phosphorsaurer Ammoniak-Magnesia und Kalkcrde, dann kohlensaurem Kalke und Bittererde zusammengesetzter, oder kleiner, weisser, meist facettirter, vorzugsweise aus kohlensau­rem Kalke bestehender Steine auf, welche letzteren dann, wenn sie aus dünnen, durchscheinenden Schichten zusammengesetzt sind, einen perl-mutterähnlichen Glanz erhalten. Diese zeigen bisweilen auch Spuren von kohlensaurem Eisenoxydul. Am häufigsten finden sich die metal­lisch glänzenden, runden Steinchen, welche von der Grosse eines Senfkornes bis zu jener einer kleinen Erbse wechseln. Sie sind glatt, an der Oberrläche goldgelb oder gelblichgrün schimmernd und aus über­aus dünnen, durchscheinenden, um einen kleinen Kern gelagerten Schich­ten zusammengesetzt. Sie bestellen aus kohlensaurer Kalk- und Pitter-erde, etwas kohlensaurem Eisenoxydul und wenig organischen Sub­stanzen.
d.nbsp; nbsp;Bei dem Schafe kommen Nierensteine ausserordentlich selten vor; sie sind klein, weiss und stets in der Mehrzahl vorhanden.
e.nbsp; nbsp;Bei dem Hunde finden sich bisweilen kleine, Hache aus über­einander geschichteten, tafelförmigen Krystallen bestehende, meistens gelbliche, fettig glänzende Concretionen, welche im frischen Zustande weich, im trockenen brüchig sind. Sie bestehen vorwaltend aus Cystin.
f.nbsp; nbsp;Bei der Katze habe ich bis nun nur ein einziges, mit der Cystinconcretion des Hundes in dem Aussehen und Verhalten ähnliches Steinchen in dem Nierenbecken gefunden.
2. Die Blasensteine kommen bei allen Hausthicrgattungen vor.
a. Die Blasensteine des Pferdes finden sich in verschiedenen Varietäten, welche sich wohl weniger in ihrer chemischen Zusammen­setzung, als in ihrer Gestalt und Consistenz von einander unterschei­den. Am häufigsten sind die weissen, eiförmigen, nach vorne zu spitzigen, gegen 2quot; und darüber langen, an 1'/•gt; quot; breiten, 1 — l'/jquot; dicken, an der Oberfläche durch warzige Horvorragungen unebenen, im
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Harnsteine
Innern von kleinen Höhlungen durchzogenen, dichten und speeifisch sclnvcron Steine, -welche der Hauptmasse nacli aus kohlensaurem, nur wenig phosphorsaurem Kalke, etwas kohlensaurer Bittererde, orga­nischen Substanzen und Spuren von Eisen bestehen; sie zeigen eine sehr compacto Schichtenablagerung. Eine andere, bald gelblichweisse, bald braun getlirbte Varietät ist an ihrer Oberfläche mit mehr weniger dicht stehenden Krystallen kleesauren Kalkes besetzt und zeigt auf dem Durchschnitte dunklere und feste, mit helleren und weicheren ab­wechselnde Schichten, welche um einen sedimentartigen Kern abgelagert sind. Auch sie bestehen vorwaltend aus kohlensaurem Kalke, dann kohlensaurer Bittererde, etwas kleesaurem Kalke und organischen Substanzen. Andere, meist sehr grosse, absolut und speeifisch schwere Steine zeigen eine der Eorm der Harnblase entsprechende Gestalt mit einer unteren gewölbten und oberen horizontalen Oberfläche. Sie be­stehen aus zusammengesinterten Harnniederschlägen (vorwal­tend kohlensaurem Kalke mit etwas kohlensaurer Bittererde und Schleim als Bindemittel) und zeigen keine Schichtung. Man nennt sie sediment­artige Steine.
Das Harnsediment oder der Harngries stellt eine breiige, sandige, dem Harne beigemengte, pulverige Masse dar, welche aus koh­lensaurem Kalke, Schleim, etwas kohlensaurer Magnesia und bisweilen Spuren von phosphorsaurem Kalke besteht. In der Blase an der Luft getrocknet erhärtet es zu einer, dem sedimentartigen Blasensteine ähn­lichen Masse.
b.nbsp; nbsp;Bei dem Esel werden Blasensteine selten gefunden; sie stim­men mit den weissen und gelblichweissen des Pferdes überein.
c.nbsp; nbsp;Bei dem Binde kommen weisse, an der Oberfläche höckerige, bisweilen mit einer braunen Schichte bedeckte Blasensteine vor, welche auf dem Durchschnitte eine Schichtenablagerung um einen aus kohlensaurem Kalke bestehenden Kern zeigen. Die Schichten sind in der Regel weiss, stellenweise jedoch von bräunlichen Lagen unterbro­chen. Sie bestehen vorwaltend aus Kieselerde, kohlensaurem Kalke und organischen Substanzen, etwas kohlensaurer Bittererde und Spuren von Eisen.
d.nbsp; nbsp;Bei dem Schweine kommen mehrere Arten von Blasensteinen vor, \i. z. weisse, nahezu eiförmige, an der Oberfläche durch ungefähr linienlange Xadeln von phosphorsaurer Ammoniak-Magnesia rauhe Steine, welche bisweilen durch Schleim oder Blutfarbestoff an der Oberfläche schwärzlich gefärbt sind.
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Ilainstcine.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;125
Auf dem Durchschnitte zeigt sich ein aus zusammengebackenen Krystiillchon von phosphorsaurer Ammoniak-Magnesia bestehender Kern, auf welchem zahlreiche aus demselben Salze bestehende linicnlange Krystalle stehen, deren Zwischenräume durch eine nicht krystaUinische, sedimentartige, gleich beschaffene Masse ausgefüllt werden; auf diese sind mehrere dünne Schichten sedimentartiger pliosphorsaurer Ammoniak-Magnesia aufgelagert, auf welchen dann abermals die erwähnten Krystallnadeln auf­sitzen, um diesen Wechsel bis zur Oberfläche des Steines fortzusetzen. Sie erreichen eine Länge von 1quot; und darüber bei einer Breite von lquot; und einer Dicke von #9632;y,quot;.
Andere Steine von kreideartigem Ausselicn zeichnen sich durch ihren geringen Zusammenhang und die glatte, ahfärhende Ober­fläche aus.
Sie erreichen nahezu dieselbe Grosse wie die erstgenannten und zeigen auf dem Durchschnitte einen aus pliosphorsaurer Ammoniak-Magnesia bestehenden krystallini-sehen Kern, um welchen sich die gleiche Masse und etwas phosphorsaure Kalkerde als Niederschlag gelagert hat.
Die eigentlichen sediment artigen Blasensteine erreichen wie jene des Pferdes die bedeutendste Grosse, sind rein oder gelbliclnveiss gefärbt und entsprechen entweder der Gestalt der Blase oder stellen rundliche oder plattenähnliche Körper dar.
Sie zeigen auf dem Durchschnitte keine Scliichtenablagorung und bestehen vor­waltend aus pliosphorsaurer Ammoniak-Magnesia, dann phosphorsaurer und kohlensau­rer Kalkerde in wechselnder Menge und organischen Substanzen.
Die auch bei den Schweinen vorkommenden Harnsedimente bestehen vorwaltend nebst Schleim aus kleinen Krystallcn phosphor­saurer Ammoniak-Magnesia und bisweilen Spuren phosphorsauren Kalkes.
e. Die Blasenstcine des Hundes kommen vorzugsweise in zwei Varietäten vor. Die gelblichweissen kommen meistens vereinzelt, jedoch auch (wie ich diess einmal beobachtet habe) zu zweien vor. Sie erreichen die Grosse einer Wallnuss bis zu der eines Ganseies, sind länglichrund und mit warzigen Hervorragungen oder kleinen Krystal­lcn phosphorsaurer Ammoniak-Magnesia besetzt, und zeigen auf dem Durchschnitte eine deutliche Schichtenablagerung. Bisweilen zerspringt ein solcher Stein entsprechend der Schichtung in zahllose, an einer Seite convexe, an der anderen concave, drei- oder viereckige Stückelten, welche bei längerem Verweilen in der Blase an den Kanten und Flächen facet-tenförmig abgeschliffen werden.
In einem Falle sali ich einen solchen kurz vorher zersprungenen Stein, an wel­chem die äussersten Schichten theils in kleine Fragmente zertrümmert, theils in griis-seren Stücken abgeliist waren. Sie bestehen vorwaltend aus phosphorsaurer Ammoniak-Magnesia, etwas phosphorsaurem und kohlensaurem Kalke, bisweilen auch aus etwas Harnsäure nebst organischen Substanzen und Wasser.
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1 2hnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Harnstt-ino.
Die Cystinsteine bestellen entweder aus reinem Cystin mit etwas Schleim und stimmen dann in ihrem Aussehen vollkommen mit den früher erwähnten gleichnamigen ISTierensteinchcn üborein oder sie zeigen bloss einen aus Cystin bestehenden Kern, um welchen sich abwechselnd Schichten von kohlensaurem Kalke und Cystin herumgelagert haben.
Das Cystin lässt sich leicht mikroskopisch auf die Weise ausraitteln, dass man den zu untersuchenden Stein mit Aetzammoniak behandelt, die Flüssigkeit tiltrirt, einen Tropfen derselben auf ein Objectgläschen gibt und verdunsten liisst; es schiessen hiebei die sechsseitigen Säulen laquo;der Tafeln des Cystius heraus. l)a das Cystin schwe­felhaltig ist, so lässt sich seine Gegenwart in einem Steinehen auch dadurch nach­weisen, dass man eine Probe desselben mit Aotzkali übergiesst, die Flüssigkeit von dem llückstande abgiesst, mit einigen Tropfen essigsauren Bleies übergiesst und dann stark aufkocht; durch Bildung von Schwefelblei entsteht unter Kntwieklung von Am­moniak eine schwarze Färbung.
3. Harnröhr ens t eine kommen beim Pferde, Rinde, Schafe, Schweine und Hunde vor.
a.nbsp; nbsp;Bei dem Pferde linden sich dieselben nur selten. Sie stellen entweder hasclnussgrossc, an der Oberfläche rauhe, bräunliche, deut­lich geschichtete, vorzugsweise aus kohlensaurem Kalke, wenig kohlen­saurer Bittererde und organischen Substanzen bestehende, oberflächlich meist mit einer Schichte klcesauron Kalkes überzogene Steinchen dar, oder sie sind kleiner, nahezu kugelförmig, gelblichbraun, abfärbend, nicht geschichtet und bestehen aus denselben Bestandtheilen wie die erstgenannten, mit Ausnahme des kleesauren Kalkes.
b.nbsp; nbsp; Häufiger linden sich Harnröhrensteine bei dem männlichen Kinde. Sie kommen in mehreren Varietäten vor. Die metallisch glän­zenden zeigen mit den gleichnamigen Nierensteinen die grösste Aolm-lichkeit, sind jedoch länglich und an der Oberfläche mit Erhabenheiten versehen, welche durch Zusammenlagerung mehrerer Steinchen, die von gemeinschaftlichen Schichten umzogen werden, entstanden sind.
Sie bestehen vorwiegend aus kohlensaurer Kalkerde, etwas kohlensaurer liitter-erde, Spuren von Kieselsäure und kohlensaurem Eisenoxydul, dann organischer Materie.
Am häufigsten sind die weissen Harnröhrensteine von wechseln­der Grosse, die an der Oberfläche durch warzige Hervorragungen oder ästige Portsätze rauh sind. Sie zeigen auf dem Durchschnitte deutliche Scliichtcnablagerungen um einen sedimentartigen Kern und eine grosse Festigkeit; sie bestehen vorzugsweise aus Kieselerde nebst kohlensau­rem Kalke und Bitterordc und organischen Substanzen. Sehr selten kom­men die gelbbraunen Harnröhrensteine vor; sie wechseln von der Grössc einer Erbse bis zu der einer Haselnuss, sind rund oder eckig,
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Harnsteinü.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; \2i
an der Oberfläche glatt, mit feinen Oeffnungen versehen und zeigen auf dem Durchschnitte eine rcgelmässige Ablagerung dünner .Schichten um einen Kern.
Sie bestehen vorzugsweise aus kohlensaurer Kalkerde mit etwas kohlensaurer Magnesia, Spuren von phosphorsaurem Kalke und Eisen und organischen Substanzen.
Fürstenberg's netzförmige Steine stellen dünne, Aveisse, vier­eckige 3'quot; lange und eben so breite, messerrückendicke Platten dar, welche aus kohlensaurer Kalk- und Bittererde bestehen, deren obere Fläche mit einem Netzwerke übereinander geschobener Krystalle klee­sauren Kalkes überzogen ist, während die untere nur einen Antiug der­selben aufweiset.
Die grossen weissen, bisweilen vorkommenden Harnröhrensteine bilden sich durch schichtemveisse Ablagerung von kohlensaurer Kalk-und Bittererde um einen fremden, in die Harnröhre gelangten Körper, wie um Stroh, Holzstücke u. dgl.
c.nbsp; nbsp; Bei dem Schafe hat Lassaigne einen kleinen, weissröth-lichen, cylindrischen, beiderseits spitz zulaufenden, deutlich geschichte­ten Harnröhronstein beschrieben, welcher vorwaltend aus Kieselsäure nebst organischer Materie und Spuren von Eisenoxyd bestand.
d.nbsp; nbsp;Bei dem Schweine kommen Harnröhrensteine häufiger beim weiblichen als beim männlichen Goschlechtc vor. Sie sind meistens von der Grosse einer Erbse bis zu der einer Wallnuss und entweder hart, fest, an der Oberfläche mit Krystallen phosphorsaurer Ammoniak-Magnesia besetzt, oder aber abfärbend, wenig fest zusammenhängend und im Inneren aus Krystallen phosphorsaurer Ammoniak - Magnesia bestehend.
Nebst diesen enthalten beide Arten phosphorsaure Jvalkerdc und organische Substanz, die letzteren auch etwas kohlensaure Kalkerde.
e.nbsp; nbsp;Bei Hunden kommen Harnröhrensteine selten vor; sie zeigen eine cylindrische Gestalt, eine stellenweise glatte, stellenweise rauhe OberHäche und eine undeutliche Schichtcnablagerung um einen sediment­artigen Kern. Sie bestehen vorwaltend aus Kieselsäure, viel organischer Substanz und etwas kohlensaurer Kalkerde.
4. In der Vorhaut des Pferdes und Schweines finden sich bisweilen die sogenannten Vorhautsteiue.
a. Jone des Pferdes sind länglich rund, an ä'/s quot; lanS) 1 Vj quot; breit und 1quot; dick, wenig fest, meist braun gefärbt, an der Oberfläche rauh und mit Krystallen kleesauren Kalkes überzogen.
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Hamstüinc.
Sie zeigen auf dem Uurchscluütte eine unregelmässige Schichtenablagerung um einen sedimentartigen Kern und bestehen nebst kleesaurem vorzugsweise aus kohlen­saurem, dann etwas phosphorsaurem und schwefelsaurem Kalke, kohlensaurer Magnesia , organischer Materie und Spuren von Eisen.
b. Die Vorhautsteine des Schweines sind länglich rund oder kugelförmig, schmutzigweiss, an der Oberfläche durch kleine Krystalle phosphorsaurcr Ammoniak - Magnesia rauh, in regelmässigen krystallini-schen Schichten dieses Salzes um einen aus derselben Masse gebildeten Kern abgelagert.
Bei Rindern und Schafen trifft man auch Harnsteinehen an den Haaren und der Wolle an und neben der Vorhaut; bei den ersteren erscheinen dieselben als stccknadelkopfgrosse, gelbbraune, massig feste Coueretionen an den Haaren des genannten Theiles; jene der letzteren sitzen einzeln auf der Wolle um die Vorhaut; sie erreichen höchstens die Grosse einer Erbse, sind gelblichweiss und regelmässig um ein Wollhaar geschichtet. Beide sind aus phosphorsaurer Ammoniak-Bittererde, etwas kohlen- und kleesaurem Kalke zusammengesetzt.
sect;. 74. Aus dem Angeführten ist ersichtlich, dass die Harnsteine der Pflanzenfresser sich von jenen der Fleischfresser und des Schweines in chemischer Beziehung wesentlich unterscheiden. Während bei den ersteren vorzüglich der kohlensaure Kalk, dann die kohlensaure Bittererde, der kleesaure Kalk und die Kieselsäure die Hauptbestandtheile ausmachen und phosphorsaurer und schwefelsaurer Kalk und die phosphorsaure Ammoniak - Magnesia in quantitativer Be­ziehung zurücktreten, spielt bei den letzteren die phosphorsaure Am­moniak-Magnesia und der phosphorsaure Kalk die Hauptrolle, während der kohlen- und kleesaure Kalk und die Kieselsäure nur in relativ geringer Menge vorkommen und bei den Fleischfressern, wenn auch selten, die Harnsäure und ihre Salze nebst dem Cystin auftreten.
Wird auf die Bestandtheile der Harnsteine der Pflanzenfresser Bücksicht genommen und geforscht, wie dieselben in den Organismus kommen, so findet sich, dass der kohlensaure Kalk theils als doppelt kohlensaurer Kalk im Trinkwasser gelöst in den Körper gelangt, theils durch Oxydation der in den Nahrungsmitteln enthaltenen pflanzensau­ren Salze gebildet wird. Jener Theil desselben, welcher in dem thieri-schen Organismus nicht verwendet wird, gelangt durch die Nieren zur Ausscheidung und liefert dann das Materiale zur Bildung von Harn­steinen.
Ebenso kommt die kohlensaure Magnesia durch die Nahrungs­mittel in den Körper, wenn gleich in geringerer Menge als die Kalk­salze, wesshalb sie auch nur einen weniger wesentlichen Bestandthcil dieser Steine ausmacht.
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Die Kleesüure scheint erst im Körper gebildet zu werden und zwar wahrscheinlich durch unvollständige Oxydation slickstofl'i'reier Sub­stanzen oder (was jedoch bei dem Umstände, dass die Harnsäure in dem Körper der Pflanzenfresser noch nicht mit Sicherheit nachgewiesen ist, sehr problematisch erscheint) durch Oxydation der Harnsäure. Es wäre interessant, die frühere Lebensweise jener Thiere, in welchen Harnsteine gefunden wurden, zu kennen, um vielleicht auf diesem Wege die Frage beantworten zu können, ob gute Füttertmg bei beschränkter Bewegung oder bei der Gegenwart von Lungenkrankheiteu und daher mangelhaftem Oxydationsprocessc die Bildung der Klccsäure begünstige.
Die Kieselsäure, welche bei Rindern und Schafen nicht sel­ten den Hauptbestandtheil der Harnsfeine ausmacht, gelangt theils mit dem Trinkwasser, theils und vorzugsweise mit den genossenen Gräsern, besonders den sogenannten Halbgräsern, an Kali gebunden, in den Thier-körper, wird bei dem Verdauungsprocesse in dem alkalischen Verdau­ungssafte gelöst und so lange; in der Lösung erhalten, bis sie in den Harnorganen mit einer stärkeren Säure in Berührung gebracht als gal­lertartiges Kieselsäurehydrat gefällt wird.
Der phosphorsaure Kalk und die phosphorsaure Ammoniak-Magnesia, welche in quantitativer Beziehung in den Harnsteinender Pflanzenfresser zurücktreten, gelangen theils schon in den Nahrungs­mitteln enthalten in den Körper, theils wird durch Oxydation des in den Proteinkörperu enthaltenen Phosphors die Phosphorsäure erst ge­bildet, welche dann mit den genannten, im Blute an Kohlensäure gebun­denen Basen phosphorsaure Salze bildet, die theilweise durch die Nieren aus dem Blute ausgeschieden, bei Alkalescenz des Urins niedergeschla­gen werden.
Ebenso gelangt der schwefelsaure Kalk theils mit dem Trink­wasser in den Körper, theils bildet sich Schwefelsäure durch Oxydation des in den Proteinkörpern enthaltenen Schwefels, welche dann zum Kalke tritt.
Unter den Bestandtheilen der Harnsteine der Eleischfrcsscr und des Schweines spielt die phosphorsaurc Ammoniak-Magne­sia und der phosphorsaure Kalk die Hauptrolle. Beide gelangen schon vorgebildet, in dem Fleische und Blute der verzehrten Thierthoilc enthalten, in den Organismus, bilden sich aber auch noch durch Oxy­dation des in den Proteinstotfen enthaltenen Phosphors und durch Hin­zutreten der entstandenen Phosphorsäure zu den genannten Basen. Da jedoch und zwar vorzugsweise zur Regeneration der Knochen beständig
RBH, l'athol, und Tbctaple. II. Aufl.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; i)
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eine grosse Menge phosphorsauren Kalkes verwendet wird, so muss im Verhältnisse eine grössere Menge von Ammoniumtrippelphosphat durch die Meren ausgeschieden werden, als von phosphorsaurem Kalke.
Der kohlensaure Kalk, welcher bei dem Schweine in grösserer Menge als bei Hunden als Bestandtheil der Harnsteine auftritt, gelangt auf dieselbe Weise in den Körper dieser Thiere, wie diess bei den rdanzenfressern angegeben wurde.
Die Kieselsäure, welche in den Harnröhrensteinen der Hunde bisweilen in grösserer Menge vorkommt, gelangt bei gewissen Füttenmgs-methoden, z. B. mit Haferschrot, in den Organismus.
Die Harnsäure, welche, twenn auch nur selten und in geringer Menge, in den Harnsteinen der Hunde vorkommt, scheint bei vermin­derter Uewegung und geringer Menge animalischer Kost als solche durch die Nieren ausgeschieden und abgelagert zu weiden.
Ebenso scheint sich das Cystin bei beschränkter Sauerstottäuf-nahme aus Harnsäure, Benzoesäure, Schwefclwasserstoft' und Wasser statt der sich sonst bildenden Producte, nämlich Harnstoff, Kohlensäure raquo;Schwefelsäure und Wasser zu entwickeln.
Zu den organischen Bestandtheileu gehören der .Schleim, der vorzugsweise als Kitt dient, etwas l'ett und der braune Farbestoff des Harnes.
Nebst der Gegenwart des nöthigen Materiales ist zur Bildung von Harnsteinen entweder die Alkalescenz des Urins, wodurch die im Harne enthaltenen Erden, besonders die Kalkerde als griesartiges Sedi­ment gefällt werden oder eine ubergrosse Menge von Salzen in dem Harne, so dass sie nicht in Lösung erhalten werden können (wie diess insbesondere bei der phosphorsauren Ammoniak-Magnesia, bei der Harnsäure und ihren Salzen der Eall ist), oder eine an und für sich schwere Löslichkeit und daher leichte Krystalli sirbarkeit, wie beim kleesauren Kalke, erforderlich.
Ist einmal ein Sediment oder krystallinischer Niederschlag gebil­det , so kann dieser als Kern für den künftig sich bildenden Stein dienen, es schiessen an demselben nebst Schleim die verschiedenen Salze in Schichten an, deren Dicke gleichmässig nach allen Seiten in dem Falle ist, wenn der Stein allseitig von dem Urine bespült ist. Der Um­fang des Steines wird unter gleichzeitiger Abnahme seiner Consistenz um so beträchtlicher, je reicher der Harn an abzusetzendem Materiale ist, während die Schichten um so dünner und gleichzeitig inniger in ihrem Gefüge werden, je langsamer die Ablagerung erfolgt.
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KronkheitBiirsaohen Qnbekannter Naturnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;lol
Fallen viele Krystalle gleichzeitig ans dem Harne heraus, so enl-steht der Harngries, der vorwaltend aus pliospliorsaurer Ammoniak-Magnesia besteht und durch Schleim gebunden zum sedimentarl igen Steine werden kann.
Die Harnsteine zeigen häufig die Gestalt des Orgaues, in dem sie sieh gebil­det haben; waren mehrere Korne bei der üildung eines Steines thätig, so erhält dieser eine uuregelmässige, an der Oberfläche warzige oder drusige Form,
Die braune Farbe der Harnsteine rührt meist A'on dem braunen Farbstoffe des Harnes her, die schwarze von dem lilutlurbestotte des durch den unebenen Stein verwundeten Organes, die grünliehe Farbe der metalliseh-glänzenden Nierensteine ist durch die Gegenwart des kohlensauren Eisenoxyduls bedingt. Manche Harnsteine werden an dem Orte erzeugt, wo sie sieli vorfinden, wie diess von den Nierensteinen, den weissen Blasen- und den Yorhautsteinen gilt; manche Blasensteine jedoch entstehen auf die Weise, dass ihr zukünftiger Kern als kleines Nierensteinchen durch die Harnleiter in die lilase gelangt, wie diess bisweilen bei Blasensteinen des Kindes nachzu­weisen ist, als deren Kern sieh ein metallisch-glänzender Nierenstein darstellt.
Die Harnrohreusteiue gelangen alle entweder aus den Nieren oder der lilase in die Harnröhre, können jedoch durch Ansatz von Salzen aus dem vorbeiströ­menden, gestauten Harne sich vergrössern.
Die Harnsteine geben häufig Veranlassung zur Eehinderung des Harnabflusses, dann zur Entstehung von Entzündung, von Vereiterungs-und Jauchungsprocessen in jenem Organe, in dem sie gelagert sind, und diess um so eher, je rauher und unebener sie an ihrer OberHächc sind.
13. Krankhcitsursaclien von unbekannter Natur.
sect;. 75. Ausser den bisher angeführten nachtheiligcn Einflüssen, deren Wirkungsweise mehr oder weniger bekannt ist, gibt es noch äussere, ihrer iSatur nach völlig unbekannte Schädlichkeiten, zu deren Annahme man theils durch das gleichzeitige und gleichartige Erkranken einer grösseren Anzahl von Thieren, ohne die Ursache desselben in den bekannten Agentien aufzufinden, theils durch die Thatsache, dass ge­sunde Thiere, die mit kranken einer bestimmten Art in irgend eine Berührung kamen, von derselben Krankheit ergriffen wurden, genöthiget wird, ohne gleichwohl über ihr Wesen etwas Bestimmtes angeben zu können.
Es gehören hieher das Miasma, das Contagium, dann die epi-zootische und enzootische Constitution (der Krankheitsgonius)
Den Einfluss einer solchen unbekannten Schädlichkeit (Virus) auf erkrankende Thiere bezeichnet man mit dem Ausdrucke Infection, und spricht von contagiöser Infection, wenn die Schädlichkeit von
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Miasma.
einem Thiere ausgeht, welches an derselben oder einer ähnlicheu Krank­heit leidet, die bei dem iniicirteu Thiere entsteht; von einer miasma­tischen, wenn ein solcher Ausgangspunkt von einem kranken Thiere fehlt. Die Entscheidung, ob eine vorkommende Thierkraukheit der In­fection durch ein Virus (Miasma oder Contagium) zuzuschreiben sei, oder den gewöhnlichen äusseren (namentlich atmosphärischen) Agentien ihren Ursprung und ihr verbreitetes Herrschen verdanke, ist in vielen Fällen schwierig und nur mit Kücksichtnahme auf die besondere Art der Erkrankung und ihren Verlauf möglich. Hiernach erregen den Ver­dacht einer stattgcfuudenen Infection: eine ungewöhnliche liapidität des Verlaufes, das Auftreten von Erscheinungen, welche mit den nachweis­baren üewebsstörungen in keinem Verhältnisse oder Zusammenhange zu stehen scheinen, eine besondere Bösartigkeit des Verlaufes, mit der Ten­denz zur Jauchuug, Xecrotisirung, zum raschen Verfall der Kräfte, zum unerwarteten tödtlichen Ausgange, endlich das Auftreten von Krank­heiten, welche erfahningsgemäss in unseren Klimaten sich originär nicht entwickeln, sondern nur durch Infection sich verbreiten (lliuderpest).
Obwohl sich die Grenzen zwischen miasmatischer und contagiöser Infection nicht genau ziehen lassen, so ist man doch in praktischer llücksicht gezwungen, zwischen Miasmen und Contagien zu unter­scheiden.
A. Miasma.
sect;. 76. Gewöhnlich versteht man unter Miasma eine, aus bekann­ten oder unbekannten Ursachen entstandene Luftverderbniss (Malaria, Mephitis), deren nähere Beschaffenheit unbekannt ist und nicht auf einer blossen Abänderung der Temperaturverhältnisse, der chemischen Constitution der Atmosphäre oder-der #9632; Beimischung eines bekannten fremdartigen Stoffes beruht, auf deren Vorhandensein aber aus dem Auf­treten von Krankheiten unter jenen Tliieren, die deren Einilusse ausge­setzt sind, geschlossen werden muss.
Krankheiten, deren Entstehung man der Einwirkung von Miasmen zuschreibt, nennt man miasmatische. Eisweileu dilferiren die unter der Herrschaft eines Miasma entstandenen Krankheitsprocesse und es treten mehrere derselben neben einander in einer Localität auf, z. li. acute Magendarm-Katarrhe, Iluhr, Typhus oder Bronchial-Katarrhe, Lun­gen- und BrustfeUentziindungen (wie bei der sogenannten Influenza). Nicht selten wird dann eine oder die andere dieser Krankheitsformen vorherrschend, und es nehmen dann alle im Bereiche der Malaria vor­kommenden Krankheitsformen mehr oder weniger den Charakter jener an.
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Miasmn,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;1 o3
Bei dem verbreiteten Herrschen einer minsmalischen Krankheit (Seuche) scheinen die Tliiere der ganzen, der Wirkung des Miasma aus­gesetzten Gegend, selbst jene, welche anscheinend gesund sind, inficirt zu sein, für welche Annahme die Beobachtung spricht, dass bei vielen selbst die geringfügigsten Veranlassungen genügen, um die spccifischc Krankheit zum Ausbruche zu bringen (Anthrax — Anthraxconstitution).
Manche durch miasmatische Ursachen entstandene Krankheiten erlangen schlicsslich noch dadurch eine weitere Verbreitung, dass sich während ihres Verlaufes ein Ansteckungsstoff entwickelt, welcher bei seiner Uebertragung auf geeignete Tliiere dieselbe Krankheil hervorzu­rufen im Stande ist. Man nennt sie miasmatisch-contagiösc.
Das Miasma, welches eine bestimmte Erkrankung bei einer gewis­sen Hausthiergattung hervorruft, veranlasst nicht immer eine gleiche oder ähnliche Erkrankung bei anderen Thiergatlungen, obwohl bei län­gerer Einwirkung desselben diess gewöhnlich der Fall ist.
Häufig scheint ein Miasma erst nach längerer Einwirkung und allmälig eine offenbare Erkrankung zu bedingen, während ein anderes Mal die den miasmatischen Einliüssen ausgesetzten Tliiere binnen Kur­zem erkranken.
l)as Ueberstehen einer miasmatischen Krankheit scheint wohl die Disposition für dieselbe Krankheit für einige Zeit schwächen zu können, vermag sie jedoch nicht zu tilgen.
Obwohl die Qualität der Luftverdcrbniss, welche den Mias­men zu Grunde liegt, völlig unbekannt ist, so kennt man gleichwohl einzelne Ursachen, welche dieselbe zu erzeugen im Stande sind. Als solche Umstände, unter welchen Miasmen sich auszubilden püegen, kön­nen angesehen werden:
Das Zusammendrängen zahlreicher Thiere und längerer Auf­enthalt derselben in verhältnissmässig engen, abgeschlossenen Räumen, insbesondere wenn sich unter ihnen Kranke oder Verwundete befinden, die Reinlichkeit ausser Acht gelassen wird, und eine höhere Tempera­tur die Zersetzung der Auswurfstoffe begünstiget. Die Luftverdcrbniss wird in solchen Fällen nicht bloss durch die Beimischung einer grösse-ren Menge von Kohlensäure oder anderer irrespirabler Gasarten, oder durch qualitative Abänderungen des Sauerstoff- und Slickstoffgchaltes der Atmosphäre u. dgl. veranlasst, da die Wirkung der hier sich bilden­den Mephitis von jener abweicht, welche durch die Verunreinigung der Luft mit den erwähnten Gasen veranlasst wird. Die unter solchen Ver­hältnissen entstehenden Procosse sind: acute Blutkrankheiten, Typhus,
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bei verwundeten Thieren Xeigung zu profusen Kiteruugen, zu schmcl-zeiulcn Exsudationen, zu brandigem Absterben der Gewebe; bei bereits von früher her Kranken stellt sich Verschlimmerung der vorhandenen Krankheitsprocesse, Verzögemng des Hei lungs Vorganges ein.
In Localitäten, in welchen thierische oder PHanxenstotfe in Zer­setzung begriffen sind, in Stallungen mit schlecht oder gar nicht ge­reinigten Abzugscaiuilen, in Gegenden mit Sümpfen oder stehenden Ge­wässern, auf Xeubrüchen u. s. w. entstehen Krankheiten, deren Auftreten aus der Deiiuischung der aus den faulenden Substanzen entwickelten Gasarten: des Ammoniaks, der Kohlensäure, des Kohlen-, Schwefel- und Phosphorwasserstotfgases zur Luft, allein nicht erklärt werden kann. Da jedoch unter diesen Umständen gewisse Krankheiten ziemlich con­stant und andauernd vorzukommen ptiegeu, so ist es wenigstens gerecht­fertiget, ihr Vorhandensein mit der Bildung des Miasma in ein ursäch­liches Verhältniss zu stellen; namentlich da häutig nach Beseitigung der genannten Ursachen (Austrocknen von Sümpfen, .Reinigung der Kloaken u. s. w.) ein Aufhören der durch das Miasma verursachten Krankheiten beobachtet wird.
In anderen u. z. den häufigeren Fällen lässt sich jedoch die Ent­wicklung des Miasma nicht einmal mit einiger Wahrscheinlichkeit auf gewisse äussere Ursachen zurückführen, indem es unabhängig von Local-verhältnissen seine Wirkung über die Thicrc ausgedehnter Landstriche ausübt, sicli bisweilen nach bestimmten, von der Luftströmung völlig unabhängigen Kichtungen verbreitet (wofür die Invasionen der Maul-und Klauenseuche ein überzeugendes Beispiel liefern) und entweder ohne ersichtlichen Grund, oder nach bedeutenden Veränderungen in der Atmosphäre: plötzlichem Witterungswechsel, nacli heftigen Gewittern, Regengüssen, Stürmen u. s. w. rasch verschwindet und neue Erkran­kungen nicht weiter veranlagst.
Die Disposition, in Uolge der Einwirkung eines Miasma zu er­kranken, ist eine sehr verschiedene. Manche Thiere widerstehen selbst bei dem ausgebreiteten oder wiederholten Herrschen miasmatischer Krankheiten der Infection, während andere bei dem jedesmaligen Auf­treten derselben befallen werden. Gewisse miasmatische Krankheiten ergreifen mit Vorliebe die kräftigsten, bestgenährten und gesunden Thiere (Anthrax), während andere vorzugsweise Kränkler und Schwäch­linge befallen. Ein entsprechendes diätetisches Verhalten der Thiere scheint in manchen Uällcn die nachtheilige Wirkung des Miasma be­schränken oder aufheben zu können (Anthrax), während es in anderen
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CVntagmmnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;loO
einen erheblichen EinÜnss nicht iiussert (Maulweh). Das i[iasma scheint in der Rescl oder ausschlicsslich durch die Luftwege aufgenommen und sofort den übrigen Theilen zugeführt zu werden.
B. Contaginm.
sect;. 77. Unter Contagium, Ansteckungsstoff versteht man eine krankmachende Schädlichkeit, welche während der Krankheit eines Thieres ausgeschieden wird und welche auf ein anderes, dazu geeigne­tes Thier unter günstigen Verhältnissen übertragen, dieselben oder ähn­liche Krankheitsersclieinungen hervorruft, an denen das erst befallene gelitten hat.
Krankheiten, während deren Verlauf ein Contagium ausgeschieden wird, heissen contagiöse oder ansteckende und wenn sie — wenig­stens in unseren Landstrichen — nur allein oder doch überwiegend in Folge der Uebertragung des, von einem an einer bestimmten Krank­heit leidenden Thicrc, herrührenden C'ontagiums entstehen: rein con­tagiöse Krankheiten (Rinderpest — Schafpocken). Andere durch bekannte oder unbekannte (miasmatische) Ursachen selbstständig und ohne vorhergegangene Infection entstandene Krankheiten entwickeln erst während ihres Verlaufes ein Contagium, das sie zu einer weiteren Verbreitung befähiget — miasmatisch - contagiöse Krankheiten (Hundswuth, Maulweh, Anthrax u. s. w.); andere endlich sind unter gewöhnlichen Verhältnissen nicht ansteckend, können aber diese Eigenschaft durch das Zusammendrängen gleichartig kranker Thiere, unreines Verhalten derselben und anderweitige ungünstige Verhältnisse erlangen.
Von der contagiösen Infection ist die örtliche, nicht contagiiise zu unter­scheiden. Bei dieser entwickelt sicli nach der Kintuhrung einer geringen Jlenge einer von kranken oder todteu Thieren herrührenden Substanz unter die Epidermis oder das Epithel, in eine Wunde u. s. w. eines gesunden Thieres, nicht jene Krankheit, an welcher das Thier, von welchem diese organische Substanz herrührt, litt, sondern es treten verschiedenartige Zufälle (Knoten, Geschwülste u. dgl.) an der Uebertra-gungsstelle, Lymphgefiiss- und Venenentzündung, Infiltration der Lymphdrüsen, Ab-seessc, Fieber, bisweilen auch Pyämie mit tödtlichcm Ausgange auf. Unter die Rubrik dieser Infection scheint auch die nach der Impfung des Exsudates aus der Lunge von Hindern, welche an der Lungenseuche leiden, entstehende und nicht selten seeundäre Erscheinungen herbeiführende Geschwulst an der Impfstelle zu gehören, welche an­geblich vor der Entwicklung der Lungenseuehe sowohl auf spontanem Wege, als durch Vermittlung der Ansteckung sichern soll. (Lungenseuche - Impfung nach Willem's Methode).
Ebensowenig kann die Uebertragung einer mechanisch wirkenden Ur­sache, z. B. der Kratz- und Rändemilben von einem Thiere auf ein anderes beim
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Contagimn
IHI
Festhalten an dem obennufgestellten Begriffe des Contagiums als eontaginse Infection und die hiedurch voranlasste Kranklieit — Krätze — als eine enntagiöse im eigentlichen
Sinne angesehen werden.
Das coutagiöse Princip an und für sich ist bei keiner einzi­gen ansteckenden Kranklieit bekannt, noch weniger isolirt dargestellt. Es ist jedoch unzweifelhaft sichergestellt, dass gewissen von kranken Thieren herstammenden Stoffen, wie Blut, Speichel, Schleim und anderen Secrcten, verschiedenartigen Exsudaten, Fleisch, Excrementen, der Haut­ausdünstung und ausgeathmeten Luft u. s. f. unter gewissen Umständen die Fähigkeit zukomme, bei disponirten, mit ihnen in geeignete Berüh­rung kommenden Individuen dieselbe oder doch eine ganz ähnliche Krankheit hervorzurufen, wie jene war, an welcher das Thier litt, von welchem jene Stoffe herstammen, ohne dass diese Substanzen sich in irgend einer objeetiven Beziehung von solchen unterscheiden Hessen, denen derlei contagiöse Eigenschaften nicht zukommen. Man nennt solche, von kranken Thieren herstammende und ursprünglich mit ihnen im Zusammenhange gewesene Stoffe, au welchen anscheinend das Con-lagium haftet und denen die Fähigkeit, eine contagiöse Infection zu veranlassen, zukommt: Vehikel des Contagiums. Mittelst dieser kann sich das Contagium verschiedenartigen belebten und unbelebten Körpern — welche dann Träger des Contagiums genannt werden — anhän­gen, und erst von diesen aus die Ansteckung anderer Thiere veran­lassen.
Nicht alle Körper sind jedoch in gleichem Grade geeignet, Träger des Contagiums zu werden, und man unterscheidet in dieser Bücksicht gute Träger oder Leiter — wozu vorzugsweise Körper mit rauher, wolliger oder haariger Oberlläche, wie Wolle, Baumwolle, Haare, Fe­dern, leinene und wollene Stoffe, Häute u. dgl. gehören — und schlechte Träger, Isolatoren des Contagiums, an welchen die Vehikel des An­steckungsstoffes nur schwer oder gar nicht haften, wozu besonders dichte und glalte Körper, wie Metalle, Glas, Harze, Firnisse, Fette u. s. w. zu rechnen sind.
Ein Körper, welcher Träger des Contagiums geworden ist, behält in manchen Fällen die Fähigkeit anzustecken selbst dann noch, wenn jede Spur des Vehikels von ihm bereits verschwunden ist. Bei manchen Contagion erhält sich diese Fähigkeit anzustecken sehr lange, sie be­sitzen eine bedeutende Tenacität (Pocken, Milzbrand, Hundswuth); manche von ihnen erhalten sich selbst nach der Fäulniss ihrer Träger wirksam (Hinderpcst), manche widerstehen selbst der Einwirkung chemi-
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Oontagium.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; lOI
scher Agentien (Ansteckungsfähigkeit seihst gegerbter, von anthrax-krankon Thieren stammender Häute), während andere durch Trocknen ihres Trägers, durch Einwirkung der Luft, Feuchtigkeit oder höherer Temperatur auf denselben, leicht vernichtet werden.
Schon die geringste Menge eines contagiösen Stoffes reicht hin, bei der TJebertragung auf ein empfangliches Individuum die Ansteckung zu vermitteln. In dem inlicirten Thierc entwickelt sich während des Kranklieitsverlaufes abermals ein Contagium von gleicher Intensität, so dass schliesslich durch ein einziges, von einer ansteckenden Krankheit ergrifl'enes Individuum diese Krankheit auf eine unbegrenzte Zahl von Thieren verbreitet werden kann.
Merkwürdig ist es, dass die Contagiosität mancher Krankheiten bisweilen, ohne bekannte Ursache, plötzlich zunimmt und diese dann einen seuchenartigen Charakter erlangen. Bei solchen seuchenartig herr­schenden contagiösen Krankheiten erreicht die Ansteokungsfähigkeit ge­wöhnlich gegen die Mitte der Seuchendauer zu ihre grösste Höhe und nimmt von da an in der Regel wieder ab, während im Gegentheile die Intensität der einzelnen Krankheitsfälle im Beginne einer solchen Seuche am grössten und der tödtlichc Ausgang am häufigsten ist.
Ein ganz ähnliches Verhalten wird auch bei verbreiteten mias­matischen Seuchen beobachtet.
Manche Contagion wirken nur in nächster Nähe, sind an ein sinnlich wahrnehmbares Vehikel gebunden und können nur durch eine unmittelbare Uebertragung dieses letzteren eine Ansteckung bewirken, — sie heissen fixe Contagion; andere hingegen haften auch an der atmosphärischen Luft und inficiren auf einige Entfernung hin; man nennt sie flüchtige. Die Distanz, auf welche hin diese noch wirksam sind, ist für die einzelnen derselben eine verschiedene, kann jedoch durch eine entsprochende Luftströmung vergrössert werden. Einige Krank­heiten entwickeln bloss ein flüchtiges, andere bloss ein fixes Contagium, während andere beide Arten desselben produciren.
Manche Contagion sind rücksichtlich ihrer ersten Entwicklung an gewisse Localitäten gebunden und nehmen bei ihrer weiteren Ver­breitung immer von diesen ihren Ausgangspunkt (Rinderpest).
Bedingung der quot;Wirkung eines Contagiums ist, dass ein für ein bestimmtes Contagium empfängliches (disponirtes') Thier einen zur Aufnahme desselben geeigneten Körpertheil der Einwirkung dessel­ben aussetze.
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Cunt.-i^itnn.
Bezüglich der Empfänglichkeit (Disposition) für die An­steckung wurden nachstehende Beobachtungen gemacht. Es gibt Conta­gion, -welche ihre ansteckende Kraft nur auf Thierc einer und der­selben (rattung beschränken, während sie andere Thiergattungen durchaus nicht zu inficircn vermögen. So wirkt das Contagium der Binderpest nur auf Rinder, jenes der Schafpockc nur auf Schafe. Andere Ansteckungsstoft'e üben ihre ansteckende Kraft auch auf eine andere, als die ersthefallene Thiergattung aus und es wird die zu­letzt befallene entweder von der ganz gleichen oder einer etwas modi-ticirten Krankheit ergriffen, welche dann entweder gleichfalls die Fällig­keit besitzt, sich contagiös fortzuptianzen oder diese Eigenschaft verliert (Contagium des Milzbrandes, der Hundswuth, der sogenannten Schutzmauke des Pferdes).
Manche Thierc widerstehen der Einwirkung eines Contagiums durch längere Zeit; sie können aber ganz wohl bei einem späteren Auf­treten derselben Krankheit angesteckt werden. Für einzelne Conta­gion ist die Empfänglichkeit eine allgemeinere und verbreitetere als für andere; gesunde und kräftige Stücke werden der Regel nach häufiger und eher ergriffen als Kränkler oder Schwächlinge. Durch die einmal üborstandene contagiöse Krankheit wird die Em­pfänglichkeit für eine neue Ansteckung entweder für die Lebenszeit (Rinderpest, Pocken) oder doch für einen kürzeren oder längeren Zeit­raum getilgt (Milzbrand, Typhus, Hautwurm). Das Ueberstehcn Einer contagiösen Krankheit schützt vor dem Ergriffenwerden durch andere nicht.
Die Theile, welche sieh zur Aufnahme des Contagiums eig­nen, sind verschieden und wechseln nach der Art des Contagiums. Die allgemeine Decke ist wegen ihrer dicken Epidermislage und ihrer dichten Bekleidung mit Haaren oder Wolle der Aufnahme eines Conta­giums wenig günstig; ausseiquot; es wird ein Vehikel desselben unter die Epidermis eingeführt (ein Act, der mit dem Xamen der Impfung bezeichnet wird), oder an eine mit einer dünnen Oberhautschichte be­kleidete haarlose oder wunde Stelle eingerieben. Eben so wenig günstig für die Aufnahme des Contagiums ist der Magen, dessen Ver­dauungssaft die ansteckende Substanz häufig vor ihrer Aufsangimg zer­stört. Um vieles empfänglicher sind die Schleimhäute der Luftwege, in welche insbesondere die flüchtigen Ansteckungsstoffe eindringen und von da in das Blut gelangen, dann jene des Mastdarmes, der Harn-und Geschlechtsorgane. Einige Contagion müssen auf eine bestimmte
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Contagiain.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;139
Stelle einwirken, wenn sie Ansteckung hervorrufen sollen (Drüse, Mauke), bei anderen ist es für den Erfolg gleichgiltig, von welcher Stelle sie aufgenommen werden (Rinderpest), hei anderen endlich tritt die Krankheit viel ausgebreiteter und heftiger auf, wenn die Aufnahme des Contagiums auf einem gewissen Wege, z. B. durch die Lungen, stattfindet, als wenn sie durch einen anderen Tlicil, z. B. die Haut, geschieht (natürliche und geimpfte Schafbocke).
Der Augenblick der geschehenen Ansteckung gibt sich bei den Hausthieren durch bemerkbare Erscheinungen nicht zu erkennen. Von da an bis zudem ersten Auftreten bestimmter krankhafter Erschei­nungen verläuft ein für die einzelnen ansteckenden Krankheiten ver­schieden langer Zeitraum, welchen man die Incubations-Periode — Stadium der Latenz — nennt. Sie dauert von mehreren Tagen (lliuderpest, Schafpocken) bis zu mehreren Wochen und darüber (Hnnds-wuth), während welcher das Thier noch vollkommen gesund erscheint. Die ersten Krankheitserscheinungen zeigen sich entweder an jener Stelle örtlich, von welcher das Contagium aufgenommen wurde (besonders bei geimpften Krankheiten), oder es treten gleich im Beginne der Krank­heit die Merkmale eines Allgemeinleidcns auf (Milzbrand, Typhus, Rin­derpest). In manchen Fällen hängt es von der Aufnahmsstelle des Con­tagiums ab, ob sich vorerst örtliche oder allgemeine Krankheitserschei­nungen einstellen (Schnfpocke). Die örtlichen Veränderungen an der Aufnahmsstelle geben sich meist durch Schmerz, Röthung, Aus­schwitzung zu erkennen; das Allgemeinleiden tritt unter den Er­scheinungen eines intensiven Fiebers auf. Meist gesellen sich zu den örtlichen Symptomen im weiteren Verlaufe die Merkmale eines allge­meinen Ergriffenscins, während dort, wo die geschehene Ansteckung sich zuerst durch Fieber zu erkennen gab, bald die speeifische Ablage­rung (Localisation) an einer bestimmten Körperpartie sich einstellt, womach die Fiebererscheinungen mehr zurücktreten. Bei den exquisit contagiösen Krankheiten zeigen auch die, in dem local ergriffenen Organe auftretenden Erscheinungen gewisse charakteristische Formen (besonders bei Hautausschlägen). Mit der vollkommenen Ausbildung der Krank-heitsproduete erlangt die Contagiosität der Krankheit gewöhnlich ihr Maximum.
Auf welche Weise die Ausbreitung des örtlich entstandenen contagiösen Leidens auf andere Organe und Körpersysteme erfolge, ist mit Sicherheit nicht für alle Fälle anzugeben; in manchen scheint sie mittelst des Oefässsystemes zu erfolgen, wobei wahrscheinlich auch das
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Contaquot;!um.
Blut eine gewisse Veriinderunp; erleidet und contagiöse Eigenschaften erlangt (Rotz, Anthrax, Hundswuth), in anderen breitet sich der ört­liche Process in den ursprünglich ergriffenen oder in den mit ihm in sympathischer Beziehung stehenden Geweben aus; für andere endlich langen diese Erklärungsweisen nicht aus und es muss die Unkenntniss des hier stattfindenden Torganges eingestanden werden.
Der Verlauf der vorzugsweise ansteckenden Krankheiten ist ein regclmässiger und in gewisse Stadien schärfer zu scheiden, als bei an­deren Krankheiten. Schon oben wurde erwähnt, dass die durch An­steckung entstandene Krankheit derjenigen gleich oder ähnlich ist, von welcher der Ansteekungsstoff ursprünglich ausging; bisweilen jedoch beobachtet man aucli auffallendere Abweichungen hierin, welche von der geringeren Disposition des angesteckten Thieres, von der geringen Menge oder Wirksamkeit des übertragenen oder aufgenommenen Contagiums abhängig sein können. Gegen das Ende des Herrschens contagiösor Seuchen verwischen sich die charakteristischen Erscheinungen der Krank­heit mehr und mehr; dureli die Impfung werden manche Processe modi-ficirt oder localisirt, endlich erleidet auch eine contagiöse Krankheit durch die Uebertragung von einer Thicrgattung auf eine andere gewisse Abänderungen (Mauke und Kuhpocke, Hundswuth).
Der direetc Beweis, dass eine Krankheitsform eine ansteckende sei, ist in manchen Fällen sehr leicht, in anderen jedoch schwer her­zustellen. Das sicherste Kriterium hiefür ist die Impfung, durch wel­ches Verfahren die Producte einer bezüglich ihrer Contagiosität zu prüfenden Krankheit auf ein gesundes Thior oder eine gesunde, passende Körperstelle des kranken in der Absicht übertragen werden, um eben jene Krankheit in ihren charakteristischen Erscheinungen zu veranlas­sen. Dieser Vorgang gelingt bei vielen Thierkrankheiten (Rinderpest, Pocke, Rotz u. s. f.) und es sind die hiebei erhaltenen Producte auch noch weiter impfbar. Bei anderen Krankheiten jedoch, bei welchen eine contagiöse Verbreitung nicht geläugnet werden kann, ist die Impfung gleichwohl bisher erfolglos geblieben, vielleicht weil sich jene Bedin­gungen noch nicht herstellen liessen, unter welchen die natürliche In­fection von einem Thicre auf ein anderes stattfindet.
Einen anderweitigen Beweis für die Contagiosität einer Krankheit liefert die Erfahrung, dass Thiere von einer gewissen Krankheit (z. B. Binderpest) nur dann befallen werden, wenn sie mit einem an derselben leidenden Thiere oder den Vehikeln des Contagiums in nahe Berührung gekommen sind, so wie der günstige Erfolg von Absperrungsmass-
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Kranklieitä-Coiistitution.
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regeln bei einer herrschenden Krankheit. Man wird ferner berechtiget sein, eine Krankheit für eine ansteckende zu halten, wenn sie unter einem bisher gesunden Viehstande nach dem Einstellen eines kran­ken Stückes sich unter den früher gesunden Stücken entwickelt und Anfangs nur einzelne, namentlich die neben dem kranken gestandenen Thiere befällt, in der Folge aber bei fortdauernder Berührung sich rasch über einen grossen Theil des Viehstandes verbreitet. Auch die Art der Ausbreitung einer Krankheit liefert Anhaltspunkte zur Beurthei-lung ihrer Contagiosität, insofern sich ihr Fortschreiten nach Strassen-zügen, von Märkten aus, oder von Haus zu Haus durch die Erhebung nachweisen und constatiren lässt, dass jenes Vieh, welches mit Kranken in mittel- oder unmittelbarer Berührung war, zuerst erkrankte. Bei Krankheiten miasmatischen Ursprunges, welche nicht selten gleichfalls eine weite Verbreitung erlangen, ist die Herstellung des sicheren Beweises ihrer Contagiosität häufig mit Schwierigkeiten verbunden und es beste­hen desshalb über die Ansteckungsfälligkeit mancher derselben noch widerstreitende Ansichten.
C. Kranklieiis-Coiistitution.
sect;.78. Unter Krankheits-Gonstitution, Krankheits-Genius versteht man die unbekannte Ursache einer nicht selten zu beobachten­den Gleichartigkeit oder Aehnlichkeit der eben herrschenden Krankheits­formen oder des Vorwaltens der Leiden gewisser Organe, oder des Hervortretens gewisser gleichartiger Symptome, ohne dass miasmatische oder contagiöse Einwirkungen hieven die Schuld trügen.
Je nachdem diese Krankheits-Gonstitution in grösserer Verbreitung oder auf eine bestimmte Localität beschränkt herrscht, bezeichnet man sie als epidemische oder endemische; behauptet sie sich durch einen längeren Zeitraum und prägt sie den dazwischen auftretenden Krank­heiten einen gewissen gemeinsamen Charakter auf, so heisst sie eine stehende, stationäre; erscheint sie von dem Wechsel der Jahreszeiten abhängig, so wird sie Jahresconstitution genannt.
Von Alters her spricht man von einer entzündlichen Krank­heits-Gonstitution (Vorherrschen heftiger Entzündungen, namentlich der Lungen, wobei sich energische Antiphlogose , namentlich Aderlässe vor-theilhaft bewähren), einer rheumatischen (mit überwiegendem Auf­treten entzündlicher Affectionen der serösen und fibrösen Häute, beson­ders nach raschem Temperaturwechsel auftretend), einer katarrhalischen (mit Vorwalten von Leiden der verschiedenen Schleimhauttracte), einer
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Sporadische Krankheiten. — SeucUen.
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gastrischen (mit Herrscheu a-oii Mageudarmkatarrhen, Typhen), einer biliösen — galligen — (mit Voriierrsehen von acutcn Loboraifcctio-nen, Typlien, Bnhr, Darmkatarrlien), einer nervösen, wobei sich den auftretenden Krankheiten grosse Hinfälligkeit, Verfall der Kräfte, ner­vöse Symptome schnell beigesellen), einer septischen Constitution (mit Neigung zu profusen Blutungen, raschem Verfall, schweren Fiebern) u. s. f. Die Ursache des gemeinschaftlichen Charakters aller zu ge­wissen Zeiten oder an manchen Orten auftretenden Krankheitsformen lässt sicli wohl bisweilen in dem Einflüsse der Jahreszeiten, in den klimatischen und Bodenverhältnissen einzelner Localitäten vermuthen, sie bleibt jedoch gewöhnlich völlig unbekannt.
Verschiedenheit der Krankheiten nach der Häufigkeit ihres gleichzeitigen Vorkommens.
sect;. 79. Vereinzelt auftretende Krankheiten werden sporadische genannt. Kommen im Gegensatze hiezu gewisse Krankheiten in l'olge miasmatischer oder contagiöser Infection oder durch den Eintluss einer bestimmten Krankheits-Constitution zu gleicher Zeit an einem Orte oder in einem grösseren Landstriche unter den Thieren in grösserer Verbrei­tung zum Ausbruche, so werden sie Seuchen — l'anzootien — ge­nannt. Sporadische Krankheitsfälle sowohl als Seuchen von geringer Verbreitung, welche neben weithin herrschenden Seuchen auftreten oder sie unterbrechen, heissen intercurrirende Krankheiten.
Nach der Art ihrer Entstehung kann man die Thierseuchen in Epizootiou, Enzooticn und Contagionen unterscheiden — eine Scheidung, welche namentlich in llücksicht auf die Wahl der Prophy­laxis und der Veterinär - polizeilichen Massregeln von Wichtigkeit ist.
Unier Epizootieu versteht man Seuchen, welche in Eolge ver­breiteter, vorübergehender Einwirkungen, welchen alle in einer Ge­gend lebenden Thiere nothwendig ausgesetzt sind und nicht entzogen werden können, entstellen und nach kürzerer oder längerer Zeit, nach dem Aufhören dieser Einflüsse ihr Ende erreichen. Derartige nachthei­lige Einwirkungen sind bald in den Witterungsverhältnissen, den Jahres­zeiten, in verschiedenartigen Eutterverderbnisscn, bald in miasmatischen Infeclionen oder dem Herrschen einer gewissen Krankheits-Constitution begründet.
Als Enzootien oder ortseigene Krankheiten bezeichnet man Seuchen, welche in der Kegel örtlichen, an gewisse Localitäten gebun-
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ICpizootioi). — Knzootien. — Coutagionen.
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denen (meist andauernden) Schädlichkeiten, vor deren Einwirkung die Thiere nur schwer oder gar nicht geschützt werden können, ihren Ursprung verdanken. Eintlüsse dieser Art veranlassen gewöhnlich nicht plötzlich sich entwickelnde Krankheiten, sondern meist nur allmälig sich steigernde Störungen im Organismus, sie ersetzen jedoch durch ihre längere Audauer das, was ihnen an Intensität der Wirkung abgeht. Häufig geben sich daher bei den unter solchen Verhältnissen lebenden Thieren erst dann autfallendere Krankheits - Symptome kund, wenn die Veränderungen im Organismus bereits eine bedeutende Höhe erreicht haben. Viele der enzootischen Krankheiten sind demnach chronische, obwohl einzelnen derselben auch ein acuter Verlauf zukommt.
Manche Epizootieu sowohl als Enzootien sind einer contagiö-sen Verbreitung fällig, u. z. kommt ihnen diese Eigenschaft entweder constant zu (Maul- und Ivlauenweh, Wulh, Milzbrand u. s. f.), oder sie erlangen dieselbe erst unter günstigen Verhältnissen, von denen schon früher die Hede war. Solche, ursprünglich in Folge der erwähnten Ein­flüsse entstandene Seuchen gewinnen dann durch contagiöse Infection gewöhnlich rasch eine weite Verbreitung, und es kann in manchen Fällen die Entscheidung, ob eine Seuche in einem Orte oder einer Ge­gend im Wege der oontagiösen Verbreitung eingeschleppt, oder durch andere Einflüsse erzeugt worden sei, schwierig werden. Nur die genaue Erhebung der vor oder während des Auftretens oder Herrschcns der Seuche nachweisbar gewesenen Schädlichkeiten, welche in einen ursäch­lichen Zusammenhang mit der Entstehung der Krankheit gebracht wer­den können, die Lieferung des Nachweises, dass die Erkrankungen nur über jene Gegenden sich erstrecken, über welche diese Schädlichkeiten verbreitet sind; die llücksichtnahme auf den Umstand, ob die Seuche gleich in ihrem Beginne mehr oder weniger zahlreiche Thiere in, von einander entlegenen Localitäten oder in Höfen, welche mit einander weder in director noch indirecter Berührung standen, befiel, und erst später eine Infection der den Kranken zunächst stehenden, oder der in mittel- oder unmittelbare Berührung mit ihnen gekommenen Thiere stattfand, endlich die Fruchtlosigkeit der sogleich beim Beginne der Seuche sorgfältig durchgeführten Separations- und Absperrungsmass-regeln, kann in solchen zweifelhaften Fällen zu einer sicheren Ent­scheidung führen.
Contagionen endlich nennt man jene Seuchen, welche wenig­stens in unseren Gegenden entweder ausschlicsslich (Rinderpest) oder docli überwiegend (Schafpocken) durch contagiöse Infection
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Cüutagionen.
entstehen. Hiedurch unterscheiden sie sich wesentlich von den conta-giosen Epi- und Enzootion. Während diese ihre Entstehung Einwirkun­gen verdanken, denen die Thiere jener Localitäten, wo sie herrschen, nicht oder nur sehr schwer entzogen werden können, verbreiten sich die Contagionen allein oder doch überwiegend durch einen Ansteckungs­stoff, vor dessen Einwirkung die Thiere durch strenge Absperrung ge­sichert werden können.
Da die Contagionen (Kinderpest) wohl zuletzt irgendwo in Folge localer oder epizootischcr Einflüsse ursprünglich entstehen, so hat die Unterscheidung zwischen contagiösen Epi- und Enzoolieu und Coula-gionen nur für gewisse Landstriche und zunächst nur bezüglich der zur Hintanhaltung der Weiterverbreitung und zur Tilgung der Seuche einzuleitenden Veterinär - polizeilichen Massregeln, einen praktischen Werth. Das während des Verlaufes rein contagiöser Krankheiten pro-ducirte Contagium ist sowohl liüchtiger als tixer Natur, es gibt keinen Bestandtheil eines an einer solchen Krankheit leidenden Thieres, durch welchen eine Infection nicht vermittelt werden könnte. Das Contagium ist impfbar; sowohl die durch die Impfung, als die durch die natür­liche Ansteckung hervorgerufene Krankheit verläuft typisch, innerhalb gewisser Stadien, und verschafft jenen Thieren, welche dieselbe über­standen haben, die Immunität vor einem neuen Anfalle derselben Krankheit für die übrige Lebenszeit. In diese Kategorie von Seuchen gehört für den grössten Theil Europas die llinderpest, die bei uns nur durch Infection entstellt, und in vielen Fällen die Schafpocke, die jedoch bisweilen auch durch epizootische Einllüsse bei uns entstehen kann und dann als contagiöse Epizootic verläuft.
IV. Abschnitt.
Die Veterinär-Polizei.
sect;. 80. Krankheiten der Haussäugcthicre erlangen bei dem Umstände, als in grosserer Ausdehnung herrschende äussere Schädlichkeiten in der Kegel ihren Eintluss auf eine grösscre Anzahl von Thieren eines Land­striches ausüben, und nicht wenige Erkrankungen während ihres Ver­laufes ein Contagium entwickeln, sehr häufig eine seuchenartige Ver­breitung. Um nun den Ausbruch derartiger Erkrankungen thuulichst
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I'ropliy lac tische vcteiiuär-polizuiliche Massregeln.
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hintauzuhalteu, ihre Ausbreitung zu beschränken und die Gefahr für das Gemeinwohl abzuwenden, sind von Seite der Staatsverwaltungen Massregelu vorgeschrieben worden, deren Durchführung geeignet er­scheint, einerseits das Auftreten solcher Krankheiten möglichst selten zu machen, andererseits aber eine bereits zur Entwicklung gekommene Seuche auf die thunlichst schnelle Weise zu tilgen.
Die Veterinär - Polizei umfasst demnach theils prophylacti-sche, theils Tilgungsmassregeln.
Manche derselben finden bei allen seuchenartigen Thierkrankhei-ten, manche nur bei bestimmten Arten derselben ihre Anwendung. Vorläufig kann nur von der erslcrcn Kategorie derselben die Bede sein; die speciellen Bestimmungen werden bei den einzelnen Krankhoitsfonnen ihre Erwähnung finden.
Da bei der Behandlung von Thierseuchen stets die Staatsverwal­tung durch ihre politischen Organe intervenirt und von den hiezu ab­geordneten Sanitätsorganeu die Abgabe von Berichten fordert, so wer­den in Nachstellendem auch die hiefür geltenden Bestimmungen ange­geben werden.
I. Prophylactische Veterinär - polizeiliche Massregeln.
sect;. 81. Um den Ausbruch von Thierseuchen überhaupt möglichst hintanzuhalten, ist stets, dalier auch zu Zeiten, wo von dem Herrschen einer Seuche nichts bekannt ist, die Beobachtung nachstehender Vor­schriften geboten.
1.nbsp; nbsp; Die Entwicklung von Thierseuchen und ihre weitere Ver­breitung wird durch ein entsprechendes diätetisches Verfahren mit dem Vie he, Achtsamkeit auf jede, anscheinend selbst geringfügige Erkrankung uud sorgfaltige Vermeidung jeder Ansteckungsge­fahr am sichersten verhütet. Gelegenheitliche Belehrungen der Land-wirthe hierüber von Seite der Aerzte, Thierärztc und Gemeindevor­steher werden sich in dieser Bücksicht vortheilhaft bewähren.
2.nbsp; nbsp;Um zu verhüten, dass nicht durch einzelne, mit ansteckenden Krankheiten behaftete Thiero eine Ansteckung nach verschiedenen llichtungen hin stattfinde, ist den Viehmärkten eine besondere Auf­merksamkeit zuzuwenden, da auf diesen gewöhnlich Thiere von den ver­schiedensten Gegenden zusammenkommen und von da aus nach ver­schiedenen Richtungen wieder abgetrieben werden. Es soll daher kein St ück zu denselben zugelassen werden, welches nicht mit einem von
Küll, Tathol. und Thurapio. II. Autt.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 10
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Prophylaotiscbo veteiinär-poUaetUche Mtusregeln.
der Ortsobrigkeit ausgestellten Scheme versehen ist, in welchem das Exterieur dos zu verkaufenden Thieres, und falls eine ganze Heerde aufgetrieben würde, die Zahl der dieselbe zusammensetzenden Stücke verzeichnet und zugleich bemerkt ist, duss in den Orten und Gegenden, aus welchen sie kommen, eine seuchenartige Krankheit unter den Haus-thieren nicht herrsche und dass diese Thiere auch bei dem Abtriebe gesund gewesen seien. Sollte auf dem Triebe zum Marktplatze ein Abverkauf eines oder mehrerer Stücke stattlinden, so soll diess durch die betref­fende Ortsobrigkeit auf dem Gesundheitsscheine bemerkt werden. Thiere, welche mit einem solchen Certificat nicht versehen sind, so wie Heer-deu, deren Stückzahl mit jener des Scheines nicht übereinstimmt, sollten als verdächtig zu betrachten sein und nicht eher auf den Marktplatz zugelassen werden, bevor sie nicht thierärztlich untersucht und hiebei gesund befunden worden sind.
Während der Dauer eines Viehmarktes sollte stets ein Thierarzt am Marktplatze gegenwärtig sein, um bei jedem sich ergebenden Sani-tätsgebrechen sogleich das Nöthige veranlassen zu können.
3.nbsp; nbsp;Da die Fleischhauer ihr Schlachtvieh gewöhnlich aus ver­schiedenen Gegenden zusammenkaufen, so ist über sie durch die Orts­behörde stets eine strenge Aufsicht zu führen. Es darf desshalb durch­aus nicht gestattet werden, dass sie das Schlachtvieh in einen und denselben Stall mit ihrem Nutzviehe stellen, noch weniger aber das­selbe mit dem Ortsviehe auf die Gemeindeweide treiben, weil hiedurch der Verbreitung einer, bei einem oder dem anderen Stücke vorhandenen ansteckenden Krankheit der weiteste Spielraum eröffnet würde.
Aus demselben Grunde ist auch von Seite der Ortsbehörden der sorgfälligen Durchführung der Vieh- und Fleischbeschau die ge­spannteste Aufmerksamkeit zuzuwenden. Hiebei gibt sich nicht selten zuerst die Gegenwart einer bedenklichen Krankheit zu erkennen, weil die Viehbesitzer gewöhnlich ihr bedeutender erkranktes Vieh dem Fleisch­hauer zur Schlachtung übergeben.
Gegen Fleischhauer, welche rohes oder auf irgend eine Art zube­reitel es Fleisch von einem nicht nach Vorschrift beschauten Viehe ver­kaufen, wird nach sect;. 390 des Strafgesetzes über Verbrechen, Vergehen und üebertretungen vorgegangen.
4.nbsp; nbsp;Dem Viehhirten eines Ortes ist das Behandeln kranken Viehes überhaupt und insbesondere jenes fremder Ortschaften nicht gestattet, weil er auf diese Weise leicht ein Ansteckungsgift in die ihm anver­traute Hcordo bringen kann. Ein neu angekauftes Stück darf er ohne
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Propbylactische vcteriaür-polizeiliche Massregeln.
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Bewilligung des Ortsvorstelicrs niclit in die Heerde aufnehmen und muss von jedem ErkrankangsfaUe anverweilt dem Eigenthümer und dem Ortsvorstande die Meldung machen. Jeder Hirt, der ein krankes Stück verheimlichet, ist des Dienstes zu entlassen und nach Umständen auch mit Arrest zu bestrafen.
Aus demselben Grunde ist auch dem Abdecker das Curiren strenge untersagt und es soll ihm so viel als möglich der Zutritt in die Viehställe verschlossen bleiben.
Fremde Ochsen, die in Einkchrliäusern eingestellt werden, müssen von dem eigenen Viehe der Wirthe ferne gehalten und alle üemein-schaft durch Tränkgeschirre, Futter und Wartpersonale sorgfältig ver­mieden werden.
5. Ortschaften, welche öfter von Viehtrieben passirt werden, sichern ihr Vieh am besten vor Ansteckungsgefahr, wenn sie den Trei­bern den Weg durch die Ortschaft niclit gestatten, sondern ihnen den­selben um den Ort herum, am besten in einiger Entfernung von dem­selben und abgelegen von den Viehweiden anweisen. Wo diess nicht möglich ist, müssen zur Zeit, wo das fremde Vieh passirt, die Ortscin-cinwohner ihr Vieh in den .Ställen eingesperrt halfen, bis die Trieb-heerdc den Ort durchzogen hat und die Strasse von allem Unrathe sorgfältig gcreiniget worden ist. Dieser muss auf einem mit Pferden bespannten Wagen ausgeführt, auf einem abgelegenen, dem Viehe nicht zugänglichen Orte entweder ausgebreitet oder verscharrt werden; das hiebei verwendete Individuum darf erst nach sorgfältiger Keinigung sich mit dem einheimischen Viehe beschäftigen.
Trifft es sich, dass solche fremde Triebheerden in der 2sähe einer Ortschaft übernachten müssen, so sind dazu Plätze auszuwählen, die später von dem einheimischen Viehe nicht betreten werden. Das Zu­sammenkommen dieses mit dem fremden, so wie der Treiber und Händ­ler mit den Ortseinwohnern muss gänzlich hintangehalten werden. Ein besonderes Augenmerk ist darauf zu richten, dass kein Stück von der Heerde weggeschwärzt oder Kränklichkeit halber heimlich verkauft werde. Desshalb oder wegen Ermattung zurückgelassene Stücke müssen durch wenigstens 10 Tage ganz abgesondert beobachtet und gewartet, und falls sich während dieser Zeit die Erscheinungen einer ansteckenden Krankheit offenbaren sollten, sogleich erschlagen, secirt und Vorschrift-massig verscharrt werden. — Von dem bei der Verpflegung einer Trieb-heerde übrig gebliebenen Futter darf nicht das Mindeste für das ein­heimische Vieh verwendet werden.
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fropbylactische Veterinär polizeiliche Massregeln.
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(!. Kein aus einem fremden Orte neu angekauftes Stück Vieh darf von dem Eigenthümer sogleich zu dem schon vorhandenen Yiehe gestellt, noch viel weniger auf die Gemeindeweide geschickt werden, sondern es muss in irgend eine aligesonderte Schupfe oder Stallung ein­gestellt und durch 10 Tage beobachtet werden, um sich von der blei­benden Gesundheit desselben genau zu überzeugen. Erst nach dieser Frist und bei constatirtem unverdächtigem Zustande darf dasselbe zu dem übrigen Yiehe zugelassen werden.
Die Üebersiedlung der Pächter mit ihrem Vieh von einem Orte zum anderen ist nur unter der Bedingung gestattet, dass sie zuvor von zwei benachbarten Gemeindevorständen ihr Yich genau untersuchen lassen und über den vollkommen gesunden Zustand desselben von bei­den ein Zeugniss erhalten, welches sie dann dem politischen Amte, in deren Bezirk sich das gepachtete Gut befindet, das sie mit dem Yiehe besetzen wollen, vorlegen müssen. Derjenige Pächter, welcher dicss zu thun unterlässt, wird vorschriftmässig bestraft.
7. Damit ausbrechende Thierseuchen, namentlich solche, die wäh­rend ihres Verlaufes ein Contagium entwickeln, gleich bei ihrem Be­ginne richtig erkannt und mithin ihrer weiteren Verbreitung die eng­sten Schranken gesetzt werden können, ist jeder Viehbesitzer in einer kleineren Ortschaft verpflichtet, selbst dann, wenn in dem Orte oder dessen Nachbarschaft eine Viehseuche nicht herrscht, jede neuerliche Erkrankung eines Stückes Vieh sogleich dem Ortsvorsteher anzuzei­gen. Dieselbe Verpflichtung obliegt auch dem Viehhirten, wenn er eine solche Erkrankung unter dem Yiehe auf der Weide bemerken sollte, dann Thierärzten, sobald sie zur Behandlung kranker Thiere gerufen werden, deren Erscheinungen auf eine seuchenartige oder ansteckende Krankheit hinweisen.
Sobald in einem Stalle oder in einem Orte überhaupt zwei bis drei Stücke wöchentlich erkranken, hat der Ortsvorstcher hieven der politischen Behörde unverzüglich die Anzeige zu erstatten, mittler­weile aber bei Erkrankung mehrerer Stücke die Unterbringung alles, demselben Eigenthümer gehörigen Viehes in einen Nothstall und dessen abgesonderte Wartung zu veranlassen.
Gegen die Uebertreter dieser Vorschriften wird nach sect;sect;. 401 und 402 des Strafgesetzbuches vorgegangen.
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Tilgnngsnmasregeln.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;149
II. Tilgungsmassregeln.
sect;. 82. Hei dem Einlangen, der Anzeige über einen Senchenausbruch
entsendet die politische Behörde einen Arzt in Begleitung eines Beam­ten in den Seuchenort-, welche den Thatbestand daselbst auf das Cie-naueste zu erheben, die zweckmässigsten curativen und Veterinär-poli­zeilichen Massregeln anzuordnen und über den Befund und das Veran-lasste Bericht zu erstatten haben.
Wenn es wegen zu grosser Entfernung des Wohnsitzes des zur Seuchen-Constatirung abgeordneten Arztes oder Thierarztes vom .Seuchen­orte nicht möglich, oder wegen der geringen Gefährlichkeit der Epi­zootic nicht nothwendig wäre, dass ersterer die Behandlung der Seuche selbst fortsetze, so haben sie einen Arzt oder Thierarzt im Seuchenorte oder seiner nächsten Umgebung zur Behandlung aufzustellen und den­selben rücksichtlich des curativen und veterinär-polizeilichen Verfahrens mündlich oder nach Erforderniss auch schriftlich auf das Genaueste zu instruiren; sie selbst haben aber von 8 zu 8 oder in weniger wichtigen Fällen von 14 zu 14 Tagen bis zur vollständigen Beendigung der Seuche die Nachsicht zu pflegen und über den jedesmaligen Befund den vor-schriftmässigen Rapport zu verfassen.
Herrscht eine Seuche in einer Gegend in grösserer Ausdeh­nung, so wird jedes Seuchengebiet in kleine, leicht zu übersehende Seuchenbezirke abgotheilt und in jedem ein politischer Commissär, ein ärztliches oder thierärztliches Individuum und ein Unterofficier der Gensd'armerie oder ein Militär-Individuum aufgestellt, welche zusam­men eine Seuchen-Commission für diesen Bezirk bilden und die genaueste Durchführung der veterinär-polizeilichen Massregelu zu überwachen haben. Die Commission soll ihren Sitz möglichst in der Mitte ihres Bezirkes nehmen und von da aus in den einzelnen Seuchen-orten die Nachsicht pflegen. Damit dieselbe im Stande ist, ihren auf die Tilgung der Seuche gerichteten Anordnungen Gehorsam zu verschaffen, ist sie nicht nur ermächtiget, so oft es nothwendig ist, die Assistenz des Militärs zu beanspruchen, sondern auch unter der Bedingung, dass sie darüber nachträglich ein Protocoll an ihre vorgesetzte Behörde vor­lege, Arrest- und Geldstrafen, u. z. jene bis auf 3 Tage, diese bis zum Betrage von 50 Gulden gegen jene zu verhängen, welche entweder den Ausbruch der Seuche in ihrem Hause verheimlichet oder den gegebenen Anordnungen nicht strenge Folge geleistet haben.
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Tilgungsina ss regeln.
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sect;. 83. Wurde eine zur Anzeige gebrachte Erkrankung unter den Thieren einer Ortschaft oder Gegend als eine Viehseuche constatirt, so müssen bis zur Beendigung derselben ordentlich abgefasste Beuchen-Kapporte und Berichte von dem ärztlichen Personale an das poli­tische Amt erstattet werden, welches dieselben mit den eigenen Bemer­kungen versehen unverzüglich dem Kreisamte vorzulegen hat.
Zu diesen Berichten gehören: das Erhebungs-Protocoll, die periodischen Rapporte und der Schlussbericht. Damit die Behörde aus diesen einlaufenden Berichten eine hinreichende Aufklärung über den Ursprung, die Ausbreitung und die Natur der Seuche erlange und dadurch in den Stand gesetzt werde, zeitig genug die entsprechenden Vorkehrungen zu treffen und nach Erforderniss in zweifelhaften und bedenklichen Fällen das Gutachten anderer Sachverständigen einzuholen, müssen die zu erstattenden Seuchcnbcrichte, die dieser Absicht erfor­derliche Eigenschaft ihrer Form und ihrem Inhalte nach besitzen.
Bei Verfassung der einzelnen Seuchenberichte muss sich daher an die nachstehende Norm gehalten werden:
Das Erhebungs-Protocoll. Es ist der erste über eine ausge­brochene Seuche zu verfassende schriftliche Bericht, welcher alles das­jenige zu enthalten hat, was mit Eücksicht auf die Krankheitserschei­nungen, Sectionsergebnisse, den Krankheitsverlauf, den Ursprung und die Verbreitungsart, zur Sicherstellung der Diagnose der Seuche führen kann. Seine sorgfältige Abfassung ist von grosser Wichtigkeit, weil von der richtig gestellten Diagnose der herrschenden Seuche und von der Ausmittlung der sie veranlassenden Ursachen die Beschaffenheit der dagegen zu ergreifenden Massregeln und der zu wählenden Heilmethode abhängt.
Das Erhebungs - Protocoll, welches unmittelbar nacii geptiogener Erhebung zu vorfassen und der politischen Behörde vorzulegen ist, hat zu enthalten:
a)nbsp; nbsp;die Ueberschrift und einen tabellarischen Ausweis des Kran­kenstandes ;
b)nbsp; nbsp;die Angaben über die Entstellungsanlässe und die Verbreitungs­art der Seuche;
c)nbsp; nbsp; die Schilderung der Erscheinungen und des Verlaufes der Krankheit;
d)nbsp; nbsp;die Angabe des Seotionsbefundes;
c) die Bcurtheilung und Bestimmung der Seuche;
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f)nbsp; nbsp;das eingeleitete Vorbauoogs- und Heilverfahren, endlich
g)nbsp; nbsp;die angeordneten vcterinar-polizeilichen Massregeln.
Die Ucbersehrift. Zur TTebersohrift gehurt die Angabe des po­litischen Bezirkes, der Gemeinde und Ortschaft, in welcher die Seuche herrscht, die Bezeichnung des Datums der Anzeige und der amtlichen Erhebung, endlich die Benennung der Seuche.
Hierauf hat unmittelbar in einem tabellarischen Ausweise die Höhe des Viehstandes vor dem Ausbruche der Seuche, sodann die Zahl der vom Tage des Tvrankheitsausbruches bis zum Tage der gepHogenen Erhebung erkrankten, genesenen, gefallenen und erschlagenen Viehstücke nach dem Geschlechte und Alter gesondert in den betreifenden Colonnen ersichtlich gemacht zu werden.
Sollte der Ausbruch der Seuche in mehreren Ortschaften erfolgt sein, so ist selbst für den Fall, als die Erhebung derselben einem und demselben Arzte übertragen worden sein sollte, für jede dieser Ort­schaften ein abgesondertes Erhebunga-Protocoll aufzunehmen und vor­zulegen.
sect;. 84. Nach gehörig ausgefülltem tabellarischen Ausweise hat die Belation mit dem Vorberichte oder der anamnestischen llelation zu beginnen. Es werden hier alle jene Verhältnisse beschrieben, welche beim Ausbruche der Seuche oder kurz vor demselben zugegen waren, in so ferne diese auf den Ursprung, die Weiterverbreilung und die Er-kenntniss der Seuche einen wesentlichen Einfluss haben.
Zur Kenntnislaquo; dieser Umstände gelangt der Arzt theils durch eigene Würdigung der vorhandenen Verhältnisse, wie die physikalische Lage des Seuchenortes, der Beschaffenheit der Stallungen, des Futters und Trinkwassers, die Haltungsweise der Thierc u. s. w., theils durch die Mittheilungen, welche ihm auf seine Fragen von dem Ortsriohter, den Vieheigenthümern und ihren Dienstleuten, Viehhirten u. s. w. ge­macht werden.
Derartige Fragepunkte wären:
Wann brach die Seuche in dem in (Jntersucliung stellenden Orte aus? Wurden ungleich mehrere Thiere oder nur Eines befallen : In welcher Zwischenzeit erkrankten nach dem ersten das zweite und die übrigen r Erkrankten die unmittelbar nebeneinander­stehenden Thiere eines naeli dem andern, raquo;der trat die Krankheit an verschiedenen Stellen des Stalles auf. Brach sie gleichzeitig an mehreren von einander entlegenen Ställen des Ortes aus? Wie war der Gesundheitszustand der betreifenden Thiergattung vor dem Ausbruche der Seuche? Kann einer der gewöhnlichen Einflüsse, als Klima, Jahreszeit, Witterung, physikalische Lage des Ortes und seine Umgebung, Futter, Trinkwasser, Stallung, Streu, Weideplatz, Wartung und Pflege, Verwendung der
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TlUrungsmamregehi.
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Thiere u. s. w. als wirkliche Kranklieitsschiidlielikcit in dem gogebonon Falle mit Grund angesehen werden? Hat eine ähnliche oder gleiche Seuche bereits früher in dem Orte geherrscht, oder kommt sie daselbst als eine einheimische Krankheit vor ? Wie ist der (iesundheitszustand der Hausthiere in der Umgebung? Befinden sich da­selbst kranke Thiere und von welcher Gattung? Hat die daselbst herrschende Krank­heit Aelmliehkeit mit der zu erhebenden? Brach sie früher oder später aus als hier? Ist eine besondere Gemeinschaft oder ein Verkehr mit diesen Ortschaften? Besuchen die Thiere eine gemeinschaftliche Weide mit jenen der benachbarten Orte? l'assiren die Ortschaft oder ihre nächste Nähe Triebheerden, und sind unter diesen Erkrankungen vorgekommen ? Wurde kurz vor dem Seuehenausbruche ein Viehmarkt in der Nähe abgehalten, und sind die von dort nach Hause gebrachten Stücke zuerst erkrankt ? Ist \ ich vor Kurzem neu angekauft worden, und kamen die ersten Krankheitsfälle unter diesen und bei den in demselben Stalle untergebrachten Stücken vor? Ist nur eine Thiergattung allein, oder sind auch andere ergriffen, und erscheinen diese Krank­heiten ähnlich oder identisch? Welche Krankheitserscheinungen wurden bei den zuerst Erkrankten bemerkt? Wie verlief die Kränkelt bei ihnen, und welches war der Aus­gang? Wurden von den an der Seuche umgestandenen oder absichtlich getödteten seuehekranken Thieren Eines oder mehrere secirt, und welcher Befund wurde hiebei erhoben ? Wurden gegen die gegenwärtig herrsehende Seuche schon Mittel gebraucht oder Vöterinärpolizeüiche Massregeln eingeleitet und welche? Wer ordnete dieselben an und von welchem Erfolge waren sie begleitet u. s. w.
Sollte sich bei diesen Erhebungen herausstellen, dass eine Ver­heimlichung der ersten Erkrankungsfälle von Seite der Vieheigenthii-mer, eine verspätete Anzeige des Seuchenausbruches von Seite des Ortsvorstandes, Abverkauf von krankem Vieh, Fleisch u. s. w. oder eine Uebertretung der in den sect;sect;. 400—402 des Strafgesetzbuches aufgezählten allgemeinen Scuchenvorschriften stattgefunden habe, so ist von der Seuchen-Commission mit den Schuldtragenden ein eigenes Protocoll auf­zunehmen und mit dem Erhebungs - Protocolle der politischen Behörde vorzulegen.
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sect;. 85. Bei der Schilderung der Krankheitserscheinungen kommt vorzugsweise zu erörtern: Wie viele Thiere, von welcher Gat­tung, quot;welchem Alter, tieschlcchte sind dermalen krank, in wie vielen Höfen sind sie vertheilt? Welche Erscheinungen ergeben sich bei der genauen Untersuchung der Erkrankten, sowohl bei jenen, die noch in den ersteren Stadien der Krankheit sich befinden, als bei solchen, bei denen sie bereits in ihrer Höhe stellt, oder einem oder dem anderen Ausgange sich zuwendet? 1st die Anzahl der Kranken gross und der Krankheitsvcrlauf verschieden, so sind die gleichartigen Krankheitsfälle nur cumulativ zu behandeln und die den verschiedenartigen Formen wesentlichen Zufälle abgesondert anzuführen.
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Damit dor Seuchenarzt zur Keniitniss über die Natm der Erkran-kunn; komme, muss er die ihm von dem Ortsvorstande als verseucht angegebenen Höfe besuchen. Weil jedoch möglicher Weise einzelne Erkrankungen verheimlichet worden könnten und hiedurch bei conta-giösen Seuchen leicht Anlass zur Verschleppung des (quot;ontagiums gegeben würde, so muss auch der angeblich gesunde Viehstand des Ortes einer Untersuchung unterzogen werden, und diese lässt sich am füg-lichsten gleichzeitig mit der Aufnahme des Viebstandes verbinden. Diese letztere ist stets mit aller Strenge vorzunehmen, sowohl um zur genauen Kenntniss der Ausdehnung der Seuche und theilweise aueb ihrer Entsfclmngsweisc zu gelangen, theils auch, um sich der Befolgung der eingeleiteten Maassregeln zu versiebern und jedem Vieh-An- oder Abverkaufe während der Seuchendauer zu begegnen, da die vor Erklä­rung der Beendigung der Seuche zu wiederholende Viehrevision jeden Abgang herausstellen wird.
Bei ansteckenden Krankheiten ist jedoch die Aufnahme des Vieb­standes mit der nöthigen Vorsicht vorzunehmen, um nicht durch die Untersuchung selbst der Seuche eine weitere Ausbreitung zu geben.
Ergibt sich daher schon bei der Erbebung der Anamnese mit Wahrscheinlichkeit, dass es sich in dem gegebenen Falle um eine con-tagiöse Seuche bandle, so wird es am zweckmässigsten sein, noch voi­der Untersuchung der als krank angegebenen Thicre und vor dem Be­treten der Seuchenhöfe, die Aufnahme des Vielistandes in jenen Höfen zu beginnen, welche, so viel mit Wahrscheinlichkeit angenommen wer­den kann, von der Seuche noch nie lit inficirt worden sind. Auch in diesem Falle soll das Betreten der Stallungen so viel als möglich ver­mieden , die Tbiere vielmehr in den Hoi'raum getrieben und daselbst von einiger Entfernung aus besichtiget werden. Sollte sich hiebei ein mit der ansteckenden Seuche behaftetes Thicr vorfinden, so darf die weitere Untersuchung erst dann wieder fortgesetzt werden, nachdem die betreffenden Personen sich sorgfältig gereiniget, nötbigenfalls auch die Kleider gewechselt haben. Auf die Untersuchung der wahr­scheinlich gesunden hat .jene der einer geschehenen Ansteckung verdächtigen und endlich erst jene der als offenbar krank ange­gebenen Thiere zu folgen.
War jedoch zur Constatirung der Natur der Erkrankungen die Untersuchung kranker Thiere und die Vornahme von Cadaveröffnungen nothwendig, und hat sich hiebei die Seuche als eine ansteckende her­ausgestellt, so darf durch die hiebei beschäftigten Personen an demselben
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Tilgangsmasaregeln.
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Tage die Aufnahme des Viehstandes nicht vorgenommen werden und sie haben dieselbe entweder bis zum nächsten Tage zu verschieben, sich mittlerweile wohl zu reinigen, die Kleider zu lüften und nöthi-genfalls zu wechseln, oder es kann dieses Geschäft einem etwa in dem Orte ansässigen ärztlichen Individuum, dem ein Vertrauensmann aus der Gemeinde, bei welchem aber erwiesener Massen das Vieh noch gesund ist, beigegeben wird, übertragen werden.
sect;. 8(5. Die Vornahme von Sectionen ist zur Feststellung der Diagnose einer Seuche in der Regel nothwendig, in vielen Fällen aber, wo sich aus der blossen Ueobachlung der Krankhcitsersclieinungen an lebenden Thieren die Natur der vorhandenen Krankheit mit Sicherheit nicht bestimmen lässt, gar nicht zu umgeben. Sind zur Zeit der Con-statirung Cadaver nicht vorhanden, so soll ein oder das andere in einem vorgerückten Stadium der Krankheit befindliche und wenig Aussicht auf Wiederherstellung darbietende Thier gotödtet und secirt werden. Unter gewissen, später näher anzugebenden Verhältnissen wird für solche zum Zwecke der Seuchen-Constatirung getödtete Stücke der Ersatz aus dem Staatsschatze geleistet.
Bei ansteckenden Krankheiten darf die Cadaverötthung nicht in dem Seuchenhofe selbst vorgenommen werden, sie hat entweder auf dem Wasenplatze des Abdeckers, falls dieser sich in der Nähe des Seuchenortes befindet, sonst aber auf einem in der Nähe der Ortschaft auszumittelnden, abgelegenen Platze, welcher zugleich zur Verscharrung der Aeser — als Aasplatz — zu dienen hat, zu gesche­hen. Auf diesen Platz sind die Cadaver, u. z. wenn eine ansteckende Seuche unter dem Rindviehe herrscht, nur mittelst Pferdefuhren zu trans-portiren; kranke, erst zu tödtende Tliiere, wenn sie noch gehen können, sind dahin zu treiben und dort zu erschlagen, wobei jedoch immer die Vorsicht zu gebrauchen ist, dass hiezu abseitige, von dem Viehe des Ortes in der Regel nicht betretene Wege gewählt und diese von den etwa herabgefallenen Fxcrementen, Blut u. s. f. der Cadaver oder Kran­ken sorgfältig gcreiniget werden. Bei der Vornahme der Sectionen soll mit der grössten Umsicht und Genauigkeit vorgegangen werden, da eine sorgfältige Würdigung aller hiebei sich ergebenden Erscheinun­gen zur Sicherstellung der Diagnose der eben herrschenden Krankheit das Wesentlichste beiträgt.
Damit jedoch ein jeder Sachverständige sich bei der Einsicht des Sectionsbefundes überzeugen könne, ob die aufgenommenen Daten auch wirklich zur Feststellung der angenommenen Krankheit berechtigen.
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liaben sich die Sanitätsorgane bei der scliriftlichen Schilderung des Ca-davcrbefundes nicht bloss der allgemeinen Bezeichnung der pathologi­schen l'roeesse und Producte, z.H. die Lungen entzündet, tuberculös, die Darmschlchnhaut katarrhalisch u. s. w. zu bedienen, sondern sie ha­ben stets die Erscheinungen, die zur Annahme solcher Processe bestim­men, genau anzugeben.
Werden mehrere Cadaver secirt, so ist, falls sich nicht bei eini­gen ein anderer Befund ergibt, über stimmtliche nur ein cumnlativer Befundbericht zu verfassen und in demselben nur jene Erscheinungen besonders aufzufahren., welche bloss bei einzelnen Thieren angetroffen wurden.
sect;. 87. Nach Sammlung und Aufzählung aller dieser Daten geht das Erhebungs-Protocoll auf die eigentliche Bestimmung der Seuche und der Krankheit über. Es wird sieh nämlich aus der richtigen Wür­digung der anamneslischen Momente ergeben, ob die Seuche eine reine oder ansteckende Epizootic, eine reine oder ansteckende En-zootie oder eine sogenannte Contagion sei.
Aus den an lebenden Thieren erhobenen Krankheitserscheinungen und dem an den Cadavcrn sich herausstellenden Scotionsbcfunde ergibt sich die Diagnose der Krankheit, welche mit dem ihr zukommenden Na­men belegt werden muss. Zugleich ist hier die Heftigkeit, der mehr oder minder bösartige Charakter, mit welchem die Seuche auftritt, dann der schnelle oder langsame Verlauf derselben anzugeben.
sect;.88. Der nächste Theil des Erhebuogs-Frotocolles umfasst die prophylactischen und ärztlichen Anordnungen. Dieselben rich­ten sich nach der Natur der eben herrschenden Seuche und nach der Beschaffenheit der örtlichen Verhältnisse.
Mit Rücksicht auf das Vorbauungsverfahren ist anzugeben, welche Vorkehrungen insbesondere zur Beseitigung der erhobenen Ent-stehungsveranlassungeu der Krankheit getroffen worden seien, ob für die gesundheitsgemässe Beschaffenheit des Futters und Trinkwassers, für die möglichste Hintanhaltung gesundheitswidriger Gebrechen der Stallungen, etwa vorhandener üeberfüllung derselben mit Thieren u. s. w. vorgesorgt werden konnte.
In Bezug auf das Heilverfahren sind die einzelnen, den kran­ken wirklich verordneten Heilmittel, ihre Bestandtheile und deren Ga­ben kurz, jedoch genau aufzuführen. Wurde bei mehreren Kranken ein abweichendes Heilverfahren für nothwendig erkannt und in An­wendung gebracht, so ist diess auf dieselbe Art m dem Berichte ersichtlich
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zu machen, wie es in diesem Falle hei den Krankheitserscheinungen und dem Scctionsbet'unde zu geschehen hat. Bei dem Beginne anstecken­der Seuchen, welche nicht epi- oder enzootischen Verhältnissen; sondern der Einwirkung eines Contagiums ihre Entstehung verdanken, trägt das Behandeln kranker Thiere gewöhnlich nur zur weiteren Ausbrei­tung der Seuche bei, und es ist daher in einem solchen Falle wohl zu überlegen, ob es im Interesse einer schnellen Tilgung der Seuche nicht vorzuziehen sei, die evident kranken und die der geschehenen Ansteckung verdächtigen Thiere, so wie die mit ihren Ausscheidungen verunreinigten Substanzen schnell bei Seite zu schatten; eine Massregel, die sich namentlich bei der Rinderpest unter bestimmten Verhältnissen vortheilhaft bewährt.
Bei der Auswahl der Arzneistoffe soll vorzüglich auf solche Bücksicht genommen werden, deren Kostenbetrag zum peeuniären Werthe der behandelten Thiere im Verhältnisse steht. Ausländische und kost­spielige Arzneien sind, wo sie nicht imumgänglich nothwendig werden, zu vermeiden. Durchaus unstatthaft ist der widersinnige Luxus mit sol­chen Mitteln, die, wie z. B. Chinarinde, Bhabarber, Zimmt u. dgl. nur dazu dienen können, durch die Kostbarkeit ihrer Anschaffung den Land-wirth von ihrem Gebrauche abzuschrecken oder dem Staatsschätze Scha­den zuzufügen. In jenen Fällen, wo nur eine einfache und kunstlose Zusammenmischung der Arzneistotfe, so wie deren Vermengung im Gros­sen nothwendig ist, sollen die erforderlichen Quantitäten dieser Arznei­stotfe einzeln und unvermengt, aber namentlich signirt verschrieben werden. Sie werden entweder aus einer Apotheke, welche dieselben nach der Taxe für Thierheilmittel zu berechnen hat, oder von Material-waarenhändlern bezogen. Pflanzen und PHanzenstoff'e aber, welche in der Xähe ohne viele Mühe und Auslagen sich sammeln lassen, werden füglich auf diese letztere Art herbeizuschatten sein. Ueber die schick­liche Zusammensetzung und Bereitung der Arzneien, dann über die Bei­bringung derselben und die Vornahme anderer nothwendiger Hilfelei­stungen hat der behandelnde Seuchenarzt die Eigenthümer oder Wärter der kranken Thiere genau und fasslich zu belehren. In Fällen einer bedeutenderen Ausbreitung einer Seuche in einer Ortschaft wird es auch nothwendig werden, einige fähige Individuen, bei deren Auswahl der Ortsvorstand zu interveniren haben wird, zu diesen Hilfeleistungen ab­zurichten. In dem Orte selbst ansässige ärztliche oder thierärztliche Individuen können hiebei gute Dienste leisten.
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sect;. 89. Die strenge Durchführung der veterinär-polizeiliclien Sfassregeln ist bei ansteckenden Thierseuchen von der grössten Wichtigkeit, da hiedurch allein ihrer weiteren Ausbreitung- Schranken gesetzt und sie selbst mügliclist sclmell beendiget werden kann.
Auch bezüglich der, in dieser Rücksicht getroffenen Veranstal­tungen wird es dem Arzte zur Pflicht gemacht, seine Anordnungen, so wie er sie an Ort und Stelle gegeben hat, in dem Berichte speciell und genau anzuführen.
Obwohl sich die Art der durchzuführenden veterinär-polizeilichen Massrcgeln nach der Natur der behandelten Seuche und dem höheren oder geringeren Grade ihrer Contagiosität richtet und nach diesen Um­ständen eine verschiedene ist, so gehören doch hieher gewisse Veran­staltungen, welche, wenn auch in verschiedener Ausdehnung, bei jeder ansteckenden Thierseuche eingeleitet werden müssen, und daher in Nachstehendem ihre Erledigung finden sollen.
I. Separation der gesiiiidon vnn den kranken Thieren.
Bei ansteckenden Seuchen ist die Trennung der Gesunden von den Kranken stets u. z. in der Art vorzunehmen, dass die ge­sunden Thiere aus den inücirten Stallungen entfernt und in diesen nur die kranken zurückgelassen werden. Die ersteren sollen dann in andere unbesetzte Stallungen oder in Unterstände gebracht und daselbst von eigenen Wärtern, welche mit jenen der Kranken durchaus keine Ge­meinschaft pflegen dürfen, gefüttert und besorgt werden. Zur Sommers­zeit und bei schöner Witterung können die gesunden Thiere auch im Freien gehalten werden, nur ist hiebei zu beachten, dass diese Thiere dann vor Schädlichkeiten thunlichst geschützt und diätetisch entspre­chend gehalten werden.
Herrscht eine ansteckende Seuche in grosser Ausdehnung in einer Ortschaft, so wird es, um die zahlreichen Gelegenheiten zu Verschlep­pungen des Ansteekungsstoffes thunlichst hintanzuhalten, nicht selten nothwendig, zur Errichtung sogenannter l'estställc zu schreiten. Man wählt hiezu einen, von der Ortschaft etwas entfernten, abgelegenen Unterstand, Schuppen u. dgl. oder errichtet einen solchen und bringt in demselben alle evident kranken Stücke der Ortschaft unter, welche dort von eigenen Wärtern, die mit den Ortseinwohnem durchaus keine Gemeinschaft haben dürfen, gepflegt und nach Erfordemiss auch thier-ärztlich behandelt werden. Jene Thiere, welche mit den kranken in einem und demselben Stalle untergebracht waren und mithin, wenn auch
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TUguogsmassregelii.
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an scheinend gesund, der geschehenen Ansteckung bereits ver­dächtig sind, werden gleichfalls aus den Ställen gebracht und entwe­der in verschiedene, aussei- der Ortschaft gelegene Unterstände (Contu-mazställe) verthoilt, oder bei schöner Witterung im Freien u. z. in Haufen von 5—10 Stücken getheilt untergebracht. Audi diese verdäch­tigen Thiere müssen ein eigenes quot;Wartpersonale bekommen und es muss jedes offenbar erkrankende Stück sogleich in den Peststall übersetzt werden. Die von kranken und verdächtigen Stücken geleerten Ställe sind sogleich vorschriftmässig zu reinigen, Dünger und andere in denselben befindliche Abfälle auf die später anzugebende Art zu be­handeln.
Die Errichtung von Pest- und Contumazställen wird jedoch nur bei sehr contagiösen Seuchen zu einer Beschränkung der Ausdehnung und der Dauer der Seuche beitragen, bei contagiösen Epizootien, welche in Folge miasmatischer Einflüsse sich entwickelten, kann sie den erwar­teten Erfolg nie vollständig herbeiführen, da eine noch so strenge Ab­sonderung der Gesunden von den Kranken nur die üeberlragung des Contaghuns, nicht aber die fortdauernde Einwirkung der miasmatischen Schädlichkeiten hintanzuhalten vermag. — Wo es bei epizootischen und enzootischen Seuchen wegen des beschränkten Raumes nicht thunlich ist, die noch gesunden Thiere von den kranken vollständig zu trennen, sind die ersteren von den letzteren wenigstens so weit entfernt in dem Stalle aufzustellen, dass eine unmittelbare Berührung derselben unier einander nicht stattfinden kann und es ist durch Jleissiges Lüften und sorgfältige Peinlichkeit für die Ihunlichste Beseitigung der conta­giösen Effluvien Sorge zu tragen. Dort, wo diess ohne Belästigung der Thiere und ohne die Gefahr einer Verschlimmerung ihres Krankhcits-zuslandes geschehen kann, kann die Zerstörung des Contagiums durch die Entwicklung von Chlor- oder Salpetersäuren Dämpfen versucht werden.
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2. Verbot des Vieh-An- und Verkaufes.
In der Regel ist der Verkauf des Viehes nicht nur aus den ver­seuchten Ställen, sondern auch aus der Ortschaft, in welcher die Seuche herrscht u. z. für die ganze Seuchendauer strenge verboten, und es ist sich von der genauen Befolgung dieser Vorschrift bei Gelegenheit der Revisionen des OrtsA'iehstandes während und bei Beendigung der Seuche die Uebcrzcugung zu verschaffen.
Diese allgemeine Vorschrift erleidet jedoch in einzelnen Fällen eine Abänderung u. z. ist unter bestimmten Vorsichten der Abverkauf
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solchen Sohlacht- oder Stechviches gestattet, welches desshalb, weil es mit Thiereu, die an einer ansteckenden Krankheit gelitten haben, in Berührung stand, der geschehenen Ansteckung verdächtig ist, oder wel­ches bloss die ersten Zeichen einer Krankheit zeigt, bei deren Beginn der Fleischgenuss für den Menschen nicht naohtheilig ist. In keinem Falle darf jedoch der Verkauf oder die Schlachtung soldier Thiere gestattet werden, welche an einer, wenn auch erst beginnenden Krank­heit leiden, bei welcher der Fleischgenuss für den Menschen gefahrlieh ist, wie beim Anthrax in seinen verschiedenen Formen.
Der Abverkauf solchen seuchonverdächtigen Viehes darf stets nur an Fleischer, welche dasselbe sogleich schlachten, nie aber an Viehhändler, Viehzüchter u. dgl. stattfinden, und es muss die Schlach­tung entweder im Orte selbst geschehen und hionach eine gewissenhafte Fleischbeschau vorgenommen werden, oder es sind solche Thiere in eine in der Nähe gelegene, oder durch eine Eisenbahn bald zu erreichende Stadt, in welcher eine bedeutendere Fleischconsumtion stattfindet, zu transportiren. In diesem letzteren Falle ist dem abzutreibenden Viche stets ein Certificat der Seuchen-Commission mitzugeben, in welchem nebst der Zahl und dem Signalement der Thiere ausdrücklich bemerkt ist, dass dasselbe aus einem Seuchenorte stumme und sogleich zur Schlach­tung zu verwenden sei. Solchen Viehtrieben ist immer auch ein verläss­licher Wachemann beizugeben, welcher für die genaue Befolgung der ihm ertheilten Instruction verantwortlich bleibt.
Durch den, unter Beobachtung der nöthigen Vorsicht gegen etwaige Verschleppung des Contagiums gestatteten Ali verkauf verdächtigen Viehes an Fleischer, oder Zulassung der Consumtion desselben im Orte unter Beachtung der nothwendigen Kaulelen wird einerseits die Seu­chendauer, welche durch das wahrscheinliche allmälige Erkranken der Thiere sich lange hinaus erstrecken würde, abgekürzt, andererseits aber der bedeutende Schade, welcher dem Viehbesilzcr durch die Seuche zu­wächst, thunlichst verringert.
Zur Zeit des Herrschens ansteckender Seuchen, namentlich unter dem llindvieh und den Schafen, ist auch der Ankauf von Vieh der betreffenden Thiergattung nicht zu gestatten, da hiedurch die Menge der erkrankungsfähigen Thiere vermehrt und die Dauer der Seuche nothwendig verlängert werden würde. Nur den Fleischern ist, falls sie ihren Bedarf aus dem Seuchenorte nicht decken könnten, der Ankauf von Schlachtvieh von auswärts gestattet; jedoch haben sie jeden Zukauf sogleich dem Ortsvorstande anzuzeigen.
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Tilguugstuassregeln.
•1. Einstellung drs Weldrganges.
In don Ortschaften, in -wolclien ansteckende Seuchen herrschen, ist das Zusammenkommen der Thierc tliunlichst zu beschränken. Es sind daher nicht bloss die offenbar kranken und die der stattgcliab-ton Ansteckung verdäclitigen Stücke in den Ställen verschlossen zu hal­ten, sondern es muss auch der gemeinschaftliche Weidegang des an­scheinend gesunden Viehes, so wie das gemeinsame Tränken aus öffentlichen Brunnen verboten werden, da bei diesem Zusammentreffen einzelne etwa schon angesteckte Thiere das Contagium auf andere über­tragen und somit zu einer Verbreitung der Seuche Veranlassung geben könnten.
Diese allgemeine Vorschrift kann jedoch zu Zeilen, wo der Land-wirth wegen Futtermangel auf den Weidebesuch seines Viehes allein an­gewiesen ist und die Herbeischaffung der nöthigeu Futtervorräthe ent­weder ganz unmöglich oder mit unverhältuissmässigem Kostenaufwandc verbunden wäre, in der Art gemildert werden, dass gestattet wird, dass das Vieh der einzelnen Besitzer gemeinschaftlich, jedoch abgesondert von jenem der übrigen, auf besondere Weideplätze geführt und jede Vermischung der einzelnen Parcellen unter sich sorgfältig vermieden werde.
Das Herumschweifen von Hunden, Schweinen, Hausge­flügel ist in Ortschaften, in welchen ansteckende Thierseuchen herr­schen, auf das Strengste hintanzuhalten, da hiedurch zur Verschleppung des Ansteckungsstoffes häufige Veranlassung gegeben wird. Diese Thiere sind daher für die Seuchendauer in den Häusern eingeschlossen zu lullten.
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4. Ortssperre.
Bei dem Herrschen sehr ansteckender Viehseuchen (namentlich der Einderpest) in einer Ortschaft ist auch die vollkommene Sperre derselben anzuordnen. Es ist in einem solchen Falle den Ortseinwoh­nern strenge aufzutragen, nur in den dringendsten Fällen in Nachbar­gemeinden sich zu begeben, ihre Kinder dahin in die Schule zu schicken oder in benachbarten Kirchen den Gottesdienst zu besuchen. Viehtriebe dürfen den verseuchten Ort gar nicht passiren. Zur Sicherung der Um­gebung ist auch, u.z. namentlich beim Herrschen der Binderpest, an den Ein- und Ausgängen der Ortschaft eine Tafel mit der deutlich les­baren Aufschrift, dass daselbst diese Seuche herrsche, aufzustellen und durch verlässliche Wächter dafür zu sorgen, dass nicht Fleisch, Häute,
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Tilgungsmassregeln.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;161
Hörner, Thierabfiille, Heu, Stroh u. dgl. aus dem Seuchenorte wegge­führt werden.
5. Einstellung der Viehmärkte.
So wie in den verseuchten Ortschaften selbst die Abhaltung von Viehmärkten während der ganzen Seucheudauer auf das Strengste zu verbieten ist, so gilt diess bei dem Herrschen ansteckender Seuchen auch für die Umgebung desselben, und es darf unter diesen Umständen in einem Umkreise von 3 Stunden um den Seuchenort herum ein Viehmarkt nicht abgehalten werden. Eben so dürfen Uebersiedolungen der Einwohner mit ihrem Viehe aus dem Seuchenorte nicht zugelassen werden.
0. Aiisiniltcliing des Aasplatzes, Verscharren der Cadaver.
Befindet sich eine Wasenmeisterei nicht in der nächsten Nähe dos Seuchenortes, so dass die Cadaver der umgestaudenen Thiere nicht leicht an den daselbst befindlichen Verscharrungsplatz geschafft werden können, so ist ein Aasplatz zu diesem Zwecke auszumittelu. Derselbe soll in nicht zu grosser Entfernung von der Ortschaft, aber so gelegen sein, dass er und der zu ihm führende Weg unter gewöhnlichen Ver­hältnissen von dem Viehe selten oder gar nicht betreten wird. Es muss dafür Sorge getragen werden, dass während des Trausportes der Aeser oder der zu erschlagenden Thiere kein gesundes Vieh die Strasse betrete. Sollte dieser Weg durch Abfälle, Blut, Exoremente u. s. w. verunreini­get werden, so sind diese sammt der obersten verunreinigten Erdschichte abzulieben und auf den Aasplatz zu bringen. Es versteht sich von selbst, dass die Cadaver der an ansteckenden Krankheiten gefallenen Hinder nur mittelst Bferdefuhren auf den Wasenplatz gebracht werden dürfen.
Hat sich die Nothwendigkeit der Errichtung von Pestställen herausgestellt, so sind diese am geeignetsten in der Nahe des Aasplatzes anzubringen, da hiedurch die Wegschaffung der Cadaver aus denselben mit den geringsten Mitteln ermöglichet wird.
Auf dem Vcischarrungsplatze selbst ist auch die Reinigung der Häute, Hörner, Klauen, das Ausschmelzen des Unschlittes, das Entfleischen der Knochen — sobald diess überhaupt gestattet ist — vorzunehmen und es sind desshalb die zu diesen Manipulationen nothwendigen Geräthschaften eben dahin zu bringen. Die hiebe! beschäf­tigten Personen dürfen weder mit dem gesunden, noch mit dem, der stattgehabten Ansteckung verdächtigen Viehe, noch mit den Ortseinwoh-
Roll, l'atliül. nrnl Therapie. 11 Anfl.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;11
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TilgiuigiuiiasBregelii.
nem zusammmenkommen und sind in dieser Bücksicht durch verläss­liche Personen zu überwachen.
])ic Gruben, in welchen die Aeser verscharrt werden, sind so tief anzulegen, dass ühcr die hineingeworfenen, vorher zerhackten Ca­daver eine wenigstens 5 Schuh hohe Erdschichte zu liegen kommt, welche schliesslich fest zusammenzutreten und mit Dornengestrüpp und Steinen zu belegen ist, um das Ausscharren und Verschleppen der Aas-theilo durch Hunde oder Raubthiere thunlichst zu verhüten; diese Stel­len sind ausserdem durch eine Tafel kenntlich zu machen. In diese Aas­gruben ist auch die mit den Abfallen der Cadaver verunreinigte Erde, bei sehr ansteckenden Krankheiten auch der Stalldünger zu verscharren.
Das Eröffnen der Aasgrubcu zum Zwecke, um die in den­selben befindlichen Thierknochen zu technischen Fabricationen zu verwen­den, darf erst 10 Jahre nach ihrer Schliessung u. z. immer erst nach eingeholter Bewilligung und unter Intervention der politischen Behör­den gestattet werden.
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7. Behandlung der Baute, Bonier, Klauen, des l'iischllUes und der Knnchen.
Die Benützung der Häute, Hörner und Klauen ist bei allen Rinderseuchen, mit Ausnahme der acutesten Milzbrandfälle, die Verwendung der Häute bei Pferdeseucheh, mit Ausnahme jener der an Rotz und Wurm umgestandonen oder desshalb vertilg­ten Thiere, dann bei Schafseuchen mit Ausnahme der l'ocken-seuchc und Räude, endlich mit Ausnahme jener der an Wuth ein­gegangenen Thiere jeder Art gestattet. In den erwähnten Ausnahms-fällen sind die durch Kreuzscbnitte vorher unbrauchbar gemachten Häute sammt den zerstückten Cadavern in den Aasgruben zu verscharren.
In allen übrigen Fällen ansteckender Thierseuchcn können die Häute benützt werden, sie müssen jedoch, bevor sie in den Handel gesetzt werden, vorerst der Desinfection unterzogen werden. Biese geschieht entweder auf die Weise, dass die frisch abgelederten Häute in mit Aschen- oder Kalklauge gefüllte Bottiche gelegt und daselbst durch 24 Stunden belassen, dann herausgenommen und durch 8 Tage dem Luftzuge ausgesetzt werden, während welcher Zeit wiederholt unter ihnen Stroh anzuzünden und zu verbrennen ist, oder dadurch, dass die frischen oder vorher nassgemachten Häute den Dämpfen der schwefligen Säure ausgesetzt und dann durch 8 Tage gelüftet wer­den. Zu diesem Zwecke werden die Häute entweder an einem feuer­sicheren Orte oder in, zu diesem Zwecke ausgehobenen, tiefen Gruben
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Tilgmigsnmssrogeln.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;1 bo
auf Stangen neben einander gehängt und am Boden des üemaehes oder der Grube Stangenschwefel angezündet, wobei das erslcre wohl zu ver-scbliessen, die letztere aber oben mit Brettern gut zu bedecken ist, um die Dämpfe, welche wenigstens durch l/4 Stunde einzuwirken haben, beisammenzuhalten.
Hörner und Klauen werden durch 12 Stunden in Salzwasser gelegt, hierauf gut abgewaschen und getrocknet.
Das Unschlitt der Rindscadaver darf über Feuer ausgeschmol­zen und in reinen üefässen aufbewahrt werden.
Die Wolle von Schafen, die mit ansteckenden Krankheiten be­haftet waren, so wie von solchen, die mit ihnen in Berührung gekom­men sind, darf erst nach sorgfältiger Waschung, Trocknung und Durch­lüftung in den Verkehr gesetzt werden.
Dort, wo eine Seuche in grösserer Ausdehnung herrscht und der Erlös aus den Knochen der umgestandenen oder vertilgten Thiere sich als lohnend herausstellen würde, darf die Herausnahme derselben aus den Cadavern und die Reinigung derselben von der Seuchen-Com-mission unter Beobachtung gewisser Modalitäten gestattet werden. Hiebei sind jedoch nachstehende Punkte zu beobachten:
a)nbsp; nbsp; Die Knochen von Rindern, welche an der Lungenseuche gelitten haben, sind von allen Weichtheilen zu befreien, gut abzuwaschen und an der Luft zu trocknen.
b)nbsp; nbsp; Bei dem Herrschen der Rinderpest ist das Herausnehmen der Knochen dann unzulässig, wenn durch das Erschlagen der we­nigen vorhandenen Kranken und Seuchen verdächtigen, und durch das schnelle Hinwegräumen aller mit denselben in Berührung gewesenen Gegenstände eine rasche Tilgung der erst in geringer Ausdehnung herr­schenden Seuche mit Grund erwartet werden kann, d. h. wenn im Be­ginne der Seuche die Anwendung der Keule angezeigt ist. Hier wäre nämlich zu besorgen, dass durch die längere Manipulation mit den Ca­davern zu verschiedenartigen Verschleppungen des Contagiums Veran­lassung gegeben und die schnelle Tilgung der Seuche behindert werde. In diesem Falle sind daher die abgelederten Cadaver sammt den Kno­chen vorschriftmässig zu verscharren.
Herrscht die Rinderpest jedoch in einem Orte in grosser Aus­dehnung und ist mit Grund anzunehmen, dass die Ansteckung bereits bei zahlreichen Stücken stattgefunden habe, so darf das Herausnehmen der Knochen aus den Rindscadavern von der Seuchen - Commission
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TUgun^smassi-egeln.
zugestanden werden. Die sorgfältig enttteischten Knochen sind entwe­der durch einstündiges Kochen in siedendem Wasser und nachheriges Trocknen an der Luft oder durch Rösten derselben über Feuer bis zur Verkohlung der noch anhängenden Weichtheile und oberflächlicher Bräu­nung der Knochen zu desinficiren. Der erstere Vorgang empfiehlt sich dann, wenn die Knochen zur Fabrication von Knochenmehl, der letz­tere, wenn sie zur Darstellung von Spodium verwendet werden sollen.
c) In den acutesten Fällen von Anthrax (Milzbrand), wo eine längere Manipulation mit den Cadavern für die Gesundheit der dabei beschäftigten Menschen höchst nachtheilig wäre, sind die Aeser mit Haut und Knochen zu verscharren. In den weniger aeuten Fällen und bei grösserer Verbreitung der Seuche ist die Herausnahme und Desinfection der Knochen unter Ecobachtung der für die Kinderpest
d) An der Wuth gefallene Thierc und an llotz oder quot;Wurm umgestandene oder desshalb vertilgte Pferde sind sammt Haut und Kno­chen zu verscharren. Die Erlaubniss zur Vornahme der Desinfection der Knochen ist stets von dem Ermessen der Seuchen-Commission abhängig, welche sich auch von dem vorschriftmässigen Vorgange hiebei, so wie bei der Eeinigung der Häute, Hörner, Klauen u. s. w. die verlässliche Ueberzeugung zu verschaffen und dafür Sorge zu tragen hat, dass die, rücksichtlich der Verscharrimg der Cadaver bestehenden Vorschriften lüednrch keinen Abbruch erleiden.
Alle diese Manipulationen sind, wie schon bemerkt, auf dem wohl zu überwachenden Verscharrungsplatze selbst vorzunehmen, um joder Verschleppung des Cohtagiums thunlichst zu begegnen.
Die Häute, Hörner, Klauen und Knochen, so wie das Un-schlitt der umgestandenen oder vertilgten Thiere darf sich bei Seu­chen in keinem Falle der Wasenmcister zueignen, sondern die­selben bleiben Eigenthum des Viehbesitzers. Der Wasenmcister hat nur auf die gesetzliche Taxe für das Ausführen und Abledern der Cadaver Anspruch zu machen und sich wegen einer Entschädigung für die von ihm besorgte Desinfection der Häute u. s. w. mit den Eigenthümern zu benehmen.
Alle diese gehörig gereinigten thierischen Producte müssen in sorgfältige Verwahrung genommen werden und der Verkauf derselben ist erst nach erklärter Beendigung der Seuche gestattet.
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Tilgnngsmassregeln.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;165
8. Relnlgniig der Ställe mid Geräthe.
Sobald irgend, ein Seuchenstall von kranken und verdächtigen Stücken geleert ist, muss er sogleich der vorschriftmässigen Reini­gung unterzogen worden, um so rasch als möglich alle Vehikel und Träger des Ansteckungsstoffes zu entfernen.
Zu diesem Zwecke wird der Dünger ausgeführt, hölzerne Fuss-böden werden ausgehoben, die zerbrochenen und morschen Dielen zer­hackt und verbrannt, die brauchbaren auf beiden Seiten abgehobelt und mit Lauge gewaschen; die Erde unter diesem Fussboden, oder wenn letzterer bloss ans Erde besteht, wird diese so tief ausgegraben, als die Mistjauche sich darin versenkt hat; das Ziegel- oder SteinpHastcr wird gleichfalls ausgehoben, mit heisser, starker Lauge gewaschen und an der Luft getrocknet, die Erde unter demselben wie früher behandelt. Die gemauerten Stallwände werden abgekratzt und mit Kalk frisch üher-tüncht; hölzerne Wände abgehobelt, mit heisser Lauge gewaschen und nach dem Trocknen gleichfalls mit Kalk bestrichen. Alte hölzerne Fut­terharren und Raufen werden verbrannt, die noch brauchbaren überall abgehobelt, mit heisser Lauge gewaschen und durch mehrere Tage an der Luft getrocknet. Die Fenster und Thüren des Stalles werden hierauf geöffnet, damit die Luft durch mehrere Tage denselben nach allen Richtungen durchstreichen kann und nach vollkommener Durchlüftung desselben wird der Boden mit frischer Erde belegt und diese festgestampft, oder auf derselben die neuen gereinigten Dielen oder das Pflaster angebracht.
Die gereinigten und wohl durchlüfteten Stallungen können der Vorsicht wegen auch noch durchräuchert werden. Man verwendet hiezu am gewöhnlichsten die Chlordämpfe, welche man entwickelt, wenn man auf eine, in eine irdene Schale geschüttete Mischung von ti Loth gestossenem trockenem Kochsalze und 3 Loth gepulvertem Braunsteine allmälig unter beständigem Umrühren 4 Loth ooncentrirte Schwefelsäure giesst, wornach Fenster und Thüren gut verschlossen wer­den. Die angegebene Menge der Ingredienzien ist hinreichend, um einen Raum von 30' Länge und Breite und 12' Höhe auszuräuchern. Es versteht sich von selbst, dass während der Dampfentwicklung Menschen den Stall verlassen müssen.
Auch die Smyth'schen oder Salpetersäuren Räucherungen können zur Desinfection verwendet werden. Man nimmt hiezu 2 Loth gepulverten Salpeter und übergiesst ihn unter Umrühren mit 1 Loth
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Tilgungsinassrogelii.
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concentrirter Schwefelsäure. Die Bäucherungen mit angezündetem Schwefel oder mit Wachholderholz u. dgl. sind der Feuersgefahr Avegen nicht anzurathen.
Alle bei dem, mit ansteckenden Krankheiten behafteten Viehe gebrauchten Stallgeräthe sind gleichfalls sorgfaltig zu reinigen; Ket­ten und anderes Eisenwerk wird geglüht oder mit heisser Lauge ge­waschen; Stroh, Stricke, Decken, Halftern u. dgl., so wie bereits schlechte hölzerne Gerät he, Tränkeimer u. dgl. sind zu verbrennen, brauchbare jedoch wiederholt mit heisser Lauge zu waschen und wohl zu durchlüften.
Wo die Ställe aus einem nicht zu reinigenden Materiale, z. B. Euthengeflechtcn bestehen, sind sie unnaehsichtlich niederzuroissen, sammt dem darin befindlichen Dünger und der ausgehobenen Erde aus­zuführen, an einem abseitigen Platze theils zu verbrennen, theils ge­hörig zu verscharren, und anstatt der niedergerissenen neue zu errichten.
Der Stalldünger und die bei der Stallreinigung ausgehobenc Erde müssen sorgfältig aus den Seuchenstallungen weggeräumt und an Orte gebracht werden, wo sie zur Ansteckung keine Veranlassung geben können. Sie sind daher auf abgelegene Felder zu führen und daselbst sogleich unterzuackern, wozu man sich jedoch stets solcher Thiergat-tungen zu bedienen hat, die für die betreffende ansteckende Krankheit keine Empfänglichkeit besitzen. Der von pestkranken Bindern herrüh­rende Dünger ist jedoch, so wie die aus den Stallungen ausgehobene Erde unter allen Verhältnissen auf abgelegenen Plätzen in tiefe Gruben zu verscharren und mit Erde zu verstampfen, oder aber zu verbrennen Die zum Ausführen gebrauchten Wägen sind wie die Stallgeräthe zu reinigen, die zu diesen Plätzen führenden Wege von dem etwa von den Euhren herabgefallenen Unrathe wohl zu säubern und dürfen von ge­sunden Thieren, welche Empfänglichkeit für die Ansteckung haben könnten, durch mehrere Tage nicht betreten werden.
Futterstoffe und Streustroh, welche sich entweder in Holz­böden über den Seuohenstallungen befanden, oder mit den kranken Thieren in Berührung gekommen oder besudelt worden sind, müssen an einem entlegenen Orte 14 Tage lang durchlüftet und wo möglich nur zur Fütterung für Thicrgattungen benützt werden, denen die Em­pfänglichkeit für die bestimmte ansteckende Krankheit mangelt. In die entleerten Futterböden darf erst nach 14 Tagen wieder neues Futter untergebracht werden.
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Tilgungsmaslt;jregelii.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; lh i
9. Benehmen der Wärter, Aerzte und Thierärzte.
Dio Personen, welchen die Besorgung der an ansteckenden Krank­heiten leidenden Thiere übertragen ist, sind je nach der stärkeren oder geringeren Ansteekungstahigkeit der Krankheit mehr oder weniger strenge zu beaufsichtigen und dürfen durchaus nicht mit gesunden, anstcckungs-tahigen Thieren, oder mit Personen, welche das Contagium weiter ver­schleppen könnten, in Berührung kommen. Sollton dieselben ihre Be­schäftigung wechseln, so haben sie sich vorerst wohl zu reinigen, und ihre Kleider zu deshiticiren, oder falls diess nicht möglich wäre, mit anderen zu vertauschen. Aerzte und Thierärzte, welche mit anste­ckenden Krankheiten behaftete Thiere zu besorgen haben, müssen sich entweder bloss allein liiemit beschäftigen, oder wenn sie auch mit ge­sundem Viehe zu thun hätten, täglich zuerst dieses und hierauf erst das kranke besuchen, wobei es rätlilich ist, sich zu dem letzteren Zwecke stets besonderer Kleider zu bedienen.
10. Requisition von IHililär-Assistenz.
In den gewöhnlichen Fällen wird die Ueberwachung der Durch­führung der angeordneten Veterinär - polizeilichen Massregeln der Orts­obrigkeit unter Assistenz der üeusd'armerie zu überlassen sein; bei gefahrdrohender Ausbreitung einer Seuche oder bei sich ergebender Renitenz oder Lässigkeit der Ortseinwohner ist die Seuchen-Commission ermächtiget, die Assistenz des Militärs zu beanspruchen, welches dann bei seinem Eintreffen in dem Seuchenorte über die ihm zugewie­senen Verrichtungen umständlich zu belehren ist.
11. Mittheilung des Seuchenausbruches an die umliegenden Ortschaften
Sobald die Gegenwart einer ansteckenden Seuche in einer Ort­schaft constatirt ist, sind hievon alle benachbarten Ortschaften ämtlich in die Kenntniss zu setzen, welche dann den Verkehr mit der ersteren auf das Thunlichstc zu beschränken und alle jene Vorsichtsmassregcln zu beobachten haben, welche ihnen von der Seuchen-Commission vor­gezeichnet werden.
Ob diese Verständigung an die Xachbargemeinden stattgefunden habe, ist stets in dem Erhebungs-Protocolle ausdrücklich zu bemerken.
Es versteht sich von selbst, dass in einem Seuchenortc die Ueber­wachung der Vieh- und Fleischbeschau mit grösster Strenge statt zu finden habe und es sind auch die Ortstleischhauer bei herrschenden
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Tilgungsmassregoln.
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Eindersoucheu auf das Schärfste anzuweisen, jeden geschehenen Schlacht-Yiehankauf, gleichgiltig, ob derselbe auswärts oder im Seuchenorte ge­schehen ist, der Ortsobrigkeit anzuzeigen.
Dom Erhebungs - Protocoüe wird die Namensuntorschrift des zur Erhebung abgeordneten Arztes oder Thierarztcs und des politischen Commissars beigesetzt.
sect;. 90. Die periodischen Rapporte. Sobald in einer Ortschaft von dem hiezu berufenen Arzte eine Thierseuche constatirt und hierüber das Erhebungs - Protocoll dem politischen Amte überreicht worden ist, werden über den weiteren Verlauf derselben periodische Berichte u. z. in der Regel in Zwischenräumen von 14, bei der Rinderpest und anderen sehr gefahrdrohenden Seuchen in Zwischcnfriston von 8 Tagen vorgelegt.
Die betreffenden Colonnen dieses Rapportes müssen die Namen des .Bezirkes und der Ortsehalten, den Tag des Ausbruelies, der Anzeige und der amtlichen Con-statirung der Seuche, den bei der Constatirung erhobenen Viehstand, die Zahl der verseuchten Höfe, die Anzahl der seit der letzten üeriehterstattung verbliebenen und in der 8- oder Utägigen Zwischenzeit hinzugekommenen Kranken, dann der Gene­senen, Gefallenen, als krank oder verdächtig Erschlagenen, und als krank A'erbleiben-den, ferner die Hauptsumme der vom Anfange der Seuche bis zum Tage des Ab­schlusses des Rapportes erkrankten, genesenen, gefallenen und erschlagenen Thiere, endlich den Gesammtviehverlust und den verbliebenen Viohstand in Zahlen ausge­drückt, und noch Rubriken für den Tag der erklärten Beendigung der Seuche, den Namen und Character des Arztes oder Thierarztcs und für etwaige Anmerkungen enthalten.
Sollte sich dieselbe Seuche über mehrere Ortschaften eines Bezirkes verbreitet haben, so ist, falls die Behandlung derselben einem und demselben Arzte oder einer und derselben Seuchen-Commission zu­gewiesen wäre, nicht über jede Ortschaft ein abgesonderter periodischer Rapport zu erstatten, sondern die befallenen Ortschaften sind in der Ordnung, in welcher der Seuchenausbruch der Zeit nach erfolgte, in dieselbe Rapports-Tabello aufzunehmen, jedoch diese in allen ihren Ru­briken gehörig abzuschliessen. Jene Ortschaften, in welchen allenfalls wiederholte Ausbrüche stattfanden, sind neuerdings aufzuführen, und sobald die Seuche in einer Ortschaft erloschen sein sollte, ist diese nach Erstattung des Schlussbcrichies in die ärztliche Rapports-Tabelle nicht weiter aufzunehmen.
Den Rapports - Tabellen sind stets Berichte beizuschliessen, in welchen in der Regel nur mehr dasjenige anzuführen ist, was sich seit der letzten Revision im Seuchenorte und seit dem letzten Berichte Be-raerkenswerthes ergeben hat. Sie sollen enthalten:
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Tilgangsmnssrognln.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;IbJ
a)nbsp; nbsp;die besonderen, in Bezug auf die Dauer, den Verlauf, die Ausgänge, Nachkriuikheitcn, Ursachen einer grösseren Sterb­lichkeit, über den Gang und die weitere Verbreitungsart gemach­ten Wahrnehmungen;
b)nbsp; nbsp;die Bemerkungen über den Krfolg des eingeleiteten Vorbau-ungs- und Heilverfahrens; so wie
c)nbsp; nbsp; über die Durchfübrung und Handhabung der veterinär-po-lizeilichen Massregeln.
Sollten sich bei den Revisionen Unzukömmlichkeiten in Rücksicht der Befolgung der eingeleiteten veterinär-polizeilichen Massregeln erge­ben, so sind die desshalb Schuldtragenden auf Grundlage eines mit ihnen aufgenommenen l'rolocolles zur Straf-Amtshandlung anzuzeigen und die sect;sect;. 400—402 des Strafgesetzbuches in dem betreffenden Seu-chenorte zu republiciren.
sect;. IM. Beendigung der Seuche. Eine Thierseuche darf erst dann als erloschen erklärt werden, wenn weder ein krankes noch ein seuchenverdächliges Stück mehr im Reste verblieben ist, wenn die Rei­nigung sämmtlicher inficirler Stallungen und Gcräthe vorgenommen, der Stalldünger entweder vertilgt oder, wenn diess zulässig, untergeackert ist und alle bei den seuebenden Thieren verwendeten Individuen sich einer vollständigen Reinigung unterzogen haben. Von dem Gesund­heitszustände der Thiero einer verseucht gewesenen Ortschaft ist sich in jedem Falle durch eine Revision des Viehstandes die Ueberzeugung zu verschaffen, wobei sich auch etwa während der Dauer der Seuche heimlich vorgenommene An- oder Abverkäufc von Vieh ergeben werden.
Selbst dann aber, wenn bei dieser Schlussrevision kein weiterer Krankheitsfall angetroffen wird, darf die Seuche nicht unbedingt als erloschen erklärt werden, wenn nicht seit dem letzten Todes- oder Ge­nesungsfalle ein bestimmter Zeitraum verflossen ist, welcher wenigstens der Dauer des Incubationsstadiums der behandelten ansteckenden Seuche gleich ist, da man bis zum Ablaufe dieses Zeitraumes vor einem neuen Ausbruche der Krankheit nicht sicher ist.
Diese sogenannte Obse rvat ions peri ode ist für die Rinderpest auf 21, für Rotz und Wurm der Pferde auf 15, für die übrigen an­steckenden Seuchen auf 10 Tage, von dem letzten Gencsungs- oder To­desfälle an gerechnet, festgesetzt.
Wird die Seuche in einer Ortschaft für beendigt erklärt, so sind hievon die benachbarten Orte in die Kenntniss zu setzen, und alle über die erstere verhängten Sperrmassregeln aufzuheben.
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Allgemeine FurinGn dor StiSrongeii. — Fmictionelllaquo; StSrnngen.
sect;. 92. Schlussbericlit. Mit dem Aufhören der Seuche in einer Ortschaft ist der zur Seuchenbehandlung delegirt gewesene Arzt ver-ptliclitet, einen möglichst vollständigen Schlussbericht, unter Anschluss einer Rapports-Tabcllc, an die politische Behörde zu erstatten, in wel­chem folgende Punkte genau erörtert werden müssen:
a)nbsp; nbsp;die Entstehungsanlässe;
b)nbsp; nbsp;die Beschreibung der Krankheit nach ihren Symptomen;
c)nbsp; nbsp;die Ergebnisse der gemachten Cadaveröttnungen;
d)nbsp; nbsp;die besonderen, in Beziehung auf die Natur, Dauer, den Ver­lauf, die Ausgänge, Nachkrankheiten, Ursachen einer grösseren Letha-lität und die weitere Verbreitungsart gemachten Wahrnehmungen;
e)nbsp; nbsp;das eingeleitete Vorbauungs- und Heilverfahren und dessen Er­folg; endlich
f)nbsp; nbsp;die durchgeführten polizeilichen Massregeln und deren Beob­achtung.
V. Abschnitt.
Die allgemeinen Formen der Störungen.
sect;. 93. Schon früher (sect;. 3) wurde erwähnt, dass die im thierischen Organismus vorkommenden Störungen in grob mechanische, in functionelle und in anatomische unterschieden werden können. Da die ersteren dem allgemeinen Gebrauche nach, dem Gebiete der Chirur­gie zugewiesen werden, so wird hier hauptsächlich nur von den beiden letzteren Formen der Störungen die Rede sein.
I. Functionelle Störungen.
sect;. 94. Die Function der Theile des thierischen Körpers kann auch, ohne dass in der materiellen Zusammensetzung derselben irgend eine Abweichung nachweisbar wäre, zunächst nach zwei Richtungen von der Normalität abweichen, einerseits, indem die Functionirung entweder an und für sich oder mit Rücksicht auf die nachweisbaren Einwirkun­gen ungewöhnlich intensiv ist, andererseits, indem sie entweder an und für sich oder im Verhältnisse zu den stattgefundenen Einwirkungen ungewöhnlich schwach oder unvollkommen erfolgt, oder sogar völlig aufhört.
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Fimettonelle StSrungeu. — IrritaUonrformen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;171
Diesem nach können die functionellen Störungen in Irritations-(Beizungs-) und in Schwäche- oder Lähmuugsformen unterschie­den werden, denen wir als eine besondere Form auch noch das Fieber anschliessen.
A. Die Irritalionxfonnei).
sect;. 96, 1. In der Sphäre der Empfindung tritt diese Art der Functionsstörungen entweder als erhöhte Empfindlichkeit der Ner­ven gegen äussere Einwirkungen oder in der Form lästiger Empfindun­gen, Schmerzen, auf.
Eine erhöhte Empfindlichkeit trifft man unter den Hausthieren insbesondere bei verweichlichten Hunden, Pferden und veredelten Schafen. Sie gibt sich dadurch zu erkennen, dass an und für sich ge­ringfügige Eintiüsse schon empfunden werden und selbst Schmerz zu erzeugen im Stande sind. Sie ist meistens unabhängig von anatomischen Störungen, kann jedoch auch in Gewebsänderungen einzelner Nerven, in Krankheiten des Gehirnes und Rückenmarkes, in gewissen Abände­rungen der Blutmischung begründet sein, wornach auch die Therapie entsprechend einzurichten ist.
Lästige Empfindungen und Schmerzen werden durch höchst verschiedene Zustände veranlasst, wie durch Zerstörung von Empfin­dungsnerven, durch Gewebsverändcnmgcn in Theilcn, in welchen Em­pfindungsnerven sich verzweigen, wo sie dann um so heftiger werden, je zahlreicher die in dem Organe verlaufenden sensoriellen Nerven sind, und je starrer das in ihr Gewebe abgelagerte Product ist; durch Druck auf einen Empfindungsnerven entweder in seinem Verlaufe oder an sei­ner Ursprungsstelle in den Centralorganen. Nicht selten wrerden auch Schmerzen in einem Theile durch Erkrankungen eines anderen, von ihm entfernt liegenden Theiles (durch Sympathie) veranlasst. Schmerz kann überhaupt überall dort entstehen, wro Empfindungsuerven sich vorfin­den , vorausgesetzt, einerseits, dass von der Stelle aus, wo der Nerve gereizt wird, eine ununterbrochene Leitung bis zum Gehirne stattfindet und andererseits, dass dieses letztere für Eindrücke empfänglich ist. Theile, welche unter normalen Verhältnissen wenig oder keine Empfind­lichkeit zeigen, können erkrankt die heftigsten Schmerzen veranlassen (wie Knochen, fibröse und seröse Häute), gleichwie auch Nerven, welche unter gewöhnlichen Umständen deutliche Empfindungen nicht veranlas­sen, wie der Sympathicus, in Krankheiten Schmerzempfindung hervor­rufen können.
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17lt;önbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Ftmctionelle St5rnngen. ~ In-itationsformen.
Bei Thiercn lässt sich wohl der Grad, nicht aber die Beschaf­fenheit des Schmerzes erkennen und ausmitteln; in vielen Fällen kann aus der Grosse desselben mit Rücksichtnahmp auf das Gewebe des kranken Organes ein Schluss auf die Grosse der ihn veranlassenden Störung gemacht werden. Umgekehrt jedoch darf aus der Abwesen­heit des Schmerzes nicht auf die normale Beschaffenheit eines Theiles I
geschlossen werden, da die Erfahrung lehrt, dass sich Gewebsstorungen jeder Art, ohne zu Schmcrzäussenmgen Veranlassung zu geben, ent­
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wickeln können. Eben so wenig gibt das Vorhandensein des Schmerzes
einen Anhaltspunkt, um auf das Vorhandensein einer bestimmten Er­krankung zu schliessen.
Bei dem Umstände, als die subjeetiven Empfindungen eines Thie-res dem Thierarzte entgehen, ist die Bestimmung des Sitzes der
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Schmerzen häufig mit Schwierigkeiten verbunden. Im Allgemeinen geben die Thicrc ihren Schmerz entweder durch Schonung des schmerzenden Theiles und Vermeidung des Druckes auf denselben oder durch gewisse Bewegungen, Unruhe, Schlagen oder Umsehen nach diesem Theile, so wie durch eine grösserc Empfindlichkeit bei Berührung desselben zu er­kennen. Nach lang andauernden und heftigen Schmerzen stellt sich bisweilen Abstumpfung und sogar Unempfindlichkeit gegen äusserc Einwirkungen ein, in welchem Falle dann auf veränderte oder aufge­hobene Leitung der Empfindung zum Gehirne oder auf eine Erkrankung dieses letzteren geschlossen werden muss.
So lange der Schmerz in einem Theile heftig ist, gibt sich auch eine Besserung im Krankheitszustande nicht zu erkennen; sobald er jedoch an Intensität nachlässt, beobachtet man nicht selten eine ent­schiedene Abnahme der Krankheit. Bisweilen, jedoch nicht immer, fällt dieses Aufhören des Schmerzes mit den ersten Erscheinungen der Bes­serung zusammen, in anderen Fällen dauert jedoch die Krankheit nach dem Verschwinden der Schmerzen noch durch einige Zeit an, nimmt jedoch bald einen entschieden günstigeren Verlauf; in anderen endlich kann man nach einer künstlichen Unterdrückung des Schmerzes die Krankheit rasch eine Wendung zum Besseren nehmen sehen, wodurch es den Anschein gewinnt, dass der Schmerz selbst bei Gegenwart von Gewebsstorungen diese unterhalte und ihre Zunahme begünstige.
Jedoch nicht bloss auf den kranken Theil, sondern auch auf an­dere Organe übt der Schmerz nachtheilige Wirkungen aus. Den Ein-tiuss auf das Gehirn erkennt man daraus, dass länger andauernde oder heftige, bei empfindlichen Thieren selbst massige, aber fortdauernde
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Functionelle Störungen. — In-itationsformeii.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; I to
Sehmerzen entweder Aufregung, die sich sogar bis zur Käserei stei­gern kann, oder aber Stumpfsinn und Betäubung hervorrufen. Die Entstehung sogenannter Mitempfindungeu beweist die Ausbreitung des Schmerzes auf andere Empfindungsnerven, welche entweder in der Nähe des ursprünglich schmerzhaften ürganes liegen oder auch ganz entfernt von ihm sich befinden; bisweilen, jedoch viel seltener, tritt bei Schmcrzhaftigkeit eines Theiles Verminderung der Empfindung oder Empfindungslosigkeit in einem anderen auf; am häufigsten in der Sphäre der Triebe, wie Hunger, Geschlechtstrieb u. s. w.
Der Einfluss des Schmerzes auf Bewegungsnerven gibt sich durch Zittern, Krämpfe, bisweilen auch durch den Eintritt von Lähmungen zu erkennen. Am auffallendsten ist der Eiutluss der Schmerzen auf die Kreislaufs- und Absonderungsorgane, dann auf die Ernährung des schmerzhaften Theiles; häutig stellt sich, insbesondere bei heftigen Schmerzen, höhere Eöthung und Wärme, Vermehrung der Absonderung, bei längerer Andauer Schwund des Theiles ein, in anderen Eällen fin­det sich Blässe und Zusammensinken, Verminderung seiner Wärme und Absonderung. Bei längerer Andauer des Schmerzes erfolgt Sinken der Ernährung des ganzen Körpers, Schwund des Fettes, Schlaffheit der Haut und Glanzlosigkeit der Haare. Lange anhaltende heftige Schmer­zen veranlassen auch eine Umänderung der Blutmischung, wobei es dunkel gefärbt, reich an Cruor, arm an Faserstoff wird. Diese Zersetzung mag in manchen Eällen die Ursache des Eintrittes des Todes sein, we­nigstens wurden bei Pferden, welche in Eolgc heftiger llehekrankheit zu Gründe gegangen waren, aussei- der angeführten Blutbeschati'enheit keine Veränderungen in irgend einem wichtigen Organe angetroffen.
Die Behandlung der Schmerzen beabsichtiget vorerst die Ent­fernung der Ursachen u. z. sowohl der äusseren als auch der inne­ren, d. h. der dem Schmerze etwa zu Grunde liegenden Störungen. Wo diess nicht zu erreichen ist, indem entweder das Grundübel für eine Behandlung schwer oder ganz unzugänglich ist, oder die gänzliche He­bung desselben eine zu lange Zeit erfordern würde, oder Schmerzen selbst nach der Entfernung desselben zurückbleiben, oder diese eine zu grosse Heftigkeit haben und sich von der Fortdauer derselben eine Ver­schlimmerung des örtlichen Krankheitszustandes oder der Eintritt der früher angeführten Folgen besorgen lässt, hat eine symptomatische Behandlung einzutreten. Diese sucht entweder auf die peripherische Ausbreitung des Nerven der schmerzhaften Partie zu wirken, was vor Allem durch Abhaltung oder Verminderung aller auf diesen Theil wir-
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KuocÜooeUe StöruiiKcn.
Frritatlonsformen-
kcnden llci/c, durch Ruhe, Wärme, Bähungen u. dgL oder durch Ver­minderung seines Blutgehaltes, /.. B. durch Scarificatiouen, kalte üm-scliläge oder durch revellirende Mittel, scharfe und tlüchtigc Einreibun­gen, Anwendung des Glüheisens oder durch die örtliche Anwendung narcotischer Substanzen, oder einiger Metallpräparate, z. B. Blei, Zink, oder endlich durch örtliche Zerstörung der schmerzenden Nerven ge­schehen kann, oder sie beabsichtiget durch die Einleitung der soge­nannten ableitenden Methode die Heizung anderer, nicht schmerzhafter Nervenpartien und hiedurch mittelbar die Verringerung des ursprüng­lichen Schmerzes, oder sie beabsichtiget die Leitung der Empfindung von dem schmerzhaften Theile zum Gehirne aufzuheben, wie diess durch die Durchschneidung eines die schmerzende Partie versehenden Nervens geschieht. Eben so kann durch die innerliche Anwendung von narco-tischen Substanzen oder durch das Einathmen von Aether- oder Chloroformdämpfen die Empfindlichkeit und das Bewusstwerden des Schmerzes wenigstens zeitweilig aufzuheben vorsucht werden, obwohl hiedurch der Verlauf der örtlichen Krankheit in der Hegel keine Ab­änderung erleidet.
sect;. 9ti. 2. In der Sphäre der Bewegungsnerven tritt die Ilei-zungsform der functionellen Störungen als unwillkürliche, mehr oder weniger heftige Zusammenziehung der von Bewegungsnerven ver-sehenen Muskeln auf. Sie findet sich am häufigsten bei Hunden u. z. im Jugendlichen Alter, dann im Allgemeinen bei weiblichen Thieren, insbesondere nacii dem Werfen und während des Säugens, und bei reiz­baren, schwächlichen Thieren überhaupt. Diese Muskelzusammen­ziehungen entstehen entweder in Eolge selbstständiger Erkrankungen des Gehirnes und Kückenmarkes, oder sie sind Eerlexbewegungen, welche in Folge von Heizung der Empfindungsnerveu oder von Texturverände­rungen jener Gewebe, in welchen sie sich verbreiten, auftreten oder sie entwickeln sich im Gefolge von Erkrankungen von Bewegungsner­ven selbst, oder endlich gewisser Mischungsänderungen des Blutes, ins­besondere solcher, welche durch Einführung narcotischer Substanzen (Krähenaugen und ihrer Alkaloide, Nicotin u. s. f.) oder metallischer Stoffe (insbesondere Blei, Quecksilber u. dgl.) entstehen.
Dass diese Muskelzusammenziehungen von den Nerven und nicht von den Muskeln ausgehen, kann durch das Experiment nachgewiesen werden, da sie durch mechanische, chemische und elektrische Einwir­kung auf die entsprechenden Nerven hervorgerufen werden können.
Sie treten unter verschiedenen Formen auf und zwar:
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Functlonelle Störungen. — trritatlonsfonnen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; I To
a)nbsp; nbsp;als Starrkrämpfe (tonische, tetanische Krämpfe), d. i. lioftige Muskelzusammenziehungen, welche meist lange anhalten, bis­weilen in ihrer Intensität für einige Zeit nachlassen, jedoch bald darauf sich erneuern. Sie weisen auf eine bedeutende Erkrankung des Gehir­nes und Bückenmarkes hin;
b)nbsp; nbsp;als länger oder kürzer währende Starrheit eines oder meh­rerer Muskeln (die nicht selten an einer hinteren Extrcmität bei Pfer­den beobachtet wird), während deren Dauer der befallene Theil nicht bewegt und dessen Contraction selbst durch eine bedeutende Kraftan­wendung nicht überwunden werden kann;
c)nbsp; nbsp; als mehr oder weniger heftige Convulsionen (clonische Krämpfe), d.h. unwillkürlich abwechselnde Zusamraenziehung und Er­schlaffung verschiedener Muskelpartien. Sie sind häutig das Symptom einer Erkrankung der Central;heile des Nervensystems, können jedoch auch durch örtliche Ursachen hervorgerufen werden;
d)nbsp; nbsp; als Zuckungen, d. h. plötzliche, schnell vorübergehende, krampfhafte Zusammenziehungen einzelner oder mehrerer Muskeln. Sie kommen sowohl bei Krankheiten des üehirnes und Rückenmarkes, als auch im Gefolge von Heizungen sensorieller Nerven jenes Theiles, in welchem sie auftreten oder endlich unmittelbarer Heizung der Stränge von Bewegungsnerven vor;
e)nbsp; nbsp;als Zittern, d. h. als leichte und unvollkommene Zusammen-ziehuug und Erschlaffung von Muskeln, welche häufig von Schwäche herrührt, jedoch auch als Symptom von Gehirnkrankheiten bei Hunden und häufig im Beginne des Fiebers beobachtet wird.
Alle diese Bewegungen erfolgen unwillkürlich, der Wille hat auf sie wenig oder keinen Einfluss. Die willkürliche Bewegung eines Theiles, in welchem einer dieser Zustände vorhanden ist, kann entweder gar nicht oder doch nicht so wie unter normalen Verhältnissen zu Stande gebracht werden, oder falls sie dennoch eingeleitet werden kann, gesellen sieh zu ihr krankhafte Bewegungen. Bisweilen sind diese For­men mit Schmerz verbunden und dieser führt zu einer Heizung der Centraltheile des Nervensystemes, welche dann die Krampfzustände noch unterhält und steigert.
Ihr Verlauf ist ein höchst verschiedener. In der Hegel findet man, dass sie anfallsweise eintreten und dass dann in der freien Zwi­schenzeit die Krankheitserscheinungen entweder vollkommen verschwin­den, so dass das Thier vollkommen gesund erscheint und die Entschei­dung, ob die Gesammtkrankheit schon beendet ist oder noch fortdauert
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Fuuctionelle Störungeraquo;. — Erritationsformen.
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und neue Anfülle zu gewärtigen seien, sehr schwierig wird, oder dass nur geringe Krampt'erseheinungen oder ein Zustand von Schwäche und Erschöpfung zurückbleiben.
Der Krankheitszustand, dessen Theilerscheiuung eine der ange-führlen Kramptforraen ist, kann entweder einen sehr aeuten, acuten oder auch chronischen Verlauf nehmen, ja er währt bisweilen selbst durch die ganze Lebenszeit des Thieres.
Die Therapie stösst auf grosse Schwierigkeiten, da die Krämpfe meist nur Symptome eines anderen Krankheitszustandes sind und die Ursachen derselben entweder nicht gehoben oder docli nicht ferne ge­halten #9632;werden können. Die Vermeidung äusserer Reize, welche im Stande sind, Krampfanfälle hervorzurufen oder zu steigern , ist in den meisten Fällen von günstigem Einflüsse.
Die eigentliche Behandlung wird durch Ableitungen oder starke Heize des vom Krämpfe befallenen Theiles, durch betäubende sowohl als durch lleizmittel, durch einzelne Metall-, z. B. Zink- oder Spiess-glanzpräparate eingeleitet, ist jedoch nach der Art der Krämpfe und der Verschiedenheit der ihnen zu Grunde liegenden Ursachen eine höchst mannigfache.
sect;. 97. 3. In der Sphäre der Absonderungsorgane tritt der lleizuugszustand als eine Vermehrung der Absonderung des secerniren-don Organes auf, welche entweder von normaler Beschaffenheit ist oder und zwar häufiger eine grössere Menge wässeriger Bestandtheile oder auch fremdartige, dem Secrete sonst nicht zukommende Substanzen ent­hält. Obwohl diesem Zustande oft anatomische Störungen oder abnorme Blutmischungen zu Grunde liegen, so gibt es doch Fälle, wo diese völ­lig fehlen oder doch nicht nachgewiesen werden können. Sie werden veranlasst durch meclianische oder chemische Heize, welche entweder unmillelbar auf ein Absonderungsorgan oder seinen Ausfiihrungsgang oder mittelbar nach vorheriger Aufnahme in das Blut bei ihrer Aus­scheidung auf das Secretionsorgan wirken oder sie werden durch krank­hafte Zustände der in diesem sich verzweigenden Nerven bedingt; bisweilen endlich stellen sie sich ohne irgend eine nachweisbare Ur­sache ein.
Die Folgen der Vermehrung einer Absonderung sind verschie­den. Dauern sie durch längere Zeit an und kann das Secret abHiessen, so stellt sicli nach und nach eine Abänderung in der Blutmischung, Störung in anderen Absonderungen, vermehrte Aufsaugung der in den Geweben enthaltenen Flüssigkeiten, Verschwinden des Turgors in
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FuuctionrlU: Störungen. —• SchwSßhe* und IJihniungsformen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;177
denselben, ein allgcmcinos Sicchthum mit Abmagerung und Erschöpfung ein. Wird die abgesonderte Flüssigkeit in dem Organe selbst oder in einer Höhle zurückgehalten, so treten wohl die Wirkungen auf den (iesammlkörper viel später oder selbst gar nicht ein; dagegen wirkt das Secret auf mechanische und chemische Weise, durch Druck, Spannung, Maceration und Autlösung auf das Absonderungsorgan oder die umge­benden Theile nachtheilig.
Die Therapie muss zunächst gegen die Ursache gerichtet sein; im Allgemeinen muss die Einwirkung von Beizen auf die kranken Ab-sonderungsorgane und ihre Ausführungsgänge hintangehalten werden. Ueberdiess erweisen sich bald adstringirende, bald narkotische und milde Mittel wirksam, so wie auch bisweilen durch die Steigerung einer an­deren Absonderung die abnorm vermehrte beschränkt werden kann.
li. Die Schwäche- tmd LäJiniungs/ormen.
sect;. 98. Die Verminderung der Function kann sich durch alle Grade der Schwäche bis zur vollkommenen Unfähigkeit der Functioni-rung äussern und entweder durch längere Zeit in gleicher oder sich steigernder Intensität verharren, oder bisweilen nachlassen und sogar einer vermehrten Functionirung Platz machen. Ihr Eintritt ist entweder durch anatomische Störungen eines Organes bedingt, oder wird durch mehr weniger heftige mechanische Einwirkungen auf dasselbe, ins­besondere die Centraltheile des Ncrvensystemes oder durch selbst­ständige Erkrankungen des Gehirnes, des Bückenmarkes, der Xer-ven in jenen Theilen hervorgerufen, welche von diesen versorgt werden oder endlich durch fremdartige oder giftige in das Blut aufgenom­mene und einem Theile zugeführte Substanzen veranlasst. Auch durch lange Ausserthätigkeitsetzung oder im Gpgciitheile durch übermässige Anstrengung eines Organes kann sie veranlasst werden.
Dauert ein solcher Schwäche- oder Lähmungsznstand durch einige Zeit an, so steigert sich derselbe allmälig und widerstellt endlich hart­näckig jeder Behandlung. Der gelähmte Tlieil verliert seine Lebensfüllo, er magert ab, das Ulut stockt in ihm, es stellen sich Ausschwitzungen und Texturänderungen ein. Je nach der Wichtigkeit des betreffenden Theiles ist sein Einfluss auf den Gesammtorganismus ein verschiedener.
Die Therapie hat die Aufgabe, einmal den Schwäche- oder Läh-mungszustand, bevor er noch einen höheren Grad erreicht hat, zu heben oder wenigstens seine weitere Ausbreitung so viel thunlich
Roll, I'athol. und Therapie. II. Aufl.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 1 2
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Lahiunnfrformen.
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liintanzulialten, dann seine nachtheilige Wirkung auf den Gesammtorga-nismus zu beschränken.
sect;. 99. 1. In der Sphäre der Empfindung tritt dieser Zustand als verminderte oder aufgehobene Empfindlichkeit auf. Sie ist entweder bedingt durch eine Störung in den ein Organ versehenden Empfinduugs- oder Sinnesnerven an ihrem peripherischen oder centralen Ende oder in ihrem Verlaufe, oder in verminderter oder auf­gehobener Empfänglichkeit des Gehirnes gegen die von den Nerven dahin geleiteten äusseren Eindrücke und ist in dem letzteren Ealle nur symptomatisch. Auch gewisse Veränderungen der Menge und Beschaf-fenheit des Blutes, vorausgegangene erschöpfende Anstrengungen und überstandene schwere Krankheiten können diese Zustände wenigstens vorübergehend veranlassen. Dieselben bestehen bisweilen für sich allein, sind aber nicht selten auch mit Verringerung oder Verlust der Fähigkeit, willkührliche Bewegungen vorzunehmen, verbunden. Der Verlauf ist in der Regel ein chronischer. Die Folgen der Verminde­rung der Empfindung sind verschiedenartig; am häufigsten beobachtet man eine allmälige Zunahme und Ausbreitung dieses Zustandes auf andere Theile, welchen sich bisweilen aucli ein Lähmungszustand der dem betroffenen Organe zukommenden Bewegungsapparate, Störungen in der Ernährung, mithin Schwund des Theiles, Neigung zur Entstehung ödematöser Anschwellungen, Blutstockungen, Entzündungs- und Ver-schwärungsprocesse hinzugesellen. Bei den Hausthieren ist dieser Zu­stand ein verhältnissmässig seltener.
Die Therapie desselben stösst auf grosse Schwierigkeiten und ist in den meisten Fällen, wenn sie nicht gegen eine bekannte noch fortwirkende Ursache gerichtet werden kann, eine empirische.
sect;. 100. 2. In der Sphäre der Bewegung äussert sich der Schwäche-und Lähmungszustand als Verminderung oder gänzlicher Verlust der Fähigkeit muskulöser oder contractiler Theile, Bewegungen vorzu­nehmen. In den höchsten Graden (Paralysis) hat der Theil die Fähig­keit, Bewegungen vorzunehmen, vollkommen verloren und ist entweder schlaff und folgt bloss dem Gesetze der Schwere und der Richtung einer äusseren Gewalt, oder er ist starr und in verschiedenem Grade u. z. nach der Richtung der stärkeren, an ihn sich anheftenden Mus­keln zusammengezogen. In anderen Fällen ist die Fähigkeit, gewisse Bewegungen vorzunehmen, wohl verringert, jedoch in verschiedenem Grade noch vorhanden (Paresis). Diese Formen sind bisweilen mit gleichzeitigem Verluste des Empfindungsvermögens verbunden.
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Lälunuiigsfonnen.
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Die Ursachen liegen am häufigsten in anatomischen Verän­derungen des Gehirnes, des Ruckenmarkes oder einzelner Nerven-stämme, in mechanischen Einwirkungen auf diese Theile, in Tex­turveränderungen der gelähmten Partie oder in mechanischen Ver­letzungen (Erschütterung, Zerrung, Durchschneidung) der zu ihr ziehenden Nervenstämme. Auch abnorme Blutmischuug, sei sie durch Einführung gewisser giftiger Substanzen (z. B. Blei, Quecksilber, narko­tische Stoffe) veranlasst oder an und für sicli krankhaft verändert (wie bei Typhus), kann eben so wie übcrmässigc Anstrengung eines Theiles den Schwäche- oder Lähmungszustand herbeiführen, dessen Ent­stehung man auch nach plötzlicher Abkühlung des erhitzten Kör­pers, nach Unterdrückung der Hautausdünstung entstehen gesehen hat.
Ist die Ursache der Schwäche oder Lähmung der Bewegung eine vorübergehende, so wird auch diese nach dem Aufhören jener zurück­treten , im entgegengesetzten Falle, mithin vorzugsweise bei anatomi­schen Veränderungen der Nerven und ihrer Centraltheile, dagegen an­dauern. In einem gelähmten Theile tritt in der Regel Abmagerimg ein; es entwickelt sich Schwund der Muskeln, der Nerven, selbst jener Knochen, an welchen sich die gelähmten Muskeln anheften. In jenen Fällen, wo nur eine Partie der einen Theil versorgenden Muskeln ge­lähmt ist, stellt sich meist eine Zusammenziehung der nicht gelähmten Muskeln ein, wodurch die Schwierigkeit der Bewegung dieses Theiles vermehrt und die Lähmung anscheinend gesteigert wird.
Der Einfluss dieses Zustandes auf den üesammtorganismus ist begreiflich nach der Wichtigkeit des gelähmten Theiles ein höchst ver­schiedener.
Die Behandlung ist in den meisten Fällen eine missliche und grösstentheils erfolglose. Die Hauptrolle spielt hiebei die Erfüllung der Causalanzeige, welcher jedoch häufig, insbesondere bei schon veralteten Fällen, nicht entsprochen werden kann. Ausserdem ist für ein entspre­chendes diätetisches Verhalten, insbesondere für frische, reine Luft, gute Hautpflege, reichliche Streu, leicht verdauliches und genügendes Futter Sorge zu tragen. Für die innerliche Anwendung empfehlen sich unter gehöriger Vorsicht die Brechnuss und ihre Alkaloide, die Niesswurz, der Giftsumach, die spanischen Fliegen, dann kräftigere ätherisch-ölige Substanzen. Acusserlich können Reizmittel der verschiedensten Art, kalte Bäder, Waschungen und Douchen, die Elektricität, die Acupunctur, Eiterbänder, scharfe und flüchtige Salben, das Glüheisen und die Moxa versucht werden.
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Mihinungst'onnen.
sect;. 101. ;!. Die Schwache iu den Absonderungsorganen gibt sich als eine Verminderung oder völlige _ Unterdrückung der Absonde­rung zu erkennen. In einem solchen Falle ist jedoch immer genau zu erheben, ob die Aufhebung einer Absonderung nicht bloss scheinbar dadurch entsteht, dass die Entleerung des Secretes gehindert ist.
Die Ursachen liegen theils in gewissen Zuständen des Blutes, in Krankheiten der Nervencentra oder jener Nerven, welche ein Secre-tiüiisorgau versorgen, oder, und diess ist wohl der häufigere Fall, in Krankheiten der Absonderungsorgane selbst, oder endlich in der Stei­gerung der Secretion eines anderen Organes.
Die Folgen dieser Zustände sind je nach der Wichtigkeit des betroffeneu Absonderungsorganes verschieden. Bisweilen leidet hiedurch eine lebenswichtige Function, z. B. nach Aufhebung oder Verrringerung der (rallenabsondcrung der Verdauungsprocess; in anderen Fällen ent­stehen durch die Zurückhaltung gewisser, zur Ausscheidung bestimmter Stoffe im Blute sehr gefährliche Allgemeinkrankheiten (Zurückhaltung des Harnstoffes).
Die Therapie ist theils gegen die dem Ucbel zu Grunde liegende Ursache gerichtet, theils beabsichtiget sie durch die Anwendung gewis­ser, auf einzelne Secretionsorgane speeifisch wirkender (z. B. schweiss-, harntreibender) Mittel die mangelhafte oder fehlende Absonderung wieder herzustellen.
C. Dan Fieber (febris).
sect;. 102. Zu den functionellen Störungen im Nervensysteme muss auch das Fieber gerechnet werden. Man versteht darunter eine Gruppe bestimmter, in verschiedenen Organen auftretender Krankheitserschei­nungen, welche sich zu jeder anderen Krankheit gesellen kann, sobald sich die Störung auf jene Abschnitte der Centralorgane des Nerven-systomes verbreitet, welche den Stoffverbrauch regeln und hiedurch gleichsam die von den Nerven vollzogene Ueberwachung des Stoffwech­sels aufgehoben wird.
Man hat die Fieber in reine und symptomatische unterschie­den, und versteht unter den ersteren solche, welche sich ohne voraus­gegangene Störung eines, mit periphorischen Nervenausbreitungen ver­sehenen Organes einstellen, während als symptomatische solche bezeichnet werden, deren Auftreten die Texturerkrankung eines mit peripherischen Nerven versehenen Organes vorausgeht. Die ersteren sind bei unseren
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Fieber.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;181
Hausthieren ausserordentlich seiton, obwohl die Möglichkeit ihres Vor­kommens überhaupt nicht geläugnet werden kann, die letzteren hinge­gen sehr häufig und gesellen sicli zu den verschiedensten Erkrankungen als eine bald wesentliche, bald zufallige Erscheinung.
Dem Eintritte des Eiebers gehen häufig Verminderung der Fress­lust, Mattigkeit, Hinfälligkeit, ein trauriges oder unruhiges Benehmen voraus, Erscheinungen, die mit dem Xamen der Vorboten des Fiebers bezeichnet werden, und denen sich noch verschiedene Symptome des bestehenden oder sich ausbildenden Localleidens hinzugesellen. Im Be­ginne des Eiebers selbst stellt sich häufig ein Kältegefühl ein, wel­ches sich durch Aufsträuben der Haare, Zittern der Muskeln in leich­terem oder höherem Grade (Schaudern bis Schüttelfrost), durch Kälte der Körpcrobertläche, besonders der Enden der Extremitäten, der Ohren, des Grundes der Hörner, durch Blässe und Kühle der sichtlichen Schleimhäute zu erkennen gibt, in vielen Fällen nur kurze Zeit an­dauert und auch nicht selten übersehen wird, in anderen jedoch länger währt. Der Puls ist während dieses Stadiums des Fiebers klein, hart und beschleuniget, die Respiration schnell und kurz, die Hautausdün­stung unterdrückt, die Entleerung des Harnes fehlt entweder oder der­selbe ist, wenn sie stattfindet, gewöhnlich blass und wässerig. Häufig wird auch eine ungleiche Temperatur an verschiedenen Stellen der Kör-peroberliäche beobachtet, so dass die Extreme kalt sind, während der Rumpf heiss anzufühlen ist. Nach kürzerer oder längerer Dauer dieses Froststadiums tritt eine Steigerung der Körperwärme ein, die sich bis zur fühlbaren Hitze steigern kann; die Haut ist hiebei an­fangs trocken, wird aber nicht selten in der Folge durch ausbrechen­den Schweiss feucht, die Schleimhäute werden geröthet, geschwellt, der Puls grosser, voller, bleibt jedoch fortan beschleuniget, ja erreicht während dieses Zeitraumes meist die bedeutendste Frequenz, das Ath-men wird freier, bleibt aber gleichfalls beschleuniget, die Fresslust fehlt, der Durst ist gesteigert, der Absatz der Excremente und des Harnes verringert, der letztere geht in der Regel sehr sparsam und dunkel gefärbt ab; die Unaufmerksamkeit und Abstumpfung des Thieres lassen etwas nach, während die Mattigkeit und Hinfälligkeit eher noch zunehmen.
Meist dauert dieses letztere Stadium durch längere Zeit, mehrere, ja viele Tage an und nur in seltenen Fällen ist der ganze Anfall inner­halb weniger Stunden beendiget. In der Regel sind die Pulsbeschleu­nigung, die gesteigerte Körpertemperatur, die Verminderung
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Fieber.
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der Fresslust und der Secretionen und die Hinfälligkeit des Thieres, welche letztere durch die sich ullmälig oder rasch hinzugesel­lende Abmagerung noch gesteigert wird, jene Erscheinungen, welche hauptsächlich durch längere Zeit zurückbleiben und erst bei dem Zurück­treten des örtlichen oder allgemeinen Leidens, dessen Begleiter das Fieber ist, nachlassen und aufhören. Jedoch auch diese Symptomen-gnippe ist nicht während des ganzen Fieberverlaufes in gleicher Stärke zugegen, sie lässt bisweilen nach, um nach einiger Zeit mit verstärkter Intensität zurückzukehren und erleidet durch die sie bedingenden all­gemeinen oder örtlichen Leiden mannigfache Abänderungen.
Der Grund der fieberhaften Erscheinungen wird heutzutage ziemlich übereinstimmend in das Nervensystem u. z. in gewisse Ab­schnitte des Bückenmarkes, und mit Wahrscheinlichkeit in das ver­längerte Mark um die Ursprungsstellen der henmischweifenden Nerven #9632;\ erlegt.
Durch eine Schwächung oder Lähmung der Thätigkeit dieser Ner­venpartien (verlängertes Mark) wird ihr Einlluss auf die Ernährungs-vorgäuge geschwächt oder aufgehoben, der Stoffumsatz daher gesteigert, die Eigenwärme des Körpers vermehrt und die rasche Abmagerung herbeigeführt. Die Zuckungen und Schüttelfröste sind Eetiexkrämpfe, bedingt durch eine Anfangs gesteigerte Eeizempfänglichkeit der Empfin­dungsnerven gegen die geringste Einwirkung, nach deren Aufhören da­gegen eine Erschlatfung der (Jefässwände eintritt, worauf das Blut sich wieder in die üefässe der äusseren Theile ergiesst, die Wärme deutlich hervortritt und bisweilen auch reichlichere Ausleenmgen erfolgen. Die Störung der Fresslust, die Beschleunigung der Herzbewegungen ist von einem mehr oder weniger ausgesprochenen Lähmungszustande des herum-schweifenden Nerven abhängig, da es in letzterer Beziehung schon seit lange bekannt ist, dass die Durchschneidung dieses Nerven eine Puls-beschleunigung zur Folge hat. Durch die in Folge der Vermehrung der Herzcontractionen beschleunigte Circulation und die hiedurch veranlasste häutigere Berührung des Blutes mit der atmosphärischen Luft und den ürganparenehymen wird die Fieberhitze noch gesteigert, und diese würde eine noch bedeutendere Höhe erreichen, wenn sie nicht durch die während des Fiebers verminderte Nahrungsaufnahme, die verringerte Muskelthätigkeit und das gesteigerte Wärmeausstrahlungsvermögen von der anderen Seite wieder vermindert würde. Von dem mehr oder we­niger contrahirten Zustande der Arterien hängt die Beschaffenheit des Pulses ab, je kleiner und härter derselbe ist, auf einen je grösseren
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Fieber.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;183
Widerstand mithin das circulirendo Blut stösst, desto mehr liegen auch die Absonderungen darnieder.
Das Fieber ist demnach als die Verbreitung einer Stö­rung auf gewisse Abschnitte der Centralorgane des Nerven-systemes, und von da aus durch die Einwirkung auf das Blut und die Circulation als eine Verbreitung der Krankheit auf den ganzen Körper, mithin als ein Allgemcinwerden der Krankheit zu betrachten. Es steigert die Gefahr einer schon be­stehenden Krankheit und wirkt nur in einzelnen Fällen dadurch heil­sam, dass durch den während seines Bestehens sehr gesteigerten Stoft-verbrauch manche bestehende Fehler, vorhandene Ablagerungen, Neu­bildungen etc. entfernt werden. Desshalb aber, weil das Fieber bisweilen zur Entfernung schon bestehender Krankheitszustände oder Fehler bei­trägt, darf man dasselbe nicht, wie es so lange hindurch trotz der Erfahrung, dass es so häufig den Tod veranlasse, geschah, als ein Heil­bestreben des Organismus ansehen, welches eine bestehende Störung auszugleichen oder zu entfernen strebt. Jede Störung verläuft einfacher und gefahrloser, wenn Fieber nicht hinzutritt oder dasselbe doch nur einen massigen Grad erreicht; in jedem Falle ist das Aufhören dessel­ben eine günstige Erscheinung, selbst wenn die dasselbe hervorrufende örtliche Störung noch fortbesteht, da dann die Krankheit ihre allge­meine Bedeutung verloren hat, und wieder auf ihre Oertlichkeit be­schränkt ist.
Zur Annahme eines heilsamen Einllusses des Fiebers auf den örtlichen Krankheitsverlauf wurde man insbesondere durch die Beobach­tung verleitet, dass im Verlaufe fieberhafter Krankheiten nicht selten Ausleerungen verschiedener Art, z. B. von Schweiss, Harn, Darmschleim u. s. w. stattfinden, welche theilweise eine Abweichung in ihrem phy­sikalischen und chemischen Verhalten zeigen, oder dass Blutungen aus verschiedenen Stellen, z. B. aus Schleimhäuten erfolgen u. s. w., mit oder nach deren Eintreten Besserung oder Genesung erfolgt, und die man dann bekanntlich kritische nennt, zum Unterschiede von den symptomatischen, bei welchen diess nicht der Fall ist. Diese Aus­leerungen wurden nun als das Eesultat der Thätigkeit des Fiebers an­gesehen, während doch ihr Eintritt in den meisten Fällen nur die Wiederkehr der, durch das Fieber gestörten normalen Functionirung der Organe anzeigt und daher meist als Folge und nicht als Ursache des Nachlasses des Fiebers, welches sich zuerst durch Verminderung der Pulsfrequenz und der Hitze zu erkennen gibt, zu betrachten ist.
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Xur in manchen Fällen veranlassen solche Entleerungen in der That ein wirkliches Aufhören des Fiebers. So können durch Erbrechen und Durchfall .Stoffe, deren Anhäufung gastrische Störungen und sympto­matisches Fieber hervorriefen, entleert, durch freiwillig eintretende Blu­tungen Cougestioncn, welche Fieber herbeiführten, gehoben, durch reichliche Harn- und Schweissubsonderung entzündliche seröse Ergüsse entfernt und hiedurch das durch sie unterhaltene Fieber beseitiget werden.
sect;. 103. Nach der Art und Weise, wie die Fiebererscheinungen sich darstellen (Charakter des Fiebers) und nacli der Constitution des befallenen Thieres hat man drei Formen des Fiebers, ein ein­faches (erethisches, Reizfieber), ein entzündliches (synocha-les) und ein Schwäche- (typhöses, torpides, fauliges) Fieber unterschieden.
1.nbsp; nbsp;Das einfache oder Reizfieber entsteht in Folge einer mas­sigen Störung in einem verhältnissmässig gesunden und kräftigen Thicre. Der Frost ist meist gering, die darauf folgende Hitze massig, der Puls voll, mehr oder weniger beschleuniget, der Durst massig, die Mattigkeit oder Hinfälligkeit nicht gross. Von der Art der Ursache und der Grosse der Localstörung hängt der weitere Verlauf und die Dauer desselben ab; sind jene gering und schnell vorübergehend, so hört auch das Fie­ber bald auf, steigert sich jedoch das Localleiden, so halten auch das Fieber und die Schwankungen zwischen Eesser- und Schlimmerwerden an, und es kann mit der Zunahme jener und bei dem neuerlichen Ein­wirken schädlicher äusserer Einflüsse auch höhere Grade erreichen.
2.nbsp; nbsp;Das Entzündungs- (oder synochale) Fieber entwickelt sich bei bedeutenderen örtlichen Erkrankungen meist in kräftigen, wohlge­nährten Thieren. Es tritt entweder gleich unmittelbar als solches auf oder bildet sich aus dem Reizfieber hervor. Die Fiebererscheinungen sind hier in höherem Grade ausgesprochen, der anfängliche Fieberfrost stärker und anhaltender, die darauf folgende Temperatursteigerung be­deutend, die Hitze der trockenen Haut, besonders am Rumpfe, bren­nend, der Puls sehr beschleunigt, voll oder auch klein, gespannt, der Herzschlag unfühlbar, die Fresslust ganz darniederliegend, der Durst gesteigert, die Absonderungen angehalten, die Mattigkeit, Abgeschlagcn-heit, sowie die Abstumpfung sehr gross. Diese Form des Fiebers kommt am häufigsten beim Pferde vor.
3.nbsp; nbsp;Das Schwäche- (faulige) Fieber entwickelt sich entweder aus einer der früheren Formen, bei der Gegenwart oder längeren Andauer
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höherer Grade von Localleiden, oder in Folge der Einwirkung miasma­tischer oder contagiöser Stoffe, dann bei schon von früher her geschwäch­ten und kranken oder in schlechtem Emährungszustande befindlichen Thieren. Die Körpertemperatur ist meistens ungleichmiissig vertheilt, die Extremitäten sind kühl, der Rumpf meist heiss, der Puls sehr beschleu­niget, klein, leer, schwach, der Herzschlag fühlbar, bisweilen pochend, prellend, aucli doppe!schlägig, Durst sehr gross, die Schleimhäute ent­weder trocken oder von schmierigem Secrete belegt, die Entleerungen des Harnes erfolgen sparsam, der Mist geht häufig breiig oder völlig liüssig ab, Mattigkeit und Hinfälligkeit sind sehr gross, die Kräfte sehr gesunken. Oft stellen sich im weiteren Verlaufe auch ödematösc An­schwellungen an den Extremitäten, der Unterbrust und dem Unter-bauche, Brandigwerden von Wunden und Blutungen aus den Schleim­häuten ein.
Viele acute, in seuchenartiger Verbreitung auftretende miasma­tische oder contagiöse Krankheitsprocesse zeigen während ihres Verlau­fes häufig einen gleichen Charakter des sie begleitenden Fiebers, der nur unwesentlich durch die individuelle Constitution der befallenen Thierc abgeändert wird und meist unter der Form eines Reizfiebers auftritt, welches jedoch bald den Charakter des torpiden Fiebers an­nimmt.
Dem Grade nach theilt man die Fieber in leichte, schwere und hochgradige, und nimmt die Unterscheidungsmerkmale aus der geringeren oder höheren Entwicklung der Fiebersymptome. Insbesondere erfordern die höheren Fiebergrade die besondere Aufmerksamkeit des Thierarztes, sowohl weil durch dieselben zahlreiche seeundäre Erschei­nungen, welche den Verlauf des örtlichen Leidens zu verschlimmern oder an und für sich Gefahren herbeizuführen vermögen, hervorgerufen werden, als auch desshalb, weil dieselben immer eine bedeutende An-theilnahme des gesammlen Thierkörpers anzeigen. Ihr heftiges Auftreten gleich im Beginne eines Eocalleidens macht ein energischeres therapeu­tisches Eingreifen nothwondig.
Dem Verlaufe nach unterscheidet man die Fieber in anhaltende, während deren Verlauf ein auffallender Nachlass der Fiebererscheinun­gen nicht zu bemerken ist, und diese gleichmässig zu- und abnehmen, in nachlassende, bei welchen wohl stets'Fiebererscheinungen zuge­gen sind, welche jedoch zeitweilig stärker hervortreten, zeitweilig wie­der an Intensität abnehmen und bei denen man eine Zeit der Steige­rung (Exacerbation) und des Nachlasses (Remission) der
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186nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Fieber.
Symptome unterscheidet, eudlicli in aussetzende (Wechsel-) Fieber, bei welchen die Fiebersymptome für eine Zeit lang gänzlich verschwin­den, so dass das Thier dann vollkommen gesund erscheint, jedoch nach bestimmten Zwischenräumen in einer gewissen Eeiheniblge wiederkeh­ren. Man unterscheidet bei ihnen die Fieberanf'älle (Paroxysmen) von der fieberfreien Zeit (Apyrexie).
Der Dauer nacli sind die Fieber entweder acute, hitzige, welche thcils reine, thoils Begleiter acuter Krankheitsprocesse sind, oder chro­nische, schleichende oder Zehrfieber, welche im Verlaufe chro­nischer Krankheiten, vorzugsweise der Tubereulose, langwieriger Ver-eiterungs- und Jauchungsprocesse u. s. w. vorkommen, meist mit grosser Abmagerung und Schwäche der kranken Thiere und reichlichen Aus­leerungen verbunden sind.
sect;. 104. Bezüglich der Aetiologie des Fiebers lässt sich Folgen­des bemerken: Bedeutende äussere Einwirkungen und Localkrankheiten können bei jedem Thiere überhaupt Fieber hervorrufen; geringfügige Ursachen veranlassen dasselbe nur bei empfindlichen, reizbaren oder schon von früher her durch Krankheiten geschwächten Thieren. Eine und dieselbe Störung bedingt, je nach dieser individuellen Anlage, bei einem Thiere noch gar kein Fieber, während ein anderes bereits in verschieden hohem Grade fiebern kann. Die Ursachen, welche zu glei­cher Zeit mit der Hervorrufung einer anderen Krankheit Fieber zu erzeugen vermögen, sind: plötzliche und bedeutende Abänderungen der äusseren Verhältnisse, wie schroffer Witterungswechsel, schnelle Sprünge in der Temperatur, dem Luftdrucke u. s. w. Infection durch Contagien und Miasmen, nach deren Einwirkung meist zuerst und früher Fieber­zufälle auftreten, bevor sich noch Localstörungen entwickeln; rasch ein­tretende und zu einem höheren Grade sich entwickelnde Abnormitäten in der Blutmischung, vorhandene Functionsstörungen und Texturerkran­kungen der Organe, unter welchen insbesondere Hyperämien, Blutungen und Entzündungen, Vereiterungs- und Nekrosirungsprocesse zu nennen sind. Bei gleicher Disposition rufen die letzteren Krankheitsprocesse um so häufiger und sicherer Fieber hervor, je rascher sie zu Stande kom­men, eine je grössere Ausbreitung sie erlangen und je mehr die Blut­mischung gleichzeitig von der Norm abweicht. Insbesondere findet man, dass sich acuten Krankheitsprooessen der Lunge, des Gehirnes und sei­ner Häute, des Darmcanales, der Lymphgefässe und Venen sehr leicht Fieber hinzugesellen. Dass sich endlich im Verlaufe überhaupt jeder.
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Fieber.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;lo7
auch chronischen Krankheit Fieber entwickeln könne, wurde schon früher angeführt.
sect;. 105. Die Behandlung des Fiebers au und für sich isl nach dem Grade und dem Charakter desselben verschieden.
Im Beginne und zwar während des Kälte stadiums hat man sich auf ein rein diätetisches Verhalten zu beschränken; man sorgt für einen warmen Stall, gute Bedeckung, tleissiges Frottiren der Extremitäten, leicht verdauliche Nahrung und Abhaltung der äusseren Schädlichkeiten.
Das einfache (Reiz-) Fieber verlangt für sich keine besondere Behandlung, es genügt die Durchführung des eben angegebenen diäte­tischen Verhaltens und die Entfernthaltung der schädlichen Einlüsse. Durch die Behandlung der ihm zu Grunde liegenden örtlichen Störun­gen wird auch der Fieberzustand gemildert oder beseitiget.
Auch das entzündliche Fieber in seinen leichteren Formen erreicht häufig bei einem mehr negativen Verhalten sein Ende, die hefti­geren Grade desselben machen jedoch die Anwendung des kühlenden, antiphlogistischen Heilapparates, nach Erforderniss den Aderlass, die Verabreichung kühlender Salze, eröffnender Klystiere, den Gebrauch kalter Waschungen oder Umschläge erforderlich. (Das Nähere hierüber bei der Entzündung.) Hier erweist sich auch der Gebrauch solcher raquo;Sub­stanzen, welche direct auf das Nervensystem einwirken und hiedurch zu eigentlichen Fiebermitteln werden, nützlich, wohin die Digitalis, welche reizend auf das verlängerte Mark und die Vaguswurzeln wirkt, das Aconit, einige Pfianzenalkaloide, darunter das Chinin, gehören.
Das Schwächefieber macht die Vermeidung jeder schwächenden Einwirkung und die Anwendung von bitteren, gewürzhaften und flüchtig reizenden Mitteln und Eisenpräparaten bisweilen in Verbindung mit Säuren nothwendig. Man sorge für gute, leicht verdauliche Nahrung (geschrottenen Hafer, süsses Heu, Brot; für Schweine und Schafe Eicheln, Kastanien u. dgl.) in entsprechender Abwechslung, für kühles, selbst angesäuertes Getränke, frische und reine Luft.
Wichtigere und gefahrdrohende Erscheinungen erfordern auch eine symptomatische Behandlung.
Durch dieses Verfahren gelingt es oft, die lieberhaften Erschei­nungen zum Verschwinden zu bringen, während die örtliche Störung doch noch fortbesteht und einer weiteren Berücksichtigung und Be­handlung bedarf. Für das kranke Thier ist jedoch in jedem Falle schon sehr viel gewonnen, wenn die gefahrvollen lieberhaften Störungen be­seitiget sind.
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I oonbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Ffebor. — Anatomische StHrnn^en.
sect;. 10(). Mit wenig;en Worten mag hier sogleich das bei den Haus-thiereu so seltene Wechselfieber, welches wir bisher noch nicht zu seilen Gelegenheit hatten, seine Erledigung finden. Es wurde bei Pfer­den, Rindern, raquo;Schafen, Hunden und Affen u. z. mit ein-, drei- und vier­tägigem Typus, d. h. in der Art beobachtet, dass die Fieberanfälle entweder täglich eintraten oder dass mit Dazwischentreten eines oder zweier völlig fieberfreien Tage der Paroxysmus jeden zweiten oder drit­ten Tag u. z. zu einer bestimmten Zeit auftrat und das Thier in der Zwischenzeit völlig gesund schien. Soll sich für die Gegenwart eines Wechselfiebers in einem bestimmten Falle mit Entschiedenheit ausge­sprochen werden, so dürfen Erscheinungen eines acuten oder chronischen Localleidens, welches einen fieberhaften Zustand veranlassen könnte, nicht nachzuweisen sein; eine Eücksichtnahme, welche bei manchen der einschlägigen Beobachtungen vernachlässiget worden zu sein scheint, und es vielmehr den Anschein hat, dass bloss ein im Gefolge eines acuten Krankheitsprocesses aufgetretenes, deutliche Nachlässe machendes Fieber vorgelegen habe, llücksichtlich der Aetiologic ist bemerkens-werth, dass einige Beobachter gefunden haben wollen, dass in Gegenden, in denen das Wechselfieber unter den Menschen endemisch herrschte, dasselbe auch unter den Schafen und Pferden vorkomme.
Bezüglich der Therapie lässt sich bei dem geringen vorliegenden Materiale von Beobachtungen etwas Sicheres und allgemein Giltiges nicht angeben und nur bemerken, dass bei den als Wechselfieber in der Literatur verzeichneten Fällen sich die Anwendung purgirender Arzneien (der Aloe), bitterer Mittel (besonders des Chinins) und weingeisthältiger Substanzen (Wein) als erfolgreich herausgestellt habe.
II. Anatomische Störungen.
sect;. 107. Die in diese Kategorie gehörigen abnormen Zustände und Processe lassen sich unterscheiden:
A.nbsp; in locale Störungen des Kreislaufes,
B.nbsp; in Störungen der Ernährung,
G. in Veränderungen der physikalischen Eigenschaften und D. in Veränderungen des Inhaltes der Organe.
A. Locale Störungen des Kreislaufes,
sect;. 108. Wir rechnen hieher die örtlichen Anomalien in der Vertheilung der Blutmenge, die als örtlicher Blutmangel und
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örtliche Blutfülle sich aussprechen, die Blutung, die Pfropfhil-dung innerhall) der Gefässe und die Wassersucht.
I. Oertlicher Bludnaiigel (Anämie).
sect;. 109. Hierunter versteht man den abnorm verminderten Blutgehalt eines Theiles und rechnet häufig auch jenen Zustand hie-her, bei welchem die Gefässe eines Orgaues wohl die gewöhnliche Menge Blut enthalten, dieses jedoch an Blutkörperchen arm ist, während das Blutserum vorwaltet.
Am Cadaver erscheint ein anämischer Theil blass und zusam­mengefallen, auf seiner Schnittfläche tritt entweder Blut gar nicht oder nur in verhältnissmässig geringer Menge hervor, die sichtbaren Gefässe sind nur wenig gefüllt oder leer, zusammengesunken oder klaffend. In der Kegel und abgesehen von anderen Veränderungen besitzt ein anä­misches Organ einen geringeren Umfang, es ist häufig zähe oder brüchig und trocken.
Aus dem verminderten Blutgehaitc erklären sich auch die Er­scheinungen, welche in anämischen Theilen während des Lebens beobachtet werden. Diese sind an oberflächlichen Theilen: Blässe und Kälte derselben, die letztere bedingt durch Verminderung des Stoff­wechsels in Folge der localen Anämie, verminderte Functionirung, namentlich musculöser und nervöser Gebilde, Verminderung der Ab­sonderung, wodurch bisweilen in Folge der Zurückhaltung der Secre-tionsstoft'e im Blute Mischuugsanomalien des letzteren eingeleitet werden, endlich Verminderung der Ernährung, sohin schliessliche Atrophie des anämischen Theiles.
Die Ursachen der örtlichen Anämie liegen entweder:
a)nbsp; nbsp; in der Beschaffenheit und Vertheilung des Blutes überhaupt, wie in allgemeiner, durch ISäftcverlust, Hunger u. dgl. veranlasstcn Blutarmuth, in relativer Verringerung der Blutmenge eines Organes, bedingt durch Blutanhäufung in anderen; oder
b)nbsp; nbsp;in Hindernissen, welche dem Zuflüsse des Blutes oder der Circulation desselben in einem Orgaue entgegenstellen (Verengerung oder Verschliessung von Blut zuführenden Gefässen, veraulasst durch Krank­heiten derselben oder durch äussere, auf sie einwirkende Reize, wie z. B. Kälte, oder durch einen unmittelbar oder von einem Xachbar-organe aus stattfindenden Druck); oder
c)nbsp; nbsp;in dem Organgewebe selbst. Derartige Ursachen sind ins­besondere längere Unthätigkeit eines Theiles, andauernde und übermäs-
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Congestiüu, Hyporämio und Staao.
sige Absoudei-un^cn und Exsndationsprocessc, vorausgegangene Blutan-hänfung, Infiltration oder Schrompfong des Gewebes, übermässige Aus-delmung eines boblen oder mit Hohlräumen versehenen Organes, wodurch das Einströmen des Blutes in dasselbe behindert wird (z. B. beim Lun­genemphysem), endlich theilweise Zerstörung seiner Capillaren.
Die folgen der localcn Blutarmuth sind nach der Beschaf­fenheit des Organes verschieden. Im Allgemeinen leidet hierunter seine Function, welche entweder verringert oder völlig aufgehoben wird; in Absondcrungsorganen nimmt die Menge des Secretes ab, die Ausschei­dung desselben wird verzögert, es bleibt zurück und Zersetzungen tre­ten ein, die zu weiteren Folgen führen können.
Die Ausgänge der Anämie sind entweder die Rückkehr zum normalen Zustande oder Schrumpfung und Atrophie des Gewebes, ohne oder mit gleichzeitiger seröser Durchfeuchtung desselben; dieses letztere dann, wenn entweder die Aufnahme der Gcwcbsfeuchtigkeit in die Ge-fässe gehindert oder bei seröser Blutbeschaffenheit die Ausschwitzung gesteigert ist.
Die Behandlung hat zunächst die Entfernung oder Beschrän­kung der Ursachen zum Zwecke, worauf man bestrebt sein muss, den Blutzufluss zu den anämischen Theilen zu steigern. Diess geschieht durch Anwendung der Wärme in Form von Umschlägen, Bähungen, Bädern, durch warme Bedeckung, durch Reizmittel, wie Frottiren, rei­zende Einreibungen, durch den innerlichen Gebrauch flüchtig erregender Präparate u. dgl. m. Stets muss für eine gute Ernährung gesorgt und dem Eintritte der Folgekrankheiten so viel möglich vorgebeugt werden.
2. Oertliche Itlnlfülle, Congestion, ll^peräiiiilaquo; und Stase-
sect;. 110. Man versteht hierunter den vermehrten Blutgehalt eines Organes oder Jvörpertheiles, welcher in den Capillargefässen oder auch in den kleineren Arterien und Venen desselben, kaum je in den grösseren Venenstämmen seinen Grund hat. Von der Hyperämie, als übermässiger Blutlulle bei noch bestehendem Blutlaufe in den Gefässen, unterscheidet man die Stase (Stockung), als Blutfülle mit sehr ver­langsamtem oder völlig stockendem Blutlaufe.
Am Cadaver erscheint der hyperämische Theil je nach sei­nem normalen Blutreichthume in verschiedenem Grade roth gefärbt, blut­reich, geschwellt und schwerer, bisweilen bei gleichzeitiger Injection der Arterien- oder Venenstämmchen von rothem oder dunklem, bräun­lichem Geäder oder solchen Streifen durchzogen, geschwellt, in seinem
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Coagestloüi Hyperämift und Sl;iflO.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;I tjl
Gefüge gelockert, daher häutig mürbe und zerreisslich. Im lebenden Theile ist eine der ersten wahrnehmbarcu Erscheinungen eine stärkere Anfüllung der Getasse, Injection. An Theilen, welche der Beobachtung zugänglich sind, bemerkt man diese Injection zuerst an kleineren Ge-fässstämmchen, in deren Zwischenräumen sich allmälig eine dichtere Anfüllung der Capillargetasse hervorbildot, welche mit freiem Auge an­gesehen , entweder eine netzförmig sich verbreitende oder eine dichte, gesättigte ßöthung darstellt, die entweder scharf begrenzt ist oder in all­mälig blasseren Nuancen in die normale Färbung der Umgebung über­geht. Das erstere ist insbesondere der Fall bei Organen, welche Ca-pillaren enthalten, die nur wenige Anastomosen bilden oder bei solchen, in welchen noch besondere Theile eingebettet sind, welche für sich Sitz der Hyperämie werden können, wie z. B. der Follikelapparat in der Haut. Die letztere Art der Köthung wird häufiger beobachtet und man findet dann, dass die gesättigtste Färbung sich in der Mitte der hyperämischen Stolle ausgebildet hat und von da aus gegen die Peri­pherie sich vermindert. Diese Röthung rührt von der, durch die erwei­terten Arterienstämmchen meist mit verstärkter Geschwindigkeit in das Capillarsystem strömenden grösseren Menge von Blut her. Hiermit hängt auch eine andere Erscheinung zusammen, welche bisweilen in dem hyperämischen Theile beobachtet wird, nämlich die verstärkte Pul­sation der zu ihm hinziehenden Arterien, welche durch den verstärk­ten Widerstand, auf den der Blutstrom in dem Capillarsysteme stösst, erzeugt wird. Durch das vermehrte Zuströmen des arteriellen Blutes und den hiedurch gesteigerten und beschleunigten Stoffwechsel ist auch die Temperaturvcrmclirung eines hyperämischen Theiles zu erklären. Die bemerkbare Volumszunahme desselben (die Geschwulst) hängt einerseits von dem vermehrten Blutgehalte und dem vorhandenen Schmerze, von dem Drucke, welchen der geschwollene Theil auf die in ihm sich verzweigenden Empfindungsnerven ausübt, andererseits von der Einwirkung der gesteigerten Temperatur auf dieselben ab. In hyper­ämischen Organen stellen sich Störungen der Functionen der verschie­densten Art ein und bereits vorhandene werden gesteigert.
Der bei der Hyperämie in den Gefässen stattfindende Vorgang kann nur durch mikroskopische Untersuchung zarter, auf ver­schiedene Weise gereizter thierischer Theile ausgemittelt werden. Man hat hier beobachtet, dass im Anfange nicht selten eine Verengerung der kleinen Arterienästchen und Capillaren stattfindet, und dass das Blut mit Gewalt und vermehrter Geschwindigkeit in dieselben einströmt. Nach
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C'ougc.iUua, Hypmiimif und Htase.
kurzer Dauer dieses Zustandes oder wenn die, denselben hervorrufenden UrBachen sehr intensiv waren, sogleich, stellt sich eine Verlangsamung in dem Blutlaufe dieses Theiles ein, der Inhalt der Blutgefasse rückt wohl noch stossweise vor, es treten jedoch auch llückstösse ein und die Ülut-säule scheint vor- und rückwärts zu schwanken. Wahrend dieses Vor­ganges wird die Zahl der Blutkügelchen in den Capillaren relativ grosser, sic bewegen sich nicht mehr allein in der Mitte der Gefasscheu, son­dern auch längs der Wandungen und kleben endlich an einander. Die Gefässchcn sind erweitert, das Elut stockt in ihnen endlich vollständig, sie erscheinen mit Blutkörperchen angepfropft und ihre Wandungen sind von dem Gewebe, in welchem sie verlaufen, nicht mehr zu unterschei­den, das Ganze stellt eine gleichförmige, dunkle, auch von ausgetretenem Blute durchzogene Masse dar. Man benennt die höheren Grade der Hyperämie, bei welchen vollkommene Stockung in der Fortbewegung des Blutes innerhalb der Capillaren eines Theiles zugegen ist, mit dem Namen der Blutstockung, Stase. Bei jeder Hyperämie findet auch eine vermehrte Ausschwitzung gewisser Bestandtheile der Bluttlüssig-keit statt, welche sich mit der Entwicklung der Stase steigert, allmälig concentrirter wird und bisweilen durch ausgetretenes Blut roth gefärbt erscheint.
Die Bedingungen zur Entstehung von Hyperämien und St äsen liegen entweder:
a)nbsp; nbsp; in den zu dem Capillarsysteme eines Körpertheiles hinziehenden Bintgefassen. Hieher gehören die mechanischen Hyperämien und Stasen in Folge mechanischer Hemmung des ßück-llusses des Blutes durch die Venen; jene im Gefolge von Hinder­nissen der Circulation in den Capillaren; die Hyperämien, welche sich in der Umgebung der durch Druck anämisch gewordenen Theile entwickeln; jene, die in Folge der Steigerung der Herzbe­wegung in jenen Organen, deren Arterien weniger widerstandsfähig oder von früher her geschwächt sind, oder durch eine Verminderung der Energie des Blutstromes entstehen, wobei sich das Blut mit ver­minderter Geschwindigkeit in den Haargefässen und Venen fortbewegt und Stasen in den am wenigsten widerstandsfähigen Theilen eintreten (hypostatische Hyperämien und Stasen); oder
b)nbsp; nbsp; in der Abnahme der Widerstände, welche unter ge­wöhnlichen oder abnormen Verhältnissen auf die Arterien und Capillargefässe wirken. So begünstiget das Aufhören eines längere Zeil auf ein Organ einwirkenden Druckes (z. B. nach Existirpation
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Congestion, Hyperämift und Stase.
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von Geschwülsten, Entleerung; von Ergüssen), Atonie und Erschlaffung der Wandungen der CapiUaren, Erweichung, dann Atrophie eines Orga-nes, jedocli ohne Yolumsverringerung desselben, so dass hiedureh die Oeiassc nothwendig erweitert werden müssen, den Eintritt von Hyperä­mien und Stasen. Endlich scheint
c) auch die Beschaffenheit des Blutes selbst bisweilen die Bedingung zur Entstehung von Hyperämien abzugeben, und zwar ent­weder dadurch, dass es Stoffe enthält, welche vermöge ihrer Grosse das Capillarsystem nicht passiren können und auf mechanische Weise Blut­fülle und Stockung in der hinter der verstopften Stelle liegenden Go-fassregion veranlassen oder dadurch, dass es vermöge einer Aenderung in seiner Zusammensetzung auch eine Aenderung in seiner Dichte und dem Grade seiner Klebrigkeit erleidet, wodurch ein Anhängen der Blut­körperchen an die Gefässwandüngen begünstiget und der Zustand von Hyperämie und Stase eingeleitet wird, oder endlich dadurch, dass es in Folge der Aufnahme fremder, giftiger, miasmatischer oder contagiöser Stoffe verändert wurde.
Aus der Mannigfaltigkeit der Bedingungen zur Entstehung der an­geführten Zustände wird klar, dass die verschiedensten Ursachen die­selben hervorzurufen und zu unterhalten im Stande sind.
Vorzugsweise sind es Wärme und Kälte, verschiedenartige che­mische Agentien, mechanische Einwirkungen, wie Druck auf Gefässe, besonders Venen, Zerrung, Erschütterung, Verwundung und Zer­trümmerung von Geweben, Verminderung des gewohnten Druckes (z. B. des Luftdruckes), die Einführung fremdartiger Substanzen in das Blut, welche entweder mechanisch die Circulation stören oder chemisch (wie die Jauche etc.), auf die Umänderung der Blutmischung hinwirken oder als Heize die Circulation beschleunigen (wie die äthe­risch-öligen und weingeisthaltenden Substanzen), oder endlich lähmend auf die Wandungen der Capillargefässc wirken (wie einige Metalle und betäubende Stoffe), dann verschiedenartige Zustände der Körper­organe selbst, wie unvollkommene oder übermässige Verwendung der­selben, Erschlaffung, Verringerung ihrer Elasticität u. dgl., oder Krank­heiten der Nachbarorgane, der Druck, welchen vergrösserte Or­gane auf Venenstämme ausüben, Verschliessnngen von Arterien oder Erkrankungen ihrer Wandungen, bedeutendere Erkrankungen der Lungen und der Leber, welche zu Hyperämien und Stasen Ver­anlassung geben.
EMI, Pathol. und Therapie. II. Aufl.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 13
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C'nnspstion, Hvperämie und Stn^e.
Nach der Verschiedenheit der Ursachen und der Entstchunu;sart hat man die Hyperämien mit verschiedenen Namen belegt. Man nennt sie insbesondere Congestionen (Blutandrang), wenn sie in Folge eines beschleunigten und vermehrten BlutzuHusses zu einem grösseren Abschnitte der Capillarität eines Organes entstehen; active Hyperä­mien, wenn sie durch örtlich wirkende mechanische oder chemische Heize oder die Einwirkung von Imponderabilien hervorgerufen werden, traumatische insbesondere, sobald sie durch traumatische Eingriffe veranlasst werden, passive, wenn sie durch Verminderung der Elasti-cität, Erschlaffung eines Organes, seiner Capillaren und kleinen Nerven hervorgebracht werden. Mechanisch wird die Hyperämie dann genannt, wenn sie durch mechanische Hindernisse, welche dein llücktlusse des Blutes durch die Venen entgegenstehen, erzeugt wird; sie heisst Sen-kungshvperämie (Hypostase), wenn sich das Blut in tiefer gelege­nen oder geschwächten Theilen sammelt. Jene Hyperämien, welche durch die Einführung fremdartiger (Substanzen in den Orga­nismus (Gifte, Contagien, Miasmen), oder in Folge schon bestehender Blutkrankheiten entstehen, bezeichnet man als speeifische.
Die Ausgänge der Hyperämien sind verschieden. Bei leichteren Graden derselben und unter günstigen Umständen tritt die Lösung ein, d. h. der verlangsamte Blut lauf wird wieder beschleuniget, die stockenden Blutkörperchen gerathen wieder in Fluss und das Blut be­wegt sich allmälig wieder ungestört durch die Capillargefässe. Dauert eine Hyperämie, insbesondere in einem schlaffen Ocwebo durch längere Zeit, wirken schädliche Ursachen fortan ein, so wird die Hyperämie chronisch oder sie hinterlässt wenigstens die Geneigtheit, bei der Ein­wirkung seihst geringfügiger Schädlichkeiten neu aufzutauchen; der Theil bleibt gewöhnlich gelockert oder serös infiltrirt, geröthet und meist von ungleichförmig erweiterten varicösen Gefässen durchzogen. Sehr häufig treten während des Verlaufes von Hyperämien Blutungen entweder aus kleinen Gefässchen, wo sie dann wenig zu bedeuten haben, oder aus grösseren Stammelten auf, in welchem letzteren Falle die uachtheiligen Folgen der Hyperämien sich mit jenen der Blutungen combiniren. Bei einigen Krankheitsformen führen selbst an und für sich unbedeutende Hyperämien leicht zu bedeutenden Blutungen, wie beim Anthrax, Ty­phus. Länger andauernde und heftige Hyperämien können Gerinnungen des Blutes in den Gelassen veranlassen und iiiedurch zu verschiedenen Nachkrankheiten führen. Nach dem Ablaufe mancher Blutüberfüllungen bleibt eine Verengerung oder Verschliessung der Capillargefässe zurück.
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Congestion, Hyperämie und Stase.
Blutungen.
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wodurch die Ernährung jenes Thciles, in welchem sie sich vertheilen leidet und seeundäre Anämie und Schwund desselben sich entwickelt. Geringere Grade länger andauernder Hyperämien führen zur H y-pertrophie des Theiles, beträchtlichere Hyperämien zur Entzündung, zum Brande, zur Erweichung oder Verschwärung des ergriffenen Theiles.
Nicht minder wichtig sind die Folgen, welche Hyperämien in anderen als den ursprünglich ergriffenen Theilen veranlassen. Hieher gehören die Nachtheile, welche in Folge der Ansammlung einer grös-seren Menge Blutes in dem hyperämischen Theile und die hiodurch bedingte Verringerung desselben in anderen sich entwickeln; die mecha­nische Einwirkung des durch Hyperämie und Stase geschwellten Thei­les auf die Umgebung; der Einfluss der durch diese Zustände gestörten Function eines wichtigeren Organes auf den (iesammtorganismus, oder die Blutmischung.
Die Behandlung der Hyperämien und Stasen hat vor Allem die Entfernung der sie veranlassenden oder unterhaltenden Ursachen, dann die Herbeiführung ihrer Lösung zum Zwecke. Dieses letztere kann geschehen durcli directe Einwirkung auf den hyperämischen Theil, in­dem man durch Druck, durch Kälte, zusammenziehende Mittel das über­flüssige Blut aus demselben zu entfernen sucht, oder letzteres örtlich entleert, oder die Blutmenge überhaupt und hiedurch mittelbar jene des hyperämischen Theiles durcli allgemeine Blutentleerungen, Beschränkung des Futters, Steigerung der Ab- und Aussonderungen vermindert, oder durch Hervorrufung einer Hyperämie an einem gesunden, weniger wich­tigen Theile die Blutfülle der lebenswichtigeren zu beschränken stiebt. Auch die Anwendung von Aetzmitteln, durch welche selbst ein Theil und seine Gefässe zerstört werden, wird bisweilen (z. B. auf Haut und Schleimhäuten) hiezu benützt.
Gelingt es nicht, die Lösung von Hyperämien herbeizuführen, so muss man bestrebt sein, wenigstens jenen Ausgang zu veranlassen, wel­cher von den wenigst nachtheiligen Folgen begleitet ist, und den gefahr­drohendsten Symptomen zu begegnen.
;t. Blutungen und BlutflüssK (Hämorrbagie).
sect;. 111. Unter Blutung versteht mau den Austritt von Blut im Ganzen aus den Gelassen in Folge einer Trennung ihres Zusammen banges.
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Ulutiuigen und Blutfidssi
Der ausgetretene Theil des Blutes — das Extravasat — muss demnach in seiner Mischung jener des in den Uetassen strömenden gleich sein und es müssen desshalb hievon alle jene rothen Ergüsse ausge­schlossen werden, welche ihre Färbung lediglich dem in dem Blutserum aufgelösten Blutlarbestofte verdanken.
Als Blutflüsse bezeichnet man insgemein jene Blutungen, welche auf die Oberflächen der Haut, der schleimhäutigen und Drüsencanäle, dann auf offene Wunden stattfinden, bei welchen mithin die Entleerung des Extravasates nach aussei! hin möglich ist. Je nachdem die Blutun­gen in dem Inneren oder an der Oberfläche des Körpers stattfinden, unterscheidet mau sie in innere und äussere; die erstereu geschehen entweder in das Gewebe eines Tliciles. oder in schon bestehende Höh­len und Canäle. Kleinere, in das Parenchym eines Thcilcs, durch Zer-reissung capillarer Ocfässe erfolgende Blutungen heissen capillare Blutergüsse; sie stellen kleine, höchstens hirsekomgrosse, rothe, in das Organgewebe eingesprengte Punkte dar, welche im Gehirne insbesondere capillare Apoplexie, in der Haut, den Schleim- und serösen Häuten Ekchymoseii, in der Epidermis l'etechien genannt werden. Nach Zorreissung einer grösseren Anzahl von Capillaren oder nach dem Ber­sten grösscrer Gefässe treten diese kleinen Exfravasate näher an einan­der, die dazwischenliegenden Gewebsreste werden für das freie Auge unkenntlich und erscheinen gleichmässig (von bisweilen geronnenem Blute) getränkt, uneben und brüchig, ein Zustand, welchen man hämor-rhagischen Infarct, Blutkuoten nennt. Zerreissen endlich zahlrei­chere oder grössere Gefässe, tritt das Blut rasch und mit Gewalt aus, oder findet die Blutung in einem wenig widerstandsfähigen Organe statt, so wird hiedurch das Organgewebe zertrümmert, das Extravasat sammelt sich in einer oder mehreren hiedurch entstandenen Höhlen des betref­fenden Gewebes an und es bildet sich ein sogenannter apoplecti-scher H o e r d.
Nach den Organen, aus welchen Blutungen erfolgen, unter­scheidet man Lungen-, Darm-, Nieren- etc. Blutungen. Die Blutungen können sowohl aus normalen Geweben, als auch aus pathologischen Neu­bildungen stattfinden; bezüglich der letzteren sind insbesondere die Blu­tungen aus neugebildeten Gelassen, deren Inhalt sich häufig einer Ex-sudattiüssigkeit beimischt, welche dann hämorrhagisches Exsudat heisst, wichtig.
Die Ursachen der Blutungen sind höchst mannigfaltig. Ausser den traumatischen Verletzungen der Gefässe sind es insbesondere:
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ßlntnngen und IJItitfHie-c.
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die Hyperämie und Staso, vorzüglich wenn sie in weichen, wenig widerstandsfähigen Organen in höherem Grade auftreten, die Zerstö­rung der Gcfässwände durch Erweichungs- oder Verschwäningspro-ccssc in jenen Organen, in welchen die Gefässe eingebettet sind, Zer-reissung der Gefässe in Folge von Texturerkrankungen ihrer Häute, von übermässiger Verdiinnung ihrer Wandungen (bei Aneurysmen) oder von zu starker Ausdehnung derselben in Folge exeessiver Anfiillung mit Ulut, endlich die spontanen Zerreissungen erkrankter und brüchig gewordener Organe, z. B. der Muskeln, — welche Blutungen bedingen.
Selbst gewisse Veränderungen des Blutes selbst, namentlich jene, welche durch faulige Beimischungen hervorgorufen werden, ferner die acuten Exantheme, namentlich die Pocken in ihrer bösartigen Form, die Typhus- und Milzbrandforraen, die Hundswuth u. s. w. disponiren zum Auftreten von Blutungen. Es ist wahrscheinlich, dass durch diese dyskrasischen Zustände die Widerstandsfähigkeil der Gcfässwandungen so abgeändert wird, dass sie schon unter dem gewöhnlichen oder einem etwas gesteigerten Blutdrücke Trennungen ihres Zusammenhanges erleiden.
Die Erscheinungen der Blutung sind verschieden, je nachdem sie eine äussere oder innere ist.
Bei den ersteren, so wie bei jenen der Schleimhautcanälc gelangt, das Blut entweder bei oberflächlicher Lage des blutenden Theiles un­mittelbar und unverändert nach aussen (Juise, Maul, After u. s. f.), oder es wird bei etwas tieferer Lage des Organes (Bronchien, Magen, Nieren) durch gewisse EeHexbewegungen nach aussen entleert und ist dann gewöhnlich mit Absonderungsflüssigkeiten (Schleim, Magensaft, Harn) oder einem anderen Organinhalte (Futterresten, Fäcalstoffcn u. dgl.) ge­mengt und hiedurch in seiner Farbe verändert. Es kommt entweder im flüssigen Zustande oder in Klümpchen, Kuchen oder nach der Form des Organes geronnen ztimVorschein. Bei geringfügigen Blu­tungen tröpfelt das Blut nur aus, bei stärkereu capillären, so wie bei venösen Blutungen tritt bald helleres, bald dunkleres Blut in gieich-mässigem Strome aus, bei jenen aus Arterien geschieht der Erguss sfossweisc und das Blut hat eine hellrothe, lebhafte Farbe.
In manchen Fällen wird das in Schleimhautcanäle oder in nach aussen mündende Höhlen ergossene Blut nicht nach aussen entleert (verborgene Blutungen), es dehnt diese Höhlen zu einer oft bedeu­tenden Grosse aus und veranlasst hiedurch mannigfache, nach der Wichtigkeit des betreffenden Organes verschiedene Störungen (Blutungen
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Blutiuigoii und lihitlüisst-.
in die Bronchien: Erstickungsgefahr, in die Harnleiter: Harnverhal­tung u. dgl.).
Blutungen, welche in innere, der Untersuchung unzugängliche Theile stattgefunden haben, geben sich, falls sie geringfügig sind, durch Erscheinungen nicht zu erkennen, sind sie jedoch bedeutender, so werden sie entweder durch die Functionsstörung des betroffenen, meist schon von früherher kranken oder hyperämischen Organes, oder durch das Auftreten der Erscheinungen einer allgemeinen Anämie in Folge des bedeutenden Blutverlustes diagnosticirbar.
Das Aufhören einer Blutung wird bedingt entweder durch die Bildung eines Blutpfropfesnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Thrombus — welcher Anfangs nur
mechanisch die Grefässöfihung verstopf!, in der Folge aber eine orga­nische Verbindung mit den (JetassWandungen eingehen kann, oder durch den Druck, welchen das, in das umgebende (rewebe oder in Höhlen und Canäle ergossene Blut auf die blutenden Uefasse ausübt, oder endlich durch die in Folge iibermässigerBlutung veranlasste allgemeine Anämie. Xach der vollständigen Trennung eines grösseren Gefässcs beobachtet man ein Zurückziehen desselben in seine Scheide und eine Zusammenziehung desselben. Ein Theil des ausgetretenen Blutes gerinnt innerhalb der Scheide und in dem umgebenden Gewebe zu einem Blut­pfropf, welcher der ferneren Blutung ein Hinderniss entgegenstellt, aber nicht selten wieder weggeschwemmt wird. Haftet er jedoch durch ' einige Zeit fest, so bildet sich in dem Canale des verletzten Oefasses selbst ein Blutpfropf, welcher sich meist bis in die Nähe des zunächst abgehenden beträchtlicheren Seitenastes erstreckt, und falls er nicht durch neu andringende Blutwellen oder durch Schmelzung wieder abge-stossen wird, bisweilen mit den Wandungen des (Jefässes zu einem bindegewebigen Strange verwächst.
Die Folgen der Blutungen hängen begreitiicher Weise von der ürösse und Heftigkeit derselben, dann bei inneren Blutungen von der Wichtigkeit des Organes ab, in deren Parenchym sie stattfanden, wo­durch immer Quetschung und Zertrümmerung desselben in verschiede­nem Grade veranlasst wird. Eine häufige Folge solcher Blutungen ist der Eintritt von Entzündung in der Umgebung mit Gewebsneubil-dung und Einkapselung des Blutergusses. Bedeutendere Blutfiüsse füh­ren allgemeine Schwäche, Verschwinden des Lebcnsturgors, Schwäche und Weichheit des Pulses, den Ausbruch kalten Schweisses , Zittern, Convulsionen, Ohnmacht und selbst den Tod herbei. Die Blutmischung selbst erleidet nach bedeutenderen Blutungen eine Veränderung, indem
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Hlutmigeu und BlutflOue.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;199
die verlorene Blutmenge rasch durch die Aufnahme wässeriger Bestaud-theile aus allen Körpertheilcu ersetzt und das Blut hiedurch dünner, wässeriger wird. Für heilsam kann eine Blutung nur dann angesehen werden, wenn durch sie die in einem Organe übermässig angesammelte Blutmenge verringert wird.
Das in innere Organe ergossene Blut geht alhnälig gewisse Ver­änderungen ein, welche den Heilungsvorgang des Extravasates dar­stellen.
Bleibt das ausgetretene Blut flüssig, was jedoch nur verhältniss-mässig selten und bei kleinen Kxtravasaten der Fall ist, so kann eine KUcksaugung desselben in der Art stattfinden, dass sieh zuerst das He­rum in der Umgebung vertheilt, worauf allmälig die Blutkörperchen sich auflösen und das Serum resorbirt wird, während der Blutfarbestoff län­gere Zeit oder für immer zurückbleibt; oder es schlagen sich aus dem tlüssigen Blute die Blutkörperchen nieder und bleiben nach Bücksaugung des Serums als ein mehr oder weniger dicker, farbiger Beschlag zurück, oder endlich es tritt Fäulniss und jauchige Zersetzung des ganzen Ex­travasates ein.
Jn der Mehrzahl der Fälle erfolgt eine Gerinnung des ex-travasirten Blutes, entweder auf die Art, aufweiche sich ein Blut­kuchen bei dem aus einer Ader gelassenen Blute bildet, so dass der Faserstoff die Blutkörper und das Serum gleichmässig einschliesst, oder so, dass sich der Faserstoff' entweder an dem Umfange oder in der Mitte der Gerinnung ziemlich rein ansammelt. Ist das Serum nach aussen zu ausgeschieden, so kann es leicht resorbirt werden, ist es in der Mitte der Gerinnung eingeschlossen, so bleibt es oft lange zurück.
Der ausgeschiedene Faserstoff schrumpft entweder, sobald er in grösserer Menge und ziemlich rein ausgeschieden ist, zu einer der­ben, knolligen Masse ein, oder er zerfällt zu einer fettigen oder feinen Punktmasse; endlich hat es in manchen Fällen den Anschein, als orga-nisire sich derselbe zu einem feinen gefässreiohen Bindegewebe.
Aus den Blutkörperchen bildet sich Pigment u. z. der Art, dass entweder die Blutkörperchen als solche einzeln oder zu Haufen gruppirt schrumpfen und sich in Pigment umwandeln, oder dass der Farbestoff derselben frei wird und die Umgebung als eine gelbe, rostfarbene oder bläuliche Färbung durchtränkt, aus welcher sich dann entweder schwar­zes , braunes, rothes oder gelbes kömiges Pigment niederschlägt, oder aus dem sich röthlichc, rothe oder schwarze (Hämatoidin - Krystalle) herausbilden. Die l'igmentfärbungen erbleichen allmälig und können
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Blutangän und B)nttlUsstgt;
endlich durch Resorption des Pigmentes vollkommen verschwinden; auch das körnige Pigment ist einer Verkleinerung und Verschrumpt'ung fähig, während Pigmentkrystalle unverändert bleiben. Auft'allend ist es, dass manchen Organen eine Neigung zur Bildung bestimmter Pigment färben zukomme (s. Pigment bildung).
Die Heilung grösserer apoploct ischer Heerde geht gewöhn­lich auf nachstellende Weise vor sich. Das Kxtravasat wird nach und nach sammt dem zertrümmerten Organgewebe, welches die zottige, un­ebene, von Blut durchtränkte Wand des Hcerdes bildet, durch die Ein­wirkung des Blutserums erweicht und vertüissiget; es zerfällt theils zu einer Punktmasse, theils wird es in Fett umgewandelt, gestaltet sich nach einiger Zeit zu einem röthlich-braunen Breie um, welcher allmälig dünner wird, seine Farbe ins Lichtbraune und Hefengelbe umändert und endlich eine farblose seröse Flüssigkeit darstellt. Nachdem während dieser Zeit die zottige Wand des Heordes sich abgestossen und mit dem Extravasate gleiche Umänderungen eingegangen hat, erscheint dieselbe geglättet, während sich in der unmittelbar anstossenden, gewöhnlich noch von kloinen Extravasaten durchzogenen (iewebsscliichte ein Ent-zündungsprocess entwickelt hat, welcher seine Producte sowohl in diese als in die Wand des Hcerdes setzt. Es bildet sich daselbst Bindegewebe, welches die Wand schwielig verdickt und an der dem Extravasate zu­gekehrten OberÜäche derselben eine weiche, gefä^sreiclie, pigmentirte Auskleidung darstellt. 1st die Heilung bis hieher vorgeschritten, so hat man an der Stelle des apoplectischeu Hcerdes eine aus Bindegewebe gebildete, an der inneren OberÜäche nicht selten mit, aus dem Extra­vasate noch stammenden Faserstoffgerinnseln beschlagene, pigmentirte Kapsel, welche die veränderten Reste des Extravasates einschliesst (apoploct ische Cyste), stets bedeutend kleiner ist als der apoplectische Heerd, durch allmälige Resorption der in ihrer Höhle enthaltenen Flüs­sigkeit sich fortwährend verkleinert und endlich nach Rücksaugung des flüssigen Inhaltes durch Aneinanderrücken und schliessliche Verwach­sung der Wandungen einer völligen Verschliessung fähig ist, worauf eine rostbraun pigmentirte Xarbe (apoplectische Narbe) zurückbleibt. Dieser günstige Heilungsvorgaug wird jedoch verhältnissmässig selten beobachtet. Häutiger hindert eine wuchernde Bindegewebsneubildung in der Wand, wie sie sich vorzugsweise dann bildet, wenn aus dem Extra­vasate der Faserstoff' für sich gerinnt, die weitere Resorption des Ergus­ses, und man findet dann innerhalb einer dickwandigen Kapsel eine ein­gedickte, beinahe durchgehends aus körnigem Pigment bestehende Masse.
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Blutungen und BlutAUssf.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;20 1
Bei bedeutenderen, insbesondere in Folge heftiger Quelschun-geu entstandenen Extravasaten beobachtet man den Eintritt von Eiterung in der Umgebung derselben, worauf der Eiter sich entweder dem ergossenen Blute beimischt, otler das Extravasat in Eolge der Ab-stossuug von den angrenzenden Geweben vollständig nekrotisirt. In beiden Fällen findet dann ein Durchbrach des apoplectischen Heerdes nach aussen oder innen statt. Dort wo das Blutgerinnsel mit der atmo­sphärischen Luft oder mit faulenden Stoffen in Berührung kommt, stellt sich faulige Zersetzung desselben ein.
Die Vorhersage bei den Blutungen ist eine sehr verschiedene. Sie richtet sich
a)nbsp; nbsp;nach den Ursachen. Blutungen, welche im Gefolge von Blul-krankheiten auftreten, haben so wie jene, welche durch Erkrankungen der Gefässhäute oder durch Zerstörungsprocesse der Gewebe veranlasst werden, eine üble Bedeutung;
b)nbsp; nbsp;nach dem Orte der Blutung. Im Allgemeinen sind Blutun­gen in das Parenchym eines Organes oder in Canäle gefährlicher, als auf freie Oberflächen, weil durch sie leicht eine Störung in der Ver­richtung desselben herbeigeführt wird; jedoch hängt auch hier die Gefahr von der Wichtigkeit des betroffenen Organes oder Organtheiles ab;
c)nbsp; nbsp;nach der Grosse der Blutung. Je bedeutender diese ist, desto grosser wird auch die damit verbundene Gefahr; öfter wiederholte klei­nere Blutungen können jedoch auch sowohl wegen der durch sie ver-anlassten allmäligen Degeneration des betroffenen Organes, als wegen der Rückwirkung des Blutverlustes auf das Blut naebtheilig werden. Grosse Blutungen werden gefährlich durch plötzliche Lähmung der Function eines Organes, bedingt entweder durch Zertrümmerung des­selben durch die Blutung, oder durch Verschliessung von Canälen, oder durch Druck des Extravasates, oder durch allgemeine Anämie, endlich durch die, in Folge der nicht vollständigen Heilung des apoplectischen Heerdes zurückbleibenden Functionsstörungen.
Die Behandlung der Blutungen hat zuerst die Beseitigung oder Entfernthaltung der Ursachen, welche sie hervorgerufen haben oder unter­halten, zum Zwecke. Vor allem ist bei beträchtlichen Blutungen auf mög­lichste Ruhe und kühles Verhalten zu sehen. Bei Blutungen, welche sich im Gefolge von Texturkrankheiten einzelner Organe oder von fie­berhaften Allgemeinkrankheiten (Typhus, Anthrax, Bocken u. s. f.) ein­stellen, wird eine zweckmässige Behandlung der Gesammtkrankheit als Causalanzeige zu gelten haben.
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Blutungen und HlutttUsse. - Thrombose.
Die directs Stillung der hlutunj!,-ist, sobald diese aus inuereu Theilen erfolgt, meist schwierig, leichter dann, wenn sie aus zugäng­lichen Organen stattfindet. Sie hat einerseits die Verstopfung der Zu-sammenhangstreuming des blutenden Gef'ässes, andererseits die Ver­minderung der Blutzufuhr zu bewerkstelligen. DasErsterc geschieht entweder durch die künstliche Eildung eines Blutpfropfes mittelst des Bestreuens oder Bestreichens mit zusammenziehenden Mitteln (Eichen­rinde, Galläpfeln, Catechu, rohem Alaun, Eisenvitriol) oder mit soleheu Substanzen, welche mit dem Eiweiss des Blutes Niederschläge bilden (Bleizucker, Höllenstein, concentrirten Mineralsäuren) oder mittelst des Berührens mit dem Glüheisen, oder durch mechanische Verschliessung der blutenden zugänglichen Getasse mittelst der Unterbindung, der Um-steclmng, der Anwendung eines Druckes auf dieselben.
Die Verminderung der Blutzufuhr kann theils durch die Compression des zu dem blutenden Theile führenden Arterienstammes, theils durch die Anwendung solcher Mittel, welche eine stärkere Zu­sammenziehung der Gefässe veranlassen, wie Kälte, zusammenziehende, Weingeist- und ätherhältige Arzneistoffe, theils jener Medicamente ver­sucht werden, welche die Herzkraft herabsetzen, wie des Fingerhui­krautes, des Eisenhutes und bisweilen des Aderlasses. In manchen Fällen hat sich auch der innerliche Gebrauch des trockenen Kochsalzes und der Mittelsalze erfolgreich erwiesen.
Auch die symptomatischen Anzeigen spielen bei der Behand­lung der Blutungen eine wichtige Rolle. So ist der bei heftigen Blu­tungen drohenden Ohnmacht durch Ruhe, kalte Bespritzungen, flüch­tige und scharfe Einreibungen zu begegnen, die im Umkreise grösserer Blutergüsse sich einstellende heftige Entzündung zu massigen, die Ent­fernung eines faulenden Extravasates (z. B. im Tragsacke) zu ver­suchen, um den nachtheiligen Einwirkungen der in das Blut aufgenom­menen Jauche zu steuern, endlich auch die, im Gefolge erschöpfender oder öfter wiederholter Blutungen sich einstellende Anämie durch Ver­abreichung leicht verdaulichen, nahrhaften Futters, bitterer und bitter­aromatischer Arzneien zu heben.
4. Die Pl'ropfbilduiig in den Gelassen (Thrombosis).
sect;. 112. In Arterien und Venen mittleren Kalibers, so wie im Her­zen kommt es bisweilen zu einer Gerinnung des Blutfaserstoffes, wo­durch sich ein weiches, rothes, der Gefäss- oder Herzwand locker an­liegendes Gerinnsel, ein Blutpfropf, Thrombus bildet.
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Thrombose.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; .5U0
In der Kegel beginnt die Ffropfbilduug an der Wand des Gefasses oder Herzens oder an dem, in ein Gefäse eingedrungenen fremden Kör­per und wächst von da aus durch Anlagerung neuer Gerinnsel aus dem vorbeiströmenden Blute bis zur völligen Yerschliessuug des Gefässes. Seltener gerinnt das in einem Gefässtheüe enthaltene Blut sogleich zu einem das ganze (iefässlumen verstopfenden Thrombus. Gewöhnlich setzt sich der Pfropf bis zu dem nächsten (,'ollateralasic fort, nicht selten wächst er auch über seine Bildungsstätte hinaus fort und ragt dann als eine verschieden gestaltete Wucherung in einen anderen Abschnitt der Herzhöhle oder in das Lumen eines anderen (iefässes hinein. Virchow nennt dieselben fortgesetzte Pfropfe.
Die Ursachen der Pfropfbildung können sein:
a)nbsp; nbsp; Stockung des Blutes in einem Gefäss- oder Herzali-schnitte. Die Verhältnisse, welche hiezu Anlass geben, sind:
laquo;) Verengerung oder Verschliessung eines (iefässlumeiis durch Unterbindung, Druck von Geschwülsten, Exsudaten, narbi­gen Einziehungen.
ß) Erweiterung von Gefässen und Herzabschnitten. Hiedurch entstehen die Gerinnungen in den Pulsadergeschwülsten, in vari-cösen Venen, in den erweiterten Herzohren u. s. w.
;•) Aufhebung de r Continuität der Gefässe in Folge von Durch­schneidung, Rissen und Zerstörung durch pathologische Processe.
b)nbsp; nbsp;Ernährungsstörungen, namentlich entzündlicher Art, der Get'ässwandungen, wie Granulationen, fettige und kalkige Degenera­tion, brandige Zerstörung derselben.
c)nbsp; nbsp; Berührung des Blutes mit fremdartigen, in ein Gefäss oder in das Herz gedrungeneu spitzer Körpern, wie Nadeln u. dgl., die man am häufigsten bei Rindern von der Haube in das Herz vorge­drungen antrifft, vielleicht auch
d)nbsp; nbsp; eine gesteigerte Gerinnfähigkeit des Faserstoffes (Inopexie).
Die sogenannten fortgesetzten Pfropfe geben nicht selten zu Abtrennungen mehr oder weniger grosser Partikelchen durch das vor­beiströmende und an sie anstossende Blut Veranlassung. Diese losgeris­senen Pfropfe gelangen, wenn sie aus dem venösen Bhite stammen, bis in das System der Lungenarterien; falls sie in Arterien gebildet wurden, bis in die kleinen Körperarterien; wenn sie in den Wurzeln der Pfort­ader entstanden, bis in die Leberäste dieses Gefässes und werden je nach ihrer Grosse entweder in grösseren oder feineren Aestchen des
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Tbrorabosö.
betreffenden Gefässes fcslgelialfeu und eingekeilt. Virchow nennt einen solcliun losgerissenen und durcli den Blutström fortgespülten Pfropf einen Km bolus. Dieser verstopft entweder das Gefiiss, in welches er einge­keilt wird, sogleich vollständig oder verengert anfangs nur dessen Lich­tung, bedingt aber Verlangsamung des Blutlaufes daselbst und die Bil­dung von Faserstotfgerinnseln, welche ihn nach und nach einkapseln und in der Begel zur Verstopfung des Gefässes führen.
In den, den Thrombus oder Embolus umgebenden Gefässwaudun-gen entwickelt sich in der Regel eine Ernährungsstörung, welche häutig den Charakter einer entzündlichen an sich trägt. Hierüber wird später bei der Pyämie die Rede sein. Der Thrombus selbst kann entweder er­weichen oder verhornen, fettig degeneriren oder verkalken, oder endlich mit der Gefässwand vollständig oder einseitig verwachsen, in welchem letzteren Falle er dann gewöhnlich von der entgegenstehenden Gefäss­wand zurückweicht und hiedurch dem Blutstrome die Möglichkeit des Wiedereintrittes in das Gefass eröffnet wird.
Die Verstopfung von Venen durch Pfropfbildung bedingt, falls nicht ein genügender C'ollateralkreislauf eingeleitet wird, die Ent­stehung von Wassersucht in Körperhöhlen und von schmerzhaften Oc-demen. Die letzteren hat man nicht selten Gelegenheit an den hinteren Extremitäten von Pferden zu beobachten, bei deren späterer Section sich dann Pfropfe in verschiedenen Abschnitten des Venensystems der Glied­massen vorfinden. Bei längerem Bestände führen sie zu sehr bedeuten­den Verdickungen der allgemeinen Denke, des Unterhautbindegewebes, der Sehnen und der Beinhaut.
Die Verstopfung in den Arterien entwickelt sieh sehr häufig im Gefolge des Brandes (z. B. der Lungen bei Pferden), verschiedener Geschwürproecsse, des Druckes von Geschwülsten auf Arterien, der atheromatösen Entartung dieser letzteren. Die Thrombose der Arterien des Beckens und der Hintersehenkel ist in neuerer Zeit als eine Ursache des Hinkens so wie der Lähmung einer hinteren Gliedmasse bei Pfer­den nachgewiesen worden. Den plötzlich eintretenden Fällen solchen Lahmgehens scheint Embolie zu Grunde zu liegen.
Die Entwicklung der Folgezustände arterieller Thrombosen hängt vorzugsweise davon ab, ob ein genügender Collateralkreislauf sich ein­stellt oder nicht. In dem letzteren Falle kommt es zur Anämie des von dem verstopften Gefässe sonst mit Blut versehenen Theiles, zur Functions-störung, selbst zum völligen Absterben desselben.
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Wassersucht.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 205
Die Behandlung der Pfropfbildung und Embolie ist be­greiflich eine sehr beschränkte und in der Mehrzahl der Fälle eine symptomatische. Regelung der diätetischen Pflege wird hiehei eine Haupt­rolle spielen.
3. Ansammlung von wässeriger Flüssigkeit, die Wassersucht (llvdrojis.).
sect;. 113. Unter Wassersucht versteht man die Anhäufung einer dem Blutserum in ihrer Zusammensetzung ähnlichen, wässerigen Flüs­sigkeit in den Parenchymen oder Höhlen des thierischen Körpers. Sie tritt demnach entweder als Infiltration der Parenchyme auf und heisst dann Ocdem, oder als freier Frguss in Höhlen, und wird dann je nach der Localität: Herzbeutel-, Brust-, Bauch-, Gelenks-, Hirn­höhlenwassersucht u. s. f. benannt.
Hie hydropische Flüssigkeil enthält bedeutend mehr Wasser als das Blutserum, und im Verhältnisse weniger Fiweiss, bisweilen in kaum wahrnehmbarer, bisweilen jedoch auch in etwas bedeutenderer Menge, im letzteren Falle nähert sich die hydropische Flüssigkeit den eiweissigen Exsudaten, dann Fette, Extractiv-, besonders Farbestofte, welche die gelbliche, grünliche oder bräunliche Färbung der Flüssigkeit bedingen, Salze, besonders Natronsalze und durunter vorzugsweise Koch­salz, endlich bisweilen Faserstoff, der sich beim Erkalten der entleerten Flüssigkeit als eine weiche, gallertige Gerinnung ausscheidet.
Manchmal finden sich darin auch formelle Bestandtheile, welche entweder Beimengungen von den anstossenden Oberflächen, z. B. Epi-thelialzellen, oder Abscheidungen, z. B. von Fetten sind, oder zufällig hinzutreten, z. B. Eiterzellen u. dgl. Sie verleihen der Flüssigkeit ein molkig trübes Ansehen.
Hie hydropische Flüssigkeit stammt stets aus dem Blute; ihre Durchschwitzung findet vorwaltend aus dem Capillargetässsysteme in Folge eines gesteigerten Druckes auf dessen Wandungen statt. Hie Tliat-sache, dass nicht alle in der BlutHüssigkeit enthaltenen Stoffe auch in dem hydropischen Ergüsse vorgefunden werden, kann nur durch die Annahme erklärt werden, dass bloss ein Theil der eiweissigen Substan­zen im Blutwasser wirklich gelöst ist, während der andere sich nur in feinster Vertheilung in demselben befindet, und dass bei dem Hurch-schwitzungsvorgange nur der wirklich gelöste Antheil austritt, während der andere entweder ganz oder bei sehr starkem Drucke wenigstens noch theilweise zurückgehalten wird. Dieser Transsudafionsprocess wird
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Wassersucht.
durch eine Blutmischung, bei welcher der Gehalt an Eiweiss beträcht­lich vermindert ist, ausserordentlich begünstiget.
Die Ursachen, welche die Entstehung solcher Ausscheidungen voranlassen, sind:
a)nbsp; nbsp; Mechanische Behinderung des Rückflusses des Blutes durch die Venen (mechanische Hyperämie). Oertliche Hemmungen des Venenstromes veranlassen örtliche Hindernisse des Durchtrittes des Blu­tes durch Herz und Lungen (z. B. bei Fehlern der Herzklappen, bei Lungenemphysem u. s. w.) allgemeine Wassersucht (bei Hunden nicht selten). Zu den erstcren gehört das Entstehen der Bauchwassersucht bei chronischen Leherleiden, welche das Durchströmen des Blutes durch die­ses Organ hemmen, die Entwicklung von Ocdem der hinteren Extremi­täten bei Vcrschliessung der .Schenkelvenen, bei bedeutender Anschwel­lung der Leistendrüsen (bei Pferden).
b)nbsp; Mechanische Hemmung des Lymphstromes in den Lymph-gefassen, wodurch die Resorption des exsudirten Bildungsplasmas ge­hemmt wird; ein Umstand, der häutig bei der Obliteration der Lymph-gefässe der hinteren Extremitäten des Pferdes (beim Hautwurm) zur Entstehung sehr bedeutender üedeme Veranlassung gibt, deren Bildung noch durch die meist gleichzeitig vorhandene bedeutende Anschwel­lung der Leistendrüsen, welche auf die Venenstämme drücken, begün­stiget wird.
c)nbsp; nbsp; Eine Verarmung des Blutes an eiweissigen Bestand-theilen (wässerige Blulmischung), sei sie nun in Folge üusserer Schädlichkeiten, mangelhafter Ernährung oder bedeutender albuminöser Ausscheidungen, z. B. nach Nierenkrankheiten, Ruhr u. dgl. entstanden. Sie ist wohl an und für sich noch nicht hinreichend, eine (in diesem Falle cachectische) Wassersucht zu erzeugen, sie stellt aber jedenfalls ein sehr begünstigendes Moment hiefiir dar, indem bei ihrem Vorhan­densein schon eine massige Hyperämie, ein geringer Grad von Stockung oder Stauung in der Circulation hinreicht, bedeutende seröse Ausschei­dungen hervorzurufen.
d)nbsp; nbsp;Hyperämien und leichtere Grade der Entzündung. Im Verlaufe derselben stellen sich bisweilen unter örtlicher Temperaturstei— gerung Schmerz, nicht selten auch unter fieberhaften Erscheinungen Oedeme oder Ergüsse in seröse Säcke ein, von denen sich die ersteren durch eine grössere Härte und Empfindlichkeit von den gewöhnlichen Oedemen unterscheiden. Die in diesem Falle exsudirte Flüssigkeit scheidet nach ihrer Entleerung und Erkaltung Fibringerinnungen aus.
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Wassersucht.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;ZlJi
Damit jedoch überhaupt seröse Ansammlungen stattfinden können, muss in jedem l'alle die Durchschwitzung die Resorption der ergossenen Flüs­sigkeit überwiegen.
Man unterscheidet die Wassersüchten in acute und chronische, in active, worunter man die entzündlichen, und passive, worunter man die cachectischen und die auf mechanische Weise entstandenen begreift, in primäre, welche nach einer einwirkenden Schädlichkeit (z. B. nach Erkältung) unmittelbar auftreten und sehr selten sind, und seeundäre, welche einer der oben angegebenen Ursachen ihre Entste­hung verdanken.
Alle Wassersuchten veranlassen eine Vergrösserung der Theile oder Höhlen, in welche die Durchschwitzimg geschieht. Die Geschwulst ist an infiltrirten Theilen teigartig, sie behält die Imgereindrücke, welche sich erst dann, wenn die verschobene Flüssigkeit an ihren alten Platz zurückgetreten ist, wieder ausgleichen; die Theile erscheinen blass, gedunsen und auf ihrem Durchschnitte mehr oder weniger durchschei­nend und gallertig, ein klares Serum ergiessend. Durch den Druck des infiltrirten Serums entsteht nach längerer Dauer eine Atrophie der Um­gebung, Verengerung enger Canäle (Blutgefässe) u. s. w.
Das in Höhlen ergossene Serum dehnt und spannt die Wandun­gen derselben und ist in den meisten Fällen (mit Ausnahme der Ergüsse in die Schädelhöhle) durch die Percussion und dort, wo die Wände derselben nicht zu sehr gespannt und beweglich sind, auch durch die Fluctuation (Schwappung), welche durch das Ausweichen und Zurück­kehren der durch einen Druck aus der Lage gedrängten Flüssigkeit entsteht, auszumitteln. Eben so geben die Lageveränderungen, welche bewegliche Organe durch den Druck des Serums erleiden, Anhaltspunkte für die Diagnose. Durch den Druck werden verschiedene Functionsstö-rungen, Anämie, Schwund, Tränkung und Maceration der Theile bedingt. In Folge höherer (xrade der Wassersucht stellt sich eine seeundäre Veränderung der Elutmischung, eine Eindickung desselben mit Ueber-wiegen der festen Bestandtheile und in der Kegel eine Verminderung der Absonderungen ein.
Das exsudirte Serum kann unter günstigen Verhältnissen leicht resorbirt werden und als Folge hievon dort, wo die Ursachen zu er­neuerter Durchschwitzung beseitiget und nicht schon bedeutendere Ver­änderungen wichtiger Organe eingetreten sind, Genesung erfolgen. Bleibt das Serum längere Zeit zurück, so erleidet es bisweilen c h e -mische Veränderungen; diese sind die faulige Zersetzung, welche
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Wassersucht.
dort eintritt, wo es mit der atmosphärischen Luft in Berührung steht und das Eindicken der hydropischen Flüssigkeit theils durch die Re­sorption des tlüssigen Antheilos derselben, theils durch die Beimengung festerer Theile der Umgebung. Mit diesem letzteren Zustande verbindet sich häufig bei Hautödemen, insbesondere dann, wenn die Wassersucht entzündlicher Natur ist, eine bedeutende Verdickung des Haut- und Unterhautbindegewebes, der sehnigen Ausbreitungen und Sehnen, zu einer dichten, sehnenähnlichen, weissen Masse, ein Zustand, den man insbesondere bei Erkrankungen der Lymphgefasse an den Hinterschen­keln der Pferde (beim Hautwurme) so ausserordentlich häufig antrifft. Der Eintritt des Brandes wird durch entzündliche Zustände, welche sich entweder in Folge mechanischer Reizung oder des Zutrittes der atmosphärischen Luft zu hydropischen, von der Epidermis ontblössten Theilen entwickeln, veranlasst.
Der Tod tritt bei Wassersüchten entweder in Folge der Hem­mung der Functioninmg eines lebenswichtigen Organes (Oedem der Stimmritze, Lunge, des Gehirnes, Brust-, Hirnhöhlenwassersucht u. s. w.), oder in Folge von Erschöpfang, besonders bei den cacheetischen Formen derselben ein.
Die Prognose ist sehr verschieden; günstiger fällt sie bei den in Folge von Schwäche, z. B. bei reconvalescirendcn Thieron sicli einstel­lenden und bei entzündlichen Wassersuchten aus, weniger günstig bei den im Oefolge mechanischer Behinderung der Circulation sich bilden­den, wobei sie jedoch wieder je nach der Möglichkeit, die zu Grunde liegende Ursache zu entfernen, bedeutend variirt; am ungünstigsten wird sie bei den cacheetischen Formen derselben.
Die Behandlung der Wassersuchten ist nach den ihnen zu Grunde liegenden Ursachen verschieden. Bei den in Folge von Schwäche bei Rcconvalescenten, z. B. vorzugsweise an den Extremitäten, der Unter­brust und dem Bauche sich einstellenden serösen Durchschwitzungen reicht gewöhnlich ein öfteres trockenes Frottiren oder Einreibungen leich­terer Reizmittel, das Umwickeln der F'üsse mit Binden, öftere ileissigc Bewegung und gute Ernährung zur Beseitigung dieses Zustandes hin. Bei den auf mechanischem Wege entstandenen Wassersuchten ist die Ursache der Blutstockung zu beseitigen, ein Unternehmen, welches jedoch in vielen Fällen, z. B. bei Krankheiten des Herzens, der Leber, Lunge, kaum je gelingt und in der Regel um so weniger versucht wird, als durch solche Krankheitszustände der Gebrauchswerth der Thiere ohnehin so sehr herabgesetzt wird, dass sich ein Curversuch selten lohnt.
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Wasaei-sucht. — Bi'and.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;'20v
Dort, wo odematose Anschwellungen der Extremitäten in Folge ört­licher Circulationshindernisse, z. Ji. Stasen entstehen, kann man die früher erwähnte Behandlungsweise versuchen, efwa auf Venen drückende Geschwülste entfernen u. s. w. Bei den durch Obliteration der Lymphgefässe, Anschwellung der Lymphdrüsen entstande­nen Formen ist das diesen Zuständen entsprechende Heilverfahren ein­zuleiten. Häutig verschafft die Entleerung der in Körperhöhlen ange­sammelten Flüssigkeit durch die Function wenigstens Erleichterung und begünstiget den Erfolg der übrigen Behandlung.
Die entzündlichen Wassersuchten erfordern die Anwendung des entzünduugswidrigen Verfahrens; besonders empfehlen sich hier Abführmittel.
Die Behandlung der cachectischen Formen erfordert Berück­sichtigung der ursprünglichen Schädlichkeit und der zu Grunde liegen­den primären .Störung, dann die ßegulirung der Ernährung und die Be­seitigung der hydropischen Ergüsse. Es muss daher für frische, reine Luft, gute, leichtverdauliche Nahrung, angemessene Bewegung gesorgt werden. Zur Hebung der Verdauung und Blutbildung benützt man bit­tere und aromatisch-bittere I'lianzenstoffe, die Eisenpräparate, zur Ent­fernung der Flüssigkeit vorzugsweise solche Mittel, welche auf die Harn­ausscheidung wirken, die Wachholderbeeren, das Terpentinöl, die spa­nischen Fliegen u. s. w., dann Frottirungen, warme Einhüllungen.
Uebrigens erfordern drohende Erscheinungen auch nebenbei ein symptomatisches Verfahren.
U. Störungen der Ernährung,
sect;. 114. Hieher sind zu zählen der Brand, der Schwund und die Entartung, die Hypertrophien und Neubildungen, dann die Entzündung.
I. Der Brand, Nckrose.
sect;. 115. Unter Brand — Nekrose — versteht man die allmälige oder plötzliche vollständige Aufhebung der Ernährung eines Theiles, gieichgiltig, ob dieser Vorgang ein normales Gebilde oder eine patho­logische Neubildung betrifft.
In manchen Fällen zeigt der abgestorbene oder brandige Theil, wenigstens anfänglich, keine Abweichungen bezüglich seiner Gestalt und der Anordnung seiner Gewebsclemente; dicss ist insbesondere bei sehr harten, wenig gefässreichen Theilcn (z. B. Knochen, Sehnen) der Fall;
Roll, l'athol. und Therapie. Tl. Aufl.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 1 4
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Braud,
in der Folge auterliegen aber auch diese dem Zersetzungsprocesse. In der Eegel stellen sich jedoch gleich Anfangs, namentlich in laquo;'eichen, getassreichen Theileu chemische Umsetzungen ein, welche das Ansehen der brandigen Theile verändern, wobei diese in einen missfarbigen, übelriechenden Brei zerfallen, das in den üefässen stockende Blut sich zersetzt, der Blutfarbestoff sich im Blutserum auflöst, die umgebenden Gewebe tränkt und ihnen eine rothe oder blaurothe, selbst schwärzliche Färbung verleiht, bisweilen selbst bis unter die Epidermis vordringt und diese zu missfarbigen (Brand-) Blasen erhebt.
Die Bedingungen zur Entstehung des Brandes liegen entweder A. in Unterbrechung der Blutzufuhr zu oder der Circulation in einem Organe, oder B. in einer Desorganisation der (iewebseie-inente selbst, wodurch sie für den fernereu Fortbestand des Lebens ungeeignet werden.
A. Zur Entstehung des Brandes aus der e r s t e r e n Ursache führen:
a)nbsp; absolute Verhinderung des Kückflusses des Blutes durch die Venen, wobei entweder die Zufuhr desselben durch die Arterien durch einige Zeit noch fortbesteht, oder aber gleichzeitig aufgehoben ist. Die nächsten Ursachen hiezu geben Druck und Einschnürung an irgend einer Stelle, wie bei Einklemmungen (von Darmbrüchen), Vorfäl­len und Darmciuschiebungen.
b)nbsp; nbsp; Zerstörung der, einem Theile Blut zuführenden Gefässe, wie diess bei Verwundungen oder Verschwärungsprocessen öfter der Fall ist, z. B. bei Blossleguug des Knochens von seiner Beiuhaut, Trennung des Lungcnfellcs von der Lunge durch andringende Cavemen u. s. f.
c)nbsp; nbsp;Verschliessung der zuführenden Arterien durch Gerinnun­gen desnbsp; Blutes in ihrer Höhle, durch Embolie oder durch Druck von Aussen.
d)nbsp; nbsp;Vollkommene Unterbrechung des Capillarstromes, wie sie sichnbsp; bisweilen im Gefolge der entzündlichen Stase entwickelt.
Man spricht im letzten Falle von dem Ausgange der Entzündung in Brand, welchen man dann insbesondere den heissen Brand nennt. Er entwickelt sich als solcher entweder im Gefolge einer sogenannten asthenischen Entzündung, welche sich in schon von früher her ge­schwächten oder kranken, oder durch heftige äussere Einwirkung ge­lähmten Theilen einstellt, oder der sogenannten hypersthenischen Entzündung, welche entweder in Folge einer neuen, auf einen schon
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Brand.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;211
entzündeten Theil angebrachten Reizung, oder eines sehon ursprünglich hohen Grades der Entzündung, oder bei einer gewissen Beschaffenheit des verletzten Theil es (z. B. in Sehnen) auftritt. Ben Eintritt des Bran­des beobachtet man aucli verhältnissmässig häufig bei Entzündungen, welche ihre Entstellung der unmittelbaren oder mittelbaren Einführung fauliger Stoffe in den Entzündungshcerd verdanken oder deren Producte in Zersetzung übergingen und auf das entzündete Organ zurückwirken. Zu dieser letzteren Art gehören: a) die Diphtheritis, ein Process, welcher insbesondere Schleimhäute befallt und wobei unter einer der­ben, hautartigen, faserstoffigen Gerinnung ein brandiges Absterben der Oberfläche des Gewebes erfolgt, welches oft auf die Tiefe mehrerer Linien (wie beim acuten Kotze auf der Schleimhaut der Xase, des Kehl­kopfes und der Luftröhre) zu einer gelblichen, bröcklichen oder schmie­rigen, nicht selten durch das, aus angefressenen Gefassen sich ergiessende Blut blutig gefärbten Masse umgewandelt wird und Geschwüre zurück-lässt, welche entweder in die Tiefe und Breite um sich greifen, oder sich später abgrenzen, worauf dann nach dem Abfallen dos Schorfes Heilung des Substanzverlustes eintreten kann; ferner ß) die Anthrax-beulen und Anschwellungen, in welchen häufig brandige Zerstö­rung eintritt, dann ;•) einzelne Formen sogenannter jauchiger Ent­zündungen, welche sich in dem Unterhautbindegewebe, z. B. im Verlaufe des Typluis, bei den sogenannten rothlaufartigen Anschwel­lungen entwickeln.
c) Aufhebung der Blutbewegung in den Capillargefässen durch Neubildungen, welche sich in grosser Menge in die Zwischen­räume derselben derart einlagern, dass durch dieselben die Circulation aufgehoben wird (Tuberkel, Krebs, Fasergeschwülste).
B. Eine derartige Desorganisation der Gewebselemente, dass hiedurch ihre fernere Lebensfähigkeit aufhört, wird herbeigeführt: durch unmittelbare Ertödtung dos Gewebes in Folge heftiger Quet­schung und Zertrümmerung, Aetzung, Verbrennung, hohe Kältegrade (Erfrieren); durch Erschütterung, wobei die gegenseitige moleculärc Anordnung der Gewebselemente geändert wird; ferner durch längere Berührung der Gewebe mit in Zersetzung begriffenen Abson-derungs- oder Auswurfsstoffen (Harn, Excrementen), durch an­dauernde Zersetzung oder Fäulniss von Eiter oder Jauche auf Wund- oder Geschwürsflächen, durch Aufnahme fauliger Stoffe, z.B. jauchiger Flüssigkeiten von aussen her, endlich durch specifisclie Krankheitsstoffe.
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Brand.
Der brandige Tlicil selbst zeigt ein verschiedenes Ansehen, und man hat hiernach verschiedene Arten des Brandes unterschieden, und zwar:
a)nbsp; nbsp; Das brandige Gewebe trocknet ein, wobei die in ihm ent­haltenen flüssigen Theile entweder verdunsten oder resorbirt werden. Diese Form des Brandes — der trockene Brand — stellt sich an Theilen ein, wo der Yerdunstungsprocess leicht stattfinden kann, also besonders an der Körperoberfläehe und an Stellen, welche vorher, ins­besondere durch Druck blutleer geworden sind (die Einklcramungsstelle bei Darmbrüchen, die Haut an den Hüften bei griisseren Thieren, welche längere Zeit hindurch auf einer Seite gelegen sind). Derart brandige Theile stellen eine weisse, bräunliche oder schwarze, dichte, ledcrälm-liche, trockene oder noch etwas feuchte Kruste dar. Je nach der Farbe des Brandschorfes wird derselbe auch als weisser oder schwarzer #9632; Brand bezeichnet.
b)nbsp; nbsp;Eine zweite Form stellt den feuchten Brand dar. Hiebci findet entweder eine blosse Erweichung und Auflösung der todten Theile durch chemische Umsetzung ihrer Bestandtheile oder durch die Einwirkung von Flüssigkeiten statt, oder es kommt zu einer wahren Fäulniss derselben (bisweilen unter Gasbildung (rauschender, em-physematöser Brand beim Anthrax). Die hiebci sich bildenden Pro-duete sind: quot;Wasser, Kohlensäure, Schwefel- und Phosphorvcrbindnngen. Der brandige Theil wird schlaff, teigig, missfarbig, durch Auflösung von Blutroth bläulich oder schwärzlich, nicht selten erheben sich Blasen auf demselben; die Gewebe werden fortan weicher, lassen sich durch einen äusseren Druck leicht trennen und zerfallen schlicsslich zu einer zot­tigen, fetzigen, später schmierigen, breiigen, je nach dem Blutgehalte mehr oder weniger dunkel gefärbten (wegen ihres Gehaltes an tiüchti-gen Fettsäuren, Schwefelwasserstoff und Schwcfelammonium, Ammoniak u. s. w.) höchst stinkenden Masse. Die Gegenwart der hiebci freiwer­denden Gase lässt sich durch das Vorhandensein der Crepitation und des tympanitischen Percussionsschalles nachweisen.
c)nbsp; nbsp; Hcisser, entzündlicher Brand, Gangrän, heisst der in Folge der Entzündung sich entwickelnde Brand, dessen Entstehung aus dem voraus Angeführten klar ist, während
d)nbsp; nbsp;der auf andere Weise entstandene kalter Brand, Sphacelus genannt wird.
e)nbsp; nbsp;Einen scharf oder ziemlich scharf begrenzten brandigen Theil heisst man Brandschorf (umschriebenen Brand); während man
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Brand.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 213
dort, wo sich die Grenzen des Abgestorbenen gegen die Umgebung nicht genau bestimmen lassen, von einem verbreiteten, diffusen Brande spricht. Die Umgebung des brandigen Heerdes erscheint meist ödematös und stark geröthet, bisweilen auch von Eiter durchzogen.
Schreitet die brandige Zerstörung nicht mehr weiter vor, so bildet sich bei allen Formen des Hrandes eine scharfe Begrenzungs- (De­marcations-) Linie, um welche herum sieh Entzündung und Eiterung einstollt, durch die der Brandschorf im Umfange gelöst wird, während er mit den Gebilden in der Tiefe gewöhnlich noch innig zusammenhängt und erst nach verhältnissmässig längerer Zeit völlig abgestossen wird. Xach Entfernung des Schorfes wird die biedurch entstandene Lücke durch Fleischwärzchen ausgefüllt, wodurch es auch zur Schliessung der durch Brand entstandenen Holden kommt, wozu bisweilen (z. B. in den Lungen) auch eine Ausdehnung des umgebenden l'arcnchyms beiträgt. Liegt ein Brandheerd im [nneren eines Parenchyms, so kann die Entfernung des Brandschorfes häufig erst nach bedeutender Zerstörung der Umgebung geschehen, wobei sich gewöhnlich der Brand auch auf diese verbreitet. Dringt ein Brandheerd in die Nähe einer serösen Haut, so ist der Durchbruch dieser und ein Austritt der Brandjauche und der in Schleimhautcanälen enthaltenen gasigen, tropfbaren oder festen Sub­stanzen in die Höhle des serösen Sackes und eine heftige Entzündung derselben zu befürchten.
In einigen Eällen ist die an der Demarcationslinie eintretende Eiterung gering, die Fleischwärzchenbildnng hingegen überwiegend, so dass es nicht zu einer Abstossung, sondern zu einer Einkapselung des Brandigen durch Bindegewebe kommt (Einkapselung brandiger Lun-genstücke bei der Lungenseuche des llindes, Einkapselung eines Kno-chensequesters).
Durch den Brand wird jedesmal ein seiner Ausbreitung entspre­chender Substanzverlust gesetzt, welcher, da die biedurch entstan­dene Lücke nur durch Bindegewebe ausgefüllt wird, auch ein bleiben­der ist. Aussei- diesem Nacht heile drohen auch im Verlaufe der brandigen Zerstörung noch Gefahren durch die Blutungen, welche durch die Anätzungen grösserer Arterien, bevor sich in ihnen Gerin­nungen bilden konnten, entstellen, durch die Durchbohrungen serö­ser Häute, welche sich bei Xekrose jener Organe, denen sie als Ueberzug dienen, häutig einstellen, durch die Verbreitung des Bran­des auf die umgebenden, entzündeten Partien, durch den Verfall der Kräfte, die Aufhebung der Function eines zum Leben anentbehr-
#9632;
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214nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Brand.
lichen Organes, endlich durch die Aufnahme der Brandjauch.e in
das noch circnlircnde Blut, wodurch faulige Infection des Blutes mit allen seinen Folgen veranlasst wird.
Aus dem Gesagten ergibt sich die Prognose bei dem Brande von selbst. Sie ist nur in soferne gunstig, als der Brand eigentlich noch nicht eingetreten ist, sondern erst bevorsteht, u. z. dann, wenn die denselben bedingenden Verhältnisse derart sind, dass die Möglichkeit ihrer Entfernung noch zugegen ist. Bei dem einmal eingetretenen Brande ist die Prognose für die Erhaltung des befallenen Theiles absolut un­günstig, da die abgestorbenen Partien nicht wieder lebendig gemacht werden können, und im günstigsten Falle ein Wiederersatz des Abge­storbenen durch blosses Xarbengewebe erwartet werden darf. Hier rich­tet sich dann die Prognose nach der Wichtigkeit des betroffenen Orga­nes, nach der Lage desselben, nach der Ausbreitung des Brandes, nach dem allgemeinen Kräftezustande des Thieres. Am schlechtesten stellt sich die Vorhersage bei jener Form des Brandes, welche ursprünglich durch Aufnahme fauliger Substanzen in das Blut entstanden ist und sobald sich die Erscheinungen eines Resorptionsfiebers eingestellt haben.
Die Therapie des Brandes hat zuerst die Aufgabe, die Entste­hung desselben zu verhüten. Diess geschieht durch Entfernung oder Abhaltung der den Eintritt desselben begünstigenden Ursachen (Aufhebung des Druckes, Hebung einer Einklemmung, Beseitigung vor­handener Stasen, Verhinderung der Aufnahme fauliger Substanzen in das Blut durch sorgfaltige Reinigung von Wund- und GeschwürHächcn, Sorge für reine Luft, hinreichende und leicht verdauliche Nahrung bei erschöpfenden Krankheiten, Mässigung einer zu heftigen, den Brand drohenden Entzündung durch ein antiphlogistisches Heilverfahren).
Ist der Brand wirklich eingetreten, so hat man die eben erwähnten Massregeln zum Schütze der umgebenden Theile fortzusetzen; während an den brandigen Stellen die faulige Zersetzung so viel mög­lich hintanzuhalten und die Abstossung oder Einkapselung des Brandi­gen zu begünstigen, nöthigenfalls auch die Entfernung desselben bei oberflächlicher Lage durch äussere Eingriffe herbeizuführen ist.
Bei zugänglichen Stellen sorgt man für möglichste Rein- und Trockenhaltung derselben und Abhaltung der atmosphärischen Luft, bei stärkerer Absonderung können dieselben mit Kohle oder Chlor­kalk bestreut oder mit Chlorwasser befeuchtet werden. Um die Begren­zung des Brandigen herbeizuführen, verwendet man reizende Mittel (Terpentinöl, Kampher, Digestivsalbe u. s. f.); gelingt diese nicht leicht,
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Brand. — Atrophin und Degeneration.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;21ö
so nimmt man zu tieferen Aelzungcn, wozu dicke Schorfe vorerst durch­schnitten werden müssen, seine Zuflucht. Zeigt sich im Umkreise des Brandigen die abgrenzende Entzündung, so muss diese nach ihrem Charakter behandelt werden; eine zu heftige wird durch ein antiphlo-gistisches Verfahren gemildert, eine zu schwache durch Reizmittel (aro­matische Umschläge, Terpentinöl, Kamphergeist u. s. w.) gesteigert, ein massiger Grad derselben aber unterhalten.
Bei Xekrose tiefer liegender Theile sucht man, wenn sie von aussen zugänglich sind, gleichfalls unmittelbar einzuwirken, z. B. durch gewisse Inhalationen (wie von Terpentinöl bei Lungenbrand), durch Einspritzungen bei Brand in den dicken Gedärmen, der Scheide, dem Tragsacke. Uebrigens ist es liier Hauptsache, die Thiere in einem angemessenen Nähr zustande zu erhalten, um dem Verfalle der Kräfte vorzubeugen. Diess wird einerseits durch Verabreichung eines nahrhaf­ten, leicht verdaulichen Futters, andererseits durch reizende und tonische Mittel erstrebt. Bei dem Eintritte des Eesorptionsficbcrs könnte auch der Sublimat versucht werden.
2. Schwund (Atrophie) und Kntartung (Degeneratinn).
sect;. 116. Unter Schwund (Atrophie) versteht man die, durch eine verringerte Ernährung veranlasste Verminderung der Masse und meist auch des Umfanges eines Theiles. Der Schwund betrifft die Theile ent­weder in der Art, dass die Elemente derselben nur kleiner werden, aber an Zahl nicht abnehmen, oder dass dabei zugleich ein Theil der Elemente zu Grunde geht; stets jedoch betrifft er nur einzelne, nie alle Elemente des Theiles, bisweilen ist sogar bei dem Schwinden einzelner eine Hypertrophie anderer zugegen.
Die Atrophie ist entweder eine allgemeine, wenn daran mehr oder weniger alle Theile und Organe des Körpers Antheil nehmen, wohin die allgemeine Abmagerung, dann joner Zustand, der sich bei höherem Alter der Thiere einstellt und mit dem Xamcn des Alters­schwundes (Marasmus) bezeichnet wird, gehört, oder eine partielle, wenn bloss einzelne Theile, Organe oder Organsysteme daran leiden. Die Atrophie befällt nicht nur normale Organe und Gewebe, sondern auch pathologische Neubildungen.
Die Erscheinungen, durch welche sich die Atrophie eines Or-ganes zu erkennen gibt, sind: Abnahme des Volums und der Dicke, welche wohl gewöhnlich zugegen ist, jedoch in manchen Fällen (Atro­phie der Knochen, Lungen u. s. f.) auch fehlen oder sogar durch eine
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Atrophie.
Umfangsvermehrung ersetzt werden kann, Abnahme des Gewichtes, in sofeme die geschwundenen Theile nicht durch neugebildete fremd­artige ersetzt werden oder die umgebenden Theile hypertrophisch sind, verschiedenartige Form Veränderungen, Abplattungen, Ver schmä­lerungen, Einziehungen und Einkerbungen, mannigfache Abän­derungen der Textur und C'onsistenz, welche letztere bald durch das dichtere Aneinanderlagem der Thcilchen fester, bald, insbesondere wenn in die durch Schwund entstandenen (jewebsliicken Flüssigkeiten ergossen sind, lockeren- und mürber wird. In den meisten Fällen sind atrophisehe Organe wegen der gleichzeitigen Verengerung und Verödung ihrer Capillaren blässer; nur dort, wo mit dem Schwunde eine Blut­überfüllung des Theiles sich einstellt, wird eine dunkle Färbung beob­achtet. Die innerhalb obliterirender Blutgefasse häutig zurückbleibenden Blutreste geben zur Entstehung von Pigmentirungen Veranlassung. Mit dem Schwunde eines Organes schwinden stets auch gleichzeitig die das­selbe versorgenden Nerven. Die Atrophie hohler Organe unterschei­det man in die einfache, sobald die normale Weite der Höhle fort­besteht, in die concentrische, mit Verengerung und in die excen-trische mit Erweiterung der Höhle.
Die Ursachen der Atrophie liegen
a)nbsp; nbsp;in Mangel an Blutzufuhr, in Folge des Druckes, welchen fremde Körper, sehr voluminöse Organe, Geschwülste, Extravasate, In­filtrate u. s. f. auf Gewebe und blutzuführende Gefässe ausüben, in Folge dessen auch sehr widerstandsfähige Theile (z. B. Knochen) atrophiren;
b)nbsp; nbsp;in Verengerung und Ver Schliessung der blutzuführenden Gefässe oder der Capillaren eines Theiles;
c)nbsp; nbsp;iu erschöpfender Anstrengung oder längerer Unthätigkeit eines Organes (z. B. bei Lähmungen, wo die Atrophie sowohl an den Nerven als an den Muskeln des gelähmten Theiles eintritt);
d)nbsp; nbsp; in der Einwirkung besonderer in das Blut gebrachter Sub­stanzen, z. B. des Jod und seiner Präparate, einiger Metalle, z. B. Kup­fer, Blei, der Alkalien;
e)nbsp; nbsp;in der Auf saugung der durch Blutungen zertrümmerten oder durch den Entzündungsprocess zu Grunde gegangenen Gewebstheile (entzündliche Atrophie). Die hienach entstandene Lücke wird bis­weilen durch eine Neubildung ersetzt.
Die allgemeine Abmagerung (Abzehrung) wird veranlasst durch Mangel an Nahrung überhaupt, durch chronische Krankheiten der Verdauungsorgane, durch Hindernisse, welche der Aufsaugung des
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Atrophie und Degeneration.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;21 7
Chymus entgegenstehen (wie tuberculöse Anschwellungen der (iekrös-driisen), durch mangelhafte Blutbildung (bei Krankheiten der Lungen, des Herzens, des lymphatischen Systemes), endlicb durch übermiissige und erschöpfende Ausleerungen (excessive Blutverluste, Exsudations-processe, Yerschwärungen u. dgl.). Auch im flefolgc heftiger tieberhafter Krankheiten wird, wie bereits früher erwähnt, eine rasche Abmagerung beobachtet. Die allgemeine Atrophie betrifft jedoch nicht alle Theilc des Körpers in gleichem Grade, am ersten und autfallendsten schwindet das Fett und das Bindegewebe, dann die organischen und vegetativen Mus­keln, endlicb die Parenchyme, zuletzt erst die Knochen.
Der Einfluss, welchen die Atrophie eines Theiles auf die übri­gen Organe und den Gesammtorganismus ausübt, beruht theils auf der gehemmten l'unctionirung desselben und ist nach der Wichtigkeit des Organes entweder ein sehr bedeutender (wie bei Atrophie der Lungen, Leber, Nieren) oder ein kaum bemerkbarer; theils auf der Lageverän­derung, welche anstossende Organe durch den Schwund anderer und das Heranziehen derselben zu diesen erleiden, wodurch verschiedene Functions- und (fewebsstörungen entstehen können.
Die Prognose ist um so ungünstiger, je weniger entfernbar sich die veranlassenden Ursachen herausstellen und je wichtiger das betrof­fene Organ ist.
Die Bell and hing kann nur diun zu einem Ziele führen, wenn die, die Atrophie erzeugenden und unterhaltenden Ursachen zu besei­tigen sind. Es wird daher bald ein local erregendes (reizende und scharfe Einreibungen, Fontanelle), bald ein antiphlogistisches, bald ein restanrirendes, bald ein rein chirurgisches Terfahren (Ent­fernung fremder Körper, Exstirpatiou drückender Geschwülste) u. s. f. nothwendig sein. Bei den in Folge erschöpfender Ausleerungen eintretenden Formen der Atrophie sind jene wo möglich zu beschrän­ken, bei Atrophie, welche durch speeifische Stoffe (Jod u. s. w.) hervorgerufen wurde, sind diese zu neutralisiren, die febrilen Formen endlich nach den Grundsätzen der Therapie des Fiebers zu behandeln. Uebrigens müssen auch die einzelnen gefahrdrohenden Symptome, in so weit es möglich ist, berücksichtiget werden.
sect;. 117. Von dem einfachen Schwunde der Theilc ist die Entar­tung derselben (Degeneration) zu unterscheiden, wobei ihre anatomi­schen, physiologischen und chemischen Eigenschaften sich ändern und bald ein Schwund oder auch ein Zerfallen der Gewebstheile gleichzeitig zugegen ist, bald aber auch mangelt und die Gewebe sogar dichter und fester
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äIönbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Degeneration.
werden. Die Entartung betrifft sowohl normale Gewebe als pathologische Xeubildungen, dünn Secrete und Exsudate. Die wichtigsten Formen derselben sind:
a) Die fettige Entartung. Sie besteht in einer Umwandlung der Gewebselementc zu einer allmälig zerfallenden emulsionsähnlichen Substanz und findet in Zellen und den daraus abgeleiteten Gebilden, in Intercellularsubstanzen statt, welche hiedurch endlich absorptionsfahig werden und Schwund oder Verlust des Organcs zur Folge haben. Der Vorgang findet auf die Weise statt, dass in normalen oder ncugebilde-ten Zellen, so wie in Geweben kleine, allmälig an Menge zunehmende Fettkörnchen sich bilden, welche nach und nach die Zellen vollstän­dig erfüllen (Körnchenzellen), worauf schliesslich die Zellenmembran zu Grunde geht und die Fettkörnchcn entweder sogleich auseinander­fallen oder noch eine Zeit lang in Form von Haufen beisammen blei­ben (Körnchenhaufen). Analog ist der Vorgang bei der Fettdegene­ration der Gewebe. Die frei gewordenen Fettkörnchen sind resorptions­fähig und können daher unter Atrophirung des Gewebes allmälig ver­schwinden. Hieher gehört die Verfettung der Lungenbläschenepithelien bei Lungenentzündung und Tuberculose, die Verfettung der Epithelien der Schleimhäute, der Knochen- und Knorpelkörperchen bei Entzündun­gen dieser Theile, die fettige Umwandlung der Muskeln, der Krystall-linsc (grauer Staat), des Inhaltes der Eiterzellen, die Bildung des soge­genannten Netzes bei Krebsen u. dgl. m. In anderen Fällen ist das Auftreten von Fett innerhalb einer Zelle nicht auf fettige Entartung des Zelleninhaltes zu beziehen, sondern dasselbe ist von aussen in die Zelle eingetreten (fettige Infiltration).
Fettig entartete Organe und Gewebe sind bleich, gelblich gefärbt, bisweilen fettig anzufühlen, brüchig und weich, meist auch blutarm; sie schwinden häufig in Folge der llesorption des neugebildeten Fettes. Die Ursachen dieser Degeneration liegen entweder in einer Tränkung der Gewebselementc mit Exsudat (daher sie so häufig bei Entzündungen vorkommt), oder in mangelhafter Ernährung oder unvollständiger Functio-nirung eines Theiles (fettige Entartung gelähmter Muskeln).
Hieher gehört auch der sogenannte atheromatöse Process, eine fettige Entartung, wobei es auch zur Ausscheidung von Cholestearin-krystallen kommt.
Bei manchen Neubildungen stellt die fettige Entartung einen er­wünschten Rückbildungs- und Heilungsvorgang dar (z. B. beim Krebse).
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Degeneration.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;219
Eine direote therapeutische Eehandlung dieses Processes ist nicht durchzuführen.
b)nbsp; nbsp;Die Tuherculisirung (käsige Entartung). (Sie besteht in einer Umwandlung physiologischer und pathologischer üewebe in eine morsche, brüchige, käsige, gelbliche Masse, welche schliesslich entweder in eine aus Fettkörnchen und ehveissartigen Substanzen bestehende Punktmasse (Detritus) zerfällt, eiterähnlich wird und dann bald resorbirt, bald zu einem mörtelähnlichen Breie eingedickt wird, oder aber zu einer hornartigen Masse verhärtet.
c)nbsp; nbsp;Die Verknöcherung, d. i. die Ablagerung von Kalksalzen in Knorpel- oder Bindegewebssubstanzen, und
d)nbsp; nbsp;die Verkalkung odor Incrustation, wobei Kalk- und bis­weilen auch Bittererdesalze die (Jewebstheile entweder gleichmässig durchdringen oder sich in einzelnen Heerden vorzugsweise anhäufen, wobei die (iewebsbestandtheile in einem Zustande von Verödung sich befinden. Sie betrifft sowohl normale als pathologische Gewebe.
e)nbsp; Die Umwandlung der Gewebe in eine gallertige (colloide) Masse (die Colloidentartung). Sie ist bedingt durch eine Entartung gewisser normaler und pathologischer Zellenwände und ihres Inhaltes, wodurch die Zellen aufgebläht, kugelig werden, ihr Kern entweder ver­schwindet oder gleichfalls aufgebläht zugegen ist und der Zelleninhalt in eine glänzende leim- oder schleimähnliche, gallert- oder wachsartige gelbliche Masse umgewandelt wird. Durch Colloid-Metamorphose ent­artete Theile erscheinen auf der Durchschnittsfläche stark glänzend und von der beschriebenen Masse infiltrirt.
Dieser Vorgang ist in der Schilddrüse, den Adergeflechten, der Milz, den Nieren, so wie in Alveolarkrebsen u. s. w. beobachtet worden.
f)nbsp; nbsp;Die Verödung, Verhornung, Obsolescenz. Sie besteht in zunehmender Dichtigkeit eines gleichzeitig an Volum abnehmenden Theiles. Dieser Vorgang betrifft besonders das Bindegewebe, das all-mälig zu einer gleichartigen, dichten, knorpelähnlichen Masse umgeän­dert wird. Durch diesen Vorgang, welchen man am Narbengewebe am deutlichsten sieht, wird häufig die Atrophie anderer (iewebe eingeleitet.
g)nbsp; nbsp; Die Erweichung ist eine Umwandlung der Gewebselemente zu weicheren Formen. Am häufigsten sieht man sie an Knochen, wo der eigentlichen Erweichung ein Zustand von Mürbigkcit und Sprödig-keit vorhergeht, dann am Bindegewebe, an Intercellularsubstanzen, an Nerven (Gehirn), Muskeln, als deren Endresultat die Umwandlung zu einer breiigen oder schleimigen Masse stattfindet.
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2'2\Jnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Hypertrophie mid Neiibildiiugen.
Der Erweichung der Gewebe durch die Einwirkung der Exsu­date, des Eiters, der Jauche u. s. f. wird später Erwähnung ge­schehen. Der Zerstörung derselben in Folge der Nekrose wurde schon früher gedacht.
Die nächste Eolge dieser Texturerkrankungeu besteht in einer Behinderung oder Aufhebimg der Function des betroffenen Theilcs; die weiteren Folgen sind von der Wichtigkeit des erkrankten Organes ab­hängig.
Eine Rückbildung der bereits eingetretenen Entartuugsprocesse kann durch directe therapeutische Eingriffe nicht erzielt werden; die Behandlung kann bloss eine symptomatische sein.
h) Die amyloide Entartung. Sie betrifft Zellen und Fasern und gibt sich durch das Vorhandensein grauer oder gelblicher, glänzen­der Körperchen, die nicht selten einen geschichteten Bau zeigen und den Stärkmehlkömem ähnlich sind, zuerkennen. Mit Jod und Schwefel-e-äure behandelt, werden sie violett oder blau in verschiedenen Nuancen gefärbt, endlich blass. Diese Amyloidkörper wurden hier in der Leber einer grösseren Anzahl von Fasanen angetroffen.
3. ll\|M'i'lni|iliic und Neubildungen.
sect;. 118. Unter Hypertrophie verstellt man eine Zunahme der, einem Organe zukommenden wesentlichen üewcbsclemente, sei diese nun durch ein Wachsthum derselben oder durch die Bildung neuer Elemente neben den alten bedingt.
Hienach schliessen sich jene Grössezunahmen der Organe, welche durch die Bildung neuer, der Zusammensetzung des Organes fremder Gewebe oder durch die Yergrösserung normaler Elemente mit Umsatz ihres Inhaltes, in Folge einer Erkrankung derselben entstehen, und die man auch mit dem Xamen der falschen Hypertrophien bezeichnet, von dem Gebiete der wahren Hypertrophien aus.
Ein hypertrophisches Organ zeichnet sich durch Vermehrung der Grosse, oder wo diese fehlt, durch Zunahme der Dichte, des Gewichtes und meistens auch der Consistenz aus. Häufig ist hi emit auch eine Abänderung der Gestalt und Farbe, welche gewöhnlich gesättigter als im Normal zustande erscheint, bisweilen eine Zunahme des Gefässreichthums und Verdickung der Nerven verbunden. Bei Hy­pertrophien hohler Organe (z. B. des Herzens) unterscheidet man die einfache, bei welcher die Weite der Höhle unverändert fortbesteht.
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Neubildungen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ,£il
von der concentrischen, bei welcher eine Verengerung, und der excentrischen, bei der gleichzeitig eine Erweiterung der Höhle zu­gegen ist.
Aussei- den bei Hypertrophien statttindenden Neubildungen kom­men auch noch solche vor, welche zum Ersätze eines ISubstanzverlustes dienen und welche entweder dem Organe, in welchem sie sich bilden, atlmälig gleich werden, oder für beständig unähnlich bleiben und in diesem Falle das Narbengewebe darstellen.
Von den Hypertrophien sind jene Neubildungen zu unterscheiden, deren Gewebe jenem der Localität, an welcher sie sich entwickeln, unähnlich ist und die den functionellen Zwecken der Organe, in denen sie vorkommen, nicht entsprechen. Man bezeichnet sie insbesondere mit dem Namen der Aftcrgebilde.
Die Neubildungen entwickeln sich entweder an der Oberfläche von Organen oder sie liegen in dem Parenchyme derselben, u. z. ent­weder infiltrirt, d.h. zwischen die Elementartheile des Organgewebes eingelagert, wodurch diese allmälig verdrängt werden und schwinden, oder sie bilden mehr oder weniger umfangreiche, das umgebende Organgewebe aus dem Baume verdrängende, deutlich abgegrenzte Massen, — sogenannte (I esch willst e.
In praktischer Beziehung hat man die Neubildungen in llücksicht ihrer Rückwirkung auf den Organismus in gut- und bösartige unter­schieden und versteht unter ersteren solche, welche einen ungün­stigen Eintluss auf den Körper nicht ausüben, wenn auch zugegeben wird, dass sie je nach dem Orte ihrer Entwicklung, der Schnelligkeit ihres Entstehens und Waclisthumcs und zu Folge der seeuudären Ver­änderungen, welche sie möglicher Weise erleiden, bisweilen sehr gefähr­liche Zufälle herbeiführen können, wahrend man unter bösartigen solche begreift, welche aus Geweben und Anordnungen der, dieselben zusammensetzenden Elemente bestellen, die dem Organe fremd sind und wrelche durch den ungünstigen Eintluss, welchen sie auf das be­fallene Gewebe und in Folge ihres Zcrfallens auf die Zusammensetzung und die Verrichtung des gesammten Körpers ausüben, grosse Gefahren bedingen.
Der Textur nach sind die Neubildungen raitwederquot;Wiederholun­gen normaler Gewebe (Homöoplasien), oder sie bestehen wohl auch aus denselben Formelementen wie diese, unterscheiden sich jedoch von ihnen durch das ungewöhnliche Wachsthum der ursprünglichen Ele­mente, so wie durch die Anhäufung und fortwährende Bildung derselben
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-__nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Ncubildungtiii.
in einer solclien Menge und Anordnung, wie sie unter normalen Yer-liiiltnissen nicht vorkommt (Hetcroplasien). Diese letzteren zeichnen sicli noch insbesondere dadurch aus, dass sie sich nicht bloss in dem ursprünglich befallenen Thcile und seiner Umgebung seihst auf ver­schiedenartige Gewebe verbreiten, sondern sich auch durch Vermittlung der Lymph- und Blutgefässe auf Organe fortpflanzen, welche ganz an­deren Systemen angehören und demnach den Charakter eines Allgemein-loidens erlangen. Sie fallen in den meisten Beziehungen mit den bös­artigen Neubildungen zusammen.
Bezüglich ihrer äusseren Gestalt bieten die Neubildungen grosse Verschiedenheiten dar; insbesondere gilt diess von den auf freien Flä­chen sich entwickelnden und von den Geschwülsten, deren meist rund­liche, entweder mit glatter, höckeriger oder lappiger OberHächo versehene Gestalt durch die Beschaffenheit der Umgebung mannigfache Abände­rungen erleidet. Infiltrirte Neubildungen stellen meist in verschiedener Richtung in das Organparenchym verästelte Massen dar.
Der Zahl nach kommen manche Neubildungen vereinzelt, andere in grösserer, bisweilen in sehr grosser Anzahl entweder nur in einem oder mehreren, selbst verschiedenartigen Organen und Geweben vor. Manche kehren nach ihrer Ausrottung nicht wieder, andere wiederholen ihr Auftreten nach der Entfernung entweder nur an der ursprünglich befallenen Stelle, oder nicht nur an dieser, sondern auch an zahlrei­chen anderen, von der zuerst ergriffenen Partie entfernten Organen oder Systemen.
sect;. 119, Das Materiale zur Entwickhing von Neubildungen lie­fert das Blutplasma, welches mit Rücksicht hierauf Blastem genannt wird und welches in den meisten Fällen, wo sich Neubildungen er­zeugen, bereits in die Gewcbselemente aufgenommen, sogenanntes pa-renehymatöses Exsudat ist, so dass dann die Neubildung als eine Lei­stung der Gewebselemente selbst, als eine fortschreitende Entwicklung junger Elemente, von den schon bestehenden Gewcbstheilen abzulei­ten ist.
In schon bestehenden Zollen erfolgt eine A'crgrösserung und Thcilung der ICerne,
tlic Zellen wachsen, thcilen sich gleichfalls und dieser Vorgang wiederholt sich, so dass eine Wucherung der Zellen die Folge ist. Oder es entwickeln sieh von den Zel­len oder der Intercellularsuhstanz Fortsätze von sehr verschiedener Form, in welchen allmiilig neue Klemenle sich bilden, oder endlich, es entwickeln sich blasige Hohlräume, die gew (ihnlieh wieder neue Elemente enthalten.
In seltenen Fällen beobachtet man jedoch auch, dass in freiem, besonders ge­ronnenem Exsudate und Blutgerinnscln sich Organisation einstellt.
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Neubildungen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 2zö
Die Neubildungen bestehen eben so wie die normalen Theile aus Kernen, Zellen und den aus ihnen abgeleiteten Gebilden, nämlich Fa­sern, Intercellularsubstanz, hautartigen Ausbreitungen, Gefässen u. s. w. und zeigen dem entsprechend eine verschiedene Anordnung dieser Elemente.
Die Zellen zeigen bezügUch Uirer Qrösse und Crestalt die grössten Verschieden­heiten. Sie bestehen entweder als solche fort, indem sie sich aneinander lagern, abplat­ten, sich zwischen einander schieben oder zu hautartigen Ausbreitungen mit einander verschmelzen, in welchen durch stellenweise Resorption bisweilen Lücken entstehen, oder sie wachsen in die Länge zu spindelförmigen oder geschwänzten Zellen aus, welche sich zu lockigem Lindegewebe zerfasern oder nachdem sie an ihrem Ende ver­wuchsen, nach Verschwinden der Zwischenwände zu Gefässen werden, oder sie wachsen nach mehreren Richtungen zu verästelten, sternförmigen Zellen, welche zu einem Netze mit einander verschmelzen. Andere Zellen wachsen allmäiig zu einem mit dem freien Auge sichtbaren, eines angemessenen Wachsthumes fähigen üohlraume (Cyste) heran, in welchem sieh abermals neue Elemente bilden können.
Die Zwischcnzellcnsubstanz entspricht entweder der liiudegewebssubstanz oder sie besteht aus elastischen, sehr selten aus Muskelfasern.
Diese Elemente treten entweder mit gleichartigen zusammen und stellen dann einfache Gewebe dar, oder es verbinden sich diese wieder mannigfach untereinander zu zusammengesetzten Texturen.
Ausscrdem findet man auch an den in Neubildungen vorkommenden Kernen und Zellen alle jene Veränderungen, welche in den die normalen Gewebe zusammen­setzenden Elementen vorkommen. Diese sind insbesondere grosso DUnnwandigkeit der Zelle, bisweilen mit wassersüchtigem Aufblähen derselben oder Verschrumpfen durch Verlust an Wasser oder stellenweise llesorption derselben, die Eettumwandluug durch den Körnchenzellen - Bildungsprocoss, durch die fettige Entartung des Kernes, die Oolloidbildung, welche die Zelle, den Korn und die IJlasenräume betrifft und wobei es zur Bildung einer bonig- oder wachsgelben, klebrigen, gallertigen, an Consistenz einer gesättigten Gummi- oder Leimlösung gleichkommenden, bei einem angebrachten Drucke rissig auseinanderweiehenden Substanz kommt (welche man am häufigsten in der Schilddrüse des Hundes zu beobachten Gelegenheit hat), die l'iginentbildung, die In­crustation durch Kalksalze und die Verknöcherung, endlieh das Zerfallen zu einer feinkörnigen l'unktmasse, welche oft zur Bildung einer ätzenden, jauchigen Flüssigkeit führt, — die Xekrose.
Das Gerüste aller Neubildungen (das Stroma) bildet ein meist lückiges, areolirtes Bindegewebe, in dessen Lücken die übrigen Elemente der Neubildung eingetragen sind, von welchen dann grösstcntheils die Verschiedenheit des Aussehens derselben abhängt. Sämmtliche Neubil­dungen gehen entweder aus einer Fortbildung und Vermehrung der schon bestehenden Elemente hervor (jedenfalls die häufigere Entwick­lungsweise , insbesondere für sogenannte bösartige Neubildungen), oder sie entstehen zwischen den normalen Elementen, welche an der Neu­bildung selbst keinen unmittelbaren Autheil nehmen.
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#9632;2^4nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Neubildungen.
sect;. l'JO. Die Folgen, welche durch Neubildungen veranlagst wer­den, sind höchst mannigfach.
In dem unmittelbar betroffenen Organe veranlassen sie Verdrän­gen der normalen Elemente, Schwund in Folge des Druckes und der Zerrung, Trennungen des Zusammenhanges entweder als Folge dos Druckes oder dadurch bedingt, dass sie in die Wand eines hohlen Orguncs hineinwachsen und deren Gewebe zu Neubildungen gleicher Art veranlassen (Krebs), Compression hohler Organe durch Druck oder Ver­engerung oder völlige Verschliessung derselben in Folge des Hineiu-wachsens in ihre Höhle.
Die nachtheiligen Folgen der Hypertrophien und Neubildungen auf den Gesammtorganismus gehen theils aus der Behinderung der Function des betroffenen Organes, theils aus der Entziehung von Nah-rungsstoff, welchen die Neubildungen zu ihrem Fortbestehen nothwen-dig haben, theils aus der Aufnahme fremdartiger Bestandthoile in das Lymph- und Blutgefasssystem hervor.
sect;. 121. Neubildungen entwickeln sich bei manchen Thieren viel häufiger und zahlreicher als bei anderen. Man ist genöthiget, bei ihnen eine gewisse Anlage zur Entstehung dieser Vorgänge anzunehmen, welche entweder erblich, angeboren oder erworben sein kann und sich auf eine gewisse Schwäche entweder des Gesammtorganismus oder ein­zelner Theilo, durch welche eine geringere Widerstandsfähigkeit gegen äus-sere Einwirkungen herbeigeführt wird, zurückfahren lässt. Bezüglich der Erblichkeit findet man z. B., dass Pferde, welche von Eltern stammen, die an chronischem Kotze oder an Lungentuberculose gelitten haben, häufig in dieselbe Krankheit verfallen, so dass angenommen werden muss, dass gewisse Organe der jungen Thicre eine gewisse Schwäche ererbt haben. Angeboren ist die Anlage zu gewissen Neubildungen (besonders Tuberculose des Lungen- und Lymphgeiasssystemes). Thie­ren, welche von alten oder wie immer herabgekommenen Eltern stam­men, weibliche und kastrirte Thiere sind zur Fettbildung geneigter als männliche. Erworben wird sie durch verschiedene äussere, durch län­gere Zeit einwirkende Schädlichkeiten; so disponiren schlechte und un­passende Fütterung, der Aufenthalt in engen oder überfüllten Stallungen, zu grosso körperliche Anstrengung, überstandene schwere Krankheiten, durch welche der Ernährungszustand sehr herabgesetzt wird, zur Tuber­culose. In den verschiedenen Altersstufen herrscht eine verschiedene Disposition zu gewissen Arten von Neubildungen; bei verschiedenen Thiergattungen ist die Neigung zur Entstehung bestimmter Neubildungen
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Neubildungen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;225
verschieden (der bei Hunden so häufige Krebs gehört bei Pferden zu den selteneren Erscheinungen); bei einer und derselben Thiergattung werden einzelne Organe mit Vorliebe von gewissen Neubildungen be­fallen (Tuberkel kommt in der Lunge und den Gekrösdrüsen, Krebs in der Brustdrüse, der Prostata und dem Mastdärme mit Vorliebe vor u. s. w.), endlich treten bei gewissen Thiergattungen Neubildungen an Stellen auf, wo sie bei anderen Thiergattungen nicht oder doch höchst selten vorkommen (Tuberculose der Nasenschleimhaut beim Pferde).
Da Hypertrophien und Neubildungen einer Steigerung der Ernäh-rungs- und Bildungsvorgänge ihre Entstehung verdanken, so ist als Ur­sache derselben stets eine örtliche Beizung des betroffenen Organes anzusehen. Diese vermag in manchen Fällen eine Entzündung hervor­zurufen und es kann dann die Neubildung als Folge der Entzündung betrachtet werden, während in anderen Fällen die Erscheinungen der Entzündung vollkommen fehlen, die Neubildungen nur allmälig heran­wachsen und bisweilen erst selbst die Veranlassung zum Auftreten der Entzündung abgeben.
Die örtliche Beizung kann veranlasst werden:
a)nbsp; nbsp; durch vermehrte Thätigkeit eines Theiles (Hypertrophie der willkürlichen und unwillkürlichen Muskeln bei anhaltendem Gebrauche derselben, Hypertrophie eines Secretionsorganes bei Atrophie des gleich­namigen zweiten [Nieren]);
b)nbsp; nbsp;durch mechanische Beize (Bildung von Warzen und Haut­schwielen an Körperstellen, an welchen das Arbeitsgeschirr autliegt, Verdickung der Muskelhaut des Darmes bei Gegenwart von Concre-menten, Knochen - Neubildungen an den Sprunggelenken der Besehäl-hengste u. s. w.);
c)nbsp; nbsp;durch chemische Beize (Epidermiswucheruugcn nach flüchti­gen und scharfen Einreibungen, Neubildungen in der Umgebung von, mit jauchender Flüssigkeit angefüllten Heerden);
d)nbsp; nbsp; durch Einwirkung bereits fertiger Neubildungen auf andere Theile (Ausbreitung von Krcbsheerden), Einführung der Ele­mente einzelner derselben in das Blut- oder Lymphgefässsj-stem (Botzmatcrie, Eiter-, Krebs-, Tuberkelzellen), wodurch Neubildungen derselben Art an verschiedenen, weit von einander entfernten Stellen des Körpers hervorgerufen werden können. Manche Neubildungen ent­wickeln sich unbeirrt gleichzeitig neben anderen, während gewisse andere neben einander nur selten oder gar nicht vorkommen und einzelne
Riill, I'atliol. und Therapie. II. Aufl.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 1 5
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226nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Nenbilduugen
derselben in ihrer weiteren Entwicklung stille stehen, wenn bestimmte andere auftreten.
sect;. 122. Die Prognose der Hypertrophien und Neubildungen ist sehr verschieden. Sie ist im Allgemeinen günstiger bei solohon, welche in l'olgc örtlich einwirkender Schädlichkeiten entstanden sind, erst seit Kurzem bestehen, nur vereinzelt vorkommen, die Umgebung und die Function des betroft'enen Organes nur wenig oder gar nicht beeinträch­tigen und von einer Eeschaffenheit sind, dass sie zu den sogenannten gutartigen gehören, obwohl auch diese letzteren an und für sich, in so fern sie bei ihrem Heranwachsen zu bedeutenden Functionsstörungen führen und durch die Entziehung von Nahrungsmateriale die Gesammt-vegetation beeinträchtigen können, nicht als unschädlich zu betrachten sind. Die entgegengesetzten Verhältnisse und die drohende Gefahr der Resorption gewisser Tlieile der Neubildungen, so wie ein allgemein caclieclischer Zustand gestalten die Prognose ungünstig.
sect;. 123. Nicht weniger verschieden ist die Behandlung der Neu­bildungen. Manche derselben müssen in ihrer Bildung unterstützt und nur Abweichungen von dem erwünschten Vorgange so viel möglich be­seitiget werden (FleischWärzchenbildung bei der Heilung auf dem zwei­ten Wege), andere (z. B. Hautschwielen, Warzen, kleine Fettgeschwülstc) können, insolange sie nicht hinderlich sind oder keinen Nachtheil her­beiführen, unbehindert gelassen werden; andere, welche durch ihren Sitz, ihre Ausbreitung, die Eigenschaften ihrer Absonderungs- oder Zer-setzungsstotfe Gefahren veranlassen, erfordern ein entschiedenes Ein-sclirciten, welches jedoch insbesondere bei Neubildungen an inneren, nicht direct zugänglichen Stellen auf viele, oft nicht zu beseitigende Schwierigkeiten stösst und nicht selten als ganz fruchtlos aufgegeben werden muss. Hie örtliche Behandlung hat die Enlfernung (durch Abbinden, Ausschneiden) oder die Zerstörung (durch Aotzmittel, Glüh­eisen) derselben zum Zwecke; sie kann durch Antiphlogose etwa vor­handene höhere Entzündungsgrade massigen und hiedurch in manchen Fällen die weitere Entwicklung der Hypertrophien und Neubildungen hintanhalten.
Hie allgemeine Behandlung kann nur bei den minder gefähr­lichen Formen zu einem Resultate führen, sie ist nach der Verschie­denheit derselben bald eine antiphlogistische, bald eine roborh'ende, bald eine alterirende und resolvirende. In letzterer Beziehung ver­dienen insbesondere das Jod, Arsenik und die (iueoksilberpräparate Be­achtung.
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Epidermis- und IIaarhiIdung.
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4. Die Neubildungen im Besonderen.
I. Epidermis- und Haarbildung.
sect;. 124. Neubildung von Epidermis findet sich als Ueberzugvon Narben nach geheilten Substanzverlustcn der Lederhaut, jedoch ge­wöhnlich in dünneren Schichten als an normalen Stellen. Wuchernde Bildungen von Epidermis kommen unter dem Namen der Hautschwie­len an Stellen, welche einem andauernden Drucke ausgesetzt sind, z. B. an dem Widerriste und den Bugspitzen bei Pferden und Ochsen, bisweilen als ziemlich dicke, sich theilweise abschiefernde Lagen bei verschiedenen Hautkrankheiten vor. Hichor gehören auch die Warzen, harte, an ihrer OberHäche gewöhnlich halbkugelförmigc oder abgeplattet runde, meist rissige Neubildungen von sehr verschiedener Grössc, welche entweder vereinzelt an dünneren Hautstellen, den Lippen, dem Euter, Ohre, am Bauche u. a., bisweilen aber aucli in grösserer Menge über verschiedene Körperpartien zerstreut; vorkommen. Sie bestehen aus fei­nen, senkrecht auf der, an dieser Stelle zu einem Grübchen vertieften Lederhaut aufsitzenden, aus Epidermiszellen zusammengesetzten Säul­ehen, welche von einer Epidermishülle umgeben sind.
Abnorme und übermässige Bildung von Huf- und Klaucnhorn wird bisweilen bis zur völligen Monstrosität beobachtet.
Neubildungen von Epithelium finden sich als Beleg der Innen­fläche von C3-sten (Balggeschwülsten), als Ueberzug von Bindegewebs-wucherungen, als Ausfüllungsmasse der Papillargeselnvülste und der sogenannten Epidermialkrebsc, als Anhäufungen zu dicken Blatten auf schleimhäutigen Canälen. Ucberdiess bilden zusammengetrocknete Epi­dermis- und Epithelialzellen die sogenannten Cholestealome (Gallon­fettgeschwülste), in welchen sich nebst diesen Elementen auch zelligcs starres Fett und Gallenfett in bisweilen bedeutender !Mcnge vorfinden. Solche perlmutterähnlich glänzende Massen finden sich als Inhalt von Balggeschwülsten in der Haut, in kleinen Cysten oder als freie, knol­lige Häufchen oder Ballen auf der weichen Hirnhaut, besonders längs der grösseren Gefässchen (besonders beim Pferde).
Das Vorkommen von Haaren an ungewöhnlichen Stellen, z. B. Schleimhäuten, ist bisweilen, aber selten, beobachtet worden, so an der Bindehaut des Aiiges, auf der Schleimhaut der Nasenmuscheln bei Hunden. Häufiger werden sie als Inhalt von Cysten, aus deren ent­weder der Lederhaut ähnlichen oder bindegewebigen, mit Talgdrüsen versehenen Wand sie heranwachsen, beobachtet. Die daselbst vorfindlichen
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Neubildnns von Zähnen, Lederhant.
Haare sind von einer schmierigen, grauen, aus Epidermis und Hauttalg bestehenden Masse umgeben. Man trifft sie in Balggeschwülsten der Haut und in Cysten des Eierstockes, so wie des Hodens.
Hieher ist auch das Hauthorn zu rechnen, ein cylindrisohes oder kegelförmiges, meist gekrümmtes, an der Oberfläche mehr oder weniger gerifftes, solides oder innen hohles Horngebilde, von sehr ver­schiedener Grosse, welches aus einem zur Cyste entarteten Hautfollikel hervonvächst. Man trifft es entweder vereinzelt oder in der Mehrzahl bei einem und demselben Thiere an. Das Vorkommen desselben wurde an der Stirne, der Xase, hinter den Ohren, an der Kehle, an den Sei­tenwandungen der Brust, am Bauche, den Schenkeln und den Fesseln beobachtet. Eine übermässige Wucherung der sogenannten Kastanien der Pferde kommt öfter vor.
Bei von aussen zugänglichen derartigen Neubildungen hat die Therapie die mechanische Entfernung oder chemische Zerstörung der­selben im Auge, bei den nicht zugänglichen ist dieselbe nur auf Be­seitigung der durch sie etwa hervorgerufenen gefahrdrohenden Symptome angewiesen.
[I. Neubildung von Zähnen.
sect;. 125. Sie kommen als Inhalt von Balggeschwülsten vor und bilden sich wie die normalen Zähne aus Zahnsäckchen. Sie finden sich in Cysten der Eierstöcke, wo sie häufig gleichzeitig mit Haa­ren vorkommen, in Cysten, .die sich an verschiedenen Stellen des Kopfes bei Pferden, besonders in der Nähe des Ohres und zwischen den Aestcn des Hinterkiefers entwickeln, in welchen man bisweilen in verschiedenen liichtungen einander durchwachsende, von einer knö­chernen Kapsel eingeschlossene Zähne antrifft. Einer der merkwürdig­sten Eälle ist der von Gurlt beschriebene, wo sich mehrere Zähne in dem Hoden eines Pferdes entwickelt hatten. Bisweilen finden sich auch in einer durch eine unvollkommene Scheidewand getrennten Cyste Horn-und Zahnueubildungen gesondert vor.
III. Neubildung von Le der haut ge webe.
sect;. ISO. Sie findet sich als Wand einiger Balggesohwülste, zeigt dieselbe Struetur wie jenes an normalen Stellen und insbesondere stark entwickelte Talgfollikel. Den Inhalt solcher Cysten stellen meist die früher erwähnten Haar- und Zahn-, bisweilen auch Knochenncu-bildungen dar.
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Xtiubildung von Bindegewebe.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; _-.'
IV. Neubildung von Bindegewebe.
sect;. 127. Sie ist eine der häufigsten Neubildungen und tritt entweder als eine Verdickung von Theilen auf, welclie schon im normalen Zustande vorwaltend aus Bindegewebe bestehen, oder sie bildet das Gerüste der verschiedenartigsten Gescliwülste oder endlich selbstständige, mehr weniger umfangreiche Neubildungen.
Dort, wo neugebildetes Bindegewebe die Masse des schon vor­handenen Bindegewebes vermehrt, erscheint der Tlieil derber, resisten-ter, bisweilen sehnig oder knorpelähnlich hart, die daneben liegenden Gewebe sind nicht selten in Polge des Druckes geschwunden. Solche Wucherungen treten bei Pferden sehr häufig in der Haut und dem Unterhautbindegewebe der Hinterschenkel, im Verlaufe des sogenannten Hautwurmes auf; in der Leber, den Nieren u. s. w. veranlassen sie Schwund dos Organes und Funotionsstörungen desselben.
Als selbstständige Wucherungen und Geschwülste kommen Bindegewebsneubildungen vor in Gestalt von fadigen Fortsätzen und Anhängen, von briiekenartigen Strängen und Platten, von tiockigen, weichen Anhaufangen und derben, höckerigen, bisweilen zu Platten zusammenhängenden Knötchen mit sehnen- oder faserknorpelartiger Härte, endlich als sogenannte haumzweigähnliche (dendritische) Wu­cherungen auf serösen Häuten. Die letzteren bilden anfangs kleine, allmälig heranwachsende und sich vielfach verästelnde Knötchen, welche insbesondere auf serösen Häuten, namentlich dem Lungenfelle, dem Herz­beutel, dem Bauchfelle und der Syuovialkapsel der Gelenke hervorspros­sen, sich bisweilen mit Fettzellen füllen und dann zu baumzweigähn-liclicn Fettgeschwülstchen werden, bisweilen aber auch eine faserknor-pelähnliche Textur erlangen oder verknöchern. Zu diesen dendritischen Bindegewebsvegetationen gehören die Wucherungen auf den serösen Häuten, welche man bei der sogenannten Franzosenkrankheit des Rindes antrifft, die Wucherungen in den Gelenkskapseln, welche bisweilen den Gelenksknorpel überdecken oder auch von diesem aus­gehend, demselben eine höckerige Oberiiäche verleihen, verknorpeln und Veranlassung zum Krummgehen geben (nicht selten beim Pferde und einmal beim Kameele angetroffen), dann die sogenannten Gekrös-anhänge, welche beim Pferde oft eine bedeutende Grosse erlangen; die freien Körper in den Höhlen der serösen Säcke und die soge­nannten Gelenks mause, welche durch die Abschnürung des Stieles solcher Excrescenzen entstehen. Auch auf Schleimhäuten finden sich solche Wucherungen, ebenso in der Lederhaut als Basis der Warzen.
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2ö\)nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; NeubildUDg von Bindegewebe.
Bisweilen verwachsen dieselben untereinander zu einem Netzwerke, des­sen freie Räume sich mit Zellen oder einer Flüssigkeit anfüllen, und das dann die Grundlage mehrerer besonders benannter Geschwülste darstellt.
Neugebildetes Bindegewebe findet sich ferner als Bestandtheil der vorläufigen und bleibenden Xarbe, als Kapsel um fremde Kör­per, als Wand der verschiedenartigsten Cysten, in deren Hohlräume es bisweilen bis zur völligen Erfüllung derselben in Gestalt dendriti-tischer Vegetationen hineinwuchert; es stellt femer die sogenannten Vegetationen in den Herzhöhlen und auf Klappen, die Auflagerung in den Arterien u. s. w. dar.
Das neue Bindegewebe geht aus Zellen, welche in die Lange heranwachsen (spindelförmig, geschwänzt werden), unter einander verschmelzen und endlich zu Faser­bündeln , welche dann weiter in die Länge wachsen (Bindegewebskörpcrchen) und zer­fallen , hervor.
Der Anordnung nach erscheint das neugebildete Bindegewebe ent­weder fest und dicht als Faserfilz, oder locker und lückig (areo-1 i r t), wo dann die freien Bäume mit einer anderen Substanz ausge­füllt sind.
Bindegewebsneubildungen finden nicht selten im Verlaufe von Hyperämien und Entzündungen statt, häufig jedoch beobachtet man ihre Entstehung ohne so auifallende Veranlassung, bisweilen scheint ihnen ein dyskrasisches Moment zu Grunde zu liegen (wie bei der Franzosen­krankheit des Rindes).
An jedem neugebildeten Bindegewebe stellt sich eine allmälige Schrumpfung ein, wodurch dasselbe dichter und fester wird, die be­nachbarten Theile gegen sich zieht und bisweilen comprimirt.
In der Bildung begriffenes Bindegewebe unterliegt bisweilen der Resorption oder zerfällt zu einer feinen Punktmasse.
Die häufigsten weiteren Umänderungen der Bindegewebsneu­bildungen sind die Verfettung, die Verknöcherung, wobei die Zellen zu Knochenknörperchen, die Zwischenzellsubstanz zu Knochensubstanz wird, die Incrustation und der Brand.
sect;. 1 28. Zu den selbstständigen, aus Bindegewebe bestehenden Ge­schwülsten gehören das Fibroid und das Sarcom.
a) Das Fibroid (die Fasergeschwulst) besteht nebst Gefässen aus blossem Bindegewebe und stellt eine derbe, faserknorpelähnlich harte, runde oder rundliche, meist scharf begrenzte, schon für das freie Auge deutlich gefaserte, weissc oder bei grösserem Gefässreichthume röthliche
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Neubildung von Bindegewebe.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;2oi
Geschwulst dar, welche sich am häufigsten in dem Unterhaut- und submucösen Bindegewebe und in verschiedenen Organen vorfindet. Bei seinem Vorkommen im submucösen Bindegewebe treibt es die Schleim­haut vor sich her und ragt in die Höhle des schleimhäutigen Canales, bisweilen an einem Stiele hängend hinein. Es stellt dann den soge­nannten Faser- (fibrösen) Polypen dar.
Auf einem Durchschnitte erscheinen die Fasern üge entweder in einer concentrischen Anordnung, oder sie gehen scheinbar strahlig von einem Mittelpunkte aus, oder sie sind mannigfach durcheinander ge­schlungen und verfilzt, wodurch bisweilen Lücken enlstellen und das Fibroi'd eine areolirte Textur erlangt. Beim Kochen geben diese Ge­schwülste sehr viel Leim.
Ihre Veränderungen kommen mit jenen des neugebildeten Bin­degewebes überein. Die häufigsten darunter sind die fettige Entar­tung, die Verknöcherung und Incrustation, selten werden sie b ran dig.
Die Ursache ihrer Entstehung ist unbekannt. Sie wachsen nur langsam heran und entziehen dem Körper nur wenig Blut zu ihrer Er­nährung, kommen meist vereinzelt, seltener in grössercr Anzahl vor und wechseln von der Grosse einer Erbse bis zu jener eines Mannskopfes und darüber. Sie wirken durch ihre mechanischen Verhältnisse, Grosse, Schwere, den Druck, den sie auf die umgebenden Organe, Gefässe und Nerven ausüben und wenn sie in schleimhäutigen Canälen vorkommen, durch die Behinderung der Wegsamkeit derselben naehtheilig. In letzterer Hinsicht sind insbesondere die Polypen der Bachen - und Nasenhöhle, der Speiseröhre, des Kehlkopfes und Mastdarmes zu er­wähnen.
Ihre Behandlung ist eine rein chirurgische. Exstirpirte Fibroi'de kehren in der Kegel selten wieder.
b) Das Sarcom (die Fleischgeschwulst). Man versteht hier­unter weiche, gelappte, meist rundliche, mit den Geweben, in denen sie sitzen, verschmolzene Geschwülste von sehr verschiedenem Umfange, welche in vielen Fällen in der Entwicklung begriffene Fibroi'de zu sein scheinen. Sie finden sich in den verschiedensten Geweben und Organen, in der Haut, dem Unterbaut- und submucösen Bindegewebe, in fibrösen Gebilden, den Knochen, in drüsigen Organen u. s. w. Auf dem Durch-schnitte zeigen sie ein schwammiges, drüsenähnliches Gefüge, welches von Faserbündeln in verschiedener Menge durciizogen ist, aus welchen sich eine farblose oder graue Flüssigkeit ausdrücken lässt. Sie bestehen
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Neubildung vuu Bindegewebe, Fett.
aus Bindegewebe u. z. theils vollständig entwickeltem, theils embryo­nalem, in wechselndem Verhältnisse, wodurch die Consistent und das Aussehen solcher Geschwülste eine wesentliche Abänderung erleidet, als deren äusserste Grenzen man das gallertige Sarcom dem fase­rigen entgegengestellt hat. Durch die gleichzeitige Entwicklung einzelner Zellenkeme zu grösseren Hohlräumen (Cj-sten) entsteht das sogenannte Bläschen- (Cysto-) Sarcom. Die chemische Untersuchung der Sar-come ergibt verschiedene Resultate, je nachdem in ihnen fertiges Binde­gewebe oder Zellen, eiweiss- oder colloidhältigc Intercellularsubstanz überwiegen.
Das Sarcom entwickelt sich bisweilen ohne nachweisbare Ur­sache, in anderen Fällen geben traumatische Einwirkungen die Veran­lassung zu seiner Entstehung. Es kommt meist vereinzelt vor, wächst nur allmälig heran und schadet bloss durch seine mechanische Ein­wirkung.
Sarcome gehen bisweilen durch Xekrose, in Folge der Entzün­dung der sie bedeckenden Qebilde oder einer sich in ihnen entwickeln­den Stase zu Grunde.
Ihre Therapie ist eine chirurgische.
Mit den gedachten Bindegewcbsneubildungen geht oft Neubildung von elastischem Gewebe einher, welches sich bisweilen auch in grös­seren Mengen auf elastischem Gewebe bildet (sogenannte Auflage­rungen in den Arterien).
V. Neubildung von Fett.
sect;. 12i). Neubildung von Fett kommt entweder als fettige Entartung normaler oder pathologischer Gebilde oder als Neubildung von Fettbindegewebe vor.
Des erstcren Processes, welcher entweder unter der Form der Fettkörnchen-Zellenbildung verläuft oder wobei die Elementenach und nach zu Fetttröpfchen sich umwandeln, wurde schon früher ge­dacht. Es werden hiebei entweder schon bestehende Fette aus ihrer Verbindung frei, oder stickstoffhaltige Gebilde unter gleichzeitigem Ausscheiden phosphatischer Salze und Freiwerden von Ammoniak, zu Fett umgewandelt. Die von der fettigen Entartung befallenen Gebilde werden bleicher oder gelblich, trübe; feste werden weicher, brüchig, zerfallen selbst zu einem Breie, flüssige werden trübe, emulsionsartig, bisweilen fettig klebrig.
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Neubilduug von Fett.
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Neubildung von Fettbindegewebe kommt vor bei allgemeiner Fettleibigkeit (z. B. bei Hunden), als Fettanluiufung um normale oder erkrankte Organe und patliologische Neubildungen und als sogenannte Fettgeschwulst (Lipom). Man versteht liierunter die Auluiufung eines, dem normalen sehr ähnlichen oder gleichen Fettgewebes, in Form einer rundlichen oder plattgedrückten, meistens gelappten, aussen von einer Bindegewebshülse umgebenen, innen von einem Bindegewebsgeriiste durchzogenen Geschwulst, von sehr verschiedener (Erbsen- bis Kopf-) Grosse und -wechselndem Gewichte. Lipome, welche von dichteren Bindegewebssträngen und Scheidewänden durchzogen sind, wodurch sie eine festere, derbe Consistenz erlangen, heisst man auch Spcckge-schwülste, Steatome.
Die Fetlgcschwülste kommen au den verschiedensten Körper-steilen, besonders im Unterbaut-, submueoseu und subserösen Bindege­webe, seltener in der Leber, den Nieren, der Lunge v o r. Die in den genannten Biudegewebssehichton entstehenden Lipome drängen nicht selten die überkleidende Membran vor sich her, ziehen sie in Gestalt eines Stieles nach und hängen dann entweder an der allgemeinen Decke herab oder in einen Schleimhautcanal (z. B. Magen-, Darmhöhle u. s. w.) oder in die Höhle eines serösen Sackes hinein (Gekrösanhänge, freie Lipome in der Brust- und Bauchhöhle), oder stellen auf serösen Säcken (besonders den Synovialhäuten, dem Lungenfidle) als Inhalt dendriti­scher Vegetationen, das verästigte Lipom dar; in den Leistencanal hin-einwuchernd bilden sie (bei Hunden) die sogenannten Fettbrüche.
Die Lipome sind rein örtliche Uebel, sie entwickeln sich an der Körperobertiäche bisweilen in Folge einer mechanischen Einwirkung besonders länger währenden, geringfügigen Druckes und scheinbar ohne oder wenigstens ohne bekannte Veranlassung dort, wo sie im Innern des Körpers entstehen. Sie wachsen nur langsam heran, sind von kei­nen allgemein schädlichen Folgen begleitet, können jedoch durch ihren Druck, durch Zerrung und Eaumbeengung schädlich werden. Ihre ge­wöhnlichsten Veränderungen sind der Schwund, mit Besorption des Fettes, das Verkreiden des bindegewebeähnlichen Gerüstes, die Verkal­kung, wobei sich an der Stelle der Fettzellen eine mörtelähnliche Masse vorfindet, endlich u. z. zumeist in Folge mechanischer Einwirkung auf dieselben, Entzündung mit Vereiterung oder Verjauchung oder brandiges Absterben.
Die Behandlung ist auf die Exstirpation derselben beschränkt; nach gründlicher Entfernung kehren sie selten wieder.
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2dlt;plusmn;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Neubildung von Knorpelgewebe.
VI. Neubildung von Knorpelgewebe.
sect;. 130. Sie ist eine der selteneren Neubildungen und kommt vor nach Knochenbrüchen als Grundlage für den neuzubildenden Knochen, als Ueberzug der, ein widernatürliches Gelenk zusammensetzenden Kno­chenenden, als Wucherungen im umfange der knorpeligen Ueberzüge der Gelenksenden, endlich im Verlaufe chronischer Gelenksentzündung, theils als eine bestimmte Form der sogenannten freien Gelenkskörper, theils, obwohl selten, als neuer Ueberzug von Gelenksenden und beruht stets auf einer Umbildung des Bindegewebes in Knorpel, wobei entweder die Bindegewebszellen in Knorpelzellen übergehen, oder die ersteren sich in Mutterzellen umwandeln, in denen sich dann Toehterzellen bil­den, welche den Charakter von Knorpelzellen annehmen. Substanzver­luste und Wunden der Knorpel werden jedoch nicht durch neue Knor­pel-, sondern durch Bindegewebsmassen ausgefüllt. Die Knorpelge­schwülste (Enchondrome) stellen grössere oder kleinere, rundliche, höckerige, harte oder festweiche Geschwülste dar, welche von aussen meistens von einer Bindegewebshülle umgeben sind und ihrem Gewebe nacli entweder aus hyalinem oder aus Faserknorpel oder aus beiden bestehen. Auf ihrer SchnittKäche zeigt sicli nur selten ein gleichmäs-siges dichtes Gefüge, meistens erscheinen einzelne weichere, in ihrer Mitte mit einer klebrigen Flüssigkeit erfüllte Höhlen zeigende Stel­len, welche von dichteren, faserigen, stellenweise verknöcherten Zügen umgeben sind.
Die häutigsten Umänderungen des Enchondroms sind: die Verknöcherung, wodurch bisweilen sehr dichte, elfenbeinähnliche Knochenmassen entstehen, die Verkreidung, die Erweichung zu einer breiigen Masse, die Verjauchung und die brandige Zerstö­rung gewöhnlich in Folge äusserer mechanischer Einwirkungen oder der Blosslegung für die atmosphärische Luft.
Das Enchondrom wurde in Knochen, u. z. sowohl im Innern als an der Oberfläche desselben, in Drüsen, insbesondere im Euter, bei Schafen auch in dem Unterhautbindegewebe der Schulter- und Achsel­gegend vorgefunden. Es ist jedenfalls eine der selteneren Neubildun­gen, ist gutartig und kommt entweder vereinzelt oder in grösserer An­zahl vor.
An zugänglichen Stellen hat die Exstirpation bleibenden Erfolg.
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Neubildung von Knocheugewebe.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 23ö
Vif. Neubildung von Knochengewebe.
sect;. 131. Sie kommt ziemlich häufig vor und gleicht entweder dem normalen Knochengewebe vollkommen oder unterscheidet sich von ihm in einer mehr oder weniger erlieblichen Weise. Sie findet sich als Hyper­trophie von Knochen, als Exostose, d. h. als verschieden gestal­tete, aus wahrer Knochensubstanz bestellende, bisweilen eine compacte Rinde und ein poröses Innere besitzende, dem Knochen aufsitzende Knochengeschwülste, als Ostoophyt, d. h. verknöchertes, von der Beinhaut producirtes Bindegewebe, als Knochennarbe nach Beinbrü­chen, Knochenfruss und Nekrose, als Ersatz für ganz oder theilweise verlorene Knochen, als Verknücherung der Kippen-, Kehlkopf-und Luftröhrenknorpel, der Gelenkknorpel, des Enchondroms, ver­schiedener fibröser Gebilde, der Beinhaut, der harten Hirnhaut, der Bänder, Sehnen, der Muskeln, als Verknöcherung des bindegewebigen Gerüstes der verschiedensten Neubildungen, besonders des Krebses und der Fibroide, der Wandungen von Cysten, der Pseudomembranen auf serösen Häuten u. s. w.
Jene Knochenneubildungen, welche von der normalen Knochen­textur abweichen, heissen osteoide (knochenähnliche) Bildungen.
Die Grundlage zu Knochenneubildungen liefert entweder das Bindegewebe, dessen Zellen zu Enochenkörperchen, dessen Intercellu-larsubstanz zu Knochenmasse wird oder schon bestellender oder erst neu gebildeter Knorpel, wobei die Knorpelzellen zu Knochenkörperchen, die Intercellularsubstanz zu Knochenmasse wird. In beiden Fällen la­gert sich entweder in die Wand oder an die innere Oberfläche der Zellen Knochenerde ab, welche einzelne Stellen derselben frei lässt. Die hiedurch entstandenen Strahlen der Knochenkörperchen verlängern sich nach aussen und treten mit anderen in Verbindung, während die durch abgelagerte Kalksalze zu gleichartiger Knochensubstanz veränderte Intercellularmasse mit den Wänden der verknöcherten Zelle verschmilzt. Die chemische Zusammensetzung der auf diese Weise entstandenen Knochenneubildungen ist. jener der normalen Knochen gleich oder doch nahestehend.
Die Ursache dieser Neubildungen ist entweder in der auf Ver­letzungen folgenden oder im Umkreise nekrotischer und geschwüriger Stellen sich entwickelnden Hyperämie und Entzündung begründet, in den meisten Fällen ist sie unbekannt. Bisweilen sind dieselben erwünscht, wie bei Brüchen, Wunden, Nekrose und Caries der Knochen, bei
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2jdl5nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Keubildung von Knochen, Muskel-, Nervengewebe.
manchen Neubildungen anderer Art, deren Wachsthum nach dem Ein­tritte der Verknöcherung stille steht; häufig führen sie jedoch durch ihre mechanischen Verhältnisse verschiedene Nachtheile herbei und setzen den Gebrauchswerth der Thiere herunter.
Ihre Behandlung gehört der Chirurgie an.
sect;. 132. Von den Knochenneubildungcn sind die knochenerdi­gen Concretionen (die Verkreidung) zu unterscheiden, wobei Kalk­salze in Form kleiner Körnchen sich zusammenhäufen. Sie stellen eine bröckliche, rauhe, mehr oder weniger feste, brüchige, weisse oder weiss-gelbe Masse dar, welche bisweilen an Consistenz dem Knochen gleich­kommt , jedoch nie die Stmctur desselben zeigt. Der Process findet sowohl in physiologischen als pathologischen Flüssigkeiten als auch in festen Geweben statt und ist immer mit dem Auftreten von freiem Fett vergesellschaftet. Flüssigkeiten worden liiebei trübe, allmälig durch die freien Kalksalze rauh anzufühlen, bisweilen fettig und zu einem Kalk­brei oder einer mörtelähnliclien Masse eingedickt; feste Gebilde wer­den entfärbt, trübe, starr und incrustirt. Diese [ncrustationen sind jedoch wohl von Knochenncuhildungen der betreffenden Tlieile zu un­terscheiden.
VIII.nbsp; nbsp;Neubildung von Muskelgewebe.
sect;. 133. Neubildung quergestreifter Muskelfasern findet wahrschein­lich bei Hypertrophie der Muskeln statt, jedoch kennt man noch nicht die Art ihrer Eildiing. Organische Muskelfasern finden sich bei Hyper­trophie der aus ihnen zusammengesetzten Theile neugebildet vor, sie treten auch in die Zusammensetzung mancher anderer Neubildungen, z. B. Fibroi'de, Krebse. Muskelwunden und Substanzverluste derselben heilen nur durch eine Bindegewebsnarbe.
IX.nbsp; nbsp;Neubildung von Nervengewebe.
sect;. 134. Sie tritt in der, die durchschnittenen Nervenenden ver­bindenden Narbe allmälig ein, wodurch die getrennten Nerven wieder funetionsfähig werden. Neu gebildetes Nervengewebe findet sich (nach Virchow) auch in Adhäsionen. Versuche haben auch die Re­generation durchschnittener Eückenmarkspartien und Wiederkehr der Bewegung und Empfindung in den betreifenden Theilen nachgewiesen.
X.nbsp; nbsp;Neubildung von Gefässen.
sect;. 135. Sie ist sehr häufig und tritt beinahe stets gleichzeitig mit der Bildung anderer Gewebe auf; die Gefässe stellen dann integri-rirende Theile dieser Neubildungen dar. Anfangs sind alle neugebildeten
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Neubildung von Getässen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;amp;öi
Getasse Capillaren, meist von sehr bedeutendem Durchmesser, welche mit den Gefässen des Mutterorganes an der Peripherie in Verbin­dung treten.
Ihre Bildung findet entweder auf die Art statt, dass der Länge nach an einander gereihte und verwachsene Zellen, nacli Verlust ihrer Zwischenwände zu einem Bohre werden, welches mit einem anstossen-den Capillargofässe verschmilzt und nach Resorption der Wand Blut von diesem aufnimmt, oder dass schon bestehende Capillaren Ausläufer treiben, welche anderen derartigen Trieben entgegenwachsen und mit ihnen verschmelzen. Manche dieser Capillaren erlangen nach und nach eine bedeutende Dicke ihrer Wand. In der Wand der auf die erstere Art gebildeten Gefässe zeigen sich bei mikroskopischer Untersuchung die in die Wand getretenen Kerne der früheren Zellen, und zwischen je zweien derselben eine Einschnürung als Best der früher bestandenen Scheidewand, während in den Wänden der aus Ausläufern gebildeten Gefässe dieser Befund mangelt.
Die Gefässbildung erfolgt innerhalb sehr kurzer Zeit, nicht selten finden sich schon wenige Tage nach dem Eintritte einer Entzündung neue Gefässe.
Die bisweilen in Exsudaten vorfindlichen Häufchen von Blutkör­perchen, welche man als neugebildctes Blut betrachtete, um welches herum sich erst Gefässwändo bilden sollten, erweisen sich stets als extravasirtes Blut.
Die neugebildeten Gefässe stehen stets mit dem Gefässsysteme des Mutterbodens, welches je nach der Menge der orsteren in entspre­chender Weise hypertrophirt und erweitert ist, in Verbindung. Das in ihnen enthaltene Blut ist nie neugebildet, sondern stammt von den schon bestandenen Gefässen, welche mit neugebildctcn in Verbindung getreten sind, her. Sie zeigen eine verschiedene Anordnung, stehen der Ernährung der Neubildung, in welcher sie sich vortlieilen, vor und un­terliegen denselben Veränderungen wie die normalen Getasse. Insbeson­dere kommt ihnen eine Geneigtheit zur Obliteration mit Zurücklassung von Figmentstrcifen, zur fettigen Degeneration der Wand mit Euptur derselben und Austritt von Blut (Bildung hämorrhagischer Exsudate) und zu aneurysmatischei Erweiterung zu.
Manche Neubildungen erscheinen sehr gefässarm, andere ent­halten Gefässe in sehr grosser Anzahl, andere endlich scheinen vorwal­tend und dem grössten Thcile nach aus Gelassen zu bestehen. Zu den letzteren gehören die bei Hausthieren sehr seltenen sogenannten
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amp;OÖnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;PifrmontbilduiiK
Gefässcndcnerwoitcrungcn (Tolcangicktasicn), welche als rothe oder bräunliche Flecken oder Gesclnvulstchen von verschiedener Grosse an zarteren Stellen der allgemeinen Decke, an den Lippen, Augen­lidern, am Euter und Schlauche, dann auf der Barmschleimhaut vor­kommen und in einer Erweiterung der Capillargefasse diese Theile mit Neubildung von, in zartes Bindegewebe eingelagerten Gefdssen bestehen.
XI. Pigmentbildung.
sect;. 136. Von den Veränderungen in der Farbe eines Gewebes oder Organes durch Ablagerung von Gallenfarbstoff, durch Ecttinfiltra-tion u. dgl. wird später gehandelt werden. Hier soll nur von der Bil­dung jenes Fai-bestoffes die lledc sein, welcher sich aus dem Blut-farbestoffc (dem Hämalin) entwickelt und gewöhnlich mit dem Na­men des körnigen Pigmentes bezeichnet wird. Es kommt mit ver­schiedener Färbung vor, welche vom Gelben in das Rothe, Eostbraune, Braune und Grauschwarzc bis zum intensiven Schwarz wechselt. Je nach der Verschiedenheit der Organe, in welchen es auftritt, ist auch die Farbe meist verschieden. So tindet sich gelbes und rothes Pig­ment vorzugsweise im Eierstocke, in apoplcctischen Hecrdcn des Ge­hirnes, braunes in der Leber, grauschwarzes im Darmcanale, am Bauchfelle, in den Lymphdrüsen, schwarzes in den Lungen und in1 verschiedenen Neubildungen. Die Ursache dieser Verschiedenheit der Fär­bung liegt aller Wahrscheinlichkeit nach in den Organen selbst, da sie ziemlich constant ist. Der Form nach tritt es entweder als verbreitete, einen Theil durchziehende Färbung, oder u. z. meist in Gestalt von kleinen, scharf contourirten, häufig glänzenden Körnern oder verschieden gestal­teten Klümpchen, selbst höckerigen Massen, welche entweder frei im Gewebe liegen oder innerhalb Zellen eingeschlossen sind, oder endlich in Form kleiner, roth oder schwarz gefärbter Krystalle auf.
Es findet sich sowohl in normalen Organen als in pathologischen Neubildungen. In geringerer Menge angehäuft veranlagst es entweder nur verschieden gesättigte punkt-, Striemen- oder gleichmässig verbrei­tete Färbungen; in anderen Fällen ist es in grosser Quantität vor­handen, besonders in manchen Neubildungen und Geschwülsten, welche dann als melanotische näher bezeichnet werden.
Die Bildung der Pigmentkörnchen und der selteneren Pigment-krystalle geht auf dieselbe Weise vor sich. Entweder nämlich geben die Blutkörperchen, sobald irgendwo eine Extravasation oder eine absolute Stockung des Klutes innerhalb der Gefässc eintritt, ihren Farbe-
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PlgmentbUdang.
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stoff an die Umgebung ab, welche hiedurch anfangs gleichmässig ge­färbt wird, worauf nach einiger Zeit das Hämatin zu kleineren oder grösseren, gelben, rothen oder braunen Körperchen (den Pigmentkör­nern) oder, obwohl seltener, zu kleinen rothen oder schwarzen Nadeln, Säulchen oder rhombischen Tafeln (Hämato'idinkrystallen) zusam­mentritt, die gewöhnlich neben den Körnchen liegen; oder die extra-vasirten oder stockenden Blutkörperchen verschrumpfen zu unregel-mässigen Körnern, werden dichter, dunkler, kleben bisweilen zu Haufen zusammen und bilden dann Pigmentkörner oder nehmen die erwähnte Krystallform an.
Tritt der Plutfarbestoff durch die Wandungen einer Zelle hin­durch in das Innere derselben ein, so wird dieselbe, nach Umwandlung des Hämatins in Pigment, zur Pigmentzelle, welche entweder in diesem Zustande fortbesteht oder deren Wand nach einiger Zeit ver­schwindet, womach ein Haufe von Pigmentkörnern zurückbleibt, wel­cher endlich zerfällt.
In anderen Pällen, wo sich weder der Eintritt von Blutfarbestoff noch von Blutkörpern in Zellen einnehmen lässt, hat es den Anschein, dass sich das Pigment aus dem Zelleninhalte hervorbilde, wie bei der Pigmcntbildung der Epidermis und in manchen Geschwülsten. Die Pig-mentirung allein ertheilt (ieschwülsten noch nicht einen besonderen Charakter. Hie sogenannten Melanosen (schwarzen Knoten), welche am häufigsten bei Pferden, aber auch bei Eseln, Maulthiercn, Rindern und Hunden im Bindegewebe der verschiedensten Körpertheile vorkom­men, sind pigmentirte Fibroide, Sarcorae, seltener Krebse; sie sind anfangs weiss, werden allmälig braun, endlich schwarz und ent­halten häufig Pigment in solcher Menge, dass sie ganz aus demselben zu bestehen scheinen. Nach ihrer Grössc und Zahl, ihrem Sitze und der Beschaffenheit der ihnen zu Grunde liegenden Neubildung erlangen sie eine verschiedene Bedeutung; sie sind bisweilen ohne alle Wichtig­keit , in anderen Fällen veranlassen sie durch die Verdrängung und Functionsstörung der umliegenden Organe Nachtheile für die Gesundheit und das Leben des betroffenen Thieres. Die Pigmentbildung in solchen Geschwülsten kann entweder eine Folge von Stasc und Extravasation oder einer Umwandlung des Zelleninhaltes in Pigment sein. Das letz­tere scheint ungleich häufiger der Fall zu sein.
Der chemischen Zusammensetzung nach nähert sich das körnige und krystallinische Pigment dem Gallenfarbestoffe; es enthält in den meisten Fällen Eisen.
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Dem Angeführten zu Folge ist Staso und Extravasation dos Blu­tes die häufigste Veranlassung zur Entstehung von Pigmentirungen; für manche Fälle, wie hei der Umwandlung des Zelleninhaltes zu Pig­ment, sind die Ursachen unbekannt.
Kunsthilfe ist nur bei von aussei! zugänglichen melanotischen Geschwülsten auf chirurgischem Wege zu leisten.
XIL Tuberkel.
sect;. 137. Unter Tuberkel versteht man Aftergebilde, welche ent­weder in Form von kleineren, vereinzelten oder gruppirten Knötchen oder Haufen oder als Gewebsinfiltration vorkommen, sieh zu keinen höheren organischen Formen (Faserbilduug) erheben und bestimmte, in der Folge näher zu bezeichnende Umänderungen eingehen.
Die Tuberkelbildung findet entweder in schon bestellenden Geweben, durch Hypertrophie der normalen Elemente, Vermehrung der Zollonkerne und weitere Umwandlung derselben, oder in Folge einer zwischen die Elemente eines Gewebes geschehenen Exsudation statt. Die Tuber keim a ssc tritt entweder in der Form des grauen oder des gelben Tuberkels auf. Der erstere erscheint entweder als ein graues, einzeln stehendes oder mit anderen gruppirtes, weiches Knöt­chen von der Grosse eines Hirsekornes, oder als verästelte Infiltration eines Gewebes und bestellt entweder aus zahlreichen Kernen mit einem gleichartigen oder feinkörnigen Inhalte, oder aus ein- und mehrkernigen (Mutter-) Zollen, welche durch eine klebrige; Masse zusammengehalten werden.
Der gelbe Tuberkel kommt seiner Form nach mit dem erstge­nannten überein und stellt gelbe, morsche, käsigbrüchige Massen dar, in welchen die dem grauen Tuberkel zukommenden Elemente geschrumpft, wie angenagt und in ihrem Inneren trübe und granulirt in fettiger Metamorphose erscheinen.
Der gelbe Tuberkel geht entweder aus dem grauen hervor oder er entsteht durch Metamorphose normaler Gewebe oder gewisser Xcu-bil düngen.
Da die gedachte äussere Form und die Elemente des Tuberkels mit jenen anderer Neubildungen übereinkommen, so kann das Charakte­ristische des Tuberkels nicht in ihnen, sondern nur in einer gewissen Aufeinanderfolge bestimmter an ihm stattfindender Veränderungen ge­sucht werden.
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Tuberkel.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 241
Diese Metamorphosen der als Tuberkel bezeichneten Neubildung sind folgende:
a)nbsp; nbsp;der graue Tuberkel verschrumpft und vertrocknet zu einer dichten knorpelharten, aus verschrumpften Zellen und Kernen beste­henden Masse, oder
b)nbsp; nbsp;er wird zum gelben Tuberkel; dieser
c)nbsp; nbsp;erweicht (vereitert oder verjaucht), d. h. er zerfällt und zwar meist von seiner Mitte aus, zu einem aus feinkörnigem Detritus, l'ett-körnern und Resten des Gewebes, welches er etwa einschliesst, beste­llenden Breie, oder zu einer gleichförmigen, rahmähnlichen Flüssigkeit. Die hiedurch in dem betroffenen Organe gesetzte Lücke heisst in Pa-renehymen primäre Tuberkelcaverne, auf tiächenhaften Ausbreitun­gen primäres tuberculoses Geschwür, zum Unterschiede der, durch die Yergrössenmg derselben entstandenen seeundären tuberculösen Cavernen und Geschwüre. Bei tuberculösen Thieren kommt es nämlich zu neuer Tuberkelbildung in der Umgebung bereits vorhandener Tuber­kel, durch deren Erweichung die bereits vorhandenen Substanzverluste vergrössert werden.
Von diesem, dem Tuberkel als solchem zukommenden Erweichungs-processe ist die Auflösung desselben, durch das in der Umgebung grös-serer Tuberkelmasse im Gefolge der sich einstellenden Entzündung aus­schwitzende Exsudat, wodurch der sogenannte Tuberkeleiter, eine molkigtrübe, krümliche Theilchen nicht erweichten Tuberkels mit sich führende Flüssigkeit entsteht, zu unterscheiden.
Diese in der Umgebung tuberculöscr Massen sich einstellende Entzündung ist es auch, welche, sobald sich in ihrem Gefolge eine Bindegewebsneubildung entwickelt, zur Eiukapselung der Tuberkelmasse führt. Solchem neugebildetem Bindegewebe verdanken auch die schwie­ligen Bänder und GrundÜächen der tuberculösen Geschwüre ihre Ent­stehung.
d)nbsp; nbsp;Der erweichte Tuberkel v er kreidet, d. h. er dickt sich zu einem kalkcrdigen, schmierigen Breie ein und vertrocknet endlich zu einer mörtelähnlichen, von schwieligem Gewebe umschlossenen Masse. Alle diese Metamorphosen enthalten die Bedingungen zur Heilung des Tuberkels, d. h. entweder zu seiner Entfernung oder zur Einstellung weiterer, für das Organ schädlicher Umänderungen. An und für sich haben dieselben jedoch keinen Werth für die Erhaltung des betroffenen Thieres, wenn nicht die Bedingungen der Tuberkelbildung im Allgemei­nen aufhören. Da solche günstige Umstände jedoch nur in den seltensten
Uöll, Patbol. und Therapie. II. Aufl.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;16
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Tuberkel.
Fällen eintreten, im Gegentheilo die besondere Körperconstitution und Vegetationsweise, deren Folge der Tuberkel ist, meist fortbesteht, so wird durch die fortan stattfindende Bildung von Tuberkeln und ihre Metamorphosen jener Zustand herbeigeführt, den man mit dem Xamen der tuberculösen Schwindsucht bezeichnet. Diese ihrem quot;Wesen nach noch unbekannte tuberculöse Körperconstitution ist häufig erblich, wird jedoch in vielen Fällen auch u. z. insbesondere durch un­günstige klimatische Verhältnisse, unpassende Fütterung und sohlechte Haltung erworben.
Für die anatomische Diagnose des Tuberkels entscheidet daher nicht die sogenannte Knotenform des Aftergebildes (denn sehr häufig kommt er auch als sogenannter infiltrirfer Tuberkel vor, wobei die Ge­webe anfangs von einer eiweissälmlichen Flüssigkeit durchtränkt und später zu einer starren, gelben, brüchigen Masse umgeändert werden), sondern es kann hiefür bloss die unvollkommene Organisation der Neu­bildung und der gleichzeitige Uefuud der früher angegebenen Metamor­phosen entweder an einem und demselben Tuberkel oder an mehreren zusammengenommen massgebend sein. Rücksicht lieh der Zeit, innerhalb welcher der Tuberkel zu Stande kommt, unterscheidet man den acuten und chronischen Tuberkel.
Der er st ere tritt unter fieberhaften Erscheinungen u. z. gewöhn­lich in einem Thicre auf, welches schon von früher her an Tuberkel­krankheit leidet. Das von einer eiweissälmlichen Flüssigkeit durch­tränkte Organgewebe erscheint dann von einzeln stehenden oder zusam­mengehäuften, weichen, kleinen, bisweilen durchscheinenden Körnern durchzogen, welche durchgehends aus Zellen und Kernen bestehen. Die Ausscheidung dieses Tuberkels erfolgt gewöhnlich massenhaft und in verschiedenen Organen. Nicht selten beobachtet man diesen Vorgang bei Pferden, welche am Kotze leiden, während dessen Verlaufe solche acute, ihrer Hirsekorngrösse wegen auch Miliartuberkel genannte Massen in den Lungen, der Leber, Milz, den Nieren und Lymphdrüsen sich bilden.
Der sogenannte chronische Tuberkel bildet sich auf eine lang­same und meist unmerkliche Weise in einem Organabschnitte und brei­tet sich gewölinlicli von hier aus erst weiter aus; er erscheint als grauer oder gelber Tuberkel in einem der früher erwähnten Stadien.
Der Form nach unterscheidet man die Tuberkclgranulation und den infiltrirten Tuberkel. Der letztere bildet sich gewöhnlich in einem entzündeten Gewebe aus, wofür sowold die gallertige Infiltra-
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Tuberkel.
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tion desselben als auch die stellenweise stattfindende Bindegewebswu-cherung den Nachweis liefern.
Der Tuberkel kommt sowohl in normalen Organen als auch in pathologischen u. z. Bindegewebsneubildungen vor.
Unter den Hausthieren findet sich der Tuberkel wohl am häufig­sten beim Pferde, er kommt jedoch auch bei Hunden und Kindern nicht selten vor. Ursprünglich (primär) findet er sich am häufigsten in den Lungen, auf der Nasenschleimhaut der Pferde (beim chi-onischen Rotze), in den Lymphdrüsen, auf den serösen Häuten; seeundär, d. h. abhängig von dem Bestehen der Tuberkel in den eben genannten Theilen, oder als Ausdruck einer allgemeinen Tubcrkelkrankheit kommt er vor im Kehlkopfe, der Luftröhre, Leber, Milz, den Nieren, dann, wenn gleich, wenigstens bei Pferden und Hunden sehr selten, auf der Darm­schleimhaut.
üeber das AusschHessen des Tuberkels und anderer Krank­heiten liegen bei Thieren noch zu wenig Beobachtungen vor, als dass sich jetzt schon irgend verlässliohe Angaben hierüber machen Hessen.
Bezüglich der Ursachen der Tuberkelbildang ist man noch völlig im Dunkeln. Schon oben wurde erwähnt, dass eine gewisse Körpercon-slitution, welche sich durch eine Entwicklung dos Körpers in die Höhe, flache Brustwandungen, zarten Körperbau und eine gewisse Vegetations­anomalie , welche zu Exsudationsprocessen geneigt macht, auszeichnet, die Disposition zur Tubcrkelbildung abgebe.
Diese Anlage ist häufig erblich, sie überträgt sich von den Eltern auf die Nachzucht (bei Lungentuberculose und chronischem Eotze beobachtet); sie ist bisweilen angeboren, wie diess bei Thieren beobachtet wird, welche von cachcctischen oder sehr alten Eltern ab­stammen. Sie entwickelt sich häufiger bei jüngeren als bei alten Thieren, ohne dass das Geschlecht auf sie einen bemerkbaren Einfluss ausübte.
Die äusseren Einflüsse, welche die Entstehung des Tuber­kels zu begünstigen scheinen, sind insbesondere: schlechte, ungenü­gende Nahrung, der Aufenthalt in unreiner, feuchter, lichtarmer Luft, häufiger Wechsel der Witterung, klimatische Einflüsse, insbesondere wenn an dieselben ungewohnte, aus anderen Gegenden stammende Thiere ihnen ausgesetzt werden (Entstehen von Lungentuberculose bei den in feuchte Ebenen versetzten Gebirgsracen des Eindviehes), schlechte Wartung und Pflege, vernachlässigte Hautcultur. Auch die aus tuber-culösen Geschwüren stammende Jauche kann in manchen Fällen, auf die Schleimhaut eines anderen Thieres übertragen die Tuberkelbildung
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begünstigen (chronischer Eotz). Ob hier ein eigentliches Contagium oder bloss die Uebertragung einer jauchigen Flüssigkeit wirke, bedarf noch der Entscheidung.
Der Verlauf der Tuberculose ist meist chronisch, dort jedoch, wo sie im Gefolge der Entzündung oder als acute Miliartuberculose auftritt, acut.
Die Heilung des Tuberkels auf dem Wege des Yerhornens, der Erweichung und Ausstossung und des Verkreidens hat nur dann einen Worth für das Thier, wenn die ihrer Bildung zu Grunde liegende All­gemeinkrankheit aufhört, Tuberculose, zur Heilung gekommene Ge­schwüre lassen immer eine schwielige, die umgebenden Thcilc an sich ziehende (constringirende) Narbe zurück; tuberculose Cavernen können sich durch die von ihren Wandungen ausgehende Eindegewebsneubil-dung verkleinern und endlich schliessen. Erlischt jedoch selbst die der Tuberkelbildung zu Grunde liegende Constitutionsanomalie, so hängt es immer von den bereits durch die Tuberkel veranlassten Zerstörungen des betroffenen Organes ab, ob das Thier einen solchen ökonomischen Werth behält, dass seine fernere Erhaltung wünschenswerth ist.
Die Prognose ist im Allgemeinen eine sehr ungünstige. Die Tuberculose führt meist entweder durch Beeinträchtigung der Function des betroffenen Organes, in Folge massonreichcr Tuberkelablagerungen oder geschwüriger Zerstörung, so wie durch Erschöpfung, in acuten Fällen durch Blutentmischung zum Tode.
Die Prophylaxe hat jene Eintiüsse entfernt zu halten, welche die Entstehung der Tuberculose zu begünstigen scheinen. Sie kann in manchen Fällen (durch Ausschliessung unpassender Vater- und Mutter-thiere von der Zucht, entsprechende Haltung, Wartung und Fütterung u. s. w.) der Entwicklung der Krankheit vorbeugen. Die Therapie gegen einmal entstandene Tuberkel ist bei den Hausthieren nahezu gleich Null und Heilversuche meist mit ökonomischem Nachtheile ver­bunden.
XIII. Cystenbildung.
sect;. 138. Unter Cyste (Balggeschwulst) versteht man eine ge­schlossene, aus Bindegewebe gebildete, meist mit Epithel ausgekleidete häutige Kapsel von runder oder abgeplatteter Gestalt, welche in ihrer Höhle eine verschieden beschaffene Flüssigkeit enthält. Sie stellt ent­weder eine selbstsländige Neubildung vor oder combinirt sich mit an­deren Neubildungen der verschiedensten Art, denen sie dann durch ihr Vorhandensein ein eigenthümliches Gepräge aufdrückt.
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Cyst en.
245
Die Cysten entstehen auf verschiedene Weise u. z.
a)nbsp; nbsp;Sie hilden sich durch Verdichtung von schon bestehendem Bindegewebe als Kapsel um Exsudate, Extravasate, fremde Körper, in das Pareuchym der Organe gelangte Eingeweidewürmer u. s. f.
b)nbsp; nbsp;Sie entstehen durch Aus einander weichen der Binde ge-
websschichten u. z. au Stelleu, die dem Drucke und der Reibung ausgesetzt sind, welche allseitig geschlossenen Lücken sicli mit einer serösen gelenksschmierühnlichcn Elüssigkeit füllen (z. B. die anomalen Schleimbeutel).
c)nbsp; nbsp; Sie gehen dadurch hervor, dass ein schon bestellendes, aber nicht allseitig abgeschlossenes Hohlgebilde nach allen Seiten abge­grenzt wird. Hieher gehören die nach Vcrschliessuug der Mündungen der Ausführungsgänge stattfindenden Anhäufungen der Absouderungstlüs-sigkeiten innerhalb der nun balgartig geschlossenen schleimhäutigeu Be­hälter und Ausführungsgänge (z. E. der Gallenblase bei Hindern), dann die aus einem erweiterten Eollikel oder einem Drüsenelemente, in Folge von Anhäufung des Secretes bei verschlossenem Ausführungsgange ent­standenen Cysten (z. B. die Cysten in den Nieren [aus ilalpighi'schen Kapseln], jene in den Schilddrüsen, den Speicheldrüsen, dem Euter, der Haut u. s. w.). Hiebei wird der Inhalt oft völlig verändert, indem die eigentliche Absonderungstlüssigkeit resorbirt und durch ein Secret der Cystenwand ersetzt wird.
d)nbsp; Sie entstehen durch umschriebenes Zerfallen mancher After­gebilde, deren unveränderter Theil dann die Cystenwand darstellt.
e)nbsp; nbsp;Sie gehen aus der Yergrösserung eines normalen oder erst neugebildeten, jedoch bereits allseitig geschlossenen Hohlraumes her­vor. Als solche Hohlräume sind normale oder neugebildete Zellen und ihre Kerne zu betrachten, welche letzteren unter gleichzeitiger Yergrös­serung der Zelle und Verschmelzen mit derselben zu einer structurlosen, mit eiweiss- oder colloidartiger Flüssigkeit sich anfüllenden Blase her­anwachsen, in welcher häufig neue Zellen- und Kernproduotion statt­findet und die, nachdem sich faserige Elemente herumgelagert haben, die Grundlage zu Cysten abgibt. Sie kommen bisweilen in ziemlich bedeutender Menge in den Nieren, in den breiten Mutterbändern und den Fransen der Eileiter vor; endlich sollen sich auch
f)nbsp; nbsp; Cystenräume durch das Aneinanderlegen und Durchflechten dendritischer Vegetationen, deren Lücken sich mit einer zähen Flüssigkeit füllen, bilden können.
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Cyaten.
Dem Inhalte nach unterscheidet man die Cysten in seröse (Hy-datiden, Wasserblasen) mit einem serösen oder eiweissähnlichen, klebri­gen Inhalte, in Cysten mit colloidhältigem Inhalte (Honigbalg-geschwülste, besonders häufig in der Schilddrüse des Hundes und in den Eierstöcken), in solche mit fettigem Inhalte, an deren Wand dann stets auch vollkommene Lederhautbildung angetroffen wird und welche nicht selten, wie schon früher erwähnt, auch Haare und Zähne enthal­ten; endlich Cysten mit epithelialem Inhalte (Grützgeschwülste, Atherome), welche das angehäufte Epithel der Cyste in Form zerreib-licher, glänzender Schüppchen nebst etwas Fett enthalten.
Nach der Beschaffenheit der Höhle unterscheidet man die Cysten in einfache und zusammengesetzte. Einfach oder einkämmerig heissen sie, wenn sie eine einfache Höhle einschliessen. Diese Cysten kommen entweder vereinzelt oder in der Mehrzahl vor; liegen sie in Gruppen nahe aneinander, so platten sie sich oft an den Berührungs­stellen ab, einzelne drängen die Wandungen anderer vor sich her und bilden in der Höhlung dieser letzteren einen Vorsprung, oder die anein­ander gepressten Wände der einzelnen Cysten schwinden in Folge des Druckes und ihre Höhlungen communiciren dann unter einander, wo­bei deren Wand von leistigen Vorsprüngen besetzt ist. Durch diese A'erhältnisse wird die äussere Gestalt und das Aussehen der Schnitt-liächen solcher Cystengruppen sehr verschieden. Zusammengesetzt heissen jene Cysten, in deren Wand die Bildung neuer seeundärer Cysten stattfindet, in welchen sich derselbe Process wiederholen kann, wodurch sie endlich eine sehr bedeutende Grosse erlangen. Wuchern solche seeundäre, tertiäre Cysten in die Höhle der Muttercyste hinein, so wird bisweilen die Höhle dieser vollkommen angefüllt, die aneinan-derliegenden Scheidewände können atrophiren, die einzelnen Höhlen fiiessen zusammen und die Wand dieser zusammengesetzten Cyste erhält hiedurch ein fächeriges oder honigwabenähnliches Ansehen. Nicht selten entwickeln sich von der Innenfläche der Cystenwand warzige Auswüchse oder dendritische, mit einem Epithelialüberzuge bekleidete Vegetationen, welche in die Höhle des Balges hineinwuchern, dieselbe bisweilen voll­ständig ausfüllen, sie sogar durchbrechen und über sie fort hinaus sich entwickeln. Diese Vegetationen können selbst wieder die Erzeugungs­stätte neuer Cysten werden.
Die Cysten kommen, wie schon oben erwähnt, entweder als selbstständige, für sich bestehende Xeubildungen oder als Combinationen verschiedener anderer Neubildungen, z. B. der Sarcome, Krebse vor. Sie
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Cysten. — Kivlgt;snbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;247
finden sich bald vereinzelt, bald in grösserer, bisweilen in soldier Menge, class durch sie das Gewebe des betroffenen Organes beinahe völlig ver­drängt erscheint (z. E. in der Lunge und Leber des llindes). Am häu­figsten sind sie auf den serösen Häuten, in dem Unterhautbindegewebe, in den Schleimhäuten, den Eierstöcken, den Nieren, der Leber, der Lunge, der Schilddrüse, dem Euter u. s. f.
Die häufigsten Krankheiten der Cysten sind Blutungen, die besonders in solchen vorkommen, in welchen sich gefässreiche dendri-lische Vegetationen entwickelt haben; Entzündung, in Folge welcher es zur Verdickung ihrer Wand, zur Zerreissung und Vereiterung der Cyste kommen kann, endlich Verknöcherung ihres Balges.
Die Cysten werden theils durch ihre mechanische Einwirkung und die hiedurch veranlasste Eunctionsstörung, theils durch die Ent­ziehung des Bildungsplasmas schädlich. Ihre Entzündung und Verei­terung greift nicht selten auf benachbarte Gewebe über.
Die Ursachen der Gystenbildung sind dem Eingangs Angeführ­ten zu Folge bisweilen nachzuweisen, in den meisten Fällen jedoch unbekannt.
Die Therapie ist auf die Exstirpation oder Entleerung der von aussen zugänglichen Cysten beschränkt.
XIV. Der Krebs oder das Carcinom.
sect;. 139. Mit dem Namen Krebs bezeichnet man Neubildungen, welche, wenn auch in ihrem äusseren Ansehen verschieden, darin über­einkommen , dass sie aus sehr veränderlichen und nicht bleibenden Zellen und einem dieselben einschlicssenden Bindcgewebsgerüste beste­hen und sich durch die Tendenz zu Veränderungen ihrer Textur aus­zeichnen. Sie werden insbesondere mit dem Namen der bösartigen Neu­bildungen bezeichnet.
Der Krebs kommt bei den einzelnen Hausthiergattungen in ver­schiedener Häufigkeit vor. Bei den Pferden ist er verhältnissmässig selten, öfter kommt er bei den Wiederkäuern, am häufigsten bei Hun­den vor, wo er bisweilen in den verschiedensten Organen entweder gleichzeitig oder in Aufeinanderfolge beobachtet wird.
Die Bildung des Krebses erfolgt entweder aus schon bestehenden (Bindegewebs-, Drüsen-) Zellen, in welchen sich zahlreiche Kerne und um diese allmälig Zellenmembranen bilden, oder aus gefässreichen, ent­zündlichen Schwellungen.
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krebs.
Die weitere Verbreitung und das Waclisthum geschieht entweder durch fortgesetzte Theilung der Elemente der Krebsmasse, oder durch ähnliche Kern- und Zellcnbildung in den, in der Nähe krebsiger Mas­sen liegenden Geweben. Xicht selten combiniren sich diese beiden Mo­dalitäten mit einander.
Krebse kommen in den verschiedensten, mit Gefässen versehenen Geweben vor, am häufigsten finden sie sich (bei Hunden) in der Brust­drüse, in den Lymphdrüsen, in der Leber, in den serösen Häuten, in der Lunge, den jS'ieren (auch bei Pferden), den Knochen (bei Eindern), in dem Magen- und Darmcanale, der Schilddrüse u. s. w.
Sie entwickeln sich entweder langsam, was besonders für die zuerst entstehenden Krebsknoten und die dichten Formen derselben gilt, oder rasch, wie die weicheren Tonnen und die später oder nach der Exstirpation grösserer Krebsgeschwülste stattfindenden seeuudären Ablagerungen. Ihre Ausbreitung auf andere Organe erfolgt entweder durch einfaches Wachsthiim und ähnliche Entartung der Xachb.irtheilo, oder durch krebsige Erkrankung jener Lymphdrüsen, welche aus dem ursprünglich erkrankten Organe ihre Lymphgefässe beziehen, oder end­lich auch nach längerem Bestehen oder nach Entfernung solcher Krebs­gebilde durch Auftreten neuer derartiger Bildungen in den verschieden­sten Organen und Geweben, bisweilen unter lebhaftem Fieber.
Diese letztere Erscheinung ist in vielen Fällen durch die Resorp­tion der Elemente des Krebses, welche dann die Grundlage seeundärer Krebse bilden, zu erklären. Die Entstehung eines primären Krebskno­tens hat nur eine locale Bedeutung und ist noch nicht als Ausdruck einer allgemeinen Erkrankung anzusehen; wohl aber gilt diess für seeun-däre Krebsbildungen und dann, wenn sie an zahlreichen und verschie­denen Theilen und Geweben auftreten.
Die Krebse entwickeln sich in den meisten Fällen unter uns un­bekannten Bedingungen; nur selten scheinen mechanische Einwirkungen, Stoss, Druck u. s. w. den Anlass zu ihrer Bildung abzugeben. In wie ferne Erblichkeit die Anlage zu ihrer Entstehung begründe, ist noch nicht entschieden.
Die Krebse bilden entweder mehr weniger umschriebene, rund­liche oder höckerige, auch gelappte, bisweilen von einer Bindegewebs-schichte umhüllte Geschwülste oder in das Gewebe infiltrirte Mas­sen von verschiedener Grosse und Anzahl.
An jedem Krebse kann man ein bindegewebiges Gerüste (Stroma), welches in Knochenkrebsen durch knöcherne Blättchen und
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Krebs.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;249
Nadeln (Winddoru, spina ventosa), Lei mfiltrirten Krebsen durch das umgebende Gewebe ersetzt wird und den zwischen den Lücken dessel­ben enthaltenen Krebssaft (Kerne und kemhaltige Zellen von der verschiedensten Gestalt mit einer Intercellularsubstani;) unterscheiden. Nach dem Vorwiegen des einen oder des anderen Bestaudtheiles ent­stehen dichtere oder weichere Formen des Krebses, welche wieder mit verschiedenen Namen bezeichnet werden. Ausserdem treten stets Gefässe in wechselnder Menge in die Zusammensetzung der Krebse ein; häutig findet man in ihnen auch noch die Gewebselementc jener Organe, in welchen sie entstanden sind.
Die häufigsten Metamorphosen .der Krebse sind:
a)nbsp; nbsp;Uebermässiges Wachsthum derselben, durch üppige Zcllen-bildung, wobei, wenn die den Krebs bedeckenden Theile (allgemeine Decken, Schleimhäute u. s. f.) durchbrochen wurden (offener Krebs), ein Brandigwerden, ein Abstossen und Faulen seiner Elemente eintritt; ein Vorgang, den man mit dem Namen des Verjauchens des Krebses bezeichnet, in Folge dessen sich das sogenannte Krebsgeschwür, ein mit aufgeworfenem, knotigem Rande und vertiefter zottiger Grundfläche versehener, mit einer rahmälmlichen, gelblichen oder schmutzig brau­nen, häufig blutigen, übelriechenden (Krebs-) Jauche bedeckter Substanz­verlust bildet.
b)nbsp; nbsp; Blutungen und Exsudationen, durch welche eine fheil­weise Zertrümmerung desselben und Verjauchung veranlasst werden kann.
c)nbsp; nbsp;Die fettige Umwandlung des Gerüstes oder des Saftes oder beider zugleich, in Folge welcher sich gelbe Punkte oder Streifen auf dem Durchschnitte einer solchen Geschwulst zeigen, die sich bisweilen zu einer netzartigen Figur vereinigen (netzartiger Krebs). Diese fettige Umänderung betrifft entweder nur kleine Abschnitte oder eine Krebs­masse im Ganzen und stellt in jedem Falle einen Heilungsvorgang des Krebses dar, da in dem so veränderten Gebilde eine neue Krobspro-duetion nicht weiter möglich ist. Nicht selten folgt auf diese Verän­derung das Aufsaugen des Fettes mit Kleinerwerden und Verschrumpfen des Aftergebildes.
d)nbsp; nbsp;Das Zerfallen der Krebselemente zu einer feinkörnigen Masse (das sogenannte Tuberculisiren des Krebses), wobei sich in dem After­gebilde dicke, gelbe, käsige oder bröcklige Massen vorfinden, von wel­chen aus die Verjauchung eingeleitet wird (meist in den Lymphdrüsen bei Ochsen beobachtet).
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Kielraquo;.
e)nbsp; nbsp;Neubildung von Pigment, wodurch der Krebs zum pigmen-tirlen wird, endlich
f)nbsp; nbsp;die Yerkuöcherung und Verkreidung.
Manche dieser Metamorphosen linden sich bisweilen combinirt in einem und demselben Carcinorae vor.
Die Krebse werden durch ihre mechanische Einwirkung auf die Nachbartheile, durch die krebsige Metamorphose derselben, durch die Zerstörung, welche sie in diesen bei ihrer Verjauchung veranlassen, durch runctionsstörung des betroffenen Organes, durch Erschöpfung in Folge übermässiger Wucherung, eintretender Blutungen und Verjauchung naehtheilig und tödtlich.
Als Arten des Carcinoms sind zu betrachten:
1. Der Faserkrebs (Scirrhus), das dichteste aller Krebsge­bilde. Er ist charakterisirt durch die vorwaltende Entwicklung eines dichten Bindegewebsgerüstes und einen sehr geringen Gehalt an fast klarem Krebssafte. Er stellt gewöhnlich knollige, höckerige oder ge­lappte, meist verästelte, knorpelharte, unter dem Messer knirschende Massen von massiger Grosse dar, welche auf der Schnittfläche zahl­reiche weisse, aus Bindegewebe oder Anhäufungen spindelförmiger Zel­len bestehende, sich mannigfach durchkreuzende Stränge zeigen, in deren Lücken der Krebssaft enthalten ist. Dieser enthält Kerne und kemhaltige Zellen von der verschiedensten Gestaltung.
Der Faserkrebs wächst langsam heran, nur bei seinem Uebergange m den Markschwamm, welcher durch eine wuchernde Entwicklung von Kernen und Zellen begründet ist, findet ein rascheres Wachsen statt; er ist meist der erste in einem Thicre auftretende Krebs, zu welchem sich dann andere Formen hinzugesellen. Die Gewebe, in welchen er sich entwickelt, schwinden, welcher Umstand die narbigen Einziehun­gen, besonders häutiger Organe, an jenen Stellen, unter welchen ein solcher Krebs sitzt, veranlasst.
Er kommt im Knochen bei Rindern, Schweinen, Pferden (beson­ders in den Gesichtsknochen), im Euter, in dem submueösen Bindege­webe des Magens und Darmes, von da aus in die Muskelhaut über­greifend, in den L3-mphdrüsen u. s. w. vor.
Als Art desselben ist der sehr seltene Bündel krebs zu betrach­ten, welcher die Eigenthümlichkeit, sich in der Richtung seiner Län­genachse in feine Bündel spalten zu lassen, während er in der Richtung seines Querdurchmessers nur schwer zerreissbar ist, — der Anordnung
J-
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Krebs.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;251
seiner Gewebselemente (welche der Länge nach aneinander gereihte, zu Bündeln vereinigte, spindelförmige Körper darstellen) verdankt.
Die gewöhnlichsten Metamorphosen des Faserkrebses sind das Yerschrumpfen, Verfetten und Verjauchen.
2. Der Markschwamm, Medullarkrebs.
Er zeichnet sicli vor dem ersteren durch einen besonderen Reich­timm an Zellen aus, deren Dasein sich durch die Gegenwart eines reichlichen milchigen Krebssaftes zu erkennen gibt. Er nähert sich seiner Consistenz nach einerseits dem Faserkrebse, andererseits dem weichen Gehirnmarke oder einer lockeren, rahmälmlich zertliessenden oder fiuetuirenden Masse. Er kommt entweder als runde, glatte, gelappte oder blumenkohlähnliche, graue, rothliche oder pigmentirte, bisweilen rasch heranwachsende und wuchernde Geschwulst oder als infiltrirte Masse vor, welche auf dem Durchschnitte ein hirnmarkähnliches An­sehen zeigt, aus der sich eine milchige, dicke oder dünne Flüssigkeit drücken lässt oder hervorquillt, nach deren Entfernung ein fächeriges, häufig zartes Gerüste zurückbleibt. Er tritt entweder gleich ursprünglich als solcher auf, oder er geht aus dem Faserkrebse durch reichlichere Zellenbildung hervor. Das Stroma soldier Krebse bildet ein entweder sehr zartes oder dichteres, bisweilen (besonders bei in Knochen vorkom­mendem Markschwamme) in Form von Nadeln und Blättchen verknö­chertes, bisweilen (beim sogenannten Zottenkrebse) zottiges Bindegowebs-gerüste, innerhalb dessen Lücken der Krebssaft, enthalten ist. Dieser besteht aus einer stark eiweisshältigen, freie und in Theilung begriffene Kerne und nach dem Verhältnisse ihrer wechselseitigen Aneinander-lagerung höchst verschiedenartig gestaltete (spindelförmige, geschwänzte, keulenförmige u. s. w.), bisweilen pigmentirte Zellen enthaltenden Flüs­sigkeit.
Die Metamorphosen dieser Krebsart kommen mit jenen, welche von dem Krebse im Allgemeinen angeführt wurden, überein.
Als Abarten desselben sind zu betrachten:
a) Der melanotische oder pigmentirte Krebs. Er ist ein Mc-dullarkrebs, in dessen Zellen sich braunes Pigment in verschiedener Menge (wahrscheinlich aus dem eiweissigen Inhalte der Zellen) gebildet hat, so dass die Oberfläche oder der Durchschnitt desselben entweder durchaus oder stellenweise gelb, braun, grau oder völlig schwarz er­scheint. Er kommt meist in Combination mit weissem Markschwamme in einem und demselben Individuum vor und hat ganz die Bedeutung
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Krebs
des letztereu. Er findet sich wie dieser in den meisten Organen und Ueweben (bei Hunden und einigemal bei Pferden beobachtet).
ß) J)er Epidermidalkrebs (Epithelialkrebs, das Cancroid) wurde von uns bisher einmal an der Gesichtshaut eines Ochsen angetroffen. Manche der an den Lippen, dem After u. s. f. vorkommenden sogenann­ten warzenartigen Auswüchse dürften gleichfalls hieher gehören; eben so kommt er bisweilen als blumenkohl- oder warzenähnlicher Auswuchs auf der .Schleimhaut des Magens und Darmes (bei Hunden und Pferden) vor, welcher aus einem in der Jlitte verlaufenden, bindegewebigen, ge-fassreichen, zottigen Stroma besteht, um welches herum sich Epithelial-zellen in zahlreichen Lagen ordnen. Unterhalb dieser Wucherungen finden sich bisweilen auf bedeutendere Entfernung hin zwischen dem noch normalen (rewebe weiche Knötchen, welche durch ähnliche An­häufung epithelialer Zellen bedingt werden. Auf der Haut erschien er in dem einen, hier beim Ochsen beobachteten Falle als ausgedehnte Degeneration derselben zu einer blätterigen, hornigen Masse, unterhalb welcher sich gleichfalls in sehr grosser Ausbreitung die angegebenen, mit Epidermidakellen angefüllten Heerde vorfanden, welche auch die Zerstörung der Kieferknochen veranlassten. Die Entstehung dieses Aftergebildes findet wahrscheinlich durch die Vermehrung einer Zelle statt, welche heranwächst und fortan neue Zellen producirt, die sich um die erstere herum anlagern. Er ist weniger bösartig als die früher genannten Krebsformen. Seine Veränderungen sind die Verfettung und die Verjauchung, in Folge welcher ein den Krebsgeschwüren ganz gleicher Substanzveiiust entsteht.
7) Den Zottenkrebs, ein zottiges oder blumenkohlähnliches, mit mehr oder weniger zahlreichen, feinverästelten Auswüchsen besetztes, einen medullarkrebsigen Saft enthaltendes, auf Schleimhäuten vorkom­mendes, sehr gefässreiches Aftergebilde haben wir bei den Hausthieren bis jetzt noch nicht angetroffen.
Der Medullarkrebs ist sehr häufig bei Hunden, wo wir ihn bei gleichzeitiger Gegenwart desselben im Euter, in den verschiedensten Organen und Geweben antrafen, seltener beim Pferde (in den Nieren, auf der Schleimhaut der jSasen- und Rachenhöhle) und beim Rinde (im Euter, im Inneren der Augenhöhle).
Medullarkrebse mit wuchernder Bildung weiter Ge-fässe heissen:
ff) Blut schwämme. Sie stellen eine rothe oder violette, leicht blutende Masse dar, aus welcher häufig Blutungen nach aussen und in
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Krebs.
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das Krebsgewebe hinein stattlinden, wodurch einzelne Theile desselben von Extravasaten durchzogen oder in Folge der Umänderung des Elut-rothes pigmentirt erscheinen.
3. Der Gallertkrebs.
Er stellt eine der seltensten Krebsformen bei den Hausthieren vor. Gurlt erwähnt sein Vorkommen in der Haut der (ieschleclitstheile und an der Ruthe des Pferdes (ein sehr schönes Exemplar aus der Leber eines Lippenbaren befindet sich in hiesiger Sammlung), er scheint auch in den Gesichtsknochen des Kindes vorzukommen. Er stellt rund­liche oder gelappte, entweder gallertähnliche, farbige oder gelblich-weisse, durchscheinende oder im Gegentheile harte, scirrhöse Geschwülste oder intütrirte Massen dar, welche entsprechend dieser verschiedenen Consistenz entweder aus einem sehr zarten, sparsamen Gerüste und vorwaltendem gaUertartigem Inhalte, oder aus einem dichten, festen Stroma, zwisciien dessen, ein Fach werk bildenden Balken die gallertige Masse enthalten ist, bestehen. Diese erscheint als eine gleichförmige Substanz, in welche Kerne und Zellen eingelagert sind. Manche dieser letzteren können zu grösseren kern- und zcllenhaltigcn ülasen heran­wachsen, welche sich bisweilen aus dem, sie bogenförmig umgebenden Lager geschwänzter Körper mit Zurücklassung von Lücken herausheben lassen (alveolarer Gallertkrebs). Die Faserung entwickelt sich fortan in den, diese stets neue Kerne und Zellen erzeugenden Blasen umge­benden Wandungen deutlicher und stellt das Stroma dieser Krebsform dar, während die Wandungen selbst durch das Anwachsen dieser Bla­sen stellenweise schwinden und hiedurch mannigfach unter einander communicireude, mit gallertiger Masse erfüllte Gänge und Bäume bilden können. Diese Form des Krebses ist nur wenig gefässreich.
Als Metamorjihosen desselben werden die Verfettung und die seltenere Verjauchung angegeben.
Krebse, in denen geschlossene Hohlräume (Cysten) vorkommen, heissen Cystenkrebse; diese Cysten enthalten entweder Krebsmasse oder sie sind von bindegewebigen, von der Wand ausgehenden, mit medullarkrebsiger Masse belegten Wucherungen ausgefüllt.
Krebse sind für eigentliche arzneiliche Einwirkungen so gut wie unzugänglich. Die innerliche Anwendung von Medicamenten (Arse­nik, Jod, Quecksilberpräparaten) hat sich als erfolglos erwiesen, auch die chirurgische Hilfeleistung durch Aetzung, Brennen und die blutige Entfernung äusserlich zugänglicher Krebsgeschwülste hat nur einen sehr relativen Werth, da meist nach der Entfernung einzelner solcher
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Xiclit organisirte Neubildungen. — Entzilmlung.
Aftergebilde neue in demselben oder in anderen, bisweilen ganz entle­genen Organen und Geweben auftreten. Das Nähere hierüber lehrt die Chirurgie.
sect;. 140. Den bisher betrachteten Neubildungen, welche man auch mit dem Namen der organisirten bezeichnet, entgegengesetzt sind die sogenannten nicht organisirten Neubildungen, welche sich von den ersteren durch den Mangel der, diesen zukommenden inneren Anord­nung und üusseren Form unterscheiden. Sie sind entweder Exsudate in ihrer ursprünglichen oder geronnenen Form, oder Producte verschie­dener, theils bereits betrachteter, theils noch zu betrachtender Gcwebs-umstaltungen oder Gebilde, welche durch chemische Verbindungen oder Präcipitation entstehen.
Hieher sind zu rechnen Exsudatmassen in geronnenem, ver­horntem oder colloidcm Zustande,— Fette, als Elaintropfcn nach fet­tiger Entartung, als Margarin und Margarinsäure, — Cholestearin-krystalle als Inhalt von Cystcn, im Eiter, in zerfallendem Tuberkel, im Krebse, in Gallensteinen, — das Cystin als Bcstandtheil einiger Harnsteine bei Hunden, — Farbestoffe u. z. das körnige und krystal-linische Pigment, der Gallenfarbestoff als Niederschlag in der Galle, als Concretion in den Galleugängen, als Eestandtheil der Gallensteine, das Bilifulvin als Beschlag der Wände zerstörter Echinococcusblasen in der Leber; — endlich die schon in der Aetiologie abgehandelten verschie­denartigen Concretionen und Steine.
Hieher kann auch die in Geweben, Organ- und Körperhöhlen stattfindende Ansammlung von Luft und Serum gerechnet werden.
3, Die Eiitzündiing.
sect;. 141. Unter Entzündung (Inflammatio) versteht man eine örtliche Störung der Ernährung, bei welcher es u. z. gewöhnlich unter den Erscheinungen der Congestion rasch zu bedeutenden Veränderungen der Besclwäenheit des ergriffenen Gewebes, zu Degenerationen desselben und zur Störung seiner Function kommt.
Hiernach haben nur jene Störungen der Ernährung den Charakter von entzündlichen, bei welchen die Gewebe nicht nur eine mehr oder weniger auffallende Entartung oder Zerstörung erleiden, sondern bei welchen die Gewebsumstaltungen und Neubildungen in verhältniss-mässig kurzer Zeit und massenhaft geschehen, und wo diese Vorgänge
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Entzündung,
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unter den Erscheinungen der Congestion, insbesondere unter Andauer von Schmerz, erhöhter Wärme und Functionsstörung erfolgen.
Die während dos Verlaufes des Entzündungsprocesses bemerkba­ren Veränderungen an dem befallenen Organe lassen sieh auf nachfol­gende Vorgänge zurückführen u. z.
I. auf Veränderungen in der Circulation und in den (iefässen,
II. auf die Aussclicidung bestimmter Eestandtheile aus dem Mute — Exsudation,
III. auf Umänderungen in dem, von der Entzündung ergriffenen Gewebe.
I. Veränderungen in der Circulation und in den Gefässen.
sect;. 142. In Folge des Entzündungsreizes, welcher einen Gewebs-theil trifft, entwickelt sich in den Capillaren dieses letzteren ein Zu­stand von Erweiterung und von vermehrter liluffüllc — Hyperämie
—nbsp; nbsp;welcher wohl durch eine vermehrte Anziehung zwischen dem Ge­webe, in dem durch den Entzündungsreiz chemische und physikalische Veränderungen eingeleitet wurden, und dem Blute bedingt ist. Die er­weiterten Capillaren enthalten dann eine grössere Menge von Blutkör­perchen, der Blutstrom wird verlangsamt, stellenweise oscillirend, die sogenannte ruhende Schicht verschwindet nach und nach, die Blut­lymphe wird in Eolge ihres Austrittes durch die Gefässwandungcn an Menge verringert und die Blutkörperchen erfüllen schliesslich das ganze Lumen des Gefässes, während ihre Fortbewegung vollkommen aufhört
—nbsp; nbsp;Stase. — Aussei- dem Austritte von Blutplasma in verschiedenen Concentrationsverhältnissen — Exsudation — kommt es gewöhnlich zur Zerreissung von Capillaren und zum Blutaustritte in die angrenzen­den Gewebe, sowie zur Bildung neuer Capillaren durch spindelförmige Auftreibung und schliessliche Anastomosiruug der erweiterten alten Haar-gefässe.
Biese Veränderungen erreichen einen sehr verschiedenen Grad in den einzelnen Fällen; sie fehlen vollkommen, wenn die Entzündung in Theilen sich einstellt, welche der Capillargcfässe ermangeln (z. B. Cornea des Auges), sie gehen häufig den übrigen entzündlichen Veränderungen voraus, während sie in anderen Fällen sich erst dann einstellen, wenn die übrigen Veränderungen sich bereits bis zu einem bestimmten Grade entwickelt haben.
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Entzündung.
I
II. E x s u d a t i o u.
sect;. 143. Unter Exsudation — Ausschwitzung — versteht man jenen Vorgang, bei welchem aus dem Blute eine grössere Menge von, gewöhnlich auch qualitativ abgeänderter EmährungsHüssigkeit durch die Wandungen der CapiUaren in und zwischen die Gewebe austritt. Diese durch die Gefasswandungen ausgetretene Flüssigkeit, das Exsu­dat, häuft sich entweder in Höhlen an, oder lagert sich in die Zwi­schenräume ein, welche die, ein Organ zusammensetzenden Gewebe zwischen sich lassen, in welchem Falle es insbesondere Infiltrat oder interstitiellcs Exsudat heisst, oder es wird in die Gewebselemente selbst aufgenommen und durchtränkt dieselben — parenehymatöses Exsudat. Die Ausscheidung von Exsudat ist eine der Entzündung eigen-thümlich zukommende Veränderung und eine der am meisten charakte­ristischen Erschcinimgen derselben, indem es gewöhnlich in so bedeu­tender Menge als amorphe Masse vorkommt, wie diess bei keiner anderen Ernährungsstörung der Fall ist. Da der Exsudation in der Hegel, wenn auch nicht immer, die Erscheinungeu der H^-perämie und Stase voran­gehen , so hat man ziemlich allgemein diese Vorgänge als das erste Stadium der Entzündung angenommen. Die Exsudation erscheint häufig von der Dauer der Circulalionsstörung abhängig, sie hört auf, sobald diese nachgelassen; in anderen Fällen dauert sie jedoch unabhängig von ihr an, oder sie hört bei dem Fortbestehen derselben dennoch auf.
Jedes Exsudat ist in dem Augenblicke, wo es durch die Gefäss-wände hindurch tritt, flüssig und stellt eine gelbliche, klare, eiweiss-ähnliche Flüssigkeit dar. Es erhält sich nach seiner Ausscheidung durch einige Zeit in seinem ursprünglichen Zustande, geht aber dann Veränderungen ein, welche von der Verschiedenartigkeit seiner Quali­tät abhängig sind.
Auf die mit ihnen in Berührung kommenden Gewebe wirken die Exsudate in sofern nachtheilig ein, als dieselben hiedurch zertrümmert, erweicht und in abnorme Ernährungsverhältnisse versetzt werden. Zu Gewebsncubildungen scheinen bloss die parenehymatösen Exsu­date durch Zuführung einer grösseren Menge von Ernährungsplasma in die Elemente Anlass zu geben, wodurch eben die Möglichkeit zur Vergrösserung und Vervielfältigung der Kerne und Zellen gegeben ist; interstitiellc und in Höhlen ausgetretene Exsudate scheinen in der Ke­gel einer Organisation nicht fähig zu sein.
Man kann nachstehende Arten der Exsudate unterscheiden:
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Entzündung.
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1. Faserstoffhältige Exsudate. Sie enthalten ausser den übri­gen Bestandtheilen des Blutplasmas auch Faserstoff in einer mehr oder #9632;weniger bedeutenden Quantität, wovon auch die verschiedenen Eigen­schaften dieser Exsudate abhängen.
Bald sind dieselben in einer geringen Menge vorhanden und stel­len dann eine klare, farblose, zähe, alkalisch reagirende Flüssigkeit dar, aus welcher sich bald nach ihrer Ausscheidung zarte, die zurückbleibende, eiweisshälüge Flüssigkeit einschliossende Faserstofffäden ausscheiden.
In anderen Fällen gerinnt beinahe das ganze, meist in die Zwi­schenräume der Gewebe parenehymatöser Theile ausgeschiedene Exsudat zu einer festen Masse, welche gewöhnlich in einen punktförraigen Detritus zerfällt, die Organe, in welche sie eingebettet ist, in den Zerstörungsprocess hineinzieht und in Schleimhäute infiltrirt, den sogenannten diphthe-ritischen Process veranlasst. Auf der Oberfläche von Schleimhäuten stellen solche zusammenhängende Faserstoff'gerinnungen die croupösen Exsudate dar, welche ausserdem auch noch Zellen mit dem Charakter der Eiter- oder weissen Blutzellen enthalten. Woher diese letzte­ren stammen, ob sie durch Bisse in den Capillaren mit dem Exsudate austreten, oder aus den Kernen der Epithelialzellen der Schleimhaut hervorgehen, oder endlich durch Organisation des Faserstoffexsudates sieh entwickeln, muss vorläufig dahingestellt bleiben.
In anderen Fällen endlich scheidet sich aus dem in reichlicher Menge ausgeschiedenen Exsudate der Faserstoff aus u. z. bisweilen in so grosser Menge, dass er den grössten Theil des Ergusses darzustellen scheint und den flüssigen Antheil desselben innerhalb seiner Lücken einschliesst, oder er schlägt sich als mehr oder weniger mächtige Ge­rinnung auf der äusseren Oberfläche eines Organes oder an den Wan­dungen einer Höhle nieder, oder senkt sicli als fadige oder klumpige Gerinnung vermöge seiner Schwere an die tiefsten Stollen dieses Bau­mes. Der seröse Antheil des Exsudates erscheint bald wasserhell, bald durch zarte Fibringerinnsel, Epithelialzellen und Fetttropfen ge­trübt; er enthält gewöhnlich mehr Wasser und weniger Eiweiss als das normale Blutserum.
Der abgeschiedene Faserstoff hat die grösste Aehnlichkeit mit jenem, welcher sich in dem Aderlassblute findet, und mit den Gerinn­seln, welche man bei Sectionen in den Herzhöhlen und den grösseren Gefässen antrifft; er stellt demnacli entweder eine zusammenhängende, gelbliche oder gelblichgrüne, elastische, hautartige Gerinnung, oder, sobald er grössere Quantitäten von Exsudatserum einschliesst, elastische,
Ron, Pathul. und Therapie. II. Aufl.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;17
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gelbe oder röthlichgelbe Klumpen, oder aber weiche, leimälinlielie, meist bräunlichgelb gefärbte Gerinnungen dar. Jede, auch die anscheinend dichteste Gerinnung enthält jedoch bald nur mikroskopisch feine, bald grössere sichtbare Lücken, innerhalb welcher Exsudat serum eingeschlos­sen ist und welche bei hautartigeu, derberen Coagulationen denselben ein masohiges (areolirtes) Ansehen verleihen.
Bei der mikroskopischen (Jntersuchaug zeigt sieh, duss diese Geriimungen aus einer scholligen , in Fasern spaltbaren Masse bestehen, welche Fasern entweder dun­kel eontourirt sind, oder schwarze Linien darstellen, welche durch Essigsäure unsicht­bar werden.
Die Veränderungen, welche der geronnene Exsudattäserstott' eingeht, sind:
a)nbsp; nbsp;das Verschrumpfen oder Verhornen, wobei er zu einer hornartigen, graulichgelben oder weissen Masse eintrocknet, ein Vor­gang, der sowohl bei gvössereu als auch u. z. besonders bei kleineren Exsudatmengen beobachtet wird; -während desselben verschwindet die vorhandene Easerung und macht einem gleichmässigen Ansehen Platz;
b)nbsp; nbsp;das Verfetten, wobei in der, dann intensiver gelb, bröcklich und brüchig oder schmierig werdenden (käsig degenerirten) Gerinnung zahlreiche Eettkugeln auftreten, anorganische Salze, besonders phosphor­saurer und kohlensaurer Kalk und phosphorsaure Bittererde frei werden und die ganze Gerinnung oder ein Theil derselben schliesslich zu einer emulsionartigon, aus den genannten Substanzen und Gholestearinkrystal-len bestellenden Masse umgeändert wird. In diesem Zustande kann eine Resorption des verfetteten Faserstoffexsudates stattfinden, oder es blei­ben die anorganischen Salze und die Cholestearinkrystalle nach Kück-saugung des flüssigen Exsudatantheiles zurück und stellen dann eine mörtelartige Concretion dar;
o) das Zerfallen desselben zu einer, in einer trüben Elüssigkeit suspendirten Punktmasse (Easerstoffeiter), welcher die Eigenschaft, die Gewebe, mit welchen sie in Berührung kommt, zu zerstören, in hohem Grade zukommt;
d) die Bildung einer dem Bindegewebe ähnlichen Substanz, welche sich bisweilen nach vorausgegangenem Schrumpfen der Gerin­nung einstellt, aber weder Kerne nocli elastische Fasern enthält, sondern aus klumpigen, amorphen Massen bestellt.
Das Exsudat scrum wird häufig resorbirt; in zurückbleibenden Theilen desselben kommt es bisweilen zur Ausscheidung von Eetfkörn-chen und Cholcstearinkiystallen.
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2.nbsp; nbsp;Seröse Exsudate. Dieselben werden gewöhnlich in reichlicher Menge, namentlich auf serösen Häuten ausgeschieden und kommen auch in Parenchymen als ausgebreitete rniiltralionen vor. Ihrer Zusammen­setzung nach kommen sie mit dem serösen Antheile der t'aserstoffigen Exsudate überein, erleiden dieselben Metamorphosen und sind vollstän­dig resorbirbar.
3.nbsp; nbsp; Als eiweissige Exsudate werden klebende, einer dünnen Sj-novia ähnliche, farblose oder nur wenig gefärbte, oder trübe Flüs­sigkeiten bezeichnet, die bisweilen in serösen Höhlen vorkommen. Ihre Metamorphosen sind unbekannt.
4.nbsp; nbsp; Hämorrhagische Exsudate. Es sind diess Exsudate von einer oder der anderen der erwähnten Kategorien, denen eine mehr oder weniger bedeutende Menge von Blut beigemischt ist, welches aus zerrissenen Capillaren meist neuer Bildung austritt. Das extravasirte Blut mischt sicli dem gewöhnlich faserstoifhältigen Exsudate bei und erthcilt demselben je nach seiner Menge eine Heischwasserähnliche bis blutrothe Färbung, während sich gleichzeitig das Fibrin des Blutes aus­scheidet und sich, wie der aus dem Exsudate geronnene Faserstoff niederschlägt. Der Farbestoff des Blutes, welcher meist in Pigmeut-körnchen, seltener in Piginentkrystalle übergeht, veranlasst eine bräun­liche Färbung solcher Exsudate; die Blutzellen selbst unterliegen ge­wöhnlich der Fettmetamorphose. Da die Resorption solcher Exsudate meist nur langsam oder gar nicht erfolgt und der bisweilen namhafte Blutverlust die durch den Entzündungsprocess ohnehin geschwächten Tliiere noch mehr herabbringt, so wird der Eintritt hämorrhagischer Exsudate als ein ungünstiges Ereigniss betrachtet.
HI. Umänderungen in dem entzündeten Ocwebe.
sect;. 144. Neubildung von Zellen und Ueweben ist bei Ent­zündung gewöhnlich zugegen und in vielen, namentlich chruuisch ver­laufenden Fällen die hervortretendste Erscheinung. Die häutigste Form der entzündlichen Neubildungen ist jene des Bindegewebes und seiner Derivate.
Der Vorgang solcher Gewebsneubildungen kann am deutlichsten auf serösen Häuten, an den sogenannten Adhäsionen und Pseudo-raembranen, hei Entzündungen der Knochen und der Beinhaut, an den Osteophyten und Knochenvei-dickungen, dann nach Substanzver­lusten bei der sogenannten Fleischwärzchenbildung beobachtet werden.
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Die Fleischwiirzchen —- Granulationen — welche man an der allgemeinen Decke, auf dem Grunde und an den Rändern von Ge­schwüren, dann auf Wundliächen und in Abscesshöhlen beobachtet, stellen hirsekorn- bis erbsengrosse, bisweilen auch nocli grössere, rolhe, rundliche, derbe Knötchen dar, welche durch Umbildung schon beste­hender Gewebe, wahrscheinlich durch endogene Bildung neuer Zellen, sich entwickeln und ihre Gefasse aus den Capillaren des ilutterbodens beziehen. Stets sind die Granulationen von Eiter bedeckt und umspült; sie entwickeln sich unter günstigen Verhältnissen zu Bindegewebe, das nach und nach schrumpft und einen vorhandenen Substanz Verlust durch die Bildung einer Narbe ausgleicht. Dieser Vorgang stellt die Heilung von Wunden auf dem zweiten Woge, oder dem Wege der Eege-neration dar.
Unter dem Einflüsse allgemein oder örtlich wirkender schädlicher Einflüsse, bei fortdauerndem hohem Grade von Entzündung, bei Um­wandlung des Eiters in Jauche gehen die Granulationen entweder wie­der zu Grunde, sie zerfallen, verjauchen und nekrolisiren, oder sie wu­chern als sogenanntes wildes Fleisch üppig hervor und unterliegen dann dem Zerfalle, wodurch der Heilungsvorgang verschiedenartig ver­eitelt wird.
Ausserordentlich häutig kommt bei der Entzündung die Neubildung von Zellen vor, die mit den weissen Blutkörpern völlig analog sind, Eiterzellen heissen und in einer flüssigen Intercellularsubstanz sus-pendirt sind. Üb die Eiterzellen aus dem Blute stammende weisse Blutzellen sind, oder aus dem Exsudate durch Entwicklung von Ele-inentarkörncheu und Zusammentreten derselben zu einem Kerne, um den sich eine Zellen wand bildet, hervorgehen, oder endlich, wie es am wahrscheinlichsten ist, aus der Wucherung schon bestehender normaler Zellen und ihrer Kerne ihren Ursprung nehmen, — ist bisher unent-schieden.
Der aus Zellen und einer, dem Blutserum in seiner Zusammen­setzung ähnlichen Intei'cellularflüssigkeit — dem Eiterserum — be­stehende Eiter stellt eine weissliche, gelbliche oder grünlichgelbe, dicke, rahmähnliche Flüssigkeit von alkalischer lleaction dar. Die Eiter­zellen sind von kugelähnlicher Gestalt, dünnwandig, mit einem trüben Inhalte angefüllt. Durch Zusatz von Essigsäure wird die Zellenmem-bran und der Inhalt durchsichtig und die Gegenwart eines oder meh­rerer Zellcnkerne und ihrer Kernkörperchen deutlich. In manchen Zellen erscheint der Kern länglich, bisquit- oder kleeblattförmig, d. h. in
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verschiedenen Stadien der Theilung begriffen, oder schon vollkommen in mehrere Kerne getheilt. Aussei- diesen Zellen findet man im Eiter auch freie Kerne und zahlreiche blasse, eiweissartige Molecule.
Die Eiterergiisse finden sich bald in kleinen Hcerden zerstreut in den verschiedensten Parenchymen, auf häutigen Ausbreitungen und im Bindegewebe, bald über grosse Orgaustrecken verbreitet; insbeson­dere geben höhere Grade der Entzündung, vorzüglich solche, welche durch traumatische Einwirkungen entstanden sind, zu bedeutender und langwieriger Eiterung Veranlassung. Ist der Eiter in Gewebe ergos­sen, so tliessen die einzelnen Heerdchen unter Zerfall der zwischen-licgenden Gewcbstheile zu einem gemeinsamen Heerde, einem Abscesse, zusammen, welcher entweder nach allen Eicbtungen hin zunimmt und endlich an einer Wand durchbricht, oder falls in der Umgebung Wider­stände vorhanden sind oder jSeubildungen stattfinden, bloss nach ein­zelnen Eichtungen hin sich ausbreitet.
Die zerstörende Wirkung des Eiters ist dahin zu beschrän­ken , dass durch das Eindringen des Eiterserums in die umgebenden Gewebe diese gelockert und unter verschiedenen Eormen dem Zerfalle zugeführt werden.
Die Elemente des Eiters sind sämmtlich vergänglicher Natur, sie sind zur Gewebsbildung durchaus nicht geeignet.
Durch die Zersetzung des Eiters, z. E. in Eolge der Einwir­kung atmosphärischer Luft, längereu Eingcschlossenseins, der Beimischung fauliger Stoffe, entwickelt sich die Jauche, mit welchem Namen man auch die, aus der Eäulniss organisirter normaler oder pathologischer Gebilde entstandene Flüssigkeit, so wie dünne, die Oberfläche exeorii-rende Exsudate bezeichnet, welche Kerne und Zellen in benagtem, verschrumpftem, wie verkümmertem, dem Zerfallen nahem Zustande, eine feine Punktmasse, Trümmer abgestorbenen und gelösten Gewebes, Salze und häufig Blutkörperchen in grosser Anzahl enthalten. Die Jauche stellt eine trübe oder helle, dünne oder klebrige, meist missfärbige, häufig blutig gefärbte, sauer oder ammoniakalisch riechende Flüssigkeit dar, welche die Gewebe, mit denen sie in Berührung kommt, zerstört und auflöst.
Bleibt der Eiter längere Zeit eingeschlossen und wird das Eiterserum resorbirt, so schrumpfen die Eiterkörper zusammen und ver­trocknen; mehrt sich die Menge des Eiterserums durch fortdauernde seröse Exsudation, so bersten die Zellen und ihre Hüllen schwimmen in der dünnen resorptionsfähigen Eiterflüssigkeit. Auch auf dem Wege
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Entzündung.
der Fettumwaiullimg kann der Eiter zur Aufsaugung geeignet ge­macht werden. In diesem Falle zeigen sich in den Zellen feine, gelb­liche, sich allmiüig veigrössernde und endlich zu Tropfen zusammen-tüessende Körnchen (Fettkörnchen), welche in der allmiilig bedeutend heranwachsenden Zelle den endlich völlig verschwindenden Kern ver­decken, — Körnchenzellen. — Die Zellenwand derselben löst sich endlich auf und die anfangs noch zusammenhängenden FeUtröpfcheu (Körnehenhaufen) zerstreuen sich schliesslich in der dadurch emulsion­artig werdenden Flüssigkeit, welche der Resorption unterliegt. In ein­zelnen Fällen geschieht diese jedoch nur unvollständig und es bleibt dann ein aus Salzen, Fcttkiigelchen und Cholestearinkiystallen beste­hender, ailmälig sich eindickender und schliesslich verkreidender Brei zurück.
sect;. 145. Dem Entzündungsvorgange kommt dem Gesagten zu Folge keine wie immer geartete wohlthätige Wirkung auf den Organismus oder das entzündete Organ zu, im Gegen-theile sind seine Folgen nur zerstörender Xatur. Aus den freien Exsudaten gehen, wie erwähnt, Gewebsneubildungen nicht hervor; das in die Gewebszwischenränme ergossene drängt die Gewebselemente aus einander und kann dieselben bei stürmischen Ergüssen zertrümmern und ihren Zerfall und endliche Resorption veranlassen; das in Paren-chyme infiltrirte lockert und erweicht dieselben und bedingt Zerfall, fettige Entartung und Verkreidung derselben. Noch nachtheiligere Ein­wirkungen äussern die zu Jauche entarteten Exsudate. Endlich erleiden auch die Gewebe selbst durch die während des Entzündungsprocesses stattfindenden Neubildungen eine Umänderung in ihrer Textur und folg­lich auch in ihrer Function, so dass der Entzündung auch in dieser Rüeksieht nur ein zerstörender Eintluss zugeschrieben werden muss.
Nur in jenen Fällen, wo die neugebildeten Gewebe zu einem wenn gleich unvollständigen Ersatz verlorengegangener Theile dienen können, mag ihr Eintritt erwünscht erscheinen.
Andern Cadaver gibt sich die Gegenwart einer Entzündung durch folgende Erscheinungen zu erkennen.
Bevor es noch zur eigentlichen Exsudation gekommen ist, erscheint das entzündete Gewebe ungewöhnlich blutreich, daher geröthet, geschwol­len , in seinem Gefüge gelockert und leicht zerreisslich. Die höhere Röthung wird theils durch stärkere Injection der Gefässe veranlasst und entspricht dann vollkommen der dem betroffenen Gewebe zukom­menden Anordnung der Haargefässe, theils ist sie eine Folge neugebil-
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Ent/.ündung.
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deter Gefässe und der während der Stase sich ereignenden Extravasa-tdonen. Sie ist ihrem Grade und ihrer Beschaffenheit nach verschieden nach der Höhe der Congestion und nach den Veränderungen, welche das Blut während der Stase erlitten hat. Die Schwellung und Locke­rung wird durch die Infiltration des Gewebes mit dem während der Stase ausgeschwitzten Blutserum veranlasst; die erstere fehlt ganz bei Organen von schwammiger Textur, wo die Exsudation in die inneren Hohlräume geschehen ist und die dann sogar eine Volumsverminderung zeigen können.
Hat einmal die eigentliche Kxsudatioii stattgehabt, dann ist meist auch die Injectionsröthe verschwunden, die Geschwulst kann nach dem Tode zusammengefallen sein, die Lockerung oder Mürbigkeit und ürüchigkeit des Gewebes, eine Folge der Einlagerung des Exsudates oder neugebildeter Gewebe, welche die alten auseinandergedrängt haben, bestellen jedoch fort; vorzüglich ist jedoch die Gegenwart des Exsu­dates auffällig. Dieses ist entweder gleichmässig zwischen die Gewebs-elemente eines Organes eingelagert oder, besonders in weichen, lockeren Geweben, in Heerden, welche es sich durch Zertrümmerung des Ge­webes gebildet hat, eingeschlossen oder es ist auf der freien Oberfläche hautartiger Ausbreitungen und Canäle oder in seröse Säcke ergossen und je nach dem Gehalte an Paserstoff zu hautartigen, röhrenförmigen oder derben soliden Gerinnungen erstarrt. Man ist berechtiget, vorhan­dene Exsudate als Entzündungsproducte zu betrachten, wenn sie nach rascher Entstehung in grosser Menge vorhanden sind, wenn sie eine Be­schaffenheit zeigen, welche nur allein der Entzündung ihre Entstehung verdankt (z. E. Eiter), oder wenn sie neben solchen Producten vorkom­men, üeberdiess erleichtert auch das Vorhandensein von Neubildungen, wie sie als Zellen- und Gewebs-, dann Fleischwärzchenbildung oben erwähnt wurden, die Diagnose der Entzündung.
sect;. 146. Als Cardinalerscheinungen, durchweiche sich während des Lebens das Vorhandensein einer Entzündung zu erkennen gibt, wurden von Alters her Schmerz, Köthe, Hitze, Geschwulst und Functions-störung des entzündeten Theiles angesehen. Bei Entzündungen äusscrer, der Untersuchung zugänglicher Theile lassen sich auch die angeführten Erscheinungen und einzelne wenigstens während gewisser Stadien der­selben nachweisen; bei Entzündungen innerer Theile weisen jedoch vor allen oft nur die Functionsstörung und der Schmerz auf ihre Gegen­wart hin und es müssen dann jene Symptome, welche nicht selten durch die Gegenwart des Exsudates in gewissen Organen hervorgerufen werden
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EntzUnduug.
und welche durch eine genaue physikalische Untersuchung erhoben wer­den müssen, als Anhaltspunkt für die Diagnose dienen.
Der Entzündungsschmerz ist durch die abnormen Verhältnisse, in welche das ergriffene Gewebe versetzt ist und die dadurch bedingte normwidrige Erregung der Empfindungsnerven veranlasst. Diese Erre­gung wird im Eoginnc der Entzündung durch den Druck der erweiter­ten und mit Blut überfüllten Haargefässe und kleineren Arterien, im weiteren Verlaufe durch den Druck des Exsudates, durch die fortschrei­tende Gewebsumstaltung und wahrscheinlich auch durch die erhöhte Wärme des entzündeten Theiles veranlasst. Der Schmerz ist um so hefti­ger, je härter, unnachgiebiger oder gespannter, je nervenreicher und an und für sich empfindlicher ein Organ, je intensiver die Entzündung und je derber das während derselben gesetzte Exsudat ist. Im Allgemeinen beobachtet man, dass während der ersteren Stadien der Entzündung der Schmerz am heftigsten ist und dass er an Intensität nachlässt, sobald einmal die Exsudalionen, vorausgesetzt, dass sie nicht zu festen, das Gewebe drückenden Gerinnungen erstarren, gesetzt sind, ferner, sobald sich Eiterung einstellt, oder Absterben des entzündeten Gewebes, wo­durch auch die in demselben sich verbreitenden Nerven zerstört wer­den, eingetreten ist. Bisweilen beschränkt sich der Schmerz bloss auf eine erhöhte Empfindlichkeit des Theiles, welcher dann beim Drucke oder bei Bewegungen, welche im Xormalzustande unangenehme Empfin­dungen nicht veranlassen, hervortritt.
Die Entzündungsröthe rührt im Beginne der Entzündung von der stärkeren Anfüllung der erweiterten Haargefässe mit Blut her, kann aber im weiteren Verlaufe derselben auch von neugebildeten, mit Blut gefüllten Gefässchen herrühren; sie wird in manchen Fällen noch durch extravasirtes Blut vermehrt.
Die Ursache der Entzündungshitze, welche objeetiv erkennbar ist und sich auch durch eine vermehrte Wärmeausstrahlung zu erken­nen gibt, ist mit voller Sicherheit noch nicht ausgemittelt; sie scheint theils durch die höhere Temperatur des zu dem entzündeten Theile strömenden arteriellen, fieberhaften Blutes, theils durch den oft mas­senhaft vermehrten Stoffumsatz in dem entzündeten Theile bedingt zu werden.
Die Entzündungsgeschwulst wird durch die Ausschwitzung von Blutserum und Blutplasma in die Interstitien oder das Parenchym der entzündeten Gewebe und durch Gewebsneubildungen veranlasst und häufig noch durch Blutextravasate vermehrt. Die drei letztgenannten
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Symptome sind bei den Entzündungen innerer, der Untersuchung nicht unmittelbar zugänglicher Organe nicht auszumitteln, bei jenen ober­flächlicher gelegener Theile haben sie jedoch für die Diagnose grossen Werth.
Die Störung der Function stellt sich jedesmal nothwendig ein, und der Eintritt der davon abhängigen Erscheinungen weiset oft zuerst auf die Wahrscheinlichkeit des Vorhandenseins einer Entzündung beson­ders innerer Organe hin. So treten bei Entzündungen absondernder Organe Secretionsslörungen, bei jenen des Gehirnes Tobsucht oder Ab­gestumpftsein, des Darmcanales Durchfall oder Verstopfung, des Ilagens Mangel an Fresslust und Störung der Verdauung, der Lunge Athmungs-beschwerden u. s. w. auf; in anderen Eällen sind die Functionsstörungen hervorgerufen durch abnorme Beflexhewegungen in Folge krankhafter Empfindungen im entzündeten Organe; dergleichen sind das heftige Er­brechen bei Magenentzündungen (der Hunde), die Axendrehungen ent­zündeter Darmpartien u. dgl. m.
Da durch den Zustand von Hyperämie und Exsudation verschie­dene Abänderungen in der Lage, Verbindung und Textur der Or­gane veranlasst werden, so benützt man auch diese zur Diagnose der Entzündung, insbesondere innerer Organe. Das Nähere hierüber kann erst im speciellen Theile, insbesondere bei Betrachtung der Entzündungen der Respirationsorgane angeführt werden.
Bei Entzündungen oberflächlicher Theile beobachtet man auch nicht selten eine stärkere Pulsation der zu denselben hinziehenden Arte­rien, welche durch eine Erweiterung und Erschlaffung der Wände die­ser letzteren und eine stärkere Anfüllung derselben mit Blut, dann aber auch durch den Widerstand veranlasst wird, welchen die in den Capillareu stagnirende Blutsäule dem weiteren Vordringen des Blutes entgegensetzt.
Als ein weiteres Kennzeichen des Vorhandenseins der Entzündung hat man die Faserstoffvermehruug im Blute angesehen, als deren Ausdruck man die Bildung der Speckhaut auf dem Aderlassblutkuchen betrachtete. Da die Bildung der Speckhaut von der früheren Senkung der Blutkörperchen unter die Oberfläche des Blutes abhängig ist, bevor noch die Gerinnung des Faserstoffes beginnt, mithin die Speckhaut eine um so bedeutendere Dicke haben wird, je später diese Gerinnung be­ginnt, so kmn nebenbei auch die verlangsamte Coagulation die Ursache der Speckhautbildung sein und durch die Entzündung vielleicht nur dieses Phänomen veranlasst werden. Ob die Menge des Faserstoffes im
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^bunbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Entzünduns.
ontzündliclicn Blute absolut vermehrt sei, ist schwer zu entscheiden, die Annahme wird aber wahrscheinlich, wenn mau den bedeutenden FaserstofFgehalt der entzündlichen Exsudate und den Umstand in Be­tracht zieht, dass es aussei- dem gewöhnlichen Faserstoffe (welchen man überhaupt nur im geronnenen Zustande keimt) wahrscheinlich noch mehrere Modificationen desselben gibt, welche der Berührung mit der atmosphärischen Luft bedürfen, um in den gerinnungsfähigen Zustand zu kommen und meist erst später, neben den gewöhnlichen Gerinnun­gen, aUmäüg, dann aber durch längere Zeil hindurch sich bilden (Fibri-nogen Virchow's). Hiemit stimmt auch die BeobachtungRokitansky's überein, welcher in dem in Stase befindlichen Blute eine namhafte An-häufong farbloser Blutkörperchen beobachtet hat.
Diese Verändcrunn- der hlutmisohunp;, wodurch dieselbe an Faser-stott'modificationen reicher wird, ist jedenfalls erst eine Folge, keines­wegs aber die Veranlassung des Entzündungsprocesses und bildet auch kein spccifischcs Moment desselben, da es einerseits Entzündungen gibt, bei welchen sie fehlt, andererseits aber auch durch experimentelle Ein­griffe, z.B. Aderlässe, künstlich hervorgebracht werden kann, endlich auch bei einzelnen Hausthiergattungen, z. B. dem Pferdegeschlechte, die Bildung einer Speckhaut auf dem Aderlassblutc dem physiologischen Zustande angehört.
sect;. 147. Der örtlichen Entzündung geht häufig Fieber voraus, oder es entwickelt sich dasselbe in ihrem Verlaufe, fehlt überhaupt bei intensiveren Entzündungen insbesondere wichtiger Organe niemals, und ist in der Kegel um so heftiger, je rascher und massenhafter die Ex­sudation erfolgt, je mehr gerinnfähige Bestandtheile der Erguss enthält und je reizbarer das kranke Thicr ist.
Die Entzündung bietet in mehreren Kücksichten Verschiedenheiten dar. Da sie stets sämmtliche, einen Theil zusammensetzende Gewebs-elemente betrifft, so kann sie nach der anatomischen Einrichtung der Theile einen abweichenden Charakter zeigen und demnach in ihrem Beginne, je nach Verschiedenheit der zuerst durch den Reiz afficirten Gewebe (Nerven, Gefässe, Blut, Gewebselemente), bald mehr der Schmerz, bald die Röthe oder die Veränderung der Blutcrase vorwaltend her­vortreten.
Jene Entzündungen, welche die im Vorhergehenden angeführ­ten Symptome in einem gewissen regelmässigen Verhältnisse zeigen, heissen reine oder einfache, im Gegensatze zu den sogenannten un­reinen, speeifischen, bei welchen fremdartige, dem Körper im
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nornialcn Zustande nicht zukommende Substanzen im Rntzüiifhingslicordo abgelagert worden, welche dann dem weiteren Verlaufe der Krankheit einen eigenthumliclien Charakter verleihen.
Unter aetiven oder sthenischen EnlZündungen versteht man reine Entzündungen, wcleho unter günstigen Bedingungen, z. B. in gut constituirten Thieren und in von früher her nicht veränderten Organen auftreten, #9632;während man passive oder asthenische jene nennt, welche sich in schlecht genährten, durch frühere Krankheiten oder übenuäs-sige Anstrengung geschwächten Thieren oder in Theilen, welche durch eine andere Krankheit bereits verändert sind, oder der regclmässigcn Zufuhr arteriellen Blutes ermangeln, oder in welchen der Abtluss des venösen Blutes behindert ist, wie in durch Erschütterungen, oomplicirte Verletzungen oder von den Nervencentris aus gelähmten Gebilden ent­wickeln. Hiehergehören auch die sogenannten hypostatischen Ent­zündungen. Die in derlei Fällen auftretenden Stasen sind durch eine dunkle, häutig auch durch gleichzeitige Tränkung mit Jilulfärbest off ver­stärkte Röthung ausgezeichnet, die ausgeschiedenen Exsudate sind an gerinn fähigen Stoffen arm, durch beigemischtes Blutroth meist missfär-big geröthet; sie enden häufig mit brandiger Zerstörung des ergriffenen Theiles.
Achnlich vorhält es sich mit den, in Folge mechanischer B e-hinderung der Circulation des Blutes in einem Theile entstandenen Entzündungen (z. B. in eingeklemm'.cn Darmstücken), welche sich durch dunkle Röthung, vielfache Gefässrisse und Blutungen, so wie durch reichliche Exsudation einer anfangs serösen, dünnen, aber faserstoffrei­chen Flüssigkeit und den häufigen Eintritt von Brand charakterisiren.
Dem Verlaufe nach unterscheidet man acute und chronische Entzündungen; die ersteren zeichnen sich durch Raschheit dos Ver­laufes aus und es kommt bei ihnen zur Ausscheidung der früher ge­schilderten Producte, bei den letzteren entwickelt sich die Stasc nur unvollkommen, es kommt nur zur allmäligen oder stossweisen Exsuda­tion vorwaltend seröser, an eiweissigen Bestandtheilcn armer Flüssigkeit.
Die Entzündung befällt im Beginne nur eine mehr oder weniger begrenzte Stelle eines Organes oder Gewebes und bleibt entweder auf diesen Heerd beschränkt, oder sie verbreitet sich von da aus auf einen grösseren Abschnitt desselben, oder auf das ganze Organ, oder auch auf andere, entweder gleichartige oder auch anders constituirtc Gewebe. In der Kegel findet jedoch die Verbreitung vorzugsweise auf
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2olt;inbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; EntzUndung.
gleichartige Gewebe statt, und massige Grade der Entzündung eines Ge­webes greifen nicht leicht auf andere über.
sect;. 148. Entzündung kann bei jedem Thiere entstehen. Im Allgemeinen sind jüngere, kräftige, #9632;wohlgenährte Thiere zu reinen Ent­zündungen vorzugsweise disponirt, diese Anlage wird noch durch das Herrschen eines sogenannten entzündlichen Krankheitsgenius erhöht.
Die Gelogenheitsursachen, welche Entzündungen veranlassen können, sind höchst verschiedener Art. Es gehören hieher mecha­nische und chemische, auf einen Theil wirkende Heize, der Eintluss der Imponderabilien (Hitze, Halte, rasche Temperatursprünge), die Aufnahme fremdartiger Substanzen, Miasmen und Contagien in das Blut, atmosphärische, nicht näher bekannte Ursachen, endlich gewisse Krankheiten des Blutes, welche eine örtliche Er­nährungsanomalie bedingen.
Mit Hücksicht auf die einzelnen Organe und Gewebe zeigt sich, dass insbesondere solche häufiger von Entzündung befallen werden, welche durch ihre Lage oder Eunction der schädlichen Einwirkung mehr ausgesetzt sind und an und für sich einen grösseren Heichthum von Gelassen besitzen.
sect;. 149. Was die örtlichen Ausgänge der Entzündung anbe­langt , so muss hier zwischen jenen, welche den Entzündungsprocess als solchen betreuen, und jenen unterschieden werden, welche die Ver­änderungen begreifen, die das ausgeschiedene Exsudat, die durch den Entzündungsprocess veränderten Gewebe und die während desselben entstandenen Xcubildungen betreffen.
Zu den ersteren gehört:
1.nbsp; nbsp;der Ausgang in Zert hei lung. Derselbe kann nur in so lange stattfinden, als die Entzündung das Stadium der Hyperämie und Stase noch nicht überschritten hat. Durch eine stärkere Zusammenziehung der in ihren Wandungen erschlafften kleinen Gefässe, oder durch stärkeren Blutdruck von der zuführenden Arterie aus wird nach und nach die stockende Blutsäule weitergetrieben, die aneinander klebenden Blutkör­perchen durch das an denselben vorbeiströmende Blut gelöst und die freie Circulation allmälig wieder hergestellt. Sobald einmal Exsudat aus­geschwitzt wurde, kann einfache Zertheilung nicht mehr stattfinden.
Den letzteren gehören an:
2.nbsp; nbsp;die Lösung (Eesolution) der Entzündung. Man versteht hierunter die Rücksaugung des Entzündungsproductes, welche am leich­testen bei serösem oder wenigstens nicht geronnenem Exsudate, dann
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bei jenem, welches auf die Oberfläche hautartiger Organe oder in seröse Säcke abgesetzt wurde, schwieriger bei Exsudaten, welche in die Ge-webszwischenräurae oder in das Parenchym abgelagert wurden, gelingt. Im Falle durch die Einwirkung der Exsudate auch (iewebe zerstört und gelöst wurden, unterliegen auch diese bisweilen der Eesorption und es kann dann als Folge der Entzündung ein Schwund des Orgaues zurückbleiben. Ist das Exsudat einmal erstarrt, so muss es, ehevor es resorbirt werden kann, wieder vorllüssiget werden. Dieses geschieht durch den sogenannten Körnchenzellenbildungsprocess, wobei schliesslich die in der Zelle eingeschlosseneu Fett tropf chen nach der Eerstung der Zellenwand frei werden, oder durch die früher gleichfalls bereits angeführte Fettmetamorphose des Exsudatfaserstoffes, wobei nach und nach feine Fettkügelchen in der gleichmässigen oder faserigen Gerinnung auftreten, welche dann, nachdem sie sich mit dem Exsudatserum und dem Reste der zerfallenen Gerinnungen zu einer emulsionsartigen Flüssigkeit umgewandelt haben, zur Aufsaugung geeig­net werden. Häufig gelingt aber die Eesorption nicht vollständig, son­dern es bleibt ein Antheil des Exsudates entweder in unverändertem Zustande zurück, oder dasselbe geht die schon früher angeführten Um­änderungen ein, und es finden sich dann in den entzündet gewesenen Theilen fettige, kreidige, tuberkelähnliche Massen vor.
3. Eückbleiben der während des Entzündungsprooesses entstan­denen Neubildungen. Diese veranlassen, wenn sie eine dem Gewebe, in welchem sie gebildet wurden, gleiche Textur zeigen, die sogenannte entzündliche Hypertrophie; wenn sie aus fremdartigem Gewebe be­stehen und über die Grenzen des Organes hinauswachsen und dessen Gewebe verdrängen, die verschiedenartigen, in Form von Geschwülsten auftretenden entzündlichen Xeubildungen. In hohlen Organen be­dingen sie entweder Verschliessungen und Verödungen derselben, oder aber Erweiterungen und Neubildungen in Form von Cysten; sie sind häufig Ursache der Verwachsungen aneinander grenzender Thcile, aber auch der Lockerung der Verbindung zwischen den Organen und den sie überziehenden Membranen.
In jenen Fällen, wo organische Substanz entweder durch Verletzun­gen oder durch den Entzündungsprocess selbst zu Grunde gegangen ist, dienen die Gewebsneubildungen zum Ersätze der verlorengegangenen Theile (Heilung auf dem zweiten Wege), wobei die neugebildeten Theile den verlorengegangenen entweder in jeder Hinsicht vollkommen gleichen (vollkommener Wiederersatz), oder in ihren Eigenschaften
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von den früheren, zu deren Ersatz sie bestimmt sind, mehr oder weni­ger abweichen (Narbenbildung).
4.nbsp; nbsp;Vereiterung und Verjauchung. Man begreift hierunter die durch die ätzende oder schmelzende Beschaffenheit gewisser Exsudate (Jauche) bedingte Zerstörung der Gewebe, welche insbesondere leicht in weichen, schwammigen, zarten Gebilden auftritt, während ihr dichte Texturen lange widerstehen können.
Der durch die Einwirkung der Jauche bedingte Substanzverlust in einem Gewebe heisst ein Geschwür, welches nach der Beschaffen­heit des betroffenen Gewebes und des zerstörenden Exsudates verschie­dene Charaktere zeigt, bald mehr der Fläche, bald der Tiefe nach fort­schreitet, bald sich nur langsam weiter verbreitet, bald jedoch innerhalb kurzer Zeit grosse Organmassen zerstört.
5.nbsp; nbsp;Der Brand, d. h. das Absterben eines Gebildes, mit Untergang seiner Textur und Auftreten neuer chemischer Zersetzungsvorgäugc (Eäulniss). Er kann sich, wie bereits erwähnt, im Verlaufe der Entzündung aus höheren Graden der Stase oder in Eolge des Druckes von Seite des (insbesondere starren) Exsudates entwickeln.
Im Allgemeinen betrachtet sind demnach die Ausgänge der ört­lichen Entzündung entweder vollkommene Wiederherstellung des normalen Zustandes (durch Lösung oder vollständige Resorption des Exsudates), oder Zurückbleiben gewisser Veränderungen in dem entzündet gewesenen Organe in Eolge der unvollständigen Resorption des Exsudates, der nachfolgenden Veränderungen desselben und des Zu­rückbleibens der während des Eutzünduugsprocesses entstandeneu Xeu-bildungen — der entzündlichen Hypertrophie, der Geschwülste, Nar­ben und der entzündlichen Atrophie, endlich die völlige oder theil-weise Zerstörung des entzündeten Theiles durch die Schmel­zung seiner Gewebselemente in Eolge der Einwirkung auflösender oder ätzender Exsudate, oder durch den Eintritt des Brandes.
Hieraus sind auch die Folgen zu entnehmen, welche die Ent­zündung für den Fortbestand des ganzen Organismus herbeiführt. Es stellt sich nämlich entweder vollkommene Gesundheit wieder ein, oder es entwickeln sich in Folge der in dem entzündet gewesenen Or­gane zurückbleibenden Veränderungen Nachkrankheiten, welche je nach der Wichtigkeit des leidenden Theiles mehr oder weniger auffal­lende Nachtheile für den GesammtOrganismus herbeiführen, oder es erfolgt wegen der durch die Entzündung behinderten Function eines lebenswichtigen Organes der Tod des Thieres. Dass endlich durch
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Entzündungnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Z i 1
die Exsudation einer grossen Menge eiweisshältiger Flüssigkeit die Blut-masse selbst erschöpft und hieduroh eine krankhafte Blutmisuhung er­zeugt werde, ist von selbst klar.
sect;. 150. Da die Entzündung in einem abnormen Ernähruugsvor-gange besteht, so ist es Hauptaufgabe der Therapie, die Ernährungs­verhältnisse des entzündeten Theiles auf die möglichst günstige Weise zu gestalten.
Vor allem ist hiebei die Anzeige aus der Ursache der Ent­zündung zu berücksichtigen und demnach die Entfernung der Schäd­lichkeit anzustreben. l)iess kann bisweilen durch mechanische Ein­wirkungen, z. B. die Entfernung fremder Körper mittelst Ausziehen, Abwaschen, Einrichtung von Verrenkungen und Knochenbrüchen, Ab­tragung reizend wirkender Neubildungen (z. B. am Auge), Abhaltung der lleibung u. s. w., oder mittelst chemischer Agcntien, z. B. Neu­tralisation eingeführter Säuren durch Alkalien, und umgekehrt, L'eber-führung eingebrachter Gifte in unlösliche Verbindungen, Zerstörung reizender Wucherungen durch Aetzmittcl , die Zersetzung eingeführter Contagien und Miasmen durch chemisch wirkende Substanzen, oder end­lich durch die Erregung oder Herabstimmung functioneller Thätigkeiten Behufs der Entfernung der Schädlichkeit, z. B. Erregen von Erbrechen oder Durchfällen bei, in den Magen und Darm gelang­ten Schädlichkeiten, Anregung von Erbrechen oder Husten bei Körpern, welche sich in den Athmungsorganen befinden, Anwendung erschlaf­fender und narkotischer Mittel, um eine, der Entfernung der Schädlich­keit entgegenstehende krampfhafte Zusammenziehung zu heben, z. B. bei eingeklemmten Brüchen, geschehen. In den meisten Fällen gelingt es jedoch nicht, die einwirkende Ursache zu entfernen, und man muss sich dann häutig damit begnügen, alle Schädlichkeiten, welche einen erwünsch­ten günstigen Verlauf der Krankheit zu behindern oder eine Ausbrei­tung der Entzündung zu begünstigen im Stande wären, entfernt zu halten. Das Betreffende ist bei der Therapie der Hyperämien bereits erwähnt worden.
Die Anzeige aus der Krankheit hat die Aufgabe, der Heftig­keit des Eutzündungsprocosses Schranken zu setzen, seine Ausbreitung zu begrenzen und die Möglichkeit der Heilung herbeizuführen.
Man bezeichnet die liiezu geeignete Heilmethode mit dem Namen der antiphlogistischen. Sie erleidet verschiedene Abänderungen, je nachdem die Entzündung ein bloss örtliches Leiden darstellt, oder mit anderweitigen, insbesondere fieberhaften Störungen verbunden ist und
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272nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Entzündung.
im letzteren Falle je nach dem Charakter des Piebers. Sie kann auch nur während der ersteren Stadien der Entzündung, der Hyperämie nämlich und Stase begründete Anwendung finden, während sie dann, wenn einmal die Exsudate abgeschieden und Neubildungen eingetreten sind, nicht weiter am Platze ist, wobei jedoch zu bemerken ist, dass bei Entzündungen innerer Organe der Eintritt dieses letzteren Stadiums nicht immer mit Sicherheit auszumitteln ist. Ihr Zweck ist, die Blut­zufuhr und den örtlichen Stoftümsatz zu beschränken und das etwa vorhandene Fieber zu massigen. Sie kann in die örtliche und allge­meine Antiphlogose unterschieden worden.
Der örtlichen Antiphlogose stehen folgende Wege zu Gebote:
1.nbsp; nbsp;Die Plutentziehung aus dem entzündeten Theile selbst oder aus den Gefässen seiner nächsten Umgebung, welche natürlich nur bei oberflächlicher Lagerung desselben eingeleitet werden kann. Hicdurch wird der Abfluss des Blutes aus dem entzündeten Theile erleichtert, der Verlaugsamung des Blutstromes, dem Eintritte der Stase und mithin auch der Exsudalion vorgebeugt, und eine schon entstan­dene Stockung gehoben, indem die von dem Drucke des Blutes befreiten Getasse sich energischer zusammenziehen können.
In der Thicrheilkunde wendet man zu diesem Zwecke die Scari-ficationen, d. i. mehr oder weniger tiefe Einschnitte in den entzündeten Theil (z. B. Zunge, Fleischsohle) an, wodurch man das in demselben an­gesammelte Blut direct entleert und den Blutstrom daselbst für einige Zeit unterbricht. Eine etwa erwünschte Nachblutung unterstützt man je nach der Lagerung des Theiles durch die Anwendung feuchter Wärme, mittelst feuchter Umhüllungen oder Ausspritzen mit lauem Wasser.
2.nbsp; nbsp;Die Anwendung von Druck auf den entzündeten Theil, um eine künstliche Anämie zu veranlassen und den Austritt des Exsu­dates zu verhindern. Sie hat in der Thicrheilkunde noch wenig Anwen­dung gefunden, könnte jedoch durch straffe Einwicklungen an einzelnen Stellen der Extremitäten bei Hautentzündungen, dann durch das Be­streichen entzündeter oberflächlicher Theile, z. B. des Euters, dann bei Verbrennungen u. dgl. mittelst Collodium herbeigeführt werden.
3.nbsp; nbsp; Die unmittelbare Entziehung der Wärme durch die Einwirkung der Kälte (mittelst kaltem Wasser, Eis, Frostmisehun-gen in Form von Umschlägen, Bespritzungen, örtlichen Bädern u. dgl.). Man bezweckt durch dieselbe nicht nur die Entstehung einer stärkeren Zusammenziehung in den confraefilen Theilen und hiedurch eine Ver­minderung der Blutzufuhr zu dem Entzünduugsheerde, sondern auch
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Entzündung.
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eine Beschränkung des örtlichen Stoffwechsels, indem auch die Herab­setzung der Temperatur eine Beschränkung des Eintrittes chemischer Verbindungen zur Folge hat. Indem die durcli die Kälte veranlasste Reizung der Hautnerven auch Rotiexbewegungen in anderen Theilen hervorruft, erweiset sich die Anwendung der Kälte auf die Haut auch bei Entzündungen tiefer gelegener Theile wirksam.
4.nbsp; nbsp;Reize, welche man direct auf den entzündeten Theil zu dem Zwecke anbringt, um entweder eine stärkere Zusammenzie­hung und Verengerung der zu dem entzündeten Theile führenden Ge-fasse, oder eine vollkommene Zerstörung des Entzündungsheerdes zu veranlassen. In dem ersteren Falle kommt es jedoch vorzugsweise darauf an, gerade jenen Grad und jene Art der Reizung zu treffen, welcher eben hinreicht, eine entsprechende Zusammenziehung der Gcfässe zu veranlassen, während bei einem denselben überschreitenden Masse eher eine Lähmung der Gcfasswandungcn, höhere Grade der Stasc und Ex­sudation zu besorgen wären. Hiehcr gehören die Anwendung der zusam­menziehenden Mittel (gerbsäurehältiger Substanzen, des Alauns, des Goulard'sehen Wassers u. s. f.), die Anwendung der Aetzmittel (des Glüheisens in seinen verschiedenen Graden, der chemischen Aetzmittel, wie der ätzenden Alkalien und alkalinischen Erden, der Mineral- und concentrirten Pllanzensäurcn, der metallischen Aetzmittel u. s. f.).
5.nbsp; nbsp; Reize, welche man bald näher, bald entfernter von dem entzündeten Theile anbringt, um durch die hiednreh neu hervorgerufene Entzündung die, in dem zuerst ergriffenen Organe vor­handene Hyperämie und Stasc zum Rückgange zu bringen. Man bezeich­net sie mit dem Namen der Gegen reize. Hiehcr gehören die soge­nannten rothmachenden und scharfen Einreibungen (blasen- und pustelziehenden Mittel), die Haarseile, das Lederstecken und die min­deren Grade des Glüheisens.
sect;. 151. Die allgemeine Antiphlogose kann auf nachstehende Weise durchgeführt werden:
1.nbsp; nbsp;Durcli eine antiphlogistische Diät. Sie wird in's Werk ge­setzt durch ein so viel als möglich ruhiges, gleichmässiges Verhalten, Sorge für reine, kühle Luft, Beschränkung des Futters, welches jedoch ohnehin bei heftigeren Entzündungen von den Thieren grösstentheils verschmäht wird, und für massig kühles Getränke.
2.nbsp; nbsp; nbsp;Durch allgemeine Blutentleerungen mittelst des Aderlasses.
Roll, l'athol. nnrt Thnrapie. II. Aufl.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;18
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^74nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Entzündung.
Man muss bei dem Aderlässe die unmittelbaren und mittel­baren Wirkungen unterscheiden, welche freilich nicht strenge von einander geschieden werden können, sondern rasch in einander übergehen. Zu den er st ere n gehören die absolute Verringerung der Blutmenge des ganzen Körpers und mittelbar die des entzündeten Theiles, die Verringerung der Spannung in den Wandungen der Gefasse, die Be­schleunigung der Fortbowcgungsgcschwindigkeit des Blutes, die Vermin­derung der Athcmbewegungen und der Wärmebereitung, dann die hie-durch gesetzte Verringerung dor auf das Nervensystem und die elasti­schen Häute einwirkenden Beize, wodurch die Fiebererscheinungen gemässiget und die Herstellung der normalen Functionen begünstiget wird. Am autfallendsten treten diese unmittelbaren Wirkungen dann hervor, wenn das Blut aus einer grossen Venenöffnung mit Schnellig­keit und in grosser Menge entleert wird. Man bezeichnet diese Wir­kungen mit dem Namen der revulsorischen.
Als mittelbare Wirkung des Aderlasses erscheint die Verände­rung, welche die Blutmischung durch denselben erfährt. Diese ist einer­seits blosse Folge der durch den Blutverlust gesteigerten Resorption wässeriger Flüssigkeiten aus den Organparenchymen und der verringer­ten Absonderungen, andererseits jedoch lindet eine Vermehrung gewisser Bestandtheile des Blutplasma, namentlich des Faserstoffes und der farb­losen Blutkörperchen statt. Unmittelbar nach grossen Aderlässen bemerkt man, class das Blut dünnflüssiger, heller geröthet erscheint, dass mithin die Blutkörperchen und der Faserstoff verringert sind, bald jedoch nimmt die Menge des Faserstoffes und der farblosen Blutkörperchen zu, wäh­rend jene der farbigen sich erst nach längerer Zeit wieder auf die normale Höhe steigert. Die rascheste Zunahme des Faserstoffes wird nach wiederholten kleineren Aderlässen beobachtet. Im Allgemeinen kann man als seeundäre Wirkungen der Aderlässe Vermehrung der wäs­serigen, Verminderung der festen Bestandtheile des Blutes, d. h. der Blutkörperchen und des Eiweisses, hingegen Vermehrung des Faserstof­fes und der farblosen Blutkörperchen bezeichnen.
So vortheilhaft daher bei heftigeren, fieberhaften Entzündungen wichtiger Organe der Aderlass insbesondere durch seine oben erwähn­ten unmittelbaren Folgen wirken kann, so nachtheilig wird er, wenn er unter nicht passenden Verhältnissen angewendet wird. Bleibende Störungen der Ernährung, Erschöpfung, Anämie, Wassersuchten, lang­same Reconvalescenz sind hievon die häufigsten Folgen. Da das ver­lorene Blut jedoch nur schwer und langsam ersetzt wird, so darf
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Kntziinduncr.
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überhaupt der Aderlass nur unter dringenden Verhältnissen in Anwen­dung kommen.
Die Gegenanzeigen zur Anstellung eines Aderlasses lie­fern allgemeine Blutarmuth, grosse Korpcrsclnväche, cachectische Zu­stände, gewisse epizootische Krankheitsconstitutionen, während deren Herrschen Aderlässe nur in den dringendsten Fällen der Noth angestellt werden sollen.
Die Beschaffenheit des Aderlassblutes selbst kann nie die Anzeige zur Wiederholung eines Aderlasses geben; diese muss immer aus dem Krankheitszustande genommen werden. Bei Pferden liefert die Bil­dung eines weichen, zertiiessenden, mit gallertähnlicher, bräunlichgelber Speckhaut belegten Blutkuchens, bei Kindern das schnelle Ausschei­den des Serums von dem Blutkuchen eine Gegenanzeige für die Wie­derholung des Aderlasses. Bei der letztgenannten Thiergattung bildet sich auf dem, aus der Ader gelassenen Blute, weder im normalen Zu­stande noch in Krankheiten, wenn das Blut überhaupt seine Gerinn-fähigkeit nicht völlig verloren hat, eine Speckhaut.
Bei sicher gestellter Anzeige für den Aderlass ist es am gerathensten, eine grosse Menge Blut in raschem Strome zu entleeren.
Die mittlere Quantität Blutes, welche bei einem mittclgros-sen Aderlasse einem erwachsenen Thiere auf einmal entleert wird, rechnet man bei Pferden auf 8 — i), bei Bindern auf 10 — 11 Pfund, bei Ziegen und Schafen auf '/4—'/a Pfund, bei Schweinen auf 1 bis 1 Va Pfund, bei Hunden je nach der Grosse auf 2—G Unzen; grosse Aderlässe können bis zu dem Doppelten des angeführten Gewichtes gesteigert werden. Bei jungen Thieren beschränkt man die hier ange­führte Menge des Aderlassblutes entsprechend ihrem Körpergewichte.
Die geeigneten Orte zum Aderlasse gibt die üperations-lehre an.
Da die eigentlich erwünschten Wirkungen einer Venäsection die primären sind, diese aber bald vorübergehen, so erhellt, dass neben derselben stets auch die anderweitige antiphlogistische Behandlung in Anwendung kommen müsse und dass sie entweder bloss als sympto­matisches Mittel, um einer bevorstehenden Gefahr zu begegnen, oder als ein umstimmendes Mittel, welches andere Ausgleichungsvorgänge im Körper vermittelt, angesehen werden könne.
3. Durch die Anwendung von Mitteln, welche die Gerinn­fähigkeit des Blutes und, wie man annimmt, die Paserstoffmenge
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27Gnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Entzündung
vermindern, oder reichlichere Ausscheidungen und Absonde­rungen hervorrufen, oder auch dadurch, dass sie entferntere Stellen reizen und derart eine Verringerung der Hyperämie und Stase in dem ursprünglich ergriffenen Organe veranlassen, als ablei­tende (revulsorische) Mittel wirken. Manche scheinen auch nach ihrer Aufnahme in das Blut in das erkrankte Gewebe überzugehen und dort gewisse günstige Yerändorungen zu veranlassen. In diese Reihe von Arzneien gehören insbesondere die Alkalien, besonders der Salpeter, die Pottasche, das schwefelsaure Kali und Natron, der Salmiak, das Bittersalz, von den Quecksilberpräparaten das Calomel und der Subli­mat, von den Spiessglanzpräparaten der Brechweinstein.
4. Durch narkotische Mittel, wovon jedoch nur das Mnger-hutkraut und das Aeonit in der Thicrheilkunde bei Entzündungskrank­heiten in so ferne eine Anwendung finden, als insbesondere sie wegen ihrer verlangsamenden Einwirkung auf die Herzthätigkeit vorzugsweise geeignet erscheinen, das Fieber zu massigen und hiedurch auch dem Weiterschrciten des örtlichen Entzündungsprocesses und dem Eintritte unangenehmer Nebenerscheinungen Schranken zu setzen. (Siehe beim Fieber.)
Endlich sind auch bei der allgemeinen Antiphlogose die ablei­tenden Mittel, wie reizende und scharfe Einreibungen, Lederstecken u. dgl. nicht ausser Acht zu lassen.
Drohende Zufälle machen die Durchführung einer symptomati­schen Behandlung nothwendig, welche jedoch jedem einzelnen Falle genau angepasst werden muss und über welche sich etwas allgemein Giltiges nicht angeben lässt.
sect;. 152. Das bisher angeführte Verfahren ist so lange angezeigt, als die ersteren Stadien der Entzündung zugegen sind, es wird aber auch dort noch Anwendung finden müssen, wenn sich die Gegenwart eines Exsudates entweder aus der Lage des ergriffenen Theiles oder durch ein diagnostisches Hilfsmittel nicht bestimmen lässt.
Sind bereits nachweislich Exsudate ausgeschieden, so ist es die Hauptaufgabe, ihre Bücksaugung zu veranlassen. Am leichtesten ge­lingt diess, wenn die Exsudate vorwaltend seröse sind, durch die Stei­gerung wässeriger Absonderungen in anderen Theilen, durch abführende, schweiss- und harntreibende Mittel, welche jedoch aus jenen Reihen der Arzneistoffe gewählt werden müssen, welche eine neue Ge-fässreizung nicht veranlassen, da durch diese der entzündliche Exsuda-tionsprocess gesteigert werden würde. Das in natürliche Höhlen (in
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Entzündung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;277
Brust- und Bauchhöhle, Höhle der Scheidenhaut u. s. w.) ergossene Se­rum kann auch auf operativem Wege, durch Anstellung der Paracen-these, auf eine sichere und meist ungefährliche Weise entfernt werden, obwohl es häufig geschieht, dass bei noch fortdauernder Entzündung in kurzer Zeit die seröse Flüssigkeit sich wieder ansammelt. In man­chen Fällen, wie bei der, durch pleuritisches Exsudat drohenden Er­stickungsgefahr , muss die Paracenthcse, trotz etwa vorhandener Gegenanzeigon, zur Rettung des Lebens vorgenommen werden. Durch sorgfältige Regelung der Diät, Verabreichung der Mittelsalze, des Sal­peters, Calomels, des Fingerhutkrautes und bei serösen Ansammlungen im Unterhautbindegewebe durch mechanische Einwirkungen, wie öfteres Frottiren, massigen Druckverband, entsprechende Bewegung des Tliieres, kann in solchen Fällen Vieles geleistet werden.
Sind eiweiss- oder faserstoffhältige Exsudate gesetzt worden, welche sich jedoch noch im flüssigen Zustande befinden, so kann ihre Resorption durch Druck, entsprechende Diät, revellirende Mittel, die Beförderung der Absonderungen und Ausleerungen, wozu auch kräf­tiger wirkende (z. B. drastische Purgir-) Mittel verwendet werden können, oder ihre Entleerung auf operativem Wege versucht werden.
Sind dieselben jedoch geronnen, so müssen sie zum Zwecke der Resorption früher auf eine der oben, bei den Metamorphosen des Faser­stoffes angegebenen Weisen verflüssiget werden. Es scheint dieser Vorgang durch einige Substanzen, Jod-, Quecksilber-, Antimon - Präparate, Sal­miak, Kochsalz, Kampher, durch die örtliche Einwirkung erhöhter, ins­besondere feuchter Wärme begünstiget zu werden, wenigstens weisen die bei einer solchen Behandlung äusserer Entzündungen erhaltenen Re­sultate darauf hin.
Die schmelzenden Exsudate erfordern Berücksichtigung der ursächlichen Momente, dann möglichst schnelle Entfernung des Exsu­dates, um die fortgesetzte schädliche Einwirkung desselben auf die Ge-webselemente hintanzuhalten, Schutz der zugänglichen Umgebung des­selben entweder durch möglichste Reinhaltung, durch zusammenziehende und reizende Stoffe oder durch Aetzung, endlich Erhaltung der Kräfte des Gesammtorganismus durch passende Diät, belebende und reizende Mittel.
Der Eintritt der Eiterung wird durch feuchte Wärme (in Dämpfen, Bähungen, Umschlägen) begünstiget, durch örtlichen Druck, Kälte, Verminderung der örtlichen Blutzufuhr, überhaupt Mittel, welche die Exsudation hindern, verzögert. Den Ei t erver senk unge n , der
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Kntzünduug. — Veränderungen derphyaikalisohen Eigensehatien der Organe.
Maceration der Gewebe, in Polgc der Einwirkung des Eiters, be­gegnet mau durch zeitgemässes Oetfnen der Abscesse und durch Erhal­tung des freien Abflusses des Eiters. Dem Vordringen des Eiters an ungeeignete Stellen und dem Eindringen desselben in Theile, wo er nachtheilig wirkt, kann häufig nicht begegnet werden, sowie überhaupt auch die Diagnose innerer Eiterungen häufig auf grosse Schwierigkeiten stösst. üci dem Eintritte von Yerschwärung muss die Ursache der­selben erhoben und dieser entsprechend die Behandlung eingeleitet •werden.
Geht die Entzündung in Brand aus, so ist einerseits der Ursache des Eintrittes desselben nachzuspüren, um sie beseitigen zu können, andererseits ist die Umgebung des Brandheerdes vor der Einwirkung der Brandjauche durch Herbeiführung eines freien Abflusses derselben, durch Bestreuen oder Bestreichen mit absorbirenden oder die Fäulniss beschränkenden Substanzen (Kohle, Chlorwasser u. s. w.) zu schützen. Die im Umkreise des Brandigen eintretende Entzündung ist nach den gewöhnlichen Kegeln zu behandeln.
Die im Verlaufe des Entzündungsprocesscs eintretenden Iveubil-dungen sind, wenn sie zum Wiederersatze verlorener Theile dienen, erwünscht und es ist ihre Bildung durch massige Reizung zu begün­stigen (Eleischwärzchenbildung), im gegentheiligen Falle jedoch führen sie zu• verschiedenartigen nachtheiligen Folgen, und es wird ihre Be­handlung auf die bei Neubildungen überhaupt angegebene Weise ein­zuleiten sein.
Die nach dem Ablaufe intensiverer Entzündungen durch einige Zeit zurückbleibende allgemeine Schwäche wird durch leicht ver­dauliches, nährendes Futter, Hintanhaltung heftiger Heize, Förderung der Verdauung durch bittere und aromatisch bittere Substanzen, ange­messene Bewegung und reine frische Luft gehoben.
C. Veränderungen der physikalischen Eigenschaften der Organe.
I. Yeräiidi-ruiigfii der (irnsso.
sect;. 153. Aussei- der bereits früher abgehandelten Hypertrophie und Atrophie gehören hieher die Erweiterung und Verengerung hohler Organe. Die Erweiterung, Ausdehnung eines hohlen Orga-nes, ist entweder mit normaler Dicke seiner Wand — einfache Er­weiterung — oder mit Verdickung — active — oder Verdünnung
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Veränderungen der Grossenbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;2 i *)
derselben — passive Erweiterung — verbunden. Die active Er-#9632;\veilerung lallt mithin mit der excentrisehen Hypertrophie zusammen. Je rascher eine Erweiterung sich bildet, desto mehr bat sie den Cha­rakter einer passiven, je langsamer sie sich entwickelt, desto mehr kommen ihr die Merkmale einer activen zu, welche schliesslich bei einer gewissen Höhe allmälig zur passiven wird. Man unterscheidet die Erweiterungen in gleichmässige, wenn sie ein Hohlgebilde in seinem ganzen Umfange gleichförmig betreifen, und unglcichmässige oder sackförmige, wenn sie nur an umschriebenen Stellen stattfinden. Be­stehen die Wandungen eines hohlen Organes (Canales) aus mehreren Häuten, so kann die Erweiterung entweder aus sämmtlichen oder nur einzelnen Membranen gebildet werden, worauf sich die Eintheilung sackförmiger Erweiterungen in wahre und falsche Divertikel gründet.
Die Ursachen der Erweiterungen liegen in mechanischen, der Fortbewegung des Inhaltes der hohlen Organe entgegenstehenden Hin­dernissen (Druck und Zerrung von Seite der Umgebung, Verstopfung durch fremde Körper, übermässiges oder eingedicktes Secret, stellen­weise Verengerung der Höhle u. s. f.), welche eine Erweiterung über der Stelle, wo die Schädlichkeit einwirkte, veranlassen, in Erschlaffung der Wände in Folge von Lähmung ihrer contractilen Fasern oder in Textur­krankheiten (besonders in Entzündungen) derselben.
Die Folgen der Erweiterungen sind sehr verschieden; sie be­schränken sich bisweilen bloss auf den erweiterten Theil (in welchem sich nicht selten Entzündung und Brand oder Lähmung entwickelt), oder erstrecken sich auch auf die Umgebung (in welcher sie durch Druck Atrophie veranlassen können), oder selbst auf den Gesammtorga-nismus (Erweiterung des Herzens, der Gefässe u. s. f.).
Die Cur muss theils auf die Entfernung der bedingenden Ur­sachen, theils auf Bekämpfung der gefahrdrohenden Symptome gerich­tet sein.
Die Verengerung einer Höhle (Stenose) ist durch die Ver­kleinerung eines hohlen Organes bedingt, sie kann durch abnorme Zu­sammenziehung ihrer Wand bei mangelndem Inhalte, durch Zusammen­drückung von aussen, durch concentrischc Hypertrophie und Atrophie, durch Texturkrankheiten (z. B. Narben) veranlasst werden. Die partielle Verengerung von Canälen wird auch Strictur, ihre völlige Verschlies-sung Atresie genannt.
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Veränderungen der Gestalt und Lage.
Die Folgen der Verengerung sind von der Wichtigkeit des kran­ken Organes abhängig, sie bestehen vorzugsweise in der Hemmung der Fortbewegung und in der Anhäufung des Inhaltes der Höhle oder des Canales oberhalb der verengerten Stelle, wodurch daselbst Erweite­rung der Höhle, Hypertrophie, Lähmung oder Zerreissung der Wandung veranlasst werden kann.
An zugänglichen Stellen ist die Hilfeleistung eine chirur­gische.
2. Veräiideriiiigeii der Gestall.
sect;. 154. 8ie treten als Folge von Texturkrankheiten (Hyper­trophien, Neubildungen, .Schwund), Abnormitäten der Lage, Ver­bindung u. s. w. auf und erlangen durch den sie veranlassenden Krauk-heitsprocess eine sehr verschiedene Bedeutung.
3. Veriinderniigeii der Lage.
sect;. 155. Die Lageveränderungen sind entweder freiwillige, d. h. solche, wobei ein Organ vermöge seiner Volums- und Gewichtszunahme seine Lage ändert, oder eine von der Umgebung ausgehende, wo­bei dasselbe entweder aus seiner Lage (z. B. durch Geschwülste, Exsu­date u; s. w.) gedrängt, oder in Folge von Verlängerungen und Verkür­zungen der dasselbe stützenden, anheftenden oder überziehenden Gebilde verrückt wird.
Hiehcr gehört auch das Hervortreten eines Eingeweides aus seiner Höhle. Diess geschieht entweder durch eine schon bestehende Ocffnung, wobei das hervortretende Organ (Zunge, Tragsack) frei und ohne Umhüllung zum Vorschein kommt — Vorfall — der bei hohlen Organen (Scheide, Mastdarm) mit einer Ümstülpung verbunden ist, oder es geschieht durch eine angeborene Spalte oder durch Zerreis­sung oder durchdringende Verwundung der Wandungen einer Körper­höhle — Vorlagerung — (z. B. der Lungen, der Gedärme), oder es treten ein oder mehrere Eingeweide oder Theile derselben aus ihrer normalen Höhle in einen von der, diese Höhle auskleidenden serösen Haut gebildeten (Bruch-) Sack, eine Lageabweichung, welche man Bruch — Hernie — heisst (Leistenbruch, Hodensackbruch).
Das Nähere hierüber lehrt die specielle Pathologie und die Chirurgie.
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VerSndenmgen der Verbindung und des Znaammeubanges.
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4. VeräiidiM'iingeii der Vciliiinliiiilaquo; und des Znsatunienbaagesi
sect;. 150. In die Kategorie der Anomalien der Verbindung ge­hört: die Verklebung und Anlöthung sonst getrennter Tlieile durch geronnenen Faserstoff, die lockere oder straffe Anheftung und Ver­wachsung derselben durch ueugebildete Bindegewebsstränge und Mem­branen, durch Krebsmasse u. dgl. m. Die Verklebung oder Verwachsung der Wände eines hohlen Organes stellt die sogenannte Atresie dessel­ben dar. Die Verwachsung der zu einem Gelenke zusammentretenden Knochenenden heisst Anchylose.
Gewöhnliche Formen der Lockerung der Verbindung stellen die Diastase, d. h. das Auseinanderweicbon zweier unbeweglich verbunde­ner Knochen in Folge der Trennung oder Lockerung der, sie mit einan­der verbindenden Substanzen (z. E. Auseinanderweichen der Schädcl-knochen beim Wasserkopf), und die Verrenkung, Luxation, d. h. die Fntfernung zweier ein Gelenk zusammensetzender Knochenenden von einander, welche stets mit Einriss der Gelcnkskapsel, bisweilen auch einzelner Bänder und Muskeln verbunden ist, dar.
Eigentliche Trennungen des Zusammenhanges werden ent­weder durch äussere oder innere Ursachen veranlasst. Zu den auf ersterem Wege entstandenen gehören die durch mechanische Gewalt, mit oder ohne Substanzverlust entstandenen Verwundungen, die ein­fachen und complicirten Knochenbrüche, die Knickungen weicher Knochen, die Zerreissungcn solider oder hohler Organe (besonders Gelasse), dann die durch Einwirkung ätzender Substanzen oder hoher Temperaturgrade gesetzten Trennungen des Zusammenhanges. Als innere Ursachen wirken iibermässige Anstrengung besonders der Muskeln, welche zur Zerreissung derselben und der Sehnen führt, namhafte Ausdehnung hohler Organe durch Ansammlung ihres In­haltes bei Lähmung der Wände, Verengerung oder Versehlies sung der Höhle u. s. f., Texturerkrankungen der verschiedensten Art, insbesondere solche, welche mit einer Verminderung der Consistenz des Theiles einherschreiten, wie die Entzündung, die Erweichungsprocesse, die fettige Umwandlung, Atrophie, Elutungen in das Farenchym u. s. w. Das Nähere hierüber lehrt die Chirurgie.
5, Veräiideruiigeii der Consistenz.
sect;. 157. Sie bestehen entweder in einer Verminderung oder Ver­mehrung derselben.
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282nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Veränderungen der Cunsistenz und der Färbung.
Die Verminderung der Consistenz, welche zwischen einer kaum bemerkbaren Lockerung bis zur breiigen Erweichung schwanken kann, ist bald in einem noch während des Lebens beginnenden Zer-setzungs- oder Fäuluissprocesse, bald in der Einlagerung von Serum, Exsudat oder Extravasat, oder von weichem, lockerem, neugebildetem Gewebe (z. B. Markschwamm) zwischen die Gewebstheile, bald in Schmel­zung des Gewebes durch Vereiterung und Jauchung, durch lirand, bald in Erweichuugsprocessen der Gewebe, in fettiger Entartung derselben, in Atrophie, in so ferne sie mit Lockerung einhergeht, begründet. Die Verminderung der Consistenz kann demnach eine Eolge sehr verschie­denartiger Processe sein, wornach dieselbe sich auch bald durch abnorme Weichheit, Zerreissliehkeit, Schmelzung, Lösung, bald durch Sprödigkeit, Erüchigkeit (z. B. bei Knochen) zu erkennen gibt.
Die Vermehrung der Consistenz, deren höchster Grad als Ver­härtung bezeichnet wird, kann bedingt sein durch Verminderung der flüssigen, durch Atrophie der weichen Theile eines Organes, durch Neu­bildung von Bindegewebe, welches ein Organ durchsetzt, durch Hyper­trophie der festen Theile eines Organes, durch Infiltration mit erstar­rendem Exsudate, durch Verkreidung und Verknöcherung. Sie erscheint als abnorme Dichtigkeit, Zähigkeit, Steife, Derbheit, bisweilen als krank­hafte Brüchigkeit und Sprödigkeit.
ß. VeräniteniMgeii der Färbung.
sect;. 158. Sie treten entweder als Vermehrung oder Verminde­rung der normalen oder als eine fremdartige Eärbung auf. Die meisten derselben hängen vom Blute ab.
Die Vermehrung der normalen Färbung ist gewöhnlich bedingt durch einen vermehrten Blutgehalt desTheiles in Folge von Hyper­ämie und Stase, und ist um so gesättigter, je dunkler an und für sich das Blut ist (bei Typhus, Anthrax, bei Eindickung des Blutes in Folge seröser Ausscheidungen u. s. f.), ferner durch Blutextravasate, durch Tränkung der Gewebe mit durch Blutroth gefärbtem Serum.
Eine Verminderung der normalen Farbe ist meist abhängig von Blutarm uth, von Mangel an Blutkörperchen im Blute, von Atrophie, von Infiltration der Gewebe mit Serum, Eiter, von fettiger Entartung u. s. w. Durch Verminderung oder Mangel des Pigmentes erbleichen Gewebe, welche im Normalzustände gefärbt sind (z. B. die schwarz pig-mentirte Haut).
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Veränderungen des Inhalten der Organe.
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Die Umänderungen der eigenthümlichen Färbung werden durch Ablagerung eines gefärbten Stoffes oder Pigmentes in ein Gewebe oder durch Umänderung des dem Gewebe im Normalzustande zukommenden Farbestoffes bedingt.
Eine gelbe Färbung der Schleimhäute und Organe wird bei in­tensiven Erkrankungen der Leber, bei Behinderung der Ausscheidung der Galle, dann bei einigen acuten Krankheiten (besonders bei Typhus und Anthrax), wo alle Exsudate diese Färbung zeigen, bei Lungenent­zündungen auch ohne vorwaltendes Lebcrleiden beobachtet. Körniges und krystallinisches Pigment veranlassen eine gelbe, rotho, braune, graue und schwarze, F'ett eine wachs-, honig-, braun- oder graulich-gelbe l'ärbung.
Nicht weniger ändern auch verschiedene in den Organen wuchernde Neubildungen, als: Krebs, Tuberkel u. s. w. und die verschiedenen Erkrankungen der Gewebe (fettige Degeneration, Erweichung, Tu-berculisirung) die Färbung derselben ab. Auch manche Arzneistoffe ertheilen gewissen Organen oder Flüssigkeiten bestimmte Färbungen; so wird der Harn nach dem Gebrauche der Rhabarber gelb, die Knochen nach dem Genüsse der Färberröthe roth gefärbt.
D. Veränderungen des Inhaltes der Organe.
sect;. 159. In diese Reihe gehören jene anatomischen Veränderungen, welche durch Körper und Substanzen bedingt werden, welche in Hohl­räume der Organe und in die Gewebslücken gelangt, nicht in einen anatomischen Zusammenhang mit denselben treten. Unter diese Massen sind zu rechnen: Concretionen, Parasiten, Blutserum und Luft.
Von den ersteren war schon früher unter den Artikeln „Steine und Concrementequot; (p. 113), „Schmarotzerquot; (p. 64) und „Wassersuchtquot; (p. 205) die Bede.
Ansaimiilung von Lul't.
sect;. 160. Luftfdrmigc Stoffe können sich sowohl in Geweben, als in Organ- und Körperhöhlen ansammeln. Die erstere Form nennt man Emphysem, die letztere Pneumatosis.
Bezüglich der Entstehungsweise von Gasansammlungcn können folgende Fälle unterschieden werden:
a) Das angesammelte Gas ist von aus sen oder von einem, zuvor schon ein Gas enthaltendem Organe (z. B. der Lunge, dem Darme)
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laquo;b-plusmn;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Ansammlung von Luft.
durch Wunden, Einrisse, Perforationen in ein Gewebe oder in eine Höhle eingedrungen, und ist demnach entweder atmosphärische Luft oder das in dem hohlen Organe enthalten gewesene G-as. Die erstere erleidet bei ihrem Verweilen im Körper Veränderungen, die den bei der Athmung eintretenden ähnlich sind.
b)nbsp; nbsp;Die Gase entwickeln sich durch Zersetzungsprocesse (Ne-krose, i'äulniss) normaler und pathologischer Gebilde, oder
c)nbsp; nbsp;sie sammeln sich in Theilen, die auch unter normalen Ver­hältnissen Gase enthalten (wie im Magen, Darme), in grösserer, bis­weilen in enormer Menge an (Tympanitis, Meteorismus), ein Vor­gang , der durch krankhafte Processe oder Zustände dieser Theile (Bauchfellentzündung, Darmcinklemmung) sehr begünstiget wird.
d)nbsp; nbsp;Zweifelhaft bleibt vorläufig die hie und da behauptete Abson­derung gasförmiger Stoffe in gewissen Organen, z. B, auf Schleim­und serösen Häuten.
Die Diagnose einer Gasansammlung wird bei Emphysemen in dem Unterhautbindegewebe durch das Auftreten des sogenannten Kni­sternsCrepitirens — bei einem auf die Geschwulst angebrach­ten Drucke, bei Gasansainmlung in inneren Theilen durch die Gegenwart eines vollen oder tympanitischen Percussionsschalles erleichtert.
Die Polgen einer Gasansammlung sind nacli ihrem Sitze und nach den ihnen zu Grunde liegenden Ursachen höchst verschieden. Der Eintritt von Luft in Körperhöhlen veranlasst Druck, Pressung und Lage­veränderung der benachbarten Theile, Entzündung, selbst Xekrose der von ihr berührten Gewebe; ihre Anhäufung in hohlen Organen bedingt eine übermässige Ausdehnung und Funclionsstörung derselben und kann zur Lähmung, selbst Berstung ihrer Wandungen führen.
Das therapeutische Verfahren gegen Gasansammlungen ist ein sein- beschränktes und muss auf die Entfernung jener Ursachen, durch welche ein weiteres Ansammeln von Luft veranlasst werden könnte und auf die Beförderung des Abzuges der bereits vorhandenen, dann auf die Beseitigung der Polgen, welche die Anwesenheit der Gase bedingt, ge­richtet sein.
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Besonderer Theil.
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T. Abtheilung-.
Anomalien der Constitution.
sect;. 1. Unter Constitutionskrankheiten vorsteht man jene, bei #9632;welchen das Kranksein sich nicht auf ein einzelnes Organ beschränkt, sondern über viele und wichtige Theile des Körpers, welche dann ent­weder bestimmte anatomisebe Veränderungen oder nur Abnormitäten in der Verrichtung zeigen, verbreitet ist. In so fern die Ursache dersel­ben in eine abnorme Blutmischung versetzt werden kann, werden sie insbesondere mit dem Namen Dyscrasien (Jlischungsfehler des Blu­tes) bezeichnet.
Man ist berechtiget, dann eine Constitutions - Anomalie anzuneh­men , wenn das Kranksein sieb gleichzeitig oder allmälig über eine grösserc lleihe von Organen oder über den (icsammtorganismus verbreitet; wenn die Beschaffenheit des Blutes und der Lymphe eine bedeutende Abweichung von der normalen zeigt; wenn die Verthci-lung des Blutes ohne örtliche Erkrankung eines Organes, und die Circulation desselben, ohne dass mechanische Hindernisse oder Krank­heiten des Herzens oder der Gelasse die Ursache wären, im Körper abnorm ist; wenn die Absonderungen bezüglich der Menge und Be­schaffenheit eine dauernde Abweichung von der Normalität zeigen, ohne dass eine zur Erklärung derselben hinreichende Störung des Absonde-rungsorganes nachzuweisen wäre; endlich wenn Exsudationen in einem oder mehreren Theilen stattfinden, welche nicht durch die Art der vor­handenen örtlichen Störung bedingt sein können, und wenn dieselben überdiess Veränderungen erleiden, welche von den örtlichen Verhält­nissen unabhängig sind.
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Anomalien dor Constitution.
Bei einem etwas längeren Bestände derselben leidet die Ernährung des ganzen Körpers, seine Masse nimmt ab, das Aussehen der Kranken wird schlecht, es stellt sich ein Zustand ein, welchen man Siecht hum Cachexie, nennt.
In vielen Fällen, besonders bei verbreiteten epizootischen oder enzootischen Krankheiten, können wir das Yorhandenseiu einer consti-tutionellen Erkrankung bei einzelnen Thieren selbst dann, wenn sie sich auch noch nicht durch bestimmte Erscheinungen zu erkennen gibt, vermuthen, wenn die Verhältnisse, unter welchen die Thiere leben, von der Art sind, dass sie als genügend betrachtet werden können, eine allgemeine Störung hervorzurufen.
Diese muthmassliche Diagnose ist in praktischer Beziehung oft von quot;Wichtigkeit. Herrscht z. B. in einer Gegend der Anthrax mit grosser Heftigkeit und in weiter Verbreitung, so kann man mit Wahr­scheinlichkeit annehmen, dass alle dort lebenden Pflanzenfresser, wenn auch nur in leichtcrem Grade, an dem Krankheitsgenius partieipiren; man wird nun durch ein sorgfältiges, diätetisches und prophylactisches Verfahren, durch Fernhalten aller Schädlichkeiten den offenen Aus­bruch der Krankheit bei den einzelnen Thieren hintanzuhaltcn suchen, bei dem Auftreten gewisser Symptome diesen ganz anders begegnen und ihnen eine viel grössere Wichtigkeit beilegen, als unter anderen Verhältnissen.
Die Geneigtheit zur Entstehung von allgemeinen Erkrankungen ist bei der grosseu Verschiedenheit derselben eine sehr verschiedene. Manche kommen nur einer bestimmten Thiergattung zu (z.B. die Binderpest, die Schafpocken); andere entwickeln sich primär nur bei Pflanzenfressern und dem Schweine, können aber auf Fleisch-fressei übertragen werden (Anthrax); andere machen bezüglich des Alters, Geschlechtes und des besseren oder schlechteren Ernäh­rungszustandes in der Art einen Unterschied, dass sie bald bei dem einen bald bei dem anderen mit Vorliebe vorkommen, während andere in diesen Beziehungen keine Ausnahmen machen. Auch die Gelegen­heitsursachen sind sehr mannigfach und es kann für manche Fälle eine bestimmte Ursache mit Sicherheit nicht angegeben wei'den. Im Allgemei­nen lässt sich nur anführen, dass manche Ursachen nur sehr allmälig Veränderungen in der Constitution herbeiführen, jedoch eben durch die Dauer der Einwirkung das ersetzen, was ihnen an Heftigkeit mangelt. Hieher gehören jene Einflüsse, welche die Haltungsweise, die Nahrungs­mittel und Getränke, die Art des Aufenthaltes eines Thieres, die
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Anomalien der Conatitution.
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Beschaffenheit der Luft, welche es einathmet u. s. w. ausüben; und welche meist anfangs nur geringere, allmälig aber zunehmende Consti-tutionsabweichungen bedingen, denen entweder ein locales Leiden vor­hergeht , welches jedoch zur Erklärung der Allgemeinkrankheit nicht hinreicht, oder die auch ohne ein solches entstehen.
In anderen Fällen entwickelt sich eine Allgemcinkrankheit rasch, in Folge plötzlicher Versetzung der Thiere in Verhältnisse, welche von den bisher gewohnten bedeutend abweichen, oder der Einführung hin­reichender Mengen schädlicher Substanzen (Gifte, Contagien, in Zer­setzung begriffener organischer Theile) in den Thierkörper, dann durch Schädlichkeiten, welche mit hinreichender Stärke auf den ganzen Thier­körper oder auf ein wichtiges Organ einwirken, endlich in Folge inten­siver localer Krankheitsprocesse acuten oder chronischen Verlaufes.
Bezüglich ihres Verlaufes sind die Constitutionskrankheiten bald acute, bald chronische, obwohl auch der Fall eintritt, dass eine und dieselbe Krankheitsform bald rasch, bald langsam verläuft. Manche acute Constitutionsanomalie zeigt eine eigenthümliche Regelmässigkeit (Typus) des Verlaufes, indem zwischen dem Augenblicke der Einwir­kung der Schädlichkeit bis zu dem Auftreten der ersten Krankheits­symptome ein bestimmter Zeitraum — das Incubationsstadium —#9632; liegt und auch in dem ferneren Verlaufe gewisse deutlich markirte Stadien zu beobachten sind. Durch das üeberstehen mancher dieser Krankheiten wird die Disposition für eine wiederholte Erkrankung derselben Art entweder für immer oder doch für eine längere Zeit getilgt.
Ueber die Prognose und Behandlung der Constitutionsstörun-gen lässt sich bei der grossen Verschiedenartigkeit derselben etwas allgemein Giltiges nicht angeben, und es muss in dieser Rücksicht auf die einzelnen Formen selbst verwiesen werden. Der Uebersichtlichkeit wegen theilen wir diese Erkrankungen ein: in Störungen der Blut­mischung, in Constitutionskrankheiten, bedingt durch epi-zootische, enzootische oder contagiöse Infection und in Siech­krankheiten, obwohl wir selbst gerne zugeben, dass diese Classifici-rung manches Unzukömmliche habe und einzelne unter den localen Störungen aufgeführte Krankheitsformen, wie Eotz, Wurm, Wuth u. dgl. auch ganz wohl hier ihren Platz finden könnten.
RBU, Pathol. und Therapie. II. AuB.
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I. Abschnitt.
Störungen der Blutmischung.
sect;. 2. Die Krankheiten des Blutes verlaufen selten rein als solche; in der Eegel ziehen sie andere Organe in Mitleidenschaft und erlangen eben hiedurch für den üesammtorganismus eine grosse Be­deutung.
Die Mehrzahl der Veränderungen in der Blutmischung ist wohl ihrem näheren Wesen und ihrer Enlstelmngsweise nach unbekannt und obwohl bei -vielen Krankheiten unzweifelhaft Veränderungen in der Blutmischung vorhanden sind, wie bei Typhus, Pocken, Ruhr, bei Ver­giftungen u. s. f., so ist man doch nicht im Stande, mit Bestimmtheit anzugeben, worin dieselben bestehen.
Die wenigsten Blutkrankheiten mögen wohl primäre sein; bei wei­tem die überwiegende Zahl derselben ist durch bereits bestehende Er­krankungen anderer Organe, durch locale Störungen bedingt.
Der üeborsicht wegen können die Blutkrankheiten eingel heilt werden in:
T. Veränderungen in der Quantität und Qualität der Blutbestand-theile; II. Veränderungen der Blutmenge im Ganzen; III. Veränderungen des Blutes bedingt durch Anhäufung schädlicher Stoffe in demselben.
I. Veränderungen in der Quantität nnd Qualität der Blutbestandtheile.
sect;. 3. Wegen der Unzuverlässigkeit der Blutanalysen einerseits und der auch unter physiologischen Verhältnissen sehr wechselnden und labilen Zusammensetzung des Blutes andererseits wird es in den meisten l'ällen sehr schwierig, Veränderungen in den Verhältnissen der Zusam-
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Veränderungen In der Quantität und Qualität dor lUutbr'standtheile.
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mensetzung des Blutes mit Sicherheit nachzuweisen. Namentlich stösst die Diagnose solcher Zustände bei Hausthieren auf manche Anstände; meistens werden die hieher gehörigen Störungen erst aus den Sections-ergebnissen oder aus der Beschaffenheit des aus der Ader gelassenen Blutes, oder aus der Art des vorhandenen anderweitigen Krankheits-processes erschlossen.
Eine Vermehrung der rothen Blutkörperchen kommt bei Vollblüligkoit, nach bedeutenden Ausschwitzungsprocessen, in der Ee-convalescenz nach acuten Krankheiten vor. Das aus der Ader gelassene Blut bildet einen lockeren, voluminösen Kuchen ohne Speckhaut. Die Ursachen liegen einerseits in reichlicher Nahrung bei guter Verdauung und beschränkter Muskelthätigkeit, andererseits in einer relativen Ein-dickung des Blutes in Folge einer Ausschwitzung seiner Serum-Be-standtheile.
Diesen Ursachen entsprechend muss in einem gegebenen Falle die Behandlung eingeleitet werden.
Eine Verminderung der rothen Blutkörperchen erfolgt im Verlaufe acuter und chronischer Krankheitsprocesse, bei allgemeiner Anämie, nach wiederholten Aderlässen und Blutungen, in Krankheiten, bei welchen eine namhafte Vermehrung des Faserstoffes zugegen ist. Sie ist bald von einem raschen Zerfalle, bald von einer beschränkten Neubildung der Blutkörper, bald von beiden Umständen abhängig. Ihre Folgen sind: verminderte Sauerstoffäbsorption und dadurch bedingt verminderter Stoffwechsel und Verringerung der thierischen Wärme, Muskelschwäche. Die Behandlung hat die Beseitigung der Ursachen und die Restauration durch passende Diät und den Gebrauch bitterer, aromatischer und Eisenpräparate zum Zwecke.
Ueber Abänderungen in der Gestalt und in der chemi­schen Zusammensetzung der rothen Blutkörperchen liegen ver­lässliche Angaben nicht vor. Thatsaohe ist es, dass bei manchen Krank­heiten, wie beim Typhus, Anthrax, eine Gestaltänderung der, in dem aus der Ader entleerten Blute enthaltenen Körperchen verhältnissmässig rascher eintritt, als unter normalen Umständen.
Verminderte Sauerstoffaufnahme der Blutkörperchen. Wird durch irgend eine Ursache die Sauerstoffabsorption der Blutkör-pei-chen in den Lungen behindert, so wird hiedurch die Umwandlung des venösen in arterielles Blut aufgehoben, es entwickelt sich Cyanose, welche in ihrem höchsten Grade zum völligen Aufhören des Stoffwech-
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Veränderungen in der Quantität und Qualität der Blntbestandtheile
sels und zum Tode führt, aber auch in ihrem geringeren Grade wesent­liche Störungen veranlasst.
Die Ursachen liegen:
a)nbsp; nbsp;in gehindertem Zutritte der Luft zu dem Blute der Luugencapillareu in Folge von Verschliessung oder Verengerung der Stimmritze, der Luftröhre oder der Bronchien, von Behinderung des Lufteintrittes in die Lungenzellen wegen Infiltration oder Compression der Lungen, oder Paralyse der Lungenbläschen, wegen Verengerung des Brustraumes durch das vorgedrängte Zwerchfell;
b)nbsp; nbsp;in Störungen des Blutlaufes durch die Lungen, veran­lasst durch Herzkrankheiten, Stase in den Lungen, Compression der­selben ;
c)nbsp; nbsp; in dem Eindringen irrcspirabler Gase in die Lungen; endlich
d)nbsp; nbsp;in dem Verluste der Fähigkeit der Blutkörperchen, Sauer­stoff zu absorbireu, wie diess bisweilen in schweren Fällen von Typhus, Anthrax einzutreten scheint.
Die Erscheinungeu der Cyanosc sind: Kälte der peripherischen Theilc in Folge des beschränkten Stoffwechsels, Muskelschwäche, Be­täubung , in höheren Graden Asphyxie; Anhäufung des Blutes im Venensysteme, blaurothe Färbung der nicht pigment irten Haut und der sichtlichen Schleimhäute.
Die Behandlung muss auf Enlfernung der zu Grunde liegenden Ursache und auf Beseitigung der gefahrdrohendsten Symptome gerich­tet sein.
Eine Vermehrung der farblosen Blutkörperchen wird im Verlaufe von Entzündungen, von acuten Exanthomen, Typhus und An­thrax, von manchen chronischen Krankheiten, nach Blutverlusten beob­achtet.
Jene enorme Vermehrung der farblosen Blutkörperchen, mit Ver-grösserung der Milz und der Lymphdrüsen, welche beim Menschen vorkommt imd mit dem Namen der Leukämie bezeichnet wird, ist bis nun bei Thieren nur sehr selten beobachtet worden.
sect;. 4. Eine Vermehrung des Faserstoffes im Blute (Hyper-inose) kommt bei allen Entzündungen, namentlich bei jenen der Lun­gen , der serösen Häute, bei ausgebreiteten Entzündungen der Haut und des Unterhautbindegewebes, bei Tuberculose, Krebs vor. Ihre Ge­genwart gibt sich bei der Untersuchung des Aderlassblutes durch die Bildung eines derben, festen, rothen Kuchens, auf dessen Oberfläche
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Veränderangen in der Quantität und Qualität der Blutbestandtheile.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 293
sich nicht selten eine zähe, zusammenhängende, dicke, gclhe oder gelh-lichweisse Speckhaut einstellt, durch die Ausscheidung faserstoflreicher Exsudate, durch das Herausfallen einer, die normale Menge überschrei­tenden Quantität von Faserstotfgerinnseln beim Schlagen oder Quirlen des Blutes und überdiess im Cadaver durch das Vorhandensein reich­licher, derber, von Blutkörperchen grösstentheils freier Gerinnungen in dem rechten Herzen, der Lungenarterie und den grossen Venenstämmen zu erkennen.
Die Therapie der Hyperinose hat vor Allem die Beseitigung der Ursache im Auge zu haben. Als Mittel, welche der Vermehrung und Gerinnung des Faserstotfes entgegenwirken, haben sich die kohlen­sauren und schwefelsauren Kali-, Katron- und Magnesiasalze, der Sal­peter, der Brechweinstein bewährt.
Eine Verminderung des Faserstoffes im Blute (Hypinose) kommt bei Typhus, Scorbut, bei Blutzersetzung überhaupt, bei organi­schen Herzkrankheiten, nach stattgehabten reichlichen Exsudationen, nach sehr erschöpfenden körperlichen Anstrengungen (bei gehetzten Thieren), bei Anämie und in den letzten Stadien der meisten Siech­krankheiten vor. Ihre Gegenwart lässt sich aus dem Vorhandensein der genannten Processe und Zustände und aus der Beschatfenheit des Ader­lassblutes, welches bei dem Gerinnen anstatt eines festen Kuchens eine weiche gallertartige Masse bildet, die nur wenig Serum ausscheidet, vermuthen.
Als Folge dieses Zustandes tritt Muskelschwäohe, Neigung zu Blutungen, die auch schwer zu stillen sind, auf.
Die Behandlung muss gegen die zu Grunde liegende Ursache gerichtet sein; ein entsprechendes diätetisches Verhalten, reine, frische Luft, gute Nahrung, die Verabreichung von Mineralsäuren unterstützen die Cur wesentlich.
Zu den qualitativen Veränderungen des Faserstotfes gehören: die gesteigerte Gerinnfähigkeit desselben, wodurch zur Bildung von Pfropfen in Gefässen (sect;. 112), so wie von bisweilen massenhaften Gerinnungen in Exsudaten Veranlassung gegeben wird, dann die (in dem sect;. 143 geschilderten) Modificationen des Exsudatfaserstoffes, endlich das sogenannte Fibrinogen Virchow's (sect;. 146).
sect;. 5. Eine relative Vermehrung des Eiweisses im Blute ent­wickelt sich im Verlaufe A-on Krankheiten, bei welchen durch Seorotio-nen eine bedeutende Menge von Wasser ausgeschieden wird. Durch den reichlichen Genuss proteinhältiger Nahrungsmittel, bei beschränkter
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294nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Veränderungen in der Quantität und Qualität der BlutbestandtheUe.
Muskelthätigkeit und Eespiration, stellt sich eine Zunahme des Eiweis-ses im Blute ein, in Folge deren eine vermehrte Aufnahme von Serum in das Blut stattfindet, wodurch die absolute Menge des Blutes zunimmt und sich ein Zustand von Plethora entwickelt.
Die Therapie hat die zu Grunde liegenden Ursachen thunlichst zu beseitigen, namentlich die Zufuhr proteinhältiger Nahrung zu be­schränken, eine Steigerung der Muskelthätigkeit und Respiration durch vermehrte Bewegung zu veranlassen und vielleicht durch Verabreichung von Kochsalz die Eiweissmenge im Blute zu verringern oder wenigstens eine Vermehrung derselben zu hindern. Auch salzige Furgirmittel wä­ren am Platze.
Die relative Vermehrung des Eiweissgehaltes im Blute gleicht sich durch quot;Wasseraufnahme aus den Parenchymen oder dem genossenen Getränke wieder aus.
Eine Verminderung des Eiweissgehaltes im Blute stellt sich ein: durch verminderte Eiweisszufuhr in den Körper, durch ungenügende oder an Proteinsubstanzen arme Nahrungsmittel, durch reichliche und fortdauernde Ausscheidungen eiweisshältiger Substanzen aus dem Blute, wie durch Durchfälle, Eiterungs- und Exsudationsprocesse, Blutverluste, zu reichliche Milchsecretion, durch chronische Nieren- und Herzkrank­heiten. Sie entwickelt sich demnach sehr häufig im Verlaufe schwerer acuter und chronischer Krankheitsprocesse, während welcher die Nah­rungsaufnahme gestört war, während gleichwohl der Stoffwechsel fort­dauerte oder sogar gesteigert war.
Mit der Abnahme des Eiweisses steigt der Serumgehalt des Blu­tes, es entwickelt sich eine seröse Blutmischung, welche zur leichteren Entstehung von wassersüchtigen Ergüssen in das Bindegewebe und in Körperhöhlen Veranlassung gibt.
Die Therapie muss auf Entfernung der veranlassenden Ursachen, Beseitigung der zu Grunde liegenden Krankheitsprocesse, Verbesserung der Ernährung durch kräftige Nahrung, gute Hautpflege, reine Luft bedacht sein. Als Arzneimittel empfehlen sich nebenbei bittere, bitter-aromatische und gewürzhafte Mittel, dann die Eisenpräparate. Die Be­seitigung der sich einsfellenden Wassersucht kann durch die Verabrei­chung von Arzneien, welche die Urin-, Darm- und Hautsecretion stei­gern, versucht werden.
Ueber qualitative Veränderungen des Eiweisses im Blute ist etwas Sicheres nicht bekannt. Dasselbe gilt rücksichtlich der quantita-
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Veränderungen der Blutmenge im Ganzen. — Vollblütigkeit.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;*;,'.')
tiven und qualitativen Abänderungen der Salze, Fette und sogenann­ten Extractivstoffe des Blutes.
II. Veränderungen der Blutmenge im Ganzen.
sect;. 6. Es gehören hieher die Blutfülle (Plethora) und die Blut­leere (Anämie).
Obwohl die einer bestimmten Thiergattung zukommende mittlere Blutmenge an und für sich mit Sicherheit nicht, und noch weniger die Blutmenge eines individuellen Thiercs bekannt ist, so lässt sich doch aus dem Grade der Anfüllung der oberÜächlichen Gcfässe, dem Aussehen der sichtlichen Schleimhäute und der allgemeinen Decke, so wie aus der Beschaffenheit des Pulses ein Schluss auf die Menge des in dem Kör­per enthaltenen Blutes ziehen.
Die Folgen dieser Anomalien beziehen sich einerseits auf den Stoffwechsel, andererseits auf die Blutgefässe. Bei Vermehrung der Blutmenge wird der Stoffwechsel, flic Wärmebildung, die Ernährung gesteigert; in Folge des gesteigerten Seitendruckes auf die Gefässwan-dungen kann es zu Hyperämien und Exsudationen, so wie, namentlich wenn die Gefässhäute selbst erkrankt sind, leicht zu Blutungen kommen.
Die Verminderung der Blutmasse führt jene Folgen mit sich, welche eine Verminderung der Blutkörperchen, des Faserstoffes und Eiweisses bedingt; die nicht erfüllten Gefässe ziehen sich zusammen oder collabiren und aus den Parenchymen wird Flüssigkeit aufge-
1. Die Yollblutlgkeit, Blutfülle, Plethora.
sect;. 7. Bei der eigentlichen, wahren Vollblütigkeit ist eine Vermehrung der Blutmenge ohne Abänderung seiner normalen Zusam­mensetzung zugegen. Während des Lebens lässt sich auf eine Zunahme der Blutmenge nur mit Wahrscheinlichkeit aus der starken Anfüllung der Hautvenen, der höheren Eöthe der sichtlichen Schleimhäute, dem kräftigen, vollen und harten Pulse, dem kräftigen Herzschlage, der ver­mehrten Körperwärme schliessen. Dieser Zustand bedingt an und für sich noch nicht eine eigentliche Krankheit, er führt jedoch häufig dazu. Es entstehen hiedurch Congestionen zu verschiedenen Körpertheilen (Gehirn, Lungen, Leber, Darm u. s. w.), Zerreissungen der Gefässe der­selben und Blutungen u. z. schon auf Veranlassungen, welche bei anderen
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296nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Vollbltttigkeit.
Thieren spurlos vorübergehen. Diese Zustände wiederholen sich in der Regel öfter und führen endlich zu Exsudationen, zu organischen Ver­änderungen bestimmter Organe (zu Herz-, Gehirn-, Leberkrankheiten, chronischen Katarrhen u. s. w.), und hiedurch zu -wahren Constitutions-krankheiten. Bisweilen ist das Blut vorzugsweise in einzelnen Gefäss-abschnitten (den Venen) oder in Organen oder Organgruppen (z. B. dem Pfortadersysteme) angehäuft, Fälle, welche sich dann den örtlichen Hy­perämien anreihen.
Höhere Grade der Vollblütigkeit verursachen einen gefährliche­ren Verlauf mancher örtlicher Erkrankungen und können selbst tödtliche Folgen (z. B. acutes Lungenödem) nach sich ziehen.
In den Cadavern vollblütiger Thiere finden sich entweder alle Theile in höherem Grade blutreich, dunkelroth gefärbt, das Gefässsystcm besonders in seinen venösen Abschnitten, und das Herz von Blut strotzend, oder neben einem normalen Blutgehalte einzelner Theile starke Hyperämien anderer Organe, der Lungen, der Leber, des Gehir­nes u. s. w.
Die Ursachen liegen zunächst in einer Vermehrung des Eiweis-ses des Blutes und der Blutkörperchen, worauf durch Anziehung von Wasser aus der Umgebung die absolute Menge des Blutes vermehrt wird. Die Vollblütigkeit entwickelt sich demnach vorzugsweise bei jüngeren Thieren, welche bei einer kräftigen Verdauung und wenig Muskelanstrengung viel prote'inhältige Nahrung erhal­ten ; sie erscheint auch nach der Unterdrückung gewohnter Absonderun­gen (z. B. der Milch), nach der Unterlassung gewohnter Aderlässe u. dgl. m. Der Körper gewöhnt sich allmälig an die grössere Blutmenge und kann dieselbe endlich nicht mehr entbehren; es erklärt sich hieraus der Nachtheil, welchen wiederholte Blutentleerungen, die Anwendung starker Purgirmittel bei solchen Thieren bisweilen veranlassen.
Im Anfange und bei nicht hoher Entwicklung gestaltet sich die Vorhersage gunstig, sie ist aber natürlich nach der Art der etwa vor­handenen örtlichen Störung verschieden. Bei höheren Graden oder längerer Andauer hängt sie von den schon entwickelten Constitutions-abweichungen oder den ausgebildeten seeundären Processen ab.
Die Behandlung hat die Wiederherstellung des Gleichgewichtes zwischen Blutbildung und Verbrauch anzustreben. Diess geschieht am besten allmälig durch Beschränkung des nahrhaften Futters, angemes­sene und ausgiebige Bewegung, die Verabreichung von viel Trinkwasser, kühlenden und leicht abführenden Salzen (besonders des Kochsalzes).
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Blutarmuth.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;297
Bei dem Eintritte gefahrlicher Hyperämien zu wichtigen Organen sind ein reichlicher Aderlass, nach Erfoidemiss kalte Umschläge, ein kräfti­ges Purgirmittel anzuwenden.
Wiederholte Aderlässe und der fortgesetzte Gebrauch von Purgir-mitteln wirken leicht nachtheilig.
2. Itliilaiiiiiilli, Ulutmangel, Itlullciic, Anfimie.
sect;. 8. Es ist diess ein Krankheitszustand, bei welchem die Menge des Blutes bei sonst normalen Yerhältuissen seiner Zusammensetzung verringert ist; er besteht jedoch als solcher nicht lange rein, indem die Blutflüssigkeit sich gewöhnlich rasch zersetzt und dann das Blut dünnflüssig, blass, an rotheu Blutkörperchen arm, speeifisch leichter erscheint und aus der Ader gelassen einen kleinen, in viel Serum schwimmenden Blutkuchen bildet.
Die Blutarmuth entsteht primär durch starken Blut- und Säfteverlust (reichliche Eiterung, übermässige Ausleerungen), durch Mangel an hinreichejider und guter Xahrung und reiner Luft, durch anhaltende oder übermässige köi'perliche Anstrengung; seeundär im Gefolge verschiedener acuter oder chronischer Krankheiten, durch welche entweder die Blutbildung beeinträchtiget oder in Folge bedeutender Ausschwitzungen die Menge der Eiweisskörper im Blute verringert wurde; am häufigsten im Gefolge von acuten und chronischen Lungen­krankheiten, von ausgebreiteten und intensiven Entzündungen, nach Typhus, Tuberculose, Krebs u. s. w.
Symptome. Blässe und Schlaffheit der Haut und der Schleim­häute , blaugrauliche Färbung der undurchsichtigen Hornhaut, matter Blick, Verminderung der Körpertemperatur, Sinken der Muskelkraft, daher leichte Ermüdung selbst bei massiger Bewegung, Verminderung der Fresslust, kleiner schwacher, meist beschleunigter Puls, fühlbarer Herzschlag, in höheren Graden Abmagerung und Entkräftung, in vielen Fällen erhöhte Erregbarkeit der Herz- und Gefässthätigkeit. Auch die Blutleere ist bisweilen in einzelnen Gefässpartien oder Organgruppen vorzugsweise entwickelt.
Sie entsteht bald rasch (z. B. nach erschöpfenden Blutungen), bald nur allmälig; ihr Verlauf ist jedoch stets langwierig; Besserung tritt nur langsam u. z. in jenen Fällen, in denen sie durch locale Erkran­kungen bedingt ist, nur nach der Heilung dieser ein. Der Tod erfolgt entweder durch die bedeutende Höhe der Blutleere selbst oder durch
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298nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Bleichsucht.
sich entwickelnde anderweitige Krankheitsprocesse; am häufigsten bildet sich Wassersucht aus.
Nach diesen Rücksichten ist auch die Vorhersage verschieden.
Pathologische Anatomie. In den Cadavern Anämischer findet sich Blässe und Schlaffheit der Organe, Blutleere in dem meist stark zusammengezogenen Herzen und in den Gefässen, häufig seröse Durch­schwitzungen in die grossen Körperhöhlen und in das Unterhautbin­degewebe.
Die Therapie hat vorzüglich die Entfernung der, der Blutleere zu Gnmde liegenden Ursachen im Auge zu behalten, nach deren Besei­tigung dieselbe bisweilen ohne weitere Behandlung verschwindet. Ausser-dem muss für gutes, nahrhaftes, leicht verdauliches Futter, reine Luft und massige Bewegung Sorge getragen werden. Unter den eigentlichen Arzneimitteln empfehlen sich insbesondere Eisenpräparate, so wie die bitteren, aromatisch-bitteren und gewürzhaften Pfianzenstoffe. Bei Thie-ren, in welchen sich die Blutleere durch erschöpfende Blutungen oder nach überstandenen schweren Krankheiten entwickelt, wurde auch die Infusion des Blutes versucht.
3. Die Bleichsucht, Fäule, Faulsucht (Cacheiia aquosa).
sect;. 9. Diese Krankheit, bei welcher das Blut sehr dünnflüssig, nur wenig klebend, fleischwasserähnlich erscheint, entweder gar nicht oder nur zu einem schlaffen, lockeren Kuchen gerinnt und sich durch eine relative Vermehrung des Blutserums gegenüber dem Faserstoffe, Eiweiss und den Blutkörperchen auszeichnet, stellt gleichsam eine höhere Entwicklung der Anämie dar.
Man versteht darunter ein meist epizootisches oder enzooti-sches Leiden, welches am häufigsten bei Schafen vorkommt und sich durch einen anämischen Zustand, so wie durch die Häufigkeit des Eintrittes wassersüchtiger Ergüsse in die Körperhöhlen und das Unter­hautbindegewebe auszeichnet.
Aetiologie. Eine Anlage zu dieser Krankheit kommt den Scha­fen überhaupt vermöge ihrer zarteren Körperconstitution zu; junge und weibliche Thiere werden im Verhältnisse häufiger von ihr befal­len als ältere und männliche. Als veranlassende Ursachen können alle jene, der Constitution des Schafviehes nicht zusagenden Verhält­nisse angesehen werden, welche den Ernährungsprocess und die Blut­bildung beeinträchtigen und seröse Durchschwitzungen begünstigen.
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tileichsucbt.
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Hieher gehören vorzugsweise anhaltende Nässe, ungenügende, un­kräftige und feuchte Nahrung, schlechte Stallungen, das Pferchen auf feuchtem oder durchnässtem Boden, ühersclnvemmte, sumpfige, moorige, bethaute oder bereifte, oder vom langen Kegen durchweichte, mit üppigem, gewöhnlich saurem ürase besetzte Weiden, fortgesetzte Fütterung mit zu wasserhaltigen Kartoffeln, Rüben, Brühfutter u. dgl. oder zu geilem oder verdorbenem Futter; der Genuss stehenden, ver­dorbenen, besonders Humpfwassers. Diese Krankheit erlangt daher vorzugsweise nach nassen Jahrgängen und stattgefundenen üeberschwem-mungen eine grössere, bisweilen seuchenartige Verbreitung und herrscht in tiefgelegenen, mit moorigen oder feuchten Wiesen versehenen Gegenden als ein enzootisches Leiden. Secundär entwickelt sich die Bleichsucht im Verlaufe verschiedener chronischer Krankheiten.
Pathologische Anatomie. Die constautesten Erscheinungen sind: Dünnflüssiges, nicht klebendes, in verschiedenen Graden blasses, bis zum Fleischwasser ähnliches Blut, entweder keine oder nur unbe­deutende gallertähnliche, stark durchfeuchtete Gerinnungen in den Herzhöhlen und grösseren Gefässen, Blässe der Musculatur und der Parenchyme aller Organe, seröse Infiltrationen in dem Bindegewebe der Haut und der Organe, Oedem des Gehirnes, oder seröse Ergüsse iu den Seitenkammorn, häufig Brust-, Bauch- und Herzbeutel-Wasser­sucht, Lungenödem, Anschwellungen der Gekrösdrüsen. Nicht selten sind in den Gallengängen und der mit sehr dünner, beinahe farbloser und kaum bitter schmeckender Galle angefüllten Gallenblase Leberegel, in den Bronchialästen Lungenfadenwürmer zugegen.
Erscheinungen und Verlauf. Da die Krankheit sich nur all-mälig entwickelt, so wird ihr Beginn häufig übersehen und ihr Dasein meist dann erst bemerkt und berücksichtiget, wenn die i-tymptome bereits einen höheren Grad erreicht haben. In diesem Falle lässt sich ihr Vor­handensein schon aus dem trägen, matten Gange der Thiere, ihrer leichten Ermüdung, ihrem öfteren Zurückbleiben hinter der Heerde, dem geringen Widerstände, welchen sie beim Fangen leisten, vermuthen. Eine nähere Untersuchung derselben zeigt die Wolle weniger elastisch, leicht ausgehend, die Haut bleich, bisweilen ödema-tös, ebenso die sichtlichen Schleimhäute, welche auch meistens von zähem Schleime bedeckt sind, die Bindehaut des Auges erbleicht oder bläulich und besonders am inneren Augenwinkel serös infiltrirt, die Augenlider ödematös geschwollen (s. g. Fettauge); der Körper ist abgemagert, der Hinterleib bisweilen durch das in seine Höhle
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300nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Bleichsucht.
ergossene Serum ausgedehnt, schwappend, das Athmen selten normal, meistens beschleuniget und erschwert, manchmal stöhnend, der Puls etwas beschleuniget, klein, der Herzschlag meist beiderseits deutlich fühlbar, die Fresslust vermindert, der Durst häufig gesteigert, die Exeremente weicher, sogar diarrhoisch, abwechselnd mit Verstopfung.
Wird die Krankheit in ihrer weiteren Entwicklung nicht aufge­halten, so nehmen diese Erscheinungen an Intensität zu, aus der 'Na.se, dem Maule und den Augen stellt sich ein schmieriger Ausfluss ein, die ödematöse Anschwellung nimmt besonders am Kopfe und Halse (als s. g. Kropf), dann an der Brust, am Bauche und au den Hinter­schenkeln zu, die allgemeine Abmagerung und die Auftreibung des Hinterleibes werden grosser, die Wolle fällt büschelweise aiis, die Athmungsbeschwerden steigern sich mit der Zunahme des serösen Ergusses in die Brusthöhle, die Hinfälligkeit wird stets grosser, übel­riechende Durchfälle stellen sich ein, die Thiere können sich endlich nicht mehr vom Boden erheben und gehen in Folge von Erschöpfung oder von Hirn- oder Lungenödem zu Grunde.
Die gleichzeitige Gegenwart von Lungenwürmern oder Leber-egeln ändert das gegebene Krankheitsbild in Etwas ab.
Die Prognose hängt von dem Grade und der Dauer des Leidens und den hiedurch etwa bereits veranlassten Folgen, dann von dem Um­stände, ob die seinem Entstehen zu Grunde liegenden Ursachen zu ent­fernen sind oder nicht, ab. Da diese letzteren gewöhnlich in ökono­mischen Uebelständen, welche nur sehr schwer, oft gar nicht gehoben werden können, liegen, so fällt auch die Vorhersage meistens ungün­stig aus.
Die Vorbauung muss auf die Hintanhaltung der als veranlassende Ursachen angeführten Schädlichkeiten gerichtet sein. Bei ungünstigen Verhältnissen der quot;Witterung und Weide, bei feuchtem Wetter, bei vorausgegangenen Ueberschwemmungen soll den Thieren vor dem Aus­triebe wenigstens etwas trockenes, gutes Futter vorgesetzt und eine Mischung aus bitteren und aromatischen Stoffen mit etwas Kochsalz als Lecke gegeben werden; besser ist es, dieselben während feuchten und kalten Wetters lieber ganz zu Hause zu lassen. Da die Krankheit vor­zugsweise Schwächlinge befällt, so wäre durch die Auswahl gesunder, starker Zuchtschafe auf die Erzielung einer kräftigen Nachkommenschaft hinzuwirken.
Die Heilung ist nur im Beginne der Krankheit und dort, wo die veranlassenden Schädlichkeiten fern gehalten oder vermindert,
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Veränderungen des Blutus, bedingt durch Anhäufung schädlicher Stoffe.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;301
gutes, leicht verdauliches, aber doch kräftig nährendes Futter herbeige­schafft , und das übrige diätetische Verfahren der Xatur des Schafes entsprechend geregelt werden kann,— zu erwarten. Als Arzneimittel werden bitter-aromatische und herbe Stoffe (Enzian, Wermuth, Wachholderbeeren, Calmus, Alant, Eichenrinde u. s. w.) in Verbindung mit Kochsalz, Eisenvitriol oder Ktahlschwefel, glänzendem Ofenruss, dann mit harntreibenden Mitteln, als Terpentinöl, Fich­ten- oder Wachholdersprossen, vorzugsweise in Form von Lecken angerühmt. Auch für das Trinkwasser wird ein Zusatz von Eisen­vitriol (74 Pfund auf 20 Pfund Wasser) empfohlen. Jene Thiere, bei welchen die Krankheit schon einen höheren Grad erreicht hat, werden mit grösserem Vortheile sogleich für die Schlachtbank bestimmt. Bei lleconvalescenten ist der schnelle Uebergang zu grünem, saftigem Futter zu vermeiden.
Ein ähnlicher Krankhcitszustand, häutig mit der Egelkrankheit verbunden, kommt bei dem Rindviche vor, bei dem sich dann bisweilen auch ein schuppiger Ausschlag am Kopfe, Halse und Rücken einstellt. Die Erscheinungen, der Verlauf, die Ursachen und die Behandlung weichen nicht von jenen der Fäule der Schafe ab. Die von Ausschlag befallenen Hautstellen konneu übenlioss mit Lauge oder Seifenwasser ge­waschen werden.
III. Veränderungen des Blutes, bedingt durch Anhäufung schädlicher
Stoffe in demselben.
sect;. 10. Die Mischung des Blutes erscheint bisweilen in der Art verändert, dass in demselben Stoffe angesammelt sind, welche bald auf mechanische, bald auf chemische Weise, bald auf beide Arten nachthei­lig wirken und bald von aussen in den Körper gelangen, bald aber im Inneren desselben sich entwickeln.
In die Reihe dieser Anomalien gehören: die unbekannten Verän­derungen, welche das Blut durch die Aufnahme von Contagion und Miasmen, so wie jene, die es durch die Einführung von Giften erleidet. Namentlich veranlassen manche PÜanzengifte , aus der Reihe der betäubenden und scharfen, betäubenden Stoffe eine rasch eintretende Veränderung in der Blutmischung, welche sich durch eine dunkle Färbung, Verringerung oder Verlust der Gerinnfähigkeit des Blu­tes, durch die Häufigkeit des Auftretens von Hyperämien der Muscu-latur, der Leber, Milz, Nieren, des Gehirnes und von blutigen Trän­kungen verschiedener Theile auszeichnet. Hieher sind femer zu rechnen:
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302nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Veränderungen dea Blutca, bedingt durch Anhäufung schädlicher Stoffe.
die Anhäufung von Gallenbestandtheilen im Blute in Folge einer Aufnahme der durch irgend ein Hinderniss nicht in den Darm gelan­genden, in der Leber secemirten Galle, wodurch Gelbsucht veranlasst wird; dann die Zurückhaltung gewisser, im Normalzustande durch den Harn zu entfernender Producte des Stoffwechsels, namentlich des Harn­stoffes, die vorzugsweise durch die Umwandlung dieses letzteren in kohlensaures Ammoniak nachtheilige Wirkungen auf den Gesammtorga-nismus hervorzurufen scheint (Urämie, wovon bei den Krankheiten der Harnorgane die Rede sein wird); ferner die, durch Anomalien des Stoffwechsels bedingte Ansammlung grösserer Mengen von Klee- und Harnsäure im Blute, die zur Steinbildung Anlass geben.
Auch körperliche Theile finden sich bisweilen in dem krei­senden Blute, welche, indem sie in engeren Gefässcanälen stecken blei­ben, nachtheilige Folgen herbeiführen können. Hieher gehören:
Die (bereits im sect;. 112 des allgem. Thciles angeführten) Blut-und Faser st off gerinn sei, welche, sobald sie in eine Arterie gelangt sind, bis zu einem Aestchen vordringen, das sie vermöge ihrer Masse zu passiren nicht weiter im Stande sind und das sie, so wie die von ihm abgehenden Capillaren, verstopfen. Hicdurch entstellt in dem Or­gane eine keilförmige, bisweilen rundliche Stelle, welche dem Bereiche des verstopften Arterienästchens entspricht und in welchem sich Extra­vasation und Exsudation entwickelt, wodurch sie anfangs eine gleich­förmige, gesättigt rothe Färbung erlangt. Man nennt solche, von Blut und Exsudat infiltrirtc Stellen, deren Capillaren von fremdartigen Ge­rinnungen verstopft sind, Metastasen oder metastatische Heer de. Sie kommen am häufigsten in der Lunge, der Leber, der Milz, den Nieren, dem Unterhautbindegewebe, den Muskeln und der Haut meist in ziem­lich beträchtlicher Menge vor. Sie worden entweder nach vorausgegan­gener, fettiger Entartung aufgesaugt und es bleibt in diesem Falle nur ein Strang neugebildeten Bindegewebes (eine Narbe) zurück, oder sie verkreiden, oder endlich sie zerfliessen in Eiter und bilden Abscesse, wodurch Zerstörung der benachbarten Theile oder in Folge des Uebertrittos der Jauche aus dem Abscesse in das Blut (Pyämie), Zersetzung dieses letzteren mit meist tödtlichem Ausgange veran­lasst wird.
Hier reihen sich am passendsten einige Krankheitsformen an, welche in Beziehung zu den angeführten Blutanomalien stehen, aber verhältnissmässig nicht sehr häufig bei den Hausthieren vorkommen, nämlich: die faulige Zersetzung des Blutes, der Scorbut und die Pyämie.
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Faulige Zersetzuut; des Blutes. — Scorbut.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; OUo
1. Faulige Zersetzung des Blutes (Sepllcaemle).
sect;.11. Das Blut gerinnt hiebei nicht oder nur unvollkommen zu einer theerähnlichen, schmierigen Masse von dunkelbrauner, schmutziger Farbe, sein Serum ist blutig gefärbt, es geht rasch in Fäulniss über und verursacht missfarbige Tränkungen der verschie­denen Parenchyme und ähnliche Färbungen der Absonderungstlüssig-keiten. Dieser Zustand entwickelt sicli nach der Aufnahme brandiger und fauler Flüssigkeiten, Contagien, Miasmen, animalischer Gifte in das Blut, nach sehr angestrengter Muskelbewegung (bei gehetzten Thiercn), im Verlaufe mancher Krankheiten (des Typhus, Anthrax), bei Zurück­haltung des Harnstoffes im Blute.
In den höheren Graden dieses Zustandes enthalten die Secrete aufgelösten Blutfarbcstoff, es bilden sich Ergüsse blutigen Serums in verschiedene Organe, in das Bindegewebe, in seröse Säcke, die sicht­lichen Schleimhäute erlangen eine schmutziggclblichc Färbung. Der Puls der Kranken wird klein, schwach, meist sehr beschleuniget, es erfolgen häufig Blutungen aus der katarrliali sehen Darmschleimhaut und unter grosser Hinfälligkeit, Abstumpfung oder zeitweiliger Aufregung erfolgt in der Regel der Tod.
Bei den Sectiouen finden sich aussei- den schon erwähnten Er­scheinungen meistens acute Milzgeschwülste und blutig gefärbte Infiltra­tionen der Gekrösdrüsen. In manchen Fällen reagirt das Blut sauer, in anderen enthält es kohlensaures oder hydrothionsaures Ammo­niak ; die Blutkörperchen sind entweder ganz oder theilweise zerstört und haben die Eigenschaft, unter Einwirkung der Luft sich zu röthen, verloren.
Die Vorhersage ist absolut ungünstig.
Die Behandlung hat zuerst die, bisweilen nachzuweisende Ur­sache, z. B. faulenden Eiter, Brandjauchc u. s. w. zu entfernen und für reine, frische Luft, gute Nahrung Sorge zu tragen. Für den innerlichen Gebrauch empfehlen sich Chlorwasser, verdünnte Säuren, erregende und zusammenziehende Stoffe; nebstbei erfordern die drohendsten Symptome besondere Berücksichtigung.
2. Der Scorbut.
sect;. 1-2. Man versteht hierunter eine, bis nun bloss bei Schafen und Schweinen selten beobachtete Krankheit, welche sich durch die Häufigkeit des Auftretens von blutigen Infiltrationen und Blut-
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304nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Bcorlrat
extravasaten, besonders an dem Zahnfleische, bei Schweinen auch durch leichteres Ausgehen der an ihrem Wurzelende blutigen Bor­sten (Borstenfäule) zu erkennen gibt.
Als Ursache werden bei Lämmern schlechte, dumpfige, heisse Stallungen und unangemessenes, diätetisches Verhalten, bei Schweinen gleichfalls dumpfe, mit Excrementen überhäufte Ställe, schlechte, be­sonders faule, thierische Nahrung, Mangel an frischer Luft und Bewe­gung beschuldiget.
Erscheinungen. Es sind die einer Siechkrankheit im Allge­meinen zukommenden; überdiess aber erfolgt Anschwellung des violett missfärbigen, bei der geringsten Berührung leicht blutenden Zahnflei­sches, ein übler Geruch aus dem Maule, Lockerwerden und Heraus­fallen der Sohneidezähne. Bei Schweinen (in der Borstcnfaule) ge­sellt sich hiezu noch ein leichtes Losgehen und Ausfallen der Borsten, deren Wurzel dann blutig erscheint, und die Bildung von Extravasa-tionen in die Haut, welche hiedurch mit bläulich rothen Flecken besetzt erscheint. Bei allmäliger Steigerung der Erscheinungen des allgemeinen Siechthums gehen die Thiere unter colliquativen Ausleerungen zu Grunde. (Die von Gleisberg beschriebene Blutfleckenkrankheit der Schweine reiht sich wohl zunächst dem Anthrax an.)
Die Section ergibt ein dissolutes, dunkles oder missfärbiges, nur wenig gerinnendes Blut, Extravasate in verschiedenen Theilen, beson­ders in der Schleimhaut der Maul- und Rachenhöhle, bisweilen auch geschwürige Zerstörungen in den Schleimhäuten und Knochen dieser Partien.
Die Prognose ist nur bei noch nicht weit vorgeschrittener Krank­heit günstig.
Die Behandlung besteht in der Entfernung der veranlassenden Ursachen, in der Verabreichung eines leicht zu kauenden, guten Fut­ters (Grünfutter, bei Schweinen auch säuerliches Obst, gestossene Eicheln oder Kastanien), bitterer, gewürzhafter und herber Arz­neien (z. B. Wermuth, Kalmus, Bitterklee, Eichenrinden u. dgl. in Abkochung) mit Kampher, bei Schweinen mit Kalkwasser, Alaun oder Eisenvitriol, dem Darreichen säuerlicher Getränke; in Reinigung des Maules mit herben Abkochungen unter Zusatz einer Mineral-(besonders der Schwefel-) Säure; bei Eintritt von Eiterung im Zahn­fleische: in Ausdrücken des Eiters und Bestreichen des Zahnfleisches mit Essig, Myrrhentinctur, Chlorwasser u. dgl. Sind Zähne locker, so müssen sie entfernt werden. Gegen das Hautleiden bei Schweinen
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Pyämio.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 305
worden öfteres Baden und Schwemmen, dann Waschungen mit durch Essig angesäuertem Wasser empfohlen. Da die Heilung stets nur nach langwieriger Behandlung eintritt, so ist in den meisten Fallen ein bal­diges Schlachten der ergriffenen Thicre vorzuziehen.
4. Prämie.
sect;. 18. Unter P5-ämie — Eiterinfeetion des Blutes — ver­steht man jenen Krankheitsprocess, der sich durch die Tendenz zur Bildung zahlreicher kleiner (lobulärer) Abscesse, sogenannter me­tastatischer oder pyämischer Heerdc (sect;. 10) auszeichnet.
Die Gegenwart solcher metastatischer Hecrde bedingt theils ört­lich Störungen der Function in dem ergriffenen Organe, Zerstörung desselben durch Jauohung und Gangrän, die Entwicklung von Oedem in der Umgebung; theils allgemeine Folgen, veranlagst durch Auf­nahme der Jauche dieser Heerde in das Blut und dadurch bedingte faulige Zersetzung desselben, Eintritt von Schwäche- oder Zehrfieber oft mit tödtlichem Ausgange.
Die Pyämie kann durch verschiedene Ursachen bedingt werden. Eine der häufigsten geben die bereits wiederholt erwähnten Faser­stoffgerinnsel — namentlich die fortgesetzten Pfropfe — ab (sect;. 112 des allg. Theiles), welche nach ihrer Losspülung von dem cir-culirendcn Blute fortgerissen und in einem Gefässe, dessen Lumen sie nicht passiren können, oder an einer gabelförmigen Geflisstheilung sitzen bleiben und die bekannten Folgen veranlassen. Gleiche Wirkun­gen veranlassen auf mechanische Weise: grössere Eiterklümpchcn, zusammengebackene Eiterkövperchen, Faserstotfgerinnscl, sobald sie in offene'Gefässe gelangen, mit dem Blutstrome weiter bewegt wer­den und sich durch Faserstoffniederschläge aus dem Blute vergrössern. In manchen Fällen scheint die Bildung von Faserstoffpfiöpfen durch eine (im sect;. 4 erwähnte) gesteigerte Gerinnfälligkeit des Blut­fibrins in hohem Grade begünstiget zu werden, und es dürften durch Embolie solcher Pfropfe insbesondere jene Fälle von Pyämie veranlasst werden, welche ohne einen vorausgegangenen Eiterungs- oder Jauchungsprocess sich einstellen und bisweilen gleichzeitig bei verschie­denen Thicren in grösserer Verbreitung (gleichsam durch miasmatische Infection) vorkommen.
Die Krankheitsprocessc, in deren Gefolge der Eintritt von Pyämie am häufigsten beobachtet wird, sind: Eiterungs-
Rüll, Pathol. und Therapie. II. Aufl.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;20
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und .Tauclmngsprocesse, namentlich in solchen Theilen, von welchen der Eiter oder die Jauche nicht abüiessen kann, oder in denen Luft und faulende Substanzen eine Zersetzung des Eiters begünstigen, bran­dige Abseesse, Karbunkel, Venen- und Lynrphgefassentzündung, Entzün­dung des Endocardiums, der inneren Elächc des Tragsackes, eiterige und jauchige Gelenks- und Hufentzündung, Kotz- und Wurmgeschwüre, eiternde Pocken, Kuhr u. s. w.
Erscheinungen. Die Krankheit beginnt häufig mit einem Schüttelfroste oder einem Frostanfalle, der sich bisweilen wiederholt, und mit darauf folgender Hitze; der Puls wird in hohem Grade beschleu­niget , die Fresslust vermindert, der Durst gesteigert, der Absatz der Excremente uuregelmässig, oft diarrhoisch, selbst blutig, übelriechend; bei Pferden bilden sich auf der Xasenschleimhaut croupöse Beschläge oder diphtheritische Geschwüre. In den meisten Fällen wird das Ath-men beschleuniget, rasselnd oder pfeifend (in Folge der Bildung diph-theritischer Geschwüre auf der Kelilkopfschlcimhaut), es entwickeln sich die Erscheinungen einer lobulären Lungenentzündung, des Lungen­ödems oder des Lungenbrandes. Häufig gesellen sich, namentlich bei Pfer­den, rothlaufartige Anschwellungen in der Haut, besonders der hinteren Extremitäten mit ausgedehnter Jauchuug im Unterhautbindegewebe hin­zu. Eiternde Flächen beginnen nach dem Eintritte der Pyämie gewöhn­lich eine dünne, jauchige Flüssigkeit abzusondern.
In leichteren Fällen erreichen die Symptome nur eine massige Höhe und es kann selbst Genesung eintreten; jedoch erholen sich die Kranken nur allmälig. in schweren Fällen erfolgt der Tod entweder rasch, besonders wenn die Kehlkopfs- oder Lungenattection eine bedeu­tende Höhe erlangt, oder lungsam unter den Erscheinungen eines Zehrtiebers.
Die Prognose richtet sich nach der Schwere des Falles, der In­tensität des Lungenleidens und der Möglichkeit, die der Pyämie zu Grunde liegenden Ursachen zu beseitigen. Im Allgemeinen stellt sie sich ungünstig für die Erhaltung des Lebens oder Gebrauchswcrthes des befallenen Thieres.
Therapie. Die hauptsächlichste llücksicht verdient die Vorbau­ung. Man sorge demnach für einen freien Abfuss und für Entfernung des Eiters durch Eröffnen von Abscessen und Karbunkeln, Aufschlitzen von Hohlgängen, durch Waschungen und Ausspritzungen, verhüte Alles, was eine Zersetzung des Eiters veranlassen könnte, suche so viel thun-lich die Aufnahme desselben in Getässe durch die Anwendung von Kohle,
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Constitutionskraukheiten. — Die Maul- und Klauenseuche.
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Alaun, Bleipräparatcn, durch Aetzen mit Höllenstein oder im Nothfalle durch das Brennen mit dem Glüheisen zu verhindern, und trage bei Thieren, deren Krankheitszustände den Eintritt von Pyämie möglich erscheinen lassen, für reine, frische Luft und gutes, reichliches Trink­wasser Sorge.
Haben sich in einem Gefässe nachweislich Gerinnungen gebildet, so suche man durch möglichste lluhe des Thieres die Losreissung der­selben zu verhüten. Bei bereits eingetretener Pyämie vermag die Kunsthilfe sehr wenig; die Hauptsache bleibt auch hier die Regelung der diätetischen Verhältnisse, die entsprechende Behandlung der etwa vorhandenen örtlichen Krankheitsprocessc und der gefahrdrohendsten Symptome, so wie die Erhaltung der Kräfte durch passende Nahrung und erregendp Arzneien, wie Kampher, Terpentinöl. Ausserdem wird bei Pyämie die innerliche Anwendung von Chlorwasser, von verdünnten Säuren, von kohlensaurem Ammoniak neben erregenden Substanzen empfohlen.
II. Abschnitt.
Constitutionskranklieiten, bedingt durch epi-, euzootische oder contagiöse Infection.
Die Maul- und Klauenseuche.
sect;. 14. (Synon. Aphthcnseuche, Blasenkrankheit, Blasenseuche, Aphthae epizooticae.) Man versteht hierunter eine unter Hindern, Schafen, Ziegen und Schweinen, dann auch bei Pferden vorkom­mende epizootische und ansteckende Krankheit, welche sich durch das Auftreten von Blasen auf der Schleimhaut des Maules und an der Krone der Klauen (bei Pferden nur im Maule), bei Kindern auch durch die Bildung eines Ausschlages am Euter charakterisirt.
Das Maulwoh sowohl als das Klauenweh kommt entweder für sich allein oder in gegenseitiger Complication vor; das eine bildet oft den Vorläufer des anderen.
sect;.15. Aetiologie. Die Krankheit herrscht meistens epi zoo­tisch und kommt nur selten (besonders beim Pferde als Maulweh)
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Maul- und Klauensouchp.
sporadisch vor. Sie erlangt in manchen Jahren eine sehr grosso Ver­breitung, selbst über ausgedehnte! Landstriche und schreitet in solchen Fällen gewöhnlich von Osten nach quot;Westen vor. lieber die veranlas­senden Ursachen ihres Entstehens ist so viel als nichts bekannt; der häufig beschuldigte, schnelle Witterungswechsel, der Genuss verdorbenen, mit Insectenbrut, Mehl- und Honigthau verunreinigten Futters, faulen oder schlammigen Wassers, der Eesuch überschwemm­ter, sumpfiger Weideplätze u. s. w. reicht zur Erklärung der Verbreitung dieser Krankheit über ausgedehnte, in den angeführten Beziehungen die grösste Verschiedenheit zeigende Landstriche nicht hin, so dass man in diesen Fällen zur Annahme der Einwirkung weiter verbreiteter ungün­stiger Einiiüsse — Miasmen — gezwungen ist. Häufig herrscht diese Seuche gleichzeitig mit dem Anthrax, oder sie gellt dem Auftreten desselben voran. Die einmal zum Ausbruche gekommene Krankheit verbreitet sich durch Ansteckung u. z. nicht bloss auf Thiero dersel­ben Gattung, nicht selten weit und breit in einer Heerde. Das Conta-gium selbst scheint jedoch ein fixes zu sein und es können Ställe durch sorgfältige Absperrung (vorausgesetzt, dass die Krankheit nicht epizootisch in einem Orte herrscht) mitten unter verseuchten von der Seuche frei erhalten werden. Die einmal überstandene Krankheit sichert jedoch nicht vor einem wiederholten Ausbruche derselben, wesshalb auch die Impfung derselben höchstens zum Zwecke der Abkürzung der Seuchendauer in einem Stalle oder Orte, aber nicht behufs der Siche­rung der Thiere vor einem künftigen Krankheitsausbruche Werth ha­ben kann.
Erscheinungen.
sect;. IG. 1. Beim Binde. Die Krankheit beginnt gewöhnlich mit einem massigen Fieber, welches jedoch auch häufig übersehen wird; die Schleimhaut der Maulhöhle wird heiss, überzieht sich mit zähem Schleime, welcher nicht selten in Strängen aus dem Maule hervorliiesst, die Frcsslust ist vermindert, das Wiederkauen unterbrochen, die Aufnahme des Futters verursacht Schmerzen, eben so bisweilen das Schlingen; die Thiere spielen gerne mit dem Maule im Wasser. Der Absatz von Excrementen ist verzögert, die Absonderung der zugleich wässerigen und bläulichen Milch vermindert. Nach vierundzwanzig bis achtundvierzig Stunden erheben sich auf der Schleimhaut des Maules, insbesondere an der Vorderlippe, am zahnlosen Bande des Vorderkiefers und an den Bändern der Zunge, bisweilen bis gegen die
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Maul- uud KlauenReiicli''.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;oOlaquo;7
Rachenhöhle hin, seltener am Flotzmaule und auf der Nasenschleim­haut weisse oder weissgclbliche, anfangs hirsekorngrossc, allmälig bis zur Grosse einer Erbse, Huselnuss und darüber heranwachsende , hie und da zusammenÜiessendc Bläschen, welche mit einer wasserhcllen, gelblichen, schnell eiterähnlich werdenden Flüssigkeit angefüllt sind, nach einem oder zwei Tagen bersten und nun entweder eine stark ge-röthete, wunde Schleimhautstelle oder ein, mit einer Schichte geronne­nen Exsudates belegtes Geschwürchen zurücklassen. Während die erstcren schon nach 5 — 7 Tagen wieder mit Epithel überdeckt sind, bedürfen die letzteren zu ihrer Heilung eine längere Zeit, indem erst nach dem Zeräiessen und Abstossen der Exsudatplatten die Eindeokung stattfindet. Nach dem Ausbruche der Blasen nehmen die Fiebererscheinungen ab; die Kranken geifern jedoch noch stark, nehmen wegen der Schmerzen im Maule und Rachen nur wenig oder gar kein (insbesondere nicht rauhes) Futter zu sich, haben viel Durst, halten das Maul gerne im Wasser und magern rasch ab. Diese Erscheinungen verlieren sich jedoch mit der fortschreitenden Heilung der Geschwüre allmälig und die durchseuchten Stücke erholen sich dann in der Regel schnell. Häufig sind die Symptome eines einfachen Katarrhes der Nasenschleim­haut und gastrische Zustände gleichzeitig zugegen.
Bei jenen Thieren, bei welchen entweder gleichzeitig mit dem Maulweh oder auch ohne dieses die Klauenseuche ausbricht, stellt sich, nachdem einige Tage Fiebererscheinungen zugegen waren, eine ver­mehrte Empfindlichkeit, höhere Röthe und Schmerz an der Krone der Klauen, besonders der Ballen und im Klauenspalte eines oder meh­rerer Füsse und in Folge dessen Hinken und Neigung zum Liegen ein. Einen oder zwei Tage nachher entwickeln sich an den angeführten Stellen anfangs kleine, allmälig bis zur Grosse einer Haselnuss heran­wachsende, bisweilen zusammentiiessende, mit einer hellen, gelblichen Flüssigkeit erfüllte Blasen, welche bald bersten und ihren trübe ge­wordenen Inhalt auf die wunde Hautobertiäche ergiessen, wo er nicht selten zu einer Kruste vertrocknet, unter welcher rasch die Epidermis wieder erzeugt wird. In der Regel ist der Krankhcitsverlauf innerhalb vierzehn Tagen beendet.
Unter ungünstigen Verhältnissen, z. B. in unreinen Stallun­gen, bei unzweckmässiger Behandlung, oder wenn die Kranken auf eine Stoppelweide, über unebene, schotterige Strassen getrieben werden u. s. w. verbreitet sich die Entzündung auf die sogenannte Fl ei seh wand inner­halb der Klauenschuhe; es bilden sich daselbst Absccssc, die durch
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die wcissliche Farbe des darüber gelegenen Homes kenntlich sind, im günstigen Falle an der Krone durchbrechen, bei Fortdauer der Schäd­lichkeiten jedoch, obwohl sehr selten, auch zur Lostrennung eines grös-seren Theiles oder des ganzen Hornschuhes, zur Zerstörung des bände-rigen Apparates des Klauengelenkes, zu brandigem Aufliegen führen und die Schlachtung des Thieres notlnvendig machen können; Zustände, welche jedoch mehr als Folgen der Klauenseuche anzusehen sind.
Nicht selten bildet sich auch ein ganz ähnlicher Ausschlag an dem Euter, der das Melken erschwert, sich jedoch durch die Form und Structur der Blasen sowohl, als durch den Verlauf und das gleich­zeitige Leiden der Maulschleimhaut und der Fussenden von den Kuh­pocken, mit welchem er öfter verwechselt wird, unterscheidet.
Bisweilen ist auch die, die Hornzapfen überziehende Haut­schichte entzündet und die Hörncr werden hiedurch locker.
So gutartig an und für sich die Krankheit ist, so dass selbst von vielen hundert Kranken kaum einzelne u. z. schon von früher her krän­kelnde oder gleichzeitig an Anthrax leidende Thiere unterliegen, so ver­ursacht sie doch bei grösscrer Verbreitung durch die bedeutende Abma­gerung der Thiere und den Verlust an Milch, durch die Hemmung, welche das Mastgeschäft, dann der Handel mit dem Rindviche, insbe­sondere bei nur allmäliger Verbreitung in einer Heerde erleidet, bedeu­tende ökonomische Nachtheile.
2.nbsp; nbsp;Bei Schafen und Ziegen zeigt der Verlauf des Maul wehes keine besondere Abweichung von jenem beim Rindviehe; die Blasen kommen vorzugsweise am zahnlosen Rande des Vorderkiefers zum Ausbruche. Auch das Klauenweh, welches hier verhältnissmässig häufiger als das Maulweh vorkommt, unterscheidet sich nicht wesentlich von jenem der früher genannten Thiergattung, nur tritt hier die Bläs­chenbildung selten so deutlich hervor; meist ist die Haut an der Krone und im Klauenspalte unbedeutend geschwollen und geröthet und auf ihrer Oberfläche schwitzt eine zu Krusten vertrocknende Flüssigkeit aus. Eiterungen innerhalb des Hornschuhes sind häufiger; nicht sel­ten nimmt auch das Klauendrüsensäckchen an der Entzündung An-theil und aus vernachlässigten Fällen entwickelt sich bisweilen das bösartige Klauenweh.
3.nbsp; nbsp;Bei dem Schweine ist das Maulweh seltener und die Bla­sen treten ausser der Maulsehleimhaut auch auf dem Rüssel auf. Das häufigere Klauenweh unterscheidet sich in den Erscheinungen nicht von dew dor früher genannten Thiergattungcn.
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Maul-und Klauenseuche.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Oil
4. Auch bei dem Pferde kommt das Maulwch bisweilen in epizootischer Verbreitung vor (in Wien z. B. in den Jahren 1853, 1854 und heuer unter Remonten, wo auch in vielen Fällen die contagiöse Verbreitung deutlich nachzuweisen war). Dem Ausbruche der Krankheit gehen durch einige (2—3) Tage leichte Fiebererscheinungen voraus, die llaulschleimhaut ist heiss, geröthet, mit vielem, zähem Schleime überzogen, welcher in Strängen austliesst, die Futter auf­nähme ist schmerzhaft, die Thiere spielen gerne mit dem Maule im vorgehaltenen Wasser. Auf der inneren Fläche der Vorder- und Hiu-terlippe erheben sich an der Stelle der Schleimfollikel kleine, hirse-korngrosse, bis zum Umfange einer Erbse heranwachsende, mit einer klaren Flüssigkeit gefüllte El äse heu, welche schnell bersten und exeo-riirte Schleimhautstellen zurücklassen, die sich bald mit neuem Epithel überklciden. Der ganze Krankheitsverlauf ist innerhalb 7—10 Ta­gen beendet, zieht sich jedoch dann, wenn der Ausbruch der Bläschen nur nach und nach erfolgt, auch über zwei und drei Wochen hinaus, wo dann die Kranken wegen behinderter Futteraufnahme bedeutend abmagern. In anderen Fällen bedeckt sich, nachdem eine heftige Ent­zündung der Maulsohleimhaut vorausgegangen, die innere Fläche der Lippen und Backen, das Zahnfleisch, die obere Fläche und die Seiten­ränder der Zunge, dann die Umgebung des Zungcnbändchens mit weiss-lichgrauen oder gelblichen, ziemlich dicken Exsudatschiebten von verschiedener (Linsen- bis Silbergroschen-) Grosso, welche häufig zusam-mcntliessen, von einem gesättigt rothen Hofe umgeben sind und mit der unterliegenden blutenden und wunden Schleimhaut innig zusammen­hängen. Bisweilen sind auch die Zunge und einzelne Abschnitte der Lippen von einer zusammenhängenden Exsudatschichte bedeckt (crou-pöses, diphtheritisches Maulweh). Die Thiere fiebern heftig, die Schleimabsonderung im Maule ist bedeutend vermehrt, die Futterauf­nahme nahezu unmöglich.
Häufig ist auch Croup der Nasenschleimhaut, Bronchial­katarrh, Entzündung der Bachenhöhle, acutcr Magen- und Darmkatarrh gleichzeitig zugegen. Einige Male wurde auch ein bla­siger, der Schutzmauke ähnlicher Ausschlag an der hinteren Fläche weisser Fessel der Hinterfüsse beobachtet. Die Heilung erfolgt durch allmälige Abstossung der Exsudate, womaoh jedoch bisweilen eine wiederholte Ausschwitzung an derselben Stelle auftritt, worauf die üe-schwürsHäche nach und nach reiner wird und die Schleimhaut sich schliesslich mit Epithel überkleidet. Der Krankheitsverlauf erstreckt
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sich in solchen Fällen stets über 3—4 Wochen, da die Exsudationen nicht mit einem Schuhe geschehen; die Kranken magern sehr bedeutend ab, erholen sich jedoch, sobald einmal die Futtoraufnahme wieder mög­lich wird, gewöhnlich ziemlich rasch.
In wenigen Fällen fand auch bedeutende Infiltration der Schleimhaut der Zunge ihrer ganzen Dicke nach mit faserstoffigem Exsudate statt, durch dessen jauchiges Zeriiiessen bedeutende, mit schwieligen Narben heilende Substanzverluste veranlasst wurden.
Die Vorhersage ist im Allgemeinen sehr günstig, nur bei Thie-ren, welche entweder schon von früher her krank sind, bei denen eine Complication mit Anthrax zugegen ist, erfolgt ein tödtlicher Ausgang.
sect;. 17. Behandlung. Eine eingreifende therapeutische Behandlung ist in den meisten Fällen bei der Gutartigkeit des Leidens nicht noth-wendig. Bei der Gegenwart eines entzündlichen Fiebers oder andauern­der Verstopfung gibt man Glaubersalz oder Kochsalz mit etwas Sal­peter in einem Meld- oder Kleientrankc oder in schleimigen Absuden. Bei den leichteren Formen des Maulwehes genügen Ausspritzun­gen des Maules mit kaltem Wasser, welchem man auch etwas Essig beisetzen kann. Haben sich nach dem Platzen der Blasen Erosionen gebildet, so können dieselben mit säuerlichen Maulwässern oder Schlecken (aus Salzsäure oder Essig mit Zusatz von Honig, Mehl und Wasser oder einer Mischung aus Essig und Wasser), tiefer greifende Geschwüre mit Kalkwasser behandelt worden. Auch leicht adstringi-rende Plianzenabkochungen (z. B. von Salbei, Heidekraut u. s. w.) sind passend. Bei Schweinen ist die Anwendung dieser Maulwässer kaum durchzuführen. Gegen die croupöse Form des Maulwehes beim Pferde empfiehlt sich nebst Üeissigem Ausspritzen des Maules mit kaltem Was­ser das Touchiren der Geschwüre mit einer Höllensteinlösung (8 — 10 Gr. auf 1 Loth destillirtes Wasser). Ein ganz indifferentes Verhalten ist gegen einen etwa vorhandenen Euterausschlag zu beobachten.
Man hält die Kranken in reinen, massig warmen Stallungen, oder lässt sie nur kurze Zeit die Weide, auf welcher sie sich ohnehin nicht nähren können, besuchen, setzt ihnen leicht verdauliches, weiches Futter (gekochte Knollengewächse, Rüben, Schrott, weiches zartes Grün­futter, Schweinen saure Milch, Buttermilch oder Molken und Kleie) vor oder reicht ihnen, falls sie auch diese jSfahrungsmittel nicht auf­nehmen können, angesäuerten Kleientrank u. dgl.
In der Ileconvalescenz ist die üeberfütterung zu vermeiden. Auch bei der Behandlung des Klauenwehes ist eine indifferente
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Maul- und Klauoutieucbe.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; olO
Behandlung die vorthcilhafteste. Man hält die Kranken am besten in reinen Stallungen, auf guter Streu, vermeidet den Austrieb, besonders auf nasse, moorige Weiden, oder auf harten, steinigen Strassen. Zwei­oder dreimaliges Einstellen des Tages in tiiessendes Wasser je durch lii oder '/•gt; Stunde oder Einschlagen der Klauen mit Thon, welcher mit Essig üu einem Teige geknetet wurde, sind anzuempfehlen. Die nach dem Platzen der Blasen zurückbleibenden Erosionen oder Geschwüre können mit Blei-, Kalk- oder Alaunwasser, mit adstringirenden Abko­chungen, mit Lösung von Kupfervitriol befeuchtet oder mit diesen Mine­ralpräparaten bestreut werden. Innerhalb dos Klauenschuhes angesam­melter Eiter ist zu entfernen, vorhandene Abscosse sind zu spalten.
Sicherungs- und Tilgungs-Massregeln.
sect;. 18. Da die Maul- und Klauenseuche meist weit verbreiteten miasmatischen Ursachen ihre Entstehung verdankt, so kann die sclbst-ständige Entwicklung derselben nicht hintangehaltcn worden.
Da sie jedoch, als eine ansteckende Krankheit, auch in Ortschaf­ten, wo die Bedingungen zu ihrer Selbstentwicklung fehlen, durch Vieh, welches mit derselben behaftet ist, eingeschleppt werden kann, so ist die genaue Beobachtung der rücksichtlich der Hintanhaltung der Ein-schleppungsgefahr einer ansteckenden Seuche im Allgemeinen geltenden Vorschriften dringend nothwendig. Namentlich haben jene Ortschaften, welche öfters von Rindvieh-, Schaf- und Schweineheerden passirt wer­den, eine besondere Aufmerksamkeit auf solche Triebheerden zu wenden.
Bei dem Herrschen der Maul- und Klauenseuche in der Nachbarschaft haben die bedrohten Ortschaften den Verkehr mit dem Seuchenorte thunlichst zu beschränken und ihr Vieh von den Weide­plätzen des letzteren ferne zu halten.
Ist die Seuche in einer Ortschaft ausgebrochen, so hat die zur Conslatirung derselben abgeordnete Seuchen-Commission mit Berücksich­tigung aller erhobenen Umstände wohl zu bedenken, ob die Seuche in Folge des Herrschens miasmatischer Einflüsse oder der stattgefundenen Einschleppung des Contagiums entstanden sei. In dem erstcren Falle wird eine Absonderung der Gesunden von den Kranken zur Be­schränkung der Ausbreitung der Seuche wesentlich nicht beitragen, da eine spätere Erkrankung der noch Gesunden durch die fortdauernde Einwirkung der miasmatischen Einflüsse mit Grund dennoch zu besorgen steht. In jenen Fällen jedoch, wo entweder die Ursache der Seuche offenbar in einer stattgefundenen Ansteckung zu suchen ist, oder wo
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öl4nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Maul- und Klauenseuche. — Milzbrand.
es zweifelhaft bleibt, ob sie in Folge dieser oder des Herrschens ver­breiteter Ursachen entstanden sei, ist die Separation durchzuführen und dafür zu sorgen, dass die für die gesunden Thiere bestimmten Weideplätze und Tränken, sowie die dahin führenden Wege nicht auch von den kranken betreten werden. Der Abverkauf der an Maul- und Klauenweh leidenden Thiere jeder Art, sowie jener der mit ihnen in einem Stalle untergebrachten ist für die Seuchendaucr zu verbieten. Der Genuss der Milch, der Butter und des Fleisches von Thieren, die an dieser Seuche leiden, ist nicht zu gestatten, weil oft schon schädliche Folgen darnach sich einstellten.
Die Reinigung der inficirten Stallungen ist nach den allgemeinen Vorschriften zu vollziehen.
Kommt die Maulseucho unter einem grössoren Hornviehstande zum Ausbruche und lässt sich annehmen, dass nach und nacli der ge-sammte Viehstand in Folge der nicht zu vermeidenden natürlichen An­steckung in die Krankheit verfallen werde, so kann die Impfung vor­genommen werden. Obwohl durch sie eine Milderung des Verlaufes nicht erzielt wird, so wird dadurch doch eine Abkürzung der Seuchen­dauer, mithin auch der belästigenden Absperrung herbeigeführt, weil sämmtlicho Thiere auf einmal angesteckt werden können. Zur Impfung wird der aus dem Maule hcrvortliessende Geifer oder der Inhalt der daselbst vorfindlichen Bläschen benützt, ja es reicht, sogar hin, die Maul­schleimhaut der zu inficirendon Rinder mit dem Geifer kranker Thiere zu bestreichen.
Zu Zeiten des weiter verbreiteten Herrschens der Maulseucho wurde ein ähn­liches Erkranken unter dem Wilde, namentlich unter liehen, Hirschen, angeblich auch Gemsen, dann unter dem Hausgeflügel beobachtet.
Der Anthrax, Milzbrand, Typhus (Febris carbaneulosa),
sect;. 19. Synon. Milzseuche, Milzfieber, brandiges, wildes Blut, gelbes Wasser, gelber Schelm, Sommerseuche, Sumpf­fieber, Pestfieber, Brandbeulenseuche, Beulenseuche u. s. w.
Unter Anthrax versteht man eine, gewöhnlich epi- oder enzootisch, selten sporadisch bei Pflanzenfressern und dem Schweine, selbst bei dem Geflügel sich entwickelnde Constitutionskrankheit, welche mittelst eines sich während ihres Verlaufes entwickelnden Contagiums einer Uebertragung auf andere Hausthiergattungen und auf den Menschen
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fähig ist, ihre Producte an höchst verschiedenen Korpcrtheilen absetzt und demnach unter mannigfachen Formen auftritt.
Allen diesen Varietäten des Milzbrandes ist jedoch der acute, bisweilen sehr stürmische Verlauf, die Tendenz zur Bildung von Extra-vasaten und Exsudationen, die Häufigkeit des Eintrittes brandiger Zer­störungen, die grosse Gefahr für das Leben der befallenen Thiere, dann der Befund eines dunklen, zähen, höchstens schlaffe Gerinnungen aus­scheidenden Blutes, die Anhäufung desselben in den grossen Körper­venen, besonders des Hinterleibes, die nahezu constante Gegenwart acu-ter Milzgeschwülste gemeinsam.
Den Anthraxformen zählen wir auch den sogenannten Pferdetyphus bei, der rücksichtlich seiner Erscheinungen und seines Verlaufes die grösste Analogie mit ge­wissen Arten des Milzbrandes anderer llausthiere zeigt.
Der Anthrax ist eine der am bängsten gekannten verheerenden Hausthiorscuchen, indem sowohl in der Bibel als bei den griechischen und römischen Schriftstellern desselben Erwähnung geschieht, und von einzelnen der letzteren sehr genaue Schilde­rungen der Krankheitserscheinungen geliefert wurden.
sect;. 20. Aetiologie. Der Anthrax entwickelt sich nur in den sel­tensten Fällen sporadisch und befällt dann nur die Thiere eines ein­zelnen Gehöftes oder selbst nur einzelne Stücke eines Stalles; in der Regel stellt er sich in Folge localer Einflüsse als onzootische, oder weiter verbreiteter Schädlichkeiten als epizootische Krankheit ein, welche sich bisweilen über grössere Landstriche vorbreitet, wozu das, während seines Verlaufes sich bildende Contagium das Seinige beiträgt.
Die Anlage zur primären Entwicklung des Anthrax kommt nur den Pflanzenfressern und dem Schweine zu; die Sclbstent-wicklung bei Fleischfressern ist nicht sichergestellt, wohl aber kann er auf diese, sowie auf den Menschen durch Ansteckung übertragen werden. Am häufigsten kommt er bei Rindern, Schweinen und Schafen, seltener bei Pferden, Eseln und dem Hausgeflügel vor; unter dem Wilde richtet er bisweilen grosso Verheerungen an. Manche Verhältnisse, namentlich localer Art, scheinen durch ihre längere Ein­wirkung allmälig die Blutmischung der ihnen ausgesetzten Thiere derart umzuändern, dass es endlich nur geringfügiger Veranlassungen bedarf, um den Milzbrand bei ihnen hervorzurufen (sogenannte Anthrax-Constitution).
Im Allgemeinen begründet weder Alter noch Geschlecht einen Unterschied in der Disposition zur Entwicklung des Anthrax; bei seu­chenartigem Auftreten der Krankheit werden jedoch in der Regel zuerst
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Milzbrand.
die best genähr ten und kräftigsten Thiere befallen. Diess gilt vor­zugsweise von den aeutesten Formen des Anthrax, während die weniger acuten auch schlochtgcnährtc oder herabgekommene Thiere ergreifen, was insbesondere von dem Typhus der Pferde gilt.
Die äusscren Schädlichkeiten, welche don Anthrax zu erzeu­gen vermögen, sind sehr zahlreich. Klimatische Verhältnisse bedin­gen hierin keinen Unterschied; der Anthrax herrscht in den Polar- und tropischen Ländern ebenso wie unter mittleren Breitegraden. Bezüglich der Bodenverhältnisse, welche seiner Entstehung günstig sind, wurde beobachtet, dass er insbesondere dort vorkomme, wo diese die Bildung der sogenannten Malaria begünstigen, mithin dort, wo der Boden viele organische, zur Zersetzung geneigte Stoffe enthält, also auf stark hu-mushältigem, die Feuchtigkeit durchlassendem Boden, auf Torfgründen, an austrocknenden Sümpfen oder Gewässern, in Landstrichen, welche häufigen Ueberschwemmungen ausgesetzt sind, insbesondere wenn der Boden noch salinische Bestandthcile, vorzugsweise Sulphate enthält, welche die Zersetzung der organischen Bestandtheile begünstigen, wess-halb wohl der Anthrax in solchen Gegenden häufiger auftritt, in wel­chen die Düngung mit mineralischen Stoffen in Gebrauch steht, dann dort, wo die Thiere auf den Genuss stehenden, erwärmten, mit faulen­den Substanzen und ihren Zersetzungsproducten geschwängerten Was­sers, wrie jenes der Sümpfe, Teiche, Moore, oder solchen, in welchem Flachs geröstet wurde, oder auf faules, angesammeltes, organische Beste enthaltendes Regenwasser angewiesen sind.
Unter den Witterungseinflüssen wird vorzugsweise anhaltend heisse oder schwüle Beschaffenheit der Luft, eine der Jahreszeit nicht entsprechende, ungewöhnliche Wärme, sehr elektrische Luft mit häufi­gen, sich jedoch nicht vollständig entladenden Gewittern, rascher Tem-peraturwechsel, besonders zwischen heissen, schwülen Tagen und em­pfindlich kühlen Nächten beschuldiget. Man findet demnach, dass der Anthrax häufig in waldigen und felsigen Gebirgsthälern, wo zur Sommerszeit die an und für sich heisse Luft durch die zurückprallenden Sonnenstrahlen noch mehr erhitzt wird und auf heisse Tage rasch kühle Nächte folgen, enzootisch herrsche. Aehnlich wirkt auch der Auf­enthalt in überfüllten, heissen, mit faulen Auswurfsstoffen erfüllten Stallungen, obwohl auch Fälle vorkommen, wo Thiere in den best-construirten, geräumigen und luftigen Ställen vom Milzbrande befallen wurden. Ein plötzlicher Wechsel der äusseren Lebensverhält­nisse ist, wenigstens bei Pferden, im Stande, den Typhus hervorzurufen,
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Milzbrand.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 317
wie dicss nach grösscrcn Komontirunsen, wo sie überdiess moist enge zusammengedrängt und mannigfachen Schädlichkeiten ausgesetzt werden, häufig beobachtet werden kann.
Unter den Nahrungsmitteln wird insbesondere sehr kräftig nährendes und schwer verdauliches Futter, sei es im Stalle oder auf der quot;Weide genossen, dann die Klee- und Stoppelweide, die Körner-, Schlampe -, Träberfüttorung, namentlich wenn die Thiere früher nur kümmerlich genährt wurden, dann im Uegensatze der Besuch dürrer, trockener Weiden auf Angern, dann der Moor- und Niederungswiesen, so wie auch der Genuss verdorbenen Futters, wie befallener, fauler oder schimmliger Knollen- und Wurzelgewächse, faulen oder verschlemm­ten, schimmligen Heues, dumpfigen Körnerfutters u. s. w. beschuldiget. Auch von Host, Brand, Mehlthau befallene Futterstoffe bedingen eine gleiche Wirkung. Angeblich soll auch der üenuss von Gräsern, welche auf Plätzen wachsen, wo am Milzbrande umgestandene Thiere früher verscharrt worden waren, den Anthrax zu erzeugen vermögen.
Einzelne dieser nachtheiligen Einwirkungen werden jedoch nur in den sellensten Fällen den Anthrax zu erzeugen im Stande sein, meist wirken mehrere derselben gleichzeitig zusammen und es scheint, dass vorzugsweise die Bodenbeschaffenheit, von welcher die Qua­lität der auf ihr wachsenden Futterstoffe und des Trinkwassers abhän­gig ist, dann bei epizootischer Verbreitung überdiess, wie schon früher erwähnt, ein eigenes Miasma als vorzüglichstes Agens wirke.
Unter gewöhnlichen Verhältnissen, wo der Anthrax als Seuche auftritt, werden meist zuerst einzelne u. z. die bestgenährten und an­scheinend ganz gesunden Thiere plötzlich von der Krankheit befallen und gehen entweder augenblicklich oder innerhalb weniger Stunden ein. Nach einem scheinbaren Stillstände von einigen Tagen finden neue Er­krankungen statt, welche sich bald häufen und sicli nicht mehr allein auf gut genährte Stücke beschränken. Die Seuche erlangt dann unter günstigen Verhältnissen nicht selten eine weite Verbreitung, welche noch durch das, während ihres Verlaufes sich entwickelnde Contagium be­fördert wird. Dieses wirkt nur in den wenigsten Fällen als flüchtiger Ansteckungsstoff und ist dann an die Haut- und Lungenausdünstung der lebenden Thiere und an die Exhalationen der Cadaver gebunden, meist wirkt es nach Art eines fixen, und es können als Träger des­selben alle Theilo des kranken Thierkörpers, besonders jedoch das Blut, Fleisch, Fett, die Exsudate und Extravasate, die von Kranken stam­menden Häute, Haare u. s. w. angesehen werden. Sein Widerstand
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31 Snbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Milzbrand.
gegen aus sere Einwirkungen (Luft, Wärme, Feuchtigkeit u. s. f.) ist ein sehr bedeutender und es sind Fälle bekannt geworden, dass durch ünschlitt, Häute, Eosshaare, Wolle, welche von milzbrandkranken Thieren stammten, selbst wenn sie schon theilweise verarbeitet waren, noch eine Ansteckung vermittelt wurde. Unter den gewöhnlichen Ver­hältnissen geschieht die Ansteckung durch das nahe Beisammenste­hen gesunder und kranker Thiere in engen Stallungen, wobei auch durch Lecken, durch Wälzen im Unrathe der Kranken u. s. w. eine wahre Impfung stattfinden kann; ferner durch den Genuss des von Kranken herstammenden Aderlassblutes, des rohen Fleisches der Umgestandcncn, wodurch besonders Hunde und Schweine angesteckt werden; während Menschen meistens durch unvorsichtige Manipula­tion mit kranken Thieren oder ihren Cadavern, durch den Stich von Inscclen, welche mit Blut, Excrementen u. dgl. Anthraxkranker besu­delt sind, oder durch den Genuss des Fleisches, der Fleischbrühe, der Milch u. s. f. der Ansteckung verfallen.
Die Empfänglichkeit für das Contagium des Anthrax ist eine sehr verbreitete und weder die Thiergattung, noch Alter, Geschlecht, Körperconstitution beschränkt dieselbe. Die Ansteckung erfolgt mit um so grösserer Wahrscheinlichkeit, je günstiger die klimatischen und ört­lichen Verhältnisse, die herrschende Witterung u. s. w. der Entwicklung des Milzbrandes überhaupt ist, je mehr mithin die Menschen und Thiere einer Gegend an der sogen. Anthraxconstitution partidpireii; sie wird durch vorhandene Verletzungen der Haut und der Schleimhäute wesentlich begünstiget. Das Contagium selbst scheint nicht immer von gleicher Intensität zu sein, vielmehr nach der Thiergattung, von welcher es stammt, nach der Art der Localisation des Krankheitsprocesses und nach der Dauer des Verlaufes zu wechseln. So erwies sich das bei Hindern und Pferden entwickelte Contagium wirksamer als jenes von Schafen; das bei der Gegenwart brandiger He er de und jauchiger Zerstö­rungen und während eines langsamen Krankheitsverlaufes er­zeugte kräftiger, als das unter entgegengesetzten Verhältnissen producirte. Der von dem Augenblicke der geschehenen Ansteckung bis zum deutlichen Ausbruche der ersten Krankheitserscheinungen verfliessende Zeitraum (das Incubationsstadium) ist von sehr verschiedener Dauer, er er­streckt sich bisweilen nur auf 12—24 Stunden, in anderen Fällen aber auf 3—4, sogar bis 14 Tage.
Die in Folge der Infection entstandene Krankheit weicht nicht selten in der Form (Localisation) von jener ab, der das Contagium seine
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Milzbrand.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;319
Entstehung verdankte; sie beginnt bei zufälliger Impfung gewöhnlich als örtliches Leiden an der Impfstelle, bei der Aufnahme des Anste­ckungsstoffes durch die Luftwege oder in den Xahrungsschlauch, jedoch häufig gleich ursprünglich als Allgemeinleiden. Der einmal überstan-dene Anthrax, sei er primär oder in Folge der Ansteckung entstanden, schützt gegen wiederholte Anfälle dieser Krankheit durchaus nicht.
sect;. 21. Die Erscheinungen des Milzbrandes sind nach den ein­zelnen Formen desselben ausserordentlich verschieden. Als solche For­men kann man der leichteren Uebersicht wegen, obwohl sie nicht strenge von einander geschieden sind und häufig in einander übergehen, betrachten:
a)nbsp; jene, in denen sich die Krankheit nicht localisirt, sondern als Elutkrankhcit verläuft und meist tödtet;
b)nbsp; jene, bei denen eine Localisation an inneren Organen und
c)nbsp; nbsp;solche, in denen die Localisation an der Hautoberfläche stattfindet.
Die Symptome dieser einzelnen Formen werden später angeführt werden.
Ebenso wechselnd ist, was die Localisation betrifft, der Befund an den Cadavern der an Anthrax umgestandenen oder desshalb ge-tödteten Thiere. Als constante Erscheinungen sind zu betrachten: ein dunkles, zähes (sogenanntes theorähnliches), nicht oder bloss zu einem lockeren Kuchen gerinnendes lilut in dem Herzen und den grossen üefässen, besonders des Hinterleibes, welches schon kurze Zeit nach dem Tode bedeutende Leichentränkungeu veranlasst; bedeutende Hyperämie in dem ünterhautbindegewebe, den serösen und Schleimhäuten, beson­ders des Darmcanales und in den Parcuchymen, acute, gewöhnlich sehr umfangreiche Geschwülste der Milz (woher der Name Milzbrand), deren Parenchym zu einem violetten oder schwärzlichen Breie zerllos-sen, deren Kapsel bisweilen geborsten ist, so dass dann Theile der Milzpulpe in die Bauchhöhle ausgeflossen vorgefunden werden; häutige Blutextravasate in dem Bindegewebe unter der Haut, um die gros­sen üefässe in der Brusthöhle, in den subserösen und submueüsen Bin-degewebsschichteu, in der Mnsoulatui und in den verschiedenen paren-chymatösen Organen; in den beiden letztgenannten Theilen oft in solchem Grade, dass hiedurch das Gewebe vollkommen zertrümmert erscheint; häufige, gewöhnlich mit viel Blutextravasat durchzogene, gelbe, gclb-röthliche, sulzige Exsudate unter und in der Haut (die sogenannten Kothlaufformen und die Anthraxcarbunkel darstellend), zwischen
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den Muskeln, in dem vorderen Miltelf'ellniume (Anticardia, Avant­coeur), um die grosson Gefässc, in der Bauchhöhle, besonders um die Nieren, dann in dem subseröson Bindegewebe der Brust- und Bauch­höhle, brandige Heerde oder Emphyseme an diesen Stellen, Schwel­lung der Gckrösdrüsen durch Infiltration einer himmarkähnlichen, blutigen, dunklen Masse. Nebst diesen Erscheinungen finden sich dann je nach der Verschiedenheit der Localisationsstätte oder der vorhande­nen Complioationcn mannigfache pathologische Veränderungen in anderen Organen. In dem Blute milzbrandkranker Thiere will Brauell als constanten Befund cigenthümliche stäbchenförmige Körperchon, welche sich später zu Vibrionen entwickeln, angetroffen haben. Auffal­lend ist stets der grosse Reichthum solchen Blutes an farblosen Blut­körperchen,
In den Cadavern stellt sich die Todtonstarre nur sehr unvoll­kommen ein; sie gehen zumal bei höherer Lufttemperatur sehr rasch in Fäulniss über, so dass oft schon nach Ablauf weniger Stunden klare, durch Leichenerscheinungen nicht getrübte Sectionsergebnisse nicht zu erwarten sind; aus Nase und Maul quillt gewöhnlich eine blutige Flüssigkeit hervor; die blutig geröthete Scheide und der eben so be­schaffene Mastdarm sind meist stark hervorgetrieben. Bei der Ab­nahme der Decke ergiessen die Hautgefässc viel dunkles, zähes Blut, die innere Oberfläche der Haut sowie das darunter gelegene Bindege­webe sind häufig von Blutextravasaten durchzogen oder von, meist mehr oder weniger intensiv gelb gefärbten, entweder gallertig zitternden oder derben Exsudaten infiltrirt. Die Musculatur erscheint mürbe, wie gekocht, intensiv braunroth gefärbt oder in's Violette schimmernd.
sect;. 22. Die Prognose ist im Allgemeinen sehr ungünstig, ob­wohl manche Anthraxinvasionen einen mehr gutartigen Verlauf beobach­ten. Am ungünstigsten verlaufen die sehr aeuten Formen, wo in der Regel die Thiere rettungslos verloren sind; günstiger gestaltet sich die Prognose bei zögernderem Verlaufe und dort, wo die Localisation nicht in lebenswichtigen Organen stattfindet, sondern in Form der roth-laufartigen Geschwülste oder der Carbunkel in der Haut u. z. nicht an Stellen auftritt, wo sie wichtige Functionen (z. B. das Athmen bei Infil­trationen am Halse, um den Kehlkopf) hemmen, obwohl bei raschem Verschwinden solcher Geschwülste , wornach gewöhnlich eine Exsuda­tion in die Lungen oder den Darm erfolgt, die Prognose sehr ungün­stig wird. Die übelste Vorhersage begründet der Anthrax der Schafe (die sogenannte Blutseuche); bei Schweinen und Pferden
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Milzbrand.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 321
ist er in der Kegel gefährlicher als beim Hin de. Auch nach dem Ab­laufe der Krankheit bleiben bisweilen Xachkrankheiten, bedingt durch gewisse bleibende anatomische Veränderungen einzelner Organe, z. B. der Lungen, Leber, Milz, des Gehirnes, des Darmes u. s. w. zurück.
sect;. 23. Therapie. Im Allgemeinen ist das Heilverfahren bei allen Milzhrandformen nahezu dasselbe; die bei gewissen Formen desselben nothwendigen Abweichungen werden später noch erwähnt werden. Bei gut genährten, kräftigen Thieren und wo die Krankheit einen sehr raschen Verlauf zu nehmen droht, ist ein reichlicher Aderlass, der bei eintretender Verschlimmerung selbst wiederholt werden kann, nütz­lich ; bei schwächlichen Thieren und Schafen wird er jedoch leicht schädlich und ist desshalb zu vermeiden. Für den innerlichen Ge­brauch eignen sich im Beginne der Krankheit antiphlogistische Pur-ganzen, Bitter-, Doppel-, Glaubersalz in Verbindung mit Salpeter und Weinstein, welchen zur Beförderung der Hautausdünstung aromatische Pilanzenstofte, Kampher oder Terpentinöl zugesetzt werden können, und der wiederholte Gebrauch von Klystieren. Nach dem Eintritte einiger Darmontleerungen werden mit Vorliebe Säuren u. z. sowohl vegetabi­lische als mineralische in gehöriger Verdünnung verabreicht. Hiezu die­nen Sauerteigwasser, zerstossene unreife, säuerliche Früchte, Essig, Schwefel- oder Sulzsäure unter das Trinkwasser in solcher Menge ge­schüttet , dass dasselbe einen angenehm säuerliehen Geschmack erhält; ebenso kann das Chlorwasser verwendet werden. (Pferde verschmähen jedoch in der Regel gesäuertes Wasser hartnäckig und es ist demnach vorzuziehen, ihnen recht oft frisches, reines Wasser zum Getränke vor­zusetzen.) Bei Haust hi ergattungen, welche sich erbrechen können, bei Hunden und Schweinen, beginnt man gewöhnlich die Cur mit einem Brechmittel (einigen üraneu Veratrum album), welchem man dann die Salze und Säuren nachfolgen lässt. Von gutem Erfolge ist auch an­haltendes und wiederholtes Begicssen der Kranken mit kaltem Was­ser und nachheriges Trockenreiben des ganzen Körpers, welches jedoch bei Schafen, wo es stets nachtheilig wirkt, zu vermeiden ist; auch öfteres u. z. mehrmals des Tages wiederholtes Schwemmen ist (besonders bei Schweinen) vortheilhaft. Bei zögerndem Verlaufe und dort, wo die Erscheinungen eines Schwächefiebers deutlich hervortreten, die Thiere abgestumpft, theilnahmlos dahinstehen, sind erregende Mittel, der Kampher, Branntwein, das Terpentin- oder Hirschhornöl, in Ver­bindung mit Calmus-, Baldrian-, Engelwurz, die Schwefelleber angezeigt. Unter solchen Verhältnissen wird auch das Ziehen von Haarseilen,
Roll, Pathol. nnd Therapie. II Aull.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;21
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322nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Milzbrand.
das Stecken der üillwurzel (bei Kindern und Pferden), dann die Vornahme scharfer und llüchtiger Einreibungen anempfohlen.
Bei äusserlichen Affectionen wird gewöhnlich folgende Be­handlung eingeschlagen: rothlauf artige Anschwellungen werden mit kaltem Wasser öfter gewaschen und gut frottirt; Einschnitte oder scharfe Einrei­bungen in dieselben zu machen, ist meist nachtheilig, weil sich dann leicht brandiges Absterben in grossem Umfange einstellt; brechen die Geschwül­ste jedoch von selbst auf und fliesst durch die entstandenen Oeffnungen und Risse Brandjauche oder Exsudat aus, so müssen dieselben mit Auf­güssen aromatischer Kräuter öfter gewaschen und können mit Kampher­schleim, Terpentinöl, Chlorkalklösung u. dgl. belegt werden. Die Beulen oder Carbunkel werden am besten tief gespalten, der Inhalt so viel möglich ausgedrückt und die quot;Wunde dann mittelst scharfer und reizender Mittel, Terpentinöl, spanischen Fliegen, Euphorbiumharz, concentrirten Mineralsäuren behandelt, oder mit einem rothglühenden Eisen gebrannt. Das Durchziehen von Haarseilen durch dieselben ist wegen der lang­sam und spät eintretenden Wirkung weniger vortheilhaft. Aehnlich ver­fährt man auch mit jenen Karbunkeln, welche emphysematisch werden.
Das diätetische Verhalten der kranken Thiere besteht darin, dass man sie in geräumigen, luftigen, mit reiner Streu versehe­nen Ställen hält, welche man durch öfteres Aufspritzen von Wasser und Verhängen der Fenster oder Vorstecken von grünem Eeisig vor dieselben kühl zu erhalten sucht, ihnen oft frisches Brunnen- oder ge­säuertes Wasser zum Getränke und leichte Mehl- oder Kleientränke und etwas weniges, frisches, mit Salzwasser befeuchtetes Grünfutter als Nahrungsmittel verabreicht.
Die Vorbauung ist dort, wo der Anthrax als enzootische Krankheit herrscht, schwer durchzuführen, da sie die Abstellung oder wenigstens die Verminderung der Wirkung der veranlassenden Ursachen zum Zwecke haben muss. Nur eine musterhafte Wartung und Pflege kann unter solchen Verhältnissen der Verbreitung der Krankheit Schran­ken setzen. Im Allgemeinen gilt als Hauptsache Venneidung der bis­herigen Fütterungsweise, der verdorbenen Nahrungsmittel, der Sumpf­weide, Verabreichung eines leicht verdaulichen, saftigen Futters (Grün­futter , Rüben, Kartoffel, Krautblätter u. s. w.), eines kühlen, reinen oder angesäuerten Wassers, für Schweine der sauren oder Buttermilch, der Molken, Beschränkung der Quantität des Futters überhaupt und wiederholtes Vorsetzen desselben in kleinerer Menge, kühles Verhalten im Stalle oder Unterbringung des Viehes in schattigen Waldungen,
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Milzbrand.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;323
Vermeidung jeder iibermässigen Anstrengung besonders an heissen Tagen, öfteres Schwemmen und Baden, welches letztere jedoch bei Schafen nicht geschehen darf.
Zur eigentlichen therapeutischen Vorbauung gehört bei herr­schender Anthraxsouche die Anwendung jener Mittel, welche auch gegen die ausgebrochene Krankheit angezeigt sind. Bei kräftigen, wohlgenähr­ten Thieren erweisen sich ein Aderlass, der jedoch bei Schafen nur mit Vorsieht anzuwenden ist, die tägliche Verabreichung der verdünn­ten Säuren oder des Chlorwassers, bei Verstopfung auch der Gebrauch der Mittclsalze vortheilhaft. Das Ziehen von Eiter bände rn und das Gillwurzstecken durch den Triel ist als Präservativmittel gegen den Anthrax beim Hornvieh ziemlich allgemein im Gebrauche.
Veterinär-Polizei.
sect;. 24. Sicherungs-Massregeln. Da der Anthrax in der Begel epizootischen oder enzootischen Eintlüssen seine Entstehung verdankt und nur in seltenen Fällen durch Ansteckung allein eine weite Ver­breitung erlangt, so müssen die prophylactischen Massregeln vorzugs­weise in der Abstellung der nachweisbaren veranlassenden Ursachen und in einer sorgfältigen diätetischen Pflege der Hausthiere bestehen. Demzufolge sind in jenen Ortschaften, in deren Nachbarschaft eine Milzbrandseuchc herrscht, die Ortseinwohner auf eine entsprechende Weise über die Natur der Krankheit xvad über das zweckmässigste diä­tetische Verhalten der Hausthiere zu belehren. Es versteht sich übrigens von selbst, dass alle Gemeinschaft mit dem Viehe des verseuchten Ortes hintanzuhalten, namentlich aber der Ankauf von Vieh, Fleisch, und anderen thierischen Producten und Abfällen aus denselben auf das Strengste zu verbieten sei.
Tilgungs-Massregeln. Ausserden, bei jeder Thierseuche über­haupt durchzuführenden veterinär-polizeilichen Massregeln sind bei dem Milzbrande u. z. gleichgiltig, unter welcher Form er zugegen ist, nach­stehende Einleitungen zu treffen:
1.nbsp; nbsp;Die gesunden Thiere sind von den kranken abzuson­dern, anderswo unterzubringen und von Wärtern, die mit jenen der Kranken nicht zusammenkommen dürfen, zu besorgen.
2.nbsp; nbsp;Den Wärtern der kranken Thiere ist bei der Verrichtung ihres Dienstes die grösste Vorsicht zur Pflicht zu machen, damit sie jede Besudelung ihrer Haut mit dem Blute, Geifer, mit Jauche oder dem
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324nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Milzbrand.
in den Beulen enthaltenen Exsudate sorgfältig vermeiden, da hiedurch die gefährlichsten Störungen der (Jesundheit erfolgen können.
Wer daher au den Händen oder am Gesichte eine anscheinend noch so unbedeutende wunde Stelle, Hautabschürfung oder einen Haut-ausschlag hat, darf sich mit der Besorgung anthraxkranker Thiere durch­aus nicht befassen. Insbesondere müssen die Wärter sich hüten, Jen Kranken mit der blossen Hand in das Maul oder in den Mastdarm zu langen, oder sich von ihnen das Gesicht behauchen oder begeifern zu lassen; ebenso müssen sie bei dem Abledern und Aufhauen der Aeser die grösste Vorsicht beobachten.
Nach jeder Besudelung sind die betreffenden Hautstellen wohl mit lauwarmen Seifenwasser und hierauf der grössereu Vorsicht halber mit einer verdünnten Säure (z. B. schwachem Essig) zu waschen.
Dieselbe Vorsicht haben auch Aerzte und Thicrärzte, welchen die Behandlung derlei Kranker obliegt, zu beobachten und es ist für sie jedenfalls gerathcn, bevor sie zur Untersuchung der Maulhöhle oder des Mastdarmes solcher Thiere schreiten, Operationen (z. B. das Scari-ficiren der Karbunkel, Ziehen von Eiterbändern u. dgl.) oder Cadaver­öffnungen vornehmen, sich die Hände mit Oel wohl zu bestreichen.
8. Das Aderlassblut von milzbrandkranken Thieren, die bei denselben gebrauchten Haarseile, Verbandst ücke u.dgl. müssen so-gleicli hinlänglich lief verscharr! oder sonst vernichtet werden, damit nicht Schweine, Hunde, das Getiügel u. dgl. durch den Genuss des ersteren oder die Besudelung mit den letzteren angesteckt werden.
4.nbsp; nbsp; nbsp;Schweine, Hunde, Katzen, Federvieh und andere Thiere müssen von den Ställen und den Abgängen milzbrandkranker Thiere, sowie von den Cadavem derselben auf das sorgfältigste abge­halten werden.
5.nbsp; nbsp; Die Aeser der am Milzbrande gefallenen Thiere sind un­ter Beobachtung der nöthigen Vorsicht auf den Aasplatz zu führen, und jene der Schafe und Schweine unter allen Verhältnissen nach vor­heriger kreuz weiser Durchschneidung der Haut, uuabgeledert zu ver­scharren.
Ebenso sind die Cadaver der an den acutesten Eormeu des An­thrax gefallenen Pferde und Binder zu behandeln; auch sie sind wegen der aus der Ablederung für die dabei beschäftigten .Menschen entsprin­genden Gefahr sammt der vorher zerschnittenen Haut zu vergraben.
Nur bei einem weniger acuten Verlaufe der Krankheit kann das Abledern der Pferde- und Rindercadaver, welches aber stets
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Milibraminbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;325
erst nach dem vollständigen Erkalten derselben vorgenoramen -werden darf, dann die vorschriftmässige Reinigung der Häute, Hörner und Klauen und die Gewinnung der Knochen gestattet werden, jedoch ist die Er-laubniss hiezu in jedem einzelnen Falle von dem Ermessen der ^Seuchen-Commission abhängig. Das Ausschmelzen des Unschlittes ist durchaus unzulässig.
6.nbsp; nbsp; Bei der quot;Vornahme von Sectionen ist die grösste Vorsicht anzuwenden und es darf zu diesen vor dem vollständigen Erkalten der Cadaver nicht geschritten werden.
7.nbsp; nbsp;Das Schlachten milzbrandkranker oder auch nur der Krank­heit verdächtiger Thiero jeder Art zum Zwecke der Benützung des Fleisches ist unbedingt und unter Androhung der schärfsten Strafen zu verbieten und es sind daher auch die Fleischhauer in dem Scuchcnortc unter der strengsten Aufsicht, zu halten, damit sie solche Thiere nicht zur Schlachtbank bringen.
Auch der Genuss oder Verkauf der Milch derart kranker Thiere ist unbedingt zu verbieten.
Die Ställe, in welchen Thiere erkrankt oder gefallen sind, müs­sen auf das sorgfältigste gelüftet, dann am besten mit Chlorgas gut aus­geräuchert und hierauf durch mehrere Wochen gelüftet werden; die Erde des Stallbodens ist auszugraben und durch neue zu ersetzen, die Krippen und Raufen, so wie alles Holzwerk mit Lauge gut zu waschen, die Eisengeräthe gut auszuglühen, werthlosc Gegenstände, insbesondere aber Holzgeräthe, lieber zu verbrennen. Die Decken, mit welchen die Kranken etwa zugedeckt waren, sind mit Chlorgas zu räuchern und dann mit Seife zu waschen, besser aber zu walken, das Lederwerk muss mit Lauge oder Chlorwasser gereiniget und, nachdem es beinahe trocken geworden, mit Oel oder Fett bestrichen werden. Erst nach mehreren Wochen darf man es wagen, in solche Ställe wieder Vieh einzustellen.
Anthraxformen bei den verschiedenen Hausthiergattungen.
A. Beim Pferde.
1. Ohnp hcstliniiitp Lncalisiitimi.
sect;. 25. Der sogenannte Milzbrandblutschlag, apoplectische
Milzbrand ist die acuteste Form des Anthrax, welche jedoch Pferde
verhältuissmässig seltener befallt. Die hierorts beobachteten Fälle betrafen
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Anthrax des Pferdes.
durchaus wohlgenährte, kräftige, jüngere Tliiere, welche anschei­nend ganz gesund, meist bei der Arbeit beschäftiget, zu zittern anfangen, mit dem Kopfe schütteln, schäumen,-zu Boden stürzen und entweder in Kurzem unter Zuckungen verenden, oder sich wieder scheinbar so weit erholen, dass sie transportirt werden können. Der Anfall kehrt jedoch in Kurzem wieder, und die Kranken unterliegen in der Regel. In der Zwischenzeit zwischen dem einen und dem anderen Anfalle stehen sie gewöhnlich betäubt mit glotzenden Augen da, taumeln hin und her oder stützen sich mit dem Kopfe an den Barren oder mit dem ganzen Körper an die Wand des Stalles. In jenen Fällen, in welchen die Pferde nicht sogleich zu Grunde gehen, dauert der ganze Krankheitsvorlauf bis zum Eintritte des Todes nicht leicht über 4—(5 Stunden.
sect;. 26. Eine weniger acute, über 3—4 Tage (lauernde, jedoch auch gewöhnlich mit dem Tode endigende, durch grosse Betäubung und Hin­fälligkeit der Kranken, Anschwellung der Augenlider, blutige Infiltratio­nen der Käsen- und Augenliderschleimhaut und die Erscheinungen einer Lungenhyporämie, jedoch durch keine oder nur höchst unbedeutende Anschwellungen der Haut charakterisirte Form, welche dem sogenannten Milzbrandfieber der übrigen Hausthiere entspricht, ist gleichfalls beim Pferde selten.
Die Section zeigt aussei- der schon früher angegebenen Blutbe­schaffenheit und gewöhnlich sehr umfangreichen acuten Milzge­schwülsten meist ausgebreitete Blutungen in den Unter'iaut- und subserösen Bindegcwebsschichten, acute Schwellungen der Glekrösdrü-sen und bedeutende Hyperämien der Lunge und des Gehirnes. Eine eigentliche Gehirnapoplexie konnten wir selbst bei den aeutesten Fällen nie nachweisen.
Die Vorhersage ist absolut ungünstig; eine Behandlung we­gen der Raschheit des Verlaufes kaum durchzuführen. Wo dieselbe einzuleiten wäre, könnte ein sehr reichlicher Aderlass, kalte Begiessun-gen mit nachfolgendem Frottiren, kalte Umschläge auf den Kopf, das Xiesswurzstecken an der Vorder- oder ünterbrust und die reichliche Verabreichung von Salzen versucht werden.
2. Mit Localisationeii an (Irr Küriierobcrlläche und in inneren Theilen.
Der eigentliche P f e r d e t y p h u s.
sect;.27. Diese Krankheitsform wird von den thierärztlichen Schrift­stellern mit den verschiedensten Namen bezeichnet und bald unter den
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Typhus des Pferdes.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;327
Anthrax-, bald unter den typhösen Krankheiten, bald unter den soge­nannten Rothlaufformen beschrieben. Wir geben hier das Krankheits­bild, wie wir es an vielen hundert kranken Pferden zu beobachten Gelegenheit hatten.
Die Krankheit beginnt gewöhnlich mit einem Frostschauer, gros­ser Traurigkeit, Unaufmerksamkeit und Abstumpfung des Thieres, Ver­minderung der Fresslust und massiger Beschleunigung des Pulses und Athmens; der Absatz der Excremcnte erfolgt in derßegel reichlicher, und diese sind zugleich ziemlich feucht. Diese unbestimmten und keineswegs charakteristischen Erscheinungen dauern bisweilen einige Tage an und geben Veranlassung, die Gegenwart eines Darmkatarrhes, welcher in solchen Fällen auch wirklich zugegen ist, zu diagnosticiren, wenn nicht etwa das Herrschen des Pferdetyphus bekannt ist und auf die Wahr­scheinlichkeit seiner Gegenwart in dem gegebenen Falle hinweiset. In anderen Fällen jedoch gesellen sich schon nach Verlauf weniger Stun­den Symptome hinzu, welche über die Gegenwart des Typhus keinen Zweifel lassen. An verschiedenen Stellen der Hautoberflache treten entweder umschriebene, wallnuss- bis faustgrosse, gewöhnlich im An­fange schmerzhafte und heisse, dann aber unschmerzhaft werdende und die Temperatur der umgebenden Haut annehmende Geschwülste, am häufigsten an den Brust- und Bauchwandungen, längs der Wirbelsäule, auf der Croupe, au der äusseren Fläche der Hinterschenkel auf, welche bisweilen sehr rasch verschwinden und ebenso plötzlich an ande­ren Körperstellen wieder hervortreten, oder es stellen sich gleichmäs-sige, teigig weiche Anschwellungen an den Extremitäten ein, welche diese vollkommen umfassen, von der Krone des Hufes beginnen und sich allmälig nach aufwärts u. z. vorne bis zum Ellenbogen, hinten bis zum Kniegelenke erstrecken, dort scharf abgesetzt enden und oft einen so bedeutenden Umfang erreichen, dass den Kranken die Bewegung ihrer Gliedmassen vollkommen unmöglich wird. Aehnliche Geschwülste finden sich häufig an dem Vorkopfe ein u. z. von der Nasenwurzel beginnend bis zu den Nasenlöchern, welche hiedurch vollkommen ver-schwellen, selbst bis zu den Lippen sich erstrecken, welche bretthart und unbeweglich werden, wodurch das Einathmen, so wie die Aufnahme des Futters sehr erschwert oder ganz unmöglich wird; dann an dem Halse längs der Drosselrinne, an der Unterbrust und dem Unter­bauche, dann an dem Schlauche, wodurch die Harnentleerung er­schwert wird. Werden solche frisch entstandene Geschwülste einge­schnitten, wie diess bisweilen, jedoch stets zum Nachtheile des Kranken
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328nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Typhus cleg Pferdes.
geschieht, so zeigen sie sicli aus einem gelben, fest oder sulzig geron­nenen, von vielen Extravasatsh'eit'en durchzogenen Infiltrate bestehend, #9632;wodurch das normale Organgewebe zertrümmert oder verdrängt erscheint. Die Schleimhaut der Nase ist intensiv geröthet, geschwellt und von zahlreichen, punkt- und striemenförmigen Extravasaten durchzogen, stel­lenweise auch von gelben, hie und da von Blutungen violett gefärbten Exsudaten inflltrirt; ein ähnlicher Zustand findet sich häufig auf der Hchleimhaut der Vorder- und Hinterlippe, seltener am Zahn­fleische, das so wie die Schleimhallt des ganzen Maules gewöhnlich eine gesättigt gelbe Färbung zeigt. Aus der Nase stellt sich ein zäher, miss-färbiger, häufig blutiger Ausfliiss ein, aus dem Maule fliesst zäher, sich in Fäden und Stränge spinnender Geifer. Das Athmen ist im Beginne der Krankheit, wenn nicht sehr rasch eine Verschwellung der Xasenöffnung und hiedurch eine bedeutende Behinderung des Einströ-mens der Luft eintritt, oder nicht von früher her Krankheiten der Lun­gen zugegen sind, worüber die physikalische Untersuchung der Brust-Jiöhle Aufschluss gibt, nur wenig verändert, meistens lassen sich bloss die Erscheinungen eines Bronchialkatarrhes nachweisen. Der Puls er­reicht nicht leicht eine Beschleunigung über 60—70 Schläge in der Minute, er ist meist voll und weich, der Herzschlag ist bald fühlbar, bald unfühlbar; die Fresslust liegt darnieder, am liebsten wird noch Grünfutter genossen. Der Durst ist meistens bedeutend gesteigert; die Excremente sind gewöhnlich feucht, locker oder gar nicht geballt, blass, der Harn dunkel, nicht selten blutig gefärbt und wird meist in grös-seren Zwischenräumen unter Drängen abgesetzt. Die Abstumpfung und Theilnahmslosigkeit erreichen bisweilen einen solchen Grad, dass die Kranken wie dummkollerische Pferde mit auf den Barren gestemm­tem Kopfe oder gegen eine Wand gelehnt stehen, bei bedeutenderer Athemnoth werden sie jedoch auch aufgeregt und sehr unruhig. Finden typhöse Ablagerungen auf der Magen- und Darmschleimhaut statt, so stellen sich zeitweilig Kolikerscheinungen u. z. entweder bloss in der Form einer beständigen Unruhe des Thieres, öfteren Schar­rens mit den Vorderfüssen, Umsehens nach dem Hinterleibe ein, oder aber die Thiere werfen sich zu Boden, legen sich mit angezogenen Füssen auf den Rücken, oder wälzen sich, springen wieder auf und zeigen durch ihr ganzes Benehmen heftige Schmerzen im Hinterleibe an. In den intensiveren Fällen verletzen sie sich durch häufiges Nie­derwerfen und Wälzen an den hervorragenden Körperpartien, oder es entsteht bei längerem Liegen brandiger Decubitus. Bei raschem Verlaufe
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Typhus des Pferdes.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;329
stellen sich bisweilen Exsixdationen und Blutungen in den Augenlidern ein, wodurch diese unförmlich anschwellen und kaum eröffnet worden können, auch Zerstörungen der Augen durch massenhafte Blutungen wurden beobachtet.
Der Verlauf des Pferdetyphus ist ein verschiedener. Am gün­stigsten verlaufen jene Fälle, wo die Localisation In der Haut statt­findet und die Erscheinungen eines Dannleidens entweder vollkom­men fehlen oder verhältnissmässig nur sehr gering sind. Die Ge­schwülste bestehen dann durch mehrere (8 bis 14) Tage, selbst bis zu mehreren Wochen entweder nahezu unverändert fort, und wer­den nur allmälig kleiner, während sich auch gleichzeitig eine regere Fresslust einstellt, die Traurigkeit und Abstumpfung sich verliert und die Thiere endlich nach G—8 Wochen genesen, aber für längere Zeit hindurch noch wegen ihres schlechten Ernährungszustandes für einen angestrengteren Dienst untauglich bleiben. Der Krankheitsverlauf wird in diesen Fällen oft dadurch sehr verzögert, dass die Haut über den Geschwülsten, besonders in den Sprunggelenks- und Kniebeugen, und an der hinteren Fläche der Fessel platzt und entweder eine klare, gelbliche Serosität, die bisweilen zu Krusten vertrocknet, ergiesst, oder dass ganze Hautstücke, besonders an den genannten Stellen brandig ab­sterben , sich allmälig von der Umgebung loslösen und nun meist aus­gebreitete Substanzverluste hinterlassen, aus welchen abgestorbenes Bindegewebe und massenhafte, an der Oberfläche jauchig zerflossene Exsudatklumpen ausgestossen werden, wodurch oft bedeutende Hohl-legungen, welche eine chirurgische Hilfeleistung nolhwendig machen und bis zu deren vollkommener Heilung oft Monate verfliessen, veranlasst werden. In anderen Fällen erreichen die Gesehwülste am Vorkopfe eine so bedeutende Grosse, dass die Nasenöffnungen vollkommen ver-schwellen und Erstickungsgefahr eintritt, welche durch die gewöhnlich gleichzeitig vorhandene bedeutende Infiltration der Nasenschleimhaut, wodurch auch die Nasengänge nahezu unwegsam werden, bedeutend gesteigert wird. Hier kann nur der rasch ausgeführte Luftröhren-stich, dessen Vornahme bisweilen durch umfangreiche Geschwülste der Halsgegend sehr erschwert wird, die Lebensgefahr heben. Die Canüle muss bisweilen durch 8—14 Tage liegen gelassen werden; ihre Gegen­wart bringt auch keine weiteren Xachtheile, wenn man nur für soi'g-fältige Reinigung der Stichöffnungen, in deren L'mgcbung die Haut und das Bindegewebe in Folge des Druckes meistens brandig wird, Sorge trägt. In solchen Fällen gehen jedoch die Kranken bisweilen an
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Typhus des Pferdes.
Lungenödem oder in Folge von Lungenentzündungen, welche gerne gangränesciren, zu Grunde.
Xoch viel ungünstiger verlaufen jene Fälle, in welchen gleich anfangs die Erscheinungen eines Darmleidens aufgetreten waren, welches sich durch den Eintritt von Kolik verschiedenen Grades, durch deu Absatz weichen oder flüssigen, oft höchst übelriechenden, häufig blutgefärbten oder mit geronnenen Exsudatschichten oder Schorfen be­legten Mistes zu erkennen gibt. Meist endigen solche Fälle mit dem Tode des Thieres, obwohl, wenn auch seltener, der Eintritt der Gene­sung beobachtet wird.
Als ein sehr ungünstiges Ereigniss ist das rasche Ver­schwinden der Geschwülste der Haut zu betrachten, was oft inner­halb einer oder weniger Stunden stattfindet, so dass Thiere, welche kurz vorher zu unförmlichen Massen missgestaltet waren, ihr früheres norma­les Ansehen wieder erlangen. Meist stellen sich nach dem Zurücktreten der Anschwellungen rasch die heftigsten Kolikerscheinungen ein, unter denen die Thiere in der ßegel innerhalb weniger Stunden eingehen und nur selten gerettet werden. Bisweilen treten jedoch nach einigen Stunden, seltener nach einem längeren Zeiträume die Kolikerscheinun­gen unter gleichzeitigem Wiederauftreten der Hautgeschwülste zurück, und dieser Wechsel kann sich selbst einige Male hintereinander wie­derholen.
Eine häufige Complication des Typhus ist Lungenentzün­dung, welche besonders bei Jicrabgekommenen Pferden sich einstellt und meist mit Brand grössorer Lungenabschnitte endiget. Ihre Gegen­wart ist durch die physikalische Untersuchung der Brusthöhle leicht auszumitteln; sie, sowie Lungen- und Glottisödeme sind häufig die nächste Todesursache.
Auf der Nasen seh leim haut lässt sich nicht selten der ganze Verlauf einer typhösen Infiltration durch die Stadien der Nekrotisirung, des Geschwüres und des Heilungsvorganges beobachten. An den, beson­ders an der Schleimhaut der Nasenscheidewand häufig zu beobachten­den hirsekom- bis linsen- und silbergroschengrossen, runden oder läng­lichen, bläulichroth gefärbten Flecken (welche sich bei der anatomischen Untersuchung nicht als blosse Extravasate, sondern als wahre typhöse Infiltrationen herausstellen) nekrotisirt in der Kegel die Schleimhaut zu einem gelben Schorfe, der ringsum noch von infiltrirten Partien umgeben ist und allmälig und in so lange grosser wird, bis die ganze infiltrirte Stelle in eine safrangelbe Masse umgewandelt ist, welche durch
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Typhus dpa Pferdes,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;ööl
eine, anfangs seichte, in der Folge breiter werdende Furche von der umgebenden Schleimhaut geschieden ist, dann von dem Rande aus sich zu lösen beginnt, morsch und zerklüftet wird, und, sobald sie nur mehr an einer Stelle aufsitzt, frei in der Nasenhöhle flottirt und endlich, wenn sie vollkommen abges(ossen ist, das typhöse Geschwür zuriiek-lässt. Dieses ist nach der Gestalt der früher zugegen gewesenen In­filtration bald vollkommen rund, bald unregelmüssig gestaltet, an den lländern stark infiltrirt; es reicht bis auf den submueösen Zellstoff und kann, falls auf beiden Seiten der Nasenscheidewand tiefergreifende Ge­schwüre zugegen sind, sogar zur Durchbohrung des Scheidewand­knorpels fuhren. Bei eintretender Heilung legen sich die geschwell­ten Bänder über die GnmdHäche des Geschwüres herüber und werden dünner, während sich vom Grunde aus zarte Fleischwärzchen erheben und schliesslich nur eine leicht vertiefte Narbe, oder bei stattgefun­dener Durchbohrung des Knorpels ein von einem verdichteten Rande umgebener Substanzverlust zurückbleibt. In anderen Fällen verschorfen jedoch, besonders dünnere Infiltrationen nicht, sondern es wird das Ex­sudat nach vorausgegangener Fettumwandlung aufgesaugt.
sect;.28. Patliologische Anatomie. Die bei umgestandenen typhö­sen Pferden aufzufindenden pathologischen Veränderungen betreffen sowohl u. z. insbesondere den N ahrungs s ch 1 au o h , als andere Organe.
Die in dem ersteren vorkommenden Veränderungen durchlaufen mehrere Entwicklungsstufen, welche sich in vier Stadien unterschei­den lassen. In dem ersten Stadium, jenem der Hyperämie, er­scheint die Schleimhaut entweder vorwaltend des Pförtnertheiles des Magens und der dünnen Gedärme, oder auch jene des Dick­darmes stark geschwellt, gelockert, dunkel gerüthet, stark absondernd und von mehr oder weniger gehäuft stehenden Punkten ausgetretenen Blutes durchzogen; durch die geschwellten, aufgerichteten Zotten erlangt die Dünndarmschleimhaut ein sammtähnliehes Ansehen; das unterlie­gende Bindegewebe ist von einer trüben, eiwoissälmliclien Flüssigkeit durchtränkt und Aquot;on zahlreichen, bluterfüllten Gefässen durchzogen. Diese, einem acuten Darmkatarrhe zukommenden Erscheinungen haben an und für sich nichts Bezeichnendes, sie charaktcrisiren sich jedoch als dem t3rphösen Processc angehörig durch die gleichzeitig anwesenden Veränderungen der Milz, der Gekrösdrüsen, der allgemeinen Decke und der Nasenschleimhaut. In seltenen Fällen ragen die Peyer'-schen Drüsenhaufen in Gestalt dunkelgerötheter, geschwellter,
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Typhus laquo;les Pferdes.
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siebähnlich durchlöcherter Wülste über die Ebene der angrenzenden Parnischleimhant hervor.
Im zweiten Stadium, der Infiltrat ion, massigen sich die Symptome des Darmkatarrbes im Allgemeinen, hingegen bilden sich u. z. am häutigsten in der Schleimhaut des Pförtnertheiles des Magens, des Zwölf finger-, Blind- und ürimmdarmes zahlreiche Infiltratio­nen. An den beiden erstgenannten Stellen erscheint eine meist nnregelmässige Partie der Schleimhaut in dem Durchmesser von '/„ bis 2quot; und darüber geschwellt, einige Linien über die angrenzende Pliiche erhoben, sehr gelockert, dunkelbläulichroth gefärbt und bis in das un­terliegende Bindegewebe und die Muskelhaut, bisweilen selbst bis zu dem subserösen Zellstoffe von einer bläuliclisebwarzen, zähen oder gal­lertigen, von gelben Exsudatslreifen durchzogenen Hasse inliltrirt. Häutig tliessen solche Stellen zusammen und bilden hiedurch nnregelmässige, mannigfach verzweigte, strahlige Gestalten. Bisweilen sind sie so dicht gehäuft, dass die kranke Schleimhaut däche einer mit ausgetretenem Blute gefüllten Blase gleicht, oder es sind zwischen den ausgebreiteten Infiltrationen nur sparsame Reste normaler Schleimhaut eingestreut. In dem Dickdarme sind die Infilllationon kleiner, nur einige Linien bis zu '/„quot; im Durchmesser einnehmend; die umgehende Schleimhaut ist düster geröthet und geschwellt. Nur in seltenen Fällen erscheinen die Peyer'schen Drüsenhaufen zu 1—2'quot; hohen Wülsten geschwellt, von Blutergüssen durchzogen, die einzelnen Bälge von einer grauen, derhen Masse erfüllt, das unterliegende Bindegewebe von einer eiweiss-ähnlichen, blutigen Flüssigkeit durchtränkt. Die SchleimhautoberHäche ist von einer zähen, gelben, schleimigen Flüssigkeit bedeckt und in die Darmhöhle nicht selten eine grosse Menge dunklen, locker oder gar nicht geronnenen Blutes ergossen. Durch die violette Färbung und die Injection, welche der seröse Ueberzug des Darmes zeigt, ist man im Stande, schon von aussen die infiltrirten Partien zu erkennen.
Im dritten Stadium, welches die weiteren Veränderungen des Infiltrates umfasst, wird das nicht erstarrte Exsudat entweder als solches resorbirt, oder es verwandelt sich rasch in Fett, welches aufgesaugt wird, in welchen Fällen man dann nur durch die vorhan­dene , sehr intensive Pigmentirung die Stelle der früheren Infiltration zu erkennen im Stande ist (ein Befund, den man dort, wo während des Lebens zu wiederholten Malen Anschwellungen der Haut mit Koliker­scheinungen wechselten, gewöhnlich antrifft) oder, und diess ist in der
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Typhus des Pferdes.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;OOO
Regel der Fall, es nekrotisireu die intthmteu Partien zu einem feuchten, in der Folge trocken werdenden, gesättigt gelben Schorfe, welcher anfangs noch fest mit seiner niarkiihnlichen, von vielem Blute durch­zogenen Basis an dem infiltrirteu submucosen Bindegewebe oder der Muskelhaut haftet, sich in der Folge von dem Umfange gegen die Mitte zu loslöst und zuletzt nur mehr an einer Stelle aufsitzend, als zottige Masse frei in die Darmhöhle hineinhängt. Diese Schorfe entsprechen ihrer Gestalt nach den früheren Infiltrationen, sie sind unregelniässig und sehr gross im Magen- und Zwölffingerdarme, ziemlich regelmässig rund und kleiner, jedoch meist dicht gehäuft im Blind- und Grimm­darme. Die, die verschorften Stellen umgebende Schleimhaut ist stark gewulstet, von einer trüben Flüssigkeit durchtränkt und schiefer­grau oder violett pigmeutirt. Der Magen und die Gedärme sind von Gas aufgetrieben, die Eeyer'schen Drüsenhaufen geschwellt, die Schleim­haut der nicht ergriffenen Stellen gewöhnlich blass, hie und da grau pigmentirt und die Dannhöhle von einer röthlich grauen, übelriechen­den Flüssigkeil erfüllt.
\Vro es zur Bildung vou Schorfen gekommen ist, erscheint nach Abstossung derselben das typhöse Geschwür, dessen weitere Verän­derungen man als das vierte Stadium des Typhus betrachtet. Das tjphöse Geschwür hat entsprechend den Infiltrationen und Schorfen im Magen und Zwölffingerdarme eine unregolmässige, bucht ige oder läng­liche, im Dickdarme eine rundliche Gestalt. Die Bänder desselben sind an den erstgenannten Stellen stets zackig, an den letzteren wie ausge­hackt, immer jedoch sehr gewulstet, schiefergran, selbst bläulichschwarz pigmentirt. Den Grund des Geschwüres bildet in der Regel das submu-cöse pigmentirte Bindegewebe, oder auch die stark pigmentirte und ge­lockerte Muskelhaut.
Schreitet die Heilung eines solchen Geschwüres vorwärts, so rücken die Ränder etwas aneinander, löthen sich an die Grundfläche, auf welcher drusig unebene, pigmentirte Granulationen sich erheben, während der Substanzverlust nach und nach durch Bindegewebe aus­gefüllt wird. Dieser Heilungsvorgang konnte jedoch bisher nur an klei­nen Geschwüren bis zu Ende beobachtet werden; überhaupt scheint es, dass nur bei jenen Fällen von Darmtyphus Genesung eintritt, bei wel­chen entweder die in die Darmschleimhaut abgesetzten Exsudate wieder resorbirt werden, oder bei denen es wenigstens nicht zur Geschwür­bildung in grösserem Umfange kommt.
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laquo;334nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Typhus des Pferdes.
Bei einem und demselben Thiere können nicht selten in verschie­denen Abschnitten des Durmcanales die verschiedenen Stadien des ty­phösen Processes beobachtet werden.
Neben den eben angegebenen Veränderungen findet sich auf der Schleimhaut der Nasenhöhle ein analoger Process, dessen Erschei­nungen schon oben angeführt wurden. Ausserdem verdienen die An­schwellungen in der Haut und dem Unterhautbindegewebe eine besondere Beachtung. Die abnormen Partien erscheinen auf einem Durchschnitte nicht selten auf 2—4quot; verdickt, das Unterhautbindege­webe mit einem gelben, entweder klebrigen, eiweissähnlichen, von zahl­reichen Blutstriemen und zarten neugebildcten Gefässchen durchzogenen Exsudate inflltrirt, welches sich aucli in dem die Muskeln verbindenden Zellstoffe vorfindet. Nicht selten sind auch geronnene, derbe Faserstoff­sehollen und abgestorbenes Binde- und Sehnengewebe in buohtigen, von einer jauchigen, auf der Haut Brennen verursachenden Flüssigkeit umspülten Hohllegungcn unter der Decke, theilweise noch mit der Um­gebung zusammenhängend, vorfindlicli. Die Musculutur ist stets mürbe, wie gekocht, dunkclbläuüchroth gefärbt, stellenweise von blutigen Heer-den durchzogen. Insbesondere häufig finden sich solche Blutungen in der linken Herzkammer u. z. an der Ursprungsstellc der Warzen­muskel, wobei die innere Herzauskleiduug von dem ergossenen Blute in Gestalt hanfkorn- bis erbsengrosser Bläschen, oder weniger erhabener Flecke emporgehoben ist, während das unterliegende Herzileisch auf die Tiefe einer oder mehrerer Linien vom Blute durchtränkt und bis­weilen zertrümmert erscheint. Ebenso häufig sind solche Blutungen in den Kau- und Schläfen-, dann in den zur Seite des Halses gelegenen Jluskeln. Auch in jene des Auges und in dieses letztere selbst finden Blutungen statt, durch welche der Augapfel und mit ihm das Sehver­mögen für immer zu Grunde gehen.
Blutungen in die Schleimhaut des Kehlkopfes, insbesondere in die Kehldeckel-, Giesskannenknorpel- und in die Stimmbänder, sowie in die Schleimhaut der Luftröhre und des Schlundkopfes gehören zu den gewöhnlichen Erscheinungen.
Die Beschaffenheit des Blutes ist die beim Anthrax im All­gemeinen angeführte. Acute Schwellungen der Milz auf das Zwei- bis Dreifache ihres normalen Volumens, zuweilen mit beulenartigen Auftrei­bungen auf der Oberfläche, Erweichung ihres Parenohymes zu einem braunrothen oder violetten, schmierigen, entweder leicht abstreifbaren oder über die Schnittfläche hervorquellenden Breie, Infiltrationen
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Typbus delaquo; Pferdes.
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der Gekrösdrüson mit einer hirnmarkähnlichen, graurötlilichen Masse gehören zu dem constanten Befunde beim Pferdetyphus. Als die häufig­sten Combinationen finden sich Entzündungen der Lunge mit dem Ausgange in Brand und acutes Lungenödem, welche Zustände in jenen Fällen, wo der typhöse Process im Darme vermisst wird, in der Eegel als nächste Todesursache anzuseilen sind, seltener Oedem der Stimm­ritzenbänder und Entzündung der inneren Herzauskleidung. Blutungen unter das Brustfell, in die Eettkapseln der Nieren, Anschwellungen der Bronchialdrüsen kommen nicht selten vor. Der Befund des G e-hirnes und der Leber ist nicht constant, Hyperämie derselben jedoch ziemlich häufig.
sect;. 29. Der Verlauf des Pferdetj-phus ist entweder ein sehr acu-ter, unter heftigen Kolikerscheinungen innerhalb 3—4 Tagen zum Tode des Thieres führender, oder es erstreckt sich die Krankheitsdauer auf eine oder mehrere quot;Wochen, und wenn die sehr langwierige Kccon-valescenz liinzugerechnet wird, selbst über Monate hinaus.
Die Vorhersage ist im Allgemeinen eine ungünstige. Man kann rechnen, dass bei epizootischem Herrschen desselben ungefähr die Hälfte der Kranken unterliegt. Am übelsten stellt sich die Prognose bei herabgekommenen oder von früher her kranken Thieren, bei wel­chen sich sehr leicht gangränescirende Lungenentzündung entwickelt, dann dort, wo heftige Kolikerscheinungen auf eine ausgebreitete Infil­tration im Darme hinweisen, oder wo starke Verschwcllung der Xasen-öffnungen und der Schleimhaut der Nasenhöhle oder Infiltrationen um den Kehlkopf herum eintreten, und dann der Tod gewöhnlich durch Lungenödem erfolgt, oder wenn vorhandene Geschwülste der Haut rasch zurücktreten.
sect;. 30. Was die diätetische Behandlung betrifft, so sind ty­phuskranke Pferde in einem reinen, kühlen, luftigen Stalle, oder wenn es die Wittcrungsverhältnisse gestatten, in gedeckten Unterständen unterzubringen; das Getränke soll in frischem, reinem Wasser, wel­ches versuchsweise bis zum angenehm säuerlichen Geschmacke mit Salz-oder Schwefelsäure angesäuert werden kann, die Nahrung in Grünfut­ter, Mehl- oder Kleientränken bestehen.
Da die dem Typhus zu Grunde liegende Constitutionsstörung bei einmal ausgebrochener Krankheit durch Arzneien nicht beseitiget werden kann, so muss sich die Therapie der Hauptsache nach auf ein gegen die hervortretenden und gefahrdrohendsten Symptome gerichtetes Ver­fahren beschränken.
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OOOnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Typhus des Pferdes.
Im Beginne des Leidens, so lange bloss die Erscheinungen eines Xatarrhes zugegen sind, kiiniien die Mittelsalze in kleineren Ga­ben, der Salmiak, das Kochsalz, letzteres in Verbindung mit bitteren oder gewürzhaften Mitteln, namentlich bei älteren oder herabgekomme­nen Tliieren verabreicht werden.
Stellen sich leichte Kolikerscheinungen ein, so gibt man am besten Kamillenaufguss mit Schwefelleber; zeigt sieh eine bedeutende Abstumpfung des Thieres, so können gewürzhafte Mittel (Angelica-oder Baldrianwurzel) mit etwas Kampher oder Terpentinöl mehrere Male des Tages gegeben werden.
lleichlicher Durchfall erfordert die Anwendung des rohen Alauns, des Bleizuckers in Verbindung mit schleimigen Mitteln und die Beibrin­gung schleimiger Klystiere. Bei blutigem Durchfalle können auch Kly-stiere aus kaltem Wasser gesetzt werden. Hartnäckige Verstopfung macht das Ausräumen des Mastdarmes und die Application von Seifen-klystieren nothwendig.
Bei Blutandrang zum Kopfe und gegen stärkere Betäubung werden am zweckmässigsten kalte Umschläge auf den Schädel ange­wendet.
Ein unentbehrliches Mittel zur Erhöhung der Hautthätigkcit sind öftere Frottirungen des ganzen Körpers, besonders aber der an-gesohwolleneu Theile mil Strohwischen u. z. entweder trocken oder nach vorausgegangener Bespritzung des Körpers mit Kamphergeist oder Ter­pentinöl.
Treten Schlingbeschwerden auf, so kann die Anwendung feuchtwarmer Umschläge auf die Ührspeicheldrüscn-Gegend nothwendig werden. Der in Folge stärkerer Anschwellungen am Kopfe und Halse eintretenden Erstickungsgefahr kann in vielen Fällen durch die recht­zeitige Vornahme des Luftröhrenstiches begegnet werden.
Platzt die Haut an einzelnen Stellen der angeschwollenen Theile z. B. im Sprunggelenke, an der hinteren Fesselfläche, so befeuchtet man diese Theile wiederholt mit Goulard'schem Wasser, oder legt mit Blei­essigsalbe bestrichene Wergbäuschchen in die tieferen Schrunden ein und verbindet darüber mit Werg. Von ungünstigem Erfolge ist in der Regel das Scariticiren der Anschwellungen oder das Einziehen von Eiterbändern in dieselben, da sich in Folge dessen gerne brandiges Ab­sterben solcher Partien einstellt. Sollten sich Geschwüre oder Hohl-legungen bilden, so wären diese nach den Grundsätzen der Chirurgie zu behandeln.
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Milzbramiformen beim Kinde.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;337
Ist der Typhus unter den Pferden einer grösseren Abtheilung ausgebrochen, so sollen die Vorbauungsmittel gegen eine weitere Verbreitung desselben darin bestehen, dass nicht zu viele Pferde in einem und demselben Stalle untergebracht, für eine rogclmässige Ven­tilation und Reinlichkeit desselben gesorgt, die Bewegung der Pferde nie übermässig und besonders nicht in der Mittagshifze vorgenommen, zu nahrhaftes oder verdorbenes Futter vermieden, öfter frisches, reines Wasser zum Getränke gereicht und für eine Üeissige Hautcultur Sorge getragen werde. Die Bewegung solcher Pferde zur Sommerszeit soll, wenn möglich, nur Morgens und Abends, wo die Luft kühler ist, stattfinden.
Die gegen den Pferdetyphus einzuleitenden veterinär-polizei-liehen Mass regeln stimmen mit den für den Anthrax überhaupt gil­tigen überein.
B. Beim Rinde. I. Ohne besliminte Locallsalioii.
a) Der M i 1 z b r a n d b 1 u t s c h 1 a g, sect;. 31. Der sogenannte Milzbrandbl ut schlag (Erdsturz, Teufelsschuss, Blutstaupe, Blutseuche u. s. w.) tritt unter ähn­lichen Erscheinungen, jedoch häufiger auf, als beim Pferde und macht gewöhnlich den Anfang einer Anthraxepizootie. Er befällt meist die bestgenährten kräftigsten Thiere oft während der Arbeit, wo sie zusam­menstürzen und unter C'onvulsionen unter dem Austritte eines blutigen Schaumes aus der Nase und dem Maule meist innerhalb weniger Minuten zu Grunde gehen. Nicht selten werden Thiere, welche Abends anscheinend ganz gesund waren, Morgens todt im Stalle gefun­den. In anderen Fällen verläuft die Krankheit jedoch nicht so rasch, sondern die Thiere äussern einige Stunden vor dem Anfalle Mattigkeit und Abgestumpftheit, oder sind zeitweilig aufgeregt; sie hören auf zu fressen, gehen schwankend und taumelnd, schäumen aus dem Maule, dessen Schleimhaut gewöhnlich gelblich gefärbt ist. Das Athmen ist beschleuniget, unregelmässig, mit starkem Flankenschlagen, der Puls sehr schnell, undeutlich zu fühlen, der Herzschlag entweder unfühl­bar oder pochend, die Körperwärme entweder sehr erhöht oder un­gleich vertheilt, und dann besonders die Extremitäten und das Gesicht kühl. Später fangen die Thiere an zu zittern, das Auge wird hervor­getrieben, die Pupille erweitert, sie stürzen zur Erde und gehen unter
Roll, Pathol. and Therapie. II. Aufl.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 22
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338nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; MUssbrandlormen beim Rinde.
Zuckungen, Zähncknirschen, unter Hervortreten blutigen Schaumes aus dem Maule und blutiger Excremente aus dem After zu Grunde. Der ganze Krankheitsverlauf dauert jedoch auch hier nur wenige Stun­den; er erstreckt sich bloss in jenen Fällen, wo die Thiere sich nach einem Anfalle wieder erholen, auf 12—36 Stunden und endiget in der Regel mit dem Tode. Bezüglich der Sectionsdaten, der Prophy­laxis und Therapie gilt das vom Anthrax im Allgemeinen und bei der acuten Form des Pferdes Bemerkte.
b) Das Milzbrandfieber.
sect;. 32. Das sogenannte Milzbrandfiebor beginnt gewöhnlich mit einem Fieberschauer, welcher jedoch häufig übersehen wird und bald einer brennenden Hitze Platz macht; die Rinder zeigen eine auftallende Mattigkeit und Hinfälligkeit, sie stehen entweder theilnahmslos und ab­gestumpft mit gesenktem oder auf die Krippe aufgestütztem Kopfe da, oder sie werden unruhig, blicken wild herum, brüllen, stampfen mit den Füssen, schlagen mit denselben gegen den Bauch, wobei die Augen her­vorgedrängt und glotzend erscheinen. Die Körperwärme wechselt nun häufig, die Extremitäten sind meist kühl, das Athmen wii'd beschleuniget, kurz, bisweilen schnaufend, der Puls sehr schnell, undeutlich zu füh­len, die sichtlichen Schleimhäute sind heiss, gelblichroth gefärbt, das Flotzmaul trocken, öfter ist Zähneknirschcn zugegen. Die Fress-lust und das Wiederkäuen fehlt oft gänzlich, besteht aber im gerin­gen Grade bisweilen bis zum Eintritte des Todes fort; der Durst ist nur selten gesteigert, die Excremente sind dunkel gefärbt, trocken, häufig mit Blut gemengt, oft stellen sich auch Zeichen heftiger Kolik­schmerzen ein. Bei Melkkühen verringert sich die Menge der Milch auffallend oder diese versiegt auch vollständig; sie zeigt, so lange sie ab­gesondert wird, entweder keine auffallenden Veränderungen, oder sie ist schmutzigbläulichweiss gefärbt, zähe, von fadem Geschmacke und geht rasch in Fäulniss über. Auch bei dieser Form des Anthrax unterschei­det man einen schnelleren und einen langsameren Verlauf. Bei dem ersteren treten die Erscheinungen rasch auf, nehmen schnell an Heftigkeit zu und der Tod kann schon innerhalb 12—36 Stunden ge­wöhnlich unter Convulsionen und unwillkürlichen, blutigen Entleerungen erfolgen. Ximmt die Krankheit einen langsameren Verlauf, so stei­gern sich die Symptome mit geringerer Heftigkeit; es kann sogar eine scheinbare Erleichterung erfolgen, während welcher die Thiere munterer
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Milzbraudformen beim Rinde.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; o39
sind, und wieder etwas Futtci' zu sich nehmen. AJlmalig jedocli werden die Kranken matter, abgestumpfter. Puls und Athmen beschleunigter, die Absonderungen der Schleimhäute werden vermehrt, blutige Durchfalle, Auftreibung dos Hinterleibes treten ein, die Thiere verfallen zusehends, Ohren und Extremitäten erkalten, und, nachdem bisweilen noch Emphy­seme unter der Haut des Rückens aufgetreten sind, erfolgt der Tod meistens nach 3 7 Tagen nicht selten unter Convulaionen.
Als Scctionsergebnisse finden sich: Hyperämie in den mei­sten Organen, insbesondere den Lungen, mit dem schon früher beschrie­benen dunklen, zähen, theerartigen Blute, acute Milzgeschwülste oft enormen Umfanges, Infiltrationen der Gekrösdrüsen, Blutungen in die Darmhöhle, in das Bindegewebe unter der Haut, in die serösen Häute und zwischen die Muskeln, häufig auch sulzähnüche, gelbe Exsudate um den Ursprung der grossen Gefässe aus dem Herzen, um den Brust-theil der Luftröhre (die sogenannte Anticardia). In vereinzelten Fäl­len langsameren Verlaufes haben wir auch Schwellungen und Infiltra­tionen, selbst Geschwüre der Peyer'schen Drüsenhaufen im Dünn­darme beobachtet, wodurch sich die Analogie mit dem Darmtyphus noch mehr herausstellt.
Häufig gesellen sich dieser Anthraxform, ähnlich wie jener, die wir beim Pferde als Pferdetyphus betrachtet haben, Anschwellungen rerschiedener Art an der Körperoberfläche hinzu, von welchen später gehandelt wird.
Die Prognose ist auch hier sehr ungünstig. Bezüglich der Aotio-logie, Behandlung und der polizeilichen Massregoln gilt das im Allgemeinen Bemerkte.
2, Mit Localisation an bestimiiiten inneren Organen.
a) Der Z unge n an thrax, Glossanthrax.
sect;. 33. Der Zungenanthrax (Zungencarbunkel, Zungen­brand, Zungen faule, Pestblatter), eine in Deutschland nur selten als epizootische Krankheit vorkommende Anthraxform, ist durch das Auftreten von Blasen auf dem Rücken und Grunde der Zunge, am Gaumen, der inneren Fläche der Lippen, der Backen und um das Zun-genbändchen herum oharakterisirt, deren Ausbruche nur selten Fieber­erscheinungen vorangehen. Diese Blasen sind anfangs weisslich und durchscheinend, werden rasch missfarbig, violett oder schwärzlich und nehmen besonders dann, wenn sie in geringerer Anzahl zugegen sind,
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34(1nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Milzbrandtormen behn Kinde.
schnell an Umfang sogar bis zur Grosse eines Hühnereies zu. Dieselben platzen entweder und ergiessen eine scharfe, ätzende Jauche, oder sie bedecken sich mit einem Schorfe, unter welchem die Jauche in die Tiefe greift und innerhalb der kürzesten Zeit die Zunge, Lippen oder Backen zerstört. Xach dem Ausbruche der Blasen treten auch die Er­scheinungen des Anthraxfiebers deutlich hervor; die Umgebung der Geschwüre schwillt stark an, die Schmerzen werden sehr heftig, mit Brandjauche gemischter Schleim tliesst in grosser Menge aus dem Maule und oft schon 24—48 Stunden nach dem Ausbruche der Blasen gehen die Kranken zu Grunde, nachdem die brandige Zerstörung auf den Schlund- und Kehlkopf oder auch auf den harten Gaumen übergegrif­fen hat. Selbst bei dem, durch eine rasch eingeleitete, zweckmässige Behandlung erfolgenden, günstigen Ausgange bleiben nicht selten Ge­schwüre der Maulhöhle durch längere Zeit zurück, welche der Futter­aufnahme und dem Kauen hinderlich sind.
Die Section ergibt nebst dem Vorhandensein der angegebenen Zerstörungen im Maule auch noch die dem Anthrax überhaupt zukom­menden Erscheinungen.
Die Behandlung des Zungenauthrax hat insbesondere die Eröffnung und Zerstörung der Blasen zum Zwecke. Zu einer Zeit, wo diese Krankheit herrscht, ist es demnach notbwendig, das Maul des gesunden Viehes täglich wiederholt zu untersuchen. Sobald sich auch nur eine Blase zeigt, muss die Zunge vorsichtig hervorgezogen, die Blase geöffnet und mit Schwefel- oder Salzsäure, verdünnter Salpetersäure oder Kupforvitriollösung geätzt, oder mittelst einer concentrirten Lösung von Kochsalz in Wasser und Essig gewaschen, oder mittelst des Glüh­eisens zerstört werden. Finden sich etwa unterhalb eines Schorfes brandige Geschwüre vor, so werden auch diese nach Hinwegnahme des ersteren auf dieselbe Weise behandelt. In jedem Falle ist jedoch dafür zu sorgen, dass die Brandjauche nicht in die Rachenhöhle hinab-fliesse oder von dem Thiere verschluckt werde, und dass Thierärzte und Wärter eine Besudelung ihrer Hände, des Gesichtes u. s. w., so wie das Einathmen der von den Kranken ausgeathmeten Tjuft vermeiden. Die innerliche Behandlung, die Prophylaxis und die veterinär­polizeilichen Massregeln verhalten sich wie beim Anthrax überhaupt.
b) Der M a s t d a r m - C a r b u n k e 1.
sect;. 34. Diese Anthraxform, auch Bücken- oder J.,endenblut ge­nannt, ist dadurch ausgezeichnet, dass neben den Erscheinungen eines
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MUxbrandibrmon buna Hinde.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; o*plusmn;l
Anthraxtiebers schwarzes, zähes, tlieerülmliches Blut mil deu Excremen-ten unter anhaltendem Drange abgesetzt wird, wobei diese gewöhnlich hart und trocken sind. Die Schleimhaut des Mastdarmes ist dabei sehr heiss, bedeutend geschwollen; die Thiere gehen entweder sehr rasch innerhalb weniger Stunden oder nach einigen Tagen zu Grunde. Bei der Section finden sich nebst dem, deu Authraxformen überhaupt zu­kommenden Befunde sulzige Ergüsse zwischen den Häuten des Mast­darmes und brandige Zerstörung seiner Schleimhaut.
Die Behandlung kommt mit jener des Anthrax überhaupt über­ein, überdiess empfehlen sich kalte, etwas augesäuerte Klystiere, kalte Umschläge auf den Bücken. Das hie und da gebräuchliche Aus­räumen des Mastdarmes mit der Hand ist wegen einer leicht möglichen Ansteckung zu vermeiden.
Blutungen aus dem Mastdarme haben jedoch häufig auch eine bloss symptomatische Bedeutung und kommen bei verschiedenen Krank­heiten des Darmcanalcs vor. Xur dort, wo die Erscheinungen eines Anthraxfiebers gleichzeitig zugegen sind, kann ihr Eintritt für den soge­nannten Mastdarm-Carbunkel sprechen.
Dass im Verlaufe des sogenannten Anthraxfiebers Localisationen auch an anderen inneren Theilen, wie im Darme, in den Lungen u. s. w. vorkommen, wurde schon früher erwähnt.
X Mit Localisation an der Haut imIci- an äussrmi Theilen. Die Carbunkelkrankheit.
sect;. 35. Bei der Carbunkelkrankheit (Milzbrandcarbunkel) treten unter den Erscheinungen des Milzbrandfiebers, oder auch ohne dass diese in einer auffallenden Weise vorhergegangen wären, an ver­schiedenen Stellen des Körpers, insbesondere am Triel, am Halse, an der Vorderbrust, an den Seitentheilen der Brust und am Kücken ent­weder scharf umschriebene Beulen (Carbunkel) oder ausgebreitete Ge­schwülste u. z. diese letzteren vorzugsweise an der unteren Brust- und Bauchgegend und an den Extremitäten auf, welche sich im Ganzen jenen gleich verhalten, welche beim Typhus des Pferdes vorkommen. Die Beulen sind anfangs klein, nehmen jedoch meist rasch an Grosse zu und erlangen nicht selten einen enormen Umfang. Anfangs heiss und schmerzhaft, werden sie bald kühl, unempfindlich und zeigen sich auf einem Durchschnitte aus derbem, festgeronnenem, gelbem, von vielen
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ö4^nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Milzbramlfonnpii beim Hhulc.
Blutextravasuten durchzogenem Exsudate bestehend. Sie, so wie die verbreiteten, meist unschmerzhaften, teigig, bisweilen schwappend anzu­fühlenden, bei einem Einschnitte eine gelbe oder blutig gefärbte, eiweis-sige Elüssigkeit ergiessenden Geschwülste brechen gewöhnlich schon nach einem oder zwei Tagen auf, und ergiesseu eine brandig-jauchige oder zähe, klebrige Flüssigkeit. Von dieser Stelle aus greift die brandige Zerstörung der Haut und des Unterhautbindegewebes weiter um sich. Mit dem Auftreten dieser Geschwülste und Beulen massigen sich bis­weilen die allgemeinen Erscheinungen und es kann Besserung und end­lich Genesung eintreten, oder die Symptome des Anthraxfiebers kehren mit erneuerter Heftigkeit wieder und die Thiere unterliegen 3—7 Tage nach dem offenbaren Auftreten der Krankheit. Basselbe ist der Fall, wenn die Anschwellungen rasch wieder zurücktreten, oder wenn sie sich in der Nähe lebenswichtiger Organe, z. B. des Kehlkopfes und der Luftröhre, am Kopfe u. s. w. entwickeln. In manchen Fällen findet, beson­ders in flachen Anschwellungen, Gasentbindung statt, dieselben kni­stern und rauschen dann beim Drucke oder Darüberstreichen mit der Hand; ein Zustand, den man im gemeinen Leben mit dem Namen rau­schender Brand (Milzbrandemphysem, fliegendes Feuer) bezeich­net. Auch brandiges Absterben ganzer Hautstücke, ohne dass Geschwülste vorausgegangen wären, wurde beobachtet.
Die Section ergibt bezüglich des allgemeinen Befundes die beim Anthrax überhaupt, bezüglich der Carbunkel und verbreiteten Geschwülste die beim Typhus des Pferdes angeführten Daten. Die allgemeine und locale Behandlung der Carbunkelkrankheit wurde schon früher (sect;. 23) angegeben.
Zu den Anthraxformcn wird von einigen Schriftstellern auch der sogenannte Sterz wurm, eine seltene Krankheitsform, bei welcher sich Geschwüre an der Schweif­rübe des Rindes, welche bis auf den bänderigen Apparat der Wu-bel übergreifen und das Abfallen eines Stückes des Schweifes zur Folge haben, gerechnet. l)ie Behandlung besteht in der Abnahme des Schweifes über dem erkrankten Stücke, und im Brennen des zurückgebliebenen Stumpfes.
C. Beim Schafe.
1. Ohne bestiiimile Localisation.
Die Blutseuche. sect;. 36. Die sogenannte Blutseuche (Blutstaupe, Blutkrank­heit, Hitze) entspricht der apoplectischen Form des Anthrax. Sie gibt sich durch ähnliche Erscheinungen wie diese zu erkennen, kommt aber
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Milzbrandformen beim Schafe.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 343
viel häufiger bei den Schafen als bei den übrigen Hausthieren vor. Sie tritt in einzelnen Gegenden, wie in Niederungarn, einigen Districten Frankreichs enzootisch auf und richtet nicht selten unter dem Schaf­stande bedeutende Verheerungen an, da sie bisweilen mehrere Jahre hintereinander vorkommt, oder auch ununterbrochen fortdauert und in hohem Grade contagiös ist. Sehr selten sind Vorläufer der Krankheit bemerkbar; anscheinend ganz gesunde und muntere Thiere stürzen oft während des Fressens zusammen und gehen unter Zuckungen entweder schon innerhalb weniger Minuten zu Grunde, oder bleiben doch, nach­dem sie zusammengestürzt sind, liegen, indem sie sich wie gelähmt nicht mehr erheben können; ihr Athmen ist ängstlich, mit starker Flan­kenbewegung, ihre Augen sind her vorgedrängt, die Bindehaut und die sichtlichen Schleimhäute stark injicirt, und nach Verlauf mehrerer Stun­den gehen die Thiere unter Convulsionen und dem Hervortreten blutigen Schaumes aus Nase und Maul zu Grunde.
Aussei- den, don Anthrax überhaupt veranlassenden Ursachen wird noch insbesondere eine bestimmte Bodenbeschaffenheit (besonders kalkhaltiger oder humusreicher Boden mit durchlassendem Untergrunde), der Genuss eines durch Schimmelbildung verdorbenen Futters beschul­diget. Veredelte Schafe, so wie Lämmer und Jährlinge sind dieser Milzbrandform vorzugsweise ausgesetzt.
Beinahe alle Erkrankten gehen zu Grunde. Nebst den beim An­thrax überhaupt anzuwendenden Mitteln wird besonders der innerliche Gebrauch des Chlorwassers und des Chlorkalkes empfohlen.
2. Mit Localisativraquo; an äussvreii Kürpertheileii.
a) Mil zbr and-Carbunkel. sect;.37. Der Milzbrand-Carbunkel kommt bei dem Schafe ver-hältnissmässig sehr selten u. z. am Kopfe und den weniger bewollten Theilen vor.
b) Brandiger li o t h 1 a u f.
sect;. 38. Häufiger kommt der sogenannte brandige llothlauf (flie­gender Brand, Flug, Rose, heiliges Feuer) vor. Entweder nach vorausgegangenen Fiebererscheinungen oder auch ohne diese fangen u. z. gewöhnlich die stärksten Thiere der Heerde zu hinken oder steif zu gehen an. Bei genauerer Untersuchung findet sich an der inneren Fläche der Schenkel eine dunkelrothe oder bläuliche, teigige oder knisternde Geschwulst, welche bald kühl und unschmerzhaft wird
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raquo;j44nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Milzbrandformen beim Schweine.
und sich rasch über den Bauch und die Brust, selten über den Hals und Kopf erstreckt, deren Oberhaut sich bald loslöst und aus welcher eine röthliche, jaucliige, sehr übelriechende Flüssigkeit aussickert. Das begleitende Fieber ist sein- heftig und die Thiere gehen innerhalb einer halben Stunde, bisweilen erst nach 24 oder 36 Stunden zu Grunde. Genesung tritt nur in den seltensten Füllen ein.
Die Section ergibt nebst dem beim Anthrax gewöhnlichen Be­funde brandige Zerstörungen der Haut, des XJnterhautbindegewebes und der umgebenden Musculatur, so wie Infiltrationen dieser Theile mit gal-lertahnlichem, gelblichem Exsudate. Die Behandlung erfordert na­mentlich die Anwendung von Säuren und Salzen; Aderlässe sind ge-wölmlich nachtheilig.
D. Beim Schweine. I, Ohne bestliuuite Localisatlitn.
Der Milzbraudblutschlag.
sect;. 39. Die apoplectische Form des Anthrax kommt beim Schweine verhältnissmässig seltener, als bei den übrigen Hausthieren vor, verläuft aber dann gewöhnlich so acut, dass die Thiere hinstürzen und todt sind, bevor man noch irgend eine Yerrauthung ihres Krank­seins hat. Bei dem noch selteneren, minder raschen Verlaufe des Leidens werden die Thiere traurig, gehen schwankend, ihre Schleim­häute sind stark geröthet, die Körpertemperatur wechselt, es stellt sich öfter Erbrechen einer missfärbigen oder blutigen Flüssigkeit ein und in den meisten Fällen erfolgt bald der Tod unter Convulsionen. Häufig treten auch die noch näher anzuführenden Carbunkel oder rothlaufartige Anschwellungen an verschiedenen Körperstellen auf.
2. Mit Localisalionen an inneren Kürpertheilen.
a) Das Rankkorn.
sect;.40. Der Maul- oder Gaumenanthrax (das Eankkorn), eine seltenere Anthraxform, kommt seinen Erscheinungen nach mit dem Zungenanthrax (des Rindes) überein, und ist durch das Auftreten von anfangs hellen, dann violett und schwarz werdenden Blasen auf der Schleimhaut des Maules, insbesondere auf dem Gaumen und der Zunge unter gleichzeitigem Yorlmndensein eines heftigen Allgemeinleidens
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Milzbramlformen beim Schweine,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 340
chaxakterisirt. Der Verlauf ist sehr rasch, der Ausgang moist tödtlich. Die Behandlung wie beim Zungenanthrax.
b) Die A n t li r a x b r ä u n e.
sect;.41. Der Halsanthrax (Anthraxbriiune, Kehlbrand, #9632;svildes oder laufendes Feuer, brandige Halsgeschwulst) gesellt sich häufig dem sogenannten brandigen Eothlaufc der Sehweine z\i und besteht in einer Entzündung der Kaclienhöhle und der Kehl­kopfschleimhaut. Es stellt sicli beschwerliches, keuchendes und pfei­fendes Athmen, heiseres Grunzen, grosse Hitze und Trockenheit des Rüssels, Anschwellung der Zunge, bräunlich rothe Färbung der Maulschleimhaut, erschwertes Schlingen, Athmungsbe-schwerden, Neigung zum Erbreche n ein. Um den Kehlkopf herum und längs der Luftröhre entwickelt sich eine heisse, harte und schmerz­hafte Geschwulst, welche sich nicht selten auch über die A^ordersehen-kel imd zwischen diesen hindurch auf die ünterbrust verbreitet, im Beginne gesättigt roth ist, häufig aber eine bleigraue und zuletzt vio­lette Färbung und ein ödemutöses Aussehen annimmt. Das Allgemein­leiden ist gewöhnlich sehr bedeutend, die Thiere athmen schwer mit weit geöffnetem Maule, sie liegen entweder oder sitzen auf dem Hin-tertheile; die Maul Schleimhaut und der lliissel werden bleifarbig, die Temperatur des Körpers sinkt und die Thiere gehen durch Erstickung oder in Folge ausgebreiteten Brandes innerhalb 1—2 Tagen zu Grunde. Der Eintritt der Genesung wird nur selten beobachtet; in diesem Falle wird dann das Athmen freier und weniger beschwerlich, die Schlingbeschwerden verringern sich, die Geschwülste bleiben begrenzt und werden allmälig kleiner. Sowohl diese als die früher angeführte Anthraxform entstehen entweder selustständig oder in Folge des Ge­nusses von Fleisch, Blut u. s. w. anthraxkranker Thiere.
Die Behandlung wird am besten durch ein Brechmittel (weisse Niesswurz oder Brechweinstein) eingeleitet, worauf man anti-phlogistische Salze, säuerliche Getränke, verdünnte Säuren, nach Erfordemiss mit Kampher u. dgl., kalte Begiessungen, schleimige oder säuerliche Einspritzungen in die Rachenhöhle, Klystiere folgen lassen kann. Audi das Einziehen von Eiterbändern und das Brennen der Geschwulst mit dem Glüheisen, so wie Blutentleerungen durch das Oetfnen der Gefässe an dem Grunde der Ohren werden em­pfohlen. In pro phyl acti scher Beziehung sind die weisse Jfiess-wurz, säuerliche Früchte und säuerliche Getränke (Buttermilch, saure Milch u. dgl.) von Vortheil.
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ö4bnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Milzbrnndformen beim Schweine
•t. Mit Lvcalisalion au der Kigt;i'|i('i'i)berllächi'.
a) Die w e i s s e Borste.
sect;. 42. Der eigentliche Milz brand-Carbunkel kommt beim Schweine seltener als beim Pferde und Kinde vor. Hieher gehört auch die aussorordentlich seltene weisse Borste (K opfbraudbeul e). Man versteht hierunter einen unter den Erscheinungen des heftigsten Anthraxtiobers am Halse in der Nähe des Kehlkopfes und der Ohr­speicheldrüse auftretendenCarbunkel, auf welchem die Borsten (zu 12—20) buscheiförmig sich aufsträuben, erbleichen, hart und spröde werden. Der geringste Zug an denselben verursacht den Thieren die lebhaftesten Schmerzen. Unter andauernden Athmungsbeschwerden, Stöhnen, Zähne-knirschen und Zuckungen gehen die Thiere gewöhnlich innerhalb weni­ger Tage zu Grunde.
Die örtliche Behandlung bestellt in dem Brennen der Beule mit­telst des (Jlüheisens.
I)) D e r b r a n d i g e R u 1 h 1 a u f.
sect;.43. Der brandige Roth lauf (fliegendes, heiliges, Antoniusfeuer, der Flug, Hinterbrand) ist die häufigste An-thraxform des Schweines. Auch hier sind die Vorboten oft sehr un­deutlich und werden meist übersehen; die Thiere sind unlustig, matt, verschmähen das Futter, seil wanken im Gange, liegen viel, wühlen in der Streu und vergraben sich in dieselbe, ihre Körpertemperatur wech­selt häufig, bisweilen stellen sich deutliche Fieberschauer ein, Puls und Athmen sind beschleuniget, die Mistentleerungen verzögert, die Darm-exeremente hart und schwärzlich; zuweilen tritt Reiz zum Erbrechen oder wirkliches Erbrechen ein. Xach 12—24 Stunden erscheinen an der inneren Fläche der Schenkel, am Bauche, an der Brust und am Halse rothe Flecke, welche rasch zusamrquot;deg;nfiiessen und eine zusam­menhängende roth laufartige Anschwellung dieser Theile darstellen, bald blutroth, violett und bei ungünstigem Ausgange bläulich schwarz wer­den, und sich bisweilen mit einer blasigen Eruption bedecken. Die All­gemeinerscheinungen nehmen zu, die Schleimhäute werden missfärbigi das Athmen sehr beängstiget, die Körpertemperatur sinkt, es stellt sich Lähmung des Hintertheiles ein und die Thiere verenden unter Convul-sionen bisweilen schon nach 6 — 12 Stunden, meist am zweiten oder dritten Tage der Krankheit.
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Milzbrand das Hans^fltigels.
Dort, wo dieselbe günstiger verläuft, bleiben die Flecke meist begrenzt, das Allgemeinleiden erreicht nicht den hohen Grad, und schon nach einigen Tagen tritt Eesseruug ein.
Bei der Section lindet man den beim Anthrax gewöhnlichen Befund.
Die Behandlung besteht in der Verabreichung eines hrechmit-tels, dann der Mittelsalze, säuerlicher Getränke, in kalten Begiessungen, Lehmanstrichen auf die Geschwülste, Blutentleerungen aus den Ohren und Klystieren. Bei grossem Schwächezustande können auch ätherisch­ölige Mittel und der Kampher Anwendung finden.
E. Bei Hunden.
sect;. 44. So viel bekannt, entwickelt sich bei Hunden der Anthrax nicht primär, wohl aber durch Ansteckung in Folge des Genusses des von milzbrandkranken Thieren stammenden Blutes oder rohen Fleisches. Man hat bei ihnen sowohl die apoplectische Form, als das sogenannte Anthraxfieber, das Auftreten von Carbunkeln und rothlaufartigen An­schwellungen am Kopfe, Halse, Kumpfe und den Extremitäten, dann von Brandblasen im Maule beobachtet.
P. Bei dem Hausgeflügel.
sect;. 45. Unter dem Hausgeäügel u. z. unter Hühnern, Enten, Gän­sen, Truthühnern u. s. w. wird bisweilen u. z. insbesondere zur Zeit des Herrschens des Milzbrandes unter Haussäugethieren, oder wenn dieselben die Abfälle anthraxkranker Thiere fressen, ein plötzliches Dahinsterben beobachtet u. z. entweder ohne vorausgegangene deutliche Krankheitserscheinungen, oder nachdem die Thiere sich anscheinend matter gezeigt hatten. Ihr Gefieder sträubt sich auf, der Kamm und die Kehllappen der Hühner werden bläulich, am Körper entwickeln sich rothe Flecke oder bläulich - graue Beulen (Carbunkel), und die Kranken gehen auch hier innerhalb weniger Stunden zu Grunde. Bei der Section finden sich dunkles, theerähnliches Blut, Hyperämien der Muskeln, der Lungen, Leber, Milz, Blutungen in die Schleimhaut des Darmes und die Eileiter, bisweilen auch sulzige Exsudationen in das Bindegewebe.
Als Präservativ- und Heilmittel wird eine Abkochung von Vogelbeeren in Wasser und Zusammenmischung derselben mit Sauer-
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348nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Rinderpest
teig, oder eine Mischung aus Eisenfeile oder Eisenvitriol mit Sauerteig und Wachholderbeeren, zum Getränke das Löschwasser der Schmiede empfohlen. (Eine solche Seuche herrschte im Jahre 1845 in grosser Verbreitung in der Umgebung Wiens.)
Die Rinderpest (Pestis bovina).
sect;. 4fgt;. Synon. Yiehpest, Viehseuche, Viehsterben, Horn­viehseuche, Löserdürre, Löserseuche, Magenseuche, Gallen­seuche, Uebergalle, Grossgalle, Rindviehstaupe, bösartiges Kuhrfieber etc. etc. Sie ist eine nur dem Rinde eigenthümliche, fieberhafte, ansteckende Krankheit, welche die Thiere nur einmal im Leben befällt, ursprünglich nur (wenigstens unter den gewöhnlichen Verhältnissen) sich bei dem Steppenviehe entwickelt und in unsere Länder in der Regel nur durch Einschleppung gebracht wird. Diese Seuche war schon im Alterthume bekannt und es finden sicli sowohl bei alten römischen Schriftstellern, als bei Chronisten des Mittelalters ziemlich zutreffende Beschreibungen derselben.
Für die Länder des österreichischen Kaiserstaates hat diese Krankheit wegen der Häufigkeit ihrer Einschleppung und wegen der enormen Verluste, welche sie veranlasst, eine sehr grosse Kedeu-tung, indem es nur bei einer richtigen Diagnose derselben möglich wird, gleich im Reginne der Seuche durch Einleitung der entsprechenden Massregcln der weitereu Verbreitung Schranken zu setzen und ihren Verheerungen Einhalt zu thuu. Da die Erkeuntniss der Rinderpest aus den Erscheinungen während des Lebens der kranken Thiere häufig, be­sonders im Beginne der Krankheit mit grossen Schwierigkeiten verbun­den ist, die Erhebung ihres Ganges und ihrer Verbreitung, so wie die Art ihrer Einschleppimg meist erst später und für eine wirksame Be­kämpfung derselben häufig erst zu spät stattfinden kann, so bleibt in der Regel die Untersuchung eines entweder umgestandenen oder ge­schlachteten kranken Rindes bei Seuchenerhebungen das verlässlichste Mittel, das Vorhandensein der Rinderpest zu bestimmen.
sect;. 47. Pathologische Anatomie. Die Rinderpest stellt sich als ein Ausschwitzungsprocess auf den Schleimhäuten aller Systeme, vorzugsweise jedoch auf jenen des Nahrungsschlauehes dar, wie wir diess zuerst im Jahre 1850 nachgewiesen haben.
Der Krankheitsprocess verläuft am intensivsten auf der Schleim­haut des Labes und des gesammten Darmes, wenn gleich Fälle
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Hiudeipest.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 349
vorkommen, wo jene der dicken Gedärme bei weitem weniger ergriffen ist, als die der dünnen. In dem ganzen Verlaufe können ganz wohl und ungezwungen drei Stadien unterschieden werden, welche jedoch, ausseiquot; dort, wo die Thiere gleich im Beginne der Krankheit geschlach­tet worden sind, kaum je gesondert, sondern meist gleichzeitig neben einander angetroffen werden.
Im ersten Stadium, jenem des Katarrhes, erscheint insbe­sondere die Schleimhaut des Labes u. z. vorzüglich in der Nähe des Pförtners, dann jene des Dünndarmes geschwellt, entweder gleich­förmig oder um die Follikel herum stärker geröthet, hie und da, beson­ders am Pfdrtnertheile des Labes, von Punkten und Streifen ausgetre­tenen Blutes durchzogen. Die Umgebung der einzeln stellenden Drüsen­bälge und der, häufig ein siebartig durchlöchertes (areoürtes) Ansehen zeigenden Peyer'schen Drüsenhaufen ist geröthet, geschwellt und gelockert. Die Oberfläche der Schleimhaut ist mit einer zähen, klebri­gen, meist röthlichen oder blutigen Flüssigkeit, welche in wechselnder Menge den Darminhalt bildet, bedeckt, das unter ihr gelegene Binde­gewebe von einer trüben Flüssigkeit durchtränkt und geschwellt. In; Dickdarme treten diese Erscheinungen in der Kegel seltener, verhäll-nissmiissig am häutigsten noch im Blinddärme, welcher jedoch meist nur an seinen Längenfalten eine hellere Böthang zeigt, hervor und wer­den erst im Mastdarme wieder deutlicher. In einem ähnlichen Zustande befinden sich die Schleimhäute des Kehlkopfes, der Luftröhre und ihrer Aeste, bisweilen auch jene der Harn- und Geschlechts­organe. Aus diesem Befunde allein lässt sich ein sicherer Schluss noch nicht ziehen, dass das gotödtete Thier an Binderpest gelitten habe, da acuter Magen- und Darmkatarrh auch im Beginne anderer Krankheiten zugegen ist. Nur in dem Falle lässt sich hieraus ihre Gegenwart mit einiger Wahrscheinlichkeit vormuthen, wenn in einem Orte bereits meh­rere ausgesprochene Fälle dieser Krankheit vorgekommen waren.
Im zweiten Stadium, welches man das der Exsudation nen­nen kann, tritt der charakteristische Befund schon deutlich hervor. Auf der noch dunkler gerötheten, meistens violetten, von zahlreichen Extra-vasaten durchsetzten Schleimhaut des Labes, insbesondere an den Seitenflächen und dem freien Bande ihrer Falten u. z. am dichtesten am Pfdrtnertheile, finden sich zahlreiche, mehrere Linien im Durch­messer, Yraquo;—1'quot; in der Dicke haltende, platte oder an der freien Ober­fläche leicht gewölbte, gelblich-braun oder röthlich gefärbte, mit ihrer Mitte meist fest, mit dem häufig wie angenagten Bande nur locker der
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350nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Rinderpest
Schleimhaut anhängende, weiche, plattenartige Gerinnungen (crou-pösc Exsudate), nach deren Himvcgnahmc die Schleimhaut leicht vertief!, heller geröthet und stellenweise, besonders dort, wo die Plätt-chon mit ihrer Mitte aufsassen, mit Blutpunkten besetzt oder oberfläch­lich wund erscheint. Aehnlicho plattenartige Q-erinnungen finden sich auch im Dünndarme u. z. besonders im Anfange (Zwölffingerdärme) und gegen das Ende desselben (im Krummdarmc), welche meist auf den einzeln stehenden Drüsenbälgen aufsitzen. Auf den Peyer'sehen Drüsenhaufen erlangen diese Gerinnungen ihre bedeutendste Grosse, indem sie jene ihrer ganzen Länge nach oder doch stellenweise be­decken und dicke, gelbbraun oder blutig gefärbte, an der Oberfläche wie zernagte, mit ihrer unteren, häufige Blutpunkte zeigenden Fläche mehr oder weniger fest aufsitzende, entweder weiche, stellenweise rahm-ähnlicli zerfliessende oder ziemlich derbe, meist mehrere Linien dicke .Schichten darstellen. Diese Drüsenhaufen zeigen sowohl an den von Gerinnungen freien Stellen, als nach Hinwegnahme der aufsitzenden Platten ein siebähnlich durchlöchertes - - areolirtes — Ansehen; die Mehrzahl dieser Oeflhungen enthält ein weissgelbliohes, vorspringendes Pfröpfchen, welches durch einen gelinden Druck leicht herauszuheben ist. In der Umgebung dieser Gerinnungen ist der Katarrh der Darm­schleimhaut stets am intensivsten.
In seltenen, meist sehr rasch verlaufenden Fällen ist die freie Oberfläche der Dünndarmsehleimhaut bisweilen von einer, oft meh­rere Fuss langen, eine bis mehrere Linien dicken, röhrenförmigen, grau oder schmutzig röthlichen, häufig blutig gefärbten Gerinnung bedeckt, welche entweder in ihrem ganzen Umfange an der geschwellten, mür­ben Schleimhaut haftet oder schon theilweisc losgestossen und zerflies-send in die Darmhöhle frei hineinhängt.
Aehnlichc röhrenartige oder klumpige Gerinnungen finden sich bisweilen im Blinddarme; in den seltensten Fällen nur trifft man diese oder plattenartige Schichten im Grimm- und Mastdarme, deren Schleimhaut meistens nur geschwellt, an den vorspringenden Falten ge­röthet und an den letzteren bisweilen hie und da exeoriirt erscheint.
Den Darminhalt bildet eine schmutzig - braune oder graue, bis­weilen blutig gefärbte, hie und da durch Futterüberreste grünlich ge­färbte Flüssigkeit; in den dicken Gedärmen findet sich eine breiige oder dünnflüssige, meist von Blutstriemen durchzogene Masse.
Bei manchen, insbesondere schlechter genährten Thieren sind diese Gerinnungen an der Oberfläche der Dannschleimhaut nicht,
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Rinderpest.
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oder nur in sehr geringer Anzahl anzutreffen j den Darminhalt bildet dann eine zähe, eiweissähnliche, weissgelbliohe oder braunrötliliche Flüssigkeit, während die Schleimhaut ebensowohl des Dünn- als des Dickdarmes bisweilen in der Ausdehnung mehrerer Fusse entweder voll­kommen abgestosscn ist, so dass das unterliegende Bindegewebe oder die Muskelhaut bloss zu Tage liegt, oder nur in Gestalt eines kriim-lichen, leicht abstreifbaren, schmutzigen Breies inselartig der Muskelhaut aufsitzt und ihre abgestossenen Theile dem Danninhalte als eine flockige Masse beigemengt sind. Die Peyer'schen Drüsenhaufen erscheinen dann stark hervortretend, siebartig durchlöchert und mit einem zerflies-senden, tioekigen, leicht abstreifbaren Breie bedeckt.
Während des dritten Stadiums lösen sich die gedachten Ge­rinnungen von der Peripherie aus gegen das Centrum hin los, wobei sie weich werden, um Bande meist zu einer rabmähnlichen Masse zer-Siessen, während die Mitte oft noch ziemlich fest der Schleimhaut an­hängt, so dass insbesondere die auf den Peyer'schen Drüsenhaufen aufsitzenden Massen frei in der Darmhöhle llottiren, dann losgestossen, gegen das Ende des Dünndarmes und im Dickdarme zusammenge­schwemmt und endlich mit dem Darminhalte als eine weiche, Üockige Masse entleert werden.
Jene Sohleimhautstellen, auf welchen dieselben früher aufsassen, sind durch die vorhandene .Schwellung, die hellere Röthung, durch die Gegenwart der Blulextravasate, bisweilen auch durch leichte, bloss die oberflächlichste Schleimhautschichte betrettende -Substanzverlustc kenntlich.
Bei Thieren, welche nicht zum Zwecke der Seuchenconstatirung in einem früheren Stadium der Krankheit geschlachtet wurden, sondern in Folge des Krankheitsverlaufes umgestanden sind, finden sich die Er­scheinungen des zweiten und dritten Stadiums stets gleichzeitig vor.
Von -Braue 11 werden die erwähnten plattenartigen Gerinnungen für zusammen-gehäufte Epithelialzelleu und Fettmolecüle gehalten. Auf Grundlage unserer Unter­suchungen müssen wir die Ansicht, dass diese Massen croupöse Gerinnsel seien, denen freilieti auch Epithel anhängt, festhalten.
Aussei- den angeführten Veränderungen der Schleimhäute des La­bes und Darmcanales zeigen insbesondere jene der Athmungsorgane nahezu denselben Krankheitsprocess. Die Schleimhaut der Nasenhöhle erscheint, namentlich an der Scheidewand und den Xasenmuschelu, schmutzig geröthet, geschwellt, stellenweise von kleinen Blutergüssen durchzogen, ihre Blutadern von dunklem, flüssigem Blute erfüllt, an
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352nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Rinderptat
ihrer Oberfläche mit einer mehr oder weniger dicken Lage gelblich­grauen, zähen Schleimes bekleidet, zuweilen stellenweise von Gerinnun­gen besetzt oder auch oberflächlich wund (excoriirt).
Die Schleimhaut des Kehlkopfes und der Luftröhre, welche im Beginne der Krankheit streifig oder fleckig geröthet ist, bedeckt sich bei weiter vorgeschrittener Entwicklung derselben mit einer zusammen­hängenden Schichte einer hautartigen, wcisslioh- oder grünlichgelben, an den Eändem bisweilen rahmähnlich zerfliessenden Gerinnung, welche sich häufig bis in die Luftröhrenverzweigungen der dritten und vierten Ordnung erstreckt, oder mit plattenartigeu Gerinnungen von der Grosse einer Linse bis zu jener eines Ariertelgulden-Stückes, oder endlich mit einer eiterähnlichen, schaumigen Flüssigkeit, welche die Höhle der Luft­röhre nahezu erfüllt, unterhalb derselben erscheint die Schleimhaut stark geschwellt, hie und da wund, dimkelgerötbet, stellenweise von Blutun­gen durchzogen.
Die Schleimhaut der, in der Regel stark, sogar bis zur Grosse eines Kindskopfes ausgedehnten, eine grosse Menge dünner, mehr oder weniger gesättigt gelblichgrüner Galle enthaltenden Gallenblase ist meist stark geschwellt, hell geröthet, bisweilen mit einer gelblichen, sulzigen Gerinnung bedeckt, oder mit linsengrossen, gelblichgrünen Ex­sudatplatten besetzt, welche sich leicht von der unterliegenden, strahlig injicirten Schleimhaut abheben lassen und an der, dieser letzteren zu­gekehrten Fläche mit einzelnen, stellenweise gehäuften Blutpunkten besetzt erscheinen.
Im Maule finden sich diese Exsudate meist in Gestalt breiiger, abstreifbarer, grauer oder gelblichgraucr, linsengrosser Platten (Erosio­nen der Schriftsteller) vorzugsweise an der Schleimhaut der Lippen, an den Rändern des Zahnfleisches, seltener an den Rändern und der unteren Fläche der Zunge, unter welchen die Schleimhaut stark geröthet und excoriirt erseheint.
Die Schleimhaut der Scheide und des Tragsackes ist in der Regel stark geschwellt, streifig geröthet und an ihrer Oberfläche ent­weder von einer Lage zähen, gelblichgrauen, bisweilen von Blutstriemen durchzogenen Schleimes bekleidet, oder bei Kühen, wrelche in Folge der Rinderpest verworfen haben oder kurz nach dem xVbkalben von ihr befallen wurden, mit einem hautartig geronnenen oder jauchigen Be­schläge überzogen.
Aussei diesen constanten Veränderungen der Schleimhäute findet sich an den Cadavern gewöhnlich nocli nachstehender Befund:
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Rinderpest.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;353
Das Haar ist meist glanzlos, struppig, die Haut bisweilen hio und da mit einem krustenälmlichen Aussehlage besetzt, oder insbe­sondere am Rücken emphysematös, der Hinterleib stark aufgetrieben, in den inneren Augenwinkeln zäher oder zu Borken vertrockneter, missfärbiger Schleim, der sich auch oft in Strängen längs der Seitenwände der Na.se herabzieht, angesammelt; das Flotzmaul trocken, rissig, die Nasenöffnungen theils mit Borken vertrockneten Sehleimes, theils mit dicker, missfärbiger Flüssigkeit von eiterigem Ansehen ver­unreiniget; der Mastdarm meist hervorgetrieben, geschwollen, dunkel geröthet und so wie der Schweif und die Hinterfüsse mit Excremen-ten besudelt.
Die Centralorgane des ^Nervensystems sind gewöhnlich vollkom­men normal, seilen ist das Gehirn von einem geringen wässerigen Er­güsse durchfeuchtet.
Das Gewebe der Lunge ist, falls nicht von frülier her bestehende Störungen zugegen sind, entweder völlig unverändert oder nur um we­niges blutreicher als gewöhnlich, selten ödematös; das Herz schlaff und welk, an seiner äusseron Fläche bisweilen von capillären Blutun­gen durchzogen, seine Musculatur von dunkler, schmutzigbrauner Farbe, leicht zerreisslich, es enthält in seinen Kammern gleich den venösen Gefassen dunkles, meist Üüssiges Blut. Schon wenige Stunden nach dem Tode erscheint die innere Auskleidung des Herzens und der gros-sen Gefässe glcichmässig schmutzig blauroth imbibirt.
Der erste und zweite Magen enthalten breiiges Futter, ihr Epithel ist meist leicht abstreifbar; der dritte Magen (Löser) ist bald derb, bald weich anzufühlen und enthält dem entsprechend bald feste, trockene, zu Pulver zerreibliche, zwischen seine Blätter eingela­gerte Scheiben zusammengepressten Futters (von welchem inconstanten Befunde die Krankheit auch den Namen Löserdürre erhielt), bald breiige, feiichte Futtermassen.
Aus der Beschaffenheit des Inhaltes des Lösers lässt sich dem­nach durchaus nicht ein Schluss auf die Gegenwart oder Abwesenheit der Einderpest machen, wie diess noch so häufig geschieht. Bei der zuerst angeführten Beschaffenheit des Inhaltes erscheint die, die Blätter dieses Magens bekleidende Schleimhaut stellenweise fetzig losgelöst, an den Futtermassen haftend und verleiht diesen durch die Eindrücke sei­ner warzigen Horvorragungcn ein areolirtes Ansehen, während die darunter liegende Schleimhaut mürbe, von angefüllten Gefassen durch­zogen, bisweilen blutig erscheint; bei breiiger Beschaft'enlieit des Futters
Roll, Pathol. und Therapie. II. Anfl.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;23
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354nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Rinderpest.
sind die stark durchfeuchteten Blätter in hohem Grade mürbe und ihre Oberhaut von der erbleichten Schleimhaut oft in grossem Umfange los­gelöst oder doch leicht abstreif bar. Die Verschiedenheit des Löserinhal­tes ist nur von der Beschaffenheit des genossenen Futters und der Menge des aufgenommenen Getränkes abhängig.
Die Gekrösdrüsen zeigen durchaus kein gleiches Verhalten; bis­weilen erscheinen sie völlig unverändert, häufig massig geschwellt, von einer röthlichgelben, trüben Flüssigkeit durchtränkt, nur selten bis auf das Doppelte vergrössert.
Die Leber ist entweder blutreich, dunkelgefärbt, derb oder u. z. häufiger matsch, blutarm, lehmgelb, auf die Schnittfläche viele dünne Galle ergiessend.
Die Milz ist in der Regel unverändert, nur sehr selten an umschriebenen Stellen geschwellt, blutreich, weich und über die Durch-schnittstläche als ein bläulichschwarzer Brei hervorquellend.
Die Niereu sind oft geschwellt, mürbe, blutreich, die Harnblase meist durch trüben, dunklen Harn ausgedehnt, ihre Schleimhaut gewul-stet, leicht injicirt, häufig von einem schleimigen Belege überzogen.
Die alleinigen Anhaltspunkte zur Stellung der Diagnose auf Ein­derpest am Cadaver gibt demnach der im Labe und Darmcanale angetroffene Befund, mit Berücksichtigung der auf der Schleim­haut der Athmungsorgane vorfindlichen Veränderungen. Von gerin­gerem Belange ist der Befund des Lösers, der Leber und Gallenblase, der Schleimhaut der Harn- und Geschlechtsorgane; keine charakteristi­schen Merkmale liefern die Centralorgane des Nervensystems und des Kreislaufes.
sect;. 48. Erscheinungen während des Lebens. Dieselben bieten bei weitem nicht jene charakteristischen Merkmale dar, welche dem Cadaverbefunde zukommen; sie sind von den anatomischen Veränderun­gen der Schleimhäute und der ihrem Entstehen zu Grunde liegenden, durch die contagiöse Infection bedingten Veränderung der Blutmischung abhängig.
Von dem Augenblicke der stattgehabten Ansteckung bis zu jenem des ersten Auftretens von Krankheitssymptomen verläuft ge­wöhnlich ein Zeitraum von 3—8 Tagen (Incubationsstadium), wäh­rend dessen die Thicre entweder noch vollkommen gesund erscheinen, oder nur ganz unbestimmte Krankheitssymptome zeigen. Der wirkliche Beginn der Krankheit gibt sich durch einen mehr oder weniger hefti­gen Erostschauer, der sich bisweilen bis zum Schüttelfroste steigert,
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zu erkennen, worauf gewöhnlich eine Steigerung der Körperwärme mit wechselnder Temperatur an den Hörnern, Ohren und Extremitäten folgt. Die Nase und das Flotzmaul sind heiss und trocken, die Kasen-schleimhaut höher geröthet; die Thiere stehen im Stalle traurig, abge­stumpft , von der Krippe entfernt; auf die Weide getrieben bewegen sie sich matt, hinfällig und bleiben hinter der Hcerde zurück. Manche Thiere zeigen auch eine grosse Unruhe, sie treten hin und her, brül­len, stossen mit den Hörnern und stampfen mit den Füssen; auf der Maulschleimhaut zeigen sich rothe Flecken (die späteren Erosionen), die Thiere fressen entweder gar nicht oder suchen nur zeitweilig im Futter herum; das Wiederkauen hört entweder vollständig auf oder findet nur unrcgelmässig statt; der Durst ist gesteigert, der Absatz der dunkelgofärbten, trockenen, nicht zu einem Fladen zerfallenden, an der OberÜäche häufig mit Schleim überzogenen Excremente ist verzögert; manche Thiere geben durch ein öfteres Umsehen nach dem gewöhnlich aufgetriebenen Hinterleibe und durch Aufkrümmen des llückens die Gegenwart von Schmerz im Bauche zu erkennen.
Der Harnabsatz und die Milchabsonderung sind meistens ver­ringert, das Athmen massig beschleuniget, die physikalische Unter­suchung der ürust ergibt jedoch keine Zeichen eines Leidens der Ath-mungsorgane; der Puls steht auf 60—80 Schläge in der Minute.
Da diese Erscheinungen bloss auf einen fieberhaften Magondarm-katarrh hinweisen, so sind sie bei den ersten Erkrankungsfällen noch durchaus nicht für die Gegenwart der llinderpest beweisend; bei schon constatirter Seuche jedoch erregen sie gegründeten Verdacht, dass das Thier, bei welchem dieselben bemerkt werden, an dieser Krankheit leide.
Zwei bis drei Tage nach dem ersten Auftreten der Fiebererschei­nungen, um welche Zeit schon Exsudate auf den Schleimhäuten ausge­schieden und später abgestossen werden, ändern sich auch die Symptome und werden charakteristischer. Das Fieber dauert entweder in glei­cher Intensität au oder wird noch heftiger, die Mattigkeit, Traurig­keit und Abstumpfung nehmen zu, die Thiere liegen meist oder schwanken, wenn sie sich erheben, hin und her; das Athmen und der Puls sind beschleuniget, letzterer nicht selten bis auf 90 Schläge und darüber; die Hauttempcratur wechselt häufig, besonders au den Ohren, Hörnern und Extremitäten, welche bald heiss bald kühl anzu­fühlen sind. Die Symptome eines acuten Darmleidens treten nun schon klar hervor; das Hinblicken nach dem aufgetriebenen Hinterleibe
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wiederholt sich häufiger, die Thiere verrathen durch öftoros Hin- und Hertrippeln, bisweilen auch durch Kolikerscheinungen heftigen Schmerz daselbst. Die Fresslust liegt ganz darnieder, ebenso das Wiederkauen, die Ex er erneute werden weich, breiartig, endlich tiüssig, nicht selten blutig gefärbt, bisweilen lassen sich in ihnen die mürben, abgestossenen Exsudatplatten oder röhrige Gerinnungen entdecken; in den meisten Fällen jedoch stellen sie eine trübe, flockige, höchst übelriechende Flüs­sigkeit dar. Sie werden mit Zwang und unter Schmerzensäusserung, Aufkrümmen des Eückeus, Auseinanderstelleu der Hinterfüsse, biswei­len auch unwillkürlich und stossweise, gewöhnlich in kloinen Mengen auf einmal, aber häufig wiederholt abgesetzt, wobei der After weit her­vorgetrieben und die stark geröthete oder missfärbige, heisse Mastdarm­schleimhaut umgestülpt wird. Bei vorgeschrittener Schwäche findet ihr Absatz selbst im Liegen der Thiere statt, und es bleibt nach den Ent­leerungen der After häufig durch einige Zeit wie gelähmt offen stehen. Das Aussehen der Kranken wird rasch verändert, die Abma­gerung macht reisseude Fortschritte, die Haut wird trocken, pergament­artig (lederbündig), das Haar glanzlos, gesträubt, verworren, bisweilen entwickeln sich unter der Haut Emphyseme, namentlich am Eücken, der häufig auch gegen einen angebrachten Druck empfindlich wird; sel­tener ist, wenigstens bei dem einheimischen Viehe, das Auftreten eines schuppigen oder pustulösen Ausschlages zu beobachten, welcher bei dem Pusstenviehe dagegen häufig vorkommt und bisweilen das hervorste­chendste Krankhoitssymptom ist. Das Auge sinkt zurück, seine Binde­haut wird bleich, der Blick matt, traurig, die Absonderung der Thränen, welche dann längs der Nase und der Wangen herabfliessen, vermehrt, am inneren Augenwinkel ist meist ein Klumpen zähen, gelblichgrünen oder grauen Schleimes angesammelt. Die anfangs noch stark geröthete Nascnschleimhaut wird blässer oder gestriemt roth, von Ecehymosen durchzogen, stark gewulstet; aus den Äasenoffnungen stellt sich ein reichlicher, gelblicher oder blutig gefärbter schleimiger Ausfiuss ein, welcher über das Flotzmaul herabfliesst, dasselbe beschmutzt und zuletzt völlig missfärbig und übelriechend wird. Auf der heissen Maulschleim-haut treten die früher erwähnten Exsudate, welche sich häufig in Ge­stalt einer breiigen Masse abstossen oder loslösen, auf und diese erscheint dann wund und leicht blutend; aus dem Maule spinnt sich zäher Schleim, gegen das Lebensende dringt nicht selten eine röthliche, schau­mige Flüssigkeit aus ihm hervor. Das Athmen ist beschleuniget, oft mit auffallender Bewegung der Flankcngegend und starkem Stöhnen;
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die physikalisclie Untersuchung der Brust ergibt keine Merkmale eines Lungenleideus, nur häufige Kusselgeräusehe von verschiedener Beschaf­fenheit werden vernehmbar; zeitweise stellt sicli ein hohler Stosshusten, welcher den Thieren grosse Beschwerde verursacht, ein. Schlingbe­schwerden sind in der Regel nicht zugegen. Die Milch wird bei Melkkühen nur in geringer Menge abgesondert und versiegt endlich völlig; nur sehr selten hält sie bis zum Tode an. Aus der Scheide, deren Lippen gewöhnlich geöffnet sind und den Einblick auf die stark gerothete und geschwellte, bisweilen mit Exsudatplatten besetzte Schei­denschleimhaut gestatten, iliesst zäher Schleim in Strängen aus; bei trächtigen Kühen erfolgt in der Höhe der Krankheit meistens Verwer­fen, worauf sich das Leiden gewöhnlich noch steigert.
In jenen Fällen, wo (jenesung erfolgt, treten die Krankheits-erscheinungen allmälig zurück, die Thiere werden munterer, die Fress­lust und das Wiederkauen kehren zurück, die Symptome des Katarrhes der Nasen-, Maul- und Augenlidschleimhaut verlieren sich allmälig, die Exsudate auf den ersteren stossen sich ab, der Durchfall mindert sich, die Excremente erlangen nach und nach wieder ihre normale Beschaf-heit, die in den Luftwegen angesammelten Schleim- und Exsudatmas­sen werden durch Husten entfernt, die sehr abgemagerten Thiere erho­len sich bald und erlangen ihre frühere Lebhaftigkeit und Munterkeit wieder. Unter übrigens gleichen Verhältnissen tritt die Genesung um so leichter und häufiger auf, je weniger ausgebreitet und hochgradig der Krankheitsprocess sich entwickelt hatte.
Endet die Krankheit mit dem Tode, so nehmen die Sym­ptome an Heftigkeit zu, die Thiere sind nicht weiter im Stande, sich auf den Füssen zu erhalten, sie liegen beständig, legen den Kopf meist auf eine Schulter zurück; es stellt sich Zähneknirschen ein, die Aus­flüsse aus Nase, Maul und Scheide werden stets missfärbiger, übelrie­chend; Puls und Athmen steigt, die jauchigen Excremente fliessen aus dem geöffneten After unwillkürlich aus, die Extremitäten erkalten und unter einigen Convulsionen und dem Hervortreten schaumigen, blutigen Serums aus dem Maule erfolgt der Tod meist zwischen dem fünften und eilften, in sehr acuten Fällen auch schon am vierten Tage nach dem ersten Auftreten der Fiebererscheinungen. Am raschesten und tödtlich-sten sind jene Fälle, bei welchen die Section nicht die Gegenwart von Exsudatplatten auf der Lab- und Darmschleimhaut, wohl aber die einer jauchigen, die Schleimhaut zerstörenden Flüssigkeit nachzuweisen vermag.
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])ic im Vorhergchondcn angefahrten Ivrankhoitsorscheimmgen sind selten in ihrer vollständigen Voreinigung an einem und demselben Thiere zu beobachten, meistens überwiegen einzelne derselben gegenüber an­derer, welche dann mehr in den Hintorgrund zurücktreten, oder es wird das reine Krankheitsbild durch den Hinzutritt anderer Krankheitspro-cesse getrübt.
sect;. 49. Von dem mit der llinderpest noch nicht Vertrauten werden nicht selten andere Krankheiten mit dieser verwechselt und dafür ausgegeben. Die vorzüglichsten derselben sind:
1.nbsp; nbsp;Das Maulweh. Eine Verwechslung der Rinderpest mit diesem kann, wenn sie gleich schon oft vorgekommen ist, doch nur von einem ganz Unerfahrenen begangen werden, wenn die sogenannten Erosionen für folliculäre oder diphtheritisehe Geschwüre angesehen werden. Die Berücksichtigung des vorhandenen hohen Fiebergrades, des ausgesproche­nen Leidens der Darm- und übrigen Schleimhäute, endlich die Art der Weiterverbreitung und des Verlaufes der Krankheit und des Sectionser-gebnisses werden vor [rrthum bewahren.
2.nbsp; nbsp;Die Lungenseucho. Eine genaue physikalische Untersuchung der Athmungsorganc, so wie die Kücksichtnahmc auf die Entstehungs­anlässe und die später noch zu befrachtende Art der Weiterverbreitung der Krankheit wird die Diagnose feststellen.
3.nbsp; nbsp; Der Durchfall (acuter Darmkatarrh) unterscheidet sich von der Einderpest durch die Ursachen seines Entstehens (Verkühlung, Grünfütterung etc.), seine Nichtcontagiosität, den Mangel krankhafter Zustände auf anderen Schleimhäuten, den Verlauf, die iSectionscrgeb-nisse, endlich den Erfolg der zweckmässig eingeleiteten Behandlung.
4.nbsp; nbsp;Die Ruhr (Jlagenseuche). Wenn gleich die Sichcrstellung der Diagnose zwischen beiden Krankheiten im Beginne auf manche Schwierigkeiten stossen kann, da jede mit Katarrh der Darmschleimhaut, wenn gleich mit dem Unterschiede beginnt, dass derselbe bei der Rin­derpest vorzugsweise im Labe und Dünndarme, bei der Ruhr hingegen über den Dickdarm insbesondere verbreitet ist, so gibt doch die Berück­sichtigung der Entstehungsanlässe, der Verbreitung der Krankheit, der nicht so intensiven Contagiosität, der Ruhr, die gleichzeitige Unversehrt­heit der übrigen Schleimhäute, endlich der Sectionsbefund über die Art der vorhandenen Krankheit Aufschluss.
5.nbsp; nbsp;Der Anthrax. Zur Unterscheidung der acuteren Formen des Anthrax von der Rinderpest ist die Vornahme sehr genauer und sorg­fältiger Scctionen, die Rücksichtnahme auf die Krankheitsursachen und
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den ausserordentlich raschen Verlauf des erstercn, welcher oft schon innerhalb weniger Stunden den Tod des Thieres herbeiführt, erforder­lich. Bei den weniger rasch verlaufenden Formen des Anthrax gibt nebstbei das Vorhandensein der sogenannten Anthraxbculen (Carbun-kcl) Aufsohluss über die Art der Krankheit.
sect;. 50. Ausser dem Sectiousbefunde und den Erscheinungen am lebenden Thiere ist auch zur sicheren Constatirung des Vorhandenseins der Rinderpest auf den Gang der Seuche, d. h. die Art ihrer Ver­breitung von einem Thiere auf das andere, von einer Ortschaft auf eine zweite und über grössere Länderstrecken Rücksicht zu nehmen.
Zum näheren Verständnisse dieses Momentes ist es vorerst nöthig, die Aetiologie dieser Krankheit zu erörtern. Die Rinderpest entsteht bei uns nicht ursprünglich, sie wird in unsere Gegenden stets durch Handelsheerden eingeschleppt und verbreitet sich durch ein Contagium weiter. Wenn gleich diese Ansicht heut zu Tage von allen Jenen, welche diese Seuche zu beobachten Gelegenheit hatten, getheilt wird und die Zahl Jener, welche dieselbe auch bei uns durch den Zusammenfluss ungünstiger Ausscnverhältnissc entstehen lassen, sehr zusammengeschmol­zen ist, so kann doch andererseits nicht geläugnet werden, dass gewisse, uns freilich ihrem quot;Wesen nach unbekannte, epizootischo Verhältnisse die raschere Verbreitung der Seuche und das Auftreten ähnlicher Krank-heitsprocesse bei anderen Hausthieren (wovon noch später) begünsti­gen mögen.
Ziemlich übereinstimmend werden als Stätten der ursprünglichen Entwicklung die Stcppenländer des europäischen und asiati­schen Russlands angenommen u. z. scheinen es insbesondere die Küsten des schwarzen Meeres zu sein, von wo aus die Einderpest durch die Ochsenzüge in das Innere Russlands verschleppt und die Handels­heerden angesteckt werden. Von Anderen wird ihre Heimat in das südliche Sibirien, die Steppen der Kirgisen und Kalmücken, selbst nach China und Persien versetzt. Jedenfalls scheint es ausgemacht, dass nur dem, in den genannten Steppen in grosser Anzahl gehaltenen Rind-viehe die Disposition zur ursprünglichen Entwicklung dieser Krankheit zukomme. Die neueren Forschungen haben nachgewiesen, dass sie jedoch auch in diesen Ländern nicht fortwährend herrsche, sondern dass sie dort in unbestimmten Zwischenräumen nach Art einer epizoo-tischen Krankheit, in Folge des Einflusses verschiedener, uns noch un­bekannter , wahrscheinlich atmosphärischer Verhältnisse, seuchenartig auftrete und durch das während ihres Verlaufes entwickelte Contagium
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360nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Rinderpest.
sich weiter verbreite. Selbst Schädliclikeiten, welche Triebhecrden die­ser Eacen auf dem Marsche aussei- ihrer Heimat treffen, scheinen den Ausbruch der Krankheit veranlassen zu können; ohne diese Annahme wenigstens Hessen sich jene Fälle, wo derlei Heerden, welche anschei­nend ganz gesund eine selbst zwanzigtägige Contumazzeit überstanden haben, später in die Krankheit verfielen, nicht erklären. Dass trotz des häufigen Auftauchens dieser Seuche in ihrem Mutterlande und der höchst mangelhaften Durchführung der veterinär-polizeilichen Massregeln doch die Verheerungen daselbst nicht so ausserordentlich sind, und der dortige Rindviehstand nicht nur zur Deckung des einheimischen Bedar­fes hinreicht, sondern auch zur Ausfuhr noch genügt, findet in dem Umstände, dass die llinderpest bei dem Steppenviehe einen viel milde­ren Verlauf zeigt und die Mortalität bei demselben eine viel geringere ist, als bei jenem der westlichen Theile Europas, seine Erklärung.
Zu uns wird die Seuche stets durch die Verschleppung des Contagiums gebracht und es sind für die Aufnahme desselben Rinder jeder Race, jedes Alters und Geschlechtes, jeder Körperconstitution u. s. w. empfänglich; bereits durchseuchte Stücke widerstehen jedoch seiner Ein­wirkung hartnäckig. Keine andere Thiergattung ausser dem Rinde und dem Büffel ist für dasselbe empfänglich. Man will die Beobachtung ge­macht haben, dass die von durchseuchten Stücken in der ersten oder zweiten Generation abstammende Nachzucht entweder gar keine Empfäng­lichkeit für das Contagium zeige, oder falls sie ja von der Krankheit befallen wird, doch sehr leicht durchseuche.
Das Contagium entwickelt sich bei jedem von der Rinderpest befallenen Stücke u. z. schon im Beginne der Krankheit, sobald reich­lichere Absonderungen und Exsudationen stattfinden; die Bildung desselben dauert während ihres ganzen Verlaufes. Jene Fälle, wo bereits reconvales-cirte Thiere, welche offenbar ein Contagium zu erzeugen nicht weiter im Stande waren, dennoch die Ansteckung anderer Thiere vermittelten, sind dadurch zu erklären, dass das in der früheren Krankheit erzeugte Contagium besonders an der Hautoberfläche, den Haaren u. s. f. haftete. Das Conta­gium ist sowohl Üüchtig als fix; es haftet an der ausgeathmeten Luft, an der Hautausdünstung, dem Dunste des aus der Ader gelassenen Blutes, und theilt sich der umgebenden atmosphärischen Luft auf eine Distanz von 20—30 Schritten, welche durch Luftzug und Windströmun­gen sogar noch bedeutend vergrössert werden kann, mit; es haftet auch an allen Flüssigkeiten des kranken Körpers, dann am Fleische, an den Häuten, Hörnern, Klauen, an dem Dünger, an allen Geräthschaften,
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Rinderpest.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;361
mit denen die kranken Thiere in Bcrülirung gekommen sind, an den Kleidern des ärztlichen und Wartpersonales u. s. f.; die geringste ilenge desselben reicht hin, die Ansteckung zu veranlassen. Es bleibt durch lange Zeit wirksam, insbesondere #9632;wenn der Zutritt der atmosphärischen Luft und die Einwirkung höherer Temperaturgrade auf die Träger des­selben hintangohalten wird; niedere Temperatur scheint dasselbe weni­ger leicht zu zerstören; wenigstens spricht hiefur die Beobachtung, dass Rinder durch den, während des Winters durchfrorenen und im Fruli-linge wieder aufgethauten, von pestkranken Thieren herstammenden Dünger angesteckt wurden. Chlor- und Schwefeldämpfe, Alkalien und Säuren zerstören den Ansteckungsstoff.
Die Einschleppung dieses Contagiums und die erste Ver­breitung der Kinderpest geschieht in unseren Ländern stets durch fremde, aus Bussland U. z. durch die Bukowina und Galizicn, oder aus der Moldau und Walachei durch .Siebenbürgen eingeführte Schlachtvieh-heerden, und es sind diese Länder bei uns stets die ersten, welche von dieser Geissei heimgesucht werden. Solche Heerden verschleppen die Seuche oft weit in das Land hinein, da bei ihnen die Krankheit an und für sich milder verläuft und sich nicht durch so auffallende Erscheinungen zu erkennen gibt, während sie doch ein wirksames Con-tagium entwickelt; da ferner manche bereits durchseuchte Thiere fortan noch Träger des Contagiums (besonders an den Haaren) sind; da end­lich in Folge des Zusammeugehens auch noch gesunde Stücke der Tricb-heerde von leichter erkrankten oder bereits durchseuchten Thieren an­gesteckt werden können, wodurch sie dann selbst wieder eine neue Quelle der Entwicklung des Ansteckungsstoffes werden. Solche Heer­den werden nicht selten erst dann, wenn sie schon weit in das Land vorgedrungen sind und den Ansteckungsstoff hie und da verbreitet haben, als verdächtig angehalten und für pestkrank befunden. Man­cherlei Kniffe der Händler und Treiber, unterstützt durch Gewinnsucht und Unkenntniss der Landbewohner, erleichtern diesen Vorgang.
Ist die Seuche einmal in eine Gegend eingedrungen, dann wird die Verbreitung derselben durch Viehmärkte, Fleischhauer, Gärber, Curpfuscher der verschiedensten Art, durch die Communication der Ein­wohner verseuchter mit jenen noch verschonter Ortschaften, durch die gemeinschaftliche Hutung des Viehes auf Gemeindeweiden, durch die ge­meinsame Wartung gesunder und kranker Thiere, durch das Belegge­schäft, durch das Verabreichen von Futter und Getränke, das kranke Stücke berührt hatten, durch das freie Herumlaufen der Haussäuge-
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362nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Rinderpest.
thierc und des Hausgeflügels, welche ia Seuchenställe oder zu Abfällen kranker Rinder gelangten, und durch zahlreiche andere, in einem gege­benen Falle oft erst nach vieler Mühe zu erhebende Umstände, vermit­telt. Die Sicherstellung einer, auf was immer für eine Art geschehenen Ansteckung dient daher bei dem Umstände, als die Rinderpest sich hier zu Lande nicht selbstständig entwickelt, gleichfalls zur Feststellung ihrer Diagnose, obwohl dieses Moment wegen der Schwierigkeiten, welche sich derartigen Erhebungen entgegenstellen, von geringerem quot;Werthe, wenig­stens bei den ersten Erkrankungsfällen, ist, als die Zeichen an getödte-ten oder lebenden Thieren.
sect;.51. Von grösserem Belange für die Diagnose ist die Berücksich­tigung des schon früher erwäbnten Ganges der Seuche. Man bezeich­net mit diesem Namen die Art der Verbreitung der Seuche und berück­sichtiget hiebei folgende Punkte.
Von dem Augenblicke der stattgefundenen Ansteckung bis zu jenem des Eintrittes der ersten Krankbeitserschoinungen verläuft ein Zeitraum von durchschnittlich acht Tagen (Incubationsdauer), wel­cher sich jedoch auch bis auf eilf Tage erstrecken kann. Hievon ist es abhängig, dass bei Thieren, welche in einem Stalle stehen und von denen nur eines ursprünglicb angesteckt wurde, die einzelnen Erkran­kungen ungefähr in Zwischenräumen von acht zu acht Tagen erfolgen, so dass nach Ablauf dieser Zeit zuerst das oder die neben dem zuerst Erkrankten stehenden Stücke, hierauf die neben diesen aufgestellten u. s. w. befallen werden (Infectionsgang), und demnach die Seuche anfangs nur langsam fortschreitet. Diese Rogelmässigkeit der Verbreitung erleidet jedoch durch den Umstand, dass die Ansteckung selbst entfern­ter stehender Thiere, besonders wenn schon zahlreiche Stücke krank sind, durch die Haut- und Lungenausdünstung u. s. f. vermittelt wird, dann bei dem Weideviehe und in Triebheerden wegen der dort gebote­nen vielfachen Berührung manche Abweichung; je inniger die Commu­nication, je zahlreicher das aufgestellte Vieh ist, desto häufiger und in der Zeitfolge unregelmässiger werden die Erkrankungen (Propagations-weise). Von solchen Orten, Seuchenställen, Viehmärkten, Futter-, Rast-, Eisenbahnstationen, Triebstrassen, auf welchen seuchende Heerden ge­halten hatten oder getrieben wurden, verbreitet sich in Folge der statt­gehabten Communication die Seuche strahlenförmig in die Umgebung (Contagions lauf).
Manche dieser Umstände (besonders Infectionsgang und Propaga-tionsweise) lassen sich schon bei der Erhebung einer Seuche ausmitteln
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und tragen daher insbesondere beim Beginne derselben in einer Ortschaft wesentlich zur Sicherstcllung der Diagnose bei. Vor Allem sind dem­nach bei der Constatirung der Kinderpest die Ergebnisse der an einem als krank getödteten oder an einem umgestandenen Thiere vorgenom­menen Sectioncn, dann der Gang der Seuche, die Erscheinungen am lebenden kranken Thiere, der Verlauf und die Dauer der einzelnen Krankheitsfalle zu berücksichtigen.
sect;. 52. Die Prognose ist bei der Einderpest eine sehr ungün­stige, sie wird jedoch durch verschiedene Umstände in etwas modili-cirt. Das Steppenvieh und das mit ihm verwandte (z. B. das ungarische) seucht viel leichter durch, als die übrigen Eacen; während bei dem ersteren nicht seilen 50 0/0 und mehr durchseuchen, genesen von den letzteren meist nicht mehr als 5—10deg;/,,.
Im Anfange der Seuche ist die Sterblichkeit am grössten, sie wird allmälig mit der Länge der Souchcndauer geringer und gegen das Ende derselben sind die Genesungen viel häufiger; Vieh, welches durch häufigeren und längeren Aufenthalt im Freien abgehärtet ist, erliegt verhältnissmässig weniger oft der Krankheit, als das durch die Aufstellung in Ställen verweichlichte. Manche Seucheninvasionon sind viel verheerender als andere und selbst während einer und derselben beobachtet man, class jene Form der Rinderpest, bei welcher es zur Bil­dung jauchiger Exsudate auf der Darmschloimhaut kommt, in der Kegel zum Tode führt.
sect;. 58. Therapie. So viele Heilmittel und Heilmethoden auch gegen die Rinderpest als untrüglich anempfohlen wurden und bei jeder neuen Invasion angerühmt werden, so hat sich bis jetzt doch noch kei­nes auch nur im geringsten bewährt. Beim Beginne der Seuche in einem Orte erweiset sich die Einleitung einer Behandlung auch geradezu schädlich, da sie durch die fortdauernde Unterhaltung der Quellen des Contagiums die Weiterverbreitung der Krankheit offenbar begünstiget, und nur dort, wo die Seuche schon eine grosse Verbreitung erlangt hat und durch die Tödtung der Kranken ein vernünftiger Zweck nicht mehr erreicht würde, kann sie unter strenger Beobachtung dor Veterinär-poli­zeilichen Massregeln gestattet werden.
Als solche Heilmethoden werden angeführt die antiphlogi-stische Behandlungsweise mittelst Aderlässen, Mittelsalzen, öligen und schleimigen Substanzen, der Gebrauch der Mineralsäuren, der eisenhal­tigen Salzsäure (nach Pessina), die Verabreichung der verschiedensten bitteren, gewürzhaften und herben Arzneistotfe, der (rebranch von kalten
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Waschungen und Dampfbädern (in der letzteren Zeit wiederholt, beson­ders in Galizien und Mähren, jedoch ohne allen Erfolg versucht), end­lich die verschiedenartigsten Geheim- und speeifischen, gewöhnlich ganz absurden Mittel.
Sollte ein therapeutisches Verfahren einzuleiten gerathen erschei­nen, so dürfte im Beginne der Krankheit die Antiphlogose in Ver­bindung mit revellirenden Mitteln (flüchtigen und scharfen Einrei­bungen an den Eauchwandungen, kalten Begiessungen), im weiteren Verlaufe ein indifferentes Verfahren mit llücksichtnahme auf gefahrdrohende Zufälle (z. E. herbe Mittel bei erschöpfenden Durch­fällen, Mittelsalze bei Verstopfung, erregende Mittel bei grossem Verfalle der Kräfte etc.) noch das Beste leisten.
sect;. 54. Um gesunde Rinder vor der Gefahr der Ansteckung zu sichern, werden hie und da ganz absurde Mittel in Anwendung gebracht, welche keine weitere Berücksichtigung vordienen. Die Mög­lichkeit der Eiuschleppung dieser Krankheit und mithin die Gefahr ihrer weiteren Verbreitung im Lande könnte nur durch das Verbot des Bind-vieheintriebes aus jenen Ländern, in welchen sich die Binderpest erwie-senermassen ursprünglich entwickelt, mit Sicherheit hintangehalten wer­den. Insolange ein solches Verbot noch nicht erfolgen kann, wird zur Sicherung des einheimischen Viehes vor der Ansteckung nur eine ge­naue Befolgung der später anzuführenden veterinär-polizeilichen Mass­regeln dienlich sein.
Die Einimpfung des Rinderpest-Contagiums, welches von leichter erkrankten Thieren zu nehmen wäre und von Einigen als Schutz­mittel für das einheimische Bindvieh gegen die Gefahr der Ansteckung anempfohlen wurde, hat in dieser Bücksicht für uns keinen Werth. Denn einmal ist die Angabe, dass die durch die Impfung hervorgeru­fene Krankheit milder sei, als die in Folge der natürlichen Ansteckung entstandene, wenigstens für unser einheimisches Vieh durchaus noch nicht bewiesen, und dann würde durch die selbst zu einer Zeit, wo die Seuche nicht herrscht, fortgesetzte Impfung die Gefahr einer weiteren Verbreitung und eines bösartigen Auftretens der Pest fortwährend un­terhalten, mithin die Viehbesitzer andauernd der Besorgniss schmerz­licher und empfindlicher Verluste ausgesetzt werden. Sie könnte als Präservativmittel nur dann für uns einen Werth haben, wenn sie in jenen Ländern, in welchen sich die Binderpest originär erzeugt, allgemein vorgenommen würde, indem das dort einheimiche Vieh diese Krankheit, mithin auch die geimpfte, überhaupt leichter übersteht, und
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Rinderpest.
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dann alle zu uns gebrachten Tricbheevden bereits durchseucht hätten, mithin die Gefahr einer Einschleppung der Krankheit von selbst hin­wegfiele. In neuester Zeit wurden in .Südrussland, der Entwicklungs­stätte dieser Seuche, umfassende Versuche in dieser Richtung einge­leitet. Für unsere Länder kann die Impfung der Rinderpest nur zum Zwecke der Abkürzung einer in grosser Verbreitung herrschenden Seuche, wo wegen der vielen Berührungspunkte mit Vehikeln des C'on-tagiums eine vielfältige Ansteckung kaum zu vermeiden ist, Anwendung finden. In diesem Falle würde sie desshalb vorgenommen, um die Thiere, welche in Folge der natürlichen Ansteckung nur nach und nach erkran­ken würden, auf einmal zu inficiren und hiedurch den Verlauf der Seuche abzukürzen. Man nimmt dann zu diesem Zwecke bäum- oder schafwollene Fäden und befeuchtet sie mit dem Xasenaustiusse oder den Thränen von Thieron, bei welchen die Rinderpest in einer milden Form und in den ersteren. Stadien zugegen ist, zieht dieselben unter die Haut der inneren Seite der Hinterschenkel, des Rückens, der Brust oder des Triels der zu impfenden Rinder, und lässt dieselben bis zum Anschwellen der Impfstellen und dem Auftreten der Krankheitserschei-nungon liegen.
Veterinär-Polizei.
sect;. 55. Von dem grössten Belange für die Verhütung des Ausbru­ches und der weiteren Verbreitung der Rinderpest in unseren Gegenden ist eine genaue Beobachtung gewisser Veterinär-polizeilicher Voi--schriften, durch welche allein dieser verheerenden Seuche Schranken gesetzt werden können.
Sie haben zum Zwecke;
1.nbsp; nbsp;Das Eindringen der Seuche aus ihrem Heimatslande zu uns zu verhüten;
2.nbsp; nbsp; Die bereits eingeschleppte Seuche so rasch als mög­lich durch Zerstörung aller Vehikel und Träger des Contagiums zu tilgen.
A. Beständige Slchevungs-Massi-cydn gegen die Einschhppungsgefahi:
sect;. 56. Hieher gehören:
a) Die Quarantaine-Anstalten. Die aus Russland, der Moldau und quot;Wallachei, welche Länder rücksichtlich des Herrschens der Rin­derpest immer als verdächtig betrachtet werden, nach Oesterreich ein­brechenden Schlachtviehheerden dürfen die Grenze nur an bestimmten
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366nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Kirderpest.
Punkten (Einbruchstationen) überschreiten, und müssen in den da­selbst errichteten Viehcontumaz-Anstalten durch eine gewisse Zeit Quarantaine halten. Die Dauer der Contumazperiode ist davon abhän­gig , ob von dem Yorhandensein der Rinderpest in dem benachbarten Auslande gar nichts verlautet, oder ob sie daselbst in weiterer oder geringerer Entfernung von der Grenze herrscht. Sie wechselt hiemach von wenigen bis zu 21 Tagen.
Sind Fälle von Rinderpest dicht an der Grenze vorgekommen, oder herrscht diese Seuche in grosser Ausdehnung im Auslande und ist daher anzunehmen, dass die Yichtriebe, wenn auch ursprünglich gesund, doch verseuchte Landstriche passiren mussten und hiedurch der stattgefundenen Ansteckung verdächtig werden, wird der Schlachtvieh­eintrieb aus Russland, der Moldau oder Wallachei für die Seuchendauer sogar vollkommen eingestellt.
Die in den Cüiitumazcn angelangten anscheinend gesunden Heerden werden in umzäunten Bäumen abgesondert untergebracht, von besonderen Wärtern gefüttert und besorgt, und während der ganzen Quarantainczeit sorgfältig ärztlich beobachtet. Heer­den, unter denen sich bei der ersten Untersuchung offenbar Kranke vorfinden, müs­sen unnaclisichtlich sogleich über die Grenze zurückgewiesen werden. Ergibt sich wäh­rend der ganzen Obscrvationsiieriode kein der Kinderpest verdächtiger Krankheitsfall in einem Triebe, so wird derselbe aus der Quarantaine mit einem Gesundheits-passe (Sanitätsfehde) versehen in das Innere des Landes zugelassen. Sollte sich jedoch während dieser Observationszcit ein Erkrankungsfall ergeben, so ist derselbe bezüglich seiner Natur genau zu erheben und falls er sich als Rinderpest herausstellen sollte, wäre der ganze Trieb einer neuerlichen Contumaz von 21 Tagen, welche immer von dem letzten Genesungs- oder Todesfälle an zu rechnen ist, zu unterziehen und erst dann zu dem freien Verkehre zuzulassen, wenn in dem angegebeneu Zeiträume ein neuer Erkrankungsfall sich nicht ereignet hat.
Es versteht sieh von selbst, dass die umzäunten Bäume (Okols) der (Juaran-taineanstalt, in welchen pestkranke Yichtriebe untergebracht waren, der vorschriftmäs-sigen lleinigung unterzogen werden müssen, ehevor andei'o Triebe in dieselben einge­stellt werden.
Werden Viehtriebe der Steppenrace im Inneren des Landes ange­troffen, welche mit dem Quarantainezeichen oder dem vorschriftmässigen Gesundheits2)asse nicht versehen sind, so sind dieselben sofort anzuhal­ten und die Eigenthümcr oder Treiber haben sich auszuweisen, dass dieselben entweder inländischer Abkunft sind, oder sich mindestens seit 3 Monaten im Lande belinden, welcher Nachweis durch die von den Ortsvorstchern der Provenienzorte auszustellenden Gesundhcits-Certificate zu liefern ist.
Diese Pässe müssen a) die Zahl der Thiere, b) die Namen des Eigenthümers oder Viehtriebführers, c) deu Ort, aus welchem der Trieb kommt, d) die Angabe der
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Rinderpest.
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Race und sonstige allfällige Bezeichnungen, e) den Ort, wohin und auf welchem Wege der Trieb dahin zu gelangen hat, f) den Tag des Ahtriehes, g) die Bestätigung der vollkommenen Gesundheit enthalten, und von den Individuen der Sanitätsheschau unterfertiget sein.
Kann ein solcher Ausweis nioht geliefert werden, so muss das angelialtene Vieh in besonderen Futter- und Lagerstellen ausserhalb der Ortschaften und aussei- Berührung mit dem einheimischen Viehe durch 21 Tage contumazirt werden. Aeussern sieh bei einzelnen Stücken den Verdacht der Einderpest erregende Symptome, so muss das kranke Vieh erschlagen und yorschriftmässig verscharrt, das verdächtige aber fortan beobachtet werden, bis durch 21 Tage nach dem letzten Todes-oder Ge­nesungsfalle eine Erkrankung nicht weiter stattgefunden hat, wornaoh es erst freigegeben werden darf. Auf dieselbe Weise muss auch mit sol­chen Schlachtviehtriebcn vorgegangen werden, welche wohl mit den vorschriftmässigen Quarantainezeichen und SanitätsfeMen versehen sind, wenn sich unter ihnen während des Marsches Erkrankungsfalle an Rin­derpest zeigen sollten. Nur dann, wenn es leicht möglich ist, solche verseuchte Heerden von dem Anhaltspunkte aus auf eine Eisenbahn­station zu bringen, wäre es zu gestatten, dieselben nach vorheriger Tödtung und Verscharrung aller offenbar kranken Stücke in Orte, wo eine bedeutendere Eleischconsumtion stattfindet, mittelst der Eisenbahn zu transportiren. Dasselbe kann auch geschehen, wenn der Anhalts­punkt selbst in der Nähe einer grossen Stadt sich befindet, und diese auf abgelegenen, vom Eindviehc nicht betretenen Wegen zu errei­chen ist.
b) Vorsichtsmassrcgeln rücksichtlich des Handels mit thierischen Producten und bezüglich des Verkehres. Da nicht nur die lebenden pestkranken Rinder Träger des Ansteckungsstofies sind, sondern derselbe auch an Hörnern, Häuten, Klauen, Unschlitt, Fleisch u. s. f. haftet, so ist auch auf diese thierischen Producte bei ihrer Einfuhr aus dem gedachten Auslande ein besonderes Augenmerk zu richten u. z.
laquo;) Rindshäute dürfen nur völlig hart und ausgetrocknet über die Grenze zugelassen werden, frische Häute sind, bevor sie freigege­ben werden, vorerst durch die Dämpfe der schwefeligen Säure zu des-inficiren;
ß) Rindshörnor und Klauen müssen durch 12 Stunden in Salz­wasser (10 Pfund Steinsalz auf 1 Eimer Wasser gerechnet) eingelegt,
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öfter umgerührt und getrocknet, die abgeschnittenen Hornspitzen aber nur mit Salzwasser gut abgewaschen und getrocknet werden;
y) Geschmolzenes Unschlitt darf nur in Fässern zugelassen werden, der sogenannte Wanrpeutalg (geschmolzenes Unschlitt in häu­tiger Emballirung) nur dann, wenn diese Emballage an der Grenze ver­nichtet ist;
d) üngeschmolzener Talg und rohes Pleisch sind zurück­zuweisen.
Bei dem ausgebreiteten Herrschen der Einderpest in dem benach­barten Auslande kann auch die Einfuhr sämmtlicher Eindviehproducte zeitweilig von der politischen Behörde verboten werden, was auch unter allen Verhältnissen rücksichtiieh der aus verseuchten Orten kom­menden Provenienzen gilt.
Bricht die Seuche in dicht an der Grenze gelegenen Landstri­chen aus, so dürfen auch Schafe, Schweine, Ziegen nicht zugelas­sen werden, und es ist namentlich auf Hunde und Federvieh, welche so häufig das Contagium verschleppen, das Augenmerk zu rich­ten und das Herumschweifen der ersteren tliunlichst hintanzuhalten. Personen, welche aus den inficirten Orten kommen oder mit dem an­gesteckten Eindviehe zu thun haben, so wie auch Viehhändler, Flei­scher, Gärber u. s. w. sind von der Grenze zurückzuweisen oder haben sich vor ihrer Zulassung der vorschriftmässigen Beinigung zu unterzie­hen. Mit dem verseuchten Orte selbst ist jeder Verkehr strengstens zu untersagen.
c) Ueberwachung der Viehtriebe. Da es vorkommt, dass Schlachtviehtriebe, welche während ihrer Observation in der Quaran-taine verdächtige Krankheitserscheinuugen nicht gezeigt haben, später während ihres Marsches an der Einderpest erkranken, und andererseits manche Triebheerden über die Grenze geschmuggelt werden, welche daher rücksichtlich ihres Gesundheitszustandes einer Beobachtung nicht unterzogen werden konnten, beide mithin im Inneren des Landes zu Ansteckungen des einheimischen Viehes vielfältige Veranlassung geben können und schon häufig gegeben haben, so ist eine Uebenvachung dieser Heerden während des Triebes an ihren Bestimmungsort noth-wendig. Es haben sich daher diese Schlachtviehheerden strenge an die, durch die politische Behörde ausgemittelten imd bezeichneten Trieb­strassen zu halten, welche so viel als möglich abseits bewohnter Ort­schaften geführt und mit eigenen Futter- und Eaststationen ver­sehen sein sollen.
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Uindcrpest.
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Das Füttern und üebemachten solcher Ochsentriebe in den Ort­schaften selbst oder in ihrer nächsten Nähe, oder auf den üemeinde-weiden ist durchaus unstatthaft.
Es ist darauf zu sehen, dass die Bewohner jener Ortschaften, in deren Xähe Viehtriebe passiren, alle notlnvendigcn Vorsichtsmassregelu genau beobachten und es sind ihnen bei sich darbietender Gelegenheit die geeigneten Belehrungen wiederholt zu ertheilen.
Während ihres Marsches sind solche fremde Schlachtviehherden wiederholt u. #9632;/.. an bestimmten, von den politischen Behörden zu bestimmendon Punkten, Jedenfalls aber bei dem Uebertritte aus einem Kronlande in ein anderes durch eigene Yiehbeschau-Commissionen zu revidiren, welche aus einem politischen Commissar und einem Sani­tätsorgane bestehend, sich sowohl von dem Gesundheitszustande der Thiere, als auch davon zu überzeugen haben, ob nicht ein Abgang von der Zahl der in den Pässen ver­zeichneten Thiere bemerkt werde. AVird das Vieh gesund und der Gesundhcitspass in der Ordnung befunden, so hat die Beschau-Commission die Bestätigung hierüber dem Ursprungs- und Gesundheitscertiflcatc beizusetzen. Wird dagegen ein Abgang an der Zahl der im Passe verzeichneten Hinder bemerkt, so ist der Trieb anzuhalten und der Führer desselben zur verlässlichen Angabe der Ursache des Abganges zu verhalten. Die Grundhaltigkeit dieser Angabe ist aber sodann sorgfaltig zu erforschen.
Ist ein Stück wegen Krankheit zurückgeblieben oder gar umgestanden, so ist die Beschaffenheit der Krankheit oder die Ursache des Umstehens sogleich mit der gröss-ten Umsicht zu erheben und nach Massgabe des Ergebnisses der Trieb entweder fortan unter Contumaz zu lassen oder dessen Abtrieb zu gestatten, in beiden Fällen jedoch zugleich die Anzeige an die betrcfTcnde Kreisbehörde zu machen.
Auch muss in dem Falle, wenn der Forttrieb gestattet wird, stets in dem Ur­sprungs- und Gesuudheitscertificate der stattgefundene Abgang, dessen Veranlassung und die erübrigende Zahl der Kinder angegeben werden.
Abverkäufc von solchen Schlacht;iehtrieben dürfen nur in solchen Orten stattfinden, wo von Seite der Ortsobrigkeit mit Zuziehung eines Arztes oder Thier-arztes eine ordentliche Sanitätsbcschau der abzuverkaufenden Rinder vorgenommen werden kann.
Muss ein Stück aus der Triebheerde Avcgen einer Erkrankung zurückbleiben, so ist es den Ortseinwohnem auf das Strengste ver­boten, ein solches Vieh in ihr Haus und unter ihr Vieh aufzunehmen und der Ortsvorsteher ist verpflichtet, selbst mit Gewalt und gegen den Willen der Treiber dasselbe anhalten, in einem abgesonderton Stalle bis zu Ende seiner Krankheit versperren und durch eigene Wärter, die sonst zu keinem Viehe kommen, pflegen zu lassen. Wollten sich die Eigcnthümer oder Treiber hiezu nicht verstehen, so ist das kranke Kind auf der Stelle todtzuschlagen, abzuhäuten und tief zu verscharren, da­mit mit dem Fleische und den übrigen Theilcn desselben kein Nachtheil verursacht werde; jedoch ist ihnen die Haut, nachdem sie vorschriftmässig
Roll, Pathol. und Therapie. II. Aufl.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 24
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gereiniget worden ist, zu verabfolgen oder um einen mit ihnen bedun­genen Preis abzukaufen.
Um den auf langdauernden Märsclien nicht selten stattfindenden heimlichen Abverkäufen, dem Schlachten einzelner seuchenverdächtiger oder kranker Stücke unter verschiedenartigen Vonvanden und den hiedurch veranlassten Verschleppungen des Ansteckungsstoft'es thunlichst zu begegnen, haben die politischen Behörden dahin zu wirken, dass solche zur Dockung des Fleischbedarfes in grösseren Städten bestimmte ausländische Schlachtviehheerden, wo diess nur überhaupt thunlich ist, selbst in seu-chenfreien Zeiten mittelst Eisenbahn bis an ihren Bestimmungsort transportirt werden.
d) Uebcrwachung der Vielimärkte. In Ortschaften, in wel­chen Viehmärkte gehalten werden, ist für die ausländischen Schlacht­viehheerden ein abseitig gelegener Ort zu bestimmen, welcher von dem einheimischen Viehe vor erfolgter sorgfältiger Keinigung nicht be­treten werden soll. An den Tagen solcher Vielimärkte darf das Orts­vieh nicht auf die Weide getrieben werden, sondern jeder Viehbesitzer muss das seinige zu dieser Zeit zu Hause im Stalle versperrt halten. Auch darf dem fremden Viehe in Privathäusern ein Unterkommen nicht gestattet, auf Gemeindoweidcn die Hutung nicht erlaubt, und die Wirthe gewarnt werden, ihr eigenes lliudvieh aus solchen Geschirren zu trän­ken , aus welchen fremde Ochsen getränkt wurden, oder ihm Futter zum Aufzehren vorzulegen, das etwa von den letzteren übrig geblie­ben ist.
Massregcln zur Sicherung des Viehstandes, sobald die Einderpest bereits in das Inland eingedrungen ist:
B, Massreyeln zur Sicherung der einzelnen Kronländer oder Verwaltungsgehiefe gegen die Ansteckungsgefahr.
sect;.57. Ist jedoch trotz dieser Vorsichtsmassregeln die Kinderpest in ein Kronland eingedrungen, so hat die politische Landesstelle hievon sogleich an jene der angrenzenden Kronländer, in dringenden Fällen im telegraphischcn Wege die Mittheilung zu machen, damit von dieser alle jene Massregeln getroffen werden können, welche zur Sicherung des Eindviehstandcs vor der Ansteckungsgefahr uothwendig werden.
Von dem Grade der Ausbreitung der Seuche, von dem grösseren oder geringeren Verkehre, welchen die betreffenden Kronländer unter sich haben, von der mehr oder weniger bedeutenden Entfernung, in der die Seuche von der Landesgrenzc herrscht, wird die Beschaffenheit der einzuleitenden Massregeln abhängen. Bei gefahrdrohender Ausbrei­tung der Binderpest in dem benachbarten Kronlande, oder bei dem
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Kiuderpest.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;371
Auftreten derselben an der Grenze wird die thunlichste Absperrung der Grenze, die strengste Ueberwachung der Yiehtriebe, des Verkehres mit Vieh und seinen Producten, dann der Personen, die mit demselben zu thun haben, nöthig. In dieser Rücksicht werden nachstehende Mass­regeln sich als unumgänglich nothwendig herausstellen u. z.
1.nbsp; nbsp; Ueberwachung der Grenze durch Aufstellung von Posten an den vorzüglichsten, aus dem verseuchten Kronlande herüber führenden Strassenzügen.
Diese Posten linben sieli ununterbrochen an den ihnen angewiesenen Punkten aufzuhalten und darüber zu wachen, dass kein Kindvieh, keine von demselben her­stammenden, insbesondere frische Rohstoffe und keine, vorzüglich verdächtige Personen aus dem verseuchten Kronlandc herübergclangcn. Es dürfen daher keine mit Ochsen oder Kühen bespannte Wägen, kein Schlachtvieh, ja nicht einmal Kälber, dann keine Kühe aus dem verseuchten Kronlandc die Grenzstationen Jassiren, sondern sind überall zur Kückkehr über die Grenze zu verhalten.
2.nbsp; nbsp;Ist der Eintrieb von Schlachtvieh aus dem verseuchten Kronlandc oder durch dieses in ein anderes, besonders zum Zwecke der Approvi-sionirung grösscrer Städte nicht zu umgehen, so darf der Transport dieser Tliiere, wo es immer angeht, nur mittelst der Eisenbahn gestat­tet werden und es dürfen während desselben durchaus keine Abverkäufe von Vieh stattfinden.
Im entgegengesetzten Falle sind:
3.nbsp; nbsp;Einbruchstationen an der Grenze des Kronlandes zu be­stimmen, durch welche allein der Eintrieb vou Schlachtvieh gestat­tet wird.
An diesen Punkten sind eigene ^ iehb eschau-Commissionen aufzustellen, welche aus einem Sanitäts- und einem politischen Organe zu bestehen haben und deren Aufgabe es ist, die einlangenden Triebe rüeksichtlieh ihres Gesundheitszustandes zu untersuchen und dieselben mit den in dem mitgebrachten Gcsnndhcits-Certificate ent­haltenen Angaben zu vergleichen. Sollte sich in einer oder der anderen Rücksicht ein Bedenken ergeben, so sind solche Triebe unnachsiehtlich über die Grenze zurückzu­weisen und hierüber von Seite der Beschau-Commission allsogleich an die vorgesetzte politische Behörde Bericht zu erstatten. Werden dieselben jedoch anstandslos befunden und über die Grenze zugelassen, so haben sich solche Triebe strenge an die vorge­zeichneten Tricbstrasscn zu halten, auf welchen in bestimmten Entfernungen Viehbc-schau-Commissionen aufgestellt werden, welche die einlangenden Triebe einer wieder­holten Untersuchung zu unterziehen und nach Jlassgabe des Befundes das Amt zu handeln haben.
Es versteht sieh von selbst, dass derlei aus verseuchten Kronländern kom­mende Triebe einer verschärfteren Ueberwachung zu unterziehen sind, als in seuchen­freien Zeiten.
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Rinderpest.
4.nbsp; nbsp; Zur Zeit des Durchzuges solcher Schlachtviehtriebe durch die an der Triehstrasse gelegenen Orte ist das einheimische Eind-vieli in den Stallungen zu halten, und es haben sich auch die zu sei­ner Wartung bestimmten Personen von der Strasse zu entfernen; an solchen Tagen soll auf den Triebstrassen mit einheimischem Rindviehe überhaupt nicht gefahren und ein solches auch sonst nicht auf diesem Wege getrieben werden.
5.nbsp; nbsp; nbsp;Rohes Fleisch, Eingeweide von Rindern, frische Rindsknochen, uugcschmolzenes Unschlitt, Häute, Hörner, Klauen dürfen durchaus nicht eingeführt werden. Dagegen ist die Ein­fuhr von geschmolzenem Unschlitte, trockenen Knochen und Häuten, wenn sich mit Cortiflcatcn ausgewiesen wird, dass sie aus gesunden Gegenden kommen, dann von Höruem und Klauen, sobald die Vorschrift-massige Reinigung derselben nachgewiesen wird, jedoch nur an den hiezu bestimmten Eiubruchstalionen zulässig; auf allen übrigen Punkten sind sie, wie die übrigen Rohproducte, unbedingt auszuweisen.
6.nbsp; Herrenlose Hunde sind von den an der Grenze aufgestell­ten Posten zu erschicssen; auf hausirendc Jndividuen ist eine besondere Aufmerksamkeit zu verwenden und die von ihnen getragenen Packe sind zu untersuchen, ob sich in denselben keine Häute oder sonstige, vom Rindviehe herstammenden Stoffe befinden; werden letztere angetroffen und kommen dieselben aus dem verseuchten Kronlande, so sind sie un-nachsichtlich zurückzuweisen. Von jenseits kommende Viehhändler und Fleischhauer dürfen, wenn sie sich darüber nicht auszuweisen vermögen, dass sie aus gesunden Gegenden kommen, gleichfalls nicht eingelassen werden und es sind zu diesem Eehufe den Grenzposten jene Gemeinden, in denen die Rinderpest in dem benachbarten Kron­lande herrscht, besonders bekannt zu geben.
7.nbsp; nbsp;In so lange die Seuche nicht dicht an der Grenze herrscht, und es daher nicht besonders verboten wird, darf in den Grenzorten des noch nicht verseuchten Kronlandes das einheimische Rindvieh noch ausgetrieben und innerhalb des Weichbildes der Gemeinden zu Wirth-schaftsfuhren verwendet, über die Grenze jedoch mit demselben nicht gefahren werden.
Sollte ein Einliciiuisclier mit einem solchen Zuge in ilem verseuchten Kronlande gewesen sein, so wäre derselbe entweder mit seinem Gespanne über die Grenze zurück­zuweisen oder zu verhalten, seine llindvielibcspannung ausserhalb des Ortes durch 10 Tage zu contumaziren und nach Ablauf dieser Periode dasselbe vor der Zulassung in den Ort ebenso wie den Wagen sorgfältig zu reinigen.
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Rinderpest.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; öYo
8. Ueberdiess sind längs dor Grenze, insbesondere aber in der Nähe der verseuchton Grenzorte häutige Streifungen vorzunehmen; und sich die üeberzeugung zu verschaffen, ob nicht auf Schleichwegen versucht werde, die Sperre zu umgehen.
Sollten liicbci auf einer oder der anderen Stelle Funkte aufgefunden werden, die eine derartige Umgehung besonders begünstigen, so sind aueh diese mit einem weiteren Posten zu besetzen.
C. Masureyelii für zunächst bedrohte Gegenden und Ortschaften.
sect;. 58. Wenn ungeachtet dieser verschärften Massregeln dennoch die Rinderpest in einer oder mehreren Ortschaften eines Kronlandes zum Ausbruche gekommen ist, so sind zur Sicherung der zunächst be­drohten Gegenden und Ortschaften folgende Anstalten einzuleiten und mit grösstcr Sorgfalt zu überwachen:
1.nbsp; nbsp; Ist die Kinderpest in einem benachbarten Orte, in dem Umkreise einer Stunde oder wohl gar schon in der nächsten Umgegend wirklich aufgetreten, so müssen die Gemeindevorstände, nachdem sie die gehörige Anzeige davon erhalten haben, diese Nachricht unverzüglich den Einwohnern der Ortschaft bekannt machen, und sie auf eine über­zeugende Weise über die fast gänzliche Unheilbarkeit und Tödtlichkeit dieser Krankheit, über die Eigenschaft, sich durch Ansteckung ausser-ordentlieh leicht auszubreiten, dann über die grosse Gefahr, die durch ihre Nähe dem sämmtlichen Viehstande droht, belehren und sie daher zur genauen Befolgung der zur Abwendung derselben nothwendigen, obschon lästigen Verfügungen auffordern und strenge dazu anhalten. Zugleich sind den Ortsinsassen die Strafgesetze, welche gegen die Ueber-tretung der Vorschriften bei Viehseuchen bestehen, und besonders die sect;sect;. 400, 401 und 402 des Strafgesetzes über Verbrechen, Vergehen und Uebertretungen vorzulesen und zu erklären.
2.nbsp; nbsp;Im Umkreise von 3 Stunden um den Seuchenort darf bei son­stiger strenger Bestrafung der Gemeindevorsteher und der Viehhändler nach sect;sect;. 400—402 des Strafgesetzes kein E-indviehmarkt abgehalten und es muss aller Umgang und Verkehr mit den Einwohnern des an­gesteckten Ortes, wenn er nicht von der dringendsten Art und für den ganzen Ort nicht zu umgehen ist, auf so lange untersagt und aufgeho­ben werden, bis von dem politischen Amte das Erlöschen der Rinder­pest in dem angesteckten Orte bekannt gegeben ist. Durch den Seuchen­ort darf Rindvieh für andere Ortschaften nicht durchgeführt und
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Rinderpest.
Schlachtvichtrieben, die sonst etwa durch denselben zu passiren pfleg­ten, muss von Seite der politischen Behörde ein anderer Eichtungsweg angewiesen werden.
Bei durchaus unvermeidlichem Vorkehre mit dem Orte, wo die Seuche ausge­brochen ist, ist strengstens darauf zu sehen, dass bloss allein Pferde und unter keiner Bedingung Hornvieh zur Bespannung dahin gebraucht und dass die Hunde zu Hause gehalten werden. Binderställe dürfen daselbst durchaus nicht betreten werden und im Seuchenorte ist nur so lange zu verweilen, als zur Verrichtung der Geschäfte unum­gänglich nöthig ist. Bei der Zurückkunft nach Hause müssen die auf der Bcise ge­brauchten Schuhe und Kleider gewechselt, Hände und Gesicht gewaschen und jede Annäherung zu den einheimisehon Bindern durch einige Tage vermieden werden. Den Ortshirtcn und Meierknechten aber darf unter keinem Verwände erlaubt werden, eine mit der ßinderpest heimgesuchte Ortschaft zu betreten.
3.nbsp; nbsp; Den Einwohnern der gesunden Ortschaften ist es auf das Strengste und unter Androhung der in den sect;sect;. 401 und 402 des Straf­gesetzes vorgesehenen Strafen zu verbieten, heimlich oder öffentlich krankes Vieh, so wie Fleisch, Milch, Eutter, Häute, Uuschlitt oder was immer für andere Tlieile des Kindviehes, sei es nun von ge­sunden oder kranken, gefallenen oder geschlachteten Stücken aus seu­chenverdächtigen Orten einzukaufen, einzuschwärzen und in nicht ange­steckten Ortschaften zum Verkaufe oder zum eigenen Gebrauche einzu­führen. Eben so wenig darf den, von einem mit der Einderpest angesteckten Orte herkommenden Menschen ein längerer Aufenthalt gestattet, noch weniger ihnen der Zutritt zum einheimischen Eindviehe in einem gesunden Orte erlaubt werden.
Es ist desshalb besonders auf fremde Fleischer, Viehhändler und Gärber, dess-gleichen auf herumschwoifendo Arzneikrämer, Wasenmeistcr und ihre Knechte ein wachsames Auge zu halten. Dieselben sind beim Betreten sogleich anzuhalten und falls sie sich nicht verlässlich ausweisen können, dass sie aus ganz unverdächtigen Gegenden kommen und nichts mit sich führen, das Ansteckung veranlassen kann, zu arretiren und entweder in ihren Wohn- und Aufenthaltsort oder über die Grenze ah-zuschatl'en.
4.nbsp; nbsp;In den, zunächst den Seuchenorten gelegenen Gemeinden muss das Vieh möglichst in den Stallungen gehalten werden, woman es am sichersten vor Ansteckung zu hüten im Stande ist.
Sollte dioss, wegen zu geringem Futtervorrathe, nicht angehen, so kann das Austreiben unter der Beschränkung gestattet werden, dass das ausgetriebene Vieh nicht nur den Grund und Boden der angesteckten Ortschaft nicht betrete, sondern auch so viel als möglich von den Grenzen derselben entfernt und wo es thunlich ist, lieber in einer ganz entgegengesetzten Gegend oder auf Gründen in der Xähe der Behausungen selbst geweidet werde. In einem Umkreise von einer halbeu Stunde, von dem verpeste­ten Orte an gerechnet, darf keine i'uhre mit Zugochsen und selbstverständlich unter keiner Bedingung in das Gebiet des verpesteten Ortes selbst, geleistet werden.
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Rtoderpost.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;iJ7ö
Der Ortsvorstand muss allen Viehbesitzern des Ortes naclidrüeklicli auftragen, dass sie sich mit einem Fnttervorrathe für ihr Rindvieh wenigstens auf C Wochen verschon sollen. damit im Falle die Seuche dennoch im Orte ausbricht, die zur Ver-hinderung ihrer Ausbreitung nothwendige allgemeine Stallsperre vorgenommen und das eingeschlossene Vieh gehörig genährt werden könne.
5, Jedes, zur Zeit des Herrschens der Rinderpest in der Nach­barschaft in einem Orte gefallene Stück Rindvieh muss eröfthet und von Sachkundigen untersucht werden. Zeigen sicli biebei Merk­male der llinderpest, so ist der Ort als von dieser Seuche angesteckt zu erklären und es sind hiernach die für einen solchen Fall vorgeschrie­benen Massregeln durchzuführen.
C. Ist die Rinderpest in der nächsten Xälie einer Ort­schaft zum Ausbruche gekommen, so sind alle bisher angeführten Massregeln mit verdoppelter Gewissenhaftigkeit und Strenge zu befol­gen , und es ist joder Erkrankungsfall unter den Kindern sogleich auf das Genauestc ärztlich zu constatiren.
Ferner müssen einige kluge und veiiässliche Männer aus der Ge­meinde ausgewählt und als Wächter auf der Grenze des Ortes aufge­stellt werden, die von hier aus sowohl das einheimische, als das dem verseuchten Orte gehörige Vieh, wie auch alle Fuhren mit Ochsenbe­spannung, wo sie immer herkommen sollten, zurückweisen, auf alle hin-und hergehenden Menschen und das, was sie etwa mit sich führen und tragen, aufmerksam sein und alles, was ihnen verdächtig vorkommt, anhalten und abschaffen sollen.
Als verdächtig aber müssen alle aus einer angesteckten Ortschaft kommenden Itenschen angesehen werden, welche von da Kindvieh führen oder treiben, oder Fleisch, Häute und andere Kindstheile bei sie!: haben. Sollten diese auf die Ermahnung, zurück­zukehren, nicht achten und mit Gewalt über die Grenze setzen, so hat sie einer der Wächter bis zum Orte zu begleiten, und sie da dem Ortsvorsteher anzuzeigen und zu überliefern, welcher dann sogleich das lebende Vieh au einem abgelegenen Platze zu versperren und auf Kechnung des Besitzers füttern zu lassen, die Personen selbst aber sammt den etwa mitgeführten Rindviehtheilen, Häuten, Hunden u. s. w. unter Beob­achtung der nöthigen Vorsiehtsmassregeln, an das nächste k. k. Bezirksamt zum fer­neren Verfahren abzuliefern hat.
Erkrankt das versperrte Vieh innerhalb 10 Tagen an der Kinderpest oder zeigt es sich bei der gepflogenen Untersuchung, dass die mitgebrachten Eindviehtheile von heimlich geschlachteten kranken Stücken herrühren, so sind die ergriffenen Personen nach den 5sect;. 400, 401 und 402 des Strafgesetzbuches zu bestrafen, sonst aber nur wegen gewaltsamer Störung der olfentlichen Ordnung und Sicherheit zur Verantwor­tung zu ziehen, und dann gegen Ersatz aller Kosten sammt ihrem Viehe zu entlassen.
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D. Massregdn beim Ausbruche der Rinderpest in einer Ortschaft selbst.
sect;. 59. a) Erstattung der Anzeige und vorläufige Mass­regeln. Ist in einem Orte die lünderpest zum Ausbruche gekommen, so muss von dem Ortsvorsteher alsogleich dem politischen Amte die Anzeige erstattet werden, damit selbes das zur möglichst schnellen Til­gung der Seuche Erforderliche unvenveilt verfügen könne. In dem an­gesteckten Orte selbst aber ist, ohne erst das Eintreffen der Seuchcn-Commission abzuwarten, der Vorfall sogleich zu veiiautbaren und allen Eindviehbesitzern einzuschärfen, ihre Stallungen wohl verschlossen zu halten, Niemanden den Eintritt in dieselben zu gestatten und die War­tung der Thiere nur einer Person anzuvertrauen, die sich so viel als möglich vor jedem Verkehre mit den übrigen Ortsbewohnern, insbeson­dere aber mit solchen Personen zu hüten hat, in deren Hause die Seuche ausgebrochen ist.
b)nbsp; nbsp;Aerztliche Erhebung der Seuche. Die Erhebungen an Ort und Stelle sind durch das politische Amt unter Bciziohung eines mit der Einderpest und ihrer Tilgung vertrauton, angestellten Arztes oder Thierarztes mit möglichster Beschleunigung unvenveilt einzuleiten.
Nach Ankunft der Seuchenerhebungs - Commission ist sich durch Einvernehmen des Ortsvorstandes und der zunächst betheiligten Perso­nen so viel als möglich eine nähere Kcnntniss über die Natur der aus­gebrochenen Krankheit zu verschaffen.
c)nbsp; nbsp;Aufnahme des Viehstandes. Geht aus den erhobenen anam-nestischen Momenten mit Wahrscheinlichkeit hervor, dass das Uebel eine andere Krankheit als die Einderpest ist, so kann sich die Com­mission anstandslos in das Seuchenhaus begeben, um hier durch den Augenschein den eigentlichen Sachverhalt zu erheben.
Sollte sich jedoch schon aus den ersten Erhebungen mit Wahr­scheinlichkeit das Vorhandensein der Kinderpest ergeben, so ist, bevor noch die Seuchenstallungen betreten werden, die Aufnahme des Vieh­standes vorzunehmen, da es die erste und wichtigste Aufgabe der Commission ist, sich die genaueste Kenntniss über den eigentlichen Stand der Kinderpest in dem befallenen Orte zu verschaffen.
Die Aufnahme des Uindviehstandes ist von Haus zu Haus vorzunehmen; es hat hiehei jedenfalls der Kunstverständige mit zu interveniren, und es darf sich dabei unter keiner Bedingung auf die hlossen Angaben des Gemeindevorstandes verlassen werden. Damit jedoch durch diesen Act selbst nicht zu einer weiteren Verbreitung der Seuche Anlass gegeben werde, sind hiebei nachstehende Vorsichten zu beobachten:
1. Die Seuchen-Cnmmission hat sich zuerst in die angeblich noch nicht ver­seuchten Stallungen zu begeben und die Veranlassung zu treffen, dass während der
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Rinderpest.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 377
Revision alle kleineren Hausthiere aus den Höfen entfernt und unter Sperre gehal­ten werden.
Der Arzt oder Thierarzt hat entweder mit einem Commissionsmitgliedc den Stall zu betreten oder das in den Hof herausgelassene Vieh, jedoch ohne es zu berüh­ren, zu beobachten. Es ist räthlich, den Thieren etwas Futter, besonders solches, das von ihnen gerne gefressen wird, vorwerfen zu lassen, um aus der Art und Weise, wie nach demselben gelangt wird, die vorhandene oder mangelnde Fresslast bcurtheilen zu können; auch die vorhandenen Harmexcremente sind bezüglich ihrer Beschadenhcit zu besichtigen. Wird etwas Verdächtiges nicht vorgefunden, so ist der A'ichstand jedes einzelnen Hauses nach Art und Zahl zu verzeichnen.
2.nbsp; Sollte das eine oder andere Stück verdächtig erscheinen, so ist das Haus zu bezeichnen, in eine nähere Untersuchung der Thiere jedoch erst nach Vollendung der Kevision der noch nicht verseuchten Höfe einzugehen. 1st die Stallrevision im ganzen Orte beendet, so werden die verdächtig vorgefundenen Kinder von dem Arzte oder Thierarzte kunstgemäss, jedoch in der Ordnung untersucht, dass die weniger verdäch­tigen zuerst, dann aber die verdächtigeren vorgenommen werden. Zuletzt erst hat sich die Seuchen-Commission in die schon als verseucht bezeichneten Häuser zu begeben und hier den Stand der Seuche zu erheben.
3.nbsp; Ergibt sich jedoch aus den anamnestischen Erhebungen nicht mit Wahrschein­lichkeit oder Gewissheit, dass die ausgebrochene Krankheit die Rinderpest sei, so ist zur Constatirung der Natur derselben die Untersuchung der offenbar kranken Thiere und vor allem die Section eines etwa vorhandenen Cadavers, oder eines zu diesem Zwecke erschlagenen, schwer kranken Stückes vorzunehmen, welche letztere in jedem Falle die sichersten und unfehlbaren Aufschlüsse über die Art der Seuche geben wird.
4.nbsp; Weiset die angestellte Section die Kinderpest nach, so ist unvcrweüt der Sach­verhalt in der ganzen Gemeinde zu publiciren und eine Warnungstafel an allen Ein­gängen der Ortschaft aufzustellen. Die kleinen Hausthiere sind von den Strassen ent­fernt zu halten und die Einwohner unter strengster Strafe hiezu zu verpflichten; das Durchtreiben von Rindvieh und das Fahren mit derlei Gespannen durch den Seuchen­ort ist strenge zu verbieten. Ueberdiess sind alle jene weiteren Amtshandlungen sogleich einzuleiten, welche zur Sicherung des Gesundheitszustandes des Rindviehes der angrenzenden Ortschaften nothwendig sind. Die Aufnahme des Viehstandes, um zur Kenntniss der Ausdehnung der Seuche zu gelangen, darf jedoch die Commis­sion an diesem Tage nicht mehr vornehmen, da sie durch ihre Anwesenheit in den Seuchenhöfen und bei der Section zu einer Contagiums-Yersehleppung Anlass geben könnte; sondern dieselbe hat, wenn es die Nähe ihres Wohnsitzes zulässig macht, nach Hause zurückzukehren, oder wo diess wegen Entfernung des letzteren unthunlich ist, im Seuchenorte zu übernachten und nach sorgfältiger Reinigung der gebrauchten Klei­dungsstücke erst am folgenden Morgen die weiteren Massrcgeln zu treffen.
sect;. 60. d) Tilgung der Seuche bei geringer Verbreitung der­selben. Die zur möglichst raschen Tilgung der Seuche in der ergriffe­nen Ortschaft zunächst durchzuführenden Vorkehrungen sind verschie­den, je nachdem die Seuche zur Zeit der Constatirung erst eine geringe oder aber bereits eine bedeutende Verbreitung gewon­nen hat.
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Rinderpest.
Ergibt sich aus den Erhebungen und aus der bei der Aufnahme des Viehslandes vorgenommenen Const at irung des Gesundheitszustandos, dass erst wenige Thicrc in einem oder wenigen Holen seit Kurzem erkrankt sind und dass von hier aus eine üelegenheit zur weiteren Ver­schleppung des C'outagiums nicht gegeben war; besteht mithin der höchste Grad der Wahrscheinlichkeit, dass durch schnelles Hinwegräumen der kranken und der mit ihnen in Berührung gestandenen, mithin der statt gel iahten Ansteckung verdächtigen Stücke, die Seuche schnell ge­tilgt und nach Reinigung der inficirten Stallungen der freie Verkehr rasch wieder hergestellt werden könne, so ist die Tödtung der offen­bar kranken und seuchenverdächtigen Stücke, oder wie man sagt: die Anwendung der Keule angezeigt. Als verdächtig ist dann alles Rindvieh anzusetzen, das sich mit dem kranken in einem und demselben Hause befindet oder mit demselben in mittel- oder un­mittelbarer Berührung gestanden ist, selbst wenn an ihm nicht die min­deste Spur einer Erkrankung wahrzunehmen sein sollte. Selbst wenn nach der ersten Anwendung der Keule neue Ausbrüche, jedoch nur in einzelnen Häusern und in grösseren Zwischenräumen erfolgen sollten, ist von diesem Mittel Hilfe zu erwarten, wenn mit seiner Anwendung nicht gezögert wird. Zu diesem Zwecke ist jedoch dahin zu wirken, dass die Bewohner des Seuchenortes unter Androhung von empfindlichen Strafen und Verweigerung einer jeden Vergütung für vertilgtes Eindvieh jede Erkrankung unter demselben ohne Verzug anzeigen, und nicht ab­warten, bis die Krankheit einen höheren Grad erreicht oder bereits mehrere Stücke ergriffen hat.
Die definitive Entscheidung, ob bei constatirtem Vorhandensein der Einderpest die Keule und in welcher Ausdehnung anzuwenden sei, hängt von dem, der Seuchen-Commission beigegebenen politischen Com-missäre ab, welcher mit Zuziehung des, mit der Besorgung der veterinär­polizeilichen Massregeln beauftragten und, wenn es thunlich ist, eines zweiten mit der Einderpest vertrauten Arztes, dann zweier als Schätz­leute zu beeidender wirthschaftskundigen Vertrauensmänner den Stand der Seuche zu erheben, und auf Gi'undlage des Veterinär - ärztlichen Gutachtens in Betreff der Anwendung der Keule zu verfügen, die An­ordnungen zur Ausführung des Verfügten zu treffen und über das Ganze umständlich an seinen politischen Vorgesetzten zu berichten hat.
Eür die der Keule unterzogenen Binder wird unter gewissen Be­dingungen die Entschädigung aus der Staatscasse an die Besitzer ge­leistet u. z.:
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Binderputnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; STf1
laquo;) Wenn in verdächtigen Zeiten bei vorkommenden Krankheiten von Hindern die Art der Krankheit zweifelhaft, jedoch gegründeter Verdacht vorhanden ist, dass mau es mit der Binderpest zu than habe, und die Anwendung der Keule zur Ermittelung des Sachverhaltes von einem im Dienste des Staates stellenden oder von einer politischen Behörde hiezu autorisirten Arzte für nothwendig erklärt, und von ihm im Ver­eine mit der hievon in Kenntniss gesetzten Ortsbehörde der Werth des zu schlachtenden kranken Thiercs nach den hierüber weiter unten an­gegebenen Rücksichten festgesetzt wird. In diesem Falle wird den Be­sitzern der Thicre derjenige Betrag als Entschädigung geleistet, welcher nach Abzug des quot;Werthes der, nach den bestehenden Vorschriften ver-werthbaren Theile des gelödteten Eindes von der, durch die Ortsbehörde und den Arzt für dasselbe festgesetzten Vergütungssumme entfällt; —
ß) für Kinder, welche bei bereits constatirtem Vorhandensein der Einderpest nach Beschluss des politischen Commissars der Keule unter­zogen werden, wird nur dann eine Vergütung geleistet, wenn staudhäl-tig erwiesen ist, dass der Eigenthümer des getödteten Eindes weder durch Ausseracbtlassung der bestehenden Veterinär-polizeilichen Vor­schriften irgend eine Schuld an dem Erkranken desselben trage, noch den Ausbruch der Krankheit verheimlichet habe.
Der für jedes einzelne Stück entfallende Entschädignogsbetrag ist aus dem, durch die beiden beigezogenen Vertrauensraännei bestuuiuten vollen Werthe des liin-des und ans dem, davon abzuziehenden Werthe der verwertlibaren Theile desselben zu entziffern. Zur Ausmittclung des Werthes der Kinder, welche der Keule unterzogen werden sollen, haben die betreffenden Ortsbehörden und die als Schutzleute beeideten Commissionsglieder den in der Gegend Üblichen Marktpreis, das Alter, den Schlag und die Gebrauchsweise jedes Kindes zu berücksichtigen. JOs ist jedoch dabei den Seuclien-Commissionen zur Pflicht gemacht, auf die möglichste Verwerthung der von den kranken ohne Gefahr verwendbaren Theile, insbesondere aber auf jene der bloss verdächtigen und noch ganz gesunden Thiere hinzuwirken, um die dem Staatsschatze durch die Entschädigung erwachsenden Auslagen auf das unumgänglich Xothwendige zu beschränken.
Da die, von der Binderpest befallenen Thiere der Krankheit fast darchgehends unterliegen, mithin solche Kinder, auch wenn sie der Keule nicht unterzogen würden, für ihre Eigentluime.r in der Kegel verloren sind, so ist bei der Ansniittelung des Entschädigungsbetrages auf diesen Umstand Rücksicht zu nehmen und hiebei nach folgenden Uirectivcn vorzugehen: 1. Kür pestkranke Kinder, welche sich in einem so vorgerückten Stadium der Krankheit befinden, dass ihr baldiges Ende zu erwar­ten steht, wird ein Uritttheil, — 2) für Kinder, bei welchen die Krankheit erst im Beginne ist, bei denen sieh mithin der Grad der Bösartigkeit, mit welchem die­selbe in diesem besonderen Falle verlaufen wird, noch nicht mit Sicherheit beurtheilcn lässt, werden zwei Uritttheilc des erhobenen Schätzungswcrthes bei der Anwendung der Keule vergütet. Es findet mithin nur für sogenannte verdäohtige, anscheinend
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380nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Rinderpest.
noch gesunclc, ilor Keule zu unterzielieiule Binder eine Entschädigung des vollen Schii tzungsp reis es von Seite des Aerars statt.
Von vertilgten kranken Rindern dürfen die Häute und die llörncr nach vorscliriltmiissig vorgenommener lleinigung, dann das Unschlitt nach vollzogener Schmelzung über Feuer seiner Zeit veriiussort werden, und es ist daher deren quot;Werth von dem ganzen Schiitzungswcrthe in Absehlag zu bringen.
Liisst sich bei den zu vertilgenden Thieren mit Sicherheit nicht bestimmen, ob sie noch gesund oder bereits von den ersten Symptomen der Bmderpest befullen sind, so sind dieselben noch im Seuchenorte, jedoch gewerbsmüssig zu schlachten und von der Commission zu be­schauen. Werden in deren Eingeweiden Spuren der llinderpest nicht vorgefunden, so kann das Fleisch dem Eigenthümer zum Genüsse überlassen werden und es ist sodann dessen billig ausgemittelter Werth von dem Gesammtschätzungswerthe in Abschlag zu bringen.
Müssen jedoch in einem Hause m eh rere Tliiere geschlachtet werden und ist es einleuchtend, dass der dadurch gewonnene Vorrath an Fleisch die Bedürfnisse des Hauses übersteigt, so kann derselbe nach sorgfältiger Beschau bei der Schlachtung an die Ortsflcischcr verkauft oder, falls dieses wegen Mangel an Concurrenz im Orte nicht tlmnlicli wäre, entweder geräuchert oder gepökelt und in diesem Zustande verwerthet oder in eine, in der Nähe liegende grosso Stadt gesendet werden. Der Transport von solchem Fleische in Städte kann, jedoch mit Ausnahme aller Eingeweide, auf Wägen, oder nach Umstünden auf der Eisenbahn unter Aufsicht eines verliisslichen Begleiters, dem von Seite der Seuchen-Commission ein Certificat über die vorgenommene Beschau und ein Schreiben an das Marktaufsichtsorgan, welches sodann die Vcrwerthung des übergebenen Fleisches zu dem möglichst besten Preise für Rech­nung des Aerars zu besorgen hat, mitzugeben ist, geschehen. Gesundes llindvich, dessen Vertilgung bloss desswegen durchgeführt werden muss, weil es mit krankem in Berührung gestanden ist, kann an Fleischhauer veräussert werden, jedoch muss es von diesen in dem Seuchenorte geschlachtet und von verlässlichen Individuen beschaut werden.
Sollte sich jedoch in einem solchen Falle ein Fleischhauer zur Uebernahmc dieser Thiere nicht vorfinden, so können dieselben, wenn der Seuchenort in der Nähe einer Eisenbahnstation gelegen ist, welche sich auf Nebenwegen und ohne Betretung einer anderen Ort­schaft erreichen lässt, unter verlässlicher Aufsicht in grössere Städte, wo eine bedeutendere Fleischconsumtion besteht, jedoch nur zur Schlachtung mittelst der Eisenbahn transportirt werden.
Ein solcher Viehtrieb ist mit einem, von der Seuchen-Commission ausgestellten Certificate, in welchem jedes einzelne Stuck nach Race, Geschlecht und Alter, dann dem Namen des Eigenthümcrs verzeichnet wird, und einem Schreiben an das Markt­aufsichtsorgan zu versehen und wird bei seiner Ankunft an seinem Bestimmungsorte, wie oben bei dem Fleische bemerkt, verwerthet. Ein ähnlicher Vorgang kann auch beobachtet werden, wenn der Seuchenort an einem schiffbaren Flusse liegt und das anscheinend noch gesunde Vieh auf diesem Wege, und ohne an anderen Ortschaften anzulegen, in eine grosse Stadt geschallt werden kann.
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Rinderpestnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Oo 1
Kanu jedoch dor Abtrieb auf eine Eisenbahn-Station nicht stattfinden, so sind die zu vertilgenden, anscheinend gesunden Kinder im Seuchenorte selbst zu schlachten und ihr Fleisch auf die bereits bekannt gegebene Weise zu verwertlien.
lieber die Schätzung der, von Seite des Aerars zu vergütenden, der Keule unterzogenen Kinder ist mit den, eigens für diesen Fall be­eideten Schätzleuten ein Protokoll aufzunehmen, und der i)olitische Commissär hat seine, der politischen Behörde vorzulegenden Entschä­digungsanträge für die einzelnen Yiehbesitzer auf diese vorgenomme­nen und ersichtlich gemachten Schätzungen zu gründen, wobei jedoch stets auch die, durch die Verwerthung der benutzbaren Theile der ge-kculten kranken oder verdächtigen Kinder hereingebrachten oder zu erwartenden Beträge anzusetzen sind.
Die rücksichtlich der Verwerthung der von den erschlagenen kran­ken oder verdächtigen Kindern benutzbaren Theile vorstehend vorge­zeichneten Massnahmen sind zu Gunsten der betroffenen Vieheigenthü-mer auch dann durchzuführen, wenn denselben wegen Uebertretuug der allgemeinen Seuchenvorschriften ein Anspruch auf eine Entschädigung für das erschlagene Vieh von Seite des Aerars nicht zukömmt, und sie sogar aus diesem Grunde einer Strafamtshandluug vielleicht unterzogen werden.
Lässt sich endlich eine grössere Anzahl seucheuverdächtiger Stücke auf eine der angegebenen Weisen nicht entfernen, wie diess in grossen Meierhöfen, welche von Eisenbahnen entfernt liegen, der Fall sein kann, so muss auch im Beginne der Seuche, wo unter günstigeren Verhältnis­sen die Keule angezeigt wäre, auf die Separation der Kranken, Parzel-lirung der gesund Scheinenden und abgesonderte Unterbringung dersel­ben in abseits zu errichtenden Xothställeu oder Unterständen vorgedacht werden.
sect;. 61. e) Tilgung der Seuche bei grösserer Verbreitung derselben in einer Ortschaft. Stellt sich jedoch bei der Seuchen-constatirung heraus, dass die Kinderpest bereits eine grössere Verbrei­tung erlangt hat, finden sich zahlreichere kranke und seuchen­verdächtige Thiere u. z. bereits in mehreren Höfen vor, oder ergibt sich aus den Erhebungen, dass der Ausbruch der Seuche durch eine längere Zeit verheimlichet, oder gesundes Vieh mit krankem durch län­gere Zeit in Berührung gelassen worden sei, so würde die Anwendung der Keule bei den kranken und bei den der geschehenen Ansteckung verdächtigen Thieren keinen Sinn haben, da hiedureh mit unverhält-nissmässig grossen Kosten wohl Thiere erschlagen, keinesfalls aber der
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OöJnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Rinderpest.
weitere Ausbruch der Krankheit bei dem bereits auf verschiedenen Wegen angestecktem Yiehe hintangehalten werden konnte.
In einem solchen Falle muss die Seuchen - Commission bedacht sein, auf eine andere Weise der weiteren Ausbreitung der Seuche Schranken zu setzen.
Diess geschieht durch Errichtung von Pest- und Contumaz-stallen nach den bereits früher vorgezeichneten Directiven. In den ersteren werden die offenbar kranken, in den letzteren die verdächtigen Stücke untergebracht und beide Abtheilungen von besonderen Wärtern, die mit den übrigen Ortseinwohnern auf keine Weise zusammenkom­men, besorgt. Die zur Erhaltung der Thicre nothwendigen Futterstoffe und das Trinkwasser, dann die für die Wärter erforderlichen Nahrungs­mittel müssen von hiezu zu bestimmenden Leuten bis auf eine festzu­setzende Distanz von diesen Ställen herbeigetragen, dürfen aber erst dann von. den Wärtern hiuweggeuommen werden, wenn sich die Träger bereits wieder entfernt haben.
Befindet sich in einem angesteckten Hofe ein zahlreicher Horn­vieh st and, so wird dieser in Haufen von 5 —10 Stücken abgetheilt (parzellirt) und einer von dem anderen durchaus abgesondert gehal­ten, so dass jede Abtheilung ihren eigenen Wärter erhält, der mit jenen der anderen Haufen nicht in Gemeinschaft kommen darf. Wo hiezu abgelegene Stallungen oder Unterstände nicht zu Gebote stehen, sind die Parzellen in einer Aue oder Waldung oder in umzäunten Plätzen unterzubringen.
Dor Nutzen dieser Parzellinmg besteht darin, dass, wenn in einem solelien Yielistande auch schon ein angestecktes Thier sich befindet, bei dem später die Krank­heit deutlich zum Ausbruche kommt, die Ansteckung sieh nicht auf die ganze Eeerde verbreiten, sondern nur auf jene wenigen Thicre übergehen kann, die sich mit dem kranken in derselben Abtheiluug befanden.
Bricht bei einem solchen Stücke die Krankheit wirklich aus, so muss es so­gleich in den Peststall übersetzt, die Pareelle aber, in der es sich früher befand, in der strengsten Absonderung gehalten werden, bis sich herausstellt, ob nach 10 Tagen ein neuer Erkrankungsfall auftritt oder nicht.
Liesscn sich jedoch der eigentliümlichen Ortsverhältnisse wegen diese Massregeln nicht durchführen, so müssen die kranken Thiere in ihren Stallungen belassen, die verdächtigen aber anderswohin, wie in Pferde- oder Schafställe, Schuppen u. dgl. untergebracht und diese Localitäten unter sorgfältiger Sperre gehalten werden. Diese Vorkehrung bietet jedoch, wegen der kaum zu verhütenden weiteren Verschleppung
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Hinderpest.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;OOO
des Contagiums und wegen der Unmöglichkeit, die Reinigung der infi-cirten Looalitäten sogleich durchzuführen, die geringste Aussicht auf eine schnelle Tilgung der Seuche. Liegt ein Seuchenort, in welchem die Einderpest bereits grosse Fortschritte gemacht hat, nahe an einer Eisen­bahnstation und nicht zu entlegen von einer grossen Stadt, so kön­nen die bedeutenden Verluste dadurch auf das geringste Mass beschränkt werden, dass man, sobald in einem Hofe die Seuche ausbricht, sogleich alles anscheinend noch gesunde, aber bereits verdachtige Vieh unter den früher vorgezeichneten Cautelen nach dieser Stadt behufs der Schlachtung Iransportiren und daselbst an Fleischhauer verkaufen lässt.
sect;. 82. f) Weitere, aus Anlass der Rinderpest in dem Seu-cheuorte zu treffende Massregeln. 1st die Rinderpest in einer Ortschaft constatirt, so sind, gleichgiltig, ob zu ihrer Tilgung die Keule in Gebrauch gezogen oder zur Errichtung von Test- und Contumaz-slällen geschritten wurde, nachstehende weitere Massregeln sogleich einzuleiten:
1.nbsp; nbsp; Der Ausbruch der Rinderpest ist unverzüglich den an­grenzenden Gemeinden kundzugeben.
2.nbsp; nbsp;Den Einwohnern des verseuchten Ortes sind die nöthigen Re-lehrungen über die Natur der Krankheit und ihre Contagiosität, dann über die Art und quot;Weise, wie sie ihr Vieh vor der Ansteckung bewahren können, zu ertheilcn und ihnen die bereits wiederholt erwähnten sect;sect;. 400—402 des Strafgesetzes zu publiciren.
3.nbsp; nbsp; Der inficirte Ort ist völlig abzusperren und an seinen Eingängen sind Warnungstafeln anzubringen, auf welchen mit deutlich lesbarer Schrift in der Landessprache das Herrschen der Rinderpest be­kannt gegeben wird. Ebenso ist jedes Haus, in welchem ein Fall von Rinderpest vorgekommen ist, durch ein auffallendes Zeichen als Seuchen­hof kenntlich zu machen und der Verkehr seiner Inwohner mit denen aus gesunden Höfen nöthigenfalls mittelst Militär- oder Gensd'armerie-waohe so lange zu verhindern, bis nicht die Reinigung der inficirten Ställe, Geräthschaften und Kleidungsstücke der Inwohner ganz genau vorschriftmässig stattgefunden hat. Der Verkehr der Ortsbewohner mit der Umgebung, der Besuch benachbarter Kirchen, Schulen, Vergnügungsorte, das Führen von Gelreide in die Mühlen der Xach-barschaft muss für die Seuchendauer eingestellt werden.
4.nbsp; nbsp;Im Seuchonorte und dessen Umgebung darf nur mit Pferden gefahren werden; sämmlliches Hornvieh aber muss so lauge in den
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Kiuderpest.
raquo;Ställen versperrt bleiben, bis die Seuche ganz getilgt und die Erlaubniss zum Austriebe durch die Obrigkeit bekannt gemacht wird. DieThüren der Ställe sind aber so genau zu verschliessen, dass keine Hunde, Katzen oder Hausgeflügel u. dgl. durchschlüpfen können; auf der Strasse herumlaufende Hunde sind einzufangen, einzusperren, an die Kette zu legen oder zu erschlagen, weil durch diese Thiere das Hinderpest-Con-tagium leicht verschleppt werden kann.
5.nbsp; nbsp;Die Eingänge der Ortschaft sind durch verlässliche Wächter oder Militärposten zu besetzen, welche llindvieh und giftfangende Steife weder ein- noch austreten lassen und allen Individuen, welche mit Vieh oder seinen Abfällen und Producten Handel treiben, den Ein­gang zu verwehren haben.
6.nbsp; nbsp;Die Abhaltung der Yiehmärkte in dem Seuchenorle sowohl, als auf einem Umkreise von o Stunden ist ebenso wie der An- und Abverkauf von Hornvieh, der Verkauf von Fleisch, Milch u. dgl. und Ucbcrsiedelungcn der Einwohner mit ihrem Vieh für die Seu-cheuduuer zu verbieten. Das für den Ortsbedarf zu schlachtende Vieh ist vor und nach der Schlachtung genau zu besichtigen und über die El ei seh er strenge Aufsicht zu halten.
7.nbsp; nbsp;Die Wegschaffung der Cadaver auf den Aasplatz, die Ver­scharrung der Aeser ist auf die im allgemeinen Theile vorgezeich­nete Weise vorzunehmen; bei der Behandlung der Häute, Hörner, Klauen und Knochen, dann des Unschlittes ist nach den ebenda­selbst enthaltenen Angaben vorzugehen.
8.nbsp; nbsp;Jeder von dem Viehe geleerte inficirte Stall ist alsogleich und sorgfältig nach den bekannten Vorschriften zu reinigen. Da von dieser Desinfection das Schicksal des künftig einzustellenden Viehes und daher des Viehstandes der Gemeinde überhaupt abhängt, so ist dieselbe, wenn nur immer möglich, nicht durch die Eigcnthümer selbst, sondern durch besondere, vertraute, kein Hornvieh besitzende Leute, mithin durch eigene Eeinigungsdiener unter Aufsicht eines Gensd'armen oder anderen Wachmannes und mittelst eines eigenen, hiezu bestimm­ten Pferdegespannes zu bewerkstelligen.
9.nbsp; nbsp;Um den Verheimlichungen von Erkrankungen und dem Weg­schaffen verdächtiger Stücke zu begegnen, ist zeitweilig eine Revision des gleich anfangs aufgenommenen Viehstandes nothwendig, wobei jedoch die Eevidirenden alle bereits früher erwähnten Vorsichtsmassregeln an­zuwenden haben, damit sie nicht selbst zur Verschleppung des Conta-giums Anlass geben.
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Rinderpest.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;38o
10.nbsp; nbsp;Damit die Commission im Stande sei, ihren auf die Tilgung der Einderpest gerichteten Anordnungen Gehorsam zu verschaffen, ist sie ermächtiget, so oft es nothwendig ist, die Assistenz des Militärs zu beanspruchen und unter der Bedingung, dass sie hierüber nachträg­lich ein Protokoll an ihre vorgesetzte politische Behörde vorlege, Arrest-und Geldstrafen u. z. jene bis auf 3 Tage, diese bis zum Betrage von fünfzig Gulden gegen Jene zu verhängen, welche entweder den Aus­bruch der Seuche in ihrem Hause verheimlichet oder den gegebenen Anordnungen nicht strenge Folge geleistet haben.
11.nbsp; nbsp;Bricht die Rinderpest in dem Stalle einer grösseren Stadt, in welcher das Hornvieh nur der Milchnutzung wegen gehalten wird und ein Weidegang nicht stattfindet, aus, so ist sich mit der Sperre der verseuchten Stallung zu begnügen, jedoch dahin zu wirken, dass das in derselben vorfindliche verdächtige Vieh zum Zwecke der raschen Seuchetilgung möglichst bald an Fleischer zur Schlachtung in der Stadt verkauft und hierauf sogleich vorschriftmässig die Stallreinigung vorge­nommen werde.
12.nbsp; nbsp;Kommt die Seuche unter einer Pusstenheerde, welche auf den Weidegang allein angewiesen ist, vor, so müssen die vorgeschrie­benen Massregeln den Umständen gemäss moditicirt, jedoch unter allen Verhältnissen strenge darauf gehalten werden, dass die offenbar erkrank­ten Stücke von den übrigen noch gesund Erscheinenden separirt und die verseuchte Hecrde von jeder Gemeinschaft oder Vermischung mit fremden Heerden oder Hornviehstücken verwahrt werde.
13.nbsp; nbsp; Eine ärztliche Behandlung der pestkranken Binder darf nur dann gestattet werden, wenn die Seuche in einer Ortschaft oder Gegend sich bereits so verbreitet hat, dass durch die Anwendung der Keule ihrem weiteren Umsichgreifen keine Schranken gesetzt werden können, unter Verhältnissen also , wo die Errichtung von Pestställen vorgeschrieben ist.
So lange jedoch noch Hoffnung ist, die Seuche durch die Anwen­dung energischer Massregeln rasch zu tilgen, sind alle Heilversuche auf das strengste zu untersagen, da durch sie nur zu verschiedenarti­gen Verschleppungen des Contagiums, zur Verlängerung der Seuchen­dauer und Steigerung der ohnehin stets namhaften Verluste in Folge der aufgewendeten Kosten Veranlassung gegeben würde. Dort, wo Heil­versuche zulässig erkannt werden, hat der hiebei verwendete Arzt oder Thierarzt sich nur allein mit den kranken Thieren zu beschäftigen und
Roll, Pathol. und Therapie. II. Aufl.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;SS
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von dem Zusammentreffen mit Ortseinwohnern, oder dem gesunden wie verdiiehligen Honrviehstaude sich sorgfältigst ferne zu halten.
14. I)ie Seuche darf in einer Ortschaft erst dann als beendiget (erloschen) erklärt werden, wenn die Eeinigung der Stallungen und Geräthe überall vollständig vorgenommen, die Abfälle und Yiehproducte vorschriftmässig behandelt, die Schlussrevision vorgenommen und ein Zeitraum von 21 Tagen nach dem letzten Genesungs- oder Todesfalle ohne einen neuerlichen Erkrankungsfall abgelaufen ist.
sect;. 63. g) Abtheilung des Seuchengebietes in Seuchenbe-zirke. Ist die liinderpest über einen ausgedehnteren Landstrich verbreitet, so ist jedes Seuchengebiet in kleinere, leicht zu übersehende Seuchenbezirke abzutheilen, und in jedem eine Commission zu be­stellen, wrelche sich nach den früher angeführten Oirectiven zu beneh­men hat.
Im Falle zur Durclilulirung der Veterinär-polizeilichen Massiegeln Civil-Tliier-ärzto in geniigcmlcr Zahl in einer Gegend nicht vorhanden wären, haben die Bezirks­ämter von i'all zu Fall darüber die Anzeige an die Landesbehörde zu erstatten, um diessfalls das bezügliche Landes - General - Commando wegen zeitweiliger Verwendung des niilitär-thierärztlichcn Personales angehen zu können.
Diese Seuchen-Comniissioncn sind rerpfliohtet:
a)nbsp; sich von dem Stande der Rinderpest in ihrem Bezirke die genaueste Kenntniss zu verschaffen;
b)nbsp; die ihnen erforderlich scheinenden veterinSr-polizeiliohen Massregeln anzuordnen;
c)nbsp; zur Durchführung derselben je nach den Local-Verhältnissen in jedem einzel­nen oder in mehreren nahegelegenen Seuchenorten ein thierärztliches Individuum zu bestimmen und einen Wachmann, d. i. einen Gensd'armcn oder einen Be-hordediener u. s. w. zur Aufsicht und Ceberwachung der Instandhaltung der eingeleiteten polizeilichen Massregeln in jedem einzelnen Seuchenorte zu bestellen;
d)nbsp; diesen beiden ihre Obliegenheiten genau auseinanderzusetzen und einzuschärfen.
Anmerkung. Schon oben (sect;. 50) wurde erwähnt, dass die, wohl in jedem Falle durch ein Contagium vermittelte Verbreitung der Einderpest, bei manchen Seu­cheninvasionen durch das Herrschen einer gewissen, ihrem Wesen nach uns unbekann­ten epizootischen Constitution begünstiget zu werden scheine. Diese Ansicht wird durch die wiederholt gemachte Beobachtung unterstützt, dass häufig während des Jlerrschens der Kinderpest ähnliche Erkrankungen bei anderen Hausthiercn, ja sogar bei dem Wilde vorkommen, welche in der Schnelligkeit des Verlaufes, in der Gegen­wart der Exsudationen auf der Schleimhaut des Dünndarmes, der Blutfülle der gros-sen Baucheingewcide und der Tödtlichkeit des Verlaufes übereinstimmen. Dieser Krank-heitsprocess wurde bei Pferden, Hunden, Ziegen, Schafen, am häufigsten aber u. z. seuchenartig beim Haus- und wilden Geflügel beobachtet. Bei diesem war der Krank­heitsverlauf so acut, dass anscheinend ganz gesunde Thicre nach einer höchstens halb-
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Schafpockcn.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 387
bis einstilndigen Kranklieitsdaucr umstanden und in den meisten Fällen von den Eigen-thümern eine stattgehalite \'(!rgiftuiig als Todesursaclie vermuthet wurde. Die Seetion ergab eonstant die Gegenwart croupösen oder jauchigen Exsudates auf der Dunmhirm-schleimhaut. llieher durften auch die als Cholera der Hausthiere gedeuteten Krank­heitsfälle gehören.
Die Pocken, Blattern (Variolae).
sect;. C4. Man versteht hierunter einen fieberhaften, ansteckenden, pustulösen Hantausschlag, welcher mit Ausnahme des Tfcrdes bei allen Hausthiergattungen vorkommt und einen acuten, regelmüssigen Verlauf beobachtet.
Die Scharpockon (Variolae ovinae).
sect;. 65. Sie sind ein durch Ansteckung oder originär entstehender, durch contagiüse Infection sich weiter verbreitender, pustulöser, von Fieber begleiteter Hautausschlag, der insbesondere auf der Haut des Kopfes, der inneren Fläche der Schenkel und der weniger bewollten Theile der Brust und des Bauches der Schafe auftritt und dieselben nur einmal im Leben befallt.
Aetiologie. Die Krankheit tritt meist seuchenartig, nur selten sporadisch auf. Die unzweifelhafteste äusscre Ursache ihrer Entwick­lung ist die Ansteckung durch das Contagium pockenkranker Schafe, welche auf höchst mannigfache Weise, wie durch das Einbringen pocken­kranker oder erst durchgesenchter Thiere in eine gesunde Schafheerde, durch das Betroten von Weideplätzen, Strassen u. s. f., wo kurz vorher pockenkranke Schafe sich aufgehalten haben, durch Verschleppung des Contagiums mittelst verschiedener Stoffe und Gegenstände, z. B. der Felle und der Wolle von Sterblingen, des Düngers, der Bekleidung von Menschen, des Felles der Hunde und Katzen, der Federn des Gc-tiügels u. dgl., an welchen dasselbe haftet, stattfinden kann. Vehikel des Contagiums ist der Inhalt der Pusteln, die Hautausdünstung, die Se- und Excrete; am intensivsten entwickelt es sich zur Zeit, wo die Eiterung in den Pocken eintritt. Der atmosphärischen Luft mitgethoilt verbreitet es sich auf beträchtliche Entfernungen und veranlasst bei be­nachbarten Heerden die Ansteckung.
Das Pockcn-Contagium hat eine bedeutende Tenacität; vor Luftzutritt und anderen zerstörenden Einflüssen geschützt, bewahrt es durch längere Zeit seine ansteckende Eigenschaft, es wird jedoch durch freien Luftzutritt, höhere Temperatur, durch Chlor, Alcohol u. s. f.
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Schatpoukcn.
zerstört. Die Aufnahme des Contagiums geschieht gewöhnlich durch das Einathmen des in der Atmosphäre vertheilten Ansteckungsstoffes, sie kann jedoch aucli durch Einführung eines Vehikels desselben unter die Epidermis (Impfung) yeranlasst werden.
Andere Ursachen der Entstehung der Pockenkrankheit können mit Sicherheit nicht angegeben werden; die Annahme, dass dieselbe auch ursprünglich ohne vorherige Ansteckung bei uns zum Ausbruche komme, erscheint nur in den wenigsten Fällen zulässig, da sich fast jedesmal, bei nur einigermassen sorgfältigen Erhebungen, eine stattgefundene Ver­schleppung nachweisen lässt. Jedoch scheinen gewisse, ihrer näheren Beschaffenheit nach uns unbekannte äussere Verhältnisse das zeitweilige seuchenartige Auftreten und die ausgedehntere Verbreitung der Schaf­pocken über weite Länderstriche zu begünstigen, so wie im Gegentheile andere Umstände deren Vorkommen und Ausbreitung hindernd im Wege stehen. So ist beispielsweise diese Krankheit in manchen Gebirgslän-dern, in Kärnthen, Krain, so wie in Böhmen ausserordentlich selten, während sie z. B. in Ungarn, Oesterreich beinahe alljährlich vorkommt.
Die Disposition zur Erkrankung nach Einwirkung des Pocken-Contagiums kommt allen Schafen, ohne Unterschied des Alters, des Ge­schlechtes oder der Pace zu; obwohl es auch Thiere gibt, bei welchen eine wiederholte Einwirkung des Ansteckungsstoffes (z. B. durch Impfen) ohne Resultat bleibt, ohne dass dieselben jedoch desshalb für die Folge für eine spätere Infection nothwendiger quot;Weise unempfänglich blieben. Die einmal überstandene Krankheit schützt jedoch die durchseuchten Schafe für die übrige, an und für sich kurze Lebensdauer vor den Poeken.
sect;. 66. Symptome und Verlauf. Von dem Augenblicke der statt­gefundenen allgemeinen Ansteckung zeigen die Thiere durch sechs oder sieben, nach erfolgter Impfung durch drei oder vier Tage keine beson­deren Krankheitserscheinungen, aussei1 dass dieselben in den letzteren Tagen etwas trauriger werden, in der Fresslust nachlassen und eine etwas gespanntere Bewegung der Hinterschenkel äussern. Man nennt dieses Krankheitsstadium das der Ansteckung oder Incubation. Nach Ablauf dieser Zeit stellen sich Fiebererseheinungen, Zittern und Schauer mit nachfolgender Temperatursteigerung, besonders an den Ohren und der Schnauze ein, der Puls beschleuniget sich auf 80—90 Schläge, die Schafe stehen traurig, mit gesenktem Kopfe, an einander gestellten Füs-sen, die Fresslust und das quot;Wiederkauen hören auf, die Excremente sind trocken, klein geballt, die Bindehaut des Auges wird stark injicirt.
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Schafpocken.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 389
die Thräncnabsonderung vermehrt; ans der Nase stellt sicli ein anfäng­lich dünner, allmälig zäher, schmieriger Ausfluss ein; die ausgeathmete Luft und die Hantausdiinstung zeigt bisweilen einen cigcnthiimlichen, süsslich widrigen Geruch. Heftige Fiebersymptome lassen in der Regel auch einen stärkeren Pockenausbruch erwarten, obgleich bei reizbaren und gut genährten Individuen selbst auf heftige allgemeine Erscheinun­gen häufig nur ein massiger Hautausschlag folgt. Meist schon am zweiten Tage nach dem ersten Auftreten des Fiebers zeigen sich an den un- oder weniger bewollten Hautstellen, besonders am Kopfe, um die Augen und das Maul, an der inneren Fläche der Schenkel, an der Brust, dem Bauche, der unteren Fläche des Schweifes flohstichähn-liche Flecke, welche sich schon am nächsten Tage zu kleinen Knöt-chen erheben, die allmälig breiter werden, die Grosse einer Erbse erlangen und bisweilen in ihrer Mitte einen dunklen Punkt, die Mün­dung eines Hautfollikels enthalten. Das Knötchen wird in den nächsten Tagen an seiner Spitze blässer und enthält bereits etwas flüssiges Ex­sudat, welches allmälig zunimmt, so dass die Eruption die Form eines Bläschens annimmt, um welche herum sich ein gerötheter, wulstiger, härtlicher Band in der Haut (Hof) vorfindet. Die Eruption findet nicht an allen Stellen des Körpers zu gleicher Zeit statt, daher auch der Aus­schlag nicht überall gleichzeitig dieselbe Form darbietet. Während des Ausbruches ist die Haut sehr blutreich und besonders dort, wo die Pocken zahlreich hervortreten, bedeufend geschwellt, so dass bisweilen die Thiere die Augen und das Maul nur mühsam zu eröffnen vermögen. Ist die Eruption beendet, so lassen die Fiebererscheinungen gewöhnlich an Heftigkeit nach. Man nennt dieses Stadium das des Ausbruches und der Bläschenbildung, es dauert 5—6 Tage. Die Bläschen ent­halten um diese Zeit eine klebrige, zähe Flüssigkeit, die sich wegen des zelligen Baues der Pocken durch einen Stich nicht vollkommen entlee­ren lässt und für die Impfung am geeignetsten ist. Man nennt solche Pocken reif. Allmälig wh'd nun ihr Inhalt flüssiger und zuletzt eiterig, welcher Eiter sich von dem gewöhnlichen weder bei der mikroskopischen noch chemischen Untersuchung unterscheidet. Die Pustel wird nun noch etwas grosser, gelblich gefärbt und der umgebende Hof breiter; er ver­schmilzt häufig mit jenem der angrenzenden Pocken; das Fieber wird um diese Zeit meist wieder etwas heftiger, die Geschwulst der Augen­lider und des Maules bedeutender, der Ausfluss aus der Nase und dem Maule dauert fort. Dieser Zeitraum, welcher der der Eiterung oder Pnstelbildung genannt wird, dauert für jede Pocke ungefähr 8 Tage
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Scbafpockeu.
und im Ganzen, da der Ausbrach nicht überall gleichzeitig erfolgt ist, 5—6 Tage, nach deren Ablauf das letzte Stadium der Abtrocknung beginnt, während dessen der eiterige Inhalt der Pocken vertrocknet, wobei sich zuerst in ihrer Mitte ein gelblicher, dann schwarzbraun wer­dender Schorf bildet, der sich allmälig über die ganze Fläche der Pocke ausbreitet, anfangs festsitzt, sich nach 5—6 Tagen loslöst und einen kahlen röthlichen Fleck, die Pockennarbe, zurücklässt, an welchem in der Folge die Wolle nicht mehr so reichlich wächst, wie früher.
Sobald die Pocken zu vertrocknen beginnen, (reten auch das Fie­ber und die katarrhalischen Erscheinungen zurück; die Fresslüst und das Wiederkauen kehren wieder und die Thiero erholen sich um so rascher, je leichter das Fieber war.
Die ganze Dauer der Krankheit erstreckt sich auf ungefähr drei Wochen.
Jede Poeke durchläuft dem Angeiuhrten zu Folge die Formen des Fleckes, Kuötcliens, Ulascliens, der Pustel und des Schorfes. Untersucht man eine Pocke während dieser verschiedenen Stadien ihrer Entwicklung, so erscheint im Beginne des Processes die Haut hyiicränüsch, während der Kniitchenhildung werden die untersten Schichten der Epidermis aufgelockert, saftig, von einer röthlichen F'lüssigkeit durch­tränkt, sie haftet nur lose an der, von zahlreichen lilutpunkten besetzten, injicirten, geschwellten Lederhaut, auf deren Oberfläche eine, rasch zu einer Platte gerinnende Exsudatschichte ausgeschieden wird, in deren grubige Hohlräume sich seröses Exsudat ergiesst, wodurch die Epidermis in die Höhe gehoben wird. Diese Anordnung bedingt den fächerigen oder schwammigen Bau des Bläschens, dessen Inhalt nur durch mehr­fache Stiche entleert werden kann. Im weiteren Verlaufe schmilzt das feste Exsudat und vereinigt sich mit dem flüssigen zu Eiter, der die Pustelbildung veranlasst und dann zur Kruste, die aus Epidermislagen, Eiterzellen und Exsudat besteht, vertrocknet.
sect;. 67. Von diesem regelmässigen Verlaufe der Pocken kom­men mehrfache Abweichungen vor, welche sich entweder durch eine besondere Heftigkeit des örtlichen und Fieberprocesses oder durch die unvollkommene Ausbildung, zu der die Pocken gelangen oder durch die sparsame Zahl derselben charakterisiren.
Bei sehr reichlicher Pockenentwicklung stellt sich schon im Beginne der Krankheit statt tlohstichähnlicher Flecken eine rothlauf-artige Röthe und Anschwellung ein; die sich erhebenden Knötchen sind dicht gedrängt, die Bläschen und Pusteln tiiessen in einander; im stark inhltrirten Unterhautbindegewebe bilden sicli Abscesse, die bisweilen in die Tiefe greifen und durch welche ganze Hautstücke, die Ohren, Lip­pen, Augen, selbst Gelenke zerstört werden. Das Fieber ist in diesen Fällen sehr heftig und die Erscheinungen eines Katarrhes der Luftwege
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äckafpockcm.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;OV1
der Maulschlcimliaut und der Schlingwerkzeugo sehr ausgesprochen; aus der Nase liiesst dicker, zäher Schleim, der ihre Ocffnungen häutig verstopft und das Athmen erschwert, aus dem Maule zäher Geifer; nicht selten schwellen auch die Lymphdrüsen an verschiedenen Körper­stellen an, welche in der Folge abscediren und langwierige, die Kräfte der Thiere sehr erschöpfende Eiterungsprocessc zur Folge haben. Mit der Vertrocknung des Exsudates zu dicken, bräunlichen Krusten beginnt die Geschwulst der Haut nachzulassen; nach ihrem allmäligen Losstos-sen bilden sich oft langwierige Geschwüre, die nach ihrer Heilung un-rogelmässige Narben zurücklassen. In anderen Fällen Üiessen jedoch die Pocken erst durch spätere Nachschübe zusammen. Solche Pocken heissen zu sammenfli essende.
Noch schwerer und meist tödtlich sind die sogenannten bösarti­gen (Brand- oder Aas-) Pocken, wobei die mit einem blutigen Ex­sudate gefüllten und desshalb braunrothen oder schwärzlichen Pocken sehr dicht gedrängt stehen, zusammcntliessen, während zwischen ihnen die Haut stellenweise von Petcchicn durchzogen ist. Die Allgemeiner­scheinungen sind liier noch heftiger entwickelt als bei den zusammen-Üiessenden Pocken, die jauchigen Zerstörungen noch scheusslicher; die Thiere verbreiten einen pestilenzialisehen Gestank und gehen in der Kegel bald ein. Nicht selten bilden sich auch auf der Schleimhaut der Nasen-, Maul- und Ilachenhöhle, auf der Bindehaut des Auges Pocken, welche das Athmen und Schlingen sehr erschweren und den Eintritt des Todes beschleunigen. Die wenigen Thiere, welche durch-seuchen, bleiben grösstentheils wollclos und siechen an chronischen Krankheiten dahin. Fast immer erfolgt der Tod, sobald Luftentwicklung in den Pocken stattfindet — emphysematische Pocke.
Nicht selten kommen neben und zwischen vollkommen ausgebil­deten Pusteln an einem und demselben Thiere längliche, röthliche, nur wenig Üüssiges Exsudat enthaltende Pocken vor, die sich am zahlreich­sten in der Bauch- und Schamgegend vorlinden, sie sind unter dem Namen der plattgedrückten Pocken bekannt; ihr Verlauf ist ge­wöhnlich langsamer als jener der normalen. Sie werden vorzugsweise bei schwächlichen Thieren und bei feuchter, kühler Witterung beob­achtet.
Die sogenannten Steinpocken (warzigen Pocken) bilden harte, feste Knötchen, welche entweder nur wenig geröthet sind oder eine braun- oder ziegelrothe Farbe zeigen; sie sitzen auf einem nicht infil-trirten Hautgrunde und sind von einem Hofe nicht umgeben. Die
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Sehafpocken.
Epidermis blättert sich nach und nach sammt dem Exsudate ab und die Pocke verschwindet. Diese Form ist jedoch ebenso eontagiös wie die früher angeführte.
In manchen Fällen kommen nur sehr wenige Pocken, drei bis acht oder zehn an dem Gesichte, der inneren Fläche der Hinter­schenkel oder am Bauche vor, wobei das Fieber entweder vollkommen fehlt oder nur einen sehr massigen Grad erreicht; sie heissen verein­zelte Pocken.
sect;.68. Der Verlauf und die Ausgänge der Krankheit sind nach der Form und Ausbreitung der örtlichen Störungen, nach den sie be­gleitenden allgemeinen Erscheinungen und den äusseren Verhältnissen, welche auf die Kranken einwirken, verschieden, wornach sich auch die Prognose richtet. Im Allgemeinen sind die Pocken eine sehr ge­fährliche Krankheit und es ist selbst in günstigen Fällen ein Ver­lust von 10—20 Procent der Erkrankten zu besorgen, ganz abgesehen davon, dass viele Thiere verlammen oder für die Folge Kränkler blei­ben. Ein günstigerer Verlauf ist bei früher gesunden, gutgenährten, inländischen oder bereits akklimatisirten Heerden, wenn die Pocken nur in massiger Zahl oder vereinzelt vorkommen , das Allgemeinleiden nur massig ist, bei dem Herrschen heiterer, trockener massig warmer Witte­rung, bei entsprechender diätetischer Fliege und wenn für einen lufti­gen, reinen und geräumigen Aufenthalt Sorge getragen wird, zu erwar­ten. Bei alten, schwächlichen, von früherher kranken Thieren, bei anhaltend kalter oder neblioher, so wie bei feuchtwarmer oder schwüler Witterung, oder sehr intensivem Froste, bei schlechter Nahrung und Fliege, bei dem Ausbruche dicht gedrängt stehender, zusammentliessen-der oder brandiger Pocken ist der Verlauf und Ausgang der Krankheit ein ungünstiger, und es gehen dann nicht selten 30 und mehr Pro-cent einer Heerde zu Grunde. Enges Zusammendrängen pockenkranker Thiere verschlimmert den Charakter der Seuche. Junge, insbesondere Sauglämmer, unterliegen meistens der Krankheit, männliche Thiere wer­den gewöhnlich stärker befallen; trächtige Mutterschafe verwerfen häufig und nicht selten sind die, während der Krankheit der Mutter geworfe­nen oder verworfenen Lämmer gleichfalls von Pocken ergriffen. In .manchen Fällen waren die Nachkommen durchseuchter Schafe in der Folge für die Aufnahme des Pocken-Contagiums unempfänglich.
Ausser dem Verluste, welchen die Seuche durch Todesfälle in einer Heerde veranlasst, ist bei der Schätzung ihres ökonomischen Nachtheiles noch der Verlust, welcher durch das Verkommen der
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Sehafpocken.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 393
Nachzucht und den Abgang an Wollertrag erwächst, in Anschlag zu bringen.
Der Tod tritt entweder durch Blutzersetzung, allgemeine Anämie, Pyämie oder die verschiedenen Complicationen, als: Entzündungen, croupöse Exsudationen, Verschwärungon und brandige Zerstörungen auf der Schleimhaut, der Nasen-, Maul- und Rachenhöhle, Lungenentzün­dung und Oedem, Hyperämien und Follicularentzündungen im Dünn-und Dickdarme, Gelenks- und Beinhautentzündung und Vereiterung der­selben, subeutane Abscesse, Entzündung und Vereiterung der Lymph­drüsen u. s. f. gewöhnlich in verschiedenartiger gegenseitiger Verbindung veranlasst, ein und es sind demnach auch die Ergebnisse der an umge­standenen Thieren vorgenommenen Sectionen verschieden.
sect;. 69. Therapie. Die einmal erfolgte Ansteckung kann nicht ge­tilgt werden; die Mittel, welche die Krankheit nach geschehener In­fection vor dem Ausbruche des Hautausschlages gleichsam abschneiden sollten, haben sich als völlig unwirksam erwiesen. Die Aufgabe der Therapie kann bei den Pocken nur die Durchführung eines sympto­matischen Verfahrens sein und muss auf die Entfernthaltung schäd­licher Einwirkungen, auf ein gehöriges diätetisches Verhalten, bei be­sonders werthvollen Thieren auf die Beschränkung gefahrdrohender Zufälle und auf Berücksichtigung der Complicationen gerichtet sein. Man sorge demnach für einen mehr kühlen als wannen, mit reiner Luft erfüllten Aufenthalt, gute, reine Streu, vermeide jede Erhitzung und Abkühlung der Tliiere, besonders durch Nässe und Regen. Gutgenähr­ten kräftigen Thieren reicht man ein mehr karges und wässeriges Put­ter (Grünfutter, Rüben, zerschnittene Kartoffel), Schwächlingen oder von früherher Kranken eine kräftige Nahrung, (jutartig blätternden Stücken setzt man Leoken aus Kochsalz und Salpeter mit Hafermehl gemengt und mit etwas Schwefelsäure angesäuertes Trinkwasser vor; Thieren, welche wegen bedeutenderer Anschwellung der Lippen oder der Schlingwerkzeuge an der Puttcraufnahme gehindert sind, gibt man Hafer- oder Gerstenschrott mit heissem Wasser abgebrüht, im lauen Zustande oder Mehltränke; bei hartnäckiger Verstopfung können Seifen-klystiere gesetzt werden. Bei den bösartigen Pormen der Pocken sind bittere und erregende Arzneimittel, Wachholderbeeren, Wermuthkraut, Engel- und Baldrianwurzel u. s. f. in Verbindung mit Kampher, jedoch nur bei sehr werthvollen oder solchen Thieren angezeigt, wo noch mit einiger quot;Wahrscheinlichkeit der Eintritt von Besserung erwartet werden darf, während jene Thiere, bei welchen sich schon erschöpfende Ent-
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394nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Sihnfporkeii.
Icerungen, zahlreiche Geschwüre n. s. f. eingestellt Iiabcn, lieber vertilgt und sammt der Haut an einem entlegenen Orte eingescharrt werden sollten. Ucberdiess müssen etwa vorhandene Abscesse gespalten, Ge­schwüre durch öfteres Waschen gereiniget, Nase und Maul mit rei­nem, mit Salz oder durch Essig angesäuertem Wasser gewaschen wer­den u. s. w.
sect;. 70. Eine bei weitem grössere Wichtigkeit als die Therapie er­langen die prophylaetischen und veterinär-polizeilichen, gegen die weitere Verbreitung der Schafpockenseuche gerichteten Massregeln.
Herrscht dieselbe in der Nachbarschaft einer Schafheerde, so sind, wenn sich selbst in dieser eine Spur der Krankheit noch nicht zeigt, alle Kränkler sorgfaltig auszumustern, da sie bei diesen gewöhn­lich einen bösartigen Verlauf nimmt, die Mehrzahl derselben ihr unter­liegt und Fleisch, Wolle, Haut u. s. f., die dermalen noch benutzbar sind, gänzlich verloren gehen. Eine öftere Revision der einzelnen Schafe ist um diese Zeit dringend nothwendig, um sogleich zur Kennt-niss etwaiger Erkrankungsfälle zu gelangen. Der Verkehr mit fremden Schafheerden, Schäfern, Fleischern u. dgl. ist sorgfältig zu vermeiden, neu angekaufte Stücke sind durch drei Wochen abgesondert zu halten, bevor sie zu der alten Heerde gebracht werden. Die Vornahme der Impfung ist unter solchen Umständen dringend angezeigt.
sect;. 71, Ist die Krankheit bereits in einer Heerde selbst ausge­brochen, so ist eine genaue Absonderung der Kranken von den Ge­sunden nothwendig, zu welchem Zwecke man die Thiere aus dem Stalle einzeln herauslässt, um alle jene, bei welchen sich bereits Pocken oder auch nur Nasenaus Kuss, geschwollene Augenlider, ein matter oder lah­mer Gang zeigen, von den noch gesund scheinenden der Art zu tren­nen, dass man die letzteren in andere entfernte Ställe oder im Freien zwischen Hurten, des Nachts aber wenigstens unter einen gedeckten Schuppen bringt. Die Kranken kann man entweder in dem Stalle las­sen , wo sie bisher waren, oder wenn man sie an einen anderen Ort stellt, so muss derselbe doch immer luftig, geräumig und massig kühl sein. Gut ist es, wenn bei dieser Untersuchung alle Kränkler und Schwächlinge, wenn sie auch noch gesund scheinen, von der übrigen Heerde abgesondert werden, da sich bei ihnen gewöhnlich die bösarti­geren Formen der Pocken entwickeln. Wo es der Raum gestattet, kön­nen auch jene Stücke, welche der Krankheil bloss verdächtig erschei­nen, von den Gesunden sowohl als von den Kranken getrennt und in einem sogenannten Contumazstalle untergebracht werden, aus welchem
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Schafpoekennbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 395
sie jedoch sogleich zu entfernen sind, sobald Zeichen der ausgesproche­nen Krankheit auftreten.
Diese Durchsicht der gesunden und verdächtigen Thierc muss öfter u. z. mit der Vorsicht wiederholt werden, dass sie nur von Leu­ten vorgenommen wird, welche mit Blatterkranken nichts zu thun ge­habt haben, um jeder Besorgniss einer Verschleppung des Contagiums zu begegnen. Bei Bewachung der Seuchen- und verdächtigen Ställe sind ebenso strenge Massregeln wie bei der Rinderpest zu beobachten; alle jene Individuen, welche mit Kranken sich abgegeben haben, müs­sen von dem Verkehre mit dem gesunden Theile der Heerde sowohl, als mit Menschen, welche mit ihm zu thun haben, ferne gehalten; auf Fremde, so wie auf Hunde, Hausgeflügel u. s. f. ist sorgfältig Acht zu geben. Stücke, bei denen bösartige l'ocken erscheinen, sind von übrigen Kranken zu entfernen; am gerathensten ist es, sie sogleich zu erschlagen und sammt der völlig wcrthlosen Haut auf einem abgelege­nen Platze zu verscharren. Die noch brauchbaren Häute der gefalle­nen, gleichfalls zu verscharrenden Stücke müssen auf einem wohlver­schlossenen Dachboden oder sonst einem abseitigen Orte wenigstens 14 Tage lang an der Luft aufgehangen bleiben. Der Mist aus dem Krankenstallc ist auf einen abgelegenen Ort zu führen und mit Erde zu bedecken und darf erst nach vollendeter Fäulniss auf die Felder gebracht werden. Das oberhalb des Peststalles aufbewahrte Heu und Streustroh muss, bevor es an andere Hausthiergattungen verfüttert wird, wohl durchlüftet werden. Der Krankenstall ist, bevor er zur Unterbringung noch nicht durchgeseuchten Schafviehes benützt wird, wohl zu reinigen, die Erde des Fussbodens, in so weit sie vom Harne durchnässt ist, auszuheben, mit dem Dünger auszuführen und durch frische zu ersetzen, die Wände sind abzukratzen oder abzuwaschen und mit Kalk zu übertünchen.
sect;. 72. Zur Abhaltung der Ansteckung sollen in Schafhöfen, besonders in solchen, in denen veredelte Zucht betrieben wird, zu jeder Zeit, selbst wenn von dem HeiTschen der Pockenseuche nichts vorlau­tet, gewisse Vorsichtsmassregeln beobachtet werden.
Solche Heerden sind von allen fremden Schafen, besonders dem Stechviehe, entfernt zu halten; ihre Weideplätze sollen von den letzte­ren nie betreten werden und ihre Hunde soll man nicht mit jenen fremder Heerden sich belaufen lassen. Neu angekaufte Thiere sollen 8—14 Tage lang in Contumaz gehalten werden, bevor sie der Heerde zugesellt werden. Fremden, insbesondere Fleischern, Wollaufkäufern
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u. dgl. ist der Eintritt in die Schafställe, das Anfühlen der Schafe, das Scheiteln ihrer Wolle nicht zu gestatten, wenn man nicht versichert ist, dass sie früher mit einer verdächtigen Heerde nicht verkehrt haben. Diese Vorsichtsmassregeln sind natürlich zu verschärfen, wenn die Seuche bereits in der Nähe zum Ausbruche gekommen ist, zu welcher Zeit es auch vortheilhaft ist, den Thieren besseres Futter und häufigere Salzlecken zu geben, damit sie im Falle der Ansteckung die Krankheit leichter überstehen.
sect;.73. Bei einer noch so sorgfaltigen Durchführung der angeführ­ten Sicherungsmassregeln ist jedoch dort, wo die Schafpocken häufiger vorkommen, wegen der grossen Flüchtigkeit des Ansteckungsstoffes ein hinreichender Schutz vor denselben nicht gegeben. Diesen gewährt allein die Impfung, deren Vortheile darin bestehen, dass die durch sie hervorgerufene Krankheit viel gelinder, meist bloss local verläuft, dass sie die dm-chgeseuchten Tliiere vor einer abermaligen Ansteckung durch das Pockencontagium sichert und dass dieser künstlichen Anste­ckung die ganze Heerde gleichzeitig ausgesetzt werden kann, wodurch die Dauer der Seuche, welche sich sonst über viele Wochen hinaus erstrecken würde, um Vieles abgekürzt wird.
In Rücksicht auf die Umstände, unter welchen die Impfung vor­genommen wird und nacli denen sich auch ihre mehr oder weniger günstigen Resultate richten, unterscheidet man sie in die Schutz-, Vor-bauungs- und Xothimpfung.
Die Schutzimpfung besteht darin, dass mau in Gegenden, wo die Schafpocken erfahrungsgemäss häufig vorkommen, alljährlich die Lämmer impft, wenn auch von dem Herrschen der Seuche weit und breit nichts verlautet. Der Verlust ist bei dieser Art der Impfung, zu welcher man eine günstige Jahreszeit (Frühling oder Herbst) und ein entsprechendes Alter der Lämmer von einigen Monaten abwarten kann, ein sehr unbedeutender und nahezu gleich Null. In Gegenden, wo die Pocken nur sehr selten vorkommen oder noch gar nie geherrscht haben, erscheint jedoch die Vornahme der Schutzimpfung in einzelnen Schäfe­reien durchaus nicht gerechtfertiget, da sie wegen der Nothwendigkeit, den Impfstoff das ganze Jahr hindurch durch fortgesetzte Impfungen zu unterhalten, nur die (relegenheit zu Verschleppungen des Contagiums geben würde.
In solchen Gegenden oder dort, wo die Schutzimpfung vernach­lässiget wurde, begnügt man sich mit der Vorbauungsimpfung, welche dann vorgenommen wird, wenn die Pocken schon in der
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äehiitpockeu,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;397
Umgebung herrscheu uud nicht zu erwarten steht, dass die Krankheit durch genaue Separationsmassregeln abgehalten werden kann. Ihre Ee-sultate werden sich jedoch schon als weniger günstig herausstellen, weil unter den obwaltenden Verhältnissen auf den Gesundheitszustand der Heerde, die herrschende Witterung u. s. f. weniger Kücksicht ge­nommen werden kann.
Den wenigst günstigen Erfolg liefert in der Kegel die NothIm­pfung, welche zur Zeit, wenn die Seuche in der Heerde schon aus­gebrochen ist, an den anscheinend noch gesunden Thieren vorgenom­men wird u. z. desshalb, weil viele Stücke möglicher Weise schon vor der Impfung angesteckt worden sein können und bei diesen dann die Krankheit ihren gewöhnlichen Verlauf nimmt. Jedenfalls wird jedoch durch sie die Dauer der Seuche abgekürzt und bei manchen Stücken ein günstigerer Krankhcitsverlauf erzielt.
sect;. 74. Die Impfung besteht der Hauptsache nach darin, dass man mittelst eines geeigneten Instrumentes, der Impfnadel, den Impf­stoff unter die Epidermis einer passenden Körperstelle einführt.
Als Impfstoff bedient man sich heut zu Tage überall der klaren Lymphe einer reifen I'ocke, und hat die Impfung mit Blut, Pockeneiter und Schorfen gänzlich verlassen. Man zieht liiezu Impfpocken, die sich im zehnten bis zwölften Tage nach vorgenommener Impfung befinden, vor; stehen diese jedoch nicht zu Gebote und ist man genöthiget, sich der Lymphe der natürlichen Blattern zu bedienen, so wählt man solche Schafe aus, welche vorher vollkommen gesund waren, nur einen gerin­gen Grad des Allgemeinleidens und wenige, aber gut entwickelte Pocken von regelmässigem Verlaufe zeigen. Um sich in dem letzteren Falle den hinreichenden Impfstoff für eine grossere Anzahl von Schafen zu ver­schaffen , ist aussei- bei der Nothimpfung, wo die grossere zu Gebote stehende Anzahl blätternder Schafe hinlängliche Lymphe bietet, die Vornahme einer sogenannten Vorimpfung nothwendig, wozu man nach der Grosse der Heerde 10 — 12 vollkommen gesunde, kräftige Stücke auswählt und erst mit dem, von diesen gewonnenen Impfstoffe die übri­gen Thiere impft. In Gegenden, wo die Schafpooken sehr häufig vor­kommen, wie in Ungarn, Oesterreich, werden eigene Impfdepots unter­halten, wo das ganze Jahr hindurch die Impfung der Schafpocken an einer beschränkten Zahl von Schafen derart vorgenommen wird, dass nach Bedarf je zwei oder mehrere vollkommen gesunde, kräftige Läm­mer geimpft und die von diesen erhaltene Lymphe theils zur Weiter­impfung auf eine eben so grosso Zahl von Lämmern verwendet, theils
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Schalpoeken.
aber auf eine passende Weise (in kleinen Phiolen, Haarröhrchen, zwischen Glasplatten u. dgl. an einem kühlen dunklen Urte) aufbewahrt wird, um sie nach Erforderniss an Schäfereien behufs der Vornahme der verschie­denen Arten der Impfung abzugeben. Einen solchen, durch viele ge­sunde Generationen durchgeführten Impfstoff, nennt man einen culti-virten und schrieb ihm die Eigenschaft zu, dass sich nach der Impfung mit demselben bloss eine locale Pocke an der Impfstelle entwickle. Die an der hiesigen Impfanstalt gemachten Erfahrungen haben jedoch ge­lehrt , dass auch nach der Impfung mit diesem eultivirten Impfstoffe, wenn gleich in der Pegel bloss eine locale Pocke, doch bisweilen auch eine allgemeine lilatterneruption erfolge und dass im Gegentheile auch die von blätternden Schafen unmittelbar genommene und zweckmässig weiter geimpfte Lymphe meist nur eine örtliche Pocke an der Impf­stelle bedinge. Die sogenannte Cultivirung hat daher eigentlich nicht den Zweck einer Milderung, sondern vielmehr der Eorterhaltung eines geeigneten Impfstoffes, um denselben in Gegenden, welche der Gefahr des Ausbruches der Pocken häufig ausgesetzt sind, abgeben zu können. Schafpoeken - Impfanstalten sollten aus dem oben bei der Schutzim­pfung angegebenen Grunde in der Hegel nicht in Schäfereien einge­richtet werden.
Die geeignetsten Stellen zur Vornahme der Impfung sind die untere, wollenlose Fläche des Schweifes, 2—3 Zoll vom After entfernt, die innere Fläche des Ohres u. z. ungefähr in der Mitte desselben; we­niger entsprechend ist die innere Fläche der Hinterschenkel, wegen der Nähe der Leistendrüsen, wegen der beim Gehen fortwährenden Reibung, der dadurch veranlassten Zerstörung der Pocke und der Mögliehkeil einer hiedurch bedingten weiteren Impfung. Man wählt diese letztere Stelle nur dann, wenn wegen eines kurzen Schweifes oder verstümmel­ter Ohren die Impfung daselbst nicht möglich ist; ganz ungeeignet hiezu sind die innere Fläche der Vorderschenkel, die Aussenfiäche der Hinterschenkel und die untere Bauchgegend.
Die Impfung selbst wird auf die Weise vollzogen, dass man die Haut an der Impfstelle mit den Fingern der einen Hand spannt, während man mit jenen der anderen die mit Impfstoff imprägnirte Impfnadel u. z. mit der Furche nach aufwärts unter die Epidermis ein-und etwa 1 — l'/ij'quot; weit fortführt, sie hierauf umdreht und unter leichtem Andrücken wieder zurückzieht. Zerreisst die Epidermis unter der Nadel, so ist es zweckmässig, den Impfstich zu wiederholen.
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Scliatpuckun.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;3vu
Impft man cine ganze Schafheürde, no lässt man zur Beschleu­nigung des Geschäftes das Schaf mit der Impfpocke neben sich zur rechten Hand legen und festhalten, um die Nadel bequem mit Impf­stoff füllen zu können. Bei der Schweifimpfung lüsst man die Impf­linge durch einen Gehilfen mit dem Kücken auf die zur Impfung be­stimmte Bank derart legen und festhallen, dass der Hintertheil gegen den Impfer und die kahle untere Eläcbe des Schweifes nach oben ge­richtet ist; bei der Impfung am Ohre werden die Impflinge zur linken Seite des Operateurs stehend oder auf dem Hintertheile sitzend und den Vordertheil in die Höhe gerichtet festgehalten. Bei der Im­pfung der Lymphe natürlicher Blattern hat man Sorge zu tragen, dass der Impfling dem blätternden Schafe nicht nahe komme, um die An­steckung auf natürlichem Wege zu vermeiden. So wie ein Stück geimpft ist, wird es sogleich aus dem Stalle an einen reinen, freien Ort oder in einen Schuppen gelassen, um der Einwirkung des flüchtigen Conta-giums nicht weiter ausgesetzt zu sein. Die Impflinge werden von dem nocli nicht geimpften Theile der Heerde abgesondert gebalten, bei gu­tem Wetter auf besonderen, reinen Triften, sonst in gesonderten Ställen oder Schuppen. Aussei- guter Nahrung und Salzlecke bedürfen sie kei­nes anderen Mittels. Am dritten bis fünften Tage nach der Impfung untersucht man die Impfstellen; alle jene Stücke, bei denen sieh eine Haftung nicht zeigt, werden von jenen, bei welchen sie stattfand, entfernt, um sie neuerdings zu impfen.
sect;. 75. Der Verlauf der geimpften Bocke ist folgender. Am dritten bis vierten Tage nach der Impfung, bei kalter Witterung auch etwas später, wird an der Impfstelle ein rother Fleck sichtbar, welcher sich in den folgenden Tagen zu einem dunkelrotben, harten Knötchcn erhebt, von welchem sich später die Oberhaut durch ein unterhalb der­selben ergossenes seröses Exsudat etwas abhebt, wodurch ein Bläschen gebildet wird. Gegen den neunten bis eilften Tag erreicht die Impf­pocke ihre bedeutendste Grosso (am Schweife von '/jj—1quot; und darüber im Durchmesser); sie ist um diese Zeit bläulichweiss oder gelblich ge­färbt und ergiesst bei jedem, in sie gemachten Einstiche eine klare, entweder farblose oder blassröthlich gefärbte, zähe Flüssigkeit, welche zur Weiterimpfung am geeignetsten ist. In diesem Zustande erhält sie sich bei kühlerer Temperatur durch 1 — 2 Tage, zur Sommerszeit oft nur einige Stunden, worauf der Inhalt eiterig wird und zu einem dun­kelbraunen oder schwarzen Schorfe vertrocknet, der sich gewöhnlich zwischen dem zwanzigsten und fünfundzwanzigsten Tage nach der
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Scbafpockeu.
Impfung vou deu Kändern aus loslöst und eine derbe, meist strahlige Narbe zuriicklässt.
Der anatomischen Structur nach stimmt die Impfpocke mit der natürlichen Schafpocke vollkommen überein; sie zeigt im Ganzen dieselbe fächerige Structur wie diese, wodurch es bedingt wird, dass die Impflymphe nur durch wiederholte Einstiche in die reife Pocke entleert werden kann. Das Allgemeinleiden, welches dem Ausbruche der Impfpocke vorausgeht und denselben begleitet, ist meist ein sehr geringes und besteht nur in leichten Fiebererscheinungen. Der Regel nach entsteht bloss an der Impfstelle eine Pocke; bisweilen bleibt sie jedoch unmittelbar an der Impfstelle aus und es entwickeln sich um dieselbe mehrere, dann gewöhnlich kleiner bleibende und den natürlichen an Grosse ähnliche Pocken; in anderen Fällen endlich stellt sich, nachdem sich eine Impfpocke entwickelt hat, ein allgemeiner Ausbruch von Blattern ein, deren Verlauf jedoch in der Hegel milder zu sein pflegt.
Die Annahme, dass dem sogenannten eultivirten Impfstoffe die Fähigkeit, durch die Ausdünstung anzustecken, mangle, ist durch die Erfahrung hinlänglich widerlegt, welche nachgewiesen hat, dass unge-impfte Schafe, welche mit solchen, die mittelst eultivirter Ovine erfolg­reich geimpft worden waren, in einem und demselben Stalle, wenn auch durch Hürden getrennt, sich befanden, von den natürlichen Blattern befallen wurden. (Solche Fälle ereignen sich fast alljährlich an der Impf­anstalt des hiesigen Thierarznei-Institutes.)
Als Gewährszeit für die Schafpocken ist in Oesterreich gesetzt lieh ein Termin von acht Tagen bestimmt.
Die Kulipocken (Variolae vacciuae).
sect;. 76. Sie stellen einen an den Strichen und dem diesen zunächst gelegenen Theile des Euters der Kühe vorkommenden pustulösen Ausschlag dar, welcher meist mit massigem, oft auch ohne alles Fieber verläuft, sich durch Ansteckung auf andere Binder, durch Impfung auch auf andere Hausthiere und den Menschen übertragen lässt, und diese letzteren vor dem Ausbruche der ihnen eigenthümlichen Blattern we­nigstens für eine längere Zeit sichert.
Aetiologie. Die früher allgemein verbreitete Annahme, dass die Kuhpocken durch die Uebertragung der Lymphe aus der (sogenannten Schutz-) Mauke des Pferdes auf das Euter der Kühe durch Vermittlung
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Kuhpockcn.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;401
gemeinschaftlicher Warier entstelle, hat sich ebenso wenig wie jene bewährt, welche als alleinige Quelle der Kuhpocken die Menschenpocke angibt. Es gelingt im Gegentheilc nur schwer und selten, durch Im­pfung dieser letzteren auf das Euter der Kühe einen der Kuhpocke ähnlichen Ausschlag hervorzurufen, so wie auch die llückimpfung des auf den Menschen übertragenen Kuhpockeustoffes (Vaccine) auf Kühe nur schwierig und selten anschlügt. (Versuche, welche wiederholt hierorts angestellt wurden, ergaben dieses, auch an vielen anderen Orten, namentlich in Württemberg constatirte llesultat.) Die Krankheit ent­wickelt sich in den meisten Fällen von selbst (spontan).
Die Anlage zu ihrer Selbstentwicklung kommt allen Eindvieh-racen, jedoch nur dem weiblichen (ieschlechtc zu, nie noch hat mau sie bei männlichen Thieren ursprünglich entstellen gesehen, obwohl sie für die Aufnahme des Contagiums empfänglich sind (z. ii. bei der Im­pfung am Hodensacke). Am häutigsten entwickeln sie sich bei Thieren zwischen vier und sechs Jahren, obwohl auch ältere und jüngere Kühe, selbst Kalbinen, welche noch nie geworfen haben, von der Selbstent-wiekluug nicht frei sind; neumelkende Kühe werden am häufigsten befallen.
Die eigentlichen veranlassenden Ursachen des Ausbruches sind unbekannt; die Lage des Ortes, seine geognostische Beschaffenheit, die klimatischen Verhältnisse haben keinen bemerkbaren Eintluss auf ihr Vorkommen; die Stallfütterung scheint ihrer Entwicklung günstiger als der Weidegang; in manchen Jahrgängen scheinen sie häutiger als gewöhnlich vorzukommen; unter den Jahreszeiten begünstiget vorzüglich das Frühjahr ihr Entstehen, obwohl sie auch in den übrigen beobach­tet werden. Umstände, welche einen vermehrten Blutandrang zum Euter veranlassen (die Zeit des Kalbens und Säugens), Wechsel der Fütterung (Uebergang von der Stallfütterung zum Weidegange), Erhitzen beim Treiben, Veränderung der Lebensweise u. s. f. begünstigen ihren Aus­bruch.
Die einmal entstandene Krankheit ist durch das entwickelte Con-tagium einer weiteren Verbreitung fähig. Am häutigsten geschieht die Verschleppung durch die Melker, welche bisweilen selbst angesteckt werden und an den Fingern, Händen, Armen u. s. f. eine oder mehrere Pocken bekommen, deren Ausbruch öfter von einem leichten Fieber be­gleitet ist, die jedoch immer gefahrlos sind.
Durch diese allmälige Uebertragung von einem Stücke auf andere verzieht sich der Verlauf der Seuche in einem mit vielen Thieren
Riill, Pathol. und Therapie. 11. Aufl.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;26
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Kuhpocken.
besetzten Stulle bisweilen über Monate hinaus. Durch die Impfung des In­haltes reifer Kuhpocken auf anderes .Rindvieh entsteht dieselbe Krank­heit, deren Ausbruch jedoch ohne Fieber stattfindet, und meist bloss eine einzige Pocke hervorruft; die aus dieser gewonnene Lymphe besitzt gleichfalls die Eigenschaft der Impfbarkeit.
sect;. 77. Erscheinungen und Verlauf. Dem Ausbruche des ört­lichen Leidens gehen meistens leichte Fieber er scheinungen, Mangel an Fresslust, verzögertes Wiederkauen, Absatz trockener Excremente, Yerminderuug der Harnsecretion voraus, welche jedoch in anderen Fäl­len auch mangeln oder ihrer Geringfügigkeit wegen übersehen werden. Eine der beständigsten Erscheinungen ist die Verminderung der Menge und Verschlechterung der Beschaffenheit der Milch, welche dünner wird und leichter gerinnt. Das Euter schwillt besonders an den Strichen an und wird gegen das Melken empfindlich. Nach mehreren, gewöhn­lich 3 bis 4 Tagen, erscheinen am Euter, vorzugsweise aber an den Strichen Knötchen von der Grosse einer Linse bis zu der einer Bohne von blassröthlicher Farbe, welche in den nächsten Tagen grosser wer­den und unter deren Epidermis sicli u. z. von der Mitte aus, eine zähe, gelbliche Flüssigkeit ansammelt. Sie erscheinen um diese Zeit in der Mitte gewöhnlich bläulichwciss, am Rande gelblich, röthlich oder blau-röthlich gefärbt, in der Mitte meistens eingezogen (mit einem Kabel oder einer Delle versehen, welcher wahrscheinlich durch den Ausfüh­rungsgang eines Follikels, der die durch das Exsudat emporgehobene Epidermis mit der Lederhaut noch verbindet, hervorgebracht wird) und im Umkreise hart, geschwollen und schmerzhaft, bei Thieren mit heller Haut von einer peripherisehen Kothe (dem sogenannten Hofe) umge­ben. Die Pocken nehmen in den folgenden Tagen an Grosse zu und erlangen am achten bis zehnten Tage der Krankheit ihre höchste Ent­wicklung, wo sie bisweilen bis zur Grosse eines Zehnkreuzerstückes herangewachsen sind, und in vielen Fällen an dem Euter eine circuläre, an den Strichen eine mehr längliche Form zeigen. Nach dieser Zeit wird der Inhalt der Pocke eiterig, es bildet sich vom Mittelpunkte der­selben aus eine Borke, die sich allmälig gegen den Umkreis hin aus­breitet , dick und dunkelbraun oder schwärzlich gefärbt und glänzend erscheint, mit der umgebenden Haut fest verbunden ist, erst nach zehn bis vierzehn Tagen, wenn sie nicht früher durch mechanische Einwir­kung abgerissen wird, abfällt und eine anfangs blauröthliche, allmälig erbleichende, durch längere Zeit sichtbare Narbe der Lcderhaut zurück-lässt. Durch mechanische Verletzung der Pocke (z. B. harte Streu,
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Kuhpoekeu
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rohes Melken u. dgl.) bilden sicli bisweilen aucli schon früher Krüst-chen, neben welchen jedoch die Pocke noch ihr normales, dem Stadium ihrer Entwicklung entsprechendes Anseilen zeigt.
Bei einem und demselben Thiere tindet der Ausliruch der Pocken häufig nicht auf einmal, sondern schubweise statt, so dass sich bis­weilen an den zuerst aufgetretenen bereits Borken entwickelt haben, während andere noch als Knötchen zugegen sind. Oeftor scheint jedoch dieser theilweise verspätete Ausbruch einzelner Pocken einer weiteren Impfung bei dem Melken, welche insbesondere durch vorhandene Eisse oder Sprünge der Epidermis begünstiget wird, zugeschrieben werden zu müssen. Der ganze Verlauf der Krankheit erstreckt sich demnach bis­weilen auf 4—(J Wochen. Am achten bis neunten Tage, um welche Zeit die Pocke ihre grösste Ausbildung erlangt hat, ist der zur Ab­nahme des Impfstoffes geeignetste Zeitpunkt; derselbe lässt sich unter gehöriger Vorsicht (Abhalten der Luft und Wärme) einige Monate lang unverändert aufbewahren, obwohl er getrocknet und wieder auf­geweicht, sich weniger geeignet zur Ueberimpfung auf Mensehen erwie­sen hat, als der flüssige.
Die verschiedene Farbe der Kuhpocken ist durchaus unwe­sentlich und für die sogenannte Echtheit nicht entscheidend. Bei feiner weisser Haut erscheinen sie silber- oder perlmutterglänzend, oder bläu-lichweiss oder schieferarlig glänzend, bei dünner dunkler Haut bleigrau; bei hellgefärbter Haut spielen sie vom Hellrothen in's Blass- oder Fleischrothe, sind jedoch überall metallisch glänzend; auf einer weissen, dicken, runzlichen Haut erlangen sie ein rahmähnliches, glanzloses An­sehen. Wo dalier ein Zweifel über ihre Echtheit erhoben wird, kann nur die llücksichtnahme auf ihren Verlauf und ihre Structur und die Anstellung eines Impfversuches entscheiden.
Die Kuhpocke zeigt eine ähnliche anatomische Structur wie die Schaf-pocke. Auf der Oherfliichc des C'oriuius scheidet sicli ein zu einer gürtelfrirmigen Scheibe erstarrendes Kxsudat ab. Diese Scheibe zeigt in zwei concentrischen Eeihen aneinander gelagerte Hohlräume, in denen eine klare, zähe Flüssigkeit (die sogenannte Lymphe) sich ansammelt, durch welche die Epidermis in die Höhe gedrängt, jedoch durch einen Faden (wahrscheinlich den Ausl'ührungsgang eines Follikels), welcher die Delle bedingt, mit der Lederhaut in Verbindung bleibt. Durch Schmelzen des starren Exsudates und Vermischen mit dem flüssigen wird der Inhalt der Toeke eiterig, der Faden zerreisst, die Pustel spitzt sich zu und erlaugt eine kugelförmige oder halb­kugelige Gestalt. Der Inhalt der l'ustcl fängt an zu vertrocknen und bildet mit der Epidermis die Borke.
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Knhpockon.
I
Die Vorhersage bei den Tviilqooeken ist sehr günstig; sie sind ein ganz gutartiges, gefahrloses Leiden; jedoch veranlagst die, durch den Eieborz 11 stand, die anfangs verminderte Fresslust, den örtlichen Ent­zündungsschmerz verursachte Abnahme der Milchabsonderung einen bis­weilen beträchtlichen Verlust für den Eigenthümer, insbesondere da die abgemolkene Milch wegen ihrer schlechten Beschaffenheit sich zum Ge­nüsse nicht eignet. Das Entstehen bösartiger Geschwüre aus Pocken bei Kühen ist stets von individuellen Verhältnissen des kranken Thieres oder unpassender Behandlung abhängig.
Eine, eigentliche Behandlung pockenkranker Kühe ist wegen der Gutartigkeit des Leidens nicht nothwendig. Man beschränkt sicli auf Beinhalten und schonendes Ausmelken des Euters, welches letztere jedoch nie unterlassen werden darf, um einer Steigerung der Entzün­dung und einer etwa für die Eolge andauernden Verringerung der Milch-secretion zu begegnen.
Da das Contagium der Kuhpocken nur ein fixes ist, so ist die Einleitung besonderer Veterinär-polizeilicher Massregeln nicht erforderlich. Es genügt, die von Bocken befallenen Kühe, welche von den noch gesunden nicht separirt zu werden brauchen, zuletzt zu melken.
sect;. 78. Die sogenannten falschen Kuhpocken sind Euteraus­schläge verschiedener Art, welche bisweilen mit den echten verwechselt werden, sich jedoch bezüglich ihrer Eorm und Structur so wie ihres Verlaufes wesentlich von denselben unterscheiden.
Mau rechnet gewöhnlich hieher:
a)nbsp; Die Spitzpocken. Sie erscheinen entweder für sich allein oder als Beglei­ter der echten Kuhpocken und stellen rothe, hirsekorngrosse Knötehen ohne Hof und Nabel dar, die sich rasch in eine spitze Pustel umwandeln, deren (eiteriger) Inhalt schnell zu Schorfen vertrocknet. Der Verlauf dauert 4 — 0 Tage, die Eruption -wie­derholt sich jedoch häufig, so dass die ganze Dauer sich über mehrere Wochen erstrecken kann. Sie sind durch die angegebenen Merkmale hinlänglich von den echten Pocken unterschieden.
b)nbsp; Die Stein- oder Warzenpocken. Sie stellen linsen-bis haselnussgrosse, harte, unsehmerzhafte, anfangs massig geriitliete Knoten ohne Hof, oder warzeuähnliche Auswüchse in der Haut des Duters dar, die oft Wochen- und monatelang unverändert stehen bleiben und sich ganz allmälig zurückbilden.
c)nbsp; Die Wasser- und Windpocken. Sie treten als rothe Flecken am Euter der Kühe auf, die sich rasch zu erbsen- bis kirsehengrossen Blasen ohne Hof und Nabel erheben, dünnes oder eiteriges Exsudat enthalten, leicht aufplatzen und nach ihrem Vertrocknen dünne, schnell abfallende Krusten hinterlassen. Nicht selten wird der Inhalt rasch resorbirt, und es bleibt dann eine leere Epidermishülle zurück (Wind­pocken). Ihr Verlauf ist in wenigen (5—C Tagen) vollendet.
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Pocken der Ziegen
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IJci herrschender Maul- und Klauenseuche bildet sieh, wie schon früher bemerkt, nicht selten auch ein Bl äse li e na ussehla^ am Euter.
Andere unter den Namen der schwarzen, gelben, bläulichen u. s. f. Euhpocken beschriebene pustulüse Euterausschläge sind noch zu selten beobachtet worden, als dass sich über sie und ihre angebliche Bösartigkeit etwas Bestimmtes an­geben Hesse.
Die Pocken der Ziegen (Variolae caprinae).
sect;. 70. Sie kommen nur ausserordentlich selten u. z. an den Eutem vor, haben die grösste Achnlichkeit mit den Euhpocken und entstehen gleich diesen bei uns auch selbslständig ohne vorherige Ansteckung, entwickeln jedoch während ihres Verlaufes ein C'ontagium. Bezüglich ihrer Prognose und Behandlung gilt das bei den Kuhpocken Bemerkte.
Die Pocken der Schweine (Variolae suillae).
sect;. 80. Sie werden öfter als die, Ziegenpocken beobachtet und ent­wickeln sich vorzugsweise am Kopfe, Halse, der Brust und dem Bauche, dann an der inneren Fläche der Schenkel.
Actiologie. Sie entstehen vorzugsweise bei Ferkeln sclbstständig ohne vorausgegangene Ansteckung, verbreiten sich jedoch durch das entwickelte Contagium auch auf ältere Thiere. Die einmal überstandene Krankheit sichert vor weiterer Ansteckung.
Erscheinungen und Verlauf. Nachdem meist bedeutende Fie­bererscheinungen durch einige Tage angedauert haben, erscheinen an den angegebenen Stellen rothe Flecke, welche sich zu Knötchen erheben, die gegen den sechsten Tag der Krankheit sich mit einem Emphatischen Inhalte füllen. Gegen den neunten bis zehnten Tag ist die Pocke vollkommen entwickelt, ihr Inhalt wird eiterig und vertrock­net zu Krusten, welche nacli mehreren Tagen mit Hinterlassung einer Narbe abfallen. Bei den Pocken dieser Hausthiere kommen dieselben Verschiedenheiten des Verlaufes und der Ausgänge vor, welche, bei den Schafpocken angeführt wurden, so dass man auch hier gut- und bös­artige, zusammenfliessende u. s. w. Pocken unterscheiden kann; wornach sich auch die Prognose in jedem einzelnen Falle richtet.
Behandlung. Sorge für einen reinlichen trockenen Stall, frische Luft, leicht verdauliches Futter. Im Anfange verschafft bisweilen ein Brechmittel Erleichterung, in dem weiteren Verlaufe ist säuerliches oder salziges Getränk (saure Milch, Wasser mit Sauerteig, Salpeter oder Mil-telsalzen), bei den bösartigen Formen der Krankheit die Verabreichung
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Pockon der Hundo
dos Goflilgcls.
erregender Mittel anzuratlien. Die Vorbauung besteht in der Trennung der Kranken von den Gesunden und Verhütung jeder Möglichkeit der Verschleppung des Ansteckungsstoftes. Die hie und da anempfohlene Impfung ist selten mit Vortheil auszuführen.
Uebrigens können Schweine durch Menschenpockenstoff und Men­schen durch das Contagium der Schweinepocken angesteckt werden.
Die Pocken der Hunde (Varlolae caninae).
sect;.81. Eine seltene, vorzugsweise junge, jedoch auch alte Hunde nur einmal im Leben befallende Krankheit, welche meist in Folge epi-zootischcr EinÜüsse, auch, wie behauptet wird, durch Ansteckung von Menschen- und Schafpooken entsteht und ein nur wenig flüchtiges Contagium entwickelt.
Erscheinungen. Die Krankheit beginnt mit sehr erlieblichen Eiebererscheinungen, welche durch 2 — ;j Tage andauern, worauf an den meisten Körperstellen, am seltensten am Rücken und den Seiten-theilen des Rumpfes flohstichähnliche Flecken auftreten, welche sich zu Knötchen und Rläschen erheben, dann sich mit eiterigem Inhalte füllen und zu einer Kruste vertrocknen, nach deren Abfallen haarlose Xarben zurückbleiben. Auch hier unterscheidet man die bei den Schaf-und Schweinepocken angeführten Varietäten. Noch säugende Hunde gehen häufig ein, wo dann nicht selten auch Pocken auf der Schleimhaut der Luftwege und des Xahrungsschlauches angetroffen werden.
Die Behandlung besteht vorzüglich in einem entsprechenden diätetischen Verhalten; ein massig wanner trockener Stall, Erhaltung der Reinlichkeit, frische Luft, leichte Nahrung sind nothwendiges Erfor-derniss. Im Anfange der Krankheit kann ein Brechmittel gute Dienste leisten; im weiteren Verlaufe derselben ist die Therapie bloss eine s3-mptomatische.
Da das Contagium der Hundepocken nur wenig flüchtig ist, so genügt es, die unmittelbare Berührung blätternder Hunde mit gesunden zu verhüten.
Die Pocken des Geflügels.
sect;. 82. Auch bei dem Hausgeflügel wurden Pocken beobachtet, welche besonders an den nicht befiederten Stellen des Körpers und um den Schnabel herum vorkommen, sich jedoch auch bis in den Schlund hinein erstrecken, und bisweilen eine grosse Sterblichkeit
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Sioehkrankheiten.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 407
veranlassen sollen. Absonderimg der Kranken von den Gesunden, Sorge für einen reinen Stall und frisches Getränke, Aetznng der Pusteln, Spaltung- sich bildender Abscesse (bei Gänsen) wären in solchen Füllen nothwendig.
Anmerkung. Bio Masern, ein mit katarrhalischen Zuständen verlmudencr, lieberhafter Fieckenaussclilag, wurden bisher nur selten bei Schafen und Schweinen beobachtet.
Der von einigen englischen Thierävzten unter dem Kamen Schart ach fieber beschriebene Kraukheitszustand des Pferdes scheint dem typhösen Processe beizuzäh­len zu sein.
III. Abschnitt.
Siechkrankheiten (Cachexiae).
sect;. 83. Man versteht hierunter Krankheiten, welche sich durch einen scblechteii Ernährungszustand des ganzen Thierkörpers auszeich­nen. Sie können sich bei allen Hansthieren als Folgen der verschie­denartigsten örtlichen, acuten oder chronischen Störungen oder auch ohne diese durch fortgesetzte Verabreichung ungenügender, schlechter oder verdorbener Xahruugsmitlel, durch den längeren oder unpassenden Gebrauch gewisser, insbesondere metallischer oder mineralischer Arznei­mittel, durch Mangel an Luft und licht, durch anhaltende Einwirkung feuchter Kälte oder gewisser, ihrem Wesen nach unbekannter Verun­reinigungen der Luft (Miasmen) entwickeln. Unter den örtlichen Leiden sind es insbesondere chronische Erkrankungen der Lungen, der Leber und der Milz, Klappenfehler des Herzens, Follicularverschwärun-gen im Darme, chronische Katarrhe desselben und des Magens; unter den pathologischen l'rocessen vorzugsweise die Tuberculose, aus­gebreitete Krebsbildungen , Verschwärungsprooesse, umfangreiche Eite­rungen u. s. w., welche ein Siechthum bedingen. Dem Angeführten zu Folge hat man daher unter Cachexie nicht eine bestimmte Form der Erkrankung, sondern eine, durch die verschiedensten Einwirkungen sich entwickelnde ungenügende Ernährung, die sich durch schlechtes Aus­sehen der Thiere zu erkennen gibt, zu verstehen.
Ein oachectisches Thier bietet im Allgemeinen folgende Erschei­nungen:
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SiecbkvankUoUoD!
Die (nicht pigmoiilirtc) Haut ist bleich, fahl oder missfärbig, wölk oder spröde, bisweilen mit vielen Epidermisscbappen bedeckt, odor öde-matös, Haai oder Wolle sind glanzlos, leielit ausfallend oder wenigstens nicht fest haftend, alle Weiohtheile sind welk, der Körper abgema­gert, die Augen glanzlos, matt, die Bindehaut bleich, die Sehleim­häute blass, aufgelockert, mit vielem Schleime, der aus der Xaso liäufig austiicsst, bedeckt; die Verdauung geschwächt, meist Durchfall oder doch weichere Eutleej'imgcn zugegen, die Bewegung malt, der (rang oft schwankend, grosso Kraftlosigkeit und Hinfälligkeit, Neigung zu serösen Durchsclnvilzimgen bei den geringsten Veranlassungen. Diese Sym­ptome können in den verschiedensten Graden zugegen sein und werden durch die, meist als Ursache vorhandenen örtlichen Störungen mannigfach modificirt. Xach der Verschiedenheit dieser und der Möglichkeit, die dem Siechthume überhaupt zu Grunde liegenden Ursachen abzuhalten oder zu mindern, richtet sich die Prognose.
Die Therapie ist vorwaltend eine causale. Mit der Entfernung der sie bedingenden Ursachen ist auch die Wahrscheinlichkeit der all-mäligen Hebung der Cachexie gegeben. Dort, wo die veranlassenden Ursachen unbekannt oder nicht zu beseitigen sind, ist wenigstens durch kräftige Nahrung, entsprechende Bewegung, überhaupt durch ein pas­sendes diätetisches Verfahren, dann durch die Verabreichung bitterer und aromatischer Arzneien, der Eisenpräparate u. dgl. die Herbeiführung einer Besserung zu versuchen, wenn es nicht vielmehr im ökonomischen Interesse liegt, schlachtbarc Thiere lieber der Schlachtbank zu überlie­fern, Pferde und Hunde aber zu vertilgen, als Zeit und Geld durch Heiiversuche zu verschwenden.
Da von jenen Krankheitsprocessen, welche ein Siechthum bedingen, theils schon im allgemeinen Theile (hei Tubereulose, Krebs, Wassersucht u. s. wr.) die Hede war, theils später (bei den Krankheiten der Athmungs-, Verdauungs-, Kreislaufsorgune u. s. f.) gesprochen werden wird, so mögen hier nur die nachfolgenden Siechkrank­heiten Platz finden.
Die Knochenbrüchigkeit (Cachexia ossifraga, Osteomalacia).
sect;. 84. Synon. Markflüssigkeit, Beinweichc, Knochenkrank­heit, Eackseuche. Man versteht liierunter eine bald sporadische, bald enzootische Siechkrankheit des Rindes (angeblich auch der Zie­gen), welche sich durch eine besondere Mürbigkeit und Weichheit der Knochen und Xeigung derselben zum Brechen und Ausweichen aus ihren Verbindungen charakterisirt.
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KnocbenbrUchlgkeit.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;400
Solche Knochen sind specifisch leichter, mürbe, leicht zerdrück­bar und mit dem Messer zu schneiden, ihre Gelenkflächen rauh, porös, das Knochenmark dünnflüssig, schmutziggelb'; die chemische Analyse weist in denselben eine bedeutende Abnahme der anorganischen Bestand-theile, besonders des phosphorsauren Kalkes und der phosphorsauren Magnesia und ein relativ bedeutend überwiegendes Vorhandensein der organischen IJestandtheile nach.
Aetiologie. Eine besondere Anlage zur Entwicklung dieser Krankheit haben junge Hinder, dann trächtige und Milchkühe, viel seltener werden Arbeitskühe und Ochsen betallen; meist betrifft sie schlechter genährte oder lierabgekommene Tliierc. Die Gelegen­heitsursachen liegen entweder in Umständen, welche chic vermehrte Ausfuhr der anorganischen Knochenbestandtheile veranlassen, oder in verminderter Zufuhr der Phosphate durch die Nahrungsmittel.
Das Erstere findet statt bei vermehrter (vielleicht Milch-) Säure­bildung im Magen, wodurch die Lösung der phosphorsauren Salze und ihre Ausführung durch den Harn begünstiget wird, ein Umstand, wel­cher durch die Fütterung mit gewissen, sogleich zu erwähnenden Nah­rungsmitteln herbeigeführt wird, bei übermässiger Milchproduction, durch welche gleichfalls phosphorsaurer Kalk und Magnesia ausgeführt werden, bei der Trächtigkeit, durch die Ernährung des Fötus, sobald die Mütter schlecht genährt und gehalten werden. In den meisten Fällen jedoch sind proteinarme oder die Säurebildung begünstigende Futterstoffe die Veranlassung zu dieser Krankheit. Hieher gehören insbesondere die im Uebermasse gefütterten Knollen- und lliibenge-wächse, besonders im gekochten oder angesäuerten Zustande, die auf sumpfigen, moorigen oder schlammigen Wiesen wachsenden, sogenannten sauren Gräser, schlechtes, verdorbenes, verschlammtes, saftloses Futter überhaupt, sei es auf der Weide oder im Stalle genossen. Am häufig­sten wurde die Krankheit nach einem trockenen Sommer und nassen Herbste, deren Folge ein unvollkommenes Gedeihen der Futterpflanzen oder Futtermangel ist, beobachtet. In Gegenden, wo die erwähnten Füt-teiningsverhältnisse einheimisch sind, ist die Knochenbrüchigkeit ein enzootisches Leiden, dessen Entstehen durch Aufenthalt in dunsti­gen unreinen Stallungen, Mangel an Bewegung in freier Luft begünsti­get wird. Sie entwickelt sich nur allmälig und kann anfangs mit anderen Siechkrankheiten, auch mit der Leck sucht, in deren Gefolge sie häufig auftritt, verwechselt werden; erst dann, wenn bei mehreren
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Knochonbrüchigkeit.
Thicrcn ohne hinreichende G-elegenheitsurgaohe Knocheubrüche erfolgt sind, kann ihre Diagnoso mit Sicherheit gestellt werden.
Erscheinungen. Die Tlüere magern nicht selten unter Vorhan­densein der Symptome der Lecksncht ab, ihr Haar ist glanzlos, spröde, die Fresslust meist unverändert, sogar sehr rege, die Milchabsonderung nicht vermindert. Es stellt sich Steitigkeit und Schmcrzhaftigkeit einer oder mehrerer Extremitäten oder des Hintertheiles ein, die Thiere trip­peln hin und her, gehen nur vorsichtig und mühsam, liegen viel und erheben sich nur beschwerlich auf die Füssc; beim Gange zeigt sich bisweilen ein Knacken in den Gelenken. Xach einiger Zeit nimmt die Abmagerung überhand, die Fresslust verliert sich, das Wiederkauen wird unregelmässig und alle Erscheinungen einer Cachexie treten ein. Um diese Zeit erfolgen dann häufig ohne besondere Veranlassungen beim Niederlegen oder Aufstehen, während des Gehens u. dgi. Brüche eines oder mehrerer Knochen, oder Abweichungen der Beckenknochen und ihrer Verbindungen; dieses letztere insbesondere während des Ge­burtsgeschäftes. Solche Brüche veranlassen den Kranken nie besondere Schmerzen und es stellen sich auch nicht jene Entzündungserscheinun-gen an denselben ein, welche bei gewöhnlichen Knochenbrücheu auf­treten, wesshalb dieselben auch (wenn sie z. B. an den Hippen, dem Becken erfolgen) häufig übersehen werden.
Die Dauer der Krankheit erstreckt sich über Monate hinaus. Werden die Thiere nicht früher geschlachtet, so gehen sie an Abzehrung zu Grunde. Ein Verwerfen wird trotz des schlechten Ernährungszustan­des der Mütter nur sein- selten beobachtet, meist kommt das Junge wohlgenährt und kräftig zur Welt.
Die Sectionsergebnisse sind nach der Entwicklung der Krank­heit verschieden. Bei unigestandenen Thieren findet sich der nach cachectischen Krankheiten gewöhnliche Befund, allgemeine Anämie, seröse Ergüsse in die Körperhöhlen und in das Bindegewebe, Infiltration der Gekrösdrüsen, bisweilen Lnngentuberkel. Die Knochen zeigen die oben erwähnte Beschaffenheit, an den Bruchstellen und ihrer Umgebung keine Merkmale der Entzündung.
Die Prognose ist im Beginne und selbst bei vorgeschrittener Krankheit, sobald nur noch keine Knochenbrüche eingetreten sind, nicht ungünstig, vorausgesetzt, dass die diätetischen Verhältnisse gänzlich ge­ändert werden können, sonst jedoch absolut ungünstig.
Die Behandlung ist vorzugsweise eine causale. Ohne gute diäte­tische Pflege, Sorge für reine Luft, reinliche Stallungen, öftere Bewegung
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Knochomveichp.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;-Ill
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im Freien, für gute, kräftige Nahrung ist an eine Heilung nicht zu denken. Sie allein genügen jedoch meist auch ohne die Anwendung eigentlicher Arzneimittel, unter welchen sich die bitteren und aroma­tisch bitteren in Verbindung mit säurebindenden Stoffen (Kreide, Pott­asche u. s. w.) und Kochsalz am meisten empfehlen. Sind einmal Knochenbrüchc eingetreten, so ist die Schlachtung der Thiere das öko­nomisch Yortheilhafteste.
Ans dem Angeführten ergibt sich auch die Prophylaxis.
Sie Knochenweiche (Rhachitis).
sect;. 85. Man begreift mit diesem Namen eine, bloss junge Thiere, besonders Fohlen, Lämmer, Schweine und Hunde befallende Krankheit der Knochen, welche sich durch Anschwellung und Weichheit, beson­ders der Enden der Köhrenknochcn, und bisweilen Yerkrlimmungen derselben zu erkennen gibt. Sie ist in Nichtablagerung der Kalksalze in die sich entwickelnden Knochen begründet; diese nehmen wohl durch neue Schichtenbildung auf die gewöhnliche Weise an Grosse zu, ohne dass jedoch eine Ablagerung von Knochenerde zwischen die Knochen-körperchen erfolgen würde, während durch Resorption die inneren Schichten auf die gewöhnliche Weise verschwinden und die Markhöhle sich vergrössert. Solche weiche Knochen sind oft nicht im Stande, das Körpergewicht des Thieres zu tragen und verkrümmen daher. Sie erscheinen besonders an den Gelenksendcn plump und dick, sind im frischen Zustande elastisch, biegsam und mit dem Messer leicht zu schneiden; ihre Markhöhle ist weit. Am häufigsten betrifft dieser Pro­cess die Knochen der Extremitäten, besonders die Schienbeine, die Fessel- und Kronenbeine, er kommt jedoch auch an den Knochen des Rumpfes, an den Rippen, dem Peckcn und den Wirbeln vor. Thiere, die an dieser Krankheit leiden, zeigen gewöhnlich auch die Erschei­nungen einer Cachexie.
Die Ursachen liegen entweder in einer zu geringen Zufuhr von Kalksalzen, wie diess bei schlechter Fütterung, bei mangelhaft beschaffener Muttermilch der Fall ist (bei wilden Fleischfressern, jungen Löwen, Geppards wurde die Entstehung dieser Krankheit beobachtet, nachdem ihnen nur gänzlich cntknoclites Fleisch gegeben worden war), oder darin, dass die aufgenommenen Knochensalzc ungelöst durch den Darm wieder abgehen, oder nachdem sie gelöst worden sind, wieder durch
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41 ^jnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;MetaUverglftangen.
den Harn ausgeschieden werden. Eisweilen tritt Heilung meist mit bleibender Verunstaltung und nicht selten mit bedeutender Dichtia;kcits-zunahme der Enoclien ein; lüiulig gehen die Tliierc an Abzehrung zu Grunde.
Für die Behandlung eignen sieh, nehst der Aenderung der Füt­terungsverhältnisse, welche auch hier die hauptsächlichste Rolle spielt, vorzugsweise die bitteren und aromatischen Pflanzen nebst säuretilgen­den Mitteln, für Füanzenamp;esser in Verbindung mit Kochsalz; äusser-licli können kalte Umschlage oder Waschungen, das Anlegen fester Ver­bünde um die kranken (Jclenke, tlüchlige Einreibungen versucht werden.
Siechkrankheiten durch Metallvergiftungen.
sect;. 8fi. We kommen bei den Hausthieren im Ganzen selten vor. In der Nähe von Blei- und Arsenikwerken, bleihaltigen Silber­und arsenikhältigen Kupfer- oder Zinkwerken, wo sich die Dämpfe der Hütten auf den Boden und die ihn bedeckenden Pflanzen niederschlagen und durch llegongüsse auch den lliessenden Wässern zugeführt werden, treten Vergiftungen durch diese Substanzen bei allen, diesen Schädlichkeiten ausgesetzten Hausthieren, sogar enzootisch auf.
Bei Thieren, welche durch längere Zeit hindurch auf die angege­bene Weise Blei in kleineren Mengen auf der Weide und im Wasser zu sich genommen haben u. z. am stärksten bei Rindern und dem Hausgeflügel, weniger bei Schweinen und am seltensten bei Pfer­den, Schafen und Ziegen, stellen sich die Erscheinungen einer chro­nischen Bleivergiftung ein u. z. anfangs Verminderung, später voll­kommenes Aufhören der Fresslust, Unordnung, später Aufhören des Wiederkauens, Absatz breiiger oder trockener Excremente, in der Folge Verzögerung oder gänzliches Aufhören des Mistabsatzes, Verminderung oder Unterdrückung der Harn- und Milchabsonderung, Abnahme der Körpertemperatur, beschleunigtes, von krampfhaften Zuckungen der Re­spirationsmuskel begleitetes Athmen, Beschleunigung des Pulses, welcher zugleich klein und hart wird und zuletzt beinahe verschwindet; Auf­krümmen des Rückens, Steifigkeit der Gliedmassen, bei Rindern kauende Bewegungen mit Schaumbildung vor dem Maule oder Speichelüuss, zuweilen Anfalle von Raserei und Verlust des Sehvermögens. Die Thiere magern bedeutend ab, weibliche werden häufig unfruchtbar. (Diese von C. J. Fuchs beschriebene Krankheit wird in der preussischen
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Melallvergifumgen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;413
Bheinproviuz Haukrankhoit genannt.) Die Krankheit endet gewöhn­lich mit dem Tode; die bei passender Behandlung eintretende Genesung erfolgt nur sehr langsam.
Die Section ergibt Hyperämie dos Gehirnes und der Lungen, Anämie der Organe der Bauchhöhle, Verengerung des Dünndarmes.
Die Behandlung besteht im Beginne des Leidens in einem Ader­lasse, in der häufigen Anwendung eröffnender Klystiere und dem inner­lichen Gebrauche des Glaubersalzes in grösseren Gaben, in Leinsamen­abkochung gelöst. Auch in den vorgerückteren Stadien der Krankheit erwies sich dieses Verfahren zweckentsprechend. Dass das mit Blei verunreinigte Futter und Getränke zu entziehen sei, ist selbstverständ­lich; statt desselben verabreicht man bei noch bestehender Fresslust Schrott- oder Kleientränke.
Die chronische Vergiftung durch arsenige Säure tritt leich­ter bei Eindvieh und Schafen als bei Pferden auf. In den bekannt gewordenen Fällen wurden neben den Erscheinungen einer Siechkrank­heit Anschwellung und Steifigkeit der Gelenke beobachtet. Die Entfer­nung der ursächlichen Schädlichkeiten ist Hauptbedingung der Heilung.
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II. Abtheilimg.
Krankheiten des Nervensystems.
I
sect;. 1. Selbst st ändip;e Erkrankungen dos Nervensystems sind bei den Haustbieren im Vcrbaltnisse seltener, als örtlicbc Kranklieitcn anderer Organe; sie geben sieb aber durch zahlrciehere und mannig­faltigere Erscheinungen als diese zu erkennen, während sieb trotz die­sem lleicbthume an Symptomen in der Kegel nur wenige und bäufig niobt constantc anatomische Veränderungen nachweisen lassen. Als sym-pathi sebe und Folgcleiden gesellen sie sich zu den verschiedensten allgemeinen und örtlichen Störungen, entweder als eine zufällige oder eine nahezu gesetzmässige Complication.
Wenn auch in den meisten Fällen die Erkrankungen des Nerven­systems sich auf Störungen in bestimmten Partien desselben zurückfüh­ren lassen, so gilt diess doch nur für die gröbsten anatomischen Ab­schnitte desselben, Gehirn, Bückenmark und peripherisebes Nervensystem, und selbst dann bleibt es nicht selten zweifelhaft, welcher Abt heil ung eine bestimmte Krankheitsform vorzugsweise angehört.
l)ie Anlage zu Nervenkrankheiten kommt unter den Haustbieren vorzugsweise den Hunden, Pferden und Schafen zu, sie ist häufig angeerbt oder angeboren. Hie äusseren Einwirkungen, welche Er­krankungen des Nervensystems hervorzurufen vermögen, unterscheiden sich nicht von jenen, welche örtliche Störungen anderer Organe veran­lassen können; der Eintiuss der Imponderabilien jedoch ist hier auffallender und unverkennbarer als anderswo. Nicht minder haben gewisse, in das Blut aufgenommene Substanzen, wie Contagion, Mias­men, tbicrische Gifte (Milzbrandgift), narkotische, weingeistige.
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Krankheiten des Nervensystems.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;41 ö
metallische Stoffe, dann manche Anomalien der Blutbcschaf-fenheit und gewisse constitutionelle Erkrankungen eine directe Beziehung zum Nervcnsyslemc.
Die Krankheiten der Nervensubstanz sind entweder primäre, d. h. sie beginnen in dieser selbst, oder seeundäre, d. h. die Nerven-substanz wird erst in Folge der Erkrankung ihrer Umgebung, beson­ders ihrer Hüllen ergriffen und es ist in der Praxis ganz unausführbar, die Krankheiten beider von einander zu 1 rennen und abgesondert zu betrachten. Zahlreiche Formen der Erkrankung sind als functionelle Störungen anzuseilen, da ihnen, wenngleich das Vorhandensein einer Nutritionsanomalie der Nerveusubstanz mit Grund zu vermuthen ist, doch entweder keine nachweisbare oder wenigstens nur eine, zur Er­klärung der Symptome nicht hinreichende anatomische Veränderung zu Grunde liegt; in anderen Fällen sind jedoch die, auch anderswo auftre­tenden pathologischen Processe, insbesondere die örtliche Blutfülle und die Anämie, die Blutung, die Entzündung und andere Ernährungs­störungen zugegen; häufig bildet sich erst bei längerer Andaner einer functionellen Störung eine anatomische aus.
Die Erscheinungen der Nervenkrankheiten sind vorzugsweise functionelle und lassen sich auf die Formen der Reizung und Schwäche (s. diese im allgem. Titeile) zurückfuhren; sie machen nicht selten deut­liche Nachlässe, so dass die Thiere dann anscheinend gesund sind, obwohl dabei dennoch anatomische Veränderungen ganz wohl fortbe­stehen können.
Ihr Verlauf ist verschieden; bei einzelnen (z. B. der Hundswulh, dem Starrkrämpfe) ein sehr aculer, bei anderen u. z. der Mehrzahl ein langwieriger; manche hinterlassen nach ihrer entweder vollkomme­nen oder scheinbaren Heilung gerne die Neigung zu Bückfällen.
Bei der Behandlung der Nervenkrankheiten, welche von jener anderer Localleiden nicht abweicht und stets dem etwa auszumittelnden Krankheitsproeesse angepasst werden muss, erfordern insbesondere drin­gende Symptome eine umsichtige Berücksichtigung.
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I. Abschnitt.
Krankheiten des Gehirnes und seiner Hüllen.
sect;. 2. Diese Krankheiton kommen wohl bei allen Thiergattun-gen vor; sie befallen jedoch am häufigsten Schafe, Hunde und Pferde u. z. insbesondere zarter organisirte und verweichlichte Thiere; sie sind nicht selten vererblich, so dass die Nachkommenschaft ge­hirnkranker Eltern an derselben oder einer verschiedenen Erkranknngs-form leidet wie diese; jüngeren und weiblichen Thiercn scheint eine entschiedenere Anlage zu ihnen zuzukommen, als männlichen und älteren.
Unter den äusseren Schädlichkeiten sind insbesondere liöliere Grade der Sonnenhitze, warmer dunstiger Stallaufenthalt, anhaltende und intensive Kälte, Reizung der Sinnesorgane und des Kreislaufes, die Einführung Weingeist- und ätherhaltiger, so wie narkotischer Sub­stanzen in das Blut, dann contagiüse und miasmatische Eintiüsse, end­lich mechanische Einwirkungen auf den Schädel und das von ihm ein­geschlossene Gehirn — im Stande, Erkrankungen desselben herbeizu­führen.
Manche Leiden des Gehirnes werden durch gewisse Zustände des Gehirnes selbst begründet. Hieher gehören die Hyperämien des Gehirnes sammt ihren Folgen, welche durch gehinderten Rückfiuss des Blutes aus demselben in Folge unpassender Arbeitsgeschirre sicli ent­wickeln, die Ausbreitung bestehender Krankheiten einzelner Hirnab-schnittc auf die angrenzenden, das Uebergreifen von Krankheitsprocessen der Gehirnhäute auf das Gehirn selbst und die Beeinträchtigung seiner Function durch Druck, seröse Durchfeuohtung u. s. w., die Krankheiten, welche durch Veränderungen der im Gehirne verlaufenden Gefässe her­vorgerufen werden, endlich auch die Abnormitäten der Schädelknochen)
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Uohirnkr.-utkhuitoii.
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welche entweder auf das unterliegende Organ drücken oder dasselbe gegen äussere Einwirkungen weniger schätzen.
Ebenso können gewisse Erkrankungen anderer Organe zu einer Mitleidenschaft oder zu einer wirklichen Erkrankung des Gehir­nes führen, ohne dass sich der Zusammenhang zwischen beiden jedes Mal erklären liesse. Hielier gehören manche Krankheiton des Rücken­markes und der periphorischen Nerven, des Herzens und der Gcfasse clironischer und acuter Art, der Athmungs- und Verdauungs-, endlich der Geschlechtsorgane (z. B. bei sogenanntem Samen-, Mutterkoller).
sect;. 3. Die im Gehirne auftretenden pathologischen Proeesse werden später im Besonderen angeführt werden; sie stellen sich ent­weder plötzlich oder doch rasch ein, oder sie entwickeln sich langsam und allmälig und geben sich in diesem Falle häufig erst dann durch Symptome zu erkennen, wenn sie eine gewisse Höhe erreicht haben. Diese Krankheitserscheinungen sind häufig der Art, dass sich aus ihnen wohl auf eine Erkrankung des Gehirnes überhaupt, nicht aber auf eine bestimmte Form derselben schliessen lässt; oft lässt sich nur indirect aus ihnen ein Schluss auf das Vorhandensein einer Gehirnkrankheit überhaupt ziehen. Sie sprechen sich vorzugsweise als Störungen der Gehirnfunction, als Steigerung oder Herabsetzung der Empfindlich­keit der Sinnesorgane, insbesondere des Gesichts- und Gehörsinnes, als Aeusserungcn der Empfindung von Scheinbewegungen (beim sogenannten Schwindel), als Abweichungen der Vorstellungen (bei der Stätigkeit und Scheue), des Willens, oder der durch das Gehirn vermittelten Bewe­gungen u. z. sowohl in den Formen dor Beizung (als Krämpfe der ver-sebiedensten Art), als in jenen der Schwäche und Lähmung aus. Zu vorhandenen Gehirnkrankheiten gesellen sich auch häutig Störungen in anderen Organen. So beobachtet man nicht selten in ihrem Ge­folge den Eintritt vom Bückenmarke abhängiger Beiicxzufällc (Zusam­menschrecken des ganzen Körpers bei leichten und geringfügigen Sin­neseindrücken), sehr bedeutender Beschleunigung oder auffallender Vcr-langsamung des Kreislaufes, das Auftreten von Krankheiten der Athmungsorgane, besonders von Lungenentzündung und Lungenbrand, pathologischer Proeesse im Darmcauale (hartnäckige Verstopfung bei Dummkoller in Folge des lähmungsartigen Zustandes der Darmmuscu-lalur, oder kaum zu stillende Durchfälle wegen ausgebreiteter Yerschwä-rung der Dickdarmschleimhaut), von Steigerung oder Herabsetzung des Geschlechtstriebes, ein rasches Sinken der Ernährung u. dgl. m.
R8U, rathol. und Therapie. II. Aufl.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 27
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Ucblrnkraukbcitcn.
sect;. 4. Dei- Verlauf der Hirnkrankheiten ist entweder ein sehr stürmischer, häufig' rasch zum Tode führender, oder ein acuter, oder endlich u. z. häufig ein chronischer, bald mit allmäliger und stetiger Steigerung und bisweilen eben solcher Abnahme der Erschei­nungen, bald mit Andaucr derselben in gleicher und unveränderter .Stärke, bald mit zeitweiligen Nachlässen und Steigerungen der Sym­ptome, in welchem Falle dann bisweilen die Kranken durch einige Zeit nahezu oder völlig gesund erscheinen, jedoch nach unbestimmten Inter­vallen wieder von derselben Symptomengruppe befallen werden. Eine anatomische Veränderung des Gehirnes kann sogar schon eine bedeu­tende Höhe erreicht haben, ohne sich noch durch Erscheinungen zu erkennen zu geben und der Eintritt dieser wird dann nicht selten erst für den Beginn einer in der Wirklichkeit schon seit Langem bestande­nen Erkrankung angesehen.
Die Ausgänge der Gehirnkrankheiten sind in vollständige Genesung, welche jedoch in der Hegel nur bei kurz dauernden und leichteren Fällen, die dann meist eine Geneigtheit zu wiederholten Er­krankungen zurücklassen, erfolgt, in unvollständige Genesung mit scheinbarer Besserung, in andere Krankheiten und in den Tod, der sich nicht selten als Folge hinzugetretener Krankheiten anderer Organe einstellt.
sect;. 5. Ucber die Behandlung der Gehirnkrankheiten lässt sich nur wenig allgemein Giltiges anführen. Bei plötzlichem Auftreten derselben oder bei bedeutenden Verschlimmerungen bereits vorhandener Gehirnleiden nimmt oft die Lebensanzeige die erste Berücksichtigung in Anspruch und erst, wenn die gefahrdrohendsten Erscheinungen beseitiget sind, kann gegen den eigentlichen Krankheitszustand gewirkt werden. Acute Krankheiten des Gehirnes sind wohl nach den gewöhnlichen He­geln der Therapie zu behandeln, jedoch ist ein energisches Handeln hier durchaus am Platze, um länger andauernden Functionsstörungen oder tieferen anatomischen Veränderungen so früh als möglich zu be­gegnen.
Bei chronischen Gehirnkranklieiten ist das Kesultat einer Behandlung gewöhnlich ein zweifelhaftes und man muss in vielen Fäl­len zufrieden sein, wenn der Zustand sich insoweit bessert und die gefahrdrohendsten Symptome derart beschwichtiget worden können, dass die kranken Thiere wenigstens für gewisse Zwecke geeignet bleiben.
Bie Anzeige aus den Ursachen erfordert nicht bloss die Ent­fernung aller jener Momente, welche die Krankheit hervorgerufen haben,
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Gchinikrankhi'iten.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;4:19
sondern auuli jener, welche sie zu unterhalten und zu steigern im Stande sind. Für Thicre, welche an (Jeliirnkranklieiten leiden, ist in der Kegel ein verdunkelter, kühler, geräuschloser Aufenthalt, Fernhaltung aller Umstände, welche die Circulation im Gehirne zu stören vermögen, Ver­meidung anstrengender oder erhitzender Bewegung, schwer verdau­licher oder grosser Mengen von Nahrungsmitteln u. dgl. nothwendig. Die Behandlung nach dem Wesen der Krankheit ist hei richtig ge­stellter Diagnose eine verschiedene. Sie hat den Zweck, bald den Blut­gehalt im Gehirne durch örtliche oder allgemeine Blutcntleerungen, Anwendung der Kälte auf den Schädel, durch revellirende Hautreize, durch die Yerabreichung stärker wirkender Purgirmittel, durch Ent­ziehung des Futters zu vermindern, bald nach Verschiedenheit des Kraukhcitsprocesses durch Salze, Säuren, narkotische Mittel, Brechwein­steinpräparate u. dgl. die gesteigerte Functionirung herabzu­setzen, bald durch Reizmittel (weingeistige Mittel, Kampher, kalte Begiessungcn u. dgl.) bei Schwäche- und Lähmungszuständen erregend zu wirken, bald die Rücksaugung ergossener Krankheitsproductc auf eine passende Weise einzuleiten.
Eine grosse Holle bei der Cur der Gehirnkrankheiten spielt die symptomatische Behandlung aus dem Grunde, weil einerseits die sichere Diagnose des eben vorhandenen pathologischen Zustandes häufig sehr schwierig ist, andererseits aber die Herstellung der Gesundheit durch die Beseitigung der dringendsten Symptome häufig erleichtert oder ermöglichet wird. Sie wird daher bald vorhandenen Schmerzen zu begegnen, bald Krampfzustände zu beseitigen, bald dem Schwäche- und Lähmungszustande auf die schon früher angeführte Weise entgegenzu­wirken haben.
I. Kraukheitsformen ohne beständige oder nachweisbare Veränderungen (functionelle Störungen).
A. lleiztmijsformpii. Die Wuihkrankhelt (Rallies, Bydrophobia). sect;. G. Die Wuthkrankheit (Tollwuth, Hundswuth, Wasser­scheue) ist eine, sich ursprünglich nur bei dem Hunde gesch lee lit e (Hund, Wolf, Fuchs) und angeblich bei dcrKatzc entwickelnde, aber durch Ansteckung auf alle unsere Hausthierc übergehende, sehr schnell verlau­fende und immer tödtliche Krankheit, welche sich durch die vorwaltende
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Wulli.
Störung dos Bewusstseins und Insünutcs, die zahreichen aervösen Er-Bclxeinungen und den Mangel oonstanter anatomischer Veränderungeu als eine functionelle Erkrankung des Nervensystems ausspricht, in deren Verlaufe sich seeuudär eine Veränderung der Elutmischung einstellt.
sect;. 7. Aetiulogie. Die Wuth entwickelt sich bei dem Hundege-schlechtc entweder selbstständig oder durch Ansteckung in Eolge des Bisses bereits wüthender Tliiore. lieber die Anlage zur Selbst-cntwicklung lässt sich mit Sicherheit etwas Bestimmtes nicht angeben, ilan will gefunden haben, dass gewisse Baoen der Hunde, z. B. die kleinen englischen, die Bintscher, Pudel, Spitze, die Wolfs- und Tiger­hunde, dann überhaupt solcbe, welche von reizbarem Temperamente sind und schon von Jugend auf sich böse und bissig zeigen, dann Männchen in überwiegendem Verhältnisse zu Weibchen, jüngere, verzärtelte, zu üppig genährte, bastardirte, dann wenig Bewegung machende Hunde eine besondere Disposition zur Selbstentwicklung der Krankheit zeigen.
Als Gelegenheitsursachen wurden sowohl grosso Sommer­hitze als bedeutende Winterkälte beschuldiget; die Krank!icit kommt jedoch auch im Frühjahre und Herbste und bisweilen gerade in kühlen Sommern häutiger vor, während sie in heissen nicht selten vollkommen fehlt; ferner der Mangel an gutem, frischem und hinreichenden Trinkwasser, ein Moment, welches an und für sich zur Erzeugung der Wuth nicht genügt, da dieselbe auch bei Hunden entsteht, die daran nie Mangel litten, während sie andererseits solche auch nicht häutiger befällt, die desselben entbehren. Von Vielen wird heftig aufgeregter und nicht be­friedigter Geschlechtstrieb, welcher sich dort, wo eine zur Menge der männlichen Hunde unverhältnissmässig geringe Anzahl weiblicher Hunde gehalten wird, bis zur Baserei steigern kann, u. z. nicht ohne Grund als eine häufige Ursache des Ausbruches der Wuthkrankheit an­gesehen, wobei jedoch mehr die psychische Aufregung und Erbitterung, mit welcher sich die männlichen Hunde herumbeissen, in Anschlag zu bringen ist. Keines der angeführten Momente scheint den bisherigen Er­fahrungen zu Eolge diese Krankheit für sich hervorbringen zu können, vielmehr scheint die häutigere Entwicklung der Wuth mit dem Grade der Zähmung und Verweichlichung des Hundes, wobei er in Verhält­nisse, die seiner Natur als Baubthier gerade entgegengesetzt sind, ver­setzt wird, zusammenzufallen.
Aber selbst diese complicirteren Verhältnisse genügen nicht zur Erklärung des epizootischen Auftretens der Wuth. Es wurden
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Wuth.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;421
nämlich schon seit lanp;o und insbesondere in der neueren Zeit Zeit­räume beobachtet, innerhalb -welcher diese Krankheit unverhältnissmäs-sig häufig und nacli Art einer Seuche u. z. über grösserc Landstriche verbreitet vorkam, wie sie zuletzt noch in den Jahren 1851—1856 in einem grossen Tlieile Norddeutschlands, Frankreichs und Spaniens herrschte. In Wien kamen solche Seucheninvasionen zuletzt in den Jah­ren 1814 und 1815, dann in den Jahrgängen 1838 bis 1841 vor. Da der meteorologische Charakter dieser Jahre ein sehr verschiedener war, so muss, wenn man eine solche weite Verbreitung nicht allein fortge­setzten Infectionen durch Bisse zuschreiben will, zu welcher Annahme überzeugende Beweise fehlen, eine eigenthümlich miasmatische, bisher nicht näher zu bezeichnende Beschaffenheit der Atmosphäre als Ent-stehungsanlass eines solchen seuclicnartigcn Auftretens angenommen werden, welche bei Hunden, die von Natur ans oder in Folge voraus­gegangener Krankheiten reizbar oder beisssüchtig sind, die in Rede stehende Krankheit hervorzurufen vermag.
Die einmal entwickelte Krankheit erzeugt u. z. schon in ihrem ersten Anfange ein Contagium, welches sich bis zum Ende derselben fortbildet, selbst noch einige Zeit nach dem Tode wirksam bleibt und auf den Menschen, auf Säugetliiere und (ietlügel übertragen werden kann. Es ist fixer Natur, haftet am intensivsten an dem Speichel und Geifer des Maules und in dem Blute, aber auch an allen Se- und Excreten und wird gewöhnlich durch den Biss wuth kranker Thicre u. z. nicht bloss der Hunde, sondern auch anderer, in Folge des Bisses von der Wuth befallener Thiere auch in der zweiten Generation über­tragen. Nicht jedes Individuum jedoch, in welches das Contagium ein­geführt wird, verfällt auch in die Wuth. Verschiedene Verhältnisse, z. B. die Bedeckung des Körpers mit 'Wolle, mit dichten Haaren, Kleidern u. s. w., an welcher bei dem Bisse das Vehikel des Contagmms hängen bleibt, der grössere oder geringere Ncrvenreicbthnm des verletzten Theilcs, die nach dem Bisse erfolgende bedeutendere oder geringere Blutung, durch welche das Vehikel weggeschwemmt wird, so wie der Umstand, ob durch öfter hintereinander erfolgte Bisse der Speichel des wüthendeu Thieres von den Zähnen bereits abgestreift ist oder nicht, scheint hierauf Eintlnss zu haben. Die Beobachtung, dass in manchen Fällen selbst der in eine Wunde gelangende Geifer eines wüthenden Hundes die An­steckung nicht veranlasste, während ein anderes Mal die geringste Haut­verletzung zur Aufnahme des Contagiums hinreichte und die Krankheit zum Ausbruche brachte, dann die. wiederholte Erfahrung, dass einzelne
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wüthende Hunde durch ihren Biss beinahe alle Verletzten anstecken, während diess bei anderen nicht der Fall ist, scheint für eine Verschie­denheit in der Intensität des Contagiums zu sprechen. Am leich­testen haftet dasselbe bei Thioren aus dem Hundegeschleohtc und bei der Katze, weniger leicht beim Schweine und den l'Jlanzenfresscrn, am schwierigsten beim Menschen. Die durch den Biss verursachten Ver­letzungen heilen in der Regel bald und die gebissenen Thicre erschei­nen durch eine verschieden lange Zeit vollkommen gesund. Diese In-cubationszoit, d. h. die Periode von dem Augenblicke der stattgefun­denen Verletzung bis zum Auftreten der ersten Krankheitserscheinun­gen , dauert verschieden lang und das Contagium ist bis dahin latent; in vielen Fällen stellt sich eine höhere Empfindlichkeit der Narbe, Scheuern und Kratzen derselben als erste Erscheinung der stattfinden­den Resorption ein. Bei Hunden bricht die Wuth gewöhnlich inner­halb 6—7 Wochen nach stattgefundener Ansteckung aus, obwohl auch Fälle beobachtet wurden, wo sie einerseits erst nach mehreren Monaten, andererseits schon nach wenigen Tagen zum Ausbruche kam; bei Pfer­den schwankt das Tncubationsstadium zwischen 3 Tagen bis 14 Wochen, bei Rindern zwischen 9 Tagen und mehreren Monaten, angeblich selbst Jahren, bei Schafen und Ziegen zwischen wenigen Tagen und meh­reren Monaten, bei Schweinen zwischen 9 Tagen und mehreren Wo­chen oder Monaten nach geschehenem Bisse.
Dass auch der Biss wüthender Pflanzenfresser die Wuth fortzupflanzen vermöge und durch Impfungen mit dem Speichel solcher Thiere dieselbe hervorgerufen werden könne, haben Versuche nachge­wiesen, obwohl das Contagium dieser Thiere bei Weitem weniger inten­siv wirkt, als jenes der Fleischfresser.
In den Verdauungsorganen scheint das Wuthcontagium seine Kraft zu verlieren, wenigstens sind Thatsachen bekannt, wo der Genuss des Fleisches wüthender Thiere ohne nachtheilige Folgen blieb, oder in Folge des Ekels bloss Erbrechen und gastrische Zustände veranlasste.
sect;. 8. Erscheinungen der Wuth beim Hunde. Man unter­scheidet gemeinhin die Wuth in die rasende (tolle) und in die stille Wuth. Beide Formen differiren jedoch eigentlich nicht wesentlich von einander; sie stellen nur verschiedene Erscheinungsweisen einer und derselben Krankheit dar, die nach dem Naturell der Hunde, nacli an­deren schon vorhandenen Krankheitszuständen u. dgl. wechseln. Man kann in dem Verlaufe der Wuth drei Stadien unterscheiden.
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wuth.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;423
Erstes oder Stadium der Vorläufer. Die zuerst auftretenden Erscheinungen sprechen sich insbesonders durch eine Abweichung in dem he nehmen der Hunde aus. Dieselben sind verstimmt u. z. bald scheinbar munterer, ungewöhnlich freundlich, leicht zum Zorne geneigt, bald auffallend mürrisch, träge und unfreundlich; häutig wechseln diese beiden Gemüthszustände mit einander ab, so dass die Hunde launenhaft erscheinen. Gleichzeitig werden sie auffallend unruhig, sie wechseln häufig ihre Lagerstolle, krümmen sich daselbst wie zum Schlafe zusam­men, fahren jedoch bald wieder auf und wechseln oftmals ihren Platz. Die Fresslust ist gewöhnlich derart verändert, dass die Thiere bis­weilen wohl noch Lieblingsspeisen zu sich nehmen, das gewöhnliche Futter jedoch entweder stehen lassen oder nur beschnuppern, einige Bissen davon in das Maul nehmen und wieder fallen lassen. Charakte­ristisch für die Krankheit ist das Lecken des eigenen Urins, das Lecken und Pressen des eigenen Kot lies und die Neigung, ungeniess-bare und unverdauliche Gegenstände, Holz, Stroh, Pedern u. dgl. zu beissen und zu verschlingen, und an kalten Gegenständen, Eisen, Steinen u. s. w. zu lecken. Stubeuhunde gehorchen im Beginne dieser Krankheit ihrem Herrn nur mit Unlust, bei Hof- und anderen im Preien gehaltenen Hunden tritt eine auffallende Scheue, Widerspenstigkeit und Unruhe hervor. Das äusscre Ansehen der Hunde ist um diese Zeit noch wenig oder gar nicht verändert, bei einzelnen ist Mattigkeit, eine massige Beschleunigung des Athmens, stärkere Injection der Bindehaut, Erweiterung der Pupille, eine leichte Vermehrung der Absonderung der Nasenschleimhaut zugegen. Hunde, bei welchen sich die Wuth in Polge des Bisses eines tollen Hundes entwickelt, zeigen oft vor und im Anfange des Ausbruches der Krankheit eine grosse Empfindlichkeit der Bissstelle, auf welche man durch das häutige Lecken, Kratzen und Nagen an derselben aufmerksam wird.
Nach zwei oder drei Tagen, oft auch viel früher, beginnt das zweite Stadium, das der eigentlichen Wuth, während dessen die Krankheitserscheinungen nicht fortdauernd in gleicher Stärke zugegen sind, sondern anf alls weise deutlich hervortreten. Während solcher Anfälle steigern sich die, wenn auch stets, doch in geringerem Grade vorhandenen Symptome und gewöhnlich ist der erste Anfall der heftigste und am längsten dauernde. Zu den am meisten charakteristischen Symptomen gehören: der Drang zum Entweichen aus dem Hause und zum Herumschweifen; die auffallende Neigung zum Beissen und die eigenthümliche Veränderung in der Stimme. Der Anfall
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#9632;Wuth
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beginnt gewöhnlich mit einer Steigerung der Unruhe, die Kranken wechseln nocli häutiger den Ort und suchen in's Freie zu kommen. Stubenhunde drängen sich ungewöhnlich oft zur Thüre, um zu entkom­men , ungebundene oder eingesperrte Hunde suchen ihre Ketten oder Stricke zu zerreissen, die Bretter oder Thürem ihres Stalles zu durch­brechen oder zu durchbeissen, um in's Freie zu gelangen; die bei die­sem Ucstrcben sich zeigenden Schwierigkeiten dienen nur dazu, ihren Zorn zu steigern. In's Freie gelangt, schweifen sie planlos umher und durchlaufen häufig innerhalb verhältnissmässig kurzer Zeit weite Weges­strecken. Nach ihrer Bückkehr, welche bisweilen nach wenigen Stun­den, gewöhnlich innerhalb eines Tages erfolgt, zeigen die Hunde deut­lich das Ucwusstsein der Ungehörigkeit ihres Benehmens; sie sind bei ihrer Ankunft oft ungewöhnlich freundlich, furchtsam und verkriechen sich dann gerne. Während dieses Faroxysmus ist die Beisssucht auch am deutlichsten ausgesprochen; die wüthenden Hunde sind während desselben am gefährlichsten für ilenschen und Thiere, welche dann während des Herumschweifens am häufigsten von ihnen verletzt wer­den. Dieses Symptom ist nach dem Xaturell und der Art der Aufzucht der Hunde verschieden. Manche schnappen oder beissen nur leicht und im Yorüberlaufen, andere beissen hingegen mit Wuth auf ihnen vorge­haltene oder in den Weg kommende Gegenstände und bisweilen so heftig, dass sie sich die Zähne ausbrechen und die Lippen blutig ver­letzen; sind sie eingesperrt, so beissen sie in die Stäbe ihres Käfiges oder nagen an den hölzernen Wänden desselben, wühlen in dem Streu­stroh und schütteln dasselbe mit den Zähnen bis zur Erschöpfung. Am stärksten wird die Beisssucht toller Hunde durch andere Hunde, Katzen, durch Geflügel, weniger durch grössere Thiere, am wenigsten durch den Menschen erregt, welchen sie gewöhnlich, -insbesondere wenn er zu ihren Bekannten gehört, nur wenig tief beissen, so dass bisweilen nur Quetschungen oder Hautabschürfungen entstehen. Die Dauer solcher Anfälle, welche durch Beizen der Kranken leicht hervorgerufen wer­den , wechselt von einigen Stunden bis zu einem ganzen Tage und darüber; sie ist gewöhnlich kürzer bei dressirten und Stubenhunden, als bei wilderen Bacen; der IsTachlass ist oft so vollständig, dass die Thiere dann nahezu gesund erscheinen.
Charakteristisch ist auch die Veränderung der Stimme. Wäh­rend bei gesunden Hunden die einzelnen Anschläge bei dem Bellen deutlich von einander geschieden sind, schlagen wüthende Hunde mit einem Laute an und ziehen denselben in einen höheren Ton fort, so
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Wnlli.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;425
dass die Stimme zwischen Bellen und Heulen schwankt. Manche Hunde stossen dieses Gebell oft aus, andere nur dann, wenn sie ge­reizt werden; nur in sehr seltenen Fällen bleibt die Stimme ganz un­verändert.
Eine eigentliclie Wasserscheu, wie sie früher als Symptom der Hundswuth angenommen wurde, besteht nicht; im Gegentheilc fin­det man, dass wüthende Hunde ihren eigenen Urin lecken, in Wasser-gelassen mit der Zunge plätschern, ja selbst mit Begierde saufen. Mei­stens ist aber Solllingbeschwerde zugegen, wodurch die Aufnahme des Getränkes sowohl als fester Futterstoffe behindert wird, welche entweder, sobald sie zum Schlundkopfe gelangen, wieder zurückgestos-sen oder kurz nach ihrem Genüsse erbrochen werden. Auch den Anblick des Wassers und das Begiessen mit demselben vertragen sie ganz gut, nur werden sie durch die letztere Manipulation stark aufgeregt. Bei­spiele, dass wüthende Hunde durch Üiossendcs Wasser schwammen, sind mehrere verzeichnet.
Die Kranken verschmähen gewöhnlich das ihnen gereichte Fres­sen; hingegen steigert sich bei ihnen die Lust zum Genüsse unverdau­licher und ekelhafter Dinge, wie Erde, Heu, Stroh, Holz, Mörtel und Koth; die Mist- und Harnentleerungen sind meist verzögert, verringert und schmerzhaft, die Thiere magern in kurzer Zeit auffallend ab.
Die Schleimhaut des Maules ist in den meisten Fällen trocken, bisweilen selbst rissig; die Absonderung einer grösseren Menge Geifers und das Herausspinnen desselben aus dem Maule wird gewöhnlich nur in jenen Fällen, wo die Thiere wegen eines Krampfes der Schlundkopf­muskel zu schlingen ausser Stande sind, beobachtet. In der Hegel be­merkt man eine stärkere Böthung der Bindehaut und öfteres Schlicssen der Augen, grössere Empfindlichkeit gegen das Licht, einen grös­seren Glanz (nach Einigen stärkeres Leuchten) der Augen, die Bildung kleiner Falten über den Augen und an der Stirnc, wodurch die Hunde ein mürrisches, heimtückisches Aussehen erlangen. Ausser der Zeit des Anfalles scheinen sie an Sinnestäuschungen zu leiden, sie blicken stier nach einem Punkte oder schnappen in der Luft wie nach Fliegen, fahren aus einem kurzen Schlummer auf und springen mit Geheul so w7eit fort, als es die Käfige oder Ketten gestatten , oder betrachten selbst ihnen bekannte Menschen und Gegenstände starr und fremd.
In ihrem Gange ist anfangs nichts Auffallendes zu bemerken unrichtig ist die Annahme, dass wrüthende Hunde den Schweif zwischen
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Wuth.
die Hintcrsclionkcl hcrabscnkou, sogar daselbst einklemmen, oder dass sie stets geradeaus laufen. Das Erstere tritt erst ein, wenn die .Seilwache im Hmtertheile überliand nimmt; das letztere findet nur dann statt, wenn sie verfolgt werden, während sie sonst häufig von der geraden lliclitung nach rechts und links abweichen. Während ihres Herunischweifens scheinen sie nahezu bewusstlos zu sein, sie laufen in diesem Zustande fort, bis sie entweder zusammenstürzen oder wie­der zum Bewusstsein kommen, worauf sie gewöhnlich nach Hause zurück­kehren.
Die Dauer dieses Stadiums ist ebenso unbestimmt wie jene des ersten; sie erstreckt sich nicht leicht über 3 bis 4 Tage, nach wel­cher Zeit es entweder unmerklich in das folgende übergeht oder unmit­telbar durch den Eintritt der Lähmung mit dem Tode endet.
Das dritte Stadium, das der Lähmung, entwickelt sich aus dem vorigen, indem die Paroxysmen schwächer, die freien Zwischen­räume weniger ausgesprochen werden. Die Abmagerung nimmt rasch zu, die Thiere erhalten durch ihr struppiges Haar, die eingefallenen Flanken, die matten, zurückgesunkenen Augen, die getrübte Hornhaut, das meist offenstehende trockene Maul mit hervorhängender Zunge ein unheimliches und ekelhaftes Aussehen. Die Schwäche im Hinter-theile steigert sich; es tritt allmälig Lähmung desselben ein, die Thiere gehen schwankend, mit nachgezogenen Hinterfüssen, oder sie liegen beständig wie schlafsüchtig, erheben sich nur mit dem Vordertheile, besonders wenn sie gereizt werden, wo sie noch beissen oder wenig­stens herumschnapjjen. Ihre Stimme wird heiser, das Athmen an­gestrengt , der Puls beschleuniget und unregelmässig, die Pupille ist erweitert; nach dem Eintritte von Convulsionen, welche bald nur die Muskeln einzelner Partien, bald den ganzen Körper befallen, gehen die Thiere meist soporös am fünften bis sechsten Tage, seltener später zu Grunde.
sect;. 9. Die bisher angeführten Erscheinungen kommen besonders ausgesprochen jener Form der Wuthkrankheit zu, welche man als Toll-wuth, rasende Wuth bezeichnet. Bei der sogenannten stillen Wuth sind die Symptome der Hirnreizimg nicht so deutlich; die Aufregung ist weniger ausgesprochen, die Unruhe, die Neigung zum Fortlaufen und die Bcisssucht sind geringer, die Kranken sind mehr still und traurig. Meist stellt sich schon zeitlich eine Lähmung des Hinterkiefers ein, wel­cher dann mehr oder weniger weit herabhängt und die Kranken am Beissen und an der Aufnahme des Futters und Getränkes hindert. Nur
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wenn sie stark gereizt worden sind, sind sie im Stande, den Kiefer zu schliesscn, wesslialb es selbst bei dieser Form gefährlich bleibt, sich solchen Hunden unvorsichtig zu nähern. Wegen des Offenstehens des Maules rtiesst gewöhnlich Speichel oder Geifer aus demselben; häufig ist Anschwellung des Rachens und Schlundes, bisweilen auch des Halses und der hervorluingonden Zunge, in manchen Fällen auch Katarrh der Nasen-, Kehlkopfs- und Bronchialschleimhaut zugegen. Die übrigen Erscheinungen, namentlich die eigenthümliche Veränderung der Stimme, welche die Hunde jedoch seltener hören lassen, die Störung des Bc-wusstseins, die Veränderung des Appetites, der schnelle Eintritt der Abmagerung und der Lähmung des Hintertheiles gegen das Lebensende, so wTie die Schnelligkeit des Verlaufes verhalten sich wie bei der rasen­den Wuth.
Der Verlauf der Krankheit ist ein sehr rascher und endiget stets mit dem Tode; die Angaben von eingetretener Genesung, die hin- und wieder auftauchen, beruhen wohl auf einer irrigen Diagnose der beob­achteten Krankheitsfälle. Die Dauer der Wuth hat sich in keinem Falle über zehn Tage erstreckt, in der Mehrzahl erfolgt der Tod zwischen dem fünften und sechsten Tage, manchmal noch früher, nach dem Auf­treten der ersten Krankhoitserscheinungen.
sect;. 10. Die pathologische Anatomie liefert so wenig sichere Daten zur Constatirung der Wuthkrankheit an dem Cadaver, dass es in den meisten Fällen schwer wird, aus den Sectionsergebnissen allein die Diagnose auf das Vorhandengewesenscin der Wuth während des Le­bens mit Sicherheit zu stellen.
Die wichtigsten Erscheinungen sind: stärkere Anfüllung der Gefässe des Gehirnes und des Rückenmarkes, bisweilen seröse Exsudationen in dasselbe, ausgebreitete Hyperämien der Mus-culatur, des L'nterhautbindegewebes, der Leber und Nieren, umschrie­bene oder ausgebreitete Hyperämien, selbst Blutungen in der Milz dunkles, wie theerartiges, keine oder doch nur sparsame Gerinnungen bildendes Blut, welches bald nach dem Tode ausgedehnte Leichenträn­kungen vcranlasst, Hyperämien und Blutausti-ehmgen auf der Schleim­haut des Nahrungsschlauches u. z. im Schlundkopfe (in geringerem Grade), am ausgesprochensten im Magen, dessen Schleimhaut besonders an den Falten geschwellt, von Extravasaten durchzogen und häufig von hämorrhagischon Erosionen besetzt erscheint; Hyperämien der Zunge, die bisweilen durch Bisse verletzt ist, der Mandeln und Speicheldrüsen, der Schleimhaut des Kehlkopfes, besonders des
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Wutli.
Kehldeckels, der Luftröhre und ihrer Zweige, #9632;welche überdiess häufig mit einem schaumigen Secrete erfüllt sind.
Die von Einigen angeführten Hyperämien des hcrumschweifen-den, des Zungenfleischnervcn, der Hals- und Brustganglien, des Sym-pathicus sind nicht constant; ebenso kommt ein ungewöhnlicher In­halt dos Magens, wie Stroh, Heu, Motzen, Haare, Koth u. s. w., welchen man als charakteristisch für die Gegenwart der Hundswuth ange­sehen hat, auch bei manchen anderen Krankheitszuständen der Hunde vor; constantcr ist der gänzliche Mangel des Futters oder das Vorhandensein einer nur geringen Menge von Futterstoffen im Magen. Die Marochctti'-sohen Bläschen oder Pusteln an den Seiten der Zunge haben wir bisher noch nicht angetroffen und es kann ihnen, selbst in Fällen, wo sie vorhanden sein sollten, der Werth eines charakteristischen Symptomes nicht beigelegt werden, da sie sich (nach Prinz) auch bei gesunden und (nach Spinola) bei anthraxkranken Hunden vorfinden sollen. Im Ganzen betrachtet hat der anatomische Befund bei dieser Krankheit grosso Aohnlichkeit mit jenem, welchen man nach acuten Vergiftun­gen mit narkotischen Substanzen (Blausäure, Brechnuss, Alcotin u. s. f.) bei Hunden antrifft und es wird in manchen Fällen ausserordent-lich schwer sein, aus dor Section allein zu entscheiden, ob der unter­suchte Hund an Wuth gelitten habe oder nicht.
sect;. 11. Aus dem Angeführten ergibt sich, dass die Diagnose der Wuthkrankhcit keinesfalls aus einzelnen, für charakteristisch ausgegebe­nen Zeichen, sondern nur aus der Aufeinanderfolge gewisser Reihen von Erscheinungen und Störungen entnommen werden könne. Die ganze Gruppe allmälig auftretender Zeichen weiset mit grosser Wahrscheinlich­keit auf eine funeti onelle Störung (Keizungszustand) des verlän­gerten Markes und des Gehirnes hin, welche sich durch abnorme Erscheinungen in der Sphäre der Bewegung, Empfindung und der Gei-stesthätigkeit zu erkennen gibt.
Bei der Unterscheidung der Wuth von anderen Krankheiten, mit welchen sie verwechselt werden könnte, verdienen demnach vor­züglich die nervösen Erscheinungen, die. grosse Angst, die Sinnestäu­schungen, die leichte Erregbarkeit bei verhältuissmässig wenig gestörtem Bewusstsein, der abnorme Appetit auf ungewöhnliche und unverdau­liche Gegenstände, die später auftretenden Lähmungserscheinungen, dann die Veränderung der Stimme und das erschwerte Schlingvermögen besondere Berücksichtigung. Die Bissigkeit ist nur insoferne bezeich-nend, als sie auf eine vermehrte Beizbarkcit des Thieres zum Zorne,
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wobei us sich seiner natÜrlicheB Waffun bedient, liiuweiset; sie fehlt bei anderen wütliendcn Hausthieren, welche sicli in diesem Zustande ihrer gewöhnlichen Watten (der Homer, Hufe u. s. w.) bedienen.
Die Krankheiten, mit welchen die Wuth verwechselt werden könnte, sind:
a)nbsp; nbsp;die Fallsucht-, bei welcher jedoch Krampfunlulle mit völliger Bewusstlosigkeit, (Jeiferu und Schäumen aus dem Maule und ängstlichem Schreien zugegen sind;
b)nbsp; nbsp;die Halsentzündung (Bräune), bei welcher alle, Erschei­nungen der Wuthkrankheit, mit Ausnahme der Schlingbeschwerden, fehlen und eine grössere Empfindlichkeit der Schlundkopfgegend gegen einen angebrachten Druck vorhanden ist;
c)nbsp; nbsp; Magen- und Darmentzündungen, welche sich durch die Gegenwart von Fiebererscheinungen, .Schmerzhaftigkeit des Hinterleibes und den Mangel der nervösen Erscheinungen von der Wuth leicht un­terscheiden lassen. Noch weniger leicht mit ihr zu verwechseln ist
d)nbsp; nbsp; die Gegenwart fremder Körper im Rachen und im Schlünde, wobei stets starkes Speicheln und Geifern zugegen ist, der fremde Körper entweder gesehen oder gefühlt werden kann und die abnormen Erscheinungen sogleich verschwinden, sobald das Hindcrniss entfernt ist. Wuthähnliche Symptome treten auch
e)nbsp; nbsp;bei der Gegenwart des bandwurmähnlichen Fünfloches in den Stirnhöhlen und sehr zahlreicher dreigliederiger Bandwür­mer, welche mit ihren Haken fest in der Dünndarmschleimhaut hän­gen und sich aus dem mit der Fleischnahrung eingeführten vielgestal­tigen Hülsenwurme entwickeln, auf. In dem letzteren Falle gibt aber der Sectionsbefund über die Natur des Leidens unzweifelhaften Auf-schluss, obwohl er auch Anlass zu der höchst ungerechtfertigten Annahme gegeben hat, dass das Vorhandensein zahlreicher Bandwürmer der Ent­stehung der wahren Hundswuth zu Grunde liege.
sect;. 12. Bei den übrigen Hausthieren kann sich in Eolge des Bisses wüthender Hunde, wie schon oben erwähnt, die Wuth entwickeln; die Erscheinungen derselben sind nach der Thiergaltung und ihrem Naturell in etwas verschieden, bei allen kommen jedoch die früher an­geführten nervösen Symptome vor.
1, Pferde werden beim Ausbruche der Krankheit unruhig, sie trippeln hin und her, fahren öfters schreckhaft zusammen, werden durch geringfügige äussere Einwirkungen sehr aufgeregt, zornig; ihre Pupille ist erweitert, bei Hengsten und Stuten ist gewöhnlich eine sehr starke
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430nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;wotu.
Auamp;eguug dos GeschleohtETtriebes zugegen, so dass die ersteren häufig ausschachten und mit heiserer Stimme nach Stuten wiehern, die letz­teren aber mit weit auseinandergestellten Hinterfassen sicli wie rossig geberden, während aus ihrer Schani schleimiges Secret austliesst. hei weiterer Entwicklung der Krankheit stellen sich gewöhnlich Zuckungen der Hautmuskeln, dann Krämpfe, grosso Empfindlichkeit gegen das Lieht, Beschwerde heim Schlingen ein. Während des Paroxysmus schlagen und hauen sie mit den Vordcrf ussen, beissen mit Wuth in den harren oder andere Geräthschaften, so dass sogar die Zähne, selbst dor Hintor-kiofor brechen; das Athmen wird beschleuniget, Goiter und Schaum tritt vor das Maul, die Stimme wird heiser und rauh. Die späteren Anlalle sind gewöhnlich schwächer, die freien Zwischenräume dauern länger an, die Thiere werden matt; gegen das Ende tritt Lähmung dos Hinter-theiles ein; die Kranken liegen dann gewöhnlich und gehen unter Con-vulsionen meist am fünften bis sechston Tage nach dem Eintritte der ersten Krankheitserscheinungen zu Grunde. Die Section ergibt densel­ben Befund wie bei wüthenden Hunden, nur linden sich fremdartige Substanzen nicht im Magen.
2.nbsp; nbsp; Aehnlich wie beim Pferde sind die Erscheinungen, welche wüthendo Binder zeigen. Grosse Unruhe, leichte Erregbarkeit, Zuckun­gen, Schäumen aus dem Maule, starke Aufregung des üeschlechtstrie-bes, Schlingbeschwerden sind die ersten Krankheitssymptome. Während der Paroxysmen sind die Augen geröthet, stier, glotzend, die Pupille erweitert, die Stimme verändert, die Thiere brüllen beständig, stampfen mit den Eüssen, stürzen zur Erde und wälzen sich daselbst, oder sie suchen sieh von den Kotton und Stricken loszureissen, stossen mit den Hörnern und mit der Stirne gegen Widerstände mit solcher Wuth, dass die ersteren nicht selten abbrechen und die letztere blutrünstig wird; die Beisslust fehlt jedoch bei diesen Thieren gänzlich. Die Fresslast und das Wiederkauen hören gänzlich auf, die Excremente werden anfangs seltener, später dünnflüssig und unwillkürlich abgesetzt; zuletzt stellt sich Lähmung dos Hintortheiles ein und die Kranken gehen liegend und unvermögend, sich zu erheben, unter Krämpfen zu Grunde. Die ganze Krankheitsdauer erstreckt sieh auch hier nicht über 7 Tage und endet stets mit dem Tode.
3.nbsp; nbsp; Aehnlich verhält sich der Verlauf der Wuthkrankheit bei Schafen. Die ersten Zeichen der Krankheit sind: Verminderung der Fresslust, Aufhören des Wiederkauens, Traurigkeit, worauf Schreckhaf­tigkeit, Veränderung der Stimme, Erweiterung der Pupille, Starrheit
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des lilickcs. Injection der Bindehaut, Vermelxrung der Absonderung der
^Niisensclilehnhaiit, Steigerung des Geschlechtstriebes sich einstellen. quot;Während der Wnthanfälle machen die .Schafe ungewöhnliche Sprünge, knirschen mit den Zähnen, stossen mit den Hörnern an ihnen entgegen­stehende Gegenstände, beissen auch in hölzerne Geräthe, nie jedoch andere Thiere. Später stellt sich grosso Hinfälligkeit, Schwäche, endlich Lähmung des Hintertheilcs ein; die Thiere liegen grösstentheils unter beständigem Geifern aus dem Maule und vermehrtem Xaseuaustlussc und gehen unter Convulsionen innerhalb einiger Tage ein. ])er Sections-bcfuud ist ähnlich jenem, welcher sich bei wnthenden Hunden ergibt.
4.nbsp; nbsp;Ganz gleich verhält sich die Wuth bei Ziegen, bei denen jedoch die Beisssncht constant stärker entwickelt ist.
5.nbsp; nbsp;Bei Schweinen wird vor dem Ausbruche der Wuth gewöhn­lich eine stärkere Empfindlichkeit der vernarbten Bissstelle, welche von ihnen bis zum Aufbrechen gescheuert und gekratzt #9632;wird, beobachtet Ihr Betragen ist -wild und schreckhaft, sie fahren unruhig im Stalle hin und her, ihr Blick ist stier, die Pupille stark erweitert, das Athmen sehr beschleuniget, das Geifern aus dem Maule sehr reichlich, die Stimme heiser. Während der Anfalle ist das Schäumen aus dem Maule sehr stark, die Beisssncht sehr heftig, und nicht bloss gegen leblose Gegenstände, sondern auch gegen andere Thiere und die eigenen Jungen, selbst gegen Mensehen gerichtet; die Kranken wühlen in dem Streustrohe herum, nehmen Büschel desselben in das Maul oder verkriechen sicli in das­selbe. Xaeh solchen Anfällen tritt eine deutliche Hemission ein, wäh­rend welcher Mutterschweine selbst ihre Jungen säugen und liebkosen. Später erfolgt Lähmung des Hintertheilcs und rasche Abmagerung und die Thiere gehen gewöhnlich schon am zweiten bis vierten Tage nach dem Ausbruche der Krankheit zu Grunde.
Bei der Section linden sich gewöhnlich auch wie beim Hunde Blutungen und hämorrhagische Erosionen auf der Schleimhaut des Ma­gens, übrigens dieselben Daten, wie bei der Wuth der übrigen Haus-thierc.
6.nbsp;Bei Katzen, bei denen die Erscheinungen wegen des scheuen Be­nehmens dieser Thiere nicht leicht genau beobachtet quot;werden können, sind grosso Unruhe, der Trieb zum Entlaufen, weites und zweckloses Herum­schweifen, ungewöhnliches Herumspringen oder Verkriechen die ersten Anzeichen der Krankheit, worauf heftige Beisssncht, die Neigung zum Verletzen durch ihre Krallen, Lähmung des Hintertheiles und Verände-
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432nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; wuth.
rung der Stimme amtreten und der Tod meist schon vom zweiten bis vierteil Tage der Krankheit erfolgt. Der Eiss wüthcudcr Katzen ist in der Hegel noch gefährlicher als jener der Hunde.
7.nbsp; nbsp;Wüthende Raubthiere, Wölfe und rüchse vorlassen ihren gewöhnlichen Aufenthalt, laufen kühn in bewohnte Orte, äussern keine Furcht vor Menschen, Hunden u. s. w., sondern fallen sie, wenn sie sich ihnen in den Weg stellen, mit Wuth an, verletzen sie durch Bisse und verfolgen wie bewusstlos und schwankend ihren Weg. Pferde auf offe­ner Strassc und Heerden auf der Weide oder in Pferchen werden von ihnen angefallen und grössere Hausthiere insbesondere am Kopfe und an den Lippen vorletzt. Die Wuth erreicht auch bei diesen Thieren bis­weilen eine souchenartige Verbreitung, es ist jedoch noch nicht ent­schieden , ob hiezu eine epizootische Constitution beitrage oder ob sie bloss durch fortgesetzte Ansteckung mittelst der Bisse vermittelt werde.
8.nbsp; Auch bei dem Hausgeflügel wurde die Entwicklung der Wuth nach dem Bisse wüthender Thiere beobachtet; grosso Unruhe, tolle Sprünge, heisere Stimme, Beisssucht und schliesslich Lähmung sind die hauptsächlichsten Zeichen.
Die Prognose bei ausgebrochener Wuth ist absolut ungünstig, alle erkrankten Thiere gehen unrettbar zu Grunde.
sect;. 13. Von einer Behandlung der Wuthkrankheit kann nach den bisher gemachten Erfahrungen keine Rede sein; alle zur Bekämpfung dieses Leidens angerühmten und empfohlenen Mittel haben sich als erfolglos erwiesen. Es kann daher bezüglich der Verhütung ihrer Ent­stehung nur die Vorbauung und rücksichtlich der Hintanhaltung ihrer Weiterverbreitung ein entsprechendes Veterinär - polizeiliches Ver­fahren Platz greifen.
sect;. 1 i. Um den Ausbruch der Wuthkrankheit thunlichst zu ver­hüten, sind nachstehende Vorsichtsmassregcln permanent zu beob­achten :
1.nbsp; nbsp;Die Anzahl der nicht beuöthigten Hunde ist thunlichst zu be­schränken , und es sind in dieser Beziehung die in jedem Kronlandc über das Halten, über die Vertilgung von herrenlosen und überflüssigen Hunden, so wie über das Tragen der Maulkörbe bestehenden polizeilichen Vorschriften strengstens zu befolgen.
2.nbsp; nbsp;Jeder Eigenthümer eines Hundes oder eines anderen Hansthie-res ist im allgemeinen Interesse verptiiehtet, die thunlichstc Vorsicht wegen des etwaigen Ausbruches der Wuth zu pflegen.
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3. Als Mittel, das Tolhvcrdcn der Hunde möglichst hintanzuhal­ten, haben sich die nachstehenden noch am besten bewährt, und sie sind, weil die Hunde zu jeder Jahreszeit wüthend werden können, nie ausser Acht zu lassen:
a)nbsp; nbsp;Die Hunde müssen genug zu fressen und zu saufen haben.
b)nbsp; nbsp;Sie dürfen, besonders im Sommer, nicht faules oder stinkendes Fleisch, Blut, Fett oder derlei Nahrung bekommen.
c)nbsp; nbsp;Das Brot, mit welchem sie gefüttert werden, darf nicht unaus-gebacken oder noch warm oder schimmlig sein. Sehr zuträglich ist ihnen gesalzenes Brot.
d)nbsp; nbsp; Eine naturwidrige Nahrung, besonders Gewürze in derselben und der üeuuss von heissen Speisen ist ihnen schädlich. Dagegen sind Knochen ein für sie nothweudigcs Nahrungsmittel.
e)nbsp; nbsp;Die Hunde müssen immer reinlich gehalten, Jleissig gekämmt, gestriegelt und gewaschen, zottige Hunde sollen wenigstens zweimal im Jahre geschoren werden.
f)nbsp; nbsp;Im Sommer lasse man sie oft im Wasser herumschwimmen.
g)nbsp; nbsp;Ihre Ställe müssen oft gereiniget und mit frischem Stroh ver­sehen werden.
h) Im Winter sind die Hunde in mit Stroh wohl versehenen Ställen vor Kälte, Wind und Nässe zu verwahren und immer mit rei­nem quot;Wasser zu versehen, worauf bei strenger Kälte um so mehr zu achten ist, als das Trinkwasser leicht gefriert.
i) Es ist den Hunden schädlich, lange Zeit unter oder neben dem heissen Ofen oder nahe dem Feuer, oder gar den Sonnenstrahlen unmit­telbar ausgesetzt zu liegen.
k) Im Sommer benöthigen die Hunde vorzüglich reines und frisches Wasser. Zu dieser Zeit muss man dafür sorgen, dass sie stets hinläng­lich saufen können.
1) Man darf Hunde nicht muthwillig reizen oder anhetzen oder im Saufen hindern. Wird Jemand in Folge von Heizen oder Anhetzen der Hunde beschädiget, so verfällt der Schuldige in die Strafe des sect;. 392 des Strafgesetzbuches.
Dieser lautet: „Knnimt bei der Untersuchung einer von einem Thiere zugefüg-„ten Beschädigung hervor, dass Jemand durch Anhetzen, Reizen oder WM immer für „absichtliches Zuthun den Vorfall veranlasst hat, so macht sich der Thätcr einer „Oebertretung schuldig, und ist mit Arrest von einer Woche, der nach Umständen zu „verschärfen ist, zu bestrafen.quot;
m) Brünstige und läufige Hunde muss man bei Zeiten sich be­gatten lassen.
Köll, ratUol. uml Thuiapio. II. Aufl.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; -Jg
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434nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;wuth.
n) Man soll nie die Hunde längere Zeit aufsichtslos herumlaufen lassen, weil sie sich da mit anderen Hunden herumbeissen und so Gelegen­heit bekommen, selbst bissig und zornig zu werden; weil sie aus Hunger und Durst schädliche Substanzen verzehren; vorzüglich aber, weil der Eigenthümer aussei1 Stande ist, auf seinen Hund Acht zu- haben.
o) Bissige und zornige Hunde sind dort, wo sie nöthig sind, an Ketten zu legen, im Allgemeinen aber so zu verwahren und zu besorgen, dass von ihnen Niemand beschädiget werden kann. Die Vernachlässigung dieser Vorsicht unterliegt der Strafe des sect;.391 des Strafgesetzes:
„Jeder Eigenthümer eines llaustliieres von was immer für einer Gattung, von „welchem ihm eine bösartige Eigenschaft bekannt ist, muss dasselbe sowohl bei Haus, „als wenn er ausscr dem Hause davon Gebrauch macht, so verwahren oder besorgen, „dass Niemand beschädiget werden kann. Die Vernachlässigung dieser Vorsicht ist eine „Uebertretung und auch ohne erfolgte Beschädigung mit einer Strafe von fünf bis fünf „und zwanzig, bei wirklich erfolgtem Schaden aber von zehn bis fünfzig Gulden zu „belegen.quot;
4.nbsp; nbsp;Wenn aber trotz alldem an einem Hunde Erscheinungen von Kranksein bemerkt werden, ist er mit desto grösscrer Sorgfalt zu beob­achten und desto vorsichtiger zu behandeln, weil es der Anfang der Wuthkrankheit sein kann, die schon in ihrem Beginne ansteckend wirkt. Daher ist der Hund sodann unter steter Aufsicht zu halten, übrigens von Menschen und Thieren abzusondern, und ist ihm die Nahrung und das Getränke auf solche Weise zu geben, dass er dabei Niemanden beissen kann. Kinder dürfen zu solchen Hunden bei sonst schwerer Strafe niemals gelassen werden.
5.nbsp; nbsp;Werden die Erscheinungen des Krankseins auffallender und bedenklicher, bemerkt man, dass der Hund trauriger und mürrisch wird, langsam von einer Stelle zur anderen schleicht, sich verkriecht, beson­ders aber, dass sein Benehmen von seinen gewohnten Eigenschaften abweicht, dass er gegen ihm sonst vertraute Personen sich feindlich zeigt und Neigung zum Beissen gegen jeden Gegenstand äussert, so lege man ihn bei Zeiten, wenn er auch noch Wasser sauft, an eine Kette, damit er sich nicht losreissen könne, sperre ihn ab und hüte sich, sich ihm zu nähern, denn es ist dann nicht mehr zweifelhaft, dass die Wuth bei ihm auszubrechen droht.
6.nbsp; nbsp;Nur bis dahin ist es dem Eigenthümer erlaubt, den Hund im Hause oder in der Wohnung zu behalten, und auch diess nur unter der Bedingung, dass die Eäumlichkeiten so beschaffen sind, um den kranken Hund gehörig verwahren zu können.
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wuth.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;435
Treten die unter 5. erwähnten Erscheinungen ein, und, wie eben bemerkt, bei dem Mangel gehöriger Bewahrungsmittel noch früher, hat der Eigenthiimer oder sonst Jedermann, der von einem wuthver-dächtigen oder wuthkranken Hunde oder derlei anderen Thieren Kennt-niss hat, bei schwerster Verantwortung unverzüglich die Anzeige an die Orts-Sicherheitsbehörde zu machen.
7.nbsp; nbsp;Wer diese Anzeige unterlässt, verfällt in die Strafe des sect;. 387 des Strafgesetzes.
Dieser lautet: „Wer einen Hund oder sonst ein Thier, an laquo;relehem Kennzei-„chen der wirklichen Wuth oder auch nur solche wahrzunehmen sind, die vermuthen „lassen, dass die Wuth erfolgen könne, anzuzeigen unterliisst, ist einer Uebertretung „schuldig, und zu Arrest, bei wirklich erfolgtem Ausbruche und Beschädigung von „Menschen und Thieren aber zum strengen Arreste von drei Tagen bis zu drei Mona-„ten zu verurtheilen. Ist aber hieraus der Tod oder die schwere körperliche Beschä­digung eines Menschen erfolgt, so ist die Unterlassung der Anzeige nach ^. 335 „zu ahnden.quot;
Der sect;. 335 bestimmt für hieraus hervorgehende schwere körperliehe Verletzun­gen Arrest von einem bis zu sechs Monaten, für hieraus erfolgenden Tod eines Men­schen die Strafe von strengem Arrest von sechs Monaten bis zu einem Jahre.
Uebrigens bleibt der Eigenthümer für jeden, durch wüthende Thiere verursach­ten Schaden ersatzpflichtig.
8.nbsp; nbsp;Da aber die quot;Wuthkrankheit sich nicht immer durch Vorboten zu erkennen gibt, sondern bisweilen auch ohne alle auffallende Vorzeichen ausbricht; da femer ein bereits wuthkranker Hund oder ein anderes wuthkrankes Thier im Orte selbst ausreissen oder von einem anderen Orte herkommen kann, so sind die Ortsvorsteher und Lehrer zu ver­pflichten, die Gemeindemitglieder über die Kennzeichen der zunehmen­den und völlig ausgebrochenen quot;VVuih zu belehren. Aehnlichc Belehrun­gen sind auch bei sich darbietender Gelegenheit durch das ärztliche und thierärztliche Personale zu ertheilen.
9.nbsp; nbsp; Da Hausthiere jeder Gattung von einem wüthenden Hunde oder anderen Thiere gebissen oder von dessen Geifer befleckt worden sein können, ohne dass der Eigenthümer derselben etwas davon weiss, so hat er, sobald ein solches Thier erkrankt, auf die ersten Zeichen der Wuth (aufgeregtes Benehmen, Gnmm und Wuth verrathende, eigenthüm-lich heisere Stimme, feindliches Benehmen gegen Individuen und Gegen­stände, Sucht zu verletzen) aufmerksam zu sein und dasselbe, wenn es ihm verdächtig erscheint, von Menschen und Vieh abzusondern, so wie eine zweckentsprechende Behandlung einleiten zu lassen.
Treten jedoch bedenklichere Erscheinungen ein, so ist unverweilt, bei sonst schwerer Verantwortung (sect;. 387 des Strafgesetzes) die Anzeige
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436nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;wuiii.
an die Sicherheitsbehorde des Ortes zu machen und das erkrankte Thier entweder sogleich oder über Anordnung der Behörde tödten zu lassen.
10. Der Genuss der Milch oder des Fleisches, so wie der (ie-brauch der Abfalle solcher verdächtiger oder erkrankter Thiere ist strengstens verboten.
sect;. 15. Massregeln bei ausgebrochener Krankheit. Die Ver-pHichtuug der unverzüglichen Anzeige an die Sicherhoitsbehorde und der zu veranlassenden Tödtung tritt selbstverständlich um so mehr ein, wenn es dem Eigenthümer eines Hundes oder eines anderen Thieres bekannt ist, dass dieses oder der Hund von einem wütheudeu Thiere gebissen worden ist.
Rüeksichtlich der wüthendeu und der von ihnen gebissenen Thiere sind nachstehende Vorschriften genau zu befolgen:
1.nbsp; nbsp;Ein wuthverdächtiger oder wütheuder, oder von einem wuth-kranken Thiere gebissener Huud, so wie jedes andere wiithendc oder wuthverdächtige Thier ist nur dann sogleich zu tödten uud gehörig zu verscharren, wenn voraussichtlich ein Mensch von ihm noch nicht ge­bissen worden ist.
2.nbsp; nbsp; Wurde jedoch von einem wuthkrankcu oder verdächtigen Thiere ein Mensch bereits beschädiget, so ist nur das anerkannt wuth-kranke Thier zu vertilgen, das der Wuth nur verdächtige aber nicht sogleich zu tödten, sondern mit gehöriger Vorsicht zu beobachten, um ermitteln zu können, ob der Verdacht, dass es wüthend sei, sich be­stätige oder nicht, und erst im bejahenden Falle ist es zu vertilgen.
3.nbsp; nbsp; Wenn ein wuthverdächtiges oder wutheudes Thier im Orte selbst ausreisst, oder von einem anderen Orte herkommend, bemerkt wird, so ist diess sogleich der Sicherheitsbehörde anzuzeigen und von dieser im Orte und in der Umgegend öffentlich bekannt zu machen, damit Jedermann sich hüten könne.
In einem solchen Falle ist vorzüglich auf die Kinder Acht zu haben. Hunde und andere Thiere sind nicht aus dem Hause zu lassen und einzusperren, herrenlose Hunde aber zu erschlagen.
Das wüthende oder verdächtige Thier aber ist mit gemeinschaft­licher Hilfe unter Beobachtung der nöthigen Vorsicht einzufangen und das als wirklich wüthend erkannte zu tödten.
Das der Wuth nur verdächtige Thier ist hingegen wo möglich zu schonen, um es vorerst unter der gehörigen Vorsicht beobachten und um ermitteln zu können, ob es wuthkrank ist oder nicht, was hier um
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wuth.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;437
so nothwendiger erscheint, als man noch nicht weiss, oh von ihm ein Mensch oder ein Thier beschädiget woi-den sei.
Es werden daher jedenfalls von der Sicherheitsbehörde genaue Erkundigungen einzuziehen sein, woher das Thier gekommen, wer der Eigenthümer desselben sei, ob etwa von ihm ein Mensch oder Thier in oder aussei- dem Orte angefallen oder verletzt worden sei u. s. f.
Ueberdiess soll bei der Kundgebung an die Nachbarschaft die Gegend, nach welcher das Thier ausgerissen oder von woher es gekom­men ist, dann dessen Race, Grosse, Farbe und andere Merkmale bezeich­net werden, damit auch dort die obengedachte Nachforschung gepflogen und weiterem Unglücke thunlichst vorgebeugt werden könne.
i. Das sonach getödtete oder umgestandene Thier ist sammt der durch Kreuzschnitte unbrauchbar geraachten Haut an einem entlegenen Orte tief in die Erde zu verscharren und nicht etwa in's Wasser zu werfen. Die Hundshütte, das Eress- und Trinkgeschirr, wenn es von Holz ist, das Stroh und Alles, worauf sonst das Thier gelegen und was von seinem Geifer beschnuitzt sein kann, ist zu verbrennen.
Der Boden des Zimmers oder Stalles, in welchem sich das Thier befand, muss mit siedendem Wasser überbrüht und mit ungelöschtem Kalke oder mit anausgelaugter Asche gereiniget werden. Ebenso sind die unteren Theile der Wände des Zimmers oder Stalles, so weit das Thier sie erreichen konnte, abzukratzen und frisch zu weissen.
Die Kette, an welcher es gelegen, so wie andere mit ihm in Be­rührung gekommene eiserne Geräthe müssen ausgeglüht und ebenso aucli mit den Werkzeugen, mit denen es getödtet wurde, verfahren werden.
5. Sind andere Hauslhiere von einem wiithenden oder wnthver-dächtigen Hunde oder anderen Thiere gebissen worden, so sind sie sogleich von der Heerde abzusondern, unter Aufsicht zu halten und un­verzüglich der thierärztlichen Behandlung zu unterziehen, wenn der Eigenthümer sich nicht zur allsogleichen Tödtung derselben entschliesst.
Die Verwendung gebissener Pferde und Binder zur Arbeit darf nur in der nächsten Nähe der Ortschaft, keineswegs aber die Vornahme von Eeisen mit denselben gestattet werden.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; *
Bei dem Auftreten der ersten Erscheinungen der Wuth sind solche Thiere sogleich zu tödten und sammt der zerschnittenen Haut zu ver­scharren, und die Reinigung des Stalles, so wie die Vertilgung der bei den kranken Thieren in Gebrauch gewesenen Geräthe jeder Art vor-schriftmässig einzuleiten.
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438nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Fallsucht.
6. Sind nutzbare Hausthiere von Wüthenden gebissen worden und wird ihre alsogleiche Tödtung nicht zugegeben, so sind dieselben an dem ganzen Körper, besonders au den Ohren, Füssen, dem Schweife und der Schnauze wohl zu untersuchen, um alle Bisswunden sicher auszumitteln. Oberflächliche Quetschungen werden mit dem Glüheisen gebrannt, noch frische Wunden mit lauwarmen quot;Wasser ausgewaschen, um die Blutung, durch welche das Vehikel des Contagiums weggeschwemmt werden kann, zu unterhalten, zu welchem Zwecke man auch bei geringer Blutung oder bei schon verheilter Wunde Einschnitte machen oder die Umgebung ausschneiden kann. Bei vorhandenen Bissen in den Ohren, der Schwanz­spitze, kann der gebissene Theil auch vollständig abgeschnitten werden. In jedem Falle wird dann die Wunde geätzt u. z. am entsprechendsten mit concentrirter Aetzkalilösung oder concentrirten Mineralsäuren, und die Eiterung derselben am besten durch Cantharidenpulver, Digestivsalbe mit rothem Präeipitat, Euphorbium u. dgl. unterhalten. Innerlich wer­den am häufigsten die spanischen Fliegen, jedoch mit sehr zweifelhaf­tem Erfolge, gegeben.
Die Fallsucht (Gpilepsla).
sect;. IG. Man bezeichnet mit diesem Namen eine clonisch-tonische, in unbestimmten Intervallen auftretende Krampfform, welche in den höheren Graden mit Bewusst- und Empfindungslosigkeit der Kranken während der Anfälle verbunden ist. Sie wurde bei allen Hausthiergattungen beobachtet, ist aber ein seltenes, bei Hunden noch am häufigsten vor­kommendes Leiden.
Aetiologie. Eine Anlage zu dieser Krankheit, deren Vererblich-lichkeit sichergestellt ist, kommt insbesondere Hunden und überhaupt jüngeren, männlichen Thieren zu. Die Gelegenheitsursachen sind in den meisten Fällen gar nicht oder nur schwer auszumitteln; es wer­den Vollblütigkeit, der Eintritt des Zahnwechsels, die Aufregung durch zu heftigen und oft befriedigten Geschlechtstrieb, die Gegenwart von Eingeweidewürmern (bei Hunden des bandwurmähnlichen Fünfloches in den Stirnhöhlen), Gemüthsaffecte, insbesondere Schreck, Unregelmässig-keit in der Fütterung u. dgl. beschuldiget. In der Mehrzahl der Fälle mögen jedoch verschiedene Krankheitszustände des Gehirnes (vorzugs­weise das Gehirnödem bei Hunden), wenn sie eine gewisse Höhe erreicht haben, sich durch die, der Fallsucht zukommende Symptomen­gruppe aussprechen.
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Fallsucht.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 439
Erscheinungen. Der Anfall tritt plötzlich ein, die vorher an­scheinend gesunden Thiere werden von schwindelähnliehen Erscheinun­gen hefallen, sie sclnvanken hin und her, stellen die Eiisse weit ausein­ander, Hunde machen unwillkürliche Bewegungen mit denselben, laufen hin und her. Hierauf erfolgen Zuckungen am Kopfe, Halse und den Extremitäten, die Thiere stürzen zusammen, verdrehen die Augen, knir­schen mit den Zähnen und schlagen mit den Füssen herum, aus dem Maule tritt schaumiger Speichel und Geifer hervor; Pferde stöhnen, Hunde schreien oder bellen kläglich. Das Bewusslsein und die Empfind­lichkeit ist während des Paroxysmus aufgehoben, die Pupille meist stark erweitert, der Puls klein, die Arterie stark zusammengezogen, der Herz­schlag pochend, die Schleimhäute blass, das Athmen sehr beschleuniget; Harn und Excrcmente gehen gewöhnlich unwillkürlich ab, Pferde ge-rathen in starken Schweiss. Nachdem ein solcher Anfall einige Zeit, gewöhnlich einige bis zu fünfzehn Minuten gedauert hat, werden die Thiere ruhiger, ihr Bewusstsein und die Empfindlichkeit kehren zurück, sie erheben sich vom Boden und erholen sich bald, sind jedoch einige Zeit hindurch noch matt und abgeschlagen. Die Wiederkehr solcher Anfälle ist ganz unbestimmt, bisweilen setzen sie durch einen längeren Zeitraum hindurch aus, kehren jedoch auch nicht selten innerhalb eines Tages mehrmals wieder. Bisweilen beginnt die Krankheit mit gelinderen, an Stärke und Dauer allmälig zunehmenden Anfällen, bisweilen jedoch ist schon der erste Paroxysmus ein sehr heftiger.
Ebenso verschieden ist die Dauer der Krankheit, welche entwe­der, wenn auch selten, schon innerhalb weniger Tage zum Tode führt, oder sich auch in wechselnder Stärke über Monate und Jahre hinaus erstreckt.
Die Section der au Epilepsie umgestandenen Thiere liefert durchaus nicht beständige Daten. Das Gehirn erscheint entweder un­verändert, oder u. z. häufiger im Zustande der Blutüberfüllung, bei Hun­den meist in jenem des acuten oder chronischen Oedems (siehe dieses); bei Pferden sind auch seröse Ergüsse in den Seitenkammern angetrof­fen worden. Auch die, in dem Darmcanale solcher Thiere bisweilen vorgefundenen Würmer wurden als Ursache dieser Krankheit beschuldiget.
Die Prognose ist eine sehr zweifelhafte; am günstigsten ist sie dort, wo ihrer Entstehung bekannte und entfernbare Ursachen (z. B. Feh­ler der Fütterung bei Schweinen, Eingeweidewürmer, aufgeregter Ge­schlechtstrieb bei Hengsten) zu Grunde liegen; ungünstig hingegen, wo
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Fallsucht.
solche Ursachen nicht zugegen sind oder ein organisches Leiden des Gehirnes zu veimuthen stellt.
Bei der Behandlung der Fallsucht muss vorzugsweise auf die Entfernung der voranlassenden Ursachen Kücksicht genommen werden. Bei schwerem Zahndurehbruche wird das Zahnlleisch gespalten, die Nachblutung unterhalten und durch Salzgaben für ergiebige Darmeiit-leerungen gesorgt; vorhandene Danuwörmer werden zu entfernen ge­trachtet. Bei Hunden gibt man zu diesem Zwecke Bicinusöl oder Calo­mel mit Gummigutt oder Jalappa, gegen Bandwürmer auch die Farren-krautwurzel, gegen das baudwurmälmlichc Fünfloch, dessen Gegenwart sich durch öfteres Ausbrausen und Wischen mit den Pfoten über die Nase zu erkennen geben soll, empfiehlt Hertwig die Anwendung des Theer- oder Bernsteinrauches, oder die Trepanation der Stirnhöhle und fortgesetzte Einspritzung von Theenvasser oder wässeriger Aloelösung. Liegen Unordnungen in der Fütterung (bei Schweinen) zu Grunde, so sind diese abzustellen und bittere Arzneien zu reichen. Entstand die. Krankheit durch Erkältung, so ist ein warmes Verhalten und die An­wendung sclnveisstreibender Mittel angezeigt. Bei Hengsten kann die Castration versucht werden, wenigstens leistete sie in einem liier beob­achteten Falle treffliche Dienste.
Sind die Ursachen unbekannt oder lässt sich mit Grund die Ge­genwart eines Gehirnleidens vermuthen, so ist die Aussicht auf den Erfolg einer Behandlung sehr zweifelhaft und die angerühmten Mittel, wie Wcrmuth, Baldrian, Zinkoxyd, Zinkvitriol, Höllenstein, auf die Haut angebrachte Ableitungen u. s. w. lassen in der Kegel im Stiche.
Fallsüchtige Thiere sollten wegen der Möglichkeit der Vererbung der Krankheit zur Zucht nicht verwendet werden.
Die Epilepsie zählt in Oesterreich nicht zu den Haupt­fehlern. Die Verwendung der mit ihr behafteten Pferde wäre als gefährlich zu verbieten.
Die Starrsucbt (Calalepsla).
sect;.17. Man versteht hierunter eine Erstarrung der unwillkürlichen Muskeln im zusammengezogenen Zustande, mit aufgehobenem Willens-einüusse, aber fortdauernder Biegsamkeit der Theile bei äusserer Ein­wirkung auf dieselben. Sie wurde bisher nur sehr selten bei Pferden und Hunden beobachtet. Die Thiere verlieren das Vermögen der selbst­ständigen Ortsbewegung, lassen sich aber künstliche Stellungen geben
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Veitstanz — Schwindel.
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und behalten dieselben durch lungere Zeit bei. Bei Hunden werden heftige Gcmüthsbewegungcn, Erkältung, der Genuss schwer verdaulicher Nahrung als Ursachen angegeben, auf deren Beseitigung die Behand­lung vorzüglich gerichtet sein muss. Wo dieselben nicht nachweisbar sind, soll nach Hertwig der Gebrauch drastischer Purgirmittel (Calo­mel mit Gummigutt, Krolonol), später jener von erregenden Mitteln (kohlensaures Ammoniak, Kampher) und kleine Gaben von Brechnuss von Erfolg sein.
lieber den anatomischen Befund bei dieser Krankheitsform ist nichts bekannt.
l)n Veitstanz (Chorea Sli. Vi(i).
sect;. 18. Man verstellt hierunter einen chronischen, fieberlosen, bis­her nur bei Hunden und sehr selten bei Pferden beobachteten Zustand, welcher durch den Eintritt länger oder kürzer andauernder, unwillkür­licher Zusammenziehungen animalischer Muskeln, wodurch willkürliche Bewegungen nachgeahmt werden, charakterisirt ist. Man empfiehlt ge­gen ihn die Anwendung ätherisch-öliger und narkotischer Substanzen, der Zinkpräparate.
Her Schwindel (Vertigo).
ij. 19. Dieser fieberlose, mit periodischen Anfällen von Unvermö­gen, sich aufrecht zu erhalten und geordnete Bewegungen zu vollziehen, daher mit der Neigung zum Schwanken und Hinstürzen oder zur Vor­nahme von Kreisbewegungen verbundene Zustand kommt beim Pferde am häufigsten, seltener bei anderen Hausthiergattungen vor. Erscheint ähnlich wie beim Menschen durch die Empfindung einer Scheinbewe­gung hervorgerufen zu werden.
Aetiologie. Er wird insbesondere bei jüngeren, vollblütigen, gut­genährten, zu schnellem Zuge und anstrengendem Dienste verwendeten Pferden, namentlich im Erühlinge beobachtet. Bisweilen erleiden Pferde im Frühlinge einen oder einige Schwindelanfälle und bleiben dann das übrige Jahr hindurch verschont. Als veranlassende Ursachen wer­den grelles Sonnenlicht, ungewohnter Liohteindruck überhaupt, grosse Sommerhitze, warme, dunstige Stallungen, anstrengende Bewegung und jene Eintiüsse beschuldiget, welche entweder den Rücktiuss des Blutes vom Gehirne hindern, wie zu enge ZäUmungs- und Arbeitsgeschirre, dann Krankheiten des Herzens, der Gefasse und der Lungen, welche
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442nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Schwindel.
Unordnungen im Kreislaufe veranlassen, oder die Menge des Blutes ver­mehren, wie zu reichliche, mastige Fütterung. Nicht minder kann jedoch der Schwindel auch eine Erscheinung wesentlicher anatomischer Verän­derungen des Gehirnes darstellen.
Symptome. Der Anfall erfolgt plötzlich u. z. gewöhnlich während des Zuges und kurze Zeit nach stattgefundener Fütterung, sel­ten im Stalle und unter dem Keiler.
Die Thiere bleiben plötzlich stehen, schütteln mit dem Kopfe, zittern, taumeln und schwanken, drängen nach rückwärts oder zur Seite, lehnen sich an die Deichsel oder an das nebengespannte Pferd, laufen auch wohl einige Male im Kreise herum, oder hängen sich in das Ge­schirr oder im Stalle an die Halfterriemen und Ketten, sind dabei sehr ängstlich und geralhen in heftigen Schweiss. In geringeren Graden ist der Anfall in wenigen Minuten vorüber, die Pferde stürzen während desselben nichl zusammen, besonders wenn sie am Kopfe erfasst und unterstützt werden. Nach einem solchen Paroxysmus sind die Thiere ge­wöhnlich etwas abgespannt und träge oder schreckhaft, erholen sich jedoch bald wieder vollkommen. In höheren Graden des Leidens kön­nen sie sich jedoch nicht aufrecht erhalten, sie stürzen zusammen und liegen entweder wie bewusstlos oder, indem sie ungeregelte Bewegun­gen mit den Extremitäten machen; nach mehreren, 5 bis 10 Minuten erholen sie sich wieder, bleiben aber nachher durch einige Zeit etwas schreckhaft.
Solche Anfalle kehren in unbestimmten, längeren oder kürzeren Zwischenräumen, oft nur zu denselben Jahreszeiten, besonders im Früh­linge, wieder und die Thiere gehen nur selten in Folge dieses Leidens allein zu Grunde. Die Section weiset in solchen Fällen, zu deren Untersuchung sich bisher nur sehr sparsame Gelegenheit geboten hat, Blutextravasate im Gehirne, Herzfehler, chronische Lungenkrankheiten u. s. w. nach.
Die Prognose ist nach den zu Grunde liegenden Ursachen ver­schieden. Lassen sich diese entfernen, so kann eine Heilung des Zustan-des erwartet werden; unter entgegengesetzten Verhältnissen, wie bei der Gegenwart chronischer Herz- und Lungenkrankheiten, ist auf den Ein­tritt einer Besserung nicht zu rechnen.
Therapie. Während eines Anfalles sucht man das Pferd nur vor dem Niederstürzen durch Aufrechthalten des Kopfes, Erfassen desselben am Schöpfe zu bewahren, bei grösserer Heftigkeit desselben können kalte Begiessungen des Kopfes in Anwendung kommen. Ueberdiess
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Stätlgkelt.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 443
entfernt man Alles aus der Nähe des Thieres, wodurch Verletzungen desselben herbeigeführt werden könnten. Ausser dem Anfalle ist die Behandlung auf Entfernung der Ursache gerichtet. Man kann in dieser Beziehung bei vollblütigen Thieren Aderlässe, salzige Abführmittel, das Calomel, den Brechweinstein, eine Verringerung der Futtermenge und die Darreichung saftigen, grünen, wenig nahrhaften Futters, bei der Gegenwart von Herzkrankheiten das Fingcrliutkraut in Verbindung mit kühlenden Salzen u. s. w. versuchen. Dass übrigens der Gebrauch zu enger Arbeits- und Zäumungsgeräthe zu vermeiden sei, versteht sich von selbst.
Die Stätlgkrlt, Stulzlgkeil der IMVnlc (iHania periodtca).
sect;. 20. Man begreift mit diesem Namen eine entweder andauernde oder periodisch eintretende Widersetzlichkeit und Unfolg-samkeit, wobei die Pferde das nicht leisten wollen, was man billiger Weise von ihnen verlangen kann.
Aetiologie. Die Ursachen dieses Zustandes können in Verer­bung, fehlerhafter Aufziehung und Angewöhnung, roher oder doch der Fassungskraft des Thieres nicht entsprechender Abrichtung, in dem Ge­brauche unpassender Arbeits- und Zäumungsgeräthe, rüder Behandlung, grellen Sinneseindrücken u. dgl., jedoch auch in Krankheiten des Gehir­nes selbst liegen. Eine Anlage zu diesem Zustande wird der polni­schen Race, dann Rothschimmeln und Füchsen, endlich auch hirschhal-sigen Pferden, wohl nicht mit Recht, zugeschrieben.
Erscheinungen. Stätige Pferde zeigen oft schon im Stalle eine besondere Widersetzlichkeit beim Putzen beim Anlegen der verschie­denen Arbeits- und Zäumungsgeräthe, beim Herausführen aus dem Stalle, beim Einspannen oder beim Aufsitzen des Reiters. Beim Gebrauche äussern manche unter allen Verhältnissen Widersetzlichkeit, indem sie entweder nicht vom Platze gehen wollen, oder sich nur im Sprunge vorwärts bewegen und dann wieder stellen bleiben, zur Seite oder vor-oder rückwärts drängen, heftig ausschlagen, in die Höhe steigen, und durch dieses Benehmen Menschen und Thiere oder den Wagen, vor den sie gespannt sind, gefährden. Durch Züchtigung, kräftige Anwendung des Zügels, der Sporen, der Peitsche wird dieser Zustand nur noch ge­steigert, die Thiere gerathen in Wuth, schlagen sinnlos aus, bestreben sich, den Reiter abzuwerfen oder gegen eine Wand zu drücken, stürzen sich zu Boden, wälzen sich herum u. dgl. In anderen Fällen treten diese
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444nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Stätigkeit.
Erscheinungen nur anfiillswcise (periodisch) auf, rtie Thiere sind wäh­rend der Intervalle willig und folgsam, plötzlich jedoch, ohne dass eine bemerkbare äussere Veranlassung eingewirkt hätte, werden sie widersetz­lich, bleiben während der Bewegung plötzlich stehen, sind nicht vom Platze zu bringen oder äussem die früher angeführten Symptome. Sind sie wieder etwas ruhiger geworden, was jedoch kaum durch eine freund­liche Behandlung beschleuniget werden kann, so verrichten sie wieder wie früher ihren Dienst.
Bei manchen stätigen Pferden treten diese Zufälle erst auf, wenn sich ihrer Bewegung grössere Hindernisse in den Weg stellen, wenn sie eine grössere Last fortbewegen oder über Berge ziehen sollen, oder wenn sie bereits ermüdet oder au gewisse Gegenstände, Brücken, Wäs­ser, Wirthsluiuser u. dgl, gekommen sind.
Solche Paroxysmen kehren in ganz unbestimmten, längeren oder kürzeren Zwischenräumen wieder; ebenso wechselt ihre Dauer zwischen einigen Minuten bis zu einer oder mehreren Stunden.
Mit dem Koller, der Fallsucht und dem Schwindel wird die­ser Zustand auch bei nur einiger Aufmerksamkeit nicht, leicht verwech­selt werden; eher könnte diess mit der Scheue geschehen. Man ver­steht hierunter einen Zustand, wobei das Pferd wohl auch gegen das Weitergehen sich sträubt, jedoch nicht aus Widersetzlichkeit, sondern aus einer, in dem ganzen Benehmen des Tliieres sieh aussprechenden Furcht, welche stets durch eine äussere Ursache, z. B. den Anblick eines fremdartigen Gegenstandes, ein ungewöhnliches Geräusch, plötzliche Eindrücke auf das Sehorgan u. s. w. hervorgerufen wird. Eine gute Be­handlung, sanfte Aufmunterung und das Bekanntmachen mit dem erschre­ckenden Gegenstande beruhiget das scheue Thier bald wieder, während das stätige während des Anfalles weder durch Güte noch durch Ge­walt zur Folgsamkeit gebracht werden kann.
Ebenso kann der unabgerichtete Zustand eines Pferdes, wess-halb sicli dasselbe beim Zäumen, Einspannen, Beschlagen, beim Zuge oder unter dem Reiter unfolgsam oder widerspänstig erweiset, oder ein herabgekommener Zustand desselben, welcher ihm die Verrichtung eines schweren Dienstes unmöglich macht, zur Verwechslung mit Stätigkeit Veranlassung geben.
Pferde, welche dieses Fehlers wegen zur Untersuchung vorgeführt werden, sind desshalb sowohl im Stalle, als auch im Zuge oder unter dem Reiter sorgfältig zu prüfen und dabei auf die Beschaffenheit der
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SUUigkeit — Obumachtnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;445
Strassen, das Verhältniss zwiselion der Belaslung und der Kraft des Thieres, so wie auf die Art der Widersetzlichkeit des Thicres lUicksicht zu nehmen.
Die Stätigkeit ist in den meisten Fällen als eine rein functionelle Störung des Bewusstseins zu betrachten; constante anatomische, ihr zu Grunde liegende Veränderungen des Gehirnes sind nicht nachgewiesen.
Eine mcdicinische Behandlung gibt es nicht. Manchmal kann durch eine vernünftige, ruhige und besonnene Behandlung der Zustand wenigstens gebessert und eine grössere Dienstes^ erwendbarkeit des Pfer­des herbeigeführt werden.
Da die Stätigkeit die Diensttauglichkeit eines Thieres in hohem Grade beeinträchtiget, nur schwer oder gar nicht heilbar ist und den Ge­brauch eines solchen Pferdes sehr gefahrlich macht, so wurde dieselbe beinahe in allen Ländern unter die Hauptfehler aufgenommen. Das österreichische Gesetz bestimmt als Termin zur Bückklage 30 Tage, ein Zeitraum, welcher an und für sich zu lang erscheint, da durch eine unpassende Behandlung ein Pferd innerhalb einer viel kürzeren Zeit widerspänstig und unfolgsam gemacht werden kann, und nur für die Fälle des periodischen Auftretens dieses Zustandes den Verkäufer nicht offenbar in Nachtheil bringt.
B. tSdi uiScheformen.
Die Ohniiiacht (8}iico|ip) unil ilrr Sthi'intnd (Asphyxia).
sect;. 21. Man vorsteht hierunter ein zeitweiliges Aufhören oder eine Beschränkung aller Aeusserungen der Gehirnthätigkeit, welche letztere jedoch gleichwohl während dieses Zustandes noch fortbestehen kann. Den hiebei stattfindenden Vorgang und seinen Sitz im Gehirne anzuge­ben, ist nicht möglich und die Section der unter solchen Erscheinungen Umgestandenen gibt nur ungenügende Eesidtate.
Ursache zum Eintritte dieser Zustände geben Gehirnerschütte­rung, plötzliche Vermehrung eines Druckes auf das Gehirn (z. B. bei drehkranken Schafen), rasch eintretende Hyperämien, noch mehr aber Anämien desselben, Behinderung des Kreislaufes (z. B. durch Druck auf die Nabelgefässe des bei der Geburt lange im Becken eingeklemmten Jungen), rasche Entfernung von Exsudaten (z. B. bei der Paracenthese der Brust), von Gasen (bei Entfernung der im Pansen angesammelten Luft), starker Blutverlust, die Einwirkung des Blitzes, so wie jene sehr hoher oder
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4-16nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Ohnmachl.
sehr niederer Temprraturgrade, gewisser Gifte und Miasmen, das Ein-athmen irrespirabler Gasarten, des Rauches, der Chloroform- und Aether-dämpfe, die Behinderung des Lufteintrittes in die Lungen (beim Unter­tauchen unter Wasser, beim Zusammenschnüren des Kehlkopfes oder der Luftröhre), starke Anstrengung bei forcirten Märschen, bei Wett­rennen u. s. w.
Ohnmächtige Thicre liegen bewegungslos da, das Athmen ist vermindert, kaum bemerkbar, der Puls klein, schwach, die Körpertem­peratur ungleich und wechselnd, das Empfindungsvermögen aufgehoben. Dem Eintritte der wirklichen Ohnmacht gehen gewöhnlich Schwanken des Körpers, Schwindclanfälle, kalter Schweiss vorher. Bei der Behand­lung dieses Zustandcs sind kalte Bespritzungen des Kopfes, Frottiren der Haut, die Anwendung erregender Mittel, des Ammoniaks, Kamphers, Weines und Branntweines, der Aufenthalt in frischer reiner Luft, die Entfernung aller drückenden und das Athmungsgeschäft hindernden Ge-räthe erforderlich. Sind die Thiere zu sich gekommen, so ist die wei­tere Behandlung nach Verschiedenheit der veranlassenden Ursachen zu modificiren.
Bei dem Scheintode ist die Körpertemperatur gesunken, die Elasticität der Haut sehr vermindert, die Athembewegungen kaum sicht­bar, der Puls- und Herzschlag schwer oder gar nicht zu fühlen, bis­weilen sind noch die Herztöne durch die Auscultation zu vernehmen. Da dieser Zustand sehr leicht in den wirklichen Tod übergeht, so ist schleunige Hilfe nothwendig, wobei es auf rasche Entfernung der, denselben veranlassenden Ursachen (z. B. der die Luftröhre zusammen­schnürenden Gegenstände, irrespirabler Gasarten, Herausziehen der in das Wasser gefallenen Thiere u. s. w.) ankommt. Ist diess geschehen und sind die Kranken an die frische Luft gebracht, so sucht man nach Umständen durch Aderlässe, durch anhaltendes Frottiren den Kreislauf zu fordern, das Athmen durch wechselndes Drücken und Erheben der Bauchwandungen (künstliche Respirationsbewegungen), durch Kitzeln in der Nase und im Rachen, durch Bespritzen der Brust mit kaltem Was­ser, in dringenden Fällen durch Anwendung des Luftröhrenstiches oder Schnittes wieder herzustellen und zu gleicher Zeit durch Reizung der peripherischen Nerven auf das Gehirn zu wirken, zu welchem Zwecke geistige Einreibungen, die Moxa, kalte und heisse Uebergiessungen, rei­zende Klystiere, stark riechende Substanzen, Salmiakgeist, Aether, stin­kendes Hirschhomöl in Anwendung kommen können. Erfrorene Thiere dürfen nicht sogleich einer höheren Temperatur ausgesetzt.
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Kalbefleber.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;447
sondern nur nach und nach durch Bedeckung und Reiben mit Schnee, Einhüllen in warme Tücher erwärmt werden; bei solchen, welche in Folge rasch eintretender Anämie in den Scheintod verfallen, kann die Infusion des Blutes versucht werden.
Der Befund der in Folge dieses Zustandes umgestandenonThierc ist nach der Art der denselben veranlassenden Ursachen höchst ver­schieden.
Das |iaral;lischc Kalbeficber (Schlafkraiikheil, l;|ihüses MilchOeber).
sect;. 22. Man bezeichnet mit diesen Namen einen, bisher nur bei Kühen (und Ziegen) beobachteten, kurz, gewöhnlich innerhalb der ersten fünf Tage nach dem Werfen auftretenden Krankheitsprocess, wel­cher sich durch Störung in den Verdauungsorganen und rasch eintretende Lähmung zu erkennen gibt.
Aetiologie. Die Anlage zu dieser Krankheit rindet sich nur bei Thieren, welche eben geboren haben u. z. vorzüglich bei gut genährten, kräftigen Kühen, besonders wenn sie überdiess kurz vor dem Gebären auf eine kräftigere Kost gesetzt wurden oder den Weide­gang mit der Stallfütterung vertauscht haben, dann bei solchen, bei welchen die Geburt ungewöhnlich leicht und rasch vor sich ging. Diese letztere Thatsache lässt auch den Gedanken, dass die auftretenden Läh­mungserscheinungen durch einen Druck des Jungen auf die Kreuzner­ven veranlasst werden, durchaus nicht aufkommen. Alter und Kace machen in der Disposition keinen Unterschied, jedoch berechtiget die wiederholt gemachte Beobachtung, dass eine und dieselbe Kuh mehrere Jahre nacheinander von dieser Krankheit befallen wurde, zur Annahme einer individuellen Anlage für dieselbe. Das Kalbefieber kommt zu allen Jahreszeiten und unter den verschiedensten Witterungsverhältnis­sen, am häufigsten jedoch bei grosser Sommerhitze vor. Die Annahme einer Erkältung als Gelegenheitsursache erscheint sehr zweifelhaft, wahrscheinlicher ist es, dass zu gute und reichliche Fütterung in der letzten Zeit vor der Geburt nachtheilig wirke. Die Krankheit tritt bis­weilen in grösserer Verbreitung auf, ohne dass in den äusseren Verhältnissen namhafte Veränderungen bemerkbar würden, so dass man in solchen Fällen zu der Annahme einer freilich nicht näher definir-baren, epizootischen Constitution seine Zuflucht zu nehmen ge­zwungen ist.
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448nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Kalbofieber.
sect;. 23. Erscheinungen. Die Krankheit beginnt gewöhnlich mit einem heftigen Froste, welcher wohl nach einiger Zeit wieder nach-lüsst; es bleibt jedoch eine Verminderung der Körpertemperatur, beson­ders an den Ohren, dem Grunde der Hörner, den Extremitäten und am Kreuze, welche Theilc sich nicht selten eisig kalt anfühlen, zurück; die Fresslust hört ganz auf, während sie einige Stunden vorher noch ganz rege war, ebenso das Wiederkauen, die Trinklust ist bisweilen in geringem Grade noch zugegen; der Absatz der Excremente hört in der Regel schon einige Stunden vor dem Eintritte der ersten Krankheitserschci-nungen auf; die Verstopfung dauert bis zum Ende der Krankheit an; wieder beginnender Absatz der Fäcalstoffe ist oft das erste Zeichen der eintretenden Besserung. Bei der Untersuchung des Mastdarmes mit der Hand findet sich anfangs die in der Beckenhöhle liegende sackähnliche Erweiterung desselben mit Excremenlen von gewöhnlichem Aussehen, welche bei weiter vorgeschrittener Krankheit vollkommen trocken, in feste Klumpen geballt und äusserst übelriechend werden, angefüllt. Ebenso ist der Harnabsatz aufgehoben, die Harnblase jedoch gewöhnlich mit Harn prall gefüllt und durch einen vom Mastdarme aus auf die Blase angebrach­ten massigen Druck leicht zu entleeren; die Milchsecreti'onverringert sich plötzlich und findet während des Krankheitsverlaufcs nur in sehr geringer Menge statt. —Die Schleimhaut des Maules ist blass, mit zähem, schaumigem Schleime und Speichel bedeckt, welcher in Strängen aus der Maulspalte heräbfliesst; der Blick ist matt, die Pupille erwei­tert, das Auge gewöhnlich halb geschlossen, so dass die TUiere zu schlafen scheinen. Der Puls ist im Beginne nur wenig beschleuniget, klein, meist unregelmässig, der Herzschlag pochend, das Athmcn unverändert, nur bisweilen mit etwas stärkerem Spiele der Flankenge-gend. Der Tragsack entspricht seiner Grosse und Beschatt'enheit nach dem, vom Augenblicke der vollendeten Geburt bis zum Auftreten der Krankheit verflossenen Zeiträume; bei der manuellen Untersuchung aus­sein die Thiere keinen Schmerz, die hiebei nach vorne anzutreffenden Windungen des Dickdarmes lassen ganz feste, kugelähnlich geballte Fä­calstoffe als Inhalt entdecken.
Bei weiterem Fortschreiten der Krankheit wird das Ath-men sehr laut und bei jedem Zuge stöhnend, die Thiere liegen gewöhn­lich auf der rechten Seite, mit auf die linke Schulter zurückgebogenem Kopfe und nach dem Hinterlcibe gerichtetem Blicke; sie schnellenden ersteren, wenn er aus dieser Lage gebracht wird, schnell wieder in die­selbe zurück, oder sie stützen sich mit dem Maule auf die Streu auf.
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Kalbeflebfir,
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Die Kranken wälzen sich wohl bisweilen von einer Seite auf die andere, können sieh jedoch nicht mehr erheben, stöhnen, wenn sie zum Aufstehen angetrieben werden, sehr heftig, rutschen höchstens auf den Knien und das Hmtertheil nachschleppend herum; einige wälzen sich auch, als ob sie Kolikschmerzen empfänden. Diese Hinfälligkeit und dieser Lahmungszu-stand nehmen rasch zu, der Hinterthoil wird emphndmigslos und diese Erscheinung breitet sich allmälig über andere Körpertheile aus, biswei­len stellt sich auch Lähmung des Schlnndkopfos ein, so dass eingegos­sene Flüssigkeiten nicht geschlungen werden und bisweilen in den Kehl­kopf und die Luftröhre gelangen.
Der Verlauf der Krankheit ist stets ein sehr acuter; nach zwölf Stunden bis ein oder zwei Tagen ist in der Begel ihr Ausgang entschieden. Endet sie; mit dem Tode, so nimmt die Schwäche und Er­schöpfung zu, der Hinterleib wird aufgetrieben, es stellt sieh öfteres Zähneknirschen ein, der Puls wird klein, last unfühlbar und die Thiere enden gewöhnlich ganz ruhig ohne Convulsionen. Erfolgt Genesung, so tritt freiwillige und reichliche Entleerung von Harn und Excremcnten ein, die letzteren bilden zuerst einen grossen, dunklen, sehr übelriechen­den Klumpen, dem allmälig Läcalsloffe von gewöhnlicher Beschaffenheit nachfolgen; der Körper wird gleichmässig warm, der Puls voller und kräftiger, die Thiere erheben sich von dem Loden, begehren Futter und fressen es mit Lust; nach ein oder zwei Tagen sind die Kühe wieder vollkommen hergestellt und die Milchsecrotion wie vor dem Eintritte der Krankheit vorhanden. In sehr seltenen Fällen bleibt Lähmung des Kreuzes als Nachkrankheit zurück.
Bisweilen gibt der Eintritt von Lähmung einer Hintergliedmasse oder einer Schwäche im Kreuze, welche ein Schwanken im Stehen und im Gange verursacht, im Zusammenhalte mit dem Umstände, dass die Kuh kurz vorher und zwar sehr leicht geboren hatte, den ersten Fin­gerzeig zur Vermuthung, dass der Ausbruch des Kalbetiebers zu be­sorgen sei.
sect;. 2-L Die Section liefert durchaus keinen constanten und für die Erklärung der, während des Lebens beobachteten Erscheinungen massgebenden Befand. Der Tragsack zeigt, wenn auf die eben statt­gehabte Geburt Bücksicht genommen wird, durchaus nichts Abnormes, ebenso wenig bieten das Gehirn und Bückenmark und ihre Häute irgend welche nennenswerthe pathologische Veränderungen. Der Lö­ser und die dicken Gedärme sind mit trockenem, festem Inhalte angefüllt.
Uöil, Patbol. und Therapie, II. Aulaquo;,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;#9632;-quot;,)
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450nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Kalbeftebor.
Die wahrend des Lebens auftretende Symptomengrappe führt im Zusammenhalte mit dem negativen Cadaverbefundc und der Raschheit des Verlaufes, insbesondere dem schnellen Eintritte der Genesung;, nach­dem das Thier noch kurz verlier in der grössten Lebensgefahr zu schwe­ben schien, zu der Ansicht, dass dem Kalbelieber eine functionelle (paralytische) Störung des Gehirnes und Kückenmarkes (vielleicht be­dingt durch eine, durch das sehr rasche Geburtsgeschäft veranlasste Lähmung des Gangliennervensystems) zu Grunde liege.
sect;. 25. Die Vorhersage ist bei dem Kalbefiebcr im Allgemeinen eine ungünstige, und um so ungünstiger, je später ärztliche Hilfe ein­tritt. Starke Aufblähung, hartnäckige Verstopfung, Lähmung des Schling­vermögens , der Eintritt von Zähneknirschen, bedeutendes Sinken der Körpertemperatur sind schlimme Anzeichen; so wie auch eine Andauer der Krankheut über zwei Tage hinaus gewöhnlich einen üblen Ausgang besorgen lässt. Niedere Grade der Krankheit, Fortdauer der Fresslust, wenn auch in geringem Masse, unvollkommene Lähmung der Füsse mit Fortdauer der Möglichkeit, sich vom Boden zu erheben, so wie der Wie­dereintritt der freien Darmenlleerung gestalten die Aussicht auf Gene­sung freundlicher.
Die Vorbauung besteht in einer gleichmässigen Fütterung der trächtigen Thiero, in Futterabbruch einige Tage vor und nach dem Ge­bären, Vermeidung schwer verdaulicher, blähender oder erschlaffender Nahrungsmittel und wo möglich in täglicher Bewegung bis zum Eintritte des Geburtsgeschäftes. Vorzugsweise ist auf diese Umstände bei Kühen, welche diese Krankheit schon einmal überstanden haben, oder bei epi-zootischem oder enzootischem Herrschen derselben Bücksicht zu nehmen.
Uci dem, im bierortigen ThiiTarznei-lnstitulu gehaltenen Rindviehstande gelang es uns, durch die sorgfSltige Durclilührung dieser Massregeln ihm in den ersten Jah­ren seines Bestandes beinahe an allen Kühen sich einstellende Kalbefiebcr vSllig aus­zumerzen.
Für die eigentliche Behandlung empfiehlt sich unserer Erfah­rung nach der Gebrauch der auf den Darmcanal wirkenden Mittel, des rohen Weinsteins, des Glaubersalzes in Verbindung mit Brechweinstein; ebenso werden die Aloe, die Krähenaugen (nach Köhne eine Abkochung von Krähenaugen 2 Loth, Brechweinstein 1 Loth, Glaubersalz 1 Pfund, Kochsalz 8 Loth in einer Mass Wasser, wovon stündlich oder zweistünd­lich eine halbe Flasche als Einguss gegeben wird), dann die Verabrei­chung von reizenden Klystieren, mit welchen so lange fortgefahren wird, bis ergiebige Darmentleerungen, als deren Vorläufer häufiges Kollern im
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(lebiiiiaiKimio.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;4öl
Darmo eintritt, erfolgen. Bei zunehmender Schwäche und Lahmang sind nebst der angen-ebenen Behandlvmg ätherisch-ölige, kamplier-, weingeist-und ätherliältige Arzneistoffe angezeigt.
Die Kranken werden in massig warmen Stallungen untergebracht, mit reichlicher Streu versehen, am Körper entweder trocken oder nach vorheriger Bespritzung mit Terpentinöl oder Kamphergeist frottirt und mit warmen Decken wohl eingehüllt; bei stärkerem Durste kann ange­säuertes oder lauwarmes schleimiges Getränke gegeben werden. In der Keconvalcscenz befindliche Thiere müssen vor zu raschem und reich­lichem Pressen behütet werden.
II. Anatomische Störungen.
A. Locale Störungen des Kmislcmfes. 1. Anämie des tiehirnes.
sect;. 26. Sie beruht entweder auf thatsächlicher Verminderung der Blutmenge überhaupt oder auf einer Veränderung der Blutmischung, wo­durch das Blut eine weniger gesättigt rothe Färbung erhält; sie stellt sich nach starken Blutverlusten, in Folge von Druck, welchen Serum oder Neubildungen verschiedener Art auf das Gehirn ausüben, wie bei seröser oder bleichsüchtiger Blutbeschaffenheit, bei allgemeiner Blutar-muth (bei lauge hungernden Thieren, nach Blutungen), im Gefolge ver­schiedener acuter und chronischer Krankheiten ein.
Die Erscheinungen einer rasch auftretenden Gehirnanämie (wie nach grossen Blutverlusten) sind je nach dem Grade derselben bald die des Schwindels, bald jene der Ohnmacht lmd des Scheintodes. Bei lang­sameren Eintritte, als Folge- und Begleitungszustand anderer acuter und chronischer Krankheiten, stellen sich gewöhnlich nervöse Erschei­nungen, leichte Erregbarkeit, Schreckhaftigkeit, öfteres Zusammenfahren,
bei sensibleren Thieren (Schafen) Zuckungen oder der Zustand von Be­täubung und Abstumpfung ein.
Am Cadaver ist die Anämie des Gehirnes charakterisirt durch Bleichlieit der grauen, rein weisse Färbung der weissen Gehirnsubstanz und den Mangel an hervortretenden Blulpmikteu auf der Schnittfläche des Hirnes.
Bei rasch eintretender Gehirnanämic verhält sich die Behand­lung wie bei der Ohnmacht und dem Schciutode, bei chronischem Ver­laufe derselben ist vorzugsweise die veranlassende Ursache zu berück-
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'iiy2nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Gehimcongeätiou.
sichtigen, und nach Umständen durch Aufenthalt in reiner Luft, durch die Verabreichung leicht verdaulicher und kräftiger Nahrung, selbst durch den Gebrauch von Eisenmitteln für eine bessere Blutbildung üu sorgen und die vorhandene Aufregung oder Betäubung durch geeignete Mittel zu bekämpfen.
2. Hyperämie des Gehirnes, Gehlriicungeslloii.
sect;. 27. Die Blutiullc des Gehirnes und seiner Häute ist in der Praxis bei Hausthicren durch ihre Erscheinungen während des Lebens nur schwer von der Gehirnentzündung zu unterscheiden; bloss die Kück-sichtnahme auf den Verlauf kann hinterher die Diagnose bekräftigen oder widerlegen.
Aetiologie. Eine ^nlage zu diesem Vorgange kommt insbeson­dere jungen, kräftigen Pferden und Schafen zu, obwohl er auch bei anderen Thiergattungen sich einstellt. Die Anlage wird unterstützt durch den Wechsel der Jahreszeiten, durch stärkere Aufregung des Geschlechts­triebes, durch vorausgegangene oder noch bestehende Krankheiten des Gehirnes (z. B. Dununkoller). Als veranlassende Ursachen sind alle jene Einflüsse zu betrachten, welche eine Anhäufung des Blutes in dem Gehirne und seinen Häuten bedingen, wie: grosso, den Kopf treffende Sonnenhitze, dunstige Stallluft, heftige Bewegung, Erschütte­rungen und mechanische Verletzungen, starke und plötzliche Sinnescin-drücke, der Gcnuss betäubender und scharf belaubender Pflanzen; dann Umstände, welche den llückfluss des Blutes aus dem Gehirne verhindern, wie: der Gebrauch zu enger Kummete, zu fest geschnall­ter Kehlriemen, dem Eintritte des Blutes in die rechte Herzkammer entgegenstehende Hindernisse, Verschliessnng der Drosselvene, erschwer­ter Kreislauf in den Lungen bei Lungenentzündung, bei chronischen Lungeniniillralionen, Lungenemphysem u. dgl. — endlich Anomalien der Menge und Beschaffenheit des Blutes, wie: die Vollblütigkeit, welche durch den Genuss kralliger, erhitzender und schwer verdaulicher Nah­rung, der Hülsenfrüchte, den Besuch frischer Klee- und Stoppelweiden (bei Schafen) entsteht, der typhöse Process, acute Exantheme U.B.W. Der Ursache nach können die Gehimhyperämien in primäre, welche oft schnell vorübergehen und mit dem baldigen Eintritte der Gesundheit endigen, und in seeundäre,' welche einem schon vorhandenen anderen Krankheilszuslande ihre Entstehung verdanken und eine unangenehme, oft gefährliche Complication desselben vorstellen, unterschieden werden.
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III
Gohirncongftstion.
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sect;. 28. Pathologische Anatomie, Die 6ehimhyperämie ist selten
über das ganze Organ verbreitet, meist ist sie entweder auf die Hirn­häute oder auf das Gehirn, oder auf einzelne Abschnitte dieses letzte­ren beschränkt. Die Hyperämie der weichen Hirnhaut ist durch die lebhafte Einspritzung der, ein feines Netz auf der HirnoberÜäche bil­denden Oefässe, durch kleine capillare Extravasate, Trübung und leich­tere Zerreisslichkeit, bei chronischem Verlaufe jedoch durch vermehrte Zähigkeit bei stärkerer Trübung der Membran und die Gegenwart zahl­reicher, geschlängelter Oefässe charakterisirt Jene dos üehirncs gibt sich durch eine in's Orauröthliche fallende Färbung der weissen, eine dunklere, braunrothe, in den höchsten 0radon violette Färbung der grauen Substanz, Schwellung der befallenen Abschnitte, wobei die Con-sistenz entweder normal oder vermehrt ist, zu erkennen. Häutig ist hic-mit auch eine stärkere Füllung der venösen Blutleiter, bisweilen auch der Oefässe der inneren Schädeltafel verbunden. Eine Vermehrung der Blutpunkte auf Durchschnitten ist oft, besonders bei chronischen Hy­perämien, wo die Oefässe mehr erweitert sind, zugegen; ebenso trifft man bisweilen auf kleine, capillare Blutergüsse.
sect;. 29. Erscheinungen und Verlauf. Leichtere Grade der Hyperämie, wie sie im Gefolge acuter und chronischer Krankheiten nicht selten vorkommen, geben sich durch Unruhe, Aufregung, Mattig­keit und Hinfälligkeit der Kranken, stärkere lujeclion der Augenbinde­haut, stieren, ängstlichen Blick, massige Pulsbeschleunigung, Vermehrung der Körpertemperatur, insbesondere am Schädel, zu erkennen. In den höheren Graden, welche entweder plötzlich oder nachdem einige Tage hindurch der früher erwähnte Zustand angedauert hatte, auftreten, wer­den die Thierc sehr unruhig, sie erleider. Anfälle von Tobsucht; Pferde hauen mit den Yorderfüsson, steigen in die Krippe, fletschen mit den Lippen, hängen in den Halftern his zum Zerreissen derselben, oder drän­gen an die Wände und den Barren, Binder und Schafe stossen mit den Hörnern, Hunde sind unruhig und taumeln hin und her. Die Binde­haut des Auges, die Schleimhaut der Nase und des Maules ist hoch geröthet, das Auge stier, glänzend, wild, die Körpertemperatur erhöht, meist reichlicher Sclnveiss zugegen, das At Innen sehr beschleuniget, mit heftigem Flankenschlage und starker Erweiterung der Xasenöffnungen, der Puls schnell und dabei entweder klein und hart oder voll; der Ab­satz der Excremente verzögert. Ist ein solcher Anfall, welcher von einer Viertelstunde bis zu einer oder mehreren Stunden lang dauert, vorüber, so tritt eine Bemission ein, während deren die Thiere erschöpft, nicht
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454nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Gebirncoogesüon
selten betäubt und wie bewusstlos dastehen, jedocli durch äussere Ein­wirkung, wie Berührung, Geräusch u. dgl., leicht wieder in den tob­süchtigen Zustand versetzt werden.
Der Verlauf der Krankheit ist ein verschiedoner. Entweder lässt die Intensität derselben schon nach kurzer Zeit (nach einem oder wenigen Tagen) nach und es stellt sich vollkommene Wi edergencsung ein, besonders wenn das Thier von früher her gesund war und eine pas­sende Behandhmg gleich anfangs eingeleitet wurde, oder es erfolgt eben so rasch der Tod, gewöhnlich in Eolge des Eintrittes eines Hirnödemes oder umfangreichen Blutergusses, oder es entwickeln sich Eolge zu­stände. Diese sind bald halbseitige Lähmung, meist abhängig von Blutextravasaten in einzelne Gehirnabsclmitte, bald bei Pferden der so­genannte Dummkoller, bei Rindern und Schweinen Schwindel, Stumpf­sinn, hervorgerufen durch Exsudationen in die Hirnhäute, das Gehirn oder die Himkammer, durch Gehirnödem oder Neubildungen in diesen Theilen. ücberstandene Himhyperämien hinterlassen wegen der häufig zurückbleibenden Erweiterung der Capillargefässe eine Neigung zu lle-eidiven.
Die Vorhersage ist nur im Beginne bei massigem Grade der Krankheit, bei von früher her nicht schon gehirnkranken Thieren und dort, wo eine nachweisbare und leicht zu entfernende Gelegenhcitsur-sache gewirkt hat, günstig.
sect;. 30. Behandlung. Nach Entfernung der Gelegenheitsursache (enger Kummete, drückender Sonnenhitze, dunstiger Stallräume, einge­drückter Schädelknochen, Entfernung oder Zersetzung aufgenommener Gifte u. s. w.) ist für die Unterbringung der Kranken in einem geräu­migen, luftigen, ruhigen Stalle, für Femhaltung aller auf das Gehirn und die Sinnesorgane wirkenden Beize zu sorgen. Bändigungs-, Eesse-lungsversuche u. dgl. regen die Thiere noch mehr auf und sind absolut nachtheilig; man überlasse sie vielmehr in einem passenden Baume, in dem sie weder sich noch andere beschädigen können, ihrer Willkür. Um die Heftigkeit der Anfälle zu mildern, begiesse man sie langsam mit kaltem Wasser, oder mache Eis- oder Schneeumschläge und setze kalte Klystiere. Sind die Thiere etwas beruhigter, so sind ergiebige Aderlässe, am besten aus der Drosselvene, anzustellen. Für den inner­lichen Gebrauch empfehlen sich die Mittelsalze in grossen Gaben, der Salpeter, der Brechweinstein, das Calomel, äusserlich starke Hautreize, besonders scharfe Einreibungen zwischen den Hinterschenkeln, das öftere Setzen von Klystieren.
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Sclila^fluss. — Oehinicongestion.
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Als Nahrung sind Griinfuttcr oder Knollen- und Brübeugewächse dem trockenen Futter vorzuziehen.
Bei chronischem Verlaufe sind die Aderlässe sparsamer, und statt der Mittelsalze vielmehr der Brechweiustein oder das Calomel an­zuwenden.
0 ehirncoiigestionon, welche sich bei dummkollerischen Pferden nicht selten einstellen, bedingen jene Symptomengrappe, welche mit dem Xamen des rasenden Kollers bezeichnet wird. Da ein solches Pferd nach dem Zurücktreten der Hyperämie alle Erscheinungen des ausgesprochenen Dummkollers zeigt, aber auch ein früher gesundes Pferd in Polge einer heftigen Gehirnhyperämie in den Zustand des Duimnkollers verfallen kann, so ist es in einem gegebenen Falle oft mit grossen Schwierigkeiten verbunden, sich bestimmt darüber auszusprechen, oh ein Pferd, wel­ches unter den Erscheinungen einer heftigen Gehirncongestion zuerst zur Beobachtung kam und nach Ablauf derselben sich als dummkollerisch erweist, schon früher vom Dummkoller befallen war oder nicht. Nur eine genaue Erhebung der Anamnese, eine sorgfältige Rücksichtnahme auf den Zustand des Thieres in den Zwischenräumen der tobsüchtigen Anfälle, auf die Art des Verlaufes und insbesondere auf die Dauer des hyperämischen Zustandes kann in solchen Fällen einige Anhaltspunkte für eine Ent­scheidung gehen.
3. Bliiterguss im Gehirne, Schlagfluss, Sciilaglähmuiig (Apoplexia).
sect;. 31. Gehirnblutungen kommen bei den Hausthieren vcrhält-nissmässig nicht sehr oft, am häufigsten noch bei Bindern und Scha­fen, bei den letzteren bisweilen selbst in seuchenartiger Verbrei­tung vor.
Aetiologie. Gehirnhäraorrhagien kommen durch alle Verhältnisse zu Stande, welche überhaupt Hyperämien dieses Organes zu veran­lassen vermögen, indem diese zu dem höheren Grade der Stase gediehen, endlich zu einer Zerreissung der Gefässe fahren, ferner durch Entzün­dung und Erweichung dos Gehirnes, wodurch die Consistenz dessel­ben vermindert und die in ihm laufenden Gefässe zu Bissen geneigter werden, bei fettiger Entartung und Verknöcherung der kleinen Hirnarterien, endlich durch Umstände, welche den BückÜuss des Blutes aus dem Gehirne behindern, z. B. durch Druck auf die Halsve­nen, bei Klappenfehlern des Herzens, bei Aneurysmen, bei chronischen Lungenleiden u. dgl. Insbesondere die erstgenannten Verhältnisse sind es, die in der Mehrzahl zu solchen Blutungen Veranlassung geben, welche überdiess mit Vorliebe bei gutgenahrten, kräftigen, oder aus einer kärglichen, plötzlich zu einer üppigen Fütterung gelangten Thie-ren, vorzugsweise bei grosser Sonnenhitze, oder beim Aufenthalt in
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Si'hlagHns^,
überfüllten oder dunstigen Stallräumen, nach grosser körperlicher An-strengung sieh einstellen. Da dieser A'crgang bisweilen (bei Schafen) selbst seuchenähnlich auftritt, so scheinen auch mitunter weiter ver­breitete und unbekannte atmosphärische Verhältnisse oder Fütterungs-methoden nicht ohne Eiuiiuss zu sein. Von den letzteren soll insbeson­dere die Verabreichung des nach frischer Gypsung gewonnenen Klees und der Betrieb üppiger Rloppelweiden nachtheilig sein.
sect;. 32. Pathologische Anatomie. Die Gehirnblutung tritt ent­weder als capillaru Blutung oder als apoplcctischer Heerd auf (sect;. 111 des allg. Theiles). Hei der ersteren finden sich an einer oder mehreren verschieden grossen Stellen dunkclrothe oder schwärzliche, mehr oder weniger dicht stehende Flecke, welche beim Uebcrstroifen mit der Messerklinge nicht zu entfernen sind (und sich hiedurch von Blutpunkten, die bei dem Durchschnitte des Gehirnes und seiner Oc-fässchen erst austreten, unterscheiden), zwischen denen die Gehirnsub­stanz entweder normal oder gelblich oder röthlich gefärbt, im Zustande der rothen Erweichung ist. Sie findet sich entweder im Innern des Ge­hirnes, besonders in dem Grosshirne (beim Pferde) oder auf der Ober-tläehe desselben im Gefolge der Entzündung der weichen Hirnhaut. Pis weilen treten kleine Extravasate dichter aneinander, die betroffene Gehirnpartio erscheint dann lichter oder dunkler gesättigt braunroth, brüchig oder erweicht, sogar breiähnlich (hämorrhagischer Infarct), ein Zustand, der jenen Fällen zu Grunde zu liegen scheint, bei denen nach längerer Andauer der Erscheinungen des Schlagflusses endlich Ge­nesung eintritt. Durch Zerreissung grösserer Gefässe oder einer grösseren Anzahl kleinerer bildet sich der apoplectische Heerd (mit den schon im allg. Theile sect;sect;. 111 u. ff.) augeführten Charakteren, woselbst auch der Heilungsvorgang dieser und der früheren Formen der Plutungen angegeben wurde). Plutungen in die Gehirnrinde erfolgen meistens nach der Einwirkung mechanischer Gewalt auf den Schädel; die betroffene Partie stellt dann gewöhnlich einen blutigen Brei dar, welcher nebst dem Extravasate zertrümmerte Nervensubstanz enthält. Tritt in solchen Fäl­len nicht rasch der Tod ein, so wird der nach und nach erbleichende Prei verflüssiget und kann allmälig selbst resorbirt werden; an der Stelle des früheren Extravasales findet sich eine gelb pigmentirte, mit der verdickten und gefässreicheren weichen Hirnhaut zusammenhängende Platte, unter welcher die Gehirnsubstanz geschwunden ist.
Auch in die weiche Hirnhaut erfolgen nicht selten bei einwir­kender mechanischer Gewalt Plutungen u. z. entweder in das Gewebe
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Schlagflnss,
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derselben oder zwischen sie und die Gehimsubstanz oder die Spinn-webenhaut. Erreichen dieselben eine solche Grosse, dass sie einen Druck auf das Gehirn ausüben, so kann der Tod erfolgen, im entgegengesetz­ten Falle aber die Resorption eintreten, wornach die Stelle gewöhnlich gelb pigmentirt bleibt.
Die Gehirnblutung- bedingt den Eintritt des Todes entweder plötzlich oder erst später in Folge der Ausbreitung der, in der Wand des Heerdes sich einstellenden Entzündung, oder durch Entstehung von Gehirnödem oder Erweichung, endlich durch din im Gefolge derselben auftretenden Lähmungen lebenswichtiger Organe.
sect;. 33. Erscheinungen. Dem Schlaganfalle gehen bisweilen Vor­boten u. z. gewöhnlich die Erscheinungen einer Hirnhyperämie, wie: Schwindelanfälle, Unruhe oder Abgestumpftsein, Hin- und Herschwan­ken , Muskelzuckungen, höhere Eöthe der sichtlichen Schleimhäute, Turgescenz der Hautvenen, wilder oder schläfriger Elick u. s. w. voraus, welche jedoch in anderen Fällen auch vollständig mangeln können. Tritt eine bedeutendere Hirnblutung ein, so stürzen die Thierc zu hoden (Schlagfluss) und sind entweder sogleich todt, oder sie liegen bewusst-und empfindungslos, ohne Bewegungen oder mit krampfhaften Zuckun­gen; die Körpertemperatur ist vermindert, die sichtlichen Schleimhäute sind meist stark geröthet, die Augen verdreht, die Pupille ist erweitert und starr, das Atlimen schnarchend, lief, der Puls gewöhnlich aus­setzend und so wie der Herzschlag nur schwer zu fühlen; Darm- und Harnentleerungen erfolgen bisweilen unwillkürlich. Die Kranken gehen entweder unter Fortdauer dieses bewusstlosen Zustandes in kurzer Zeit zu Grunde oder sie erholen sich allinälig, erlangen ihr Bewusstsein wieder, zeigen jedoch Lähmungen verschiedener Körperpartien. Am häufigsten betreffen diese das Ohr, welches dann schlaff herabhängt, die Augenlider, den Sehnerven (schwarzer Staar), die Lippen, welche dann nach der entgegengesetzten Seite verzogen sind, die Extremitäten, besonders die hinteren. Gewöhnlich ist die Lähmung halbseitig; sie kann bei kleineren Extravasaten, sobald diese resorbirt und wichtigere Gehimtheile nicht zerstört worden sind, allmälig (nach mehreren Wo­chen oder Monaten) verschwinden, unier entgegengesetzten Verhältnis­sen jedoch auch bleibend werden, in welchem Falle dann die Tödtung des Thieres nothwendig werden kann. Mcht seilen erfolgen, nachdem sicli die Kranken bereits etwas erholt haben, neue und umfangreichere Blu­tungen, welche dann den Tod der Thiere veranlassen.
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Scblagflnsa. - PfropfbUdung.
Die Vorhersage ist in jedem Falle ungünstig oder doch sehr zweifelhaft.
sect;. 34. Die Vorbauung besteht in der Vermeidung aller jener Umstände, wclcbe Hyperämien des Gehirnes zu veranlassen Termögen, und in einer rechtzeitigen und passenden Behandlung etwa schon ein­getretener. Die dir bei einem apoplectischen Anfalle besteht in der Einleitung einer geregelten Blutabfahr aus den Gefässen des Kopfes durch Entfernung aller drückenden oder beengenden Geräthe, Anstel­lung ergiebiger Aderlässe, in der Verminderung der Blutmenge des Ge­hirnes durch fortgesetzte kalte Umschläge oder sanfte kalte Begiessungon des Kopfes, örtliche Blutentleerungen, z. B. aus den Gefässen des har­ten Gaumens, Hervorrufung von Hyperämien an entfernteren Körper­partien durch reizende und scharfe Einreibungen an den Hinterschen­keln, durch reizende Klystiere. Erholt sich das Tliier, so sind alle heftigeren Eindrücke auf das Gehirn und die Sinnesorgane hintanzu-halten, durch Verabreichung von Salzen für freie Darmcntleerungen, durch die Amvendung des Salpeters, Eingcrlmtkrautes für die Beruhi­gung dos Kreislaufes Sorge zu tragen. Einem zunehmenden Verfalle der Kräfte ist durch milde Reizmittel (Arnica, Baldrian u. dgl.) zu begegnen. Im weiteren Verlaufe erweist sieh der Breehweinstein bis­weilen nützlich. Zurückbleibende Lähmungen werden auf die bekannte (im sect;. 100 des allg. Theiles angegebene) quot;Weise behandelt.
4. I'fniplliililunjf mill metastatische Hevrdc im Gehirne.
sect;. 35. Bei Pyämie findet man bisweilen auch in den Gefässen des Gehirnes eingeklemmte Pfropfe und hiedurch bedingte dunkelrothe, anfangs harte Infarctc der angrenzenden Hirnpartien, welche bisweilen in ihrer Mitte bereits erweicht und von einer rothen, harten Kapsel umgeben angetroffen werden. Nicht selten finden sich gleichzeitig auch Gerinnsel in den Blutleitern und in den, in dieselben einmündenden Venen. Die Diagnose dieses nur in pathologisch-anatomischer Rück­sicht Interesse bietenden Ereignisses kann während des Lebens des Thie-res mit Sicherheit nicht gestellt werden, sein Eintritt lässt sich vermu-then, wenn bei einem an Pyämie leidenden Thiere Symptome eines Cerebral-Leidens sicli einstellen.
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GeUrnwaaseraucht
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5. Wassersiichl.
a) Das G e h i r n o d c m. sect;. 36. Mau versteht unter Gehirnödem eine Infiltration des Ge­hirnes mit Serum, [u den niederen Gruden desselben verriith das anscheinend normale oder nur etwas weichere Gehirn seinen grösseren Serumgehalt nur durch einen vermehrten, wässerigen Glanz seiner Schnittfläche, während es in den höheren Graden zu einem weissen, Trümmer der Hirnsubstanz enthaltenden Breie erweicht erscheint. Es tritt bisweilen als selbstständige Erkrankung auf (wie bei der sog. Fallsucht der Hunde), bald stellt es sicli als ein seeundärer Process in der Umgebung von Entzündungsheerden, Ahscessen, Neubildungen im Gehirne ein, entwickelt sich auch gerne in den Wandungen der Hirnventrikel bei vorhandenem Serumergusse in deren Höhlen (sog. hy-drocephalische Erweichung), und im Gefolge chronischer Krank­heiten anderer Organe. Die durch seine Gegenwart bedingten Erschei­nungen treten bald unter der Form einer Abstumpfung oder Aufre­gung der Gehirnfunctionen, bald unter jener von Krämpfen, Lähmungen oder Sehwindel auf. Der Verlauf ist acut oder chronisch. Die Be­handlung, welche in den meisten Fällen gegen die das Hirnödem be­dingende primäre Krankheit gerichtet sein muss, gibt wenig Aussicht auf einen günstigen Erfolg.
b) Die Wassersucht der weichen Hirnhaut.
sect;. 37. Oedem der weichen Hirnhaut, wodurch dieselbe be­deutend verdickt, trübe und serös iufiltrirt erscheint, findet sich bisweilen im Gefolge von acutem Hirnödem, bei Wassersucht der Seitenkammern höheren Grades und allgemeiner Wassersucht. Die Ansammlung seröser Flüssigkeit in dem Sacke zwischen der weichen Hirn- und der Spinn­webenhaut wird gewöhnlich als äussercr Wasserkopf (Hydroce-phalus externus) bezeichnet. RTach Hinwegnahme der harten Hirn­haut sieht man durch die stark gespannte Spinnwebenhaut eine seröse Flüssigkeit hindurchschimmern, welche bei einem Einschnitte in einer mehr oder weniger bedeutenden Menge als klares Serum austliesst; die Hirnwindungen sind plattgedrückt, selbst atrophisch, die weiche Hirnhaut, so wie bisweilen auch das Gehirn selbst ödematös. Nach Herausnahme des letzteren aus der Schädelhöhle erscheinen gewöhnlich auch die subaraehnoidealen Räume an der Schädelbasis, so wie biswei­len auch jene des Eückenmarkes mit Serum erfüllt. Der Process
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4b0nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Gehiruwas^ersucht.
entwickelt sicli gewöhnlich chronisch im Gefolge vou Hirnödem, serö­sem Ergüsse in die Seitenkammern des Gehirnes, seltener bei ohroni-sclieu Lungenkrankheiten und hat mehr nur ein Tntoresse in patholo­gisch-anatomischer Beziehung.
c) quot;Wassersucht der Hirnventrikcl.
sect;. 38. Der Austritt von Serum aus den Gefässen der Adergeliechtc und der unter dem Ependym gelegenen Gehirntheile in die Höhle der mittleren und der seitlichen Gehimkammem wird als innerer Wasser­kopf, Hydrocephalus internus, bezeichnet, llan unterscheidet den
angeborenen und den erworbenen.
.lt;) Der a n g o 1) o r o n e W'si s s er kop f.
sect;. 39. D(-r angeborene Wasserkopf (Hydrocephalus congenitus) kommt wohl bei allen Haustliiergattungen, am häufigsten aber bei Kälbern, Lämmern und Ziegen vor. Die Anhäufung von Serum, welche sich entweder unter denselben Bedingungen wie der in späteren Lebensjahren eintretende quot;Wasserkopf, oder in Folge mangelhafter Aus­bildung des Gehirnes einstellt, ist meist eine enorme und kann das Ge­wicht mehrerer Pfunde erreichen. Die Flüssigkeit ist meist klar, dehnt die Scitcnkammern entsprechend dem Verhältnisse seiner Menge aus, ver­drängt und atrophirt die umgebenden Hirntheile, bisweilen bis zu dem Grade, dass die Grosshirnlappen zu häutigen Säcken verdünnt sind, welche die derben Auskleidungen der sehr erweiterten Kammern be­decken. Bei nur einigermassen bedeutender Entwicklung erleidet der knöcherne Schädel eine charakteristische Abweichung in seiner Gestalt, er wird im Verhältnisse zum Gesichte auffallend (drei- oder mehrmal) grosser, die Stirnbeine neigen sich nach vorne, die Oberhauptbeine zur Seite, das Hinterhauptbein nach rückwärts, dabei sind sie dünn, nicht selten an einzelnen Stellen weich und durchsichtig, die Fontanellen enorm gross, gewöhnlich fluctuirend und stellenweise von Verknöche-rungspunkten besetzt. Die Decken der Augenhöhlen werden nach ab­wärts gedrängt, die knöchernen Gehörgänge zu queren Spalten zusam­mengedrückt. Bei überwiegender Ansammlung von Serum in einer Seitenkammer treten auch die angeführten Erscheinungen nur einseitig hervor und der Kopf erhält hiedurch ein unsymmetrisches Ansehen. Die den Schädel bedeckende Haut ist verdünnt und von zahlreichen erweiterten Venen durchzogen. Höhere Grade dieses Zustandes erschwe­ren oder machen die Gehurl unmöglich und die Jungen gehen entweder
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sclion während oder kurz nacli der Geburt zu Grunde. Geringere Grade können dadureli, dass ein weiterer seröser Erguss sicli nicht ferner einstellt und die Sehädelknochcn sich durch lange Kuochenzacken oder Zwickelbeine verbinden, heilen.
ß) Dur erworbene Wasserkopf (Hydrocophalus aeguisitus).
sect;. 40. Er entwickelt sich während des extrauterineu Lebens und erfolgt bald acut, bald chronisch. Er wurde wohl bei allen Haus-thiergattungen beobachtcl, kommt aber bei Pferden insbesondere häufig vor und veranlasst dann jene Symptome, deren Complex man mit dem Namen des Dummkollers belegt. Obwohl diese Gruppe von Krank-heitserscheinungeu auch durch verschiedenartige andere Veränderungen des Gehirnes, seiner Häute und Umgebungen, wovon noch später die Hede sein wird, veranlasst werden kann, so ist sie docli in der bei Weitem überwiegenden Mehrzahl der Fälle durch die Ansammlung von Serum in den mittleren und seitlichen Hirnventrikeln und den daraus resultirendeii Druck, welchen dasselbe auf bestimmte Gehirnpartien aus­übt, so wie durch die bydrocephalische Erweichung oder ödematöse In­filtration der angrenzenden Hirntheile bedingt. Aus diesem Grunde erseheint es am passendsten, die genannte Krankheitsform an diesem Platze abzuhandeln.
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Her Diiiniiikttllrr (Aiuentia, fa(uitas).
sect;.41. Man versteht hierunter eine fieberlose, meist chronisch verlaufende Krankheit der Pferde, welche sich durch Störungen des Bewusstseins, Trägheit der willkürlichen Bewegung und Verminderung der Empfindlichkeit und Beizempfänglichkeit ausspricht.
Aetiologie. Eine besondere Anlage zur Entwicklung des Dunim-kollers wird gemeinen, phlegmatischen Pferden mit schlaffem Faserbau, schweren, plumpen oder Bammsköpfen, dann den von dummkollerischcn Eltern abstammenden Thieren zugeschrieben, wenngleich die tägliche Erfahrung lehrt, dass Pferde jeden Alters und Geschlechtes und jeder Paco in diese Krankheit verfallen können. Sie entsteht entweder ganz allmälig, so dass ihre Gegenwart erst, nachdem schon bedeutendere Mengen von Serum angesammelt sind, kenntlich wird (chronische Was­sersucht der Hirnventrikel, chronische Hirnhöhlenwassersucht) oder nach vorausgegangenen Hyperämien oder Entztindungen der Hirnhäute oder
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Uutmnküllcr.
des Gehirnes, oder endlich auf eine sehr ueute Weise duroh rasche Exsudation in die Ventrikel (acute Hirnhöhlenwassersucht).
Als (iclegonheitsursachon werden schwer verdauliches, kräfti­ges und reizendes Putter (besonders Hülsenfrüchte, Haidekorn u. s. w.), der Aufenthalt in heissen dunstigen Stallungen, starke körperliche An­strengimg oder miverhiiltnissmässig geringe Verwendung bei reichlicher l'üttorung, schwüle Hitze, der Gebrauch unpassender Arbeitsgeräthe, welche den freien Kücktiuss des Blutes vom Kopfe hemmen, mecha­nische Verletzungen des Schädels, Erschütterungen des Gehirnes u. s. w. beschuldiget. Meist ist jedoch der Zusammcntluss mehrerer solcher un­günstiger Aussonverhälluisse zur Entwicklung der Krankheit uotliwcn-dig; sicher ist es, dass geringere Grade derselben während der wärme­ren Jahreszeil sich bis zu einer Höhe steigern können, dass Thiere, die während des Herbstes und Winters wenigstens zu gewissen Ver­richtungen geeignet waren, im darauf folgenden Erühlinge oder Som­mer hiezu ganz untauglich werden; ein Umstand, der mehrmals wech­seln kann.
sect;. 42. Pathologische Anatomie. Aussei- den, seltener dem Dummkoller zu Grunde liegenden Krankheitszuständen, wohin auf das Gehirn drückende Knochenauswüchsc der inneren Schädeltafel, Ver-dickungeu und Knochenueubildungen der harten, Exsudationen der wei­chen Hirnhaut, Neubildungen an den Adergellechten und im Gehirne, Gehirnerweichung u. s. w. gehören, ist in der bei Weitem überwiegen­den Mehrzahl der Eällc die chronische und acute Exsudafion von Serum in die Seitenkammern des Gehirnes der gewöhnliche Befand bei dumm-kollerischen Pferden, und es wird nur in den schlimmsten Fällen ein Fehlschluss gemacht werden, wenn als die den Erscheinungen des Dummkollers zu Grunde liegende Veränderung die letztgenannte ange­nommen wird. Der Befund ist in etwas verschieden, je nachdem der Erguss auf eine chronische oder acute Weise zu Stande gekom­men ist.
a) Chronische Wassersucht der Gehirnvenlrikel. Die Sei­tenkammern des Gehirnes sind hiebei in verschieden hohem Grade er­weitert und mit einem wasserhellen Serum oft in dem Grade angefüllt, dass nach einem horizontalen, die Kammern nicht eröffnenden Durch­schnitte der Grosshirnhemisphären die Decke der Seitenkammorn sich hervorwölbt und bei Eröffnung derselben die Seh- und Streifenhügel am Boden derselben platt gedrückt (wodurch in Folge der Compression der Sehnerven bisweilen während des Lebens Blindheit (Araaurose)
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veranlasst wird), die Geruchskolben durch Serimi enorm ausgedehnt und macerirt erscheinen, nicht selten auch nach Durchbrach der Scheide­wand beide Kammern communiciren. Das Epcndyma ist verdickt, an seiner inneren Fläche bisweilen mit mohnsamengrossen, festen Knötchen besetzt, das Gesammthirn durch die quot;Wasseransammlung in den Kam­mern wie geschwollen, die Windungen an der Oberfläche und Basis zusammengepresst, abgeflacht, bisweilen wie verstrichen, die Gehim-masse selbst blutarm, entweder gleichfalls serös durchfeuchtet und weich, oder von normalem Feuchtigkeitsgehalte und dicht, die dritte Gehirnkammer meistens erweitert und Herum enthaltend.
b) Beim acuten Wasserkopfe ist die in den Ventrikeln ange­sammelte Flüssigkeitsmenge gewöhnlich gering und trübe, bisweilen durch in derselben vorhandene Kerne und Zellen eiterähnlich aussehend; die Kammerwandungen sind entweder von normaler Dicke, oder wenn die acute Ausschwitzung auf eine schon vorhandene chronische folgt, verdickt, in jedem Falle jedoch gleich der unmittelbar angrenzenden Gehirnsubstanz von Serum stark durchfeuchtet, ödomatös (im Zustande der weissen oder hydroccphalisehen Erweichung) und einzelne oder zahlreichere abgestossene Flocken dem Serum beimengend, dessen trübes Aussehen hiedurch noch vermehrt wird. In seltenen Fällen sind die Adergeflechte mit Flocken oder hautarligen Schichten croupösen Exsudates boschlagen oder eingehüllt. Das übrige Gehirn ist entweder blutreicher oder anämisch, überhaupt der Befund desselben kein con-stanter. Die Heftigkeit der eintretenden Erscheinungen ist von der llaschheit des Vorganges der Exsudation, von der Menge des ausge­schiedenen Serums und von der Maceration und Durchfeuchtung der übrigen Gchirnthcile abhängig. Der weitere Befund ist sehr verschie­den. Bisweilen linden sich Trübungen der Spinnwebenhaut, Verwach­sungen der harten Hirnhaut und dieser mit dem Schädeldache, Clioleste-atome an den Adergellechten, Hyperämien au der Gehirnbasis und am verlängerten Marke; häufig ist Oedem, acute Entzündung, selbst Brand der Lungen zugegen, seltener und meist ohne nachweisbaren Zusam­menhang mit dem Gehirnleiden sind Veränderungen der Leber.
sect;. 43. Erscheinungen. In den viel häufigeren, chronisch ver­laufenden Fällen ist das Bild der entwickelten Krankheit folgendes: Im Stande der Ruhe stehen die Pferde wie selbstvergessen, gleich-giltig, schläfrig und blöde, gewöhnlich mit stierem, trägem, auf keinen bestimmten Gegenstand gerichtetem Blicke, entweder in einen Winkel gelehnt oder mit auf dem Barren aufgestütztem Kopfe und nnregel-
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massiger Stellung der Füsso, wobei sie dieselben entweder kreuzen oder weit auseinander oder unter dem Leibe zusammenstellen, in dieser Stellung aueb verharren, wenn sie ihnen absichtlich gegeben wird und selbst auf einen Zuruf oder beim Berühren an sonst cmpfindliclicn Stellen dieselbe nicht aufgeben; oder sie schieben nach vor- oder rück­wärts, oder gehen auch einige Zeit im Kreise herum und stossen hiebei an ihnen entgegenstehende Hindernisse an. Ihre Empfindlichkeit ist sehr herabgesetzt und abgestumpft; sie dulden das Treten auf die Krone des Hufes, das Stossen in die Flankengegend mit den Finger­spitzen, das Hineingreifen in die Ohren ohne Widerstand, sind gegen Strafen u. dgi. unachtsam, obwohl auch Fälle vorkommen, wo die Em­pfindlichkeit nicht nur nicht verringert, sondern sogar wenigstens zeit­weilig gesteigert ist, so dass die Thiere bei Zuruf, rascher Berührung u. dgl. zusammenschrecken. Heim Fressen benehmen sich die Kran­ken sehr ungeschickt, sie fahren häutig rasch mit dem Maule in das Körnerfutter hinein, nehmen ein Maul voll, machen einige Kaubewe­gungen und halten dasselbe dann längere Zeit, ohne zu kauen und setzen diess erst nach einer Weile wieder fort, ebenso verfahren sie mit dem Heu, #9632;welches sie nur ungern von der Kaufe hcrabfressen, sondern es sich in der Kegel vorerst auf den Boden herabziehen und von da erst aufnehmen. Bei dem Saufen stecken sie den Kopf tief, oft bis über die Nasenlöcher, in das Wasser und halten ihn wie ver­gessen in dasselbe hinein, oft so lange, bis sie die Unmöglichkeit, zu athmen, zwingt, denselben herauszuheben. Der Puls ist entweder der Zahl nach normal, oder auch vermindert, so dass nur einige 20 bis 30 Schläge in der Minute erfolgen. Aehnliches findet mit den Alliem-bewegungen Statt, deren Zahl gewöhnlich verringert ist und die mei­stens in unregclmässigen Zwischenräumen auf einander folgen. Der Absatz der Excrcmente ist in der Hegel verzögert, die Fäcalballen sind klein, fest, meist lichter gefärbt; die Wirkung selbst heftiger Pur-girmittel ist eine viel geringere, als bei gesunden Pferden und bleibt bisweilen völlig aus.
Bei der Bewegung benehmen sich die Thiere ungeschickt, töl-pisch; sie gehen mit gesenktem Kopfe, hochgehobenen Fassen, als ob sie im Wasser wateten; sie stolpern häufig, drängen entweder nach vorwärts oder zur Seite, oder stürzen wie bewussllos an Widerstände an, sind gegen Hilfen und Strafen unempfindlich oder wissen dieselben wenigstens nicht zu deuten, und sträuben sich besonders gegen das Zurücktreten, wozu sie nur schwer oder gar nicht vom Platze zu bewegen
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Duuamkullüi'.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; -46ö
sind. Diese Evscheiuuugeu steigern sich mit der Dauer der fortge­setzten Bewegung und treten bei schwüler oder heisser Witterung, oder sobald das Thier ganz warm geworden ist, am deutlichsten hervor.
Nicht bei jedem dummkollerischen Pferde ist jedoch diese Sym-ptomeugruppe gleich vollständig und deutlich entwickelt. Insbesondere bei gericbtlicher Beurtheilung eines solchen Falles ist demnach nicht auf eine einzelne Erscheinung allein Ttücksicht zu nehmen, sondern es sind alle jene Symptome, welche auf eine Störung des Bewusstseins, so wie des WilleuseinHusses, auf die Art und Zweekmässigkeit der willkürlichen Bewegungen und auf eine Herabsetzung der Empfindlich­keil hinweisen, zusammenzufassen und der Umstand, dass die Krank­heit fieberlos und chronisch ist, zu würdigen.
Verhältnisse, welche Congestiouen zum Gehirne veranlassen, wie grössere Sommerwarme, der Aufenthalt in schwülen, dunstigen Stallungen, reizendes und kräftiges Futter, stark anstrengende Bewe­gungen steigern, die entgegengesetzten Umstände verringern die Erschei­nungen bei kollerischen Pferden bisweilen so bedeutend, dass die Dia­gnose dieses Zustandes nur nach sorgfältiger Beobachtung sichergestellt werden kann.
Der Verlauf des Dummkollers ist ein chronischer. Damit be­haftete Pferde können oft jahrelang bei passendem Verhalten wenigstens zu gewissen Diensten , z. B. zum langsamen Zuge, verwendet werden; ihr Gebrauch zur Personenbeförderung oder in Strossen bevölkerter Städte bleibt jedoch stets gefäbrlieh. Verschlimmerungen und Besserun­gen des Zustandes, die ersteren insbesondere im Frühlinge, oder wäh­rend des Sommers, die letzteren im Winter, werden häufig beobachtet. Zuletzt gehen solche Thiere entweder bei fortdauernder Zunahme der serösen Exsudatiou in die Gehirnventrikel durch Lähmung oder durch die in ihrem Gefolge auftretende Lungenentzündung, ein Lungenödem u. s. w. zu Grunde, oder sie müssen wegen gänzlicher Unbrauchbarkeit vertilgt werden. Vollständige Heilung erfolgt nur in den allerseltensten Fällen und bei geringeren Graden des Leidens.
sect;.44. Bei einzelnen dummkollerischen Pferden stellt sich biswei­len, insbesondere unter der Einwirkung von Verhältnissen, welche Con­gestiouen zum Gehirne zu veranlassen vermögen, z. B. bei grellem Lichte, starker körperlicher Anstrengung, eine bedeutende Aufregung ein, ein Zustand, welchen man rasenden (erethischen. Spring-) Koller nennt. Die Kranken benehmen sich während eines solchen Au­falles anbändig, wie rasend, steigen, wenn sie im Stalle sind, auf.
Roll, Pathol. und Therapie. II. Aufl.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;30
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46Bnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Diimrakoller.
reissen Halftern und Biemen ab, überschlagen sich nicht selten, rennen bewusstlos an ihnen entgegenstehende Gegenstände au u. dgl.; beim Ge­brauche gelten sie durch, sind gegen Hilfen und Strafen gefühllos, rennen bewusstlos au Widerstände an, steigen und überschlagen sich, stürzen in Gräben oder stehen fest und sind nicht vom Platze zu brin­gen, schlagen um sich, zertrümmern Wagen und Geschirre. Solche Paroxysmen dauern gewöhnlich nur eine kurze Zeit ('/,, bis l!,l Stunde), nach deren Ablauf die ganz erschöpften Thiere wieder rollkommen das Bild des Dummkollers bieten. Die Anfälle wiederholen sich zu unbe­stimmten Zeiten, bis endlich acute Exsudalionen in die Gehirnkammern, der Eintritt von Gehirnödem, Lungenenlziindung oder Gangrän, Para­lyse dem Leben ein Ende machen, wenn nicht schon früher die Ge­meinschädlichkeit solcher Thiere ihre Vertilgung veranlasste.
Von einer acuten Entzündung der Hirnhäute und des Gehirnes ist der rasende Koller durch die kurze Dauer der Anfälle, durch die Gegenwart der S5rmptomeugrup]ie des Dummkollers nach dem Paroxys-mus und durch den Mangel der Fiebererscheinungen unterschieden. Die Diagnose zwischen beiden wird jedoch in einem gegebenen Falle manchmal nicht leicht, da sich aus Hirnhautentzündung nicht selten der Dummkoller entwickelt und auch manche, insbesondere die späte­ren Anfälle des rasenden Kollers sich bisweilen in die Länge ziehen, so dass es, wenn man die kranken Thiere vorher nicht gekannt hat, schwer fallen kann, sich für eine oder die andere Krankheitsform zu entscheiden.
Fieberhafte Krankheiten, bei deren Gegenwart sich ein betäubter, wie schlafsüchtiger Zustand der Thiere, Abgesturapftsein u. s. w. ein­stellt, eine schlaffe Körperconstitution, Congestionszustände zum Gehirne, wie sie beim Zahnwechsel junger Thiere vorkommen u. dgl., werden mit dem Dummkoller bei nur einiger Aufmerksamkeit nicht verwech­selt werden können.
Mit dem Xamcn des consensuellen Kollers bezeichnet man gewöhnlich Keizungszustande des Gehirnes, welche kollerähnliche Erscheinungen zu bedingen ver­mögen. Hieher gehören der sogenannte Samenkoller bei Hengsten, welche früher zur Zucht benützt wurden, der Mutterkoller bei geilen Stuten, sobald ihr Ge­schlechtstrieb nicht befriediget wird, der sogenannte Magenkoller bei Störungen der Circulation im Hinterleibe. .Er tritt bald unter den Erscheinungen der Abstumpfung und des Blödsinnes, bald unter denen einer zeitweiligen Tobsucht auf. l)ic Hebung der zu Grunde liegenden Ursachen (Befriedigung des Geschlechtstriebes, bei Hengsten auch die Castration, Beseitigung der Störungen in den Hinterleibsorganen) führt
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Dunimkuller.
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biswuilcn Heilung dieses Leiilens, welches sich jedoch bei längerer Fortdauer zum wirk­lichen Uummkoller ausbilden kann, herbei.
Die Yorhersage ist mit Rücksicht auf die Möglichkeit, eine vollständige Heilung herbeizuführen, ungünstig; Besserung und bedingte Brauchbarkeit für gewisse Dienste lässt sich hei passendem diätetischen und therapeutischen Vorfahren in vielen Fällen erzielen.
sect;. 45. Eei der Behandlung spielt das diätetische Vorhalten eine Hauptrolle. Hioher gehören ein kühler, schattiger Stall, häufiger Aufenthalt im Freien, besonders zur Nachtzeit, bei kühler Witterung und geschützt vor den Sonnenstrahlen; weiches, viel quot;Wasser haltendes, nicht blähendes, grünes Futter, hinreichendes kühles Getränke, massige Verwendung und vollkommene Schonung bei Verschlimmerung des Krankheitszustandes. Für freie Entleerung des Hinterleibes ist durch zeitweilige Verabreichung von Mittelsalzen oder Aloe zu sorgen.
Eine eigentliche medicinische Behandlung ist nur im Beginne oder bei höheren Graden des Leidens, bei Steigerung der Zufälle oder bei rasenden Paroxysmen geboten. In dem letzteren Falle kürzt häufig ein Aderlass die Dauer des Anfalles ab; es lässt sich jedoch nicht läugnen, dass durch die wiederholte Anwendung dieses Mittels sich ge­wöhnlich höhere Grade des Dummkollers entwickeln. Kalte Umschläge, insbesondere von Eis auf den Schädel, kalte Begiessungen, scharfe Einreibungen an der inneren Fläche der Hinterschenkel sind empfeh-lenswerth, weniger gilt diess von den Haarseilen am Halse oder hinter den Ohren. Von Einigen wird die Anwendung des Glüheisens in der Stirn- oder Genicksgegend, das Abbrennen der Moxa längs der Wirbel­säule , das Xiesswurzclstecken an der Brust empfohlen. Innerlich wird sowohl bei höheren Graden des Dummkollers als beim rasenden Koller vorzüglich von Purganzen Gebrauch gemacht. Hicher gehören grössere Gaben der antiphlogistischen Miltelsalze für sich oder in Ver­bindung mit Brechweinstein, die Aloe gewöhnlich mit Calomel, die Crotonkömer und das Crotonöl. Ueberdiess finden auch reizende Kly-stiere, z. B. von Tabakabkochung Anwendung. Bei sehr ausgesproche­ner Betäubung und hohem Grade der Abstumpfung sollen sich Ein­spritzungen von Niesswurzeltinctur oder von mit Wasser verdünntem stinkenden Hirschhornöl in die Venen, so wie der innerliche Gebrauch der Messwurzel, bei dem Vorhandensein von Lähmungen der Gebrauch der Kräheuaugen wirksam erwiesen haben. Bei sehr herabge.komme-nen Thieren wird man bisweilen zu erregenden Mitteln (Terpentinöl,
Kamphor, Baldrian u. s. w.) zu greifen haben.
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Die Kntlt'erun); des in den Sei tenk ammern des üeliirnes enthal­tenen Serums durch das Anstechen der mit ihnen in Communication stehenden Oieruehskolben entweder nach vorausgegangener Anbohnmg der Stirnplatten des Stirn­beines, oder durch Einführung eines entsprechend geformten Troiearts durch den vor­deren Xasengang und Durchstosseu der horizontalen Platte des Siebbeines (nach Hayne) führt in den meisten Fällen nicht zu dem envünschten Resultate, da nach der Ent­leerung der Flüssigkeit in der Kegel rasch eine neue Exsudation erfolgt und die, insbesondere bei der letzten Operationsraethode leicht mögliche Verletzung einer gros-seren llirnpavtie den Jvrankheitszustand noch steigern und selbst zu einer tödtliclicn Gehirnentzündung oder C4ehirnblutung führen kann.
Da die Vererblichkeit des Bummkollers durch viele Thatsachen erwiesen ist, so sollten die mit dieser Krankheit behafteten Hengste und Stuten sorgfältig von der Zucht ferne gehalten werden, so wie auch die Verwendung derselben zum Dienste auf belebteren Ktrassen, wegen der Gefahr, den dieselbe für ilenschen und Thiere herbeiführen kann, polizeilich verboten sein sollte.
Nach dem österreichischen bürgerlichen Gesetze ist der Dumm­koller ein Hauptfehler mit einer Gewährszeit von dreissig Tagen. Eücksichtlich des Verkaufes kollerischer Militär-Pferde gelten in Oesterreich nachstehende Bestimmungen: Pferde mit rasendem Koller sind ärztlich zu behandeln, bis der Tod oder die Genesung eintritt, oder bis unzweifelhafte Zeichen des Dummkollers hervortreten. Die mit Dummkoller behafteten Pferde sind noch durch einige Zeit, jedoch nicht über sechs Wochen lang zu behandeln; stellt sich die Ueberzeugung heraus, dass eine, vollständige Heilung nicht zu erwarten ist, oder ist die Krankheit bereits wiederholt bei einem Pferde zum Vorscheine gekommen, so ist dieses Dieustpferd mit genauer Angabe des Defectes, der Zeit und Art der geschehenen Behandlung zu arbitriren, zu superarbitriren und auf die gewöhnliche Art, unter ausdrücklicher Angabe des Defectes an den Meistbietenden hintanzugeben. Dumm­kollerischen Stuten ist ein Brand in Form eines Kreuzes unter den Mähnen aufzudrücken, damit sie auf den Beschälstationen als solche erkannt und von dem Belegen zurückgewiesen werden, und es ist die Bedeutung dieses eingebrannten Zeichens bei der Veräusserung bekannt zu geben. Kollerische Hengste sind zu castriren und nach Umstän­den zu Gebrauchspferden oder zum Verkaufe im Lieitationswege zu klassificiren. Ausnahmen von der Veräusserung haben nur bei jenen Dienstpferden einzutreten, die wegen gänzlicher Stumpfheit ganz un­brauchbar geworden oder bei welchen schon Zeichen von Lähmung eingetreten sein sollten. Solche Pferde sind nach Massgabe der
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Hyper- und Atrophie des Gehirnes.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 4(59
Umstände entweder einem Heilversuchc zu unierziehen oder nueli der iSuperarbitrinmg zur Ersparung der Futter- und Medieamentenkosten zu vertilgen. (Erlass des Armee-Ober-Commando vom 12. Mai 1858, Abtli. 3 Nr. 1601.)
sect;. 40. Aueli bei anderen Hausthiergattungen, intsbesondere beim Rinde und Schweine, kommt ein dem DummkolLer der Pferde ähn­licher Krankheitszusland (Dummheit, Dummkrankheit genannt) vor, welcher jedoch selten ein eigentliches Oehirnleiden ist, sondern meist von Krankheitszuständeu der Hinterleibsorgane abhängt. Er spricht sich durch raquo;Senken oder schiefe Haltung des Kopfes, Betäubung und Abge­stumpftsein, unsicheren, schwankenden Gang, Anstürzen an Widerstände, Herumgehen im Kreise u. dgl. aus. Hiemit ist gewöhnlich Störung in der Fresslust und im Wiederkauen, so wie in der Ernährung zugegen. Eine Behandlung mit Furgirmitteln in Verbindung mit Brechweinstein, mit scharfen Arzneien, eine Ableitung mittelst des Haarseiles oder Glüh-eisens fuhrt in der Mehrzahl der Fälle Heilung herbei.
B. Störungen der Emäknmg, 1. Hjpertrupbie und Atrophie
sect;.47. Eine Yolumszunahme des Crehirnes durch Vermehrung seiner Marksubstanz ist bei Tiiieren bisher noch nicht nachgewiesen, ebensowenig ein gleichmässiger Schwund des ganzen Organes. Häufiger ist eine t heil weise Atrophie desselben in Folge eines an­dauernden, allmälig sich steigernden Druckes, z. B. von Seite der durch Serum sehr ausgedehnten Seitenkammeru, eines oder mehrerer zu einer bedeutenderen Grosse heranwachsenden Gehirnblasenwürmer (bei der Drehkrankheit), verschiedener von den Adergeilechten ausgehender Neubildungen, grösserer in die Schädelhöhle hineinragender Exostosen, wie sie sich öfter bei Rindern vorfinden und das Gehirn bisweilen zu dünnen Streifen zusammenpressen. Die Erscheinungen sind nach der Wichtigkeit der unmittelbar betroffenen Gehirnpartie mehr oder weni­ger auffallend, am ausgesprochensten, sobald das kleine Gehirn leidet: sie treten unter der Form von Lähmungen verschiedener Körpertheile, von Krämpfen, von Schwindel, Betäubung u. s. w. auf.
2. Keubildiingrii.
sect;. 48. Neubildung von Bindegewebe. Sie kommt besonders an dem Ependym der Seitenkammeru im Gefolge von chronischem
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Konblldungen im Gehirne.
Hydrocephalus in Form von kleinen Granulationen, dann an der Spinn-Avebenhaut u. z. an dem das Gehirn überziehenden Blatte vor. Sie bedingt dann eine mehr oder weniger bedeutende Verdiaknng und Trü­bung der Membran, eine Veränderung, welche bei älteren Thieren über­haupt, gegen den Sichclrand zu in der Regel zu bemerken ist. Bei Pferden, welche an wiederholten Hirnhautcongestionen gelitten liaben, finden sich bisweilen linsen- bis silbergroschengrosse Stellen der Spinn-webenliaut zu einer dichten, fascienartigen Platte verändert. Längs des Sichelraudes trifft man nicht selten die sogenannten Paechionischen Granulationen, d. i. dichte, runde, entweder höckerig aufsitzende oder durch einen Stiel mit der verdickten Arachnoidea zusammenhän­gende, fibröse, bisweilen verkreidende Auswüchse dieser Membran, welche bei ihrem Heranwachsen allmälig die harte Hirnhaut durchbohren und selbst an der inneren Schädeltafel grubige Eindrücke verursachen, in welchen sie eingebettet liegen, oder die quot;Wandungen der Blutleitcr durch­bohren und in ihre Höhle hineinragen. Sie sind oft bei Pferden, die an Dummkoller gelitten haben, zu finden.
Auch auf dem, die harte Hirnhaut überziehenden Blatte der Spinn­webenhaut sind nicht selten neugcbildetc, sehnenähnliche, bisweilen von Gefassen durchzogene Bindegewebsplaften, manchmal in mehreren von einander abziehbaren Schichten anzutreffen. Fibroidc finden sich bisweilen an den Adergefiechten der Scitenkammern bei Pferden; sie wachsen bis zur Grosse einer Haselnuss, selbst eines Taubeneies und darüber heran, verdrängen die anliegende Gehirnmasse und können durch Abschnürung ihres Stieles endlich als freie Körper in die Hirnventrikel fallen. Sie unterliegen bisweilen der fettigen Entartung und Terkreidung und können die Symptome des Duminkollers ver­anlassen.
sect;. 49. Neubildung von Fett. Eigentliche Lipome werden manchmal an der Spinnwebenhaut dummkollerischer Pferde in reich­licher Zahl angetroffen. Gallcnfettgeschwülste (Cholesteatome) kommen bei Pferden an den Adergefiechten der Seitenkammern, dann an der Arachnoidea der Gehirnbasis, bisweilen in nicht unbedeutender Anzahl, als stecknadelkopf- bis erbsengrosse, perlmutterartig glänzende Knötchen oder als platte Schüppohen vor. Ob sie durch ihre Grosse oder Zahl Störungen in den Gehirnfunetionen veranlassen können, mag vorläufig dahin gestellt bleiben; ihr Vorkommen ist keinesfalls selten.
sect;. 50. Neubildung von Knochengewebe trifft man ziemlich häufig, sowohl auf der Spinnweben haut u. z. in Gestalt von kleinen.
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N ubildungen im Gehirne,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 471
dünnen Flättchen, als in der harten Hirnhaut u. z. zunächst des Sichelfortsatzes in Form mehr oder weniger grosser, bisweilen ziemlich dicker Knochenplatten, die bei einiger Mächtigkeit aus einer dichteren Rinde und einer porösen, mittleren Schichte bestehen. Da sie bei Sectio-nen sowohl solcher Thierc, welche während des Lebens Erscheinungen eines Gehiruleidens nicht zeigten, als auch bei solchen gefunden wer­den, welche Symptome des Dumnikollers an den Tag legten, so lässt sich über ihre nachtheilige Wirkung etwas Bestimmtes nicht anführen.
sect;. 61. Pigmentbildung. Graue und schwarze Pigmentirung der weichen Hirnhaut in der Nahe und Umgebung ihrer grösseren Gefässe ist ein ziemlich häufiger Befund bei Pferden, welche an wie­derholten Gehirncongestionen gelitten haben. Eigentlicbe melanotische Geschwülste wurden bisher an den Adcrgefiechten der Seitenkam­mern und in einem hier beündlicheu Präparate an der unteren Fläche des Kleinhirnes in der Xähe des verlängerten Markes vorgefunden. Die hiedurch bedingten Erscheinungen sind in der Regel jene des Dumm­kollers, bisweilen mit Drehbewegungen nach einer Seite.
sect;. 52. Die Bildung von Cysten kommt nicht selten an den Adergetlechten der Pferde zur Beobachtung. Sie stellen entweder kleine, steeknadelkopf- bis erbsengrosse, mit einer klaren Serosität angefüllte Bläschen oder liaselnuss- bis tanbeueigrosse Geschwülste dar, welche innerhalb einer mehr oder weniger derben Wandung bald eine trübe, dockige Flüssigkeit, bald eine breiige, aus epithelialen Gebilden beste­llende Masse enthalten. Bei geringerer Entwicklung scheinen diese Neu­bildungen bemerkbare Krankheitssymplome nicht zu veranlassen, bei bedeutenderer Grosse können sie den Eintritt von Schwindel und Be­täubung bedingen.
Krebs des Gehirnes oder seiner Häute ist uns bisher noch nicht vorgekommen. Sehr seiteu ist die sogenannte tuberculöse Ent­zündung der weichen Hirnhaut bei den Hausthieren.
3. Uehirn- und Geliiriihaut-Eiilziimluiig (EncepbalUis und IHeningitis).
sect;. 53. Diese Krankheitsform befallt unter den Hausthieren am häufigsten Pferde und Rinder; sie wird in ihrem Verlaufe oft tödt-lich oder hinterlässt wenigstens Störungen, welche die befallenen Thiere für gewisse Dienstesleistungen untauglich machen.
Am seltensten ergreift der Entzündungsprocess das Gehirn sammt seinen Häuten, öfter werden umschriebene Partien des Gehirnes, am häufigsten die Hirnhäute befallen.
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4 i Znbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Oehirnentzllndung.
Während des Lebens der kranken Thierc wird es nur in den wenigsten Füllen möglich, den vorwaltend leidenden Hirntheil mit Sicherheit zu bestimmen; in praktischer Hinsicht lassen sich dalier die Hirn- und Hirnhautentzündung füglich gleichzeitig abhandeln.
Aetiologie. Die Krankheit tritt entweder primär u. /.. in Polge aller jener Ursachen auf, welche bei der Gchirncongestion bereits er­wähnt wurden, oder sie stellt sich als ein sceundäres Leiden im Ge­folge anderer, in dem Gehirne, seiner Umgebung oder in anderen Orga­nen ablaufender Krankhcitsprocessc ein.
Pathologische Anatomie. Die Entzündung der weichen Hirnhaut entwickelt sich vorzüglich an der Convexität der Halbku-geln des Grosshirnes und an der Gehirnbasis; sie charakterisirt sicli durch eine mehr oder weniger bedeutende Schwellung und Trübung dieser entweder stark oder wenig injicirten Membran, welche gewöhn­lich auch an ihrer freien Oberfläche mit flockigen oder gleichmässigen Lagen eines gelben oder graulich gelben Exsudates, welches die Gehirn­windungen an einander klebt, bedeckt ist; die Rindensubstanz des un­terhalb liegenden Gehirnes ist entweder unverändert oder hyperämisch und von capillären Extravasaten durchzogen oder entzündet und im Zustande der rothen Erweichung. Bisweilen wird ein eiteriges Ex­sudat zwischen Spinnweben- und weicher Hirnhaut angetroffen, in welchen Fällen dann gewöhnlich die Meningitis sehr ausgebreitet ist und auch Eiterheerde im Gehirne vorkommen. Kommt die Entzündung an der Spinnwebenhaut der Gehirnbasis vor, so ist gewöhnlich in dem Subarachnoidealsacke eine bedeutendere Menge von Serum ange­sammelt, die Hirnhäute sind mit einem faserstoffigen oder eiterigen Exsudate beschlagen, welches die Himspalten verklebt; stets ist in sol­chen Fällen ein namhafter seröser Erguss in den Seitenkammern, bis­weilen auch Hirnödem zugegen. Bisweilen nehmen die faserstoffigen Exsudatmassen das Ansehen von Tuberkebi an — tuberculöse Hirn­hautentzündung. Gewöhnlich endet die Entzündung der weichen Hirnhaut tödtlich; bisweilen entwickeln sich in ihrem Verlaufe binde-gewebsartige Verdickungen und fibröse Schwarten an derselben und an der Spinnwebenhaut, Adhäsionen zwischen ihnen und der harten Hirn­haut, deren Gegenwart zu verschiedenen Störungen der Gehimfunctio-nen und zu Nachkrankheiten (z. B. Dummkoller, Fallsucht) Veranlas­sung gibt. Geringere Grade der Krankheit heilen auch durch Zerthei-lung der Hyperämie und Resorption des Exsudates.
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Gehirnentzündung.
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Entzündliche Veränderungen der Spiunwebenhaut sind stets durch gleichartige Anomalien der weichen Hirnhaut bedingt.
Die Entzündung der harten Hirnhaut betrifft entweder die innere, der Spinnwebenhaut zugekehrte Fläche und führt bald zu crou-pösen Exsudationen, bald zur Bildung bindegewebiger oder fibröser Neubildungen, oder sie entwickelt sieh an der, den .Schädelknochen an­liegenden Fläche gewöhnlich in Folge traumatischer Einwirkungen oder der Caries oder der Entzündung der Schädelknochen, wobei sie sich gefäss-reich, von Extravasaten durchsetzt, verdickt und erweicht darstellt. In Folge dieser Entzündung kann es zu namhaften Yerdickungen der har­ten Hirnhaut, zu Verwachsungen derselben mit den Schädelknochen, zu Knochenneubildungen an der inneren Fläche der letzteren, zur Ver­eiterung dieser Membran und der anliegenden Knochen und zur Ent­wicklung seenndärer Entzündungen der weichen Hirnhaut und des Ge­hirnes kommen.
Die Entzündung des Gehirnes selbst betrifft stets nur ein­zelne Abschnitte desselben. Sie wird gewöhnlich durch Hyperämie und Stase eingeleitet und der betroffene Hirntheil bietet dann die bei der Hirncongestion angeführten Erscheinungen. Sie entwickelt sich im Gefolge der verschiedenartigsten localen Circulationsstörungen im Gehirne, wie der Erkrankungen der Hirnart crien, der Thrombose derselben, ver­schiedener Geschwülste oder grösserer Extravasate, in so fern sie einen Druck auf andere Hirntheile ausüben, traumatischer Einwirkungen auf den Schädel, ferner allgemeiner Störungen des Kreislaufes, wie bei Herz-krankheiten , bei gewissen Constitutionsanomalien, endlich im Verlaufe der Entzündung der Hirnhäute, des Rückenmarkes und der diese Theile umgebenden Knochen.
Bei den höheren Graden der entzündlichen Siase kommt es in der Regel zur Bildung von Ext ravasaten, durch welche der Entzün-dungsheerd eine röthlicho Färbung erhält. Im weiteren Verlaufe erleidet der entzündete Hirntheil eine wesentliche Veränderung seiner Textur, er wird geschwellt, gewöhnlich feuchter oder selbst breiig weich, in vielen Fällen auch in seiner Färbung moditicirt. Bald erscheint die entzündete Gehirnpartie an einer scharf umschriebenen und von gesunder Substanz umgebenen, oder an einer allmälig in die normale Umgebung sich ver­lierenden , verschieden grossen Stelle blass oder gesättigt grau- oder gelblichroth, weich oder sogar zu einem über die Schnittfläche hervor-(juellenden Breie verändert und von capillären Extravasaten durchzogen, ein Befund, der als rothe Erweichiniquot;- bezeichnet wird. Ein solcher
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474nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Oebirnentzllndang,
Heerd enthält erweiterte Capillaren, fettig degenerirte Nervenfasern und Nervenzellen, Eiter- und Fettkömchenzellen, bisweilen auch Faser-stoft'exsudat, dann extravasii-tes Blut.
Die rotlic (i o liirn p rwfiichung stellt sich jodocli in folge looaler Circula-tionsstfirungen aueli als aelbstständiger, von der Entzändong unabkiingiger Process ein, in welchem Falle in dem erweichten Heerde die Eiterzellen und Exsudatstveifen ver-misst werden und die breiige Masse vorwaltend aus fettig degenerirten Nervenfasern, Nervenzellen und (let'iissen hcstelit.
In Folge der rothen Erweichung erfolgt entweder der Tod oder es bleiben wenigstens für die übrige Lebenszeit dauernde Functionsstö-rungen des Gehirnes zurück, bedingt durch weitere Veränderungen in der erweichten Partie. Ks ändert nämlich die rothe Hirnpartie nach und nach ihre Färbung und verwandelt sich in eine graue oder weisse, zähe oder molkenähnliche breiige Masse, welche im letzteren Falle von zottigen Wandungen eingeschlossen, im ersteren aber in ein aus Gefäs-sen und zartem Windegewebe bestehendes, maschiges (Jerüste eingebet­tet ist (Zelleninfiltration) und aus fettig entarteter Nervensubstanz, gelben oder röthlichen Pigmentkörnern, Kiterzellen in unverändertem und fettig degeuerirtem Zustande und Exsudat streifen bestellt, deren Um­gebung gewöhnlich serös infiltrirt oder von capillaren Blutungen durch­setzt erscheint, — weisse oder graue Gehirnerweichung.
Auch diese Form der Erweichung tritt bisweilen in Folge einer plötzlichen Hemmung der Blutzuftlhr ohne Begleitung einer Entzündung ein.
Bisweilen erfolgt eine allmälige Resorption der breiigen Massen und es bleibt dann eine, von indurirter Hirnmasse umschlossene, mit einer trüben Serosität gefüllte Lücke im Gehirne zurück.
Als weitere Metamorphose der genannten Erweichungen, nament­lich der rothen, dürfte die sog. gelbe Erweichung anzusehen sein. Bei dieser, welche bisher einigemal bei an Uummkoller umgestandenen Pferden angetroffen wurde, zeigt der Heerd eine hell- oder schwefel­gelbe Färbung, eine verminderte, brei- oder sulzartige Consistenz und massige Schwellung; er geht entweder unmittelbar in eine normale oder in eine hyperiimische oder von capillären Extravasaten durchsetzte Um­gebung über. Aussei' den bereits oben angeführten Elementen finden sich hier zahlreiche neue Zellen und ein feinfadiges Bindegewebe.
Aus einer dieser Erweichungsformen bildet sich bisweilen der Abscess oder die eiterige Erweichung des Gehirnes heraus, indem die Bildung der Eiterzellen überwiegend wird, nach und nach die anderen Elemente der Krweichungsheerde verschwinden und schliesslich
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GehfmentzSndong
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ein verschieden grosser, von gelbem, rahmähnlieheni oder von grün­lichem oder missfarbigem Eiter erfüllter, von zottigen, eiterig infiltrirten Wänden umschlossener Hoerd entsteht, dessen Umgebung sich im Zu­stande der rothen, gelben oder weisscn Erweichung befindet und manch­mal gleichfalls der fortschreitenden Eiterung unterliegt. Der auf diese Weise entstandene Gehirnabscess, dessen Eintritt besonders nach traumatischen und solchen Hirnontzüiulungen, welche sich in Folge von Krankheiten der Schädelknochen und Hirnhäute entwickeln, beobachtet wird, führt entweder durch seine grosse Ausdehnung, durch die Con-sumtion wichtiger Hirntheile, durch Ausbreitung der Entzündung zum Tode des Thieres, oder er entleert unter günstigen Verhältnissen sei­nen Eiter durch die, in Folge der fortgepflanzten Eiterung perforirten Schädelknochen (z. B. das Felsenbein bei Hunden), oder der in ihm enthaltene Eiter wird eingekapselt und später entweder eingedickt oder vielleicht auch durch transsudirtes Serum dünner und möglicherweise zum Tlieile resorbirt.
Bei den Hausthieren kommen Entzündungen der Hirnhäute ohne Vergleich viel häufiger vor als jene des Hirnes selbst.
sect;. r)4. Erscheinungen. Den Beginn der Krankheit machen ge­wöhnlich die Erscheinungen der Gehirncongestion, welche sich, da Hy­perämien in der Umgebung des Entzündungsheerdes in der Hegel fort­bestehen , auch im weiteren Verlaufe der Krankheit nicht selten wie­derholen. Nachdem dieselben eine verschieden lange Zeit, 12 — 48 Stunden angedauert haben — in seltenen Fällen, ohne dass sie eingetre­ten wären (was dann zu geschehen scheint, wenn der Entzündungs­oder Erweichungsheerd sich nur allmälig und an einer weniger wich­tigen Hirnpartie ausgebildet hat) — stellt sich ein Zustand von Stumpf­sinn und Bewusstlosigkeit ein; die Thiere stehen mit lierabhängendem oder aufgestütztem Kopfe, den sie sich nur widerstrebend in die Höhe heben lassen, mit unregelmässiger Stellung der Füsse oder sie liegen betäubt und regungslos. Durch Zuruf sind sie bisweilen wohl für eine kurze Zeit zur Besinnung zu bringen, verfallen jedoch bald wieder in ihren schlafsüchtigen Zustand, in Bewegung versetzt gehen sie mit hängendem Kopfe schwerfallig einher, taumeln oder bewegen sich blind­lings auf Widerstände los, drängen nacli der Seite oder schwanken hin und her. Nicht selten macheu sie auch im Stalle oder im Freien sich selbst überlassen stundenlang dieselben Bewegungen, laufen und drehen sich im Kreise u. z. gewöhnlich nach einer bestimmten Richtung. Die Empfindlichkeit wird abgestumpft, die Kranken lassen sich meistens
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47bnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Gehirnentzlindung
auf die Krone des Fusses treten oder in die Ohveu greifen u. dgl. Die Fresslust ist verringert, die Tliiere vergessen sich oft beim Fressen, sie halten einen Futtenvisch lange und ungekaut im Maule, stecken den Kopf tief in's Wasser; die Entleerungen der Excremente, des Harnes sind seilen, die ersteren sind meist schlecht verdaut und blass, der letztere bleich. Die Athemziige sind tief und langsam, der Puls ist gewöhnlich nur mehr massig beschleuniget. Während des Verlaufes stellt sich zu unbestimmten Zeiten Aufregung ein; die Thiere werden unruhig, manche verfallen in einen Zustand der Tobsucht und Raserei, nach deren Ablauf die frühere Symptomengruppe, gewöhnlich jedoch in verstärktem Masse, zurückkehrt.
Genesung tritt in der Regel nur bei Eutzündimgen der Hirn­haut und bei massiger Entwicklung- des Leidens ein; sie wird im Gan­zen nur selten beobachtet. Häufiger ist die von den weiteren Verän­derungen des entzündeten Organes abhängige Entwicklung von Folge­zuständen, unter denen die gewöhnlichsten der üummkoller, der Schwindel, halbseitige Lähmungen, Erblindung u. dgl. sind.
Der Tod tritt entweder plötzlich ein u. z. schon im Anfange der Krankheit oder erst in Folge der höheren Grade der Erweichung, ver­breiteter Gehirnabscesse u. s. w., oder er ist bedingt durch andere sich hinzugesellende Krankheiten, worunter die meist in Brand endigenden Lungenentzündungen die gewöhnlichsten sind.
Die Prognose ist dem Angeführten nach im Allgemeinen un­günstig, und nur so lange die Erscheinungen der Gehirncongestion noch zugegen sind, ist eine Hoffnung auf vollständige Herstellung zugegen.
sect;. 55. Behandlung. So lange die Erscheinungen der Gehirnhy-perämie vorhanden sind, ist das früher (sect;. 30) angegebene Heilverfah­ren durchzuführen; sind dieselben schon zurückgetreten, so ist eine energische Antiphlogose nur mehr bei den zeitweilig auftretenden Ver­schlimmerungen angezeigt. Ausser denselben begnügt man sich mit der fortgesetzten Anwendung kalter Ueberschläge auf den Kopf oder zeitweiliger kalter Begiessungen desselben, so wie der ableitenden Haut­reize und kalter oder reizender Klystiere. Für den innerlichen Gebrauch eignen sich am besten nebst den Mittelsalzen, der Aloe und dem Sal­peter der Brechweinstein und das Calomel, bei höheren Graden der Betäu­bung in Verbindung mit erregenden Mitteln, der Arnica, der Engelwurzel, dem Baldrian u. dgl.
Man halte die Kranken in kühlen, luftigen Stallungen oder bei kühlem Wetter auch im Freien, reiche ihnen öfter ft-isches, reines Brun-
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Hiinbiuih. HinicischlUtcluugnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 477
nenwasser uud uur wenig uahrhafteB, am besten grünes Futter oder Knollen- und Rübengewächse.
Eintretende Lälimungen werden nach den früher angeführten Grundsätzen behandelt.
C Verändenmgen der physikaMschm Eüyeiischafleu.
sect;. 5H. Der Veränderungen der Grosse wurde bereits im sect;. 47 gedacht. Abweichungen in der Gestalt des Gehirnes sind durch ange­borene Missbildungen desselben bedingt. Audi Anomalien der Lage sind in den meisten Fällen angeboren; sie können sich jedoch auch in Folge des Druckes von Geschwülsten und der Verwundungen der Schä-delknochen und Hirnhäute später entwickeln. In dem letzteren Falle kommt es bisweilen an der Oberfläche der blossgelegten Hirntheile zu einer wuchernden Neubildung von Capillaren uud zur Eiterproduction, zu seröser Durchfeuchtung der von Extravasaten durchzogenen Gehirn-parlie, wodurch eine Anschwellung und eine Hervorwucherung dersel­ben aus der Schädelwunde—Hirnbruch, Hirnschwamm — bedingt wird, welche später stellenweise oder in ihrem ganzen Umfange nekro-tisiren kann, worauf neue Wucherungen stattfinden.
Trennungen des Zusammenhanges des Gehirnes erfolgen:
a)nbsp; nbsp;durch Verwundungen, in Folge deren entweder unmittelbar oder durch die sich einstellende Entzündung, Erweichung und Eiterung der Tod oder durch Verwachsung der Wuudfläclien, des Gehh-nes mit den Hirnhäuten uud dem Schädel vollständige oder unvollkommene Genesung eintritt;
b)nbsp; nbsp;durch Erschütterung des Schädels, welche häutig den Tod veranlasst; wornach entweder eine Veränderung in dem Gehirne gar nicht angetroffen wird, oder dasselbe, bald durch eingedrungene Knochen-theile, bald ohne duss diess der Fall wäre, bloss in Folge der Erschüt­terung stellenweise zertrümmert und von Extravasaten durchzogen oder von Abscessen, Erweichungsheerden durchsetzt erscheint. Nach dem Grade der Erschütterung wechseln die Erscheinungen zwischen einer leichten und bald vorübergehenden Betäubung und einem andauernden Sopor, aus welchem die Thiere nicht wieder erwachen.
Von den Erweichungsprocessen war bereits (sect;. 53) die Hede. Verhärtung der Hirnsubstanz tindet sich bisweilen in der Umgebung heilender apoplectischer Cysten, heilender Erweiehungsheerde und in atrophischen Himtheilen.
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478nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Diehkrankhcil.
jD. Parasiten im Gehirne.
sect;. 07. Im Gehirne der Huusthicre wurden bisher Schmarotzer aus der Classe der Insekten und der Eingeweidewürmer ange-troffen.
1.nbsp; Insekten. Bremseularven kamen liier bisher nur einmal u. z. im linken Hirnstamme bei einem Fohlen vor, welches sicli während des Lebens fortan von rechts nach links im Kreise drehte und als es sich nicht weiter aufrecht erhalten konnte, beständig auf der rechten Seite lag. (Wiener Viertel.).-Schrift für Vet.-Kunde IV. Bd.)
2.nbsp; nbsp; Von Eingeweidewürmern tindet sich der F innen blase u-wurm in der weichen Hirnhaut, in der lündensubstanz und in den (Jchirnkammern des Schweines, und der Gehirublasenwurm in dem Hirne der Wiederkäuer, angeblich auch des Pferdes. Die Gegenwart des letztgenannten Helminthen bedingt die Entstehung der Drehkrankheit.
Die Drrhkrankheit (H;di'ucv|ibalus Imlatidcus.).
sect;. 58. Dieses, auch unter dem Namen: Drehsucht, Taumel­sucht, Tölpischsein bekannte chronische Leiden kommt am häufig­sten bei Schafen, seiteuer bei Kindern vor, gibt sich durch Störun­gen in der Gehirnfunction und in den willkürlichen Bewegungen zu erkennen und führt in den meisten Fällen unter den Erscheinungen der Cachexie zum Tode.
Aetiologic. Die Krankheit entwickelt sich in bei quot;Weitem über­wiegendem Verhältnisse bei jungen Thieren, bei Lämmern gewöhn­lich im dritten bis vierten Monate, seltener noch bei Jährlingen, obwohl auch Fälle ihres Vorkommens bei älteren Thieren bekannt sind. Die Gelegeilheitsursachen wurden bis vor Kurzem in einem zu üppig nährenden, schwer verdaulichen Futter, in der Einwirkung zu grosser Hitze, in dem Aufenthalte in dunstigen Stallungen, in körperlicher Er­hitzung bei weitem Treiben, besonders mit nachfolgender Erkältung, in dem Genüsse aromatischer Bilanzen (besonders der lippenblüthigen und Doldengewächse;, der Zeitlosen, in der während des Zahnungsge­schäftes stattfindenden Congestion zum Gehirne u. dgl. gesucht. Die neueren Forschungen haben jedoch die völlige Unhaltbarkeit dieser Annahmen nachgewiesen und es zur Gewissheit erhoben, dass sich der Gehirnblascnwuim der Schafe durch die Aufnahme der, reife Em­bryonen enthaltenden Endglieder (Proglottideu) des Coeuurus-Bandwur-mes des Hundes (T. Coenurus Euch.) entwickle. In Schäfereien nämlich.
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Drehkrankheit.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 479
wo die Drehkrankheit einheimisch ist, werden den Schäferhunden häufig die Köpfe oder Gehirne der Dreher zum Fressen vorgeworfen. Die in den Magen dieser Thiere gelangte Cönurusblase wird verdant, während die Köpfe allmälig Glieder ansetzen, zu einem Bandwurme (T. (Joenu-rus) werden, dessen Glieder allmälig geschlechtsreif werden, sieh tren­nen und aus dem Darme abgehen. Diese gelangen auf das Gras der Weiden, können sich daselbst sogar etwas fortbewegen, gehen schliess-lich zu Grunde und werden durch Fäulniss zerstört, worauf die in ihnen enthaltenen, durch eine harte Schale geschützten, mikroskopisch kleinen, lange entwicklungsfälligen Hier frei werden. Diese, weniger wahrscheinlich die reifen Endglieder, werden von den Schafen mit dem Futter gefressen und gelangen in den Magen derselben, wo sie durch die Einwirkung der Verdauungssäfte ihre harte, kalkige Schale verlie­ren. Die hiedurch freigewordenen, mit sechs Häkchen versehenen Em­bryonen durchsetzen hierauf mit Hilfe ihrer Waffen den Körper des Wohnthieres und entwickeln sich, wenn sie in das Gehirn desselben gelangen, zum Gehirnblasenwurme, während sie in andere für ihre Fortbildung unpassende Körpertheilc gedrungen, verkümmern und zu Grunde gehen. Die angegebene Entwicklungsgeschichte gründet sich aufzahlreiche, an verschiedenen Orten mit stets gleichem Erfolge vor­genommene Fütterungsversuche.
sect;. 59. Pathologische Anatomie. In jenen Fällen, wo die Schafe unter den Erscheinungen einer Hirnhaut- und Hirnentzün­dung rasch zu Grunde gegangen sind, finden sich Trübungen und Schwellungen der Spinnweben- und weichen Hirnhaut, grosser lilut-reichthum des Gehirnes und entweder frei an der Gehirnoberlläche ge­lagerte, oder mehr oder weniger lief in dieselbe eingedrungene und dann von einem gelblichen, stellenweise rahmähnlich zerHiessenden, eiterigen Exsudate umschlossene, sehr zahlreiche Wäschen von der Grosse eines grossen Stecknadelkopfes bis zu jener einer Erbse, welche innerhalb einer strueturlosen Wandung ohne Spuren von Kopfanlagen eine klare, wasserhelle Flüssigkeit enthalten. Dieser Befund wird öfter bei künstlichen Fütterungsversuchen mittelst der genannten Bandwurm­glieder, gewöhnlich nach zwei bis drei Wochen angetroffen. Gehen die Thieren nicht so rasch zu Grunde, so erreichen die Blasen eine bedeu­tendere Grosse, an verschiedenen Stellen treten an ihnen Trübungen, ;ds Andeutungen der Kopfanlagen hervor, welche sich später zu zahl­reichen, in Gruppen beisammenstehenden Köpfen entwickeln, wobei nach und nach die Blasen bis zur Grosse eines Hühnereies heranwachsen
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480nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Drehkrankheit
können. Ju woniger Blasen zur Entwicklung- kommen, eine desto be­deutendere Grosse erlangen sie; sie dringen allmiilig tiefer in das Gehirn ein, verdrängen und atrophiren dasselbe und veranlassen biedurch die auftretenden Krankbeitsersclieiuuugen, welche durch den Sitz und die Zahl der Blasenwürmer mannigfach abgeändert werden. Dringen sie bis zum Schädeldache vor, so bedingen sie durch den, bei ihrem Heran­wachsen stetig zunehmenden Druck einen Schwund seiner Knochenplatte, wodurch eine Stelle desselben entweder bei dem Drucke nur nachgie­biger wird oder so schwindet, dass daselbst das Gehirn der bedecken­den Haut unmittelbar anliegt. Bei langsamen Verlaufe finden sich im übrigen Körper die Erscheinungen der Abmagerung und Anämie, und in verschiedenen Theilen und Organen, besonders im Herzen, den Lun­gen, der Leber, Milz, am Gekröse und in den Muskeln mehr oder weniger zahlreiche, runde oder längliche, hanfkorn- bis erbsengrosse, grünlichgelbe, aus einer körnigen, viel freies Fett enthaltenden Masse bestehende, von einer häutigen Hülle umschlossene Körperchen, welche durch verirrte und von zerfallendem Exsudate cunschlossene, zu Grunde gegangene Embryonen dargestellt werden.
Die Erscheinungen während des Lebens sind verschieden, je nachdem eine grössere oder kleinere Menge von Blasenwürmern zur Entwicklung kommt. In dem ersteren Falle treten die Erschei­nungen einer acuteu Hyperämie oder Entzündung der Hirnhäute und des Gehirnes auf, die mau früher als Vorläufer oder auch als veran­lassende Ursache der nachfolgenden Drehkrankheit ansah, die aber in der That erst durch die Gegenwart der Blasenwürmer hervorgerufen werden. Die Thiere werden nämlich matt, hinfällig, sie versagen das Futter, zeigen eine bedeutende Pulsbeschleunigung, Hitze am Schädel­dache, Eöthung der sichtlichen Schleimhäute; sie senken den Kopf oder schütteln ihn öfter, werden entweder betäubt oder sehr aufgeregt, laufen zwecklos hin und her, bisweilen mit zur Seile gehaltenem Kopfe, stürzen zusammen oder bekommen Schwindelanfälle, können sich zuletzt nicht mehr stehend einhalten, liegen auf einer Seite und werden nicht selten von heftigen Krämpfen befallen, nehmen kein Futter mehr zu sich und gehen 4 bis ü Tage nach dem Auftreten der ersten Krank­heitssymptome soporös zu Grunde. Dort hingegen, wo nur eine gerin­gere Menge von Embryonen in das Gehirn gelangt ist und sich dort zu Blasenwürmern entwickelt, erlangen die angeführten Erschei­nungen keine so bedeutende Höhe und treten nach einer Daufer von einigen Tagen bis Wochen wieder zurück, so dass die Thiere dann
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Drehkrankheit.
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anscheinond gesund sind. Erst mit dem Heran wach sen der lilasenwür-mer stellen sich die charakteristischen Symptome deutlich ein und stei­gern sich insbesondere bei kräftiger, nahrhafter Fütterung, beim Auf­enthalte in heissen, dunstigen Stallungen, beim Austriebe während grosser Sonnenhitze, überhaupt unter Verhältnissen, durch welche Con-gestionen zum Gehirne yeranlasst werden. Die Kranken werden wieder stumpfsinnig, betäubt, bleiben hinter der Heerde zurück, gehen matt, schwankend, gewöhnlich mit gesenktem oder zur Seite gehaltenem Kopfe, unterbrechen sicli öfter beim Pressen u. dgl. Später treten beson­dere ünregelmässigkeiten im Gange auf, welche nach der Verschieden­heit des Sitzes der Blase Abweichungen zeigen. Beim Sitze derselben an oder in einer Grosshirn-Hemisphäre drängen die Lämmer stets nach einer u. z. jener Seile, auf welcher die Elase liegt, und drehen sich zuletzt mit gesenktem Kopfe und Halse im Kreise herum (Dreher), während sie dann, wenn die Wurmblase nach hinten am Kleinhirne oder in der Nähe des verlängerten Markes sitzt, mit hochgehaltenem Kopfe taumelnd einhergehen und oft nach einer Seite fallen oder nach rückwärts umschlagen (Segler), und bei nach vorne im Gehirne gele­gener Blase mit gesenktem Kopfe laufen und sich bisweilen auch überstür­zen (Wurfler). Ist in Folge des andauernden und allmälig zunehmen­den Druckes der Wurmblase auf die Schädeldecke Schwund derselben eingetreten, so findet sich an einem Punkte des Schädels eine weiche, nachgiebige, bisweilen tiuetuirende Stelle; bei einem auf dieselbe auge­brachten Drucke steigern sich die schon vorhandenen Erscheinungen bedeutend. Endlich magern die Kranken ab, die Betäubung nimmt zu und unter Krämpfen und Zuckungen gehen sie nach einer gewöhnlich mehrmonatlichen Dauer des Leidens zu Grunde.
sect;. 00. Die Prognose ist ganz ungünstig; die Krankheit ist immer unheilbar und die frühzeitige Schlachtung der befallenen Thiere immer das ökonomisch Vortheilhafteste.
Die Vorbauung der Drehkrankheit beruht dem gegenwärtigen Standpunkte unserer Kenntnisse nach auf ganz anderen als den bisher angerathenen Massregeln, welche eine Aenderung der Fütterung, öftere Salzleckcn, Aderlässe, das Bestreichen des Kopfes mit Thecr, das Bren­nen der Lämmer, das Ziehen von Haarseileu am Nacken u. s. w. beab­sichtigten. Die Präservation muss auf die Hinlanhaltung der Mög­lichkeit, dass die Brut des Cönurusbandwurmcs des Hundes vou den Schafen verzehrt werde, gerichtet sein. Diess könnte entweder durch die Einführung der trockenen Stallfütterung der Schafe durch das
Riill, Pathol. und Therapie. II Aufl.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;3 1
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Drelikrankhelt.
gauze Juhr gesclichcn, ein Vorschlag, #9632;welcher jedoch in ökonomischer Hinsicht auf zahlreiche, kaum zu umgehende Schwierigkeiten stossen wird, oder durch gänzliche Abschaffung der Schäferhunde, oder dadurch erreicht werden, dass man den Hunden die Köpfe der Dre­her nicht weiter zum Fressen vorwirft und ihnen alljährlich ein paarmal die Bandwürmer in geschlossenen Räumen abtreibt und diese Erut verbrennt. Durch die strenge Durchführung der letzteren Mass­regel wird man im Stande sein, wenigstens die Häufigkeit der Dreh­krankheit zu vermindern, wenn es auch wohl nie gelingen dürfte, sie gänzlich auszurotten, da nicht bloss die Schäfer-, sondern auch fremde, von ihren Bandwürmern nicht befreite Hunde die Weideplätze der Schafe betreten und daselbst die reifen Handwurmglioder absetzen kön­nen, und auch Wölfen und Füchsen der zur Erzeugung des Gehirn-blaseuwurmes geeignete liandwurm innewohut. Desshalb ist es auch anzuralhen, die Därme solcher erlegten llaubthiere nicht auf das freie Feld zu werfen, sondern sie zu verbrennen oder zu vergraben. Ob das in letzterer Zeil als Präservative anempfohlene öftere Purgircn der in Schäfereien, in denen die Drehkrankheit herrscht, geworfenen Läm­mer sich erfolgreich erweise, müssen noch fortgesetzte Versuche lehren. Behandlung. Pei dem Auftreten der Erscheinungen einer stär­keren Hirnreizung, mithin beim Beginne der Krankheit, kann die Anti-phlogose: kalte Umschläge auf den Schädel, ein Aderlass, der Gebrauch der Mittelsalze wohl nicht zum Zwecke der Heilung, aber um das rasche Zugrundegehen der Kranken zu verhüten, versucht werden. Pei aus­gesprochener Drehkrankheit und ausgcmitleitern Sitze des Blasenwurmes hat man die Eröffnung des Schädeldaches mit dem Trepan, Spaltung der harten Hirnhaut und Herausziehen der Wurmblase, oder falls der Knochen atrophirt wäre, die Entleerung des Inhaltes der Plase mittelst eines Troicarts, womach man zugleich die Coenurusblase mittelst eines Häkchens zu fassen und herauszuziehen sucht, empfohlen. Da jedoch in solchen Fällen gewöhnlich bereits ein bedeutender Schwund des Ge­hirnes zugegen ist, und in die, nach Entfernung der Plase zurückblei­bende Höhle schnell seröse Exsudation erfolgt, so hält die nach geschehener Operation scheinbar eintretende Pesserung in der Regel nicht lange an und die Thiere gehen früher oder später ein. Lässt sich der Sitz der Wurmblase nicht ausmitteln, so erscheint das angerathene Eindringen mittest eines spitzigen Drahtes in das Gehirn durch die Nasenhöhle oder die Durchsuchung der Grosshirn-Hemisphären mittelst des sogenann­ten Hirndurehsuchers als eine blosse Quälerei des Thieres.
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Rücken niarkskrankheitcn.
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Angeblich golunn-onc IIcilung:cn durch Application von Aetzmit-teln auf den Schädel, die Anwendung des Fingerhutkrautes, des Jods und seiner Präparate, die Anstellung eines Aderlasses u. s. w. scheinen sich nicht auf die Drehkrankheit zu beziehen, sondern auf einer Ver­wechslung derselben mit anderen Krankheiten (Gehirnentzündung, Schwindel u. s. f.) zu beruhen. quot;
Die Erscheiimugcii und Ursachen der Druhkrauklieit beim Kinde sind diesel­ben wie beim Schafe. Die Krankheit befällt wohl vorzüglich jüngere Thiere (Kiilber), jedoch sind auch ältere vor ihr nicht gesichert; sie ist jedoch bei ihnen viel seltener als jene der Schafe.
II. Abschnitt.
Krankheiten des Rückenmarkes und seiner Hüllen.
sect;. 61, Angeboren koninien llückcnmarkskraukheiten Inder liegel nur in Verbindung mit einer llückgratsspalte, bei welcher die, einem oder mehreren Stachelfortsätzen entsprechenden Abschnitte der Wirbelbogen fehlen und durch die hiedurch entstandene ücfihung die harte Rückenmarks- und die Spinnwebenhaut als ein mit Flüssigkeit mehr weniger angefüllter Sack hervortritt, vor. Im extrauterinen Loben treten Rückenmarksleiden in jedem Alter, hauptsächlich bei Pferden, Schafen und Hunden auf; einzelne derselben (z. B. die Wetzkrankheit) sind der Vcrcrblichkeit verdächtig. Als erregende Ursachen werden zu an­gestrengte oder unzweckmässigo Muskelthätigkeit und Geschlechtsvcr-richtung, das Rückenmark betreffende Verletzungen und Erschütterun­gen, intensive Erkältungen der Haut, die Einführung schädlicher Sub­stanzen (Krähenaugen und ihrer Alcaloide, Alcohol, Schlangengifte u. dgl.) in das Blut, durch dessen Vermittlung sie zum Rückenmarke gelangen, beschuldiget. Secuudär erkrankt dasselbe in Folge von Krankheiten der Wirbel, des Gehirnes, der Stämme der Rückcumarksnerven, von gewis­sen Erkrankungen der Brust- und Baucheingeweide, insbesondere aber der Geschlechtsorgane.
Die im Rückenmarke vorkommenden pathologischen Processe sind im Allgemeinen die bei den Krankheiten des Gehirnes angeführ­ten, daher rücksichtlich derselben meist auf das dort Gesagte verwiesen werden kann. Die durch dieselben hervorgerufenen Störungen geben
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4ö4-nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; RUckonmarkskrankbeiten,
sich bisweilen längere Zeit durch Erselieinungen nicht zu. erkennen, die übrigens auch später zeitweilig wieder verschwinden können. Die gewöhnlichsten Symptome bei Erkrankungen des Rückenmarkes sind: erschwerte Beweglichkeit der Wirbelsäule, daher steifer, in der Lende gespannter (Jang, Schmerz bei dem Drucke auf gewisse Abschnitte derselben, die Aeusserungen von Schmerz und Spannung in den Extre­mitäten, sich kundgebend durch steifen Gang, oder von unangenehmen Empfindungen, wahrscheinlich Jucken oder Brennen, welche die Kran­ken durch wiederholtes oder andauerndes Reiben oder Scheuern gewis­ser Hautparlien zu erkennen geben, oder auch Uliempfindlichkeit ein­zelner Körperpartien gegen äussere Beizungen — Störungen in der Bewegung der Extremitäten und der Muskel des Rumpfes, auftretend unter der Eorm von Krämpfen und Zuckungen, oder als mangelhafter oder gänzlich aufgehobener Einliuss des Willens auf bestimmte Muskeln, daher als unvollkommene oder vollkommene Lähmung. Solche Zufalle sind entweder während des ganzen Verlaufes einer Rückenniarkskrank-heit zugegen oder treten nur anfallsweise auf, welcher letztere Fall jedoch nicht ausschliesst, dass auch aussei' dem Paroxysmus einzelne Symptome, wenn auch in geringerem Grade, zugegen sind. Da jedoch Krampf- sowohl, als Lälmiungsformen auch durch Krankheitszustände des Gehirnes und der peripherisehen Nerven veranlasst werden können, so ist es in einem gegebenen Falle oft schwierig, sich für das Leiden eines oder des anderen Theiles mit Sicherheit zu entscheiden. Krampf­formen werden mit Wahrscheinlichkeit auf eine Erkrankung des Rückenmarkes bezogen, wenn sie im Bereiche der Gehinmerven nicht zugegen sind, und falls sie als Reflexbewegungen eintreten dann, wenn sie im Gebiete der peripherischen Reizung erfolgen, endlich wenn die Gehimthätigkeit in keinerlei Weise dabei gestört ist. Unvollständige oder vollkommene Lähmung kann von einem Leiden des Rückenmarkes ab­geleitet werden, wenn die Bewegung der von Hirnnerven versorgten Muskeln hiebei unbetroffen ist, wenn die unterhalb einer gewissen Partie des Bückenmarkes abgehenden Nerven gleichmässig ihre Leiumgsfähig-keit verloren haben, wenn an den gelähmten Theilen auch eine vermin­derte oder gänzlich aufgehobene Empfindlichkeit zu bemerken und die Möglichkeit der Einleitung von Reflexbewegungen vermindert ist, wenn endlich die Lähmung von rück- nach vorwärts vorschreitet und erst dann die von Gehirnnerven versorgten Muskelpartien daran Antheil nehmen, wenn der Rumpf schon völlig gelähmt ist. Der Tonus der Muskel der Gliedmassen ist bei chronischen Rückenmarkskrankheiten
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Riickoninarkskranklieiten.
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liüutip; vermindert, der Geschlechtstrieb bald angeregt, bald diirniedor-liegend. Sehr luiufig gesellt sich zu ihnen Katarrh der Harnblase und Lähmung ihrer Musculator mit sehr verzögerter, schwieriger oder ganz aufgehobener freiwilliger Hanientleerung und der Bildung von Harn-sedimonten, Neigung zu Blutungen und brandigem Absterben ihrer Schleimhaut (beim Starrkrämpfe sehr häufig beobachtet). Jlitlciden-scluift des Darmes ist seltener, höchstens erfolgt Lähmung des Mast­darmes, häutiger sind gesteigerte Athembewegungen und in Polge dieser Hyperämien und Entzündungen der Lunge. Die Ant hei Inahme des Gehirnes gibt sich häufig durch eine leichte Erregbarkeit und Schreck­haftigkeit selbst nach geringfügigen Sinneseindrücken, seltener durch einen höheren Grad geistiger Abstumpfung zu erkennen. Dei acuten oder zu höheren Graden gediehenen chronischen A ffectionen des llücken-markes leidet auch die Gcsamraternährung, die Thiere magern rasch, oft nur an einzelnen Körpertheilen ab, ohne dass sich diese Erscheinung auf das, gewöhnlich nur unbedeutende oder gänzlich mangelnde Fieber zurückführen liesso.
Der Verlauf der Rückenmarkskrankheiten ist verschieden. Manche beginnen plötzlich und haben bisweilen auch einen sehr acuten Verlauf; die Mehrzahl derselben entwickelt sich jedoch ganz allmälig, schreitet nur langsam fort, beobachtet einen chronischen Verlauf und gibt nur geringe und unzuverlässige Hoffnung eines günstigen Ausgan­ges; viele zeigen deutliche Nachlässe und Verschlimmerungen der Krank­heitserscheinungen.
Die Therapie hat bei ihnen vorzugsweise die Anzeigen aus der Ursache, insoferne diese sich nachweisen oder beseitigen lässt, zu be­rücksichtigen. In dieser Hinsicht ist in manchen Eällen die Befriedi­gung des Geschlechtstriebes zu beschränken oder aufzuheben, fremde, die peripherischen Nervenausbreitungen (z. B. im Hufe beim Starrkrämpfe) verletzende und beleidigende Körper sind zu entfernen und wo die Ein­wirkung einer Gelcgenheitsursache nicht mehr unschädlich gemacht werden kann, ist wenigstens der erneuerte Eintiuss von Schädlichkeiten hintanzuhalten. Das diätetische Verhalten ist ganz auf die bei den Ge­hirnkrankheiten angegebene Weise zu regeln.
Bei der Schwierigkeit, eine sichere anatomische Diagnose zu stel­len, ist auch eine gegen den voi'handenen Krankheitsprocess gerichtete rationelle Therapie nur in den seltensten Fällen durchzuführen, und man ist meistens auf ein symptomatisches Verfahren durch An­wendung der Kälte oder der feuchten Wärme, der Aderlässe, der
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480nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Convulsionen. — Starrkrampf.
Sciirilieutionon, dor Hautreize (scharfe Einreibungen, Acupunctur, Glüh­eisen), der antiphlogistischen Mittel, des Breohwemsteins, der Narcotica, der specitisch auf das Bückenmark wirkenden Brechnuss und ihrer Al-caloide, bei dem Eintritte von Störungen der Ernährung und Blutbil­dung auf die Verabreichung der bitteren, der ätherisch-öligen bitteren Mittel und der Eisenpräparate angewiesen.
I. Functionelle Störungen.
A Reizungsformen.
Convulsioiieii.
sect;. (52. Ihr Eintritt ist wohl häufig von Krankheiten des Rücken­markes abhängig, ohne dass das Gehirn dabei betheiliget wäre; in einem gegebenen Falle ist es jedoch oft schwer, zu bestimmen, von welchem Theilc des C'entralorganes sie ausgehen. Man hat solche Convulsionen bei Ferkeln nach raschem Futterwcchsel, bei Katzen (in Folge von Bleivergiftung) und bei jungen Hunden während des Zahnens beob­achtet.
Der SlaiTkriiiripr (Tetanus).
sect;. 63. Unter Starrkrampf (Maulsperre, Hirschkrankheit) versteht man heftige tonische Krämpfe zahlreicher oder aller willkürlichen Muskeln, die entweder in gleicher Stärke anhalten oder sich zeitweise zu Faroxysmcn steigern, wobei das Gehirn entweder gänzlich frei bleibt oder wenigstens nicht primär leidet. Er kommt bei allen Haus-thieren, verhältnissmässig am häufigsten jedoch beim Fferde vor, unter dem Schafviehe befällt er vorzugsweise die Lämmer.
Actiologie. Als Ursachen der Krankheit werden besonders zwei, nämlich Verletzungen (sogen, traumatischer Starrkrampf) und Erkältungen (rheumatischer Starrkrampf) angeführt. Unter den erstcren sind besonders Verwundungen von Nerven, wodurch diese nicht vollkommen getrennt werden, duetsch- und Bisswunden, von wel­chen aus sich der llcizungsnustand der Nerven bis in das Rückenmark fortpflanzt und daselbst refleclirte Krämpfe veranlasst, gefährlich. Häu­figer entwickelt sich der Starrkrampf nach anscheinend unbedeutenden Verletzungen, als nach Wunden mit bedeutenden Substanzverlusten; selten tritt er unmittelbar nach geschehener Verletzung, gewöhnlich erst zur Zeit der beginnenden oder schon vollendeten Vernarbung auf. Die
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Starrkrampflaquo;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;^toT
gewöhnlichsten Verletzungen, in deren Gefolge er sich einstellt, sind Hufverletzungen beim Beschlagen, Nageltritte, Sattel- und (icschirr-drücke, die Castration, insbesondere durch Unterbindung, der Sclrweif-muskelschnitt, sobald hiebei die seitlichen Schweifnerven angeschnitten werden, das Courtiren, Kronentritte, Gclenkswunden; ferner Brüche der Wirbelknochen, Abweichungen ihrer Gelenksenden, wodurch gleich­zeitig das Rückenmark verletzt wird u. s. w. Es scheint jedoch, dass nebst den genannten Verletzungen auch noch andere Eintlüsso einwir­ken müssen, wenn Starrkrampf überhaupt entstehen soll, da zu man­chen Zeiten zu den verschiedenartigsten Verwundungen der Starrkrampf hinzutritt, während er zu anderen Zeiten nur sehr selten vorkommt; namentlich scheint hiezu gleichzeitige Erkältung beizutragen; sein Eintritt wird auch beim Bivouakiren im Freien, besonders bei nasskal­tem Wetter, am häufigsten beobachtet. Das zweite Moment seiner Ent­stehung ist Erkältung, vorzüglich des vorher erhitzten Körpers oder beim Herrschen feuchter Kälte. Der Starrkrampf tritt jedoch auch unter den verschiedensten Witterungsvorhältnissen und Jahreszeiten u. z. bei Pferden, gewöhnlich in grösserer Verbreitung auf; wenigstens wur­den hierorts in der Regel selbst traumatische Starrkrämpfe in der Mehr­zahl gleichzeitig beobachtet, während das vereinzelte Vorkommen der­selben zu. den Ausnahmen gehört, so dass die Annahme nahe liegt, dass eine weiter verbreitete, ihrem Wesen nach uns unbekannte atmo­sphärische Constitution seine Entwicklung begünstigen möge.
sect;. 04. Erscheinungen beim Pferde. Die Krankheit beginnt entweder plötzlich und sogleich mit weit verbreiteten tonischen Kräm­pfen, oder es entwickeln sich vorerst nur Krämpfe einzelner Körperpar­tien, z. B. Steifigkeit im Genicke. Streckung dos Halses, weiter Stand und Gang mit den Hintergliedmassen, seitliche Vorziehung des Schwei­fes; beim traumatischen Starrkrämpfe beginnt bisweilen der Krampf an jenem Körpertheilo, an welchem die Verletzung stattgefunden hat. Je nach der grösseren oder geringeren Verbreitung des Krampfes sind die nachstehend angeführten Symptome mehr oder weniger ausgespro­chen. Pferde, die vom Starrkrämpfe befallen sind, stehen mit gehobe­nem Kopfe, mit gestrecktem oder sogar nach rückwärts übergebogenem (Hirschkrankheit) oder seitlich verzogenem Halse, mit weit auseinander gestellten Vorder- und Hinterfüssen, gehobenem oder seitlich verzoge­nem Schweife und bewegen sich entweder gar nicht vom Platze oder sie gehen wie auf Stelzen, mit sehr wenig gebeugten und gehobenen Extremitäten, wobei sie die Wondungen mit dem ganzen Körper und
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488nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Starrkrampf.
sehr mühsam vollziehen, während das Zurücktreten in der Regel ganz unmöglich ist; die Kranken legen sieh nicht nieder und wenn sie aus Mattigkeit zu Jiodcn stürzen, sind sie unvermögend, sich wieder zu er­heben. Die Maulspalte ist in Folge eines heftigen Krampfes der Kau­muskeln entweder vollständig geschlossen, so dass sie selbst durch grosso Kraftanwendung nicht eröffnet werden kann, oder die Kiefer können noch auf 1 oder 1 '/a -Zoll oder selbst nur wenige Linien von einander ent­fernt werden. Alle vom Krämpfe ergriffenen Muskeln sind sehr gespannt, bretähnlich hart, deutlich hervorspringend; das Auge ist in die Höhle zurückgezogen, bei dem Emporheben des Kopfes tritt die Nickhaut weiter über das Auge hervor; aus dem Maule fliesst gewöhnlich zäher Schleim, mit dem auch die Maulhöhle erfüllt ist, in Strängen ab, die Zunge ist brethart, häufig geschwollen, selten zwischen die Zähne ein­geklemmt. Die Nasenöffnungen stehen in den höheren Graden der Krankheit weit geöffnet und werden nur wenig bewegt; die Kranken erhalten durch die deutlich hervortretenden Muskeln das Aussehen edlerer Raceh.
Das Athmen ist im Beginne des Leidens ganz unverändert, je stärker jedoch die Contractionen der Athmungsmuskel werden, um so kürzer und häufiger wird es; die Zahl der Athemzüge steigt bei höhe­rer Entwicklung des Leidens nicht selten auf 50 bis 00 und darüber in einer Minute, in welchen Fällen sich dann bei genauerer Unter­suchung der Brustorgane die Erscheinungen eines acuten Lungen­ödems oder einer Lungenhyperämie, oder einer acuten Infiltration der Lungen ergeben. Der Puls ist gewöhnlich nicht beschleuniget, jedoch hart anzufühlen; er steigt selbst bei der höchsten Entwicklung der Krankheit nicht bedeutend hoch. Eresslust ist vorhanden, die Auf­nahme der Futterstoffe jedoch wegen der gewöhnlich gegenwärtigen Maulsperre nicht möglich, höchstens können Mehltränke aufgenommen, jedoch auch diese bisweilen wegen des Krampfes des Schlundkopfes nicht hinabgeschlungen werden; in vorgesetztem Wasser spielen die Kranken gerne mit dem Maule; die Darmentleerung ist gewöhnlich verzögert.
Das Bewusstsein ist ungetrübt, die Thiere verrathen durch ihren Blick und ihr Benehmen grosse Angst und sind sehr reizbar; bei dem geringsten Geräusche und bei grell einfallendem Lichte, bei der Annäherung von Menschen schrecken sie zusammen und werden sehr aufgeregt.
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Starrkrampf.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;489
Meistens halten diese Krumpfe in gleicher Intensität an, ohne dass deutliche Nachlässe derselben im Verlaufe der Krankheit zu beob­achten wären; in einigen Fällen jedoch treten ganz deutliche N a c h-lässe und Paroxysmen der Krämpfe auf; die Thiere befinden sich während der ersteren ziemlich wohl, wenngleich die Krämpfe nicht vollkommen aufhören, während der letzteren jedoch stürzen sie bis­weilen zusammen und werden von den heftigsten Krämpfen befallen, wobei die Extremitäten verschiedenartig verzogen werden.
Der Ausgang der Krankheit ist in der überwiegenden Mehr­zahl (insbesondere beim traumatischen Starrkrämpfe) der Tod, welcher in sehr rapiden Fällen schon nach 2 bis 3, sonst gewöhnlich innerhalb 6 bis 8 Tagen erfolgt. Der Krampf nimmt in solchen Fällen rasch zu, die Maulspalte kann gar nicht mehr eröffnet werden, das Atlimcn wird sehr beschleuniget, mühsam, häufig rasselnd, die Flanken sind stark aufgezogen, brethart, über den ganzen Körper blicht reichlicher Schweiss hervor, welcher nicht selten in Tropfen zu Boden fällt und aufgelegte Decken völlig durchnässt; es stellt sich Durchfall ein, die Kranken stürzen zu Boden, können sich, selbst aufgehoben, nicht auf den Fassen erhalten und sterben gewöhnlich nach einem langen Todes­kampfe durch Erstickung.
In den seltenen Fällen, welche mit Genesung enden, ist der Verlauf ein weniger rascher, die tetanischen Erscheinungen erreichen liier seilen ihre vollkommene Entwicklung, die Maulspalte wird meist nicht völlig verschlossen, der Krampf befällt gewöhnlich nicht alle Muskeln, das Athmen wird weniger verändert u. s. w. In solchen Fäl­len lässt der Krampf allmälig nacli, jedoch behalten die Thiere noch lange einen gespannten, unbehilti'chcn Gang; die Ileconvalescenz erfolgt nur sehr langsam und erstreckt sich gewöhnlich über Monate. Sobald einmal die Krankheit sich über 16 bis 18 Tage hinaus verzieht, erfolgt in der Hegel die Genesung.
Die Section der an Starrkrampf umgestaudenen Thiere ergibt durchaus nicht einen constanten Befund. Sehr häufig sind bemerkens-werthe Veränderungen im Eückenmarke gar nicht oder doch nur so unbedeutende, Hyperämien der weichen Rückenmarkshaut oder des Rückenmarkes zugegen, dass es zweifelhaft bleibt, ob dieselben Ursache oder Folge des Starrkrampfes seien. In solchen Fällen muss die Krank­heit als eine bloss functionelle Störung des Rückenmarkes angesehen werden. Bisweilen erscheint jedoch das Rückenmark u. z. an einem mehr oder weniger grossen Abschnitte bleich, weiss, serös durchfeuchtet
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490nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Starrkrampf.
(weiss oder sogar breiig erweicht, ödematös) oder an umschriebenen Stellen zu einem graulichen oder röthlichgrauen Breie erweicht, -welcher bisweilen durch capillare Blutungen eine rothe Farbe erhält (rothe Erweichung), oder es ist ohne gleichzeitige Entzündung von mehr oder weniger zahlreichen capillaren Apoplexien durchsetzt, was insbe­sondere nach Einwirkung mechanischer Gewalt auf die Wirbelsäule, bei Wirbelbrüchen, Abweichungen der einzelnen Wirbel von einander der Fall ist, wo mau auch partielle Zerquetschimg des Bückenmarkes mit Bluterguss und rother Erweichung in der Umgebung antrifft. In dem Subarachnoidealsackc ist häufig eine grössere Menge gclbröthlichen Serums angesammelt, Gehirn- und Bückenmarkshäute, so wie das Ge­hirn sind öfter blutreich. Bei traumatischem Starrkrämpfe finden sich bisweilen, jedoch durchaus nicht constant, an den von dem verwunde­ten Theile abgehenden Nerven streckenweise rosenrothe Injectionen der Nervenscheidea, Schwellung oder rothe Erweichung der Nerven­bündel.
Das Blut erscheint wie nach intensiven Krämpfen überhaupt dunkelgefärbt, üiissig oder nur zu einem lockeren Kuchen geronnen und veranlasst schnell Leichentränkungen; die Musculatur ist bläu-lichbraun, mürbe, wie gekocht; die Lungen befinden sich entweder im Zustande einer hochgradigen Hyperämie oder sie sind ödematös, häufig auch an ihren vorderen unteren Partien hepatisirt, die Harnblase ist constant bedeutend ausgedehnt, mit sedimentirendem Harne erfüllt, ihre Schleimhaut stark katarrhalisch, von Jilulextravasaten durchzogen. Beim traumatischen Starrkrämpfe werden nebenbei Verletzungen der verschie­densten Art an einzelnen Körpertheilen angetroffen.
Aus dem Angeführton wird klar, dass es in einem gegebenen Falle mit Ausnahme jenes, wo Störungen in der Continuität der Wirbel nachweisbar sind, schwer, ja nahezu unmöglich wird, die Art der gerade vorhandenen Veränderung des Eückcnmarkes während des Lebens zu diagnosticiren und dass eben nur der gesammte Symptomencomplex und die Allgemeinheit der Krämpfe mit Gewissheit auf eine häufig nur funotio-nelle Erkrankung des Rückenmarkes hinweise.
Die Vorhersage ist sehr ungünstig; im Allgemeinen kann ange­nommen werden, dass nicht mehr als höchstens 10 Procent der Kran­ken genesen; gut genährte und kräftige Thiere unterliegen dem Starr­krämpfe in der Begel, während in schlechterem Ernährungszustande befindliche eher durchkommen. Sehr üble Zeichen sind eine rasche Ausbreitung der Krämpfe über den ganzen Körper, grosso Athembe-
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Starrkrampf.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;-plusmn;1J1
schleunigling, der Eintritt von Lungenentzündung, der Ausbruch sehr reichlichen Schweisses.
sect;. 65. Die Behandlung des Starrkrampfes ist eine sehr unsichere. Die Hauptrolle spielt ein geeignetes diätetisches Verhalten und ein symptomatisches Vorfahren. Dahin gehören ein geräuschloser, lufti­ger, gegen den grellen Einliuss des Sonnenlichtes geschützter, kühler Aufenthalt, Vorsetzen von Trinkwasser, in dem die Kranken gerne mit dem Maule spielen, öfteres Darreichen von Mehl- und Klcientränken, wiederholtes trockenes Frottiren mit Strohwischen ohne oder nach vor­herigem Bespritzen mit Terpentinöl oder Kamphergeist, insbesondere bei starken Schweisson, in welchem Falle auch die Decken häufig gewech­selt werden müssen. Setzen von Klystieren (aus Seifenlösung, Tabak­abkochung) bei andauernder Verstopfung, Aufheben der Thierc, falls sie niederstürzen sollten, da bei dem Liegen die Athemnoth sich zu­sehends steigert u. dgl. Das hie und da angerathene Unterstützen der Kranken durch die Hängematte steigert die Aengstlichkeit und Unruhe derselben und wirkt in den meisten Fällen nachtheilig. Dampfbäder wirken manchmal vorthoilhaft. Bei sehr kräftigen, robusten Thieren können im Beginne der Krankheit ausgiebige Aderlässe, kalte Dou-chen, Eisüberschläge auf die quot;Wirbelsäule versucht werden.
Der Verabreichung innerlicher Medicamente steht gewöhn­lich die krampfhafte Verschliessung der Maulspalte entgegen. Als solche wurden anempfohlen: eine Mischung von Salpeter, 2 Loth, mit Kampher, 1 Drachme, mehrmals im Tage (Waldingcr'sche Methode), der Brech-weinstein, das Opium in grossen Gaben, der Tabak in Abkochung, die Jfieswurzel, drastische Purginnittel, die Blausäure, das Cyankalium, die Krähenaugentinctur (auch als Einspritzung in die Venen), das Chinin (besonders wenn deutliche llemissionen wahrzunehmen sind). Das alco-holische Extract des indischen Hanfes wurde hierorts bei drei Pferden, von denen eines genas und zwei fielen, also gleichfalls ohne besonde­ren Erfolg versucht, da gleichzeitig ein anderer, nur gehörig gewarteter Kranker ohne Anwendung aller Medicamente genas. Die angerühmte Narcotisirung starrkrämpfiger Pferde durch Aether- und Chloroformdämpfe ergab hier gleichfalls nur ungünstige Resultate.
Bei Hengsten soll die Castration, welche dann vielleicht als starke Ableitung wirkt, in einigen Fällen gute Dienste geleistet haben; von Einzelnen wird auch die Anwendung scharfer Einreibungen längs der Wirbelsäule, das Brennen mit dem Glüheisen gerühmt. Beim trauma­tischen Starrkrämpfe wurde die Durchschneidung des zu dem verwun-
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492nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Starrkrampf.
deten Theile hinziehenden Nervenastes empfohlen und in einigen Fällen auch mit Erfolg ausgeführt
sect;. 66. Beim Kinde ist der Starrkrampf an und für sich nicht hiuifig und verläuft weniger acut, er entwickelt sich bei ihm bisweilen aus dem Kalbcfieber und stellt sich auch nach rollen Manipulationen beim Castriren und bei der Hinwegnahme der Nachgeburt ein. Die Erscheinungen sind dieselben wie beim Pferde, jedoch lässt er bei dieser Tbiergattung eine günstigere Prognose zu als beim Pfenle. In solchen Fällen, wo die Krankheit als sogenannter rheumatischer Starrkrampf eintrat, empfiehlt llyebner den innerlichen Gebrauch von Salpeter, Kampher in Baldrianaufguss oder mit ätherischer Baldriantinctur, die Einhüllung des Körpers mit, in Bachenaschenlauge getauchten Tüchern, nachheriges Frottiren, nach Erfordemiss Scarificiren des Rückens und Einreibungen der Brechweinsteinsalbe in denselben, bei gutgenährten Thieren einen Aderlass.
Unter den Schafen befällt der traumatische Starrkrampf am häufigsten Lämmer nach der Castration, auch nach der Pockenimpfung wurde er entstehen gesehen. Feuchtkalte Witterung scheint sein Auf­treten zu begünstigen.
sect;. (i7. Hieher scheint auch
die kraiiipCiiarte läminerlähiiilaquo; (Tetanus agnuruiii)
zu gehören, eine Krankheit, welche insbesondere veredelte, feinwollige Sauglämmer am häufigsten während der ersten Wochen nach der Ge­burt , nur selten schon abgesetzte befällt und meistens seuchenartig auftritt.
Aetiologie. Eine durch nicht entsprechende Fütterung und Hal­tung der ilutterthiere erworbene Anlage zu dieser Krankheit scheinen manche Lämmer schon mit zur Welt zu bringen. Auf neugeborene Lämmer scheint insbesondere die, in Folge zu kräftiger oder nicht ent­sprechender oder verdorbener Xahrung der ilutterthiere abnorm gewor­dene Milch als veranlassende Ursache zu wirken, und es werden in dieser Beziehung vorzüglich die Fütterung der Mütter mit rothem Klee oder Wickenheu, das Verabreichen zu vieler Kartoffel, der Branntwein-schlämpe, der Hülsenfrüchte, des verdorbenen Heues beschuldiget. Auch die zu zeitliche Beifütterung der Sauglämmer, insbesondere mit Körner­früchten soll die Entstehung der Krankheit begünstigen.
#9632; Eine andere äussere Schädlichkeit, welche hier zu berücksichtigen kommt, ist die Erkältung der Lämmer selbst, in Folge des Aus-
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LIUnmerliUune,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Arvo
treibeus dorsolben aus einem warmen Stalle bei kalter, feuchter Witle-rung, des Aufenthaltes in einem kalten Stalle, insbesondere nahe bei der Thüre oder auf einer von Winden bestrichenen Weide, des Saugens der Lämmer an dem, während der Winterszeit beim Austriebe erkalte­ten Euter der Mutter. Diese Ansieht wird durch die Thatsache unter­stützt, dass die Lämmerlähme insbesondere bei den im Winter und Vor-frühlinge gefallenen Lämmern vorkommt, während die Sommerlämmer gewöhnlich von ihr verschont bleiben.
Symptome. Die Krankheit beginnt mit Mattigkeit, unlustiger, träger Bewegung, Verminderung der Frcsslust, worauf sich Steifigkeit der Extremitäten, ein gespannter Gang, Aufkrümmung des Kückens, krampfhafte Verdrehungen des Halses und der Extremitäten einstellen, welche das Aufstehen und Gehen der Thiere erschweren oder unmög­lich machen, das Saugen hindern und sich allmälig auch über andere Körperparlien verbreiten, so dass die Kranken endlich nicht mehr im Stande sind, sich von ihrem Platze zu bewegen und zu dem Euter der Mutter getragen und an dasselbe gehalten werden müssen. Im heginnc der Krankheit ist gewöhnlich Verstopfung zugegen, im weiteren Ver­laufe stellt sich meist Durchfall ein; Fiebererscheinungen fehlen in der Kegel. Meist nach 8 bis 10 Tagen, seltener erst nach Wochen, gehen die sehr herabgekommenen Thiere unter Zähneknirschen, Durchfall und Convulsionen, oft völlig gelähmt zu Grunde.
Der Verlauf ist meist sehr ungünstig, vollständige üenesung sehr selten, bei den rcconvalescirenden Thieren bleibt längere Zeit Steifigkeit der Gliedmassen zurück, sie nähren sich gewöhnlich schlecht und gehen in der Folge auch noch an verschiedenen cachectischen Krankheiten zu Grunde.
Auch hier zeigt die Section keine erheblichen Veränderungen des Kückenmarkes, gewöhnlich sollen Hyperämien der Lab- und Darm­schleimhaut neben Erscheinungen der allgemeinen Anämie zugegen sein.
Die Vorhersage ist immer bedenklich, da zarte Lämmer, wenn sie auch nur einen oder zwei Tage am Saugen gehindert sind, sehr rasch verfallen und bei seuchenartiger Verbreitung der Krankheit die veranlassenden Ursachen gewöhnlich kaum hintangehalten werden können.
Die Behandlung besteht in Entfernung der Schädlichkeiten, so viel diess möglich ist, in Abänderung der unpassenden Fütterung der Mütter, Verhütung von Erkältungen u. dgl. Im Beginne der Krankheit werden Abführmittel, Aloe, Brechweinstein, Bittersalz, Schwefel mit Khabarbcr und insbesondere der rohe Spicssglanz (ein Loth für das
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41)4:nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; LMmmerläbme. — Wetsskraukheit.
Stück) mit Euttor (1 bis 2 Loth) gemengt, 2 bis 3 Mal des Tages wie­derholt, bis reichliche Entleerungen eintreten, empfohlen. Ueberhaupt kommt es darauf an, die anfangs bestellende Verstopfung zu lieben und bei neugeborenen Lämmern das nicht entleerte Lämmerpech zu entfer­nen. Ausserdem werden kalte Douchen und nachheriges Einhüllen der Kranken in warme Lecken, Einreibungen der vom Krämpfe befallenen Theilc mit Branntwein, sogar das Brennen mit dem Glüheisen und das Ziehen von Eiterbändern, welche Mittel jedoch bei so schwächlichen Thicren nichts Besonderes versprechen, angerühmt.
Von grösserem Belange ist die Prophylaxis, welche eine gute Haltung und Fütterung der Mutterthiere, die Vermeidung von Erkältun­gen und nöthigcnfalls die Verlegung der Lammzeit in eine passende Jahreszeit herbeizuführen trachten muss.
Bei Ziegen entwickelt sieh der Starrkrampf filter nach der Castration, wenn dieselbe bei ungünstigen Witterungsverliiiltnissen vorgenommen wird.
Bei Hunden kommt der Starrkrampf nur selten vor, sein Verlauf ist wohl günstiger als beim Pferde, aber doeb sehr gefahrvoll, insbesondere die traumatische Form. Auch die Behandlung weicht von der, bei derselben Krankheit anderer Haus-thiergattungen gebräuchlichen nicht ab, nur können lauwarme Bäder von Seifenwasser oder Pottaschclcisung hier leichtere Anwendung finden.
Die Wetskrankheit.
sect;. 68. Die Wetz-, Gruubber- oder Traberkrankheit, das Schruckigsein ist eine bei Schafen (seltener bei Ziegen) vorkom­mende, langwierige, ficbcrlose Krankheit, welche sich durch grosse Schreckhaftigkeit und Aengstlichkeit, durch juckendos Gefühl in der Kreuzgegend, allmälig eintretende Schwäche und endliche Lähmung des Hintertheiles charakterisirt und unter fortschreitender Abzehrung stets zum Tode führt.
Aetiologie. Die Krankheit hat erst seit den letzten vierzig Jah­ren, wo die veredelte Schafzucht in Deutschland schwunghafter und ausgebreiteter betrieben wird, die Aufmerksamkeit auf sich gelenkt, während sie vor der Einführung fremder Kacen entweder ganz unbe­kannt war, oder doch nur ganz vereinzelt vorkam. Ihre Entstehung hängt offenbar mit der Veredelung und Verzärtelung der Schafe innig zusammen. Eine besondere Anlage zur Entwicklung derselben fin­det sich bei den Nachkommen traberkranker, alter oder zu früh zur Paarung zugelassener Schafe, in welchem Falle sie als eine vererbte Krankheit auftritt, dann bei hochveredelten und verzärtelten Thieren,
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Wt'tzkrankhi-it.
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besonders wenn ihre Ausbildung durch üppiges, geiles oder sehr nahr­haftes Futter befördert wurde. Sie tritt am häufigsten im zweiten und dritten Jahre und überwiegend häufig bei männlichen Thieren (beson­ders bei übermässiger Verwendung derselben zum Beleggeschäfte) auf. Als Gelegenheitsursachen werden zu üppige Futterstoffe, der üe-nuss gewisser Pfianzen, der Kammculuceen, des Fingerhutes, des Huf-lattigs, plötzlicher Uebergang von reichlicher zu karger Fütterung, zu frühzeitiges Zulassen zum üelegen, der Aufenhalt in heisaen, dunstigen Stallungen beschuldiget. Die früher angenommene contagiöse Verbrei-tungsweise der Krankheit wurde durch neuere Beobachtungen wider­legt. Unzweifelhaft ist jedoch der Fintiuss, welchen gewisse Locali-tätsverhältuisse auf die Entstehung der Krankheit ausüben; insbe­sondere scheinen feuchte, den Uebcrschwemmungen ausgesetzte, niedrig gelegene oder Kesselthäler mit üppigem (iraswuchse ihrer Entwicklung günstig. Sicher ist es, dass in manchen Localitäten, selbst bei dem Aufstellen eines ganz neuen Schafviehstandes und bei sorgfältigster Fliege desselben die Wetzkrankheit zum Ausbruche kam, während sie aus einer traberkranken, in andere Ortsverhältnisse versetzten Hecrde allmälig völlig verschwand.
sect;. 69. Erscheinungen. Die Krankheit entwickelt sich in der Kegel allmälig und beginnt mit geringen, nur bei genauerer Eeobach-tung auffallenden Zeichen. Diese sind ein scheues, schreckhaftes Beneh­men (Schruckigsein), insbesondere wenn die Schafe gefangen werden, ein dumme)-, stierer Blick, schlapp herabhängende Ohren, mit zitternder Bewegung derselben, insbesondere dann, wenn die Sonne plötzlich und stark auf den Körper scheint, ein Zurückbiegen des Kopfes, beson­ders bei dem Ergreifen und Festhalten der Thiere, allgemeine Schwäche und Zittern, Zusammenknicken mit den Beinen, wenn ein emporgehal­tenes Stück zur Frde fallen gelassen wird. Kach ein- bis zweimonat­lichem Bestehen dieser Frscheinungcn tritt die Schwäche des Hinter-theiles deutlicher hervor, der Gang wird schwankend, steif, mit weit auseinandergesetzten Hinterfüssen und mit kurzen, schnellen, trippeln­den Schritten (Traber), wobei das Springen unmöglich wird. Diese Steitigkeil der Hintergliedmassen nimmt allmälig zu und verbreitet sich auch auf den Yordertheil, so dass die Kranken den Gesunden beim Triebe nicht nachfolgen können, beim Gange hin- und herschwanken, häufig niederstürzen und nur mit Mühe sich erheben können. In den meisten Fällen stellt sich eine juckende Empfindung in der Haut ein, welche an der Wurzel des Schweifes beginnt, sich über das Kreuz, die
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496nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;WeUkrauklieit
Lendengegend und den llücken verbreitet und die TMere zu einem fast unausgesetzten Scheuern und Sagen veraulasst (Gnubber), wobei sie sich die spröde werdende Wolle abreiben oder mit den Zähnen aus-reissen. Die früher völlig normale Haut wird hiedurch blutrünstig, ver­dickt und ist häufig mit Krusten vertrockneten Blutes oder Exsudates bedeckt. Die Lähmung macht weitere Fortschritte, die Kranken erlan­gen ein cachectisches Aussehen, die Fresslust verliert sich vollständig, die Ernährung wird mangelhaft, missfärbiger Schleim Hiesst aus Maul und Xase und nach einer mehrmonatlichen Krankheitsdauer gehen die Thiere an Abzehrung und Erschöpfung zu Grunde. Im Sommer macht die Krankheit schnellere Fortschritte und führt früher zum Tode als im Winter.
Die Section ergibt gewöhnlich dünntiüssigcs, blassroth gefärbtes Blut, bleiches Muskellleiscb, bisweilen seröse Ergüsse in der Brust-und Bauchhöhle, kurz die Erscheinungen der Cachexie. Jgt;ie wichtigeren Organe werden in der Regel, wenn nicht durch frühere Krankheits-pi'ocesse verändert, normal angetroffen; ebenso zeigt die Haut jener Thiere, welche in den früheren Stadien der Krankheit geschlachtet werden, durchaus keine Abnormität, welche als die Ursache des starken Juckreizes angesehen werden könnte.
In der Mehrzahl der Fälle ist jedoch das Kückenmark, beson­ders in seinem Lendentheile auffallend feucht, weich und blutarm (öde-matös), in anderen die weiche Bückenmarkshaut ungewöhnlich stark injicirt und die Bückenmarkstlüssigkeit vermehrt, in anderen endlich erscheint dasselbe entweder völlig unverändert oder etwas geschwunden. An jenen Stellen, wo sich die Thiere am stärksten und anhaltendsten gerieben haben, trifft man nicht selten in dem Uuterhautbindegewebe höhnen- bis wallnuss- und hühnereigrosse Geschwülste, welche inner­halb einer derben, aus dichten Bindegewebsschichtcn bestehenden Kap­sel eine mehr weniger zähe Flüssigkeit, in der zahlreiche hanfkorn-bis linsengrosse (Lännec'sche) Körperchen schwimmen, enthalten.
sect;. 70. Die Vorhersage ist absolut ungünstig und die Behand­lung der Kranken völlig vergeblich. Alle bisher anempfohlenen Heil­methoden, als: die äusserliche Anwendung von Hautreizen mittelst des Haarseiles, des Brennens in der Kreuzgegend, des Einspritzens von Terpen­tinöl in das Unterluiutbindegewebe dieser Gegend nach vorher gemach­tem Einschnitte in die Haut, der Gebrauch von kalten und Kalibä­dern, die innerliche Verabreichung von Kampher, Phosphor u. s. w. haben sich als erfolglos erwiesen. Hering hat in einem Falle mit
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Wetzkrankheit.
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quot;Waschungen mit Creosotwasser ein günstiges Resultat erzielt. Am vor-theilhaftesten ist es, die erkrankten Thiere so zeitlicli als möglich zu schlachten.
Die Vorbauung besteht insbesondere in der sorgfaltigen Aus­schliessung aller traber- und gnubberkrankcr Widder und Mütter von der Zucht, in der Sorge, dass kein Zuchtthier vor vollendetem zweiten Jahre zur Paarung zugelassen, alte und erschöpfte Böcke hievon aus­geschlossen und den Widdern bloss eine entsprechende nicht zu grosse Anzahl weiblicher Thiere zugewiesen werde. Alle Schwächlinge und Kränkler wären sorgfällig auszumerzen, die ^Nachzucht naturgemäss zu warten und zu pflegen, und für einen guten Gesundheitszustand der Vater- und Mutterthicre während der Sprungzeit und Trächtigkeit zu sorgen.
sect;. 71. Ein ähnliches Leiden kommt, wenn auch selten, bei Pfer­den (Hengsten) vor und wurde von Strauss als Juckkrankheit beschrieben. Sie ist gewöhnlich eine Theilcrscheinung der sogenannten Lähmungskrankheit der Vaterpferde und äussert sich durch eine derart juckende Empfindung an einer gewissen Körperstelle, dass sich die Thiere durch das fortgesetzte und anhaltende Scheuern derselben die Oberhaut abstosseu, wodurch schmutzige, blutrünstige Geschwüre an der verdickten und stark angeschwollenen Haut entstehen. Nehmen bei weiterem Fortschreiten des Hebels diese Geschwüre, welche bisweilen ein brandiges Anseilen erlangen, an Zahl zu, so steigert sich der Juck­reiz , die Thiere magern bei guter Fresslust ab und der Tod erfolgt beinahe durchgehends in Folge der äussersten Abzehrung. Die Ursa­chen werden in dem gebräuchlichen Veredlungssysteme der Pferderacen und in dem zu häufig wiederholten Begattungsacte, insbesondere über-mässig reizbarer Hengste gesucht. Zu der weiteren Verbreitung, in der die Krankheit bisweilen herrschen soll, scheinen gewisse, ihrem Wesen nach unbekannte atmosphärische Verhältnisse beizutragen. Die Vorher­sage ist ungünstig. Die Behandlung hat sich mit einer besonderen Besorgung der gescheuerten Stellen gar nicht zu befassen; das Wetzen hört von selbst auf, wenn es durch die Anwendung äusserer revelli-render Mittel (scharfer Einreibungen, des Glüheisens) längs der Wirbelsäule und den innerlichen Gebrauch der Abführmittel, des Brechweinsteins u. s.w. so wie durch ein entsprechendes diätetisches Verhalten gelingt, das zu Grunde liegende, seinem Wesen nach unbekannte Leiden des Rücken­markes zu heben.
RKll, Pathol. und Therapie. II. Auli.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;32
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498nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; LäJimniigskrankheii der Zuchtpferde.
B. Schwäche- und Lähmungsformen. Die Lähiuungskraiikheit 3er Zuchtpferde.
sect;. 72. Man versteht hierunter eine hei männlichen und weiblichen, zur Zucht verwendeten Pferden vorkommende Krankheit, welche sich durch allmälig zunehmende, allgemeine oder theilweise Lähmung, insbe­sondere der hinteren Extremitäten, bisweilen auch durch die Bildung von Geschwüren an den männlichen und weiblichen Geschlechtstheilen und gewöhnlich durch eine fortdauernde Aufregung des Geschlechtstrie­bes zu erkennen gibt.
Aetiologie. Eine besondere Anlage zu dieser Krankheit wurde bei veredelten, unter verzärtelnden Torhältnissen herangewachsenen, übermässig und mastig gefütterten, zur Arbeit wenig oder gar nicht verwendeten oder im Gegentheile unter der Fütterung mit Knollenge­wächsen , Siede- und Brühfutter aufgezogenen, in engen, dunstigen, der reinen Luft ermangelnden Ställen aufgestellten Pferden beobachtet. Als veranlassende Schädlichkeit ist vorzüglich der wiederholte, bisweilen zu häutige Begattungsact zu beschuldigen, welcher bei solchen energielosen Thieren anfangs eine Heizung des Kückenmarkes, welcher jedoch bald ein Schwäche- und Lähmungszustand desselben nachfolgt, veranlasst. Zu der bisweilen beobachteten weiteren Ausbreitung dieser Krankheit scheint eine gewisse, ihrem Wesen nach unbekannte atmo­sphärische Constitution beizutragen.
sect;. 73. Erscheinungen. 1. Bei Hengsten beginnt die Krankheit gewöhnlich mit einem Nachlassen der Fresslust, autfallendcr Traurigkeit und Niedergeschlagenheit. Das Strahlen erfolgt häutiger und unter Schmerzen, häufigem Aechzon und Nachpressen bei geringer Menge der jedesmaligen Entleerung. Die Thiere magern sehr rasch ab, die Flan­ken erscheinen eingefallen, der Hinterleib aufgezogen, die Hinterbacken verlieren ihre Bundling, die Lendengegend, besonders an ihrer Ueber-gangsstelle in das Kreuz, wird schmerzhaft, oft in dem Grade, dass die Thiere bei einem daselbst angebrachten Drucke sich so stark zusammen­beugen, dass sie in Gefahr kommen, niederzustürzen; der Geschlechts­trieb ist dabei in hohem Grade aufgeregt. Unter allmäliger Zunahme der Abmagerung des Hintertheiles und fortdauernder Steigerung des Geschlechtstriebes gehen die Tbicrc entweder in Folge gänzlicher Ent­kräftung und Erschöpfung ein, oder es gesellen sich im weiteren Ver­laufe Lähmungen einzelner Körpertheile oder die Erscheinungen des Rotzes oder Hautwurmes hinzu. Tn anderen Fällen beginnt die Krankheit
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Lähmnogskrankbeit der Zuchtpferde.
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sogleicli mit einer Schwäche der Xachhand und Schwanken der Lende, worauf Lähmung einer oder der anderen Hintcrextremität oder der gan­zen Xachhand, oder Lähmungen am Kopfe, eines Ohres, der Lippen u. s. w. erfolgen und das weitere Krankheitsbild sich, wie früher er­wähnt, gestaltet; in anderen Fällen endlich beginnt sie mit den Erschei­nungen der Juckkrankheit (sect;. 71), welchen sich allmälig jene einer allgemeinen Abmagerung, Entkräftung und theilweisen Lähmung hinzu­gesellen.
Häufig wird bei Hengsten, welche später in die Lähmungskrank­heit verfallen, die Entstehung des sogenannten Fettschlauches, einer Infiltration und Hypertrophie des Bindegewebes am Schlauche und Ho­densacke, beobachtet, welcher dann stets als verdächtig zu betrachten ist, wenn er vor dem achten Jahre auftritt oder sich rasch entwickelt. Solche Hengste sollten der Kegel nach nur selten zum Sprunge zuge­lassen oder durch eine Beschälzeit hindurch gänzlich davon ausgeschlos­sen werden, obwohl auch diess bisweilen die weitere Entwicklung der Krankheit nicht aufzuhalten vermag. Auch die Hoden werden häufig afficirt, sie werden schmerzhaft, schwellen an und es bilden sich in ihnen kleine, eingesprengte Abscessc; das Pigment am Schlauche und Hodensacke verschwindet stellenweise und diese Theilc werden durch weisse Flecken und Streifen tigerartig gezeichnet und mit einem weissen (angeblich schimmelähnlichen) Ueberzuge bekleidet.
Zu diesen Krankheitserscheinungen gesellen sich manchmal Ge­schwüre an der Ruthe, die sogenannten Kuthengeschwüre, welche in anderen Fällen jedoch auch vollkommen fehlen können und entweder blosse Wasserbläschen oder croupöse Geschwüre sind, durch den Be-legaot, wie viele Beobachtungen lehren, auf Stuten übertragen wer­den und die sogenannte Chankerseuche (s. diese), nicht aber die Läh­mungskrankheit veranlassen können.
2. Bei Stuten tritt als erstes Krankheitssymptom ein übermäs-siges Bossen ein, welches sich durch ein beinahe beständiges Blitzen mit der Scham, Vermehrung der Schleimabsonderung, wobei nicht selten die Hinterscheukel bis zum Sprunggelenke hinab verunreiniget werden, durch Anschwellung der Schamlippen und öfteres Harnen zu erkennen gibt. Dieses Bossen ist jedoch nur dann als Erscheinung der beginnenden Lähmungskrankheit anzusehen, wenn es länger andauert, wenn sich Schmerz in der Lendengegend und Schwäche der Nachhand gleichzeitig einstellt. Die Thiere knicken in den Sprunggelenken und Fesseln ein, gehen wie auf Stelzen und strecken die Hintergliedmassen schleudernd
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500nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; LÄhmtmgakrankhoit der Zuchtpferde.
und mit Anstrengung;; manche stürzen hiohei zusammen und sind erst nach einiger Erholung im Stande, sich wieder zu erheben. Diese Erschei­nungen steigern sich allmälig, bis endlich ein gänzliches Unvermögen, sich auf dem Hintertheile zu erhalten, einlritt. Während dieser Zeit nimmt die Abmagerung rasch zu, Elanken und Weichen sinken ein, der Eauch wird stark aufgeschürzt, die Kippen treten deutlich hervor, Schulter und Hinterbacken werden fettlos, die Hosen ausgeschweift; die Thiere sind zuletzt unvermögend, sich zu erheben und liegen sicli an den her­vorragenden Körperpartien auf. Nicht selten treten auch Lähmungen eines oder des anderen Ohres, der Vorder- oder Hintcrlippe auf und die Krankon gehen entweder an Erschöpfung zu Grunde, oder es ent­wickeln sich im Verlaufe des Leidens die Erscheinungen des Eotzcs oder Hautwurmes, deret willen sie vertilgt werden müssen. Auch hier stel­len sich u. z. häutiger als hei Hengsten, Geschwüre auf der Schleimhaut der Scham ein, welche entweder den Charakter gewöhnlicher katarrha­lischer (Erosions-) oder diphtheritischer Geschwüre zeigen und beim Be­legen Gelegenheit zur TJebertragung des Geschwürszustandes auf die Iluthe von Hengsten geben können.
Aus dem Angeführten wird klar, dass die Krankheitserscheinun­gen durch ein Leiden des Kückenmarkes bedingt werden, als dessen Ausdruck der stark aufgeregte Geschlechtstrieb, die allmälig eintreten­den Erscheinungen der Abmagerung, Muskelschwäche und endlichen Lähmung anzusehen sind. Die Geschwüre an den Geschlcchtstheilen mögen theils von der übermässigen Beizung beim Belegacte, theils von der sich einstellenden Kückenmarkslälimung abhängig sein, sie können wohl, wie katarrhalische und diphtherilische Geschwüre überhaupt, zur TJebertragung auf andere Thiere, also zur Entstehung der sogenannten Chankerseuchc, keinesfalls jedoch zur Entwicklung der eigentlichen Läh­mungskrankheit, welche mit der ersteren noch so häufig zusammengeworfen wird, aber mit dieser durchaus nicht in einer nothwendigen Verbindung steht, Veranlassung gehen.
Bei der Section der umgestandenen oder vertilgten Thiere findet sich neben den Erscheinungen der allgemeinen Abmagerung und Blut­leere in den meisten Eällen eine auffallende Durchfeuchtung des Kücken­markes und des Gehirnes, Trübung und Schwellung der weichen Rücken­marks- und der Spinnwebenhaut, bisweilen auch bedeutendere seröse An­sammlung im Sacke dieser letzteren. Längs der Hauptnerven der ge­lähmten Extremität zeigen sich gewöhnlich namhafte Infiltrationen des Bindegewebes mit gallertigem, gelbem Exsudate. Bei Hengsten ist häufig das
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Lühimiu^ükiaukheit del Zncbtpferde,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;öUl
Bindegewebe des iSchluuches und Hodensackes serös mfiltdrt oder sclero-sirt, die Sclieideuhaut des Hodens verdickt , der Samenstrang und die Hoden von kleinen Abscessen durchzogen, bei Stuten die Scheide mit Erosions- oder diphtheritischen Geschwüren bedeckt, und im Zustande eines intensiven Katarrbes. Nach dor Verschiedenheit der C'omplicationen sind auch die durch hotz, Hautwurm, Lungentuberculoso und Vereite­rung bedingten Veränderungen nachzuweisen.
sect;. 74. Der Verlauf der Kranklieit ist bisweilen sehr acut, so dass die Thiere innerhalb weniger Tage zu Grunde gehen, bald aber langwie­rig und erstreckt sich, wenn nicht früher dem Leben des Thieres ein Ende gemacht wird, bisweilen auf mehrere Monate, selbst über ein Jahr hinaus. Die Prognose ist sehr ungünstig und nur im Beginne ist bisweilen der Eintritt von Genesung möglich; sobald sich jedoch einmal Lähmungen eingestellt haben, ist jede Hotihung auf Heilung verloren.
Die Vorbauung besteht in der sorgfältigsten Vermeidung jener Ursachen, welche die Krankheit hervorzurufen im Verdachte stehen, insbesondere in einer naturgemässen Aufzucht und Haltung der Pferde, so wie in der Beschränkung zu häufiger Sprünge und Ausschliessung nicht ganz gesunder oder schwächlicher Thiere von der Paarung.
Die Behandlung der sich entwickelnden oder bereits ausgespro­chenen Lähmungskrankheit ist eine sehr missliche. Bei Hengsten hat sich im Anfange derselben die Castration wirksam erwiesen und viele derselben sind nach Vornahme dieser Operation ganz tüchtige Gebrauohs-pferde geworden. Elüchtig reizende und scharfe Einreibungen, die An­wendung des Glüheisens längs der Bücken- und Lendenwirbelsäule, der innerliche Gebrauch bitterer und aromatischer Mittel, so wie des Brech­weinsteins, des Kamphers, der Krähenaugen u. s. w. ist von sehr zwei­felhaftem, gewöhnlich keinem Erfolge begleitet.
Sind Ruthen- oder Schamgeschwüre zugegen, so sind die damit behafteten Thiere wegen der Möglichkeit der weiteren Uebertragung derselben von der Paarung unnachsichtlich auszuschliessen. (Das Xähere hierüber bei „Chankerseuchequot;.)
sect;. 75. Die Kreuzlähme, ein Lähmungszustand beider Hinter­schenkel, welcher am häufigsten bei Pferden und Hunden, bei letz­teren nicht selten als Xachkrankheit der Staupe oder in Folge zu häu­figer Begattung, dann bei Schweinen nach Verabreichung zu kräftigen Futters an früher schlecht genährte, darbende Thiere, jedoch auch bei Rindern als Ausdruck verschiedener Krankheitszustände des
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502nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Hyperämie, Congestion des Rückenmarkes.
Rückenmarkes vorkommt, fällt dem Gebrauche nach, dem Gebiete der Chirurgie anheim.
II. Anatomische Störungen.
sect;. 76. Die durch die verschiedenen pathologischen Processe im Rückenmarke hervorgerufenen Krankheitserscheinungen treten meist un­ter der Form einer der bisher angeführten Krankheiten oder überhaupt der Reizung oder Lähmung der von gewissen Rückenmarksabschnitten mit Nerven versorgten Körpertheile auf, und es ist in den meisten Fällen geradezu unmöglich, während des Lebens mit Sicherheit die Diagnose auf eine bestimmte anatomische Veränderung dieses Organes zu stellen.
A. Locale Störmu/en des Kreislaufes. 1. H;|ieräiule, Congestion des Rückenmarkes.
sect;.77. Dieser Zustand ist aus dem plötzlichen Eintritte gewisser LähmungssjTnptome mehr erschlossen als nachgewiesen worden, und man ist selbst bei umgestandenen Thieron zur Annahme desselben als Todesursache nur dann berechtiget, wenn bei dem Mangel aller an­derweitigen Störungen im Cadaver das Rückenmark auf einem Durch­schnitte dunkler gefärbt, mit zahlreichen hervorquellenden Blutpunkten besetzt erscheint, seine Häute von capillärcn Blutungen durchzogen, die Venen des Wirbelcanales im hohen Grade blutreich sind und die im Sacke der Rückenmarks-Spinnwebenhaut enthaltene Flüssigkeit eine blutige Färbung zeigt oder selbst beigemengtes Blut enthält. Ein sol­cher hyperämischer Zustand findet sich häufig beim Starrkrämpfe.
Acute Congestion des Rückenmarkes wurde bisher meist bei voll­blütigen, gutgenährten Pferden und Rindern, gewöhnlich in Folge einer plötzlichen, heftigen Erkältung (im Winter oder bei feuchtem Wetter) oder einer reichlichen Fütterung bei wenig Muskelanstrengung (wie diess bei schweren Fuhrmannspferden, sobald sie einige Tage ohne Arbeit stehen, gewöhnlich der Fall ist) beobachtet. Die früher gesun­den Thiere stürzen bei der Arbeit plötzlich, oder nachdem sie durch eine sehr kurze Zeit im Gange mit dem Hintertheile geschwankt, sich ängstlich benommen und gezittert haben, zusammen, sind nicht im Stande, sich wieder zu erheben, indem sie im Hintertheile vollständig gelähmt und in der Lendengegend bisweilen empfindlich sind. Fieber­erscheinungen können entweder zugegen sein oder auch fehlen, gewöhn­lich kehrt einige Zeit nach dem Anfalle die Munterkeit und die Fress-
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BlutergUAB im Uückenmarke.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ö03
lust zurück und bisweilen erholen sich die Thiere nach 10 bis 14 Tagen; in anderen Fällen bleibt Lähmung einer oder der anderen hinteren Ex-tremität oder der ganzen Nachhand zurück, oder es erfolgt der Tod in sehr kurzer Zeit. Die Diagnose zwischen diesem Zustande und der Apoplexie des Rückenmarkes lässt sich höchstens mit Berücksichtigung dos, bei dem ersteren bisweilen rasch erfolgenden günstigen Ausganges stellen. Die Kehandlung hat in ausgiebigen Aderlässen, kalten Um­schlägen auf Lende und Kreuz, Klystieren und dem innerlichen Ge­brauche antiphlogistischer Salze, des Brechweinsteins, bei leicht ver­daulichem, kargem Futter und kühlem, reinem Aufenthalte zu bestehen. Zurückbleibende Lähmungen sind nach den bekannten Grundsätzen zu behandeln.
2. Bluterguss im Rückcnmarke.
sect;.78. Hämorrh agien des Rückenmarkes werden in den mei­sten Fällen durch eine mechanische Einwirkung auf die Wirbelsäule, durch einen Stoss, Fall, durch das Niederwerfen der Pferde zu Opera­tionen, wobei selbst Wirbelbrüche oder Abweichungen der üelenksenden der geneigten Fortsätze mit Zerreissung oder Zerrung des Zwischenwir­belknorpels und Zerrung und Zertrümmerung einer Stelle des Rücken­markes erfolgen können, hervorgebracht. Jedoch auch unter der Einwir­kung der, bei der Rückenmarkscongestion angeführten Ursachen wurde der Eintritt von Rückenmarksblutungen beobachtet.
Die Erscheinungen sind bald die bei der Hyperämie des Rücken­markes angegebenen, wobei jedoch, wie bei heftigeren acuten Rücken­marksleiden, gewöhnlich der Harn eine blutige Färbung zeigt, bald jene des Starrkrampfes oder einer Lähmung. Gewöhnlich erfolgt der Tod, und selbst bei günstigem Ausgange bleiben durch längere Zeit oder für immer Lähmungen einzelner Theile zurück, welche meist die Vertilgung der Thiere nothwendig machen.
Der anatomische Befund und die, Behandlung verhalten sich wie bei der Gehirnblutung.
3. Oedem des Rückenmarkes.
sect;. 79. Es kommt als anatomischer Befund beim Starrkrämpfe, bei der Wetzkrankheit, im Gefolge von Himödem nicht selten vor und erreicht bisweilen die Höhe einer hydropischen Erweichung. Die Dia­gnose während des Lebens der Thiere ist mit Sicherheit nicht zu stellen.
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504nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Hypertrophie und Atrophie, EntzUudung de? RUckeumarkes.
-B. Störungen der Ernährung.
I. Ilv|)('rti(i|phii' und Atrophir.
sect;. 80. Eine Vergrösserung des Eiickenmarkes ist uns bisher bei Hausthieren noch nicht vorgekommen. Atrophie desselben entwickelt sich an umschriebenen Stellen in Folge eines lange andauernden, stetig wirkenden Druckes, z. B. von Exostosen der Wirbelkörper, von Coenu-rusblasen im Eückenmarke. Atrophie des Lendentheiles soll bei der Lähmungskrankheit der Pferde und bei der Wetzkrankheit der Schafe bisweilen angetroffen werden.
2. Neubildungen.
sect;.81. Sie kommen ausserordentlich selten vor und verhalten sich ähnlich wie jene des Gehirnes.
3. Entzündung des Rückenmarkes.
sect;. 82. Die Entzündung des Rückenmarkes und seiner Häute tritt entweder spontan auf, oder sie entwickelt sich, bedingt durch mechanische Einwirkung auf das llückenmark, durch Erkältungen, Ueberanstrengung bei Bewegungen, ferner in der Umgebung apoplecti-scher Heerde, zertrümmerter Rückenmarkspartien, durch die Einwirkung der Jauche cariöser Wirbel u. s. w.
Die Krankheit tritt bald unter der Form verschiedenartiger Krämpfe, namentlich des Starrkrampfes, bald unter der von Lähmungen auf; ihre Diagnose lässt sich nur aus Sectionen mit Sicherheit stellen. Sie ist stets nur auf kleinere Stellen des Rückenmarkes beschränkt, welche in frischen Fällen blutreich, ecchymosirt und nicht selten röthlich gefärbt erscheinen, während die Rückenmarkshäute in der Regel gleichfalls im Zustande der Hyperämie oder Entzündung sich befinden. In entzünde­ten Rückenmarkspartien erfolgen alle jene Erweichungsprocesse, deren bei der Himentzündung (sect;. 53) Erwähnung geschah, nur kommen Ab-scesse verhältnissmässig sehr selten vor (bisher nur bei Lämmern beob­achtet). Die Behandlung wäre in den diagnosticirbaren Fällen wie bei der Gehimcongestion und Entzündung einzuleiten.
C. Veränderung der physikalischen Eigenschaften.
sect;. 83. Rücksichtlich derselben gilt der Hauptsache nach das bei den Gehirnkrankheiten Angeführte.
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D. Schmarotzerthiere im Rückenmarke.
sect;. 84. Von Parasiten #9632;wurde bisher bloss der Gehirnblasenwurm im Rückenmarke, besonders in dem Lendenstücke desselben, bei Läm­mern angetroffen. Seine Gegenwart daselbst A-eranlasst
die Kreuzdrehe.
Bezüglich der Aetiologie gilt das bei der Drehkrankheit Ange­führte. Als vorzüglichste Erscheinung stellt sich eine hin- und herschwan-kcude Bewegung, endlich vollständige Lähmung der hinteren Extremi­täten, welche zuletzt wie eine todte Masse nachgeschleppt werden, ein. Von der Drehkrankheit unterscheidet sie sich durch das volle Bewusst-sein, den Maugel der drehenden, segelnden oder würfelnden Bewegung, von der Gnubberkrankheit durch den Mangel an Juckreiz und das dess-halb fehlende Scheuern und Kneipen der Haut.
Die Prophylaxis hätte ebenso wie bei der Drehkrankheit vor­zugchen; eine Heilung der Krankheit ist nicht durchführbar.
In einigen hier beobachteten Fällen wurde der Inhalt der C'oenurusblase kalkig eingedickt, die ganze Blase geschrumpft angetroffen, Sie war nur durch die noch auf­findbaren Haken der Coenuren als Wunablase zu bestimmen.
III. Abschnitt.
Krankheiten der peripherischen Nerven.
sect;. 85. Affectionen der peripherischen Nerven kommen im Ganzen bei den Hausthieren, wenn von der Lähmung und fettigen De­generation der Sehnerven, welche schwarzen Staar hervorrufen, dann einzelner, die Extremitäten und die Kopfmuskeln versehenden Xerven und Kervengeliechte abgesehen wird, nur selten zur Beobachtung. Sie veranlassen im Allgemeinen functionelle Störungen bald unter der Form von Schmerz oder Verringerung der Empfindung, bald unter der Eorm von Krampf oder Lähmung. Schon im allgemeinen Theile wurden jene An­haltspunkte angegeben, welche zur Aufklärung dienen können, ob diese Erscheinungen von einer Erkrankung der Centralorgane abhängig oder durch ein selbstständiges Leiden eines Nervenstammes bedingt seien.
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öOOnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten dnr Xi'r\'on.
Ihre Entwicklung findet entweder ohne bekannte Ursache oder in Folge von äusscren Einwirkungen, welche Nervenstümme oder ihr peri-pherischos Ende betreuen, oder von Erkrankungen jener Organe, in welchen sie sieh verzweigen, oder von gewissen Atteetionen der Central-organe des Xervensystems oder von Anomalien in der Vertheilung und Mischung des Blutes, statt.
Als solche functionelle Störungen einzelner Nervenstämme sind zu betrachten: die Gefühllosigkeit im Gesichte im Bereiche des dreigetheilten Xerven, welche gewöhnlich auch mit Lähmung der von dem dritten Aste versorgten Muskeln verbunden ist; die Lähmung des Angesichtsnerven, des Seh- und Gehörnerven, der Nervenschmerz der Lenden- und Kreuznerven (welcher bei Rindern, besonders Kühen, in Folge von Erkältung beobachtet wurde und bei Krankheiten des llücken-markes nicht selten vorkommt), endlich die von Leiden einzelner Rücken­marksnerven abhängigen Krämpfe und Lähmungen. In manchen Fällen sind diese Erscheinungen durch wahre anatomische Veränderungen in den Nerven begründet. Zu diesen gehören Hyperämien und Blu­tungen, wie sie sich bisweilen bei an Wundstarrkrampf Umgestandenen hie und da an den, zur verwundeten Stelle hinführenden, dann bei sol­chen Nerven vorfinden, welche von Exsudaten, insbesondere Jauchen umspült werden. Auch dem sogenannten Hahnentritte der Pferde soll ein ähnlicher Zustand des Hüftnerven zu Grunde liegen.
Der Eintritt von Nervenentzündung ist meist durch Verwundung oder Quetschung bedingt, jedoch setzt sich dieselbe auch bisweilen von der Umgebung aus auf den Nerven fort. Die Entzündung betrifft vor­zugsweise die Nerven scheide, welche dann lebhaft geröthet, serös infil-trirt, daher erweicht und geschwellt erscheint. Sie verläuft bald acut, bald chronisch, in dem letzteren Falle wird die Nervenhülle fibrös verdickt und verwächst gewöhnlich mit dem umgebenden, meist gleichfalls ver­dickten Bindegewebe. Bei der seltenen Entzündung der eigent­lichen Nervensubstanz erscheint diese geröthet, geschwellt und stark erweicht, die Nervenbündel ausgefasert und auseinandergedrängt, ein Zu­stand, welcher gleichfalls beim Wundstarrkrämpfe bisweilen anzutreffen ist. Bei heftiger Entzündung erfolgt rothe Erweichung und eine fettige Degeneration der Primitivbündel. Die Heilung völlig durchschnittener Nerven erfolgt oft unter allmäliger Regeneration von Nervensubstanz mittelst einer anfangs fibrösen Narbe.
Schwund stellt sich in den Nerven unthätiger oder gelähmter Organe, in verletzten und nicht geheilten Nerven, dann in Folge eines
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Krankheiten der Nerven.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;OU i
andauernden Druckes durch heranwachsende Neubildungen in der Um­gebung und der Zerstörung ihres centralen Ursprunges ein; er erfolgt vorzugsweise durch Pettumwandlung der Primitivfasem, an deren Stelle man bisweilen später neugebildetes, von der Nervenscheide ausgehendes Bindegewebe antrifft.
Neubildungen sind an den Nerven sehr selten. An einzelnen Extremitäten finden sich bisweilen bohnen- bis taubeneigrosse längliche, derbe, von einer fibrösen Hülle umgebene Bindegewebsgeschwülste, die sogenannten Neurome, welche seitlich am Nerven und mit dessen Scheide verwebt derart aufsitzen, dass nur ein kleines Nervenbündel sich in dem Neurom verliert, während der grössere Theil des entweder ganz normalen oder theilweise fettig entarteten Nerven in einer Furche der Geschwulst verläuft. Dieser Zustand veranlasst bald gar keine Be­schwerden, bald hingegen ein mehr oder weniger auffallendes Hinken.
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111. Abtheilimg.
Krankheiten der Respirationsorgane.
sect;. 1. Die Krankheiten der liespirationsorgane gehören zu den wich­tigsten bei den Hausthicren vorkommenden Leiden, sowohl wegen der Häufigkeit ihres Vorkommens, als ihrer bisweilen seuchenartigen eonta-giösen Ausbreitung und der Gefährlichkeit ihres Verlaufes.
Bekanntlich werden zu den Luftwegen die Nasenhöhle, der Kehl­kopf, die Luftröhre sammt ihren Verästelungen, die Lungen und das sie bekleidende Brustfell gerechnet und es dienen dieselben als Geruchs­organ, als Organ für die Stimmbildung und als eigentliches Athmungs-organ. Insbesondere in letzterer Beziehung nehmen sie das Interesse des Thierarztes in hohem Grade in Anspruch.
sect;. 2. Aetiologie. Krankheiten der Athmungsorgane kommen wohl bei allen Hausthiergattungen, jedoch in verschiedener Häufigkeit bezüg­lich der örtlichen Localisation vor; gewisse sind nur bestimmten Thier-gattungen eigenthümlich (wie der Eotz, die Lungenseuche), für einzelne derselben lässt sich eine angeborene Anlage bei einzelnen Thieren nicht in Abrede stellen (wie für Tuberculose, Eotz, Katarrhe); einige kom­men mit Vorliebe bei jüngeren Thieren (wie Entzündungen und Tuber­culose) , andere bei älteren vor (wie chronische Katarrhe, Emphyseme, Bronchialerweiterungen).
Die äusseren Schädlichkeiten, welche Krankheiten der Luft­wege hervorzurufen vermögen, sind sehr verschiedener Art und ihre Einwirkung wird in vielen Fällen durch den Umstand erleichtert, dass manche derselben mit der eingeathmeten Luft bis in das Innere der Luftwege gelangen und hier unmittelbar nachtheilig wirken. Abgesehen
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Kranktieiten dor AlhmungKorganc.
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von mechanischen, die Luftwege verletzenden oder erschütternden Einwirkongeii, sind es insbesondere fremde, mit der eingeathmeten Luft in die Luftwege eindringende, pulverformige Körper, Sand, Staub, dann scharfe Dünste und Gasarten, kalte, namentlich nasskaltc oder sehr heissc Luft, plötzliche oder anhaltende Erkältungen der Körperoberttäche, welche derlei Erkrankungen hervorrufen. Sie treten in grösserer Häu-tigkeit gewöhnlich während der kalten Jahreszeiten, in feuchten und kühlen Jahrgängen, dann in Localitäten, in denen die angegebenen Wittcrungsverhältnisse anhaltend herrschen, insbesondere dann auf, wenn diese Schädlichkeiten verweichliclite, an einen warmen Aufentlialt gewohnte, oder durch körperliche Anstrengung erhitzte Thiere treffen. Manche die­ser Leiden erlangen nicht selten durch epizootisohe und miasma­tische, ihrem Wesen nach uns völlig unbekannte Einflüsse eine seu­chenartige Verbreitung (wie Katarrhe der Luftwege, Lungen- und Brust­fellentzündungen) , zu welcher bisweilen noch die Verschleppung des sich entwickelnden Contagiums das Ihrige beiträgt (Lungenseuche des Rindes, Rotz der Pferde u. s. w.). Manche Krankheitszustände einzelner Partien der Luftwege führen häutig Erkrankungen anderer Abschnitte derselben herbei u. z. entweder in der Art, dass sich derselbe Krauk-heitsprocess auf angrenzende Thoile (von der Lunge auf das Brustfell, #9632;quot;.-on der Luftröhre auf die Bronchien, von diesen auf die Lungenzellen) verbreitet, oder dadurch, dass Volumsvermehrungen einzelner Abschnitte drückend und zerrend auf andere wirken, oder dass durch Erkran­kungen oben gelegener Theile der Luftzutritt zu den unteren abge­schlossen wird, oder wegen der aufgehobenen Functionirung in einer Partie eine andere bisher gesunde die Functionirung der kranken über­nehmen muss u. s. w.
Auch abnorme Zustände anderer Theile und Organe können als krankmachende Ursachen auf die Luftwege wirken. Hieher gehören: die Ausbreitung von Krankheitsprocessen der Haut auf die Xasenschleim-haut (Folliculargeschwüre), von der Brustwandung auf Brustfell und Lunge, die Beengung des Brustraumes durch Auftreibung des Hinter­leibes oder Geschwülste in demselben, die Verengerung oder Versohlies-sung der Luftwege durch Geschwülste in der Umgebung, die Zerstörung derselben durch andringende Abscesse, Aneurysmen, die Störung der freien Blutcirculation in den Lungen bei Krankheiten des linken Her­zens, bei Plethora, Anämie und Abänderungen in der Beschaffenheit des Blutes. Unter diesen letzteren disponirt insbesondere die Vermeh­rung des Faserstoffes zu Exsudationsprocessen in der Lunge (z. B. bei
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öIOnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiton der Athmiini^uigane.
der Lungenseuche des Rindes), die wässerige Blutmischung zu serösen Infiltrationen derselben und zu Katarrhen (bei Schafen), die Eiterin-fection zur Bildung umschriebener Eiterheerde in den Lungen. Dass endlich im üetblge von Erkrankungen der Centraltheile des Nerven­systems Krankheiten der Lungen häufig auftreten, wurde schon früher erwähnt.
Die in den Luftwegen vorkommenden Störungen umfassen nahezu alle jene Processe und Abnormitäten, welche im allgemeinen Theile erwähnt wurden.
sect;. 3. Die bei Erkrankungen der Luftwege vorkommenden Erschei­nungen sind so vielfältig und meist so charakteristisch, dass sich aus ihnen gewöhnlich mit Sicherheit eine Diagnose des gerade vorhandenen Krankheitszustandes stellen lässt. Um in der Folge Wiederholungen zu vermeiden, sollen die wichtigeren, auf eine Erkrankung dieser Theile hinweisenden Zeichen sogleich hier ihre Erledigung finden.
sect;. 4. Zeichen aus dem Aussehen der Nasenschleimhäute. Diese sind bei den grösseren Hausthiereu der Untersuchung durch un­mittelbare Besichtigung und mittelst des eingeführten Fingers leicht zugänglich. Die an ihnen nachweisbaren Veränderungen und Abnormi­täten der Färbung (durch stärkere oder schwächere Gefässinjection, Extravasate, Infiltrate), der ürad ihrer Schwellung, die Gegenwart von frei auf die Oberfläche ergossenen Exsudaten, von Knötchen, Knoten und Geschwüren, von Neubildungen reicht in zahlreichen Fällen zur Sicherstcllung des örtlichen Leidens aus, während einzelne von ihnen, wie Temperaturvermehrung, Rothung, Schwellung, Extra­vasate auch Theilerscheinungen eines anderen Krankheitsprocesses (Lun­genentzündung, Typhus u. s. w.) sein können.
sect;. 5. Die Beschaffenheit des Nasenausflusses. Dieser ist entweder in Folge einer blossen Steigerung der Absonderung der Nasen­schleimhaut vermehrt, dabei entweder dünnflüssig oder zähe, unter dem Einflüsse der Luft vertrocknend, oder schmierig, eiterähnlich, mit crou-pösem Exsudate, Blut oder Jauche gemengt, geruchlos oder verschieden­artig übelriechend — Veränderungen, welche von gewissen Zuständen der Nasenschleimhäute oder der unter ihr liegenden Theile, der Knorpel, Knochen abhängig sind. Der durch Husten aus dem Kehlkopfe, der Luftröhre und ihren Verzweigungen herauf beförderte Auswurf tritt bei den Hausthieren nicht selten durch die Nasenöfthungen als ein, bei jedem Hustenstosse sich vermehrender Ausfluss hervor, obwohl diese Massen, wenn sie in geringerer Menge nach aufwärts getrieben werden, gewöhnlich
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Krankheiten der Athmnngsorganc.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;öl 1
durch Schlingen in den Magen befördert werden. Ein wässeriger oder blassrothlich gefärbter, durch, viele Luftbläschen schaumiger Auswurf kommt aus den kleinsten Bronchialverzweigungen lufthältiger Lungen­abschnitte und ist meist ein Zeichen von Lungenödem, wie es sich im letzten Stadium der Rinderpest, bei Milzbrand, im Gefolge verschiedener Limgenkrankheiten einstellt. Blutiger Auswurf, von den leichtesten Graden einer rothen Striemung bis zum reinen Bluttlusse kommt bei Lungenhyperämien, bei heftigen Bronchialkatarrhcn, Lungonblutungen, bei Eröffnung von Gefässen in tuberculöse und andere Cavemen vor. Ist er dabei hellroth und schaumig, so liegt der Schluss auf eine capil-lare Blutung in die Lungcnzellen nahe; enthält er dunkle Stränge und Klumpen, so ist zu vermuthen, dass das Blut vor seiner Entfernung in einem Bronchialaste oder einer Caverne geronnen sei, ohne dass jedoch hiedurch allein schon ein näherer Anfschluss über die Stelle der Blutung gewonnen wäre. Eine röthliche Färbung des Auswurfes, bedingt durch innige Beimischung von Blutkörperchen, findet sich bisweilen bei Lun­genentzündungen im Zeiträume der Anschoppung und der Lösung. Schleimiger, dünnflüssiger, oder zäher durchsichtiger, oder dicker undurchsichtiger Auswurf ist ein Zeichen katarrhalischer Zustände der Luftwege.
Ei teriger Auswurf findet sich bei chronischem Bronchialkatarrhe, bei geborstenen Eitersäcken der Lunge; geronnene Easerstoff'cylin-der werden bisweilen bei eroupöser Entzündung der Luftröhrenzweige, besonders im Verlaufe intensiver Lungenentzündung ausgeworfen. Bei Brand in den Lungen finden sich im Auswurfe bisweilen Lungen- und Knorpelstückchen vor, bei Gegenwart von Entozoen in den Bronchien werden oft umfangreiche, in dicken Schleim eingehüllte Nester dersel­ben beim Husten ausgestossen (Lungeuwürmerkrankheit). Der Auswurf ist entweder geruchlos oder er ist übelriechend, insbesondere bei Lungenbrand.
sect;. 6. Die ausgeathmete Luft ist heiss bei fieberhaften Lungen­krankheiten , kühl bei Erschöpfung und herannahendem Tode, sie ist entweder geruchlos oder übelriechend, wie bei geschwürigen Zerstörun­gen der Knochen und Knorpel der Nase, bei daselbst ulcerirenden Po­lypen und Krebsgeschwülsten, bei verjauchenden Lungencavernen, bei Lungenbrand, bei fauliger Zersetzung der in die Luftsäcke der Pferde ergossenen Massen.
sect;. 7. Die Häufigkeit und Beschaffenheit der Athemzüge. Bekanntlich geschieht das Athmen im normalen Zustande und im ruhi-
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ö 1 2nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheitun der Athnmngsorgane.
gen Stande auf die Weise, dass beim Einathmcn der Brustkorb durch die Zusammenzieliung der Heber der Rippen, der Zwischenrippenmus­kel und des Zwerchfelles erweitert wird, worauf die Lunge dem Zuge der Brustwandungen folgt, ihre Zellen sich erweitern und die in ihnen enthaltene Luft verdünnt wird, wcsshalb die dichtere, äussere atmosphä­rische Luft iu die Luftwege hineinstürzt. Beim Ausathmen erschlaffen die an^eirebenen lluskeln, so wie die elastischen Brustwandungeu; die sich zusammenziehenden schiefen Bauchmuskeln und die Hinterleibs-eingeweide pressen zugleich gegen das erschlaffende Zwerchfell, die contractilen Lungenzellen und die Brustwandungeu drücken auf die in der Lunge enthaltene Luft, welche dadurch verdichtet wird und im Ver­hältnisse ihrer Dichte nach aussen entweicht, wobei jedoch stets ein Theil von ihr in der Lunge zurückbleibt.
Schon bei geringer körperlicher Anstrengung geht das Ath-men nicht mehr so ruhig und mit kaum bemerkbarer Bewegung des Brustkorbes und der Flankengegend vor sich; es nehmen dann beim Einathmen aussei- den genannten Muskeln noch der vordere gezahnte, der quere Kippen- und der Brustbeinmuskel, beim Ausathmen überdiess die schiefen Bauchmuskel und der hintere gezahnte Muskel Antheil, wodurch die Bewegungen des Brustkorbes und der Bauchwandung auf­fallend werden. Diese Erscheinung tritt bei heftigeren Krankhei­ten der Luftwege, besonders der Lungen beinahe stets ein; bei man-clicn chronischen Leiden derselben fehlt sie im Stande der Euhe, stellt sich jedoch sogleich ein, wenn die Tbierc in Bewegung versetzt werden (z. B. bei einigen Formen des sogenannten Dampfes).
Bei noch höheren Graden derAthemnoth wird beim Einath­men auch noch die Hilfe der Brustmuskel und des breitgezahnten Mus­kels in Anspruch genommen, wobei dann die vorderen Extremitäten weit auseinandergestollt und fixirt werden. Ein mit starker Bewegung der Bauchmuskeln vollzogenes Athmen heisst ein bauch- oder flanken-schlägiges, bei dessen höheren Graden sich bisweilen eine Rinne, längs der Knorpel der falschen Rippen, die sogenannte Dampfrinne bildet; es kommt besonders bei chronischen Erkrankungen der Luftwege, dann bei Ergüssen in die Brustfellsäcke vor. Bedeutendere Athmungs-beschwerden veranlassen wenigstens bei den grösseren Hausthieren eine stärkere Erweiterung der Naseuöffnungen und bei Pferden ein auffallendes Spiel der Nasenflügel, bei den kleineren Hausthiergat-tungen auch ein Aufsperren des Maules. In den höchsten Graden ist ein Hervordrängen des Afters beim Einathmen bemerkbar.
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Krankheiten der Athmungsorgane.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;ölo
Die Zahl der Athemzüge steht bei Krankheiten der Luftwege immer im Verhältnisse zur Grosse der Behinderung des Lufteintrittes; sie wird jedoch durch gleichzeitig vorhandene höhere Fiebergrade, durch versuchte Bewegungen, beim Xiederlegen noch vermehrt. Sie kann bei tieferen Erkrankungen der Lunge, bei Brustfellentzündung die normale Zahl der Athemziige um das Drei- bis Fünffache übersteigen. Das Ath-men wird um so kürzer, je häufiger die Zahl der Athemziige ist, ein je grösserer Theil der Lungen für das Athmen ungeeignet ist, oder wenn die Bewegung des Brustkorbes durch Schmerz (bei Brustfellentzün­dung), durch mechanische Hindernisse (Anbeftungen zwischen Lunge und Brustwandung) gehindert wird. Tolles und tiefes F.inathraen lässt auf einen gesunden Zustand der Athmungsorgane, ungleiche Athem-bewegungen an beiden Brusthälften lassen auf eine Erkrankung in dem, von der weniger sich bewogenden Hälfte eingeschlossenen Theile der Athmungsorgane schliessen; sie kommen bei Lungenentzündungen, bei einseitigen Ergüssen in die Brustböhle u. dgl. vor.
Die Athemnoth steigert sich gewöhnlich, wenn die Thiere sich niederlogen, weil dann, insbesondere bei der Soitcnlage, die Brust­muskel und der breite gezahnte Muskel zur Erweiterung der Brust bei­zutragen nicht vermögen; brustkranke Thiere (Pferde und Rinder) stehen daher meist beständig oder legen sich höchstens für kurze Zeit mit unterschlagenen Füsscn nieder, und es kann, sobald sie sich wieder mit ausgestreckten Füssen legen und durch längere Zeit in dieser Lage verharren, eine günstige Wendung der Krankheit vermuthet werden. Bei Lungenentzündung, bei Compression der Lunge durch einen pleuri­tischen Erguss liegen kleinere Haustbiere und grössere dann, wenn sie sich stehend nicht mehr erhalten können, gewöhnlich auf der allein oder vorwaltend kranken Seite; bei heftigeren Schmerzen in einer Brust­hälfte, z. B. bei beginnender Brustfellentzündung hingegen auf der ge­sunden Seite.
Ein an Dauer das Einathmcn übertreffendes Ausathmon wird bei Hindernissen in der Luftröhre und den Bronchien, bei Emphysemen beobachtet, kommt aber im Ganzen nur selten vor.
Bei ruhigem Athmen ist weder beim Ein- noch Ausathmen in der Entfernung irgend ein Geräusch wahrnelimbar. Das beschwerliche und beschleunigte Athmen ist gewöhnlich keuchend; bei Verengerung der Luftwege durch Anschwellung der Stimmritze, Croup der Kehlkopf­schleimhaut, bei bedeutenderen Bronchialkatarrhen wird es pfeifend, bei Vorhandensein von Flüssigkeiten in den oberen Abschnitten der
Roll, Palhol. und Thoraimv II. Aufl.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 33
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01*4nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten der Atbiuniigsorganelaquo;
Luftwege rasselnd oder röchelnd, bei gleichzeitiger Infiltration des Eachens schnarchend.
sect;. 8. Von den bei dem Ausathmen vorkommenden Erscheinungen haben das Niesen, Ausbrausen und Husten für die Diagnostik der Krankheiten der Luftwege Interesse.
Das Niesen erfolgt bei Hunden und Schafen bei lleizungszu-ständen der Naseuschleimhaut, bei der Gegenwart von fremden Körpern (z. B. Eingeweidewürmern und Inseeten), bei Neubildungen in den Na­sen- und Stirnhöhlen. Bei Pferden stellt sich hingegen bei den ange­führten Zuständen das Ausbrausen, ein stossweise geschehendes, mit einem eigenlhümlichen (ieräusche verbundenes Ausathmen ein.
Der Husten, welcher in vielen Fällen selbst bei bedeutenden Erkrankungen der Luftwege fehlt, ist insofernc ein wichtiges diagno­stisches Moment, als seine Gegenwart selbst bei nur oberflächlicher Auf­merksamkeit auf ein Leiden der Athmungsorgaue hinweiset. Er tritt ein, sobald irgend eine empfindliche Stelle der, hinter der Ilachenhöhle ge­legenen Theile der Athmungsorgane auf eine ungewohute Weise (durch vermehrten Blutgehalt, Exsudate, fremde Körper u. s. w.) afticirt wird, und ist von einer Reizung des herumschweifenden Nerven und Ueber-tragung derselben auf die Bewegungsnerven der Athmungsmuskel ab­hängig. Er fehlt daher in Krankheilszuständen der Luftwege, sobald die Empfindlichkeit derselben herabgesetzt, Gewebsabschnilte derselben zer­stört oder durch Infiltrationen gelähmt sind. Der Husten ist bald kurz, abgebrochen, schmerzhaft bei schwereren Luftröhren- und Bronchial­katarrhen, bei Lungen- und Brustfellentzündung; bald häufig wiederholt, bisweilen minutenlang anhaltend, wie bei Bronchialkatarrhen, Emphysem der Lunge, krampfhafter Heizung der Kehlkopfschleinihaut; er ist rauh und heiser bei Katarrhen, hohl bei der Gegenwart von Lungencavernen, trocken, wenn die mit Gewalt ausgestossene Luft auf ihrem Wege nicht auf zähe Flüssigkeiten stösst, die sie nach aufwärts befördern könnte; locker oder feucht, wenn diess der Fall ist oder derselbe Aon Auswurf begleitet ist, oder Rasselgeräusche während desselben gehört werden. Der trockene Husten ist meistens ein Begleiter beginnender Afl'ectionen der Luftwege oder wenigstens solcher, bei denen etwa gesetzte Exsudate noch nicht verflüssiget sind, der lockere zeigt das Gegentheil an und ist bei noch nicht lauger Andauer des Leidens ein günstiges Zeichen, während ein durch lange Zeit fortwährender der gewöhnliche Begleiter chronischer Bronchialkatarrhe, Lungenahscesse, Hronchialerweiterungen u.dgl. ist. Manche Kranke, welche freiwillig nicht husten, können durch einen an
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Krankheiten der Ätbmuugsorgane.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;ölö
dem Kehlkopfe angebrachten, verschieden stai'ken Druck dazu gebracht werden, und es bietet dann der auf diese Weise hervorgerufene Husten ein gutes diagnostisches Hilfsmittel.
sect;. 9. Die Stimme erleidet, wenn von der rauhen und heiseren bei katarrhalischen Zuständen und bei Krampf der Glottis abgesehen wird, bei Krankheiten der Luftwege keine besondere Abänderung.
sect;. 10. Die Stellung grösserer Hausthiere hat bei heftigeren Lun­genkrankheiten insoferne etwas Charakteristisches, als die Brustkranken meist mit breit auseinander gestemmten vorderen Füssen unter öfterem Wechsel der hinteren, mit horizontal gehaltenem oder zur Erde gesenk­tem Halse, herabhängendem oder auf den Barren gestemmtem Kopfe dastehen und sich nur selten oder auf eine der früher erwähnten Wei­sen niederlegen.
sect;.11. Obwohl bei gehöriger Berücksichtigung der bisher angeführ­ten Symptome sich bei Erkrankungen der Nasenhöhle und des Kehl­kopfes eine Diagnose des vorhandenen Krankheitszustandes in den meisten Fällen mit Sicherheit stellen lässt, und auch das Vorhanden­sein von Leiden der, von dem Brustkorbe eingeschlossenen Athmungs-organe im Allgemeinen zu constatiren ist, so fällt es doch bei alleiniger Rücksichtnahme auf die bisher betrachteten Erscheinungen schwer, die Art der eben vorhandenen Störung, die Grosse ihrer Ausbreitung, den Sitz und das Stadium derselben mit Gewissheit zu bestimmen und es ist desshalb noch die physikalische Untersuchung der Brust mit­telst der Percussion und Auscultation vorzunehmen, welche bei gehöriger Umsicht zu einer sicheren Diagnose der gerade vorliegenden Erkrankungen der Brusteingeweide führen wird.
Man versteht unter Percussion im Allgemeinen das Klopfen an bestimmte Theile der Oberfläche des thierischen Körpers, um aus dem dadurch erhaltenen Schalle einen Schluss auf die Beschaffenheit der unterhalb gelegenen Theile ziehen zu können.
Bevor wir zur Percussion der Brust selbst übergelion, muss das Nothwendigste über die Percussion überhaupt und die durch dieselben zu erhaltenden Schallunter­schiede angeführt werden.
Die unmittelbare Percussion, bei welcher man mittelst der zur Faust geball­ten Hand oder mit der vollen Handfläche senkrecht auf die zu untersuchende Stelle schlägt und sie nach jedem Schlage rasch zurückzieht, ist nach unserer Erfahrung nur von geringem Werthe, da einerseits der hiedurch erzeugte Schall undeutlich ist und kranke Partien von kleinerem Umfange, als die Grosse des Handtellers oder der Faust beträgt, ebensowenig als die genauen Grenzen der veränderten Organabsehnittc ausge-mittelt werden können, andererseits aber die percutirten Thiere leicht erschrecken und
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Öl6nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten der Atlimnngsorgant',
ausweichen und einer wiederholten Vornahme dieser Untersuchung widerstreben. Wir vollführen daher schon seit Jahren die mittelbare Percussion und haben hiebei nie jene iCuehtheile bemerkt, welche Crocq beobachtet haben will. Wir bedienen uns hiezu einer elfenbeinernen 1^quot; —2quot; im Durchmesser haltenden, runden, mit einer 2quot;'—3'quot; hohen Bandleiste versehenen Platte, welche eben nur so dick zu sein braucht, um sieh nicht zu biegen und beim Anschlagen nicht zu klappern, des sogenannten Ples-simeters. Dasselbe wird beim Gebrauche genau an die zu untersuchende Stelle an­gelegt und in der Hegel nur so fest angedrückt, dass es sich beim Daraul'klopfen nicht verschiebt, liei kleineren Hausthieren genügt es, auf diese Platte mit dem gekrümmten Zeige- oder Mittelfinger oder mit beiden zugleich, mittelst einer leichten Bewegung des Handgelenkes, ohne Mitbewegung des Armes oder der Pingergelenke und unter Vermeidung des Allstreifens der Fingernägel anzuschlagen. Hei grösseren Hausthieren (Pferden, Kindern) oder bei solchen mit dicken Brustwandungen (z. li, fetten Sehweinen) ist man jedoch bei diesem Verfahren nicht im Stande, einen deut­liehen und hinreichend starken Schall hervorzurufen, und man bedient sich hier mit dem grössten Vortheile des Winterich'sehen Percussionshammers, eines klei­nen stählernen, an einem dünnen hiilzeruen Handgriffe befestigten Hämmerchens, wel­ches an seinem freien Ende eine hinreichend dicke Platte von Kautschuk trägt. Mit diesem Hammer, welchen man zwischen dem Daumen, Zeige- und Slltteltinger fasst, wird gleichfalls unter blosser Bewegung des Handgelenkes der Anschlag auf das Ples-simeter vollführt.
Ob man nun auf eine oder die andere Weise percutirt, so werden durch den Anschlag die unter der percutirten Stelle gelegenen Theile in Schwingungen versetzt, und diese geben einen, nach der Stärke des Anschlages, nach der Elasticität des in Schwingungen versetzten Theiles verschiedenen, bisweilen durch Consonanz abgeänder­ten Schall. Xicht oder nur wenig elastische Körper, wie tropfbare Flüssigkeiten, dann von Natur aus dichte, nicht lufthältige oder durch Krankheitsproecssc luftleer gewor­dene Organe geben einen dumpfen, kaum vernehmbaren Percussionsschall. Man ist nicht im Stande, durch ihn die Leber von der Milz, diese von der Niere, von einer infiltrirten oder luftleer gewordeneu Lunge, einer Flüssigkeitsschichte, einem Knochen u. s. w. zu unterscheiden. Jeder durch das Percutiren erhaltene Schall, welcher von dem dumpfen Schalle der angeführten Körper (welchen man sich durch Anklopfen an seinen Schenkel gut versinnlichen kann) abweicht, ist durch das Vorhan­densein von Luft oder Gas in der Brust- oder Bauchhöhle, oder den in diesen gele­genen Organen veranlasst; er ist aber nicht immer ein und derselbe, sondern zeigt bedeutende Verschiedenheiten, deren genaue Kenntniss und Unterscheidung für die Diagnostik von grösstcr Wichtigkeit ist. Wir folgen bezüglich dieser Schalluntcrschiede den völlig bezeichnenden Benennungen Skoda's um so mehr, als diese Schalluntcr­schiede sich auch bei den Thieren genau nachweisen lassen.
Der Percussionsschall ist entweder:
a) Voll oder leer. Der erstere oder volltönende entsteht, wenn bei ent­sprechend starkem Anschlage eine grösscre lufthältige Partie in Schwingungen versetzt wird. Ein an irgend einer Stelle erhaltener voller Schall zeigt demnach an, dass in einem Baume von wenigstens einigen Zollen im Durchmesser nach jeder Dimension unterhalb der percutirten Stelle Luft enthalten ist. Ein leerer Schall wird bei dem Percutiren eines Theiles erhalten, dessen Schwingungen nur kurz sind, sich nur auf eine geringe Ausdehnung ausbreiten und keine Mitschwingungen der Umgebung
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Krankheiten der Athmungsorgane,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;öl7
erzeugen; er findet sich, sobald unterhalb der percutirten Stelle nicht ein luftlialtiger Theil, sondern luftleere Gewebe oder Flüssigkeiten sieh belinden. Liegt jedoch hinter einer nicht zu dicken Flüssigkeitsschichte ein lufthSltiges Organ, so kann bei Biegsam­keit der percutirten Stelle und stärkerem Anschlage doch noch ein mehr oder weniger voller Percussionsschall hervorgerufen werden. Das Auftreten eines vollkommen leeren Percussionsschalle s an einer biegsamen Stelle der Brost- oder Bauchwand beweiset, dass auf mehrere /olle in die Tiefe und einige in der Umgehung ein lufthäl-tiger Theil nicht zugegen sei (bei Lungeninfiltrationen, pleuritischen Exsudaten).
b) Hell oder dumpf. Hell wird der Percussionsschall, wenn unter­halb einer elastischen biegsamen Wandung ein luftlialtiger Theil sich befindet, dumpf oder gedämpft, wenn zwischen der percutirten Stelle und einem lufthältigen, schal­lenden Körper eine mehr oder weniger dichte Lage eines nicht schwingenden Mediums liegt; bei einer bedeutenden Dicke dieses letzteren wird der dumpfe Schall endlich gleich dem leeren.
Diese vier bisher betrachteten Arten des Percussionssehalles können sieh auf verschiedene Art combiniren. Voll und hell erscheint er bei normal beschaffenem Lungenparenchyme, bei biegsamen, elastischen, nicht zu dicken lirustwandungen, bei ausgebreitetem l'läschenemphyseme der Lunge; voll und gedämpft bei dicken, festen Brustwandungen, bei nicht zu dicken, von normalem Parenchyme umgebenen Lungeninfiltrationen, bei Verdickungen des Brustfelles, bei geringer Menge pleuritischen Exsudates, oder wenn die noch lufthältigen Gedärme von dichteren Schichten plastischen Exsudates umhüllt oder von flüssigem Exsudate umgeben sind. Er wird hell und leer, wenn unter einer biegsamen Stelle der Brustwandung nur ein kleines Stück lufthältigen Lungenparenchvmes liegt, während die Umgebung luftleer ist, z. B. ober­halb eines durch pleuritisches Exsudat comprimirten Lungenabschnittes oder bei ober­flächlich gelegenen, von festen Wandungen umschlossenen Lungencavcrnen; dumpf und leer, wenn über einem wenig oder gar nicht elastischen Körper, einem stark in-liltrirten oder comprimirten Lungenstücke, über Leber, Milz, Muskeln, über dicken Flüssigkeitsschichten u. s. w. percutirt wird.
e) Der Percussionsschall ist ferner entweder ty mpau it is ch (trommel­ähnlich, dem Klange sich nähernd) oder nicht tym p anitisch; ein Unterschied, der sich so wie die früheren Modificationen des Schalles nur durch Uebung eigen machen lässt. Der ersterc findet sich nie an einer Stelle, unterhalb welcher normales Lun-genparenehym liegt; er ist bei dicker, wenig elastischer Brustwandung selbst dann, wenn die Bedingungen zu seiner Entstehung vorhanden wären, nur selten zu hören. Er entsteht dann, wenn Luft innerhalb nicht gespannter oder gelähmter Wandungen eingeschlossen ist, selten hingegen und nie so vollkommen (wobei er gewöhnlich auch dumpf ist), sobald die Spannung das Normale übersteigt. An den Brustwandungen erhält man dem Angeführten entsprechend einen tympanitisclien und zugleich leeren Percussionsschall: bei grösseren, oberflächlich gelegenen, von verdichtetem, nicht luft-hältigem Parenchyme umschlossenen Lungencavcrnen, über serös inftltrirtcn, in der Xähe hepatisirter oder tuberculöser Lungenpartien gelegenen Theilen, also auch im Beginne und bei der Lösung von Lungenentzündungen, bei vermindertem Luftgchalte der Lunge in Folge von Compression, Oedem u. dgl.; tympanitisch und voll ist er bisweilen beim Bläschenemphyseme der Lunge, sowohl bei dem über grössere Ab­schnitte verbreiteten, als bei dem in der Umgehung infiltrirtcr Lungenpartien sich ein-
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518nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten der Athmungsorgane.
stellenden, bei Luftaustritt in die BroathShle (Pneumothorax), wenn die Brustwandun­gen nicht zu sehr gespannt sind. Am Hinterleibe erhält man entsprechend der Lage der luftiuütigeu Därme bei nicht zu sehr gespannten Bauchdecken stets einen tympa-nitischen Percussionsschall, der auch dort noch hervortritt, wo die hinteren Lungen­partien über Darmstücken liegen.
d) Die Unterscheidung dos Percussionsschalles nach seiner Höhe in einen hohen und tiefen ist für die Diagnostik der Eespirationskrankheiten bei Thieren von keinem besonderen praktischen Werthe. Eine Erhöhung des Schalles gellt nicht selten dem Eintritte des tympanitischen Schalles voraus.
Eine eigenthümliche Abänderung des Schalles ist das me tallis ehe K lingo n, das man beim Pereutiren grösscrer lufthältiger, oberflächlich gelegener Lungencavernen, bei Luftausammlung in den lirustfellsäcken, bei stärkerem Beklopfen eines der Bauch­wand anliegenden lufthältigeu Darmstückes oder des Magens erhält.
Beim Pereutiren grösserer, nicht tief gelegener, lufthältiger, mit Bronchien in Verbindung stehender Cavernen, aus denen mithin bei dem Anschlage durch die dabei stattfindende Compression Luft in die Bronchien getrieben wird, entsteht das soge­nannte Geräusch des gesprungenen Topfes, welches ein aus dem Percussions-schalle der Cavernen und dein zischenden Geräusche der entweichenden Luft gemischter Schall ist.
Der Widerstand, welchen man bei dem Pereutiren findet, ist um so bedeutender, je weniger elastisch, je derber und luftleerer die unterhalb der percu-tirten Stelle liegenden Theile sind; er erreicht den höchsten Grad bei Exsudaten in der Brusthöhle , durch welche die Brustwandungen gespannt und die Zwischenrippen-räume auseinander gedrängt werden.
Aus dem bisher Angeführten erhellet, dass die Percussion nur über gewisse physikalische Verhältnisse, insbesondere über die Lufthältigkeit der unterhalb der percutirten Stolle liegenden Theile, keineswegs aber schon über das Vorhandensein gewisser pathologischer Processe, derart Aufschluss gebe, dass man aus dem Vorhandensein gewisser Pereussionserscheinungen auf eine bestimmte, durch jene charakterisirte Ver­änderung der Organe schliessen könnte. Um daher die durch die Percussion erhaltenen llesultate gehörig verwerthen zu können, sind genaue pathologisch-unatomische Kennt­nisse und eine sorgfältige Beurtheilnng des eben vorliegenden Falles nach allen seinen Einzelheiten erforderlieh.
sect;. 12. Bei der Percussion der Ernst der grösseren Haus-thiere sind mehrere Umstände zu berücksichtigen, welche der genauen Untersuchung einzelner Abschnitte der Luftwege theils hindernd in den Weg treten, theils sie ganz unmöglich machen. Nach rückwärts sind es die Baucheingeweide, welche unterhalb des schiefgestellten Zwerch­felles weit nach vorne in den Brustraum vordringen und von einer verhältnissmässig nur dünnen Lungenschichte bedeckt sind. Dieses Hin-derniss fällt jedoch verhältnissmässig nur leicht in die Wagschale, weil, falls man sich nur tieissig in der Percussion der Brust gesunder Thiere geübt und die Verschiedenheiten der an verschiedenen Stellen derselben erhaltenen Schalleindrücke sich eigen gemacht hat, man auch die bei
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Krankheitea der Athmangsorgaiie,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Olü
krankhaften Zuständen hervortretenden Differenzen nicht schwer bemer­ken wird, und weil ein Jeder, der sich mit der pathologischen Anatomie der grüsseren Hausthiero und der physikalischen Untersuchung der brustkranken Thiere mehrfach beschäftiget hat, wissen wird, dass Krank-heitsprocesse in den hinteren LungenabschnitteiL, wenn vom Bläschen­emphyseme abgesehen wird, wenigstens bei Pferden zu den Seltenheiten gehören, und wenn sie vorkommen, gewöhnlich von einem ähnlichen, schon vorgeschritteneren Zustande der vorderen Partien begleitet sind. Von viel grösserem Belange ist die Unmöglichkeit, die vorderen Partien der Lungen, welche von der Schulter mit ihren dicken Muskellagen be­deckt sind, und die untere Brustwandung bei grösseren Hausthieren zu percutiren, da gerade diese Theile so häutig von Krankheiten befallen werden und ihre Ausmittlung auf diesem Wege dann, wenn sie sicli nicht zugleich über eine der Untersuchung zugängliche Partie erstrecken, ganz unausführbar wird. Ein weiterer erschwerender Umstand ist die Unmöglichkeit, bei grösseren Hausthieren den an einer Seite des Brust­korbes erhaltenen Schall unmittelbar mit jenem der entsprechenden Stelle der anderen Seite zu vergleichen, wodurch leichlere Schallab­weichungen dem Untersuchenden entgehen.
Bei der Percussion selbst lege man das Plessimeter genau an die Haut an und fixire es hinlänglich, da im gegentheiligen Falle die Thiere mit dem Hautmuskel stark zucken und unruhig werden; man percutire entsprechend der geringeren oder stärkeren Wölbung und Dicke der Brustwandimg und dem sich herausstellenden Widerstände, und je nach­dem man die Beschaffenheil der oberflächlich oder tiefer gelegenen Theile erforschen will, schwächer oder stärker. Unter Tausenden unter­suchter Pferde sind uns kaum ein Paar vorgekommen, welche sich die Percussion, wenn sie mit Buhe und ohne das Thier zu allarmiren, vor­genommen wurde, nicht gefallen Hessen.
Wenn man die Percussion eines gesunden Pferdes vornimmt, so wird man finden, dass der Schall in dem Baume des oberen Dritttheiles des Brustkorbes wegen der Anlage der dicken Muskelschichten und der starken Convexität der Bippen wohl voll, aber gedämpft ist und nach rückwärts wegen der unterliegenden Därme bei stärkerer Percussion etwas tympanitisch wird, an der rechten Seite wird er in der Gegend der letzten falschen Bippen gedämpft durch die unterhalb liegende Le­ber. In der Gegend des mittleren Dritttheiles der Bippen erhält man den vollsten und hellsten Percussionsschall, welcher nach rückwärts zu bei stärkerem Anschlage matter oder tympanitisch wird, je nachdem die
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ö^Onbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten der Athmungsorgane,
dicken Gedärme mit festen Fücalmtisson angefüllt sind oder Luft ent-halteu; mich rechts in der Gegend der letzten Rippen ist der leere Percussionsschall der Leber, links jener der Milz nachweisbar. In dem, durch den unteren Drittthoil der Eippen gebildeten llaume ist nach links und vorne dicht hinter dem Ellbogen ein dumpfer, leerer, durch die Lage des Herzens veranlasster Schall, der sich ungefähr 6 bis 8 Zoll in die Hohe und 4 bis 5 Zoll in die Breite erstreckt, vernehmlich; sonst ist der in diesem Eaume hervorgerufene Schall voll und gewöhn­lich hell bis zur letzten wahren Hippe. Aehnlich verhalten sich die rercussionserscheinungen bei Hindern, nur liegt bei ihnen, da das Zwerchfell mehr senkrecht gestellt ist, nicht ein so grosser Theil der Eaucheingeweide unter den Kippenwandungen, und die Percussion der Brust wird hiedurch für den Anfanger erleichtert. Bei Hunden ist die Percussion leichter vorzunehmen, und es lassen sich auch die an beiden Brusthälften sich ergebenden Schalluntersehiede leichter vergleichen, Bei Schweinen ist gewöhnlich die dicke Specklage, bei Schafen die dichte , Bedeckung mit Wolle der Vornahme der Percussion hinderlich.
sect;. 13. Unter Auscultation versteht man die Erforschung der in verschiedenen Theilen des Körpers entstehenden Geräusche mittelst des angelegten Ohres oder eines eigenen Instrumentes (Stcthoskopes), um hieraus den gesunden oder krankhaften Zustand gewisser Organe kennen zu lernen. Man hat dieselbe zur Erforschung des Zustandes der Ath-mungs- und Kreislaufsorgane, weniger jener des Hinterleibes, ange­wendet. Hier soll vorerst nur von der Auscultation der Athmungsorgane die Hede sein.
L'm die im Innern der Brust entstandenen Geräusche zu verneh­men, legt man bei grüsseren Hausthieron am besten das Ohr unmittel­bar an die zu untersuchende Stelle an, da bei ihnen der Gebrauch des Stcthoskopes, einer eylindrisehen, an einem Ende trichterförmig erwei­terten, an dem anderen mit einer Platte zum Anlegen des Ohres ver­sehenen hölzernen Bohre, mit vielen Unzukömmlichkeiten verbunden ist. Bei kleineren Hausthieren, so wie zur Untersuchung der Herztöne und Geräusche kann dieses Instrument jedoch mit Vortheil verwendet werden.
Bei dem Ein- und Ausströmen der Luft durch die Kcspirationsorgane entstehen Geräusche, von deren Gegenwart man sieh durch das Anlegen dos Ohres an die ver­schiedenen Stellen der Luftwege die llcberzeugung und Kenntniss verschaffen Kann. Legt man hei einem gesunden Thiore das Ohr in der Gegend des Kehlkopfesund der Luftröhre an, so vernimmt man ein scharfes, blasendes Geräusch von verschiede­ner Sehallhöhe, welches man bronchiales Athmen laquo;der Röhrenathmen nennt
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Kraakbeitün der Athmuagsorgane.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 521
und das bei besonders mageren Thieren bisweilen aucb in der Gegend der vorderen drei bis vier Brustwirbel hörbar ist. Es entstellt durcli die Reibung der ein- und ausströmenden Luft an den Wandungen des Eehlkopfes, der Luftröhre und der üron-chien, und ist beim Ein- und Ausathmen u. #9632;/,. bei dem letzteren Aete gewöhnlich stärker vernehmbar, da die ausströmende Luft gleiehzeitig zusammengeprcssi ist. Aus-cultirt man an den Jirustwandungen eines gesunden Tbieres, so hört man wahrend des Einatbmens ein sehr schwaches, sanftes Murmeln, besser Schlürfen, welches bei vielen, insbesondere bei den, mit einer dicken Haut, dichten Haaren und einem bedeu­tenden Fettpolster versehenen Thieren kaum oder nur sehr schwach hörbar ist, jedoch deutlicher wird, sobald man dieselben nur etwas bewegen lässt; man nennt es Uliis-chon- oder vesiculäres Ath men. Es entstellt durch die iteibung der, in folge des Ausathniens in die zusammengezogenen kleineren Bronchien und Lungenbläschen einströ­menden Luft und fehlt beim Ausathmen vollständig, da die aus den Zellen und klei­neren Bronchien ausgetriebene Luft keinen Widerstand findet. Das Vorhandensein von vesieulärem Einatbmen beweiset also, dass in die Lungenzellen des auseultirten Theiles Luft einströme und schliesst daselbst alle jene Kraukheitszustände aus, welche diesen Vorgang unmöglich machen, wie Compression der Lunge, Infiltrationen derselben, Un-wegsamkeit von Bronchien. Ein vesiculäres Geräusch beim Ausathmen ist nicht mehr normal und weiset in jedem Falle auf ein, der ausströmenden Luft in den Bronchien entgegenstellendes I linderniss.
sect;. 14. Die im normalen Zustande an bestimmten Stellen hörbaren Athmangsgeräusche erleiden entweder durch Kranklieitspi-ocosso, welche die Wegsamkeit der Bronchialverzweigungen und der Lungenbläschen verändern oder aufheben, eine Abänderung (abnorme Athmung-sge-r aus ehe) oder es stellen sich besondere, durch Berührung der in den Luftwegen strömenden Luft mit den daselbst vorhandenen Flüssigkeiten hervorgerufene G eräusche (Rasselgeräusche) ein.
Die abnormen Athmungsgeräusche zerfallen (nach Skoda's Eintbeilung):
a)nbsp; nbsp;in Abänderungen des Bläschenathmens,
b)nbsp; nbsp;in das bronchiale oder Böhrenathmen,
c)nbsp; nbsp;in unbestimmte Athmungsgeräusche.
ad a) Ein verstärktes Bläschenathmen ist gewöhnlich der Begleiter solcher Processe, durch welche ein Abschnitt des Lungenpa-renehyms für den Durchgang der Luft unwegsam gemacht wird, und in Folge dessen andere Lungenparlien, in welchen es dann eben gehört wird, die Function des ersteren versehen müssen. Es kommt dalier im Gefolge von Lungenentzündung und von Infiltrationen, namentlich tn-berculösen, an den verschonten Stellen, bei einseitigen pleuritischen Ergüssen an der von dem Exsudate freien Seite vor. Ein vesiculäres Geräusch beim Ausathmen weiset jedesmal auf ein dem Ausströmen der Luft entgegenstehendes Hinderniss, z. B. auf eine Schwellung der
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022nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten iier Athinun^äorgaue.
JJroncliialschleimhaut hin und ist häufig mit Schnurren und. Pfeifen verge­sellschaftet; ein scharfes, rauhes Athmungsgeräusch ist von der­selben Bedeutung und ist ein gewöhnlicher Begleiter von Schwellungen und quot;Wulstungen der Bronchialschleinihaut oder von Tuberkelablagerun­gen. Es geht allmälig in die unbestimmten Athmungsgeräusche über. Das Eespirationsgcräusch fehlt vollständig bei bedeutenden Er­güssen in die Brusthöhle, durch welche die Lunge von der Brustwan­dung entfernt ist, bei Ansammlung von Luft in der Brusthöhle, bei vollständiger Verschliessung eines grösseren Bronchialastes.
ad b) Bronchiales, an was immer für einer Stelle des Brust­korbes hörbares Athmen ist stets ein Zeichen, dass die Luft in die, entweder mit Krankheitsproducton angefüllten oder durch einen Druck zusammengepressten Lungenzellcn nicht eindringen kann. Durch diese Umstände nämlich werden sowohl die Ltmgeuzellen, als auch jene Bronchialverzweigungen, welche der Knorpelringc oder Platten erman­geln u. z. letztere durch Compression von Seite der Umgebung für den Durchgang der Luft unwegsam gemacht. Die oberhalb derselben gele­genen, von Knorpeln umgebenen Bronchialäste, die ringsum von dem festen, luftleeren Lungenparenchyme umschlossen sind, enthalten jedoch Luft und stehen nach oben (oder vorne) mit der in den übrigen Lun­genabschnitten sich bewegenden Luft in Verbindung. Die bei dem Ein-und Ausathmen in dem Kehlkopfe, der Luftröhre und den Bronchien erzeugten Schallschwingungen pflanzen sich auf die in einem grösseren, von festem Lungenparenchyme umgebenen Bronchus ruhende Luftsäule fort (sie consoniren), werden durch Reflex von den feston Wänden noch verstärkt und als bronchiales Athmen vernommen. Wird ein solcher Bronchialast, in dem diese consonirenden Schwingungen entstehen, durch Krankheitsprocesse, z. B. durch zähen Schleim, zeitweilig verstopft, so hört auch das bronchiale Athmen auf, es stellt sich aber sogleich wie­der ein, wenn jene z. B. durch Husten entfernt werden. An der Stelle, an der das untersuchende Ohr Ilöhreuathmen hört, findet mithin ein Athmen gar nicht Statt. In der Eegel wird das bronchiale Athmen bei der Exspiration lauter als bei der Inspiration, aus dem schon früher angeführten Grunde vernommen.
Die Erkenntniss des Bronchialathmens fallt dem Anfänger biswei­len schwer und es wird nicht selten scharfes, rauhes Bläschen- und unbestimmtes Athmen mit ihm verwechselt. In zweifelhaften Eällen sichert ein Vergleich mit dem an der Luftröhre vernehmbaren Geräusche noch am ehesten vor Verwechslung.
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Krankheiten der Atlunangsorgane.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 02S
Die gewöhnlichsten Krankhcitsprocessc, in deren Gefolge sich Röh-renathraen einstellt, sind. Ergüsse in die Brusthöhle, durch welche das Lungenparenchym zusammengeprcsst wird — vorausgesetzt, dass sie nicht so bedeutend sind, dass durch sie die Lunge zu weit von der Brustwandung entfernt werde, in welchem Falle gar kein Athmcn an dieser Stelle hörbar wäre — schwartenartige Verdickungen des Lungen-follcs, durch welche die Lunge in comprimirtem Zustande erhalten wird, entzündliche, tuberculöse (bei Hunden auch krebsige) Infiltration des Lungenparenchyms, Blutungen in das Lungengewebe, von verdichteten luftleeren Wandungen begrenzte Lungencavernen und Bronchialerwci-tenmgen.
Bei allen iliesen Krankheiten ist der Percussionsschall dumpf und leer (nur bei oberflächlichen Cavcrnen tympanitiscli) u. z. bei Lungencorapression in hiiliercni Grade als bei Infiltrationen und dabei zugleich auch der beim Pereutircn empfundene Wider­stand viel bedeutender. i3ci grosser, durch Schwellungen der Sehleimhaut des Kehl­kopfes oder der Luftrohre veranlasster .#9632;Uhmungsbeschwerde wird bisweilen über die ganze Brust Röhrenathmen gehört, ohne dass die Lunge selbst luftleer wäre, eine Erscheinung, welche eben durch die Stärke dieses, in der Luftröhre entstandenen Ge­räusches, welches das Bläschenathnieii übertönt, zu erklären ist.
ad c) Unbestimmt heisst das Athmungsgeräusch, wenn es weder die Charaktere des Bläschen- noch jene des Köhrenathmens zeigt und auch von keinem der noch später anzuführenden Rasselgeräusche oder dem amphorischen Wiederhulle oder dem metallischen Klingen be­gleitet ist. Es gibt über die Beschatt'onheit des Lungenparenchyms keinen bestimmten Aufschluss; sobald es schärfer hervortritt, deutet es immer auf ein, dem Luftstrome in den Bronchien entgegenstehendes Hinder-niss und geht bei dessen weiterer Entwicklung gewöhnlich in die Kas­selgeräusche oder in bronchiales Alhmen über.
sect;. 15. Rasselgeräusche entstehen dadurch, dass die Luft durch die, in den Luftwegen oder in Lungencavernen angesammelte Flüssigkei­ten — Serum, Schleim, Eiter, Blut u. s. w. — strömt oder an feste, den Durchgang der Luft unvollständig behindernde Körper, die sie in Schwingungen versetzt, anstösst. Die ersteren heissen feuchte, die letzteren, welche sich jedoch auch bei der Gegenwart einer zähen Flüs­sigkeit einstellen, trockene Rasselgeräusche; beide zeigen eine grosse Verschiedenheit. Ist Flüssigkeit in den Luftwegen oder in Lungenca­vernen zugegen, so bilden sich durch das Durchströmen der Luft Bla­sen, die mit einem ihrer Grosse entsprechenden Geräusche zerspringen. Diese Grosse hängt einmal von der Weite des Canales, in dem die Flüssigkeit angesammelt ist, dann von der Zähigkeit dieser letzteren
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Ö24nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten der Atbmungsorgane.
und der Energie des Luftstromes ab. Je weiter der Canal ist, desto grosser muss die llüssigkeitsmenge sein, um Rasseln hervorzubringen, desto grossblasiger wird es aber zugleich sein und umgekehrt. In der Luftröhre stellt sich daher nur bei grösserer Flüssigkeitsansammlung feuchtes, grossblasiges Rasseln ein; meist ist dasselbe in den mittleren Bronchialröhren vorhanden, sobald acute oder chronische Katarrhe, Bron-chialerweiterung, in Lösung begriffene Lungenentzündungen, Lungen-cavernen u. s. w. zugegen sind. Die feinsten, einem Knistern ähnlichen, auch Knistergeräusche genannten Rasselgeräusche entstehen, sobald Luft in den kleinsten Brouchialröhren und an den Mündungen der Lun-genzellen durch eine leicht bewegliche Flüssigkeit strömt. In jedem Falle beweisen sie, dass jene Lungenstelle, an welcher sie vorkommen, für den Durchgang der Luft nicht unwegsam ist. Sie finden sieh besonders bei beginnenden und in der Lösung begriffenen Lungenentzündungen, bei Lungenödem.
Bei Anschwellungen und Verdickungen der lironchialschleimhauf, bei Verengerung der Bronchien durch Druck, bei der Gegenwart fest anklebender Schleimmassen stellt sich das trockene Rasseln ein, wel­ches entweder als ein scharfes Pfeifen oder Zischen, das gewöhn­lich in den feineren Bronchiaiverästelungen entsteht und über einen grösseren Abschnitt der Brust verbreitet ist, oder als Schnarchen, Schnurren auftritt, das in weiteren Bronchien entsteht, nicht selten schon von ferne hörbar, mit einem Krzittern der Bruslwandung verbun­den und häufig durch Verbreifung auch in einer weiterem Entfernung von seiner Ursprungsstelle vernehmlich ist.
Die Stärke der Rasselgeräusche hängt von ihrer Ausdeh­nung über grössere oder kleinere Lungenabschnitfe und von der Grosse und Heftigkeit der Athembewegungen ab; sie wird bisweilen so bedeu­tend, dass sie das Wahrnehmen jedes anderen auscultatorischen Zeichens hemmt.
Rasselgeräusche, welche an Stellen gehört werden, wo ihre Entstehung aus physikalischen Gründen unmöglich ist, wie in durchaus infiltrirten Lungenstücken, in grossen, von festen Wandungen umgebe­nen Caverncn u. s. w., werden consonirende genannt. Ihre Entstehung ist auf dieselbe Weise zu erklären, wie jene des bronchialen Athmens, sie haben auch gleiche Bedeutung mit diesem und können sowohl den Kathegorien der feuchten als trockenen angehören.
sect;. It!. Als besondere Erscheinungen werden bei der Auscultation bisweilen der amphorische Wiederhall und der metallische Klang
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Krankheiten der Athmungsorganenbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;ö2ö
vornommen; beide entstehen durch Rettexion von Schallwellen an den festen Wänden eines grosseren InfÜiältigen Raumes. Bei dem ersteren wird nebst dem rettectirten Schalle ein verworrenes, undeutliches Mur­meln, bei dem letzteren ein klingender Nachhall gehört. Sie finden sich nur bei grösseren, oder mehreren kleineren, mit einander commu-nieirenden, mit festen Wandungen ausgekleideten Lungencavernen und bei Pneumothorax; sie können mit Ausnahme des Bläschenathmens alle Arten der Athmungs-, dann der feuchten und trockenen Rasselge­räusche begleiten.
Die genannten Arten der Athmungs- und Basseigeräusche können in verschiedenen Combinationen neben einander vorkommen, wodurch die Untersuchung sehr erschwert wird. Mit Bläschenathmen kommt jedoch nie ein metallischer Klang oder amphorischer Wiederhall vor und gleich­zeitig wahrnehmbare Rasselgeräusche sind in diesem Falle nie durch Consonanz entstanden. Wohl aber kann man Bläschenathmen mit einem entfernteren und demnach schwächeren Bronchialathmen oder mit Ras­selgeräuschen; Bronchialathmen neben unbestimmtem Athmen, neben consonirenden oder nicht consonirenden Rasselgeräuschen, mit dem me­tallischen Klingen und dem amphorischen Wiederhalle vernehmen.
sect;. 17. Die bei dem Menschen so viele Aufschlüsse gebende Aus­cultation der Stimme fällt bei den Thieren vollkommen hinweg, und auch jene des Hustens ist wenigstens bei den grösseren Hausthieren, wegen der dabei stattfindenden heftigen Erschütterungen des Brustkor­bes, welche den Kopf des Untersuchenden verrücken, ja wegschleudern, unmöglich.
Die von Crocq angeführten Charaktere lies auscultirten Hustens zu constati-ren, fanden wir bisher unmöglich.
sect;. 18. Das Reibungsgeräusch der Brustfellblätter. Die bei dem Ein- und Ausalhmen stattfindende Reibung des Lungen- und Brustfelles ist in so lange geräuschlos, als ihre Flächen glatt und feucht sind. Sobald jedoch dieselben, am häufigsten durch Beleg mit Exsudat, rauh geworden sind, entsteht ein Geräusch —Reibungsgeräusch — welches meistens beim Ein- und Ausathmen, bisweilen jedoch in einem dieser Momente deutlicher gehört wird. Es ist bald nur auf eine kleine Stelle beschränkt, bald über eine grösscre Partie verbreitet, gleicht bald nur einem leichten Streifen, bald einem harten Knarren oder Kratzen, und kann bisweilen auch durch die an den Brustkorb gelegte Hand ge­fühlt werden. Die häufigste Ursache zu seinem Entstehen gibt die Brust-
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Ö26nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten der Athmungsorgano.
fellentzündung u. z. in ihrem Beginne sowohl, sobald sich eine hinrei­chend dichte Schichte geronnenen Exsudates auf die Pleura abgesetzt hat, als nach der Eesorption des serösen Exsudates, wo es wegen der, durch warzige Hervorragungen und unebene Pseudomembranen hervor­gebrachten grösseren Eauhigkeiten meist noch deutlicher auftritt. Es hört auf, sobald die rauhen, einander gegenüberstehenden Flächen sich abglät­ten oder mit einander verwachsen.
Bei der Untersuchung der Brust hört man nicht selten ein aus den Därmen herrührendes gurgelndes Geräusch, ein Kollern, welches jedoch bei nur einiger Aufmerksamkeit mit Easselgeräuschen nicht verwechselt werden wird.
Bei genauer Würdigung aller, bei einer genauen, insbesonders physikalischen Untersuchung der Athmungsorgane sich herausstellenden Symptome und bei einer ge­nügenden ICenutuiss des anatomischen Verlaufes der einzelnen pathologisches Processe wird es selbst in verwickeiteren Fällen gelingen, zu einer, wenigstens annähernd ge­nauen Diagnose des eben vorhandenen Zustandes zu gelangen; ohne diese wird jeder Ausspruch unzuverlässig, jedes ärztliche Handeln ein blindes Errathen und Herum­tappen sein. Bei der grossen Häufigkeit der Krankheiten der Luftwege ist die sorg­fältigste Aneignung einer genauen Untersuchungsmethode unerlässliches Bedürfniss.
sect;. 19. Krankheiten der Athmungsorgane äussern oft auf andere Organe einen bedeutenden Eintluss, der bisweilen selbst von gefährliche­ren Folgen begleitet ist, als das Erstlciden. Die örtliche Einwirkung beruht entweder auf einer einfachen Verbreitung des Krankheitsprocesses auf die Nachbarschaft, z. B. vom Brustfelle auf den Herzbeutel, auf das Zwerchfell, nach der Ausbreitung der Schleimhäute vom Kehlkopfe auf die Eachenhöhle, auf die Darmschleimhaut, oder auf der mechanischen Ein­wirkung der kranken Lungen und der abnorm erweiterten Brustfellsäcke, wodurch Lage veränderungeil, Atrophie und andere Slructurveränderun-gen der angrenzenden Theile veranlasst werden. Durch jede einiger Massen bedeutende Erkrankung der Lunge wird die Wechselwirkung zwischen Luft und Lunge beeinträchtiget und dadurch ein an Sauerstoff armes Blut dem Herzen und den Körperorganen zugeführt, in Folge dessen sich bei längerer Andaucr eine Verarmung des Blutes an festen Bestandthcilen, allgemeine Abmagerung, mit den übrigen Erscheinungen der Cachexic, entwickelt. In Folge der gehinderten Wasserabdunstung aus der Lunge stellen sich sehr häufig Diarrhöen und bei längerer An-dauer des Krankheitszustandes wässerige Blutmischung mit ihren Folgen ein. Ueberdiess wirken gewisse, in den Athmungsorganen vorgehende Krankheitsproccssc nocli insbesondere auf die Blutmischung ein; auf be­deutendere Exsudationen folgt Verarmung des Blutes an Eiweisskörpern^ auf schmelzende oder jauchende Infiltrationen der Lunge und brandige
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KrAnkhciten der Athniungsorgaiie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;ö^7
Zerstörungen derselben, so wie auf jauchende Geschwüre der Nasen-schleimhaut (beim Pferde) Eiter- und Jaucheinfection des Blutes u. s. w. Durch die Behinderung des Ein- und Ausathmens in einem grösseren oder kleineren Lungenabschnitte fällt auch ein wesentliches Moment für die Freiheit des Kreislaufes in den Lungen und in dem üesammt-körper hinweg und es entwickeln sich bei heftigen und plötzlich ein­tretenden Behinderungen der Respiration bedeutende Hyperämien in den Organen des Kopfes und Halses, bei allmäliger Heranbildung und nicht hohem Grade derselben am häufigsten Erweiterungen des rechten Her­zens und des Venensystems mit ihren Folgen. Der gewöhnlichste Begleiter höher gediehener acuter und chronischer Krankheiten der Athmungsor-gane ist das Fieber, welches bei den letzteren häufig den Charakter des Zehrfiebers annimmt.
sect;. 20. Die Therapie der Krankheiten der Luftwege ist bei der grossen Verschiedenheit derselben begreiflicher Weise eine sehr verschie­dene. Da die, eine derartige Erkrankung herbeiführenden Ursachen gewöhnlich zur Zeit, wo die Kranken der Behandlung zugeführt wer­den, zu wirken bereits aufgehört haben, so ist eine directe Entfernung derselben in den meisten Fällen nicht mehr möglich, und man muss sich in dieser Beziehung auf die Beseitigung aller jener Momente be­schränken, welche die Krankheit zu steigern im Stande wären, wesshalb auf ein gehöriges diätetisches Verhalten die besondere Sorgfalt zu ver­wenden ist. Unter diesen Einflüssen nimmt eine reine, massig warme, von mechanischen Beimengungen und thierischen Ausdünstungen freie Luft den ersten Platz ein; bei acuten Leiden, besonders der Lungen, sind alle heftigen oder anstrengenden Bewegungen ferne zu halten, vielmehr für absolute Buhe und bei Tlreren, welche sich niederlegen können, für ein reichliches und bequemes Streulager zu sorgen. Bei acuten Leiden der Eespirationsorgane sei die Nahrung massig, leicht verdaulich, wenig nährend, kühlend, das Getränke überschlagen; in chronischen Fällen sind leicht verdauliche, aber gut nährende Futter­stoffe zu wählen; Vermeidung jeder Erkältung durch Zugluft, durch schnelles Oeffnen der Stallfenster bei niederer Lufttemperatur, ist noth-wendig. Das gegen den Krankheitsprocess selbst gerichtete Heilver­fahren sucht entweder den Ki'ankheitsprocess zu coupireu oder zu massigen. Das Erstere kann nur im Beginne der Krankheit, wo bedeutendere anatomische Veränderungen noch nicht zugegen sind, ver­sucht, werden; man benützt hiezu am häufigsten den Aderlass und bei Thieren , weiche sieh erbrechen können, die Brechmittel, bei localen
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Ö28nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten der Athmungsorgane.
Leiden leicht zugängliclier Theile, z. B. der Nasenschleunhaut auch Aetzmittel (z. B. beim Naseucroup). Das letztere geschieht je nach Erforderniss durch Aderlässe, stärkere Gegeureize, wie scharfe Einrei­bungen, Lederstecken, Brennen mit dem ülüheisen (beim Binde), durch den innerlichen Gebrauch von Schwefel-, Ammoniak-, Kali-, Spiessglanz-und Q,uecksilber-Bräparaten, von schweisstreibenden, brechenerregenden, abfahrenden und solchen Mitteln, welche auf eine Vermehrung der Kamabsonderung hinwirken. In manchen, besonders chronischen Fäl­len kann sich auch eine künstliche Steigerung des Krankheitsprocesses nolhwcndig erweisen, um Heilung herbeizuführen, wie bei chronischen Katarrhen der Nasenschleimhaut, bei chronischen Lungenleiden u. s. w. In s3-niptomatiseher Beziehung fordern insbesondere heftige Fiebererscheinungen ein kühlendes, antiphlogistisches Verfahren, die Anwendung des Fingerhutkrautes, — heftiger Hustenreiz ein be­ruhigendes und einhüllendes Verfahren, grosser Schwächezustand die Anwendung erregender Mittel und die, schweren Lungenkrankhertcn sich so häufig beigesellenden Durchfälle den Gebrauch schleimiger und zusammenziehender Arzneien. Bei chronischen, mit allmälig zu­nehmender Abzehrung einherschreiteuden Krankheiten der Luftwege ist nicht selten die möglichst baldige Vertilgung oder Schlachtung des Thicres der einzige Ausweg, um grosseren ökonomischen Nachtheilen zu begegnen; die erstere ist auch bei einigen ansteckenden Krankhei­ten (dem Botze), um der Weitcrvcrbeitung derselben zu begegnen, po­lizeilich geboten.
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I. Abschnitt.
Krankheiten der Nasenhöhle,
I. Functionelle Störungen.
sect;. 21. Von dem Vorkommen bloss functioneller Störungen in den, die Xasenhohle zusammensetzenden Theilen, namentlich von einer Steigerung, Verminderung oder Veränderung der Geruchsempfindungen, ist bei den Hausthieren nichts bekannt.
II. Anatomische Störungen.
A. LdOcale Störungen des Kreislaufes.
1. Il.vpi-rämle der NaüiMischlt-iitihauf.
sect;. 22. Dieser Process kommt als Begleiter der Entzündung, ver-scbiedenartiger Neubildungen in der Xase, dann in Folge mechanischer Stauung des Blutes bei Lungen- und Herzkrankheiten vor. An und für sich veranlasst er keine weiteren Störungen.
2. Blufung aus der Nase, Nasenblulen, Eplslaxis.
sect;. %2S. Man versieht hierunter eine Blufung ans den Capillarge-fiissen der Nasenschleimhaut, insbesondere ihrer oberen Partien, wobei das nicht schaumige Blut aus einem oder aus beiden Nasenlöchern tropfen­weise oder in einem anhaltenden Strome ausfliesst.
Die gewöhnlichsten Veranlassungen sind: mechanische Verletzun­gen der Nasenschleimhaut, Hyperämien derselben nach anstrengenden und erhitzenden Bewegungen oder im Gefolge von Gehirncongestionen und mechanischen Stauungen des Blutes, gefässreiche und verjauchende Neubildungen, insbesondere Polypen, Krebse der Nasenhöhle, Verschwä-rungsprocesse der Nasenschleimhaut, diphtheritischc Geschwüre, Verän-
R8II, Patbol. und Therapie. II. Aufl.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;34
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Neubildungen in der Nasonliöhle.
derungen der Blutboschaffenlieit, wie bei Anthrax, Scorlmt. Eisweilen ist ein wiederholtes, wenn auch geringes Nasenbluten bei Pferden das erste Anzeichen der Gegenwart hoch oben sitzender Kotzgeschwüre. Geringere Grade der Blutung führen Xachtheile nicht herbei; sie scheinen sogar bei Hyperämien des Gehirnes und der Nasenschleimhaut dem Thiere Erleichterung zu verschaffen, und stillen sich, sobald sich die blutenden Gefasse mit laserstoft'gerinnseln verstopft haben oder das Blut in der Nasenhöhle zu Klumpen geronnen ist und nach deren Lockerung durch Ausbrausen, Husten oder Niesen die Blutung wiederkehrt. Bedeutendere Blutungen aus der Nase können Ohnmacht und Schwindelzufälle ver­anlassen; selten bedingen sie allgemeine Anämie.
Leichtere Blutungen stillen sich von selbst und erfordern aussei-Ruhe kein weiteres Heilverfahren. Gegen heftige Blutungen wendet man, sobald die Erscheinungen eines Congestivzustandes zum Kopfe zu­gegen sind, nach Umständen einen massigen Aderlass, kalte Umschläge auf den Kopf an; in anderen Fällen reicht man gewöhnlich mit Ein­spritzungen von kaltem Wasser, Alaun-, Eisenvitriollösung u. dgl. aus. Sind Polypen, Krebse, Geschwüre in der Nase zugegen, so kehrt die Blutung häufig wieder und ihr Eintritt könnte nur durch eine Entfer­nung oder Heilung dieser Zustände gehindert werden. In manchen Fäl­len kann die Vornahme des Luftröhrenstiches nothwendig werden.
Ji. Stünmyca der Ernü/ifitng. 1. Neubildungen,
sect;. 24. Neubildung von Haaren. Des Vorkommens von Haaren in der Schleimhaut der Nasenhöhle von Hunden wurde bereits im all­gemeinen Theile Erwähnung gethan; sie bedingen einen ungewöhnlichen Heiz auf der Nasenschleimhaut, welcher die Thiere in beständiger Un­ruhe erhält, ungewöhnliche Bewegungen mit dem Kopfe und den Vor-derfüssen und in Folge der ersteren eine zunehmende Abmagerung und Erschöpfung der Thiere veranlasst.
sect;. 25. Neubildung von Bindegewebe. Hieher sind die hanf-korn- bis erbsen- und wallnussgrossen, bald weichen, aus einer von gallertiger Flüssigkeit durchtränkten, zarten Bindegowcbsmasse bestehen­den, bald derben, aus einem dichten Faserfilze zusammengesetzten quot;W u-cherungen zu rechnen, welche man an der Schleimhaut der Stirn-und Kieferhöhlen von Pferden, die an chronischem Katarrh dieser
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Neubildungen in dor Nasenhöhlfl
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Thcilc leiden, antrifft. Sio Terdanken ihre Entstehung einer andauern­den Hyperüraie und Entzündung.
Polypen kommen sowohl am Naseneingange, als auch weiter oben und in der Gegend der hinteren Nasenoffnungen vor und ragen in dem letzteren Falle gewöhnlich in die Bachenhöhle hinein. Haben sie eine bedeutende Grosso erlangt, so erschweren sie den Durchgang der Luft durch die betreffende Nasenhöhle, veranlassen Schwerathmigkeit, beson­ders wenn das Nasenloch der gesunden Seife zugehalten wird, Katarrh der entsprechenden Nasenhälfte mit Absonderung eines reichlichen, bis­weilen, wenn der Polyp an seiner Oberfläche verjaucht oder blutet, missfärbigen oder blutigen Ausflusses. Faserpolypen bringen bisweilen die angrenzenden Knochentafeln, die Gaumenplatten des Vorderkiefer- und Gaumenbeines, die Stirnplatte dos Stirnbeines und die äusserc Tafel der Vorderkieferknochen zum Schwunde, und wuchern im ersteren Falle in die Maul- und Bachenhöhle hinein, während sie im letzteren, wo sie das Athmen nicht stören, theilweise unmittelbar unter der Haut, welche sie manchmal gleichfalls durchbrechen, liegen. Bei stärkerem Hervor­wuchern des in einer Nasenhöhle liegenden Polypen kann die Scheide­wand so nach der anderen Seife gedrückt werden, dass hiedurch auch die Wegsamkeit der anderen, gesunden Nasenhöhle beeinträchtiget und Erstickungsgefahr veranlasst wird.
Die Diagnose kann aus dem erschwerten, schnaufenden Athmen, welches bei der Bewegung zunimmt und bei der Gegenwart der, an einem freien Stiele sitzenden Polypen von starkem Hasseln begleitet ist, durch die Untersuchung der Nasenhöhlen mit dem Finger oder einer dicken Sonde, durch das wechselweise Verschliessen eines und des an­deren Nasenloches, und aus dem begleitenden Nasenkatarrhe auf das Vorhandensein einer Neubildung überhaupt in einer Nasenhöhle gestellt werden, wobei es jedoch, falls sie der nnmittelbaren Ansicht nicht zu­gänglich ist, noch immer zweifelhaft bleibt, von welcher Art sie sei. Die Behandlung ist eine rein chirurgische.
Sarcome, d. i. weiche, gelappte, mit der Schleimhaut innig ver­schmolzene , aus fertigem und embryonalem Bindegewebe bestehende Geschwülste grösseren Umfanges, welche aus der Dorchschnittsfläohe eine trübe, eiweissige Flüssigkeit auspressen lassen, haben wir bisher nur zweimal beobachtet; in beiden Fällen gingen sie von der Schleim­haut des oberen Endes der Nasenmuscheln aus und erfüllten den oberen Drittthoil der Nasenhöhle, wobei die Pferde die bei den Polypen an­geführten Erscheinungen zeigten. Beide wurden ihres unheilbaren
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Vcnlik-litige Drüsu und Itotz.
Zustandes und dessolu- reichlichen, Übelriecheaden Kasenausflusses we­gen vertilgt.
sect;. 2(5. Ebenso selten wie Saroome sind die Fettgesclnvülste, welche gleiclifulls nur einige Mule bei, wegen chronischen Nasenaus-tlusses vertilgten Pferden angetroffen wurden. Sie gehen entweder von der Schleimhaut der Scheidewand (Gurlt) oder von jener der Stirn­oder Highmorshühlen aus und sind ihrer Consistenz nach entweder eigentliche Fett- oder sogenannte Speckgesobwiilstc. 13ei geringerer Grosse oder sobald sie in den Nebenhöhlen der Xase zugegen sind, gibt sich ihre Gegenwart während des Lebens durch Erscheinungen nicht zu erkennen, unter entgegengesetzten Verhältnissen verhalten sie sich bezüglich dieser wie Polypen.
sect;. 27. Xeubildung von Knochengewebe. Sie wird u. z. in der Eorm von Osteophytcn an dea Knochen der Stirn- und Higbmors-höhle von Pferden, die an chronischem Katarrhe dieser Theile gelitten haben, nicht selten beobachtet.
sect;. 28. Tubcrculose der ]S'asensohleimliaut. Dieser Process kommt auf der Nasenschleimhaut der Pferde vor und stellt dmn jene Krankheit dar, welche mau als verdächtige Drüse und llotz be­zeichnet.
Die vci'däi'ktige Drüse und der Rotz (Ozaena. Malleus humidus).
sect;. 29. Beide Namen bezeichnen nur eine und dieselbe Krankheit in den verschiedenen Stufen ihrer Entwicklung, die ihrem Verlaufe nach chronisch ist, bei höherem Grade ihrer Ausbildung jedoch durch Pyämie oder durch rasche und stürmische acute Tuberkelbildung' schnelle Fort­schritte machen und tödtlich werden kann. Ihre häufigste Combination ist jene mit Hautwurm und mit Tubcrculose anderer Organe, insbeson­dere der Lungen.
Aetiologie. Der Rotz ist eine bloss dem Pfcrdegescbleohtc eigenthümliche Krankheit, welche entweder ursprünglich oder durch Ansteckung cutsteht. Die ursprüngliche Entwicklung ist nicht so selten, als gewöhnlich angenommen wird; sie findet vorzüglich bei herab­gekommenen oder schlecht gehaltenen, in enge Räume zusammengedräng­ten oder den quot;VVitterungsunbilden ausgesetzten, mit übel beschaffener oder ungewohnter Nahrung gefütterten, im Ganzen also geschwächten Pferden Statt und erreicht unter solchen Verhältnissen bisweilen eine seuchenartige Verbreitung, welche schliesslich freilich auch durch die Verschleppung des Contagiums vielseitig begünstiget wird. Solche Seuchen
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Vnidäditign DrllSlaquo; und Rotz.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;533
konnten in den jüngst verflossenen Jahren unter Remonten leider liäufig genug beobachtet -werden. Der Annahme, dass sich aus Strenge!, gut­artiger und bedenklicher Drüse schliesslich der llotz entwickle, können wir nicht unbedingt beistimmen; wir sind vielmehr der Ansicht, dass die bei Thioren, welche später in llotz verfallen, häufig sich einstellen­den Xasenkatarrhc schon Anzeichen der beginnenden Tubereulose seien, ähnlich wie wir bei, an Lungentubcrculoso Leidenden Bronchialkatarrhe als Begleiter so häufig seilen. Ebensowenig haben wir, trotzdem alljähr­lich Hunderte von rotzigen Pferden hieher zur Untersuchung nnd Beob­achtung gebracht werden, je Widerristschäden, Hufknorpelfistcln, über­haupt eiternde oder jauchende Flächen als Ursachen des clironischen Botzes nachweisen können, wohl aber sahen wir aus ihnen den Haut­wurm, den acutcu llotz und Pyämie sich entwickeln. Dass eine vererbliche Anlage zum Botzc bestehe, ist durch vielfaltige Beobach­tungen nachgewiesen.
Eine häufige Ursache der Entwicklung desselben ist die Anste­ckung durch rotzige Pferde. Ob das Contagium sich in flüchtiger Form verbreiten könne, ist noch nicht völlig sichergestellt; das gewöhn­lichste Vehikel desselben ist der ITasenausfluss, womit die kranken Pferde ihren Standort, die bei ihnen benützten Fütterungs- und Tränk-geräthschaften, so wie nebenstellende Pferde besudeln und zur Ueber-tragung desselben auf die Xasenschleimhaut dieser letzteren Teranlassung geben. Die Inoubationszeit ist sehr verschieden; nach Einimpfung des Nasenausflusses eines rotzigen Pferdes treten die ersten Erscheinungen gewöhnlich schon zwischen dem dritten und achten, selten nach dem fünfzehnten Tage auf und die Krankheit verläuft dann gewöhnlich acut; bei einer anderen Art der Ucbertragung können Wochen und Monate verfliessen, ehe sich die Symptome des Rotzes einstellen. Das Contagium besitzt eine ziemliche llesistenz gegen äussere Einflüsse; sein Vehikel kann an der Luft eintrocknen, und es bleibt nach seinem Aufweichen dennoch wirksam; durch Siedhitze wird es zerstört. Es haftet, ausser am Pferde, nach den bisherigen Erfahrungen am Menschen, auf wel­chen die Ucbertragung gewöhnlich durch die Besudelung der Hände und des Gesichtes mit dem ÜSTasenausttusse rotziger Pferde geschieht, am Esel, wo die geimpfte Krankheit sehr acut verläuft, an Hunden, Ziegen und Schafen, an denen eine langsame Entwicklung und ein chronischer Verlauf erfolgt. Ausser an dem Xasenausfiusse soll das Con­tagium auch an dem Blute, angeblich auch am Harne, Sclrweisse und Speichel haften. Träger des Rotzcontagiums auf eine exeoriirte Haut-
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V.-nUifhtigo Drii-se mid Rotz.
stelle des Pferdes gebracht, können den Hautwurm, — eine durch Aufnahme der Botzjauche hervorgerufene Lymphgefäss- und Venenent­zündung oder Thrombose —#9632; und umgekehrt der Inhalt der Wurmbeu­len, auf die Nasenschleimhaut übertrugen, den (acuten, diphtheritischen) Holz (und Pyämie) hervorrufen. Die Ansieht, dass der Ausfluss von Pferden, die mit chronischem Botze behaftet sind, anzustecken nicht vermöge, ist. durch vielfältige gegentheilige Erfahrungen zur Evidenz widerlegt.
sect;.30. Pathologische Anatomie. Im ersten beginne der Krank­heit finden sieb auf der Schleimhaut beider, häufiger jedoch einer u. z. nahezu gleich oft der rechten als der linken Nasenhöhle, sowohl an der Scheidewand, als an den Muscheln banfkorn- bis erhsengrosse, bald vereinzelt, bald dicht stehende Knötcben, welche aus einer gallertigen, gelblichweissen, anfangs weichen, dann derber, brüchig und käseähnlicb werdenden Masse bestehen.
Diese Masse ist anfangs aus Zellen und freien Kernen zusammengesetzt; später besteht sie aus dicht gedrängten, kernlialtigen Zellen und einzelnen Faserziigen; die ersteren golien sehliesslieli die fettige Umänderung ein, sie zerfallen und der Knoten enthält dann mehr oder weniger angenagte Zellen, Reste von Fasern und zahlreiehe Fettkörnehen.
Der auf der Kasenschleimhaut der kranken Seite stets vorhan­dene, mehr oder weniger heftige Katarrh ist um diese Knoten herum am intensivsten, die Umgebung der letzteren ist bisweilen von Blutex-travasaten durchzogen, gewöhnlich ödematös oder durch Neubildung von Bindegewebe verdickt. Die Knoten erweichen Tiach und nach von ihrem Innern aus, enthalten eine wcissgelbliche, dicke Flüssigkeit, den llotzeiter, brechen endlich auf und bilden Substanzverluste in der Schleimbaut, die sogenannten Botzgeschwüre. Diese stellen anfangs scharf umschriebene, vereinzelt oder gedrängt stehende, linsengrosse, von einem infiltrirton Schleimbautrande umgebene (callöse), mit einem unreinen, speckigen Grunde versehene Geschwüre dar, welche sich durch das ZusammenHiessen mit anstossenden, aus neuen, an den Rändern und in der Umgebung entstandenen Knoten hervorgebildeten Geschwü­ren vergrössern, eine unregelmässige, mannigfach verzweigte Gestalt und aufgeworfene Iländcr besitzen, bis zur völligen Zerstörung der Schleim­haut und des submueösen Bindegewebes in die Tiefe greifen, worauf nicht selten die blossgelegten Knorpel und Knochen nekrotisiren, theil-weise ausgestossen werden und sich umfangreiche, den grössten Theil der Nasenscblcimhaut einnehmende und den Scheidewandknorpel bisweilen
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Verdächtige Drllse und Rotz.
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durchbohrende Geschwüre bilden. Das Secret ist um diese Zeit missfarbig, bisweilen blutig gestriemt, übelriechend und durch beige­mengte Schleimhautreste, Knorpel- und Knochenfragmente dockig und trübe. In manchen Fällen erfolgt das Tuberculisiren der Schleimhaut sehr rasch, die (icschwürbildung und Zerstörung geht rapid vor sich und die Tliierc unterliegen in Polge der Tuberkelbildung in verschiedenen anderen Organen oder in Folge der eintretenden Pyämie; Fälle, welche dann gleichfalls dem acuten llotze beigezählt werden. Eeidcn Formen gesellen sieh bisweilen croupöse Entzündungen der Nasenschleimhaut bei, wodurch das Lebensende der Thiere rasch herbeigeführt wird. Xicht selten trifft man auf der Schleimhaut, insbesondere der Xasen-seheidewand, dichte, weisse, schwielige, strahlenförmige Narben, als lleste der geheilten Geschwüre, womit jedoch der eigentliche Krank-heitsprocess nicht beendet ist, da neben solchen Narben auch Knoten und Geschwüre sich vorfinden.
Die Kehlgangslymphdrüsen sind mit seltenen Ausnahmen stets u. z. der Seite der kranken Nasenschlcimhaut entsprechend, vergrössert, meist durch neugebildetes, starres Bindegewebe an den Hinterkieferast angeheftet und entweder durch fest geronnene, hie und da zu einer bräunlichen tuberculösen Masse oder zu dünnem Eiter zerfallende Massen, oder durch röthlich gelbes, gallertiges Exsudat intiltrirt, oder zu einer fibroiden, geschwundene und comprimirte Drüsenreste enthaltenden Masse verändert. Sehr gewöhnlich ist die Auskleidung der Stirn- und Highmorshöhlen bedeutend verdickt, hyperämisoh und von warzigen Bindegewebswucherungen besetzt, die Höhlen selbst mit zähem, galler­tigem Exsudate oder mit einer schmierigen oder brüchigen, käseähn­lichen Masse angefüllt. Chronische und acute tuberculöse, so wie diph-theritische Geschwüre der Kehlkopfschleimhaut kommen in den vorge­rückteren Stadien der Krankheit nicht selten vor und sind gewöhnlich bei solchen Thieren zugegen, die in Folge der hohen Entwicklung des Leidens zu Grunde gegangen sind.
Eine der häufigsten Combinationeu ist die Tuberculöse der Lungen, welche reichlich bei zwei Dritttheäen der rotzigen Pferde an­getroffen wird. Der Tuberkel findet sich daselbst bald als graue, ge­wöhnlich von sehr blutreichem Parenchyme umgebene und als gelbe Tuberkelgranulation mit ihren verschiedenen Metamorphosen, mehr oder weniger dicht in das Lungenparenchym eingestreut, bald als infil-trirter Tuberkel in einer von gallertigem Exsudate durchtränkten Lungenpartie; ebenso sind acute und chronische Infiltrationen der
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536nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Verdächtige Diiise und Kotz.
liimgenspitzea kein seltener Befund. An diese reihen sich Leber- und Milztuberculose in Form von aculen Granulationen als Begleiter allge­meiner TuLcroulose, Tuberculose der Haut, mit Bildung sogenannter chronischer Wurmgeschwure, Entzündung von Yeueu- und L3'mphge-fUssen, besonders an den hinteren Extremitäten mit Abscess- und Ge­schwürbildung in der Haut, motastatischc Absccsse in den Lungen, in der Milz mit verbreiteten Faserstotfgorinnseln in den Milzgefässen.
sect;. 31. Die Erscheinungen am lebenden Thiere können eigentlich schon aus dem so eben angeführten anatomischen Befunde entnommen werden. Die Krankheit beginnt gewöhnlich mit den Symptomen eines acuten oder chronischen Nasenkatarrhes, welcher sich in vielen Fällen auf Eine Nasenhöhle beschränkt. Der anfangs hello Nasenausfluss wird in der Folge trübe, gallertig zähe, verschmiert sich an den Nasen­löchern oder iiiesst in Strängen aus und wird beim Ausbrausen in Klumpen woggesohleudert. Bei der Untersuchung der Nasenhöhle durch das Gesicht, noch mehr aber mit dem Finger (welche Unlersuchungs-weise nie zu unterlassen ist, da jedem Thicrarzt bekannt ist, welch' geringer Theil der Nasenschleimhaut mit dem Auge übersehen werden kann), entdeckt man die oben beschriebenen Knötchen in bald grös-serer, bald geringerer Menge, manchmal auch völlig vereinzelt. Die Kehlgangsdrüsen sind meist einseilig angeschwollen, kastanien- oder wallnussgross; anfangs fest-weich und etwas empfindlich, werden sie bald hart, unschmerzhaft und sind schliesslich entweder noch etwas beweglich oder u. z. gewöhnlicher, mit der Haut verschmolzen und an den entsprechenden Hinterkieferast befestiget. Bis. zu dieser Ent­wicklung gediehen, bezeichnen wir die Krankheit als verdächtige Drüse.
Durch das Zerüiessen der Knoten bilden sich die bereits oben erwähnten Geschwüre, welche man bei ihrem Sitze in der Nähe der Nasenöfi'nungen sehen, sonst aber nur durch den eingeführten Finger fühlen und bei Berücksichtigung der angedeuteten Charaktere leicht von anderen Geschwürszuständen unterscheiden kann. (Hering bedient sich zur Untersuchung der Nasenhöhle eines kleinen Beleuchtungsspiegels.) Ist die Gegenwart solcher Geschwüre einmal auszumitteln, so wird die Krankheit ausgesprochener Botz genannt. Der Ausfluss wird allmä-lig missfärbig, blutig gestriemt, übelriechend und exeoriirt die Theile, über welche er herabfliesst. Das Allgemeinbefinden der Thiere ist an­fangs und selbst Monate lang durchaus nicht gestört, Fieber ist nicht zugegen, die Thiere sind munter, das Haar glänzend, anliegend, die
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7erdBchtlge DrOso und Rot/..
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Fresslust lebhaft, das Ausschon durchaus nicht verändert. Erst bei län­gerer Dauer, -wo sich gewöhnlich die früher erwähuten Lungcnaffectio-nen entwickeln, stellen sich ein schlechter Ernährungszustand, rauhes, struppiges Haar, öfteres Husten, Athmungsbeschwcrden, häufig auch ödematöse Anschwellungen an den Extremitäten, an der Unterbrust und an dem Bauche, oder Wurmbeulen und Geschwüre ein, worauf die Thierc an Abzehrung, Lungenödem oder Lungenentzündung, oder in Folge der unter heftigen Eiebererscheinungon auftretenden acuten Tuborculose oder pyämischer Processe zu Grunde gehen.
Bisweilen kann man auch während des Lebens den Heilungsvor­gang der Rotzgeschwüre beobachten, indem sich unter Verringerung oder Aufhören des Nasenausflusses allmälig derbe, strahligc Narben bilden, welche wohl den örtlichen Verlauf des Geschwüres bcschliessen, während an anderen Partien der Schleimhaut frische, ihre weiteren Veränderungen eingehende Knoten auftreten.
Die Krankheit kann sich über Monate, ja Jahre hinausschleppen.
sect;.32. Die Diagnose des Kotzes kann nur dann als sichergestellt betrachtet werden, wenn die Gegenwart der charakteristischen Knoten und Geschwüre nachgewiesen ist; ausserdem bleibt es immer zweifel­haft, durch welchen Krankheitszustand (wie z. B. chronischen Katarrh der Nasen- und ihrer Nebenhöhlen, der Luftsäcke, Neubildungen auf der Nasensehleimhaut u. dgl.) der übelbeschaffene Ausfluss und die Kehlgangsdrüsenanschwellung bedingt sei. In zweifelhaften Fällen ist demnach eine sorgfältige Untersuchung, eine genaue Beobachtung der Kranken durch längere Zeit, selbst die probeweise Vornahme von Einim­pfungen des Nasenaustlusses zur Constatirung des vorhandenen Zustan-des erforderlich. Die nicht selten stattfindende Verwechslung der Eotzgeschwüre mit Croup und Folliculargeschwüren der Nasenschleim­haut wird bei einiger Sorgfalt vermieden werden können (s. später).
Die Vorhersage ist höchst ungünstig; angeblich gelungene Hei­lungen des wahren Rotzes gehören dem Sagenkreise, nicht dem Bereiche der Thatsachen an. Nur in jenen Fällen, wo kurze Zeit nach geschehener Ansteckung die Impfstelle tief cauterisirt werden kann, wäre es möglich, die Entwicklung der Krankheit hintanzuhalten.
Auf eine Behandlung des constatirten Rotzes ist sich nach dem dermaligen Standpunkte unseres Wissens gar nicht einzulassen, da alle noch so sehr für die innerliche und äusserliche Anwendung gerühmten Mittel gegen denselben nichts leisten. Die angeblich gelungenen Hei­lungen beruhen entweder auf einer Verwechslung des Rotzes mit
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ödönbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Verdächtiffe Drüse und Rotz.
Folliculargeschwüren oder Croup dor Isasc, mit ciufachon chronischen Nuscnuustlüsson, oder auf Selbsttäuschunquot;;, indem sclieinbare Hcsserun-gen des chronisclion llotzos für vollendete Heilungen genommen wur­den, oder sie sind eine offenbare Lüge. Constaiirt rotzige Pferde sind daher so schnell als möglich zu tödten.
sect;. 33. üei der grossen Contagiosität der Krankheit ist zur Ver­hütung der quot;Weiterverbreitung derselben auf andere Thiere die grösstc Sorgfalt auf eine genaue Durchführung der veterinär-polizeilichen Massregeln zu wenden.
A.nbsp; nbsp; Sichcrungs-Massregeln. Zur thunlichsten Hintanhaltung der Selbstentwicklung des Eotzes und Wurmes trägt eine sorgfaltige Pflege und Wartung und eine rationelle Behandlung jeder vorkommen­den Erkrankung, namentlich aber der sogenannten Drüsenkrankheiten das quot;Wesentlichste bei. Zur Hintanhaltung der Ansteckung durch rotzige oder wurmige Pferde sind nachstellende Vorschriften genau zu befolgen:
1.nbsp; nbsp;Kein anscheinend auch noch so unbedeutender Nasenaus-fluss, namentlich wenn gleichzeitig Anschwellungen der Kehlgangs­lymphdrüsen zugegen sind, darf gering geachtet, sondern soll stets der thierärztlichen Untersuchung zugeführt und es sollen, bevor dieser Aus-tluss nicht aufgehört hat, die damit behafteten Pferde mit anderen ge­meinschaftlich nicht verwendet werden.
2.nbsp; nbsp;Auf Pferdemärkten sollen die Pferde durch Sachverständige beobachtet und untersucht werden; entschieden rotzige und wurmige sind sogleich zu tödten, verdächtige zu separiren und die bei ihnen gebrauchten Geräthsehaften vorschriftmässig zu behandeln.
3.nbsp; nbsp;Die Ortsbehörden haben auf die Pferde der Fuhrleute und Pf erde Verleiher ihr besonderes Augenmerk zu richten und öfter Re­visionen durch Sachverständige unvermuthet vornehmen zu lassen.
4.nbsp; nbsp;Den Gastwirthen ist es zur Pflicht zu machen, auf die bei ihnen einzustellenden Pferde ein genaues Angenmerk zu halten, kein verdächtiges Pferd aufzunehmen, sondern sogleich von dessen Ankunft der Ortsbehörde Anzeige zu erstatten. Sie sollen verpflichtet werden, wenigstens wöchentlich die Futterbarren, Eaufen u. dgl. in ihren Ställen auswaschen zu lassen, und wären rücksichtlich der Befolgung dieser Vorschrift genau zu überwachen.
B.nbsp; nbsp;Tilgungs-Mass regeln. Bei dem Ausbruche der Rotz- oder Wurmkrankheit sind nachstehende Massregeln durchzuführen:
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Verdächtige Drlise und Rotz
Ö39
1.nbsp; Jeder Eigenthümer eines, der Kotz- oder Wunukranklicit ver­dächtigen Pferdes ist verpflichtet, von dem Ausbruche der Krank­heit unverzüglich die Anzeige zu erstatten, und hat sich vorläufig alles Zusamnicnspanncns und Austreibens desselben mit eigenen oder fremden Pferden zu enthalten.
2.nbsp; nbsp; Wird bei der vorgenommenen Untersuchung das Pferd mit ausgesprochenem llotze behaftet befunden, so ist es unverzüglich zu vertilgen.
3.nbsp; nbsp;Der Rotzkrankbeit nur verdächtige Pferde dürfen abgeson­dert gestellt und bis zur Entscheidung ihres Zustandes, jedoch stets nur unter polizeilicher Aufsicht, thierärztlich behandelt werden. Sie müssen jedoch von eigenen Wärtern besorgt und mit eigenen Putter- und Stall-geräthen, -welche bei anderen Pferden nicht verwendet werden dürfen, versehen werden.
4.nbsp; nbsp;Die mit llotzkrankcn in Berührung gestandenen oder in denselben Stallungen untergebrachten Pferde müssen auf das Genauestc untersucht, abgesondert untergebracht und, wenn sie auch anscheinend noch gesund befunden werden, doch durch 15 Tage beobachtet werden; sie dürfen erst dann, wenn sich wäbrcnd dieser Zeit verdäch­tige Krankheitserscheinungen nicht entwickelt haben, zum freien Ver­kehre zugelassen werden. Zeigen sich jedoch Symptome des beginnen­den llotzes, so sind sie bis zur sicheren Entscheidung ihres Zustandes zu contumaciren. In so lange solche, der geschehenen Ansteckung ver­dächtige Pferde anscheinend noch gesund sind, wovon sich durch mehr­mals in der Woche vorzunehmende Untersuchungen die üeberzeugung zu verschaffen ist, dürfen sie zu Dienstleistungen in oder in der Nähe der Ortschaft verwendet werden, jedoch ist eine weitere Entfernung derselben von ihrer Heimath oder die Vornahme von Peisen mit ihnen nicht zu gestatten.
5.nbsp; nbsp;Wird der Kotz bei Pferden aussei' ihrem Heimath sorts constatirt, so ist von diesem Ergebnisse der heimathlichen Behörde des Pferdebesitzei's die Mittheilung zu machen, damit diese in der Lage sei, die übrigen etwa noch vorhandenen Pferde dieses Eigenthümers der Untersuchung unterziehen und nach Massgabe des Befundes das Geeig­nete veranlassen zu können.
(5. Sind in einer Ortschaft mehrere Kotzfälle vorgekommen, so ist eine Revision des gesammten Pferdestandes derselben vorzuneh­men, um zur Kenntniss des Grades der Verbreitung der Krankheit zu
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540nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Verdächtige Drüse und Rotz.
kommen und die notlnvendigc Separation und die Einleitung der übri­gen allgemeinen Seuchenvorschriften veranlassen zu können.
7.nbsp; nbsp;Die Cadaver der an Kotz gefallenen odor desshalb vertilgten Pferde sind sammt der, durch Kreuzschnitte unbrauchbar gemachten Haut nach Vorschrift zu verscharren.
8.nbsp; nbsp;Die Reinigung der inficirten Pfcrdestallungen hat fol­gender Massen vorgenommen zu werden:
a)nbsp; nbsp;Grosso Stallungen sind nur auf 7 bis 8 Fuss Höhe nou zu weissen. Ist in einem grossen Stalle nur Ein Pferd mit Eotz oder Wurm bebaftet gewesen, so ist bloss das quot;Weissen des Standortes und der bei­derseits zunächst anstossenden Stände vorzunehmen. Kleinero Ställe mit wenigen Pferdeständen sind ganz zu weissen , die grösseren aber nur dann, wenn einige Fälle von Rotz oder Wurm in ihnen vorgekom­men sind, oder das erkrankte Thier seinen Standort öfters gewech­selt hat.
b)nbsp; nbsp; Die Futterbarren, Standsäulen, Streitbäume und alle beweglichen so wie unbeweglichen Gegenstände überhaupt, die mit dem erkrankten Thicre in Berührung kamen, sind mit siedend heissem Wasser, später — nachdem sie an der Luft getrocknet wurden — mit siedend heisser Lauge abzubrühen und abzureiben.
c)nbsp; nbsp; Die Trinkgeschirre jedoch, wenn sie sich im schlechten Zustande befinden, dann — unter allen Verhältnissen — die Bürsten, Kartatschen, Halftern und Stricke, welche bei dem erkrankton Thiere in Gebrauch kamen, sind zu verbrennen.
d)nbsp; nbsp;Ebenso hat sich auch die Reinigung bei allen eisernen Go-räthen auf den sub b) angegebenen Vorgang zu beschränken.
e)nbsp; nbsp;Der Stallbodon ist, wenn or gepflastert, mit siedend heissem Wasser und Lauge zu übergiessen, dann gehörig zu verreiben und mit­telst stumpfer Stallbesen zu reinigen, wobei der Sand zwischen den Steinen bei Ziegel- odor Kies - Pflasterung entfernt und durch neuen ersetzt werden muss.
f)nbsp; nbsp;Bei lehmigem oder sonstigen ungepflastertem Boden ist die Erde wenigstens auf einen halben Fuss Tiefe auszuheben und durch eine frische Lage zu ersetzen.
g)nbsp; nbsp;Die Räucherung in den gereinigten Ställen kann nach Ent­fernung der in demselben etwa befindlichen Pferde mit angezündetem Stangenschwefel vorgenommen werden.
h.) Der gereinigle Stall ist gehörig zu lüften und durch 8 Tage offen und leer zu lassen.
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Verdäcbtijrc DrUse und Iloix.
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i) Bestehen die Stallungen, in welchen Fülle von ßotzkrankheit vorgekommen sind, aus einem nicht zu reinigenden Materiale, z. B. aus Euthengellechte, so sind sie niederzureissen und sammt dem darin befindlichen Miste und der auszuhebenden Erde auszuführen und an einem abseitigen Orte theils zu verbrennen, theils gehörig zu ver­scharren.
9)nbsp; nbsp;Alle inficirten Pferde-llüstungssorten und Geschirre sind zu verbrennen.
10)nbsp; nbsp; War in einer Ortschaft der llotz und Wurm in grösserer Verbreitung herrschend, so darf die Seuche erst dann als beendet erklärt werden, wenn 15 Tage nach dem letzten Todes- oder Gene­sungsfalle eine neue Erkrankung nicht weiter vorgekommen ist, bei der vorgenommenen Schlussrevision an keinem Pferde Erscheinungen einer verdächtigen Krankheit sich gezeigt haben und zugleich die Eei-nigung sämmtlicher infleirter Stallungen beendet ist.
Massregeln zur Sicherung der Wärter rotziger oder wur­miger Pferde vor Ansteckungsgefahr. Um die Ansteckungsgefahr für das bei der Wartung rotzkranker Pferde beschäftigte Personale thunlichst hintanzuhaltcn, sind nachstellende Vorsichtsmassregeln zu beobachten:
1.nbsp; nbsp;Die Wärter solcher Thiere sind über die Gefahr einer An­steckung zu belehren und zu warnen, dass sie sich das Eotzgift nicht etwa einimpfen, wozu offene oder mit einer zarten Oberhaut bedeckte Stellen des Körpers besonders geeignet sind.
2.nbsp; nbsp; Leute, welche mit Hautabschürfungen, Wunden, Ge­schwüren oder Schrunden, besonders an den Händen oder im Ge­sichte behaftet sind, dürfen zu diesem Dienste gar nicht verwendet werden, und es ist den, zu Wärtern solcher Thiere bestimmten Leuten einzuschärfen, dass sie in dem Eallc, wenn sie sich zufällig eine derar­tige Verletzung zuziehen, sich um die Ablösung von dem Wartgeschäfte zu melden haben.
3.nbsp; nbsp; Zumeist haben sich die Wärter zu hüten, dass sie den aus der Nase des kranken Thieres ausflies senden Schleim mit der hlossen Hand abwischen, und so auf das Auge, die Nase, den Mund oder ähnliche Körpersfellen übertragen, oder dass ihnen derselbe beim Ausbrausen oder Husten des Pferdes in das Gesicht gespritzt werde.
4.nbsp; nbsp; Eine ähnliche Vorsicht haben die Wärter auch rücksichtlich anderer Absonderungsstoffe, ja überhaupt aller Säfte und festwei-
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Verdächtige Drüse mid Kot/..
cheu Theile rotzrerdächtiger Pferde zu beobachlen, da alle diese Träger des Ansteckungsstoffes sein können.
5. Gleicher Weise haben sie sich vor jeder mittelbaren Ueber-tragung des llotzgiftes sorgfaltigst in Acht zu nehmen, wie sie z. li. durch Benützung der Pferdedecken für den eigenen Gebrauch, oder durch längere Berührung von, mit thicrischen Stoffen iraprägnirten Ge­genständen mit dem eigenen Leibe herbeigeführt werden könnte.
(i. Wenn dem kranken Thierc Salben u. dgl. applicirt werden, so soll diess nie mit der blosseu Hand, sondern stets mittelst einer Binds- oder Schweinsblasc geschehen.
7.nbsp; nbsp; Die Wärter sollen sich in dem Krankenstalle nie länger als unumgänglich nöthig aufhalten; sie dürfen nicht in demselben schlafen und müssen nach jeder, bei einem verdächtigen Pferde vollführten Dienstleistung sich sorgfältigst reinigen, besonders die Hände mit Lange oder mit verdünnter Salz- oder Essigsäure waschen.
8.nbsp; nbsp;Eine besondese Sorgfalt muss darauf gewendet werden, in dem Krankcnstalle jederzeit eine möglichst reine Luft zu erhalten; die Ställe dürfen daher nicht überfüllt, sie müssen oft und ausgiebig ge­lüftet, die Exercmente der Thiere aus denselben baldigst entfernt und die Streu häufig erneuert werden.
9.nbsp; nbsp;Die Wärter haben sich in Acht zu nehmen, dass sie die von den rotzkranken Thieren ausgeathimcte Luft nicht unmittelbar ein-athmen.
10.nbsp; nbsp;Im Uebrigen sollen die Wärter gesundheitsgemäss leben, auf gehörige Eeinlichkeit der Haut sehen, sich nach Thunlichkeit öfter waschen oder baden, viel in freier Luft sich aufhalten und gut nähren.
11.nbsp; nbsp; Nach vollendeter Wartung sollen die Kleider und das Bettzeug des Wärters gereiniget werden.
12.nbsp; nbsp;Wenn bei einem Wärter eine noch so kleine Stelle der Haut, namentlich an den Händen oder dem Gesichte sieh entzündet und zu schwären beginnt, oder wenn sich die Erscheinungen allgemeinen Unwohlseins einstellen, so soll derselbe ungesäumt ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen. Dieselben Yorsichtsmassregelu sollen auch die behan­delnden Aerzte oder Thierärzte in Anwendung bringen; — die Section eines derartigen Cadavers darf nie vor dem vollständigen Erkalten des­selben vorgenommen werden. —
Die Zeit, binnen welcher nacli dem Kaufe eines mit verdächtiger Drüse oder Botz behafteten Pferdes die Büekklage eingeleitet werden muss, ist durch das österreichische Gesetz auf 15 Tage bestimmt.
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Acuter Katarrh der Nasciisi-Iileiinlmut.
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sect;. 34. Cystenbildung. Cysten mit epithelialem Inhalte (Grütz-gesehwülste) wurden liishcr nur in der Nasentrompete des Pferdes beobachtet.
sect;. 35. Krebsbildung- u. #9632;/.. die medullarc Form des Krebses ist uns -wiederholt in der Nasenhöhle von Pferden vorgekommen, welche während des Lebens einen einseitigen, jauchigen, blutigen, übelriechen­den Xasenausäuss, häufig wiederkehrendes Nasenhluten und wenigstens bei der Bewegung ein schnaufendes Athmen gezeigt hatten. In einem Falle konnte die Diagnose des Krebses schon während des Lebens mit Sicherheit gestellt werden, da die von der Schleimhaut der linken Na­senmuscheln ausgeliende Krebsgeschwulst die Gaumenplatten des Vor­derkiefer- und Gaumenbeines durchhohrt hatte und in die Maulhöhle, wo sie bei Erötfnung derselben mittelst des Maulgitters deutlich wahr­genommen werden konnte, hineingewuchert war. In den übrigen Fällen ging die Krebsbildung von der Auskleidung der Highmorshöhle aus, hatte einmal das Vorderkieferbein in der Gegend der zwei letzten Packen­zähne durchbrochen und lag unmittelbar unter der, durch die nach aussen mündenden Fistclgänge durchbohrten Haut. Durch die Grosse dieser Geschwülste wird stets die Uurchgängigkeit Einer Nasenhöhle nahezu aufgehoben , und in Folge der Verdrängung des Scheidewand­knorpels nach der entgegengesetzten Seite auch der Lufteintritt in die zweite beeinträchtiget. Stets waren diese Neubildungen sehr gofäss-reieb, von Extravasaten durchzogen, stellenweise grau pigmentirt und im Zustande der sogenannten Verjauchung. Ein therapeutischer Eingriff wäre begreiflicher Weise unnütz.
2. Eiilzüiidiing iIit Nasrnsi'lileiiiihaut.
a) Acuter Katarrh der Nasenschleimhaut; bei Pferden Strcngel
(Coryza).
sect;. 3G. Unter Katarrh versteht man überhaupt eine Entzündung der oberflächlichen Schichten der Schleimhaut mit anfangs vermehrter, später auch veränderter Schieimsecrel ion.
Aetiologie. Die genannte Krankheit kommt am häufigsten bei Pferden, weniger oft bei den übrigen Hausthicren vor. Eine beson­dere Anlage zeigen jüngere, verzärtelte, an Witterungswechsel nicht: gewöhnte Thiere, besonders zur Zeit des Haarwechsels. Unter den äusscren Schädlichkeiten werden vorzugsweise nasskaltes Wetter, schneller Tempe-raturwechsel, überhaupt Umstände, welche Erkältungen herbeizuführen im
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At'uter iwitiirrli dur X;is. iisclih'iuih int.
Stande sind, reizende Einwirkungen auf die Xasenschleimhaut durch Staub, annnoniakalisclie Ausdünstungen beschuldiget. Im Frühlinge und Herbste erlangen Xasenkatarrhe bisweilen eine epizootische Verbreitung und scheinen bei naher Berührung der Thiere selbst einer contagiösen ilittheilung fähig zu sein.
Nasenkatarrho sind auch Vorläufer anderer acuter Krankheiten, insbesondere der Brouchialkatarrhe, des Pferdetyphus, der Schafpocken u. m. a., und Begleiter zahlreicher anderer Veränderungen in der Na-senhühlc, z. B. der Polypen, Krebse.
Erscheinungen. Die Krankheit beginnt bisweilen mit einem leichlcn Kcbcranfalle, der jedoch gewöhnlich ganz fehlt oder übersehen wird. Die Schleimhaut beider Nasenhöhlen zeigt im Anfange die Er­scheinungen der Hyperämie; dieselbe ist gleichförmig hölier geröthet, heiss und trocken; nach einigen Tagen stellt sich der Ausfiuss einer wasserheUen, dünnen Flüssigkeit ein, welche allmälig durcli die reich­liche Beimengung von Epithelialzellen dicker und zähe wird, sich trübt, endlich ein eiterähnliches Aussehen erlangt, wahre Eiterkörperchen nebst abgestossenem Epithelium enthält, und gewöhnlich an den Bändern der Nasenlöcher zu Krusten vertrocknet. Die Schleimhaut, insbesondere an der Scheidewand, ist dabei in verschiedenem Grade angeschwollen, seihst ödematös. Allmälig nimmt der AusÜuss an Menge ab, erlangt nacli und nach seine normale Beschaffenheit und nicht sel­ten ist innerhall) 8 bis 1 4 Tagen der Krankheitsverlauf beendet, obwohl häufig auch Becidive sich einstellen. Empfindlichere Thiere zeigen während der ersten Tage Betäubung, Verminderung der Fresslust, Stei­gerung der Körpertemperatur u. dgl.
Häufig verbinden sich mit diesem Processe Katarrhe der Augon-lidbindehaut, des Kehlkopfes, der Bachenhöhle und der Luftsäcke. Bei längerer Andauer oder öfterer Wiederholung geht aus ihm der chro-nische Katarrh hervor.
Die Behandlung erfordert in den geringeren Graden bloss ein gehöriges diätetisches Verfahren, warmes Verhalten, Vermeidung von Erkältung, Darreichung leicht verdaulichen Futters, überstandenon Was­sers, das Einathmen von Wasscrdämpfcu; in den höheren Graden kann die innerliche Verabreichung kühlender und abführender Salze, des Salmiaks, so wie das öftere Einathmen aromatischer Dämpfe nothwen-dig werden.
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Chronischer Katarrh der Naseiischleimhaut.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ö40
b) Chronischer Katarrh der Schleimhaut der Nase und ihrer
Nebenhöhlen.
sect;. 37. Längere Andauer oder öftere quot;Wiederholung eines acuten Nasenkatarrhes führt gewöhnlich zum chronischen, den man bei Pfer­den mit dem Namen eines bedenklichen Nasenausflusses bezeich­net und der gewöhnlich auch auf die Auskleidung der Stirn- und Highmorshöhle übergreift. Er bietet beim Pferde gewöhnlich folgende Erscheinungen:
Die Schleimhaut und zwar häufiger einer, als beider Nasen­höhlen ist stets stark infiltrirt, verdickt, bleich und von varicösen Venen durchzogen, daher ungleichmässig geröthet, der Auslluss meist reichlich, besonders nach stärkeren Bewegungen, beim Ausbrausen oder bei gewissen Haltungen des Kopfes, dabei entweder hell und glasig, oder trübe, citerähnlich, auch missfärbig, an den Nasenrändern sich verschmierend; er verliert sich bisweilen durch einige Zeit, selbst durch mehrere Wochen vollständig, kehrt jedoch gewöhnlich bald wieder. Nimmt die Schleimhaut der Stirnhöhlen an diesem Processe Theil, so kann man den Grad der Anfüllung derselben mit Schleim durch die Percus­sion ausmitteln, indem sich statt des sonst hellen Schalles daselbst ein dumpfer, leerer nachweisen lässt. Sind die Luftsäcke gleichzeitig ergriffen, so vermehrt sich der Auslluss gewöhnlich bei einem, im die nicht selten liervorgetriebene ührspeicheldrüsengegend angebrachten Drucke und beim Niederbeugen des Kopfes. Durch die längere Ein­wirkung des Secretes wird bisweilen die Nasenschleimhaut, insbeson­dere an der Scheidewand, angeätzt, es bilden sich kleine, stecknadel-kopf- bis linsengrosse, seichte, von scharfen Bändern umgebene Ge-schwürohen (Erosionsgeschwüre), welche sich durch diese Charaktere leicht von llotzgeschwüreu unterscheiden und bei sorgfältiger Beinhal­tung in Kurzem heilen. Längere Zeit andauernde (chronische) Nasen-ausüüsse machen ein Pferd immer des sich entwickelnden Eotzes verdächtig, da in solchen Eällen der Katarrh gewöhnlich nur ein Be­gleiter der, in den oberen Nasenpartien sich entwickelnden Tubercu-lose ist.
Die Krankheit endet in leichteren Fällen unter passender Behand­lung mit Genesung; in anderen hält der Ausfluss fortdauernd an, es entwickeln sich Neubildungen, insbesondere Schleimhautwucherungen und Polypen, welche das Athmen erschweren und die Pferde müssen dann desshalb oder wegen der, für andere Pferde drohenden Ansteckungs-
Roll, Pathol. und Therapie. II. Aufl.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;35
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546nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Chronischer Katarrh der Nasenschleimhaul.
gefahr oder wegen der Heranbildung des Rotzes getödtet werden. Bei der Section findet sich ausser den hier angegebenen Erscheinungen sehr häufig Osteophytenbildung an der inneren Tafel des Stirnbeines, Vor­dickungen und Bindegewebswucherungen der hyperümischen Schleim­haut der Stirn- und Highmorshöhlen, Anfüllung dieser und der Luft­säcke mit zähem, eiterähnlichem oder mit einem, zu dicken, übelriechen­den Klumpen zusammengehäuftem oder kalkmörtelähnlichem Secrete.
Dem Angegebenen zu Folge ist die Vorhersage in der Mehrzahl der Fälle eine ungünstige.
Als örtliche Behandlung kann das Einathmen aromatischer Dämpfe, der Tlieer- oder Chlordämpfe, in geeigneten Fällen die Tre­panation der Stirn- und Highmorshöhlen und die Injection von Höllen­stein-, Eisen-, Zink- oder Kupfervitriol-Lösung, von Creosot in dieselben, die Eröfihung oder der Katheterismus der Luftsäcke (nach Günther) versucht werden.
Für den innerlichen Gebrauch werden Schwefel- und Spiess-glanzpräparate, besonders der rohe Spiessglanz in Verbindung mit Ter­pentin, Bleizucker, bitteren, aromatisch-bitteren mid gewürzhaften Mit­teln empfohlen. In diätetischer Beziehung ist für reine, frische Luft, hinreichende und kräftige Nahrung, sorgfältiges Putzen und Eei-nigen der Haut Sorge zu tragen.
Wegen der Gefahr einer Weiterverbreitung der Krankheit sollten Pferde, die mit den höheren Graden dieses Zustandes behaftet sind, mit anderen nicht gemeinschaftlich untergebracht oder verwendet werden.
sect;. 38. Der chronische Katarrh der Nasenschleimhaut, mit einem ähnlichen Zustande der Schleimhäute der Luftröhre und Bronchien ver­bunden, kommt bei dem Schafviehe unter dem Namen des Schaf­rotzes vor. Er befällt insbesondere schwächliche, von früher her kränk­liche, dürftig genährte Thiere nach anhaltend nasskalter oder regne­rischer Witterung, nach Erkältungen auf durchnässten oder bereiften Weiden. Aus der Nase stellt sich ein zäher, gelblicher oder missfärbiger, bisweilen übelriechender Ausliuss ein, durch dessen Anhäufung, so wie durch die Anschwellung der Xasenschleimhäutc das Athmen in hohem Grade erschwert wird. Gewöhnlich ist ein lockerer, häufiger Husten mit vielem Auswurfe und ein Katarrh der Augenlidbindehaut zugegen. Später stellt sich unter Zunahme der Abmagerung Entkräftung ein und die Thiere gehen nacli Wochen oder Monaten cachcctisch zu Grunde.
Eine Besserung ist nur in jenem Falle zu erwarten, wenn die ökonomischen Lebelstände entfernt und gesunde, kräftige Nahrungsmit-
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Gutartige Drüse.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;547
tel verabreicht werden können. Die medicinische Behandlung ist wie beim chronischen Katarrhe überhaupt einzuleiten.
c) Die gutartige Drüse (Adenitis equorum, Morbus glandu-
losus).
sect;. 39. Man versteht hierunter einen acuten Xasenkatarrh mit seeundärer aeuter Entzündung der Lymphdrüsen im Kehl­gange. Sie ist in der Art bloss dem Pferdegeschlechte, dessen Lymphgefäss- und Drüsensystem an und für sich ausserordentlich em­pfindlich isect;t, eigenthümlich; die Drüsenanschwellung ist durch die Ein­wirkung des abnormen Secretes und der Entzündung der Ifasenschleim-haut auf die Lymphgefässc bedingt und in den höheren Graden auch von einer Entzündung der, von der Nase zum Kehlgange hinziehenden Lymphgefässc begleitet.
Die Ursachen sind überhaupt jene, welche bei dem Nasenkatarrhe erwähnt wurden; am häufigsten werden Fohlen von ihr befallen (wess-halb sie auch von Einigen für eine Entwicklungskrankheit ange­sehen wird); sie verschont jedoch auch ältere und besonders verzär­telte Pferde nicht, wo es dann in der Eegel nur geringfügiger Veran­lassungen, eines Wechsels der Fütterung, des Eintrittes kühler, feuchter Witterung, einer Erkältung überhaupt u. dgl. bedarf, um sie hervorzu­rufen. Der Frühling und Herbst, welche einen rascheren Wechsel der Witterung im Gefolge haben, so wie gewisse Jahresconstitutionen, deren nähere Beschaffenheit uns gänzlich entgeht, veranlassen, besonders in Gestüten bisweilen eine seuchenartige Verbreitung der Drüse, welche durch die nicht zu läugneude Contagiosität noch begünsti­get wird.
sect;. 40. Erscheinungen. In der Nase sind die schon oben ange-führten Symptome des acuten Katarrhes zugegen, zu welchen sich nicht selten jene eines Katarrhes der Augcnlidbindehaut, des Kehlkopfes, der Luftröhre oder der Bronchien, oder jene einer Entzündung der Schling­werkzeuge hinzugesellen. Gleichzeitig, gewöhnlich aber erst einige Tage nach dem Beginne dieses Zustandes, schwellen die LjTmphdrüsen des Kehlganges an, werden warm und schmerzhaft, und füllen endlich in Folge einer gleichzeitig stattfindenden Entzündung des umgebenden Bindegewebes den ganzen Kehlgang als eine sehr schmerzhafte, heisse, harte, unbewegliche, oft stark hervorragende Geschwulst aus. Nur in seltenen Fällen tritt eine allmälige Eesorption in dieser Geschwulst ein;
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548nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Gutartige Drüse.
die weniger schmerzhaft gewordene Anschwellung wird kleiner und verschwindet nach und nach gänzlich; in der hei Weitem überwiegen­den Mehrzahl bilden sich eine oder mehrere weiche, endlich lluctui-rende Stellen, an welchen die Haare ausfallen und eine seröse Flüssig­keit durchsickert, d. h. es bilden sich Abscesse aus, die bei ihrer spontanen oder künstlichen Eröffnung einen dicken, rahmähnlichen, weisslich gelben Eiter ergiessen, welcher nach einigen Tagen unter Verkleinerung der Abscesshöhle zu iliessen aufhört, worauf diese letz­tere durch Fleischwärzchen gewöhnlich innerhalb kurzer Zeit ausgefüllt wird und Ycrnarbung eintritt. Die gewöhnliche Dauer dieses Yerlaufes erstreckt sich auf 2 bis 3 Wochen; er wird jedoch verzögert, wenn die Spaltung des Abscesses zu einer Zeit vorgenommen wird, wo die Umgebung der lluctuirenden Stelle noch in weitem Umfange hart oder schmerzhaft ist, oder dort, wo sich mehrere kleine, unter einander nicht zusammenhängende Abscesse bilden. In anderen Fällen erreicht die Drüsenanschwellung nicht eine so bedeutende Grosse und die Entzün­dung des umliegenden Bindegewebes fehlt entweder ganz oder ist sehr unbedeutend. Dann findet sicli eine nur massige, nicht sehr schmerz­hafte, entweder bewegliche oder nur leicht au den Hinterkieferast an-gelöthete Drüsenanschwellung, #9632;\yelche, ohne dass Eiterung einträte, nur allmälig kleiner wird und endlich schwindet, oder, nachdem sie un­schmerzhaft geworden ist, durch längere Zeit oder selbst für immer fortbesteht.
Bei Füllen und jüngeren Pferden überhaupt sind gewöhnlich stärkere Schlingbeschwerden (Halsentzündung) zugegen; häufig stellt sich auch Entzündung der Lymphgefasse der Backenwandung, der Ganaschen, der Nasenflügel und der Yorderlippe ein, welche die Kran­ken noch einige Zeit am Fressen hindern. Die Schling- und Athmungs-beschwerden werden um so augenfälliger, wenn die Unterkiefer- und oberen Luftröhrenlymphdrüsen oder die Luftsäcke an dem Entzündungs-processe Antheil nehmen, die letzteren durch eiterigen Schleim ausge­dehnt und so wie die ersteren nach einwärts gegen die Kachcnhöhle gedrängt sind. Auch Entzündung und Vereiterung der Bug- und Lei­stendrüsen, mit entsprechendem Krummgehen der Pferde, der unteren Luftröhren- und inneren Darmbeinsdrüsen ist nicht selten zugegen. Die ergriffenen Thiere fiebern dann bedeutend und erholen sich entweder bei rasch eintretender Eiterung und Entleerung der Abscesse, oder sie gehen durch Erstickung in Folge der Ausfüllung der Eachenhöhle durch Drüsengeschwülste oder der Anfüllung der Luftsäcke oder des
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Gutartige Drüse.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;549
Ergusses von Eiter aus einem daselbst berstenden Abscesse in die Luft­röhre oder in Folge des Druckes der in der Brusthöhle liegenden Drüsengeschwülste auf die Luftröhre, durch Lungenvereiterung zu Grunde. Bisweilen entwickeln sicli Folge-, gewöhnlich Siechkrank­heiten, die Darrsucht durch Vereiterung der üekrösdrüsen, Bauchfell­entzündung, Perforation der Därme u. s. w. Man bezeichnet diese Form mit dem tarnen der anomalen oder wandernden Drüse.
Als verschlagene Drüse wird jener Vorgang bezeiclinet, wenn der Nasen-ausfluss, die Eiterung der Drüse u. s. w. unter glelolizeitlgem Auftreten von Erschei­nungen eines Gehirn-, Lungen-, Urustfcllleldens u. dgl. aufhört. Wir theilen die An­sieht, dass hier der hypothetische Drüsenstoffsich auf diese Theile, wie man sagt, verschlagen habe (eine Metastase darstelle), durchaus nicht, sind vielmehr der Ueber-zeugung, dass der Naseiiaustluss, die Eiterbildung u. s. w. desshalb aufhöre, weil sieh mittlerweile und unabhängig von dem Drüseiileiden eine hefligo Affection eines wich­tigen Organes ausgebildet hat.
Die Vorhersage ist bei der gewöhnlichen Form der Drüse eine sehr günstige; in Fällen, wo in der Drüse sich Eiterung nicht einstellt, bleibt oft eine andauernde Vcrgrösscrung der Drüsengeschwulst zurück, welche, wenn sie von chronischem Xasenkatarrhe begleitet ist, alle jene Bedenken erregt, welche bei diesem angeführt wurden. Bei der ano­malen Drüse ist die Progniose zweifelhaft und nur dann günstiger, wenn sich die Thierc bei Kräften befinden imd mit der emsigsten Aufmerksamkeit auf die sogleiche Eröffnung der Abscesse, sobald sich nur überhaupt das erste Anzeichen einer, wenn auch undeutlichen Fluctuation zeigt, Bedacht genommen wird.
sect;. 41. Die diätetische Behandlung verhält sich ganz wie beim Strengel, und es gilt auch bezüglich des gegen den vorhandenen Nasenkatarrh einzuschlagenden Verfahrens das bereits Angeführte.
Bei normalem Verlaufe der Drüse genügt es, den Kehlgang durch einen umgelegten, mit Werg gefüllten Polster oder einen dichten Wol­len- oder Pelzlappen warm zu halten, und die Geschwulst entweder mit einfachem Schweinfett oder grauer Quecksilbersalbe einzureiben.
Zur Beschleunigung des Eintrittes der Eiterung legt man mit Vortheil über die eingeriebene Drüsengeschwulst einen in Wasser ge­tauchten und ausgerungenen, mehrfach zusammengeschlagenen Leinwand­lappen, welchen man mit einem Polster bedeckt. Dieser Umschlag wird in kurzer Zeit sehr warm, erhält sich so durch viele Stunden und braucht den Tag über höchstens drei- oder viermal gewechselt zu werden.
Die Eröffnung des Abscesses überlässt man entweder der Natur oder man spaltet denselben, besonders wenn er einen bedeutenderen
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Gutartige Drllse.
Umfang hat, mittelst des Messers, drückt den Eiter aus und legt etwas Werg in seine Höhle, das wo möglich einige Mal des Tages gewechselt werden soll. Dort, wo die Eiterung nicht eintritt und die Drüsenge­schwulst entweder in gleicher Grosse beharrt oder nur sehr allmälig abnimmt, sind Einreibungen von Quecksilbersalbe für sich allein oder mit Zusatz von Jod (10 bis 20 Gran auf die Unze), oder von Terpen­tin-, selbst von scharfen Salben und der andauernde Gebrauch der ge­dachten wannen üeberschläge erforderlich. Bei heftigem Eieber können die antiphlogistisehen Salze nothwendig werden.
Bei den anomalen Drüsen ist nebst gutem, leicht verdaulichem, besonders grünem Eutter, Kleien, Schrott, verkleinerten Eüben, massig warmen, luftigem, mit reichlicher frischer Streu versehenem Stalle, der öfteren Darreichung von Steinsalz zur Lecke, auch die Verabreichung von Dampfinhalationen und die möglichst zeitliche Spaltung der Ab-scesse nothwendig. Bei grossen Athmungsbeschwerden und der drohen­den Gefahr des Eintrittes von Lungenentzündung sind Eiterbänder zu ziehen oder Leder zu stecken, und innerlich die Mittelsalze in Verbin­dung mit Eingerhutkraut, dann mit schleimigen oder aromatischen Sub­stanzen zu verabreichen.
Die weitere Behandlung richtet sich nach der Verschiedenheit der begleitenden Zufälle.
d) Die bedenkliche Drüse (Adenitis eq. chronica).
sect;. 42. Wir verstehen hierunter einen chronischen Katarrh der Nasenschleimhaut des Pferdes, verbunden mit einer harten, unschmerzhaften, beweglichen oder festsitzenden, meist einseitigen An­schwellung der Kehlgangslymphdrüsen, und unterscheiden densel­ben von der verdächtigen Drüse, welche wir als erste Entwicklungsstufe des Rotzes betrachten, ohne jedoch in Abrede zu stellen, dass sich aus derselben die verdächtige Drüse und der Eotz entwickeln können oder dass sie u. z. in der Regel der Begleiter des sich bereits entwickeln­den Rotzes sei. Die Grenzen zwischen bedenklicher und verdächtiger Drüse sind daher durchaus keine scharfen, und wir nehmen die Gegen­wart der ersteren nur in so lange an, als die Nasenschleimhäute, in so weit sie übersehen oder durch den hoch eingeführten Finger untersucht werden können, wohl die Erscheinungen eines chronischen Katarrhes (— mehr oder weniger bedeutende Verdiekung oder ödematöse Schwel­lung, ungleiche Färbung, stärkere Absonderung, selbst Erosionsgeschwür-
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Bedenkliche Drllse.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;551
chen —), aber durchaus keine Spuren knötchenartiger Erhabenheiten (von denen jedoch die nicht seltenen umschriebenen Hypertrophien des Scheidewandknorpels oder alte, von mechanischen Verletzungen herstam­mende Narben wohl unterschieden werden müssen) zeigen. Wir haben wenigstens bei zahlreichen, Monate lang beobachteten Fällen der sogen, bedenklichen Drüse nach der endlichen Vertilgung der Kranken wohl die Erscheinungen eines chronischen Nasonkatarrhes mit seinen Folgen, Hypertrophien der Schleimhaut, Knochenneubildungen u. dgl. gesehen, ohne dass eine Spur der dem Kotze eigenthümlichen Veränderungen der Schleimhaut zugegen gewesen wäre, und halten demnach die Annahme dieser Form wenigstens in praktischer Hinsicht für gerechtfertiget u. z. um so mehr, da Niemand ein mit chronischem Nasenkatarrhe behaftetes Pferd schon für rotzverdächtig erklären wird und kein Grund vorliegt, warum diess geschehen sollte, wenn eine an und für sich unschädliche und als solche gowiss keine Ansteckungsgefahr herbeiführende harte Drüsenanschwellung gleichzeitig zugegen ist. Insbesondere in gericht­licher Beziehung erscheint diese Unterscheidung der bedenklichen von der verdächtigen Drüse dringend nothwendig.
Die Ursachen dieses Leidens sind jene des chronischen Nasen-katarrhes. Ausser den, bei diesem angeführten Erscheinungen ist im Kehlgange u. z. häufiger einer- als beiderseits eine kastanien- bis hüh-nereigrosse, harte, imschmerzhafte, bewegliche oder festsitzende Drüsen­geschwulst zu bemerken, welche nicht selten zeitweilig ab- und wieder zunimmt. Beider anatomischen Untersuchung erscheint eine solche Geschwulst aus derbem, bisweilen sehnig oder knorpelähnlioh resisten-ten Bindegewebe bestellend, zwischen welchem Eeste hyperämischen, stellenweise von hanfkorngrossen Abscessen durchsetzten Drüsenparen-chymes eingesprengt liegen.
Die Vorhersage ist stets zweifelhaft, eine vollständige Heilung sehr selten; gewöhnlich bleibt der Zustand durch lange Zeit stationär oder wechselt zwischen Besserung und Verschlimmerung; bisweilen bil­det sich aus ihm die verdächtige Drüse und der Kotz hervor. Ausser dem, bei dem chronischen Katarrhe Angeführten können hier stärker reizende oder scharfe Einreibungen (Quecksilbersalbe mit Jod, Cantha-ridensalbe, nach Erforderniss mit Zusatz von Euphorbiumharz) in die Kehlgangsdrüse, das Ziehen eines Eiterbandes durch dieselbe versucht werden. Das hie und da gebräuchliche Ausschneiden derselben trägt begreiflich zur Heilung des wesentlichen Krankheitszustandes (auf der Nasenschleimhaut) nichts bei.
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552nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Croup dor Nasenscbleimbaut.
Mit diesem Leiden sind häufig chronische Bronchialkatarrhe, chro­nische Infiltrationen der Lungenspitzen, bisweilen Lungentuberkel in Combination.
Zu bemerken ist, dass manche Neubildungen in der Nasen­höhle, wie Polypen, Sarcome, Mcdullarkrebse u. dgl., ebenso wie die Caries eines oder mehrerer Backenzähne des Vorderkiefers, welche zur Zerstörung der Gaumenplatte des Yorderkieferbcines fuhren, nicht nur die Erscheinungen eines chronischen Nasenkatarrhes, sondern auch die einer bedenklichen Drüse zu veranlassen vermögen. Bei Pfer­den, welche an chronischem, besonders übelriechendem Nasenausttusse leiden, ist desshalb stets auch die Maulhöhle bezüglich der Beschaffenheit der Zähne sorgfältig zu untersuchen.
In einem Falle, wo ein solcher nach Knochenjauchc riechender Ausfluss zuge­gen und an den Zähnen etwas Krankhaftes nicht nachzuweisen war, ergab die, an dem vertilgten Thiere vorgenommene Section die. Erscheinungen einer heftigen Kno­chenentzündung der die Highmorshöhle zusammensetzenden Theile des linken Vorder­kieferknochens.
e) Der Croup der Nasenschleimhaut.
sect;.43. Dieser Process tritt bei Pferden unter zwei Formen auf. Er beschränkt sich nämlich entweder auf die Follikel der Schleim­haut, oder ist über grössere Strecken verbreitet; die erstere Form bezeichnen wir auch mit dem Namen der Follicularverschwä-rung der Nasenschleimhaut.
Die Krankheit beginnt mit den Erscheinungen eines heftigen Strengeis oder einer gutartigen Drüse, wobei die Schleimhaut der Na­senscheidewand durch die geschwellten Follikel rauh, wie mit Gries-körnern besäet erscheint. Dieselben schwellen rasch weiter an und erlangen durch das in sie ergossene faserstoffige Exsudat ein gelbliches Ansehen, durch dessen Zerfliessen sich oberflächliche, mit einem haut­ähnlichen, schwer oder gar nicht abstreifbaren Beschläge versehene, von leicht infiltrirten, stark gerötheten Bändern umgebene Geschwür­chen bilden, welche gewöhnlich dicht neben einander stehen und in deren Umgebung die Schleimhaut intensiv geröthet erscheint. Dieser Beleg zerfliesst allmälig von der Peripherie aus zu einer rahmähnlichen Flüs­sigkeit, wodurch die seichten Geschwürchen nach und nach rein wer­den und sich vom Bande aus mit Epithel bekleiden, durch kurze Zeit etwas deprimirt bleiben, bald aber das Ansehen der normalen Schleim­haut, an welcher auch die P^rscheinungen des Katarrhes zurücktreten,
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Croup der Xasenscbleimbaut.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;öö3
erlangen. In den meisten Fällen sind auch zahlreiche, ganz gleich beschaffene Folliculargeschwäre an den Xasonrändern und an der äusseren Oberfläche der Vorderlippe zugegen, welche nicht selten so dicht gedrängt stehen, dass diese Partien ausgedehnte, zusammenhän­gende, mit faserstoffigen Gerimmngen beschlagene Ueschwürstlächen darstellen, von welchen sieh harte, geschwollene Lymphgefässstränge zu den infiltrirten Kehlgangslymphdrüsen hinziehen. Eine Verwechslung dieses Processes mit dem Rotze, welche nicht so selten geschieht und Veranlassung zur Verbreitung der Angabe gelungener Kotzheilungen ge­geben haben mag, wird bei einer umsichtigen Untersuchung nicht mög­lich sein. Der Verlauf ist beinahe immer ein günstiger, die Heilung erfolgt je nach der ileuge und Grosse der Geschwüre und der Inten­sität der begleitenden Lymphgefässeutzündung durchschnittlich innerhalb 2 bis 4 quot;Wochen; selten bleibt ein chronischer Xasenkatarrh oder die bedenkliche Drüse zurück.
sect;. 44. Auch die zweite Form beginnt gewöhnlich mit den Sym­ptomen eines heftigeren Xasenkatarrhes. Der Ausfluss ist gelblich, zähe und spinnt sich in Strängen aus der Xase; ihre Schleimhaut bedeckt sich u. z. sowohl an der Scheidewand, als an den Muscheln in biswei­len bedeutender Ausbreitung mit einer festsitzenden, röthlich- oder graulichgelben hautartigen Gerinnung, nach deren Hinwegnahme die unterliegende Schleimhaut gewulstet, hoch gerüthet, mit einzelnen Blut-punkten besetzt erscheint, während sich die Umgebung im Zustande eines intensiven Katarrhes befindet. Bei regelmässigem Verlaufe lösen sich die Exsudatplatten allmälig von der Peripherie aus los, wobei sie zu einer rahmähnlichen Masse zerfliessen und nach vollkommener Los-stossung der Gerinnung bedeckt sich die exeoriirte, leicht blutende Schleimhaut allmälig mit Epithelium. Im höheren Grade dieses Zustan-des, wo die Schleimhäute stark geschwellt und hiedurch, so wie durch die dicken oder flottirenden Exsudatplatten die Durchgängigkeit der Nasenhöhle beengt ist, wird das Athmen schnaufend, ängstlich und be­schwerlich und die Thiere zeigen die Erscheinungen eines höheren Fie­bers. Auch hier sind fast immer Anschwellungen der Lymphgefässe an den Vorderlippen, an den Backen und Ganaschen, so wie der Kehlgangs­lymphdrüsen zugegen.
Der Verlauf dieser Form führt häufig zur vollständigen Gene­sung, bisweilen jedoch entwickelt sich aus ihr der acute Rotz, des­sen Heranbildung überall dort zu besorgen ist, wo die Schleimhaut nach Hinwegnahme der croupösen Gerinnungen von starrem, faserstoffigem
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054nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Croup der Nasensclileimbaut.
Exsudate infiltrirt erscheint (s. später). Die Vorhersage ist daher bei dieser Form bei Weitem nicht so günstig, wie bei der ersten und es wurden Fülle beobachtet, wo nach vollständiger Abstossung der nach unten sieht- und fühlbaren Gerinnungen sich der acute Rotz in den oberen, der Untersuchung nicht zugänglichen Partien als vorhanden nachwies.
sect;. 45. lieber die Ursachen der spontanen Entwicklung lässt sich etwas Verlässliches nicht anführen. Bisher haben wir den Croup der Nase meist als epizootische Krankheit u. z. unter Eemonten gesehen; ob hier gewisse atmosphärische Verhältnisse, wie diess wahrscheinlich ist, oder andere weiter verbreitete Einflüsse wirksam gewesen seien, muss dahingestellt bleiben. Die Contagiosität desselben ist fur uns zweifellos. Bei Ueberfüllung der Krankenställe sahen wir den Croup von einem Pferde auf das nächststehende u. s. w. übergehen, ohne dass jedoch, wie diess begreiflich ist, stets dieselbe Form sich entwickelt hätte; als Vehikel des Contagiums kann mit Wahrscheinlichkeit der mit Faserstoffdetritus imprägnirtc Xasenausfluss angenommen werden. Zu bemerken ist noch, dass zur Zeit des Herrsohens dieser Krank­heit meist auch das Maulweh unter den Pferden häufig vorkam, und dass auch manche der Kranken gleichzeitig mit dem letzteren be­haftet waren.
Die Behandlung besteht in dem häufigen Einathmen von Was­serdämpfen, dem Befeuchten der Geschwüre auf der Nasenschleimhaut, an den Lippen und an den Nasenflügeln mit Höllensteinlösung (10 bis 15 Gran auf 1 Loth desti Hirten Wassers) oder mit Kupfer- oder Zink­vitriollösung, in Einreibungen der Kehlgangslymphdrüsen mit grauer Queck­silbersalbe für sich oder mit Zusatz von Jod, in Spaltung der längs der Lymphgefasse sich bildenden Abscesse. Ist die Nasenschleimhaut mit dicken, zusammenhängenden Exsudatschichten bedeckt, so sind zu ihrer Erwei­chung und Loslösung häufige Dampfeinathmungen erforderlich, worauf man dieselben mit Höllenstein in Substanz zweimal des Tages touchi-ren kann. Eine innerliche Behandlung wird höchstens bei höheren Fie-bergraden erforderlich, und auch da reicht man gewöhnlich mit einigen Salzgaben aus.
Wegen Gefahr der Weiterverbreitung der Krankheit sind derlei Pferde von anderen strenge zu separiren und erst nach völliger Her­stellung aus der Contumaz zu entlassen.
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Acuter Rotz.
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f) Der acute Rotz der Pferde.
sect;. 4G. Der acute Rotz, wenigstens die viel häufigere, nicht durch acute Tuherculose hervorgerufene Form, scheint uns in diese Kathegorie zu gehören.
Die Krankheit befallt entweder von früher her anscheinend ge­sunde Pferde spontan, ohne dass die ihrer Entwicklung zu Grunde liegenden Ursachen genauer bekannt wären, als die des früher ange­führten Croups, oder sie entsteht bei Pferden, welche an der chroni­schen Form des Rotzes oder Hautwurmes, an Geschwürszuständen ver­schiedener Körpertheile leiden, in welchem Falle sie eine Folge der Thrombose und eine Theilerscheinung der P3-ämie darzustellen scheint, oder durch Ansteckung in Folge der unmittelbaren Berührung mit, an derselben Krankheit, an Xasencroup oder an dem chronischen Rotze oder an Hautwurm leidenden Thieren. Auch die Thatsache, dass durch die Infusion von Eiter in die Venen des Pferdes Rotz hervorgerufen wer­den könne, ist auf die acute Form zu beschränken und die hiobei auf­tretenden Erscheinungen gehören gewiss aiich dem Gebiete der Pyä-mie an.
Dass aus dem acuten Kotze sicli lt;ler ohroiiische lievvorbilden kiinne, wie hie und da behauptet wird, haben wir noch nie gesehen und müssen die Richtigkeit der Beobachtung bezweifeln.
Erscheinungen. Selten werden von früher her gesunde, häu­figer bereits anderweitig kranke Pferde oder solche, bei denen eine Uebertragung von Rotz- oder Faserstoffeiter stattgefunden hat u. z. die letzteren meist 3 bis 8 Tage nach geschehener Infection von der Krank­heit befallen, welche gewöhnlich mit heftigem Fieber beginnt. Hierauf stellt sich eine sehr intensive Entzündung der Nasenschleimhaut ein, welche letztere sich mit dicken, zusammenhängenden, faserstoffigen Exsu­datplatten besehlägt, nach deren Entfernung sie von einer graulichgelben, starren Masse infiltrirt erscheint. Aus der Nase tüesst eine gelblich ge­färbte, zähe, nicht selten blutig gestriemte, lymphähnliche Flüssigkeit in grosser Menge aus. Manchmal stellen sich, ohne dass bedeutende croupöse Gerinnungen zugegen wären, auf der Schleimhaut verschieden grosse, weiche Knoten in grosser Anzahl ein, welche rasch zusammen-fliessen und dann gleichfalls ausgedehntere Infiltrationen der Schleimhaut darstellen. Rasch entwickeln sich nun Anschwellungen der Kehlgangs-lymphdrüsen u. z. entweder bloss einer oder aber beider Seiten, je nachdem der Krankheitsprocess die Schleimhaut bloss einer oder aber beider Nasenhöhlen ergriffen hat; ist das Erstere der Fall, so ist die
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556nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Acuter Rotz.
linke öfter leidend als die rechte. Das Infiltrat nekrotisirt nun sammt der infiltrirten Schleimhaut sehr rasch, oft nach der ganzen Dicke der letzteren zu einem gelblichen oder blutig gefärbten krümlichen Schorfe, welcher nach seiner Abstossung unregelmüssige, vielfach ausgebuchtete diphtheritische Gesch-tt-üre hinterlässt, die häufig bis in den Scheidewandknorpel übergreifen und deren Umgebung bedeutend infil-trirt ist. Durch die verschwollcnen ISasengänge wird das Athmen be­schwerlich, die Thiere schnaufen und sind bisweilen in (iefahr, zu er­sticken, welcher Zustand durch den, auf der Schleimhaut des Kehlkopfes (besonders der Giesskannenknorpel) gewöhnlich gleichzeitig staltfinden­den diphtheritischen Process und die, in Folge desselben eintretende odematöse Schwellung der Schleimhaut am Kchlkopfscingange bedeutend gesteigert wird. Die Lymphgefässe an den Seitentheilen des Gesich­tes, so wie das dieselben umgebende Bindegewebe werden entzündet, es bildet sich eine schmerzhafte, den Vorkopf einnehmende Geschwulst, #9632;welche sich bis in den Kehlgang erstrecken und mit jener der dort gelegenen Lymphdrüsen zusammentliessen kann.
Das Fieber nimmt so wie die Athraungsbeschwerde rasch zu, die Respiration wird ängstlich, bisweilen bauchschlägig, der Percus-sionsschall in den vorderen unteren Partien der Brust nicht selten ge­dämpft und leer, unbeslimmtes, selbst bronchiales Athmen daselbst vernehmbar, oder es stellen sicli über die ganze Brust verbreitete Eas-selgeräusche ein; die Thiere äussern nicht selten an der inneren Fläche der hinteren Extremitäten, welche ödematös anschwellen, längs des Ver­laufes der Gefässe bedeutenden Schmerz, die Haut an der Unterbrust, dem Unterbauche, dem Schlauche oder Euter wird ödematös, manchmal bilden sich strangförmige Anschwellungen oder umschriebene, beim Er­öffnen eine zähe, gelbliche Flüssigkeit ergiessende Knoten, der Xasen-ausfluss wird missfärbig, blutig gestriemt, sehr reichlich und die Thiere gehen, wenn sie. nicht früher getödtet werden, gewöhnlich, nachdem sehr übelriechende Durchfälle sich eingestellt, innerhalb 8 bis 10 Ta­gen zu ekelhaften Mähren entstellt, zu Grunde. Den Eintritt der Ge­nesung haben wir bisher noch nie beobachtet.
sect;. 47. Pathologische Anatomie. Die Schleimhaut der Na­senhöhle ist stark geschwollen, bisweilen so, dass die einander gegen­überstehenden Flächen sich völlig berühren, hoch geröthet, von zahl­reichen, mit Blut überfüllten, weiten Venen und Blutextravasaten durchzogen, stellenweise von dicken Schichten geronnenen faserstoffigen Exsudates beschlagen, und von verschieden gestalteten, länglichen.
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Acuter Rotz.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 557
unregelmässig ausgobuchtetcn, mit einem zoüigeu oder höckerigen, mor-scheu Grunde und geschwelltem liandc verselienen, nicht selten bis auf den Scheidewandknorpel dringenden Geschwüren besetzt; die Stirn- und Highmorshöhlen sind gewöhnlich von einer gallertig zit­ternden, gelblichen, auch blutig gestriemten Flüssigkeit erfüllt, ihre Auskleidung in hohem Grade hyperämisch. Auf der Schleimhaut des Kehlkopfes, besonders jener der Giesskannenknorpel, sind ähnliche diphtheritische Geschwüre, deren Umgebung sich im Zustande eines acuten Oedems befindet, sehr häufig. Die Lungen sind bald an ihren Spitzen und dem vorderen unteren Dritttheile entzündet, bald von klei­nen lobulären Abscessen (die mit Tuberkeln nicht zu verwechseln sind) durchsetzt, bald ödematös, beinahe stets aber hyperämisch, kaum je völlig normal; die Milz ist gewöhnlich geschwellt, ihre Pulpe stel­lenweise zu einem weichen, blutigen Breie erweicht, bisweilen auch von metastatischen Abscessen durchzogen; seltener findet sich dieser letztere Zustand in der Leber und in den Nieren. Das Bindegewebe unter der Haut jener Körperpartien, an welchen sich während des Lebens Anschwellungen gezeigt hatten, ist von einer gallertig zittern­den, von Blutstriemen durchzogenen Flüssigkeit infiltrirt, die Venen und Lymphgefässe am Kopfe und den Hintergliedmassen sind entzündet, die Kehlgangsdrüsen blutreich, geschwellt, bisweilen mit kleinen Absces­sen durchsäet. Die Schleimhaut des Dickdarmes ist gewöhnlich im Zustande eines intensiven Katarrhes, oder es ist Follicularverschwärung in demselben zugegen. Dass sich nebenbei andere, von früheren Krank-heitsprocessen herrührende Veränderungen verschiedener Organe (auch die Merkmale des chronischen Rotzes) vorfinden können, bedarf nicht der Erwähnung.
sect;. 48. Eine Behandlung der ausgesprochenen Fälle des acuten Holzes ist den hiorortigen Erfahrungen zu Folge ganz fruchtlos; Ein­spritzungen von Eisen- oder Zinkvitriol-, Sublimat- oder Höllehsteinlösung, der innerliche Gebrauch des Jod, des Sublimates, des Arseniks (in Form der Fowler'sehen Lösung) u. s. w. blieben ganz ohne Kesultat.
Wegen der, durch den Umgang mit solchen Thieren für Pferde und Menschen drohenden Gefahr der Ansteckung ist es am gerathen-sten, dieselben sobald als möglich zu vertilgen. Individuen, welche sich mit der Behandhmg und Wartung solcher Kranken abgeben, sol­len noch sorgfältiger, als beim chronischen llotze, die grösstc Peinlich­keit beobachten, jede Besudelung des Gesichtes und der Hände mit dem
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558nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Koptkrankheit des Kindes.
Ausflüsse sorgfaltig vermeiden und sobald sie nur die geringste Ver­letzung an den Fingern hätten, die manuelle Untersuchung der Xasen-schleimhaut gänzlich unterlassen. Nach jeder Verunreinigung sind die Hände vorerst gut mit Seife und dann mit starkem Essig oder besser mit concentrirter Essigsäure zu waschen.
Die veterinär-polizeilichen Massregeln gegen den acuten Rotz sind ganz jene, welche gegen den chronischen Rotz (sect;. 33) vor­gezeichnet sind.
Derselbe ist in gerichtlicher Hinsicht gleich dem letzteren als ein Gcwährsmangel anzusehen; seine Gewährszeit ist 15 Tage.
Anmerkung. Die sogenannte Kopfkrankheit der Pferde, so wie der brandige Strengel, die brandige Drüse einiger Schriftsteller, scheinen bald der Kathegorie des Pferdetyiihus, bald jener des Xasencroups und des acuten liotzes anzugehören.
g) Die Kopfkrankheit (bösartiges Katarrhalfieber) des Rindes (Catarrhus sinuum frontalium).
sect;. 49. Diese Krankheitsform scheint den Beschreibungen zu Eolge einen intensiven Katarrh oder Croup der Nasenschleimhaut mit consensuellcr Hirnreizung darzustellen. Weiblichen Thieren soll eine giössere Disposition zu ihrer Entwicklung zukommen als männ­lichen. Als äusserc Ursachen werden vor Allem direct auf den Kopf und insbesondere auf die Nase wirkende /ugiuft in unpassend con-struirten Stallungen, dann die Einwirkungen raschen Temperaturwechsels auf die, durch heisse, dumpfe Stallungen verweichlichten oder im Haarwechsel begriffenen Thiere, der Besuch der Herbstweide an kühlen, neblichen Tagen, überhaupt also Einwirkungen, welche Erkältungen herbeizufuhren im Stande sind, beschuldiget. Als hauptsächliche Er­scheinungen werden angegeben: Fieberschauer beim Eintritte der Krankheit, Betäubung, höhere Wärme am Schädel und am Maule, Trockenheit des Flotzmaules, höhere Röthung der Bindehaut, Thrä-nenfiuss. Die Schleimhaut der Nase wird stark geröthet und ge­schwellt; der Austluss aus derselben ist anfangs wasserhcll, wird all-mälig dick, schleimig, mit Blut gestriemt oder missfärbig, jaucheähn­lich, das Athmen ist erschwert, schnaufend und rasselnd. Auf der gerötheten Schleimhaut des Maules bilden sich bald Ecchymosen, bald Aphthen; die Hörner werden an ihren Wurzeln schmerzhaft (durch Hyperämie und Entzündung ihrer Fleischwand) und lösen sich gegen das Ende der Krankheit bisweilen von dem Hornzapfen los; auch an den
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Kopfkraukheit des Htades.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;igt;59
Klauen wurde derselbe Vorgang beobachtet; die durchsichtige Horn­haut Vfird nicht selten getrübt, auch Ersudate in den Augenkammern sollen vorkommen. Das Fieber währt mit Nachlässen und Steigerungen an, die Fresslust liegt darnieder, der Durst ist vermehrt, das Wieder­kauen unregelmässig, der Absatz der Excremente entweder verzögert oder diarrhoisch, die Haut trocken, die Haare glanzlos; die Thiere sind abgestumpft, theilnabmslos. In höheren Graden der Krankheit bilden sich croupöse Exsudationen und Infiltrationen auf und in der Xasen-schleimhaut und es gehen Fetzen der abgestossenen Gerinnungen und nekrolisirten Schleimhaut mit dem ÜMasenaustiusse ab.
Der Verlauf der Krankheit ist stets aeut. Genesung erfolgt nur in jenen Fällen, wo die Entzündung sich auf einzelne der genann­ten Gebilde beschränkt und tritt unter Nachlass der Fiebererscheinungen in 2 bis 3 Wochen ein, wornach jedoch noch längere Zeit Trübun­gen der durchsichtigen Hornhaut oder Exsudate in den Augenkammern zurückbleiben können. Unter entgegengesetzten Verhältnissen nimmt die Abmagerung, Hinfälligkeit und Abstumpfung der Thiere zu, der Xasenausttuss erlangt eine jauchige Beschaffenheit und der Tod erfolgt, nachdem sich bisweilen Lähmungen einzelner Körperpartien eingestellt haben, unter Convulsionen. Neben bedeutender Wulstung, Hyperämie und diplitheritischeu Geschwüren der Nasenschleimhaut und Entzün-dungserscheiuungen an der Fleischwand der Hörner ergiebt die Section gewöhnlich Hyperämie der Gehirn- und Bückenmarkshäute, so wie die Erscheinungen eines acuten Darmkatarrhes.
Die Prognose ist ungünstig; mehr als die Hälfte der Ergriffenen soll der Krankheit unterliegen, daher das zeitliche Schlachten schwerer Erkrankter einer Ungewissen dir vorzuziehen ist.
In diätetischer Beziehung ist ein warmer, trockener Aufenthalt, Vermeidung jeder Erkältung, die Verabreichung überstandenen ange­säuerten Wassers und guten, leicht verdaulichen Futters erforderlich. In therapeutischer Hinsicht empfehlen sich kalte Umschläge auf den, von dem dichten Haarwuchse befreiten Kopf, Aderlässe bei kräf­tigen Thieren, häufiges Abfrottiren der Haut, das Ziehen eines Eiterban­des durch den Triel, das Einathmen von Wasserdünsten. Für den inner­lichen Gebrauch eignen sich die antiphlogistischen Salze, der Brech-weinstein und der Salmiak in schleimigen Abkochungen oder aromatischen Aufgüssen; beim Sinken der Kräfte: Kampher, Mynsicht'sches Elixir, Aetherweingeist; vorhandene Durchfälle sind entsprechend zu behan­deln. In der Ileconvalescenz können bittere und aromatische Plian-
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zentheile Anwendung finden. Sollte Eiteransammlung in den Hornzapfen stattgefunden haben, welche sich durch fortdauernde Hitze der Hörner, Schmerzäusserung bei dem Schütteln des Kopfes zu erkennen gibt, so kann das Horn der kranken Seite, 2 bis 3 Zoll von der Spitze entfernt, abgesägt und täglich einigemal durch eine einge-fiihrte Sonde dem Eiter AusÜuss verschafft werden. Treten die beunruhi­genden Symptome nicht bald zurück, so ist es vortheilhafter, die Thiere zu schlachten.
h) Die Schnuffelkrankheit.
sect;. 50. Diese bisher nur selten beobachtete Krankheit der Schweine besieht den Beschreibungen zu Folge in einer Entzündung der Nasen-schleimhaut und der Beinhaut der die Nasenhöhle zusammensetzenden Knochen mit einer allmälig auftretenden Auftreibung und Erweichung dieser letzteren. Die Krankheit hat ihren Xamen von dem beschwer­lichen und schnüffelnden Athmeu erlangt, welches sich in Folge des durch die Anschwellung der Nasenschleimhaut und der Knochen behinderten Luftdurchganges durch die Nase einstellt und im Beginne derselben nur zeitweilig zugegen ist, später aber fortwahrend andauert. Durch die Auftreibung der Knochen wird die Nase missstalfet, nach einer oder der anderen Seite dick und wulstig, der Rüssel schief stehend; wegen der ersehwerten Nahrungsaufnahme magern die Thiere ab und gehen, wenn sie nicht früher geschlachtet werden, endlich an Abzehrung zu Grunde. Bei vorgeschrittener Krankheit sollen sich aucli Blutungen aus der Nase, bisweilen mit Erleichterung, einstellen. Die Ursachen sind unbekannt; die Krankheit soll vererblich sein, bei kurz-und stumpfnasigen Schweinen häufiger vorkommen und sich durch Wühlen in steinigem, hartem Boden und nach Erkältungen entwickeln; Angaben, die sämmtlich problematisch sind. Eine Behandlung ist fruchtlos, die Erkrankton werden am besten geschlachtet.
C. Ve.ründerunyiiii der physikalischen Eigenschaften.
sect;. 51. Eine Verengerung der Nasenhöhle wird veranlasst durch Schwellungen der Schleimhaut, durch Hypertrophie derselben, durch Neu-birttungen, welche in dieselbe hineinragen, durch fremde Körper. Eine Erweiterung Einer Nasenhöhle kann nur durch Geschwülste sich ein­stellen, welche sich in derselben befinden, sie aber zugleich verstopfen
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SchUgt;uderkrankhoit.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; öO 1
und durch Verdrängung des Scheidewandknorpels die zweite Nasenhöhle verengern.
Trennungen des Zusammenhanges erfolgen durch mechani­sche Verletzungen und durch verschiedene Krankheit sprocesse, welche die Entstehung von Geschwüren veranlassen, wohin besonders der Ty­phus, der tuberculöse und diphtheritische Process bei Pferden und in­tensive acute so wie chronische Katarrhe gehören.
D. Schmarotzerthiere in der Nase und ihren Nehenhöhlen.
a) Insecten. Die Schleuderkraiikbeit (Bremseiisebwiiidel, Horiiwunnkraiikhi'it).
sect;. 52. Diese Krankheit der Schafe, welche nicht selten mit der Drehkrankheit verwechselt wurde, wird durch die Larven der Schaf­bremse, sobald sie in grösserer Menge in die Stirn- und Highmorshöhlen und in die hohlen Hornzapfen gelangt sind, zur Zeit ihrer vollkom­menen Ausbildung in Folge einer intensiven Reizung der Schleimhäute dieser Höhlen, wodurch die Ausgänge derselben in die Nasenhöhle verschwellen, und durch ein consensuelles Ergriffenscin des Gehirnes hervorgerufen. Sie kommt am häufigsten in den Monaten März bis Mai, wo die Larven ihre volle Entwicklung erlangt haben, vor.
Die Erscheinungen, welche auf dieses Leiden hinweisen, sind: häufiges Niesen und Ausbrausen, durch welches Schleim und bisweilen auch Bremscnlarven ausgeworfen werden, öfteres lieberbeugen des Kopfes nach hinten oder Schütteln desselben von einer Seite zur anderen (Schleu­dern), Reiben der Nase an festen Gegenständen oder Uebcrstrcifen derselben mit den Vorderfüssen, zeitweiliges Hin- und Hertaumcln der Thiere (nie jedoch Drehen im Kreise), höheres Heben der Vorder-füssc beim Gange. Bisweilen werden die Larven allmählig ausgestossen und die Krankheilserscheinungen verschwinden hiernach vollständig; in anderen Fällen jedoch lassen die Thiere vom Fressen nach, magern rasch ab, äussern durch öfteres Zähneknirschcn, Verdrehen der Augen u. s. w. grossen Schmerz, und gehen 6 bis 8 Tage nach dem Auftre­ten der ersten Symptome unter heftigen Schmerzen ein.
Bei der Section finden sich in den angegebenen Höhlen zahl­reiche, lebende, von Schleim umhüllte Bremsenlarven, die Schleimhaut bedeutend geschwellt, geröthet und von Blutextravasaten durchzogen, die Hirnhäute bisweilen hyperämisch.
Roll, Pathol. und Thpiapic. 11 Aufl.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 3(5
.
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i)()2nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Eillgewciiicwlhmer in der Nast-nhülilo.
Die Prognose ist bei geringerem Grade des Ucbels günstig, bei höheren Graden desselben jedoch zweifelhaft.
Zur Verwahrung gegen dieses Uebel hat man das Bestreichen der Nasenlöcher der Schafe mit stinkendem Hirschhornöle oder mit Wagentheer u. v.. Morgens vor dem Austriebe in den warmen Sommer­monaten, wo die Schafbremsen am häufigsten schwärmen, anempfohlen. Bei geringeren Graden des Leidens wendet man Niesmittel, wie fein gepulverte Eberwurzel, Teilchenwurzel, weisse Nieswurzel, Majoran oder Schnupftabak an, welche man den Thieren täglich einigemal entweder mit den Fingern in die Nase bringt, oder mittelst einer Federspule einbläst, oder indem man bei einer grösscren Zahl von Kranken fein­gepulverte Eberwurzel auf das Futter streut. Auch Einspritzungen von Hirschhornöl (20 — 30 Tropfen) oder von einer Auflösung des Hirsch­hornsalzes in Wasser (1 Loth auf '/„ Pfund), von Kalkwasser in die Nase, Anbohrung der Stirnhöhle mittelst eines Trepans oder das Ab­sägen der Hörner nahe an ihrer Wurzel und darauf folgende Ein­spritzungen dieser Flüssigkeiten werden empfohlen. Bei höheren Graden des Leidens dürfte die Trepanation beider Stirnhöhlen, Herausnahme der Larven und Reinigung der Höhle mit lauem Wasser am vortheil-haftesten sein. Die Hautwunde heilt gewöhnlich im Wege der schnellen Vereinigung.
b) Eingeweide w ü r m e r.
sect;. 53. Von diesen kommt bloss das bandwurmähnliche Fünf­loch in den Stirnhöhlen des Pferdes, Maulthieres, Hundes und Schafes vor. Die Erscheinungen, welche dasselbe hervorruft, sind nur beim Hunde etwas genauer bekannt. Der Wurm scheint bei seiner zeitweiligen Ortsveränderung die Schleimhaut der Stirnhöhle zu reizen, wodurch die Hunde unruhig und verstimmt werden, öfters mit dem Kopfe schütteln, denselben gegen Gegenstände drücken und reiben; manche äussern eine besondere Neigung zum Beissen und grössere Bös­artigkeit. Bei der Unsicherheit der Diagnose ist auch eine Behandlung nur selten einzuleiten; bei der Wahrscheinlichkeit des Vorhandenseins des Wurmes könnte die Trepanation der Stirnhöhle des Hundes und die Einspritzung von Hirschhornöl oder von Oeosotwasser versucht werden.
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Erampflrasten der Hunde*nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;o63
II. Abschnitt.
Krankheiten des Kehlkopfes und der Luftröhre.
I. Fnnctionelle Störungen. Dit Kraiii|irhiisleii der Hunde (Tussis convulsira).
sect;. 54. Man vorsteht hiorunter periodische, durch eine bis mehrere Minuten dauernde, schmerzhafte, mit Brechneigung oder wirklichem Erbrechen endende Hustenanfalle, in deren Fntervallen die Kranken anscheinend völlig gesund sind. Dieses Leiden tritt bisweilen in epizoo-tischer Verbreitung auf, ohne dass sich bestimmte äussore Veranlassun­gen nachweisen Hessen und verschwindet dann wieder für längere Zeit vollkommen. Es dauert verschieden lange Zeit, mehrere Wochen, selbst Monate, beginnt häufig mit einem Bronchialkatarrhe, der dasselbe auch während seines Verlaufes gewöhnlich begleitet. Bei der Section, zu deren Anstellung sich jedoch nur selten Gelegenheit ergibt, finden sich entweder gar keine oder nur solche Veränderungen in den Ath-mungsorganen, welche seeundären Affectionen angehören, wie Lungen-und Brustfellentzündung, Lungenemphysem u. dgl. Es scheint daher eine Neurose der, die Stimmritze, das Zwerchfell und die Athmungsmus-kel versehenden Abschnitte des Nervensystems (des herumschweifenden und Zwerchfellsnerven, des Rückenmarkes) zu sein. Da das Leiden durch Nässe und Kälte verschlimmert wird, so erfordert die Behandlung ein warmes Verhalten der Thiere, eine milde und kräftige Nahrung, Fleischbrühe. Für den innerlichen Gebrauch werden Brechweinstein, Brechwurzel, Bilsenkraut- und Tollkirschenextract, der Goldschwefel, der Stinkasand, in sehr hartnäckigen Fällen eine schwache Höllenstein­lösung empfohlen.
Auch bei Pferden findet sich bisweilen, ohne dass irgend eine anatomische Veränderung der Athmungsorgane nachweisbar wäre, ein sich häufig wiederholender, krächzender, krampfhafter Husten, der ins­besondere nach dem Trinken, beim Verlassen des warmen Stalles ein­tritt und gewöhnlich einer Behandlung hartnäckig widersteht. Die innerliche Verabreichung von Goldschwefel, Salmiak mit Wasserfenchel, Bockshornsamen u. dgl. bleibt meist so wie die, in die Kehlkopfsgcgcnd applicirten Einreibungen mit Bilsenkrautöl, Jodquecksilber-, Brechwein­stein- und Cantharidensalbo erfolglos.
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564nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Hyperämie der Kehlkopfs- und Liiftröhrenschleimhaiit. — Rlutnng-
II. Anatomische Störungen.
A. Locale Slörrtrtyen des Kreislaufes.
I. Il;|irräiiile der Kelilkopl's- und Lul'trühreiischleliiihaiit.
sect;. .r)5. Sie wird veranlusst durch mechanische, iu die Luftwege eingedrungene Heize, durch mechanische Stauung des Blutes bei Herz-und Lungeukrankheiten und ist ein Begleiter der Entzündung der Luft­wege , der Lungen und der meisten acuten Blutkrankheiten. Höheren Graden derselben gesellen sich gewöhnlich Blutungen bei. Bei der acu­ten Form erscheint die Schleimhaut gleichmiissig oder lieckig geröthet, das submucöse Bindegewebe von stärker injicirten Gefässchen durchzo­gen; bei der chronischen ist die Mucosa düster geröthet, nicht selten von Extravasalen durchdrungen und gewöhnlich katarrhalisch.
2. Blutung.
sect;. öi;. Sie stellt sich bei höheren Graden der Hyperämie, bei Entzündungen und Gcschwürszuständen (typhösen, tuberculösen, diph-theritischen Charakters) der Schleimhaut ein. Geschah die Blutung nur allein in die Schleimhaut, so kann über ihre Gegenwart bloss die Section Aufschluss geben, bei der man dann die Mucosa an kleineren oder grösseren Sleilen von Blut durchtränkt, geschwellt antrifft; im Falle jedoch die Blutung bedeutender war und das Blut sich in den Laryngcal- oder Traehcalcanal crgoss, erfolgt Husten mit Auswurf grösserer oder geringerer Mengen von Blut oder eines blutig gefärbten Schleimes. Wird das Blut nach aussen nicht entleert und Üiesst es in die Brouchialvcrzwcigungen ab, so kann Erstickungsgefahr eintreten. Die Behandlung hat für die grösstmögliche Buhe und für ein kühles Verhalten zu sorgen. In manchen Fällen können Aderlässe, die anti-phlogistischen Salze, adstringirende Mittel nützlich sein.
IJ. Stormye.n der Ernährung.
I. llv|MTlro|iliii' und Atrophie,
sect;. 57. Hypertrophie der Schleimhaut des Kehlkopfes und der Luftröhre findet sieh nach chronischen Entzündungs- und Vcrschwä-rungsprocessen; sie erscheint dann gewulstet, derb, an der Oberfläche mit Granulationen oder Zotten besetzt und mit zähem, eiterigem, viel
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Atrophie dei Muskel ti**s Kehlkopfes.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; OOO
Epithel enthaltendem Schleime bedeckt. Atrophie sämmtlicher Gebilde des Larynx, mit Erweiterung seiner Höhle, wird bei sehr alten Thie-ren (besonders bei Hunden) angetroffen.
Bei Pferden kommt bisweilen ein Schwund und eine fettige Degeneration der Erweitercr der Stimmritze, nämlich des hinte­ren und seitlichen llinggiesskanncnknorpel- und des queren Gicsskannen-knorpel - Muskels der einen Seite bei unveränderter Eeschaffenheit der­selben Muskel der anderen Seite vor; ein Befand, auf den namentlich Günther die Aufmerksamkeit lenkte und welcher eine, bei stärkerer Bewegung auffallend hervortretende Athmungsbcschwerde, die mit einem eigenthümlichen pfeifenden oder rohrenden Geräusche verbunden ist und Pfeifer- oder llohrcrdampf genannt wird, veranlasst. Dieses Leiden kommt wohl bei allen Pferderacen, am häufigsten aber bei der englischen zur Beobachtung und stellt sich entweder ohne nachweis­bare äussere Veranlassung oder nach dem Ablaufe intensiver Kehlkopf­katarrhe und Halsentzündungen ein. Seine Entstehung scheint in man­chen Fällen durch eine primär eintretende fettige Degeneration und Atrophie der genannten Muskel bedingt zu sein, in anderen Fällen ist diese aber von einer nachweisbaren Fettentartimg und von einem Schwunde des zurücklaufenden Kehlkopfnervens der betreffenden Seite abhängig. Durch eine Durchschneidimg dieses j\Terven lässt sich diese Alhmungsbeschwerdo absichtlich hervorrufen. Pferde, die an dem Pfeiferdampfe leiden, zeigen im Stande der Buhe in der Hegel ein ganz normales Athmen, werden sie aber in rasche oder anstrengende Bewegung gesetzt, so stellt sich, bald schon nach wenigen Schritten, bald erst nach einiger Zeit das eigenthümlich pfeifende Geräusch beim llespiriren ein; in den leichteren Fällen hört dasselbe entweder sogleich oder kurze Zeit nach Einstellung der Bewegung auf und die Pferde respiriren bald wieder völlig ruhig; in den schwereren aber kann sich die Athemnoth so hoch steigern, dass die Thiere genöthiget sind, stehen zu bleiben, worauf sie mit weit auseinandergestellten Vorderfüssen, stark erweiterten Xasenöff-nungen und unter heftigem Flankensohlage sehr beschwerlich athmen, oder dass sie sogar während der Bewegung plötzlich zusammenstürzen und längere Zeit zu ihrer Erholung bedürfen. Pferde, mit einem mas­sigen Grade des Leidens behaftet, sind noch zu leichteren Diensten zu verwenden, solche, bei denen die Störung weit gediehen ist, sind völlig unbrauchbar. Der Verlauf ist ein chronischer; in manchen Fäl­len soll Besserung, ja völlige Heilung eingetreten sein; solchen Fällen dürfte eine bloss vorübergehende functionelle Störung des nerv, recurrens
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NeubiMun^eu im Kehlkopfe. - Acuter Katarrh des Kt'hlkopi'es,
zu Grunde liegen; in der Regel nmcht das Leiden allraiiligc, aber con-stanlc Fortschritte. Die Prognose ist demnach eine ungünstige. In manchen Fallen soll durch die Anwendung von Eüterhändem oder von scharfen Einroibungen in der seitlichen Kehlkopfsgegcnd Besserung erzielt worden sein; gewöhnlich lässt jede Behandlung im Stiche. Prof. Gün­ther jun. hat in mehreren Fällen die Heilung des Pfeiferdampfes durch die ])urchsclmeidung des gelähmten Stimmbandes erzielt. In gericht­licher Beziehung ist der Pfeiferdampf den anderen Formen des Dampfes gleichzustellen und es hat demnach auch auf ihn die Gewährs­zeit von 15 Tagen Anwendung.
2. Neubildungen.
sect;. 58. Bindegewebsnoubildungen kommen in der Form von kolbigen und warzigen Excresocnzen, von Schleim- und Faserpo-lypen vor. Sie, so wie die bisweilen an der vorderen Fläche des Kehldeckels angetroffenen Balggcschwülste mit verschiedenartigem In­halte können Athmungsbeschwerdcn, selbst Erstickungsgefahr veranlassen.
Eine vorzeitige Verknöcherung der Kchlkopfsknorpel kommt nach langwierigen Entzündungs- und Verschwärungsprocossen vor.
Tuberculose der Kchlkopfschleimhaut wird, jedoch selten, beim chronischen Eotze und bei Lungentuberculose seeundär und meist schon als tuberculoses Geschwür angetroffen.
Krebs dieser Theile ist uns bisher noch nicht vorgekommen.
3. Entzündung.
a) Acuter Katarrh des Kehlkopfes und der Luftröhre (beim Pferde Kehle, Kehlsucht); Laryngitis et Tracheitis. sect;. 59. Eine bei allen Hausthieren vorkommende Krankheit, welche als solche entweder selbstständig u. z. gewöhnlich in Folge von Er­kältungen , übermässiger Verwendung, raschen Temperaturwechsels, des Einathmens reizender Substanzen, oder der Einwirkung von, in die Luftwege gelangten Flüssigkeiten oder festen Substanzen entsteht, oder als Begleiter anderer Krankheitsprocesse, des Nasen- und Bron-chialkatarrhes, des Typhus, der Sohaf'pocken, bisweilen der Lungen­entzündung auftritt. Nur in den, in Folge anderer Krankheitsprocesse umgestandenen Thieren lassen sich in der Regel die anatomischen Veränderungen der Schleimhaut beobachten, da der Katarrh dieser Theile allein kaum je den Tod der Kranken veranlasst. Die Schleimhaut ist dann in verschiedenem Grade, besonders im Kehlkopfe geschwellt,
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Acnter Catarrh laquo;lus lleblkupfea und iUu1 I.ut'triiliro.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;,'gt;(gt; i
weich, mürbe, bisweilen auch ihr unterliegendes Bindegewebe serüs infiltrirt, entweder fleckig und streitig oder gleichmössig geröthet, in den höheren Graden bruiinrolh und von kleinen Exfravasalen durch­zogen, bisweilen auch mit oberflächlichen, runden, scharfrandigen, kleinen ßeschwürchen (Erosionen) besetzt, ihre Oberfläche mit einem schlei­migen oder eiterähnlichen und viel abgestossenes Epithel enthaltenden Secrete bedeckt.
Die Krankheit beginnt gewöhnlich mit einem leichten Fieber­schauer, mit Verminderung der Fresslust und Verzögerung des Fäcal- und Harnabsatzes, worauf grössere Empfindlichkeit der Kehlkopfsgegend gegen einen angebrachten Druck, ein rauher, abgebrochener, schmerz­hafter Husten, bisweilen wegen gleichzeitiger Antheilnahme des Schlund­kopfes leichte Schlingbeschwerden sich einstellen, wozu sich nicht selten, wenigstens beim Pferde die Erscheinungen des Strengeis oder des Bronchialkatarrhes gesellen. Meist schon nach wenigen Tagen wird der Husten looker, in dem Kehlkopfe und der Luftröhre worden beim An­legen des Ohres, bisweilen auch auf eine grössere Distanz llassel-geräuscho vernehmbar, es erfolgt schleimiger oder eiterähnlicher Auswurf, welcher entweder beim Husten durch die Xase ausgestossen oder hinah-geschlungeu wird.
Die Krankheit endet entweder innerhalb kurzer Zeit in Genesung oder sie wird chronisch; der Tod erfolgt (wenn von den, in Folge der Einführung scharfer oder ätzender Substanzen in die Luftwege ent­standenen Fällen abgesehen wird), wohl nur durch Complication mit anderen Zuständen.
Die Behandlung besteht in warmem Verhalten der Krankon, in Vermeidung von Erkältungen, in warmen Einhüllungen des Halses, nach Erforderniss in feuchtwarmen Umschlägen an die Kehlkopfsgegend, in dem öfteren Einathmen von Wasserdämpfen, in dem innerlichen Gebrauche von Salmiak, Goldschwefel u. dgl. mit schleimigen oder leicht aromati­schen Mitteln.
b) Der chronische Kehlkopf- und Luftröhrenkatarrh.
sect;. GO. Er ist am häutigsten die Folge öfter wiederholter acnter Katarrhe und stellt sich auch als Begleiter chronischer Bronchialkatarrhe, der Lungentuberculose, verschiedener Neubildungen auf der Schleimhaut des Kehlkopfes und der Luftröhre ein.
Bei der anatomischen Untersuchung erscheint in solchen Fällen die Schleimhaut dieser Thcilo verdickt, bald erweicht, bald wie
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ÖLgt;Önbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Chroniodier Kohlkopf- und Luftrühveukatarrh.
brüchig, bleich, oder düster geröthet oder grau pigmentirt, meist von zahlreichen erweiterten Venen durchzogen; ihre Follikel sind stellen­weise geschwellt, als stecknadelkopfgrosse Knötcheu hervorragend, oder kleine, scharfbegrenzte, spaltformige oder iijide Geschwürchen darstel­lend, welche mit einer strahligen Karbe heilen. Häufig ragen die ge­schwollenen Schleimhaut parlien als warzige oder kolbige Hervorragun­gen , oder als polypenartige Wucherungen in die Kehlkopfshohle oder in die Luftröhre hinein und können in dem ersteren Falle zeitweilige Athmungsbeschwcrden, selbst Erstickungsanfalle und die Erscheinungen des pfeifenden Dampfes veranlassen. An der hinteren quot;Wand der Luft­röhre trifft man bisweilen bei Pferden die sogenannten Luftröhren-Uivertikel — Ausbuchtungen — welche dadurch entstehen, dasa einzelne Schlcimbälge zu dickwandigen Hiickchen, die allmalig die Grosse einer Erbse bis einer Haselnuss erreichen, heranwachsen, sich zwischen die Faserbündel der hinteren Luflröhrcnwand hindurchdrängen und nach aussen als kleine Auswüchse hervorragen, während sie nach innen mit einer kloinen Oeffnung, aus welcher sich bei einem ar gebrachten Drucke eine zähe, weisse Flüssigkeit ergiesst, münden. Die Schleim-hautoberrtäche ist meist mit einer dicken, zähen, graulichweissen oder gelblichen, schleimigen oder citerähnliehen Schichte bedeckt, das unter­liegende Bindegewebe infiltrirt.
Als hauptsächliche Erscheinungen während des Lebens spre­chen sich aus: Schmerz in der Kohlkopfsgegend bei einem angebrach­ten Drucke, ein häufiger, entweder rauher, krächzender, schmerzhafter, trockener oder ein lockerer, mit Auswurf verbundener Husten, welcher besonders nach stärkerer Bewegung, bei einem Drucke auf den Kehl­kopf, nach einem kalten Trunke sich einstellt, rauhe, scharfe Afhmungs-oder llasselgeräusche und Schnurren im Kehlkopfe oder in der Luft­röhre, Erschwerung des Athmens bei der Bewegung, besonders dann, wenn die lläumlichkeit dieser Theile durch Neabüdnngen beeinlrächti-get ist. Fiebererscheinungen sind in der Eegel nicht zugegen, die Fress­lust ist ungestört und die Ernährung nicht beeinträchtiget.
Der Verlauf ist ein langwieriger, der Eintritt vollkommener Ge­nesung selten.
Die Behandlung verhält sich ähnlich wie bei chronischem Nasen-katarrhe; Einathmcn von Wasser-, aromatischen und Theerdämpfen, war­mes Halten der Kehlkopfsgegend, reizende und scharfe Einreibungen in diese Gegend, der innerliche Gebrauch von Salmiak, Spiessglanz- und Schwefelpräparaten in Verbindung mil aromatischen und gewürzhaften
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Croup des KrhKiupfes.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;;)G9
Pflanzentlieilen, spielen die Hauptrolle. Bei eintretender Erstickungsge­fahr (bei Kohlkopfspolypen) kann der Luflvöhrenstich oder Schiiitt noth-wendig werden.
c) Der Croup, die häutige Bräune (Angina membranacea).
sect;. 61. Er ist gewöhnlich mit einer croupösen Entzündung der grös-seren Bronchialverzweigungen verbtmden, und wurde bei allen Haus-thiorgattungen beobachtet. Er kommt bald primär in Folge bestimmter äusserer Einwirkungen, Erkältungen der schwitzenden Haut, des nächt­lichen Weidens an feuchten Stellen, des Einathmens reizender Gase, des Eindringens fester oder tlüssiger, besonders ätzender Substanzen in die Luftwege, bald seeundär im Gefolge von Lungenentzündungen, Ty­phus, Rinderpest, Lyämie vor.
Pathologische Anatomie. In vorgeschrittenen Fällen von Croup ist die betroffene Schleimhaut mit einem reifartigen Anlluge oder mit einer melir oder weniger dicken, entweder ausgebreiteten oder inselförmig begrenzten Lage geronnenen, gelben oder grünlichgelben, aus Eiterzel­len und Fibringerinnscln bestehenden Exsudates bedeckt, welches (bei Pferden) in die Kehlkopfstaschen und iu die Bronchien abgesetzt, diese als derbe Cylinder ausfüllt. Dieselbon hängen anfangs der unterliegen­den, massig geschwellten und hyperämischen Schleimhaut fest an, zei­gen an der, dieser zugekehrten Fläche zahlreiche lilutpunkte und stos-sen sich schliesslich gewöhnlich von dem rahmahnlich zerlliessendeu Rande aus oder in zusammenhängenden Bohren oder Fetzen los. Diess geschieht durch eine seröse Exsudation und Neubildung von Zellen an der Schleimhautoberllächc, wodurch die Verbindung mit der Croupmem-bran gelöst wird. Die Schleimhaut erscheint dann zottig, stellenweise injicirt und erlangt schliesslich durch Regeneration des Cylinderepithels wieder ihr normales Ansehen. In anderen Fällen stellt das Exsudat keine zusammenhängende Gerinnung, sondern eine rahmähnliche, die Schleimhautoberlläche überziehende Flüssigkeit dar; das submueöse Bin­degewebe ist stets ödematüs, bisweilen sind auch die Bronchialdrüsen iniiltrirt. Aelmlich ist der Befund bei dem seeundären Croup (s. Rin­derpest).
Erscheinungen. Der primäre Croup beginnt gewöhnlich plötz­lich, bisweilen gehen ihm leichte Fieber- und katarrhalische Erschei­nungen voraus. Es stellt sich ein heftiger, bellender, schmerzhafter Husten ein/mit Beschwerden im Athmen, das pfeifend, schnarchend
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Croup dn.s EelUkopfea
oder röchelnd wird, die Nasenflügel, beim Jviude das Maid, werden aufgesperrt, die Thiere sind ängstlich., zittern, gerathen in Scliweiss und Erstickongsgefohr; der l'uls wird boschleaniget, klein, die ober­flächlichen Hautvenen schwellen an, der Kehlkopf ist sehr empfindlich. Unter steigender Verschlimmerung gehen die Kranken entweder in kur­zer Zeit durch Erstickung zu Grunde, indem die verengerte Kehlkopfs­höhle oder die verstopften Bronchien den Eintritt der Luft verhindern, oder es werden, nachdem die Krankheit durch 2 bis 3 Tage ange­dauert hat, die croupösen Gerinnungen unter Erleichterung des Thie-rcs beim Husten ausgeworfen und die Genesung tritt nach kurzer Zeit ein.
Die Prognose ist im Allgemeinen ungünstig u. z. um so mehr, wenn sich die Exsudationen tiefer in die Bronchien hinein erstrecken, oder sogar Lungenentzündung sich beigesellt.
Behandlung. Aderlässe, Einathmungen von Wasserdämpfen, Quecksilber- oder scharfe Einreibungen in der Kehlkopfsgegend, reizende Klystiere, innerlich Calomel oder Brechweinstein. Das Einblasen von Calomel und das Eingiesscn von Essig in die Nase erseheint jedenfalls sehr gewagt. Beim Eintritte von Erstickungsgefahr kann, wenn die Exsudationen sich nicht über den Kehlkopf und den oberen Theil der Luftrohre hinaus erstrecken, der Luftröhronstich mit Erfolg in Anwen­dung kommen.
Anm evkung. Eine pustulöse ICehllcopfgentzIliidnng kommt bei den
Sehai'iiocken (s. diese) vor und bestellt in einer Ausbreitung des Blatternausbrucbes auf die Selileimhaut des Kelilkopfes, selbst der Luftröhre, bisiveilen auch der Bron­chien. Die l'ockcn fiiessen daselbst gerne zusammen und bilden tiefer greifende Ge-sclnviire. Sie ist stets mit einem bedeutenden Katarrhe dieser Tbeile verbunden.
Beim Pferde vcrliiuft auch der typhöse Process auf der Luftröhren-Schleimhaut.
d) Das Oedem der Kehlkopfsschleimhaut (Oedema glottidis).
sect;. 62. Wir haben das Glottisödem bisher nur als Begleiter der Lungen-, Kehlkopfs- und besonders der Bachenentzündung, des Typhus, dann tuberculöser und diphtheritischer, im Kehlkopfe sitzender Ge­schwüre gesehen. Es besteht in einer serösen, selten eiterigen Infiltra­tion des submueösen Bindegewebes der Kehlkopfshöhle, welche gewöhn­lich zuerst die seitlichen Bänder des Kehldeckels befüllt und sich später über die ganze Schleimhaut des Kehlkopfes und der angrenzenden Bachenpartien ausbreitet, wodurch diese zu einer sulzeähnlichen, mehrere
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(HoUlrödem,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;071
(beim Pferde 5—0) Linien dicken Uestliwulst verändert werden, welche die Kehlkopfshöhle, insbesondere den Eingang zu derselben so veren­gert oder völlig absohliesst, dass dadurch Erstickung veranlasst werden kann. — Diese Wülste sind bald blciss, bald dunkel geröthet und ergies-sen bei einem Einschnitte eine seröse oder eiterähnliche Flüssigkeit, worauf sie rasch collabiren. In manchen Füllen, namentlich dort, wo bloss eine seröse Infiltration stattfand, tritt ebenso schnell, wie das Oedem entstand, auch Resorption der ergossenen Flüssigkeit ein.
Gewöhnlich während des Verlaufes einer anderen Krankheit stellt sich plötzlich ein erschwertes, keuchendes oder pfeifendes Athmen, Schmerz in der Kehlkopfsgegend, ein bellender, heiserer Husten ein; insbesondere wird die Inspiration sehr mühsam; in der Brust wird fortgepflanztes bronchiales Athmen oder Hasseln vernelimbar, die Halsgegend schwillt an, die Thierc zeigen die grösste Angst und Unruhe, das Auge wird hervorgetrieben, über den Körper bricht häufiger Schweiss aus, der l'uls wird klein und unregelmässig, die Körpertemperatur sinkt und der dro­henden Erstickungsgefahr kann dann nur durch die Vornahme des Luftröhrenstiohes begegnet werden. Die Behandlung besteht in einem ergiebigen Aderlässe, in scharfen Einreibungen in die Kehlkopfs­gegend, in der Verabreichung grösscrer Gaben von Abführ- und bei Thie-ren, die sich erbrechen können, von Brechmitteln. Bei kleineren Haus-thieren könnte auch die Scarification der hinter dem Kehldeckel sicht-und fühlbaren ödematösen Geschwülste versucht werden.
Die Entzündung der Knorpelhaut dos Kehlkopfes ist uns bisher nicht vorgekommen.
C, Veriinderunyen der physikalischen Eigenschaften,
sect;. 63. Verengerungen einzelner Stellen des Kehlkopfes und der Luftröhre können durch einen von aussen wirkenden Druck, welchen Geschwülste der Umgebung, Anschwellungen der Lymphdrüsen am Ein­gange in die Brusthöhle oder an der Theilungsstellc der Luftröhre, oder Abscesse ausüben, dann durch Schwollungen, Hypertrophien und Xcu-bildungen der Schleimhaut, durch Narben in Folge tiefer greifender Geschwüre, durch eine abnorme Gestalt der Luftröhrenknorpel, wobei dieselben entweder von vorne nach rückwärts oder von einer Seite zur anderen zusammengedrückt erscheinen, dann durch fremde, von aussen eingedrungene Körper veranlasst werden. Manche dieser Zustände be­dingen eine andauernde oder, in so ferne etwa zu Grunde liegende
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Parasiten im Kebikopfe und in der Luftröhre.
Neubildungen einer Lageverändorung fähig sind, eine anfallsweise auf­tretende Athmungsbeschwerde, welche bei Pferden Anlass zur Unter­suchung wegen Dampf (s. diesen) geben kann.
Eine Erweiterung der Luftröhre in Folge einer Erschlaffung der hinteren Wand wird durch chronische Katarrhe, dann durch Diver-tikelbildung veranlasst. Eine Erweiterung der Kehlkopfshöhle stellt sich bisweilen bei Atrophie sämmtlicher Gebilde derselben ein.
Von Geschwüren kommen das katarrhalische, diphtheritische, tubcrculöse, typhöse und variolöse vor.
D. Parasiten.
sect;. 04. a) Insecten. Bremsenlarven finden sich bei Pferden bisweilen an den Schleimhautfalten am Eingange zum Kehlkopfe und im Inneren desselben, um die Stimmbänder herum. Eei ihrem Heranwach­sen können sie die heftigste Athemnoth und den Tod durch Ersticken veranlassen. Der Luftröhrenschnitt und die Herausnahme der Brcmsen-larven könnte bei sichergestellter Diagnose Bettung bringen.
b) Helminthen. Der fadenförmige Palissadenwurm kommt in der Luftröhre und den Bronchien der Schafe als Ursache der Lun-genwurmkrankheit (s. diese), der kleinschwänzige Palissadenwurm ebendaselbst bei Pferden, Eseln und Kälbern, der seltsame Palissa­denwurm bei Schweinen vor.
Das bandwurmähnliche Fünfloch wurde einmal im Kehlkopfe des Hundes angetroffen.
Asoariden können bei ihren Wanderungen aus dem Schlund­kopfe in den Kehlkopf gelangen und Erstickung veranlassen. (Ein sol­cher Fall ist hierorts vorgekommen.)
III. Abschnitt.
Krankheiten der Bronchien.
Anatomische Störungen. A. Locale Störungen des Kreislaufes.
sect;. tiö. Hyperämie und Blutung stellt sich unter ähnlichen Bedingungen ein, wie auf der Schleimhaut der Luftröhre. Hämorrhagien in die Bronchialröhren können überdiess aus den Lungenbläschen, aus
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Acutor Bronchialkatarrh.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Oiö
tuberculösen Cavemen, aus Abscesshöhlon, aus Brandhoerden erfolgen. In solchen Fällen stellt sich bei den erkrankten Thieren Husten ein, durch welchen schaumiges Blut in mehr oder weniger grosser Quanti­tät, bisweilen unter den heftigsten Anstrengungen und drohender Er­stickungsgefahr ausgehustet wird. Die Lungen solcher Thiere erschei­nen in Folge der bedeutenden Athcmnoth stark gedunsen, mit zahlreichen rothen Flecken besetzt, welche von der Senkung des Blutes in die Lungenbläschen herrühren, das Lumen der Bronchien ist stellenweise von Blut erfüllt. Ausführlicher wird hievon bei den Lungenblutungen die Rede sein.
B. Störungen der Ernährung.
I. Brand.
sect;. CG. Der Brand der Bronchialschleimhaut stellt sich bei Pfer­den häufig als Folge des Lungenbrandes ein; die Höhle der Bronchien ist mit Brandjauche gefüllt, die Schleimhaut missfärbig, zunderarlig mürbe und zottig. Bei chronischem Katarrhe der Bronchien zersetzt sich bisweilen das eiterige Secret der Schleimhaut und veranlasst in dieser eine umschriebene Entzündung und Verjauchung.
2. Neiibildungdi.
sect;. 07. BindegewebsWucherungen finden sich bisweilen auf der Schleimhaut von Bronchien, welche an chronischem Katarrhe leiden. Tuberculose ist höchst selten, Krebs unseres Wissens bisher noch nicht angetrolfen worden. Bei sehr alten Thieren kommt bisweilen eine Verknöcherung einzelner Bronchialknorpel vor.
3. Kntzüiiduiig,
a) Der acute Bronchialkatarrh (Bronchitis acuta). sect;. 68. Diese Krankheitsform kommt, wenigstens bei Pferden sehr häufig vor, und befällt Thiere von jedem Alter und jeder Körperconsti-tution, insbesondere verweichlichte, an warmen Stallaufenthalt gewöhnte, für Witterungswechsel empfindliche. Sie entwickelt sich primär durch fremde, in die Bronchien gelangte Körper, durch das Einathmen scharfer Dämpfe und Gase, durch Erkältungen und erlangt in feuchten und kalten Jahreszeiten, beim Herrschen kalter Luftströmungen, nicht selten aber auch, ohne class solche auflallende atmosphärische Einflüsse Statt hätten, eine epizootische Verbreitung. Jsicht selten herrschen dann
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Acater Broncbialkatarrh.
neben BronchialkataiTlien auch Brustfell- und Lungenentzündungen, selbst Typhen seuchenartig unter den l'ferden, und man hat sich hie und da daran gewöhnt, den ganzen Complex solcher Seuchenfälle mit dem Namen der Influenza zu belegen: ein Name, welcher an und für sich eine bestimmte Form der Erkrankung nicht bezeichnet, wie diess Joder aus einer unparteiischen Einsicht in die, über solche Seu-cheninvasionen gelieferten Schilderungen entnehmen kann, sondern bloss zum Deckmantel oberflächlicher Diagnosen dient. Bei Hunden stellt ein heftiger Bronchialkatarrh, der sich bisweilen bis in die capil-laren Bronchien erstreckt, eineTheilerscheinung der sogenannten Staupe dar. Der Broncbialkatarrh begleitet häufig Katarrhe der oberen Ab­schnitte der Luftwege, Lungenentzündung, Lungentuberculose, Typhus, llotz, die Bleichsucht, und entwickelt sich in Folge mechanischer Stase in der Bronchialschleimhaut gewöhnlich auch bei vorgeschrittenen Herz-krankheilen.
sect;. 69. Anatomische Veränderungen. Im Beginne und in leich­teren Graden der Krankheit erscheint die Bronchialschleimhaut streifig oder fleckig geröthet, trocken, später gloichmässig gesättigt roth, selbst braun, geschwellt, sammtartig aufgelockert, zerreisslicher, von den unterliegenden Theilen leichter abziehbar und an ihrer Oberfläche mit einem zähen, anfangs farblosen, später durch abgestossenes Epithel trüben, endlich eiterigen, bisweilen blutig gestriemteii Schleime oder rahmähnlichen Eiter überzogen. In höheren Graden der Krankheit ist die Mncosa stellenweise von Blutungen durchzogen, hie und da wie angeätzt, bisweilen auch von leichten Anflügen geronnenen Exsudates überzogen, oder die Höhle der Bronchien von croupösen Pfropfen ver­stopft. Diese Tcränderungen sind gewöhnlich nur in den grösseren Bron-chialästen und zwar beider Lungen zugegen, seltener auch über die kleineren Zweige verbreitet; die Krankheit ist am gefährlichsten, wenn die kleinsten Aestchen ergriffen werden (capillare Bronchitis, katarr­halische Lungenentzündung), in welchem Falle die Schleimhaut der kleineren Bronchien stark geröthet, ihre Höhle mit zähem Schleime oder Eiter erfüllt, das Lungengewebe stellenweise luftleer (atelectatisch), stellenweise lufthältig und aufgeblasen, hie und da auch wirklich ent­zündet erscheint.
Wegen Lähmung der Muskellage erscheinen die katarrhalischen Bronchien gewöhnlich erweitert.
Erscheinungen. Die Krankheit beginnt entweder schon primär als solche, oder es gehen ihr die Erscheinungen eines Nasen- und
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AoutiT RroiH']iiaIklaquo;tariIi.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;'.Mi'}
Luftröhrenkatarrhcs voraus, welche sie auch so wie mehr oder weni­ger heftiges Fieber während ihres Vorlaufes begleiten können.
Die Kranklieitssymptome sind: eine Beschleunigung des Ath-mens mit stärkerer Flankenbewegung (welche in den höheren Graden so bedeutend werden kann, wie bei intensiver Lungenentzündung, mit der sie auch nicht selten bei oberflächlicher Untersuchung verwechselt wird), Empfindlichkeit des Kehlkopfes, anfangs trockener, schmerzhafter, krampfhafter Husten, der jedoch nicht selten auch ganz fehlt oder wenigstens unbedeutend ist, später locker und rasselnd wird, und zähen, dann eiterähnlich on Auswurf durch die Nase oder das Maul befördert. Der Percussionsschall ist in der Itcgel völlig unverändert; die Auscultation ergiobt bei geringeren Graden der Anschwellung der Brouchiaischleimhaut rauhes Bläschen- oder unbestimmtes Athmen, das in Schnurren, Weifen und Zischen übergeht. Ist bereits Secret angesam­melt, so stellt sich, falls es in den feineren Bronchien zugegen ist, feinbla­siges Rasseln oder Zischen, sonst je nach der Consistenz und Zähigkeit der Flüssigkeit grossblasiges Hasseln, Schnurren und Pfeifen ein, welches entweder die Athmungsgeräusche deckt oder dieselben noch vernehmen lässt. Ist gleichzeitig Flüssigkeit in dem Kehlkopfe und in der Luftröhre angehäuft, so kann das daselbst entstandene Rasseln oder Schnurren bisweilen eine solche Stärke erlangen, dass es über den ganzen Brust­korb hörbar wird und nicht selten die daselbst erzeugten Athmungs­geräusche verdeckt. Sind feinere Bronchien durch Secret verstopft, ist mithin der Eintritt der Luft in einzelne Lungenpartien behindert, so kann der Percussionsschall matt, seihst gedämpft und das Respirations­geräusch an den betreffenden Stellen unhörbar werden, Erscheinungen, welche jedoch, nachdem eine Expectoration stattgefunden hat, ver­schwinden.
Die einfache Bronchitis verläuft in der Regel ziemlich rasch; sie erreicht, nachdem der Husten immer lockerer geworden, die abgeson­derte Flüssigkeit entfernt und die Hyperämie der Schleimhaut ver­schwunden ist, meist nach 1—3 Wochen ihr Ende, oder sie wird chronisch. Tödtlich endet sie nur beim üebergreifen auf die feinsten Bronchien; stets aber hinterlässt sie eine grosse Neigung zu Rccidiven.
Bei seuchenartigem Herrschen von Bronchialkatarrhcn (welche dann eine Form der sogenannten Influenza darstellen) ist häufig eine Complication mit Magen- und Darmkatarrh zugegen, wodurch ihr Verlauf schleichender wird und die Kranken an einer bedeuten­deren Schwäche, Betäubung und gastrischen Erscheinungsn leiden.
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ö tQnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Acuter lironchiMkatanh.
S'cben den oben angeführten Symptomen, welche in der Regel von Fieber begleitet sind, zeigen sich iiuftallende Appetitlosigkeit, ein weisser oder gelblicher, dicker Zungenbeleg, höhere Temperatur und Trocken­heit der Maulschleimhaut, öftere Kolikzufälle, im Anfange gewöhnlich Verstopfung oder verzögerte Entleerung trockener, klein geballter, später weicher lacalstoffe, selbst Durchfall, Theilnahmslosigkeit und Abstum­pfung und eine auffallende Muskelschwäche. Die Eeconvalescenz dauert dann gewöhnlich lange und nicht selten bleiben dauernde Störungen (Veränderungen in der Magen- und Darmschleimhaut, schlechter Er­nährungszustand) zurück.
Höhere Grade des Bronchialkatarrhes, welchen sich bedeutendes Fieber beigesellt, werden auch mit dem Namen der Katarrhalfieber bezeichnet.
Des Croups der Bronchialschleimhaut wurde bereits früher gedacht.
Nach der Heftigkeit und Ausdehnung des Leidens, sowie nach den etwa vorhandenen Complicationcn ist auch die Prognose ver­schieden.
sect;.70. Behandlung. In diätetischer Rücksicht ist für einen warmen Aufenthalt, warmes Verhalten überhaupt, für eine reichliche Streu, Vermeidung von Temperaturwechsel, Schonung und Ruhe der Kranken, Verabreichung leicht verdaulichen Futters, überstandenen quot;Wassers, für öfteres Frottiren des Körpers, bei ungleicher Vertheilung der Hauttempe­ratur nach vorheriger Bespritzung mit Kamphergeist oder Terpentinöl Sorge zu tragen.
Bei dem gewöhnlichen Bronchialkatarrhe reicht man meist mit wie­derholten Einathmungen von Wasserdämpfen, dem innerlichen Gebrauche der Miftelsalzc, des Salmiaks, des Goldschwefels und Brechweinsteins in Verbindung mit schleimigen oder leicht aromatischen Mitteln aus. In den hohem Graden desselben, oder wo die Gegenwart eines Croups der Bronchialschleimhaut vermuthet wird, können Aderlässe, Mercurial-, reizende, sogar scharfe Einreibungen in die Brustwaudungen, die inner­liche Verabreichung des Calomels erforderlich werden.
Bei Complication mit Darmkatarrh sind Aderlässe in der Regel schädlich und sollten nur in sehr dringenden Fällen bei kräftig con-stituirten Thieren angewendet werden. Salmiak und Brechweinstein, bei grosser Hinfälligkeit der Kranken in Verbindung mit Terpentinöl oder Kampher, die Mittelsalze in kleineren Gaben, nach Erforderniss Klystiere und reizende Einreibungen sind hier angezeigt.
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Staupe.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;577
b) Die Staupe der Hunde (Febris catarrhalis epizootics
canum.)
sect;. 71. Der Symptomencomplex, welcher mit dem Xamen Staupe (Hun dekr ankheit, Hundeseuche, Laune, Katarrhalf ieber, Hunderotz) belegt #9632;wird, ist durch einen weit verbreiteten Eronchial-katarrh, der sich gewöhnlich bis in die feinsten Bronchialästchen er­streckt und dann als katarrhalische Pneumonic verläuft, und dem sich in der Regel Darmkatarrlie, nervöse Erscheinungen und nicht selten ein pustulöses Exanthem beigesellen, veranlasst.
Die Anlage zu dieser Krankheitsform kommt ausser dem Hunde noch der Katze, angeblich imch anderen Eleischfressern zu; unter den ersteren entsteht sie am häufigsten bei den zarteren, im Zimmer gehaltenen Racen, dami bei Jagd-, Neufundländer- und Dachshunden und manchen Hundefamilien u. z. vorzugsweise in dem ersten Lebens­jahre ; über dieses hinaus ist sie um Vieles seltener. Die einmal über-standenc Krankheit sichert vor einem wiederholten Anfalle nicht.
Die häufigste Veranlassung zum Ausbruche der Krankheit geben Erkältungen, wesshalb sie auch im Frühlinge und Herbste zur Zeit feuchtkaltor Witterung am öftesten vorkommt und dann nicht selten eine seuchenartige Verbreitung erlangt, deren Auftreten jedoch bis­weilen auch ohne nachweisbar schädliche Witterungseinflüsse beobach­tet wird. Die Frage über ihre Contagiosität ist noch nicht entschie­den, jedoch lässt sich dieselbe, wie bei katarrhalischen Krankheiten überhaupt, von vorne herein nicht läugnen. Die Infection scheint durch die von Kranken ausgeathmete Luft und durch das !Nasensecret ver­mittelt zu werden.
sect;. 72. Die Sectionsresultate sind bald die eines acuten und sehr verbreiteten Katarrhes der Luftwege allein u. z. von der Nasen­höhle angefangen bis zu den feinsten Bronchialverästlungen, die mit eiterähnlichem Schleime angefüllt sind und deren Schleimhaut stellen­weise mit katarrhalischen Geschwüren besetzt erscheint, während in ihrer Umgebung das Lungenparenchym gewöhnlich serös oder eiterig infiltrirt oder atalectatisch ist, bald gleichzeitig jene eines acuten und sehr in­tensiven Katarrhes des Magens und des Dünndarmes, dessen Peyer'sche Drüsenhaufen häufig im Zustande der Arcolirung angetroffen werden, bald auch Hyperämie und seröse Exsudate im Gehirne und Rücken­marke und in ihren Häuten. Der Körper der Umgestandenen ist ge­wöhnlich bedeutend abgemagert, die llusculatur bleich und so wie die Parenchyme anämisch.
R311, Patbol. und Tberapie. 11. AuU.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 37
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578nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; .Slaupe.
Erscheinungen. In den leichteren Graden des Leidens zei­gen die Kranken eine verminderte Munterkeit, geringe Fresslust, einen schmierigen Schleimausliuss aus den Augen und der Nase, öfteres Nie­sen und Husten, — Erscheinungen, die sich nach 8 bis 10 Tagen wieder verlieren können. In den höheren Graden äussern die Thiere bedeutende Fiebererscheinungen, wechselnde Körpertemperatur, Trägheit, Abgeschlagenheit, Unaufmerksamkeit gegen ihren Herrn, namhafte Be­schleunigung des Athmens und dos Pulses. Die Nase ist warm und trocken, öfteres Niesen, Ausbrausen und ein trockener, schmerzhafter Husten zugegen, der Absatz der Excremcnte ist um diese Zeit verzögert, bisweilen mit Zwang verbunden; um den dritten bis vierten Tag stellt sich ein reichlicher Schleimausliuss aus der Nase, aus den Augen, bisweilen auch aus dem Wurfe ein; die erstcren werden verklebt, die durchsich­tige Hornhaut trübe, bisweilen mit kleinen Gesohwürchen besetzt, das Niesen und der Husten ist häufig, der letztere ist locker und wenig schmerzhaft, in der Brust stellen sich Easselgeräusche ein. In solchen Fällen tritt unter allmäligem Nachlasso des Fiebers und unter Ver­ringerung der Absonderung auf den Schleimhäuten der Kespirationsorgane und der Augen innerhalb einiger Wochen Genesung ein.
Hat sich der Entzlindungsprocess jedoch bis in die feinsten Bron-chialverzwoigungen erstrockt, so wird das Athmen kurz, stöhnend, der Husten sehr schmerzhaft, das Fieber hochgradig. Häufig gesellen sich dann Entzündung der Schlingwerkzeuge, Katarrh des Magens und Darmes mit Neigung zum Erbrechen oder mit wirklichem Erbrechen eines zähen, golblichgrünen Schleimes, völlige Appetitlosigkeit, bisweilen Durchfall, durch welchen flüssiger, mitunter blutiger, mit vielem Schleime gemengter Koth entleert wird, hinzu.
Seltener gleich im Beginne, gewöhnlich erst, wenn die katarrha­lischen Erscheinungen durch einige Tage gedauert haben, treten ner­vöse Erscheinungen u. z. in der Form von Zuckungen einzelner Muskeln der verschiedensten Körpertheile, der Ohren, Nase, Lippen, Gliedmassen u. s. w. oder in der Form fallsuchtähnlicher Anfälle, denen nicht selten Lähmungen einzelner Körpertheile, meistens eines Hinterfusses oder des ganzen Hintertheiles folgen, auf. Diese letzteren bestehen häufig, nachdem die Thiere von der Staupe bereits genesen sind, als selbststän­dige Störung fort und sind dann Ursache einer andauernden Verunreini­gung dieser Thiere durch ihre Excremente oder des brandigen Aufliegens.
Ein nicht seltener Begleiter der Staupe ist ein pustulöser Aus­schlag an der unteren Seite der Brust und des Bauches und an der
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Staupe.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 579
inneren Fläche der Schenkel, der mit Hohstichähnlichen Flecken beginnt, über denen sich am dritten Tage die Oberhaut zu einem, mit trübem, eiterigem Serum gefüllten Bläschen erhebt, das platzt und seinen zu einer dünnen Kruste vertrocknenden Inhalt entleert, nach deren Ab­fallen ein glatter, blassröthlicher Flock zurückbleibt. Ergiessen zahlreiche Pusteln gleichzeitig ihren Inhalt, so veranlasst dieser meist einen wider­lichen, fauligen Geruch. Der Eiter dieser Pusteln, welcher auch als Träger des Contagiums der Staupe gilt, hat sich bei Torgenommenen Impfversuchen als ungeeignet zur Erzeugung derselben erwiesen.
Die leichteren Formen der Krankheit weichen einem zweckmäs-sigen Verfahren gewöhnlich innerhalb 8 bis 10 Tagen, sie können jedoch bei dem Hinzutritte von Erkältungen sieh rasch verschlimmern oder chronische Katarrhe zurücklassen. Bei dem höheren Grade des Bronchialkatarrhes, so wie bei Complication mit Darmkatarrh und ner­vösen Erscheinungen erfolgt häufig ein ungünstiger Ausgang, als dessen Anzeichen grosse Schwäche und Hinfälligkeit, kleiner, schwacher Puls, Unvermögen, die angesammelten Schleimmassen zu entleeren, häufiger, stinkender Durchfall, übler Geruch der Hautausdünstuug und der aus-geathmeten Luft, häufige Wiederkehr der epileptischen Anfalle anzu­sehen sind.
sect;. 7 3. Die Vorbauung gegen den Ausbruch der Staupe muss gegen die Vermeidung der oben angegebenen Gelegenheitsursachen gerichtet sein. Junge Hunde sollen demnach nicht verweichlicht, hin­länglich lange am Euter gelassen und dann mit Fleischnahruug gefüt­tert und vor Erkältungen jeder Art geschützt werden. Zur Aufzucht wähle mau Hunde, welche von Aeltern stammen, die an der Staupe entweder gar nicht oder nur wenig gelitten haben, und im Frühjahre geworfen wurden, da diese bis zum nächsten Herbste schon so weit herangewachsen sind, dass sie den ungünstigen WitterungseinÜüssen leichter widerstehen.
Die als Präservativ anempfohlene Einimpfung der Kuhpocken­lymphe oder des Nasenaustiusses staupekranker Hunde hat sich als erfolglos erwiesen. Bei den ersten Anzeichen der Staupe kann ein warmes Verhalten, strenge Diät und die Verabreichung eines Brechmit­tels oft der weiteren Entwicklung der Krankheit Schranken setzen.
Die Behandlung muss sich nach dem Stadium, dem Grade und den Complicationen der Krankheit richten. Aussei- einem entsprechenden diätetischen Verhalten (warmen Aufenthalte, leichter Fütterung) ist im Be­ginne der Krankheit ein Brechmittel (aus einer Lösung von 2—4 Gran
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ööOnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Chronischer Bronchialkatarrh.
Brechweinst ein in zwei Loth destillirtem Wasser, oder aus einem oder einigen Gran gepulverter weissoi Xicswurzel mit Zucker abgerieben oder in Fett gesteckt, bestehend) nützlich, bei stärkerer Entwicklung des quot;Katarr hes der Luftwege eignen sich der Salmiak, der Goldschwefel in Verbindung mit quot;Wachholderbeeren, Anis, bei bedeutender Schwäche mit Baldrian oder Engelwurzpulver; bei heftigerer Entzündung das Calomel, scharfe Einreibungen, selbst Aderlässe; bei gastrischer Com­plication, in so lange eine Diarrhöe nicht zugegen ist, der Brech-weinstein, sonst die weisse Nieswurzel, die Brechwurzel; bei heftiger Diarrhöe die Ehabarber, das Opium oder die Dowcr'schen Pulver, ein Chinadecoct u. s. w. Zeigen sich nervöse Erscheinungen, so sind Eiterbänder oder reizende Einreibungen längs der Wirbelsäule, innerlich kleine Gaben von Opium, Kampher, Xaphta in aromatischen Aufgüssen, selbst die Krähenaugeu im Decoct (zehn Grau in sechs Loth Wasser, und hievon dreistündlich ein bis zwei Kaffeelöffel voll) ange­zeigt. Die entzündeten Augen werden mit lauem Wasser, warmer Milch oder leichten aromatischen Aufgüssen gewaschen; zurückblei­bende Lähmungen und chronischer Katarrh erfordern das be­kannte Verfahren.
Langen bach er und Busse empfehlen gegen die Staupe der Hunde, jedoch bevor noch nervöse Erscheinungen aufgetreten sind, Waschungen am Xreuze und an den Extremitäten mit einem Deeocte der Niesswurz (ö—16 Drachmen in Ij Flaschen üier), welehes Mittel als Hautreiz und, da die Thierc einen Theil der Flüssigkeit ab­lecken, gleichzeitig als Brechmittel wirkt.
Hunde, welche an der Staupe leiden, sollen von gesunden ge­trennt, und jene, bei welchen ein Hautausschlag zugegen ist, auch mit Menschen nicht in zu nahe Berührung gebracht werden, da in Folge dessen bei diesen ein juckender Ausschlag sich entwickeln soll.
c) Der chronische Bronchialkatarrh (Bronchitis chronica).
sect;. 74. Er ist eine nicht seltene Krankheit, welche sich entweder aus aeuten Katarrhen hervorbildet, oder als Begleiter anderer Krank-heitszustände der Athmungsorgane, wie der Bronchialerweiterung, der Lungentuberculose, des Lungenemphyseras, chronischer Herz- und ca-chectischer Krankheiten (besonders bei Schafen als Begleiter der Fäule) auftritt und in feuchten, sumpfigen Gegenden bisweilen enzootisch herrscht.
Pathologische Anatomie. Die Schleimhaut der ergriffenen Bronchialästc ist düster-, oft braunroth gefärbt, von erweiterten Gefäs-sen durchzogen, verdickt, selbst mit Bindegewebswucherungen besetzt.
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ChroniKcher Bronchialkatarrh.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 581
mit einem schleimigen oder eiterigen, rahmähnlichen, bisweilen übel­riechenden Secrete bedeckt, das hie und da auch die nicht selten zugleich erweiterten Bronchien erfüllt und verstopft. Diese Erweiterung betrifft den in seinen Wandungen verdickten Bronchus glcichmässig, ist meist über einen grösseren Lungenabschnitt verbreitet und kann sich bis zum Drei - und Vierfachen des normalen Durchmessers ent­wickeln. Das anstossende Lungenparcnchym ist verdichtet, bisweilen luftleer, die von dem Bronchialabschuitte versehene Luugcnzellenpartie emphysematisch. Sie ist Folge der durch die chronische Entzündung bedingten Erschlaffung der contractilen Theile des Bronchialrohres, wodurch dieses durch den Druck der angehäuften Schleimmassen und der eindringenden Luft allmälig erweitert und unfähig wird, den sto­ckenden Inhalt, der dcsshalb in Zersetzung übergeht und höchst übel­riechend wird, zu entfernen. Durch die Bückwirkung desselben auf die Bronchialschleimhaut wird diese nicht selten neuerdings in einen acuten Entzündungszustand versetzt, und kann so wie das anstossende Lungenparenchym nekrotisiren.
Symptome. Nach öfter wiederholten acuten Katarrhen, oder als Begleiter der oben erwähnten Zustände stellt sich ein mehr oder weniger heftiger, lockerer Husten ein, durch welchen bisweilen grössere Mengen eiterigen, auch übelriechenden Schleimes ausgestossen werden, und der sich insbesondere bei kälterer oder wechselnder Witterung steigert (Bronchialschleimfluss).
Die Erscheinungen aus der Auscultation und Percussion sind von jenen des acuten Bronchialkatarrhcs selbst dann nicht verschieden, wenn eine gleichmässige Bronchialerwciterung zugegen ist. Athmungs-beschwerden stellen sich anfangs nur bei stärkerer Anstrengung ein, ebenso leidet der Ernährungszustand durch längere Zeit noch nicht; entwickeln sich jedoch die Folgezustände, wie ausgebreitete Bronchial-erweiterung, Lungenemphysem, so wird das Athmen beschwerlich und auffallend (bei Pferden dämpfig), die Thicre erlangen ein cachectisches Ansehen und gehen entweder an Abzehrung oder an Erstickung, wegen nicht entfernbaren Secretes oder in Folge des Eintrittes von acutem Lungenödem, von Lungenentzündung u. dgl. zu Grunde. Leiden vor­zugsweise die kleineren Bronchien an chronischem Katarrhe, so ist der Husten meist geringfügiger oder nur zeitweilig heftig; es entwickelt sich als Folgezustand gewöhnlich Lungenemphysem mit bedeutenderer Ath-mungsbeschwerde — ein dem sogenannten Dampfe nicht selten zu Grunde liegender Zustand.
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Verengerung der Bronehien.
Die Cur des chronisclicn, primären Brouchialkatarrlies erfor­dert dasselbe diätetische und Heilverfahren, wie der chronische Katarrh der Luftröhre; insbesondere spielen die Einathmuugen balsamischer und brenzlioher Dämpfe, der innerliche Gebrauch der Balsame, des Eleizuckers, so wie die zeitweilige Anwendung ableitender Mittel die Hauptrolle. Die Wirksamkeit der in neuester Zeit vorgeschlagenen Eröff­nung der Luftröhre und Aetzung der Bronchialschleimhaut durch Ein­flössen von Hölleustcinlösuug ist noch nicht hinreichend constatirt.
Die Besserung des seoundären Brouchialkatarrlies hängt von der Heilung oder Besserung des, denselben veranlassenden örtlichen oder all­gemeinen Krankheitszustandes (z. B. der Fäule) ab; ist dieser nicht zu ändern, so kann die Behandlung des Bronchialkatarrhes nur eine sympto­matische sein.
C Veränderungen der physikalisclten Eigenschaften,
sect;. 75. Eine Verengerung und Verstopfung der Bronchien er­folgt bisweilen durch einen andauernden Druck von der Umgebung (durch angeschwollene Broncbialdrüsen), häufiger stellt sie sich ein in Folge einer Schwellung und Hypertrophie der Schleimhaut bei chroni­schen Katarrhen, in Folge der Anhäufung von Schleim- und Eitermassen, von geronnenem Blute und Faserstoffcylindern. In kleineren Bron­chien entwickelt sich eine Verschliessung und zuletzt Verödung bald durch entzündliche Schwellung der Schleimhaut, in Folge deren sie wegen des aufgehobenen Lufteintrittes in die Lungenzellen obsolesciren und schliesslich die Wände der kleinen Bronchialäste verwachsen, wäh­rend die anstossenden grösseren gewöhnlich erweitert sind, bald durch anhaltenden Druck, welchen namentlich bedeutendere Exsudate in der Brusthöhle ausüben, bald endlich in Folge von Schrumpfung der Lunge bei chronischer und interstitieller Entzündung, bei Xeubildungen der­selben. Die Diagnose dieses Leidens ist während des Lebens nur unter Ilücksichtnahme auf den zu Grunde liegenden oder begleitenden Krankheitsprocess festzustellen; das besonders hervortretende Symptom desselben ist eine mehr oder weniger bedeutende chronische Athmungs-beschwerde.
sect;. 76. Die Erweiterung der Bronchien (Bronchectasie) ist entweder eine gleichförmige, von welcher schon oben, als von einer Folge des chronischen Bronchialkatarrhes, die Bede war, oder eine sackige, wobei die ergriffenen Bronchien stellenweise in ihrem Verlaufe zu sack­artigen Ausbuchtungen von wechselndem Umfange (von Erbsen- bis
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Knveiterung der Bronchien.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Ö83
Wallnuss- und Hühnerei-, selbst Faustgrösse) ausgedehnt und ihre Wan­dungen dünn, einer serösen Haut ähnlich und nicht selten mit leisten-artigen Vorsprüngen besetzt sind. Die zwischen solchen Säcken gelegenen Uronchialabschnitte sind nicht selten gleichmässig erweitert und enthalten wie die ersteren einen zähen, glasigen oder schmutzigen, bisweilen höchst übelriechenden Schleim. Bei Bindern schliessen sich häufig solche Säcke von dem zuführenden Bronchus -vollständig ab, ihr Inhalt dickt sich ein und wird endlich zu einer bröcklichen oder mörtelähnlichen Con­cretion, ein Befund, der häufig mit Lungentuberculose verwechselt wird. Diese Form der Erweiterung entwickelt sieh entweder aus der erstge­dachten, indem die Anhäufung von Schleimmassen und der Druck der einströmenden Luft nach und nach eine erweiterte Stelle des Bronchus sackig ausdehnt, wodurch das anstossende Lungenparenchym zusammen-gepresst wird und verödet, oder u. z. am gewöhnlichsten dadurch, dass die in einem, durch Tuberculose, chronische Infiltration, Bindegewebs-neubildung oder Compression verödeten Lungenabschnitte verlaufenden Bronchialzweige, sobald der Brustkorb über der verödeten Lungenpartic nicht entsprechend einsinken kann, allmälig auseinander gezogen und erweitert werden, um den sonst durch die, von Luft ausgedehnten Lungenzellen eingenommenen Brustraum zu erfüllen. Dieser Zustand findet sich am häufigsten in den verödeten Lungenspitzen bei Pferden, woselbst die feineren Bronchien nicht selten die Weite eines Manns­fingers und darüber, mit stellenweise saekigen Ausbuchtungen zeigen, dann zunächst dem oberen Rande der Lungen längs des Verlaufes der grösseren Bronchien. Bei dem Vorkommen von Bronchectasie in der Nähe der Lungenoberiiäche ist das Brustfell an den betreffenden Stel­len entweder trübe oder mit einer mehr oder weniger dichten Schichte Bindegewebes überzogen und bisweilen durch fadige oder strangartige Fortsätze mit der Brustwandung verbunden.
Die Erscheinungen während des Lebens sind bald die eines chronischen Bronchialkatarrhes, bald jene einer chronischen Entzündung, Tuberculose oder Compression der Lunge. Die Percussion liefert dort, wo eine Veränderung des Lungengewebes noch nicht vorhanden ist, keine Schallabweichungen; dort wo diess der Fall ist, ergeben sich die bei der Lungenentzündung anzuführenden Merkmale, welche jedoch nur in jenen seltenen Fällen deutlich werden, wo die Bronchialerweiterung nicht allein auf die Spitzen beschränkt ist. Die Auscultation ergibt entweder die Zeichen eines Katarrhes, oder bei sackiger Erweiterung, namentlich dann, wenn dieselbe sehr bedeutend und der einmündende
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584nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Lungenwurmkrankheit.
Bronchus fein ist, ein starkes Zischen mit darauf folgendem Rasselge­räusche ; beim Ausathmen ist häufig Easseln oder Schnurren zugegen.
Auch die durch sie veranlasstc chronische Schwerathmigkoit wird heim Pferde mit dem allgemeinen Ausdrucke Dampf bezeichnet.
Eine directe Behandlung der Bronchialerweiterung gibt es nicht; höchstens kann den gefährlichen Erscheinungen des chronischen Bron-chialkatarrhes symptomatisch begegnet werden. Rinder, bei denen sich das Leiden entwickelt, werden am besten geschlachtet.
sect;. 77. Trennungen des Zusammenhanges der Bronchialwan­dungen werden am häufigsten durch brandigen Zerfall, durch Cavernen-bildung, Vereiterung und Brand der Lungen, durch Echinococcusblasen veranlasst. Die Folge hieven sind bald Eintritt fremdartiger Substanzen in die Bronchien, bisweilen mit Expectoration derselben, bald Austritt von Luft und iiüssigem Inhalte aus dem perforirten Bronchus in die Brusthöhle.
D. Parasiten.
sect;.78. Von Helminthen kommen am häufigsten mehrere Arten von Strongylus u. z. bei Schafen der St. filaria, bei Kälbern der St. micrurus und bei Schweinen der St. pavadoxus vor. In grösserer An­zahl kommt namentlich die erstere Species bei Schafen vor und veran­lasst die sogenannte
Lungenwui'iiikraiikMt, Liingeiiwuriiihiistrn, wurmige LiingKiisciicbr (Phthisis rcniiinalis).
sect;. 79. Diese Krankheit befällt gewöhnlich Jungvieh, das in nie­deren , feuchten oder sumpfigen Gegenden gehalten, oder mit saurem, nassem, verschlemmtcm Putter ernährt wird, oder tief gelegene, sum­pfige oder moorige quot;Weiden begeht, vorzugsweise bei anhaltend nasser und. regnerischer Witterung, also unter Umständen, welche der Ent­wicklung eines chronischen Katarrhes der Luftwege und eines cachecti-schen Zustandes günstig sind, und in Oertlichkeiten, wo die Wurmbrut (welche wohl als solche noch nicht bekannt ist) gewöhnlich vorzukom­men scheint. Wahrscheinlich ist es, dass ein Uebergang der Wurmbrut von einem derart kranken Schafe auf bisher gesunde stattfinden und hiedurch die Ausbreitung der Krankheit vermittelt werden könne.
Das Vorhandensein des chronischen Katarrhes dürfte wohl auch für die weitere Entwicklung und das Fortbestehen der eingewanderten Würmer unerlässlich sein oder sie wenigtens in hohem Grade begün­stigen; er wird jedoch durch die Gegenwart dieser letzteren zweifel­los gesteigert.
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Lmtgonwurmkrankheit.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;ööO
Bei der Section finden sich in den Bronchialästen die bekannten Erscheinungen des chronischen Katarrhes und der sackigon Bronchial-erweiterung, in deren Umgebung das Lungenparenchym comprimirt, luftleer und verödet, stellenweise auch mit der Brustwandung verwach­sen ist. In den Luftrührenästen sind ganze Nester und Klumpen in einander verschlungener und von zähem, schaumigem Schleime einge­hüllter Palissadenwürmer vorfindlich. Gewöhnlich ist auch der Befund der Fäule — seröse Ergüsse in die Körperhöhlen, Blutleere der Mus-culatur und der Parenchyme — zugegen, nicht selten finden sich auch in den Lebergängen und der Gallenblase die Leberegel in grösserer Menge.
Die Erscheinungen während des Lebens stellen eine Combina­tion der Symptome der Fäule mit denen eines chronischen Katarrhes der Luftwege dar. Auffallend wird namentlich eine mehr oder weniger bedeutende Athmungsbeschwerde und ein heiserer, keuchender Husten, durch welchen, nicht selten unter Würgen die erwähnten, in Sehleim gehüllten Klumpen von Würmern ausgestossen werden. Hat die Krank­heit eine bedeutendere Höhe erreicht, so erfolgt nach einer, Monate lan­gen Krankheitsdauer gewöhnlich der Tod in Folge von Abzehrung und Entkräftung. Die Prognose ist sehr ungünstig.
Eine Behandlung ist nur im Beginne des Leidens vortheilhaft und zu versuchen; sie ist vorzugsweise auf Bekämpfung des katarrha­lischen Zustandcs, um hiedurch den Würmern den für ihre Existenz günstigen Boden zu entziehen, und auf die Entfcmung der Helminthen selbst gerichtet, während gleichzeitig für einen besseren Ernährungs­zustand der Thiero Sorge zu tragen ist. Desshalb sind vor allem gute, kräftige Futterstoffe (Körner, Malz u. s. w.) zu verabreichen und die früher angeführten naohtheiligen Einwirkungen der Weiden, der Füt­terung hintanzuhalten. Aus den vielen Schwierigkeiten, welche sich einer solchen totalen Umänderung der ökonomischen Verhältnisse ent­gegenstellen, erklärt es sich, dass die Krankheit, sobald sie sich einmal über eine grössere Anzahl von Thieren verbreitet hat, so selten geheilt wird. Als Arzneimittel können bittere, aromatische, eisenhaltige in Verbindung mit empyreumatischen Stoffen, oder mit Terpentinöl, ge­brannten Knochen, am besten in Form einer Lecke (z. B. Wermuth-, Kalmuspulver von jedem 4 Pfund, glänzender Ofenruss, gebrannte Knochen von jedem 2 Pfund, Hirschhornöl, Terpentinöl von jedem Va Pfund, Eisenvitriol ^ Pfund gemengt und jedem Stücke täglich 1 '/2 bis 2 Loth, Lämmern die Hälfte als Lecke mit Haferschrott gemengt)
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Hyporämio des Brustfellea — Blutung.
gegeben werden. Aucli der länger fortgesetzte Gebrauch des Kalkwas­sers wird empfohlen. Um die Würmer zu tödten oder zu entfernen, können Iliiuüherungen mit den empyreumatischen Dämpfen verbrannten Leders, Homes oder des Theers angewendet werden, zu welchem Zwecke man mit diesen Substanzen einen gut verschlossenen Stall wohl aus­räuchert, die Kranken durch eine halbe Stunde und darüber in dem­selben lässt und dann in's Freie treibt, worauf sie die Würmer aus­husten sollen. Käucherungen mit Schwefel oder Zinnober sind absolut schädlich.
Ist die Krankheit über den grösseren Theil einer Heerde ver­breitet, oder lassen sich die ökonomischen Ucbelstände der Wartung und Fütterung nicht beseitigen, so ist es am gerathensten, die Thiere, ehe sich noch ein cachectischer Zustand höheren Grades entwickelt hat, zu schlachten.
Nach dem österreichischen Gesetze ist die Lungenwurmkrank-heit der Schafe ein Hauptfehler mit einer Gewährszeit von zwei Monaten.
Anmerkung. Hin ganz ähnliches, bisweilen in grösserer Verbreitung herr­schendes Leiden kommt bei Kälbern vor.
IV. Abschnitt.
Krankheiten des Brustfelles.
Anatomische Störungen.
A. Locale Störungen des Kreislaufes. I. llv|M'rämii' und Itliitung,
sect;. 80. Hyperämie des Brustfelles kommt neben dem gleichen Prooesse in der Lunge in der Umgebung von Neubildungen auf der Oberfläche der Lungen vor und führt zu Verdickungen der Membran und zu serösen Exsudationen in die Brusthöhle.
Blutung in das Gewebe des Brustfelles unter der Form kleiner, dunkelrothcr Flecke kommt im Gefolge von Lungencongestionen und Brustfellentzündung nicht selten vor. Hämorrhagie in die Brust­höhle stellt sich nach Erschütterung der Brusteingeweide, bei Rippen-
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Bnutwassersnchtnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; OoT
briichcu, bei gescliwüriger Zerstörung der Gefasse der Brust wand, bei manchen dyscrasischen Krankheitsprocesscn, wie Leim Anthrax, Scorbut ein. Beigemischt findet sich Blut den serösen Ergüssen bei chronischen Brustfellentzündungen, wo das ergossene Blut gewöhnlich aus üefassen neuer Bildung stammt. Das extravasirte Blut gerinnt entweder oder mischt sich bereits vorhandenen Ergüssen bei und veranlasst in dem ersteren Falle, gewöhnlich unter 'Mitwirkung der mechanischen Ver­letzung, den Eintritt von Brustfellentzündung. Bedeutendere Blutungen in die Brusthöhle können theils durch Anämie, theils durch namhafte Compression der Lunge lödtlich werden, geringere verlaufen unter den Erscheinungen einer Brustfellentzündung und verlangen auch eine ähn­liche Behandlung wie diese.
2. Die Brnstvassersnchi (Hjdrothorax).
sect;. 81. Eine Ansammlung von seröser Elüssigkeit in der Brusthöhle ist gewöhnlich ein Folgezustand anderer Leiden und eine Theilerscheinung allgemeiner quot;Wassersucht. Sie kommt am öftesten im Gefolge mangelhafter Blntbereitung, wie bei der Fäule der Schafe, ge­gen das Ende chronischer Krankheitsproccsse, wie beim Krebse der Hunde, und behindertem Abflüsse des Hohlvenenblutes in das rechte Herz (besonders bei Hunden) vor. Das, meistens in beide Brusthälften ergos­sene Serum ist wasserhell oder grünlichgelb gefärbt, klar und nur sel­ten Faserstofftlocken enthaltend. Das subseröse Bindegewebe ist biswei­len massig infiltrirt, die Düngen sind, der Exsudatmenge und der Dauer des Bestandes der Krankheit entsprechend comprimirt, in den, dem Drucke ausgesetzten Partien bisweilen luftleer, oder verödet und ge­schrumpft.
Die Athmungsbeschwerden sind oft sehr bedeutend; die Resorption erfolgt nur sehr selten vollständig, meistens endet die Krankheit wegen der sehr behinderten Respiration und Circulation tödtlich.
Die Ausmittelung eines serösen Ergusses in die Brusthöhle auf physikalischem Wege geschieht auf die, bei der Brustfellentzündung (s. diese) anzugebende Weise.
Die Behandlung beruht zunächst auf der Entfernung der zu Grunde liegenden Ursache. Die Einleitung der Resorption der ergosse­nen Serosität kann durch Bethätigung der Harnsecrction mittelst der Yerabreichung A-on quot;Wachholderbeeren, Terpentinöl, Meerzwiebel, Fin­gerhutkraut, Weinstein, spanischen Fliegen, oder durch Steigerung der
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ööönbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Franzoaenkrankhelt.
Darmsecretion durch die Mittelsalze, das Calomel oder drastische Pur-ganzen, wie Aloü, Croton, versucht werden. Beiquot; höheren Graden der Athcmnoth kann die Function der Brusthöhle vorgenommen werden.
Ausscrdem muss auf die Erhaltung eines entsprechenden Kräftc-zustandes durch eine gute, leicht verdauliche Nahrung Bedacht genom­men werden.
Aus den eben erwähnten Gründen führt jedoch die Behandlung in der Eegel nur selten zu dem erwünschten Ziele.
B. Störungen der Ernährung,
1. Brand.
sect;. 82. Brandige Yerschorfung des Lungenfelles tritt nach Zerstörung des subserösen Bindegewebes und der, in ihm laufenden Ge-fässe durch Verjauchung oder Brand der oberflächlichen Lungenpartien ein; sie ist eine der häutigsten Ursachen des Austrittes der Luft aus den Bronchien in die Brusthöhle.
3. Neubildungen, Neubildung von Bindegewebe. sect;. 83. Sie kommt sehr häutig im Gefolge acuter und chronischer Brustfellentzündung in Form fadiger, sträng- oder netzförmiger, die gegenüberstehenden Brustfellflächen verbindender Massen, fibröser Yerdickungen der Membran, als sogenannte Sehnen- und Milchflecke, sclnvartenartiger, knorpelartig dichter Kapseln, welche einzelne Lun-genabschnitte umschliessen und an die Brustwandung anheften, oder in Form zottiger, dendritischer Wucherungen vor. Zu den letzte­ren sind auch jene Neubildungen zu rechneu, welche man bei Bin­dern nicht nur auf dem Brustfelle, sondern auch auf dem Bauchfelle und seinen verschiedenen Fortsetzungen antrifft, und welche wahre Sarcome mit ihren weiteren Metamorphosen darstellen. Man nennt die, durch die Gegenwart dieser Neubildungen veranlasste Krankheit
Franzosenkraiikheit, Perlsucht, Zäpflgkeil, IHeerliiisIgkeit, IHonatreiterei, Drüsenkrankheit (Cachexla boiini sarcnniatosa).
sect;. 84. Dieses Leiden kommt sowohl bei männlichen als bei weiblichen Bindern in jedem Alter vor, es ist aber ohne Vergleich häufiger bei Kühen in mittlerem Alter und dann nicht selten mit der
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FranzosuDkraukheit.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Do J
Stiersucht verbunden. Die Anlage zu demselben ist vererblich, ja bis­weilen kommen sogar schon Kälber mit demselben behaftet zur Welt. Die veranlassenden Schädliclikciteu sind mit Sicherheit nicht bekannt; man beschuldiget zu reichliche Fütterung mit erschlaffenden, faden, reizlosen Nahrungsmitteln, mit Brüh- und Siedefutter von Kar­toffeln, Hüben, Trübem, Oclkuchen, Spülicht, den Besuch nasser, überschwemmter Weirlen und den Genuss des dort wachsenden Futters, Mangel an Bewegung bei der Sfallfütterung, Aufenthalt in engen oder überfüllten, feuchten, dunstigen Stallungen, Mangel an frischer Luft u. dgl. Ueberdiess wird die Nichtbefriedigung des Geschlechtstriebes und bei Thieren, welche an der Stiersucht leiden, auch die fruchtlose Begattung und der Nichteintritt der Trächtigkeit beschuldiget.
Als anatomischer Befund ergeben sich nachstehende Verän­derungen : Auf dem verdickten und trüben Lungen- und Brustfelle, jedoch auch auf dem Herzbeutel so wie auf dem Bauchfelle und seinen Ver­dopplungen (Netz und Gekröse) sitzen , entweder umstrickt von zahl­reichen, buumzweigähnlich oder netzförmig verästelten und verschlun­genen, zottigen Bindegewebsneubildungen, oder platt und unmittelbar erbsen- bis wallnussgrosse Geschwülste oder flächenartig ausgebreitete ,/4quot;—1quot; dicke Platten von gelbrötlilicher oder weissgrauer Farbe, welche auf dem Durchschnitte im Anfange ein weiches, schwammiges, drüsen­ähnliches Gefüge zeigen, aus welchem sich schon bei einem geringen Drucke eine trübe graue, stark eiweisshältige Flüssigkeit auspressen lässt, und die in diesem Zustande aus Zellen, embiyonalem und ent­wickeltem Bindegewebe bestehen. A eitere Gesch willst ehe n zei­gen auf dem Durchschnitte ein käseähnliches , durch Verfettung oder Tuberculisirung verursachtes Ansehen, andere endlich sind knochenhart, nur schwer oder gar nicht zu durchschneiden und stellen eine Verkreidung der fettig entarteten Elemente, oder eine wahre Verknöcherung der bindegewebigen Grundlage dar. Bisweilen gehen solche Neubildungen auch von dem, die Lungenläppchen verbindenden Bindegewebe und gewöhnlich auch von den Blättern des Mittelfelles aus, Erreichen dieselben, wie diess oft geschieht, eine bedeutende Dicke und Ausbreitung, so wird die Lunge comprimirt und es müssen nun alle jene Nachtheile hervortreten, welche diesen Zustand begleiten, und als deren endliches Ergebuiss die Entwicklung einer Caehexie zu betrachten ist. Aus diesem Grunde werden auch in den C'adaveru all­gemeine Anämie, Abmagerung, seröse Ergüsse in die Brust- und in die Bauchhöhle angetroffen. Nebenbei ßnden sich nicht selten Blasenwürmer
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590nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Frauzosenkiaukhuit.
in den Lungen, Inültrationen der IJrouclnaldi-üseu, und (nach Gurlt) Incrustationen der Brustaorta und anderer grossen Arterien.
Die Kranklieitserscheinungcn haben durchaus nichts Unter­scheidendes von denen anderer chronischer Lungenkrankheiten und stellen sich überhaupt erst dann ein, wenn die Xcubildungen in bedeu­tender Anzahl und grösserer Ausbreitung vorhanden sind. Die ersten Anzeichen sind ein trockener, abgebrochener, schwacher, zuerst nur selten, später aber häufig eintretender und dann sehr belästigender Husten, eine Beschleunigung des Athmens, das allmälig auffallend und beschwerlich wird.
Wir zweifeln nicht, class, sobald die lirustfelliliiclien dureli diese Neubildungen rauh geworden sind, sich Eeibungsgeriiusche, und sobald sie eine bedeutendere Dicke erlangt und eine Compression der Lunge hervorgebracht haben, eine Dämpfung des Pereussionsschalles und unbestinnntes oder bronchiales Atlnuen einstellen werden, und würden diese Erscheinungen im Zusammenhalten mit dem langsamen Verlaufe und dem Mangel von Fieber als diagnostisch wichtig für die Erkenntniss dieses Leidens halten.
Im Anlange leidet der Ernährungszustand der Thicre noch nicht (die Krankheit heisst dann fette Franzosen), später vermindert sich die Fresslust unter zunehmender Abmagerung und Entkräftung (magere Franzoseu), es stellt sich Zehrfieber und endlich der Tod ein. Ist die Krankheit, wie diess oft der Fall ist, mit Stiersucht verbunden, so stellt sich häufig Aufregung des Geschlechtstriebes, ohne dass die Kühe nach geschehenem Sprunge aufnehmen, oder falls diess dennoch geschieht. Verwerfen des Jungen ein, worauf die Brunst wiederkehrt.
Der Yerlauf ist ein chronischer, über Monate und Jahre hinaus sich erstreckend und stets mit dem Tode endend.
Die Yorbauung besteht in der Yermeidung der oben angeführten Schädlichkeiten, insbesondere aber in der sorgfältigen Ausschliessung aller mit der Krankheit behafteten Stücke von der Zucht. Jede medi-cinische Behandlung ist fruchtlos, wenn gleich eine Menge von Arzneistoft'en, namentlich Schwefel- und Spiessglanzpräparate, das Calo­mel, das Kalkwasser, bittere und gorbstolfhältige Substanzen, als wirksam anempfohlen werden. Ist daher das Leiden als solches erkannt, so wäre die baldige Schlachtung der Kranken, ehevor noch ein caehecti-scher Zustand eingetreten ist, vorzunehmen; das Fleisch ist unter dieser Yoraussetzung zum Genüsse geeignet, jedoch müssen alle erkrank­ten Organe vertilgt werden. Vielleicht Hesse sich von der Castration der Kühe zur Herbeiführung eines Stillstandes der Krankheit etwas erwarten.
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Xeubilduii^oii am Brnstfolle.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;59 1
Das österreichische Gesetz zählt das Leiden zu den Haupt­fehlern (unter dem Namen Drüsenkrankheit, Stiersucht) und bestimmt für dasselbe eine Gewährszeit von 30 Tagen.
Neubildung von Fett.
sect;. 85. Neubildung von Fettbindegewebe findet sich bei Hunden häufig in der Umgebung des Herzens; gestielte Fettgeschwiilste kom­men bisweilen, aber sehr selten bei Pferden und zwar häufiger am Rippen- als am Lungenfelle vor.
Concremente und Knochenneubildungen. sect;. 86. 8ie kommen auf dem Rippenfelle, in Bindegewebsnoubil-dungen auf dem Brustfelle, in schwartigen Kapseln der Lungen, in Adhäsionen nicht selten vor.
Tuberculose des Brustfelles. sect;. 87. Tuberkel finden sich als gelbe, trockene oder schmierige Granulationen in den unteren Lagen älterer, das Brustfell überziehender Bindegewebsschichten, bisweilen auch in dem subserösen Bindegewebe desselben, dann als Miliargranulationen in dem Bindegewebe unterhalb des Lungenfelles oder in diesem selbst, wo sie bisweilen zu platten­artigen Schichten verschmelzen. Sie sind gewöhnlich mit Lungen- oder allgemeiner Tuberculose verbunden und erst am Cadaver zu diagnosticiren.
Krebs des Brustfelles. sect;. 88. Wir haben ihn, und zwar unter der Form des Mark-schwammes bisher nur bei Hunden, bei denen Krebsmassen in ver-
schiedenen Organen zu
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n waren, angetroffen.
3. Eiitzündiiiig.
Die Brustfellentzündung (Pleuritis).
sect;. 89. Die Brustfellentzündung ist eine bei allen Hausthiergattun-gen vorkommende und, wenigstens bei Pferden, häufige Krankheit, wie sich auch aus den, bei den Sectionen von Thieren, die an anderen Leiden gefallen sind, vorgefundenen Veränderungen des Brustfelles entnehmen lässt. Sie tritt entweder primär, in Folge mechanischer Einwirkungen auf den Brustkorb, vorangegangener Erkältungen (rheumatische Pleuritis), nicht selten jedoch auch ohne alle nachweisbare Ursache und bisweilen
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592nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Brustfellentzündung.
selbst seucheuartig auf, und wird in diesem Falle hie und da als eine Form der Pferde-lnflucnza beschrieben; secundär stellt sie sich bei den verschiedensten Affectiouen der Lungen ein, sobald diese bis an die Oberfläche derselben übergreifen; so sind Lungenentzündungen und Hyperämien, Tuberculosc, Krebs (bei Hunden), Cavernen der Lungen unter der angegebenen Bedingung beinahe immer von Brustfellent­zündung begleitet, welche sich ausserdem zu einem sehr hohen Grade entwickelt, wenn eine Lungoncavernc das Brustfell durchbohrt und ihren Inhalt in die Brusthöhle ergiesst. Auch Entzündung des Herz­beutels, Leiden der Brustwandungen, insbesondere Abscesse derselben, cariöse Zerstörung der Brustwirbel und Rippen, Krebs am Mittelfelle (bei Hunden) u. s. w. veranlassen dieselbe auf seeundäre Weise. Die einmal überstandene Brustfellentzündung hinterlässt die Geneigtheit zu Recidiven.
sect;. 90. Pathologische Anatomie. Die Brustfellentzündung ist entweder eine umschriebene oder eine ausgebreitete und in dem letzte­ren Falle entweder u. z. häufiger auf das Brustfell einer Brusthälfte beschränkt, oder über beide verbreitet.
Das Vorkommen einer einseitigen Brustfellentzündung, welches beim Pferde aus anatomischen Gründen nahezu in Abrede und nach dem Ergebnisse pathologischer Settionen als sehr selten hingestellt wird, ist deu klinischen Erfahrungen zu Eolge häufiger, als das der beiderseitigen, was Niemand, dem ein hinreichendes klinisches Materiale zu Gebote steht, zu bestätigen anstehen wird, um so mehr, da die Diagnostik dieser Krankheit nicht zu den Kunststücken gehört.
Dass im Cadaver beiderseitige Brustfellentzündungen häufiger angetroffen wer­den, beweiset nur, dass diese öfter zum Tode führen, als einseitige.
Der Beginn jeder Brustfellentzündung wird durch eine Hyperämie des Brustfelles eingeleitet, welche bei der primären gewöhnlich an dem Ueberzuge der Brustwandung und des Zwerchfelles stärker ist, als an dem der Lunge; dasselbe erscheint von zahlreichen blutgefüllten Gefässen und braun- oder bläulichrothen Flecken extravasirten Blutes durchzogen. Im Cadaver findet sich dieser Zustand gewöhnlich nur noch in der Umgebung der entzündeten Partien. Das Brustfell^ wird trübe, glanzlos, zerreisslicher, von den unterliegenden Theilen leichter abziehbar, und bedeckt sich mit Zellenbildungen und Fibringerinnseln. Schreitet die Exsudation vor, so sammelt sich eine allmälig zunehmende Menge serösen, gelblich-grünlichen Exsudates auf dem Boden der Brust­höhle an, während sich die Oberfiächen der serösen Haut gewöhnlich mit einer Schichte faserstoffiger Gerinnungen in Form eines Netzwerkes oder warziger Hervorragungen beschlagen, welche auch in Gestalt von
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BruslfellenteUndung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; öD3
weichen, eine grössere Menge Serums einschliessenden Klumpen oder zarten Flocken dem flüssigen Ergüsse beigemengt sind. Bisweilen hat das Exsudat vorwaltend die Beschaffenheit des serösen und die faser-stoffigen Gerinnungen sind in ihm nur sparsam, in anderen Fällen ist die Menge der Fibriumassen bedeutend, ein anderes Mal gerinnt das flüssige Exsudat erst unter Luftzutritt nach der Eröffnung der Brusthöhle rasch zu einem mürben Klumpen (Fibrinogen), bisweilen endlich schliessen die Fi­bringerinnungen Eiterzellen ein oder die ganzen geronnenen Massen beste­hen aus aneinander gepressten Eiterzellen. In der entzündeten serösen Haut beginnt gewöhnlich rasch die Bildung von Zellen und Bindcgewebsfascrn, in welchen bald neue Gefässe sich verzweigen, in denen der Ent-zündungsproecss sich wiederholen kann.
Das auf dem Boden der Brusthöhle sich sammelnde Exsudat steigt bei zunehmender Ausschwitzung allmälig, bisweilen aber rasch, drängt die Lunge von der Brustwandung weg und schiebt sie nach ein- und aufwärts; die Zwischenrippenräume gleichen sich aus oder werden bei mageren Thioren selbst hervorgewölbt, das Zwerch­fell und hiedurch Leber, Milz und Därme werden nach rückwärts gedrängt, und das erstere wegen der, gewöhnlich auch an seinem Brustfellübcrzuge stattfindenden Entzündung gelähmt, der Bauchraum verkleinert. Die dem Drucke ausgesetzte Lunge wird auf ein kleines Yolum zusammengepresst und schwimmt, so lange der comprimirte Lungenfheil noch Luft enthält, auf der Flüssigkeit; ist die Luft jedoch durch fortdauernde Exsudation grösstentheils ausgepresst, so taucht die Lunge in die Flüssigkeit ein und wird bald gänzlich luftleer, ein Zustand, der oft die Hälfte oder zwei Dritttheile einer Lunge, seltener eine ganze Lunge betrifft. Eine derart comprimirte Lunge oder Lungenpartie ist unelastisch, zähe, auf dem Durchschnitte matt oder gar nicht knisternd, dunkelbraunroth, gewöhnlich trocken und blutarm. Sind die Lungen von früher her an die Rippenwandungen angewachsen oder angelöthet, so kann die ergossene Flüssigkeit nicht immer die tiefste Stelle in der Brusthöhle einnehmen; solche abgesackte Exsudate finden sich dann an den verschiedensten Stellen der Brusthöhle.
Der weitere Verlauf einer primären Brustfellentzündung ist ein verschiedener. Hört die Aussehwitzung bald auf und erfolgt die Resorp­tion des Exsudates schnell, was insbesondere bei vorwaltend serösen Ergüssen der Fall ist, so dringt wieder Luft in die comprimirten Lungen-theile ein, diese dehnen sich aus, der Brustkorb erhält seinen früheren Umfang und das Athmen kann in der Folge wieder auf normale Weise
RSU, I'alliul. und Tbcraiiic. II. Aufl.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;38
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Brustfellentzündung.
vor sich gehen. Als Zeichen der abgelaufenen Entzündung bleiben jedoch gewöhnlich Trübungen oder sehnige Verdiekungen umschriebener Stellen des Brustfelles (Milch- und Sehnenflecke) oder fadige, strang-und schwartenartige Verwachsungen zwischen Lunge und Brustwandung, Bunzlungen des Brustfelles und Verdünnung der unteren Bänder der Lunge zurück. Derartige Neubildungen auf der Pleura, durch welche eine gegenseitige Verwachsung nicht stattfindet, scheinen nur an solchen Stellen zu entstehen, an denen die beiden Pleurablätter zur Zeit der Neubildung durch Exsudatschichten von einander getrennt waren. Seh­nen- und Milchflecke bilden sich aus einer Bindegewebswucherung der Pleura hervor. Geht die Rücksaugung nicht so rasch vor sich, dauert mithin der Druck auf die Lunge länger, so bleibt selbst nach endlich erfolgter Bücksaugung die Lunge wegen Verödung mehr oder weniger zahlreicher Lungenzellen dichter, weniger lufthältig und kleiner, die Verwachsungen zwischen Lunge und Brustwand sind ausgebreiteter, dichter, und zwar derart, dass die gegenüberliegenden Brustfellblätter entweder durch das aus ihnen neu hervorsprossende Bindegewebe unmittelbar oder mittelst langer, schlaffer oder kurzer, straffer, band­artiger Fortsätze mit einander verwachsen. Solche Adhäsionen entstehen auf die Weise, dass zwei gegenüberstehende Stellen der Pleura ihr Epithel verlieren, ihre weiter werdenden Capillaren Sprossen treiben und sich so wie das beiderseits hervorwuchernde Bindegewebe mit einander verbinden. In Folge dessen entwickelt sich bei kleineren Thieren auf­fällig, bei grösseren weniger in die Augen springend, ein Einsinken der betreffenden Brustwand (die einmal bei einem hier beobachteten Pferde bis zur vollkommenen Abplattung des unteren Dritttheiles der rechten Brusthälfte führte). War die Menge des Exsudates eine sehr bedeutende und erfolgte die Besorption nur sehr allmälig, so bleibt die Lunge comprimirt und ist gewöhnlich von einer '/„quot; bis 1quot; dicken, an der, dem Brustfelle zugekehrten Fläche aus dichtem, sehnenähn­lichem Bindegewebe, an der freien Oberfläche aus derben, faserstofflgen Gerinnungen bestehenden Schwarte eingekapselt, oder an die gegenüber­liegende Brustwand in grösserem Umfange angewachsen.
Nehmen, nachdem die ursprüngliche Entzündung stille gestanden, die neugebildeten Gefässe an dem Entzündungsprocesse Antheil, so wird die Entzündung chronisch, indem dieselbe sich in allen nach und nach neugebildeten Bindegewebsschichten wiederholt. In solchen Fällen finden sich dann mehrere verschieden alte, in ihren obersten Lagen in der Entwicklung am Avenigsten weit vorgeschrittene, von zahlreichen
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BrustfelleiiUUndnn?.
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Gefassen und Extravasaten durchzogene Schichten von fertigem und in der Entwicklung begriffenem Bindegewebe auf dem Brustfelle, wäh­rend die Menge des in den Thoraxraum ergossenen flüssigen Exsuda­tes, das dann nicht selten die Charaktere eines hämorrhagischen zeigt, sehr bedeutend ist. Eine eiterige Beschaffenheit des Exsudates (Empyem) bei primärer Brustfellentzündung kommt bei Pferden selten, öfter bei Hunden vor; bei traumatischer Brustfellentzündung, veranlasst durch Eippenbrüche, Stösse auf den Thorax u. dgl., ist sie gewöhnlicher; das Exsudat kann nach Luftzutritt von aussen auch der Jauche sich nähern. Der Eiter unterliegt entweder der Eesorption, oder er nimmt an Menge zu und kann zum Eintritte von Pyämie Anlass geben, oder er perforirt nach aussen die Thoraxwand oder nach einwärts die Pleura und einen Bronchus, wornaeh Luft in den Brustraum dringt (Pneu­mothorax), oder endlich er wird von derben Pseudomembranen eingekap­selt, abgesackt und schliesslich eingedickt.
Einfache Stichwunden (z. B. bei Paracenthesc der Brust) veranlassen eine umschriebene Entzündung mit Verklebung und Verwachsung der ge­genüberstehenden Brustfellblätter. iNahe an der Lungenoberfläche gelegene Tuberkel- oder Krebsheerde bedingen bald eine umschriebene, bald eine verbreitete Brustfellentzündung, häufig mit hämorrhagischem Exsudate.
Die im Gefolge einer, bis an die Oberfläche greifenden Lungen­entzündung sich entwickelnde secundäre Brustfellentzündung ist gewöhnlich auf den, die kranken Lungenpartien überziehenden Ab­schnitt beschränkt; sie stellt sich demnach bei Pferden vorzugsweise an dem vorderen unteren Dritttheile ein, und setzt entweder ein sparsames, grösstentheils faserstoffiges, das Brustfell beschlagendes oder bei heftigen Lungenentzündungen ein reichliches Exsudat. Der Ausgang ist hier durch die Combination zweier an und für sich gefahrvoller Krankheitsprocesse gewöhnlich ein ungünstiger. Dringt eine eiterige, tuberculöse oder mit Brandjauche erfüllte Lungencaverne bis zu dem subserösen Bindegewebe der Pleura vor, so tritt entweder umschriebene Entzündung, Anlöthung und Verwachsung der gegen­überliegenden Brustfellblätter oder das Absterben eines umschriebenen Pleurastückes, das als Brandschorf herausfällt, ein; der Inhalt der Caveme, und wenn diese mit einem Bronchus communicirt, auch Luft dringt in die Brusthöhle und es erfolgt eine tödtliche, ausgebreitete Brustfellent­zündung oft mit jauchigem Exsudate. Aehnliches geschieht, sobald Eiter- oder Jaucheheerde von den Brustwandungen oder den quot;Wirbeln her an das Brustfell dringen.
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Bnistt'cllonUüiidunff.
Den Grund, dass trotz der von der Anatomie nachgewiesenen Conununication der beiden Brustliälften beim Pferde doch einseitige Ergüsse während des Lebens nachgewiesen werden können, suchen wir darin, dass entweder die Oeil'uungen in den Mittelfellblättern in einem gegebenen Falle fehlen, oder dass das Exsudat nicht bis zur Höhe derselben heraufreicht, oder dass sie durch plastische Exsudate verlegt sind. Steigt das Exsudat jedoch aus einer Brusthälfte in die andere über, so veranlasst es in letzterer gleichfalls den Eintritt der Hrustfellentzündung.
Der Einfluss solcher plcuritischer Exsudate auf die angrenzen­den Thcilc und auf den Gesaramtorganismus ist nach der Menge des Exsudates und der Dauer seiner Anwesenheit verschieden. Die Ein-wirkung auf die Lunge gibt sich durch die verschiedenen Grade ihrer Compression zu erkennen, wodurch ihre Function beeinträchtiget und mehr oder weniger bedeutende Athmungsbeschwerden hervorgerufen werden. Diese bestehen häufig auch nacli der Ecsorption des Exsuda­tes fort, in so ferne sicli einigermassen bedeutendere Anheftungen zwi­schen Lunge und Erustwaudung gebildet haben, oder grössere Lungen­abschnitte von einer derben, unnachgiebigen Sehwarte eingekapselt wurden, oder die Lunge in Eolge der lange dauernden Compression obsolescirt ist.
Bei längerer Andauer bedeutender pleuritischci Exsudate wird die nicht comprimirte Lunge hyperämisch; die Behinderung der Lun-gencirculation bedingt Anstauung des Blutes im Herzen, Erweiterung seiner rechten Kammer, Stauung des Blutes im Systeme der Hohlvenen und ihrer Verzweigungen, desshalb auch cyanotische Erscheinungen und ödematöse Anschwellungen verschiedener Theile, deren Eintritt durch das allmälig sich entwickelnde, schliesslich zum Tode fuhrende Siech-thuni begünstiget wird. Bei jauchiger Beschaffenheit des Exsudates kann auch Jaucheinfection des Blutes sammt ihren Folgen eintreten.
sect;.91. Erscheinungen während des Lebens. Leichte und umschriebene Entzündungen des Brustfelles scheinen ohne bemerk­bare Krankhcitscrscheinungen vorübergehen zu können, wenigstens wei­set hierauf der häufige Befund von Milch- und Sehnenflecken, so wie fadiger Adhäsionen bei Thieren hin, welche an anderen Krankheiten gefallen sind. Bedeutendere Brustfellentzündungen beginnen ge­wöhnlich mit einem Fieberschauer (vorausgesetzt, dass die Thiere nicht bereits an einer fieberhaften Krankheit, z. B. Lungenentzündung, leiden), worauf die übrigen Erscheinungen des Fiebers, Abgeschlagenheit, Ab­stumpfung, Verringerung der Fresslust, Steigerung des Athmens, des Pulses xl. s. w. sich einstellen. Die Athembewegungen sind im Be-
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Briiritfollratzllndune.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;597
ginne, wegen des Schmerzes, welchen das hyperämische Brustfell bei der Erweiterung und dem Zusammensinken des Brustkorbes und der Lungen verursacht, kurz, obortlächlich und häufig; sie werden um so beschleunigter und auffallender, eine je grössere Menge von Exsudat in verhältnissmässig kurzer Zeit ausgeschieden wird. Diese Athmungs-beschwerden sind abhängig von der rasch eintretenden Compression der Lunge und der in Folge der serösen Durchfeuchtung sich einstellenden Lähmung der Zwischenrippcnmuskeln und des Zwerchfelles, thoihveise auch von dem noch vorhandenen Schmerze. Bei einseitigem Ergüsse wird gewöhnlich die kranke Brusthälftc weniger bewegt als die gesunde. Die Kranken stehen mit weit auseinander gesetzten Vordcrfusson, gesenktem oder aufgestütztem Kopfe, sperren in den höheren Graden der Athemnoth die Nasenflügel weit auf und zeigen ein heftiges Spiel der Bauchmuskeln, welche hier wegen Paralyse des Zwerchfelles und der Intercostalmuskcln einen grossen Theil der Function der übrigen Athem-muskeln übernehmen müssen; längs der Knorpel der falschen Hippen bildet sich gewöhnlich eine Rinne. Grössere Hausthierc legen sich in der Regel gar nicht; kleinere gewöhnlich auf die kranke Seite; häufig sind die Zwischenrippenräume hervorgewölbt oder wenigstens ausge­glichen.
Die sichersten diagnostischen Merkmale eines plouritischen Exsu­dates ergibt die physikalische Untersuchung der Brust. Geringere Mengen flüssigen Exsudates oder ein, selbst '/,,#9632;quot; bis 1quot; dicker Beschlag des Brustfelles mit geronnenem Exsudate lässt sich, falls die Limge noch nicht bedeutend comprimirt ist, durch die Percussion nicht nachweisen; ist sie jedoch bereits etwas zusammengedrückt, aber noch lufthältig, so erhält man einen tympanitischen Schall. Da das flüssige Exsudat, falls keine Anheftungen von früher aus bestehen, sich an dem Boden der Brusthöhle ansammelt, so wird daselbst, sobald seine Menge eine einigermassen bedeutendere ist, der Percussionsschall gedämpft und leer; er verbreitet sich, sobald das Exsudat in die Höhe steigt, weiter nach aufwärts, nimmt eine horizontale Begrenzung an und fällt mit der Abnahme der Exsudatmenge. In dem oberen Theile der Brust erhält man bei grösseren Hausthieren, bei denen wir noch nie die ganze Brusthöhle mit Exsudat angefüllt gesehen haben, entweder einen nur wenig veränderten oder einen tympanitischen Percussionsschall, wenn der be­treffende Lungenabschnitt etwas comprimirt ist. Der Widerstand, welchen man bei der Percussion der kranken Brusthälfte erfährt, ist ein sehr bedeutender und viel grösserer, als bei einer Infiltration der
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RniBtfellentzUndunt?.
Lunge. Ist die Brustfellentzündung eine secundäre, z. B. nach Lungen­entzündung, so werden sich im Beginne und in so lange die kranke Lunge nicht von der Brustwandung völlig weggedrängt ist, die physi­kalischen Erscheinungen beider Krankheitsformen zeigen. Die Aus­cultation liefert nachstehende Zeichen: Im Beginne der Krankheit stellt sich, sobald die einander zugekehrten Brustfelliiächen sich mit Gerinnungen beschlagen haben und mithin rauh geworden sind, ein Reibungsgeräusch ein, das bald nur beim Ein-, bald nur beim Aus-athmen, bisweilen jedoch bei beiden Bewegungen hörbar wird und in so lange andauert, bis die Lunge durch das in grösserer Menge sich ansammelnde flüssige Exsudat von der Brustwandung entfernt ist; es stellt sicli erst wieder ein, wenn nach Resorption des letzteren die Lunge sich wieder so weit ausdehnt, dass sie mit der Rippenwandung in Berührung kommen kann. Ist durch das Exsudat ein Lungenstück völlig luftleer geworden, so hört man an dieser Stelle, falls die zwischenliegende Exsudatschichte nicht dick oder die Lunge nicht schon nach aufwärts gedrängt ist, bronchiales Athmen; bei den grosscn Haus-thieren jedoch, falls die Lunge nicht durch geronnenes Exsudat nach abwärts angelöthet ist, gewöhnlich gar kein Athmungsgcräusch. Bron-chial-Athmen ist auch zugegen, wenn die Lunge nach Resorption des Exsudates comprimirt bleibt. Ober den Partien, in welchen ein Athmen gar nicht hörbar ist u. z. gewöhnlich längs des oberen Dritttheiles des Brustkorbes, wohin die comprimirte Lunge gedrängt wird, ist gewöhn­lich bronchiales Athmen oder consonirendes Rasseln vernehmlich, wäh­rend in der gesunden Lunge gewöhnlich verschärftes Bläschenathmen zugegen ist.
Durch das Auflegen der Hand an die kranke Thoraxhälfte kann das Reibungsgeräusch beim Beginne und am Ende der Krankheit biswei­len deutlich gefühlt werden. Von Wichtigkeit ist auch die, durch grössere Ergüsse bedingte Lageveränderung der angrenzenden Or­gane. Durch Exsudate auf der linken Seite wird bei kleinen Hausthie-ren das Herz stets nach der rechten Seite gedrängt, bei grösseren nur dann, wenn sie sehr massenhaft sind. Wir haben Fälle bei Pferden beobachtet, wo der Herzstoss nur an der rechten Brustwandung fühl­bar wurde, während er an der linken vollkommen verschwunden war. Bei Pferden, wo die Lage des Zwerchfelles eine sehr schiefe ist, wird die Verdrängung der Baucheingeweide nur schwer durch die Percussion ausgemittelt, und wir können nicht umhin, die Vermuthung zu hegen, dass diess auch jenen Schriftstellern nicht so leicht geworden sein
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BrustfelleatzUndung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 599
mag, #9632;welche die Lageveränderung der Bauchorgane als eine beim pleu­ritischen Exsudate stets nachweisbare Erscheinung hinstollen.
Der Verlauf der Brustfellentzündung ist ein sehr verschiedener. Leichtere Fälle verlaufen gewöhnlich rasch und günstig; jene, bei denen bedeutendere Exsudationen erfolgt sind, haben einen schleppenden Ver­lauf und nehmen verschiedene Ausgänge. Erfolgt die Resorption des Exsudates bald, ist dasselbe vorwaltend ein seröses, kann sich die com-primirte Lunge vor der eindringenden Luft noch ausdehnen, was we­nigstens beim Pferde selbst nach einer mehrwöchentlichen Dauer mög­lich ist, so kann vollständige Genesung erfolgen oder höchstens eine, durch kurze Zeit noch andauernde Erschwerung des Athmens bei an­gestrengterer Bewegung zurückbleiben. Als günstige Zeichen sind, selbst wenn noch keine Abnahme des Ergusses nachzuweisen ist, der Kach-lass der Fiebererscheinungen, das Sinken des Pulses, die quot;Wiederkehr der Fresslust, reichliche Entleerungen eines stark sedimentirenden Har­nes zu betrachten. Geht die Resorption des Ergusses nur sehr langsam vor sich, oder finden erneuerte Nachschübe desselben statt, bleibt die Lunge im comprimirten Zustande, haben sich zahlreiche Adhäsionen oder schwartige Einkapsclungen derselben gebildet, so bleibt unter Ver­kleinerung der betroffenen Brusthälfte, welche durch Messungen genau nachzuweisen ist, eine andauernde Athmungsbeschwerde (Dampf) mit Entwicklung eines schlechten Ernährungszustandes zurück, welche Pferde zu schweren Dienstesverrichtungen, Rinder zur Milchproduction oder Mästung ungeeignet macht und bei den letzteren die Schlachtung öko­nomisch vortheilhafter erscheinen lässt. Der Tod erfolgt auf der Höhe der Krankheit durch Erstickung oder später durch die sich entwickelnden Folge-, insbesondere cachectischen Leider , unter welchen bei Pferden der Rotz nicht selten ist. Nach diesen Momenten muss sich auch die Vorhersage richten.
sect;. 92. Die diätetische Behandlung stimmt mit jener der bereits angeführten acuten Krankheiten der Athmungsorgane überein. Die eigentliche medicinische Behandlung hat im Beginne einer Brust­fellentzündung von einer energischen Antiphlogose mittelst Aderlässen, #9632; kühlender Salze, Brechweinstein, Leder- oder Gillwurzelstecken, schar­fer Einreibungen in die Brustwandungen, bei Rindern auch Annähern einer glühenden Schaufel an den Thorax, Gebrauch zu machen. Sind die Exsudate reichlich ausgeschieden und erfolgt die Rücksaugung langsam, so sind Wachholderbeeren, Fingerhutkraut, roher quot;Weinstein, das Terpentinöl, bei Verfall der Kräfte nebst diesem letzteren der
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600nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; BrnstfellentzUndung.
Kampher und ätherisch-ölige Mittel überhaupt angezeigt. Dort, wo die Menge des Exsudates eine sehr bedeutende ist, die Resorption nur sehr zögernd oder gar nicht vor sich geht, mithin zu besorgen steht, dass endlich, falls sie auch erfolgt, die Lunge fortan in comprimirtem Zu­stande verbleiben -würde, ist, eben so wie bei drohender Erstickungsge­fahr, der Bruststich zu versuchen, dessen Nachtheile, falls er mit Vorsicht vorgenommen wird, in gar keinem Verhältnisse zu dem Vor-Iheile stehen, den man möglicher Weise durch ihn erreicht. Das Nähere über seine Vornahme lehrt die Chirurgie; hier mag nur bemerkt wer­den, dass wir uns hiezu stets des Schuh'schen Troicarts bedienen. Mit der Methode der physikalischen Untersuchung der Brust nicht Ver­traute thun besser, diese Operation nicht vorzunehmen, da es ihnen geschehen kann, dass sie statt auf ein vermuthetes Exsudat auf eine entzündete Lunge stossen, oder bei einseitigem Ergüsse die gesunde Brusthälfte anstechen.
In der Reconvalescenz sind solche Thierc durch längere Zeit zu schonen und gut zu nähren.
C Anomalien des Inhaltes der PleurdhöMe, 1. Ansammlung um Gasen in der llrusthühle (Piieumolhum).
sect;. 03. Luftansammlung in der Brusthöhle wird in den meisten Fällen durch den Eintritt atmosphärischer Luft durch die Lungen oder die Brustwandung bedingt. In dem letzteren Falle geschieht diess durch eindringende Brustwunden oder durch Abscesse der Weichtheile, welche nach innen und aussen durchbrechen. Eine Perforation des Brust­felles von der Lunge aus erfolgt bei den Hausthieren gewöhnlich durch einen andringenden Brandschorf oder Brandheerd derselben, seltener durch tuberculöse Cavernen oder durch Abscesse, die sich in Folge von Lungenentzündung bilden, noch seltener dadurch, dass ein Pleura-Ab­scess gegen einen Bronchus und gegen die Brusthöhle durchbricht. Dass Pneumothorax sich durch Zersetzung jauchiger Exsudate, wobei Gase frei werden, entwickeln könne, haben wir zu wiederholten Malen bei Pferden beobachtet.
Bei der Section findet sich entweder eine grosse Menge, beim Eröff­nen der Brust mit Geräusch entweichender Luft im Brustfellsacke angesam­melt und hiedurch die Lunge mehr oder weniger comprimirt, oder es ist das daselbst vorhandene flüssige Exsudat bloss schaumig. An der Stelle, wo
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Pneumothorax.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;uOl
der Durchbruch des Brustfelles stattgefunden hat, ist stets eine reich­liche Schichte geronnenen, fasorstoffigen oder eiterigen Exsudates ange­sammelt, welche gemeiniglich die l'erforationsstelle bedeckt, so dass diese desshalb und der vorhandenen Lungencompression wegen meist nur bei sorgfaltigem Suchen aufgefunden werden kann; in der IJrust-höhle selbst ist eiteriges oder jauchiges Exsudat, gewöhnlich in grosser Quantität angesammelt. Durch die beim Einathmen in die Brusthöhle eingeströmte und beim Ausathmen nur unvollkommen oder gar nicht entfernte Luft ist die betreffende Brusthöhle nach allen llichtungen ausgedehnt. Ihrem ferneren Austreten werden erst durch fortgesetzte Compression der Lunge oder Auflagerung von Exsudatsohichten auf ihre Oeffhung Schranken gesetzt. Fast stets ist dieser Zustand nur auf einer Seite vorhanden.
Erscheinungen. Meistens im Verlaufe einer heftigen, mit bran­diger Zerstörung endenden Lungenentzündung oder sehr langwieriger pleuritischer Exsudate stellt sich eine Steigerung der Athemnoth ent­weder plötzlich oder allmälig ein, die Zwischenrippenmuskeln der kran­ken Seite wölben sich bei abgemagerten Thieren weiter hervor, der Percussionsschall wird besonders nach aufwärts hell und tympanitisch und gewöhnlich von einem metallischen Klingen begleitet, das nur bei sehr starker Spannung der Brustwandung fehlt, und sich bei Vorhan­densein tiüssigen Exsudates auch über einen Theil des von diesem ein­genommenen Baumes erstreckt. Je nachdem die, Luft enthaltende Brust­höhle durch eine dünnere oder dickere Lungenschichte von einem Brou-chialrohre, in dem die Bedingungen zur Entstehung des consonirenden Athmungsgeräusches oder Kasseins, des amphorischen Wiederhalles zu­gegen sind, getrennt ist, wird bald amphorischer Wiederhall, metalli­sches Klingen des Athmens und Kasseins, bald unbestimmtes Athmen und dumpfes Kasseln, bald weder ein Athmungsgeräusch, noch Hasseln ver­nehmlich. Unter rascher Steigerung der Athmungsbeschwerde, Zunahme des Fiebers und Verfall der Kräfte, gehen die Kranken gewöhnlich innerhalb sehr kurzer Zeit zu Grunde. Nur in jenen Fällen, in wel­chen die Lungen normal sind, nur eine geringe Menge Luft durch die Perforationsstelle (z. B. eine Stichwunde) in die Brusthöhle eindringt, dieselbe sich bald schliesst und eine eiterige Brustfellentzündung sich nicht einstellt, erfolgt bisweilen Heilung.
Eine Behandlung ist nicht einzuleiten.
Von der Brustwassersucht war bereits (sect;. 81) die Rede.
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Lungencongestlon.
2. Parasiten.
sect;. 94. Von Schmarotzerthieren kommt in der Brusthöhle des Pferdes der warzige Fadenwurm und in dem subserösen Bindege­webe des Lungcnfelles beim Rinde der Thierhülsenwurm vor, des­sen Blase bisweilen als eine hühnerei- bis faustgrosse Geschwulst über die LungenoberÜäche hervorragt, Compression und Obsolescenz des um­gebenden Lungenparenchyms bedingt, seltener in einen Bronchus oder gegen die Brusthöhle zu durchbricht und in diesem Falle auch zur Entstehung von Pneumothorax Anlass geben kann.
V. Abschnitt.
Krankheiten der Lungen.
I. Funetionelle Störungen. sect;. 95. Derartige Störungen ohne anatomische Veränderungen sind uns unbekannt. Der von Einigen angenommene Lungenkrampf ist in hohem Grade problematisch.
II. Anatomische Störungen.
A. Locale Störungen des Kreislaufes.
I. Anämie.
sect;.96. Man trifft sie nach bedeutenden Blut- und Säfteverlusten, nach starker Compression der Lungen an. Diese erscheinen dann blass, schlaff und gewöhnlich trocken.
2. H;|ieräiiile.
sect;. 97. Sie entwickelt sich entweder als acute Lungencongestion oder in Folge von Circulationsstörungen in der Lunge.
a) Lungencongestion. sect;. 98. Sie ist ein, bei allen Hausthiergattungen, insbesondere beim Pferde häufig vorkommender Krankheitsprocess, der vorzüglich jüngere, kräftigere Thiere nach übermässigen Anstrengungen, Erkältun­gen der Haut und der Lunge durch kalte Zugluft, heftigere Winde, nach dem Einathmen von Eauch oder scharfen Gasen u. s. w., bis­weilen im Gefolge anderer, z. B. Gehimkrankheiten, des Typhus u. dgl. befällt.
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Lunsencongestion
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Erscheinungen. Entweder plötzlich oder allmälig eintretende Athmungsbeschwerde, die sich bei der höchsten Entwicklung sogar bis zur drohenden Erstickungsgefahr steigern kann; ein gewöhnlich trockener, schmerzhafter, krampfhafter Husten, Aeusserungen von Angst und Unruhe oder von Betäubung und Stumpfsinn, höhere Röthung der Bindehaut des Auges und der Schleimhäute der Nase, die Erscheinun­gen eines höheren oder geringeren Fiebers. Der Percussionsschall bleibt, so lange die Lungenzellen lufthällig sind, selbst bei dem höchsten Grade der Hyperämie unverändert, die Auscultation ergibt entweder verschärftes Bläschen - oder unbestimmtes Athmen, gewöhnlich mit starkem Geräusche beim Ausathmen.
Der Verlauf ist ein sehr verschiedener. Häufig treten die, selbst bis zu einer bedeutenden Höhe gediehenen Erscheinungen bald zurück, und die Kranken genesen innerhalb weniger Tage, oder es entwickelt sich rasch eine entzündliche Ausschwitzung in die Lungenbläschen entweder in der Form der Lungenentzündung oder des Lungenödems, das gewöhnlich rasch zum Tode führt, oder es kommt zu Blutungen in das Lungengewebe. Auch bei Lungencongestion ist man daher gewöhnlich auf den weiteren Verlauf der Krankheit angewiesen, um bestimmen zu können, ob man es in einem gegebenen Falle bloss mit diesem Processe oder mit einer beginnenden Lungenentzündung zu thun habe.
Bei der Section erscheinen Lungen, die sich im Zustande der Congestion befinden, dunkelroth, mit Blut, das über die Schnittfläche hervorquillt, erfüllt, dabei lufthältig, matt knisternd, im quot;Wasser nicht untersinkend, etwas derber und gedunsen; in den Bronchien ist meist etwas schaumiger, auch blutig gestriemter Schleim enthalten, das venöse Blut ist im Allgemeinen dunkler gefärbt, dickflüssig oder locker geron­nen, im rechten Herzen, in den Gehirnhäuten und in den grossen Venen­stämmen in grösserer Menge angesammelt.
Die Behandlung besteht in sehr reichlichen Blutentleerungen, in wiederholtem Abreiben der Haut, nach Erforderniss mit vorhergegan­gener Bespritzung derselben mit Kamphergeist oder Terpentinöl; in der innerlichen Verabreichung der antiphlogistischen Salze mit Zusatz von Digitalis oder Aconit, in dem wiederholten Setzen von Klystieren mit Kochsalz. In diätetischer Rücksicht muss für einen massig küh­len Aufenthalt, ein leichtes, wenig nährendes Futter, kühlendes Ge­tränke und Vermeidung der Zugluft Sorge getragen werden.
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Mechanische Hyperämie der Lunge.
li!
Bei dem Eintritte der erwähnten Folgezustände ist die Cur diesen entsprechend zu modificiren.
b) Mechanische Hyperämien.
sect;. 99. Sie entwickeln sich in Folge von Circulationshinder-nissen besonders bei Klappenfehlern des Herzens (die bei Hunden sehr häufig sind), neben chronischer Bronchitis, vorgeschrittener Tuber-culoso und bei Verödung einer Lunge oder einer grösseren Lungen­partie in der unveränderten zweiten Lunge. Eine solche Lunge erscheint schwerer, derber, dunkelroth; über den Durchschnitt ergiesst sich reich­lich dunkles Blut ; dabei ist sie in der Eegel lufthältig, nur bei sehr vorgeschrittenem Leiden wird sie stellenweise luftleer (Splenisation). In Folge bisweilen sich bildender kleiner Extravasate werden einzelne Stellen der Lungen grau oder schwarz pigmentirt, und erscheinen daher auf ihrer Obertläche und auf einem Durchschnitte tleckig.
Bei grösseren Hausthicren, namentlich bei solchen, welche an Ge-hirnkrankheiten, an Typhus, an Zuständen mit starker Auftreibung des Hinterleibes und Beengung des Brustraumes leiden und längere Zeit in einer Seitenlage belassen wrcrden, entwickeln sich wegen Behinderung der Circulation nicht selten mechanische Hyperämien in den abhängigsten Lungenpartien, die man Senkungshyperämien, Lungenhypo-staseu oder hypostatische Hyperämien nennt. Die betroffenen Lungenabschnitte erscheinen in hohem Grade blutreich, dunkelbraun-roth, wenig oder gar nicht lufthältig. Die Diagnose während des Le­bens wird aus den, zu den Zeichen der bereits vorhandenen Krankheit sich hinzugescllenden Symptomen eines acuten Lungenleidens fest­gestellt. Die Therapie muss dem veranlassenden Krankheitsprocesse oder Zustande angepasst werden; begreiflicher Welse findet die Anti-phlogose keine oder wenigstens eine bei Weitem beschränktere Anwen­dung als bei der Lungencongestion. Dem Eintritte der Lungenhypostase muss durch öfteres Wenden des liegenden kranken Thieres thunlichst begegnet werden.
3. Lungenblutiing.
sect;. 100. Blutungen aus den Lungen lassen sich während des Le­bens von jenen aus den Bronchien kaum unterscheiden.
Die Ursachen der Lungenblutungen, die im (Janzen bei Haus-thieren ziemlich selten vorkommen, sind sehr verschieden und liegen bald in starken Congestivzuständen der Lungen, wie sie sich besonders
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Liingenblutunif.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; öOö
nach heftigen Anstrengungen einstellen, in Entzündung derselben, in Zerstörung von Lungengefassen durch tuberculöse Cavemen, durch Lun­genbrand, durch mechanische Gewalt. Ihr Eintritt wird durch Verände­rungen der Blutmischung, wie sie beim Typhus der Pferde und Anthrax der übrigen Hausthiere zugegen sind, in hohem Grade begünstiget.
Den Eintritt von Lungcnblutung in Folge von Herzkrankheiten oder der Zerreis-sung erkrankter Gefasswandungen haben wir bisher bei Thieren noch nielit beobachtet.
Als anatomischer Befund ergibt sich entweder Ansammlung flüssigen oder zu Klumpeu geronnenen Blutes in den Bronchien, wel­ches, falls es durch die beim Athmon eingezogene Luft in die Lungen­zellen gelangt ist, der dann nicht knisternden Lungensubstanz auf dem Durchschnitte an scharf umschriebenen Stellen ein rothgeflecktes Ansehen verleiht; oder es ist in der Lunge der Zustand der blutigen An­schoppung (hämoptoischer Infarct) oder eines apoplectischen Heerdes zugegen. Bei der erstoren, welche sich, bei Tferden wenig­stens , heftigen Lungenhyperämien bisweilen beigesellt, und nach hef­tigen Anstrengungen auch spontan auftritt, findet die Blutung in die Lungenzellen, ohne diese zu zerstören, statt, und es entstehen hiedurch scharf umschriebene, brüchige, rothbraune oder schwarze, erbsen- bis hühnereigrosse Stellen im Lungengewebe, welche auf dem Durchschnitte nicht knistern, grobkörnig und trocken erscheinen und im Wasser untersinken. Auf einen angebrachten Druck sickert blutige Flüssigkeit in geringer Menge aus, mit Wasser ausgespült tritt die unveränderte zellige Structur der Lunge unverletzt hervor. Gewöhnlich enthalten auch die Bronchien flüssiges oder geronnenes Blut, die hinziehenden Arterien Blut- oder Fasserstoffgerinnungen. (Eine fettige Entartung der Wand dieser letzteren ist uns bisher nicht vorgekommen.) Das ergossene und geronnene Blut wird bisweilen wieder verflüssiget und kann resorbirt oder durch die Bronchien ausgeworfen werden, worauf die Lungenzellen sich wieder mit Luft füllen oder es entwickelt sich in der Umgebung des sich verflüssigenden Heerdes Lungcugangrän, oder die blutig infarcirten Lungenpartien schrumpfen zu einem nar­bigen, pigmentirten Gewrebe. Durch massenhafte Blutung wird die Lungen Substanz zertrümmert und das ausgetretene Blut sammelt sich dann in grösseren oder kleineren apoplectischen Hecrden, deren Heilungsvorgang uns bei Thieren noch nicht vorgekommen ist, da sie meist schnell zum Tode führen.
Die Gegenwart einer Lungenblutung wird bei Hausthicren gewöhn­lich nur dann diagnosticirt, wenn bei dem Husten schaumiges Blut
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Lungenödem.
in grösserer Menge unter angestrengtem und beschwerlichem Athmen ausgestossen wird; eine Dämpfung im Percussionsschalle an jenen Stellen, wo Blut in die Lungen ausgetreten ist, Hess sich bei der gewöhnlich nicht bedeutenden Ausdehnung der Anschoppung oder des apoplectischen Heerdes und seiner meist tiefen Lage bisher nur selten, dann aber zweifellos ermitteln; als auscultatorische Zeichen ergeben sich Rasseln und Schnurren oder völlig fehlendes Athmungsgeräusch. Auf bedeutende Blutungen erfolgt gewöhnlich schnell der Tod; leichtere, insbesondere solche, die in Folge von Congestivzuständen eingetreten sind, stillen sich bisweilen durch die bereits wiederholt angeführte Behandlung und ein passendes diätetisches Verhalten.
4. Luiigeiiüdeiu (Oedema puluioiiuin).
sect;. 101. Die Ansammlung von Serum in der Höhle der Lungen­bläschen und in dem interstitiellenGewebe derselben heisst Lungenödem. Man unterscheidet das acute von dem chronischen. Das erstere, bei welchem der Erguss eines eiweisshältigen, blutig gefärbten Serums in die Lungenzellen stattfindet, gesellt sich zu den verschiedensten acuten Leiden, namentlich der Lunge, so wie zuletzt zum chronischen Lungen­ödem. Das letztere, bei welchem die Lungenbläschen mit einem dün­nen, klaren Serum gefüllt sind, ist ein nicht seltener Begleiter verschie­dener chronischer Leiden, besonders solcher, bei welchen die Blutcircu-lation in der Lunge behindert ist, und hydropischer Zustände.
Oedematöse Lungen sind gedunsen, bald elastisch anzufühlen, bald die Fingereindrüoke durch längere Zeit behaltend, bald blutreich, bald anämisch, und ergiessen über die Schnittfläche entweder eine röth-liche, trübe, feinblasige oder eine dünne, farblose oder gelblichgrüne, klare, wenig oder gar keine Luftblasen enthaltende Flüssigkeit. Diesem Befunde nach ist die ödematöse Lunge bald noch lufthältig (beim acu­ten), bald völlig oder grösstentheils luftleer (beim chronischen Oedem). Stets enthalten auch die feineren Bronchien Serum, das in manchen Fällen auch die gröberen Bronchialäste, selbst die Luftröhre erfüllt.
Der Eintritt des acuten Lungenödems gibt sich während des Lebens durch eine plötzlich sich einstellende Athmungsbeschwerde oder zunehmende Steigerung einer schon bestehenden, durch grosse Angst und Unruhe, durch einen heftigen, angestrengten Husten, bisweilen mit Auswurf schaumiger Flüssigkeit zu erkennen. Der Percussionsschall ist entweder unverändert oder tympanitisch oder matt; die Ausculta-
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Lungenödem. — Lungenbrand.
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tion ergibt verschiedenartige Easselgeräusehe, Schnurren, Pfeifen, Zischen, die, im Falle auch die Luftröhre mit Serum erfüllt ist, oft auf eine grössere Distanz hörbar sind. Beim plötzlichen Eintritte des Oedems erfolgt nicht selten der Tod durch Erstickung (Stickfluss), bei weniger hohen Graden kann durch Resorption des ergossenen Se­rums der normale Zustand der Lunge zurückkehren.
Beim chronischen Lungenödem ist die Athmungsbeschwerde weniger deutlich, die Percussion ergibt gewöhnlich einen gedämpften Schall, die Auscultation mangelndes Athmungsgeräusch oder Bronchial-athmen oder Rasselgeräusche, je nachdem die Lungenzellen entweder für den Eintritt der Luft ganz unwegsam oder noch stellenweise durch­gängig sind. Meistens sind die Erscheinungen einer allgemeinen Was­sersucht zugegen, unter deren Steigerung die Thiere zu Grunde gehen.
Die Behandlung muss vor Allem auf die Hebung der Ursache gerichtet sein (bei Entzündungs- und Congestivzuständen der Lunge ist eine massige Antiphlogose, bei seröser Blutbeschaffenheit die Anwendung bitterer, erregender Mittel, der Eisenpräparate angezeigt); die Entfer­nung der, in die Lungen ergossenen Elüssigkeit kann durch harn- und schweisstreibende Mittel versucht werden; in den meisten Fällen führt jedoch die Cur nicht zu dem gewünschten Resultate.
B. Störungen der Ernährung.
I. Lungeiibraiid (Gangraena pulinonum).
sect;. 102. Brandiges Absterben verschieden grosser Lungenpar­tien stellt sich am häufigsten im Gefolge intensiver Lungenentzün­dung ein; es erfolgt aber auch an den Wandungen tuberculöser Caver-nen, erweiterter Bronchien, bei Thrombose der Lungenarterien, im Verlaufe des Pferdetyphus. Da die durch diese verschiedenen Ursachen entstandenen Brandheerde rücksichtlich ihres Verhaltens ganz mit jenen übereinstimmen, welche sich im Verlaufe der Lungenentzündung ent­wickeln, so verweisen wir bezüglich der Schilderung derselben auf diese Krankheitsform.
2. Alrophie der Lunge.
sect;. 103. Eine Atrophie der Lunge erfolgt am gewöhnlichsten durch einen andauernden Druck von aussen, besonders von Seite pleu-ritischer Exsudate, seltener durch Geschwülste der Umgebung oder durch Verkleinerung des Brustraumes in Folge übermässiger Ausdehnung der
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Neubildungen in den Lungen.
Hhiterlcibshöhle. Dieser Veränderung ist bereits bei der Brustfellent­zündung Erwähnung geschehen.
3. Neubilduiigi'ii,
sect;. 104. Neubildung von Bindegewebe ist in den Lungen nicht selten. Sie findet sieh als Narbenmasse nach gesehwürigen Sub­stanzverlusten, bei Pferden an den Lungenspitzen als Folge vorausge­gangener interstitieller Entzündung mit Verödung des Lungcnparenchyms und sackiger Bronchialerwciterung, bei Kindern als Massenzunahme des die Läppchen verbindenden Bindegewebes, das zugleich eine sehncn-oder faserknorpelähnliche Consistenz erlangt, nach überstandencr Lun­genseuche. Als Bindegewebsgeschwülste finden sich bisweilen bei Pferden in den hinteren Lungenabschnitten bald vereinzelt, bald iu der Mehrzahl hühnerei- bis faustgrosse, derbe, dichte, aus einem faserigen Filze bestellende Fibroide, die von nur sparsamen Gefässen und stark erweiterten, gewöhnlich mit einem zähen, glasartigen Schleime erfüllten Bronchien durchzogen sind, welche letzteren bei dem Schrumpfen der Geschwülste sich allmälig mehr und mehr erweitern. Die Erscheinun­gen sind bei ausgebreiteter Entwicklung dieses Zustandes die einer chronischen Athmungsbeschwcrde.
sect;. 105. Concremente finden sich bisweilen als Reste des eingedickten Eiters tuberculöser Cavemen und als Inhalt sackiger Bronchialcrweilenmgen. Bei Rindern, die an Lungentuberculose litten, sind bisweilen grosse Lungenabschnitte von solchen (besonders aus phosphorsauren Salzen bestehenden) Concrementen besetzt und das da­zwischen liegende Lungcnparenchym dadurch vollkommen atrophirt, so dass einzelne Lungenabschnitte aus einer festen, kalkigen Masse zu bestehen scheinen.
sect;. lOü. Pigmentbildung in der Lunge kommt verhältnissmäs-sig selten bei den Hausthieren vor; Melanosen sind bei Pferden, bei welchen solche Geschwülste auch in anderen Körperpartien zugegen waren, auch in den Lungen angetroffen worden.
sect;. 107. Lungentuberkel. Sie kommen bei allen Hausthieren, am häufigsten jedoch bei Pferden, dann bei Rindern, insbesondere solchen, die zur Milchproduction benützt werden, vor. lieber die Ursachen der Tuberculose wurde bereits im allgemeinen Theile das Nothwendige erwähnt. Tuberkel entstehen entweder unbemerkt und geben ihre Gegen­wart erst, wenn sie in grösserer Menge vorhanden sind, oder wenn das Lungengewebe durch ihre weiteren Umänderungen bereits zerstört
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Lungentuberkel.
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wird, zu erkennen, oder sie entwickeln sich aus einer entzündlichen Infiltration der Lunge und stellen dann gleichsam eine Nachkrank­heit der Lungenentzündung dar.
Beim Pferde finden sich die Tuberkelgranulationen in den Lungen nicht selten in den verschiedenen Stadien ihrer Metamorphose und sind gewöhnlich auch schon an der Oberfläche der Lungen sieht- und fühlbar. Sie stellen entweder hanfkorn- bis erbsengrosse, grauliche, runde Knötchen dar, in deren Umgebung das Lungenparenchym hyper-ämisch und ödematös ist, oder sie treten als gelber Tuberkel auf, der nicht selten in seinem Inneren oder in seiner ganzen Dicke erweicht oder im Centrum bereits zu einer eiterähnlichen Flüssigkeit zerflossen ist, oder eine käsige, bröcklige Masse darstellt; nur in den seltensten Fällen wird er verkreidet angetroffen. Auch die nach dem Zerfliessen der Tuberkel entstandenen Cavemen sind in der Regel nicht grosser, als der Tuberkelknoten war, aus dem sie entstanden (d. h. man findet gewöhnlich nur primäre Cavernen); sogenannte seeundäre Tuberkel-cavemen haben wir bisher beim Pferde noch nicht angetroffen. Wohl aber entstehen auf eine andere Weise umfangreiche, das Lungenparen­chym in grossem Umfange zerstörende Cavernen beim Tuberculisiren einer Hepatisation, wodurch diese stellenweise in eine gelbliche oder gelbröthliche, käsig schmierige Masse, die von infiltrirtem Lungen-parenehyme umschlossen ist, umgewandelt wird, die rasch zu einem dicklichen, eiterähnlichen Breie oder einer dünnen, jauchigen Flüssig­keit zerfliesst. Solche Cavernen vergrössern sich durch die Zerstörung der Wände, fliessen mit angrenzenden zusammen und stellen endlich hühnerei- bis mannsfaust- und darüber grosse, von buchtigen, tuberculös infiltrirten, biswreilen gangränescirenden Wandungen umgebene Höhlen dar, in welchen die zerstörten Bronchien abgesetzt endigen. Häufig sind solche Cavernen von den Strängen der noch unversehrten Gefässe durchzogen, die entweder durch Gerinnsel verschlossen oder aber im Innern frei sind, und bei ihrer Zerstörung oder Berstung zu bedeu­tenden Blutungen während des Lebens Veranlassung geben können. Liegen solche Cavernen nahe an dem Brustfellüberzuge der Lungen, so veranlassen sie die Entzündung desselben und bisweilen Anlöthung des Lungenstückes an die Brustwand; tritt diese nicht ein und fällt ein Stück der Pleura brandig aus, so ist Austritt der Luft und des flüssigen Inhaltes der Caveme in die Brusthöhle die Folge. Communi-ciren, wie diess gewöhnlich ist, diese Höhlen mit Bronchien, deren Schleimhaut dann immer bedeutend katarrhalisch ist, so kann ihr Inhalt
Roll, Fatbol. und Therapie. II. Aufl.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;39
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Lungentuberkei.
durch diese nach aussei! entleert werden, und es kann dann ebenso, obwohl selten, zur Heilung der tubereulösen Caverne kommen, wie diess bei Lungenabscessen geschieht. Hat die chronische Lungentuber-culose, die beim Pferde häufig mit chronischem Rotze vergesellschaftet ist, längere Zeit angedauert, so tritt nicht selten zuletzt acute Tuber-culose nicht nur der Lunge, sondern auch anderer .Organe, besonders der Leber, Milz, Nieren, des Kehlkopfes und der Nasenschleimhaut hinzu, wobei die erstcren von mohusamengrossen, grauen, hie und da in Gruppen stehenden, sehr zahlreichen Knötchen durchsäet sind, üewohn-lich sind die Lungenspitzen von gallertähnlichem Exsudate gleichzeitig durchtränkt, die Schleimhaut der Bronchien ist stark gewulstet, aufge­lockert, mit röthlichem, schaumigem Schleime bedeckt, im Kehlkopfe und an der vorderen Wand der Luftröhre finden sich oft ausgebreitete tuber-culöse Geschwüre.
Bei dem Binde kommt der Tuberkel entweder als rundlicher, etwa erbsengrosser oder als hasel- bis walluussgrosser, brüchiger, gel­ber, ziemlich trockener Knoten, der häufig von seiner Mitte aus er­weicht und, wie schon früher bemerkt, gerne verkreidet, vor. Solche grössere Tuberkel sind von den, mit eingedicktem Inhalte angefüllten, sackigen Bronchialerweiterungen wohl zu unterscheiden.
Bei Hunden ist Lungenluberculose verhällnissmässig selten.
Die Gegenwart vereinzelter Tuberkel in den Lungen ist ganz symptomenlos; in grosser er Menge vorhanden veranlassen sie eine mehr oder weniger autt'ällige Athmungsbeschwcrde, die jedoch bisweilen nur bei angestrengteren Bewegungen sich einstellt und einen quälenden, trockenen oder, wenn gleichzeitig Katarrh der Luftwege zugegen ist, feuchten Husten. Der Ernährungszustand, bei Kühen die Milchergiebigkeit, halten sich lange; erst, wenn der Krankheitsprocess an Ausdehnung gewinnt, oder sich Lungencavernen gebildet haben, ent­wickelt sich allmälig ein Siechthum. Während des Lebens ist die Diagnose der Lungenluberculose bei grösseren Hausthiercn eine sehr unsichere, da dieselben bei ihrem, gewöhnlich zerstreuten Sitze bei der physikalischen Untersuchung der Brust keine besonderen und, sobald sie in grösserer Menge zusammengehäuft vorkommen, bloss jene Zeichen liefern, welche im Allgemeinen auf die ünwegsamkeit einer grösseren Zahl von Lungenbläschen hinweisen. Es fällt daher immerhin schwer, die Lungentuberculose von anderen chronischen Lungenkrankheiten, z. B. von der Franzosenkrankheit, von dem durch Druck von Echino-coccusblasen veranlasstcn Schwunde des Lungenparenchyms u. dgl. zu
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Noubildimgfn in dor Lunge.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Gil
unterscheiden. Die Gegenwart von tuberkulösen Cavernen ist jedoch ohne Schwierigkeit auf die, bei der Lungenentzündung anzuführende Weise sicherzustellen.
Der Beginn einer acuten Tuberkelablagerung ist beim Pferde stets mit heftigem Fieber verbunden, und es lässt sich hieraus und aus den Zeichen, welche auf eine acute Infiltration der Lungen überhaupt hinweisen, bei Pferden, welche an Eotz leiden, der Eintritt dieses Pro­cesses wenigstens mit Wahrscheinlichkeit diagnosticiren.
Die Behandlung der Lungentuberculose kann bloss eine sympto­matische sein; Rinder, bei denen ihre Gegenwart vermuthet wird, wer­den am vortheilhaftesten so zeitlich als möglich geschlachtet.
sect;. 108. Cystenbildung findet sich nicht selten in der Lunge des Rindes. Die verschieden grossen Cysten sind bald einfache, bald zusammengesetzte und enthalten einen wasserhellen oder etwas trüben, gelblichgrün gefärbten Inhalt. Sie gehen von dem interstitiellou Binde­gewebe aus, verdrängen, wenn sie in grösserer Zahl vorhanden sind, das zwischenliegende Lungcnparenchym und bringen es zum ISch winden. Während des Lebens, wo sie unter den angeführteu Verhältnissen mehr oder weniger bedeutende Athmungsbeschwerden veranlassen, ist ihre Gegenwart nicht zu diagnosticiren.
sect;. 109. Krebs der Lunge u. z. in der Form des Markschwam-mes kommt bei Hunden, gewöhnlich im Gefolge des Carcinoms der Brustdrüse, der Leber, der Nieren, der Lymph-, besonders der Bron­chialdrüsen nicht selten vor und veranlasst bei seinem Heranwachsen gegen die Lungenoberfiäche in der Regel Brustfellentzündung.
4. Die Luiigeiieiitzuiidung (PniMimoiiia).
sect;. 110. Man bat dieselbe in die sogenannte croupöse, bei wel­cher die Ausschwitzung vorzugsweise in die Lungenzellen, und in die in-terstitielle, bei welcher sie insbesondere in das, die Lungenläppchen verbindende Bindegewebe erfolgt, zu unterscheiden.
a) Die gewöhnliche (croupöse) Lungenentzündung.
sect;. 111. Sie ist einer der allerhäufigsten Krankheitsprocessc, welcher
bei allen Hauslhiergatlungeu, insbesondere jedoch beim Pferde und beim
Hunde'vorkommt, während bei dem Rinde die interslitielle Form die
gewöhnlichere ist.
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LungoncuUüuduu^.
. Eine besondere Anlage üu ihr findet sich bei jüngeren, gut ge­nährten, kräftigen Thiercn, obwohl uucli die entgegengesetzten Verhält­nisse ihr Vorkommen nicht ausschliessen. Ursachen ihres primären Auftretens sind: mechanische Einwirkungen auf die Brust, das Einath-men reizender Dämpfe, scharfen Htaubcs und Eauches, das Eindringen fremder Körper in die Bronchialverzweigungen, wie diess bisweilen beim Einschütten von flüssigen Arzneistoffen geschieht, übermässige Erhitzung des Körpers bei stärkeren Anstrengungen, Erkältungen des schwitzenden Körpers durch Durchnässung, scharfe, kalte Winde u. dgl. In vielen Fällen lässt sich jedoch eine solche auffallende Einwirkung als ursächliches Moment nicht nachweisen.
Nicht selten herrschen Lungenentzündungen seuchonartig in Folge epizootischer Verhältnisse u. z. gewöhnlich gleichzeitig mit ande­ren Krankheiten der Athmungsorgane, z. B. Bronchialkatarrh, Brustfell­entzündung (Seucheninvasionen, welche, wenn sie unter Pferden vor­kommen, auch als Influenza bezeiclmet werden), während ihr Auf­treten ein anderes Mal durch die Verhältnisse der Jahreszeit (Frühling, Herbst) bedingt scheint. Secundär entwickelt sich die Lungenentzün­dung häufig im Gefolge anderer Krankheiten, ohne dass sich in man­chen Fällen ein genügender Grund ihres Entstehens nachweisen liesse. Am häufigsten beobachtet man ihren Eintritt bei vorhandenen acuten und chronischen Lungenkrankheiten, bei Allgemeinerkrankungen, wie Typhus, Pocken, Blutzersetzung, im Gefolge von Gehirn- und Eüoken-markskrankheiten, in Fällen, wo ein grosser Abschnitt der Haut funetions-unfahig geworden ist, z. B. nach Verbrennungen u. s. w.
sect;. 112. Pathologische Anatomie. Die Lungenentzündung befällt beim Pferde beinahe stets zuerst die vorderen unteren Lun­genabschnitte und den sogenannten dritten Lungenlappen; sie schrei­tet von da aus weiter nach auf- und rückwärts fort; nie ist uns bisher das umgekehrte Verhalten vorgekommen. Bei Hunden leiden gewöhnlich die hinteren (unteren) Lappen. Die Krankheit beginnt in der Regel mit den ausgesprochenen Erscheinungen der Congestion und Stase, die ergriffene Lungenpartie erscheint dann dunkel geröthet, beim Anfüh­len teigig, beim Durchschnitte matt oder nicht knisternd, und lässt beim Ueberstreifen mit dem Messer eine trübe, gewöhnlich blutige, zähe, nur sparsame Luftblasen enthaltende Flüssigkeit austreten. Aus diesem Zustande, den man entzündliche Anschoppung nennt, kann durch Eesorption des Ergusses unmittelbar der normale Zustand sich wieder einstellen. Geschieht diess nicht, so erfolgt ein Erguss in die
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LiingenentÄÜndnnff.
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Lungenbläschen, die dann von Faserstoffpfröpf'chen und Eiterzellen in verschiedenem gegenseitigem Verhältnisse, also von einer, den Croup-membranen ähnlichen Masse angefüllt sind. Solche Lungenstücke sinken bei Eröffnung des Brustkorbes nicht zusammen, sie sind derb, nicht ela­stisch, sondern brüchig, auf der Schnittfläche körnig, nicht knisternd, leicht zerreisslich oder ^erdrückbar; mit der Messerklinge lässt sich aus ihnen eine rothe oder grauröthliche Flüssigkeit auspressen, in quot;Wasser geworfen, sinken sie zu Boden. Erstrecken sich solche Veränderungen bis an die TAingenoberfläche, so entwickelt sich gewöhnlich eine seeun-däre Entzündung des Brustfelles. Man nennt diesen Zustand die Hepatisation (das Lebcrähnlichwerdeu) u. z. rothe dann, wenn durch die Andaucr des hyperämischen Zusfandes das so veränderte Lungenstück rofh erscheint — graue, wenn nach dem Zurücktreten der Hyperämie die rothe Färbung einer grauen oder gelblichen Platz gemacht hat; nicht selten sind beiderlei Färbungen in einer infiltrir-ten Lungenpartie neben- und durcheinander anzutreffen. Die Hepa­tisation wird der Hauptsache nach durch die Ausscheidung faserstoff-haltiger, gerinnender Exsudate in die Lungenbläschen und durch die Bil­dung von Eiterzellen, die wahrscheinlich von den Epithelialzellen der Lungenbläschenwand ausgeht, veranlasst. Erfolgt durch diesen Process nicht unmittelbar der Tod des Thiercs, so sind die weiteren Veränderun­gen desselben sehr verschieden. Die Zellenbildungen gehen nämlich manchmal die fettige Umwandlung ein, und werden dann theils resor-birt, theils mit dem Auswurfe entfernt, während wieder Luft in die Lungenbläschen eintritt. Ein derartiges Lungenstück ist weich, aber noch immer brüchig, ergicsst auf die Schnittfläche eine trübe, emulsions­artige, feinblasige Flüssigkeit, die beim Pferde oft deutlich Fetttropfen enthält. In anderen Fällen nimmt die Bildung der Eiterzellen zu, das übrige Exsudat schmilzt und die Lungenbläschen sind von einer eiteri­gen Flüssigkeit angefüllt, ein Befund, den man als eiterige Infiltra­tion bezeichnet. Ein solches Lungenstück ist mürbe, sehr leicht zerreiss­lich, auf dem Durchschnitte röthlich gelb oder grau gefärbt und mit einer grauröthlichen, rahmähnlichen Flüssigkeit, die über die Schnitt­fläche hervorquillt und hie und da schaumig ist, durchtränkt, nach deren behutsamer Entfernung durch Abspülen sich jedoch die Lungen­textur unverändert erweiset. Auch bei diesem Ausgange kann Hei­lung nach Entfernung des Eiters durch die Bronchien oder durch Resorption, während welchen Vorganges wieder Luft in die Lun­genbläschen strömt, erfolgen oder es tritt der Tod des Kranken ein.
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Bei weitem seltener ist der Ausgang der Lungenentzündung in Ab-scessbildung; durch Zerfallen der eiterig iniiltrirten Lungensubstanz bilden sich anfänglich kleine, mit Eiter und Resten zerstörten Lungen-parenchyms erfüllte Höhlen, die sich allmälig durch die Maceration der Umgebung und das Zusammenfliessen benachbarter Heerde vergrös-sern und von zottigen, eiterig infiltrirten quot;Wänden, in welchen die zer­störten Bronchien abgesetzt münden, eingeschlossen sind. Der weitere Verlauf ist auch hier ein verschiedener; die AVandungcn kleinerer Höhlen, die dann von verödetem, schwieligem Lungenparenchyme um­geben sind, können sicli allmälig glätten und, falls sie mit einem otfe-non Bronchus in Verbindung stehen, kann der eiterige Inhalt, der jedoch von der inneren Auskleidung fortwährend, wenn auch in gerin­ger Menge abgesondert wird, entfernt werden; nur ganz kleine Caver-nen schliessen sich durch Sarbeubildung. quot;War der Abscess gross, so vergrössert er sich gewöhnlich auf Kosten der umgebenden Lungen­substanz und die Thiere gehen an Abzehrung zu Grunde. In abge­schlossenen, mit einem Bronchus nicht communicirenden Höhlen dickt sich der Eiter zu einer käsig schmierigen, später sogar verkreidenden Masse ein, um welche das verödete Lungengewebe schrumpft. Dringen Abscesso bis in die Nähe des Brustfelles vor, so stellen sich an diesem die Erscheinungen der Entzündung ein, durch welche bisweilen eine Anlöthung und nachfolgende innige Verwachsung dieser Lungenstellc an die gegenüberliegende Brustwandung eingeleitet wird, oder es fallt, bevor die Verwachsung eingeleitet ist, ein Stück des die Oberfläche überziehenden Brustfelles brandig heraus, der Eiter und, falls der Ab­scess mit einem Bronchus communicirte, auch Luft strömt in die Brust­höhle und es entwickeln sich ausgebreitete Brustfellentzündung und Pneumoth orax.
Nicht selten ist, wenigstens beim Pferde, der Ausgang der Lun­genentzündung in Brand, der sich besonders bei sehr hohen Graden derselben, ferner in den Wandungen von Lungenabscessen, oder bei cachcctischen, von früher her geschwächten Thieren entwickelt. Das infiltrirte Lungenparench3-m ist dann stellenweise in einen gelben oder bräunlichen, trockenen Brandschorf verwandelt oder bereits zu einem weichen oder breiigen, missfärbigen, höchst übelriechenden Breie zer­fallen, in welchem sich nicht selten ganze Stücke losgestossener, infil-trirtcr Lungenpartien vorfinden. Häufig lliessen solche Brandheerde durch Zerstörung der zwischenliegenden Abschnitte zu umfänglichen, faustgrossen, zunächst von blutigen, zottigen, infiltrirten quot;Wandungen
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Lungenentzündung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;61 ö
umschlossenen Cavernen zusammen, welche gewöhnlich von Blutgefiisscn mit thrombusartigem Inhalte durchzogen sind und in welche hinein sich zerstörte Bronchialäste münden. Oft dringen solche Brandhecrde bis zu dem Brustfellüberzuge vor, ein entsprechendes Stück dieses letz­teren fallt brandig heraus, der Inhalt der Cavernen liiesst nebst Luft in die Brusthöhle ab und veranlasst daselbst jauchige Brustfellentzündung und Pneumothorax. Die Oberfläche der von Brandheerden durchzogenen Lungenstücke ist gewöhnlich mit Faserstoffgerinnseln beschlagen, die Bronchien und die Luftröhre enthalten eine übelriechende, grünlich­braune , gewöhnlich schaumige Flüssigkeit, ihre Schleimhaut ist stark injicirt, missfarbig, durchfeuchtet und leicht abstreifbar.
In manchen Fällen tuberculisirt der Inhalt der iufiltrirten Lungenbläschen und es erscheint dann entweder die ganze hepatisirte Lungenpartie oder wenigstens Theile derselben von infiltrirten Tuberkeln durchzogen, die bei Pferden an manchen Stellen zu haselnuss- bis hüh-nereigrossen, käsigen oder bröcklichen Klumpen zusammengehäuft sind und durch ihr Zerfliessen Lungencavernen bilden können, die jedoch nur höchst selten zum Durchbruche des überziehenden Lungenfelles führen. Häufig wird dieser Befund neben Lungenbrand oder an Stellen ange­troffen, die von einem gallertartigen Exsudate durchtränkt sind.
Verhältnissmässig nur selten verschrumpft das in die Lungen ab­gesetzte Exsudat; das betroffene Lungenstück bleibt dann für die übrige Lebenszeit für den Lufteintritt unwegsam, es wird derb und zähe.
Von welchen Umständen der Eintritt eines oder des anderen der angeführten Ausgänge der Entzündung, deren einige nicht selten neben einander in einer und der­selben Lunge angetroffen werden, abhängt, ist unbekannt.
Lungenentzündungen, welche einen grösseren Theil eines Lungen­flügels oder einen Limgenlappen einnehmen, heissen lobäre Entzün­dungen, zum Unterschiede von der seltenen Läppchen- oder lobu-lären Entzündung, bei welcher nur einzelne Läppchen inmitten gesunden Lungengewebes ergriffen werden. Diese Stellen liegen ge­wöhnlich nahe der Lungenoberfläche, wesshalb auch das, dieselbe über­ziehende Brustfell getrübt oder mit Gerinnungen beschlagen ist, sind scharf umschrieben, nicht selten keilförmig, hasel- bis wallnussgross, hepatisirt oder eiterig infiltrirt. Sie finden sich unter jenen Verhältnissen, welche Pyämie zu veranlassen geeignet sind und von denen schon wiederholt die Eede war.
Die an Thieren, welche an Lungenentzündung umgestanden sind, anzutreffenden weiteren Veränderungen sind sehr wechselnd. Die nicht
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von Entzündung befallenen Lungenabschnitte sind häufig hyperämisch, zuweilen ödematös oder an einzelnen Stellen emphysematisch; die zu der entzündeten Partie hinziehenden Bronchien enthalten eine zähe oder schaumige Flüssigkeit, bisweilen FaserstoiFoylinder; ihre Schleimhaut so wie jene der Luftröhre ist häufig im Zustande des Katarrhes; das Herz, der Anfang der Aorta und die kleineren Lungenarterien sind meist mit Blut- und Faserstoffgerinnungen angefüllt, das Brustfell häufig getrübt und mit Exsudat beschlagen; nicht selten ist auch ausgebreitete Brust­fellentzündung, seltener Entzündung der inneren Herzauskleidung zu­gegen. Zu den häufigeren Complicationen gehören acute Katarrhe der Magen- und Dickdarmschleimhaut und Follicularverschwärungen der letzteren, Hyperämien und selbst leichtere Exsudationen im Gehirne.
sect;. 113. Erscheinungen. Die Lungenentzündung beginnt gewöhn­lich mit heftigen Fiebererscheinungen, welchen sich bald die bereits angeführten Symptome einer Lungencongestion hinzugesellen. Später wird die Athmungsbeschwerde bedeutend, jedoch nie so auffallend wie bei Brustfellentzündung, weil Lähmung der Zwischenrippenmuskel und des Zwerchfelles nicht zugegen ist; der Puls ist klein, beschleuni­get, die Arterie gespannt, der Herzschlag bald fühlbar, pochend, bald nur in der Tiefe, bald gar nicht fühlbar, die Haut heiss, trocken, besonders am Rumpfe, während die Extremitäten nicht selten kalt sind, die Nasenschleimhaut heiss; Husten ist gewöhnlich während des ganzen Verlaufes zugegen. Das aus der Ader gelassene Blut gerinnt gewöhnlich schnell zu einem derben , festen Kuchen, bald mit, bald ohne Speckhautausscheidung, die Fresslust liegt darnieder, der Durst ist vermehrt, die Ab- und Aussonderungen, bei Kühen die Milchsecretion stocken. Die Kranken stehen mit auseinandergestellten Vorderfüssen, mit gesenktem Kopfe, Pferde und Rinder legen sich nicht oder nur für kurze Zeit nieder. Gewöhnlich schon in den ersten Tagen bilden sich die örtlichen Veränderungen in der Lunge aus, die dann in ihrem weiteren Fortschreiten durch die physikalische Untersuchung verfolgt werden können. Im Beginne der entzündlichen Anschoppung und in so lange als die Lungenzellen noch nicht durch Exsudat ange­füllt sind, ist der Percussionsschall unverändert; wird das Lungen­gewebe durch die anfangs stattfindende seröse Exsudation erschlafft, so stellt sich häufig ein tympanitischer Percussionsschall ein, welcher bei zunehmender Unwegsamkeit der Lungenzellen allmälig einem leeren, gedämpften Schalle Platz macht, wobei der beim Percutiren empfundene Widerstand gleichzeitig zunimmt. Diese Erscheinungen, welche jedoch
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Lungenentzündung.
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nur dann deutlich hervortreten, wenn die Infiltration eine, nicht zu weit von der Brustwandung entfernte Lungenparlio betrifft, stellen sich bei Pferden gewöhnlich zuerst nach abwärts und vorne, hinter der Schulter, bei Hunden in dem hinteren Lungcnlappen ein. Im Beginne der serösen Exsudalion in die Lungenzellen hört man gewöhnlich an dem, den ergriffenen Lungenstellen entsprechenden Theile der 'Brust ein feinblasiges Easseln (sogenanntes Knisterrasseln), abhängig von dem Einströmen der Luft in die, mit zäher Serosität erfüllten kleinen Bronehialzweige , welches später durch trockenes Rasseln und im Falle auch Seeretion in die grösseren Bronchien zugegen ist, durch die beim Bronchialkatarrhe angeführten Geräusche ersetzt wird, während das Bläschenathmen daselbst nicht mehr unterschieden werden kann. Tritt aus diesem Stadium unmittelbar die Gesundheit ein, so kehrt der Percussionsschall allmälig zum normalen, das Athmungsgeräusch zum vesiculären zurück, während gleichzeitig der Husten und die Athmungs-beschwerde geringer wird, die Fiebererscheinungen zurücktreten, die Fresslust wiederkehrt und gewöhnlich häufigere Entleerung eines trüben (bei Pferden an Kalksalzen sehr reichen) Harnes erfolgt. Stellt sich hin­gegen dieHepatisation eines Lungenabschnittesein, wie diess ge­wöhnlich der Fall ist, so gibt die, der infiltrirten Partie entsprechende Stelle der Brustwand einen desto gedämpfteren und leereren Percussions­schall, eine je bedeutendere Dicke die Hepatisation erreicht hat, wobei zugleich der beim Beklopfen empfundene Widerstand zunimmt. In der nächsten Umgebung, wo der Entzündungsprocess noch nicht so weit vorgeschritten ist, wird häufig tympanitischer Schall hörbar; oft aber ist er auch normal, was meist dann der Fall ist, wenn die hinteren Lungenabschnitte emphysematisch sind. Verläuft innerhalb der hepati-sirten Stelle ein grösserer Bronchialast, dessen Communication mit der Luftröhre nicht abgeschlossen ist, so werden bei der Auscultation entweder bronchiales Athmen oder consonirende Rasselgeräusche, welche, sobald die in den Bronchien angesammelte Flüssigkeit (Schleim, Blut u. s. w.) wieder entfernt ist, dem bronchialen Athmen Platz machen, ver­nommen. Je weiter das in der infiltrirten Partie verlaufende Bronchial­rohr, je ausgedehnter die Hepatisation ist, je heftiger die Athembewe-gungen, je dünner die Brustwandungen sind, desto stärker ist das Bronchialathmen. Verläuft innerhalb der hepatisirten Stelle ein grös­serer Bronchus nicht, oder ist seine Communication mit der Luftröhre durch Flüssigkeiten oder feste Stoffe abgesperrt, so ist an der ent­sprechenden Stelle der Brust entweder unbestimmtes Athmen, nicht con-
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618nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Lungenentzündung.
souirendes Rasseln oder gar kein Athmungsgeräusch vernehmlich; treten jedoch nach Entfernung der Plüssigkeiten oder festen Körper, z. B. in Folge des Hustens, die der Entstehung der Consonanz günstigen Ver­hältnisse wieder ein, so kann dort, wo kurz vorher gar kein Athmungs­geräusch hörbar war, plötzlich Röhrenathmcn auftreten. Je nach dem Zustahde der nicht intiltrirten Lungentheile können an den, ihnen ent­sprechenden Stellen der Brust bald verschieden starkes Bläschen-, bald unbestimmtes Athmen, bald mannigfache Rasselgeräusche vernehmlich werden. In der gesunden Lunge ist, falls eine verbreiteterc Hepatisation in der anderen zugegen ist, häufig ein verschärftes Athmen zugegen.
Entweder erfolgt in diesem Stadium, wie es sehr häufig ist, der Tod, dessen Eintritt dann, wenn das Fieber sich fortan steigert, die Haut am Rumpfe trocken und heiss, an den Extremitäten kalt ist, der Puls klein, sehr beschleuniget, die Athemnoth hoch wird, zu besorgen steht. In solchen Fällen stellen sich gewöhnlich Durchfälle, durch welche eine übelriechende, mit Blut und FäcalstoiFen gemengte Flüssig­keit entleert wird, ein; in der Brust ist meist neben Bronchialathmen consonirendes Rasseln zu hören.
Bei dem Zerfliessen des Infiltrates wird der Percussions-schall wegen des nunmehr möglichen Wiedereinströmens der Luft wieder voller und heller u. z. gewöhnlich, nachdem er kurze Zeit hin­durch tympanitisch war, und endlich beim Fintritte einer vollkommenen Genesung völlig normal. Bei der Auscultation werden feuchte Rassel­geräusche hörbar, welche sich, je weiter die Lösung vorschreitet, um so weiter verbreiten und selbst nach dem Verschwinden der übrigen Krankheitserschoinungen noch durch einige Zeit andauern. Bei dem Eintritte dieser Veränderungen lassen auch die Symptome des Fiebers und die Athmungsbeschwerde nach, der Husten wird feucht und locker und durch denselben eine trübe, eiterähnliche Flüssigkeit entleert; der Harn wird gewöhnlich in grösserer Menge ausgeschieden und bildet beim Stehen sehr reichliche Niederschläge; die ödematösen Anschwel­lungen, welche sich bei etwas längerer Krankheitsdauer gewöhnlich an der unteren Brust- und Bauchgegend, dann an den Extremitäten gebil­det haben, treten zurück. Die Reconvalescenz dauert jedoch wegen der starken Abmagerung und Kraftlosigkeit gewöhnlich ziemlich lange.
Bilden sich grössere Abscesse in den Lungen, so hören die Fiebererscheinungen nicht vollkommen auf, der Husten und die Ath­mungsbeschwerde dauern an; durch den ersteren wird bisweilen Eiter entleert. Die Tliiere nehmen selbst nach quot;Wiederkehr der Fresslust nicht
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Lungenpnt/.Undung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;() 1 ;)
zu, und behalten ein cachectisches Aussehen. Verkleinern sich die Abscesse, was gewöhnlich durch Eindickung ihres Inhaltes und Ver-schrumpfung der Umgebung geschieht, so können Pferde zu einzelnen leichteren Dienstleistungen wohl noch geeignet sein, obwohl sie ein dämpfiges Athmen behalten; Kinder werden bei diesem Zustande am besten baldmöglichst geschlachtet. Der Pcrcussionssohall ist an jenen Stellen der Brustwand, unterbalb welcher sich ein grösserer Abscess in der Lunge befindet, tympanitisch und je nach der Grosse desselben bald leer, bald voll und hell, bei bedeutendem Umfange kann auch ein metallischer Klang oder das Geräusch des gesprungenen Topfes zuge­gen sein. Das Athmungsgeräusch ist daselbst entweder bronchial oder unbestimmt, bald mit, bald ohne Easselgeräusche, häufig metallisch klingend, oder es ist im Gegentheile ein Athmen gar nicht hörbar. Beim Durchbruche eines solchen Abscesses in die Brusthöhle können die Merkmale eines Pneumothorax sich einstellen.
Der Ausgang der Lungenentzündung in Brand gibt sich zuerst durch den äusserst üblen Geruch der ausgeathmeten Luft und durch einen missfärbigen, stinkenden Auswurf zu erkennen. Hiezu gesellen sich grosse Hinfälligkeit, rascher Verfall der Kräfte bei gewöhnlich hohem Fiebergrade. Die Auscultation und Percussion gibt dieselben Zei­chen, wie bei Infiltrationen und bei Cavernenbildung in der Lunge. In der Eegel erfolgt der Tod; höchst selten haben wir bei Pferden, bei welchen brandige Cavemen in Folge einer heftigen Lungenentzündung sich gebildet hatten, die Heilung derselben eintreten gesehen, wornach die Thiere jedoch dämpfig blieben.
Bei dem Tuberculisiren des Exsudates verschwindet das Fie­ber nicht vollständig; die Kranken bleiben abgemagert, kraftlos; in der Lunge dauern die Zeichen der ünwegsamkeit der Lungenzellen für die Luft fort, oder es stellen sich jene der Cavernenbildung ein und die Thiere gehen endlich cachectisch, Pferde bisweilen unter Hinzutritt acuten Eotzes zu Grunde, wenn nicht früher schon dem Leben des Thieres durch Tödtung ein Ende gemacht wird.
Lobuläre Entzündungen und Abscesse der Lungen lassen sich durch die Percussion nicht ausmitteln; die Auscultation ergibt bloss die Zeichen eines Bronchialkatarrhes; sie werden aus der grossen Athem-noth bei Mangel aller physikalischen Zeichen und aus dem bedeutenden Fieber vermuthet. Häufig ist, wie schon früher bemerkt, die Complication der Lungen- mit Brustfellentzündung, wodurch bei einiger Massen be­trächtlichem Exsudate in der Brusthöhle die Diagnose erschwert wird.
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620nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Lungenentzündung.
Der Verlauf der TAingenentzündungen ist dem Angeführten zu Folge ein sehr verschiedener. Dort, wo es nicht zur eigentlichen He-patisation kommt, oder wo diese nicht sehr ausgebreitet ist und bald resorptionsfahig wird, kann die Genesung innerhalb 10—14 Tagen ein­treten; ist sie aber über einen grösseren Lungenabschnitt ausgedehnt, verbreitet sie sich allmälig über weitere Strecken, befinden sich mithin verschiedene Lungenpartien in verschiedenen Stadien der Erkrankung, so ist der Verlauf ein längerer, die Krankheit kann sich bis zum gün­stigen Ausgange über 4 bis (! quot;Wochen hinziehen und auch nachher bleiben die Thiere durch einige Zeit noch kraftlos und zu Rückfällen oder zu Katarrhen der Luftwege geneigt. Der Lungenbrand tritt ent­weder auf der Höhe der Krankheit, wo in der Regel rasch der Tod erfolgt, oder dann ein, wenn sich durch Vereiterung Abscesse gebildet haben. Langwierige Nachkrankheiten entwickeln sich durch das Ver­schrumpfen und Tuberculisiren des Infiltrates und durch die Abscess-bildung (wodurch die Erscheinungen des Dampfes hervorgerufen werden).
Der Tod erfolgt bei Lungenentzündungen entweder durch Auf­hebung der Lungenfunction bei sehr umfangreichen Hepatisationen, oder durch sehr rasches, eiteriges Zerfliessen der Infiltrate, oder in Folge der sich während ihres Verlaufes einstellenden Complicationen oder Ausgänge, worunter besonders Lungenödem, Croup des Kehlkopfes und der Luftröhre, Lungenbrand, Blutgerinnungen im Herzen und in den Lungenarterien, dann das Tuberculisiren des Exsudates und die Bildung von Lungenabscessen zu nennen sind.
Nach den früher zur Genüge erörterten Umständen muss die Pro­gnose für jeden einzelnen Fall gestellt werden; im Allgemeinen mag die Bemerkung genügen, dass die Lungenentzündung unter die, den Fortbestand des Lebens in hohem Grade gefährdenden Krankheiten ge­zählt werden muss, und dass man wenigstens beim Pferde, wenn die Fälle von Lungencongestion ausgeschlossen werden, annehmen kann, dass wenigstens 150/0 der Erkrankten unterliegen.
Gewisse, ihrem näheren Verhalten nach unbekannte Umstände nehmen einen bedeutenden Einfluss auf den günstigeren oder ungünstigeren Verlauf dieser Krankheit, besonders dann, wenn sie in grösserer Verbreitung auftritt. Es ist nicht selten in der Spitalspraxis zu bemerken, dass zu gewissen Zeiten beinahe alle, selbst die schwersten und desperatesten Fälle der Genesung zugeführt werden, während zu anderen Zeiten auch anscheinend unbedeutende Lungenentzündungen zum Tode führen.
sect;. 114. Behandlung. Die Kranken sind in einem massig warmen, mit reiner Luft und reichlicher reiner Streu versehenen Stalle unter-
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Lungenentzündung.
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zubringen, so viel möglich ruhig zu lassen, massig zu bedecken. Ihr Körper soll öfter, besonders dann, wenn die Temperatur an ihm ungleich vertheilt ist, entweder trocken oder nach vorhergegangener Bespritzung mit Kamphergeist oder Terpentinöl frottirt und den Thieren, falls sie überhaupt Fresslust zeigen sollten, ein reizloses, wenig nahrhaftes Fut­ter in geringer Menge, dagegen öfter überstandenes Wasser verabreicht werden.
Im ersten Stadium der Krankheit verschafft bei kräftigen, gut genährten Thieren, und sobald die Symptome auf einen höheren Grad des Leidens hinweisen, ein ausgiebiger Aderlass nicht nur Erleichterung der Athemnoth, sondern häufig auch auffällige Verminderung der Inten­sität des Krankheitsprocesses und Beschränkung seiner Ausdehnung auf einen kleineren Umfang. Bei schwächlichen, herabgekommenen Thieren, bei Lungenentzündungen, die sich als seeundäre Krankheit aussprechen, dann unter gewissen epizootischen Verhältnissen wirkt er jedoch ge­wöhnlich nachtheilig. Das Lederstecken bei Pferden, so wie das Gill-wurzelsetzen beim Binde bringen nur im Anfange der Krankheit ergie­bige Anschwellungen in der Haut hervor, in den vorgerückteren Sta­dien leisten sie gar nichts; von ihnen, so wie von scharfen Einreibun­gen in die Brustwandungen haben wir bei Pferden nie einen besonderen Einfiuss auf die Ermässigung des örtlichen Krankheitsprocesses gesehen und sie daher schon seit Langem ohne JNaohtheil gänzlich bei Seite gelassen. Für den innerlichen Gebrauch empfehlen sich die antiphlogi-stischen Salze in Verbindung mit schleimigen oder leicht aromatischen Substanzen; jedoch kann auch gleich mit der Verabreichung des Brech­weinsteines begonnen und mit demselben selbst in den späteren Stadien fortgefahren werden. Bei sehr heftigem Fieber findet das Fingerhut-kraut oder das aus ihm bereitete Extract passende Anwendung.
Beim Eintritte, so wie beim Fortschreiten der Hepatisation kön­nen ausser dem Brechweinsteine auch Pottasche, Salmiak, Goldschwefel, die jedoch sämmtlich dem ersteren Präparate an Wirksamkait nach­stehen , verabreicht werden; selbst wenn weichere Darmentleerungen oder Durchfälle erfolgen, geben wir ihn ohne Nachtheil in Verbindung mit schleimigen Mitteln, und nur wenn jene übermässig werden, müsste derselbe ausgesetzt werden. Bei kleinen Hausthieren können bei hefti­gem, schmerzhaftem Husten narkotische Mittel, wie Opium, Bilsenkraut-extract gegeben, bei Pferden das Einathmen von Wasserdämpfen ver­sucht werden. Bei sehr grosser Athemnoth, grosser Abstumpfung übrigens kräftiger Thiere kann selbst in diesem Stadium ein Aderlass
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623nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Lungenentzlliidung.
noch gute Dienste leisten. Bei grosser Hinfälligkeit schwächlicher oder von früher her kränkelnder Tliiere sind Eeizmittel, und unter diesen vorzugsweise das Terpentinöl und der Kampher am Platze, welchen letzteren wir aber bei Pferden nicht gerne anwenden, da wir nach seinem längeren Gebrauche gewöhnlich die Entwicklung eines heftigen Magenkatarrhes beobachtet haben.
Tritt die Lungenentzündung in das Stadium der Lösung, so empfehlen sich der Salmiak, der Goldschwefel in Verbindung mit AVach-holderbeeren, Wasserfenchel, Bockshornsamen u. dgl. nebst dem Einath-men von Wasserdämpfen oder ein mehr indifferentes Verhalten, zuletzt gute Fütterung (bei PHanzenfressern besonders Grünfutter), die allmälig vermehrt wird und ein schonendes Verhalten.
Bei Bildung von Abscessen in der Lunge ist anfangs das eben angegebene Verfahren fortzusetzen, später die Behandlung wie bei Bronchialkatarrlien oder Bronchialerweiterungen einzuleiten.
Beim Eintritte des Lungenbraudes bleibt die Cur gewöhnlich erfolglos; versuchsweise können innerlich das Terpientinöl mit Bleizucker, so wie Inhalationen von Terpentinöldämpfen versucht werden.
Gegen das Tuberculisiren und Verschrumpfen des Exsuda­tes ist jeder Heilversuch erfolglos.
Manche im Verlaufe von Lungenentzündungen auftretende Zufälle erfordern ein symptomatisches Verfahren; so sind bei Verstopfungen Klystiere zu setzen, beim Eintritte ödematöser Anschwellungen wieder­holte Erottirungen vorzunehmen u. s. w.
b) Die interstitielle (chronische) Lungenentzündung.
sect;. 115. Sie ist uns bisher ausser beim Rinde nur bei Pferden vorgekommen. Bei diesen befällt der Process besonders die zungen-förmigen Spitzen und den vorderen, unteren Theil der Lungen, in welchen dann auf dem Durchschnitte das die Läppchen verbindende Bindegewebe auf mehr als 2—3'quot; verdickt und von einem gallertigen, grauen oder grünlichen Exsudate durchtränkt oder durch neugebildetes Bindegewebe starr und fest erscheint; die Lungenbläschen selbst sind nur selten mit einem Ergüsse angefüllt, gewöhnlich aber durch den Druck der Umgebung zusammengepresst. In Eolge des Schrumpfens des neugebildeten Bindegewebes verödet das zwischenliegende Lungenparenchym und es entwickelt sich hiedurch eine sackige, oft sehr beträchtliche Erweiterung
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Lungenseacbe.
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der in diesem Abschnitte verlaufenden Bronchien. Dieser Prozess tritt entweder selbstständig bei schwächlichen, herabgekonunenen Pferden, oder als Begleiter von Tuberculose der Lungen, von chronischem llotze oder in der Nähe einer acuten Lungenentzündung auf und verläuft stets chronisch. Seine Gegenwart kann bei selbst ständigem Vorkommen immer nur aus dem beschwerlichen (dämpfigen) Athmen, dem anhalten­den quälenden Husten, der zunehmenden Abmagerung und dem end­lichen Eintritte eines cachectischen Zustandes, bei dem Mangel von bestimmten, auf einen anderen Krankheitszustand hinweisenden Zeichen entnommen werden, da sich das Vorhandensein von Infiltrationen an den Lungenspitzen durch die physikalische Untersuchung der Brust nicht nachweisen lässt.
Aussei- einer geordneten Diätetik gibt es hier keine Behandlung.
Bei Rindern kommt die interstitielle Lungenentzündung viel häu­figer u. z. gewöhnlich in Verbindung mit ausgebreiteter seeundärer Brustfellentzündung vor, und ist als Lungenseuche des Rindes hinlänglich bekannt und gefürchtet.
Die Luiigcnsvuche des Hindi's (Piivuiuouia intcrstidalis boum).
sect;. 11(5. Sie kommt nur selten vereinzelt, gewöhnlich seuchen­artig, häufig enzootisch vor und richtet dort, wo sie einheimisch ist, nicht geringere Niederlagen an, als bei uns die Rinderpest.
Aetiologie. Eine besondere Anlage zur Selbstentwicklung die­ser Krankheit soll durch schnell betriebene Mästung, übermässige An-spruchnahme der Milchabsonderung, durch den Aufenthalt in warmen, dunstigen Stallungen herangebildet werden, welche Einflüsse natürlich auf fremdes, neu aufgestelltes Vieh nachtheiliger wirken müssen, als auf einheimisches, an sie gewöhntes; auch eine erbliche Anlage wird angenommen. Als äussere Schädlichkeiten werden Einwirkungen der verschiedensten Art beschuldiget, insbesondere schlechtes Futter jeder Art, schneller Futterwechsel, Traber- und Schlämpefütterung, der Besuch sumpfiger, niederer oder bereifter quot;Weiden, rauhe, neblige, feucht­kalte Witterung, Erkältungen jeder Art, Unreinlichkeit in der Haltung und insbesondere in den Stallungen. Da jedoch die Krankheit in vie­len Fällen unter Umständen auftritt, wo in diesen Beziehungen durch­aus nichts Nachtheiliges nachzuweisen ist, so muss zugegeben werden, dass die Aetiologie dieser Krankheitsform noch grosse Lücken biete.
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624nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Lungcnseucho.
Als eine hauptsächliche Ursache der Entstehung und Verhreitung dieser Krankheit wird ein flüchtiges, aber auch an dem Exsudate der Lunge haftendes Contagium angenommen; ja es gehen einige Schriftsteller so weit, die ursprüngliche Entstehung der Lungenseuche vollkommen zu läugnen, eine Annahme, welcher wenigstens für die ausseritalieni-schen Provinzen des österreichischen Staates die Erfahrung widerspricht, welche den Ausbruch dieser Seuche alljährlich an Orten nachweiset, wo trotz der sorgfältigsten Erhebungen eine Einschleppung nicht con-statirt werden kann. Besonders umfassende und genaue Erhebungen wurden in dieser Eücksicht in den letzten Jahren in Böhmen gepflo­gen. In Italien, der Schweiz, Frankreich, Holland, Belgien, einem grossen Theile Deutschlands wird die Ansteckung als die häufigste, selbst als die alleinige Ursache des Erscheinens dieser Seuche ange­sehen und es lässt die daselbst beobachtete Art ihrer Weiterverbreitung wohl keinen gegründeten Zweifel rücksichtlioh ihrer Contagiositat. Als Vehikel des Contagiums werden das in die Lungen abgesetzte Exsudat xmd die ausgeathmete Luft, als seine Träger die Excremente, das Fleisch kranker Thicre, alle mit denselben in Berührung gekommenen, beson­ders rauhen und porösen Gegenstände angeschen und ihm eine grosse Tenacität zugeschrieben, so dass auch bereits durchseuchte Thiere durch mehrere Wochen noch die Fähigkeit besitzen sollen, andere Rinder an­zustecken. Die Ansteckung selbst geschieht durch das Zusammenkom­men gesunder und kranker Thiere auf Triebstrassen, Weiden, in Stäl­len, durch das von Kranken beschnüffelte oder verunreinigte Futter, Streustroll, durch die bei ihnen verwendeten Geräthe, durch ihre Wärter oder überhaupt durch Menschen, welche mit Kranken oder ihren Cadavern sich beschäftigten. Kicht jedes der Ansteckung ausgesetzte Rind ver­fällt jedoch in die Krankheit; nach Versuchen (einer französischen Commission) kann angenommen werden, dass bei dem Zusammenstehen gesunder mit kranken Rindern ungefähr 20 0/0 der ersteren der An­steckung widerstehen. Thiere, welche die Lungenseuche überstanden haben, sind wenigstens für längere Zeit für eine wiederholte Ansteckung unempfänglich; einzelne Beobachter behaupten auch eine völlige Immu­nität durchgeseuchter Rinder vor einer wiederholten Infection.
sect;. 117. Pathologische Anatomie. Im Beginne der Krankheit, welchen man nur an geschlachteten Thieren beobachten kann, erscheint an verschiedenen Stellen, gewöhnlich jedoch in der Mitte einer oder beider Lungen, das die Läppchen vereinigende Bindegewebe blutreich und von einem serösen Ergüsse durchtränkt, daher als breiter,
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Lungensencho.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;G2ö
ödematöser, bisweilen von leichten Blutextmvasriten durchzogener weis-licligolber Streifen verlaufend, während die TAingenzellon gewöhnlich etwas Serum, das über die Schnittfläche hervorquillt, enthalten und nur sehr selten durch faserstoffige Gerinnungen ausgefüllt sind. Liegt die ergriffene TAingenpartie nahe oder dicht an der Oberfläche, so ist an dieser Stelle das Lungenfoll getrübt, mit einer dünnen, faserstoffigen Gerinnung beschlagen, ihr subseröses Bindegewebe leicht infiltrirt. Wäh­rend der Krankheitsproccss von dem ursprünglichen Heerde weiter um sich greift, findet in diesem allmälig die Ausscheidung faserstoffreichen, theilweise gerinnende]! Exsudates in das intorstitiolle Bindegewebe statt, wodurch dasselbe, so wie durch die gleichzeitig auftretende Bindegewcbsneubildung verdickt und starr wird und an jenen Stollen, wo es mehrere kleinere Lungenläppchen zu grösseren vereiniget, eine Breite von 3'quot;—i'quot; und darüber erreicht, während die kleineren Läpp­chen durch 1quot;'—2'quot; breite Streifen von einander geschieden werden. Das sehr hyperämische Lungenparenchym wird hiedurch allmälig zu-sammengepresst und völlig luftleer; selten enthalten die Lungen­bläschen noch etwas seröse Flüssigkeit , oder, wie bei der gewöhn­lichen Lungenentzündung, starres Exsudat. Die erkrankte, dann nicht selten bis 20, auch 50 Pfund schwere Lunge ist fest und derb, knistert beim Durchschnitte nicht und zeigt auf der Schnittfläche ein eigen-thümliches marmorirtes Ansehen, indem die dunkel- oder braun-rothen, luftleeren oder ein zähes Serum ergiessenden, nur selten mit Eascrstoffpfröpfchen erfüllten Lungenläppchen und Lappen von schmä­leren und breiteren gelben oder röthlichgelben Säumen, dem infiltrirten und hypertrophischen Bindegewebe, umschlossen werden. Da der Krank­heitsproccss in der Eegel bis auf die Lungenoberiläche übergreift, so ist auch beinahe stets eine mehr oder weniger heftige Brustfellentzün­dung zugegen, das Lungen- und Eippenfell sind mit faserst offlgen Gerin­nungen oft von bedeutender Mächtigkeit beschlagen und in der Brust­höhle eine verschiedene Menge seröser, Easorstoff'klumpcn haltender Flüssigkeit ergossen, durch deren Druck die Compression der Lungen­zellen noch bedeutend gesteigert wird. In den Bronchien ist meistens schaumiges Serum angesammelt, bisweilen auch ihre geröthete und ge-wulstete Schleimhaut mit croupösem Exsudate beschlagen; die in dem erkrankten Lungenabschnitte verlaufenden Bronchialgefässe sind häufig durch Faserstotfg'erinnsel verstopft.
Der weitere Verlauf ist ein verschiedener. Bei leichteren und umschriebenen Erkrankungen kann Eesorption des Exsudates und Köll, Pathol. und Therapie. II. Aufl.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;40
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020nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Lun^uuseuülie.
Wiederausdehnung- der uicht stark comprimirten Luugeiuiellen stalttin-den, wbmach vollständige Wiedergenesung eintritt; solche Fälle sind jedoch an und für sich selten. Öderes schreitet die Xeubildung von Bindegewebe fort, das Exsudat tuberculisirt oder verkreidet, die com­primirten Lungenläppchen orblassen allmälig, sie bleiben jedoch luftleer und das betroft'ene Lungonstück zur Functioniruug ungeeignet. Biswei­len stellt sich reicMiche Eiterung in dem infiltrirten interstitiollcn Ge­webe ein, worauf dann grösserc oder kleinere, von demselben einge­schlossene Lungenslücke von der Umgebung losgelöst werden und ent­weder von Eiter umspült, in einer von festen, aus neugebildctem, sehr starrem, schrumpfendem Bindegewebe gebildeten Wandungen umschlos­senen Höhle, nahezu unverändert eingekapselt oder in fauliger Zer­setzung begriffen, einen aashaften Gerach verbreitend und in der Umgebung den Eintritt von Brand anregend, augetroffen werden. Stehen solche Höhlen mit einem Bronchus in Verbindung, so kann durch diesen der jauchige oder brandige Inhalt abfliessen. Beim Eintritte des ersteren Vorganges kann, wenn von ihm nicht sehr umfangreiche Lungenab-sclmitle betroffen werden, das Thier am Leben bleiben; wenigstens wurde dieser Befund bei Kindern, die schon vor längerer Zeit die Lungenseuche überstanden und von da an eine relative Gesundheit genossen hatten, angetroffen. Der üble Ausgang der Krankheit wird durch die massenhaften Ergüsse in die Brusthöhle begünstiget, und durch diese auch die nach überstandener Krankheit zurückbleibende Athmungsbeschwerde mit ihren Eolgen auf den allgemeinen Ernährungs­zustand , durch die Bildung von Anheftungen und Verwachsungen zwischen Lunge und Brastwandung, von schwartigen Einkapselungen der ersteren u. s. w. namhaft gesteigert.
Der in dem Darmcanale solcher, an dieser Krankheit umgestandenei Kinder an­zutreffende Katarrh, sowie die Afeolimng der P e y e r'scheu Drüscuhaut'en hat durch­aus nichts Charakteristisches für die Lungeiiseuche, daher der Name typhöse Lun­genseuche mit Kücksicht auf den anatomischen liefund nicht geroclitfertiget erscheint.
sect;. 118. Symptome. Die Krankheit beginnt gewöhnlich auf eine unmerkbare Weise und macht anfangs sehr langsame Fortschritte, die sich nur durch wenige, überdiess häufig übersehene Zeichen zu erken­nen geben. Von dem Augenblicke einer statt gefundenen Ansteckung bis zum deutlichen Auftreten der ersten Krankheitserscheinungen ver-fiiesst ein verschieden langer Zeitraum von wenigen Tagen bis zu meh­reren, angeblich selbst 20 Wochen. In diesem ersten, fieberloscn, gewöhnlich über mehrere Wochen sich hinausziehenden Zeiträume
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Luugeuseuchenbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; G^7
sind eiu eigenthümlicher, kurzer, trockener, sicli anfangs nur des Mor­gens, beim Tränken, beim Aufstehen von der Streu, später aber öfter einstellender, sehr schmerzhafter Stosshusten, wobei die Thierc den Rücken aufkriimmeu und den Hals strecken, ein anfangs unbedeutend beschleunigtes, später durch Aufsperren der Nasenflügel und stärkere Flankenbewegung auffallender werdendes, bisweilen stölinciides Athmen, Empfindlichkeit gegen Druck auf den Brustkorb, den Widerrist oder die Lenden, Verminderung der Fresslust und der Milchabsonderung, ein rauhes, glanzloses Haar, bisweilen Abmagerung, Austiuss einer wasser­hellen oder schmierigen Flüssigkeit aus der Nase die gewöhnlichen und überhaupt nur für ein Leiden der Athmungsorganc sprechenden, oft gering geachteten Zeichen. Eine um diese Zeit vorgenommene physi­kalische Untersuchung der ürust ist jedoch schon im Stande, die all-mälig fortschreitende Veränderung der Lunge und die weitere Ver­breitung des Krankheitsprocesses sicherzustellen; ihre Vornahme ist um so nothwendiger, da die, in diesem Zeiträume richtig erkannte Krankheit einer Behandlung noch zugänglich ist. Da durch den Process der Luugeuseuche die Lungenbläschen, obwohl auf andere Weise als bei der gewöhnlichen Lungenentzündung, für den Lufteintritt unzugäng­lich werden, so müssen auch die durch die physikalische Untersuchung gelieferten Zeichen dieselben sein, wie bei dieser, und wir verweisen desshalb in dieser Beziehung auf das bereits daselbst und bei der Brustfellentzündung Angeführte. Eine Verwechslung mit diesen Krank­heitsformen wird bei llücksichtnahme auf den chronischen Verlauf dieses Stadiums und auf den Mangel von Fiebererscheinungen nicht wohl stattfinden.
Haben diese Erscheinungen durch kürzere oder längere Zeit an­gedauert und zugenommen, so tritt die Krankheit in das zweite, fie­berhafte Stadium. Der Puls wird beschleuniget (auf 60—70 Schläge), gespannt, der Herzschlag entweder unfühlbar oder pochend, das Flotz-maul trocken, die Ohren und Hörner bald heiss, bald kühl, die Tem­peratur am übrigen Körper öfter wechselnd; bisweilen wird ein Frösteln bemerkbar, die Fresslust und das Wiederkauen verlieren sich vollstän­dig, die Excremente werden seltener, dunkel gefärbt, fester und in Ballen abgesetzt; die Aufnahme des Getränkes geschieht mühsam, in kleinen Absätzen und durch öfteres Husten unterbrochen; der Harn ist dunkel gefärbt, die Milchabsonderung hört völlig auf. Die Kranken stehen mit weit auseinander gestellten Vorderfüssen, mit den Hinter-füssen öfter trippelnd und legen sich entweder gar nicht oder nur auf
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{jZonbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Luugenscuclie.
kurze Zeit mit uutecgeschlagenen odoi' imcli vorne gestreukten Eüssen auf das Brustbein, ihr Gang ist mühsam und schleppend. Das Athmen wird sehr beschleuniget, angestrengt, unter Aufsperren der Nasenflügel und starkem Flankenschlage vollzogen, der Husten ist häufig, dumpf, schmerzhaft, die Empfindlichkeit der Brust gegen einen angebrachten Druck noch bedeutender als im ersten Stadium; die durch die Auscul­tation und Percussion gelieferten Erscheinungen verhalten sich wie bei der Lungen- und Brustfellentzündimg. Hat die Krankheit einmal diese Höhe erreicht, so schreitet sie meist unaufhaltsam dem Tode zu. Das Athmen wird noch mühevoller und ängstlicher, die ausgeathmete Luft bisweilen übelriechend, der Husten häutiger; aus der Nase und aus den Augen lliesst eiterige Flüssigkeit, die Haut wird trocken, fest an­liegend (lederbündig), das Haar matt, glanzlos, struppig, der Puls klein, schwach, äusserst beschleuniget, der Herzschlag pochend; die Thiere sind im höchsten Grade abgestumpft, theilnahmlos, gegen schmerzhafte Eindrücke unempfindlich, sie können sich zuletzt nicht mehr stehend er­halten, liegen meist auf der Seite mit ausgestrecktem Halse und offe­nem Maule, aus welchem zäher Geifer ausfliesst, laut stöhnend, und gehen, nachdem sich gegen das Ende gewöhnlich übelriechende Durch-tä,lle eingestellt haben, zum Gerippe abgemagert, 2 bis 3 Wochen nach dem Eintritte in dieses Stadium, nicht selten aber auch durch Erstickung viel früher zu Grunde.
Im Allgemeinen ist der Verlauf bei jungen, gut genährten, kräf­tigen Stücken viel stürmischer und rascher, als bei alten, schwächlichen oder von früher her kranken Thieren. Die Dauer der ganzen Krank­heit richtet sich nach dem früheren oder späteren Eintritte des fieber­haften Stadiums und kann sich demnach von einigen Wochen bis zu 2, selbst 3 Monaten erstrecken.
Vollständige Genesung erfolgt höchstens im ersten Stadium, nur selten, wenn bereits das zweite eingetreten ist, unter allmäliger Abnahme der Krankheitserscheinungeu. Häufiger ist die unvollstän­dige Genesung, wobei entweder nur Athmungsbeschwcrdo und öfte­res Husten in Folge der, in den infiltrirten Partien der Lunge stattfin­denden Veränderungen oder des in der Brusthöhle zurückbleibenden Exsudates, der Verwachsungen der Lunge mit der Brustwand u. s. w., oder aber u. z. gewöhnlich, auch Störungen der Ernährung, die den ökonomischen Werth der Thiere sehr beeinträchtigen, zurückbleiben. Sehr häufig ist der tödtliche Ausgang durch behinderte oder aufge­hobene Lungenfunction (oder durch Lungenbrand) oder in Folge von
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Lnngensoacbc*.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 629
Anämie, und man kann ungefähr rechnen, dass wenigstens 250/0 der Erkrankten unterliegen. Dem Angeführten zu Folge ist die Prognose bei der Lungenseuche nur im Beginne eine relativ günstige, sonst eine sehr ungünstige. Zu den Verlusten, welche durch deu tödtlichen Aus­gang der Krankheit veranlasst werden, müssen auch noch jene hinzu gerechnet werden, welche durch das Sohlachten unheilbar Kranker oder der an Nachkrankheiten dahin Siechenden erwachsen, so dass im Gan­zen ohne Uebertreibung 60 0/0 der Ergriffenen durchschnittlich als für die Zucht verloren angesehen werden müssen und es hiedurch be­greiflich wird, dass diese Seuche dort, wo sie öfter vorkommt oder sogar einheimisch ist, sehr verderbliche Xiederlagen anrichten müsse.
sect;. 119. Behandlung. Die Kranken sollen in massig warmen, der Zugluft nicht ausgesetzten, mit reiner Luft versehenen Stallungen, von gesunden Bindern getrennt untergebracht und von eigenen Wär­tern gepflegt werden; so lange sie Eresslust zeigen, kann ihnen leicht verdauliches, gutes Futter in kleineren Portionen vorgelegt werden.
Im Beginne der Krankheit ist bei kräftigen, wohlgenährten Thieren, bei starkem, vollem Pulse ein ausgiebiger Aderlass von 8 bis 15 Pfund am Platze; bei schwächlichen, herabgekommenen Thieren wirkt er offenbar nachtheilig. Aeussere Hautreize und ableitende Mittel, wie Eiterbänder in den Tricl oder an die Brustwandung, das Nieswur­zelstecken am Triel, selbst die Anwendung des Glüheisens, scharfer Einreibungen, darunter auch der Brechweinsteiusalbe in die Brustwan­dungen erweisen sich um diese Zeit in der Regel nützlich. Von Eini­gen werden auch fleissig gewechselte kalte Umschläge auf die Brust empfohlen; öfteres Frottiren der Haut soll immer stattfinden. Für den innerlichen Gebrauch eignen sich bei kräftigen Thieren grössere Gaben von Glaubersalz mit Brechweiustein oder Pottasche in schleimi­gen Absuden, unter Zusatz von Digitalis. Bei schwächlichen oder ca-chectischen Thieren kann die Anwendung des Theerwassers (zu '/^ Sei-tel des Morgens und Abends), des Eisenvitriols (zu '^ Loth in Wasser gelöset drei- bis viermal des Tages), des Alauns, Tannins, der Mineral­säuren empfohlen werden.
Im fieberhaften Zeiträume kann bei kräftigeren Thieren der Brech­weinstein oder die Pottasche fortgegeben werden; ein Aderlass wäre höchstens bei drohender Erstickungsgefahr anzuwenden; bei ausgespro­chenem Schwächezustande ist der Eisenvitriol in Verbindung mit Sal­miak, mit bitteren und erregenden Mitteln am Platze. In der Recon-
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630nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Lungensenchn.
valescenz finden Salmiak, Goldschwefel, Schwefelblumen mit Wasser­fenchel, Anis, Wachholdevheeren u. dgl. Anwendung.
Bleiben Naohkrankheiten zurück, so ist es am Yortheilhaftesten, die Tliiere baldigst zu schlachten oder sie, wenn diess ihr Zustand er­lauben sollte, vorher möglichst schnell zu mästen.
sect;. 120. Yorbauung und veterinär-polizeiliche Massregeln. Zur Hintanhaltung der Selbstentwicklung der Lungenseuche trägt wohl ein naturgemässes diätetisches Verhalten des llindviehes das Meiste bei. Zur Verhinderung ihrer Einschleppung hüte man sich, aus Gegen­den, wo diese Seuche einheimisch ist oder wenigstens öfter herrscht, von unbekannten Händlern Vieh anzukaufen, oder aus Seuchenställen unmit­telbar zu gesundem Viehe zu gehen. JSeuangekauftes Rindvieh sollte desshalb stets wenigstens durch 10 Tage abgesondert gehalten und erst, wenn es sich als vollkommen gesund erwiesen hat, zu dem anderen gestellt werden. Am besten wird man thun, den eigenen Vichstand selbst zu züchten, um sich nicht durch öfteren quot;Wechsel der Gefahr der Seucheneinschlejspung auszusetzen.
Ist die Seuche in einem Hofe, bei einem oder mehreren Stücken ausgebrochen, so müssen diese sogleich von den anderen abgeson­dert und von eigenen Wärtern verpflegt, die noch gesund scheinenden hingegen auf das Genaueste untersucht werden. Von dem Seuohenaus-bruche ist durch den Ortsvorstand sogleich die vorgesetzte politische Behörde in Kenntniss zu setzen.
Da sich die Seuche bei dem langsamen Verlaufe der einzelnen Erkrankungen nicht selten in einem und demselben Stalle durch Mo­nate erhält, und hiedurch eben die Gefahr der Verschleppung des An-steckungsstoifes und der Ausbreitung der Krankheit beständig unter­halten wird, die Heilung an und für sich stets zweifelhaft bleibt und die ökonomischen Nachtheile einer längeren Absperrung für den Vieh­besitzer ausserordentlich drückend werden, so ist es in manchen Fällen für diesen wünschenswerth, sich seines Rindviehstandes sobald als mög­lich zu entäussern, und es ist desshalb auch (durch den h. Ministerial-Erlass vom 11. November 1851, Z. 25,193) dem Viehbesitzer gestattet, die bereits seuchenverdächtigen Stücke an Fleischhauer als Schlachtvieh zu verwerthen.
Als ein Mittel, die Seuchendauer abzukürzen und die Gefahr des Ausbruches der Lungenseuche durch Ansteckung zu beseitigen, wurde in neuester Zeit von Dr. Willems in Belgien die Impfung der, der
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Lnngenaenche.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;(3ol
Ansteckimgsgefalu- ausgesetzten Kinder, die sich jedoch bei einer sorg­faltigen Untersuchung der Lungen als noch gesund erweisen müssen, vorgeschlagen und anempfohlen. Dieselbe wird nach ihm folgcnder-massen vollzogen. Ein im fieberlosen, noch nicht vorgerückton Stadium der Lungenseuchc befindliches Rind wird geschlachtet und die aus der durchschnittenen infiltrirten Lunge ausfliessende Flüssigkeit in frischem Zustande als Tmpfstoft' benützt. Dieselbe wird mit der Spitze einer Lancette aufgefasst und an der hinteren oder äusscren Fläche des Schweifes zunächst der Spitze, nachdem die Haare daselbst ab­geschnitten wurden, an zwei bis vier, wenigstens 1 Vraquo;quot; von einander entfernten Stellen mittelst Einstichen unter die Oberhaut eingeführt. Andere ziehen es vor, einige Baumwollfäden mit diesem Impfstoffe zu imprägniren und mittelst einer gekrümmten Wundnadel an den angege­benen Stellen in die Haut des Schweifes einzuziehen. Sticker voll­zieht die Impfung mit einer besonderen Impfnadel in dem unteren Dritttheilc des Schweifes. Die Vornahme der Impfung weiter oben am Schweife hat sich stets als nachtheilig erwiesen, da sich nicht selten eine starke Anschwellung einstellt, die sich nach vornehin verbreitet, auf den After, Mastdarm und auf die, in der Beckenhöhle liegenden Organe übergreift, und hiedurch, so wie durch Brand dieser Theile zum Tode des Thieres führen kann. Von dem Augenblicke der stattge­fundenen Impfung bis zu jenem des Auftretens der ersten Erscheinun­gen, welche sich jedoch nicht bei allen Geimpften einstellen, verfiiesst ein verschieden langer Zeitraum , der sich von wenigen Tagen bis zu mehreren Wochen erstrecken kann. War die Impfung von Erfolg begleitet, so zeigen sich an den Thieren Ficbererscheinungen, bisweilen auch eine leichte Erschwerung des Athmcns und ein öfter wiederkeh­render Stosshusten, die Impfstelle wird empfindlicher, warm, goröthet und schwillt bald mehr oder weniger heftig an; die Geschwulst bedeckt sich in der Hegel mit einem Schorfe, unter welchem sich schliesslich eine feste bleibende Narbe bildet. Hat sich eine bedeutendere, derbe Geschwulst eingestellt, so kann dieselbe durch Einschnitte eröffnet und am nächstfolgenden Tage, wo die Blutung aufgehört hat und die Wund­ränder klaffen, die aussickernde, eiweissige Flüssigkeit aufgefangen und zu weiteren (seeundären) Impfungen benützt werden. Dieser seeundäre Impfstoff soll bei gleicher Schutzkraft viel milder und schneller wirken, indem nur kleine, rothlaufartige Geschwülste an der Impfstelle ent­stehen. Das Einschneiden in die Anschwellungen wäre jedenfalls vor­zunehmen, wenn durch dieselben die Haut zu sehr gespannt würde
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ijo'Jnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Lungen-jeuclii,-
und der Eintritt des Brandes zu befürchten stünde. Durch den letz­teren geht nicht selten ein Thoil des Schweifes verloren, womach die Thiere, weil sie während des Verlaufes der Krankheit sehr abmagern und für ihre ganze Lebenszeit entstellt sind, an Verkaufswerth nam­haft verlieren.
Bei Thieren, welche sich zur Zeit der Vornahme der Impfung bereits im ersten Stadium der Lungenscuehe befinden, schlägt dieselbe nicht an, im Gegentheile scheint die weitere Entwicklung der Krankheit dadurch begünstiget zu werden. Rinder, welche mit Erfolg geimpft wur­den , sollen nach Ablauf der hiedurch entstandenen Krankheit sich schnell erholen, milchergiebiger und mastfähiger werden als vorher, und vor der Anstekung durch lungenseuchekranke Rinder für immer oder doch wenigstens für eine längere Zeit gesichert bleiben.
Nach den Ergebnissen der, von einer französischen Commission angestellten Impfversuche kann angenommen werden, dass unter hundert Geimpften der örtliche Process an der Impfstelle bei sechzig leicht, bei siebenundzwanzig in Complication mit Brand (mit dem Verluste eines grösseren oder kleineren Schweifstückes), bei eilf tödtlich verlaufe, dass also die Mortalität auch hier keine unbedeutende sei, wozu noch der, durch die Verstümmelung des Schweifes erwachsende Nachtheil im ökonomischen Werthe der Thiere zu rechnen ist. Diese Verluste dürf­ten sich jedoch dann, wenn die Impfung mit Vorsicht an der angege­benen Stelle des Schweifes nur mit einer Exsudatflüssigkeit aus der Lunge eines im ersten Stadium der Krankheit befindlichen Rindes, oder aus der durch die Impfung entstandenen Sohweifgeschwulst vorgenom­men und die Vorsicht gebraucht wird, die Verwendung jauchiger oder eiteriger Flüssigkeit als Impfstoff unter allen Verhältnissen zu vermeiden, dann bei drohendem Brande tiefe und ergiebige Einschnitte in die Ge­schwulst zu machen und die Thiere auch innerlich entsprechend zu behandeln, um Vieles verringern.
Jene, welche in Gegenden, in denen diese Seuche beinahe fort­dauernd herrscht, wie in Belgien, Holland, Norditalien, Südtirol, Beob­achtungen über die Impfung gemacht haben, sprechen sich beinahe durchaus zu Gunsten derselben aus und bemerken, dass seit Einführung derselben Ortschaften und Ställe, in denen sonst die Seuche fortwäh­rend herumschlich, von ihr gänzlich befreit wurden und dass kein mit Erfolg geimpftes Stück noch von der Lungenseuche befallen worden sei, selbst wenn es zu derlei Kranken gestellt wurde. Andere läugnen jedoch ihre quot;Wirksamkeit völlig und behaupten, die örtliche Eruption
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Lmigensenche.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 033
an der Impfstelle sei kein speeifischer, sondern, -nüe diess auch höchst wahrscheinlich ist, ein durch die Einführung einer fremdartigen Flüs­sigkeit hervorgerufener Process. Sicher ist es, dass der durch die Im­pfung entstehende locale Process die grösste Aehnlichkeit mit jenem zeigt, -welcher durch eiterige oder jauchige Infection reranlasst wird, und durchaus nicht eine, der Lungenseuche ähnliche innere Erkrankung veranlasse. Bei dem Widerspruche, der zwischen den Yertheidigern und Gegnern der Lungenseuche herrscht, und bei dem Umstände, als sich hierorts bisher keine hinreichende Gelegenheit zur Anstellung solcher Versuche ergab, können wir ein massgebendes Urtheil für oder gegen den Werth derselben nicht abgeben, möchten uns aber, auf Grundlage einer unparteiischen Würdigung der bisher veröffentlichten Thatsachen Jenen anschliessen, welche über die Wirksamkeit dieses so warm em­pfohlenen Schutzmittels bescheidene Zweifel hegen. Hiermit soll jedoch nicht gesagt werden, dass die Impfung in vorkommenden Fällen, wenn die Viehbesitzer sich dazu herbeilassen (denn der Staat leistet hiebei keinerlei Entschädigung für etwaige Verluste) nicht weiter versucht zu werden verdiene. In Orten, wo die Lungenseuche nicht herrscht, wäre sie jedoch in jedem Falle zu unterlassen.
Die Aeser dA gefallenen Stücke, deren Haut wie im allg. Theile bemerkt zu behandeln ist, sind so wie die bei ilmen benützte Streu und die Abfälle in eine tiefe Grube zu verscharren. Die Knochen können jedoch nach vorgenommener Peinigung verwerthet werden. Die Ställe, worin Kranke gestanden, so wie die Stallgeräthe müssen auf das Sorgfältigste, letztere mit scharfer Lauge oder Kalkmilch gerciniget, die Stallwände frisch geweisst und die Ställe, nachdem sie mit Chlordämpfen ausge­räuchert worden sind, durch mehrere Tage wohl durchlüftet werden, ehe anderes Vieh eingestellt wird. Erst 20 Tage nach dem letzten Ge-nesungs- oder Todesfalle ist die Seuche in einem Orte oder Hofe als beendet zu erklären und auch dann ist es gerathen, das genesene Vieh noch durch einige Zeit von dem gesunden entfernt zu halten.
C. Veränderungen der physikalischen Eigenschaften.
sect;. 121. Veränderungen der Grosse. Eine Verkleinerung der Lunge kommt bei den im sect;. 103 angeführten Zuständen vor. Eine Vergrösserung derselben geschieht vorzüglich durch das Bläs­chenemphysem.
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634nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Lnngeni'mphysem.
Das Blüschtgt;iipm|ib,vseiii der Liiiigigt; (ljn|plivsi'iiia |iiiliiiniiuiii vcsinilarp).
sect;. 122. Man versteht hierunter eine übermässige Ausdehnung der Lungenbläschen, wobei dieselben bisweilen zu grösseren lufthaltigen Blasen zusammenflicssen. Dieser, bei Pferden nicht seltene Zustand entwickelt sich am häufigsten im Gefolge von chronischen Katarrhen der kleineren Bronchien, durch deren Secret, so wie durch die geschwollene Schleimhaut der Austritt der eingeathmeten Luft durch die Bronchien verhindert wird, wesshalb stets ein grösserer Theil derselben in den Bläschen zurückgehalten wird, während deren Menge durch die beim Einathmen einströmende Luft wiederholt vermehrt wird. Die Lungen­bläschen werden hiedurch abnorm ausgedehnt, verlieren ihre Contrac-tilität und bleiben in erweitertem Zustande. Im Gefolge von Krankheits-processen, durch die ein Theil einer oder eine ganze Lunge für den Eintritt der Luft unwegsam wird, wie von Lungenentzündungen, aus­gebreiteter Tubereulose, Lungencompression, entwickelt sich häufig in den gesunden Lungenpartien ein Emphysem, welches dann ein vicari-rendes genannt wird. Emphysematische Lungen oder Lungenab­schnitte sind vergrüssert, häufig mit Rippeneindrücken versehen, stumpf-randig, fallen beim Eröffnen der Brusthöhle nicht zusammen, sind kissen-oder flaumenartig weich und blässer als die normale Lunge. Beim Ein­schneiden sinken sie unier einem matten Knistern zusammen, das Lungenparenchym ist blass, blutarm, trocken und zähe; nicht selten finden sich in ihm erbsen- bis haselnussgrossc dünnhäutige Höhlen, an deren quot;Wandungen noch die Beste der früheren Wände der einzelnen Lungenzellen als leistige Torsprünge übrig sind. Erstreckt sich das Em­physem auf eine ganze oder auf beide Lungen, so ist das Zwerchfell weit nach rückwärts geschoben, das Herz von der ausgedehnten Lunge überdeckt und wegen des, durch diesen Zustand vcranlassten Circula-tionshindernisses in seiner rechten Kammer ebenso wie die grossen Ve­nenstämme mit Blut überfüllt und nicht selten hypertrophisch.
Erreicht das, im Gefolge chronischer Katarrhe sich entwickelnde Emphysem einen höheren Grad, so veranlasst es beim Pferde die Er­scheinungen des Dampfes, welche sich oft schon bei einer nur massi­gen Bewegung zur aufl'allendsten Athemnoth steigern und bei längerer Andauer durch die sich entwickelnden Folgezustände (Erweiterung der rechten Herzkammer, mechanische Stauung des Blutes im gesammten Venensysteme) allmälig zunehmen. Durch die behinderte Oxydation des Blutes bildet sicli eine Abänderung der Blutinischung und Abmagerung
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Langenompbyseni.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;uoO
hervor und es treten schliesslioh die Erseheinungen eines cachectischen Zustandes auf. Die Gegenwart eines bedeutenden Emphysemes, das bei Pferden schon aus dem, im Stande der Ruhe erschwerten Athmen, bis­weilen mit erweiterten Nasenflügeln, aus der stärkeren Bewegung der Flankengcgend bei Fieberlosigkeit vermuthet werden kann, wird durch die physikalische Untersuchung der Brust zur Evidenz erhoben. Der Fer-cussionsschall ist in einem solchen Falle bis an die letzten Rippen nach rückwärts, gewöhnlich auch in der Herzgegend gleichmässig sehr voll, häufig auch sehr hell. Die Auscultation ergibt gewöhnlich die verschie­denen Arten von Rasseln, Pfeifen und Schnurren.
Hat sich ein partielles Emphysem in der Umgebung eines infil-trirten Lungenstückes, z. B. bei Lungenentzündung entwickelt, so ist der Percussionsschall, wenn die emphysematische Lungenpartie ihre Contracülität ganz verloren hat, tjTnpanitisch.
Der Verlauf ist ein chronischer; eine Heilung, wenn einmal die Lungenzellen ihre Contracülität eingebüsst haben, nicht denkbar, daher ein Curversuch vergebens.
sect;. 123. Von dem Bläschenemphyseme unterscheidet man das so­genannte interlobuläre (Emphysema pnlmonum interlobulare) bei welchem eine Zerreissung von Lungenbläschen mit Luftaustritt in das die Läppchen verbindende Zellgewebe und unter das, dann blasen­artig emporgehobene Lungenfell stattfindet. Man trifft es bei Pferden, besonders an der Spitze und an dem vorderen, unteren Theile der Lunge, vorzugsweise dann, wenn sie während der letzten Lebensmomente sehr unruhig waren, sich heftig wälzten oder niederwarfen, daher besonders bei den, mit dem Tode endigenden Koliken und dann, wenn dem Tode eine sehr heftige Athemnoth vorherging. Für eine Leichenerscheinung, in Folge der durch Fäulniss eingeleiteten Gasentbindung können wir es nicht halten, da es sich auch dann vorfindet, wenn die Section un­mittelbar nach dem Tode vorgenommen wird.
sect;. 124. Veränderungen der Lage der Lunge werden veran­lagst durch den Druck von Exsudaten, Extravasaten und Luft im Pleurasacke, von Geschwülsten in der Brusthöhle, von dem ausgedehn­ten Hinterleibe her, durch penetrirende Brustwunden, durch welche eine Lungenpartie vorfällt.
sect;. 125. Verwundungen der Lunge durch von aussen eingedrun­gene fremde Körper kommen nicht selten vor und sind meistens sehr
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Parasiten in der Longe.
gefahrlich. Bei Rindern dringen bisweilen von der Haube aus Nadeln, Drahtstücke u. dgl. durch das Zwerchfell in die Lunge ein, wo sie ge­wöhnlich eine umschriebene Entzündung veranlassen und schliesslich eingekapselt werden.
Ton den Veränderungen der Färbung, Consistenz u. s. w. war bereits an den betreffenden Orten die Rede.
D. Parasiten.
sect;. 126. In der Lunge des Rindes kommt der vielgestaltige Hülsenwurm, innerhalb schwieliger Kapseln eingeschlossen, bisweilen in so bedeutender Menge vor, dass dadurch das zwischonliegende Lun-genparenehym zu bandartigen Streifen schrumpft. Neben deutlich er­kennbaren Wurmblasen finden sich häufig fibröse, mit einer kalkbrei-ähnlichen Masse gefüllte Kapseln, in welchen sich noch die Haken der zu Grunde gegangenen Echinococcen nachweisen lassen. Während des Lebens wäre die Stellung der Diagnose nur dann möglich, wenn der Durchbruch solcher Blasen in einen Bronchus stattfinden würde und die Expectoration der Würmer beim Husten nachweisbar wäre.
Bei Ziegen findet sich bisweilen das gezähnelte Fünfloch, gewöhnlich im eingekapselten Zustande in den Lungen.
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IV. Abtheiluug.
Krankheiten der Kreislaufsorgane.
I. Abschnitt.
Krankheiten des Herzens und Herzbeutels.
sect;. 1. Krankheiten des Herzens und seiner Umhüllung kommen bei den Hausthieren im Verhältnisse nicht häufig vor und werden #9632;während des Lebens wegen der Schwierigkeit ihrer Diagnosticimng ge­wöhnlich nicht erkannt. Am öftesten trifft man sie noch bei Hunden, schon seltener bei Pferden und Hindern, bei welcher letzteren Thiergatlung sie bisweilen durch mechanische Einwirkungen veranlasst werden. Bei der Seltenheit ihres Vorkommens ist über die, ihre Ent­stehung begünstigenden Momente, so wie über die, ihren Eintritt bedin­genden äusseren Schädlichkeiten wenig bekannt, dagegen ist der Ein-liuss sichergestellt, welchen Störungen anderer Organe auf die Entwick­lung von Herzkrankheiten haben. Ausser gewissen Zuständen des (Jefässsystems sind es namentlich einzelne Lungenkrankheiten, welche in Eolge des mechanischen Hindernisses, das sie dem Kreislaufe ent­gegensetzen, seeundär zu Erkrankungen des Herzens führen.
Die Herzkrankheiten verlaufen entweder sehr rasch, wie diess bei den fieberhaften Entzündungen der Eall ist, oder sie beginnen u. z. häufiger unmerklich mit einer Störung der Ernährung, deren Gegenwart sich erst dann durch Symptome zu erkennen gibt, wenn sie eine be­deutendere Höhe erreicht hat. Jedoch hinterlassen auch acute Erkran­kungen gewöhnlich Veränderungen, welche ihren nachtheiligen Einfluss
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Herzkrankheiten.
während der übrigen Lebenszeit des Thieres fortan äusseni, du an eine vollständige liüekbildung derselben nieht zu denken ist.
sect;. 2. Die Symptomatologie der Herzkrankheiten ist bei den Hausthieren in der Kegel eine sehr unbestimmte. Die Zeichen aus dem Herzstosse, welcher unter normalen Verhältnissen an der linken Seite der Brust hinler dem Ellbogen zu fühlen ist (dort, wo er in der Ruhe unfühlbar ist, tritt er meist schon nach einer massigen Bewegung deut­lich hervor), geben nur sehr unsichere Anhaltspuncte zu einem .Schlüsse auf die Gegenwart einer anatomischen Störung des Herzens, indem auch eine abnorme Junervatiou (z. B. beim Fieber), krankhafte Zu­stände der Lunge, Behinderung des Kreislaufes überhaupt ihn mannigfach abändern. Ein über eine sehr bedeutende Ausdehnung fühlbarer, sehr kräftiger Herzstoss kann auf eine Vergrösserung des Herzeus, das Un-fühlbarwerden des früher deutlichen Herzschlages, wenn ihm nicht eine Verdrängung des Herzens durch Erguss in die Brusthöhle zu Grunde liegt, auf einen Ergnss in der Herzbeutelhöhle, ein in der Herzgegend fühlbares Beibeii auf die Gegenwart eines trockenen Exsudates im Herzbeutel schliesseu lassen, vorausgesetzt, dass die übrigen Zeichen damit übereinstimmen; bei bedeutenden linksseitigen pleuritischen Ex­sudaten wird der Herzstoss bisweilen (wenigstens bei Pferden) rechts deutlieh fühlbar, während er links völlig verschwindet. Bio bei der Percussion und Auscultation des Herzens sich ergebenden Zeichen sind zur Feststellung bestimmter Herzkrankheiten bei Thieren, wegen der eigenthümlichen Lagerung des Herzens, in vielen Fällen nicht aus­reichend. Bei den kleinen Hausthiergattungen ist die normale Lage und Grosse dieses Organcs wegen seiner Kleinheit an und für sich durch die Percussion schwer zu bestimmen, bei Schweinen wegen der Dicke der Haut und der meist vorhandenen Unbändigkeit der Thiere meistens gar nicht auszumitteln. Bei Pferden und Rindern, bei welchen nur ein Theil des linken Herzens der Untersuchung durch die Percussion zugänglich ist, erhält man unter normalen Verhältnissen an der linken Brustwandung unmittelbar hinter dem Ellbogen einen leeren Percussions-schall, der sich ungefähr 0—7quot; vom Boden der Brusthöhle nach aufwärts und i—5quot; von der Schulter nach rückwärts erstreckt. Nur eine be­deutende Verbreitung der Dämpfung des Percussionsschalles über die angegebenen Grenzen könnte für eine Umfangsvermehrung des Herzens oder für eine Ausdehnung des Herzbeutels durch serösen Erguss sprechen, wenn der übrige Symptomencomplex damit übereinstimmt. Legt man das Ohr an der angegebenen Stelle an die Brustwanduug, so hört man
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HorzkraiikheUeu.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;630
zwischen je ^wei Herzschlägen zwei Herztöne, wovon der erste, wel­cher mit dem Herzstosse, also mit der Systole der Kammern gleichzeitig eintritt, vorzüglich durch die Anspannung der zwei- und dreizipfeligen Klappen und das Anschlagen des Blutes gegen dieselben hervorgebracht wird, während der zweite, dessen Entstehung hauptsächlich durch das Aufblähen der halbmondförmigen Klappen der Arterieuursprünge bedingt wird, bei der Diastole der Kammern erfolgt. Eine Auscultation der in der Lungehschlagader und in der Aorta entstellenden Töne ist bei den grossen Hauslhicrcn unausführbar. Eine Abweichung in der Rein­heit und Deutlichkeit dieser beiden Töne oder die Ersetzung eines der­selben durch ein Geräusch ist nur sehr schwer bei grösseren Thioren, bei welchen übrigens auch nur selten die Bedingungen zur Entstehung von Herzgeräuschen zugegen sind, auszumittelu; bei Hunden, wo chro­nische Herzkrankheiten öfter vorkommen, gelingt diess leichter, und es weiset dann das Vorhandensein rauher oder blasender, die Herztöne entweder ersetzender oder neben ihnen vorkommender Geräusche auf Unebenheiten und Brühigkeiten, über welche das Blut im Herzen strömt, oder auf Xichtschliessen der Klappen hin. Ein mit dor Systole der Kam­mern zusammenfallendes Geräusch wird entweder durch llauhigkeiten in der .Xälie der Ursprungsstellc der Arterienstämme aus dem Herzen oder durch ein Mchtschliessen der Vorhofsklappen, ein bei der Diastole der Kammern sich einstellendes Geräusch durch ein, dem Einströmen des Blutes aus der Vorkammer in die Kammer entgegenstehendes Hin-derniss bedingt. Mit dem Herzstosse zusammenfallende lleibungsgeräusche zeigen Rauhigkeiten an den einander zugekehrten Flächen des Herzbeu­tels an. Aus der Beschaffenheit des l'ulses lässt sich ein Schluss auf eine bestimmte Herzkrankheit nicht ziehen, da derselbe hiebei die ver­schiedensten Modificationen zeigt.
sect;. 3. Die Eolgen, welche namentlich chronische Herzkrankhei­ten in verschiedenen Organen hervorrufen, sind sehr vielfach. Sehr kräftige Herzbewegungen, wie sie bei Hypertrophie des Herzens bis­weilen vorkommen, können zum zeitweiligen Eintritte von Hyperämien des Gehirnes (zu Schwindelantällen) und der Lungen, selbst zu Blutextra-yasationen in diesen Theilcn führen. Chronische Herzkrankheiten veranlas­sen Blutstockungen in den Venen, sobald der Rückliuss des Blutes aus diesen in das Herz behindert wird und geben dadurch zu mechanischen St äsen, Blutungen, Störungen in der Ernährung, zu serösen Ergüs­sen u. dgl. Veranlassung. Durch die in ihrem Gefolge auftretenden Hyperämien der Lungen, die sich zu wahren Ausschwilzungsprocesscn
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Uerxklopfeu.
steigern können, stellt sicli gewöhnlich, #9632;wenigstens bei angestrengterer Bewegung, eine mehr oder weniger bedeutende Athmungsbeschwerde ein. Aus denselben Ursachen entwickelt sich auch so häufig ein seeun-däres Leberleiden und chronischer Katarrh der Darmschleimhaut. Der Einfluss von Herzkrankheiten auf die Centralorgane des Nervensystems ist bei den Hausthieren, wenn von dem oben Angeführten abgesehen wird, noch völlig unbekannt.
Acut auftretende Herzkrankheiten erfordern bald ein antiphlogi-stisches, bald ein beruhigendes Verfahren, bei chronisch verlaufenden nützt höchstens eine gegen die drohendsten Symptome gerichtete Cur.
I, Functionelle Störungen.
IImklo|il'cii (Pal|iitii(iu cordis).
sect;. 4. Als eine nervöse Affection muss das, bisweilen bei Pferden vorkommende Herzklopfen angesehen werden, da, wenig­stens bisher, Abnormitäten in den Herztönen hierbei nicht aufgefunden werden konnten und auch der gewöhnlich bald eintretende Kachlass der Symptome diese Annahme ausschliesst. Zur Vornahme von Sectionen hat sich, hier wenigstens, bisher eine Gelegenheit nicht ergeben.
Die Pferde werden vom Herzklopfen plötzlich und meistens ohne eine nachweisbare Ursache befallen. Puls und Herzschlag werden be­schleuniget; es stellt sich ein heftiges, mit dem Herzstosse gleichzeiti­ges (isochrones), besonders am llückcu fühlbares Pochen ein, welches gewöhnlieh mit starker Erschütterung des llumpfes verbunden ist. Bei der Auscultation werden die Herztöne selbst an Stellen der Brust, wo dieselben sonst nicht vernehmlich sind, gehört; abnorme Geräusche im Herzen und die Zeichen einer Lungenkrankheit fehlen. Gewöhnlich schon am nächsten oder dritten Tage ist dieses Pochen entweder völlig verschwunden oder doch an Intensität bedeutend verringert. Bisher ist es uns noch nicht vorgekommen, dass ein an Herzklopfen leidendes Pferd zum wiederholten Male desshalb vorgeführt worden wäre. Nebst öfterem Frottiren, Klystiersetzen und möglichst ruhigem Verhalten wur­den innerlich die Mittelsalze, Salpeter oder Brechweinstein mit Digita­lis gegeben, in einigen rällcn aber ein ganz indifferentes Verhalten mit demselben günstigen Erfolge durchgeführt.
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Stürunlt;fen des Kreislaufes im Herzen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 641
II. Anatomische Störungen.
A. Locale, Störungen des Kreislaufes.
1. Anäiiile und llypfranillaquo;.
sect;. ft. Die Anämie des Herzfleisches, charakterisirt durch eine auffallend blasse Färbung desselben, kommt bei allgemeiner Anämie und in Combination mit Atrophie bei Verschliessung oder Verknöche­rung der Kranzarterien vor.
Die Hyperämie des Herzens findet sich bei Entzündung des Herzens, bei Krankhcitszuständen, dureb welche der Abfluss des Blu­tes aus dem rechten Vorhofe behindert ist, bei acuten Lungenkrank­heiten, beim Tode durch Erstickung und giebt sieli durch eine dunkle Färbung des Hcrzfleisches und grösseren Blutgehalt der kloinen Herz-gefässe zu erkennen.
Die Hyperämie des Herzbeutels, -welehe sich bald durch eine stärkere Injection seiner Gefässe, bald durch eine dunkle, gleich-massige Eöthung und Lockerung der Membran ausspricht, ist im Be­ginne der Herzbeutelentzündung zugegen.
2. ßliituug.
sect;. 6. Blutergüsse in das Herzfleisch kommen in Form kleiner Ekchymosen oder grösserer Heerde besonders nach Krankheiten vor, während deren Verlauf sehr energische Hcrzcontractionen zugegen wa­ren (bei Kolik, Lungenentzündung der Pferde), dann bei Krankheits-processen, welche zu Blutungen überhaupt disponiren (Typhus, Anthrax), endlich als Begleiter der Endocarditis. Ihre Gegenwart entgeht wäh­rend des Lebens der Beobachtung.
Blutungen in die Höhle des Herzbeutels werden bei Thieren in Folge mechanischer Verletzung desselben, ausserdem höchstens beim Anthrax und als hämorrhagisches Exsudat bei Herzbeutelentzündung bisweilen angetroffen.
3. Wassersucht.
sect;. 7. Die Herzbcutelwassersucht (H3-dropericardium) kommt als Theilerscheinung allgemeiner quot;Wassersucht, besonders bei Hunden und Schafen vor. Die Menge des in dem Herzbeutel ent-
RBIl, Tathol. und Therapie. II Aufl.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;41
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Atrophie, Hypertrophie des Ucrzcus.
haltenen Serums ist bisweilen sehr bedeutend, das Herz dann sehr blass und bei längerem Bestände des Leidens atrophisch.
B. StöriüiyeH der Ernährung. I. ilni|iliic.
sect;. 8. Eine Atrophie des Herzfleisches kommt bei den Haus-thieren selten vor. Sie ist entweder eine partielle, wie man sie als eine Verdünnung einer Wand der Vorhöfe bei Pferden bisweilen antrifft, oder eine totale, wenn sie die Wand wenigstens einer Herzhälfle oder des ganzen Herzens betrifft. Dabei ist die Muskelsubstanz bald blass und mürbe, bald dunkelgefarbt und ihre Consisteuz dichter. Das letz­lere ist namentlich dann der Fall, wenn die Verkleinerung des Herzens durch einen anhaltenden Druck von aussen, wie ihn schwartige, das Herz einkapselnde Massen oder flüssiges Exsudat nach Herzbeutelent­zündung ausüben, veranlasst wurde. Ausserdem findet sich nach sehr langwierigen, erschöpfenden Krankheitsprooessen das Herz bisweilen atrophisch, bald ohne andere Texturerkrankung, bald mit gleichzeitiger Eettdegeneration des Muskels. Man unterscheidet auch die Herzatrophie in die einfache, mit unverändertem Eortbestande der Weite der Herz­höhlen und Ostien, in die concent rise he, mit Verkleinerung und in die excentrische, mit Vergrösserung des Umfanges des Herzens.
Der Schwund der Herzklappen, bisweilen mit Durchlöche­rung und Eensterung zunächst ihres freien Eandes, findet sich an den halbmondförmigen, eine bedeutende Verdünnung an den dreizipfeligen Klappen u. z. gewöhnlich bei namhafter Erweiterung des Ostiums, nicht so selten bei Hunden und Pferden.
2. llv|ICIÜI(|lllic.
sect;. 9. Die Herzhypertrophie ist entweder eine partielle, auf einzelne Herzabschnitte beschränkte, oder eine totale — über das ganze Herz verbreitete. Sie kommt bei weitem häufiger in der linken als in der rechten Herzhälfte vor. Der hypertrophische Herzabschnitt ist gewöhnlich dunkler gefärbt, derber, die feinere Textur in der Regel unverändert, das Endocardium bisweilen starr und verdickt.
Bei der einfachen Hypertrophie sind die Wandungen des Herzens ohne Erweiterung der Höhlen verdickt; sie kommt bisweilen bei Krankheiten der Lnnge (z. B. Emphysem) vor, durch welche nam­haftere Circulatiohsstörungen gesetzt werden.
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Hcrzbypßrtropbie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;0*43
Hie cxcentrische Hypertrophie oder active Erweiterung des Herzens, wobei eine Verdickung der Wandungen mit Erweite­rung der Höhlen zugegen ist, ist die häufigste. Sie ist entweder über das ganze Herz verbreitet oder auf eine Herzabtheilung beschränkt, und befällt in dem letzteren Falle vorzugsweise den linken Ventrikel.
Eine concentrische Hypertrophie — Verdickung der Herz­wand mit Verkleinerung der Höhle — ist uns bisher bei Hausthieren noch nicht vorgekommen.
Von den Hypertrophien lassen sich die Erweiterungen des Herzens nicht leicht abgesondert betrachten, daher auch sogleich hier von ihnen die Rede sein möge.
Die sogenannte active Erweiterung fällt mit der excentrischen Herzhypertrophie zusammen. Die passive Erweiterung besteht in der Erweiterung meist nur eines Theiles des Herzens, mit Verringe­rung der Dicke seiner Wand, deren Muskelsubstanz hierbei bald normal, bald mürbe, leicht zerreisslich, blass oder schmutzig gelb, selbst fettig entartet erscheint. Sie betrifft vorzugsweise den rechten Vorhof und den rechten Ventrikel und kommt nicht selten neben excentrisoher Hyper­trophie der linken Kammer vor. Die Wandungen einer solchen Herz­höhle sind immer schlaff und fallen nach der Entleerung des in ihr enthaltenen Blutes rasch zusammen.
Die sogenannte einfache Erweiterung, d. h. die Vergrösserung der Geräumigkeit der Herzhöhlen mit unveränderter Dicke ihrer Wand, ist stets mit einer relativen Hypertrophie der Wandungen vergesell­schaftet, da diese sonst bei der Ausdehnung des Herzens nothwendig dünner geworden sein müssten.
Die Gestalt hypertrophischer und erweiterter Herzen erleidet eine Abänderung nach der Verschiedenheit der betroffenen Herzab­schnitte. Leidet die linke Kammer — und diess ist wenigstens bei excentrisoher Hypertrophie am häufigsten der Fall — so wird das Herz gewöhnlich länglich, kegel- oder walzenförmig, seltener breit und rund­lich, während zugleich die Scheidewand gegen die normale oder passiv erweiterte rechte Kammer vorspringt; ist der Zustand in dem rechten Herzen zugegen, so gewinnt das Herz eine Vergrösserung im Breiten­durchmesser.
Die Ursachen der Herzhypertrophien und Erweiterun­gen liegen:
a) in Klappenfehlern und in Verengerung der Ostien des Herzens, wodurch die Entleerung des Blutes aus einer Höhle in die
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()-l-4nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Herzhypertropliie.
andere erschwert, Anhäufung des Blutes mit Erweiterung und, in Folge der gesteigerten Muskelthätigkeit auch Hypertrophie der Wandungen bedingt wird;
b)nbsp; nbsp; in Hindernissen des Blutlaufes in den Lungen, veran-lasst durch Emphysem, Lungencompression, tuberculöse Infiltration, Bron-chialerweitcrung, wobei zuerst das rechte Herz und das Venensystem ergriffen, später in Folge der Störung des arteriellen Blutlaufes auch das linke Herz in Mitleidenschaft gezogen wird;
c)nbsp; nbsp;in übcrmässiger Functionirung des Herzens, wie sie bei Pferden, welche zu anstrengenden oder eine grosso Schnelligkeit erfor­dernden Dienstleistungen verwendet werden, stattfindet, in welchem Falle sich gewöhnlich zuerst eine excentrische Hypertrophie der linken Kammer entwickelt, welche selbst so bedeutend werden kann, dass sie eine Insufficienz der Klappen zur Folge hat;
d)nbsp; in Texturveränderungen des Herzens, wohin iusbesondore die, durch Herzbeutelentzündimg bedingte Erschlaffung des Herzens, die Anheftung und Verwachsung des Herzens an den Herzbeutel, die fettige Entartung der Herzmusculatur, die Schwielenbildung gehören; endlich
e)nbsp; nbsp;in Hindernissen des Blut laufes in der Aorta, veranlasst durch die, bei Hausthicren seltenen Aneurysmen derselben, durch den atheromatösen Process oder durch einen von der Umgebung auf die Aorta ausgeübten Druck.
Die Entwicklung der Herzhypertrophien ist eine sehr allmäligc ihr Verlauf ein chronischer. Durch die Fortdauer der veranlassenden Ursachen erreichen diese Hypertrophien und Erweiterungen bisweilen einen enormen Umfang, wie diess mehrere in der hiorortigen Sammlung aufbewahrte Präparate von Herzen der Pferde und Binder nachweisen. In ihren höheren Graden führen sie zu namhaften Störungen der Cir­culation und Ernährung, zu Hyperämien, serösen Transsudationen in Körperhöhlen und Gewebe, und können hiedurch oder durch Lähmung der Muskelthätigkeit des Herzens zum Tode führen.
Massige Herzhypertrophien werden bei Sectionen von Pfer­den nicht selten angetroffen, ohne dass sie während des Lebens auf­fallende Störungen veranlasst hätten. Höhere Grade derselben verur­sachen jedoch bei nur etwas forcirterer Bewegung jene Form der Schwer-athmigkeit, die selbst bis zur Erstickungsgefahr sich steigern kann, welche man mit dem Namen der Herzschlägigkcit oder Herz-schlechtigkeit bezeichnet. Bei solchen Pferden ist dann bisweilen
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Ilypertrophio der Horzklappon,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 045
sclion im Stande der Ruhe ein stärkerer Herzimpuls fühlbar und wenn nicht gleichzeitig ein Lungenemphysem vorhanden ist, auch durch die Percussion ein grösserer Herzumfang nachzuweisen; nach etwas stärke­rer Bewegung, während welcher die Thiero völlig aussei- Athem kom­men, ist die Erschütterung der Brust durch den Herzstoss bisweilen schon von Weitem sichtbar und mit der, an den Thorax gelegten Hand in weiter Ausdehnung zu fühlen.
Bei Hunden entwickeln sich Herzhypertrophien am häutigsten nach Herzbeutelentzündung und im Gefolge von Klappenfehlern. Hie Diagnose ist hei dieser Thiergattung mittelst der Percussion sicher­zustellen. Die Auscultation ergibt entweder die normalen Herztöne oder die, durch gleichzeitig vorhandene Klappenfehler bedingten Ge­räusche. Die Therapie muss einerseits auf die Entfernung der veran­lassenden Ursachen, andererseits auf die Mässigung der zu kräftigen Herzaction und die Beseitigung der gefahrdrohendsten Symptome gerich­tet sein. Sie findet jedoch höchstens bei Hunden Anwendung, da ge-niessbare Hausthiere vortlieilhafter geschlachtet, Pferde aber als dienst­untauglich in der Regel beseitiget werden. Bei den ersteren wird namentlich von Digitalis und Aconit in Verbindung mit Mittelsalzen Gebrauch gemacht.
sect;. 10. Eine Hypertrophie der inneren Herzauskleidung stellt sich am häufigsten an den halbmondförmigen Aorten- und an den zweizipfcligen Klappen ein. An den ersteren ist sie ge­wöhnlich durch eine Neubildung von elastischem (Jewebe bedingt, wel­ches anfangs von dem unveränderten Epithel überzogen ist, später aber fettig entarten und verkreiden kann (Atherombildung). Solche Klap­pen sind daher anfangs verdickt, an dem freien Rande gewulstet, ihre Knütchen verdickt und stark hervorragend. Bisweilen verwachsen solche Klappen von ihren Winkeln aus miteinander, verengern die Lichtung der Aorta und schliessen zugleich unvollständig — sie werden insufficient. In Eolge der atheromatösen Entartung werden die Klappen verkürzt, an ihrer Oberfläche rauh, höckerig oder bröckelig und bisweilen mit Eibringerinnseln beschlagen angetroffen. Entzündung dieser Klappen scheint in den meisten Fällen die Ursache dieses Processes, den man bei Hunden nicht selten und bei Pferden bisweilen antrifft, zu sein.
Die Hypertrophie der zweizipfeligen Klappe wird durch eine Verdickung ihrer Bindegewebsschichte veranlasst, wodurch die Klappe in den geringeren Graden des Leidens zunächst ihrem freien Rande, in den höheren vom Rande aus bis auf eine verschiedene Entfernung gegen
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G46nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Neubiljmigt'ii im Herzen.
ihren Ursprung hin verdickt, gelblichwciss, weniger beweglich, verkürzt und geschrumpft erscheint, während bisweilen auch die an der Klappe sich inserirenden Sehnenfaden sich verkürzt darstellen. In den höheren Graden der Entwicklung führt dieser Process, der in den meisten Fäl­len einer Entzündung des Endocardiums seinen Ursprung zu verdanken scheint, zur Insufficicnz der Klappe.
Ein ganz ähnlicher Befund wird bisweilen an den Knötohen der halbmondförmigen Aortaklappen bei Hunden und Pferden ange­troffen.
3. NFiibilduiigi'ii.
sect;.11. Bindegewebsneubildungen. Am Herzbeutel kommen Bindegewebsneubildungen sehr häufig als Sehnenflecke, dann als dendritische, in seine Höhle hineinhängende Vegetationen, als strangförmige Anheftungen, als schwielige, die beiden Blätter vereinigende Massen, endlich als Sarcombildung bei der Franzosen­krankheit vor. In allen kann Concrementbildung eintreten.
Im Herzen selbst kommen Bindegewebsneubildungen als Ver­dickungen der inneren Herzauskleidung und der Klappen, als warzige Wucherungen auf denselben, als sehnige Schwielen an verschiedenen Stellen, nach Entzündung des Herzfleisches mit gleich­zeitigem Schwunde desselben vor. Grössere Fibroide an den Klappen und den Kammerwandungen, von welchen andere Beobachter sprechen, haben wir bisher noch nicht angetroffen. Die Bildung von Concre-menten kommt in allen genannten Bindegewebsneubildungen vor; ob auch wahre Knocheuneubildung stattfinde, sind wir bis nun ausser Stande zu bestimmen; es sind jedoch Fälle (durch Gurlt) bekannt ge­worden, wo bei Pferden ein grosser Theil der Kammerwandungen von erdigen Concremcnten (Knochenneubildungen?) durchsetzt war; eines derselben litt an sehr hoch entwickeltem Dampfe.
sect;. 12. Xeubildung von Fett. Sie wird häufig als wuchernde Entwicklung des schon im normalen Zustande längs der Kranz- und Längenfurche des Herzens und um die grossen Gefässe vorhandenen Fettes, das dann bei Hunden nicht selten in grossen Klumpen ange­häuft ist, ja bisweilen das ganze Herz in einen Fettpolster einhüllt, angetroffen. Bisweilen atrophirt hiedurch das Herzfleisch, so dass dann ein Theil der Herzwand fast ganz aus Fettgewebe zu bestehen scheint, das nach aussen von dem Blatte des Herzbeutels, nach innen vom En­docardium umschlossen ist, während der übrige Theil des Herzfleisches
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NtMibildungcn im Herzen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 047
erbleicht, schlaff und brüchig ist. Dieser Zustand findet sich gewöhn­lich im Gefolge allgemeiner Fettleibigkeit bei Hunden. Hieher muss auch die bisher nur bei Pferden beobachtete fettige Entartung der l'rimitivbündel des Herzmuskels gerechnet werden, wobei die Muskel­substanz insbesondere der linken hypertrophischen Kammer an mehr oder weniger ausgebreiteten, scharf umschriebenen Stellen oder an klei­nen zerstreuten Flecken blassgelb, brüchig, selbst schmierig angetroffen wird. Die Ursachen dieser Degeneration sind bei den Hausthieren noch unbekannt; bei ihrer Ausbreitung über einen grösseren Herzabschnitt müsste sie zur Lähmung des Herzens führen.
sect;. 13. Tuberculose und Krebs des Herzens sind uns bisher ebenso wenig als Cysten vorgekommen. Krebsige Entartung des Herz­beutels findet sich bisweilen bei sehr vorgeschrittener Krebsdyscrasie der Hunde.
sect;. 14. Faserstoffgerinuungen. Nicht selten finden sich in den Herzhöhlen und an den Klappen Faserstoffgerinnungen, deren Bildung nach gewissen, in ihnen nachweisbaren Veränderungen schon während des Lebens stattgefunden haben muss, welche daher nicht als Leichenerscheinungen (s. allg. Theil) angesehen werden können. Es gehören hieher die Gerinnungen, welche sich an den durch Entzündung rauh gewordenen Stellen der inneren Herzauskleidung, in ausgebuch­teten Stellen der Herzwand, zwischen den hypertrophischen Balken­muskeln der Kammern und der Herzohren vorfinden und die entweder unregelmässige Lagen, oder in die Herzhöhle hineinragende kugelige Blasen bilden, aus gelbem, festem, trockenem und brüchigem Faserstoffe bestehen, welcher in seinen tieferen Lagen bald veränderte rothe Blut­körperchen, bald Heerde einer rahmähnlichen, weissen, eiterähnlichen oder einer braunen Flüssigkeit oder eines bröckligen Breies einschliesst (sog. globulöse Vegetationen). Sie vergrössern sich durch schichtenweise Ablagerung von Faserstoff aus dem vorbeiströmenden Blute, und lassen sich von der unterliegenden Herzauskleidung gewöhnlich ohne Verletzung derselben abziehen, oder es bleiben, falls dieselbe wie bei der Ent­zündung rauh und filzig ist. Beste derselben an ihnen hängen. Ihre erste Entstehung scheint durch ein Stocken des Blutes zwischen den hypertrophischen Fleischbalken, oder durch ein Herausgerinnen des Faserstoffes an den Sehnenfäden der Klappen oder auf die rauhe Herz­auskleidung zu Stande zu kommen.
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IIi-iv.beutelentzUndiiDg.
4. Giilzuiidiing.
a) Die Herzbeutelentzündung (Pericarditis).
sect;, 15. Sie kommt bei allen Hausthieren vor, und tritt entweder als selbstständigc Krankheit oder als Begleiterin von Entzündungen der Lunge und des Brustfelles auf. Als Ursachen ihrer Entstehung können alle jene Einflüsse angenommen werden, welche die letztgenannten Krank­heitsformen zu veranlassen vermögen. Bei Rindern wird sie bisweilen durch spitze Körper, Nägel, Nadeln u. dgl., welche von der Haube aus all-mälig das Zwerchfell, dann den Herzbeutel durchbohren und gewöhn­lich auch bis in die rechte Herzkammer eindringen, hervorgerufen.
Pathologische Anatomie. Die Herzbeutelentzündung ist ent­weder über den ganzen Umfang der Membran verbreitet oder auf einzelne Abschnitte beschränkt. Den Beginn des Processes macht auch hier die Hy­perämie, deren Merkmale schon oben geschildert wurden; auf sie folgen rasch Ausschwitzung und Neubildungen. Bei einigermassen intensiver Ent­zündung und insbesondere bei Rindern und Pferden, weniger bei Hunden, ist das Exsudat reich an Faserstoff, welcher sich an die Oberfläche beider Blätter des Herzbeutels niederschlägt und bald einen florähnlichen, zarten Anflug, bald eine dichte, drusig unebene oder zot­tige, von dem getrübten und mürben Herzbeutel abziehbare (bei Rin­dern 3—-4quot;' dicke), gelbröthliche, bisweilen von zahlreichen Blutpunkten durchzogene Masse darstellt. Nimmt die Menge des flüssigen Exsudates zu, so drängt das helle oder trübe Serum, indem es sich in zuneh­mender Menge anhäuft, die sonst aneinander liegenden beiden Blätter des Herzbeutels immer mehr auseinander und dehnt die Höhle namhaft aus, während hie und da die einander zugekehrten Flächen durch faserstofiige Stränge aneinander geheftet oder, selbst in einer grös-seren Ausdehnung mit einander verlöthet werden. Nie ist in diesen Gerinnungen eine Gewebsneubildung nachzuweisen; bisweilen erfolgt ein moleculäres Zerfallen derselben zu einer trüben Flüssigkeit, die dann in kleineren oder grösseren Heerden inmitten der Gerinnungen angetroffen wird. Bei Hunden ist bisweilen ein bald dickerer, bald dünnerer Eiter der Inhalt der Höhle des Herzbeutels. Dieser letztere selbst ist stets verdickt, trübe und mürbe, bisweilen, wenigstens stellen­weise, mit zottigen oder warzenartigen, sehr gefassreichen Bindege-webswucherungen bedeckt, aus welchen dann später entweder soge­nannte Sehnenflecke oder baumzweigzähnliche, in die Höhle des Herz-
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Herzbeutelentzündung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;G49
beuteis hineinwachsende Bindegewobswuchcrungcn oder strangariige Adhäsionen, selbst innige partielle oder totale Verwachsungen zwischen den einander gegenüberliegenden Blättern hervorgehen können. Das Herz erleidet bei nur einigermassen bedeutender Ansammlung von Exsudat in der Höhle des Herzbeutels eine Erschlaffung und Erbleichung seiner musculösen Wandungen und eine massige Erweiterung seiner Höhlen. Bei chronischem Verlaufe der Pericarditis wird es durch den Druck des Exsudates comprimirt; es erscheint dann kleiner, seine Kammern enger, das HerzHeisch bleich, weich, wie gekocht. Die innere Auskleidung des Herzens ist unverändert, nur selten gleichfalls entzündet. Unter günstigen Verhältnissen erfolgt die Resorption des Exsudates und es kehrt vollständige Normalität wieder. Häufig bleiben die oben ange­führten seimigen Verdickungen, Adhäsionen oder Verwachsungen zwi­schen Herzbeutel und Herz oder, falls die Blätter des Herzbeutels mit dichten Faserstoff'gerinnungen überzogen waren, auch der grösste Theil des ttüssigon Exsudates zurück, ja es erfolgt nicht selten noch der Nachschub neuer Mengen desselben — das Leiden wird chronisch. In jedem dieser letzteren Fälle bleiben Störungen der Circulation mit ih­ren Folgen zurück. Dort, wo die Herzbeutelentzündung in Folge des Eindringens eines spitzigen Körpers von der Haube aus entstand, ist gewöhnlich Verwachsung des Herzbeutels mit dem Zwerchfelle und eiteriges Exsudat in dem ersteren zugegen. Der Tod erfolgt entweder in Folge massenhafter Ausscheidung von Exsudat oder der eben ange­führten seeundären Veränderungen.
sect;. 1(5. Symptome. Die Krankheit beginnt mit Ausnahme jener Fälle, wo sie durch das Eindringen fremder Körper von dem Magen aus hervorgerufen wurde, und wo sie gewöhnlich mit Störungen der Fresslust und der Verdauung anfängt, denen sich später die mehr charakteristischen Erscheinungen hinzugesellcn, gewöhnlich mit heftigem Fieber, welches in -wechselnder Stärke anhält; das Athmen wird beschleu­niget, auffallend und schon bei massiger Bewegung sehr beschwerlich, während die physikalische Untersuchung der Brust kein Leiden der Athmungsorgane naclnveiset. Der Herzschlag ist anfangs gewöhnlich pochend, der Puls sehr (selbst bis hundert und darüber) beschleuniget, dabei klein, gespannt. Sobald die Oberfläche des Herzens mit geron­nenem Exsudate beschlagen ist, wird beim Anlegen des Ohres in der Herzgegend ein mehr oder weniger scharfes Keibungsgeräusch vernehm­lich, welches bisweilen auch der aufgelegten Hand fühlbar wird und mit den Herzbewegungen zusammenfällt.
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IIiM-zbeutelent/iiiidiMi^.
Häufig ist es jedocli beim Pferde nusscrorilentliili schwor zu bestimmen, ob
ein in der Herzgegend hiirbares Eeibungsgeriiuseh inuerlialb des Herzbeutels entstelle, oder durch die Reibung der mit geronnenem Exsudate beschlagenen Lungen an der Susseren Oberfläche des Herzbeutels oder durch llauhigkeiten des Brustfelles bedingt sei u. z. besonders dann, wenn bei bedeutender Beschleunigung der Atliembewegungen die Pulsfrequenz keine sehr hohe ist, so dass die Zahl der zugleich ungeordneten und unregelmässigen Atheinzüge jener der Pulse nahezu gleichkommt. In zweifelhaften Fällen wird man sich mit viel grösserer Wahrscheinlichkeit für die Gegenwart einer Pleuritis entscheiden können.
Nimmt im weiteren Verlaufe die Menge des serösen Exsudates #9632;zu, so sammelt sich dasselbe anfangs gegen den Grund des Herzens und um die grösseren Gelasse an, da das Herz als speeifisch schwerer Körper einen tieferen Platz einnehmen muss, als die leichtere ausge­schwitzte Plüssigkeit; erst wenn diese in bedeutender Menge vorhan­den ist, dehnt sie den Herzbeutel auch in seinem unteren Theile nach der Seite hin aus. Sobald daher einmal eine seröse Aus­schwitzung in seine Höhle erfolgt ist, wird der Percussionsschall zuerst in der Gegend des Grundes des Herzens und erst später auch nach abwärts in grösserem umfange gedämpft; ein Zeichen, welches im Zusammenhalte mit der Erscheinung, dass das vorher vorhandene lleibungsgeräusch, sobald das Herz durch flüssiges Exsudat vom Herz­beutel entfernt ist, verschwindet, der früher pochende Herzstoss schwä­cher oder unfühlbar, und die Herztöne in der Eegel weniger hell und schwächer werden, einen ziemlich sicheren Anhaltspunkt zur Diagnosti-cirung einer bedeutenderen Herzbeutelentzündung abgibt. Die gleich­zeitige Gegenwart einer Brustfellentzündung erschwert jedoch die Stel­lung einer sicheren Diagnose ausserordentlioh.
Der Verlauf und die Ausgänge dieser Krankheit sind sehr verschieden. Heftige Grade derselben enden häufig schnell tödtlich; die durch mechanische Verletzung des Herzbeutels bei Rindern ent­standene Entzündung verläuft meist chronisch, unter wiederholtem Eintritte einer scheinbaren Besserung; zuletzt gehen jedoch die Thiere denn doch unter den Erscheinungen der Cachexie zu Grunde. Genesung erfolgt bei massigen Graden der Krankheit durch Resorption des flüssigen Exsudates, wobei sich, wenn Rauhigkeiten der einander zugekehrten Herzbeutelflächen zugegen sind, das Reibungsgeräusch wieder einstellt und erst dann verliert, wenn Glättung derselben er­folgt ist. In solchen Fällen lassen die Fiebererscheinungen nach, die Thiere werden munterer, die Menge des Exsudates bleibt durch einige Zeit dieselbe und nimmt hierauf, manchmal nur sehr allmälig, manch-
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Ilerzbcutcleiit/.i'mdiing.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;()i) I
mal jedoch rasch ab. Ist der Herzbeutel mit bedeutend dicken Lagen geronnenen Exsudates beschlagen, und haben sich auf ihm die früher erwähnten gelassreichen Bindegcwebswuchenmgen entwickelt, so wird die Entzündung chronisch, die Menge des Exsudates nimmt allmälig zu und die Kranken erliegen schliesslich dem Leiden. Bedeutendere Adhäsionen oder umfangreichere Verwachsungen zwischen Herzbeutel und Herz veranlassen Störungen in der Herzbewegung und im Kreis­läufe, die letzteren besonders dann, wenn dabei das Herz durch eine dicke, harte Schwarte eingekapselt ist und hiedurch atrophirt.
Während des Verlaufes einer Herzbeutelentzündung sind wasser­süchtige Anschwellungen verschiedener Thcile eine nicht seltene Er­scheinung. Ihr Eintritt im Kehlgange, längs des Trieles und an der Vorderbrust bei Rindern wird auch unter den charakteristischen Zeichen der traumatischen Herzbeutelentzündung angeführt; sie sind wohl von der, durch die Durchtränkung mit Serum bedingten Lähmung des Herz-tleisches und der nachfolgenden passiven Erweiterung des Herzens abhängig. Dem Angeführten nach ist die Prognose im Allgemeinen ziemlieh ungünstig.
sect;. 17. Behandlung. Neben einem diätetischen Verhalten, wie bei Entzündungskrankheiten überhaupt, finden bei sehr acutem Auftreten ergiebige Aderlässe, antiphlogistische Salze, der Brechweinstein, das Ca­lomel Anwendung; ist die Heftigkeit des Leidens vermindert, so ist nebst dem Fortgebrauche der erwähnten Mittel das Fingerhutkraut am Platze. Scharfe Einreibungen in die Herzgegend sind von keinem beson­deren Erfolge. Bleiben flüssige Exsudate im Herzbeutel zurück, so können harntreibende oder Abführmittel, Einreibungen mit grauer Queck­silbersalbe versucht werden; eintretende Rückfälle können die wieder­holte Anwendung der Antiphlogose nothwendig machen.
Rinder, bei denen die Krankheit richtig erkannt wird, sollten baldmöglichst der Schlachtbank zugeführt werden.
b) Die Entzündung des Herzfleisches (Myocarditis).
sect;. 18. Ihre Gegenwart ist während des Lebens nur bei quot;Wieder­käuern zu vermuthen, u. z. bedingt durch Verletzung des Herzens durch spitze, beim Wiederkauen von der Haube aus durch das Zwerch­fell und den Herzbeutel eindringende und allmälig vorrückende Kör­per, welche schliesslich in die Seitenwand einer Kammer, bisweilen selbst bis an die Scheidewand der Kammern dringen und hiedurch
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6ö2nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Heraentefludung.
Entzündung des Herzbeutels, des Hei'zens und je nach dem Falle auch der inneren Herzauskleidung veranlassen. Da die Ausmittelung einer Herzbeutelentzündung allein schon auf manche Schwierigkeiten stösst, so ist es nicht zu verwundern, dass jene einer gleichzeitigen Herzent­zündung bei Hausthieren wohl kaum zu den Möglichkeiten gehört. Der in das Herz eingedrungene fremde Körper findet sich, da der Verlauf der Krankheit gewöhnlich ein chronischer ist,- häutig von einer derben, faserknorpelähnlichen Kapsel, in so weit er im Herzen steckt, einge­schlossen, wäbrend seine Spitze entweder von Faserstoffgerinnseln um­geben, frei in die Herzhöhle hineinragt oder an die gegenüberstehende Scheidewand stösst, deren Bekleidung dann in Folge des, bei den Herz­bewegungen stattfindenden Auf- und Abgleitens der Spitze zerrissen, an den llissrändern blutig, trübe und mit Faserstoftgerinnungen beschla­gen, die ausgefaserte Musculatur gewöhnlich von Eiter durchtränkt erscheint. In solchen Fällen, die sich während des Lebens nur als ein höherer Grad der Herzbeutelentzündung aussprechen werden, ist zeit­liche Schlachtung der Kranken das Gerathenste.
sect;. 19. Als Zeichen einer vorausgegangenen chronischen Herzent­zündung finden sich in den Cadavern von Pferden nicht selten weisse, derbe Schwielen, welche in einer verschieden grossen Ausdehnung und Menge die Stelle des Herzfleisches einnehmen, am häufigsten in der linken Kammer und in der Spitze vorkommen, von geringerer Dicke als die Herzwand und bisweilen etwas nach aussen gebuchtet sind (umschriebenes Herzaneurysma). Diese Ausbuchtung scheint schon vor der Bildung der Schwiele, in so lange die Muskolfasern sich in Folge der umschriebenen Entzündung im Zustande der Durchfeuchtung, Erweichung und fettigen Entartung befinden, zu geschehen.
Aeusserst selten finden sich kleine Ab seesse in einem Abschnitte des übrigens erschlafften, mürben und entfärbten Herzfleisches; beim Hunde wurde ein grosser Abscess im Herzen angetroffen; in einem Präparate der hiesigen Sammlung ist ein Herz mit einem etwa hühner-eigrossen, in die Herzhöhle hinein geborstenen Abscesse der Scheide­wand der linken Kammer aufgestellt. Sogenannte metastatische Ab­scesse finden sich bisweilen in dem Herz fleische pyämischer Thiere.
c) Die Entzündung der inneren Herzauskleidung (Endocarditis).
sect;. 20. Sie ist unseres Wissens gleichfalls noch nicht während des Lebens bei den Hausthieren diagnosticirt worden. Sie findet sich
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KutzlimhuiiJ des EndocaidiuiDSnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Göb
bei Secüonen von Pferden nicht sehr selten als Complication anderer Krankheitsprocesse, besonders der Lungen- und Brustfell-, der Bauch­fellentzündung; und anderer acuter Allgcmeinkrankheiten, dann nach dem länger fortgesetzten Gebrauche grösserer Gaben von Fingerhut­kraut, und ist dann meistens auf eine umschriebene Stelle der Aus­kleidung einer, besonders der linken Herzkammer beschränkt, während sie bei Hunden vorzugsweise die Herzklappen zu befallen scheint, wie diess die bei Sectiouen vorfindlichen Veränderungen derselben nachweisen. In den frühesten Stadien erscheint die innere Herzaus­kleidung, gleichviel ob die Entzündung an einer Kammerwand oder in einer Klappe verläuft, trübe, etwas verdickt und gelockert, an der Oberfläche matt und, sobald das Epithel abgestossen ist, rauh, aufge­lockert und wie zerfasert, gewöhnlich mit einer bald feinen warzigen, bald dicken und plattenähnlichen faserstoffigen Gerinnung überzogen, von welcher es zweifelhaft ist, wie viel davon Niederschlag aus dem Blute und wie viel durch das zerfaserte Gewebe der Haut an die freie OberÜäche ausgetretener Exsudalfaserstoff sei Diese Niederschläge hindern dann die allgemeine Infection, welche durch die Aufnahme des an der entzündeten Stelle sich bildenden Eiters in das Blut er­folgen und zur I'yämie führen würde. Nicht selten jedoch finden sich bei Thieren, welche der Section zu Eolgc an Entzündung der inneren Herzauskleidung gelitten haben, met astatischc Abcesse in der Milz, den Nieren und Lungen, deren Entstehung durch das Losreisseu klei­ner Stückehen der erwähnten Gerinnungen, Eortführen derselben durch das Blut und Einkeilung in der Capillarität dieser Organe zu erklären ist. Als Beste vorausgegangener umschriebener Eulzündungeu finden sich dann bei Pferden Yerdickungen (als sogenannte Sehnenflecke) und Verkreidungen der inneren Herzauskleidung; die faserstoffigen Auflagerungen scheinen nach vorheriger Yerfcttung durch das Blut weggeführt zu werden. Befällt die Entzündung eine Klappe, so sind die Erscheinungen derselben an und für sich gleich, jedoch wird durch die angeführten Veränderungen (Auflockerung und Zerrcissung ihres Gewebes, Verkreidung des ausgeschwitzten und aus dem kreisenden Blute niedergeschlagenen Faserstoffes, Neubildung von Bindegewebe) der Verschluss der Klappen aufgehoben (sie werden insufficient). In geringeren Graden dieses Leidens sind die zwei- und dreizipfelige Klappe durch Neubildung von Bindegewebe verdickt, stellenweise knor­pelhart, verkürzt, an ihren Bändern bisweilen mit einander verwachsen, oder vielfach ausgefranst, verzogen, an ihrer Oberfläche entweder mit
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6raquo;)2nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Herzentzftudmig.
Entzündung des Herzbeutels, des Herzens und je nach dem Falle auch der inneren Herzauskleidung veranlassen. Da die Ausmittelung einer Herzbeutelentzündung allein schon auf manche Schwierigkeiten stösst, so ist es nicht zu verwundern, dass jene einer gleichzeitigen Herzent­zündung bei Hausthieren wohl kaum zu den Möglichkeiten gehört. Der in das Herz eingedrungene fremde Körper findet sich, da der Verlauf der Krankheit gewöhnlich ein chronischer ist,quot; häufig von einer derben, faserknorpelähnlichen Kapsel, in so weit er im Herzen steckt, einge­schlossen, während seine Spitze entweder von Faserslotfgerinnseln um­geben, frei in die Herzhöhle hineinragt oder an die gegenüberstehende Scheidewand stösst, deren Bekleidung dann in Folge des, bei den Herz-bewegungen stattfindenden Auf- und Abglcilcns der Spitze zerrissen, an den llissrändern bluiig, trübe und mit Faserstoftgerinnungen beschla­gen , die ausgefaserte Musculatur gewöhnlich von Eiter durchtränkt erscheint. In solchen Fällen, die sich während des Lehens nur als ein höherer Grad der Herzbeutelentzündung aussprechen werden, ist zeit­liche Schlachlung der Kranken das Gerathenste.
sect;. 19. Als Zeichen einer vorausgegangenen chronischen Herzent­zündung finden sich in den Cadavern von Pferden nicht selten weissc, derbe Schwielen, welche in einer verschieden grossen Ausdehnung und Menge die Stelle des Herztleisches einnehmen, am häufigsten in der linken Kammer und in der Spitze vorkommen, von geringerer Dicke als die Herzwand und bisweilen etwas nach aussei! gebuchtet sind (umschriebenes Herzaneurysma). Diese Ausbuchtung scheint schon vor der Bildung der Schwiele, in so lange die Muskelfasern sich in Folge der umschriebenen Entzündung im Zustande der Durchfeuchtung, Erweichung und fettigen Entartung befinden, zu geschehen.
Aeusserst selten finden sich kleine Ab sees so in einem Abschnitte des übrigens erschlafften, mürben und entfärbten Herztleisches; beim Hunde wurde ein grosser Abscess im Herzen angetroffen; in einem Präparate der hiesigen Sammlung ist ein Herz mit einem etwa hühner-eigrossen, in die Herzhöhle hinein geborstenen Abscesse der Scheide­wand der linken Kammer aufgestellt. Sogenannte metastatische Ab­scesse finden sich bisweilen in dem Herz fleische pyämischer Thiere.
c) Die Entzündung der inneren Herzauskleidung (Endocarditis).
sect;. 20. Sie ist unseres Wissens gleichfalls noch nicht während des Lebens bei den Hausthieren diagnosticirt worden. Sie findet sich
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ButasQudnng des Euducauliuiusnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Oöo
bei Sedionen von Pferden nicht sehr selten als Complieation anderer Krankheitsprocesse, besonders der Lungen- und Brustfell-, der Eauch-fellentzündung und anderer acuter Allgemeinkrankheiten, dann nach dem länger fortgesetzten Gebrauche grösserer Gaben von Fingerhut-kraut, und ist dann meistens auf eine umschriebene Stelle der Aus­kleidung einer, besonders der linken Herzkammer beschränkt, während sie bei Hunden vorzugsweise die Herzklappen zu befallen seheint, wie diess die bei Sectionen voriindlichen Veränderungen derselben nachweisen. In den frühesten Stadien erscheint die innere Herzans­kleidung, gleichviel ob die Entzündung an einer Kammerwand oder in einer Klappe verläuft, trübe, etwas verdickt und gelockert, an der Oberfläche matt und, sobald das Epithel abgestossen ist, rauh, aufge­lockert und wie zerfasert, gewöhnlich mit einer bald feinen warzigen, bald dicken und plattenähnlichen faserstoffigen Gerinnung überzogen, von welcher es zweifelhaft ist, wie viel davon Niederschlag aus dem Blute und wie viel durch das zerfaserte Gewebe der Haut an die freie Oberfläche ausgetretener Exsudalfaserstoff sei. Diese Niederschläge hindern dann die allgemeine Infection, welche durch die Aufnahme des an der entzündeten Stelle sich bildenden Eiters in das Blut er­folgen und zur Pyämie führen würde. Nicht selten jedoch iinden sich bei Thieren, welche der Section zu Folge an Entzündung der inneren Herzauskleidung gelitten haben, met astatische Abcesse in der Milz, den Nieren und Lungen, deren Entstehung durch das Losreissen klei­ner Stückchen der erwähnten Gerinnungen, Fortführen derselben durch das Blut und Einkeilung in der Capillarität dieser Organe zu erklären ist. Als Beste vorausgegangener umschriebener Entzündungen finden sich dann bei Pferden Yerdickungen (als sogenannte Sehnentlecke) und Verkreidungcn der inneren Herzauskleidung; die faserstoffigen Auflagerungen scheinen nach vorheriger Verfettung durch das Blut weggeführt zu werden. Befällt die Entzündung eine Klappe, so sind die Erscheinungen derselben an und für sich gleich, jedoch wird durch die angeführten Veränderungen (Auflockerung und Zerrcissuug ihres Gewebes, Verkreidung des ausgeschwitzten und aus dem kreisenden Blute niedergeschlagenen Faserstoffes, Neubildung von Bindegewebe) der Verschluss der Klappen aufgehoben (sie werden insufficient). In geringeren Graden dieses Leidens sind die zwei- und dreizipfelige Klappe durch Neubildung von Bindegewebe verdickt, stellenweise knor­pelhart, verkürzt, an ihren Bändern bisweilen mit einander verwachsen, oder vielfach ausgefranst, verzogen, an ihrer Oberfläche entweder mit
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();gt; 1nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Entzündung ill's Endocardium^.
warzigen Wuc-lienmgon, oder mit höckerigen, harten (verkreidelen) Knötchen besetzt, in den höchsten Graden zu einem harten, dicken, in die Herzhöhle hineinragenden ringartigen Wulste verschrumpft, zu welchem die verkürzten und verdickten Sehnenfäden hinziehen, ein Zustand, welcher eine Verengerung (Stenose) der Communication zwischen Yoikammer und Kammer veranlasst. Die Folge des, durch diese Veränderungen bedingten Nichtschliessens der zwei- und drei­zipfeligen Klappen und der Stenose des venösen Ostiums ist, dass bei der Zusammenziehang der Kammern ein Theil des in ihnen enthaltenen Elutes, welches ganz in die Arterien abfliessen sollte, in den bereits mit Blut gefüllten Vorhof zurückströmt, in dem sich desshalb allmälig Erweiterung einstellt. Da nun aber bei der nächsten Erweiterung der Kammer alles in der Vorkammer enthaltene Blut in die Kammer strömt und diese zu verstärkter Zusammenziehung behufs seiner Austreibung veranlasst, so entwickelt sich in der Kammer Erweiterung der Höhle und Hypertrophie ihrer Wandungen. In Folge des erschwerten Ab-Üusses des Blutes aus dem Vorhofe wird auch das Blut in den ein­mündenden Venen gestaut und, da in der Regel die Entzündung der Herzauskleidung im linken Ventrikel stattfindet, so entwickeln sich die nachtheiligen Folgen zuerst in den Lungen als chronische Hyperämie, chronischer Bronchialkatarrh, chronisches Lungenödem, dann als Aus­tritt von Serum in die Brusthöhle (Brustwassersucht), Erschwerung des Athmens bei stärkerer Bewegung (Dampf); seeundär stellen sich dann wegen des gestörten Lungenkreislaufes Erweiterung des rechten Ven­trikels, Stauung des Blutes in den Körpervenen und hiedurch bedingte chronische Hyperämien und Ernährungsstörungen der grossen Bauchein-geweidc, der Magen- und Darmschleimhaut, seröse Infiltrationen in das Unterhautbindegcwebe, besonders der Extremitäten, Bauch- und Brust­wassersucht ein. Ist der Klappenverschluss in der rechten Kammer mangelhaft, so treten die zuletzt angeführten Folgen zuerst auf, und erst spät erfolgt in der Hegel eine Erweiterung und Hypertrophie der linken Kammer. Den chronischen Wassersuchten der Hunde liegen ge­wöhnlich derlei Klappenfehler zu Grunde, welche jedoch auch, wenn gleich viel seltener, bei Pferden vorkommen.
Eine ganz ähnliche Veränderung findet auch an den halbmond­förmigen Aortaklappen statt, welche in den häufigsten Fällen ver­schrumpft, verkürzt, mit Vegetationen und Verkrcidungen besetzt, bis­weilen mit einander verschmolzen (wodurch Stenose des arteriellen Ostiums bedingt wird), in jedem dieser Fälle aber insufficient angetroffen
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ISnbsQitdiuis des Bndocardiuius.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;6öÖ
werden. Durch diesen Zuslaud wird ein Zurückstaueu des lilulcs bei der Zusammenziehung der angefüllten Aorta gegen den von Blut erfüll­ten linken Ventrikel und secundär eine Erweiterung und Hypertrophie desselben, bisweilen auch ein Xichtschliessen der zwcizijjfeligcn Klappe wegen Erweiterung des Ostiums zwischen Vorkammer und Kammer und die hiedurch bedingten Eolgen veranlasst.
Die Diagnose von Klappenfehlern des Herzens lässt sich mit einiger Sicherheit nur bei Hunden feststellen. Eei Insufficienz der zweizipfeligen Klappe ist der Percussionsschall wegen der stets sich entwickelnden excentrischen Herzhypertrophie in grössercr Aus­dehnung gedämpft, bei der Auscultation ist an der Stelle, wo der Herzstoss fühlbar ist, der erste Herzton entweder undeutlich oder an­statt desselben ein Geräusch vernehmbar. Bei Verengerung des Ostiums zwischen der linken Vorkammer und Kammer ergibt die Per­cussion eine grösscre Ausbreitung der Herzdämpfung, die Auscultation anstatt des zweiten Tones im linken Ventrikel ein Geräusch. Die In-sufficienz der dreispitzigen Klappe veranlasst die Entstehung eines Geräusches anstatt des ersten Herztones und einen undeutlichen zweiten Herzten im rechten Ventrikel, bisweilen auch eine Pulsation der Halsvenen bei der Kammersystole.
Die Insufficienz der Aortaklappen bedingt excentrische Hypertropbie des linken Ventrikels, welche durch die Percussion und durch den verstärkten Herzstoss nachweisbar ist und die Entstehung eines Geräusches an der Ursprungsstelle der Aorta, welches den zwei­ten Herzton ersetzt. Sind Rauhigkeiten an der unteren Fläche dieser Klappen oder an der Aorta zugegen, so ist bisweilen auch während der Kammersystole ein Geräusch in der Aorta zu hören. Die Verengerung der Aortamündung, veranlasst durch Eehler ihrer Klappen, bedingt die Entstehung eines Geräusches statt des ersten und zweiten Aorten­tones, und wegen der vorhandenen excentrischen Hypertrophie des lin­ken Ventrikels eine entsprechende Abweichung des Pcrcussionsschalles.
Die Behandlung kann nur die im sect;. 9 entwickelten Zwecke verfolgen.
C. Veränderungen der physikaUschen Eigenschaften.
sect;. 21. Von den Veränderungen der Grosse und Gestalt des Herzens und des Herzbeutels war schon an verschiedenen Stellen dieEedc. Veränderungen der Eagc des Herzens werden durch Exsudate in
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GöU,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Veränderungen der physikalischen Eigenschaften — des luhaltes.
der Brustliöhle, Pneumothorax, Lungenemphysem, Arerödung der Lunge nach Brustfellentzündung, selten durch Geschwülste der Umgebung ver-anlasst.
Trennungen des Zusammenhanges des Herzens sind Folge äusserer Verletzungen, bei Rindern auch des Vordringens spitziger Kör­per von der Haube aus, heftiger Erschütterungen. Sie führen biswei­len plötzlichen Tod durch Verblutung oder durch Inanition herbei. Partielle llupturen des Herzfieisches erfolgen bei Herzentzündung, bei fettiger Degeneration und bei Abscessen des Herzfleisches, Zcrreis-sung der Klappen stellt sich bisweilen bei Entzündung und athero-matösor Entartung derselben ein.
Eine Vermehrung der Consistenz der Herzmuskeln findet sich bisweilen bei Hypertrophie, eine Verminderung derselben erfolgt bei Entzündung des Herzens und des Herzbeutels, bei fettiger Degeneration der Muskelfasern und im Verlaufe mancher Krankheitsprocesse, wie des Typhus, acuter Blutzersetzung, des Starrkrampfes.
D. Veränderungen des Inhaltes.
sect;. 22. Der Ansammlung von Serum, Exsudaten und Blut im Herzbeutel geschah schon früher Erwähnung.
Von Parasiten kommt in dem Herzen bei Schweinen die Finne, bei Hindern der vielgestaltige Hülsenwurm vor. Beim Hunde soll der Palissadenwurm mit dreieckigem Kopfe in dem Herzen ange­troffen worden sein.
II. Abschnitt.
Krankheiten der Gefässe,
I. Arterien.
sect;. 23. Krankheiten der Arterien sind bei den Hausthiercn im Ganzen ziemlich seilen. Die Diagnose derselben während des Le­bens ist überdiess in den meisten Fällen mit Sicherheit nur schwer oder gar nicht zu stellen. Es möge daher genügen, hier nur die wich­tigsten, wenigstens ein pathologisches Interesse bietenden Veränderun­gen, kurz zu betrachten.
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HypertropUie der Inneren Arterienhaut.
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sect;. 24. Die Thrombusbildung in den Arterien, so wie die Verstopfung derselben durch anderswo losgerissene Pfropfe (Embolie) wurde sammt ihren Folgen schon im allgemeinen Theile ausführlich geschildert.
1. H;|iertro|ihie und Atrophie.
sect;. 25. a) Die Hypertrophie der inneren Arterienhaut mit ihren weiteren Veränderungen ist die noch am häufigsten vorkom­mende Texturerkrankung der Arterien; namentlich gibt es nahezu nicht Ein Pferd, bei welchem dieser Process nicht an einer oder der anderen Arterie des Hinterleibes angetroffen würde. In dem Beginne der Ent­wicklung finden sich auf der Innenhaut der Arterien Hache, umschrie­bene, gelbliche Erhöhungen oder, u. z. besonders in kleineren Gefässen, ausgebreitete Verdickungen namentlich an den Theilungsstellen der Aeste, welche sich durch einen geringeren Glanz von der normalen Umgebung unterscheiden, bei einer näheren Untersuchung die Textur der Innenhaut zeigen, jedoch einen epithelialen Ueberzug nicht besitzen. Gewöhnlich sehr bald beginnt in diesen hypertrophischen Partien die fettige Entartung, wodurch dieselben weich und brüchig werden, welche Veränderung bisweilen bis auf die mittlere Haut übergreift. Häufig stellt sich neben der Bildung von Fettkügelchen auch die von Cholestearinkrystallen und Kalkkörnchen ein, ein Process, welchen man die atheromatöse Entartung nennt.
Der Process beginnt meist in den tiefsten Schichten der hypertrophi­schen Inneuhaut, welche hiedureh gelblich gefärbt und erweicht, später aber in eine breiige, glänzende Masse umgewandelt werden. Die mittlere Haut befindet sich in der Nähe solcher Heerde gewöhnlich auch im Zustande der Fettmetamorphose.
Allmälig greift der atheromatöse Process weiter gegen die obersten Schichten der Innenhaut, bis endlich auch diese durchbrochen wird und sich hiedureh ein verschieden grosser, bald glänzender, bald kalkig incrustirter Substanzverlust bildet, der sich durch fettige Entartung der Umgebung vergrössert und an dessen Eänder und Oberfläche sich Fibringerinnsel aus dem vorbeiströmenden Blute niederschlagen. Diese Veränderung wird bei Pferden sehr häufig in den Gekrösartcrien, weniger oft in der Brust- und Bauchaorta angetroffen.
Eine weitere Umänderung dieser hypertrophischen Platten ist die Verkreidung, welche der sogenannten Verknöcherung der Ar­terien, die nicht selten vorkommt und sich (nach Gurlt) bei der
Riill, Pathol. uiul Therapie. II. Aufl.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 42
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OOönbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Arterionentziuulinig.
Fraiizosonkrankhcit des Kindes in namhafter Ausdehnung vorfinden soll, zu Grunde liegt. Sie wird durch Ablagerung' von Kalksalzen bedingt und veranlasst das Entstehen einzelner oder zahlreicher, über verschieden grosse Strecken einer Arterie ausgebreiteter, harter, spröder Platten, die mit ihrer inneren glatten Fläche in die Höhle des Gelasses hineinsehen und, falls sie mit einem Bande über das Xiveau der an-stossenden inneren Gefässhaut hervorragen, zur Präcipitation von Fibringerinnseln aus dem vorbeiströnicndcn Blute Anlass geben. Die Ursachen der Entstellung dieser Hypertrophie sind unbekannt; ihre Folgen sind: Verengerung oder Versclilicssung des Gefasslumcns, die Bildung von Aneurysmen, von Fibringcrinnscln, welche Thrombose ver­anlassen können und, jedoch gewiss höchst selten, Berstung der Gefass-wand nach aussen.
b) Hypertrophie der mittleren und äusseren Arterien­haut begleitet gewöhnlich den atheromatösen Process. Eine Hyper­trophie sämmtlieher Häute wird in Arterien beobachtet, welche einen Collateralkreislauf vermitteln, welche zu sehr gefässreichen Ge­schwülsten hinziehen, dann in Aesten, vor welchen verengerte Gefäss-stellen liegen oder vor welchen Hemmnisse der capillaren Circulation sich befinden. Gewöhnlich sind solche Arterien auch erweitert und ver­längert, wesshalb sie meist auch einen geschlängelten Verlauf nicht zeigen. Eine partielle Atrophie der Artcrienhäute wird nur beim athe­romatösen Processe und bei Vereiterungsprocessen angetroffen.
2. Kcubildungitn.
sect;. 26. Die Neubildung von Bindegewebe, die fettige Entar­tung und die Concrementbildung, von welchen bereits die Eede war, sind die allein bekannten Formen.
3. ArlerieiiPiilzunilmig (Arterlüs).
sect;. 27. Spontane Entzündungen der Arterien sind uns bisher nicht vorgekommen. Secundär entwickeln sie sich bei Verstopfung des Lumens durch Fibringerinnsel und durch Embolie, nach Verwundungen ihrer Häute, endlich, wenigstens die Entzündung der äusseren Haut auch durch Uebcrgreifen einer Entzündung des umgebenden Bindegewebes. Die äussere Haut erscheint unter solchen Verhältnissen hyperämisch, angeschwollen und gelockert, das Gefässlumcn verengert, später erwei­tert. Bei überwiegender Neubildung vonquot; Bindegewebe kommt es zur
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Pulsadergeschwulst.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 659
fibrösen Verdickung der äusseren oder sämmtlichor Artoricnliäute, bei Eiterbildung oder jauchiger Veränderung des gesetzten Exsudates zur Nekrotisirung der Wandungen und zur üildung eines Pfropfes in der Ar­terie und in Eolge dessen entweder zur Obliteration des Arterienstückes oder zur Losreissung und Embolie solcher Pfropfe.
4. Erweiterung der Arterien (Arterledasls).
sect;. 28. In den meisten Eällen sind die Erweiterungen der Arte­rien, die sogenannten
Pulsadergesciiwulstc oder Aiieur^suien
durch eine Entartung der Gefasswände in Folge der Neubildung elasti­schen Gewebes in der llingfaserhaut und der nachfolgenden atheroma-tösen Entartung derselben bedingt.
Man unterscheidet die Pulsadergeschwülste in gleichförmige — wobei die Erweiterung der Arteric nach allen Seiten hin auf eine grössere Strecke zugegen ist und die nach ihrer Form bald cylindrisch, bald spindelförmig sind und, wenn überdiess an einzelnen Stellen der erweiterten Arterie besondere kleinere Ausbuchtungen zugegen sind, rankenförmige Aneurysmen heissen — und in sackförmige, bei welchen vorzugsweise eine Seite der Gefässwandung bauchig ausge­dehnt ist und die, wenn sie nur mit einer, im Verhältnisse zur Grosse des Sackes engen Oeft'nung mit der Lichtung der Arterien communiciren, als mit einem Halse aufsitzende bezeichnet werden. Während die ersteren äusserst selten sind, kommen die sackförmigen ausser-ordentlich häufig bei Pferden u. z. an der Bauchaorta und an den von ihr abgehenden Eingeweidearterien und unter diesen am öftesten an der vorderen Gekrösschlagader und ihren Aesten vor, an welchen letzteren sie unter hundert secirten Pferden gewiss (nach hierortigen Zählungen) neunzigmal u. z. in ihren verschiedensten Entwicklungsstu­fen, nicht selten auch in der Mohrzahl angetroffen werden.
Diese Aneurysmen bilden sich stets an solchen Stellen der kran­ken Arterienwand aus, an welcher die atheromatöse oder fettige Ent­artung bereits weiter vorgeschritten ist, indem diese dann dem Drucke des Blutes nicht widerstehen können und nach aussen gedrängt wer­den. Im Anfange und so lange die Ausdehnung keine bedeutende ist, bestehen die Wandungen des Aneurysma nebst der Neubildung aus sämmtlichen Gefässhäuten, später aber, wenn sich die Ausbuchtung
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bbOnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Pulsadergeschwulat.
mclir yergrössert hat und. dio fettige Entartung weiter vorgeschritten ist, sind alle Gefasshüute nur mehr an dem Eingange oder der Basis des anemysmatischen Sackes nachzuweisen, während weiter hinein und gegen die quot;Wölbung desselben die Wand des Aneurysma grösstentheils nur von der Zellscheide und der atheromatösen oder verkreidenden Neubildung dargestellt und bisweilen durcli die comprimirten Weich-theile der Umgebung verstärkt wird. Die Höhle eines aneurysmati-schen Sackes ist mit lilut und Eibringerinnseln ausgefüllt, welche nach aussen zu mit der Wand des Sackes innig zusammenhängen, hart, tro­cken, bisweilen aber fettig entartet oder verkreidet sind, je weiter nach innen zu, desto weicher, feuchter und röther werden, bis sie am Ein­gange des Sackes an frische Blutgerinnungen stossen. Wachsen Puls­adergeschwülste zu einer bedeutenderen Grosse heran, so veranlassen sie Verdrängung und Atrophie der angrenzenden Theile, sogar der Knochen (z. B. der Wirbelkörper bei Aneurysmen der Aorta). Die von einem aneurysmatischen Sacke abgehenden Arterienäste bleiben nur in seltenen Fällen für den Durchgang des Blutes wegsam, meist werden sie entweder von Fibringerinnseln oder dadurch, dass die, das Aneurysma bedingende Neubildung sich auch über den Anfang dieser Aeste aus­breitet, verschlossen.
Von Veränderungen eines ausgebildeten Aneurysma sind bisher bei Thieren die vollkommene Ausfüllung des aneurysmatischen Arterien­stückes durch Gerinnsel und die Einleitung eines Collateralkreislaufes, selten die Berstung (die an der Bauchaorta, an der vorderen Gekrös- und an der Gaumenarterie vorgekommen ist), beobachtet worden.
Die Diagnose könnte nur bei dem seltenen Vorkommen eines Aneurysma an einer oberflächlichen, der Untersuchung zugänglichen Arterie, aus dem Vorhandensein einerweichen, pulsirenden, bei der Be­rührung schmerzhaften Geschwulst, deren Pulsation bei einem Drucke auf den, dem Herzen näher gelegenen Theil der Arterien aufhört, und aus dem, beim Auscultiren hörbaren Schwirren oder Zischen gestellt werden. Das Aneurysma der, von der Bauchaorta abgehenden Einge-weideartcrien bringt bemerkbare Erscheinungen während des Lebens nicht hervor, auch Aneurysmen der Bauchaorta selbst sprechen sich durch charakteristische Erscheinungen nicht aus. Bei jenen Pferden, wo solche nach dem Tode angetroffen wurden, war öfteres Krän­keln, ein lahmer, schwankender oder wenigstens beschwerlicher und gespannter Gang mit dem Hintertheile oder ausgesprochene Lähmung
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Trennungen des ZnsammcnbangoB an den Arterion.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 661
desselben (periodisches Hinken, nach Wörz), manchesmal der zeitweilige Eintritt von Kolik beobachtet worden.
Die Ursache der Entstehung dieser Aneurysmen ist ebenso un­bekannt, wie jene der sie bedingenden Neubildung elastischen Gewebes. Das häufige Vorkommen dieses Zustandes in den vorderen Gekrösarte-rien und ihren Aesten beim Pferde dürfte durch den anhaltenden und zeitweilig verstärkten Zug, den die an einem sehr langen Gekröse herab­hängenden Därme auf die Gekröswurzel ausüben und durch die Ver­ziehung der Ursprungsmündungen der kleineren, unter spitzen Winkeln abgehenden Gefässchcn durch die stark angefüllten Därme wenigstens begünstiget werden.
In den aneurysmatischen Säcken der vorderen Gekrösarterie des Pferdes findet sich u. z. gewöhnlich in grosser Menge und eingebettet in den Fascrstoffgerinnseln die kleinere Varietät des bewaffneten Pa­lis sad enwurmes.
Ausser dieser aneurysmatisclicn Erweiterung kommen auch gleichförmige Erweiterungen ohne Veränderung der Arterienhäute an solchen Schlag­adern vor, in deren Zweigen dem Eintritte des Blutes ein mechanisches Hinderniss entgegensteht, wie diess bisweilen an den Hauptästen der Lungenschlagader bei Em­physem, bei chronischer Lungeninliltration u. s. w. bemerkt wird.
5. Vcmigeriing und Vmthllessiing der Arterien.
sect;. 29. Sie wird bedingt durch die früher erwähnte Hypertrophie der elastischen Haut mit nachfolgender Verkreidung, durch Druck auf Arterien von der Umgebung axis, z. B. durch Aneurysmen, angeschwol­lene Lymphdrüsen, Geschwülste aller Art, endlich durch FaserstofFge-rinnungen in ihrer Höhle, die sogenannte Pfropfbildung, von wel­cher schon wiederholt gehandelt wurde.
6. Trennungen des Zusainmenhanges.
sect;. 30. Sie erfolgen in Arterien entweder durch aus sere Ver­letzungen oder durch spontane Zerreissungen. Das Letztere ist bisher nur selten an aneurysmatischen Säcken beobachtet worden. Die Verletzung einer grossen Arterie hat, wenn die Blutung nicht durch chirurgische Hilfeleistung rasch zum Stehen gebracht wird, den Tod durch Verblutung zur Folge; die Heilung einer durchgeschnit-nen kleineren Arterie geschieht durch Thrombusbildung; seitlich verletzte Arterien heilen nur selten durch Narben-, öfter durch Throm­busbildung oder es ergiesst sich das Blut in das umgebende Binde-
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Pfiopfbildung iu den Venen
gewebe, worauf die Arterie auf eine verschieden weite Strecke von blutig infiltrirtem Gewebe und Blutgerinnungen umgeben wird (pulsi­rende Blutbeule, falsches verbreitetes Aneurysma). Es erfolgt dann entweder Thrombusbildung in der Arterie und allmälige Resorption oder Verjauchung des Infiltrates in der Umgehung, oder es verdickt sich das, durch das ausströmende Blut auseinandergedrängte Bindege­webe zu einer festen Kapsel, deren Höhle mit der Lichtung der ver­wundeten Arterie communicirt, entweder flüssiges Blut oder Gerinnsel enthält und falsches umschriebenes Aneurysma genannt wird, ein Process, der uns bisher bei Thieren noch nicht vorgekommen ist. Wird eine Arterie nebst einer naheliegenden Vene verletzt (was beim Aderlasse an der Drosselvene des Pferdes bisweilen geschieht), so könnte ein varicöses Aneurysma, wobei die Arterienöffnung durch eine pulsirende Blutbeule, später durch ein umschriebenes falsches Aneurysma mit der Venenwunde in Verbindung stünde, entstehen. Xur in den seltensten Fällen dürfte eine Verwachsung der Arterie und der Vene derart stattfinden, dass ihre Oeffnungen unmittelbar auf einander zu liegen kommen, ein Zustand, der dann aneurysmatische Krampf­ader hiesse.
II. Venen.
1. IMniptliililunn.
sect;. 31. Gerinnungen des Blutes erfolgen in den Venen ver-hältnissmässig häufiger, als in den Arterien. Ihre Bildung ist durch verschiedene Ursachen bedingt. Die häufigsten sind: Entzündung der Wand der Vene mit eiteriger Zerstörung ihrer inneren Haut, Verlangsamung des Blutlaufes in einer Vene in Folge eines äus-seren Druckes oder der Blutstockung in jenen Capillaren, von welchen sie ihr Blut bezieht, oder in Folge einer Erweiterung der Vene oder eines sehr geschwächten Herzimpulses, endlich Verwundung oder Zerreissung von Venen, wenn hiebei nicht alles in ihnen enthaltene Blut entleert wird. Ein, aus irgend einer dieser Ursachen entstandener Thrombus kann durch Anlagerung neuer Gerinnsel aus dem vorbeiströ­menden Blute .in andere, communicirende Venen hineinwuchern, d. h. die Entstehung sogen, fortgesetzter Pfropfe, die zur Embolie am häufigsten Ahlass geben, bedingen.
Solche Gerinnsel, welche eine Vene bald vollständig, bald unvoll­ständig ausfüllen, bald bloss einer Wand anliegen, bestehen der Haupt-
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Pfiropfbildtuig In den Venen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ÜOb
sacho nach uus geronnenem Faserstoffe, sind daher derb; später werden sie trocken und brüchig. Im günstigsten Falle werden sie wieder all-mälig gelöset und durch den Blutstrom weiter geführt, worauf die Vene entweder für den Durchgang des Llutes wieder wegsam oder, nach dem Aufcinauderfallen und Verwachsen ihrer Wandungen für bestän­dig geschlossen wird. In anderen Killen werden Stückchen der Pfropfe (namentlich sogenannter fortgesetzter) durch das vorbeiliiesscnde Blut gelöset, weiter geführt und in die Capillaren (besonders der Lunge oder der Leber, je nachdem die Gerinnsel im Hohlvenensysteme oder in der Pfortader zugegen waren) eingeklemmt, wo sie zur Entstehung metastati­scher Entzündungen und ihrer Folgen Anlass geben. Dasselbe geschieht, wenn der Thrombus in eine eiterige, aus Detritus bestehende Flüssig­keit sich umändert. Während dieser Vorgänge hypertrophireu gewöhn­lich die äusscre und mittlere Venenhaut, während die innere meistens nekrotisirt und den Uerinnseln in Fetzen anhängt, worauf sich in den meisten Fällen seoundär eine Entzündung der Vene entwickelt.
In anderen Fällen endlich verkreiden solche, die innere Höh­lung einer normalen oder u. z. meist einer erweiterten Vene ganz oder theilweise ausfüllenden Pfropfe zu sogenannten Venensteinen (Phle-bolithen). Diese sind rundliche, weisse oder gelbe, concentrisch ge­schichtete, feste, bisweilen steinartige Körper von verschiedener Grosse, die entweder innerhalb einer seichten Ausbuchtung an der Venenwand oder ausserhalb der Lichtung der Vene in einem varicösen Säckchen liegen, das sich bisweilen von der Vene abschliesst, in welchem Falle dann der Vcnenstein, von einer dichten Kapsel umschlossen, in dem, die Vene umgebenden Bindegewebe liegt. Dieses Austreten eines Venen­steines scheint auch durch allmäliges Seilwinden der Venenhäute in Folge des von ihm ausgeübten Druckes geschehen zu können. Das Wachsthum geschieht durch schichtenweise Ablagerung von Faserstoff aus dem langsam vorbeiüiessenden Blute auf die schon vorhandene Con­cretion. Solche Venensteinc finden sich in dem Gekröse, in den breiten Mutterbändern, in varicösen Venen der Extremitäten der Pferde und der Kinder.
Pfropfe in kleineren Venen bringen Circulationsstörungen nicht hervor, indem das Blut durch anastomosirende Venen abtliesst; selbst bei Obturation grösserer Venenstämme entwickelt sich ein Collateral-kreislauf, jedoch in Folge der Stauung des Blutes in den Capillaren zugleich eine Hyperämie und hohe Grade von Ocdem in den, von die­sen versehenen Organen. (Solche schmerzhafte ödematöse Anschwellun-
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664nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; VoueuGntziiudimg.
gen stellen sich bisweilen an den hinteren Extremitäten der Pferde bei Thrombose der inneren Hautvene oder der Bcckcnvene ein.) Die nach­theiligsten Folgen führt die Embolic losgerissener Theile der Blutge­rinnsel herbei.
2. Hypertrophie und Atrophie.
sect;. 32. Die seltene Hypertrophie der inneren Venenhaut beschränkt sicli bloss auf die Bildung umschriebener Yerdickungen dieser Membran ohne weitere Metamorphose. Eine Verdickung der äusse-ren Haut bildet sich bisweilen nach Entzündung des umgebenden Bindegewebes aus.
Eine Atrophie der Venenwand entwickelt sicli in erweiterten und in solchen Venen, welche in verödeten Organen verlaufen.
3. Neubildungen.
sect;.33. Aussei- der, bei Hypertrophie der Venen wand vorkommen­den Bindegewebsncubildung haben wir bisher nur sehr selten Con-cremente in der Wand erweiterter Venen angetroffen.
4. IMe Venenentzündung (Phlebitis),
sect;. 34. Sie kommt häufiger vor als die Entzündung der Arterien. Ihre gewöhnlichsten Ursachen sind: Verletzungen der Venen, besonders durch Zerrung, durch unreine oder nicht scharfe Instrumente (z. B. beim Aderlasse), die Aufnahme von Jauche in klaffende Venen, die Ausbrei­tung einer Entzündung der Umgebung, insbesondere des Bindegewebes auf die Venenhäute, endlich Gerinnungen im Inneren einer Vene, in deren Folge sich seeundär die Venenentzündung entwickelt.
Entzündete Venen sind in ihrer Zellhaut gewöhnlich stark injicirt und diese, so wie auch oft die mittlere Haut durch Exsudat infiltrirt, daher verdickt, mürbe, in ihrer Höhle erweitert. Gewöhnlich bilden sich bald Eiterheerde in der nächsten Umgebung der Venen, und eiterige Infiltration der äusseren Venenhaut, während die innere Haut trübe, rauh, glanzlos, mürbe und leicht abstreifbar erscheint. Die Lichtung der entzündeten Vene ist mit einem Gerinnsel erfüllt, welches gewöhnlich der Venenwand innig anhängt und meistens die Ursache, seltener die Folge der Venenentzündung ist. Im ersteren Falle, wo es gewöhnlich schon Umänderungen, am häufigsten eiteriges
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Venenentzlindnng.
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oder jauchiges Zerfliessen zeigt, ist sie durch Ursachen hervorgerufen, welche überhaupt Gerinnungen bedingen; in letzterem Falle entsteht sie in Folge des verlangsamten Blutlaufes in der erweiterten Vene, oder der Rauhigheit ihrer Inneuhaut, oder in Folge des Eindringens von Eiter oder Jauche in oftene Venen oder der Perforation der Vcuon-wand durch naheliegende Eiterheerde.
Der Verlauf und die Ausgänge einer Venenentzündung sind sehr verschieden. Bei massigem Grade der Entzündung können die, in der Höhlung der Vene vorhandenen Gerinnungen zu einem Strange schrumpfen, um welchen sich die schwielig verdickten Wandungen anlegen; die Vene obliterirt dann für beständig, oder es schwindet das Gerinnsel allmälig durch Erweichung, so dass es schliesslich die Lich­tung des verdickten Venenrohres nicht vollständig ausfüllt, sondern nur hie und da durch fadige Fortsätze mit ihm zusammenhängt, in welchem Falle die Vene für den Durchgang des Blutes wieder etwas und bisweilen wieder völlig durchgängig wird. In anderen Fällen ent­stehen in Folge des Losreissens erweichter Gerinnsel metastatische Heerde in verschiedenen Organen mit ihren Folgen. Endlich kann auch das in die Venenhäute abgesetzte Exsudat brandig werden, und die in der Höhle der Vene enthaltene Gerinnung in molecularen Detritus zerfallen. Im günstigen Falle, insbesondere wenn die Vene ober- und unterhalb dieser jauchenden Stellen mit festen Gerinnseln verstopft ist und mit diesen zu einem festen Strange verwächst, kann Heilung eintreten, indem die Eiterheerde allmälig nach aussen entleert werden oder, nach vorheriger Eindickung des flüssigen Inhaltes mit der Umgebung zu einer festen Narbe verwachsen; im ungünstigen Falle findet Aufnahme von Jauche oder in Zerfall begriffenen Blutgerinnseln in das Blut statt, deren Folge tödtliche Pyämie ist.
Die am häufigsten bei den Hausthieren ergriffenen Venen sind die innere Haut- oder llosenvene (Schrankader), die Drossel­vene (nach Aderlässen), die Nabelvenen, die Gebärmuttervenen nach dem Wurfgeschäfte.
Die örtlichen Erscheinungen der Entzündung einer obcrfiäch-lichen Vene (z. B. an den hinteren Extremitäten bei Pferden) sind: ein anfangs auf eine Stelle im Verlaufe der Vene umschriebener Schmerz, der sich bald längs derselben verbreitet, eine harte, knotige, heissc An­schwellung, so wie eine ödematöse, bisweilen sehr schmerzhafte Geschwulst des umliegenden Bindegewebes. Mässigt sich die Entzündung, so verlieren sich allmälig diese Erscheinungen, so wie auch das im Anfange vor-
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Erweiterung dor Vuiien.
handene Fieber, während die odematöse Anschwellung gewöhnlich so lange andauert, bis die Wcgsamkeit der obturirten Vene wieder her­gestellt ist, bisweilen aber auch durch eine bleibende Verdickung (Scle-rosirung) des Bindegewebes ersetzt wird. Tritt Vereiterung der Venen ein, so bilden sich entweder umschriebene Abscesse, nach deren Er­öffnung die Heilung rasch vor sicli geht, oder es stellen sich, und dioss ist häufiger, ausgebreitete eiterige Zerstörungen des Unterhaut­bindegewebes, die nur sehr schwer zur Heilung kommen, ein, oder es treten die Erscheinungen einer tödtlichen Pyämie auf.
Das Nähere über die Entzündung der oberflächlichen Venen, so wie über die sogenannte Aderlassfistel und die Nabelvenencntzündung lehrt die Chirurgie; von der Entzündung der Gebärmuttervenen wird später die Eede sein.
Die chronische Venenentzündung wird öfter an den Fcssel-und Schicnbeinvenen von Pferden beobachtet, welche an wiederholter Hufentzündung gelitten haben oder sicli streifen; durch sie erhalten die Wandungen der zugleich erweiterten oder mit Gerinnseln erfüllten Venen oft eine solche Derbheit, dass sie den Arterien ähnlich werden und auf dem Durchschnitte klaffen.
3. Ervelterong der Venen (Phlebcdasla).
sect;. 35. Die Erweiterung der Venen ist entweder eine gleich-massige, die sich bei Hindernissen einstellt, welche der Circulation in den grossen Venenstämmen entgegenstehen, oder sie ist ungleich-massig, so dass nur ein Theil der Venenwand ansgebuchtet wird, ein Zustand, der Blut- oder Krampfaderknoten (Varix) heisst. Diese letzteren kommen bei Hausthieren nicht häufig an den mehr oberfläch­lich gelegenen und an den Hautvenen, bei Pferden besonders an der inneren Hautvene des Unterschenkels, wo sie, sobald sie an dem, über das Sprunggelenk laufenden Theile derselben vorhanden sind, Bluts path heissen, dann an den Venen des Schlauches vor. Sie sind gewöhnlich Folge von Hindernissen oder einer Verlangsamung des Blutlaufes, und stellen sich daher auch in Theilen ein, welche wie­derholt an chronischen Entzündungen gelitten haben, wo dann die Venen wohl nicht mit seitlichen Ausbuchtungen versehen, aber im Ganzen erweitert und verlängert sind und geschlängelt verlaufen (z. B. in der Schleimhaut von Pferden, , die an chronischem Nasenkatarrhe leiden). Bei den eigentlichen Krampfadern sind die Venenhäute der
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LymphgefilssentzHndung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;UOT
seitliehen Ausbuchtung verdickt, während die Venen, an der diese Knoten sitzen, selten normal, meistens erweitert und verlängert sind, so dass auch liier eine Neubildung in der Venenwand angenommen werden muss.
6. Verengerung und Verschliessung.
sect;. 36. Verengerungen und Verschliessungen der Venen geschehen durch Druck von aussen, durch Geschwülste und durch die bereits erwähnte Bildung von Gerinnseln in der Höhle der Vene sammt ihren weiteren Metamorphosen.
7. Treiinungeii des Znsaininenlianges.
sect;. 37. Verwundungen der Venen, wie sie entweder zufallig oder beim Aderlässe vorkommen, heilen in der Eegel rasch durch unmittelbare Vemarbung der Wundränder. Bio Gerinnselbildung in der verwundeten Brosselvene gibt zur Entstehung der sogenannten Ader-lassflstel Veranlassung.
Berstung von Venen erfolgt dm-ch mechanische Einwirkungen, bei heftiger Erschütterung, wie z. B. beim Werfen, Niederstürzen, beim Herabfallen von einer Höhe u. dgl., und führt, wenn sie an grossen Körpervenen eintritt, zur inneren Verblutung, wenn sie ober­flächliche und kleinere Venen betrifft, zur Entstehung einer Blutbeule, deren Heilungsvorgang schon früher beschrieben wurde. Zerstörung von Venen geschieht am häufigsten durch Entzündung und Eiterbil­dung in ihrer Wand und durch, von der Umgebung (tuberculösen, bran­digen Eiterheerden) angeregte Nekrotisirung derselben.
III, Lymphgefässe.
sect;. 38. Unter den Krankheiten derselben verdient die
Lyiiiphgel'ässcntzundung (Lymphangioitis)
vorzugsweise Berücksichtigung, da sie eine Form jener Krankheit darstellt, welche bei Pferden mit dem Namen des Hautwurmes be­zeichnet wird.
Wir wollen jedoch sogleich hier bemerken, dass man unter der Benennung Hautwurm oder Wurm auch andere Krankheitsprocesse, besonders Tuberculosc der Haut begreift, von welchen später bei den Krankheiten der Haut die Eede sein wird.
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668nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Lyraphgefädsentzündung.
Die Lymphgofassentzündung, die beim Pferde sehr häufig vor­kommt, entsteht kaum je primär, gewöhnlich stellt sie sich im Gefolge von intensiven Erkrankungen, namentlich von Entzündung jener Theile, in welchen die Lymphgefässo ihren Ursprung nehmen, oder nach der Aufnahme eiteriger oder jauchiger Flüssigkeit in dieselben ein, daher auch in Folge der Aufnahme des Secretes der sogenannten Wurmge­schwüre, d. h. durch Ansteckung, oder sie entwickelt sich durch Yer-breitung der Entzündung von der Umgebung (besonders dem Bindego­webe) auf die in ihr eingebetteten Lymphgefässe. Sie befallt bei Pferden häufig die an der Nase und an den Backen verlaufenden Lymphgefässe bei heftigen Katarrhen, bei katarrhalischen und diphtheritischen Geschwü­ren der Xascnschleimhaut, jene der Extremitäten, wenn Eiterungs-uud Verjauchungsproccsse in den Hufen zugegen sind, jene der Seiten­wand der Brust bei alten Widerristschäden, bei Satteldrücken u. s. w., in manchen Fällen geht ihrem Auftreten eine Entzündung des Hautbinde­gewebes vorher. Häufig und in der Regel sind gleichzeitig auch jene Lymphdrüsen entzündet, zu welchen die kranken Lymphgefässe hinziehen.
sect;. 39. Pathologische Anatomie. Entzündete Lymphgefässe erscheinen in ihrer äusseren Haut injicirt, ihre Wandungen überhaupt ekehymosirt, geschwellt, verdickt, im Anfange mürbe und leicht zer-reisslich, später zähe; ihre Höhle ist erweitert und mit Gerinnsel oder Eiter angefüllt. Der Eiter gelangt in das Innere der Lymphgefässe entweder nach Perforation ihrer Wandungen durch eindringende Eiter-heerde, oder durch Aufnahme desselben von Seite der auf eiternden Flächen sich verbreitenden, erodirten capillaren Lymphgefässe. Das umgebende Bindegewebe ist stark injicirt, nicht selten von Blutextra-vasaten durchzogen, serös oder eiterig inflltrirt, gewöhnlich stellenweise von Abscessen durchsetzt, die bisweilen mit der Höhle der vereiterten Lymphgefässe communiciren; die Lymphdrüsen, zu welchen die ent­zündeten Lymphgefässe hinziehen, sind in der Regel geschwellt, bis­weilen entzündet.
Erscheinungen. Bei oberflächlicher Lagerung der entzündeten Lymphgefässe entstehen längs ihres Verlaufes schmerzhafte, bisweilen durch Knoten (sog. Wurmbeulen) unterbrochene Stränge, die sich bis zur entsprechenden Lymphdrüsse hin erstrecken und von einer schmerzhaften ödematösen Anschwellung des angrenzenden Bindegewebes umgeben sind. Bisweilen ist das erste Auftreten dieser strangartigen Ansch-weilungen von einem deutlichen Fieber, das auch einige Zeit
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Lyinphjjefiisseutxiindung.
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andauern kann, begleitet. Die Ausgänge sind sehr verschieden. Bis­weilen erfolgt die Lösung der Entzündung; die Anschwellung ver­liert sich allmälig und es kehrt nach und nach der normale Zustand des Lymphgefässes und der Umgehung zurück; häufiger geschieht die Verschliessung der Lymphgefässe durch Schrumpfen der in ihnen vorhandenen Gerinnung und Neubildung von Bindegewebe in der Um­gebung, worauf ein oder mehrere harte, unschmerzhafte Stränge für die Lebenszeit zurückbleiben, — ein Ausgang, der an den Hinterglicd-massen bei Pferden nicht selten beobachtet wird und meist von einer bedeutenden Verdickung der Haut und des Unterhautbiudegewebes be­gleitet wird. Noch häufiger ist der Ausgang in Eiterung, wobei längs des entzündeten Stranges mehr oder weniger zahlreiche Absccssc sich einstellen, die bei ihrer Eröffnung eine gelbliche oder missfärbigo, eiter- oder jaucheähnliche Elüssigkeit ergiessen und dann rundliche, flache oder tiefe, mit aufgeworfenen oder umgestülpten, stark infiltrirten und gerötheten Bändern und einem unreinen Grunde versehene Ge­schwüre (die Wurmgesohwüro) bilden, welche sich entweder all­mälig reinigen, sich von den Rändern aus verkleinern und endlich vernarben, oder sich durch Zusammenttiessen mit benachbarten ver-grössern, stark absondern und die Veranlassung zur Entstehung einer neuen Entzündung der benachbarten Lymphgefässe geben. In diesem Falle nehmen die Anschwellungen in der Umgebung zu, die entspre­chenden Lymphdrüsen werden hart und umfangreich, die bis dahin gewöhnlich munteren Thiere magern ab, und es entwickeln sich nach und nach die Erscheinungen einer Cachexie. Erfolgt Aufnahme des Eiters in das Blut, was aber hier bei quot;Weitem seltener als bei Venen­entzündungen erfolgt, so entwickeln sich Pyämie oder metastatische Heerde in den Lungen oder die Erscheinungen des acuten Eotzes.
Der Verlauf ist in der Regel ein chronischer und erstreckt sich meistens über Wochen, selbst Monate hinaus; die Kranken erlangen im ungünstigen Ealle schliesslich durch ihr cachectisches Ausseben, die zahlreichen, jauchenden Geschwüre, die oft enormen Anschwel­lungen der Extremitäten und des Schlauches ein erbärmliches, ekel­haftes Ansehen. Nur dort, wo die Lymphgefässcntzündung auf eine kleinere Stelle beschränkt ist, wo entweder die erstgenannten Ausgänge erfolgen, oder die eintretende Eiterung eine massige ist, ist auch der Verlauf ein kürzerer, erstreckt sich jedoch auch da gewöhnlich über Wochen hinaus. In einem solchen Falle ist auch die Prognose nicht ungünstig; dort jedoch, wo der Krankheitsprocess in einer grösseren
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LympbgefassentzUndung
Ausbreitung oder an verschiedenen Körperstellen zugegen ist und da­her eine allgemeinere Ursache desselben zu vermuthen ist, wird sie wenig günstig, u. z. um so weniger, wenn schon Geschwürsbildung zugegen ist oder seeundäre Processe eingeleitet sind.
Nach diesen Rücksichten ist die Krankheit auch bald als ein rein örtliches, bald aber als der Ausdruck eines allgemeinen Leidens zu betrachten und darnach auch in gerichtlicher Beziehung zu be-urtheilen. Die höheren Grade der Lymphgefässentzündung, sobald zahlreiche Beulen oder Geschwüre an verschiedenen Körperstellen vor­handen sind, die allmälig um sich greifen, wird man, besonders wenn schon Zeichen eines cachectischen Zustandes, oder eines chronischen Lungenleidens, oder eines veralteten Kasenkatarrhes, umfangreiche Eiter- oder Jaucheheerde, z. B. am Widerriste, am Bücken, an den Hufen u. s. f., zugegen sind, keinesfalls anstehen, als den durch das Gesetz mit einer Gewährszeit von dreissig Tagen versehenen Hauptfehler des Wurmes zu erklären, während sie bei einem rein örtlichen Auf­treten und dort, wo eine nachweisbare und binnen Kurzem mit Wahr­scheinlichkeit zu beseitigende Ursache zu Grunde liegt, wie z. B. wenn Lymphgefässentzündung im Gefolge von acuten Katarrhen der Nasen­schleimhaut, von Polliculargeschwüren derselben oder beim Mauhveh auftritt, unserer Ansicht nach nicht dem Hautwurme gleichgesetzt werden sollte.
sect;. 40. Behandlung. So lange die Krankheit in dem entzünd­lichen Stadium sich befindet, sind wiederholte Einreibungen mit Quecksilbersalbe, oder öftere Waschungen mit Goulard'schem Wasser, nach Umständen dort, wo sie leicht anzubringen sind, selbst warme Ueberschläge angezeigt. Abscesso werden gespalten und die sich bilden­den Geschwüre je nach ihrem Ansehen entweder bloss mit Höllenstein in Losung oder Substanz, oder mit Kupfervitriol touchirt, oder mit Glyce­rin, mit rothor Präcipitat- oder Scharfsalbe, mit Sublimatlösung belegt, oder mit dem Glüheisen gebrannt. Das letztere kann auch auf harte Wurmbculen applicirt werden. Für den innerlichen Gebrauch verwendeten wir noch am vortheilhaftesten den Arsenik in Form der Fowler'schen Lösung. Hat das Leiden eine weitere Verbreitung er­langt, entstehen in der Umgebung neue Anschwellungen, oder lässt sich aus der zu Grunde liegenden Ursache eine Besserung nicht erwar­ten, so lohnen Heilversuche nicht und es ist dann am gerathensten, die Thiere baldigst zu tödten.
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LymphgeßtsaantzUndung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;671
A'eteriniir-polizeilielie Massregeln. Da durch die üeber-tragung des Inhaltes der Wurnibculen und des Secretes der Wurmge­schwüre auf die verletzte Haut eines anderen Pferdes der Wurm, und durch die Eesudlung der Xasenschleimhäule mit diesen riüssigkeilen die acute Form des Rotzes (offenbar durch Jauchcinfection) hervorge­rufen werden kann, so sind mit Hautwurm behaftete Pferde ebenso strenge, wie diess von rotzigen gilt, von gesunden entfernt zu halten und ebenso bezüglich des Aufenthaltes, der Wartung u. s. w. zu se-pariren, wie diess beim llotze augeführt wurde. Eben dasselbe gilt auch von der Reinigung der Stallungen und üerätho, welche für wur­mige Pferde im Gebrauche standen. (Siehe sect;. 33 der Krankheiten der Respirationsorgane).
sect;. 41. Ein ganz ähnlicher Process kommt auch beim Rinde vor, und wird gleichfalls mit dem Namen Haut wurm bezeichnet. Es bilden sieh dabei an den Gliedmassen, seltener am Halse, finger­dicke, strangartige Anschwellungen, welche gewöhnlich hart bleiben, und nur selten, dann aber ihrer Länge nach, auf mehrere Zoll er­weichen, die Haut jedoch nicht durchbrechen und bei ihrer Eröffnung eine breiige, weisse Masse ergiessen. Hie Ursachen dieses Leidens sind unbekannt, sein Verlauf ist chronisch, die Behandlung führte bisher zu keinem Resultate. l)a die Kranken sich gewöhnlich schlecht nähren, so werden sie am vortheilhaftesten geschlachtet.
Anmerkung. Erweiterungen, Verengerungen und Verschliessun-gen der Lymphgcfässe erfolgen unter iüinUchen Bedingungen wie bei den Arterien und Venen.
IV. Lymphdrüsen.
1. Ati'U|iliie und ll;|ii'rtro|ihie.
sect;. 42. Die Atrophie der Lymphdrüsen erfolgt bisweilen nach Entzündung derselben, wobei entweder die ganze Drüse bedeutend an Umfang abnimmt, oder nur die eigentliche Drüsensubstanz in Folge wuchernder Bindegewebsneubildung atrophirt, während das Volum der Drüse dabei doch bedeutend vergrössert sein kann.
Acute Schwellungen oder Hypertrophien der Lymphdrüsen entstehen häufig im Gefolge acuter Processe, besonders Entzündungen jener Theile, von welchen die Drüse ihre Lymphgcfässe bezieht, oder als Theilerscheiuung constitutioneller Krankheiten, wie der Blattern, der Pyämie. Eine derart erkrankte Lymphdrüse erscheint geschwellt.
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solir sat'treich, wie fluctuirend, an der Oberfläche hyperämiscli und auf einem Durchschnitte hirnmarkähnlich weich; ein Befund, welchen man an den Gekrosdriisen von Pferden, die au Danntyphus gelitten haben, sehr gut studieren kann. Nach dem Aufhören des veranlassenden Processes kehren solche Drüsen wieder vollständig zur Normalität zurück.
Chronische Hypertrophie der Lymphdrüsen, bedingt durch eine massenhafte Vermehrung der, dieselben zusammensetzenden Ele­mente kommt sein- häufig bei Pferden vor und entwickelt sich in Folge localer Affectionen im Bereiche jener Lymphgefässe, welche der betreffenden Drüse ihren Inhalt zuführen. Eine solche Drüse erscheint bald weich, röthlichgrau und saftig, bald derb und fest, dunkclroth-braun, fleisch- oder sehnenähnlich, in welchem letzteren Falle gleich­zeitig eine Hypertrophie des Bindegcwebsgerüstes zugegen ist. Dieser Process, welcher bisweilen vorübergehend, gewöhnlich aber bleibend ist, wird bei Pferden oft an den Kehlgangslymphdrüsen angetroffen. Die Behandlung wurde bei der sogen, bedenklichen Drüse erwähnt.
sect;. 43. Eine solche chronische Hypertrophie der Gekros­driisen liegt jener Krankheit zu Grunde, welche man
Uiirrsucbt (Adupliia meseraica)
nennt und welche vorzugsweise bei Füllen, jedoch auch bei erwach­senen Hausthieren vorkommt.
Aetiologie. Eine besondere Anlage kommt den Saugfüllen zu und es ist zweifellos, dass manche derselben bereits mit dem Keime dieser Krankheit, auf deren Entstehung unzureichende oder unpassende Fütterung der Mutterthiere, die Einwirkung rauher Witterung, raschen Temperaturwechsels hinzuwirken scheinen, geboren werden. Unter den äusseren Schädlichkeiten werden für Füllen besonders übel be­schaffene Muttermilch, schlechte Stallungen, Vernachlässigung in der Pflege, die zu zeitliche Verabreichung kräftiger und reizender Futter­stoffe beschuldiget; bei erwachsenen, gewöhnlich schon älteren Thieren scheinen ungünstige, den Ernährungsprocess beeinträchtigende Aussen-vorhältnisse, organische Veränderungen wichtiger Organe, besonders chronische Darmleiden die Entstehung dieses Zustandes, der sich nur allmälig und nicht selten ohne alle nachweisbare Schädlichkeit, bis­weilen aber auch angeblich nach starken Anstrengungen entwickelt, zu veranlassen.
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Darrsuchtnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; t)73
Pathologische Anatomie. Die kranken (iekrösdrüsen haben die Grosse einer Wallnuss, eines Hühnereies, selbst die einer Faust und sind entweder weich, saftig, röthlichgrau oder fest, tieischighart; nicht selten erscheinen sie entzündet, häutig in Vereiterung oder tuber-culisirend. Dringen solche Eiter- oder tuberculöse Heerde gegen den Bauchfellüberzug vor, so entwickelt sich Entzündung desselben, in Eolge welcher dann eine Verklebuug, später eine ziemlich innige Verwachsung mit den anliegenden Dannschlingen stattfindet, in deren Höhle hinein nach Durchbohrung der Darmwandungen schliesslich der Eiter sich ergiessen und nachher mit den Eäoal Stoffen nach aussen entleert werden kann. Tritt eine solche Verklebung nicht ein, wie diess bei raschem Vordrin­gen des Eiters stattfindet, so wird der, die Drüse bekleidende -Bauch­fellüberzug zerstört, der Eiter ergiesst sich in die Bauchhöhle und hat eine tödtlichc Bauchfellentzündung zur Folge. Gewöhnlich sind auch die Lymphdrüsen anderer Körpertheile, insbesondere die Bronchial-, die Leisten- und Achseldrüsen, auf eine ähnliche Weise entartet. Die Schleimhaut des Darmes ist im Zustande eines acuton oder chronischen Katarrhes oder der Follicularverschwärung; Lungentuberculosc ist ein gewöhnlicher Befund und bei erwachsenen Pferden der Hautwurm nicht selten gleichzeitig zugegen.
Erscheinungen. Füllen zeigen wenig Munterkeit, schleichen traurig einher, saugen oder fressen, wenn sie bereits älter sind, ohne viele Lust, haben ein glanzloses, struppiges Haar, einen aufgeschürzten oder schlaff herabhängenden Bauch, einen matten, traurigen Blick, ge-röthete und stark absondernde Nasenschleimhäute; Puls und Athmen sind beschleuniget, das letztere auch auffallend durch die stärkere Be­wegung der Flankenmuskel; die Excremente sind bald trocken, bald durchfallartig. Saugfohlen liegen viel, bewegen sich nur schleppend, hinken auch wohl, sind unaufmerksam auf die Umgebung und unem­pfindlich gegen Liebkosungen. Bisweilen ist der Verlauf ein sehr rascher, so dass 8 bis 10 Tage nach dem Auftreten der ersten Krank­heitserscheinungen (die wohl freilich erst' bei einer gewissen Entwick­lung des Leidens deutlich werden), nachdem die Abmagerung vorge­schritten und ein äusserst übelriechender, bisweilen eiteriger Durchfall sich eingestellt hat, der Tod erfolgt. In anderen Fällen zieht sich die Krankheit länger hinaus und die Tliiere gehen erst, nachdem die Ab­zehrung den höchsten Urad erreicht und sich bisweilen in der letzten Zeit eine Entzündung der Regenbogenhaut hinzugesellt hat, an Er­schöpfung zu Grunde. Eine häufige Complication des Leidens ist die
U811, l'athol. und Therapie. II. AuB.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;43
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(37*4nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Darrsucht
FüUenlähme, so wie auch dw- Eiutiilt heftiger Bronohialkatarrhe, Lun­gen- und Halseulzüuclungen.
Eei erwachsenen, insbesondere allen Thieren sind eine all-mälig zunehmende Abmagerung bei fortdauernder Fresslust, ein mit Verstopfung abwechselnder Durchfall, der öftere Eintritt von Koliken, Aufschürfung des Hinterleibes, ein glanzloses, trockenes, rauhes Haar, Welkheit und Trockenheit der Haut, Schwäche in der Bewegung und baldiger Eintritt von Ermüdung, kurz die Symptome einer fortschrei­tenden Cachexie bei dem Mangel aller Zeichen, die auf eine chronische Erkrankung der Lungen hinweisen. Steifhalten der Lende die Erschei­nungen, welche die Gegenwart dieses Leidens der (Jekrösdrüsen wahr­scheinlich machen.
Die Vorhersage ist immer höchst ungünstig.
Behandlung. Die Hauptsache ist ein entsprechendes diätetisches Verhalten, das aucli auf die Haltung der Mutter- und säugenden Stuten auszudehnen ist und in der Darreichung eines leicht verdaulichen, nicht zu nahrhaften und hitzigen Futters, der Sorge für einen entsprechen­den Stall, gute HautpHege u. s. w. besteht.
Bei schon entwickelter Krankheit sind höchstens Mittel anzuwen­den, welche die Verdauung zu befördern geeignet sind, wie bittere, aromatische und gewürzhafte Substanzen, denen man Spiessglanz-, Schwefel- und Eisenpräparate (den Stahlschwefel) zusetzen kann. Das weitere Verfahren ist ein rein symptomatisches; bei Durchfällen sind Frottirungen, nach Erforderniss mit Kamphergeist oder Terpentinöl, gute Bedeckung des Körpers, der Aufenthalt in einem warmen Stalle, der innerliche Gebrauch von schleimigen Abkochungen, etwa mit Zusatz von Kreide oder Bittererde, bei Verstopfung die Verabreichung kleiner Salzgaben, bei zunehmender Schwäche der Kampher, das Terpentinöl am Platze u. s. w.
Vorhandene Complicationen erfordern eine besondere Berücksich­tigung.
2. Mculiililuiigrn.
sect;. 44. Von Neubildungen kommen Melanosen oder Ablage­rungen schwarzen Pigmentes nicht so selten in den Lymphdrüsen von Pferden vor, bei denen sich solche Geschwülste auch in anderen Orga­nen vorrinden.
Tubcrculose der Lymphdrüsen ist bei rotzigen und wurmigen Pferden, dann bei Thieren, die an der sogenannten Darrsucht oder an
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LymplidrQstnientißUuduug.
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Limgentiiberculose leiden, öfter zu beobachten a. z. trifft man entweder
in einer, von galleriigeni Exsudate infiltrirten Drüse den grauen oder gelben Miliartuberkel eingelagert, oder die Drüse erscheint auf dem Durchschnitte von Streifen oder Heerden einer gelben, trockenen, bröck-lichen Masse durchzogen, welche nicht selten stellenweise zu einem Breie erweicht, hie und da auch zu einem Coneremento verwandeil ist. Bricht ein solcher, von zerflossenen Tuberkeln gebildeter Hcerd durch, so entsteht in den umliegenden Theilen Entzündung mit Eiterung, wo­durch bisweilen ausgebreitete Abscesse, Hohliegungen, selbst Durch­brüche in Körper- und Organhöhlen mit ihren nachtheiligen Folgen her­vorgerufen werden.
Den Krebs haben wir bisher nur in der Form des Markschwam-mes an den Bronchialdrüsen von Kindern in fettiger Umwandlung be­griffen (als netzartigen Krebs) oder tuberculisirend gesehen, er kommt jedoch nach anderen Beobachtern auch beim Pferde vor. Bei Hunden ist er ein häutiger Begleiter der allgemeinen Krebscachexic.
3. iintzüridiiiig.
sect;. 40. Die Entzündung der Lymphdrüsen (Lymphadenitis) findet unter den, bei den acuten Schwellungen derselben angeführten Be­dingungen statt. Wie schon bei der sog. gutartigen Drüse bemerkt wurde, gibt sich die Entzündung einer, der Untersuchung von aussei! zugäng­lichen Lymphdrüse durch eine schmerzhafte, warme Anschwellung der Drüse, an welcher gewöhnlich auch das umgebende Bindegewebe Antheil nimmt, zu erkennen, durch welche, wenn sie an den Extremitäten (z. B. an der Achsel- oder Leistendrüse) zugegen ist, die freie Beweg­lichkeit leidet, wesshalb die Kranken dann auf eine cigcnthümliche Weise gespannt oder krumm gehen. Wird eine entzündete Lymphdrüse durchschnitten, so erscheint sie lebhaft injicirt, bisweilen von Ek-chymosen durchsetzt, durch Infiltration mit flüssigem, gallertigem oder starrem Exsudate geschwellt und bei einer genaueren Untersuchung von ncugebildeten Kernen und Zellen strotzend; auf der Schnittfläche lässt sich ein trüber Saft ausdrücken. Gewöhnlich sind mehrere oder zahlreiche Lymphdrüsen mittelst des gleichfalls entzündeten Bindege­webes zu einer Anschwellung vereiniget. Eine solche Geschwulst kann wieder vollkommen schwinden und die Drüse zur Formalität zurück­kehren, oder es verödet die Drüse in Folge massenhafter Bildung dich­ten, faserknorpelharten Bindegewebes, zwischen welchem man bisweilen
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Hypertrophie dor Scliilddriiae.
zerstreute Eiterheerde oder tuberculöse Massen eingelagert antrifft, wo-durcli die Drüse dann für immer vergrössert und verhärtet zurückbleibt, oder es tritt Vereiterung der Drüse und des umgebenden entzünde­ten Bindegewebes, Durchbruch des Abscesses und schliesslich Vernar­bung mit Verödung der Drüse ein.
lieber die Behandlung dieses Processes wurde schon früher (bei der gutartigen Drüse) das Betreffende angeführt.
4. Parasiten.
sect;. 4ü. Von Schmarotzerthieren ist bisher nur das gezahnte Fünfloch, im encystirten Zustande, in den Gekrösdrüsen der Ziege angetroffen worden.
V. Krankheiten der. Schilddrüse.
sect;.47. Unter den Erkrankungen der Blutgefässdrüsen'haben nur einzelne Affectionen der Schilddrüse, welche am gewöhnlich­sten bei Hunden vorkommen, einiges Interesse; sie bedingen eine Umfangsvennehrung, welche mit dem Namen Kropf belegt wird.
Diesem Zustande liegt gewöhnlich eine Umänderung des Inhaltes der Bläschen der Schilddrüse zu einer leimähnlichen (colloiden) Masse zu Grunde, während die Bläschen selbst an Grosse zunehmen und endlich stellenweise zusammenüiessen, so dass sich auf dem Durchschnitte einer solchen Drüse verschieden, selbst bohnengrosse, honiggelbe Klümpchen darstellen, welche sich durch einen leichten Druck auspressen lassen. Schreitet dieser Vorgang über die Drüse gleichmässig fort, so erlaugt diese bisweilen das Mehrfache ihres nor­malen Volumens.
Seltener ist eine Hypertrophie des Schilddrüsengewebes, hervorgehend aus einer Neubildung von Drüsenbläschen und dem Her­anwachsen ihres bindegewebigen Gerüstes und der in demselben ein­gebetteten Gefässe Ursache des Kropfes. In dem Inhalte der neugebil­deten Bläschen (Kerne und Zelle) erfolgt gleichfalls bald die Um­wandlung zu einer colloiden Masse, die später zu einem weichen, zerfliessenden Breie sich umändert, welcher dann innerhalb einer dich­ten , bisweilen verknöchernden Bindegewebshülle eingeschlossen ist (Cystenkropf). (Wahrscheinlich sind es solche Fälle, die als Vereite­rungen der Schilddrüse des Hundes beschrieben werden.) Diese Form
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Ilyportrophie der SchiMdriise.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;G77
des Kropfes ist durch ihre unebene, höckerige Oberfläche und dio manchmal enorme Grosse, zu der er heranwächst, von der ersterwähn­ten unterschieden. Bisweilen finden in solche Höhlen hinein Blutungen statt, wornach man bei der Untersuchung solcher Geschwülste das Ex-travasat in den verschiedensten Phasen seiner Umänderungen antrifft.
Die, der Entwicklung dieses Zustandes zu Grunde liegenden'Ur-sachen sind unbekannt, schlechte und übermässige, insbesondere vege­tabilische Nahrung, Erkältungen werden beschuldiget.
In den geringeren Graden veranlasst der Kropf keine besonderen Xachtheile; je grosser jedoch die Anschwellung wird, je unnachgie­biger und härter sie ist, desto bedeutender wird ihr Einfiuss, indem sie durch Druck auf den Kehlkopf, die Luftröhre und den herumschwei­fenden Nerven Kurzathmigkeit, Keuchen, schmerzhaften Husten, selbst Erstickungsgefalir, durch Druck auf die Speiseröhre Schlingbeschwerden, durch Druck auf die Halsvenen Hyperämien des Gehirnes, Schwindel­anfälle u. dgl. veranlasst.
Der Verlauf ist in der Hegel ein chronischer, mit einer zeitwei­ligen Zu- und Abnahme der Anschwellung.
Das wirksamste Mittel gegen solche Leiden der Schilddrüsen ist das Jod und das Jodkalium, das man äusserlich als Einreibung, innerlich in Pillenform, oder das Jodkalium in wässeriger Lösung durch einige Zeit (4—6 Wochen) gebraucht.
Bei Pferden kommt der Kropf sehr selten vor und wäre auf gleiche Weise zu behandeln.
Aehnliche Anschwellungen und Beschwerden veranlasst bei Hun­den der Krebs (u. z. der Markschwamm) der Schilddrüse, welcher neben Krebsablagerungcn in anderen Organen vorkommt und stets hö­ckerige, mit der Haut verschmolzene, schmerzhafte, rasch heranwach­sende Geschwülste darstellt, die bisweilen die Haut durchbrechen und dann verjauchen. Eine Kunsthilfe gibt es dagegen nicht.
Anhang. Der Dampf der Pferde.
sect;. 48. Man versteht unter Dampf (Dämpfigkeit, Engbrüstig­keit, Hartschnaufen, Herz- oder Hartschlägigkeit, Herz- oder
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Dampf.
Haar Schlechtigkeit u. s. w.) eine chronische, fioberlosc, schwer heilbare oder völlig unheilbare, die Dienstbrauchbarkeit beeinträchti­gende Atlimungsbesclnverde der Pferde. Dem bereits Angeführten zu Folge kann ein dumpfiges Athmen durch die verschiedenartigsten Störungen und Veränderungen der Respirations- und Kreis­laufsorgane, so wie durch Zustände der Hinterleibsorgane, welche den Brustraum beengen, veranlasst werden.
Namentlich gehören hieher: Neubildungen iu der Nasen- und Bachenhöhle, wie Polypen, Sareome, Krebse, chronische Kchlkopfs-katarrhe mit AVulstung der Schleimhaut, Kehlkopfs- und Luftröhren-Polypen , Schwund der Erweiterer der Stimmritze, Verengerungen des Kehlkopfes und der Luftröhre überhaupt, gleichförmige und sackige lironchialerweiterung. Compression, Anheftungen und schwartige Ein­kapsehmgen der Lungen in Eolge überstandener Brustfellentzündung, Brustwassersucht, die Folgezuständc vorausgegangener Lungenentzün­dungen, wie verschrumpfende oder tuberculisirende Exsudate, Abscesse und Cavemen, Bindegewebsneubildungcn und Fibroide in der Lunge, chronische Infiltration ihrer Spitzen, Lungentuberculose, Lungenemphy-sera, Hypertrophie und Erweiterung des Herzens, Klappenfehler u. s. w. Ausserdem können Gesehwülste, welche auf die, die Athembewegungen vermittelnden Nerven drücken, die Erscheinungen des Dampfes veran­lassen. Bei Pferden, welche im Uebermasse mit Heu, insbesondere mit dumpfem oder moderigem, mit Wicken, Klee oder Hülsenfrüchten gefüt­tert werden, entwickelt sich häufig ein dämpfiges Athmen, wahrscheinlich in Folge der Ausdehnung des Magens und des Darmes, und der dadurch bedingten Verengerung des Brustraumes; wenigstens beobachtet man, dass dasselbe bei Aenderung der Fütterung, bei stärkerer Bewegung sich wieder verliert.
Ob es einen rein nervösen Dampf beim Pferde gebe, wie bic und da noeb an­genommen wird, oder ob die hierunter begriffenen Fülle nicht vielleieht auf Lungen-emphysem oder andere übersehene urganisobe Veränderungen der Atbnumgs- und Kreis­laufsorgane zurüekzufübren seien, muss vorläufig dahingestellt bleiben.
sect;.49. Erscheinungen. Dämpfige Pferde zeigen gewölmlich schon im Stande der Ruhe ein mehr oder weniger beschleunigtes und auffal­lendes Athmen, das jedoch bisweilen schon nach einer geringfügigen Bewegung an Heftigkeit bedeutend zunimmt und in den höchsten Graden sich bis zur Erstickungsgefahr sieigem kann. Diese Atbemnoth spricht sich durch eine stärkere Erweiterung und Bewegung der Nasenflügel, durch ein auffallendes Heben und Senken der Kippen, durch die Bildung
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Dampf.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 679
einer rinnenartigen Vertiefung längs der Knorpel der falschen Rippen (Dampfrinuc), so wie durch eine auffallende, stossweiso Bewegung der Bauchmuskel (Tlankenschlag), häufig mit einem, in zwei Absätzen erfol­genden (doppelschlägigen) Ausathmcn, nicht selten mit deutlicher Erschüt­terung des ganzen Körpers und Hcrvorsfossen und Einziehen des Afters beim Ein- und Ausathmcn, und hörbarem Keuchen oder Schnaufen aus. Dort, wo die Athemnoth durch Erkrankungen (Hypertrophien, Klappenfeh­ler u. s. w.) des Herzens veranlasst ist, wird der Herzschlag nach der Bewegung gewöhnlich pochend, in grossem Umfange fühlbar und bis­weilen ein Erzittern der linken Brustwand sichtbar (Herzschlägigkeit oder Her^Schlechtigkeit). Dämpfige Pferde legen sich in der Kegel nicht, oder nur für kurze Zeit und dann gewöhnlich mit untergeschla­genen Füsson nieder (aus einem schon früher angeführten Grunde), quetschen sich daher bisweilen mit den Stollen der Eisen die Ellbogen­höcker, wodurch Anlass zur Entstehung der sogenannten St oll beulen gegeben wird. Oft leiden solche Thiere an einem trockenen, rauhen (trockener Dampf) oder an einem lockeren, feuchten, kraftlosen Husten (feuchter Dampf), der sicli besonders des Morgens oder nach dem Tränken und dem Genüsse trockenen Futters einstellt, aber auch häufig vollständig fehlt. In den geringeren Graden des Leidens können die Pferde wohlgenährt sein, bei längerer Andauer und in den höheren Graden dessel­ben magern sie bedeutend ab, ihr Bauch wird aufgeschürzt, das Haar matt und glanzlos (Haarschlechtigkeit), das ganze Aussehen cachectisch. Manche Pferde äussern im Staude der Buhe gar keine oder nur eine unbe­deutende Athmnngsbeschwerde; sobald sie jedoch in eine stärkere Bewe­gung versetzt oder angestrengt oder im Stalle allarmirt werden, tritt ein starkes, verschiedenartiges (pfeifendes, röchelndes oder röhrendes) Ge­räusch beim Athmen hervor, das oft auf eine bedeutende Entfernung hörbar wird und mit einer mehr oder weniger auffallenden, bisweilen bis zur drohenden Erstickungsgefahr steigenden Athmuugsbeschwerde verbun­den ist, sich aber gewöhnlich, nachdem die Thiere einige Zeit ruhig ge­standen, oder in einer massigen Gangart bewegt worden sind, bald wieder verliert. Dieser Zustand, welcher pfeifender oder Bohrer dampf genannt wird, wird bisweilen durch mechanische, dem Eintritte der Luft in die Luftwege entgegenstehende Hindernisse (Neubildungen grösseren Umfanges in der Nasenhöhle, Verengerung des Naseneinganges, chroni­sches Oedem der Schleimhaut des Einganges zum Kehlkopfe, Neubil­dungen in dem Kehlkopfe und der Luftröhre, Compression, Eindrücke und Abplattung der Kehlkopfs- und Luftröhrenknorpel u. s. w.) am
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Dampf.
gewöhnlichsten durch raquo;Schwund der, die Stimmritze erweiternden Mus­kel hervorgebracht. Druck auf den herumschweifenden Nerven wird gleichfalls unter den Ursachen seiner Entstehung angeführt.
Von einer erfolgreichen Behandlung des Dampfes kann dem Angeführten zu Folge eine Kede nicht sein; wto sie versucht werden sollte, müsstc sie gegen das ihm zu Grunde liegende Leiden, in so ferne es auszumittcln ist, gerichtet werden. Beim Pfeiferdampfe kann, wenn das dem Lufteintrittc entgegenstehende Hinderniss in der Nasenhöhle, in dem Kehlkopfe oder in dem oberen Theile der Luftröhre liegt, der Luft­röhrenschnitt und das Einlegen einer Bohre in die gemachte Oefthung das Thier bisweilen lange zu gewissen Dienstleistungen tauglich machen. Von Günthcr's Operationsmethode beim Pfeiferdampfc war Seite 566 die Bede.
sect;. 50. Der Dampf zählt nach dem österreichischen Gesetze zu den Hauptfehlern mit einer Gewährszeit von 15 Tagen. Obwohl hiebei der pfeifende Dampf nicht ausdrücklich erwähnt ist, so kommen ihm doch dann, wenn er mit einer bedeutenderen Athmungsbeschwerde verbunden ist, alle Charaktere eines Gcwährsmangcls zu und er ist in gerichtsthierärztlicher Beziehung dann dem gewöhnlichen Dampfe gleich­zustellen. Eine Verwechslung des Dampfes mit aeuten Leiden (Lungen-, Brustfell-, Herzbeutelentzündung, heftigen Bronchialkatarrhen u. s. w.) wird bei nur einiger Umsicht nicht leicht geschehen; wohl aber ist dann, wenn ein angeblich dämpfiges Pferd gleichzeitig an einer aeuten fieberhaften Erkrankung der Luftwege (z. B. an den so häufigen Katarrhen dieser Theile) leidet, eine sorgfältige Erwägung aller Umstände noth-wendig, um zu einer sicheren Entscheidung zu gelangen, ob die vor­handene acute Krankheit für sich im Stande ist, das beschwerliche Athmen hervorzurufen, oder ob hiezu ein anderweitiges chronisches Leiden (das manchmal durch eine genaue physikalische Untersuchung der Bmstorgane erhoben werden kann) beitrage. Nicht selten wird es unter solchen Verhältnissen nothwendig, die bezüglich des Dampfes zu untersuchenden Thiere einer längeren Beobachtung und selbst einer Be­handlung des vorhandenen aeuten Krankheitsprocesses zu unterziehen, um völlig in's Klare zu kommen.
Da die Mehrzahl der, den Dampf Teranlassenden Krankheitszustande bei allen Hausthieren vorkommt, so ist es klar, dass auch die Dämpfigkeit hei ihnen auftreten könne. Am Oftesten wird sie beim Kinde beobachtet, und sie gilt hie und da (in Oesterreich jedoch nicht) unter dem Namen Engbrüstigkeit als Hauptfehler.
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V. Abtlieiliing.
Krankheiten der Verdauungsorgane.
|. 1. Krankheiten der Verdauungsorgane sind bei den Haus-tliicron sehr häufig und -wegen der naclitheiligen Folgen, -welche sie gowöhnlicli bald für den gesammten Ernährungs- und Blutbildungspro-cess, mithin für die fernere Tauglichkeit der Kranken zu gewissen Dienstleistungen herbeiführen, auch von grosser Wichtigkeit. Sie treten bald als primäre Leiden auf, bald sind sie Thcilerscheinuug einer an­deren , gewöhnlich fieberhaften, nicht selten auch allgemeinen Erkran­kung. Obwohl allen Hausthieren die Anlage zu denselben zukommt, so sind es doch vorzugsweise Pflanzenfresser und unter diesen die Wiederkäuer, welche wegen der grösseren Menge von Futterstoft'en, die sie zu ihrer Sättigung aufzunehmen angewiesen sind und wegen der eigenthümlichen Structur ihrer Mägen am öftesten von ihnen befallen werden. Unter den äusseren Schädlichkeiten spielen dieXahrungs-mittel die vorzüglichste Rolle und, da Verderbnisse derselben in manchen Jahrgängen über weitere Landstriche verbreitet vorkommen, so erklärt sich hieraus die so häufige seuchenartige Verbreitung solcher Krankheiten. Ihnen zunächst stehen atmosphärische Schädlichkei­ten, insbesondere in so ferne sie Erkältungen zu veranlassen im Stande sind und gewisse, ihrem Wesen nach unbekannte miasmatische Einflüsse.
Da ihrer chemischen Wirkung nach scharfe oder ätzende Sub­stanzen bei dem gewöhnlichen Vorgange ihrer Einführung in den Thierkörper zunächst mit der Schleimhaut des Nahrungsschlauches in Berührung kommen, so entfalten sie auch auf dieser zuerst ihre Wir-
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Krankheiten dei- Veidauungsorgane.
kung und veranlassen daselbst verschiedene, dem Grade ihrer Einwirkung entsprechende Krankheitsprocesse. Bas Nähere über diese verschie­denen ätiologischen Momente kann erst später passend abgehandelt werden.
Die Symptomatologie der Krankheiten der Verdauungsorgane ist wohl eine sehr reiche. Wird jedoch auf die Ausdehnung des Nah­rungsschlauches und auf den Umstand llücksicht genommen, dass eine genauere Untersuchung der in der Bauchhöhle eingeschlossenen Theile, wenigstens bei den grösseren Hausthieren mit zahlreichen Schwierig­keiten verbunden, ja bisweilen geradezu unmöglich ist; dann, dass da­selbst vorhandene , durch die verschiedensten Leiden der Bauchorgane veranlasstc Schmerzen nahezu immer unter derselben Form (als Kolik­schmerzen) auftreten, so wird es begreiflich, dass es in den meisten Fällen wohl keiner Schwierigkeit unterliegen werde, eine Erkrankung der Verdauungsorgane im Allgemeinen zu diagnosticiren, dass es aber häufig geradezu unmöglich sein könne, während des Lebens die be­stimmte Form der Erkrankung festzustellen.
Ucber die Prognose und Behandlung dieser Krankheiten lässt sich etwas im Allgemeinen Giltiges nicht anführen und bezüglich der letzteren nur bemerken, dass sich durch dieselbe, wegen der unmittel­baren Berührung, in welche die eingeführten Arzneistoffe mit der Ober-Uäche des Nahrungsschlaucbes gelangen, in der Kegel ein günstigeres llesultat erreichen lasse, als diess bei der Behandlung der Krankheilen solcher Organe der Fall ist, bei welchen die Allgemeinwirkung eines Medicamentcs in Anspruch genommen werden muss.
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I. Abschnitt.
A. Krankheiten der Maul- und Eachenhöhle und des Schlundes.
sect;. 2. Krankheiten dieser Theile kommen wohl bei allen Haus-thiergaltnngen, am gewöhnlichsten aber bei Tf erden, Kindern und Schweinen vor; einzelne derselben erlangen nicht selten eine epi-zootische Verbreitung (s. Manlweh). Unter den äusseren Schäd­lichkeiten spielen mechanische und chemische Einwirkungen, Erkäl­tungen der Haut, besonders bei raschem Temperaturwechsel im Frühlingo und Spätherbste, dann epizootischc Einflüsse die Hauptrolle. Obwohl sie häutig primäre Erkrankungen sind, stellen sie sich doch auch als Folgezustände von Leiden benachbarter Theile ein. So werden Ent­zündungen der Zunge oder des Zahnfleisches durch cariöse oder scharf-splitterige Zähne veranlasst, Entzündungen der Eachenschleimhaut stellen sich als Folge der Ausbreitung eines, auf der Schleimhaut der Nasen­höhle oder des Kehlkopfes gegenwärtigen Entzündungsproccsses ein u. s. w. Manche hicher gehörigen Veränderungen sind Theilerschei-uung eines Allgemeinleidens, z. B. des Maulwehes, der Einderpest, der Schafpocken.
Nachweisbare functionelle Störungen kommen, wenn von einer Yermehrung der Absonderung des Speichels abgesehen wird, in diesen Theilen kaum vor; häufig sind Hyperämien und Entzündun­gen, seltener die Neubildungen. Bei der Möglichkeit, einen grossen Theil der Maulhöhle, selbst bei grösseren Thieren, zu übersehen oder wenigstens durch die eingeführte Hand zu untersuchen, unterliegt die Diagnostik der in der Maulhöhle vorhandenen Störungen keinen beson­deren Schwierigkeiten. Man wird auf die Gegenwart derselben ge­wöhnlich durch das beschwerliche Aufnehmen und Kauen des Futters, durch die Vermehrung der Absonderung des Maulschleimes und Spei-
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Krankheiten der M.iul- mid Raohenhöhle.
chels aufmerksam, #9632;wahrend auf Erkrankungen des Sclvhmdkopfes ge­wöhnlich aus der Schwierigkeit des Hinabschlingens der gekauten ruttorstoffe, aus dem Zurücktreten derselben oder des Getränkes durch Nase oder Maul und bisweilen aus dem Vorhandensein einer Anschwel­lung nach aussen in der Gegend des Schlundkopfcs geschlossen wird. Die Entzündungen des Rachens führen sehr häufig Complica­tion en mit anderen Zufallen herbei. Dergleichen sind die Erschwerung des Athmons wegen des behinderten Durchtrittes der Luft zu dem Kehlkopfe, die sich manchmal, besonders bei Pferden und Schweinen, bis zur drohendsten Erstickungsgefahr steigern kann, die Verbreitung der Entzündung auf den Kehlkopf, auf die Luftröhre \md ihre Verzwei­gungen ebensowohl wie auf die Magen- und Darmschleimhaut und, bei Pferden, über die Eustachische Röhre hinaus auf die Luftsäcke. Bei dieser Thicrgattung sind auch Lungenentzündungen häufige und sehr gefährliche Begleiter heftiger Entzündungen der Schlingwerkzeuge. Dass endlich wegen der, durch Krankheitszustände des Maules und der Rachenhöhle erschwerten oder gänzlich behinderten Aufnahme der Futterstoffe die Gesammternährung leiden könne, ist von selbst klar und wurde auch schon früher bei der Maulseuche besprochen.
Bei den geringeren Graden der Leiden dieser Theile ist die Vor­hersage günstig und man reicht gewöhnlich mit einer localen, indiffe­renten oder symptomatischen Behandlung aus; höhere Grade derselben erfordern jedoch häufig ein entschlossenes Eingreifen. Die Hauptrolle spielt bei diesen Affectionen die örtliche Behandlung, wohin ört­liche Blulentziehungen durch Scarificationen, feuchtwarme Umschläge und trockene Einhüllungen, das Einathmen von Wasserdämpfen, das Ausspritzen der Maulhöhle mit reinem oder angesäuertem Wasser, die Anwendung der verschiedenen Schlecken, nach Erforderniss die Aetzung, dann die Einreibungen, besonders von Quecksilbersalbe in die Hals­gegend , bisweilen auch der Luftröhrenstich gehören. Von allgemein wirkenden Mitteln kann, bei hohem Grade des Leidens, eine allge­meine Blutentleerung, der Gebrauch von abführenden und die Haut­ausdünstung befördernden Mitteln, bei Schweinen und Hunden auch die Anwendung von Brechmitteln nothwendig werden.
I. Functionelle Störungen.
sect;. 3. Von functioncllen Störungen des Geschmacksinnes ist bei Hausthieren nichts bekannt. Zu den nervösen Störungen
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Neubildungtiti in der Maulliohle.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;(3öO
gehören die beim Starrkrampte erwähnten krampfhaften VerSchlies­sungen des Maules, die Starrheit der Zunge, und die bei der Hundswuth angeführte Lähmung des Hinterkiefers, wodurch ein weites Klaffen des Maules bedingt wird, endlich die Verziehungen der Lippen bei einseitiger Lähmung derselben.
II. Anatomische Störungen.
A. Locale Störungen des Kreislaufes.
I. Aiiümie und lly|)iTiiiim'.
sect;. 4. Anämie der Maul- und Ilachenhöhle stellt eine Thciler-scheinung der allgemeinen Blutarmuth dar und ist insbesondere bei der Bleichsucht der Schafe ausgesprochen. Die Hyperämie begleitet das Maulweh, den Anthrax und die Entzündungsprocesse dieser Theile.
2. Binding.
sect;. 5. Blutungen in die Schleimhaut der Maulhöhle sind bei Allgemeinkrankheiten keine seltene Erscheinung; sie sind gewöhnliche Begleiter des Pferdetyphus, der verschiedenen Anthrax-, insbesondere der acuten Formen desselben, und kommen auch bei der Binderpest und bei der Hundswuth, bei letzterer besonders auf der Schleimhaut des Eachens vor. Bluttiüsse aus der Maul- und Ilachenhöhle erfolgen in der Begel nur nach mechanischen Verletzungen derselben. Eine Blutung aus Aneurysmen der Gaumenarterien wurde bisher nur ein paar Mal beobachtet.
B. Störungen der Ernährung, 1. Neubildiingeii.
sect;. (gt;. In der Maulhöhle und dem Schlundkopfe des Pferdes sind bisher blos kleine Fibroide in der Nähe der Zahnfächer, dann Zahnueubildungen innerhalb einer Cyste im Yorderkieferbeine, dann der Kategorie des Markschwammes angehölige Krebsgeschwülste, welche entweder von der Schleimhaut der Nasenhöhle ausgehend, sich durch die hinteren Nasenöffnungen in die Ilachenhöhle erstreckten oder, ursprünglich von der, die untere Fläche des Keilbeines bekleidenden Schleimhaut der Ilachenhöhle beginnend, sich in die Nasenhöhle fort­setzten und in beiden Fällen das Alhmen und Schlingen behinderten,
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Ent/iinduug dor MaulscMeiinhaut.
vorgekommen. Dass in der Nasenhöhle wurzelnde Neubildungen all-miilig durch Druck die Gaumenplatten zum Schwunde bringen und, in die Maulhöhle hineinwuchemd das Kauen und Schlingen beeinträchtigen können, wurde schon erwähnt.
2. Ciilziindiing.
a) Entzündung der Maulschlcimhaut.
sect;. 7. Von den Entzündungen der Maulschleimhaut, welche bald gleichmässig über dieselbe verbreitet, bald bloss auf die Follikol beschränkt sind, war bereits bei der Maulseuche, beim Croup und bei der BJnderpest, von dem Brande derselben beim Anthrax, von der typhösen Infiltration beim Pferdetyphus die Rede, und es muss in dieser Beziehung, um Wiederholungen zu vermeiden, auf die entspre­chenden Stellen verwiesen werden. Die Entzündung der Zunge fin­det in der Chirurgie ihre Erledigung.
b) Entzündung der Schleimhaut des harten Gaumens. sect;. 8. Die Entzündung der Schleimhaut des harten Gau­mens (die Gau mengeschwulst) ist beim Pferde nicht selten, und tritt entweder in Form einer aeuten Hyperämie und Schwellung der Schleimhaut, in welchem Falle die Geschwulst heiss und schmerz­haft ist, oder in Form einer serösen Infiltration des, unterhalb der Schleimhaut gelegenen Bindegewebes auf, wo dann eine schmerzlose, ödematöse, bisweilen mehrere Linien über die Beibeüäche der Schneide­zähne hervorragende Geschwulst zugegen ist. In beiden Fällen wird hier­durch die Aufnahme und das Kauen der Futterstoffe erschwert. Die Ursache hiervon liegt bald in dem Wechsel der Zähne, bald in mechani­schen Einwirkungen der Futterstoife.Iiei der erstcren Form sind kühlende Maulwässer und säuerliche Schlecken, in den höheren Graden auch Scarificalionen, bei der letzteren öftere Einreibungen von Salz, oder Waschungen mit zusammenziehenden Maulwässern erforderlich, aber nur dann, wenn erweislich das Hinderniss der Futteraufnahme nur durch diesen Zustand bedingt ist, wesshalb in solchen Fällen die ganze Maulhöhle besonders rücksichtlich der Beschaffenheit der Zähne genau zu untersuchen ist.
c) Die Hals- oder Rachenentzündung oder die Bräune (Angina).
sect;. 9. Sie tritt, wie schon früher bemerkt, häufig in Compli­cation mit einer Entzündung des Kehlkopfes und der Luftröhre, bei
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Halsentzündmiij.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; OoT
Pferden auch der Eustachischen liöhre und des Luftsackes auf; bei­nahe stets nehmen daran die Mandeln und das Gaumensegel Antheil. Das Leiden kommt am häufigsten bei Pferden und Schweinen, u. z. bisweilen in seuchenartiger Verbreitung vor, und ist entweder ein selbststiindigcr Process oder ein Folgczustand von Entzündung der Nasen-, der Kehlkopfs- und Luftröhrenschlcimhaut.
Als Ursachen gelten alle umstände, welche Erkältungen zu veranlassen im Stande sind, worunter aucli der Genuss sehr kalten Wassers zu rechnen ist, mechanische und chemische Einwirkungen, besonders durch rauhes, grobhalmiges, stachliges Futter, scharfe PAan-zen, endlich eine eigenthiimliche, uns unbekannte atmosphärische Con­stitution (anzunehmen bei epizootischer Verbreitung des Leidens).
sect;. 10. Symptome. Die geringeren Grade der Krankheit be­ginnen gewöhnlich sogleich mit den örtlichen Erscheinungen, während den höheren meist ein mehr oder weniger ausgesprochenes Fieber vor­angeht. Die Schleimhaut des Maules und der Kachenhöhle wird höher geröthet, die Absonderung des Schleimes, der sich nicht selten in zähen Strängen aus dem Maule herabspinnt, vermehrt, die Gegend des Schlundkopfes wird schmerzhaft und nicht selten durch die Infiltration des umliegenden Bindegewebes und das Hervorgedrängt-werden der Ohrspeicheldrüsen vorgewölbt; die Fresslust ist gewöhn­lich nicht aufgehoben, jedoch das Schlingen sowohl der Futterstoffe als des Getränkes beschwerlich, bisweilen ganz unmöglich, so dass die Thiere das gekaute Futter entweder wieder aus dem Munde fallen lassen, oder dasselbe, sowie das Gelränke wieder durch die Nase aus-stossen. In den höheren Graden wird der Kopf und der Hals gesenkt gehalten und jede Beugung desselben soviel möglich vermieden.
Werden die Kranken durch einen Druck auf den Kehlkopf zum Husten veranlasst, was bei dem Umstände, als dieser gewöhnlich gleiehzeilig katarrhalisch ergriffen ist, in der Kegel leicht gelingt, so begleitet denselben ein eigenthümliches schlotterndes oder schnarchen­des Geräusch, hervorgerufen durch die Schwingungen des infiltrirten Gaumensegels, während durch denselben gleichzeitig grössere Massen zähen, glasartigen Schleimes durch die IS'ase entfernt werden. Der Durst ist vermehrt, die Befriedigung desselben jedoch durch die Schlingbeschwcrde erschwert; die Thiere spielen meistens sehr gerne in vorgesetztem frischen Wasser mit dem Maule.
Der Verlauf und die Ausgänge sind sehr verschieden. Bei Affcclionen cermdeg;reren Grades tritt innerhalb acht bis vierzehn Tagen
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Halsentzündung.
#9632;während welcher die Kraukheitserschcinungeu allmälig ahnehraen und das Schlingvermögen wiederkehrt, Genesung ein. Hat die Entzün­dung sich auf das, den Schlundkopf umgebende Bindegewebe fortge­setzt, so bilden sich daselbst nicht selten Abscesse, welche, wenn sie einen grösseren Umfang erreichen, eine bedeutendere Athemnoth veranlassen und die frühzeitige Eröffnung, sobald nur ein leises Ge­fühl von Schwappung wahrzunehmen ist, nothwendig machen können, wobei jedoch dann alle jene Vorsichtsraassregeln zu beobachten sind, welche für die Eröffnung der Luftsäcke gelten. Behindern sie das Athmen nicht, so kann ihre Selbsteröffnung abgewartet werden. Bei Schweinen bilden sich in der Regel kleine, umschriebene, von in-filtrirtem Bindegewebe umgebene, nicht zusammentliessende Abscesse, nach deren Entleerung häufig eine harte, imschmerzhafte Geschwulst zurückbleibt, die in vielen Fällen den Eintritt der Luft in den Kehl­kopf erschwert, und ein andauernd keuchendes Athmen veranlasst. Ausdehnungen des Luft sack es, durch in seine Höhle ergossene Exsudate, die meist eine eiterige Beschaffenheit zeigen, kommen nicht selten vor, sie sind, um eine drohende Erstickungsgef'ahr zu beseitigen, oder einer Eindickung des Eiters und einer bleibenden Anfüllung des Luftsackes zuvorzukommen, wie Abscesse zu eröffnen. Bisweilen wird der katarrhalische Zustand des Luftsaokes chronisch, und es bleibt dann ein mehr oder weniger bedeutender, besonders beim Tiefhalten des Kopfes oder nach stärkerer Bewegung des Thieres zum Vorschein kommender, zäher oder klümperiger, bisweilen übelriechender Ausduss zurück, dessen Beseitigung nur selten, gelingt. Verbreitet sich die Ent­zündung über die, den Eingang zum Kehlkopfe bildenden Schleim-hautfaltcn und entwickelt sich ein Glottisödem, so kann die höchste Athemnoth und Erstickungsgefahr eintreten, welcher nur durch die schleunige Vornahme des Luftröhrenstiches begegnet wird. Seltener sind eigentliche croupöse Exsudationen auf der Rachenschleimhaut, bei deren Gegenwart die früher angeführten Krankheitserscheinungen den höchsten Grad erreichen (häutige Bräune); sie werden entweder in günstigem Falle nach aussen ausgestossen oder führen, besonders bei Ausbreitung des Processes auf den Kehlkopf, zum Tode des Thieres durch Erstickung.
Eine häufige Complication dieses Leidens sind beim Pferde Lungenentzündungen, die sich unserer Erfahrung nach im Ver­laufe chronischer oder sehr intensiver, mit brandiger Zerstörung enden­der Halsentzündungen sehr gerne einstollen, und gewöhnlich mit dem
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Halsentzündung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 689
Tode, in Folge des Eintrittes von Lungenbrand enden. Den ursächlichen Zusammen!)ang zwischen beiden sind wir ausser Stande, anzugeben.
sect;. 11. Die Gelegenheit zur Vornahme von Sectionen ergibt sich nur in jenen Fällen, wo der Tod entweder durch Erstickung oder in Folge von Complication mit anderen schweren Krankheiten eintritt. Das Gaumensegel erscheint dann bei Pferden auf 2 — 3'quot; Dicke ge­schwellt, starr, auf dem Durchschnitte stellenweise von Eiterpunkten, die geschwollenen Mandeln von Abscessen durchzogen, die Schleimhaut des Schlundkopfcs gewöhnlich missfärbig, braunroth, ihre Follikel ge­schwellt , selten mit croupösem Exsudate überzogen, häufiger hie und da zu brandigen Fetzen abgestorben. Gewöhnlich findet sich das um den Schlund- und Kehlkopf, dann um die Luftröhre herumliegende Bindegewebe im Zustande der Vereiterung und von verschieden ver­zweigten , bisweilen nach aussen mündenden Fistelgängen durchsetzt, selten Klumpen eingedickten, höchst übelriechenden oder verkreidenden Eiters enthaltend. Die Luftsäcke sind meist mit einem schleimigen, eiterigen oder breiigen Inhalte angefüllt, ihre Schleimhaut verdickt und missfarbig. Wo der Tod durch Erstickung eintritt, ist gewöhnlich ein acutes Oedem der Schleimhaut des Kehlkopfes, insbesondere an dem Eingange zu demselben, acutes Lungenödem oder Lungenbrand zugegen. Nach den angeführten Umständen fällt auch die Beurtheilung der Krankheit verschieden aus und, während sie häufig schnell und ohne Gefahr für das Thier verläuft, kann sie in anderen Fällen zu dem Ein­tritte des Todes mittel- oder unmittelbare Veranlassung geben.
sect;. 12. Behandlung. Die Halsentzündung fordert ein warmes Verhalten der Kranken im Allgemeinen und der leidenden Theile ins­besondere; das letztere wird durch Einhüllen der Schlund- und Kehl-kopfsgegend in warme roister, wollene oder Pelzlappen, bei stärkeren Anschwellungen durch Anwendung feuchtwarmer (Wasser-) Umsehläge erreicht. Die letzteren sind unerlässlich, wenn die Anzeichen der be­vorstehenden Eiterung zugegen sind, wo sie dann bis zur vollkommenen Reifung der Abscesse fortzugebrauchen sind. Die Wirkung derselben wird durch wiederholte Einreibungen der oberen Halsgegend mit grauer Quecksilbersalbe oder Kamphergeist unterstützt. Das öfter des Tages #9632;niederholte Einathmen warmer Wasserdämpfe wird in der Regel von den Kranken gut vertragen und verschafft ihnen auch durch die Mäs-sigung der entzündlichen Spannung Erleichterung. Fleissiges Ausspritzen des Maules mit reinem oder durch Essig ungesäuertem Wasser ist zur Entfernung des in grosser Menge im Maule angesammelten, durch
Roll, Pathul. und Therapie. II. Aufl.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 44
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Zersetzung bald einen widerlichen Geruch unnehmenden Schleimes er­forderlich; zu gleichem Zwecke soll den Kranken auch frisches Wasser, in welchem sie gerne mit dem Maule spielen, vorgesetzt und öfter er­neuert werden. Eei höheren Fiebcrgradcn ist ein massiger Aderlass und bei Thieren, welche noch etwas schlingen können, der Gebrauch von antiphlogistischen Salzen angezeigt. Bei Schweinen kürzt ein im Be­ginne der Krankheit gereichtes Brechmittel, das nach Erforderniss in den nächsten Tagen wiederholt wird, den Krankheitsverlauf biswei­len bedeutend ab. Rauh- und Kömerfutter ist für derlei Kranke nicht am Platze; am besten sagen ihnen Mehl- und Kleientränke oder wei­ches Grünfutter zu.
Die weitere Behandlung richtet sich nach den etwa vorhandenen Complicationen und nach den besonders gefahrdrohenden Sympto­men. In letzterer Beziehung werden häufig chirurgische Hilfeleistungen, die Eröffnung der Luftsäeke, Spaltung von Abscessen und Hohlgängen, der Luftröhren stich nothwendig. Sobald sich im Verlaufe der Halsent­zündung ein lautes, schnarchendes oder rasselndes Athmen einstellt, hat man immer auf der Hut zu sein, um den geeigneten Moment zur Anstellung des Luftröhrenstiches nicht zu versäumen.
C. Schmarotzer.
sect;. 13. Von Schmarotzern kommen am Gaumensegel und am Schlundkopfe von Weidepferden bisweilen Bremsenlarvcn vor.
B. Krankheiten der Speicheldrüsen.
I. Functionelle Störungen.
sect;. 14. Eine Verminderung der Speichelabsonderung ist ge­wöhnlich im Beginne fieberhafter Krankheiten, wo dann die Maulschleim­haut trocken und heiss erscheint, nach reichlichen serösen Entleerungen (z. B. bei Durchfallen, bei starker Harn- und Schweissabsonderung) zugegen. Bei längerer Andauer dieses Zustandes entwickeln sich gewöhnlich Stö­rungen der Verdauung. Von einer Verminderung der Absonderung, welche bisweilen auch durch Verödung einzelner Abschnitte der Spei­cheldrüsen veranlasst wird, müssen jene Pälle unterschieden werden, wo der Eintritt des Speichels in die Maulhöhle durch eine Krankheit oder Verstopfung des Speichclganges (durch fremde eingedrungene Kör-
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Krankheiten der Speicheldrüsen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 691
per, Speichelsteine, durch eine Speichelfistel) gehindert ist. Während die, durch die erstgenannten Ursachen veranlasste Anomalie der Ahson-derung sich gewöhnlich rasch verliert, machen die letzteren einen ope­rativen Eingriff nothwendig.
sect;. 15. Eine Vermehrung der Speichelahsonderung (der Speichelfluss, Ptyalismus) hängt von sehr verschiedenen Umstän­den ab. Sie erfolgt bei den Hausthieren insbesondere nach örtlicher Reizung der Maul Schleimhaut durch das Kauen scharfer und reizender Pdanzenstoffe, durch scharfkantige Zähne, beim Zahnwechsel, ferner als Begleiter verschiedener Krankheitsprocesse in der Maul- und llachcn-höhle, wie beim Maul weh, bei der Halsentzündung, beim Typhus des Pferdes, sobald bei ihm auch die Maulschleimhaut der Sitz der typhö­sen Infiltrationen ist. In allen diesen Fällen erfordert der Speichelfluss, ausser öfterem Ausspritzen und Peinigen des Maules, keine besondei'c Behandlung; er hört auf, sobald die ihm zu Grunde liegende Ursache entfernt ist. Sympathisch stellt sich bisweilen dieser Zustand bei chronischen Katarrhen der Magenschleimhaut (gastrischen Leiden) der Pferde ein, wo denselben dann, auch wenn sie nicht kauen, schaumi­ger Speichel vor dem Maule steht; hier weicht die Anomalie mit der Besserung des Magenleidens. Selten ist bei den Hausthieren der Spei­chelfluss eine Folge des innerlichen oder äusserlichen Gebrauches der Quecksilberpräparate, wobei er noch am ersten eintritt, wenn diese in der Nähe der Ohrspeicheldrüse eingerieben wurden. Er stellt eine Theilerscheiuung der Quecksilbervergiftung dar und ist bisweilen mit Anschwellung der Ohrspeicheldrüse, Auflockerung des Zahnfleisches, Wackeln der Zähne, mit einem dicken, schmutzigen Belege der Zunge und üblem Gerüche aus dem Maule verbunden. Xebst der Aussetzung des Gebrauches der Quecksilberpräparate sind hier Einspritzungen von aro­matischen Aufgüssen, von Abkochungen herber Pflanzenstoffe, nach Erfor-demiss mit Zusatz von Alaun, Einreibungen von Kamphergeist' in die Gegend der Ohrspeicheldrüse, warme Einhüllungen derselben angezeigt; bei grösserer Hartnäckigkeit des Leidens könnten bei Hunden das Opium oder, so wie bei Pflanzenfressern der Bleizucker, das Jodkalium und die Schwefelpräparate versucht werden.
In manchen Fällen erscheint die Absonderung des Speichels vor­mehrt, während er sich doch bloss wegen des vorhandenen Unvermö­gens, zu schlingen, in der Maulhöhle sammelt oder aus ihr abfiiesst, wie bei der Hundswuth, beim Starrkrämpfe.
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SpeicheldrlisenentKundung.
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lieber die qualitativen Abweichungen des Speichels ist etwas Sicheres bisher nicht bekannt; dass derselbe bisweilen das Vehikel eines Contagiums sei, wurde bereits (bei der Hundswuth, Rinderpest) erwähnt.
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IIP III
II. Anatomische Störungen.
I. IS'eubilduugen.
sect;. 16. Von Neubildungen wurden bei Pferden Melanosen, angeblich auch Krebse in der Ohrspeicheldrüse und in den Ausfüh­rungsgängen derselben, so wie in jenen der Speicheldrüsen überhaupt Speichelsteine angetroffen.
2. Die Entzündung der Spekheldrüüen und des umgebenden Bindegewebes.
sect;. 17. Sie ist bei den Hausthieren sehr selten und dann ge­wöhnlich auf die Ohrspeicheldrüse (Parotitis) und das Bindegewebe, in welchem sie eingebettet ist, beschränkt. Sie stellt sich entweder im Gefolge von Halsentzündung, Katarrh der Luftwege u. dgl. oder nach mechanischen Einwirkungen ein; häutig werden Entzündungen der unter ihr liegenden Lymphdrüsen oder des Luftsackes, wodurch sie nach aussen gedrängt und die ganze Gegend bei der Berührung schmerzhaft wird, für Entzündung der Ohrspeicheldrüse angesehen. Die Diagnose wird aus der Anschwellung und grossen Empfindlichkeit der Drüse und aus der Verminderung der Speichelabsonderung entnommen. Die Krankheit endet entweder durch llücksaugung des Entzündungspro-duetes mit vollständiger Heilung, oder es geht ein Theil der Drüse durch Zurückbleiben und Schrumpfen des Exsudates oder durch Neubildung von Bindegewebe, in Folge welcher eine Verhärtung der Drüse zurück­bleibt, oder durch Eiferung zu Grunde. Die Behandlung besteht in warmen Umhüllungen der Ohrspeicheldrüsengcgend, in Einreibungen mit flüchtig erregenden Substanzen, in der Anwendung feuchtwarmer Umschläge, bei eintretender Eiterung in Spaltung der bisweilen tief liegenden Abscesse. Lei zurückbleibenden Verhärtungen kann die Jod­salbe versucht werden.
Anmerkung. Verletzungen der Ausführungsgäuge der Speicheldrüsen geschehen bei Pferden bisweilen durch das Eindringen von Grannen, Körnern oder Stückchen von Kauhfuttcr; sie führen zu einer heftigen Entzündung der umgebenden Maulschleimhaut und zur Bildung von Absccsscn, welche sich in die Maulhohle, sel­tener nach aussen öffnen.
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Krankheiten der Speiseröhre.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;693
C. Krankheiten der Speiseröhre.
). Neubildiingeu.
sect;. 18. Sie sind, in der Speiseröhre sehr selten. Aussei- leichten polypösen Wucherungen in der Nähe der Cardia sind uns bisher keine vorgekommen; jedoch soll auch Faserkrebs (?) daselbst ange­troffen #9632;worden sein.
2.nbsp; Eiitzünduiig.
sect;. 19. Die Entzündung der Speiseröhre gehört zu den sel­tensten Krankheitsformen \mä könnte höchstens durch mechanische und chemische Verletzungen herbeigeführt werden. Die Diagnose wäre aus der Behinderung des Schlingens und aus der Schmorzhaftigkeit längs des Verlaufes des Schlundes am Halse zu stellen.
3.nbsp; Erweiterung.
sect;. 20. Häufiger sind beim Pferde die Erweiterungen des Schlundes, welche an verschiedenen Stellen seines Verlaufes bald an seinem Hals-, bald an seinem Brusttheile vorkommen. Gewöhnlich tre­ten sie in der Form der Divertikelbildung auf, welche auf gleiche Weise vor sich geht, wie diess in der Luftröhre der Fall ist, indem nämlich eine Sohleimhautpartie sich zwischen den auseinander weichen­den Muskelbündeln hindurch drängt und eine, allmälig grosser werdende beutelartige Ausstülpung bildet, in welche die Futtermassen hinein ge­langen und zur stufenweisen Vergrösserung derselben Veranlassung geben. Zu einiger Grosse gediehen, können dieselben vermöge des Druckes, den sie auf die Luftröhre ausüben, zu Athmungsbeschwerden Veranlassung geben; bisweilen zerrcissen sie an der hervorgewölbtesten Stelle, worauf ihr Inhalt sich, falls die Erweiterung am Halstheile stattfindet, in das anstossende Bindegewebe, falls sie im Brusttheile erfolgt, in die Brusthöhle ergiesst und zu einer bedeutenden Entzün­dung, die im letzteren Falle mit dem Tode endet, Veranlassung gibt. Die Diagnose dieses Leidens kann nur dort, wo es am Halstheile des Schlundes zugegen ist, aus dem Vorhandensein einer nachgiebig weichen TJmfangsvermehrung im Verlaufe der Speiseröhre, welche bei einem stärkeren Drucke sich verkleinert, während ihr Inhalt nach auf­wärts steigt und bisweilen durch die Nase ausgestossen wird, und aus dem zeitweiligen Eintritte von Erbrochen mit Wahrscheinlichkeit ge-
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Krankheiten der Speiseröhre.
stellt werden. Sitzt das Divertikel am Bmsttheilc, so ist die Constati-rung desselben kaum möglich und seine Gegenwart kann höchstens aus dem öfteren Eintritte von Brechneigung oder von wirklichem Erbrechen vermuthet werden.
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4. Wreiigerung.
sect;. 21. Verengerungen des Schlundes, wodurch das Hinab schlin­gen der Futterstoffe erschwert wird und zeitweilig Brechreiz oder Er­brechen eintritt, werden durch Hypertrophie seiner Muskelhaut, durch Druck von Neubildungen der Umgebung (wie Melanosen des nahelie­genden Bindegewebes), besonders bei seinem Eintritte in die Brust­höhle, durch hypertrophische oder sonst entartete Lymphdrüsen, durch Knochenwucherungen an den Halswirbeln u. s. av. veranlasst. Gewöhn­lich ist der, oberhalb der verengerten Stelle liegende Schlundtheil gleichförmig erweitert.
.quot;gt;. Tremiimgi'ii drs Ziisaminenhanges.
sect;. 22. Trennungen des Zusammenhanges kommen, wenn von äusseren Verletzungen abgesehen wird, durch Vereiterungsprocesse (in den Lymphdrüsen) der Umgebung, durch spitze, mit den Futter­stoffen in den Schlund gedrungene Körper vor. Hie letzteren gelangen bisweilen nach Durchbohrung seiner Wandungen und unter Einleitung eines Eitcruugsproccsscs in der Umgebung nach aussen oder in die Brusthöhle, wo sie gewöhnlich eine tödtliche Brustfellentzündung ver­anlassen.
Grössere, in den Schlund gelangte Körper, Hühnereier, Kartoffel, Bubenstücke veranlassen Erstickungsanfälle und erfordern, falls sie nicht nach rückwärts in den Magen gebracht und zerdrückt werden können, ebenso wie kleinere, bezüglich ihres Sitzes im Halstheile auszumit-telnde fremde Körper, behufs ihrer Entfernung die Vornahme des Schlundschnittes.
6. Parasiten.
sect;. 23. Von Schmarotzern wurde bisher nur der blutige Roll­schwanz in knotigen Geschwülstchen des, zunächst der Einmündung in den Magen liegenden Schlundstückes bei einem Hunde, der an an­dauerndem Erbrechen gelitten hatte, angetroffen (Gurlt).
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Kr.inkhoiteii des Magen* nml DarmOÄ.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Gt/ö
II. Abschnitt.
Krankheiten des Magens und Darmcanales.
sect;. 24. Sie kommen wohl bei allen Hausthiergattungen vor, jedoch ist die Disposition zu gewissen Formen der Erkrankung nicht bei allen in gleichem Masse vorhanden; manche (z. B. gewisse Arten der Lageveränderungen) sind einzelnen derselben eigenthümlich; Ge­schlecht und Eace machen bezüglich der Anlage keinen Unterschied.
Die äiisseren Schädlichkeiten, welche Affectionen dieser Organe hervorrufen, sind höchst mannigfach, jedoch der Mehrzahl nach auf eine mechanische oder chemische Einwirkung der, in den Magen und Darm eingebrachten Stoffe zurückzuführen. Abgesehen von den, durch mechanische Eingriffe von aussen bedingten Verwundun­gen , Erschütterungen u. s. w. der Baucheingeweidc sind es insbe­sondere von aussen, gewöhnlich mit den Futterstoffen eingeführte Kör­per, welche entweder durch ihre Grosse und Consistenz zur Einkeilung und zum Festsetzen in der Speiseröhre und im Darme oder durch ihre Form zu Verwundungen, oder durch ihre unebene, scharfkantige Be­schaffenheit (z. B. feiner Sand) zu oberflächlicher Verletzung dieser Theile Veranlassung geben, während kleine, unlösliche Theilchen (Sand­körner) nicht selten die erste Grundlage zur Bildung von Darmconore-menten abgeben. Ebenso belästiget die Einführung einer zu grossen Menge selbst eines an und für sich guten Futters den Magen und Darm auf eine mechanische Weise und führt zu verschiedenen krank­haften Veränderungen. 'Noch naehtheiliger wirkt eine fehlerhafte Be­schaffenheit der Futterstoffe auf die Verdauungsorgane, mit wel­chen sie unmittelbar in Berührung kommen und es muss in dieser Rücksicht auf das im allgemeinen Theile Berührte verwiesen werden. Hieher zählt auch die schädliche Wirkung, welche ätzende Substan­zen (Säuren, Alkalien und einzelne Pflanzenstoffe), dann die giftigen Metallpräparate auf die Magen- und Darmschleimhaut ausüben und welche in den geringeren Graden ihrer Einwirkung zu Hyperämien, Blutungen, Exsudationen verschiedener Art, in den höheren zu Ver-schwärungsproecssen und weit greifenden Zerstörungen der unmittelbar berührten Theile führen. Hieran schlicssen sich die Schädlichkeiten einer niederen und hohen Temperatur, sei es nun, dass die erstere
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Krankheilen des Magens und Darmes.
von aussen oder bei Einführung zu kalten Getränkes von innen wir­kend , zu sogenannten Erkältungen, die Kolik, Durchfall, Euhr u. s. f. hervorrufen, Veranlassung gibt, oder dass die letztere entweder eine Ver­weichlichung der Thiere, in Folge welcher sie gegen die Einflüsse einer niederen Temperatur empfindlicher werden, bedingt, oder dann, wenn sie den eingeführten Stoffen mitgetheilt ist, eine Verbrühung der be­rührten Theile erzeugt.
Nicht weniger geben rascher Temperaturwechsel der Atmo­sphäre, ebenso wie andauernde heisse oder feuchtwarme Witterung zur Entstehung von Krankheiten des Magens und des Darmes Anlass, welche insbesondere während der heissen Sommermonate in der Ee-gel in grösserer Häufigkeit vorkommen, als zu anderen Jahreszeiten. Manche Krankheitsformen (z. B. die Euhr) treten oft epizootisch auf, ohne dass sich bisweilen in den äusseren Verhältnissen der Witte­rung, der Beschaffenheit der Futterstoffe u. s. w. etwas direct .Nach-theiliges auffinden Hesse, wesshalb in solchen Fällen weiter verbreitete, unbekannte Schädlichkeiten als Krankheitsursache angenommen werden müssen. Nicht selten liegen die Ursachen zu Erkrankungen in gewis­sen Zuständen des Nahrungsschlauches selbst. So veranlassen Hindernisse, welche der Fortbewegung des Darminhaltes ent­gegenstehen, hinter der nicht wegsamen Stelle die Erscheinungen eines Katarrhes, selbst einer heftigeren Entzündung, während vor derselben die Futterstoffe sich anhäufen, zurückstauen, selbst durch Maul oder Nase wieder ausgestossen werden und sich an der auf diese Weise erweiterten Partie die Erscheinungen von Hyperämie und Entzündung, selbst brandiges Absterben und Durchbohrung einstellen. Noch hef­tiger gestalten sich diese Processe, sobald durch Lageveränderun­gen des Darmes nicht nur seine Wegsamkeit aufgehoben, sondern auch ein mechanisches Hindcrniss für den Eücktluss des Blutes gege­ben ist, worüber bei den inneren Einklemmungen das Nähere zu be­merken ist. Durch unregelmässige Functionirung des Nahrungs­schlauches, wie sie durch ungleichmässige und unregelmässige Fütterung veranlasst wird, wird nicht selten Verdauungsschwäche herbeigeführt und das Entstehen von Magen- und Darmkatarrhen eingeleitet.
Sehr häufig findet die Ausbreitung eines, an einer Stelle vor­handenen Krankheitsprocesses auf die angrenzenden Partien statt; selbst bei ganz localen Einwirkungen auf eine Stelle leidet gewöhnlich die Umgebung mit. Diese Ausbreitung erfolgt nicht nur in dem gleichar­tigen Gewebe der Fläche nach, sondern sie greift auch von der Schleim-
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Krankheiten des Magentt und Darmes.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; (ii)i
haut auf die Muskel- und seröse Haut und umgekehrt über. Hauche Krankheitsprocesse localisiren sich, wenn auch im Beginne ein grösse-rer Schleimhautabschnitt gleichmässig ergriffen war, doch mit Vorliebe auf gewisse Stellen, wie diess bereits beim Pferdetyphus, bei der Rin­derpest angeführt wurde.
Häufig spielen die, an den ursprünglich kranken Partien ausgc-laquo;chiedenen Absonderungen oder Krankheitsproducte durch ihre Einwirkung auf andere Abschnitte des iNahrungsschlauches, welchen sie zugeführt werden, die Rolle einer Krankheitsursache.
Secundär stellen sich Erkrankungen des Nahrungsschlauches durch Druck von Seite der Umgebung, in Folge der Behinderung der Circulation bei chronischen Krankheiten des Herzens und der Leber ein, in welchen Fällen nicht selten Hyperämien und Katarrhe des Darmes auftreten. Entzündungen des Bauchfelles verbreiten sich ge­wöhnlich auf den serösen Ueberzug der Gedärme, wodurch die Muskel­haut derselben gelähmt, der Darm erweitert und bei grösserer Anfül-lung desselben zum Stocken seines Inhaltes, selbst zu Berstungen Veranlassung gegeben wird; bisweilen greift die Entzündung auch auf die Schleimhaut über und es entwickeln sich auf derselben Katarrhe, Follioularentzündungen, selbst der Ruhrprocess. Krankheiten der Harn­blase, der weiblichen Geschlechtsorgane, der Vorsteherdrüse (bei Hun­den) verbreiten sich ebenso gerne wie jene der angrenzenden Haut auf den Mastdarm. Am häufigsten wird der Darm bei allgemeinen Krank­heiten überhaupt und jenen des Blutes insbesondere in Mitleidenschaft gezogen, wovon der Anthrax, die Rinderpest, die Pyämie u. s. w. als Beispiele dienen können. Weniger auffallend ist der Einfiuss der Er­krankungen der Centralorgane des Nervensystems auf diese Theile.
Die Erkrankungen des Magens und Darmcanales werden häufig durch Anhäufungen von festem oder gasförmigem Inhalte, durch Ver­änderung der Lage eingeleitet, die dann zu mechanischen Stasen und ihren weiteren Folgen führen, in geringeren Graden jedoch wenigstens zu nervösen Erscheinungen, besonders zu Schmerzäusserungen (Kolik) Veranlassung geben. Der gewöhnlichste Vorgang, mit welchem sie beginnen, ist jener der Hyperämie, welche die verschiedensten Krank­heitsprocesse dieser Theile in der Regel einleitet, und selbst zur Ne-krotisirung der erkrankten Theile führen kann.
sect;. 25. Die Erscheinungen, aus deren Gegenwart auf Erkran­kungen des Nahrungsschlauches geschlossen wird, sind sehr zahlreich; die wichtigsten derselben sind nachstehende:
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098nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten des Magens und Darmes.
1.nbsp; nbsp; Abänderungen in der Fresslust. Diese ist gewöhnlich bei Erkrankungen der Yerdauungsorgano, insbesondere bei acutem Verlaufe derselben vermindert; die Thiere verschmähen das Futter entweder vollständig, oder suchen nur unlustig in demselben herum; bisweilen ist ein besonderer Drang nach dem Genüsse bestimmter, gewöhnlich alcalinischer Substanzen (wie bei der Lecksucht) zugegen; der Durst ist meist nur dann, wenn sehr reichliche Durchfälle vorhanden sind,-auffallend gesteigert.
2.nbsp; nbsp;Eine grössero Empfindlichkeit der leidenden Theile gegen den Druck. Sie lässt sich nur bei kleineren Hausthieren bisweilen ausmitteln, bei den grösseren ist sie wegen der Spannung der Bauch­decken und bei dem Umstände, als (wenigstens bei dem Pferde) ein grosser Theil der Baucheingeweide noch unterhalb der Eippen gelagert ist, nur sehr selten sicherzustellen. Die Gegenwart von Schmerzen oder unangenehmen Empfindungen im Magen und Darme geben die Kranken durch Hin- und Hertrippeln, öfteres Umsehen nach dem Hin­terleibe , Wedeln mit dem Schweife, in den höheren Graden durch grosse Unruhe, heftiges Niederwerfen und Herumwälzen, gewöhnlich mit gegen den Bauch angezogenen Fassen zu erkennen. Nicht selten sind diese (Kolik-) Erscheinungen die einzigen oder wenigstens die auffallendsten, aus denen auf eine Erkrankung der Baucheingeweide geschlossen werden kann. Schmerzen im Mastdarme und After, welche am häufigsten durch eine dort verlaufende Entzündung veran-lasst werden, geben sieh durch Aufkriiramung des Rückens, wieder­holtes Anstellen zu Entleerungen, auch wenn kurz vorher eine solche stattgefunden hat, durch Hervordrängen des Afters und öfteres Stöhnen (den sogen. Zwang, Tenesmus), ein Kitzel im Mastdarme, welcher sich bei Hyperämien leichteren Grades, bei Reizungen durch, daselbst nistende Eingeweidewürmer einstellt, durch wiederholtes Reiben des Afters an festen Widerständen zu erkennen.
3.nbsp; nbsp; nbsp;Eine Untersuchung des Magens und Darmes mit Aus­nahme des hintersten Abschnittes des Mastdarmes kann nur mittelbar durch die Bauchdcken hindurch vorgenommen werden. Durch das Be­sichtigen und Befühlen des Hinterleibes kann jedoch bei den Haus­thieren nur der Grad der Anfüllung der in demselben gelegenen Organe, bei den Hunden auch das Vorhandensein von Geschwülsten ausgemittelt werden. Die Percussion kann bloss über die Lufthältigkeit des percu-tirten Darmstückes oder über seine Anfüllung mit festen oder flüssigen Stoffen Aufschluss geben; der Grad des Widerstandes, den man hiebei
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Krankheiton des Magenraquo; und Därmen.
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fühlt, belehrt zugleich bei der Gegenwart eines tympanitischen Schal­les über die Spannung der quot;Wandungen , bei gedämpftem Schalle über die Consistenz der im Darme befindlichen Substanzen. So wichtig die physicalische Untersuchung bei Krankheiten der Athmungsorgane ist, so wenig wesentliche Aufschlüsse gibt sie bei den Hausthieren über Krankheitszustände des Hinterleibes. Xoch beschränkter ist die Vornahme der Auscultation, durch welche sich nur das Kollern im Hinterleibe, verursacht durch das Fortschreiten von Gasen durch einen üüssigen Darminhalt, ausmitteln lässt. Ist das Kollern in höherem Grade zugegen, so kann der baldige Eintritt von Entleerungen erwartet werden; wird es vernehmbar, nachdem es früher durch längere Zeit gemangelt hatte, so lässt sich hieraus auf den Wiedereintritt der Fort­bewegung des Danninhaltes schliessen.
Die Untersuchung des Afters und des hinteren Mastdarmstückes bei den grösseren Hausthicrgattungen durch Einführung der beölten Hand und des Armes, bei den kleineren durch die eines Fingers, gibt Aufschluss über die Anfiillung oder Leere, die Temperatur, die Wegsamkeit des­selben, über vorhandene Geschwülste, Einrisse, Geschwüre u. dgl. Sie sollte bei länger anhaltender Verstopfung nie unterlassen werden.
4.nbsp; nbsp;Die Art und Weise, wie die gewohnten Futterstoffe ver­daut werden, kann bei dem Umstände, als bei heftigeren acuten Er­krankungen des Nahrungsschlauches die Nahrungsmittel gewöhnlich vollständig verschmäht werden, meist nur bei chronischen Krankheiten in Betracht kommen. Gewöhnlich erfolgt bei chronischen Katarrhen, insbesondere des Magens die Verdauung unvollkommen, die Nahrung unterliegt in dem Darme dem gewöhnlichen Zcrsetzungspi-ocesse unter häufiger Gasentwicklung, wesshalb solche Thiere oft an Auftreibung des Magens (Trommelsucht) und der Gedärme (Windkolik), an zeit­weilig wiederkehrenden Koliken leiden, ihre Excrementc gewöhnlich viel unverdaute Futterreste enthalten und öfters Verstoptung mit Durch­fällen abwechselnd zugegen ist.
5.nbsp; nbsp; nbsp;Verstopfung, d. h. ein nur innerhalb längerer Perioden erfolgender, sparsamer oder durch einige Zeit gänzlich mangelnder Ab­satz der Fäcalstoffe beruht bald auf mechanischen, der Fortbewegung des Darminhaltes entgegenstehenden Hindernissen (Darmsteine, Lage­veränderungen, Verengerungen u. s. w. des Darmes, Ansammlung sehr fester, trockener Fäcalmassen), bald auf krampfhafter Zusammen­ziehung der Darmmusculatur, bald auf einem lähmungsartigen Zustande derselben (wie bei Bauchfellentzündung oder nach übermässiger, lang
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iOOnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten des Magens und Darmes.
andauernder Ausdehnung des Darmrohres durch festen oder luftformigen Inhalt), bald auf Unthätigkeit der Muskelhaut in Folge der Unempfäng-lichkeit der Schleimhaut gegen Eeize (wie bei veralteten Darmkatarrhen, wo ihre Oberfläche mit einer dicken Schleimschichte beschlagen ist, nach längerer Verabreichung reizloser und erschlaffender Nahrung, nach dem fortgesetzten Gebrauche stärkerer Purgirmittel, an deren Reiz allmälig die Schleimhaut sich gewöhnt). Bei Thieren, welche wenig Bewegung machen, dann bei solchen, die an chronischen Krankheiten des Ge­hirnes (Dummkoller) leiden, ist gewöhnlich die Energie der Darmmuskel gelähmt und Verstopfung zugegen.
6.nbsp; nbsp; nbsp;Der Durchfall, d. i. die häufige Entleerung breiiger oder flüssiger Excremente, stellt sich bei manchen Krankheiten des Darmes regelmässig ein und ist stets mit heftigeren Zusammenziehungen der Darmmusculatur verbunden. Er entsteht nach Unterdrückung wässeriger Aussonderungen, am häufigsten der Hautausdünstung durch Erkältung, in Folge der Einführung reizender Siibstanzen (z. B. der Purgirmittel), bei plötzlichem Nahrungswechsel, nach dem Genüsse sehr saftigen oder wasserreichen oder verdorbenen Futters, übel beschaffener Milch, schlechten oder ungewohnten Wassers, bei dem Besuche sumpfiger oder überschwemmter quot;Weideplätze, nach der Aufnahme zu grosser Mengen von Nahrungsmitteln, endlich bei Krankheiten der Darmschleim­haut, namentlich Hyperämien, Ausschwitzungsprocessen (Typhus, Euhr, Einderpest) und Geschwürszuständen. Je häufiger der Durchfall inner­halb einer gewissen Zeit erfolgt, je länger er andauert, desto bedeu­tender ist gewöhnlich die Veränderung der Darmschleimhaut. Länger anhaltende Durchfalle führen Abmagerung und Entkräftung herbei. Die hiebei entleerten Massen sind entweder nur breiige, weiche Fäcalstoffe oder es schwimmen Stückchen der letzteren in einer grösseren Menge seröser Flüssigkeit, oder sie bestehen grösstentheils nur aus Serum oder sie enthalten gleichzeitig Blut, Eiter, Fetzen losgestossoner croupöser Gerinnsel oder abgestorbener Schleimhautreste, Klumpen fadenziehen-den Schleimes u. dgl. Flüssige Ausleerungen, denen Blut beigemengt ist, erlangen eine mehr oder weniger gesättigt rothe Färbung. Sie sind bald geruchlos oder verbreiten nur den, den Fäcalstoffen eigen-thümlichen Geruch, bald u. z. häufiger sind sie höchst übel- und wider­lich riechend.
7.nbsp; nbsp; nbsp;Die Beschaffenheit der Excremente. Die Entleerung fester, harter Kothballen, bei Bindern der Absatz einer beim Auffallen auf den Boden nicht zu einem Kuchen sich ausbreitenden, sondern
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Krankhoiton des Magens und Uamir-i.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 701
festen, gewöhnlich mit Einschnürungen versehenen Fäcalmasse weist auf einen längeren, durch verschiedene Umstände veranlassten Aufenthalt derselben im Darme hin und ist im Beginne eines acuten Darm-katarrhes (der oft nur das erste Stadium anderer Processe darstellt) und bei chronischen Krankheiten des Gehirnes gewöhnlich. Die Ex-cremente sind dann in der Regel auch dunkler gefärbt, als bei kürze­rem Verweilen im Darme. Eine auffallend blasse Färbung derselben weist auf eine mangelhafte Gallenentleerung hin; gewöhnlich enthalten sie dann auch noch Beste unverdauter Futterstoffe. Die Oberliäche der Fäcalstoffe ist bei acuten Katarrhen des Darmes gewöhnlich mit einer Schichte dünnen, bei chronischen Katarrhen, insbesondere des Mastdarmes mit einer Lage zähen, dicken, weissen Schleimes, bei heftigen Darmentzündungen selbst mit Eiter, mit Faserstoff häuten, mit Blut überzogen. Bei croupösen Entzündungen der Darmschleimhaut gehen bisweilen (beim Binde) röhrenförmige, zusammenhängende Gerin­nungen durch den Mastdarm ab.
8. Das Erbrechen, d. i. die unwillkürliche und gewaltsame Entleerung des Mageninhaltes durch Maul und Nase in Folge kräftiger Zusammenziehungen der Bauchmuskel und des Zwerchfelles, sowie des Magens selbst, ist bei Hunden, Katzen und Schweinen ein häufig zu beobachtender Vorgang, welcher sich bei üoberfüllung des Magens mit Futterstoffen, nach der Einführung unverdaulicher oder giftiger Stoffe einstellt und gewöhnlich heilsam wirkt. Länger andauerndes und öfter wiederholtes Erbrechen stellt sich bei Hunden, welche an eingeklemmten Darmbrüchen, an Ineinanderschiebung der Gedärme leiden, ein, in welchen Fällen dann auch bisweilen ein Theil des Inhaltes der dünnen Gedärme entleert wird. Beim Pferde tritt das Erbrechen wegen der Art der Einpflanzung des Schlundes in den Magen nur sehr selten ein und ist dann gewöhnlich das Zeichen eines gefahr­drohenden Zustandes. Man hat es bei sehr starker Ausdehnung des Magens durch übermässigen Futtergenuss, wenn die heftigen Zusam­menziehungen der Bauchmuskel und des Magens den quot;Widerstand der Sjjhlundklappe zu überwinden vennochten, u. z. bisweilen zum Wohle des Thieres, bei intensiven Entzündungen der Magenschleimhaut, am häufigsten aber, sobald der seröse Ueberzug des Magens und des Darmes entzündet und hiedurch die Cardia paralysirt ist, erfolgen gesehen. In diesen Fällen ist sein Eintritt in der Regel ein Anzeichen des be­vorstehenden Todes. Die Ansicht, dass das Erbrechen bei Pferden ein Symptom einer stattgcfündoncn Berstung des Magens sei, ist irrig;
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i \)2nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten des Magens mid Darmes.
denn es wäre gar nicht zu begreifen, wie der Inhalt des, gegen die Bauchhöhle zu, weit klaffenden Magens, durcli die Zusammenziehung der Bauch presse in die Speiseröhre getrieben werden sollte, da ihm der viel leichtere Ausweg in die Hinterleibshöhle offen steht. Oft aber mag es geschehen, dass bei Pferden, welche sich bereits erbro­chen haben, oder vielleicht in demselben Momente, wo diess eintritt, ein Magenriss erfolgt; beide Vorgänge sind jedoch von einander unab­hängig, wenn gleich durch dieselbe Ursache bedingt. Die, durch das Erbrechen heraufbeförderten Massen sind Futterstoffe, gemischt mit einer dünnen, säuerlich riechenden Flüssigkeit; sie werden bisweilen mit Gewalt durch die Kasc ausgestossen, wobei ein Theil derselben in die Luftröhre gelangen und den Tod des Thieres durch Erstickung herbeiführen kann, in #9632;welchem Falle man dann bei der Section Futter­stoffe bis in die kleineren Bronchialvorzweigungcn hineingetrieben vor­findet. Manchmal kommt es nicht zum eigentlichen Erbrechen, sondern es bleibt bei der blossen Anstrengung dazu, wobei höchstens Luft aus­gestossen wird. Bei den quot;Wiederkäuern erfolgt das Erbrechen meist ohne besondere Anstrengung; der heraufgetriebene Mageninhalt, welcher, wenn er aus den beiden ersten Mägen stammt, aus grobgekautem Futter, sonst aber aus weichen oder flüssigen, säuerlich riechenden Massen in kleineren Portionen besteht, wird entweder ausgeworfen oder wiedergekaut und verschluckt. Die Ursache des Erbrechens liegt bei diesen Thieren gewöhnlich in Ueberfüllung der Mägen oder in ab­normer Reizbarkeit oder in entzündlichen Zuständen ihrer Schleimhaut.
Dass Erbrechen auch durch Uivertikelbildung in der Speiseröhre veranlasst werden könne, wurde selion früher erwähnt. l)as Aufhören des W i e d e r k a u e n s stellt sich bei jeder intensiven fieberhaften Krankheit der Wiederkäuer ein; ausserdein ist es gewöhnlich die Folge einer fortgesetzten Fütterung mit erschlaffender, fader, kleiste­riger, verdorbener oder ungewohnter Nahrung, des Ueberfressens, seltener eigentlicher Krankheitszustandc der ersten Mägen.
Das BSlpsen, ein gewaltsames Ausstosseu der in dem Magen angesammelten Gase durch den Schlund ist eine Folge überraässiger Gasanhäufung im Magen und stellt sich bisweilen beim Aufblähen der Wiederkäuer und bei Ueberfütterung der Pferde mit blähenden Nahrungsmitteln ein. Das Kopiiett, in vielen F'ällen ohne Be­deutung und durch Angewöhnung erworben, ist bisweilen ein Zeichen schlechter Ver­dauung, bedingt durch chronische Katarrhe der Magen- und Darmschleimhaut.
9. Nebst diesen, unmittelbar durch abnorme Zustände des Ma­gens und Darmes veranlassten Erscheinungen gibt es auch solche, welche durch Mitleidenschaft anderer Organe und Körpertheile hervorgerufen werden und die Diagnose der Krankheiten des Nahrungs-
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Kiankheitea dus Magen, und Darmes.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 70ö
schlauclies zu erleichtern geeignet sind. Hieher gehurt die lioschaffen-heit der Maulschleimhaut und der Zunge. Eine starke Röthe und Trockenheit dieser Theile begleitet gewöhnlich bedeutendere Hyperämien und Entzündungsprocesse des Nahrungsschlauches, ein dicker, schleimiger Beleg ist bei chronischen Magen- und Darm-Katarrhen, welche am häutigsten die Ursache der sogenannten gastri­schen Leiden sind, in der Hegel zugegen; eine gelbliche Färbung derselben, die bisweilen sehr intensiv werden kann, deutet zugleich auf Störungen in der üallenentleerung hin. Blutungen und Infiltrationen mit nachfolgender Nekrotisirung sind beim Typhus des Pferdes, erou-pöse Ausscheidungen am Zahnfleische bei der Rinderpest häufig.
10. Das Athmen wird bei allen jenen Störungen des Darm-canalcs, welche eine Aiisdehnung der Bauchhöhle, mithin eine Be­engung des Brustraumes zur Folge haben, erschwert und auffallend; diess findet insbesondere bei Bauchfellentzündung statt, wenn diese sich über das Zwerchfell verbreitet und dasselbe in seiner Functioni-rung lähmt.
Als häiifige Complicationen der Krankheitsprocesse dieser Theile stellen sich ein: mehr oder weniger heftiges Fieber, mit dessen Grade die bisweilen sehr bedeutende Abstumpfung und Hinfälligkeit in keinem Verhältnisse steht, so dass dann eine besondere Einwirkung dieser Krankheitszustände auf das Gehirn angenommen werden muss, Ge­hirnreizung, sich aussprechend durch grosso Unruhe, Aufregung, selbst tobsüchtiges Benehmen (bei heftigen acuteu Erkrankungen des Darmes, besonders jenen, welche durch Lageveränderungen veranlasst werden, gewöhnlich), Bronchialkatarrhe, Lungen- und Brust-fellentzüudung, die letztere besonders im Gefolge von Bauchfellent­zündung, acute und chronische Krankheiten der Leber, Abnormi­täten in der Beschaffenheit des ausgeschiedenen Harnes (Harnruhr). Dass endlich Krankheiten dieser Theile einen wesentlichen Einfiuss auf die Verhältnisse der Zusammensetzung des Blutes und mithin auf den gesammten Vorgang der Ernährung haben müssen, ist von selbst klar.
Aus dem Angeführten ergibt sich, dass die Erkenntniss einesquot; Leidens des Nahrungsschlauches überhaupt, insbesondere dann, wenn die genaue Untersuchung die ünverletztheit anderer Organe nachweist, an und für sich auf besondere Schwierigkeiten nicht stosse, dass jedoch die Diagnose eines bestimmten Krankheitsprocesses nicht leicht sei, da eine objective Untersuchung dieser Theile nur in sehr beschränktem Maasse möglich ist und die Aeusserungen der krankhaften Empfindungen
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704nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten des Magens und Darmes
gewöhnlich nur durch mehr oder weniger ausgesprochene Kolikschmer­zen stattfindet. In manchen Fällen kann die genaue Erhöhung und Berücksichtigung der ätiologischen Verhältnisse zur Sicherstellung der Diagnose wesentlich beitragen,
sect;. 26. Behandlung. Auch bei der Behandlung der Krankheiten dieser Organe kommt der Entfernung der veranlassenden Schädlichkeiten die erste Stelle zu und in dieser Rücksicht ist für Abstellung der diätetischen Uebelstände, die Unschädlichmachung eingeführter giftiger Substanzen, die Entfernung von Eingeweidewürmern, die Beseitigung vorhandener Darmcinklemmungen u. s. w., für die Fernhaltung von Erkältungen u. dgl. Sorge zu tragen.
Bei acuten (entzündlichen) Krankheiten des Magens und Dar­mes, wo die Fresslust gewöhnlich an und für sich damiederliegt, ist den Kranken nur wenig und reizloses Futter vorzulegen oder ihnen dasselbe für die Dauer der heftigsten Zufälle gänzlich zu entziehen; zum Getränke eignen sich überstandenes Wasser, Mehl- und Kleien­tränke, welche vermöge ihrer schleimigen Bestandtheilc zugleich als Heilmittel dienen. Warme Bedeckung der Thiere, wiederholtes Frot-tiren, nach umständen mit vorherigem Bespritzen der Haut mit Kam­phergeist oder Terpentinöl sind in der Kegel angezeigt. Blutentziehungen sind unter gewissen Umständen, insbesondere dort, wo aus den Er­scheinungen der Eintritt mechanischer Stasen zu besorgen ist, oder sehr heftige (Kolik-) Schmerzen zugegen sind, von Nutzen. Unter den Arzneimitteln spielen die indifferenten, besonders die schleimi­gen Mittel, die Abführmittel, bei Hunden und Schweinen bisweilen die Brechmittel, im Allgemeinen auch die auf die Beförderung der Hautausdünstung wirkenden Arzneien die Hauptrolle. Bei acuten, nicht entzündlichen Zuständen werden je nach der Verschiedenheit der Um­stände auch erregende und absorbirende Mittel in Anwendung gebracht.
Bei chronischen Krankheiten dieser Organe ist nicht selten die Veränderung der diätetischen Verhältnisse, unter denen bisher die Kranken gelebt haben, ausreichend, allmälig die Störung zu beseitigen oder sie trägt wenigstens vieles zu ihrer Heilung bei. Ausserdem finden hier die verschiedenartigsten Arzneien, besonders die Mittelsalze, die Ammoniak-, die Antimonpräparate, bittere, aromatische, gewürzhaftc Substanzen u. s. w. Anwendung.
Eine bedeutende Kolle bei der Cur dieser Krankheiten spielt die symptomatische Behandlung. Gegen Mangel an Fresslust, wenn derselbe sich nicht im Gefolge aeufer Magen- und Darmkrankheiten
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Krankheiten des Magens und Darmes.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 705
einstellt, sondern Begleiter chronischer Leiden dieser Theile, insbesondere des Magens (chronischen Magenkatarrhes) ist, werden bittere, bitter­aromatische , selbst gewiirzhafte Pflanzenstoffe, gewöhnlich in Verbin­dung mit Koch- oder Bittersalz, Salmiak, Brechweinstein, bei Hunden und Schweinen auch Brechmittel, bei Abänderung des Appetites, be­dingt durch Säurebildung in dem Magen, absorbirende Mittel angewendet.
Gegen heftige Schmerzen im Darme (Koliken) sind schleimige und ölige Mittel, Purganzen, aromatische, auf die Hautausdünstung wirkende Pflanzenstoffe, nach Erforderniss Aderlässe, milde oder reizende Klystiere angezeigt. (Das Nähere hierüber später bei der Kolik). Bei übermässigor Gasansammlung im Magen oder in den Därmen werden nach Unisländen Reizmittel, um die Muskelhaut dieser Organe zu kräftigeren Zusammenziehungen und zur Austreibung des Inhaltes an­zuregen oder absorbirende Mittel, Kalkwasser, verdünnter Salmiakgeist, Schwefelleberlösung u. dgl. gebraucht; bisweilen wird zur Entfernung der Gase die Vornahme einer Operation (Pansen- oder Dannstich) erforderlich.
Das Erbrechen der Hunde und Schweine ist, wenn durch dasselbe unverdauliche, giftige Substanzen, oder übermässig genossenes Fuller entleert werden, heilsam und dann eher zu unterstützen, als zu beseitigen; gegen anhaltendes Erbrechen können narkotische Mittel, das Opium, Bilsenkrautextract, dann kohlensäurehältige Eingüsse gegeben werden. Gegen lange dauerndes Erbrechen der Pferde und Wieder­käuer empfehlen sich Pottasche oder kohlensaurer Kalk (zu ,li bis 1 Loth) in schleimigen Abkochungen oder leichten aromatischen (z. B. Kamillen-) Aufgüssen oder in wässeriger Lösung, welchen unmittelbar nach dem Eingeben Essig nachgegossen wird oder ein kohlensäure-hälliges Bier.
Gegen anhaltende Verstopfung sind schleimige und ölige Mit­tel , die Mittelsalze in entsprechend grossen Gaben, nach Umständen auch die Aloe und das Crotonöl, letzteres in schleimigen Abkochungen, Klystiere von Seifenwasser mit Zusatz von Kochsalz, das Untersuchen und Ausräumen des Mastdarmes mit der Hand anzuwenden. In vielen Fällen sind jedoch die Ursachen der Verstopfung (Hindernisse in der Wcgsamkeit des Darmes) nicht zu heben. Bei Hunden tritt bisweilen hartnäckige Verstopfung dadurch ein, dass sich zusammengeballte Klum­pen von Knochenerde der verdauton Knochen und unverdaute Knochen­splitter an einer Darmstelle einkeilen, die bisweilen auch durch die Bauchdecken hindurch zu fühlen sind. Man setzt in solchen Fällen
Uöll, Patbol. und Therapie. II. Aufl.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 45
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Krankheiten dlt; s Magens und Darmes.
wiederholt schleimige Klystiere, lässt die Hunde Fett fressen, viel saufen und sucht durch manuelle Hilfe den Klumpen nach und nach in den Mastdarm zu drücken und dann allmälig und stückweise mit dem Finger oder einer Zange hervorzuholen. Gegen das unterdrückte oder aufgehobene Wiederkauen wird der Brechweinstein empfohlen.
Bei der Behandlung des Durchfalles ist vor Allem auf die Ab­stellung der, dieses Symptom veranlassenden und unterhaltenden Ursa­chen und auf ein passendes diätetisches Verhalten Rücksicht zu neh­men. Bei säugenden Thieren muss sich die PÜege nicht selten auch auf die Mutter erstrecken, wenn die Beschaffenheit der Milch als Ur­sache des Durchfalles mit Grund anzunehmen ist oder es ist ihnen die Milch anderer Thiere derselben Gattung auf eine passende Weise bei­zubringen. Grünes und frisches Futter ist gänzlich zu meiden oder höchstens in geringer Menge zu verabreichen, der Weidegang einzu­stellen oder zu beschränken und im letzteren Falle den Thieren vor dem Austriebe wenigstens etwas trockenes Futter zu geben, ebenso soll die Weide vor dem gänzlichen Abtrocknen des Thaues oder Reifes oder bei kühler, regnerischer Witterung nicht besucht werden. Das Getränk wird am besten in lauwarmem oder überschlagenem Zustande und in massiger Menge gegeben, am besten mit Zusatz von rohem oder gerö­stetem Mehl. Ein warmes Verhalten überhaupt, öfteres Frottiren des Körpers, ein warmer, nicht dunstiger, mit reichlicher Streu versehener Stall unterstützen die Behandlung, welche sich überdiess nach dem Grade und der Dauer des Durchfalles richtet. In acuten Fällen ge­ringeren Grades sind Einbrenusuppen, gerösteter Hafer, Malz, geschrot-tenc Hülsenfrüchte, Eicheln u. dgl., schleimige Abkochungen, bittere und herbe Mittel angezeigt, in den höheren Graden können denselben Eisen- oder Kupfervitriol, Bleizucker, Höllenstein in passender Gabe zugesetzt werden. Sind die Erscheinungen einer heftigen Entzündung zugegen, so sind schleimige Mittel mit Zusatz von kleineren Gaben der Mittelsalze am Blatze. Bei säugenden Thieren leisten, wenn die ent­leerten Massen geronnener Milch älinlich sehen, sauer riechen und rea-giren, die alkalischen Substanzen (Bittererde, Kreide) gute Dienste; auch den Muttertliieren kann in solchen Fällen die Pottasche gegeben weiden. Das Setzen schleimiger Klystiere ist nicht zu verabsäumen.
Bei chronischem Durchfalle werden herbe Mittel (Eichen-, Weidenrinde, die Tormentilhvurzcl, die Knoppernquot;) mit Zusatz von Eisen-oder Kupfervitriol, Alaun, Blcizucker u. dgl. angewendet und das oben erwähnte diätetische Verhalten beobachtet.
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Lecksucht
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I. Functionelle Störungen. Die lecksucht (Schlecksucht, das Nagen) der Kühe.
sect;. 27. Man versteht hierunter eine Krankheit des Hornviehes, die sich durch die Begierde, die verschiedenartigsten, insbesondere alka­lisch oder salzig schmeckenden Gegenstände zu lecken und zu benagen, äussert, allmälig zu einem caoheetischen Zustande führt und häufig Vor­läuferin der Knochenbrüchigkeit ist.
Aetiologie. Sie kommt meist auf einzelne Stücke oder Ställe beschränkt, nur selten in epi- oder enzootischer Ausbreitung vor und befällt die Thiere ohne Unterschied des Alters und des Geschlechtes, mit Vorliebe jedoch schwächliche, trächtige oder sehr milchergiebige Kühe. Als aussei-e Schädlichkeiten werden mit Grund Unreinlich-keit des Stalles, der Krippen, namentlich, wenn in den letzteren häufig Futterreste liegen bleiben und ansäuern, die Fütterung mit saurem, ver­dorbenem , verschlemmtem Heue oder Grase, das Beweiden sumpfiger und torfiger Weidegründe, Futtermangel, Unordnung in der Fütterung, der zu häufige Gebrauch von Salzlecken beschuldiget. Die Krankheit herrscht daher in Gegenden, wo derlei quot;Wiesen und Weideplätze sind, dann in und nach nassen Jahrgängen häufiger, als unter entgegenge­setzten Verhältnissen; ihre Ausbreitung in einem Stalle, in dem ein lecksüchtiges Stück untergebracht ist, auf die anderen daselbst aufge­stellten Stücke dürfte nur der Nachahmungssucht zuzuschreiben sein.
Das Schlecken alkalinischer Stoffe scheint instinetiv, wegen der, bei dem Genüsse der angeführten Nahrungsmittel stattfindenden Säure­bildung in dem Magen zu geschehen.
Erscheinungen. Im Beginne der Krankheit vermindert sich die Lust zu dem gewöhnlichen Futter, die Thiere setzen öfter im Fressen aus, belecken die Kleidungsstücke der sich ihnen nähernden Menschen, die Krippen und das Mauerwerk, zu dem sie gelangen können; sie fres­sen mit Vorliebe das Streustroh, besonders das mit Harn oder Mistjauche verunreinigte. Die Kranken magern hiebei etwas ab, ihr Haar wird glanzlos und struppig; die Menge der abgesonderten Milch, die zugleich dünner und an Rahm ärmer wird, nimmt ab. Bei der Zunahme der Krankheit steigert sich der Trieb, die verschiedenartigsten, insbesondere kalk- und thonhältige Substanzen, Mauerschutt, Ziegelstücke, Scherben irdenen Geschines, die Mauern des Stalles, dann Holzwerk zu benagen und zu fressen, zuletzt greifen die Thiere selbst zu ekelhaften Gegen-
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Lecksncht.
ständen, vermoderten Holzstücken, alten Schuhsohlen, Stricken, Lum­pen , selbst zu thicrischen Excrementen, die sie mit Begierde fressen und auch Harn und Mistjauche dem guten Brunnenwasser als Getränke vorziehen. Im weiteren Verlaufe nagen die Kranken fast unausgesetzt und nehmen nur sehr wenig Nahrung mehr zu sich, die Erscheinun­gen eines allgemeinen Siechthums treten immer deutlicher hervor und die Krankheit endet schliesslich, nachdem häufig auch Knochenbrüchig-keit sich beigesellt hat, mit dem Tode.
Der Verlauf ist chronisch; die Dauer des Leidens erstreckt sich bis zum Eintritte des Todes über Monate, selbst über ein Jahr hinaus.
Die Section liefert die Ergebnisse einer allgemeinen Anämie und vorgeschrittenen Abzehrung, jedoch keine bestimmten örtlichen Veränderungen im Jvahmngsschlauche.
Die Prognose ist im Beginne des Leidens, falls die veranlassen­den Schädlichkeiten abgestellt werden können, günstig; sonst und spä­ter aber im hohen Grade ungünstig.
Die Verhütung besteht in der Vermeidung der, als Ursachen angeführten Schädlichkeiten, in der Verabreichung guten Futters, Beob­achtung einer genauen Ordnung in der Fütterung, in der sorgfaltigsten Beinlichkeit des Stalles und besonders der Eütterungsgeräthschaftcn. Bereits kranke Thicrc sollten, um die Weiterverbreitung des Uebels durch Nachahmung zu verhüten, abgesondert gestellt werden.
Zur Heilung der schon ausgebrochenen Krankheit ist vor Allem die Abstellung der ökonomischen L'ebelstände, selbst die Uebersetzung der Kranken in andere Orte erforderlich. Im Beginne eignet sich für den innerlichen Gebrauch das Kochsalz (zu mehreren Lothen) mit bit­teren Arzneistofi'en, der Eisenvitriol, der Alaun in Verbindung mit den­selben Substanzen, später die säuretilgenden Mittel, Kalkwasser zu einigen Mass des Tages auf mehrere Gaben, die Pottasche mit bitteren oder brenzlichen Mitteln, z. B. Hirschhornöl, Ofenruss. Rychner em­pfiehlt den Gehrauch der Jodtinctur zu .r)0—100 Gran pro dosi, mehr­mals des Tages. Hat die Krankheit einmal eine gewisse Höhe erreicht, so ist es vortheilhaftor, die Thiere baldigst zu schlachten.
Bei Schafen, die in unreinen, dunstigen Stallungen gehalten werden oder saure und nasse Weiden beziehen, kommt ein ähnlicher Zustand, das sogen. Wolle­fressen, bisweilen in grösserer Verbreitung vor. Aenderuug der iiusseren Verhält­nisse, der (iebrauch von säuretilgenden Mitteln (Kalkwasser zum Saufen, Kreide oder Holzasche auf das Futter gestreut) sind hier zu versuchen.
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Koli!:.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;709
Die Kolik (Colica).
sect;. 28. Man versteht unter Kolik (Darmschmerz) einen, durch Erregung der Emptindungsnerven des Magens oder Darmes entstande­nen, anfallsweise wiederkehrenden oder sich steigernden Schmerz, dessen Vorhandensein sicli durch ein eigenthümliclies unruhiges Benehmen der Kranken und gewöhnlich durcli eine Verzögerung oder völlige Aufhe­bung der Darm- und Harnentleerung zu erkennen gibt.
Der Name Kolik bezeichnet dem Angeführten zu Folge nicht einen bestimmten Krankheitsprocess, sondern nur eine, durch die ver­schiedensten Zustände und Processe im Darme, in so ferne sie eine Erregung seiner Empfindungsnerven zur Folge haben, hervorgerufene Gruppe von Symptomen. Strenge genommen sollte daher der Name Kolik aus der Reihe der Krankheitsformen gestrichen und gleich dem Erbrechen, dem Durchfalle, der Verstopfung in jene der Symptome der Krankheiten der Hinterleibsorgane verwiesen werden. Da jedoch die durch den Bauchschmerz hervorgerufenen Erscheinungen nicht selten die einzigen oder doch auffälligsten sind, welche bei Erkrankungen des Magens und des Darmes auftreten, so wird, um unnöthige Wiederho­lungen zu vermeiden, das Gesammtbild der Kolikerscheinungen hier unter Einem abgehandelt und bei den einzelnen Krankheitsformen, in deren Verlauf dieselben auftreten, hierher verwiesen werden. Nicht sel­ten ist es auch der Fall, dass Bauchschmerzen bloss allein auf einer Erregung der Darmnerven beruhen, ohne durch eine materielle Verän­derung des Magens oder des Darmes bedingt zu sein, wesshalb es um so mehr gerechtfertiget erscheint, die Kolik bei den Innervationsstörun-gen des Nahrungsschlauches abzuhandeln.
Da Kolikerscheinungen auch häutig bei Erkrankungen anderer, in der Hinterleibshöhle gelegener Organe, besonders der Harn- und Ge­schlechtswerkzeuge, auftreten, so hat man diese, von denen hier vor­läufig nicht die Bede sein wird, mit dem Namen der falschen Koli­ken, zum Unterschiede von den sogenannten wahren, welche vom Darmcanale ausgehen, belegt.
Die Kolik kommt am häufigsten bei Pferden vor; sie ist bei diesen wegen der Wichtigkeit der zu Grunde liegenden Ursachen auch von viel grösserer Bedeutung und bei weitem gefährlicher, als bei den übrigen Hausthieren, wo sie auch ohne Vergleich seltener vorkommt.
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7 10nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Kolik der Pferde.
a) Die Kolik der Pferde. sect;. 29. Aetiologie. Xach der Yerschiedenheit der veranlassenden Ursachen hat man verschiedene Arten der Koliken unterschieden. Im Allgemeinen lassen sie sich auf folgende Kategorien zurückführen:
1.nbsp; nbsp;Koliken ohne materielle Ursache. Hierher gehört die so­genannte nervöse, Krampf- oder rheumatische Kolik, welche durch Erkältungen der verschiedensten Art, die entweder wie nach dem Saufen kalten Wassers, nach dem Genüsse kalten, nassen oder bereiften Futters den Magen und den Darm unmittelbar oder nach der Einwirkung von Kälte und Nässe auf die Haut zuerst die Empflndungs-nerven dieses Theiles betreffen, von wo aus erst durch Retlex die musculöse Darmwand afficirt wird.
2.nbsp; nbsp;Koliken hervorgerufen durch Anomalien des Darminhal­tes. Hierher zählen:
a)nbsp; nbsp;die sogenannte Ueberfüttcrungskolik, welche nach dem Ge­nüsse zu grosser Mengen, insbesondere schwer verdaulicher oder gehalt­loser Nahrungsmittel, frischen Körner-, trockenen Mehl- oder Schrott­futters, nach zu raschem Fressen selbst der gewöhnlichen Futterportion, nachdem die Thiere vorher gehungert haben, nach angestrengter oder rascher Bewegung unmittelbar nach der Fütterung, dann bei Pferden, die bei reichlicher Fütterung wenig oder gar nicht bewegt werden, sich entwickelt;
b)nbsp; nbsp;die sogenannte Windkolik, hervorgerufen durch den Genuss von Nahrungsstoffen, welche in den Magen gebracht, viele Gase ent-Avickeln, wie Kleienfutter, grüner Klee, geiles Gras, frisches oder mo­deriges Heu (besonders wenn die Thiere kurz nachher gierig saufen), Mais oder Gerste, wenn die Pferde daran nicht gewöhnt sind;
c)nbsp; nbsp;Ansammlung grosser Mengen von Fäcalmassen im Darme, besonders wenn sie sehr trocken und hart sind, wodurch der Darm übermässig ausgedehnt und zu verstärkten Zusammenziehungen veran-lasst, überdiess auch bisweilen mechanisch verletzt wird;
d)nbsp; nbsp;die, durch die Gegenwart von Conorementen, Darmsteinen, durch von aussen eingeführten Sand, Steine, in so ferne sie entweder die Wandungen des Darmes reizen oder die Wegsamkeit desselben auf­heben, hervorgerufenen Koliken, die ebenso wie die sub c) angeführten, wegen des, durch längere Zeit behinderten Abganges von Excrementen mit dem Namen der Verstopfungskoliken belegt werden;
e)nbsp; nbsp;die sehr seltenen Wurmkoliken, welche bei Pferden jeden­falls erst dann entstehen, wenn zu ganzen Knäueln zusammengeballte,
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Kolik dar Pferdo.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;711
sehr zahlreiche Spulwürmer entweder die Wegsamkeit des Dünndarmes aufheben oder seine Wandungen sehr ausdehnen. Ob die Gegenwart zahlreicher Exemplare des gefalteten und durchwachsenen Bandwurmes oder der Pferdebremse Kolikerscheinungen zu veranlassen vermöge, ist noch zweifelhaft.
f) Koliken, hei-vorgerufen durch Arznei- und giftige Stoffe, so wie durch stark reizende Substanzen (z.B. mit Mehlthau, Rost, Raupen u. s. w. besetztes oder verdorbenes Futter). Hieher gehören die nach der Verabreichung concentrirter Säuren und Alkalien, scharfer, metallischer Präparate, drastischer Purgirmittcl (Aloe, C'rotonkörner etc.), nach dem längeren Gebrauche der Bleipräparate entstellenden sogen. Vergiftungskoliken.
3.nbsp; nbsp;Koliken, veranlasst durch Texturerkrankungen und Lage­veränderungen des Darmes. Unter diesen rufen am häufigsten Koli­ken hervor:
a)nbsp; intensive acute Katarrhe und Croup der Dünndarmchleimhaut;
b)nbsp; nbsp;Pollicularent zündung und Ver seh wärung der Dickdarm-scbleimhaut;
c)nbsp; nbsp;der typhöse Process auf der Darmschleimhaut;
d)nbsp; nbsp;der Ruhr process im Dickdarme;
e)nbsp; nbsp;Lageveränderungen des Darmes, die unter dem Namen der inneren Darmeinklemmungen zusammengefasst werden;
f)nbsp; äussere eingeklemmte Darmbrüche;
g)nbsp; nbsp;die Ineinanderschicbung der Gedärme;
h) Verwundungen des Magens und der Gedärme; i) spontane Zerreissungeu dieser Theile oder Durchbohrun­gen, Perforationen derselben durch Geschwüre.
4.nbsp; nbsp; Koliken, hervorgerufen durch Erkrankungen des Bauchfel­les, vorzugsweise durch Entzündung desselben.
sect;. 30. Die Erscheinungen der Kolik sind bei aller Verschie­denheit der veranlassenden Ursachen ziemlich gleichartig und variiren höchstens dem Grade nach. Aus ihnen allein lässt sich nur selten ein sicherer Schluss auf die zu Grunde liegenden Veränderungen machen, wenn nicht entweder die äusseren, ihren Eintritt unmittelbar veranlas­senden Schädlichkeiten erhoben werden können oder nebenbei noch an­dere Symptome zugegen sind, welche auf die Gegenwart eines bestimm­ten Leidens des Xahrungsschlauches hinweisen.
Das Vorhandensein von Darmschmerz gibt sich bei Pferden durch Störung in der Bewegung und Function des Darmes und durch Symptome
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Kolik der Pferde.
zu erkennen, welche durch Reflex oder durch Mitleidenschaft von an­deren Organen oder dem Gesammtorganismus ausgehen. Insbesondere die letzteren Averden sehr auffallend und geben meist zuerst über das Vor­handensein von Störungen im Darme Kenntniss, während die ersteren gewöhnlich erst während des Verlaufes auffallen.
Beim Beginne der Kolik äussern die Pferde Unruhe durch Hin-und Hertreten, Scharren mit den Vorderfüssen, öfteres Umsehen nach dem Bauche, Schlagen nacli demselben mit den Hinterfüssen, quot;Wedeln mit dem Schweife, öfteres Niederlegen und Wiederaufstehen, bei höhe­ren Graden durch heftiges Niederwerfen und Wälzen, gewöhnlich mit an den Bauch angezogenen Fassen, längeres Liegenbleiben auf dem Eücken, wiederholtes Aufspringen. Diese Erscheinungen treten meist anfallsweise auf, sie lassen zeitweilig nach oder setzen wohl auch vollständig aus und kehren nach einiger Zeit oft mit verstärkter Heftig­keit wieder. Die Functionsstörung des Magens und des Darmes gibt sich durch die, während solcher Anfälle darniederlicgende Fresslust und die in der Regel vorhandene hartnäckige Verstopfung zu erken­nen. Diese ist entweder von krampfhafter Zusammenzichung eines grösseren Darmstückes oder von mechanischen, der Fortbewegung des Danninhaltes entgegenstehenden Hindernissen oder von Lähmung eines Darmstückes abhängig; je anhaltender sie ist, desto bedeutender tritt der schmerzhafte Drang zur Darmentleerung hervor. Bei Typhus, Ruhr, Follicularverschwärung der Darmschleimhaut ist jedoch meistens ein Durchfall zugegen und es gehen dann Kolikanfällo jeder reichliche­ren flüssigen Darmentleerung vorher. Die Absonderung des Harnes ist verringert; derselbe geht gewöhnlich in sehr geringer Menge oder tropfen­weise ab; die durch den Mastdarm oder durch die Scheide eingeführte Hand findet die Harnblase in der Regel leer. Häufig (insbesondere bei der Ueberfütterungs- und Wind-, dann bei der im Gefolge von Bauchfell­entzündung eintretenden Kolik) ist der Hinterleib aufgetrieben, tympanitisch; die Fortbewegung des Darminhaltes ist entweder vollkom­men aufgehoben oder geschieht sehr zögernd, was sich durch das Auf­hören des Kollerns im Hinterleibe, welches man sonst selbst auf eine grössere Distanz oder doch bei dem Anlegen des Ohres an die Bauch­wandungen vernimmt, zu erkennen gibt. Der Puls ist bei den leichte­ren Graden nur wenig beschleuniget; je grosser die Unruhe und Auf­regung des Thieres ist, je bedeutender das Circulationshinderniss durch eine Aufblähung oder Lageveränderimg der Därme, durch Beengung des Brustraumes wird, desto mehr nimmt seine Schnelligkeit zu, wobei er
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Kolik der Pferde.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 713
gewöhnlich auch unregelmässig und kloin, die Arterie sehr gespannt wird. In diesen Fällen ist gewöhnlich auch eine ungleiche Vertheilung der Körpertemperatur, Kälte der Extremitäten oder der Aus­bruch eines sehr reichlichen Schweisses, Beängstigung und Beschleu­nigung des Athmens zugegen. Nicht selten gesellen sich dort, wo organische oder Lageveränderungen des Magens oder Dannes vorhanden sind, noch andere Erscheinungen hinzu, deren Eintritt stets als ein sehr ungünstiges Zeichen anzusehen ist. Dergleichen sind Niedersetzen auf den Hintertheil bei aufgestellten Yorderfiissen nach Art der Hunde (gewöhnlich bei inneren Einklemmungen, jedoch kein sicheres Zeichen derselben, da es auch bisweilen bei Pferden beobachtet wurde, welche kurz darauf genasen, was bei dem Vorhandensein einer Darmeinklem-mung nicht der Fall gewesen wäre), Niederknieen auf die Vorderfusse bei aufrechtstellender Nachhand (was wohl mit zu grosser Zuversicht als Zeichen einer eingetretenen Magenberstung angesehen wird), Brech­neigung und wirkliches Erbrechen bei sogenannten Ueberfütterungs-koliken, dann bei solchen, die sich im Gefolge von Bauchfellentzündung einstellen (es macht auf die drohende Gefahr einer Magenberstung auf­merksam); gestrecktes Htehen mit gesenktem Bücken kommt bei Darmeinschiebungen, bei der Gegenwart von Concrementen, Sand und Steinen im Darme vor.
sect;. 31. Der Verlauf der Kolik ist in der Begel ein acuter und erstreckt sich höchstens über ein paar Tage hinaus. Der Ausgang ist in den leichteren Fällen, wohin in der Begel die sogenannten Krampf- oder rheumatischen Koliken, dann die geringeren Grade der Wind-, Ueberfütterungs- und Fäcalkoliken gehören, in Ge­nesung; sie erfolgt bisweilen schon innerhalb weniger Stunden, unter allmäligem Nachlasse der angeführten Erscheinungen, die dann auch keinen hohen Grad erreichen, unter Eintritt reichlicher Darmentleerun-gen und unter öfterem Abgange von Darmwinden. In anderen Fällen, besonders bei sogenannten Verstopfungskoliken, entwickelt sich bis­weilen bei längerer Andauer eine intensive Entzündung der Darmschleim­haut, deren Eintritt durch die mechanische Einwirkung der harten Fä-calstoffe, der Ooucremente, Steine, des Sandes auf die Schleimhaut, welche hiedurch stellenweise selbst nekrotisirt werden kann, wornach Einschiebung dieser Stoffe zwischen die Fasern der Muskelhaut, end­licher Durchbruch des Darminhaltes in die Bauchhöhle und Eintritt einer Bauchfellentzündung veranlasst werden kann, unterstützt wird. Am ungünstigsten verlaufen die, durch Texturveränderungen des Darmes
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714nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Kolik der Pferde.
und durch Lage Veränderungen desselben reranlassten, gewöhnlich sehr heftigen Koliken, von welchen die durch Lageveränderungen bedingten in der Regel den Tod, jene durch Bauclifellenfziindung reranlassten häufig Zerreissungen des Magens und Dickdarmes und hiedurch mittelbar gleichfalls den Tod zur Folge haben. Die Bedeutung der, bei Erkran­kungen der Magen- und Darmschlcimhaut auftretenden Koliken ist von dem Verlaufe dieser Affectionen abhängig; mit der Besserung dieser tre­ten auch sie zurück.
Die sogenannte Krampf- und rheumatische Kolik tritt plötz­lich auf, verläuft unter mehr oder weniger heftigen, deutliche Nachlässe bildenden Anfallen, in deren Zwischenräumen die Thiere selbst Futter zu sich nehmen und anscheinend gesund sind; die Verstopfung hält meist nicht lange an und in der Regel erfolgt die Genesung rasch und vollkommen.
Die Ueherfütterungskolik entsteht meist kurz nach der Füt­terung und nach der Einwirkung der früher angeführten ätiologischen Momente. Die Anfalle sind in der Regel heftig und andauernd, die Unruhe ist sehr gross, der Hinterleib durch Futtermassen und Gase ausgedehnt; bisweilen ist Aufstossen, Recken oder auch Erbrechen zu­gegen. Die bedeutende Unruhe der Thiere, das unbändige Benehmen, Niederstürzen und Wälzen lässt den Eintritt von Lage Veränderun­gen des Darmes und Berstungen des Magens besorgen.
Koliken, durch Anhäufung von Fäcalmassen oder durch Con-cremente bedingt, sind gewöhnlich sehr heftig; die durch die letztere Ursache veranlassten kehren öfter wieder, wenn die Concretionen nicht so klein sind, dass sie durch den Mastdarm entleert werden. Häufig führen dieselben durch Aufhebung der Wegsamkeit des Darmrohres, durch Lähmung des vor dieser Stelle gelegenen Darmstückes, durch Perforation der Darmwand oder durch seeundäre Bauchfellentzündung zum Tode.
Dass eine vorhandene Kolik durch die Gegenwart von Würmern bedingt sei, könnte höchstens aus dem Abgange einer grösseren Menge von (Spul-) Würmern und aus der öfteren Wiederkehr der Kolikanfälle vermuthet werden; alle anderen hiefür angegebenen Zeichen sind ohne Werth und selbst der Abgang einzelner Wurmexemplare ist nicht be­weisend, dass eben sie die Ursache der Kolik seien.
Die sogenannte Windkolik wird aus der rasch eintretenden starken Auftreibung des Hinterleibes durch Gase, aus dem häufigen Abgange von Dannwinden, mit mehr oder weniger heftigen Kolikschmerzen, welche nach dem Abgange der Blähungen nachlassen und aufhören,
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Kolik dir Pferdlaquo;.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;715
und unter Rücksichtnahme auf die etwa bekannt gewordenen Ursachen diagnosticirt. Jene Auftreibung, die sich im Gefolge von, mit Kolik­erscheinungen verlaufender Bauchfellentzündung einstellt und durch die Ansammlung von Gasen, welche sich aus dem, in den paralysirten Ge­därmen angehäuften Darminhalte entwickeln, bedingt ist und nicht sel­ten für Windkolik angesehen wird, ist von sehr übler Vorbedeutung.
Die nach dem Genüsse scharfer oder giftiger Substanzen entstehenden Koliken können nur dann als solche bestimmt werden, wenn ihre Aetiologie bekannt ist.
Am gefährlichsten sind jene Koliken, die im Gefolge von T e x-Uirerkrankungen oder Lageveränderungen der Därme auftreten und unter diesen enden jene, die durch Lageveränderungen, Zerreissungeu oder Perforationen bedingt sind, gewöhnlich tödtlich. Ihr Auftreten er­folgt meist plötzlich, die Erscheinungen erreichen bei ihnen die grösste Heftigkeit und meist nehmen hiebei die Kranken die früher erwähnten besonderen Htellungen an. Da jedoch auch bei Koliken, welche durch andere Ursachen entstanden sind, die heftigste Unruhe, anhaltende Verstopfung u. dgl. zugegen sein kann, so stellt gewöhnlich erst die Section die Diagnose sicher.
Koliken, welche während des Verlaufes acuter Entzündungen, des typhösen und des Ruhrprocesses im Darme auftreten, machen die Prognose bezüglich dieser Krankheiten ungünstiger, da sie in jedem Falle auf ein tieferes Ergriffensein der Darmschleimhaut hin­weisen. Die aus anderweitigen Symptomen, gewöhnlich schon vor dem Eintritte der Kolikschmerzen wenigstens annäherungsweise sichergestellte Diagnose des Darmleidens, gibt dann über die, dem Auftreten des Darmschmerzes zu Grunde liegende Ursache Aufschluss. Solche Koli­ken sind gewöhnlich hartnäckig, kehren im Verlaufe der sie hervor­rufenden Darmaffectionen öfter wieder und sind bald mit Verstopfung, häufiger mit Durchfällen, die bisweilen mit Verstopfung abwechseln, verbunden.
Bei den, als Begleiter der Bauchfellentzündung auftretenden Koliken sind die Schmerzäussemngen gewöhnlich nicht bedeutend und nur eine leichte, jedoch oft wiederkehrende Unruhe, Scharren mit den Vorderfüssen, Schweifwedeln u. dgl. zugegen; meist aber sind eine be­deutende Auftreibung der Därme durch Gase, nebst heftigen Eieberer-scheinungen und Athmungsbeschwerden (in Folge der Beengung des Brustraumes), ohne dass gleichwohl durch die Untersuchung der Brust ein Leiden der Lungen nachweisbar wäre, zugegen. Die Verstopfung
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Kolik der Pferde.
ist meist sehr hartnäckig, gegen das Lebensende jedoch treten nicht selten Durchfalle ein.
Aus dem Angeführten wird ersichtlich, dass die Bestimmung der, den einzelnen angenommenen Formen der Kolik zu ürunde liegenden Veränderungen während des Lebens der kranken Thiere bisweilen auf grosse Schwierigkeiten stosse und dass oft erst der Verlauf und Ausgang des Leidens, sowie das Resultat der einge­leiteten Behandlung die Diagnose der dann schon abgelaufenen Affec­tion ermögliche.
sect;. 32. Die Section umgestandener Thiere ergibt die verschie­densten, schon früher erwähnten Abnormitäten des Inhaltes und Textur­veränderungen des Darmes; bezüglich des unter solchen Verhältnissen sich ergebenden Befundes muss auf die betrettenden, später anzufüh­renden Krankheilszustände und Processe verwiesen werden. Welche Veränderungen den leichteren, mit Genesung endenden Kolikformen zukommen, ob bei ihnen eine bloss krampfhafte Zusammeuziehung einzelner Darmabschnitte, oder auch Hyperämien, leichte Blutungen und Entzündungen der Darmschleimhaut stattfinden, wie dicss wenig­stens für manche Fälle wahrscheinlich wird, muss vorläufig dahin gestellt bleiben.
sect;. 33. Behandlung. Die für jede Form der Kolik passende Behandlung besteht in energischen und öfter wiederholten Frottirun-gen des Körpers mit Strohwischen, am besten nach vorhergegangener Bespritzung mit Terpentinöl oder Kamphergeist, worauf die Thiere wenigstens so lange herumzuführen sind, bis der durch diese Beiz­mittel verursachte Hautreiz, der sie zum Niederwerfen und Wälzen anregt, vorüber ist. Uebcrhaupt erscheint es uns vortheilhaft, Pferde, die an heftigem Darmschmerze leiden, lieber durch längere Zeit herum­zuführen, (vorausgesetzt, dass nicht bereits von früher her vorhandene Krankheitszustände, grosse Mattigkeit u. dgl. diess verbieten) , als sie nach Belieben sich wälzen zu lassen, da wir nicht zweifeln, dass durch das Wälzen häufig der Eintritt von Lage Veränderungen des Darmes begünstiget und herbeigeführt werde. Für verwerflich halten wir jedoch das hohe Aufbinden der an Kolik leidenden Pferde, da hiedurch ge­gewöhnlich ihre Unruhe noch gesteigert und zum Zerreissen der Half­tern , zum Zurückstürzen und Beschädigen der Thiere Veranlassung gegeben wird.
Ein Hauptmittel bei der Behandlung der Kolik sind die Kly-stiere, deren Anwendung eine Untersuchung des Mastdarmes und das
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Kolik dor Pferde.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 717
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Ausräumen der daselbst angesammelten Fäcalmassen vorausgehen soll. Man verschafft sich hiedurch nicht nur die üeberzeugung von der Beschaf­fenheit der Mastdarmschleimhaut, von dem Vorhandensein von Einrissen, Geschwüren, von dem Grade seiner Ausdehnung, dem angefüllten oder leeren Zustande, etwa vorliegenden festen, trockenen Fäcalballen oder Concrementen u. dgl., sondern erleichtert auch den zu setzenden Klyslicren das Vordringen und regt den Mastdarm zu energischeren Zusammenziehungen an. Zu Klystieren benützt man am gewöhnlichsten lauwarmes Seifenwasser oder Abkochungen von Eibisch-, Käsepappel­kraut, Leinsamen u. dgl., und setzt den ersteren nach Erforderniss Kochsalz, den letzteren etwas Leinöl zu. liei anhaltender Verstopfung können hiezu auch Tabakabkochungen, kaltes Wasser, verdünnter Essig verwendet werden. Diese Klystiere müssen in kürzeren Zwischen­räumen, anfangs selbst von 5 zu 5 Minuten, bis Darmentleerungen er­folgt sind, gesetzt werden, später macht man längere Pausen. Die Anwendung der stark reizenden Tabakrauchklystiere, welche gegen hartnäckige Verstopfungen anempfohlen werden, ist unter gewöhn­lichen Verhältnissen wegen Mangels eines geeigneten Apparates nicht durchführbar.
Für die innerliche Behandlung verwenden wir am liebsten aromatische Aufgüsse (gewöhnlich den Kamillenaufguss) mit Zu­satz von Bitter- oder Glaubersalz, denen bei etwas bedeutenderer Auflreibung des Hinterleibes etwas Seh wef eil eher beigegeben wird. Ein solcher lauwarmer Einguss wird nach Erforderniss in Zwischen­räumen von 2 bis i! Stunden wiederholt. Mit dieser einfachen Be­handlung kommt man bei leichteren Fällen im Allgemeinen sehr gut zum Ziele. Die Anwendung narcotischer Mittel, besonders des Bilsenkrautes und des Opiums, wäre nur bei sehr heftigen Schmerzen am Platze und leistet auch da gewöhnlich nicht viel; für absolut schädlich halten wir den Gebrauch starker lieizmittel, des Ter­pentinöles, des Weingeistes und des von Laien so stark missbrauchten Steinöles. Die hie und da noch gebräuchliche Mischung von Leinöl und Doppelsalz veranlasst, wie Versuche und unangenehme Erfahrungen nachgewiesen haben, nicht selten ausgebreitete Verschorfungen der Magenschleimhaut, die schliesslich den Tod der Kranken herbeiführen. Bei sehr hartnäckiger Verstopfung kann den erstgenannten Ein­güssen etwas Brechweinstein beigesetzt, oder statt derselben das Calo­mel in Verbindung mit Eibischpulver als Latwerge oder Pille gegeben werden; dort, wo alle Erscheinungen einer Dannentzündung fehlen,
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718nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Kolik der Pferde.
kann unter der gehörigen Vorsicht zu den drastischen Purginnitteln (Aloe, Crotonöl) gegriffen werden.
Bei quot;Windkoliken werden neben tüchtigem Frottiren und Be­wegen die Schwefelleber, das Kalkwasser, verdünnter Salmiakgeist innerlich gegeben und in den höchsten Graden derselben zur Function des Blind- oder Grimmdarmes durch die Bauchdecken, an einer Stelle, wo die Fercussion die Gegenwart von Gasen nachweist, geschritten. Bei den durch Vergiftung oder Darmentzündung veranlassten Koliken sind schleimige und ölige Mittel, dort, wo die Gegenwart von Farmconcrcmonten zu vermuthen ist, der öftere Gebrauch milder, nicht ranziger Gele angezeigt. Stellt sich Kolik im Verlaufe des Typhus, der Ruhr, der Follioularentzündung des Darmes ein, wo sie gewöhnlich mit Durchfall einhorschreitet, so sind schleimige Eingüsse und ähnliche oder kalte Klystiere am Flatze; wir haben unter solchen Verhältnissen einige Mal mit gutem Erfolge innerlich den Höllenstein und Bleizucker verwendet.
Wurmkoliken, wenn sie ja zu constatiren sind, wären am besten mit salzigen Furgirmitteln zu behandeln, da es hiebei im Augenblicke nur darauf ankommen kann, die übermässige Anhäufung der Darm­würmer an einzelnen Stellen und die Verstopfung des Darmrohres zu beseitigen. In der kolikfreien Zeit kann dann ein zur Abtreibung der Würmer geeignetes Verfahren eingeschlagen werden.
Eine höhere, nicht bloss vorübergehende Steigerung des Fulses und Unregelmässigkeit desselben, vorhandene oder drohende Entzün­dung des Darmes machen eine ergiebige und rasche Blutentlee­rung nothwendig.
Während der Dauer eines Kolikanfalles ist den Thieren das Futter gänzlich zu entziehen, Getränke jedoch wiederholt, aber stets in kleinerer Menge vorzusetzen. Selbst nach überstandenem Kolikanfalle ist den Thieren durch einige Tage das Futter sparsamer zu verabreichen, da sich sonst leicht Kückfälle einstellen; gut ist es, denselben, beson­ders wenn sie wiederholt an solchen Zuständen leiden, Steinsalz und bittere Mittel zeitweilig zu geben.
b) Die Kolik der Wiederkäuer.
sect;. 34. Sie ist wegen der geringeren Empfindlichkeit der Darm­schleimhaut bei dieser Thiergattung und wegen der Seltenheit der Lage­veränderungen ihrer Därme bei weitem nicht so häufig als beim Pferde.
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Kolik der Wiederkäuer — der Schweine.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;i 19
Unter den Schädlichkeiten spielen jene Momente, welche eine Erkältung der Haut oder der Mägen und des Darmes zu veranlassen im Stande sind, dann der Genuss schwer verdaulichen oder verdorbenen Futters die Hauptrolle, unter den inneren Ursachen veranlasst besonders der sogenannte Ueberwurf (eine Form von innerer Hernie, von welcher in der Chirurgie gehandelt wird) bei Ochsen die Erschei­nungen einer lange andauernden und, wenn die Reposition des Darmes durch manuelle oder operative Hilfe nicht gelingt, tödtlichen Kolik.
Die Erscheinungen sind nahezu dieselben wie beim Pferde, nämlich: Unruhe, öfteres Umsehen nach dem Bauche, Schlagen mit den Füssen nach demselben, Wedeln mit dem Schweife, Niederwerfen und Aufspringen, jedoch ohne Wälzen auf dem Rücken, erschwerte und verzögerte oder ganz aufgehobene Dannentleerungen, Aufhören der Frcsslust und des Wiederkauens, mehr oder weniger bedeutendes Aufblähen.
Der Ausgang ist in der Regel ein günstiger, die Dauer auf wenige Stunden bis zu einem Tage beschränkt.
Die Behandlung ist nahezu wie bei Pferden, jedoch vertragen Rinder die Reizmittel bei weitem besser als Pferde, daher man gewöhn­lich stärkere aromatische Aufgüsse von Kamillenblüthe, Münzenkraut, Kümmelsamcn, mit antiphlogistischen Salzen, nach Erforderniss selbst mit Zusatz von Weingeist, auch Biersuppe verabreicht. Fleissiges Frottiren des Körpers, warme Bedeckung desselben, der Aufenthalt in einem warmen Stalle, das Setzen von Seifenklystieren sind auch hier unentbehrlich.
c) Die Kolik der Schweine.
sect;. 85. Aehnlich in den Erscheinungen und dem Verlaufe ist die Kolik bei Schweinen, welche sich am häufigsten durch Erkältung und durch den Genuss schlechten oder unverdaulichen Futters entwickelt und dieselbe Behandlung nothwendig macht, wie bei Rindern.
d) Die Kolik der Hunde.
sect;. 36. Bei Hunden entwickeln sich Koliken nicht selten in Folge von Erkältungen der Haut, von Ansammlung fester Futter­massen, insbesondere Klumpen von Knochenerde der verdauten Knochon-stücke, von Kinkeilung von Darmsteinen oder von Verschliessung der Wegsamkcit des Darmes durch Haarballen, durch verschluckte fremde
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Kolik der Hundo.
Körper, durch zahlreiche Eingeweidewürmer. Die Kranken fangen plötzlich an unruhig zu werden, hin und her zu laufen, sich zusam­menzukrümmen , sie legen sich zeitweilig nieder, stehen aber bald wieder auf, sehen sich nach dem Hinterleibe um, beissen zuweilen nach dem­selben und geben durch Winseln ihren Schmerz zu erkennen. Ihr Ulick ist matt und traurig, die Körpertemperatur wechselnd, die Fress-lust aufgehoben, der Absatz von Koth verzögert oder fehlend. Diese Schmerzanfälle machen in der Kegel deutliche Remissionen, kehren jedoch nach einiger Zeit wieder. Der Zustand dauert gewöhnlich nicht lange, und endet meist mit Genesung; nur dort, wo sehr harte tro­ckene räcalmassen oder Concremente die Ursache sind, tritt, insoferne die Entfernung derselben nicht gelingt, eine mechanische Verletzung, selbst brandiges Absterben der Darmwände und tödtliche Bauchfellent­zündung ein. Bisweilen stellen sich Koliken mit Anfallen völliger Käserei dann ein, wenn in dem Dünndarme zahlreiche Exemplare von Bandwürmern, welche sich mittelst ihrer Haken an der Darmwan­dung festsetzen und heftige Schleimhautentzündung veranlassen, zu­gegen sind. (In mehreren hierorts beobachteten derartigen Fällen waren stets unzählige Exemplare des kleinen dreigliederigen Band­wurmes zugegen.) Es ist jedoch auch nicht zu zweifeln, dass andere Arten von Eingeweidewürmern, wenn sie in grösscrer Anzahl im Darme des Hundes zugegen sind, Koliken hervorzurufen vermögen, jedoch wird die Erkenntniss dieser zu Grunde liegenden Ursache nur durch den Abgang von Würmern durch den Mastdarm oder durch ihre Entleerung mittelst Erbrechen möglich.
Die Behandlung besteht im Allgemeinen in warmem Verhalten der Kranken, in öfteren Frottirungen und Einreibungen des Bauches mit Kamphergeist, in der wiederholten Application von Klystieren. Tritt die Kolik als eine Krampfform auf, so werden auch hier leichte aro­matische Aufgüsse (am gewöhnlichsten Kamillenthee), denen man einige Tropfen Opiumtinctur zusetzen kann, angewendet. Bei hartnäckiger Verstopfung sind ölige Mittel oder Salze angezeigt, auch das Calomel kann zu einigen Granen in Oelmixtur gegeben werden. Sind nach­weisbar Concremente die Ursache der Kolik, so sind ölige Mittel am Platze; ist stärkere Auftreibung durch Gase zugegen, so kann die ge­brannte Bittererde (zu '/„ bis 1 Scrupel), das Kalkwasser (zu 1 bis 2 Loth) oder die Schwefcllcber (zu einigen Granen in Wasser gelöst) wiederholt verabreicht werden. Gegen Wurmkolik werden ölige Mittel, welchen man nach einigen Stunden etwas Opium oder das wässerige
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Blutungen in die Magen* und Darmhülile.
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Krähenaugenextract (zu '/„ bis 1 Gran), mit Oel abgerührt, folgen lässt, anempfohlen.
II. Anatomische Störungen.
A. Locale SlSrungen des Kreislaufes. ]. Anämie.
sect;. 37. Anämie des Magens und der Gedärme ist während des Lebens als solche nicht zu diagnosticiren; sie findet sich in den Cadavem solcher Thiere, die an allgemeiner Blutarmuth, an Bleich­sucht gelitten haben oder durch vorausgegangene Blutverluste sehr erschöpft sind. Die Charactere dieses Zustandes sind aus dem allge­meinen Theilo hinlänglich bekannt.
2. Ilv|)i'iäiiiii'.
sect;. 38. Hyperämien dieser Thcile sind wohl an und für sich kaum Gegenstand der Beobachtung während des Lebens; sie sind ge­wöhnlich Vorläufer oder Begleiter der Entzündungsprocesse oder werden eingeleitet durch mechanische Behinderung der Cirkulation oder durch chemische Einwirkungen r.uf die Darmschleimhaut und werden daher an dem geeigneten Orte ihre Erledigung finden.
'S. Blutung.
8. 39. Blutungen in die Magen- und Darmhöhle erfolgen nach mechanischen Verletzungen der Gefässe durch harte, unebene oder spitzige dahin gelangte Körper, in Begleitung höher gediehener mecha­nischer Stascn, wie sie sich besonders bei inneren und äusseren Darmeinklemmungen einstellen, im Gefolge allgemeiner Erkran­kungen, besonders der aoutesten Anthraxfonnen, des Pferdetyphus, der bösartigen Form der llinderpest, bei Zerstörung der Gefässe durch um sich greifende Geschwüre oder verjauchende Neubildungen. Bei Hunden stellen sich bisweilen Blutungen aus dem Mastdärme ein, veranlasst durch Borstung varicöser Venen (Hämorrhoidcn). In seltenen Fällen veranlassen Verletzungen der Gefässe durch Bremsenlarven bei Pferden Magenblutungen; nicht so selten sind unbedeutende Blu­tungen nach Verletzungen der Darmgefässe durch die schon wieder­holt erwähnten kleinen Bandwürmer bei Hunden und durch den Riesenkratzer bei Schweinen.
Rüll, l'alhol. und Tbciapie. 11. Aull.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Hi
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Blutungeu hi die Magen- und DarmhÖble
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Die Gegenwart solcher Blutungeu kann während des Lebens nur dann diagnostioirt werden, wenn Blut entweder durch den After oder durch Erbrechen entleert wird. Kann die, den Blutungen zu Grunde liegende Ursache ausgemiltelt werden, so muss die Behandlung gegen diese gerichtet werden, sonst ist sie bloss eine symptomatische, bezüg­lich welcher auf den allgemeinen Theil verwiesen wird.
In den Cadavern von Thierou, welche an den verschiedensten, insbesondere au den sogenannten Conslitutionskrunkheiten gelitten haben und unter diesen vorzüglich bei Hunden, bei denen die Wuth deutlich ausgesprochen war, bei Bindern, die an Rinderpest eingegangen sind, finden sich im Magen die sogenannten hämorrhagi sehen Erosionen. Diese stellen entweder kleine, ungefähr linsengrosse, meist dicht an einander stellende, bei Hunden besonders die Magenfalten, bei Bindern den rt'örtnertheil und die Fallen des Laabes einnehmende , seichte Sub­stanzverluste der iSchleimhaul, welche mit schwarz gefärbten Blut-kliimpchen beschlagen sind, während die übrige Magenschleimhaut sich im Zustande eines mehr oder weniger intensiven Katarrhes befindet, oder bloss duukolrothe, von Blut durchtränkte runde Flecke dar. Sie seheinen in Folge einer holier gediehenen Hyperämie der Magen­schleimhaut, insbesondere bei Krankheiten, in denen die Neigung zu Blutungen an und für sich stärker ausgesprochen ist, sich einzustellen. Das Tiefergreifen solcher Substanzverluste erfolgt aller Wahrscheinlich­keit nach durch die ätzende Einwirkung des Magensaftes auf die wun­den Schleimhautstellen. Bisweilen trifft man neben solchen Erosionen strahlige, pigmentirte Narben an.
/gt;'. StSrungen der Eniührany,
I. Brand.
sect;. 40. Brandiges Absterben der Darmschleimhaut oder sämmt-licher Darmhäute stellt sich gewöhnlich dort ein, wo durch Einschnü­rung oder durch übermässige Ausdehnung des Darmes die Circulation völlig stille steht. Die brandigen Tlieile zerfallen entweder zu einer mürben, zottigen Masse oder sie werden in einen scharf umschriebenen, später zerfallenden und sich losstessenden Scliorf umgewandelt. Ausser-dem erfolgt der Brand der Darmschleimhaut bisweilen im Verlaufe des Typhus, der Buhr und sehr intensiver Entzündung. Aehnliche Brand­schorfe kommen auch auf der Magenschleimhaut nach der Verab­reichung scharfer oder ätzender Stoffe vor. Bei Pferden haben wir sie
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Nuubilduilgeu im Mageu mid Darme.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;723
nach wiederholten Gaben einer Mischung aus Doppelsalz und Leinöl angetroffen.
2. Hypertrophie und Atrophie.
sect;.41. Hypertrophie der Häute des Magens oder des Darmes findet sich nach chronischen Entzündungen desselben, dann in Darm­stücken, #9632;welche in Bruchsäcken liegen. Hypertrophie der Schleimhaut allein ist eine gewöhnliche Folge chronischer Katarrhe.
Atrophie der Magen- oder Darmhäute ist uns bisher noch nicht vorgekommen.
3. Neublldungeii.
sect;. 42. Eindegewebsneubildung. Als Hypertrophie des submucösen Bindegewebes und als Verdickung der Schleimhaut findet sie sich häufig im Gefolge chronischer Katarrhe des Magens und der Dann Schleimhaut.
Polypen, und zwar geringeren Umtanges, sind bei Pferden und Hunden am Pylorustheile des Magens ein nicht sehr seltener Befund; sie veranlassen bei der geringen Grosse, in der wenigstens wir sie antrafen, keine Störungen während des Lebens; sie sollen jedoch auch von bedeutenderem Umfange vorkommen. Auch in den dünnen Ge­därmen finden sich nur kleinere derartige Geschwülstchen, welche die Portbewegung des Darminhaltes zu beeinträchtigen nicht im Stande sind. Häufiger ist ihr Vorkommen im Mastdärme, besonders der Hunde, wo sie den Absatz der Excremente erschweren und bisweilen zur Umstülpung (Vorfall) des Mastdarmes Veranlassung geben.
Eigentliche Pibroide, bisweilen von einem sehr bedeutenden, die Darmhöhle verengenden Umfange, entwickeln sich, obwohl selten, in dem submucösen Bindegewebe u. z. in der Pegel in dem der dicken Gedärme bei Pferden. Gewöhnlich trifft man sie im Zustande der fettigen Entartung oder der Verknöcherung und Verkreidung, bisweilen werden sie aucli an einer Stelle brandig, worauf dann die abgestosseuen Mas­sen in die Darmhöhle treten und von da durch den Mastdarm entleert werden. Aehnliche Geschwülste wurden auch im Labmagen der Binder angetroffen und veranlassten Störungen der Verdauung und zunehmende Abmagerung.
Papillargeschwülste kleineren Umfanges haben wir wiederholt im Pförtnertheile des Magens bei Pferden und Hunden ohne nachweis­bare nachtheilige Polgen angetroffen.
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Neubildungen im Magen- und Darme.
sect;. 43. Fettneubildung. Fettgeschwülstchen kleinen Umf'an-ges entwickeln sich bisweilen in dem submucösen und subserösen Bin­degewebe des Darmes und hängen in dem ersteren Falle als schlaffe Geschwülstchen in die Höhle des Darmes, in dem letzteren als kurz oder lang gestielte Anhängsel in die Bauchhöhle hinein. Von den letz­teren wird bei den Erkrankungen des Bauchfelles ausführlicher die Rede sein.
sect;. 44. Pigmentbildung. Sie ist auf der Schleimhaut von Där­men, die sich im Zustande des chronischen Katarrhes befinden, ausser-ordentlich häufig; die betreffende Stelle erlangt dann eine hellere oder dunklere schiefergraue Färbung. Intensiv schwarze Pigmentirung an bisweilen thalergrossen Stellen findet sich bei Pferden, insbesondere bei solchen, die an Typhus litten, häufig in dem subserösen Bindegewebe des Dünndarmes an Stellen, welche den Peyer'schen Drüsenhaufen correspondiren. Eigentliche melanotische Geschwülste kommen biswei­len bei Pferden, mit ähnlichen Bildungen an anderen Stellen, in dem, um den Mastdarm herum gelegenen Bindegewebe vor.
sect;. 45. Tuberculose des Magens und Darmcanales ist uns bisher bei Hausthieren, selbst wenn Tuberkel in anderen Organen zahlreich vorhanden waren, noch nie vorgekommen; ebenso wenig haben wir je Cysten in diesen Theilen angetroffen.
Dasselbe müssen wir bezüglich des Krebses eingestehen. Trotz der bedeutenden Anzahl alljährlich secirter Thiere ist uns bisher bloss Ein Fall von derbem Faserkrebs im Dünndarme eines Pferdes, wo­durch das Lumen des Darmrohres bedeutend verengert wurde, vorge­kommen. Beim Hunde, wo Krebsbildungen nicht zu den Seltenheiten gehören, haben wir sie gleichfalls noch nie in diesen Theilen vorgefun­den, während ihn andere Beobachter, obwohl selten, am Pförtnertheile des Magens bei Pferden und Hunden, dann im Lab und in der Haube des Kindes angetroffen haben wollen. Ob die beschriebenen Geschwülste wirklich Krebs waren, muss vorläufig dahingestellt bleiben.
4. l'Jiilzüiidung.
a) Acuter Katarrh der Magen- und Darmschleimhaut (gastri­sches Fieber, Catarrhus gastricus, intcstinalis, febris
gastr ica). sect;. 41). Obwohl es möglich und selbst wahrscheinlich ist, dass bloss die Schleimhaut des ersteren Organes allein oder einzelne Abschnitte
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Acuter Magen-Darmkatarrh.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;725
des Darmes vorwaltend von Entzündung ergriffen werden können, so lässt sich doch bei den Hausthieren während des Lebens die Diagnose auf die Affection der einen oder der anderen Partie mit Sicherheit nicht stellen, wesshalb auch beide Zustände bezüglich der Erscheinun­gen während des Lebens unter Einem abgehandelt werden.
Die Aetiologie dieser Krankheit, welche bei allen Hausthier-gattungen überhaupt und bei den einzelnen ohne Unterschied des Alters, des Geschlechtes u. s. f. vorkommt, ist sehr mannigfach. Zu den gewöhnlichsten äusseren, dieselbe veranlassenden Schädlichkeiten werden rascher Temperaturwechsel, nasskalte Witterung, überhaupt Ver­hältnisse, welche eine Erkältung der Haut zu veranlassen vermögen, der Geimss sehr kalten oder verdorbenen Trinkwassers, reizender, ver­dorbener oder von Krankheiten und von Eaupen befallener oder un­verdaulicher Nahrungsmittel, die unpassende Anwendung reizender oder scharfer Arzneien u. s. f. gerechnet. Nicht selten wird ein epizooti-sches Herrschen dieser Krankheitsform beobachtet.
sect;. 47. Pathologische Anatomie. Der acute Katarrh der Magen-, bei Rindern der Labschleimhaut ist durch eine gleichmäs-sige, mehr oder weniger gesättigt rothe, bisweilen von stärker gefüllten Gefässchen durchzogene Eärbung, Schwellung und Erweichung der Schleimhaut, welche mit einer, geAvöhnlich dicken Schichte zähen, gla­sigen oder durch Zellenbeimcngung trüben, eiterähnlichen Schleimes überzogen ist, charakterisirt. Aehnlich verhält sich der Befund beim acuten Darmkatarrhe, nur ist hier die Röthung bald gleichförmig über grössere Dannabschnitte verbreitet, bald mehr auf die Zotten und auf die Umgebung der Darmfollikel beschränkt, welche letztere gewöhnlich als stecknadelkopfgrosse, weissliche, von einem rothen Gefässkranze umgebene Knötchen über die Obertiäche der Schleimhaut (bei Pferden besonders im Dickdarme) hervorragen. Der Beschlag ist hier in der Regel im Beginne eine dünne, schleimige, später eine zähe, eiter- oder rahmähnliche Flüssigkeit. In den geringeren Graden ist das submueöse Bindegewebe unverändert, in den höheren von einer trüben, serösen Flüssigkeit durchtränkt (ödematös). Bisweilen sind auch bei acuten Ka­tarrhen oberflächliche, gewöhnlich den Follikeln entsprechende (katarr­halische oder Follicular-) Geschwüre und bei Rindern in der Regel Areohrungen der Peyer'sehen Drüsenbälge zugegen. Blutungen in die Substanz der Schleimhaut und leichte Schwellungen der Mesenterial-drüsen fehlen in den intensiveren Fällen kaum. Die Serosa ist bloss bei sehr bedeutender Hyperämie der Schleimhaut leicht injicirt.
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I J()nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Aoutor Magftn-Darxnkatarrb,
Erscheinungen. Je nach der geringeren oder höheren Entwick­lung und Verbreitung des Krankheitsprocesses erreichen die anzufüh­renden Symptome eine verschiedene Höhe. Die Krankheit beginnt gewöhnlich mit Verminderung oder Aufhören der Fresslust und des Wiederkauens, mit Vermehrung des Durstes und mit Fi ebererschei-nungen. Die Schleimhaut des Maules ist meist hoch geröthet, heiss, trocken oder mit einer Schichte dünnen Schleimes überzogen, die Entleerung der Excremente verzögert oder aufgehoben, seltener sind sie schon im Beginne diarrhoisch, häufiger weich oder locker geballt und blass gefärbt oder mil Schleim überzogen; bei Hunden und Schwei­nen stellt sieb, falls der Magen vorwaltend ergriffen ist, gewöhnlich Erbrechen, durch welches auch zäher, glasiger Schleim entleert wird, ein. Der Hinterleib ist gewöhnlich gegen Druck empfindlich oder schmerzhaft, die Thierc stehen mit, unter den Bauch nahe zusammen­gestellten Eüssen, traurig, betäubt oder sind sehr ängstlich und unruhig; Erscheinungen, die sich besonders beim Pferde bis zur heftigen Kolik steigern können, welche sich von der rein nervösen und der, durch Ueberfütterung, Concremente u. dgl. bedingten, durch die häufigere Wiederkehr, durch die selbst in den freien Zwischenräumen vorhan­dene Schmerzhaft igkeit des Hinterleibes und durch die andauernden Fie­bererscheinungen unterscheidet. Bei Wiederkauern gesellt sich meist ein mehr oder weniger bedeutendes Aufblähen hinzu. Hunde, bei welchen gleichfalls Kolikschmerzen häufig im Verlaufe dieser Krankheit sich einstellen, liegen grösstentheils u. #9632;/.. auf dem Bauche oder verra-then, so wie andere Hausthicre durch Stöhnen und Winseln die Gegen­wart von Schmerzen. Sind gleichzeitig Abnormitäten in der Gal-lensecretion (welche aller Wahrscheinlichkeit nach durch Hyperämien der Leber bedingt werden) zugegen, so sind die sichtlichen Schleim­häute des Maules und der Nase, die Bindehaut, die nicht pigmentirte all­gemeine Decke mehr oder weniger intensiv gelb gefärbt, die Zunge trocken, mit einem dicken, gelben Belege beschlagen, die Abstumpfung und Betäubung viel stärker entwickelt, die Fresslust ganz darnieder liegend, das Fieber bedeutend; meist tritt rasch der Verfall der Kräfte ein. Diese Form des acuten Magendarmkatarrhes wird hie und da als Gallenfieber bezeichnet.
Der weitere Verlauf ist ein verschiedener. Entweder massigen sich die Zufälle und es tritt binnen Kurzem Genesung ein, oder die Fiebererscheinungen, die Abstumpfung und die Hinfälligkeit nehmen zu; gewöhnlich stellen sich dann mehr oder weniger heftige, bisweilen
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Aouter Magen-Uarnikatarrli.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; i27
blutige Durch fülle ein, besonders wenn die Entzündung über die Dickdärme verbreitet ist, die Kranken magern rasch ab, werden wieder­holt von Koliken befallen und bedürfen, wenn allmälig Genesung ein­tritt, einer langen Zeit bis zu ihrer völligen Wiederherstellung; oder es erfolgt bei grosser Ausbreitung und Höhe des Leidens der Tod. Nicht selten wird der, bis zu einem gewissen Grade gediehene Katarrh dieser Theile chronisch und veranhisst dann andauernde Störungen in der Yerdauung und Ernährung.
Häufig ist beim Pferde der acute Magen-Daiinkatarrh bloss das erste Stadium eines sich entwickelnden Danatyphus. Unter die häufig­sten Complicationen dieser Krankheitsform gehören beim Werde die Katarrhe der Luftwege.
Die unter dem Namen Schleim tieber des Rindviehes und der Hunde, Ma-{jenseuche der Sehweine beschriebenen Krankheitsfoimen gehiiren sSmmtUch in die Kategorie des aeuten ilagen-Uarmkatarrlics.
Die Vorhersage ist bei massigem Grade der Krankheit günstig; jedoch ist hierbei stets auf die Möglichkeit der Entwicklung eines chronischen Leidens oder eintretender Bückfälle Bedacht zu nehmen; bei höherer Enl wicklung ist sie, besonders bei Pferden und Hunden, zweifelhaft.
sect;. 48. Behandlung. Die Diätetik verhält sich -wie die bei der Kolik, insbesondere ist bei intensiveren Erkrankungen das Putter ganz zu entziehen und selbst in leichleren Pällen auf die geringste Menge leicht verdaulicher Nahrung zu beschränken; zum Getränke eignen sich überstandenes Wasser oder schleimige Elüssigkeiten. Bei Hunden und Schweinen kann im Anfange der Krankheit, wenn Brechreiz oder wirk­liches Erbrechen zugegen und als Ursache der Erkrankung der Gcnuss schädlicher Nahrungsmittel nachgewiesen ist, ein Brechmittel gute Dienste leisten und die weitere Entwicklung des Processes aufhalten. In der Hegel sind schleimige Substanzen in Abkochung oder Lat­wergen beigebracht, denen wir bei Pferden, wo grosse Empfindlichkeit der Därme durch öfteren Eintritt von, wenn auch leichten Kolikschmer­zen sich kundgibt, gerne eine kleine Gabe von Schwefelleber zu­setzen, am meisten angezeigt. Ist hartnäckige Verstopfung zugegen, so sind kleine Gaben von Bitter- oder Glaubersalz in schleimigen Ab­kochungen gelöset, das Calomel oder milde (durchaus aber nicht ran­zige) Oele am Platze. Gegen heftige Durchfälle wenden wir schlei­mige oder Stärkmehl-, auch kalte Wasserklystiere, innerlich den Blei­zucker, den Silbersalpeter an; die Krähenaugen haben uns einige
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i 28nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Entzlinclnng dor Mnstdarmschleimlinnt.
Male dort, wo diese Mittel im Stiche Hessen, gute Dienste geleistet. Bei sehr hohen Fiehorgraden kann auch ein Aderlass nothwendig wer­den; ühertiüssig sind die hie und da noch in Gebrauch stehenden schar­fen Einreibungen in die Bauchwandungen.
In der Reconvalescenz darf den Thieren anfänglich, wenn sie auch Fresslust zeigen, das Futter nur in beschränkter Menge gegeben und nur allmälig wieder zur gewohnten Ration geschritten werden, da sonst Eccidive zu besorgen sind.
b) Entzündung der Mastdarmschleimhaut (Proctitis).
sect;. 40. Intensivere Entzündungen der Mastdarmschleimhaut, gewöhnlich durch den Reiz fester Fäcalmassen oder durch Earmconcremente veranlasst, sind bei Pferden und Hunden nicht selten, bei welchen letzteren gewöhnlich auch die Haut des Afters und die dort gelegenen xM'terdrüsen in Mitleidenschaft gezogen sind. Die auffallendste Er­scheinung ist nebst der Anschwellung des Afters die Beschwerde beim Absätze der Excremente, wobei die Thiere ängstlich den Rücken aufkrümmen und schmerzhaft stöhnen, während der After selbst dabei hervorgetrieben und seine Schleimhaut bisweilen umgestülpt wird; die entleerten Fäcalstoffe sind gewöhnlich zu grösseren Klumpen zusam­mengeballt und mit einer dicken Schleimschichte überzogen, häufig wird auch ein zäher, missfärbiger Sehleim mit Anstrengung ausgepresst; bei Hunden Hiesst bisweilen auf einen angebrachten Druck aus den Afterdrüsen eine eiterähnlichc oder mit Blut gemengte Flüssigkeit her­vor. Wird der Mastdarm beim Pferde mit der Hand untersucht, so zeigt sich seine Schleimhaut heiss, bisweilen durch seröse Infiltration zu sehlotternden, ödomatösen Wülsten vorgedrängt und seine Höhle ge­wöhnlich mit fest zusammengepressten Fäcalmassen angefüllt. Fieber-ersclicinungen fehlen in der Regel oder sind, falls sie zugegen sind, wenigstens nicht bedeutend. Die Krankheit geht entweder unmittelbar in Genesung über oder es werden (wenigstens bei Pferden) durch die harten, rauhen Kothballen stellenweise Zerreissungen der mürben Schleimhaut veranlasst, welche, wenn sie von geringerem Umfange sind und für andauernd weiche Entleerungen gesorgt wird, allmälig durch Fleisch Wärzchenbildung heilen, sonst aber auch zur Einfilzung der Fäcalstoffe in das, unter der Schleimhaut gelegene Bindegewebe, zu brandigem Absterben in grösserem Umfange und zum Durchbruche in die Bauchhöhle, zum Eintritte einer, zum Tode führenden Bauchfell-
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Clironisclii'j- \fngpnkatarrh.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 729
ent^ünduns' oder zur Bildung A'on Abseesscn in dem, den Mastdarm umgehenden Bindegowebe und schliesslich zur Entstehung einer Mast­darm- oder Beckenfistel Veranlassung geben können. Bisweilen bleibt nach dem Ablaufe einer acuten Mastdarmentzündung noch länger ein chronischer Katarrh der Mastdarmschieimhaut zurück.
Die Behandlung besteht in dem öfteren vorsichtigen Entleeren des im Mastdarme angesammelten Kothes mit dem Finger oder mit der Hand, in dem Üeissigen und vorsichtigen Setzen schleimiger und öliger Klystiere und in der Verabreichung von Purgirmitteln, unter welchen in solchen Fällen grössere Gaben von Calomel in Verbindung mit schlei­migen Mitteln den Vorzug verdienen. Die Nahrung muss beschränkt werden, für Hunde eignen sich am besten Brühen, für Pferde ürün-futter oder Mehl- und Kleientränke.
c) Der chronische Katarrh der Magenschleimhaut (Catarrhus gastricus chron., gastritis chronica).
sect;. 50. Er ist bei Pferden eine sehr häufige Krankheitsform, welche den sogenannten gastrischen Leiden in der Kegel zu Grunde liegt. Die gewöhnlichsten Veranlassungen zu seiner Entstehung sind wiederholt überstandene acute Magenkatarrhe, der Genuss schlechter, verdorbener Nahrungsmittel, unregelmässige Fütterung bei schlechter Haltung nnd übermässiger Anstrengung unter allen Witterungsverhält­nissen. Der Zustand ist daher bei älteren Pferden armer oder roher, das letzte Mark aus ihren Thieren auspressender Eigenthümcr gewöhn­lich imd gesellt sich auch chronischen Leiden des Darmes, der Leber und anderer Organe häufig bei.
Pathologische Anatomie. Der Sitz des chronischen Magenka-tarrhes ist beim Pferde der Pförtnertheil desselben. Seine Schleimhaut ist seltener bleich, gewöhnlich rothbraun gefärbt oder schiefergrau pig-mentirt, an ihrer Oberfläche grobdrusig, warzig oder von plumpen, un­ebenen, leistenartigen Hervorragungen durchzogen, bisweilen auch mit pompösen Wucherungen oder Papillargeschwülstchen besetzt und von einer dicken Lage zähen, farblosen oder grauen, grosso Mengen abge-stossener Cylinderepithelien enthaltenden Schleimes überzogen. Auf einem Durchschnitte erscheint sie auf 1 '/„ —2 'quot; und darüber verdickt, derb, fest gefasert, das submueöse Bindegewebe verdickt, die Muskelschichte gewöhnlich in hohem Grade hypertrophisch und in der Nähe des Pfört­ners nicht selten mit Erosionen und Folliculargeschwüren besetzt.
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Chronueber Magonkatarrh.
Durcli die Hrpcrtrophie der Schlcimliaut und durch die Neubil­dung stan-en Bindegewebes in derselben gehen zahlreiche Labdrüsen durch Sclnvund zu Grunde und hiedurch, so wie durch die übermüs-sige Secretion zähen Schleimes, welcher die unmittelbare lierührung der Nahrungsmittel mit den Magenwänden hindert, leidet die Verdau­ung und endlich der gesammte Ernührungsvorgang beträchtlich.
Erscheinungen. Die gewöhnlichsten Erscheinungen sind Mangel an Fresslust oder wenigstens zeitweilige Verminderung derselben, schmu­tzige, stark belegte Maulschleimhaut und Zunge, sparsame und verzö­gerte Entleerung grossgcballter, häufig blasser und unverbältnissmässig viel unverdaute Haferkömer enthaltender, oft säuerlich und sehr widrig riechender Eäcalmassen, nicht selten ein übler Geruch aus dem Maule und vermehrte Speichelabsonderung. Diese Erscheinungen ver­laufen in verschiedenen Schwankungen und zeigen häufig Verschlim­merungen, die, sobald sie durcli den Eintritt eines acuten Katarrhes veranlagst werden, auch von Fieber begleitet sein können. Wegen des, durch solche Katarrhe gestörten Verdauungsvorganges leiden solche Pferde häutig an Koliken, die zu unbestimmten Zeiten, am gewöhnlichsten nach der Aufnahme zu vielen oder nicht entsprechenden Futters auf­treten. Eei längerer Dauer des Zustandes tritt eine mehr oder weniger bedeutende Abmagerung und ein cachectisches Aussehen der Thierc ein und es fällt dann die Prognose bezüglich der vollkommenen Wiederherstellung ungünstig aus; massige Grade können nur dann, wenn der Fütterung und Haltung der Kranken die grösste Aufmerk­samkeit zugewendet wird, der Heilung oder doch der Besserung zuge-führt werden. Da jedoch gerade hierin am ersten die Anforderungen scheitern, so ist auch die dir grösstentheils nur eine palliative. Die für den Gebrauch passendsten Mittel sind: das Kochsalz, das Bitter­oder Glaubersalz in kleinen Gaben, der Salmiak in Verbindung mit bitteren, aromatisch-bitteren oder herben Ptianzenstoffen; nur bei sehr hartnäckigen und veralteten Magenkatarrhen sollte zu gewürzhaften Mitteln gegriffen werden. In manchen Fällen leistete uns die Brech-nuss, entweder in Substanz oder als alcoholisches Extract gegeben, gute Dienste.
d) Die sogen, chronische Unverdaulichkeit oder Löser­vers topf ung.
sect;. 61. Dieses Leiden der Wiederkäuer scheint uns als ein ka­tarrhalischer Zustand des Lösers am passendsten hier eingereiht zu
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Loser Verstopfung.
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werden. Sie entwickelt sich in Folge der Fütterung mit faden, er­schlaffenden, kleisterigen, sclnververdauliclicn oder reizenden, kurz nicht entsprechenden Nahrungsmitteln; insbesondere dann, wenn dem, zur Arbeit verwendeten Hornviehe die zum Wiederkauen nöthige lluhe einzogen wird. Die Section ergibt IJeberfüllung der drei ersten Mägen mit Futter, das besonders im Löser wegen seines längeren Verweilens daselbst trocken und fest geschichtet erscheint, das Epithel dieser Mägen ist leicht abgehend, die Schleimhaut hyperämisch, verdickt, nicht selten die Darmschleimhaut gleichfalls katarrhalisch.
Erscheinungen. Das Leiden gibt sich durch Mangel an Fress­lust, vollkommenes Aufhören des Wiederkauens, Hervortreibung der linken Flankengegend (wegen Ausdehnung des Pansens durch Futter und Gase) durch verzögerte Darmentleerungen, die zugleich trocken, mit einer Schleimschichte überzogen sind und in Ballen abgesetzt werden, endlieh durch andauernde Yerstopfung, die zeitweilig mit übelriechenden Durchfällen abwechselt, zu erkennen. Hiezu gesellen sich Traurigkeit und Abstumpfung nebst massigen Fiebererscheimmgen; die Thiere liegen viel, ächzen und stöhnen, das Flotzmaul wird trocken, rissig, der Blick ängstlich, und unier Zunahme der Hinfälligkeit erfolgt bisweilen der Tod unter Convulsionen.
Die Dauer erstreckt sich über mehrere Wochen. Die Vorher­sage ist im Beginne und bei den niederen Graden des Leidens günstig.
Behandlung. In so lange als das Wiederkauen sich noch nicht wieder einstellt, darf Futter gar nicht verabreicht werden; selbst wenn es wiederkehrt, muss noch durch mehrere Tage von der gewöhnlichen Futterration wenigstens die Hälfte abgebrochen werden; zum Getränke wird reines, überstandenes Wasser, aber stets nur in kleineren Quan­titäten auf einmal verabreicht. Für den innerlichen Gebrauch worden Bitter- und Glaubersalz in Verbindung mit Brech weinst ein in Lösung, bei hartnäckiger Yerstopfung das Calomel in Pillenform, sowie schlei­mig-ölige Eingüsse anempfohlen. Wenn hierauf nicht eine Besserung erfolgt, leistet die Salzsäure (1 bis 2 Loth auf ein Seitel Wasser in Zwischenräumen von 2 bis 8 Stunden verabreicht) oft gute Dienste. Die Wirkung dieser Mittel wird durch öftere Klystiere und Heissiges Frottiren des Hinterleibes unterstützt. Bei sehr starker Anfülluug des Pansens mit Futterstoffen kann der Pansenschnitt nothwendig werden.
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Chronischer Dnrmkatarrh
e) Der chronische Darmkatarrh. (Cutarrhus intestinalis
ehr on.)
sect;. 52. Er ist eine Krankheitsfonn, welche häufig Veranlassung zum Auftreten von Koliken, sog. gastrischen Zuständen und langdauern­den Durchfällen abgibt.
Er entwickelt sich bald aus einem acuten Magen-Darmkatarrhe u. z. am häufigsten in Eölgo ungünstiger Verhältnisse der Pflege und Fütterung und gesellt sich auch verschiedenartigen chronischen Leiden anderer Organe bei. Der Darm derart kranker Thiere bietet die pas­sendste Wohnstätte für Eingeweidewürmer, welche andererseits wieder den bereits vorhandenen Krankheitszustand zu unterhalten und zu steigern vermögen. Er findet sicli sehr häufig bei Pferden und Hun­den, u. z. bei den ersteren sowohl im Dünn- als im Dickdarme, bei den letzteren vorzugsweise im Dünndarme. Insbesondere scheinen junge und sehr alte Thiere zu seiner Entwicklung disponirt.
sect;. 53. Pathologische Anatomie. Bei chronischen Katarrhen des Dünndarmes erscheint die Schleimhaut desselben in plumpe, quere, dicke Falten gelegt, stellenweise grau pigmentirt, auf einem Durch­schnitte um das Drei-und ilehrfachc verdickt, derb, an der Oberfläche mit einer dicken Schichte rahmähnliehcn, nicht selten graugefärbten und zu Klumpen zusammengeballten, viele losgestossene Epithelien und neugebildete Zellen enthaltenden Schleimes überzogen, bisweilen mit pompösen oder papillarcn Wucherungen besetzt; die Muskelhaut gewöhnlich u. z. oft sehr bedeutend verdickt und die Darmhöhle hie-durch verengert. Am intensivsten haben wir die graue Pigmentirung der nicht verdickten, eher atrophischen Darmschleimhaut bei Eindern besonders im Zwölffingerdärme angetroffen; die Peyer'schen Drüsen sind dann bei dieser Thiergattung, so wie auch beim Pferde in der Kegel areolirt. Unter den Dickdärmen ist es bei Pferden und Rindern insbesondere der Blind- und Grimmdarm, bei Hunden der Grimmdarm, nur selten der Mastdarm, der von chronischem Katarrh befallen wird. Die Schleimhaut dieser Theile ist düster braunroth, von erweiterten geschlängelten Gefässen durchzogen, stellenweise inten­siv grau pigmenth't, entweder verdickt und zähe oder u. z. gewöhn­licher morsch und zerreisslich, mit einer meist nicht beträchtlichen Schichte zähen Schleimes bekleidet; die Darmhöhle erweitert und ge­wöhnlich von breiigen oder flüssigen, höchst übelriechenden Kothmassen angefüllt. Sehr häufig sind Entzündungen der Follikel zugegen, die
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Chronlivelier Oannkatarrli,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;7dd
als hirsekorn- bis erbsengrosse, eine sclileimige oder eiterähnliohe Flüs­sigkeit oder eine kalkbreiähnliche Masse enthaltende, von einem braunen oder schiefergrauen Hofe umgebene Knötchen über das Xiveau der Schleimhaut hervorragen. Werden die Follikol durch den Eiterungs-]jrocess zerstört, so bilden sich kleine, hanfkorn- bis linsengrosse, bis auf das submueöse Bindegewebe reichende Substanzverluste der Schleim­haut, Folliculargeschwüre, welche scharfe, nicht infiltrirte, unter-minirte Ränder und nicht selten einen mit Eiter belegten, durch das submueöse Bindegewebe gebildeten Grund besitzen. Häufig ist ein be­deutender Abschnitt des Dickdarmes mit unzähligen Geschwürchen wie besäet, die bei ihrer Vergrösserung hie und da zusammontliessen, wo­durch sieh grössere buchtige, durch Schleimhaut brücken von einander getrennte, mit Eiter und Fäcalmassen bedeckte Geschwüre bilden. Die umgebende Sehleimhaut ist gewöhnlich grau pigmentirt, erweicht, leicht abstreifbar, nur selten verdickt und derb. Solche Folliculargeschwüre heilen entweder mit einer leicht deprimirten ISarbe (wie man sie bei Pferden öfter im Grimmdarme antrifft), oder sie bleiben als solche zurück und veranlassen andauernde oder öfter wiederkehrende Durch­fälle und Koliken oder sie können selbst in Folge der, auf das sub­mueöse Gewebe und die Muscularis übergreifenden Eiterung und des Einfilzens von Fäcalmassen in diese erweichten Gewebe zur Perforation der Darmwand führen.
sect;. 54. Die Erscheinungen eines chronischen Darmkatarrhes stimmen mit jenen des chronischen Magenkatarrhes, mit welchem er auch oft complicirt ist, grösstentheils überein. Insbesondere sind Mangel an Fresslust, stark belegte, nicht selten gelb gefärbte Maulschleim­haut, bisweilen mit bläulichrothen Zahnränderu, zeitweilige Auftreibungen dos Hinterleibes, Verstopfung abwechselnd mit Diarrhöe, öftere Wieder­kehr von Kolikschmerzcu, Traurigkeit und Mattigkeit, bei längerer Dauer zunehmende Abmagerung jene Erscheinungen, welche mit Wahrscheinlichkeit auf das Vorhandensein dieses Zustandcs schlicssen lassen. Die Gegenwart chronischer Follicularverschwärungen äussert sich neben den eben angeführten Zeichen gewöhnlich durch hartnäckige Durchfälle oder zeitweiliges Abwechseln zwischen Ver­stopfung mit starker Auftreibung des Hinterleibes und Durchfall mit öfterem Eintritt von Koliken. Bisweilen gesellen sich auch Erschei­nungen einer acuten Darmentzündung und eines mehr oder weniger entwickelten Fiebers hinzu, in welchem Falle die Symptome dann Aehnlichkcit mit jenen der Ruhr darbieten. Im Ganzen betrachtet ist
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i ,'gt; tnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Cbroniachor Darmkatarrb.
jedoch die Symptomatologie dieser Krankheit keineswegs eine be­zeichnende , und es wird nur aus der chronischen Verdauungsbe-schwerdc, dem schlechten Ernährungszustände, dem häufigen Eintritte von Durchfallen und Dannschmerzen bei Abwesenheit anderweitiger Störungen, die diese Zeichen hervorrufen könnten, auf seine Gegen­wart geschlossen.
Der Verlauf ist chronisch; die Krankheit führt endlich wegen zunehmender Kraftlosigkeit und Abmagerung zur Dienstunfauglichkeit oder zum Tode des Thicres. Nur im Beginne dos Leidens ist die Vorhersage weniger ungünstig, sonst ist meist nur ein zeitweiliger Eintritt von Besserung zu erwarten.
|. 55. Die Hauptsache, auf die es bei der Behandlung an­kommt , die aber eben aus öconomischen Rücksichten nur selten ent­sprechend herbeigeführt werden kann, besteht in der passenden Ernäh­rung mit leicht verdaulichem, gesundem Eutter, gutem Heu, Grünfutter, selbst adstringirenden Nahrungsstoffen, denen man mit Vortheil Koch­salz beisetzt, in dem öfteren Vorlegen von Steinsalz zur Lecke. Ein warmes Verhalten und massige Bewegung, Aufenthalt in reiner Luft sind vortheilhaft.
Im Uebrigen fällt die (Jur mit jener des chronischen llagenka-tarrh.es und bei acuten Verschlimmerungen mit jener des aenten Darm-katarrhes zusammen. Ist die Gegenwart chronischer Eollicular-ver seh wärungen zu vermuthen, so ist der Beginn der Cur mit schleimigen Mitteln und eben solchen Klystieren zu machen; erweisen sicli diese, wie es häutig der Fall ist, unwirksam, so wird zu herben Ptlanzcnstoffen, zu Abkochungen von Eichen- oder (nach unserer Erfah­rung besser) von Weidenlinde, Galläpfeln, Tormentillwurzel, zu adstrin­girenden Mineralpräparaten, zum Eisenvitriol, rohem Alaun, Silber­salpeter, zu Bleizucker u. s. w. übergegangen; bei manchen hartnäckigen Durchfällen leisten die Krähenaugen gute Dienste. Klystiere von kaltem Wasser oder von Stärkemehlabkochungen sind hier am Platze. Intercurrirende Koliken werden auf die bekannte Weise, zeitweilige Verstopfungen mit massigen Gaben von Bitter- und Glaubersalz, Calo­mel oder milden Oelen behandelt. Häutig widerstehen jedoch die durch Eolliculargeschwüre veranlassten Durchfälle hartnäckig jedem Heilverfahren. Die Brechnuss kann auch beim chronischen Darmkatarrhe vorzugsweise angewendet werden.
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Croup des Magens mid Dannua.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;73Ö
f) Croupöse Entzündung.
sect;. 5G. Der Croup des Magens ist ausserordentlieh selten; die croupösen Gerinnungen finden sicli höchstens an umschriebenen kleineren Stellen in der Nähe des Pförtners vor. Er ist ein Begleiter intensiver Magenkatarrhe, des Pferdetyphus und der Rinderpest.
Auf der Darmschleimhaut kommt er bei Pferden bisweilen im Krummdarme vor, und vcranlasst dort die Bildung mehr oder weniger ausgebreiteter dichter Gerinnungen, während in den angren­zenden Darmstücken ein intensiver acuter Katarrh zugegen ist. Wäh­rend des Lebens ist seine Gegenwart nicht zu diagnosticiren; er verläuft unter den Erscheinungen eines intensiven aeuten Magen-Darmkatarrhes und ist gewöhnlich durch zeitweiligen Eintritt von Kolikschmerzen ausgezeichnet. Er stellt sich ferner in Darmpartien ein, welche durch harte räcalmassen, Concremente u. dgl. gedrückt, oder an welchen Einklemmungen, Einschiehungen u. s. w. zugegen sind. An solchen Stellen linden sich dann umschriebene oder ausgebreitete croupöse Ge­rinnungen , Schorfe, unter welchen die Darm Wandungen brandig er­scheinen , oder diphlheritische Geschwüre vor.
Bei Hindern ist die croupöse Darmentzündung häufiger und es gehen dann von denselben, nachdem sie unter den Erscheinungen eines heftigen aeuten Danukatarrhcs mit wiederholten Kolikanfällen längere Zeit gelitten hatten, röhrenförmige, croupöse Gerinnungen, nicht selten von der Länge vieler Fusse mit höchst übelriechenden, flüssigen Eäcal-massen ab, worauf gewöhnlich Besserung eintritt.
Auch bei Hunden kommt Darmcroup bisweilen vor; insbesondere haben wir ihn unter ähnlichen Verhältnissen wie bei Pferden und dort, wo durch sehr zahlreiche Bandwürmer eine heftige Reizung der Darm­schleimhaut veranlasst wurde, angetroffen.
l)ass bei der .Rinderpest, welche wir gleichfalls den crouiiosen Exsudations-processes anreihen, Darmcroup zugegen sei und dass er auch hei anderen Hausthieren und hei wilden Pflanzenfressern vorkoimuo, wurde schon früher erwähnt.
Die Behandlung slimmt mit jener des aeuten Darmkatarrhes überein; bei sehr heftigem Fieber können Aderlässe, bei intensiven Darmschmerzen narkotische Mittel angezeigt erscheinen.
g) Die Lämmerruhr, Gedärmseuche (Darmentzündung der Säuglinge, Dysenteria (?) neonatorum). sect;. ö7. Der unter diesem Namen bekannte Krankheitsprocess kommt bei Lämmern gewöhnlich seuchenartig, bei Kälbern, Ferkeln meist sporadisch vor.
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Jiiimineniilir.
Aetiologic. Eine besondere Anlage kommt jungen, saugenden, von schwächlichen Eltern abstammenden Thieren zu. Als äussere Schädlichkeiten werden mit Grund beschuldigt: mangelhafte Ein­richtung der Ställe, wodurch diese gegen die schädlichen Witterungs-eintlüsse, wie Nässe, Kälte, so wie gegen Zugluft nicht geschützt sind, Verkühlungen der Lämmer zur Winterszeit durch Oeifneu der Stallthüren, durch das Saugen an dem, in Eolge des Austreibens der Mütter erkalteten Euter, wobei ihre nur fein bewollte Haut gleich­zeitig auch mit dem kalten Körper der Mütter in innige Berührung kommt, mit einem Worte Umstände, welche eine Erkältung der zarten Säuglinge zu veranlassen vermögen, ferner fehlerhafte Eeschaffenhcit der Muttermilch, veranlasst durch unpassendes, oder verdorbenes, feuch­tes oder faules, den Müttern verabreichtes Futter.
sect;. 58. Pathologische Anatomie. Im Labmagen tindet sich constant eine bedeutende Quantität zu grösseren oder kleineren Klum­pen geronnener Milch, untermischt mit einer grünlichen, schai'f sauer riechenden Flüssigkeit; seine Schleimhaut ist intensiv dunkel ge-röthet, von Extravasaten durchzogen, sehr mürbe und leicht zerreiss-licli; ein ähnlicher, sehr heftiger acuter Katarrh ist auch im Verlaufe der ganzen, insbesondere der dicken Gedärme zugegen, in deren Höhle die früher erwähnten Käseklümpchen, in einer gelblichgrünen Flüssigkeit vcrtheilt, schwimmen. Seltener erscheint die Darm-sohleimhaut bleich und mit zähen, schleimigen Schichten beschlagen. Die solitären Follikel der Darmschleimhaut, so wie die Peyer'schen Drüsenhaufen sind häufig mit mehr oder weniger dicken, croupösen (Jerinnungen, ähnlich wie die Darmschleimhaut pestkranker Kinder beschlagen, welche entweder noch innig der unterliegenden Schleim-hautttäche anliegen, oder ihr nur mehr lose anhängen, und nach ihrer Entfernung entweder einen seichten Schleimhautverlust oder areolirte Peycr'sche Drüsenhaufen zurücklassen, in deren Umgebung die Ilöthung und Schwellung am deutlichsten ausgesprochen ist. Die Gekrösdrüsen sind gewöhnlich infiltrirt, die Milz normal, die Leber entweder blut­reich und die Gallenblase (ähnlich wie bei der llinderpest) durch Ansamm­lung von Galle übormässig ausgedehnt oder blutarm. Die übrigen Organe zeigen keinen constanl.en Befund. Die Cadaver sind gewöhnlich stark abgemagert, der Mastdarm her vorgetrieben, die Hinterschenkel von tiüssigen Excrementen besudelt. Die Krankheit tritt demnach bald als ausgebreiteter sehr intensiver Magen-Darmkatarrh, bald als ausgesprochener Darmcroup auf.
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LämmeiTubr,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 7o7
sect;. 59. Erscheinungen. Die Lämmer kommen entweder schon krank zur Welt, können sicli kaum auf die Füsse erheben, saugen jedoch begierig, zeigen Empfindliclikeit des Bauches und häufige Ent­leerungen einer widrig riechenden, dünnen Flüssigkeit und gehen inner­halb weniger Tage nach der Geburt zu Grunde, oder sie erscheinen unmittelbar nach der Gehurt gesund und erkranken dann innerhalb der ersten oder zweiten Woche, nur selten erst später. Die Lämmer saugen zwar begierig, werden jedoch autt'allend traurig, stehen tlieil-nahmslos in einem Winkel, drängen öfter zum Absätze der Excremente, welcher auch bald in der Form von sehr reichlichen Durchfallen von oben erwähnter Beschaffenheit eintritt, worauf sich gewöhnlich Auf­treibung des Hinterleibes, grosse Empfindlichkeit desselben gegen Druck einstellt, und das Vorhandensein \on Darmschmerz sich durch öfteres klägliches Blöcken, Aufkrümmeu des Rückens, Unruhe mit Wechsel der Stellung und Lage kund gibt. Bei Andauer der Durch­fälle sinken die Kräfte der Thierchen rasch; sie sind nicht mehr im Stande, sicli aufrecht zu erhalten, müssen zum Euter der Mutter ge­tragen werden, au dem sie nur mit Unlust oder gar nicht mehr saugen; die Entleerungen werden immer häufiger, oft blutig und die Kranken gehen entweder ruhig oder, nachdem allgemeine Convulsionen sich eingestellt haben, gewöhnlich wenige Tage nach dem Auftreten der ersten Krankheitserscheinungen zu (raquo;runde. Auch solche, bei welchen bereits die Durchfälle, an deren Stelle breiige Entleerungen getreten siud, aufgehört hatten, verfallen, insbesondere, wenn sie neuen Ver­kühlungen ausgesetzt werden, gerne in Rückfälle, denen sie schlicss-lich unterliegen.
Die Prognose ist im Allgemeinen eine sehr ungünstige; besser gestaltet sie sich bei jenen Säuglingen, welche mit dem Durchfalle zähe, schleimige Massen in geringer Menge entleeren, bei denen mithin der Krankheitsprocess mehr einen einfachen acuten Darmkatarrh darstellt, als bei jenen, bei welchen grosse Quantitäten dünner, seröser oder blutiger Flüssigkeit abgehen, in welchem Falle in der Regel der tödtliche Ausgang zu erwarten ist.
sect;. 60. Die zur Vorbauung gegen diese, in manchen Schäfereien äusserst verheerend auftretende Krankheit anzuwendenden Mittel er­geben sich bei Berücksichtigung der ätiologischen Momente von selbst. Es muss demnach auf eine sorgfältige Wahl der Zuchtthiere, wozu nur gutgenährte kräftige Mütter und durch zu häufigen Begattungsact nicht geschwächte Böcke gewählt werden sollten, auf ein entsprechen-UBll, Pathol. uuU Therapie. II Aull.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 47
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Lammemihr.
des, gutes und hinreichendes Futter während der Trächtigkeit, von dessen Menge gegen die Wurfzeit zu, um die Bildung einer zu gehalt­reichen Milch zu yerhüten, etwas abgebrochen und durch Stroh ersetzt werden sollte, auf das öftere Verabreichen von Salzlecken die Auf­merksamkeit gerichtet werden. Hinreichende Bewegung sollte den Mutterthieren sowohl während der Trächtigkeit als nach dem Wurfe gestattet werden. Da nebst der üblen Beschaffenheit der Muttermilch vorzugsweise Verkühlungen der Lämmer die häufigste Ursache zum Ausbruche der Krankheit abgeben, so muss für eine passende Con­struction des Schafstalles, durch welche der Zugluft, der Kälte und !Xässe gewehrt wird, und dafür Sorge getragen werden, dass bei sehr kalter Witterung die Mütter im Stalle getränkt werden können, um den Erkältungen der Lämmer an den, aus dem Freien zurückkehrenden Müttern zu begegnen. In letzterer Beziehung hat man auch vorge­schlagen , dort, wo es die ökonomischen Verhältnisse erlauben, die Sprungzeit so einzurichten, dass das Lammen in die wärmere Jahres­zeit falle.
Die Cur gegen die einmal ausgebrochene Krankheit bleibt stets misslich. In jedem Falle ist, sobald in einer Schafheerde Fälle von Lämmerruhr vorgekommen sind, der Fütterung der Mutterschafe die grösste Aufmerksamkeit zuzuwenden, die, wenn sie früher aus schlech­ten , verdorbenen Nahrungsmitteln bestand, gänzlich umzuändern ist, und welcher man Kreiden- oder Austerschalenpulver beimengen kann. Haben die Lämmer die erste Milch ausgesogen, so ist bei milchreiclicn Müttern in den ersten Tagen nach der Lammung das Ausmelken der überliüssigen Milch vorzunehmen, um die zu reichliche Aufnahme der­selben von Seite der Lämmer zu verhindern. Vortheilhaft erscheint es unter solchen Verhältnissen, jedem Lamme einige Male des Tages eine kleine Gabe (1 Scrupel) Kreiden-, Magnesia- oder Austersohalen-pulver in Wasser oder Milch abgerührt einzugeben und jenen, bei welchen sich schon weiche oder iiüssige Entleerungen einstellten, schleimige Klystiere und Tränke zu verabreichen. Für den innerlichen Gebrauch bei offenbar Erkrankten werden nebst den genannten absor-birenden Mitteln vorzüglich das Opium und die Ehabarber anempfoh­len. Auch Hühncreiweiss oder Leimwasser könnte versucht werden.
Ob die hie und da durchgeführte Massregel, jedem Lamme nach der Geburt etwas Blut aus dem Nabelstrangc abfiiessen zu lassen, in prophylactischer Beziehung dort etwas zu leisten vermöge, wo nicht zugleich die ökonomischen Uebelsfände in der ganzen Haltung des
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Ruhr.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 739
Schafviehstandes abgestellt werden können, muss billig bezweifelt werden.
Aehnlichen Verhältnissen verdankt die Euhr der Saugferkel ihre Entstehung.
h) Die Ruhr (D y s e n t e r i a).
sect;.61. Man versteht hierunter einen zu Geschwürsbildung führen­den Entzündungsprocess der Dickdarmschleimhaut, welcher bei Rindern, Pferden und Hunden beobachtet wird und bei der ersteren Thiergat-tung nicht selten in epizootischer Verbreitung vorkommend, hie und da typhöse Ruhrseuohe genannt wird und schon oft mit der Rin­derpest verwechselt wurde.
Als die gewöhnlichsten Ursachen ihrer Entstehung werden Er­kältungen durch schnellen Tcmporaturwechsel, der Aufenthalt im Ereien bei nasskalter Witterung, das Beweiden bethauter oder bereifter, sum­pfiger und überschwemmter Weiden, der Genuss verdorbener oder rei­zender Futterstoffe, stehenden, fauligen oder sehr kalten (Schnee-) Wassers, Ueberfütterung nach grossem Mangel, übermässige Anstren­gung u. s. w. beschuldiget. Die ersterwähnten Schädlichkeiten erklären auch das häufigere, bisweilen seuchenartige Vorkommen dieser Krank­heit zur Frühlings- und Herbstzeit. Die Möglichkeit einer contagiö-sen Verbreitung der Ruhr ist wohl keinem Zweifel unterworfen; als Vehikel des Contagiums sind vorzüglich die Darmentleerungen, durch deren Ausdünstung gewöhnlich die Ansteckung erfolgt, anzusehen. Bei Pferden, welche durch andere Kraukheitsprocesse, insbesondere Lungenentzündungen, herabgekommen waren, haben wir bisweilen die wahre Ruhr in den letzten Tagen des Lebens (und bestätiget durch die Cadaveröffnung) auftreten gesehen.
sect;. 62. Pathologische Anatomie. Wir lassen hier die Beschrei­bung dieses Zustandes folgen, wie wir ihn häufig bei Pferden ange­troffen haben, da der Befund bei den anderen Hausthiergattungen, mit Ausnahme der Intensität, welche bei Pferden am entwickeltesten ist, demselben ganz ähnlich ist. Bei leichteren Graden der Krankheit ist die Schleimhaut der Dickdärme an umschriebenen Stellen, insbeson­dere an den querlaufenden Falten, in den höheren Graden aber über grössere Flächen verbreitet, gesättiget braunroth gefärbt, ihr Epithel stellenweise zu kleinen Bläschen erhoben, das sich später losstösst und oberiiächliche Substanzveiiuste der Schleimhaut zurücklässt; die
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I!
Schleimhaut selbst ist serös infiltrirt, dabei ausserordentlich weich, mürbe, mit dem Messer leicht abstreif bar, stellenweise mit flachen, gelben Schorlen besetzt. Das Unterschleimhautbindegewebe ist massig infiltrirt, die Muskelhaut unverändert; die Darmhöhle enthält viel seröse, mit Blut und Fäcalstoffen gemischte Flüssigkeit. Kei den höchsten Gra­den der Entwicklung ist die betroffene Schleimhaut u. z. nicht selten über den grössten Theil des Grimmdarmes hin, sammt dem unterliegen­den Bindegewebe sehr stark infiltrirt und ragt in Gestalt dicker, dicht aneinander gelagerter, schlotternder Wülste in die Darmhöhle hinein, ist dunkelblauroth, mürbe, sehr zerreisslich, stellenweise mit bisweilen grossuu, diphtheritischen Schorfen oder croupösen Gerinnungen besetzt oder von Elutgerinuseln beschlagen. Durch Abstossung der ersteren entstellen Geschwüre, die bis an das submueöse Üindegewebe reichen, um sich greifen und zu brandiger Zerstörung der Schleimhaut in gros-sem Umfange führen. Die früher erwähnten Wülste zeigen auf einem Durchschnitte das submueöse Bindegewebe von einer zähen, klebrigen Flüssigkeit oder einer gallertigen Masse infiltrirt, die Muskelhaut miss-färbig, serös durchfeuchtet und mürbe, den serösen Ueberzug des Dar­mes getrübt, längs des Gekrösansatzes von einem gelben, sulzigen Ex­sudate bedeutend infiltrirt und von Blutungen durchzogen. Dieser Process erstreckt sich häutig auch über den Mastdarm bis zur After­öffnung, aus welcher dann bisweilen die, zu schlotternden Wülsten geschwellte Schleimhaut hervorgedrängt wird. Den Darminhalt bildet eine misstärbige, höchst übelriechende, Blut und abgestossene Schleim-hautfotzen neben Fäcalstoffen enthaltende Flüssigkeit. Die Lymphdrü­sen des Grimmdarmes sind stets geschwellt und blutreich. Die Hei­lung erfolgt bei den minderen Graden, sobald keine Verluste der Schleimhaut stattgefunden haben, durch Mässiguug der Entzündung und llesorption des Exsudates; kleinere Substanzverluste heilen mit flachen, fibrösen, die Darmhöhle etwas verengenden Narben; bei ausgebreiteten Substanzverlusten der Schleimhaut erfolgt wohl in der Eegel der Tod der Thiere, wenigstens haben wir bisher noch bei keiner der zahlrei­chen Sectionen, die alljährlich hierorts vorgenommen werden, Narben gesehen, welche auf die frühere Gegenwart von Euhrgeschwüren hin­gewiesen hätten. Nach chronischem Verlaufe der lluhr erscheint die Schleimhaut hyperämiseh, verdickt, schiefergrau pigmentirt und von mehr oder weniger tief greifenden Geschwüren oder Hohlgängen durch­setzt, die Muskelhaut hypertrophisch, die Serosa verdickt und biswei­len durch Adhäsionen an angrenzende Theile angeheftet.
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Ruhr.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 741
sect;. 63. Erscheinungen. Die Krankheit beginnt entweder plötz­lich oder nachdem ihr durch einige Zeit die Zeichen eines acuton Darmkatarrhes vorangegangen waren. Die Thiere sind traurig, ste­llen mit unter den Bauch gestellten Füssen und aufgekrümmtem Rücken, ihr Hinterleib ist schmerzhaft, anfangs aufgezogen, später massig auf­getrieben. Die im Darme vorhandenen Schmerzen werden, besonders auffallend beim Pferde, durch zeitweilig eintretende Kolikersclieinungen geäussert. Das auffallendste Symptom sind die häufigen Darmcntloerun-gen, welche anfangs noch Koth enthalten und breiig, dabei aber höchst übelriechend und missfärbig sind, später immer dünner, endlich vollkom­men flüssig werden, widrig riechen und nicht selten flüssiges oder ge­ronnenes Blut, auch ganze Fetzen abgestossencr Schleimhaut enthalten. Diese Entleerungen sind mit grossem Schmerze und mit heftigem, zum Vor­drängen und Umstülpen des Mastdarmes führenden Zwange verbunden, wobei der After auch gegen Berührung äusserst empfindlich ist. Später stellt sich dieses Drängen häufig ein, ohne dass selbst bei grosser An­strengung des Thieres eine Entleerung stattfindet, zuletzt jedoch verliert es sich wieder, indem dann die Entleerungen unwillkürlich erfolgen. Die Fresslust liegt so wie das Wiederkauen ganz darnieder, der Durst ist bedeutend gesteigert. Zu diesen örtlichen Erscheinungen gesellt sich schon vom Beginne an ein mehr oder weniger bedeutendes Fieber, Frostschauer, ungleiche Vertheilung und öfterer Wechsel der Körper­temperatur, Fulsbeschleunigung, grosse Abgeschlagenheit und Hinfällig­keit, starker Beleg der Maulsohleimhant u. s. w. Mässiget sich die Intensität der Krankheit nicht bald, so erfolgt rascher Verfall der Kräfte, Unvermögen zu stehen, schnelle Abmagerung, Auftreibung des Hinterleibes, Erkalten der Extremitäten und endlich der Tod, dessen Eintritte bei Pferden die heftigsten Koliken vorhergehen.
Der Verlauf ist gewöhnlich acut. Die Genesung erfolgt in den leichteren Fällen unter allmäliger Abnahme der Krankheitserscheinun­gen in der zweiten bis dritten Woche; bei höherer Entwicklung des Leidens und in manchen Epizootien tritt jedoch auch der Tod sehr bald, oft schon 2—3 Tage nach dem Auftreten der ersten Krankheits­erscheinungen ein. Derartig rasch verlaufende Fälle sind es, die, wenn sie das Rind betreffen, zur Verwechshing der Ruhr mit Rinderpest am häufigsten Veranlassung geben. Die umsichtige Vornahme von Sectio-nen, bezüglich deren Resultate die beiden Krankheiten wesentlich diffe-riren, dann die sorgfältigen Erhebungen der Entstehungsanlässe werden vor Irrthum sicher schützen, in anderen Fällen verläuft die Ruhr
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Rnlir.
(u. z. insbesondere bei Rindern) chronisch; ein missfarbiger, jauche­ähnlicher Durchfall hält Wochen und Monate lang an, die Abmagerung nimmt fortan zu und nach dem Hinzutritte von Zehrfieber erfolgt end­lich der Tod, nach welchem man die oben geschilderten Veränderun­gen antrifft.
Ruhrähnliche Erscheinungen werden auch durch acute Folli-cularverschwärungen des Dickdarmes veranlasst, deren Charaktere schon früher angegeben wurden; während des Lebens wird es jedoch gewöhnlieh zweifelhaft bleiben, ob einer oder der andere Process zu­gegen ist.
Die Vorhersage ist dem Angeführten zu Folge sehr zweifelhaft und sobald die Krankheit einmal einen höheren Grad erreicht hat, ungünstig.
sect;. 64. Die Vorbauung besteht in der Abhaltung der, Eingangs erwähnten Schädlichkeiten, insbesondere der Veranlassungen zu Erkäl­tungen, in der Vermeidung einer übermässigen Anstrengung und in der Verabreichung eines gedeihlichen Futters. Ist die Ruhr in einem Stalle oder in einer Heerde ausgebrochen, so sind, um die Gefahr der Verbreitung durch Ansteckung hintanzuhalten, die noch Gesunden von den Kranken zu separiren und beide Abtheilungen durch besondere Wärter zu pflegen. Der Genuss der Milch und des Fleisches der Er­krankten ist strenge zu verbieten. Die Cadaver, Häute, Homer u. s. w. sind nach den allgemeinen Vorschriften zu behandeln.
Bricht die Krankheit, wie diess nicht selten der Fall ist, unter Triebheerden aus, so ist es gerathcner, die Thiere, bevor sich bei ihnen das Leiden höher entwickelt, zu schlachten, in welchem Falle dann jedoch eine sorgfältige thierärztliche Untersuchung der Eingeweide nothwendig wird, um zu constatiren, ob die Krankheit nicht etwa die Rinderpest sei. Entsprechend dem Resultate dieser Untersuchung ist dann mit dem übrigen Theile der Triebheerde vorzugehen.
Behandlung. In diätetischer Rücksicht wird das Futter ent­weder völlig entzogen oder höchstens ganz reizlose Nahrungsmittel, wie Kleie, Schrott, gekochte Knollen- und Wurzelgewächse in geringer Quantität vorgesetzt; viel wasserhaltige Substanzen sind ebenso schäd­lich, als reizendes Futter; zum Getränke eignen sich am besten schlei­mige (Mehl-, Kleien-) Tränke. Bei acut verlaufenden Fällen sind im Beginne der Krankheit lauwarme, schleimige Eingüsse in kleinen Quantitäten, aber öfter wiederholt, Calomel in Verbindung mit Eibisch­pulver, schleimige Klystiere, öfteres Frottiren des Hinterleibes, bei
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Ruhr.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 743
höheren Fiehergraden selbst ein iiusgicbiger Aderlass am Platze. Der ausgedehnten Anwendung des, nur in grossen Gaben wirksamen Opiums steht bei Pferden und Eindcrn der höhere Preis desselben im Wege. Ist der Durchfall sehr häufig, so können den schleimigen Eingüssen Abkochungen der Colombo- oder Tormentillwurzel beigesetzt werden. Bei zunehmendem Verfalle der Kräfte können die stärker erregenden Mittel: Baldrian, Engelwurzel, Kampher, Wein, Aether oder die Mine­ralsäuren versucht werden.
Bei chronischer Ruhr ist für eine milde, aber kräftige Nah­rung (Einbrennsuppen, Erbsenschrott u. s. w.), warmes Verhalten des Körpers, öfteres Frottiren des Hinterleibes, Bespritzen desselben mit Kamphergeist Sorge zu tragen; innerlich verabreicht man herbe Pflan­zenstoffe (Eichen-, Weidenrinde, Colombo-, Tormentillwurzel u. dgl. in Abkochung), denen man nach Erforderniss Eisenvitriol, Alaun, Höllen­stein zusetzen kann. Schleimige oder zusammenziehende Klystiere sind auch hier am Platze.
i) Entzündung des Nahrungsschlauches durch die Aufnahme giftiger Substanzen.
sect;.(55. Unter den giftigen Substanzen veranlassen vorzugsweise die scharfen Stoffe aus dem Pflanzen- und Mineralreiche dann aus dem Thierreiche die Canthariden eine Entzündung der ersten Wege, während die eigentlich reinen narkotischen Substan­zen eine Veränderung in diesen Theilen nicht bewirken. Insbesondere bedingen die verschiedenen Niesswurzel-, Hahnenfuss- und Wolfsmilch­arten, der Sturmhut, die Herbstzeitlose, die Küchenschelle, die auf Pflanzen vorkommenden Schimmel- und Pilzbildungen, die spanischen Fliegen, welche hie und da mit den Blättern einiger Gesträuche genos­sen werden, sobald sie in grösserer Menge in den Nahrungsschlauch der Pflanzenfresser gelangen, eine mehr oder weniger intensive Entzün­dung der Magen- und Darmschleimhaut. Kaustische Alkalien veran­lassen eine Erweichung und Schmelzung der berührten Theile zu einem schmierigen Breie; concentrirte Mineralsäuren und darunter insbeson­dere die Schwefelsäure bewirken die Verschorfung jener Schleim­hautstellen, mit welchen sie in Berührung gebracht wurden, und eine Gerinnung des, in den benachbarten Gefässen befindlichen Blutes zu einer schwarzen, kohlenähnlichen Masse; Blei- und Zinkpräparate veranlassen die Bildung weisser oder grauer Schorfe, Kupferpräparate
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Entzündung des ÜTahrnngsschlaaehes durch giftige Substanzen.
ruhrähnliehe Geschwüre in den Dickdärmen. Der Broch Weinstein, insbesondere wenn er in Substanz eingeführt wurde, verursacht am Cardiatheile des Magens, dann (wenigstens heim Pferde) im Krumm­darme kleine, scharf umschriebene, bis an das submueöse Bindegewebe dringende Schorfe, nach deren Abfallen tiefe Geschwürehen zurück­bleiben , deren Umgebung stark hyporämisch, selbst von Extravasaten durchzogen ist. Weisser Arsenik veranlasst (sogar bei Pferden, die ihn sonst gut vertragen, wenn er in grösseren Gaben oder in grobem Pulver gegeben wird) eine starke Entzündung der Magen- und Darm­schleimhaut , die (wie wir bei Pferden gesehen haben) selbst zum in­tensiven Croup auf der Krummdarmschleimhaut sich steigern kann. In Eolgc grosser Gaben mit Leinöl gemengten Doppelsalzes haben wir bei Pferden liäußg die Entstehung von umfangreichen dicken Schorfen der Schleimhaut des Pfortnertheiles des Magens, deren Umgebung sehr hyporämisch und sammt dem unterliegenden Bindegewebe serös iniiltrirt war, beobachtet. Diese Mineralgifte werden bei grösseren Hausthieren wohl selten in der Absicht, durch sie Vergiftungen herbeizuführen, verabreicht, was öfter bei den kleineren Thiergattungen ler Eall ist; sie werden grösstentheils entweder aus Unvorsichtigkeit oder als Arz­neimittel in zu grosser Gabe oder in einem zu concentrirten Zustande gegeben.
sect;. (gt;(gt;. Die Erscheinungen der Vergiftung durch scharfe oder ätzende Stoffe kommen mit jenen einer intensiven Entzündung der Magen- und Darraschleimhaut überein; sie sprechen sich insbesondere durch heftige Kolik, durch Neigung zum Erbrechen, bei Hunden, Katzen, Schweinen durch wirkliches Erbrechen, durch Auftreibung des Hinter­leibes, durch Verstopfung oder Durchfall, nicht selten mit heftigem Zwange und Abgange von blutigem, rtüssigem Darminhalte, bisweilen durch starkes Speicheln und Geifern aus dem Maule aus. Sach der Verschiedenheit des eingeführten Giftes gesellen sich auch nervöse Er­scheinungen, Zuckungen, Krämpfe, selbst Starrkrampf oder Lähmungen, nach dem Genüsse spanischer Eliegen Hyperämie, Blutung und Entzün­dung der Nieren, Aufregung des Geschlechtstriebes hinzu. Zur Sicher­stellung der Diagnose und Durchführung einer Behandlung ist dort, wo nicht bereits vorhandene Verschorfungen an den Lippen, an der Maul- und Rachenschleimhaut den Verdacht einer Vergiftung erregen, eine sorgfältige Erhebung der anamnestischen Momente erforderlich. Sind mehrere Thiere gleichzeitig unter Erscheinungen, die eine Vergif­tung wahrscheinlich machen, erkrankt, so kann die Tödtung eines
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Entzlmdixng des Xahrun^sschlanches durch giftige Substanzen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;745
kranken Stückes, die Untersuchung flos Magens und der Gedärme bezüglich ihres Inhaltes und die Prüfung der hiebei aufgefundenen Substanzen zur Constatirung des Falles nothwendig werden.
Die Vorhersage ist gewöhnlich ungünstig u. z. um so mehr, je später eine Hilfe gesucht wurde.
sect;. 07. Bei der Behandlung einer constatirten Vergiftung kommt es vor allem auf die schleunige Entfernung des Giftes aus dem Magen durch Erregen von Erbrechen an, was natürlich nur bei Schweinen, Hunden und Katzen zu bewirken ist; hat sieb Erbrechen bereits einge­stellt, so sucht man es durch Verabreichung von lauem Wasser oder Milch zu unterhalten und nur in jenen Fällen, wo es allzu heftig und an­dauernd wäre, durch kleine Gaben von Opiumtinctur, von Brausepulver zu massigen. Ist die Entfernung des Giftes aus dem Magen nicht möglich, so sucht man seine Wirksamkeit durch Verabreichung passen­der Mittel, der sogenannten Gegengifte, zu mildern oder aufzuheben. Gegen concontrirte Säuren verwendet man in dieser Eücksicht schwache Lösungen von Alealien, besonders Pottasche, Seifenwasser und umgekehrt, dann scbleimige und ölige Mittel; gegen ätzende Metall-oxj'de und ihre Salze gibt man, wenn nichts Anderes zur Hand ist, Schwefelleber, Pottasche, Seifenwasser, Milch, Molken. Insbesondere empfehlen sich gegen Arsenikpräparate das Eisenoxydhydrat (unge­fähr in der zwölffachen Menge des beigebrachten Arseniks), die Magnesia­milch, die Zuckermagnesia, in Ermanglung dieser eine dünne Kalkmilch, Kalkwasser, Eiweisslösungen, Molch, scbleimige und ölige Eingüsse; gegen Bleisalze schwefelsaure Alealien, Bittersalz, gerbstoffbältige Decocte; gegen Brechweinstein und Antimonpräparate über­haupt Abkochungen von Galläpfeln, Eichenrinde, Tormentillwurzel; gegen Kupfer- und Quecksilbersalze ein inniges Gemenge von 7 Theilen angefeuchteter Eisenfeile und 4 Theilen Scbwefelblumen oder ein Brei aus einfachem Syrup und Eisenpulver, auch Molken, Ei­weisslösungen; gegen Zinksalze gerbstoffbältige Decocte, Eiweisslösun­gen; gegen Zinnsalze Magnesiamilch, Eiweiss, Milcb. Gegen scharfe Pflanzengifte finden Chlorwasser, eine Lösung von Bleichkalk (ein Quentchen Bleichkalk mit zehn Tropfen Salzsäure und '/,, Seitel Wasser) oder schleimige Eingüsse Anwendung, welche letzteren auch bei Ver­giftung mit spanischen Fliegen unter Zusatz von etwas Kampher verabreicht werden. Haben diese Gifte bereits eine Entzündung der Magen- und Darmschleimhaut veranlasst, so ist diese nach den früher angegebenen Regeln u. z. vorzugsweisse durch Verabrei-
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Holz- oder Waldkraakheit (enzootischo nAnwntzttndnng).
chung milder, schleimiger oder sclileimig-öliger Mittel, nach Erforder-niss aucli unter Anstellung eines Aderlasses zu behandeln.
k) Die Holz- oder Waldkrankheit (enzootische Darmentzün­dung, Enteritis enzootica).
sect;. 68. Diese Krankheit der Pferde und Wiederkäuer, welche nach dem Genüsse harziger oder herber Baumsprossen beim Weiden in Gebüschen, Wäldern, insbesondere im Frühlinge, wenn die Thiere wegen Futtermangel auf diese Weide vorzugsweise angewiesen sind, bei gleichzeitigem Mangel an gutem Trinkwasser oder nach dem Saufen aus Mooren, Pfützen sich entwickelt, scheint den Vergiftungen beizuzählen zu sein. Die Section der umgestandeucn Thiere ergibt die Merkmale einer mehr oder weniger heftigen Entzündung des Magens und insbe­sondere der dünnen Gedärme, welche sich bei Wiederkauern auch auf die beiden ersten Mägen erstreckt, wobei diese Theile zugleich eine übelriechende, zähe, missfärbige, bitterscharf schmeckende Flüs­sigkeit enthalten; dann Hyperämie, Blutung und Entzündung der Nieren. In jenen Fällen, bei denen gallertige Exsudate in dem Unterhautbinde­gewebe, Blutungen ebendaselbst und unter die serösen Häute angetroffen wurden, scheint eine Complication mit Anthrax zugegen gewesen zu sein.
Die Krankheit beginnt mit den Erscheinungen einer Magen-Darmentzündung , welchen sich die Symptome einer Merenreizung, sparsamer Abgang eines röthlichen oder deutlich blutigen Harnes, grosse Empfindlichkeit der Lendengegend, dann ein heftiges Fieber, später blutiger Durchfall, die Absonderung einer übelriechenden und schmecken­den Milch, nicht selten auch Zuckungen und Krämpfe zugesellen. Bei Complicationen mit Milzbrand kommen auch Anschwellungen und Emphyseme an der Körperoberfläche zum Vorscheine. Die Krankheit beobachtet einen acuten Verlauf und führt häufig zum Tode.
Neben Vermeidung und Abstellung der veranlassenden Ursachen und Verabreichung eines guten, am besten grünen oder frischen Futters verhält sich die Behandlung ganz wie beim acuten Magen-Darmkatarrhe; milde, schleimige und ölige Mittel, denen bei zunehmender Schwäche etwas Kampher zugesetzt werden kann, als Eingüsse und Klystiere, warme Umschläge auf die Lenden, spielen hiebei die Hauptrolle. Bei der Gegenwart höherer Fiebergrade und bei gut genährten kräftigen Thieren kann auch ein Aderlass am Platze sein.
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Divortiklaquo;! im DArme.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 747
Anmerkung. Der typhöse Process auf der Darmschleimhaut der Pferde und der Kinder wurde schon früher unter dem Artikel Anthrax abgehandelt. Auch beim Hunde kommt der Typhus vor und localisirt sich hier in den Peyer'sehen Drüsen des Dünndarmes. Der gewöhnliche Befund ist hierein mehr oder weni­ger intensiver Katarrh der ilagen- und Dünndarmsehleimhaut, Schwellung der Peyer'-schen Drüsenhaufen, Infiltration der einzelnen Kapseln mit einer grauen, weichen, hirnmarkähnlichen Masse, Blutung in der Umgebung und in dem submueiisen Binde­gewebe, bisweilen auch unter der inneren Herzauskleidung, acute Schwellung der Milz, Infiltration der Gekrösdrüsen des Dünndarmes mit einer hirnmarkähnlichen, grauröth-liehen Masse, in der Mehrzahl der l'allc ein ausgebreiteter Brouchiiilkatarrh.
Die Erscheinungen während des Lebens sind jenen der Staupe im höchsten Grade ähnlich, nur sind die Zeichen des Darmkatarrhes überwiegend über jene des Bronchialkatarrhes und gewöhnlich die Fiebererseheinungen sehr bedeutend. Die Krank­heit endet häufig mit dem Tode und ist ähnlich der Staupe, mit der sie gewölmlich verwechselt wird, zu behandeln.
C. Veründenmgm der physikalischen Eigenschaften. I. Veränderniiseii der Grüsse.
sect;. 69. Eine bedeutende Yergrösserung des Magens bis zum doppelten seines normalen ümf'anges kommt bisweilen bei Pferden, Hunden und Schweinen vor, die sehr reichlich, besonders mit solchen Substanzen gefüttert werden, welche bei der Verdauung viele Gase entbinden. Bei Pferden, welche Kopper sind, ist dieser Zustand gewöhnlich.
Abnorme Erweiterung des Dünndarmes ist mit Ausnahme jener, die sich als Eolge der, durch Bauchfellentzündung bedingten Lähmung seiner Muskelhaut einstellt, selten; häufiger kommt die des Grimmdarmes vor, welcher Darm entweder mit Gas oder mit einer, bisweilen enormen Masse flüssiger oder fester, trockener Fäcalstoffe angefüllt ist. Die Ursachen hievon liegen bald in mechanischen Hindernissen, welche der Fortbewegung des Darminhaltes entgegen­stehen , bald in der Gegenwart eines intensiven acuten oder chroni­schen Darmkatarrhes, bald in Paralyse der Darmwand.
Sackförmige Divertikel u. z. die sog. falschen kommen am häufigsten im Grimmdarme, selten in anderen Darmpartien der Pferde vor; sie bestehen als solche bloss aus der Schleim- und serösen Haut, deren ersterc zwischen die Bündel der Muskelhaut sich durch- und vorgedrängt hat. Sie stellen wallnuss- bis mannskopfgrosse sackartige Anhängsel des Darmes dar, welche mittelst einer verschieden weiten
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Lageveriinderungon des Magnns utk! Darmes.
Oeffinung mit tier Davmhohlc in Verbindung stehen, und entweder trockene Fäcalmassen oder Concremente oder Steine enthalten. Sie unterliegen bisweilen in Folge des Druckes, den ihr Inhalt ausübt, der brandigen Zerstörung, deren Folge Austritt des Darminhaltes und tödt-liche Bauchfellentzündung ist. Ihre Gegenwart ist während des Lebens nicht diagnosticirbar; damit behaftete Pferde leiden in der Eegel öfter an Kolik.
Das sogenannte w a lire Divert ikel, das sich nur am Krumm­darme vorfindet, stellt eine, aus sämmtlichen Darmhäuten bestehende sackigo Erweiterung des Darmes vor, die bisweilen mit ihrer Spitze an die Bauchwand oder an das Gekröse angeheftet ist und ein Ueberbleibsel des, im Fötalzustande vorhandenen Nabelblasen-Darmganges ist. Auch in ihm sind gewöhnlich ziemlich trockene Fäcalmassen angehäuft.
Eine UmfangsVerminderung des Magens findet sich bloss bei Thieren, welche früher sehr kärglich gefüttert wurden, oder wäh­rend ihrer letzten Krankheit keine oder sehr wenig Nahrung zu sich genommen haben. Eine Yerengerung der Schlund- oder Pfört­nermündung des Magens wird vorzugsweise durch Hypertrophie der Muskelhaut dieser Partien bedingt; die der letzteren führt zu seeun-därer Erweiterung des Magens.
Verengerung des Lumens eines Darmabschnittes kann bedingt sein: durch mangelhafte Füllung des Darmes in Folge längeren Hungerns, durch Hypertrophie der Muskelhaut, durch starke Wulstung der Schleimhaut (im Dünndarme der Pferde in Folge chronischen Darm-katarrhes), durch Neubildungen, besonders Fibroide, durch Druck von Seite anliegender Geschwülste, durch Concremente, durch Lageverän-derungen des Darmes. Die Folgen der Verengerung eines Darmstückes sind entweder Erweiterung des, vor der verengerten Stelle gelegenen Darmabschnittes oder die Nachtheile der mechanischen Behinderung der Fortbewegung des Danninhaltes.
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2. Vcräiiileriiiigeii der Lage.
sect;. 70. Sie betreffen nur selten den Magen, am allerhäufigsten den Darm. Der Magen, bei Rindern die Haube, liegt bisweilen in der Brusthöhle vor, wohin er durch Risse im Zwerchfelle, deren Rän­der später callös und narbig werden können, gelangt und selbst bis­weilen mit diesen Rändern, bei Rindern auch mit dem Brustfelle,
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Lageveräuderungen des Darmes.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;749
dem Herzbeutel oder den Lungen durch straffes Bindegewebe verwächst. Bei Rindern lagert sieh bisweilen der rechte Sack des Wanstes durch eine, wahrscheinlich in Polge mechanischer Einwirkung entstandene Spalte der Bauchmuskeln unmittelbar unter die Haut, dehnt dieselbe bedeutend aus und hindert die freie Bewegung der Thiere.
Die Lagerung eines Darmstückes ausserhalb der Bauchhöhle in einer abnormen, beutclförmigen Ausbuchtung des Bauchfelles lieisst ein Bruch (Hernia), der entweder angeboren oder erworben sein kann. Am gewöhnlichsten kommen bei den Hausthieren der Leisten-, der Kabel-, der Bauch- und Flanken-, seltener der Schenkel­bruch vor, deren nähere Schilderung dem Gebiete der Chirurgie an­gehört; hier kann es bloss interessiren, dass diese Brüche unter ge­wissen Verhältnissen eingeklemmt werden, worauf dann die Thiere gewöhnlich die Erscheinungen einer sehr heftigen Kolik äussem. Die gewöhnlichsten Veranlassungen zum Eintritte einer Einklem­mung sind: Anhäufung von festen Futter- oder Fäcalmassen in dem vorgelagerten Darmstücke, welche durch die enge Bruchpforte nur langsam in den, in der Bauchhöhle liegenden Darmabschnitt über­treten können, wesshalb in Folge ihrer Zersetzung sieh viele Gase entbinden, wodurch der Darm erweitert, die Muskclhaut gelähmt wird, und mechanische Hyperämie, Stase, endlich Brand des vorgelagerten Darmstückes eintritt, — Entzündung des vorgelagerten Darmes mit Paralyse der Muskelhant oder mit Verwachsung der Darmschlingen unter einander , wodurch der Durchgang der Fäcalstoffe gehindert wird, — Drehung des vorgefallenen Darmstückes um seine Axe oder um das Gekröse mit denselben Folgen — Hervordrängen grösserer Darmpartien durch eine enge Bruchpforte. Die nächste Folge einer Darmeinklemmung ist daher stets mechanische Stase in dem einge­schnürten Darmrohre, welches, falls durch Kunsthilfe nicht eine Repo­sition des eingeklemmten Stückes oder eine Erweiterung der Bruchpforte herbeigeführt werden kann, brandig abstirbt und meistens den Tod des Thieres veraulasst, da jene Fälle, wo es zur Bildung einer Kothfistel kommt, zu den allergrössten Seltenheiten gehören dürften.
Bei Hengsten, welche an Koliken leiden, ist der Untersuchung des Hodensackes die grösste Aufmerksamkeit zu schenken, um die etwaige Gegenwart eingeklemmter äusserer Darmbrüche nicht zu über-sehen.
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Innere Darmoinsclmürungen.
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a) Innere 1) a rme ins chnürungen.
sect;.71. Innere Barmoinschnürungen (oder innere Hernien), worunter man eine, innerhalb der Bauchhöhle stattfindende Lageverän­derung einer Darmpartie verstellt, in Folge welcher der Blutlauf und die Fortbewegung des Darminhaltes behindert, mithin eine Einklemmung herbeigeführt wird, kommen am häufigsten bei Pferden, seltener bei Hunden, am allerseltensten bei Wiederkauern vor.
Die auffallendste Erscheinung, welche die, mit diesem Leiden behafteten Thiere während des Lebens äussern, sind Kolikschmer­zen; man ist jedoch nicht im Stande, wie diess bereits früher ange­geben wurde, aus irgend einem Zeichen auf die Gegenwart innerer Hernien im Allgemeinen, noch viel weniger auf eine besondere Art derselben mit Sicherheit zu schliessen.
Die inneren Hernien lassen sich auf folgende Arten zurückführen, welche jedoch vorzugsweise nur bei Pferden vorkommen:
a)nbsp; nbsp;Die ünwegsamkeit eines Darmstückes wird durch den Druck vcranlasst, welchen ein anderes, in hohem Grade durch Fut-termassen erfülltes Darmrohr, das auf dem ersteren lastet, ausübt. Diese Yerschliessung betrifft in der Hegel ein Dünndarmstück, auf dem eine andere, in ihrer Musculatur gelähmte und durch Futterstoffe in hohem Grade ausgedehnte Düundarmpartie aufliegt. Die Erscheinungen der mecha­nischen Stase sind an jener Stelle, auf welche der stärkste Druck aus­geübt wurde, am intensivsten und verschwinden gegen die Grenze, wo sie in die normale oder anderweitig pathologisch veränderte Färbung der Schleimhaut übergehen, allmälig.
b)nbsp; nbsp; Die Lageveränderung besteht in einer Axendrehung und zwar:
laquo;) ein Darmstück dreht sich um seine eigene horizontale Axe, wodurch seine AVegsamkeit schon bei einer halben Axen­drehung aufgehoben wird; ein Ereigniss, das am häufigsten an den linken Grimmdarmlagcn des Pferdes, wo sogar ein, durch mehr als zweimaliges Umdrehen bewirktes, strangförmiges Zusammendrehen beobachtet wurde, seltener an den rechten Lagen dieses Darmes, wo gewöhnlich nur eine halbe Axendrehung stattfindet und am Mast­darme vorkommt;
ß) Ein Dünndarmabschnitt dreht sich um das Gekröse, wel­ches ihm als Axe dient, auf; diese Aufdrehung betrifft entweder bloss den Krummdarm und das ihm zunächst liegende Leerdarm-
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Innere DarmemscbnüruDgen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;1 DL
stück, oder auch den grössten Tlieil dieses letzteren, der dann in mehr oder weniger zahlreiche, spiralig an dem Gekröse hinauflau­fende Ringe zusammengedroht ist; eine Art der Einschnürung, für welche der Pferdedünndarm, vermöge seiner freien Lage an einem langen Gekröse, vorzugsweise geeignet ist. Die Entstehung dieser Drehung erscheint nur durch die Annahme erklärlich, dass ein stärker gefülltes und verhältnissmässig mehr fixirtes Darmstück, wie es der Krummdarm ist, durch sein Herabsinken ein entspre­chendes raquo;Stück Gekröse spannt und etwas dreht, welche Drehung, wenn ihr nicht bald durch Weiterbeförderung des Darminhaltes begegnet wird, allmälig zunimmt, indem ein angrenzendes Darm­stück der Drehung des ersten folgt, bis schliesslich das Gekröse zu einem vielfach um seine Axe gewundenen Strange aufgewickelt ist, der die, an ihm befestigten Darmschlingen nach sich zieht; y) eine Dünndarmschlinge schlägt sich um ein andere-Dünn- oder Dickdarmstück herum und schnürt dasselbe an zwei Stellen ein. Die Ursache dieser seltenen Art der Ein­schnürung kann gleichfalls nur in einer ungleichen Füllung des Darmes, vielleicht unter Begünstigung einer angestrengten Bewe­gung des Thieres, gesucht werden. c) Die Einschnürung eines Darmstückes geschieht durch Ums schlagen strangförmiger Körper um Darmschlingen oder durch Eindringen dieser in natürliche oder abnorme Spalten. Hieher gehören: laquo;) die Einschnürung von Dünndarmschlingen durch das, zu einem
Strange zusammengedrehte grosse Xetz; ß) die Einschnürung von Dünndarmstücken durch, an einem mehr oder weniger langen Stiele von dem Gekröse oder dem serö­sen Ueberzuge des Dünndarmes herabhängende Neubildungen, welche gewöhnlich Fettgeschwülste oder Fibroide, deren Bildung bei den Krankheiten des Bauchfelles besprochen werden wird, sind; y) die Einklemmung von Dünndarmsohlingen in Bisse des Gekröses und Netzes, in Hisse oder Spalten des Zwerch­felles, durch welche letztere bisweilen ein nicht unbedeutender Theil der dünneu Gedärme in die Brusthöhle eindringt und nicht selten eingeschnürt wird; ferner die Einklemmung des hinteren Abschnittes des Leordarmes und des Anfangsstückos des Krumm­darmes in die Winslow'sche Spalte.
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iuuere DurmeiuschnUiuugun.
Ausser diesen gewHlmlichen Veranlassungen zu inneren Uarnicinsclinürungcn wurde hier einmal cine Kinschnamp;rung des Mastdarmes durch cinen sehr ver-griisserten, an dem gezerrten Mutterbande wie an einem Stiele hangenden Eierstock, der sich zweimal um den ersteren herumgeschlagen hatte, dann die Einklemmung des hinteren Endes der linken Grimmdariuslageu in dem Halse der, durch die Scheide in umgestülptem Zustande vorgefallenen Harnblase beobachtet.
Bei Ochsen zerreisst bisweilen die Falte des Bauchfelles, welche den Samenstrang, besonders den Samenleiter umgibt; es treten in die hiedurch entstandene Spalte Darmstücke und werden daselbst einge­klemmt; ein Zustand, der mit dem Namen Ueberwurf, innerer Bauchfellbruch, Knopf bezeichnet wird, nur in Gebirgsländern vor­kommt und wahrscheinlich durch angestrengtes Ziehen oder durch Weiden bergauf in seiner Entstehung begünstiget wird.
In jeder eingeklemmten Barmpartie entwickelt sich mechanische Stase, die zu absoluter Blutstockung gedeihen und zum Absterben ein­zelner Abschnitte der eingeschnürten Stelle führen kann. Indem näm­lich die arteriellen Gefässe vermöge ihrer dickeren Wandungen durch die einklemmende Ursache anfangs noch nicht vollständig zusammen­gedrückt werden, strömt durch sie der eingeklemmten Darmpartie noch immer Blut zu, während die Wegsamkeil der zurückführenden dünnwan­digen venösen Gefässe bereits aufgehoben ist. Diese Stase bildet sich an den, von dem einschnürenden Apparate unmittelbar umgebenen Darm­stellen und an dem, denselben zugehörigen Gekröse aus; sie erlangt in den unter b) und c) angeführten Arten die höchste Entwicklung und Ausbreitung. Die venösen Gefässe des betreffenden Abschnittes des, durch seröse Infiltration getrübten, verdickten, sehr zerreisslichen, von zahlreichen Extravasaten durchzogenen, nicht selten mit Flocken eines weichen Exsudates beschlagenen Gekröses strotzen dann von dunklem Blute; das eingeschnürte Darmstück ist schon bei der oberflächlichsten Besichtigung durch seine dunkle, violette Färbung und die bedeutende Auftreibung durch Gase kenntlich; seine; Häute sind häufig derart mürbe, dass sie bei dem Versuche, den Darm aus der Bauchhöhle zu entfer­nen, zerreissen und ihren aus blutigem Serum, geronnenem Blute, Fut­ter- und Fäcalstoffen bestehenden Inhalt ergiessen. Die Schleimhaut eines solchen Daimstiickes ist bisweilen auf fquot; bis 2'quot; verdickt, von einer zähen, blutigen Flüssigkeit durchtränkt, gesättigt roth, violett, bisweilen schwarz gefärbt, sehr mürbe, an ihrer Oberfläche mit geronne­nem Blute und stellenweise mit einer mehr oder weniger dichten Schichte geronnenen Faserstoffes beschlagen. An den unmittelbar umschnürten
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luncre Danneinschnttrungen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;7ö3
Stellen selbst und in ihrer nächsten Umgebung erscheint die Schleim­haut nicht selten zu umschriebenen, mürben, zottigen Schorfen nekro-tisirt. Mit Ausnahme der, durch Druck und durch Aufdrehuag um das Gekröse veranlassten Einschnürungen, wo die Wegsamkeit im Innern des eingeklemmten Darmrohres nicht nothwendig vollständig aufgehoben sein muss, ist in allen übrigen Fällen der Durchgang für Stoffe jeder Art vollkommen verschlossen; dieselben sammeln sich in dem voran gelagerten Darmstücke an und dehnen dasselbe bisweilen enorm aus.
Die Ursache des häufigeren Vorkommens der inneren Hernicn bei Pferden gegenüber anderen Haustliiergattungen liegt in der grossen und leichten Beweglichkeit des, an einem langen Gekröse aufgehange­nen Dünndarmes, in der verhältnissmässig freien Lage des Grimmdar-mes und des grossen Netzes und in der Verwendung dieser Thiere zu schnellen und angestrengten Bewegungen. Die Einklemmungen der zweiten Art verdanken ihre Entstellung wahrscheinlich einer ungleichen Füllung der einzelnen Darmabschnitte mit Futterstoffen und mit Gas und ihr Eintritt scheint durch schnelle oder anstrengende Bewegung bald nach der Futtoraufnahme begünstiget zu werden. Auch heftiges Nieder­werfen und Wälzen der Pferde, besonders wenn sie an Darmschmerz leiden, scheint innere Einklemmungen hervorrufen oder bereits begin­nende steigern zu können, wesshalb wir es vorziehen, kolikkranke, sehr unruhige Pferde lieber herumführen als sich wälzen zu lassen.
Innere Einklemmungen, deren Diagnose an und für sich schon schwierig ist, sind der Kunstheilung, wenn der Ueberwurf der Och­sen ausgenommen wird, dessen Behandlung dem Gebiete der Chirurgie angehört, unzugänglich. Wird die unter a) erwähnte Art der Hcrnien, wo durch Entleerung des, auf einem anderen lastenden Darmstückes der Druck, mithin die Einklemmung aufhören kann, ausgenommen, so erfolgt bei den übrigen Formen kaum oder höchstens nur dann Natur­heilung, wenn eine kleinere Darmschlinge sich um die, ihr angehörige Gekröspartie so herumschlägt, dass das früher nach rechts gelegene Ende derselben nach links und das linke nach rechts gekehrt liegt, wodurch nur Knickungen an den Umschlagsstellen entstehen. Dass jedoch Hernien dieser Form bisweilen sich lösen, kann daraus entnom­men werden, dass man manchmal in den Cadavorn von, an anderen Krankheiten umgestandenen Thieren eine Darmschlinge wohl in ihrer normalen Lage, an dem Gekröse jedoch leichte Trübungen und die Schleimhaut in einer bestimmten Ausdehnung dunkel geröthet, mehr
Roll, Patbol. und Therapie. 11. Aufl.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 48
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/Ö4nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;ORrmeinschiebung.
oder weniger stark infiltrirt und an zwei Stellen durch scharfe, dunkle Grenzlinien von der normalen Umgebung geschieden antrifft.
Alle, von verschiedenen Schi-iftstellern angerathenen Eepositions-versuche, selbst mit vorausgehender Eröffnung der Bauchhöhle durch den Bauchschnitt sind praktisch gänzlich unausführbar.
sect;. 72. Zu den Lageveränderungen der Därme gehört ferner die
b) Darmeinschiebung (Invaginatio, Intussusceptio, Volvulus),
#9632;welche darin besteht, dass ein Darmstück in die Höhle des zunächst vorne oder rückwärts liegenden Darmtheiles eingeschoben wird. Sie wurde bei allen Hausthiergattungen angetroffen, erreicht bisweilen eine sehr bedeutende Ausdehnung und betrifft am häufigsten den Dünn­darm, dann den Blind- und Mastdarm. Eine vollendete Darmeinschie­bung besteht aus drei ineinandergeschobenen Darmröhren, von denen das äussere, die Scheide, dem mittleren oder austretenden Bohre die Schleimhaut, dieses dem innersten oder eintretenden Bohre den serösen Ueberzug zukehrt; das Gekröse folgt dem ein- und austreten­den Bohre, wird aber dabei gezerrt, zusammengedreht und veranlasst, dass diese Bohren nach der Bichtung der Gekröseinpflanzung gekrümmt und die Mündung nach der Seite verzogen erscheint. Eine Ineinander­schiebung kann nur auf die Weise beginnen, dass bei ungleichmässiger peristaltischer Bewegung ein in lebhafter Bewegung begriffenes, daher etwas verengertes Darmstück in ein ruhendes, weiteres eindringt oder dass in ein, durch eine umschriebene Entzündung seines serösen Ueber-zuges gelähmtes und erweitertes Darmstück das angrenzende engere hineinfällt, einen Theil des ersteren nach sich zieht und umstülpt. Die Yergrössemng der Invagination geschieht stets auf Kosten der Scheide, was in allen Fällen daraus entnommen werden kann, dass in Folge der, durch die Zerrung des Gekröses der ineinandergeschobenen Darm-stücko entstandenen Entzündung rasch eine Yerklebung der einander zugekehrten serösen Häute des aus- und eintretenden Bohres erfolgt, wodurch es unmöglich wird, dass dieses tiefer in die Höhle der Scheide hinabtritt; im Gegcntheile muss dieses sich bei Vergrösserung der Ein-schiebung über das eintretende Bohr verschieben und hiedurch zum austretenden Bohre werden. Die nächste Folge dieses Zustandes, falls nicht bald die Lösung der Einschiebung erfolgt, ist eine mechanische Behinderung des Blutlaufes wegen Zerrung des Gekröses, also Stase und Exsudation, Einschnürung des eingeschobenen Darmes, Erweiterung
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Mastdannvorfall.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 4 00
und Lähmung der nach vorne angrenzenden DaiTapartien. Die Erschei­nungen der Stase sind am austretenden (mittleren) llohi'e am stärk­sten entwickelt, da das Gekröse desselben am meisten gezerrt und ge­drückt , mithin die Circulation daselbst vorzugsweise beeinträchtiget wird. Die Schleimhaut dieser Partie zeichnet sich durch dunkle Kö-thung, durch starke Wulstuug, Schwellung und durch leichte Zerreiss-lichkeit aus und ist nicht selten stellenweise mit einer Lage geronne­nen, graulichgelben Exsudates beschlagen; weniger leidet das eintretende Bohr, am wenigsten die Scheide. Jene Eälle, bei welchen Einschie-bungen des Blinddarmes in den (irimmdarm stattfinden, verlaufen ge­wöhnlich unter weniger stürmischen Erscheinungen und langsamer, da wegen des gleichzeitig mit eindringenden Endes des Krummdarmes die Möglichkeit der Fortbewegung des Darminhaltes nicht völlig aufgeho­ben wird.
Die Diagnose dieses Leidens ist während des Lebens der Thiere nur vermuthungsweise möglich; die Erscheinungen desselben sind die einer sehr heftigen Kolik. Die Möglichkeit, dass leichte und frisch ent­standene Einschiebungen, in so lange eine Verklebung der einander zu­gekehrten serösen Häute nicht eingetreten ist, sich von selbst lösen, kann nicht in Abrede gestellt werden, nur entgehen solche Vorgänge der Beobachtung; in den häufigsten Fällen enden sie durch ausgebrei­tete Bauehfellentzlmdung oder Brand tödtlich. Selten nur werden die inneren und mittleren, aneinander geklebten Röhren durch Brand ganz oder theilweise abgestossen und durch den After entleert, während die Scheide mit dem vorne anstossenden Darmstücke durch festes Binde­gewebe verwächst; an einer solchen Stelle bleibt dann eine narbig zusammengezogene Stelle zurück, welche die Höhle des Dannroh­res verengert.
Von den, während des Todeskampfes entstehenden Darmein­schiebungen war schon im allgemeinen Theile die Rede.
sect;. 73. Als eine Darmeinschiebung, welcher gewöhnlich die Scheide fehlt, ist
der Ma s t dann vorf a 11 (Prolapsus ani)
nämlich die Vorstülpung des hinteren Mastdannendes vor die Afteröff-nung anzusehen. Er stellt sicli meistens in Folge heftigen Drängens bei der Kothentleerung oder beim Zwange insbesondere dann ein, wenn der Mastdarm durch chronische Katarrhe erschlafft ist. Er betrifft
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Wunden des Mageus und Darmes.
entweder bloss das hintere Ende des Mastdarmes, in welchem lalle die Schleimhaut des vorgefallenen Theiles unmittelbar in die Haut des Af­ters übergeht, oder es schiebt sich, obwohl selten, der obere Theil des Mastdarmes in den unteren ein und durch den After heraus, wo dann eine vollkommene Ineinanderschiebung stattfindet und die Schleimhaut des vorgefallenen Stückes nicht unmittelbar in die Haut des Afters, sondern in die Wand des hinteren Mustdarmendes übergeht. Wegen der, durch die Zusammenziehung des Schliessmuskels des Afters stattfinden­den Einschnürung stellen sich in dem vorgefallenen Stücke die Erschei­nungen einer mechanischen Hyperämie und Stase ein, welche noch durch die Einwirkung der atmosphärischen Luft und durch die Eeibung gesteigert werden. Das Nähere hierüber lehrt die Chirurgie.
sect;. 74. Zu den Lageveränderungen gehören auch die Vorlagerun­gen der üedärme. Sie können an den verschiedensten Stellen des Hinterleibes in Eolge von Zerreissuug oder durchdringender Verwun­dung der Bauchwandungen erfolgen. Bei durchdringenden Verletzungen, selten bei geschwürigen Zerstörungen des Mastdarmes, lagern sich bis­weilen die dünnen Gedärme durch die Afteröffnung vor, ein Ereigniss, das gewöhnlieh mit tödtliehen Eolgen verbunden ist.
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3. Stürungen der Verbindung und des Zuüainnieiihanges.
sect;. 75. Verklebuugen und Verwachsungen des Magens und der Gedärme mit den Bauchwandungen, mit den anliegenden Organen oder unter einander stellen sich nicht selten in Folge von Bauchfell­entzündung ein, worüber auch bei dieser das Xäherc.
sect;. 76. Die Wunden des Magens werden durch den Austritt von FuUermassen, durch die in Folge dessen entstehende Bauchfellentzündung und durch innere Blutung meist rasch tödtlich. Jsach Stichwunden, wie z. B. nach der Function des Pansens beim Aufblähen, erfolgt, insbesondere wenn der Magen, wie diess nach Enlleerung der Gase gewöhnlich ist, sich rasch zusammenzieht und dadurch die Stichöflhung verkleinert wird, eine Verlöthung und endliche Verwachsung der Wundränder mit oder ohne Anheftung an die Bauchwandung, während unter ungünsti­gen Verhältnissen auch eine, wenn gleich kleine Magenfistel zurück­bleiben kann.
Wunden des Darmcanales sind wegen der, durch den Aus­tritt des Darminhaltes sich einstellenden Bauchfellenlzündung ebenfalls
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Mngpn- und Darnirisso.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 7ö7
gewöhnlich todtlich; nur selten tritt durch Verklebung der Darmwunde mit der Bauchwandung oder mit dem Netze Verschliessung der Wunde und endliche Heilung, selbst mit Lösung der erfolgten Adhäsion ein; kaum je erfolgt bei Hausthieren die Bildung einer Darmfistel oder eines widernatürlichen Afters, wobei Darm- und Bauchwunde offen bleiben, aber durch dichte, bindegewebige Anheftungen mit einander in Verbin­dung stehen.
sect;. 77. Risse (sogenannte Zerreissungen oder Berstungen) des Magens und der Gedärme kommen bei Pferden häufig vor; sie betreffen entweder bloss die Schleim- oder die seröse Haut oder sämmtliche Häute und sind in dem letzteren Falle wegen der, durch den Austritt des Magen- oder Darminhaltes veranlassten Bauchfellentzündung oder in Folge einer sich einstellenden Verblutung todtlich. Die Bisse erfolgen, wenn von gewaltigen Erschütterungen des stark angefüllten Magens und Darmes (wie sie z. B. beim heftigen Niederwerfen und Wälzen der an Ueberfütterungs- oder an Windkolik leidenden Pferde stattfinden) abgesehen wird, in der Regel an Magen- oder Darmstellen, welche schon früher organische Veränderungen erlitten haben. Sie gehen ent­weder von der serösen oder von der Schleimhaut eines Magen- oder Darmstückes u. z. der Dickdärme aus.
a) Die Einrisse, welche von der serösen Haut aus begin­nen, haben das Charakteristische, dass der Riss an der serösen Haut oft um das Doppelte und mehr an Grosse jene des Risses der Muskel- und Schleimhaut, welche einander ziemlich gleichkommen, übertrifft. Die Ränder sind gewöhnlich unregelmässig, buchtig, mit ge­ronnenem Blute und eingefilzten Futtermassen beschlagen. Sie kommen am Magen und zwar stets in der Nähe des grossen Bogens, dann am Grimm-, seltener am Blinddarme des Pferdes vor. Gewöhnlich sind in solchen Fällen die Merkmale einer schon vor dem Einrisse zugegen gewesenen Bauchfellentzündung (Trübungen des serösen Ueberzuges, faserstoffige Beschläge, selbst fadige Adhäsionen) nachweisbar, welche eine Anhäufung von Futter- oder Fäcalmassen und Gasen in den, durch sie gelähmten Darmpartien, übermässige Ausdehnung derselben und endlichen Einriss der am meisten gespannten, mithin der serösen Haut, an welchem später die anderen Darmhäute Antheil nehmen, veranlasst. Häufig trifft man bloss die seröse Haut, in anderen Fällen nebst ihr auch die Muskelschichte eingerissen, während die Schleimhaut, die sich meist im Zustande eines intensiven Katarrhes befindet, noch unverletzt
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Magen- uud DarmrUae.
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ist. Bei Einrissen in die Dickdärme wird der Inhalt derselben unmit­telbar in die Bauchhöhle ausgetreten, bei jenen des Magens hingegen meist zwischen die Blätter des grossen Netzes eingefilzt, angetroffen.
b) Die von der Schleimhaut aus beginnenden Einrisse kommen im Blind-, Grimm- oder Mastdarme vor; sie verdanken stets mechanischen Verletzungen der Schleimhaut durch feste, rauhe Kothballen, durch in die Gedärme mit dem Futter gelangten Sand oder scharfe Steinchen, durch Durmconcremente, in so ferne diese durch Druck zur üVekrolisirung einer Schleimhautstellc führen, ihre Entstehung. Der Eintritt solcher Risse wird durch etwa vorhandene Lockerung oder durch Folliculargeschwüre der Schleimhaut begünstiget. Hat diese Membran durch eine dieser Einwirkungen einmal eine Trennung des Zusammen­hanges erlitten, so schieben sich die festen Fäcalstoffe in das submu-cöse Bindegewebe ein, trennen dieses in weitem Umfange von der Schleimhaut, zerfasern und zertrümmern die Muskelhaut und gelangen endlich zum serösen Ueberzuge, den sie oft in bedeutender Ausdehnung von dem, unter ihm liegenden Bindegewebe lostrennen und dadurch nekrotisiren, worauf Bauchfellentzündung und der Durchbrach in die Bauchhöhle mit ihren Folgen eintritt. Die Bänder des Schleimhautris­ses sind hiebei stets zackig, von Blutextravasat und Exsudat infiltrirt, die Muskelhaut ist nicht selten in weitem Umfange zertrümmert und enthält eingefilzte Fäcalmassen, der seröse Ueberzug erscheint entweder bloss in weitem Umfange losgelöst und durch eingelagerte Fäcal­stoffe sackartig hervorgedrängt oder an einer, gewöhnlich nur wenig umfangreichen Stelle perforirt. Jedesmal aber sind die Erscheinungen einer mehr oder weniger intensiven Bauchfellentzündung, bisweilen (am Mastdarme) mit Yerklebung der Rissstelle mit den anliegenden Darm­partien zugegen.
Die Erscheinungen während des Lebens sind in der Mehrzahl die einer anfangs massigen, später aber die heftigsten Exacerbationen machenden Kolik; dieser entsprechend ist auch dieses Leiden, das aber stets mit dem Tode endet, zu behandeln.
sect;. 78. Perforationen (Durchbohrungen) des Magens und des Darmes durch Geschwüre kommen bei den Hausthieren sehr selten vor. Wir haben dieselben bisher weder durch typhöse, noch durch Ruhr- oder Folliculargeschwüre erfolgen gesehen, wohl aber durch, in den Gekrösdrüsen entstandene Abscesse (s. Darrsucht), durch Brand in eingeklemmten Darmstücken und in Folge des sogenannten chroni­schen oder durchbohrenden Magengeschwüres (einmal bei einem
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Perforatiouen des Magüns durch GescLwllre.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; iOV
Pferde). Das letztere kommt bei Hunden in den verschiedenen Graden seiner Entwicklung, jedoch selten über die Muskelhaut hinüber­greifend , vor und bildet sich aus hämorrhagischen Erosionen, neben welchen es auch angetroffen wird, aller Wahrscheinlichkeit nach durch die Einwirkung des sauren Magensaftes auf die nicht normal ernährte, blossgelegte Schleimhaut hervor. Es stellt ein rundes, scharfrandigcs (in so weit bis jetzt die Beobachtungen vorliegen), bis auf die Muskel­schichte übergreifendes und die dort liegenden Gefässe zerstörendes Ge­schwür dar, welches zum Eintritte von Magenblutung Veranlassung gibt. Die Magenschleimhaut befand sich stets im Zustande eines intensiven Katarrhes. Es ist kein Zweifel, dass bei seinem längeren Bestände eine allmälige Zerstörung der Muskel- und serösen Haut des Magens, jedoch in kleinerem Umfange als an der Schleimhaut, und endlich eine Durchbohrung des Magens eintrete. Welchem Umstände die, in einem Ealle bei einem Pferde im Krummdarme angetroffenen, zum Ergüsse des Darminhaltes in die Bauchhöhle und zum Eintritte einer Bauchfell­entzündung Veranlassung gebenden, ganz die Charaktere eines perfori-renden Geschwüres an sich tragenden Geschwüre ihre Entstehung ver­dankten, muss, da hier die Einwirkung des sauren Magensaftes hin­wegfällt, vorläufig unentschieden bleiben. Als Merkmale eines solchen Geschwüres gelten ein kreisrunder Substanzverlust der Schleimhaut von verschiedener Grosse (hier von 2—3'quot; im Durchmesser), dessen scharfe, glatte Ränder auf der, in einem kleineren Umfange zerstörten Muskel­haut aufliegen, während der gleichfalls scharfrandige Substanzverlust des Bauchfellüberzuges eine noch kleinere Oeffnung zeigt.
Der anderweitigen Geschwürszustände im Magen- und Darm-canale wurde bereits früher an den geeigneten Stellen, ebenso wie der, durch die Bremsenlarven bisweilen im Magen der Pferde veranlass-ten Substanzverluste und Geschwürchen gedacht.
D. Veränderungen des Inhaltes.
I. Aiisaminlung von Gasen.
sect;. 79. Die Ansammlung von Gasen im Magen u. z. im Pansen kommt am gewöhnlichsten bei Rindern und Schafen vor und -wird dann mit dem Namen
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760nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Trummelaucht.
Troiiiinrlsiirht (Blähsucht, AufliNilicn, Aul'lauf, T;iii|jaiiitlsi)
bezeichnet. Man unterscheidet sie gewöhnlich in eine acute und in eine chronische Form.
Aetiologie. Die acute Trommelsucht befällt nicht selten in Folge gleichzeitiger Einwirkung einer und derselben Schädlichkeit eine grössere Anzahl von Thiereu (wesshalb sie dann auch, obwohl unrichtig, Trommelseuche genannt wird.) Sie entwickelt sich in Folge des gierigen und reichlichen Genusses von Futterstoffen, welche rasch in Gähruug übergehen und hiebei grosse Mengen von Gas ent­binden. Hieher gehören der junge, üppige (besonders rotho) Klee, die Luzerne und Esparsette, sehr saftreiche üppige Gräser, die jungen Halme und Blätter der Getreidearten, der junge Nachwuchs auf Stoppelfelderu, das Kraut von Kohl, Rüben, Raps, die Fut­terwicke, der Buchweizen u. s. f., insbesondere wenn dieselben von Thau oder Regen nass oder bereift sind, oder wenn sie von den Thieren bei nüchternem Magen gefressen werden und wenn diese kurz nach ihrem Genüsse getränkt werden; ferner frische Futterstoffe, die in Haufen gelegt sich erwärmten; saure Gräser, das Kraut von Kartoffeln, verdorbene, in faulige Zersetzung übergegangene Knollen- und Rü­bengewächse, gährendes Brühfutter, Trabern, Schlampe, wenn sie in grosser Menge und gierig verzehrt werden. Diese Stoffe werden insbesondere Thieren nachtheilig, die an ihren Genuss nicht gewohnt sind; feuchtwarme Witterung soll den Eintritt des Leidens be­günstigen.
sect;.80. Die Section ergibt eine, oft enorme Ausdehnung des Pansens durch, in seiner Höhle angesammelte Luft, selbst Berstung desselben und Austritt von Futtermassen in die Bauchhöhle, Hyperämie der Ge­lasse der Hirnhäute und des Gehirnes, so wie der Lunge (bedingt durch Störung der Circulation des Blutes in den Hinterleibsorganen), bisweilen auch Blutergüsse im Gehirne und in den Lungen, Compres­sion und Anämie der Leber und Milz, Lungenödem. Die Frucht träch­tiger Kühe wird gewöhnlich abgestorben angetroffen.
Erscheinungen. Die Fresslust und das Wiederkauen hören auf, die Thiere werden traurig, ihr Hinterleib wird rasch , insbesondere in der linken Flankengegend aufgetrieben, und gibt bei der Percussion einen vollen oder einen tympanitischen Schall, die Mist- und Harnentlee­rung ist gewöhnlich aufgehoben. Mit der Zunahme der Auftreibung wTerden die Thiere ängstlich, unruhig, ihre Augen hervorgetrieben, die Binde-
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Trominelsuclit.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;I Ö1
haut stark injicirt, der Blick stier, glotzend, die Venen an der Körper-oberliäche, besonders die Hals- und bei Kühen die Milchvenen treten deutlich hervor und sind mit Blut prall erfüllt. Wegen Beengung des Brustraumes wird das Athmen kurz, ängstlich; der Puls ist sehr beschleunigt, klein , unregelmässig, aus dem Maule rtiesst zäher Geifer; zuletzt werden die Endtheile kalt, die Thiere zitlern, trippeln hin und her, schwanken, stürzen schliesslich zusammen und gehen ent­weder in Folge von Berstung des Pansens oder durch Erstickung oder in Folge von Gehirnblutung zu Grunde.
Der Vorlauf ist ein sehr rascher; in den höheren Graden des Aufblähens fallen die Thiere, wenn nicht Hilfe geschafft wird, schon nach halb- bis einstündiger Dauer des Leidens. Am gefährlichsten sind jene Fälle, wo im Pansen eine sehr grosse Menge gähreuder Futter­massen angehäuft ist, aus denen sich selbst nach Entleerung der Gase, fortwährend von neuem Luft entbindet und daher die Aufblähung sich fortan erneuert. Durch Rülpsen kann massiges Aufblähen von selbst verschwinden.
sect;.81. Behandlung. Zur Cur diesesZustandes stehen verschiedene Mittel zu Gebote; u. z. a) Entfernung der in dem Pansen ent­haltenen Luft auf dem natürlichen Wege. Diess kann entweder durch mechanische Einwirkungen, welche Rülpsen veranlassen, oder durch Reizmittel, welche stärkere Contractionen der Magenwände und mithin Austreibung der Luft bewirken sollen, erzielt werden. Zu den ersteren gehören ein stärkerer, anhaltender Druck auf die Hungergrube, das Aufzäumen mit einem Strohbandc, das öftere Her­vorziehen der Zunge aus dem Maule, das Einbringen eines dünnen elastischen Stabes durch die Speiseröhre in die Punsenmündung, das stärkere Herumjagen der Thiere u. dgl. In diese Kategorie ist auch die von Monro angegebene Schlundröhre zu rechnen, welche eine, aus einem spiralig gewundenen, verzinnten Eisendrahte verfertigte, nach aussen mit festem Kalbleder überzogene Röhre darstellt, die an ihrem unteren Ende mit einem eiförmigen, von ß—8 Löchern durch­bohrten , an ihrem oberen Ende mit einem, dem Mundstücke einer Trompete ähnlichen Ansätze versehen ist. Bei dem Gebrauche wird ein in der Mitte durch ein l'/aquot; grosses Loch durchbohrtes Querholz zwischen die Kiefer des aufgeblähten Rindes oder Schafes gebracht und mit einem Riemen am Genicke befestigt, worauf dann die Röhre mit dem eiförmigen Ansätze voran durch die Oeffnung des Querholzes über die Zunge in den Rachen und durch den Schlund in den Pansen
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TroiLmelsticht.
geführt und so lange darin gelassen wird, als Luft durch dieselbe ent­weicht. In neuerer Zeit werden solche Röhren auch aus Guttapercha oder vulkanisirtem Kautschuk angefertigt.
Zu den letzteren Mitteln zählen erregende oder reizende Arzneien wie Kümmel-, Dill-, Anissamen, Abkochungen von Föhren- und Wach-holderholz, Knoblauch, Branntwein, Steinöl u. s. w. Gewöhnlich wird durch die Anwendung dieser Mittel nur Zeit verloren, da, selbst vor­ausgesetzt, dass dieselben in ttüssiger Form in den Pansen gelangen, doch die Wandungen desselben durch Gas so ausgedehnt und paraly-sirt sind, dass eine energische Zusammenzieliung derselben kaum zu erwarten ist. Eher könnte die äussere Anwendung der Kälte erspriess-lich werden, die in Form von kalten Begiessungen oder derart vorzu­nehmen wäre, dass die aufgeblähten Stücke in kaltes Wasser getrieben werden, was insbesondere dort, wo (Schaf-) Heerden vom Aufblähen befallen werden, versucht werden kann.
b)nbsp; Eine zweite Methode, die bei gelinderen Gruden des Leidens von Nutzen sein kann, bestellt in der Anwendung ab sorb ir en­der Mittel, wie des Kalkwassers, der Kalkmilch, des concentrirten Seifenwassers, der Auflösung von Pottasche, der Aschenluuge, des verdünnten A etzammoniaks (ein Quentchen auf eine Mass Wasser ge­rechnet). Jedoch bleibt auch die Wirksamkeit dieser Mittel sehr zwei­felhaft, da sie, in flüssiger Form beigebracht, gewöhnlich sogleich in den dritten Magen gelangen; abgesehen davon, dass das Eingiessen flüssiger Arzneistoffe bei dem Vorhandensein grosser Athemnoth nicht ohne Gefahr ist. Die sicherste Methode, die im Pansen angesammelten Gase zu entfernen, bleibt
c)nbsp; nbsp;die künstliche Eröffnung des Pansens durch den Pansenstich. Man bedient sich hiezu des sogenannten Pansen-troiearts, der für Rinder aus einem 10 Zoll langen, zweifläohigen, in eine '/a Zoll lange, zweischneidige Spitze ausgehenden, mit einer birnförmigen Handhabe versehenen Stachel und einer metallenen, sich genau an den Spiess mit Ausnahme seiner Spitze anschliessenden Scheide besteht. Die letztere soll bloss zunächst ihrem vorderen Ende mit zwei Seitenöffnungen und an ihrem hinteren Ende mit einer quer-stehenden runden Platte versehen sein. Der Einstich wird in der linken Flankengegend an der hervorgetriebensten Stelle, wenn dort zugleich der Percussionsschall voll oder tympanitisch ist oder in der Mitte einer Linie, die man sich von dem äusseren Darmbeinswinkel bis zur letzten Rippe gezogen denkt, derart vollführt, dass man bei
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TromraeUucht.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 763
stehendem Einde an der rechten Seite, also über den Rücken des Thieres, sonst aber an der linken Seite stehend, den Griff des Troi-carts in die ganze rechte Hand mit dem Daumen nach aufwärts fasst, denselben an der angegebenen Stelle so aufsetzt, dass seine beiden Flächen nach vor- und rückwärts, die Spitze nach ab- und vorwärts gerichtet sind, ihn mit Kraft ungefähr 2—3quot; tief einstösst, die Scheide festhält und den Spiess herauszieht. Die Scheide wird, nachdem man sie etwas tiefer in den Pansen gedrückt, so lange liegen gelassen, als Luft ausströmt und, falls sie sich durch eingelagertes Futter verstopfen sollte, durch Einführung des Stachels oder eines Stäbchens gereinigt.
Bisweilen kann an einem und demselben Stücke die Vornahme der Function wiederholt nothwendig werden. Die Wunde, welche manchmal später zu eitern anfängt, bestreicht man mit etwas Wagen­theer und überlässt sie sich selbst. In Ermanglung eines Troioarts kann die Function, freilich nicht so vollkommen, mit einem Taschen­messer vorgenommen werden, das man an der gedachten Stelle ein­führt, und dann, nachdem man es um ein Viertheil seiner Axe gedreht, so lange in der Wunde, die hieduroh erweitert wird, lässt, bis die Luft entwichen ist.
Für Schafe müssen kleinere Troicarts, die meist cylindrisch gestaltet sind, vorräthig gehalten werden. Die Wunde heilt gewöhn­lich innerhalb 14 Tagen bis 3 Wochen, wobei sich bisweilen Anlief­tungen zwischen Fansen- nnd Bauchwand bilden; in manchen Fällen jedoch dauert die Eiterung längere Zeit an.
Ist die Aufblähung auf eine oder die andere \\'eise zurückge­gangen, so sind die Thiere noch durch einige Tage sparsam zu füttern und blähende Nahrungsmittel zu vermeiden. Sollte die Fresslust und das Wiederkauen sich nur zögernd wieder einstellen, so kann das Koch- oder Glaubersalz in Verbindung mit Enzian gegeben werden.
Die Vorbauung besteht in der Vermeidung der Eingangs er­wähnten Schädlichkeiten, insbesondere ist bei dem Uebergange von der Stallfütterung zum Weidegange, vorzüglich dann, wenn die Thiere kärglich gefüttert worden waren, grosse Vorsicht anzuwenden.
sect;. 82. Bei Rindern, welche an chronischen Magenkatarrhen leiden, bei denen mithin an und für sich die Verdauung darnieder­liegt, dann bei der Fütterung mit kleisterigen, erschlatt'enden und schwer verdaulichen Futterstoffen, stellt sich zeitweilig ein massiges Aufblähen unter Aufhören oder Verminderung der Fresslust und des Wiederkauens und bei unregelmässiger oder sparsamer Mistentleerung
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Cbronfoches Aufblähen.
ein; eine Störung, die als chronisches oder stilles Aufblähen bezeichnet wird und sich über mehrere Tage unter zeitweiligem Ein­tritte von Besserung erstrecken kann.
Zur Behandlung desselben werden Eingüsse von Essig oder von verdünnter Salzsäure, der Brechweinstein, die weisse Nieswurzel, die Mittelsalze in Verbindung mit bitteren und gewürzhaften Mitteln empfoh­len. Dass die schädlichen Futterstoffe durch gute, leicht verdauliche Nahrung zu ersetzen seien, ist selbstverständlich.
sect;. 83. Im Darmcanale sammeln sich Gase in Folge des Ge­nusses von Futterstoffen an, die entweder an und für sich rasch oder in Folge ihres längeren Aufenthaltes im Darme (z. B. bei behinderter Weg-samkeit desselben durch feste Fäcalstoffc, durch Concremente, durch innere Einklemmungcn, oder bei Lähmung der Darmwandungen) in Zersetzung übergehen. Als haupt-sächliche Erscheinung tritt Auftreibung des Hin­terleibes , besonders in der Flankengegend ein, welche durch die Be­schaffenheit des Percussionsschalles als, durch Gase bedingt sich kund­gibt. Das Nähere wurde bereits bei der Windkolik angeführt.
2. Magen- und Darinsfeliip.
sect;. 84. lieber die Zusammensetzung der Magen- und Darm steine, dann der Concremente ebenso wie über die, durch ihre Gegenwart veranlassten Nachtheile, s. den allg. Thcil. In den Mägen der Rin­der, besonders in dem Pansen und in der Haube, finden sich nicht selten die verschiedenartigsten Gegenstände, Nägel, Drahtstückc, Gabel-und Messerfragmente u. dgl., welche nicht bloss zu Verletzungen der Magenhäute, sondern auch zu jenen des Zwerchfells, des Herzbeutels und des Herzens führen. Im ersteren Falle ist eine langwierige Störung mit zeitweiligem Aufblähen, derentwillen endlich die Thiere geschlachtet werden müssen, die Folge. In den dicken Gedärmen der Pferde ist oft Sand in sehr grosser Menge angehäuft, der durch seine mecha­nische Einwirkung zur Entzündung und Nekrotisirung der Schleim­haut und zu dem Auftreten von bisweilen tödtlichen Koliken Veran­lassung gibt.
3. Parasiten.
sect;. 85. Von den, den Darmcanal bewohnenden Eingeweide­würmern und von den Nachtheilen, welche manche derselben, insbeson­dere wenn sie in grösserer Anzahl zugegen sind, hervorrufen, war
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Parasiten im Magen und Darme.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; i i j.rgt;
schon, so wie von den, in dem Pferdemageu nistenden Bremsen­larven im allgemeinen Theile die Rede.
Die Symptome, welche auf die Anwesenheit von Darmwür-mern hinweisen sollen, wie: Verminderung und Unregelmässigkeit in der Fresslust oder unverändert fortbestehende i'resslust bei allmälig sich verschlechterndem Ernähruugsiiustande, mit Durchfall abwech­selnde Verstopfung, ein dicker, pappiger Beleg der Zunge, ein aufgetriebener oder aufgezogener Hinterleib, öfteres Flähmen oder Beiben der Schnauze oder des Maules an festen Gegenständen, Schnappen nach dem Hinterleibe sind keineswegs charakteristisch; im Gegentheile kann eine sichere Diagnose auf die Gegenwart solcher Parasiten nur dann gestellt werden, wenn ein häufigerer Abgang der­selben durch den After bemerkt wird. Bei weitem die meisten der­selben geben ihre Anwesenheit durch Erscheinungen nicht zu erken­nen; am gewöhnlichsten sind es Spulwümer, welche, wenn sie in so grosser Menge vorhanden sind, dass sie die Wegsamkeit des Darmes beeinträchtigen, oder wenn sie in die Gallengänge (wie diess hier ein­mal beim Pferde beobachtet wurde) gelangen, zum Eintritte von Kolik, dann Bandwürmer, die, wenn sie bei Hunden, wie es öfter der Fall ist, in bedeutender Quantität angehäuft sind, zur Entwicklung von ner­vösen Erscheinungen, von Zuckungen, Convulsionen, zu Anfällen von Schwindel und Fallsucht, bisweilen selbst zu wuthähnlichen Sympto­men Veranlassung geben. Im Labe von Lämmern kommt der gedrehte und der dünnhalsige Palissadenwurm bisweilen enzootisch vor und bedingt dann einen Krankheitsprocess, der Magenwurmkrankheit, wurmige Labmagenseuche genannt wird, unter den Erscheinungen der Fäule verläuft und erst nach der Vornahme von Sectionen zu dia-gnosticiren ist. Nur dort, wo man aus dem wiederholten Abgehen von Darmwürmern, oder bei seuchenartiger Verbreitung auf Grundlage vor­genommener Sectionen berechtiget zu sein glaubt, eine vorhandene krank-h alte Störung der nachlheiligen Einwirkung dieser Parasiten zuschreiben-zu können, ist es gerechtfertiget, eine gegen das Wurmleiden gerichtete Behandlung einzuleiten. Man verwendet zu dem Zwecke aromatisch­bittere und gewürzhaftc Mittel, wie llainfarren, Wermuthkraut, Calmus, die man unter Zusatz von Kochsalz, Ofenruss u. dgl., für Wiederkäuer auch in Form einer Lecke gibt, das stinkende Hirschhorn- und das Terpentinöl, die Aloe, den Wurmsameu, welchen letzteren man gerne Ab­führmittel aus Salzen oder Aloe folgen lässt. Zum Abtreiben der Bandwürmer bei Hunden benützt mau die frisch gepulverte Farren-
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Krankheiten der Leber.
krautwurzel, die zu '/„ Quentchen bis zu 1 Loth mit warmem Wasser nüchtern eingegeben wird, das Terpentinöl in ähnlicher Gabe mit Eigelb abgerührt, allein oder in Verbindung mit stinkendem Hirschhornöle, die Abkochung oder das Extract (zu '/j bis 1 öuentchcn täglich) der Gra­natwurzelrinde; von den Purgirmittcln die Crotonsameu (3—10 Gran), die Aloe, das Gummigutt. Gegen Spulwürmer der Hunde werden Klystiere von, mit Milch abgebrühtem Knoblauch oder kleine Gaben von Calomel empfohlen. Während der Cur ist eine gute Nahrung, bei Hunden Fleischkost zu verabreichen. Hie Nachbehandlung muss gegen den zurückbleibenden Darmkatarrh gerichtet sein.
III, Abschnitt.
Krankheiten der Leber,
sect;. 86. So häufig auch bei der Section Erkrankungen der Leber angetroffen werden, so selten ist es möglich, sie während des Lebens der Hausthiere zu diagnosticiren. In vielen Fällen wird ihre Gegen­wart dort vermuthet, wo die spätere Untersuchung des Cadavers eine auffällige Abnormität dieses Organes nicht nachweiset, während ein an­deres Mal der Verdacht eines solchen Leidens durchaus nicht vorhan­den ist, dagegen die Section bemerkenswerthe anatomische Störun­gen ergibt.
Ueber die ätiologischen Verhältnisse der Leberkrankheiten ist nur sehr wrenig Sicheres bekannt. Ausser mechanischen Einwir­kungen durch unmittelbare Verwundung, durch Stoss, durch Erschütterung werden andauernde Sonnenhitze oder feuchtwarme Atmosphäre, der laquo;Aufenthalt in Sumpfgegenden, in engen, heissen, dunstigen Stallungen, der Genuss der sauren Gräser, verdorbenen Futters beschuldiget. Oft sind Leberkrankheiten secundäre Leiden, die sich bald in Folge von Circulations Störungen (z. B. bei Krankheiten des rechten Herzens, bei Behinderung des kleinen Kreislaufes, bei chronischen Infiltrationen der Lunge), bald durch Fortpflanzung eines Krankheitsprocesses von der Umgebung, von dem Harme, dem Magen, dem Bauchfelle auf die Leber, bald durch Vermittlung des Nervensystems (z. B. Functions-störungeu der Leber nacli Gehirnerschütterung), nicht selten auch im
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Krankheiten der Leber.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;767
Gefolge von Blutkrankheiten entwickeln. Bereits vorhandene Ab­normitäten der Leber führen gewöhnlich zu anderweitigen Veränderun­gen in derselben; so gibt ebensowohl eine Vennehrung als eine Ver­minderung der üallenabsonderung zu Stockungen der Galle in den Gallengängen, zur Bildung von Gallensteinen Veranlassung; vorhandene Hyperämien führen weiter zu Störungen der Ernährung, wie zu Neubil­dungen, zur Entzündung, oder sie geben zu Blutungen Anlass; Schwund der Leber bedingt eine Erweiterung der Gallengänge, das Vorhanden­sein von Neubildungen oder Parasiten führt zum Schwunde des Orga-nes u. s. w.
Die Erscheinungen, aus denen man bei Hausthiercn auf die Gegenwart von Leberkrankheiten schlicssen zu können glaubt, sind sehr unbeständig und fehlen theilweise selbst bei weit gediehenen ana­tomischen Störungen.
Die physikalische Untersuchung der Lebergegend durch die Percussion liefert, wenigstens bei den grösseren Hausthiergat-tungen, nur bei bedeutenderen Volumsvergrösserungen und auch da nur annäherungsweise verwendbare Daten, da die Grenzen der Leber nach rückwärts, wegen der Anlagerung der, gewöhnlich mit festen Fäcal-stoft'eu erfüllten dicken Gedärme , an und für sich nur schwer auszu-mitteln sind. Eine Hervorwölbung der Lebergegend bei Pferden oder bei Bindern hatten wir, wenigstens bisher noch nie Gelegenheit zu beob­achten. Ebenso unsicher ist die Untersuchung der Lebergegend durch das Betasten wegen der Spannung der Bauchdecken und der grösseren Empfindlichkeit dieser Körperregion überhaupt. Diese letztere ist auch Ursache, dass man bisweilen eine Schmerzhaftigkeit der Leber dort anzunehmen geneigt ist, wo es sich bloss um eine natürliche grösserc Empfindlichkeit überhaupt handelt. Nur bei Hunden ist man im Stande, durch eine sorgfältige Untersuchung gewisse Abnomiitäten, wie vor­handene Umfangsvermehrungen der Leber (z. B. bedingt durch Krebs­geschwülste) auszumitteln. Die bei grösseren Hausthieren im Gefolge von acuten Leberkrankheiten bisweilen sich einstellenden Schmerzen treten gewöhnlich unter dem Bilde einer Kolik auf; die Art der Aeus-serung dieser Schmerzen hat für die Gegenwart eines Leberleidens durchaus nichts Bezeichnendos.
Constanter sind die, im Gefolge von Leberkrankheiteu auftreten­den Störungen der Verdauung und der Ernährung, welche sich häutig durch Mangel der Fresslust, durch den öfteren Eintritt von Aufblähung und von Koliken, durch hartnäckige Verstopfung oder
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Kraukluuteu der Leber.
Durchfall, durch die Entleerung sehr intensiv gefärbter oder im Ge-gentheile sehr blasser Fäcalmassen und durch eine stetig zunehmende Abmagerung aussprechen. Diese Störungen der Verdauung scheinen in erster Instanz von dem zu Leberkrankheiten sich beigesellenden Magen-Darmkatarrhe abzuhängen, für dessen Gegenwart auch schon während des Lebens der starke, dicke und anhaltende Zungenbeleg spricht. Dass durch eine solche andauernde Störung der Assimilation sowohl als auch durch die Störung oder Aufhebung der Function der für die Erhaltung der normalen Blutmischung so wichtigen Leber schliesslich der gesammte Eruährungsvorgang nothwendig leiden müsse, ist von selbst klar.
Eine im Gefolge von Erkrankungen der Leber häufig auftretende Erscheinung ist die sogenannte Gelbsucht, worunter man die gelbe Färbung der (nichtpigmentirten) allgemeinen Decke und der Schleim­häute versteht, welche durch die Ablagerung des in das Blut wieder aufgenommenen Gallenfarbestoffes veranlasst wird. Sie spricht sich zuerst und am deutlichsten an der Bindehaut des Auges, an der weis-sen Augenhaut, an der Schleimhaut des Maules, insbesondere der Zunge, in höheren Graden auch dor ISase, an der nicht pigmentirten weissen Haut (bei Schafen) aus; bei Sectionen erscheinen nicht selten auch die serösen Häute, das Bindegewebe der einzelnen Körpertheile, die Organparenchyme in verschieden hohem Grade, bisweilen selbst goldgelb gefärbt. Die Ursache des Eintrittes dieser Erscheinung liegt wohl in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle in der Wiederaufnahme der bereits gebildeten Galle in das Blut, bedingt durch Hindernisse, welche ihrer Entleerung entgegenstehen. Ungleich seltener scheint sie in der gehinderten Ausscheidung der Gallenbcstandtheile aus dem Blute begründet zu sein, welches Ereigniss entweder von Krankheiten des Blutes oder der, der Leber Blut zuführenden Gefässe (Pfortader) oder von anatomischen Störungen der Leber, wodurch die Absonderung der Galle gehindert wird, abhängig sein mag. Diese letztere Annahme über die Entstehung der Gelbsucht wird durch die Beobachtung gerechtfer­tiget, dass die Erscheinungen derselben häutig unter Umständen auf­treten , wo von einer Behinderung des Abflusses der Galle die Rede nicht sein kann, wie diess so oft bei Lungenentzündung, bei Typhus, hei l'yämie der Fall ist. Der üallenfarbestoff theilt sich bei intensiver Gelbsucht auch den Absonderungsflüssigkeiten, und unter diesen am reichlichsten dem Harne mit, der nach der verschiedenen Menge des­selben eine bräunliche bis dunkel-, selbst schwarzbraune oder schmutzig
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Kt-anktitiitcu der Laber.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; t 69
grünliche Farbe erhält. Die tregenwart des Gallenfarbestolfes lässt sioh durch Versetzen des Harnes mit Salpetersäure, wodurch er eine grüne Färbung erlangt, die meist rasch in Violett, Blau, liotli und Orange übergeht, nachweisen. Gewöhnlich ist in solchen Fällen Verstopfung zugegen; die entleerten Fäcalmassen sind meistens fest, trocken und blass oder ungefärbt, welche Erscheinung vorzüglich dann zugegen ist, wenn die Gelbsucht auf mechanischen Hindernissen der Gallenausschei­dung beruht, während in anderen Fällen die entleerten Fäcalstoft'e normal oder flüssig, mit Blut, Eiter, Schleim gemengt sein können. Nicht selten stellen sich in Folge des Einflusses der, durch die Auf­nahme der Galleubestandtheile (vielleicht insbesondere der Gallenharz-säuren und ihrer Zersctzungsproducte) veränderten Blutmischung ner­vöse Erscheinungen, insbesondere Mattigkeit und Muskelschwäche, geringere Aufmerksamkeit, verminderte Empfindlichkeit, seihst Bcwusst-losigkcit, oder im Gegensatze Sehwindel, Aufregung, selbst Zuckun­gen ein.
Die Dauer der Gelbsucht, als eines blossen Symptomes, hängt begreiflich von der Andauer der, ihr zu Grunde liegenden Ursachen ab; bei fortbestehenden mechanischen Hindernissen der Gallenaus­scheidung kann sie auch die ganze, noch übrige Lebeuszeil des Thie-res währen.
Bei Behinderung des Blutlaufes in der Leber entwickeln sich in Folge der Stauung des Blutes im Bereiche der Pfortader chronische Hyperämien und Volumszunahmen der Milz, chronische Ka­tarrhe und Blutungen der Darmschleimhaut, seröse Ergüsse in die Bauchhöhle (Bauchwassersucht). Der Eintritt dieser letzteren, so wie der ödematösen Anschwellungen der Extremitäten und der Brustwassersucht wird durch die, im Gefolge von Leberkrankheiteu sich häufig einstellende Anomalie der Blutmischung nothwendig begün­stiget. Durch Volumszunahme der Leber wird gleichfalls eine Verdrän­gung der angrenzenden Organe veranlasst und nothwendigerweise ein Druck auf den Magen, auf den Zwölffingerdarm und theihveise auch auf den Grimmdarm ausgeübt; die nachtheiligen Folgen hievon entgehen aber während des Lebens entweder gänzlich der Beobachtung, oder sie werden wegen der Schwierigkeiten der Diagnose der Leberkrankheit anders gedeutet.
Die in der Leber vorkommenden Anomalien treten entweder als blossc functionelle Störungen, Vermehrung und Verminderung der Absonderung, oder als anatomische Störungen, besonders unter der Form
Roll, Pathol. und Therapie. 11. Aufl.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;4!)
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Krankheiten der Leber
von Hyperämien, Blutungen, EmährungsanomaUen und Neubildungen, seltener als eigentliche Entzündung auf. Die Feststellung einer be­stimmten Veränderung der Leber, welche dem Auftreten einer eben vorhandenen, auf eine Leberkrankheit überhaupt hinweisenden Sympto­mengruppe zu (irimde liegt, müssen wir nach den, bisher an Thieren gemachten Beobachtungen für unmöglich erklären.
Aus diesem Grunde ist auch die Therapie keineswegs eine sichergestellte. Hält man sich aus dem Symptomencomplexe für berech­tiget, eine acute Erkrankung der Leber anzunehmen, so wären nach Umständen Aderlässe, Hautreize in der Lebergegend, säuerliche Tränke, das Calomel bis zum Eintritte von l'urgiren, der Brechweinstein, die Mittelsalze anzuwenden. Chronische Leberkrankheiten können den versuchsweisen Gebrauch der gedachten l'urgirmittel, selbst der Aloii, des Brechweinsteins, der bitteren und bitler-aromatischen Piian-zenstoife, wiederholte Salzlecken, Mercurialeinreibungcn in die Leber­gegend u. s. w. nothwendig machen. Die symptomatische Gelb­sucht erfordert vor Allem die Ermittlung und Beseitigung der zu Grunde liegenden Ursachen, und wo diess nicht gelingt, je nachdem sie acut (bisweilen unter Begleitung von Fieber) oder nur allmälig ein­tritt und chronisch verläuft, die eben angeführten Behandlungsweisen.
In jedem Falle jedoch ist für gutes, leicht verdauliches und eröff­nendes Futter, für reines, nach Umständen angesäuertes Trinkwasser, und in chronischen Fällen für tägliche, massige Bewegung der Kran­ken Sorge zu tragen.
I. Functionelle Störungen.
Anomalien der Secretion.
sect;. 87. Als sogenannte functionelle Störungen der Leber können bloss die Störungen in der Absonderung der Galle angesehen werden, insofernc sie überhaupt ohne entsprechende anatomische Ver­änderungen vorkommen, was jedenfalls bei der Schwierigkeit der Dia­gnose dieser Zustände nur schwer festzustellen sein wird. Eine Ver­minderung der Gallenabsonderung, deren Ursachen kaum zu erheben sein dürften, wird höchstens aus der blassen Färbung der Fäcalstoft'e, die bald sehr trocken und selten, bald weich oder breiig abgehen, aus der wechselnden Fresslust und aus der, bisweilen sich entwickelnden Gelbsucht vermuthet und dann gewöhnlich je nach der
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Hyperämie der Leber.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;771
supponirten veranlassenden Ursache mit salzigen Abführmitteln, dem Calomel, der Aloe, mit bitteren Pflanzenstoft'en behandelt. Eine Vermeh­rung der Gallen absende rung veranlasst gewöhnlich die Erschei­nungen eines acuten Darmkatarrhes und bei Thieren, die sich erbrechen können, aucli galliges Erbrechen; sie gibt zur Bildung von Gallenstei­nen und Concrementen in den Gallengängen und in der Gallenblase häufig Veranlassung. Die Behandlung muss auf Beseitigung der zu Grunde liegenden Ursachen, auf Entleerung der Galle durch leichte Abführ­oder Brechmittel und auf Beschränkung der Gallenabsonderung durch Kali- oder BTatronpräparate und durch adstringirende Mittel überhaupt gerichtet sein.
II. Anatomische Störungen.
A. Des Leberparenehyms.
1. Anämie.
sect;. 88. Blutarmuth der Leber findet sich als Theilerscheinung der allgemeinen Blutarmuth, dann bei Eettintiltration der Leber, als deren Folge Verminderung der Absonderung der Galle hervortritt. Eine solche Leber ist schlaff, blass und trocken.
2. lly|K'i'äiiiiigt;.
sect;. 89. Sie ist, wenigstens am Cadaver, ein ziemlich häufiger Befund bei mechanischen Circulationshindernissen, veranlasst durchHerz-krankheiten, durch chronische oder acute Infiltrationen der Lunge, durch Lungenemphysera, durch starke Compression der Lunge bei Ergüssen in die Brusthöhle, — bei acuten Allgemeinkrankheiten, wie Typhus, Anthrax, Pocken, bei Vergiftungen durch narkotische Substanzen, — bei acuten Krankhoitsprocessen des Magens und des Darmca-nales. Sie begleitet ferner gewöhnlich die verschiedenen Krankheits-processc in der Leber und entsteht auch durch Beize, welche die Leber unmittelbar treffen, wie Verwundungen, Erschütterungen u. dgl. Als Veranlassung ihres selbstständigeu Kntstehens werden auch grosse Hitze, der Aufenthalt in dunstigen, warmen, überfüllten Stallungen, der Genuss übel beschaffenen Futters, schlechten Getränkes be­schuldiget.
Pathologische Anatomie. Die hyperämischc Leber ist in ihrer Form unverändert, aber voluminöser, gleich- oder ungleichmässig dun-
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Blutung lu die Leber.
kelbraunroth, blutreich und in ihrer Textur gelockert. Eine besondere Fonn der Leberhyperämie stellt die sogenannte Muscatnussleber (die bei Pferden öfter beobachtet wird) dar, wobei die Leber eine ungleich-massige Färbung in der Art zeigt, dass entweder die Mitte der Leber-läppchen punktfdrmig dunkler (blutreicher) erscheint und von blassro-then oder gelblichen Streifen umgeben wird, oder umgekehrt, wodurch die Leber Aehnlichkeit mit dem Durchschnitte einer Muscatnuss erlangt. Sie ist als eine ungleichförmige Hyperämie der Leber anzusehen und in dem ersteren Falle durch eine Hyperämie der Lebervenen, in dem zweiten durch eine stärkere Anfüllung der Pfortador und der Leber-arterien bedingt und wird um so auffallender, wenn die Leber gleich­zeitig fettig entartet ist. In der Nahe dieser stärker gefüllten Gefässc finden sich die Leberzelleu mit körnigem Pigmente angefüllt, dann freies Pigment und bisweilen auch Hämatoidinkiystalle. Die Muscatnussleber entwickelt sich am gewöhnlichsten durch mechanische Behinderung des Kreislaufes bei Herz- oder Lungcnkrankhciten.
Die Erscheinungen einer Leberhyperämie sind während des Lebens nicht charakteristisch; sie sind bald jene einer vermehrten oder verminderten Gallenabsonderung, bald jene der Gelbsucht u. dgl. Manche der als Leberentzündung beschriebenen Fälle dürften hieher zu beziehen sein. Die Therapie weicht von der, im Allgemeinen für Leberkrankheiten angegebenen nicht ab.
r:
3. Ululung
sect;. 90. Sie kommt verhältnissmässig selten vor. Bei Pferden fin­det die Blutung gewöhnlich an der convexen Seite der Leber statt, von wo aus sich das Blut unter den Bauchfcllüberzug ergiesst und densel­ben in Form einer, mit fiüssigem oder geronnenem Blute erfüllten Blase hervordrängt, durch deren Berstung es sicli dann in die Bauch­höhle ergiesst und zum Eintritte einer Bauchfellentzündung Veranlas­simg gibt, wenn nicht der Tod rasch durch innere Verblutung erfolgt. In den hier beobachteten Fällen waren stets auch umfangreiche, apo-plectischc Heerde in dem Leberparenchyme, das gewöhnlich fettig ent­artet war, zugegen. In einigen Fällen war die Leberblutung bei Pfer­den, die an sehr acutem Typhus (Anthrax) litten, in anderen während heftiger Kolikanfälle, vielleicht in Folge des Xiederstürzens und Wäl­zens oder nach Contusionen der Lebergegend eingetreten, in anderen Fällen war eine Ursache nicht nachweisbar. Auch bei sehr reichlich
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Neubildungen in der Leber.
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ernährten Lämmern wurde der Eintritt von Leberblutungen bei meh­reren Stücken gleichzeitig beobachtet. Bei Kindern kommen kleine Apoplexiea der Leber während des Anthrax, umfangreichere nach me­chanischen Einwirkungen auf die Lebergegend vor.
Die Erscheinungen stellen entweder das Bild einer inneren Verblutung oder eines fieberhaften Leberleidens dar; oft ist der Zustand während des Lebens gar nicht diagnosticirbar.
4. Neublldiiiigeii.
sect;.91. Neubildung des interstitiellen Bindegewebes der Leber gewöhnlich mit gleichzeitiger fettiger Entartung der Leberzellen, bedingt die Entstehung der sogenannten granulirten Leber (Cirrhosis he-patis), welche wir bisher exquisit nur bei Fleischfressern angetroffen haben. Eine solche Leber, deren Bauchfelliiberzug gewöhnlich getrübt und verdickt ist, hat eine feinhöckerige Obortläche, gewöhnlich verdünnte Ränder; sie ist sehr fest, schwer zerreisslich, bisweilen knorpelhart und zeigt auf dem Durchschnitte ein grauröthliches, faseriges, dichtes, aus Bindegewebe bestehendes Netzwerk, zwischen welchem röthliche oder gelbliche Körner, die Reste des geschwundenen, meist fettig ent­arteten Leberparenchymes, eingebettet sind.
Durch das Schrumpfen des neugebildeten Bindegewebes erfolgt eine mehr oder weniger bedeutende Volumsvcrkleinerung der Leber, Obliteration der Capillaren, selbst der grösseren Gefässe, der kleineren Verzweigungen der Gallengänge, Verminderung der Gallenabsonderung. In den höheren Graden stellt sich wegen Stauung des Blutes in den Darmvenen Bauchwassersucht, endlich auch seröse Infiltration des Un­terhautbindegewebes ein. Diese Leberanomalie findet sich in der Regel als Begleiterin von Herzkrankheiten und mag manchen Formen der Gelb­sucht und der Bauchwassersucht der Hunde zu Grunde liegen.
Gleichfalls durch stellenweise Neubildung von Bindegewebe und dadurch bedingte Verödung und Einziehung einzelner Stellen der Leber entsteht die Theilung der Leber in mehrere Lappen — die gelappte Leber, welche man bei Hunden bisweilen antrifft.
sect;. 92. Fettige Degeneration. Eine fettige Entartung der Leberzellen bedingt die Bildung der sogenannten Fettleber, welche bei allgemeiner Fettsucht, (gemästeter Thiere) und im Gefolge verschie­dener chronischer Krankheiten vorkommt. Die Fettleber ist besonders in ihrem Breitendurchmesser verdickt, stumpfrandig, glänzend, von Farbe
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Neubildungen in der Lober.
hellbraun bis wachsgelb, trocken, blutarm, nur wenig elastisch, kaum körnig und beschlägt beim raschen Durchschneiden eine reine, trockene Messerklinge mit Fett.
Die Krankheit beginnt mit der Entwicklung einer grösseren Anaahl von Fett-tröiifchen in den Leberzellen, die allmälig zu grösseren, endlich zu e i n e m Fetttropfen zusammentiiessen, unter gleichzeitigem Schwinden des früheren Zelleninhaltes und des Ker­nes, so dass die, in ihrem Umfange vergrösserte Leberzclle allmälig zu einer Fcttzelle wird. Ihre Wandungen gehen zuweilen zu Grunde, wodurch dann das Fett frei und theilweise resorbirt wird, in welchem Falle der Umfang der Leber auch unter den normalen herabsinken kann.
Während des Lebens entgeht der Zustand gewöhnlich der Beob­achtung.
Die seltene Speckle be r, welche sich durch bedeutende Grössenzunalime, blass­braune oder graulichgelbe Färbung, auffallende Zunahme der Cnnsistenz, glatte, glän­zende, das Messer mit F'ett nicht beschlagende SclmittHäehe, aus welcher sich ein dünnes, klares Serum ergiesst, charakterisirt, verdankt ihre Entstehung der Umwand­lung des Inhaltes der Leber- oder neugebildeten Zellen in eine colloide Masse.
sect;. 93. Tuberkel kommen in der Leber nie primär, sondern nur dann vor, wenn schon ausgebreitete Tuberculose anderer Organe, ins­besondere der Lungen, zugegen ist. Bei Pferden findet er sich ge­wöhnlich als sogenannter Miliartuberkel u. z. in sehr grosser Menge durch die ganze Leber zerstreut, am dichtesten aber zunächst der Lc-berobertiäche, seltener als chronische Tuberkelgranulation, als welche er öfter beim Kinde angetroffen wird, vor. Bei der letzteren Thiergattung erreicht er bisweilen die Grosse einer Wallnuss bis eines Hühnereies und darüber, und wird auch im verkreideten Zustande vorgefunden.
sect;. 91. Cysten u. z. mit serösem oder galligem fnlialte kommen bisweilen bei Wiederkäuern u. z. gewöhnlich in Folge der sackigen Erweiterung eines Gallenganges und endlicher Abschliessung desselben vor. In grösserer Menge vorhanden führen sie zum Schwunde des Le-berparonehyms.
sect;. 95. Der Krebs kommt unter der Form des Markschwam-mes bei Hunden nicht selten vor, wo dann die Leber von zahlreichen, erbsen- bis haselnussgrossen, weichen, weissröthlichen, meist über die Oberfläche hervorwuchernden Krebsknoten durchsetzt ist, welche die im allgem. Theile angeführten Charaktere des Markschwammes zeigen. Er kommt meist in Combination mit Krebs der Brust- und Lymph­drüsen vor und führt gewöhn lieb zu einer tödtlichen Bauchfellentzün­dung. Bei Pferden ist der Leberkrebs, der in den wenigen, hier bcobach-
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Kntzündnng der Leber.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;77ö
teton Füllen als Cystonkrebs oder als Markscliwaram vorkam, ausserordent-lich selten, seine Wucherung aber dann so bedeutend, dass die Leber bis auf 50 Pfund an Gewicht zunehmen kann.
Ueber die Erscheinungen während des Lebens kann nur angeführt #9632;werden, dass die, mit diesem Zustande behafteten Pferde mit den Symptomen einer intensiven Kolik, welche in dem später nachgewiesenen Vorhandensein einer ausgebreiteten Bauchfellentzündung ihre Erklärung fand, zur Behandlung zugewachsen sind.
5. I.'iilziiiiiluim der LeliiT (Hrpatitis).
sect;. 9G. Sie ist wohl eine der allerseltensten Krankheitsformen der Hausthiere und die als Leberentzündung diagnosticirten Fälle dürften aller quot;Wahrscheinlichkeit nach der Leberhyperämie angehören.
Wir haben dieselbe bei Pferden bisher nur einigemal gesehen. Die entzündeten Leberpartien waren bei ihnen gelblich oder röthlich-grau gefärbt oder doch bleicher, ohne Spur eines körnigen Ansehens, sehr mürbe und hie und da von gelblichen Eiterpunkten durchsetzt, während das umgebende Leberparenchym hyperämisch und die entspre­chende Stelle des serösen Ueberzuges getrübt erschien.
Aussei- den, bei metastatischen Entzündungen, besonders an der Leberober fläche vorfindlichen Abscessen und den bei Bindern anzu­treffenden, von dickwandigen Kapseln umgebeneu Eiter masse n, welche sich in Folge der Entzündung der, den vielgestaltigen Hulsenwurm um-schliessendeu Bälge bilden, baben wir Abscesse in der Leber bisher nicht angetroffen.
Die während des Lebens sich einstellenden Symptome sprechen wohl für die Gegenwart eines fieberhaften Leberleidens; jedoch lässt sich aus ihnen das Dasein einer Leberentzündung eben nur vermuthen, daher auch die Therapie im Allgemeinen nur die, für Leberkrankheit überhaupt geltenden Grundsätze zu befolgen hat.
Haubner führt unter dem Namen: typhöse Leberentzün­dung, bösartige Gelbsucht, eine bei Schafen, die mit Schlampe gefüttert und in dunstigen, heissen Stallungen untergebracht wurden, obwohl nur selten vorkommende, sehr verheerende Krankheitsform an, welche unter den Erscheinungen eines sehr acuten, fieberhaften Leber­leidens verläuft, rasch tödtlioh endet und den Sectionsdaten nach, wohl eine Leberentzündung gewesen sein dürfte.
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Leberatrophie.
6. Vrräiiili'riiiigcii der Grüssr, (irslull und Lage.
sect;. 97. Heine Hypertrophie der Leber, bezeichnet durch gleichmiissige ümfangszunahme nach allen Burclimessern bei Unverletzt­heit ihrer Structur, ist gewiss sehr selten und könnte nur aus einer, zur Grosse des Thieres durchaus nicht im Verhältnisse stehenden Vo-lumszunahme erkannt werden. Die meisten der, unter der Rubrik hy­pertrophischer Lebern angeführten (irossenzunahmen dürften den Kathe-gorien der Fett- und 8peckleber oder der, durch Neubildungen beding­ten Vergrösserung angehören.
Schwund der Leber wird bedingt durch Druck benachbarter Theile auf dieselbe, durch verschrumpfende Exsudate oder durch Binde-gewebsneubildungen auf ihrer Obertiäche (in welchen Fällen dann die Verdünnung insbesondere die Ränder betrifft, welche nicht selten meh­rere Linien weit von dem Saume entfernt, noch keine Lebersubstanz enthalten), ferner durch Druck von Neubildungen, von Acephalocysten-säcken, von erweiterten Gallengängen, von neugebildetem Bindegewebe (granulirte Leber), durch Resorption des frei gewordenen Fettes bei Fettleber u. s: w.
Hieher ist auch die sogenannte gelbe Atrophie der Leber zu rechnen, die wir bisher nur ein paarmal beim Pferde unter den Er­scheinungen eines typhösen Fiebers mit ausgesprochener Gelbsucht höchst acut verlaufen gesehen haben, während sie am Cadaver schon öfter vorkam. Die Leber ist in solchen Fällen abgeplattet, verkleinert, ihr Ueberzug gerunzelt, auf dem Durchschnitte schlaff, durch Tränkung mit Galle gesättigt gelb, unelastisch, nicht körnig, weich und sehr leicht zerreisslich; das Blut ist dünnflüssig oder bildet höchstens schlaffe, schmutzige Gerinnungen. Die Milz ist hyperämisch, geschwollen.
Die Ursachen ihrer Entstehung blieben unbekannt. Die Krank­heit scheint in letzter Instanz durch eine höchst acute Entzündung der Lober, durch welche die Elemente derselben zerstört und schliesslich resorbirt werden, bedingt zu sein, wofür die stets anzutreffende voll­kommene Zerstörung des Drüsengewebes zu sprechen scheint.
Dio anomale Lappung der Leber ist entweder angeboren, wo dann die Leberränder verschieden tief eingekerbt und gespalten sind, oder erst während des selbstständigen Lebens entstanden, in welchem Falle sich an der Leber mehr oder we­niger tiefe Furchen finden, an denen die Lebersubstanz fehlt und die durch derbes, neugebildetes Bindegewebe dargestellt werden. Die lüldung dieser Lappen scheint, wie schon früher erwähnt, auf ähnliche Weise, wie die der granulirtcn Leber vor sich zu gehen.
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rarastten in der Leber.
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Die Luglaquo; der Leber wird durch Volumsvergriisseruiigen, durch Verdriingimg des Zwerchfelles von Seite in der Bauchhöhle befindlicher Exsudate, durch Hervortre­ten einzelner Lappen derselben durch Zwerchfellrisse in die Brusthöhle u. s. w. ab-geiindort.
7. Parasiten.
sect;. 98. Der vielgestaltige Hülscnwurm kommt bisweilen in enormer Menge in der Leber der Wiederkäuer vor, welche hiedurch eine bedeutende Volumszunahme und eine höckerige Oberiiäche erlangt. Durch Entzündung der, die Wurmblasen umschliessendcn Kapseln ent­stehen bisweilen mit dickem Eiter gefüllte Säcke, deren Inhalt auch in verkreidetem Zustande angetroffen wird. Gewöhnlich ist der Bauchfell-Überzug einer solchen Leber durch neugcbildetes Bindegewebe stark verdickt, bisweilen besteben auch Verwachsungen des Organes mit dem Zwerchfelle, mit den Bauchwandungen und mit den benachbarten Theilen. Durch das Heranwachsen der Wurmblasen wird das Leberparenchym verdrängt und zum Schwinden gebracht und hiedurch die Functioni-rung beeinträchtiget oder aufgehoben. Einen Durchbruch dieser Blasen in die Bauchhöhle, in grösscre Gallcugänge oder in einen, mit der Le­ber verwachsenen Magen- oder Darmabschnitt haben wir bisher noch nicht beobachtet.
B. Der GaUengänge und der Gallenblase.
1. Npiibildungrii.
sect;. 99. In der Gallenblase der Rinder kommen bisweilen mehr oder weniger umfangreiche polypöse Wucherungen, in den Gallengän­gen Neubildung von Bindegewebe, bisweilen mit kalkigen Concretio-nen vor.
2. Kalarrbaliscbe IMzüiidmig; der Gallenblase.
sect;. 100. Die katarrhalische Entzündung der Gallenblase entwickelt sich am gewöhnlichsten durch den Eeiz von Gallensteinen und Concrementen, dann durch Fortpflanzung der Entzündung von den Gallengängen aus. Die Schleimhaut erscheint in solchen Fällen injicirt, geschwollen, die in der Blase enthaltene Galle ist gewöhnlich durch beigemengten Schleim sehr zähe.
Bei der Jlinderpest ist gewöhnlich Group der Gallenblase, beim Anthrax bisweilen Yerschorfung ihrer Schleimhaut zugegen.
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Krankheilen iler Gallengänge.
3. Iliitaiiniliiiis der Sclilcinilianl der (iallcnpiiiKi-.
sect;. 101. Die Entzündung der Schleimhaut der Gallen-gänge ist selten die Folge des von Gallensteinen ausgeübten Eeizes, häufiger entstellt sie durch Verbreitung einer in dem Zwölffingerdärme vorhandenen Entzündung. Befällt sie die Hauptausführungsgänge, so wird durch die starke Schwellung der Schleimhaut der Ablluss der Halle behindert; diese sammelt sieh bei den Wiederkauern und Fleisch­fressern in der Gallenblase an, und dehnt sie bisweilen in enormem Grade aus, worauf dann auch die kleineren Gallengänge sich mit Galle füllen, die Leber eine gesättigt gelbe Färbung erhält und endlich die Gallenabsonderung völlig aufgehoben werden kann, worauf Erschei­nungen von Gelbsucht sich einstellen. In Folge der Eutzündung der kleineren Galleugänge entwickeln sich bisweilen sackige Ausbuchtungen, polypöse Wucherungen der Wände oder Verengerung und völliger Ver-schluss der Gänge.
4. Erweiterungen und Verengerungeii,
sect;. 102. Eine Erweiterung der Gallenblase wird herbeige­führt durch Hindernisse, welche dem Abtlusse der Galle durch den gemeinschaftlichen üalleugang entgegenstehen, durch Verstopfung des­selben durch Gallensteine, durch entzündliche Anschwellung der Schleim­haut, durch Compression von Seite der Umgebung, wodurch die Blase oft enorm ausgedehnt und Erweiterung der Gallengänge und seeundärer Schwund des Leberparenchyms bedingt wird, ferner durch Anhäufung von Gallensteinen in derselben, insoferne sie schon an und für sich die Blase ausdehnen und den Abtluss der Galle erschweren, endlich durch Verstopfung des Blasengallenganges mittelst eines üallenconcre-mentes, worauf die in der Blase vorhandene Galle sich mit Schleim vermischt, die Blase hiedurch ausgedehnt und ihre Wand einer Schleim­haut ähnlich wird, ein Zustand, (den wir bisher nur einmal beim Rinde antrafen und) welcher Mr asser sucht der Gallenblase ge­nannt wird.
Eine Erweiterung der Gallengänge wird durch stellenweise Verstopfung derselben durch gallige Concremente oder eingedickte Galle, bei Wiederkauern nicht selten durch Anhäufung von Leberegeln, durch Schwellung in Folge katarrhalischer Entzündung veranlagst. Die Erweiterung betrifft begreiflich stets die, hinter der verschlossenen oder verengerten Partie gelegenen kleinen Uallengänge; sie ist ent-
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Bgelsenche.
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weder eine gloiehförmige oder eine sackige, und fahrt in ihren höheren Graden zum Sehwunde des umgebenden Leberparenchyms. Die Wände der erweiterten Gänge sind beim Kinde nicht selten faser-knorpelähnlieh dicht und mit Concretionen besetzt; den fnlialt bildet eingedickte oder sandige Galle; die Leber selbst ist intensiv gelb oder gelblichgrün gefärbt.
Eine Verengerung oder Vcrschliessung der Gallengänge wird durch entzündliche Schwellung ihrer Häute, durch Verstopfung mit Schleim, mit Gallenconoremonten, durch Druck von Seite der Umge­bung , am gewöhnlichsten durch Krebs der Leber, durch neugebildetes Jiindegewebe (bei der granulirten Leber), durch grosse Blasen des Thierhülsenwurmes veranlasst.
Alle diese Krankheitszustände entgehen während des Lebens der Beobachtung und werden erst nach dem Tode ausgemittelt.
5. Anomalien ies Inhaltes,
sect;. 103. Von den Gallensteinen wurde schon im allgemeinen Theile gehandelt.
sect;. 104. Von Schmarotzcrthieren kommen in den Gallen­gängen verirrte Spulwürmer nur sehr selten, häutig das Doppel­loch u. z. sowohl das lanzettförmige als das Leberdoppelloch bei den Wiederkauern und bei dem Schweine, das letztere bei Pferden vor. In der Gallenblase der Katze wurde das abgestutzte End­loch angetroffen.
Die Gegenwart des Leberdoppelloches in den Gallengängen und in der Gallenblase der Wiederkäuer veranlasst eine sowohl sporadisch als u. z. häutiger seuchenartig auftretende Krankheit, welche
die Egelkrankheit (Egelseuche, Leberfäule, der Anbruch, (Cachexia icterico-verminosa) genannt wird.
Aetiologie. Die Krankheit kommt bei Schafen häufiger als beim Eindviehe zum Ausbruche. Als äussere Schädlichkeiten werden alle jene beschuldigt, welche die Fäule zu veranlassen im Stande sind, mithin Feuchtigkeit und Nässe, das Weiden auf moori­gen , sumpfigen, überschwemmten, oder mit nassgalligen Stellen be­setzten Weideplätzen, .der Genuss des auf solchen Gründen eingefechsten Grases oder Heues, stellenden, sumpfigen oder verdorbenen Wassers,
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Egelseuche.
mithin Verhältnisse, unter welchen Cercarion und die sie beherhergen-den Insecten vorkommen. Wie bereits im allgemeinen Theile angeführt wurde, verdanken auch die Saugwürmer nicht der Urzeugung, sondern der Einwanderung von Cercarienbrut in die zu ihrer Entwicklung ge­eigneten Wohnthiere ihre Entstehung.
Pathologische Anatomie. Der allgemeine Befund ist jener der Fäule, wobei jedoch aucli häufig eine gelbe Färbung des Binde-gewehes und der Parenchyme angetroffen wird. Die sehr erweiterten, in ihren Wandungen nicht selten knorpelharten und mit Incrustationen besetzten Gallengänge enthalten eine grosse Menge von Leberegeln, mit denen einzelne von ihnen vollkommen erfüllt und hiedurch ver­stopft sind, die Gallenblase ist ausgedehnt und enthält nebst wenig zahlreichen Würmern eine dünne, nur wenig gefärbte schleimige Flüs­sigkeit, da nicht selten der Uebertritt der Galle in die Blase wegen Verstopfung der Gallengänge unmöglich wird; die Leber ist entweder von normaler Grosse, dabei derb, stets aber in ihrem Parenchyme ge­schwunden, oder wegen der bedeutenden Ausdehnung der Gänge ver-grössert; nicht selten sind gleichzeitig an den serösen Häuten Blasen-, in dem Darmcanale Darmwürmer zugegen.
Die Erscheinungen stellen eine Combination der Fäule mit solchen Zeichen dar, welche auf eine chronische Erkrankung der Leber hinweisen. Dergleichen sind: eine gelbsüchtige Färbung der Binde-und weissen Haut des Auges, sowie der nicht pigmentirten Haut, schlechte Verdauung u. s. w. Bei Schafen wird öfter eine Auftreibung des Hinterleibes in der Gegend der Leber und grössere Empfindlich­keit auf einen daselbst angebrachten Druck beobachtet. Später finden sich gewöhnlich in Folge der behinderten Circulation die Erscheinungen der Bauchwassersucht ein, die durch das Vorhandensein der Fluctua­tion im Hinterleibe nachzuweisen ist. Zu der sicheren Constatirung einer, unter diesen Symptomen auftretenden seuchenartigen Krankheit ist stets die Vornahme der Section einiger umgestandener oder als krank getödteter Thiere wünschenswerth.
Die Vorhersage ist sehr ungünstig. Eine Heilung ist so wie bei der Fäule nur im Beginne des Leidens und wenn die Möglichkeit besteht, die ökonomischen Uebelstände abzustellen, was jedoch nur in den seltensten Fällen gelingt, möglich. Es ist desshalb immer vor­zuziehen, aus einer Heerde, in der die Egelseuche eingerissen ist, die Kränkler besonders im Herbste auszubracken und der Schlachtbank zu übergeben, da das Fleisch der nicht im höchsten Grade cachoctischen
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Egelseuchc.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 781
Thiere ohne Nachtheil genossen werden kann, als dieselben noch länger zu füttern und endlich ohne Hofthung dahin sterben zu sehen.
Da die Krankheit, sobald sie einige Entwicklung erreicht hat, unheilbar ist, so verdient die Prophylaxis, welche ganz so wie bei der Fäule durchzuführen wäre, die höchste Beachtung; leider stösst dieselbe gewöhnlich auf die grössten Schwierigkeiten, so dass es dort, wo die angegebenen äusseren Schädlichkeiten sich als durchaus nicht entfernbar erweisen, vortheilhafter erscheinen kann, die Schafzucht lieber gänzlich aufzugeben, als alljährlich sich wiederholende Verluste zu erleiden.
Die gewöhnlich fruchtlose Behandlung besteht nebst einem entsprechenden diätetischen Verhalten und einer kräftigen Nahrung in der Verabreichung bitterer oder aromatischer Substanzen (Enzian, Wermuth , llainfarren, Kalmus) insbesondere in Verbindimg mit Eisen­vitriol , E-ost, Terpentin- oder Steinöl, üfenruss, weissgebrannten Kno­chen, die man am besten mit geröstetem Körnerfutter oder Haferschrott in Form einer Lecke, bei einzelnen Erkrankungen als Latwerge bei­bringt. Auch der Gebrauch von Kalk und Kalkwasser, mit Zusatz von etwas Steinöl, der sehr verdünnten Salz- oder Schwefelsäure wird an­empfohlen. Das Steinsalz als Lecke gebraucht, wäre auch hier nicht zu vernachlässigen. Das österreichische Gesetz hat für die Egelwür­merkrankheit der Schafe eine Gewährszeit von zwei Monaten festgesetzt.
IV. Abschnitt.
Krankheiten der Milz und des Pancreas.
sect;. 105. Veränderungen der Milz werden bei sehr verschiedenen Krankheiten angetroffen, jedoch entgehen sie während des Lebens ge­wöhnlich der Beobachtung und ihr Dasein wird eben nur erfahrungs-mässig bei dem Vorhandensein gewisser Krankheiten wie des Typhus, des Anthrax, der Hundswuth vermuthet. Unter den äusseren Schäd­lichkeiten, welche Störungen in der Milz bedingen, sind die gewöhn­lichsten: mechanische, die Milzgegend treffende Einwirkungen, die Einführung narkotischer Gifte, besonders einiger Alcaloide (Blau­säure, Krähenaugen, Brucin und Strychnin, Nicotin u. s. w.) Von
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Krankheiten der Milz und des Pancreas.
den im Körper liegenden und von du uns auf die Milz einwirkenden Schädlichkeiten sind Circulationsstörungen, welche Blutauhäufungen in der Milz bedingen, Druck durch schrumpfende, vom Bauchfelle aus gesetzte Exsudate, insbesondere aber die Einwirkung des in seiner Mischung veränderten Blutes auf die Milz zu nennen. Hieher gehören die acuten Schwellungen der Milz bei vielen acuten Allgemeinkrank­heiten , die Bildung metastatischer Heerde in derselben bei Entzündung der inneren Herzausklcidung und sobald überhaupt Gerinnsel mit dem Blute weiter geführt werden, das Auftreten von Milztuberkeln bei all­gemeiner Tuberculose u. s. w. Bei der Wichtigkeit, welche der Milz rücksichtlich der Blutbildung zukommt, wird es auch begreiflich, dass Erkrankungen dieses Organes wesentlich auf die Beschaffenheit der Blutmischung einwirken müssen.
Die Erscheinungen einer Erkrankung der Milz bei den Haus-thieren sind uns gänzlich unbekannt; manche höchst beträchtliche Veränderungen derselben entgehen während des Lebens völlig der Beobachtung. Ebensowenig sind wir im raquo;Stande, etwas über die Be­handlung derselben anzuführen.
Die bisher beobachteten wichtigeren Formen der Milzerkrankungen wären nachfolgende:
sect;. lüG. Hyperämie der Milz; sie stellt sich im Gefolge ver­schiedener acuter Erkrankungen, besonders des Pferdetyphus, des Anthrax (welcher von diesem Zustande auch den Namen Milzbrand erhalten hat), der acuten Tuberculose, häufig bei ilundswuth, bei Vergiftungen durch narkotische Substanzen, ein. Die Milz ist hiebei mehr oder weniger, bei Anthrax nicht selten um das Vier- bis Fünf­fache ihres normalen Volums entweder gleichmässig oder nur stellen­weise buokel- oder beulenförmig angeschwollen, dunkelviolett, oft in dem Grade erweicht, dass sie sich leicht zerdrücken lässt, oder ihre Pulpe sogar über die Schnittfläche als eine dicke, breiige Masse hervorquillt. Gewöhnlich finden sich stellenweise mehr oder weniger umfangreiche Blutungen. Bei den höchsten Graden einer solchen acuten Milzan­schwellung kommt es zuweilen zur Zerreissung der Milzkapsel und zum Eintritte einer tödtlichen Blutung. Aelmliche, jedoch weniger bedeutende Hyperämien entwickeln sich im Gefolge mechanischer Be­hinderungen des Kreislaufes.
sect;. 107. Blutungen in das Milzparenchym erfolgen in den höheren Graden der Hyperämie, dann nach Erschütterungen der Milzgegend.
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Krankheiten der Milz und des Pancreas.
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sect;. 108. Die Milzenlzündun^ uls selbstständige Krankheit ist uns bisher nicht vorgekommen. Als Ueberbleibsel vorausgegangener, wahrscheinlich durch mechanische Einwirkung entstandener Entzün­dungen finden sich bisweilen in der Milz von Ochsen Abscesse, die von einer dickwandigen Kapsel umschlossen, entweder dicken Eiter oder mörtelartige Concremente enthalten. Im Gefolge der Entzündung der inneren Hcrzauskleidung, der Fyämie kommen bei Pferden in der Milz oft die bekannten keilförmigen, metastatischen Entzündungsheerde oder Abscesse vor.
sect;. 109. Atrophie der Milz wird bisweilen in Folge des Druckes, welchen schrumpfende Exsudate und schwielige, stellenweise auch verkreidende Bindegewebsneubüdungen der Kapsel veranlassen, beob-achtet. Ein Schwinden des Milzparenchyms stellt sich auch durch den Druck, den Echinococcusblasen, Aftergesclnvülste u. s. w. aus­üben , ein.
sect;. 110. Milzanschwellungen acuter Art finden sich bei den früher genannten Krankheit stürmen vor. Häufig sind sie jedoch nicht allein durch Hyperämie, sondern auch durch massenhafte Neu­bildung normaler /eilen und Kerne und durch flüssiges Exsudat be­dingt. Vergrösserungen der Milz chronischen Verlaufes u. z. bis­weilen zu einem bedeutenden Umfange werden, obwohl selten, bei Pferden und Bindern angetroffen u. z. entweder ohne Veränderung der normalen Textur, so dass solche quot;Umfangsvermehrungen als wahre Hypertrophien anzusehen sind, oder derart, dass in dem rothbraunen Jlilzparcnchyme, entspiechend den Malpighi'sehen Körperchen, gal­lertähnliche kleine Körperchen eingesprengt liegen, oder die Milz derb, grobkörnig, brüchig, auf dem Durchschnitte glatt und wachsartig glänzend erscheint, ein Zustand, den man Speckmilz nennt und der in einer Entartung der Zellen und Kerne der Milzpulpe zu einer colloidähnlichen Masse (ähnlich wie bei der Speckleber) besteht. Die an diesen Zuständen leidenden TJiiere hatten während des Lebens auf­fällige Krankheitserscheinungen nicht gezeigt.
8. 111. Bindegewebsneubüdungen kommen auf der Milz­kapsel, bisweilen in mächtiger Ausbreitung, gewöhnlich aber auf kleinere Abschnitte des Organes beschränkt vor, in deflen auch Verkreidung eintritt; sie veranlassen manchmal partiellen Schwund des Organes. Auch in der Milz finden sich bisweilen fibröse Narben, welche eine anomale Lappung derselben bedingen und sich in Folge vorausgegan-
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* 84nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten der Milz und des Panereas.
gener Eutzändongexi oder Trennungen des Zusammenhanges zu bilden seheinen.
Die von einigen Beobachtern in der Milz angetroffenen und als Sareome bezeichneten Geschwülste scheinen uns eher der Kategorie des Krebses anzugehören.
sect;. 112. Pigment irung der Milz , wodurch sie stellenweise eine dunkle, grauschwarze Farbe erhält, weist auf vorausgegangene Hyper­ämien oder Blutungen hin. Sie findet sich ebenso wie melanotische (Jeschwülste nur selten.
sect;. 113. Tuberkel kommen in der Milz nur bei allgemeiner Tuberculose, wie sie bisweilen beim chronischen Kotze der Pferde an­getroffen wird, vor. Ebenso ist uns Krebs nur bei Hunden, bei denen diese Neubildung auch in anderen Organen zugegen war u. z. in der Form des Markschwammes vorgekommen.
sect;. 114. Als Anomalie der Gestalt ist die angeborene Lappung der Milz anzusehen, wobei dieselbe in mehrere verschieden grosse Milzkörper getheilt ist.
sect;. 115. Von Parasiten kommen in der Milz der Schweine nicht selten die Finnen, in jener der Rinder mehr oder weniger zahlreiche Hülsenwurmblascn vor, in welchen auch die, bei der Leber angeführten Veränderungen stattfinden.
sect;. HG. lieber die Krankheiten der Bauchspeicheldrüse ist bei den Hausthieren so viel wie nichts bekannt. Man hat bisher in derselben bei Hunden den Krebs und in den Ausführungsgängen dieser Drüse die Pancreassteine angetroffen.
V. Abschnitt.
Krankheiten des Bauchfelles.
sect;. 117. Krankheiten des Bauchfelles kommen bei allen Hausthiergattungen ohne Unterschied des Alters und Geschlechtes vor; sie entwickeln sich seltener in Folge unmittelbar einwirkender äusserer Schädlichkeiten, wie mechanischer Gewalt, Temperatureinflüsse (z. B. Erkältung), häufiger im Gefolge von Erkrankungen jener Organe , denen das Bauchfell als Hülle dient und anderer seröser Häute.
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Krankheiten des Bauctiiellesnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;7Hö
Von den Erscheinungen, welche namentlich bei ueuten Er­krankungen des Bauchfelles auftreten, sind die vorzüglichsten: eine grosserc Empfindlichkeit, selbst Schmerzhaftigkeit der Bauchdeoken gegen einen angebrachten Druck, die namentlich bei den kleinen Haustbier-gattungen deutlicli hervortritt, Auftreibung des Hinterleibes, gewöhnlich andauernde Verstopfung wegen der sieh einstellenden Lähmung der Darmmuskeln, überdiess bei Thieren, welche sich erbrechen können, aus demselben Grunde Erbrechen, das bei höheren Graden acuter Eauchfell-leiden selbst bei Pferden erfolgt, nebenbei gewöhnlich auch die Erschei­nungen eines acuten Darmkatarrhes, mehr oder weniger ausgesprochene Athmungsbeschwerden, veranlasst durch das Hervordrängen des Zwerch­felles und die hiedurch bedingte Beengung des Brustranmes. Chronische Erkrankungen dieser Membran entgehen häufig der Beobachtung oder werden erst durch ihre Folgen , wie: Lageänderung von Organen, Verschliessung von Ganälen, Verwachsung von Darmschlingen unter einander und mit der Umgebung u. dgl. bemerkbar, ohne dass man meist im Stande wäre, die hiedurch veranlassten Störungen auf eine bestimmte Erkrankung des Bauchfelles zurückzuführen.
Bei acut auftretenden Bauchfellkrankheiten spielt die antiphlo-gistisolle Heilmethode die Hauptrolle; nebenbei ist auch der zu grossen Ansammlung von Danninhalt, welche durch die gewöhnlich vorhandene Verstopfung unterhalten wird, zu begegnen; in dieser Bück-sicht wird gerne das Calomel gegeben, da andere l'urgirmittel den meist gleichzeitig vorhandenen Darmkatarrh noch steigern würden. Oefteres Setzen von Klystieren, Mercurialeinreibungen in die Bauch­wandungen , bei kleineren Thieren die Application warmer Umschläge, erweisen sich nützlich. Bei chronischen, allmälig sich entwickeln­den Veränderungen findet meistens nur ein symptomatisches Verfahren Anwendung.
Anatomische Störungen.
#9632;
A. Locale StSrungen des Kreislaufes.
I. B;|ieiümir.
sect;. 118. Umschriebene Hyperämien des Bauchfelles treten an Stellen auf, an welchen die unterhalb gelegenen Theile durch acute Krankheitsprocesse oder Neubildungen verändert sind, an eingeklemmten oder in Bruchsäcken liegenden oder durch übermässige Anhäufung von
Roll, Palhol. und Therapie. II. Aufl.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;50
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iöOnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Bauchwassersuclif.
Fäculstoffen ausgedehnten Darmstiicken. Sio geben Anlass zur Ent­stellung von Trübungen, von Yevdickungen oder fadigen Bindegewebs-neubildungen, wie man sie sehr oft an der Oberfläche der Milz und der Leber antrifft.
2. Ulutuug.
sect;. 119. Blutungen in das Gewebe des Bauchfelles erfolgen bei höheren Graden der Hyperämie, als deren Reste mehr oder weni­ger intensive Pigmeulirungen zurückbleiben. Grössere Extravasate in diese Membran und in das subseröse Bindegewebe stellen sich häufig im Verlaufe des Anthrax, seltener in jenem der Binderpest, dann bei Darm-einkleramungon ein. Blutungen in die Bauchhöhle sind entweder eine Folge äusserer mechanischer Einwirkungen, Stösse, Erschütterungen, Verwundungen oder spontaner Berstung der Leber, der Milz oder der Zerstörung grösserer Gefässe, z. B. aneurysmatischer Arterien.
#9632;'(. Wassersucht.
sect;. ÜO. Die Ansammlung seröser Flüssigkeit in der Bauchhöhle, die Bauchwassersucht (Ascites) ist uns bisher beim Pferde noch nicht vorgekommen. Bei Hunden und Schafen ist sie nicht selten und stellt bei den letzteren eine Thcilerscheinung der Fäule und Egel­krankheit dar.
Aetiologie. Sie entwickelt sich am häufigsten in Folge von mechanischer Behinderung der Blut- und Lymphcirculation (namentlich bei Herz- und Leberkrankheiten, bei Entartung der Gekrösdrüsen), in Folge von Erkrankungen des Bauchfelles selbst (wie bei wuchernder Krebsbildung der Hunde) oder der von demselben überzogenen Organe, in Folge von chronischen Erkrankungen der Nieren, von leichten Ent­zündungen oder Hyperämien des Bauchfelles; ihr Eintritt wird durch eine seröse Beschaffenheit des Blutes in hohem Grade begünstiget, da bei deren Vorhandensein schon ein geringer Grad der Blutstauung die seröse Durchschwitzung ermöglichet.
Pathologische Anatomie. Die in der Bauchhöhle angesam­melte Flüssigkeit ist meist vollkommen klar und entweder farblos oder wogen des Gehaltes an abgestossenen, in fettiger Metamorphose begrif­fenen Epithelialzellen gelblich oder grünlich gefärbt; das Bauchfell ist entweder unverändert oder serös infiltrirt, die Leber und Milz sind an der Oberfläche bleich, die Gedärme häufig verengert, das Zwerchfell
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Bauchwassersucht.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;787
je nach der Menge des Ergusses mehr oder weniger weit nach vorne gedrängt und der Brustraum verkleinert. Ueberdiess finden sich noch die verschiedensten, gewöhnlich chronischen Veränderungen in anderen Organen, bei Schafen gewöhnlich die Sectiousergebnisse der Fäule.
Als Erscheinungen der Bauchwassersucht orgeben sich: eine Umfangsvermehrung des Hinterleibes nach unten (Hängebauch) und nach den Seiten, mit Schlaffheit oder, bei grosser Menge des Er-quot;gusses, mit Spannung der Bauchwandungen, Mattigkeit des Bcrcussions-sehalles in dieser Gegend, das Gefühl von deutlicher Fluctuation. Jleist sind Störungen der Fresslust und der Verdauung, Verminderung der Harnabsonderung, eine mehr oder weniger bedeutende, dem Grade der Beengung der Brusthöhle entsprechende Athmungsbescliwerde, Mattig­keit und Hinfälligkeit zugegen. Allmälig stellen sich die Zeichen einer Cachexio, fortschreitende Abmagerung bei Fortbestand oder Zunahme der Umfangsvermehrung des Bauches, Trockenheit der Haut, Glanzlosig-keit der Haare oder Wolle u. s. w., ödematöse Anschwellungen an ver­schiedenen Körpertheilen ein.
Mit Rücksichtnahme auf die, diesem Zustande zu Grunde liegen­den anderweitigen Störungen fällt die Prognose gewöhnlich ungünstig aus; nur selten u. z. gewöhnlich dort, wo die üauchwassersucht Folge eines leichteren Grades von Bauchfellentzündung ist, als welche sie bisweilen bei Hunden in Folge plötzlicher Erkältung sich einstellt, kommt es zur Resorption des Ergusses, bei deren raschem Eintritte doch noch üble Ereignisse, wie seröse Exsudationen in die Brusthöhle, Lungenödem u. dgl. zu besorgen sind. Dort, wo die Bauchwassersucht von anatomischen Störungen anderer Orgaue oder von Veränderungen in der Blutmischung abhängig ist, ist nur unter sehr günstigen Um­ständen und in den wenigsten Fällen vollständige Heilung zu erwarten.
Die Behandlung muss vorerst auf Beseitigung der, der Bauch­wassersucht zu Grunde liegenden Ursachen gerichtet sein, ein unter­nehmen, das immer auf grosse Anstände stösst, da häufig nicht einmal die Diagnose der sie veranlassenden anatomischen Störungen möglich ist. Wo sie eine Theilerscheinung der Fäule darstellt, fällt ihre Cur mit jener dieser Krankheit zusammen; verdankt sie einer leichten Entzün­dung des Bauchfelles ihre Entstehung, so ist die Behandlung wie bei der chronischen Bauchfellentzündung durchzuführen. In allen anderen Fällen wird sicli das Handeln darauf zu beschränken haben, gefahr­drohende Erscheinungen zu beseitigen und die angesammelte seröse Flüssigkeit zu entfernen. In letzterer Hinsicht finden l'urgir- und
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I 80nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Ncubihlungcu am Bauclil'cllt1.
harntreibende Mittel, unter den letzteren das Kngerhutkraut, das Ter­pentinöl, bei Hunden auch die Meerzwiebel, nicht selten in Verbindung mit Eisenpräparaten, und die Function der Bauchhöhle Anwendung. Derart kranke Kinder oder Schafe werden am besten so zeitlich als möglich geschlachtet.
IS. Störungen der Kriuihruny.
1. Brand.
sect;. 121. Der Brand des Bauchfelles, wodurch dasselbe entwe­der zu einem missfärbigen, scharf umschriebenen Schorfe oder zu einer zottigen, breiigen Masse verwandelt wird, stellt sich bei Darmeinklem-mungen, bei andringenden Abscessen und Kothinfiltrationen ein, Ereig­nisse, welche bei den Erkrankungen des Darmes ihre Erwähnung fanden.
2. Neiibildungrii.
sect;. 122. Neubildung von Bindegewebe ist eine sehr häutig anzutreffende Folge vorausgegangener Hyperämien und Entzündungen des Bauchfelles und der von ihm überzogenen Organe; es findet sich in Gestalt fibröser Verdiekungen, besonders an der Leber- und Milz­oberfläche, fadiger Fortsätze, bandartiger oder häutiger Anhef­tungen.
Fibroide kommen als selbstständige Geschwülste beim Pferde nicht selten zwischen den Platten des Gekröses vor und können bis zur Grosse einer Wallnuss oder eines Hühnereies heranwachsen. So lange sie klein sind, liegen sie als platte oder kugelförmige Knötchcn zwischen den beiden Gekrösplatten; bei ihrem allmäligen Heranwachsen ziehen sie das Gekröse in Form eines anfangs hohlen Stieles nach sich, der um so länger wird, je mehr die Geschwulst vermöge ihrer zuneh­menden Schwere herabsinkt, wobei er zugleich vielfach um seine Axe gedreht wird. Solche Gekrösanhänge geben nicht selten dadurch, dass sie sich ein- oder mehrmals um eine Darmschlingc herumschlagen, Veranlassung zur Entstehung einer inneren, stets tödtlich endenden Darmeinschnürung. Bei längerem Bestände solcher Anhänge wird schliesslich der verschieden lange Stiel vollkommen abgedreht und die hiedurch losgetrennte Neubildung liegt dann als sogenannter freier Körper ohne weiterem Zusammenhange und, ohne nachtheilige Folgen zu veranlassen, zwischen den Darmwindungen. Solche Fibroide werden
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NenbUdnngeu nm IJauchfelle.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;789
gewölinlicli theilweise im Zustande der Verfettung, Verknöcherung oder Yerkreidung angetroffen.
Sarcome kommen bei der sogenannten Franzosenkrankheit des Eindes gewölinlicli auch auf dem Bauchfelle und nicht selten zu ebenso grossen Massen zusaramengehüuft vor, wie auf dem Brustfelle. Auch sie schnüren sich bisweilen von ihrer Basis los und liegen dann frei, gewöhnlich als feste, verkreidete Massen, die irrig für verkalkte Tuberkel gehalten wurden, in der Bauchhöhle des Rindes.
sect;. 123. Neubildung von Fett kommt als Hypertrophie von normalem Fettgewebe im Netze und im Gekröse bei allgemeiner Fett­sucht der Pferde, Rinder und Hunde vor, bei welchen letzteren sie in den Leistencanal hineinwuchernd die sogenannten Fettbrüche veran-lasst. Als Lipom entwickelt sie sich zwischen den Platten des Gekröses des Netzes und in dem subserösen Bindegewebe des Darmes, zieht bei ihrem Heranwachsen, ähnlich den oben erwähnten Fibroi'den, die seröse Haut in Form eines Slieles nach sich und gibt hiedurch bei Pferden zu Darmeinschnürungen, bei allen Hausthiergattungen aber zur Entstehung freier Körper in der Bauchhöhle Veranlassung. Die Lipome finden sich nicht selten im Zustande der theilweisen Verkrei-dung oder der Verjauchung.
sect;. 124. Verkreidung und Verknöcherung des, während der Entzündung des Bauchfelles neu entwickelten Bindegewebes findet sich bisweilen in Form knöcherner oder knochenähnlicher Platten oder Klümpchen.
sect;. 125. Pigmentbilduug als schiefergraue oder intensiv schwarze Färbung kommt nicht selten in dem serösen Ueberzuge von Därmen, welche an intensiveren Katarrhen leiden, an dem Ueberzuge der Milz vor; sie ist der Umänderung extravasirten Blutes zuzuschreiben. Eigent­liche melanotische Geschwülste des Bauchfelles sind sehr selten.
sect;. 126. Die Tuberculose des Bauchfelles haben wir bisher we­der beim Pferde noch beim Rinde angetroffen, hingegen kommt sie, obwohl selten, bei Hunden, Schafen und Schweinen in Begleitung aus­gebreiteter Bauchfellentzündung vor, in welchem Falle das Gewebe dieser Haut von zahlreichen, mohnsamengrossen, weichen, grauen, oder von härteren, gelben Knötchen durchsetzt ist, während die Darm Win­dungen durch geronnenes Exsudat innig mit einander verklebt sind.
Der Krebs befällt bei Hunden, welche an Krebscachexie leiden auch das Bauchfell, das dann bisweilen mit zahlreichen, verschieden grossen, weichen, medullarkrebsigen Knoten besetzt ist.
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790nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Banchfcllent/.iindung.
Cyst en kommen im Ganzen selten am Bauchfelle, am häufigsten noch die serösen Cystcn in den Bauohfellfalten zunächst der Eierstöcke und der Muttertrompeten vor. Einigemal sollen auch Gekrösanhängc und freie Körper in der Bauchhöhle der Pferde durch Cysten, in denen sich sogar Haare vorfanden, dargestellt worden sein.
3. Oil' Kiit/.iiiiiliiiis ill's llaiicIilVIli's (Pi-riliinitis).
sect;. 127. Aetiologie. Sie ist eine, bei allen Hausthiergattungen vorkommende Krankheit, die sich entweder primär in Folge i .isserer mechanischer Einwirkungen oder atmosphärischer Einflüsse, viel häufiger jedoch in seeundärer Weise, bedingt durch Erkrankungen jener Organe, welche das Bauchfell überzieht, entwickelt. Hieher gehören die intensiveren Prooesse auf der Magen- und Darmschleimhaut, heftige acute Katarrhe, der typhöse Process, die Ruhr, die Polliculargeschwüre, die Lageveränderungen des Darmes, in so ferne sie mit einer Behinde­rung des Rücktlusses des venösen Blutes einhergehen, mithin die soge­nannten eingeklemmten inneren und äusseren Brüche, die übormässigen Ausdehnungen des Darmes durch Gas, so wie jene der dicken Gedärme durch Ansammlung fester Fäcalmassen , Schwellungen und Yereitorun-geu der Gekrösdrüsen, entzündliche Erkrankungen oder mit H3-perämien verbundene Veränderungen der Leber und der Milz, die Entzündungen des Tragsackes, welche sich nach der Geburt einstellen, Erkrankungen der Eierstöcke, besonders wenn sie mit einer sehr bedeutenden TJm-fangsvergrösseruug einliergehen u. s. w. Auch der Austritt des Inhaltes eines, von dem Bauchfelle überkleideteu Organes, dessen Wandungen zerrissen oder durchbohrt werden, die Berührung mit krebsigen, jauchi­gen Producten veranlasst eine intensive Entzündung dieser Membran. Sie ist gewöhnlich vorerst umschrieben und breitet sich entweder nur allmälig oder rasch über die übrigen Abschnitte des Bauchfelles aus. Entwickelt sie sich in Folge andringender Eiter- oder Jauche­heerde, so verursacht sie bisweilen, ehe noch ein Durchbruch in die Bauchhöhle stattfinden kann, eine Anklebung an benachbarte Organe und hindert hiedurch den Austritt dieser Massen in die Bauchhöhle, während sie unter weniger günstigen Verhältnissen in Folge der Er­weichung, welche sie in den unterliegenden Theilen veranlasst, die Perforation begünstiget. Seltener tritt sie bei den Hausthieren als Begleiterin der Entzündung anderer seröser Häute, namentlich des Brustfelles, auf.
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Bauchfelleiuzllndiing.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;791
sect;. 128. Pathologische Anatomie. Diese Entzündung kommt entweder als allgemeine, hei welcher der grösste Theil des Bauch­felles ergriffen ist, oder als umschriehene, welche sich auf den serö­sen Ueherzug eines Organes oder Organtheiles beschränkt und gewöhn­lich durch Erkrankungen dieses letzteren bedingt ist, vor. Auch bei der ersteren, welche am gewöhnlichsten durch das Eindringen fremdartiger Massen, wie Eiter, Jauche (z. R durch den Leistencanal aus verjau­chenden Samonsträngen nach der Castration), von Magen- und Darm­inhalt (bei inneren Einklemmungen, bei übermässiger Ausdehnung der Därme durch festen Inhalt), bedingt ist, lässt sich meist der Ausgangs­punkt der Entzündung durch die Gegenwart der daselbst höher ent­wickelten anatomischen Erscheinungen erkennen. Im Beginne des Pro­cesses tritt die Hyperämie deutlich hervor; sie spricht sich durch mehr oder weniger intensive, bald mehr gleichförmige, bald fleckige oder streifige Röthung, neben welcher sich nicht selten kleine Blutex-travasate vorfinden, aus, die später allmälig zurücktritt und bei den, durch innere Einklemmungen bedingten Entzündungen am stärksten ent­wickelt ist. Zugleich ist das Bauchfell leicht getrübt, daher weniger durchsichtig, glanzlos, zcrreisslicher und von den unterliegenden Thei-len leichter abziehbar. Später bedeckt sich seine freie Oberfläche mit einer dünnen Schichte einer gelblichen oder grauröthlicben, weichen Gerin­nung, welche zur Verklebung der angrenzenden oder gegenüber liegen­den Theile Veranlassung gibt, worauf dann rasch massenhafte Exsudatio­nen erfolgen, welche entweder vorwaltend seröser Beschaffenheit sind oder aus denen sich bald zarte Flocken oder klumpige, bisweilen weiche und dann viel Serum einschliessende Gerinnungen ausscheiden, welche aus geronnenem Faserstoffe, welchem Blutkörperchen und eine verschieden grosse Menge neu gebildeter Zellen von dem Charakter der Eiterzellen beigemischt sind, bestehen. Das Bauchfell selbst ist hiernach stark serös infiltrirt, (durch Zellenneubildung und Exsudate) getrübt, die Muskelhaut des Darmes weich, von Serum durchtränkt, schlaff, ebenso die Oberfläche der, von der entzündeten serösen Haut überzogenen Organe, die hiedurch weicher, mürber oder brüchig werden; die Darm­schleimhaut, wenn nicht andere Zustände von früher her zugegen sind, wird katarrhalisch, ihr submueöses Bindegewebe gewöhnlich ziemlich stark serös infiltrirt. Bedeutendere Mengen eines solchen, in der Bauchhöhle angesammelten Exsudates wirken theils durch den Druck, welchen sie auf die daselbst gelegenen Organe ausüben, theils durch die seröse Durchtränkung und Erweichung, welche sie herbeiführen
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792nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Banclifelleiitztlnclung.
und -welche zu einer Lähmung des Zwerchfelles und Darmes, selbst zur Zerreissung dieses letzteren, sobald in demselben grössere Mengen insbesondere fester Fäcalstoft'e enthalten sind, gedeihen kann, theils durch die Entziehung von Blutplasma, als deren Folge Anämie auftritt, nachtheilig.
Der Verlauf der Bauchfellentzündung ist ein verschiedener. Bis­weilen erfolgt Resorption des flüssigen und eines Theiles des geronne­nen Exsudates, während sich gleichzeitig Bindegewebsneubildungen, sträng- oder bandartige Anheftungen zwischen den Baucheingeweiden bilden, welche, sobald sie locker sind, keine bemerkbaren Nachtheile, sonst aber verschiedene Lageveränderungen, Zerrungen, Schrumpfungen, Verengerungen von Höhlen und Gängen veranlassen können. Selten geschieht es bei Thieren, dass die nicht resorbirten Theile des Exsu­dates, von Gerinnungen eingeschlossen, verjauchen und hiedurch zu Zer­störung und eiteriger Schmelzung der angrenzenden Partien, zur Perfo­ration des Darmes oder mit einander verklebter Darmabschnitte von aussen nach innen Anlass geben, wie wir diess bei einem Pferde ge­sehen haben; öfter wird (bei Hunden, Schweinen und Schafen) das Tubereulisiren und die nachfolgende Verkreidung solcher Massen beob­achtet, während in dem, auf der Oberfläche der entzündeten serösen Haut neugebildeten Bindegewebe bisweilen, obwohl sehr selten, wahre Knochenneubildung eintritt. Bei ausgebreiteten Bauchfellentzündungen erfolgt häufig der Tod durch die oben erwähnten nachtheiligen Ein­wirkungen. Bisweilen wird der Verlauf ähnlich wie bei der Brustfell­entzündung chronisch; in dem, an der Oberfläche des Bauchfelles während des acuten Entzündungsprocesses neu entstandenen Bindege­webe wiederholt sich die Entzündung, es kommt zur Bildung dicker, höckeriger Massen, welche die Darm Windungen unter einander, mit den Bauchwandungen und mit den angrenzenden Organen innig verkleben, sie comprimiren und endlich den Tod durch Erschöpfung herbeiführen. (Solche Fälle kommen bei Schafen und Schweinen, seltener bei Hunden, dann bei Pferden und zwar bei diesen in Folge der Vereiterung von Gekrös-drüsen vor.)
Umschriebene Bauchfellentzündungen scheinen in Folge der oben erwähnten Ursachen sehr häufig zu sein; wenigstens findet man bei der Mehrzahl der Sectionen fadige oder strangförmige Binde-gewebswucherungen, fibröse, gewöhnlich geschichtete Verdickungen des serösen Ueberzuges der Baucheingeweide, insbesondere der Leber,
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DauchfcllentzUndnng.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 793
lockere oder innige Verwachsungen derselben mit der Umgehung, als Reste und Folgen vorausgegangener Entzündungen dieser Membran. Das Schrumpfen solcher ncugcbildeter, dichter Membranen grössercn Um-fanges, in denen auch bisweilen Knochenneubildung oder Yerkreidung eintritt, fuhrt nicht selten zur Atrophie jenes Organcs, welches sie um-schliessen (Leber, Milz).
sect;. 129. Erscheinungen. Die Krankheit verläuft, wenn sie nur auf eine umschriebene Stelle begrenzt ist, häufig ohne oder doch nicht unter solchen Symptomen, dass sie daraus diagnosticirt werden könnte. Bei Pferden scheinen manche der hieher gehörigen Fälle unter den Erscheinungen einer nicht heftigen, aber länger anhaltenden und zeit­weilig sich steigernden Kolik abzulaufen.
Eine ausgebreitete acute Bauchfellentzündung beginnt gewöhnlich mit einem Fieberschauer, mit Empfindlichkeit der Bauch­decken gegen Druck, welche anfangs auf eine Stelle beschränkt ist, sich aber bald über einen grössercn Umfang verbreitet, wohl nur bei klei­neren Hausthieren deutlich auszumifleln ist und sich gewöhnlich auch durch eine steifere Haltung und geringere Bewegung des Hinterleibes ausdrückt, bei grössercn Hausthieren, insbesondere aber bei Pferden, sich durch die Aeusserung von Kolikschmerzen zu erkennen gibt, welche meist zeitweilig aussetzen, nach grössercn Zwischenräumen wiederkeh­ren und im weiteren Verlaufe allmälig seltener werden. Die Fresslust liegt ganz darnieder; bei Thicrcn, welche sich erbrechen können, tritt Brechreiz, selbst Erbrechen ein; selbst bei Pferden wird, sobald der Lähmungszustand der Darm- und Magenmusculalur höher gediehen ist, Aufstossen des Mageninhaltes beobachtet. Gewöhnlich ist hartnäckige Verstopfung und starke Auftreibung des Hinterleibes durch Gase, bis­weilen aber selbst blutiger Durchfall, sobald in dem hinteren, nicht gelähmten Darmstücke ein intensiverer Darmkatarrh oder Follicularent-zündung sich eingestellt hat, zugegen. Die Pulsbeschleunigung ist- be­deutend, der Puls dabei klein, hart und gespannt; wegen der Verdrän­gung des Zwerchfelles nach vorne und Lähmung seiner Bewegung wird das Athmen beschwerlich, auffallend und mit starker Bewegung des Brustkorbes vollzogen. Diese Athmungsbeschwerde gibt nicht selten Ver­anlassung, die Bauchfellentzündung mit einer acuten Erkrankung der Athmungsorgane zu verwechseln, worüber jedoch eine genaue physika­lische Untersuchung der letzteren Aufschluss gibt. Dort, wo die Ursa­chen nicht bekannt sind, welche diese Symptomengruppe zu veranlassen
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794nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Bauclifelleiilzlindiing
im Stande wären, wie etwa die kurz vorher vorgenommene Castration, das vor Kurzem überstandene Geburtsgesohäft, äussere eingeklemmte Danabräche, stattgefundene eindringende Bauchwunden, Einrisse des Mastdarmes, der Harnblase u. dgl., ist es nichts desto weniger schwie­rig, aus den angefahrten Zeichen die Gegenwart einer Bauchfellentzün­dung zu diagnosticiren. Für wahrscheinlich halten wir ihre Gegenwart bei Pferden, •wenn die Thiere zeitweilig massige, aussetzende und wie­derkehrende Kolik, die während einiger Tage sich öfter einstellt, äus-sern und dabei starke, meteoristische Auftreibung des Hinterleibos, hart­näckige Verstopfung oder zeitweilig Durchfall, Brechreiz oder wirkliches Erbrechen, Athmungsbeschwerde ohne nachweisbare Veränderung der Athmungsorgaue und mehr oder weniger heftige Fiebererscheinun­gen zugegen sind. In jenen Füllen, wo innere Darmeinklemmungen die Ursache der Bauchfellentzündung sind, entgeht die letztere we­gen der Heftigkeit der Kolik der directen Beobachtung während des Lebens.
Die chronische Form der Bauchfellentzündung entwickelt sich entweder aus der acuten, oder nach leichten Verwundungen, wie nach dem Pansenstiche, oder höchst allmälig, unmerklich und ohne charakteristische Erscheinungen, indem die Thiere nur Traurigkeit, zu­nehmende Mattigkeit, Abmagerung zeigen und zuletzt sich eine Ca-cliexie hervorbildet. Solche Fälle werden bisweilen bei Schafen beob­achtet, bei denen sich dann bei der Vornahme der Section oft uner­wartet eine weit vorgeschrittene chronische Entzündung des Bauchfelles vorfindet.
Die Ausgänge dieser Krankheit sind dem früher Angeführten zu Folge entweder die Genesung, nach deren Eintritt jedoch eine Xeigung zu Rückfällen zurückbleibt, oder ein fortdauerndes Krän­keln, bedingt durch die, durch die Entzündung gesetzten Verän­derungen , welche bleibende Störungen der Ernährung für die ganze übrige Lebenszeit veranlassen können, oder Siechkrankheiten beim chronischen Verlaufe der Entzündung, endlich und sehr häufig der Tod, in Folge der Lähmung des Darmes und des Zwerchfelles, der Berstung des ersteren oder des Magens, der Anämie u. s. w. oder auch der Entwicklung von Lungenödem nach rascher Resorption des Exsudates. In der Mehrzahl der Fälle, insbesondere wenn die Bauchfellentzündung als ein seeundärer Process auftritt, ist die Prognose eine sehr un­günstige.
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Baiichfellenl/.tindnng.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;79.')
sect;. 130. Behandlung. Bekannte und entfernbaro, der Entslchung der Bauchfellentzündung zu Grunde liegende Ursachen (Anhäufung fester Fäcalstoffe, Einklemmung von Darmbrüchen u. s. w.) sind vorerst, wenn möglich, zu beseitigen und nachweisbare, dieselbe unterhaltende Krankheitsprocesse , •/.. B. Gebärmutter-Entzündung, entsprechend zu behandeln. Bei aeuter Bauchfellentzündung wird die gewöhnliche antiphlogistische Behandlungsweise eingeschlagen; man macht nach Er-forderniss Aderlässe, Einreibungen von Quecksilbersalbe oder Kampher­geist in die Bauchwandungen, bei kleineren Thieren auch warme Um­schläge auf den Bauch; grössere Thiere werden unter guter Bedeckung gehalten. Innerlich wird gewöhnlich das Calomel mit Eibischpulver, bei Hunden in einer öligen Mixtur, bei heftiger Sehmerzäusserung un­ter Zusatz von Opium gegeben und bei Verstopfung wiederholt ölige oder Seifenklystiere gesetzt; bei Hunden können auch lauwarme Bäder versucht werden. Sind die Entzündungserscheinungen verschwunden und erfolgt die Resorption eines nachweisbar bedeutenden Exsudates nur langsam, so sind harntreibende Mittel, besonders der Weinstein, das Eingerhutkraut, das Terpentinöl anzuwenden und die Mercurialein-reibungen fortzusetzen. Die letzteren Mittel sind auch bei chronischer Bauchfellentzündung angezeigt, bei der auch, wenn viel seröses Exsu­dat vorhanden ist, dessen Gegenwart sich bei kleineren Hausthieren durch eine deutliche Schwappung zu erkennen gibt, der Bauchstich versucht werden kann.
Die diätetische Behandlung weicht in nichts von der, bei an­deren acuten Hinterleibskrankheiten gebräuchlichen ab.
C. Verändertmgen de-i Inhaltej).
sect;. 131. Die Ansammlung von Gas in der Bauchhöhle (Pneu-matosis) ist entweder Folge eindringender Bauch wunden oder statt­gefundener Perforationen oder Zerreissungen des Magens oder Darmes. In dem letzteren Falle tritt neben Luft auch Magen- oder Darminhalt in die Bauchhöhle und veranlasst, wenn der Tod nicht früher durch Verblutung eintritt, eine tödtliche Bauchfellentzündung. Der Austritt von Luft in die Bauchhöhle wäre dort, wo eine Untersuchung der kran­ken Thiere wegen der heftigen Unruhe nicht unmöglich ist, durch die gleichmässige, elastische Auftreibung des Hinterleibes und durch die Verbreitung eines tympanitischen oder vollen, hellen Percussions-
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79G
Parasiten in dor Baurhhöhle.
schallos selbst über Korporgcgcnden, wo sonst, auch bei starker Auf­treibung der Därme durch Gase, eine Dämpfung zugegen ist, zu er­kennen. Eine therapeutische Hilfe gibt es nicht.
Von der Ansammlung seröser Flüssigkeit in der Bauch­höhle war schon bei der Bauchwassersucht die Kede.
sect;. 132. Von Parasiten kommt in der Bauchhöhle des Pferdes der warzige Fadonwurm, in jener der Ziege das gezähnelte Fünf loch, im subserösen Bindegewebe des Bauchfelles bei Schafen, Rindern, Ziegen und Schweinen der dünnhalsige, bei Pferden der röhren­förmige Blasenschwanz, bei Schweinen und Hunden die Finne vor. Sie veranlassen, mit Ausnahme der letzteren, keine bekannten Nach­theile.
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VI. Abtlieilnng.
Krankheiten der Harnorganc.
sect;. 1. Obwohl Erkrankungen der Harnorgane und insbesondere der Nieren bei den Hausthieren nicht zu den Seltenheiten gehören, so entgeht doch ihre Gegenwart während des Lebens, theils wegen der Geringfügigkeit und Unbestimmtheit der Erscheinungen, theils wegen der Unmöglichkeit einer genauen Untersuchung dieser Theile und der dadurch bedingten Schwierigkeit, die erhobenen Symptome richtig zu deuten, häutig der Erkenntniss. Eine sorgfältige Analyse des Harnes der Hausthiere, dessen quantitative normale Zusammen­setzung au und für sich noch nicht für alle Gattungen sichergestellt ist, wird für die gewöhnlichen Verhältnisse eines praktischen Thier-arztes zu complicirt und selbst die, dui-ch eine solche zu erhallenden Resultate sind für gewisse Krankheitsformen zu wenig bezeichnend, als dass auch sie zur Sicherstellung einer zweifelhaften Diagnose be­nützt werden könnten. Ueberdiess kommen bei Erkrankungen anderer Organe, insbesondere bei solchen von acutem Verlaufe, so häutig Ab­weichungen in dem Verhalten des Harnes vor, dass selbst aus einer bedeutenden Aendcrung seiner Zusammensetzung nicht immer auf eine, sie bedingende Erkrankung der Harnorgane, namentlich der Nieren, geschlossen werden kann.
Actiologie. Erkrankungen der Harnorgane, die an und für sich bei allen Hausthiergatlungen beobachtet werden, entstehen, obwohl selten, durch mechanische Einwirkungen auf dieselben, insbesondere auf die Nieren; häufiger entwickeln sie sich unter dem Einflüsse feuch­ter Atmosphäre, nach Erkältungen, insbesondere der Nierengegend,
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i Jbnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Kiaiikheiteii der UarnorgAno.
nach dem Genüsse verdorbenen, schimmligen, bereiften oder gefrorenen Futters, harten, kalkhaltigen, mit Schlamm und erdigen Theilen ver­unreinigton Wassers und gewisser, specifisch auf die Harnorgane wir­kender Substanzen, namentlich der liarzigen Sprossen der Nadelhölzer, der Hahuenfuss-, der Adonis- und Pulsatilla-Arten, der Schwalben-wurzel, des Bingelkrautes, herber Pflanzentheile, wie der Eichen-, der Erlensprossen u. dgl., nach dem zu lange fortgesetzten Gebrauche von Fingerhut kraut, Canthariden, Euphorbiumharz u. dgl. Dass verschie­denartige Erkrankungen des Gehirnes und Eüokenmarkes sehr häufig nnd gewöhnlich Krankheiten der Harnorgane u. z. meist vorerst der Blase, zur Folge haben, wurde bereits wiederholt angeführt. Einen ähnlichen Einttuss üben chronische Krankheiten des Herzens, welche eine mechanische Behinderung des Kreislaufes, mithin auch Blutüber-füllung der Nieren zur Folge haben, Störungen der Verdauung, rasche Unterdrückung der Haut- und Lungenausdiinstung, chronische, über grösscre Partien verbreitete Hautkrankheiten. Manchen Krankheilen der Nieren (z. B. der Harnruhr, gewissen Formen des Blutharnens) scheint eine Veränderung der Blutmischung, bedingt durch Störungen in dem Verdauungs- und Ernährungsprocesse, zu Grunde zu lie;;on, worüber jedoch kaum die ersten Andeutungen vorliegen.
Hie Erkrankungen der Harnorgane treten bald als functionelle Störungen, als Vermehrung oder Verminderung der Absonderung und als abnorme Beschaffenheit des Harnes, als Zurückhaltung des bereits abgesonderten in der Blase, wodurch, wegen Zurückstauen desselben seeundäre Leiden der Nieren, Herausfallen gewisser Bestandtheile aus dem Harne, mithin die Bildung von Harnsteinen eingeleitet wird, bald als anatomische Veränderungen unter den bereits vielfach betrachteten Formen auf. Sie beobachten sowohl einen acuten, als n. z. häufiger, einen chronischen Verlauf; die ersteren sind oft rasch tödtlich, insbesondere wenn das Leiden über beide Nieren ver­breitet und die Ausscheidung gewisser Harnbestandtheilc aus dem Blute gänzlich gehemmt ist, während bei den letzteren bisweilen, selbst wenn sie zu einem sehr hohen Grade gediehen sind, das Allgemeinbefinden nur wenig oder gar nicht leidet, und ihre Gegenwart sich häufig nicht einmal durch örtliche Erscheinungen kund gibt. Bezüglich des Ein­flusses der Krankheiten der Harnorgane auf den Gesammtorganismus kommt es vorzüglich auf die Menge und Beschaffenheit der, durch die Harnausscheidung dem Blute entzogenen Stoffe an und nicht nur die bedeutende Entziehung von Blut, Eiweiss und den gewöhnlichen
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Krankheiten der Uaruoramp;anu.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; i Jlaquo;'
Bestandtheilen des Harnes, sondern auch die übermassige Entziehung von Wasser wirkt bei längerer Andauer naehtheilig. Bei chronischen Krankheiten der Nieren erfolgen gewöhnlich wassersüchtige Ergüsse in verschiedene Körpertheile; bei Aufnahme des bereits ausgeschiedenen Harnstoffes in das Blut oder vielleicht auch bei Retention desselben im Blute kann es zur Entwicklung jener Constitufionsanomalie kommen, welche man Urämie nennt.
Erscheinungen. Die Untersuchung der Kierengegend durch die Betastung kann über Yolurasveränderungen der Nieren keinen Aufschluss geben; sie verrälh jedoch häufig die vorhandene Schmerz-haftigkeit dieser Theile, die selbst einen solchen Grad erreichen kann, dass die Kranken schon bei einem massigen Drucke auf die Lenden­gegend den Bücken tief einkrümmen, dem Drucke auszuweichen suchen und sogar mit dem Hinterthcile zusammenknicken. Bei solchen schmerz­haften Kierenleiden gehen die Kranken gewöhnlich gespannt, mit steifer Haltung des Hinterleibes, insbesondere der Lende; wenn sie liegen, erheben sie sich nur mühsam und unter Schmerzäusserung vom Boden. Die Percussion der Nierengegend gibt bei den grösseren Hausthiergatlungen nur bei sehr bedeutender Grössenzunahme der Niere eine weiter verbreitete Dämpfung, da geringere Abweichungen in dieser Beziehung wegen der, durch die dicken, in der Lendengegend liegenden Muskelschichten und die breiten Querfortsätze der Lendenwirbel auch unter normalen Verhältnissen bedingten Mattigkeit des Schalles, der Wahrnehmung entgehen. Die Untersuchung der Harnblase durch den Mastdarm oder bei weiblichen Thieren durch die Scheide, gibt über den Grad der Anfüllung oder die Leerheit, über etwa vorhandene grössere Empfindlichkeit oder Schmerzhaftigkeit derselben und über die Gegenwart von Blasensteinen Aufschluss; der Zustand der Harn­röhre grössercr weiblicher Thiere kann mit dem Einger oder einem Catheter leicht, jener der männlichen, in so weit sie au der Euthe verläuft, gleichfalls unmittelbar untersucht werden, während die Ein­führung eines Catheters wegen der Länge der Harnröhre nur wenig sichere Aufschlüsse gibt.
Ein Zeichen für die Gegenwart der Krankheiten der Harnorgane gibt ferner die Untersuchung des Harnes bezüglich der Menge, in welcher er innerhalb eines bestimmten Zeilraumes entleert wird und bezüglich seiner Beschaffenheit.
Die erst ere übersteigt bei manchen Krankheitszustäuden (z. B. bei der Harnruhr) die gewöhnliche mittlere Harnmenge um ein Bedeu-
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800nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten dor Nieren.
teiulos, während sio boi anderen Leiden sehr verringert ist oder selbst gir kein Harn abgesondert oder wenigstens entleert wird; zur Entscheidung dieser Frage ist die Untersuchung der Blase nothwendig. Die Beimischung von Schleim, Blut wird, wenn sie einigermassen bedeutend ist, schon durch die blossc Besichtigung des Harnes, der üehalt an Eiweiss durch eine einfache chemische Untersuchung erkannt; der grössere oder geringere Äehalt an anderen Substanzen, insbesondere an phosphorsauren, kohlen- oder kleesauren Salzen, gibt sich gewöhnlich durch Bildung reichlicher Niederschläge im erkalteten Harne kund; diese können jedoch nur dann auf eine Nicrenkrankheit bezogen wer­den , wenn sie sich andauernd und zu einer Zeit bilden, wo die Thiere nicht an einer fieberhaften Erkrankung eines anderen Orgaues leiden. Die nähere Untersuchung des Harnes ist für die gewöhnliche thier-ärztliche Praxis zu complicirt und erfordert zu viele technische Fer­tigkeit, als dass sich hier auf dieselbe eingelassen werden könnte. Als Folgezustände chronischer Nierenkraukheiten stellen sich oft ödematöse Anschwellungen der Haut und seröse Ergüsse in die grossen Körperhöhlen ein.
Die Behandlung muss vorzugsweise auf Beseitigung der zu (iruude liegenden Ursachen, auf ein entsprechendes diätetisches Ver­halten gerichtet sein und die eigentliche dir, die oft auch nur symptoma­tisch sein kann, dem vorhandenen Krankheitsprocesse angepasst werden.
I. Abschnitt.
Krankheiten der Nieren und der Nierenbecken.
I. Functionelle Störungen.
sect;. 2. Eine Verminderung der Harnabsonderung ist bei Haus-thieren gewöhnlich nur ein Symptom, welches sich bei fieberhaften Erkrankungen überhaupt, bei Vermehrung seröser Ausscheidungen durch andere Organe, z. B. bei Durchfallen, bei wässerigen Ergüssen in die Brust-und Bauchhöhle, bei Hautwassersucht, dann bei acuten und chronischen Krankheiten der Nieren, insbesondere wenn beide ergriffen sind, ein­stellt. Sie muss von der Zurückhaltung des Harnes in der Blase,
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Harnmhr.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 801
deren angefüllter Zustand dann durch eine manuelle Untersuchung; auszumitteln ist, wohl unterschieden werden. Mit der Besserung des zu Grunde liegenden Zustandes kehrt auch die Absonderung der nor­malen Harnmenge zurück.
sect;. 3. Eine andauernd übermässige Vermehrung der Harnab­sonderung wird mit dem Namen:
Harnruhr, Lauterstall, Harnfliiss, Diabetes
bezeichnet.
Aetiologie. Die Krankheit kommt bei allen Hausthiergattungen, obwohl selten, vor. Als äussere, ihre Entstehung veranlassende Schädlichkeiten werden schlechte Haltung und Pflege, Unreinlich-keit der Stallungen, der Genuss dumpfigen, verdorbenen oder neuen Hafers, verdorbenen Heues, bereiften, gefrorenen Eutters oder zu gros­ser Quantitäten von Trabern, harten, kalkhaltigen Trinkwassers, das Fressen scharfer Pflanzen, darunter für Schafe besonders der Anemo­nen , Pulsatillen, dann der Schwalbenwurzel, der zu anhaltende Ge­brauch harntreibender Mittel, Erkältung der Haut, namentlich durch rauhe, nasskalte Witterung, beschuldiget. Bisweilen herrscht diese Krankheit seuclienartig.
Symptome. Reichliche und häufige Entleerung eines sehr wässerigen, speeifisch leichteren, fast geruchlosen Harnes, die bald schmerzhaft, bald unwillkürlich ist, bedeutende Steigerung des Durstes, Trockenheit der Haut, Mattigkeit und grosse Abgeschlagenheit, steifer gespannter Gang mit dem Hintertheile, gerade Haltung der Lende, bisweilen Empfindlichkeit der Nierengegend. Hiezu gesellen sich in der Folge Verminderung der Fresslust, zunehmende Abmagerung, Zehr­fieber. Der Harn derart kranker Pferde zeichnet sich durch einen sehr geringen Gehalt an Salzen aus, bisweilen ist Zucker in dem­selben nachzuweisen. Die Krankheit kann sich über viele Monate, selbst über ein Jahr hinaus erstrecken; endlich gehen die Kranken, nachdem bisweilen die Erscheinungen einer Lähmung der Nachhand ein­getreten sind, cachectisch zu Grunde.
Der anatomische Befund zeigt durchaus keine constanten Ver­änderungen der Nieren, die bald hypertrophisch, bald erweicht, bald geschrumpft angetroffen werden, die Häute der Harnblase sind ge­wöhnlich verdickt und ihre Höhle hiedurch verkleinert; meist sind chronische Katarrhe der Magenschleimhaut und die Zeichen einer vor­geschrittenen Cachexie zugegen.
Roll, PatboL und Therapie. II. Aufl.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 51
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H02nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; llypeiämie der Nieren
Behandlung. Vor Allem Abstellung der Ursachen und ein entsprechendes diätetisches Verhalten, Verabreichen guten gesunden Futters und schleimiger Tränke, massig warmer, reiner, trockener Aufenthalt, öfteres Frottiren der Haut, gute Bedeckung u. s. w. In­nerlich werden die verschiedensten Mittel, wie armenischer Bolus oder Lehm unter das Trinkwasser geröhrt, herbe Substanzen, wie Eichen­rinde , Catechu , Alaun in Verbindung mit Eisenvitriol oder Stahlschwe­fel, der Bleizucker, der Kampher, das Crcosot im Trinkwasser, die Kantharidentinctur in schleimigen Abkochungen u. dgl. empfohlen. Wo eine grössere Empfindlichkeit der Nierengegend zugegen ist, und der Absatz des Harnes unter Schmerzensäusserungen erfolg!, können auch schleimige Abkochungen mit kleinen Gaben Salpeters gegeben werden. Im Beginne der Krankheit reicht man oft mit dem angege­benen diätetischen Verfahren aus. bei vorgeschrittenem Leiden ist meist jede Behandlung fruchtlos.
II. Anatomische Störungen.
A. Jjocale Störungen des Kreislaufes.
1. Anämie der Mcren.
sect;. 4. Sie ist Theilerschcinung der allgemeinen Anämie und Be­gleiterin verschiedener chronischer Krankheiten dieses Organes; sie ver­ursacht eine graulich weisse Färbung desselben.
2. Hyperämie der ISieren.
sect;. ö. Hyperämie der Nieren stellt sich im Gefolge von Herz­krankheiten, bei Typhus, Anthrax , nach der Anwendung harntreibender Mittel, als Vorläuferin der Nierenentzündung ein. Sie gibt sich wäh­rend des Lebens höchstens durch eine Vermehrung der Harnabsonde­rung und vielleicht durch eine grössere Empfindlichkeit der Nieren­gegend zu erkennen. Die acute Hyperämie characterisirt sich am Ca­daver durch grösseren Blutreichthum, seltener der ganzen, häutiger der Rinden- oder der Ilöhrensubstanz allein, durch starke Schwellung und Erweichung derselben; bei chronischen Hyperämien erscheinen die Gefässe strotzend gefüllt, die Nieren dunkelroth gefärbt und auf dem Durchschnitte mit rothen Pnncten besetzt, häufig hypertrophisch. Die Behandlung wäre nach denselben Grundsätzen, wie bei der Nieren­entzündung einzuleiten.
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3. Binding.
sect;. 6. Blutungen der Jsiercn sind nicht selten; sie erfolgen entweder durch äussere Verletzungen, wobei der Bluterguss bald in die Nieren selbst, bald unter die Kapsel, bald in das umliegende Bindegewebe stattfindet, oder durch mechanische Verletzungen durch Harnsteine oder im Gefolge allgemeiner Krankheiten, wie des Typhus, des Anthrax, wo sie bisweilen sehr bedeutend werden. Bisweilen stellen sie sich als Begleiter der Nierenentzündung oder des Nieren­krebses ein. Kleinere Blutextravasate entgehen während des Lebens der Beobachtung, umfänglichere veranlassen nicht selten Schmerzhaf-ligkeit der Lendengegend, Schmerzänsserungen beim Absätze des Harnes, der dann gewöhnlich eine blutige Färbung zeigt und bei Pferden auch mehr oder weniger heftige Kolikorscheinungen.
sect;. 7. Der Abgang eines, Blut enthaltenden Harnes wird als
Bliilhariien, rothes Wasser, Blulpissen, Haeinaluria
bezeichnet. Das gemeinsame Merkmal dieses, durch verschiedene Ver­anlassungen begründeten Leidens ist der Abgang eines, mehr oder weniger intensiv blutig gefärbten oder eines, Blut- und Faserstoffgerinnsel enthaltenden Harnes. In dem ersteren Falle wechselt die Färbung des Harnes von einem leichten Stiche ins Rothe oder Bräunliche bis zu einer gesättigt braunrothen oder schwarzen Farbe, bei längerem Stehen bildet sich dann gewöhnlich ein beträchtlicher schwarzbrauner Bodensatz. Eine Verwechslung mit der, durch reichlichen Gehalt an Gallenfarbestoff bedingten Färbung wird dtirch die bekannte Beaction des letzteren vermieden. Tn den geringeren Graden des Leidens sind ausser einer leichten Ermattung und verminderten Lebhaftigkeit besondere andere Erscheinungen nicht zugegen, ausser es wäre dasselbe durch einen hyperämischen oder durch einen Entzündungszustand der Niere bedingt, in welchem Falle sich dann Fieber, Empfindlichkeit der Nierengegend, steife Haltung der Lende, Sohmerzäusserung und Aufkrümmung des Rückens beim Harnabsatze hinzugesellt. Leichtere Grade können in Kurzem der Heilung zugeführt werden; in jenen Fällen hingegen, bei denen das Blutharnen durch Nierenentartungen, insbesondere Krebs, durch voluminöse Nierensteine veranlasst wird, nehmen die Zufälle allmälig oder rasch zu, die Harnentleerung wird immer schmerzhafter, unter Stöhnen und Aechzen vollzogen, die Thiere werden durch den
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andauernden Blutverlust schwach und anämisch und enden schliess-lich unter colliquativen Entleerungen. Bei sehr bedeutenden Blutungen bilden sich Gerinnungen in der Harnblase und in den Harnleitern, welche den Abliuss des Harnes behindern, Stauung desselben gegen die Niere bedingen und hiedurch die ursprüngliche Störung vermehren und ander­weitige Zufälle herbeiführen können.
Aussei- den bereits oben angeführten, in mechanischen Verletzun­gen, Krankhcitszuständen der Xieren oder allgemeinen Erkrankungen (Typhus, Anthrax u. s. w.) begründeten Ursachen sind es vorzüglich nachstehende Schädlichkeiten, welche bei den Hausthieren das Blutharnen veranlassen u. z. der Genuss harziger Sprossen der Nadel­hölzer , der herben Knospen der Eichen, Buchen, scharfer Pflanzen, besonders der Hahnenfuss-, der Wolfsmilch- und Anemonenarten, des Wasserpfeffers, des Bingelkrautes, des Erd- und Heidelbeerkrautes, der Waldrebe u. dgl., der von Insccten (besonders der Processions-raupe) und ihren Excrementcn überzogenen Pflanzen, der Kanthariden und Maikäfer, der auf sumpfigen und moorigen Plätzen wachsenden Gräser und des aus ihnen gefechsten Heues, das Saufen stehenden oder moorigen Wassers. Unter solchen Verhältnissen kommt das Blut­harnen selbst enzootisch, besonders unter Bindern und Schafen, namentlich im Erühlinge, wo es noch an guter und reichlicher Weide fehlt und in sehr trockenen und heissen Sommern vor, wo die Thiere, wegen Mangel entsprechender Nahrung, auf den Weideplätzen zu solchen Pflanzen greifen müssen. Gleichzeitige Erkältung durch nass­kalte Witterung soll ihr Entstehen begünstigen, und insbesondere frem­des, an die gedachten örtlichen Verhältnisse nicht gewohntes Vieh am ersten in die Krankheit verfallen.
Die Prognose bei diesem Zustande, welcher natürlich nur als ein Symptom der Zerreissung von Gelassen in den Nieren betrachtet werden muss, ist eben desshalb eine sehr verschiedene. Bei organi­schen Veränderungen der Niere, besonders bei Nierenkrebs, ist be­greiflicherweise ebensowenig, wie wenn das Blutharnen durch grosse Nierensteine bedingt ist, etwas zu erwarten; bei dem als Theilerschei-nung des Typhus, Anthrax eintretenden; ist der Ausgang von dem Verlaufe der zu Grunde liegenden Krankheit abhängig, bei dem, durch die Einwirkung der letztgenannten äusseren Schädlichkeiten bedingten Blutharnen ist, wenigstens im Beginne des Leidens, die Prognose noch am günstigsten.
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Blutbarnen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;805
Behandlung, fn diesen letzteren Fällen ist vorerst auf die Be-seitigung der zu Grunde liegenden Ursachen Bedacht zu nehmen; für gutes Futter, eine bessere Weide, für entsprechendes Trinkwasser Sorge zu tragen, wodurch in leichteren Fällen allein schon Heilung erzielt wird. Sind Erscheinungen einer Reizung oder Entzündung der Nieren zugegen, so empfehlen sich schleimige Abkochungen mit Zusatz der Mittelsalze, des Salpeters, kalte Umschläge auf die Nierengegend, schleimige oder Seifenklystiere, nach Erfordemiss selbst Aderlässe; fehlen diese Zeichen, so sind säuerliche und leicht adstringirende Mittel (besonders der Alaun und der Bleizucker) am Platze. Unter den säuer­lichen Mitteln werden vorzüglich saure Milch, Essig, Abkochungen von Sauerklee in Milch empfohlen. Droht den Kranken durch die Stärke des Blutverlustes Gefahr, so muss zu herben Pflanzenabkochun­gen unter Zusatz von Mineralsäuren, insbesondere der Schwefelsäure, von Eisenvitriol gegriffen und kalte Umschläge auf die Lendengegend angewendet werden. Sollten sich Hautreize als nothwendig heraus­stellen, so werden diese am besten durch Einreibungen von Kampher­geist in die Nierengegend erzielt, während sich solche mit Salben, welche Terpentinöl oder Kanthariden enthalten, wegen der hiedurch veranlassten Reizung der Nieren, als schädlich erweisen. Sollte der Genuss spanischer Fliegen oder Maikäfer nachweisbar die Ursache des Blutharnens sein , so wäre der Gebrauch kampherhältiger Emulsionen am Platze.
Anmerkung. Hieher (und keineswegs zur sogenannten Bright'sehen Krank­heit) scheint jene Krankheit der Pferde zu gehören, welche als schwarze Harn­winde, schwarz8 Krankheit derselben bezeichnet wird, sich durch den Abgang eines kaffeebraungefärbten Harnes, Empflndliehkeit der Nierengegend, selbst öderaatöso Anschwellung derselben, Steifigkeit der Hintergliedraassen, massige Fiebererscheinungen auszeichnet und häufig den Tod unter starrkrampfähnlichen Erscheinungen herbei­führen soll. Die Krankheit kommt hie und da enzootisch vor; uns ist sie noch nicht zur Beobachtung gekommen. Ihre Entstehung wird bald der übermässigen Fütterung mit Kleehäcksel, bald dem Genüsse von Schilf und sauren Gräsern und Heu, verdor­benen, sumpfigen Wassers, bald plötzlichen Erkältungen zugeschrieben. Zur Behand­lung wird neben Abstellung der angeführten Uebelstände der Gebrauch des Eisen­vitriols, des Bleizuckers in Verbindung mit erregenden Mitteln, mit aromatischen Auf­güssen, Aether u. dgl. empfohlen.
B. Störungen der Ernährung.
I. Hypertrophie und Atrophie.
sect;. 8. Eine wahre Hypertrophie einer Niere stellt sich biswei­len dann ein, wenn die der anderen Seite, durch welchen pathologischen
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Atrophie dev Klere,
Vorgang immer, functionsuntüchtig geworden ist. Bei Hunden, #9632;welche an Herzfehlern (Insufficienz der zweizipfeligen Klappe) leiden, findet sich bisweilen eine Hypertrophie des interstitiellen Bindegewebes der Nieren, wodurch dieselbe hart und derb wird.
sect;. 9. Atrophie der Niere erfolgt durch schwartige Verdickung der Kapsel, durch Druck von Geschwülsten der Umgebung (z. B. der krebsigen Leber), durch athcromatöse Entartung und Verengerung der Nierenarterien in dem letzten Stadium der Bright'schon Krankheit.— Stellt sich dem Abflüsse des Harnes aus den Nierenbecken ein bedeu­tendes Hiuderniss, gleichviel, ob es in den Harnleitern, in dem Blasen-halso oder in der Harnröhre seinen Sitz habe, entgegen, so sammelt sieh der Harn vor (ober) dieser Stelle an und dehnt die, vor (ober) dem Hindernisse gelegenen Abschnitte der Harnwege und die Nierenbecken oft enorm aus. Durch den Druck des zurückgehaltenen Harnes, dessen Menge durch fortdauernde Absonderung noch zunimmt, stellt sich ein allmälig zunehmender und schliesslich selbst bis zu dem Grade ge­deihender Schwund des Nierenparenchyms ein, dass dasselbe zuletzt bloss in Gestalt eines linienbreiten, stellenweise durchbrochenen Sau­mes das zu einer grossen, harnhältigen Blase ausgedehnte Nieren­becken begränzt, ein Zustand, der Nieren-Wassersucht (Hydro-nephrose) genannt wird. Sitzt das, dem HamabHusse entgegenstehende Hinderniss in einem Harnleiter, betrifft mithin der Schwund bloss Eine Niere, so kann das Leben längere Zeit noch fortbestehen, da die zweite Niere noch funetionsfähig ist; sitzt es jedoch im Blasenhalse, wie diess bei Hunden, die an Krebs der Vorsteherdrüse leiden, durch welchen die Harnröhre bisweilen bis zur völligen Unwegsamkeit comprimirt wird, der Fall ist, so entwickelt sich dieser Zustand in beiden Nieren, die Harnabsonderung hört endlich völlig auf und der Tod erfolgt we­gen des Zurückbleibens der, durch den Harn auszuscheidenden Sub­stanzen im Blute.
2. Neubildungen.
sect;. 10. Neubildungen von Bindegewebe kommen bisweilen bei Pferden in den Nierenbecken in Gestalt kolbiger Auswüchse vor, ohne dass sie jedoch eine solche Grosse erreichen würden, dass sie dem Abflüsse des Harnes ein besonderes Hinderniss entgegensetzen könnten. Der Hypertrophie des interstitiellen Bindegewebes der Nieren wurde schon früher gedacht.
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NflubUdungen la der Niere.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;807
sect;. 11. Neubildung von Fettgewebe findet sich bei sehr fetten Thieren als Hypertrophie des, die Nieren umgebenden Fettes und kann selbst zum Schwunde des Organes führen. Fettentartung der Nie­ren kommt bisweilen im Gefolge der Bright'sohen Krankheit vor.
sect;. 12. Tuberkel der Nieren sind sehr selten; wir haben sie bisher nur bei allgemeiner Tuberculose als gelbe, wenig zahlreiche ili-liartuberkel in der Rindensubstanz angetroffen.
sect;. 13. Cysten in den Nieren sind ein häufiger Eefund. Ge­wöhnlich kommen sie vereinzelt u. z. in der Grosse eines Hanfkor­nes, einer Erbse, selbst einer Wallnuss vor, enthalten gewöhnlich eine klare, wässerige Flüssigkeit, seltener eine colloide Masse und veranlas­sen während des Lebens keine bemerkbaren Erscheinungen. In viel selteneren Fällen ist ihre Bildung so wuchernd, dass das zwischenlie­gende Gewebe vollkommen atrophirt und schliesslich die sehr vergrös-serte, an der Oberfläche buckelig unebene Niere bloss aus einem Ag­gregate aneinander gedrängter, sich gegenseitig abplattender oder nach stattgefundenem Uurchbrucho der Zwischenwandungen unter sich com-raunicirender Cysten besteht. Ob dieser Befund, den man bisweilen bei dem Binde antrifft und der als Blasenniere bezeichnet wird, durch eine sackige Ausbuchtung einzelner Harncanälchen, ausweichen der Harnabtluss (z. B. durch Sedimente) behindert ist und die sich später vollkommen abschliessen und selbstständig weiter wachsen, be­dingt sei oder ob er nach einer vorausgegangenen Bright'schen Krank­heit aus den Kapseln jener Malpighi'sehen Körper, deren fettig ent­arteter Inhalt resorbirt worden ist, entstehe, oder beiden Umständen seine Entwicklung verdanke, muss vorläufig unentschieden gelassen werden.
sect;. 14. Krebs der Nieren ist uns bei Pferden nur einigemal u. z. unter der Form eines sehr gefässreichen Markschwammes und des Cystenkrebses vorgekommen. Besonders durch den letzteren er­langt die Niere bisweilen einen enormen Umfang und zeigt, eingebettet in eine hirnmarkähnliche, meist sehr gefässreiche und von Extravasa-ten durchzogene Masse, zahlreiche erbsen- bis haselnussgrosse, theils mit dünnem, gelblichem Serum, theils mit einer gallertartigen, röthlich grauen Masse erfüllte Cysten. Während des Lebens veranlasst der Nierenkrebs bisweilen Blutharnen und es lässt sich hieraus und durch den, bei Volumsvergrösserung der Niere in grosser Ausdehnung sich einstellenden gedämpften Percussionsschall die Diagnose dieses Zustan-des wenigstens annäherungsweise selbst während des Lebens stellen.
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Bei Hunden kommt der Medullarkrebs der Vieren neben Krebs ande­rer Organe, namentlich der Leber, nicht selten vor.
3. Enhünilung.
a) Die einfache Nierenentzündung (Nephritis simplex).
sect;. 15. Aetiologie. Sie ist eine, bei allen Hausthiergattimgen, obwohl selten vorkommende Krankheit, welche sich durch mechanische, die Nieren treffende Schädlichkeiten, wie Schläge, Stösse, Erschütte­rungen, gewaltsames kurzes Pariren, starke Anstrengung im Zuge durch die Anwesenheit rauher Nierensteine, durch Verbreitung der Entzündung benachbarter Organe, bei Lähmung des Rückenmarkes, durch den Missbrauch auf die Harnorgane reizend wirkender Arzneien (besonders der spanischen Fliegen, des Terpentinöls, harziger und bal­samischer Substanzen, des Eingerhutkrautes), durch den Genuss harzi­ger , scharfer PHanzentheile, verdorbenen, schimmligen, mit Insecten verunreinigten Futters, dann nach plötzlichen und intensiven Erkältun­gen entwickelt. Sie hat häufig einen acuten, bisweilen einen chroni­schen Verlauf.
Pathologische Anatomie. Die Entzündung ist meist auf eine Niere und da gewöhnlich anfangs auf einzelne Abschnitte beschränkt, von wo aus sie sich erst später weiter verbreitet. Die Niere ist hiebei vergrössert, gleichmässig dunkel oder streifig geröthet. Auf einem Durch­schnitte treten nicht selten noch dunkler geröthete Punkte in der Ein-densubstanz (die stark injicirten üefässknäuel der Malpighi'schen Körper) hervor, oder die Niere ist stellenweise von kleinen Extrava-saten durchzogen; die Kapsel ist gewöhnlich verdickt, von der Niere leicht abziehbar. 1st die Entzündung auf einzelne Abschnitte des Or-ganes beschränkt, so können zwischen den derart veränderten Stellen ganz normale liegen. Im weiteren Verlaufe wird die Niere selten con-sistenter, gewöhnlich mürbe und so weich, dass sie sich leicht zu einem Breie zerdrücken lässt, wobei der Unterschied der Färbung zwischen Rinden- und Pyramidensubstanz, die beide gleichförmig braunroth ge­färbt sind, verschwindet und die letztere nur durch die stärkere In­jection der, längs der Pyramiden verlaufenden Gefässe markirt ist; aus der Schnittfläche lässt sich eine röthlichgraue, trübe Flüssigkeit mit dem Messer leicht abstreifen. Durch die, im weiteren Verlaufe statt­findende Eiterbildung erbleicht die Niere, die Färbung wird schmutzig, gelb oder grau, zuletzt bilden sich kleine Eiterheerde, welche allmälig
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Nierfinpntzüniiinjr.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 800
unter Zerstörung; des zwischenliegenden NierenparenchyinB zu umfäng­licher werdenden Abscensen zusammenfliessen, deren luluilt sich ent­weder allmälig eindickt und verkreidet, oder sicli in das Nierenbecken ergiesst, wornach der Eiter sich dem Harne beimengt und mit demsel­ben abfliesst, oder nach eingetretener Verwachsung der Niere mit der Umgebung gegen die Lendengegend zu durchbricht, von wo aus dann verschieden gestaltete Hohlgänge zum Nierenabscesse führen. Bisweilen perforiren solche Abscesse in die Bauchhöhle und haben dann eine tödtliche Bauchfellentzündung im Gefolge. Nicht immer tritt jedoch Eiterung in der entzündeten Niere ein, häufig erfolgt unter Rückgang der Erscheinungen der Hyperämie und unter Resorption des Exsudates Genesung, oder es stellt sich durch Neubildung von Bindegewebe Ver­ödung und sogenannte Verhärtung einer Niere oder einzelner Abschnitte derselben ein, wobei sie zu einer harten, weissgrauen, an der Ober-üäche höckerigen Masse, in welcher die Spuren des früheren Nieren-parenehyms ganz zu Grunde gegangen sind, sich umändert oder es erfolgt bei Ausbreitung der Entzündung über beide Nieren rasch der tödtliche Ausgang.
Erscheinungen. Die Krankheit beginnt gewöhnlich plötzlich mit Fieber von verschiedener Heftigkeit, mit .Schmerz, bisweilen auch mit Tem­peratursteigerung in der Lendengegend. Der Schmerz gibt sich sowohl bei der Berührung der Lende durch Einbiegen derselben, durch Aus­weichen der Thiere, als auch durch das eigenthümliche Benehmen der Kranken zu erkennen. Diese stehen nämlich mit weit auseinander und zurückgestellten Hinterfüssen und meist mit aufgekrümmter Lende, sie gehen mit dem Hintertheile beschwerlich, steif, schwankend, wobei manchmal ein oder der andere Fuss wie gelähmt nachgezogen wird, sie legen sich in der Regel nicht oder nur sehr vorsichtig nieder; das Aufstehen geschieht wegen der Schwierigkeit, sich auf die Hinterfüsse zu erheben, mit grosser Beschwerde. Bei männlichen Thieren sind die Hoden angezogen, bisweilen schmerzhaft, der Harn wird bald nur in sehr geringer Menge, aber öfter und unter grosser Beschwerde oder aber durch längere Zeit gar nicht abgesetzt, wobei die vorgenommene Untersuchung die Harnblase leer nachweiset; der entleerte Harn ist gewöhnlich schon anfangs dunkel gefärbt und wird meist bald blutig, später bisweilen eiterig. Dabei fehlt die Fresslust, die Maulschleim­haut ist gewöhnlich belegt, der Durst vermehrt, der Absatz der Excre-mente verzögert; bei Pferden stellen sich gewöhnlich zeitweise mehr oder weniger heftige Kolikerscheinungen ein.
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lt;S I ünbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Niinvnentzllmlmig.
Der Verlauf und die Ausgänge dieser Krankheit sind verschie­den; im günstigen Falle tritt unter alhnäligem Nachlasse der Erschei­nungen die Genesung ein; häufig erfolgt unter rascher Steigerung der Symptome, der Schmerzen, des Fiebers und nach dem Eintritte grosser Unruhe oder Betäubung der Tod, oder es treten die Zufalle des acuten Leidens zurück und es bleibt ein cachectischer Zustand mit Schmerzhaftigkeit der Xierengegend zurück. Dieser letztere wird entweder durch Vereiterung der Niere bedingt, in welchem Falle dann der Harn ein eiteriges Sediment zeigt, oder, bei gleichzeitiger Perforation der Haut, zu den Nieren hinziehende Fistelgänge zugegen sind, oder nach geschehener Anheftung an den Darm und nach Durchbruch des Nie-renabscesses in denselben, mit Eiter gemengte Excremente abgehen, oder er ist durch Verödung der Nieren veranlasst.
Behandlung. Aderlässe, schleimige Abkochungen in Verbindung mit antiphlogistischen Purgirmitteln, kalte Umschläge auf die Nieren­gegend oder Einreibungen mit Quecksilbersalbe, später tiüchtige Lini-menle mit Kampher, wiederholte Anwendung schleimiger Klystiere; in höheren Graden innerlich der Kampher. Der innerliche und äusserliche Gebrauch des Terpentinöles, der spanischen Fliegen und sogenannter harntreibender Mittel ist so wie die Benützung des Salpeters sorgfältig zu vermeiden. Zurückbleibende Nachkrankheiten sind entsprechend zu behandeln; damit behaftete Binder werden am vortheilhaftesten ge­schlachtet, bevor der cachectische Zustand zu einem höheren Grade gediehen ist. Dass die nachtheiligen Einwirkungen der als veranlas­sende Ursachen beschuldigten Schädlichkeiten zum Zwecke des Gelin­gens der Cur thunlichst hintanzuhalten seien, ist selbstverständlich.
b) Metastatische Nierenentzündung (Nephritis metastatiea).
sect;. 16. Metastatische Infarcte kommen in den Nieren nicht selten vor; sie werden nach Entzündung der inneren Herzauskleidung bei Gegenwart von Gerinnseln in den Gefässen u. s. w., kurz unter den bereits wiederholt angeführten Bedingungen gewöhnlich mit ähn­lichen Processen in der Milz, in den Lungen u. s. w. angetroffen. Sie stellen keilförmige, mit ihrer Basis der Oberfläche zugekehrte, dunkelrothe oder bereits gelblich erbleichte und geschrumpfte, harte, oder zu einer rahm­ähnlichen, eiterigen Masse erweichte Massen dar, die selten vereinzelt, gewöhnlich in grösserer Zahl neben einander vorkommen. Ihre Gegen­wart entgeht während des Lebens der Beobachtung.
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KteranentzKudnnff.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;laquo;S1 1
c) Di e Bright'sche Krankheit (Nephritis albiimhiosa, Morbus
Brightii).
sect;. 17. Diese Krankheit wird als ein häufiger Befund in den Ca-davern der Hausthiere u. z. in den verschiedenen Stufen ihrer Ent­wicklung angetroffen; am weitesten vorgeschritten fanden wir sie bei Bindern und Hunden; bei Pferden ist sie in ihren ersteren Stadien eine der am häufigsten in den Nieren vorkommenden Störungen. Nach den bis nun vorliegenden Beobachtungen ist ihre anatomische Entwick­lung die nachstehende.
Die Nieren u. z. gewöhnlich beide, sind im Beginne der Krank­heit hyperämisch, daher dunkelgefarbt, mit zahlreichen, dunkleren Punkten und Streifen versehen, geschwellt, von normaler oder etwas verminderter Consistenz; aus dem Durchschnitte tritt eine trübe, blu­tige Flüssigkeit, die Nierenkapsel ist leicht von der glatten und feuch­ten Nierenoberfiäche loszuschälen; die Nierenbecken sind mit zähem, blutigem Schleime angefüllt, der in der Harnblase enthaltene Harn ist stark eiweisshältig.
Bei feinerer Untersuchung finden sich einzelne Harncanälchen mit Faserstoftge-rinnungen ausgefüllt, andere mit abgestossenen Epithelien vollgepfropft.
In einem weiter vorgeschrittenen Zeiträume sind die Nieren vo­luminöser, erbleicht, von graulichgelber Farbe, auf einem Durchschnitte von gelben Punkten oder Streifen (den fettig entarteten Epithelien der erweiterten Harncanälchen und der Kapseln der Malpighi'sehen Kör­per), hie und da aucli von Ekchymosen durchzogen, erweicht und eine trübe, röthliche Flüssigkeit ergiessend, die Kapsel ist gewöhnlich stel­lenweise innig mit der, durch Erweiterung und Anfüllung der Harn­canälchen mit Exsudat körnig unebenen Nierenoberfläche verwachsen. Bis hieher konnten wir die Krankheit bei Pferden, wo sie rasch zu verlaufen scheint, verfolgen, die weitere Entwicklung konnten wir nur bei Rindern und Hunden antreffen. Die Niere erscheint dann biswei­len bedeutend kleiner als im normalen Zustande, blassroth, bisweilen von weissen, bindegewebigen Streifen durchzogen, sehr derb und fest, aus dem Durchschnitte, an dem gewöhnlich die Bindensubstanz sehr verkleinert und gelblich erscheint, lässt sich nur wenig graue, trübe Flüssigkeit ausdrücken; die Kapsel hängt mit der Nierenoberfiäche, die grobkörnig uneben ist, innig zusammen. Diese höckerigen Knötchen entsprechen jedoch nicht mehr den angefüllten Harncanälchen, sondern dem normal gebliebenen Nierenparenchyme, da die ersteren, nachdem
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812nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Nierenentzündung.
sie fettig entartet sind, durch Resorption entfernt werden und an ihrer Stelle sich narbige Einziehungen bilden. Bisweilen scheint auch Neu­bildung von Bindegewebe stattzufinden, wodurch die Consistenz und durch dessen Schrumpfen der Schwund der Nieren vermehrt zu wer­den scheint.
Der ganze Vorgang bei Bildung dieser Nierenentartung besteht demnach in einer bald acut, bald chronisch verlaufenden Entzündung der Nieren, mit eiweissiger und faserstoffiger Exsudation in die Mal-pighi'schen Körper und in die Harncanälchen, mit fettiger Entartung dieser und der ausgeschiedenen Faserstoff-Cylinder, nachheriger Ec-sorption derselben und dadurch bedingtem schliesslichen Schwunde der Nieren.
Die, diesen Zustand veranlassenden Ursachen sind noch gänz­lich unbekannt; wir haben die erwähnten Veränderungen der Nieren bei Pferden neben Lungen- und Brustfellentzündung, Entzündung der inneren Herzauskleidung, Bauchfellentzündung, aber auch bei solchen Pferden angetroffen, welche übrigens anscheinend gesund, wegen Kno­chenbrüchen, Hufkrankheiten u. dgl. vertilgt wurden.
Die Erscheinungen während des Lebens sind uns dermalen noch unbekannt. Manche Beobachter wollen bei dieser Entartung einen bald sparsamen, bald reichlichen Abgang eines blassgelben oder trüben, flockigen, selbst blutigen, stets aber stark eiweisshältigen Harnes be­merkt haben. Rinder, deren Nieren die höchsten Grade der Bright-schen Erkrankung zeigten, sollen während des Lebens an Haut- und Bauchwassersucht gelitten haben. Ueber die Behandlung vermögen wir nichts anzugeben.
d) Entzündung der Nierenkapsel. sect;. 18. Das Vorhandengewesensein einer Entzündung der Nierenkapsel und der zelligen Hülle derselben, welche am wahr­scheinlichsten durch mechanische Einwirkung auf die Lendengegend sich einstellen und unter den Erscheinungen einer Nierenentzündung verlaufen mag, ist bei Sectionen bisweilen aus ihren Folgen, nämlich einer schwartig harten Verdickung der Kapsel, die zum Schwunde der eingeschlossenen Niere führt, zu entnehmen.
e) Die chronische katarrhalische Entzündung des Nieren­beckens. sect;. 19. Sie ist bei Pferden ein sehr häufiger Befund. Die Becken sind dann gewöhnlich bedeutend erweitert, die Schleimhaut
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KicreueatzUndiing.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;810
schmutzig bräunlich, bisweilen pigmentirt, und mit zähem oder citer-ähnlichem Schleime, der nicht selteu ihre ganze Höhle erfüllt, über­zogen; manchmal ist gleichzeitige eiweissige Nierenentzündung zugegen. Der Harn solcher Kranken ist gewöhnlich sehr zähe, und setzt bei längerem Stehen reichliche Sedimente ab. Der katarrhalische Zustand erstreckt sich bisweilen auch über die Harnleiter bis in die Blase, entwickelt sich in der Mehrzahl der Fälle ohne nachweisbare Ursache, wird jedoch auch durch Harnsteine und Schmarotzerthiere, die sich in dem Becken vorfinden, veranlagst und unterhalten.
C. Veränderungen der jy/iysibaliurhen Eigenschaften.
sect;. 20. Eine Yergrösserung des Umfang es der Nieren wird durch Hypertrophie, durch Hyperämie und Entzündung, durch Neubildungen, namentlich Cysten und Krebse , dünn durch die soge­nannte Wassersucht der Nieren, welche stets mit Schwund des Organes und mit Erweiterung der Harnleiter verbunden ist, bedingt. Eine Arcrkleinerung der Nieren ist stets mit Atrophie verbunden. Eine Verengerung der Harnleiter wird durch den Druck von Geschwül­sten der Umgebung, eine Verstopfung derselben gewöhnlich durch Harnsteine bedingt; sie führen in ihren höheren (iraden und bei blei­bender Dauer zur Hydronephrose.
sect;. 21. Abweichungen der Form der Nieren kommen bei l'ferden oft vor, ohne dass hiedurch irgend eine Störung veranlasst würde. Eine derselben ist die sogenannte Hufeisen-Niere, wobei die hinteren Enden beider Nieren durch ein Stück, quer über die Wir­belsäule gelagerter Nierensubstanz verbunden sind.
sect;. 22. Die Lage der Nieren kann durch den Druck an­grenzender Geschwülste, sowie der Leber, des Pansens verschiedenartig abgeändert wrerden.
.D. Anomalien des Inhaltes.
sect;. 23. Von dem Vorkommen von Nierensteinen war bereits im allgemeinen Theile die Rede. Sie können zur Entstehung von Schmerzen im Hinterleibe (sogenannten Nierenkolik), in Folge ihrer mechanischen Einwirkungen zu Blutungen, Entzündung und Vereiterung der Niere, zu Einrissen des Nierenbeckens und zu seeundärer Bauchfell­entzündung Anlass geben. Kleinere Nierensteine gelangen bisweilen
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o 1 -plusmn;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Blascnkrampf.
durch den Harnleiter in die Blase und von da mit dem Harne nach aussen; bei ihrem Einkeilen in den Harnleitern können sie zur Ent­zündung und Zerreissung derselben, zur Stauung des Hames und zur Hydronephrose führen.
sect;. 24. Von Parasiten kommt, obwohl selten, der Hülsen­wurm in den Xieren der Wiederkäuer vor und führt bei einiger-massen bedeutender Menge und (irössc zum Schwunde des Nieren-parenehyms.
In den Nierenbecken des Herdes, Rindes und Hundes wird bisweilen der lliesenpalissadenwurm angetroffen, welcher je nach seiner Grosse und nach der Zahl der vorhandenen Exemplare das Nie­renbecken mehr oder weniger ausdehnt und zum Eintritte von Beschwer­den im Harnabflüsse , zu Nierenblutungen und zum Schwunde der Niere Veranlassung geben kann.
II. Abschnitt.
Krankheiten der Harnblase und der Harnröhre.
sect;. 25. Sie kommen als selbstständige Krankheiten bei Haus-thieren selten vor, öfter begleiten sie Erkrankungen anderer Organe, insbesondere jene der Nieren und der Centralorgane des Nerven-systemes.
I. Functionelle Störungen,
1. Der Blaseiikraiii|ir.
sect;. 26. Hie mit diesem Namen bezeichnete Krankheitsform be­ruht auf einer krampfhaften Zusammenziehung des Blasenhalses, welche sich bisweilen nach zu langem Zurückhalten des Harnes bei zu lange fortgesetzter Bewegung der Thiere, ohne ihnen die nöthige Zeit zum Absätze des Harnes zu gönnen, angeblich auch nach plötzlicher Ab­kühlung der Haut einstellt. Der Blasenkrampf ist wohl von jenen Formen der Harnverhaltung zu unterscheiden, welche durch Verschlies-sung der Harnröhre durch Harnsedimente oder Steine, durch Compres­sion derselben durch Geschwülste der Vorsteherdrüse, durch Ansamm­lung verhärteter Hautschmiere in der Vorhaut bedingt sind; er kommt in der Hegel nur bei männlichen Thieren vor.
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Hlascukrauipt.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;n 1raquo;')
Erscheinungen. Die Thicre stellen sich öfter zum Harnen an, wobei entweder gar kein Urin, oder nur eine sehr geringe Menge, tropfenweise und unter grosser Anstrengung und Sclimerzäusserung abgesetzt wird; Pferde und Rinder äussern Kolikerseheinungen, Hunde sind sehr traurig, wechseln häufig die Stelle und zeigen bei einem auf die Schamgegend angebrachten Drucke Schmerz. Bei der durch den Mastdarm vorgenommenen Untersuchung findet sich die Harnblase stark ausgedehnt und bei der Berührung schmerzhaft, wobei sich zu­gleich ergibt, ob Steine im Blasenhalse eingekeilt oder Veränderungen der Vorsteherdrüse (bei Hunden) zugegen sind. In günstigem Falle tritt bald Erleichterung ein, indem auf Kachlass des Krampfes die Entleerung der Blase erfolgt, in ungünstigem steigern sich die Sym­ptome und es kann Beratung der Harnblase erfolgen, worauf die Er­scheinungen einer sehr acuten Bauchfellentzündung mit heftigem Fieber und baldigem Eintritte des Todes sich einstellen. Die geschehene Berstung der Blase wird mittelst der Untersuchung durch den Mast­darm sichergestellt, wobei dieselbe, während sie früher prall ange­füllt war, ohne dass Harn abgegangen wäre, leer erscheint. Dass bei diesem Leiden eben nur die manuelle Untersuchung der Blase die Diagnose feststellen könne, indem ähnliche Erscheinungen auch bei Nierenentzündung, bei Darmschmerz u. dcrgl., wo aber die Harn­blase leer oder nur massig gefüllt angetroffen wird, vorkommen, ist begreiflich.
Behandlung. Bisweilen reicht es hin, die Thiere auf eine frische, reichliche Streu oder auf Sohafmist zu stellen, den Bauch derselben, am besten nach vorherigem Bespritzen mit Terpentinöl zu frottiren und mit der durch den Mastdarm eingeführten Hand (oder bei Hunden mit dem Finger), einen sanften Druck auf die Blase auszuüben.
Nebenbei werden Klystiere von Kamillen- oder Baldrianthee, bei Hunden, sobald der Krampf hartnäckig ist, von Tollkirschenwurzel-Abkoehung gesetzt, innerlich können aromatische Aufgüsse mit Brech­weinstein oder Kampher, Stinkasand u. dergl. gegeben und Einreibungen von Bilsenkrautöl oder Tollkirschenextract mit warmem Oele in das Mittelfleisch versucht werden. Bei drohender Gefahr einer Berstung der Blase ist die Einführung des Katheters (die aber bei grossen Hausthieron auf Schwierigkeiten stösst), oder die Vornahme des Ham-blasenstiches, über welche die Chirurgie das Nähere lehrt, angezeigt. Sollte der Blascnkrampf bei Stuten vorkommen, so kann der Harn-
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oll)nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Lähmung dm' llamblass.
verhaltuug durch Einführung einiger Finger in die Harnröhre begegnet werden.
2. #9632;)!lt;gt; Lähiiiuiig iIct Hanililiisc.
sect;. 27. Sie begleitet bisweilen die Lähmung der JsTaclihand, Krankheiten des Hückenmai-kes, wie den Starrkrampf, die Entzündung des, den Scheitel der Blase überziehenden Bauchfelles. Bei Lähmung der Musculatur des Blasenhalses stellt sich ein fortdauerndes Auströpfeln des Harnes aus der Harnröhre, bei Lähmung der Blasen­muskel aber eine Erweiterung der Harnblase durch den sieh fortan ansammelnden Harn, Zersetzung des letzteren, Entzündung, Vereiterung, selbst Brand der Blasenschleimhaut, und in Folge der Stauung des Harnes in den Harnleitern Entzündung oder Erweiterung des Nieren­beckens mit ihren Folgen ein. Die Behandlung muss dort, wo die Blasenlähmung bloss als Theilerscheinung einer anderen Krankheit sich entwickelt hat, gegen diese gerichtet sein; bei Lähmung des Blasen­halses versucht man die innerliche Anwendung bitterer, erregender, selbst scharfer Substanzen, z. B. der spanischen Fliegen, äusserlich macht man reizende Einreibungen von Kamphergeist, spanischer Flie-geutinetur, Terpentinöl u. dergl. in das Mitteltieisch oder in die Kreuzgegend.
II. Anatomische Störungen.
A. Locale Siöranyen des Kreislaufes.
Uv|icnimic und Bliituiig der Uarnblaseiiscbleiiiihauf.
sect;. 28. Sie stellt sich nach dem zu lange fortgesetzten Gebrauche scharfer Substanzen, insbesondere der spanischen Fliegen, im Gefolge acuter und chronischer Erkrankungen des Eückenmarkes, bei Lähmung der Nachhand, dann nach Heizung der Schleimhaut durch Harnsedimente und Blasensteine ein. Hie Schleimhaut ist in solchen Fällen fleckig oder gleichmässig geröthet, stellenweise von Blutungen durchzogen, selbst verschorft, die Blase erweitert und schlaff, mit Ham mehr oder weniger angefüllt. Ist Blut in die Blascnhöhlc ausgetreten, so erhält hiedurch der Harn entweder eine gleichmässige, mehr oder weniger dunkelrothe oder kaffeebraune Färbung, oder er enthält Blutgerinnsel beigemischt, die während des Lebens auch mit dem Harne abgehen. Die Unterscheidung, ob das, dem Harne beigemengte Blut aus der Niere
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Neubildungen in der Harnblase.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;817
oder aus der Harnblase stamme, ist in vielen Fällen sehr schwierig. Ausser dem Bluthameu ist eine grössere Empfindlichkeit der Ulase, die bei der innerlichen Untersuchung meist in gefülltem Zustande augetrof­fen wird, gegen einen augebrachten Druck zugegen. Die Behandlung muss gegen die, zu ürunde liegende Ursache gerichtet sein und fällt im Ganzen mit jener der Blasenentzündung zusammen.
B. Slünwgen der Ernährung. I. Hjiirrtrapble und Atrojibie,
sect;. 29. Die Hypertrophie der Muskelhaut der Blase ent­wickelt sich gewöhnlich bei Hindernissen, welche der Harnentleerung entgegenstellen, bei Blasensteinen, bei chronischem Katarrhe. Die Mus­kelhaut erreicht hiebei manchmal eine Dicke von mehreren Linien, wobei ihre Bündel deutlich durch die Schleimhaut hervortreten. Secun-där entwickelt sich, sobald einmal die Harnentleerung trotz der ener­gischen Contractionen der hypertrophischen Muscularis nicht mehr mög­lich ist, Stauung des Harnes, Erweiterung der Ureteren mit ihren, schon früher angeführten Folgen. Hypertrophie der Blasenschleimhaut ist ein gewöhnlicher Begleiter chronischer Blasenkatarrhe.
Eine Atrophie der Blasen häute kann sich bei lang dauern­der Erweiterung der Harnblase, bedingt durch Lähmung ihrer Muskel­haut entwickeln. Die Schleimhaut wird hiebei dünn, blutarm, die Muscularis verschwindet beinahe völlig.
2. Neiibilduiigen.
sect;. 30. Neubildung von Bindegewebe in Gestalt zottiger oder polypöser Wucherungen findet bisweilen bei chronischen Hyperämien und Katarrhen der Harnblase, besonders wenn sie durch die Gegenwart von Blasensteinen voranlasst werden, statt; gewöhnlich sind hiebei auch sämmtlichc Haute hypertrophisch.
Lipome sind uns bisher in der Harnblase eben so wenig, wie Krebs oder Tuberculose vorgekommen. (Gurlt erwähnt eines Falles, wo eine, von ihrer Basis abgetrennte Fettgeschwulst nach Art eines freien Körpers in der Höhle der Harnblase lag und den Abtluss des Harnes erschwerte. Eben demselben zufolge sind auch Fälle von Harn­blasenkrebs beobachtet worden.)
Roll, l'atbul. und Therapie. II. Aufl.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 02
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818nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Harnblasenentzündung.
3. Entzündung der Harnblase.
a) DerKatarrh der Blasenschleimhaut (Urocystitis catarrhalis).
sect;.31. Derselbe stellt sieh bisweilen nach der fortgesetzten inner­lichen oder äusserlichen Anwendung der spanischen Fliegen ein; er ist ferner eine gewöhnliche Folge der Anhäufung und des längeren Auf­enthaltes des sich dabei gleichzeitig zersetzenden Harnes in der Blase, wie diess bei Lähmung der letzteren im Gefolge von Eückenmarks-krankheiten, bei der Gegenwart von Hindernissen, die dem Abflüsse des Harnes im Wege stehen, der Fall ist; endlich entwickelt sie sich auch bedingt durch den Eeiz, welchen in der Blase vorhandene Steine auf die Wände dieses Orgaues ausüben. Er verläuft acut oder chro­nisch. Der erstere, dessen anatomische Charaktere völlig mit jenen des acuten Katarrhes anderer Schleimhäute übereinstimmen, veranlasst während des Lebens gewöhnlich Schmerz beim Absätze des Harnes, welcher dabei auch nur in geringerer Menge auf einmal entleert wird. Schmerzhaftigkeit der Blase gegen einen angebrachten Druck, den wie­derholten Eintritt leichter Kolikschmerzen, welchen Erscheinungen sich auch bisweilen Fieber beigesellt. Er tritt entweder allmälig wieder zurück oder geht in die chronische Form besonders dann über, wenn die zu Grunde liegenden Ursachen, wie Harnsteine, Lähmung der Blase u. dgl. nicht beseitiget werden können. Die stark infiltrirte und dunkel geröthete, selbst pigmentirte Schleimhaut ist dann mit einer eiterälmlichen, zähen Flüssigkeit beschlagen, das unterliegende Bindegewebe und die Muskelhaut verdickt, in der Höhle der Blase ist ein übelriechender, an Niederschlägen reicher Harn angesammelt. Sind Blasensteine die Ursache dieses Leidens, so kommt es bisweilen an einzelnen Stellen zur Geschwürsbildung, die sich auf das submueöse Bindegewebe und auf die Muskelhaut fortsetzt und endlich durch die, in Folge der Infiltration des Harnes veranlasste Verjauchung zur Durch­bohrung der Blase und zu dem Eintritte einer tödtlichen Bauchfellentzün­dung Veranlassung geben kann, welche letztere sich bisweilen auch sehr rasch nach brandiger Zerstörung der Blasenwände, bedingt durch den fortgesetzten Druck der rauhen Oberfläche harter Blasensteine, einstellt. In anderen Fällen kommt es im Gefolge von Blasonkatarrhen und bei Anwesenheit von Steinen zu einer sehr bedeutenden Verdickung der Muskelhaut durch Einlagerung neugebildeteu Bindegewebes; Zu­stände, welche am gewöhnlichsten bei Hunden vorkommen.
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HarnblnsenontzUndunf;.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;8 I 9
Die Vorhersage fallt bei Rücksichtnahme auf die zu Grunde liegenden Ursachen in den meisten Fällen zweifelhaft aus, am günstig­sten noch dort, wo die Krankheit durch den Gebrauch scharfer Sub­stanzen entstanden ist.
Behandlung. Entfernung der Ursache (der Harnsteine) oder Mässigung des zu Grunde liegenden Leidens (Rückenmarkserkrankung, Blasenlähmung u. dgl.) ist vor Allem nothwendig. Tritt der Katarrh als eine selbstständige Störung auf, was aber nur sehr selten der Fall ist, so wären neben allgemeiner Antiphlogose milde Einspritzungen in die Harnröhre, wenigstens bei weiblichen Thiercn, die Entleerung des Harnes durch einen Druck auf die Blase, die Einführung eines Kathe­ters, Einreibungen von Quecksilbersalbe in die Schamgegend, von Bil-senkrautöl in das Mittelfleisch am Platze.
b) Der Croup der Blasonschleimhaut.
S 32. Croup der Blasenschleimhaut, wobei dieselbe stellen­weise mit hautartig geronnenen Faserstoffschichten beschlagen ist und Infiltration derselben mit faserstoffigem Exsudate kommt bisweilen im Gefolge des Pferdetyphus und des Starrkrampfes vor.
c) Die Entzündung der Harnröhre.
sect;. 33. Die Entzündung der Harnröhre wird bei den Hausthie-ren gewöhnlich durch fremde Körper, welche dahin entweder von der Blase aus oder von aussen gelangen, veranlasst.
Der Katarrh der Harnröhrenschleimhaut, mit Ausfluss schleimiger oder eiterälmlicher Flüssigkeit aus der Harnröhre (der so­genannte Tripper), welcher bei männlichen Hunden, Rindern und Pferden, obwohl nicht häufig, vorkommt und von dem es zweifelhaft ist, ob derselbe nur einer gewöhnlichen Entzündung seine Entstehung verdanke oder speeifischer Xatur sei, entwickelt sich durch zu starke Reizung der Ruthe beim Begattungsacte und soll einer Uebertragung auf weibliche Thiere fähig sein. Als begleitende Erscheinungen dieses Leidens werden Beschwerden beim Harnabsatze, die Bildung katarrha­lischer oder diphtheritischer Geschwüre an den Geschlechtstheilen an­geführt.
Die Behandlung besteht im Anfange in der fleissigen Anwen­dung lauwarmer, schleimiger, später adstringirender Einspritzungen in die Harnröhre. Jedenfalls ist vorerst sicher zu stellen, ob ein (bei Hunden und Stieren), aus der üeffuung der Vorhaut hervortretender
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Ausfluss wirklich aus der Harnröhre und nicht aus der Vorhaut oder von der Oberfläche der Eichel (Vorhaut- und Eicheltripper) stamme.
C. Veränderungen der iiliysikalischen Eigenschaften. I. Auuiiiallen der Grüsse.
sect;. 34. Eine Erweiterung der Harnblase ist bald durch Läh­mung ihrer Musculatur, bald durch Hindernisse, welche dem freien Harnabflüsse entgegenstehen, bedingt; sie erreicht hiedurch bisweilen eine, das Normale um das Doppelte übertreffende Grosse und ist dann gewöhnlich mit Hypertrophie der Muskelhaut vergesellschaftet. Sie kann in Folge der andauernden Ansammlung sich zersetzenden' Harnes zur Entzündung, Vereiterung und zum Brande der Elasenhäute, zur Stauung des Harnes in den Harnleitern, zur Entzündung der Nieren­becken und zum seeundären Schwunde der Nieren führen. An Harn­blasen, deren Muskclhaut hypertrophisch ist, stülpt sicli bisweilen die Schleimhaut zwischen den Bündeln der ersteren nacli aussen und ver-anlasst dadurch die Bildung falscher Divortikcl, die sich jedoch meist nur bei Gegenwart von Blasensteinen, welche dann in dieser Ausbuch­tung liegen, vorfinden.
Eine Verengerung der Harnblase begleitet bisweilen den hy­pertrophischen Zustand der Muskclhaut, insbesondere wenn dieser durch Harnsteine veranlasst ist. Verengerungen der Lichte der Harn­röhre werden am häufigsten durch Hypertrophien und Entartungen der Vorsteherdrüse oft bis zur vollkommenen Unwegsamkeit (bei Hunden) und durch Harnsteine veranlasst. Im letzteren Falle besteht immer hinter dem Hindernisse eine, bisweilen bedeutende Erweiterung des Canales.
2. Anoinalieii der Lage.
sect;. 35. Brüche der Harnblase wurden bei männlichen und weiblichen Thieren beobachtet. Bei den ersteren tritt ein grösserer oder kleinerer Theil der Blase durch den Leistencanal, bei den letzteren durch den Schenkelbogen hervor und wird bisweilen auch eingeklemmt.
Die Vorlagerung der Harnblase kann bei weiblichen Thieren durch einen Biss in der Mutterscheide bei anstrengenden und schwe­ren Geburten erfolgen. Findet sie vor dem Eintritte der Geburt statt, so hat man sich vor einer Verwechslung der vorgelagerten Blase mit den hervorgedrängten Eihäuten zu hüten.
Die Umstülpung der Blase durch die Harnröhre nach aussen erfolgt gleichfalls nur bei weiblichen Thieren; sie stellt dann eine
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Berstung der Harnblase.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;821
gerothcto, weiche oder falls die Häute verdickt sind, härtliche, schmerz­hafte, aus der Harnrohrenmündunn; hervorragende Gesclnvulst dar, an welcher die Mündungen der Harnleiter aufzufinden sind, aus denen, falls sie nicht durch die Umgebung comprimirt sind, Harn abtüesst. Die Behandlung dieses Zustandes lehrt die Chirurgie.
3. Treiiiiungeii des Ziisainmeiihaiigcs.
sect;. 36. Leichte Verwundungen der Harnblase, wie sie beim Blasenstiche stattfinden, scheinen in der Regel rascli zu heilen; bedeu­tendere Verletzungen derselben von aussen führen zum Austritte von Harn in die Bauchhöhle und zu tödtlichen Bauchfellentzündungen. Nach Verwundungen der Harnröhre bilden sich gewöhnlich Harn­röhrenfisteln aus, veranlasst durch Infiltration des Harnes in das, um die Wunde liegende Bindegewebe.
Eine Berstung der Harnblase kann in Folge äusserer Ein­wirkungen, wie durch einen Stoss, Schlag, Erschütterung des Hinter­leibes durch einen Fall, durch übermässige Ausdehnung der Blase, be­dingt durch die schon wiederholt angeführten Ursachen, eintreten. Sie führt zur allgemeinen und tödtlich endenden Bauchfellentzündung.
Perforation der Blase entsteht am gewöhnlichsten durch bran­diges Absterben der Blasenhäute in Folge des fortgesetzten Druckes von Harnsteinen oder durch Verschwärungsprocesse, bedingt durch chro­nische Entzündung ihrer Schleimhaut. Sie führt gewöhnlich zum Tode durch Bauchfellentzündung.
Perforationen der Harnröhre können sich durch Einkeilung von Harnsteinen entwickeln.
D. Veränderungen des Inhaltes,
sect;. 37. Das Vorkommen von Harnsteinen in der Blase und in der Harnröhre der Hausthiere ist nicht selten; über deren Zusammen­setzung und nachtheilige Folgen wurde bereits im allgemeinen Theile gehandelt.
Von Parasiten findet sich in der Harnblase bisweilen der Rie-senpalissadenwurm, der daselbst eine bedeutende Grosse erreichen und Hambeschwerden veranlassen kann, ohne dass seine Gegenwart, ausser dann, wenn sein Endstück aus der Mündung der Harnröhre hervorragt, diagnosticirt werden könnte.
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822nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Uarnintectloii.
Anhang. Die Harninfection (ürämie).
sect;. 38. Durch Umstände, welche entweder die Secretion dee Har­nes in den Nieren hindern, oder die Entleerung desselben unmöglich machen, so wie durch Harninfiltration in die Gewebe kommt es bis­weilen zum Auftreten von Krankheitserscheimmgen, welche man bald dem Zurückhalten des Harnstoifes und vielleicht auch der Extractiv-stoffe des Harnes im Blute, bald der Resorption desselben zusehreibt. Die Ursache der schädlichen Einwirkung dieses Stoffes wird nach Frerichs in der Umsetzung des Harnstoffes in kohlensaures Ammo­niak gesucht.
Die Krankheiten, während deren Verlauf wir bisher den Ein­tritt von Urämie beobachten konnten, waren : hochgradige Hyperämien der Nieren, die Bright'sehe Krankheit, krebsige Degeneration und weit gediehene Atrophie der Nieren, Versohliessuug des Blasenhalses durch Geschwülste der Prostata (bei Hunden), Harninflltration bei chronischer Entzündung und Perforation der Harnblase, die Gegenwart zahlreicher Harnsteine in der Blase.
Die pathologische Anatomie liefert keine constanten Daten. Das Blut ist gewöhnlich dunkel gefärbt, mit einem Stiche in's Violette, ohne Gerinnungen; dasselbe riecht in der Hegel, so wie die blutreichen Organe, ziemlich stark nach Ammoniak oder nach Harn. Ausserdem findet sich einer oder der andere der angeführten Krankheitsprocesse.
Erscheinungen. Während des Vorlaufes einer der erwähnten Krankheitsformen stellt sich gewöhnlich Fieber, mit ziemlich starkem Erostschauer, Betäubung, schweres, stöhnendes Athmen, Durchfall, bei Hunden Erbrechen ein. In den wenigen, an Pferden und Hunden beobachteten Fällen erfolgte in der Regel rasch der Tod. Nur bei Hunden, welche an Vergrösserung der Prostata litten, war der, jedoch gleichfalls tödtlich endende Verlauf ein langsamerer und neben Betäu­bung, die Erscheinungen eines Darmleidens und Convulsionen die her-vortretendsten Symptome.
Die Therapie, bestehend in der Behandlung des zu Grunde liegenden Leidens und in der Verabreichung diuretischer und tonischer Mittel, Hess bisher stets im Stiche.
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¥11. Abtlieiliiiig.
Krankheiten der (ieschlechtsorgane.
sect;. 1. Die Erkrankungen dieser Theile bieten an und für sich nach der Verschiedenheit des Geschlechtes so viel Abweichendes bezüglich ihrer Erscheinungen und ihres Verlaufes dar, dass sich etwas allgemein Giltiges über dieselben kaum bemerken lässt.
Aetiologie. Sie befallen hauptsächlich die zur Zucht und zur Milchnutzung bestimmten, mithin solche Thiere, bei denen die Functio-nirung der Geschlechtsorgane vorzüglich in Anspruch genommen wird, während junge, noch nicht zum Belegen verwendete oder solche Thiere, welche vorzugsweise oder allein zur Arbeit benützt werden, an derlei Krankheiten gar nicht oder verhältnissmässig sehr selten leiden. Durch die Castration männlicher Thiere wird die Anlage zu Erkrankungen der Geschlechtsorgane völlig getilgt. Die Schädlichkeiten, welche ihre Entstehung veranlassen, sind höchst mannigfaltig. Aussei mecha­nischen, unmittelbar diese Theile betreffenden Einwirkungen, wie Stösse, Schläge u. dgl., sind insbesondere die, bei der Begattung selbst stattfindende Heizung, die Trächtigkeit und das Geburtsge-schäft, die bei dem letzteren bisweilen eingeleiteten ungeschickten und zweckwidrigen Hilfeleistungen, endlich das Säugegeschäft und die durch längere Zeit hindurch unterhaltene Secretion der, zu ökonomischen Zwecken benützten Milch, in manchen Fällen auch eine zu reichliche oder fehlerhafte Fütterung — die gewöhnlichsten Veranlassungen zur Entwicklung solcher Erkrankungen. Einzelne, die Schleimhäute dieser Theile befallende Krankheitsprocesse, wie die acu-ten und chronischen Katarrhe, denen sich bisweilen katarrhalische
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824nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten der Gesehlechtoorgane.
oder diphtheritischc Geschwüre zugesellen, scheinen auch einer con-tagiösen Uebertragung fähig zu sein. Krankheiten des Bauchfelles und, obwohl seltener, jene der Harnorgane greifen gerne auf die Geschlechtstheile über und Leiden des -Rückenmarkes äussern einen nachweisbaren Einfluss auf die Function dieser Organe, indem bei ihrer Entwicklung der Geschlechtstrieb manchmal bis zur äussersten Geilheit gesteigert, in anderen Fällen aber sehr herabgesetzt oder völlig aufge­hoben wird. Intensive, insbesondere fieberhafte Erkrankungen überhaupt verringern während ihrer Andauer den Geschlechtstrieb oder heben ihn gänzlich auf.
Die Erkrankungen der Geschlechtsorgane treten sowohl unter der Form functioneller als anatomischer Störungen unter den bekann­ten Formen auf; sie beobachten häufiger einen chronischen als einen acuten Verlauf; der letztere ist jedoch bei den, durch das Wurfge-sohäft veranlassten Erkrankungen des Tragsackes der gewöhnlichere und führt nicht selten zum Tode des Thieres. Chronische Krank­heiten der Geschlechtsorgane üben, wenn auch in geringerem Grade und später, als solche anderer wichtiger Organe, ihren nachtheiligen Einfluss auf die Constitution des Thieres, der sich endlich selbst bis zur Hervorbildung einer Cachexie steigern kann (z. B. bei Entartungen der Eierstöcke, bei Samenstrangfisteln u. dgl.). Uebermässige Aufregung und Befriedigung des Geschlechtstriebes gibt secundär zu Störungen im Rückenmarke Veranlassung, wie bereits wiederholt erwähnt wurde (s. Lähmungs-, Wetzkrankheit).
sect;. 2. Erscheinungen. Die Steigerung oder Verminderung des Geschlechtstriebes hat bisweilen ihren Grund in Erkrankungen an­derer Organe (besonders des Rückenmarkes), in der Regel aber ist sie in Veränderungen der Geschlechtstheile selbst begründet oder ist selbst als eine rein functionelle Störung zu betrachten.
Die Steigerung des Begattungstriebes (die Stiersucht, Geilheit, Satyriasis, Nymphomania), welche sich, wenn von der­selben als einem Symptome der Lähmungskrankheit abgesehen wird, vorzugsweise bei weiblichen Thieren, insbesondere bei Kühen, bei reich­licher Fütterung mit sehr nahrhaftem und reizendem Futter (z. B. mit den Samen der Getreidearten und Hülsenfrüchte) bei wenig Bewegung, bei örtlicher Reizung der Geschlechtstheile durch häufig wiederholte Sprünge, aber auch bei Entartung der Eierstöcke, bei Krebs des Tragsackes, bei Verschliessung des Muttermundes, bei Katarrh der Scheide und im Gefolge der Franzosenkrankheit einstellt, spricht sich durch häufige und
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Krankbeiton der Gesrhlechtsorgrane.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 82ö
heftige Aeussemngen des Geschlechtstriebes, welche schliesslich bei­nahe fortwährend andauern, aus, wobei die Thicre zuletzt abmagern und trotz des gestatteten Sprunges nicht mehr aufnehmen oder, wenn diess auch geschieht, doch gewöhnlich verwerfen.
Die Verminderung des Geschlechtstriebes (Anaphrodisia) wird an männlichen und weiblichen Thieren bei Entartungen der Ge­schlechtsorgane, insbesondere der Hoden und der Eierstöcke, beobach­tet; sie stellt sich jedoch auch bei allgemeiner Kraftlosigkeit in Folge vorausgegangener Krankheiten oder noch bestehender chronischer Ver­änderungen der Brust- und Bauchorgane, bei schlechter, ungenügender Fütterung und, wie bereits erwähnt, als Begleiterin heftigerer fieber­hafter Erkrankungen überhaupt ein. Bei phlegmatischen, mastigen Thieren ist der Begattungstrieb an und für sich weniger energisch und wird auch durch zu frühe und häufige Befriedigung geschwächt. Die­selben Ursachen, so wie eine abnorme Beschaifenheit der äusseren Ge-schlechtstheile, oder bisweilen auch vorhandene schmerzhafte Zustände an den Hintergliedmasscn, welche den männlichen Thieren beim Auf­springen auf die weiblichen Schmerzen verursachen, bedingen das Un­vermögen männlicher Thiere, besonders der Hengste, welche dann wohl einen ganz regen Geschlechtstrieb äussern, selbst die Stute be­springen können, jedoch, ohne den Samen auszuspritzen, den Act be­endigen.
Die Unfruchtbarkeit (Sterilitas) der weiblichen Thiere ist bald von einer, aus dem Fötalzustande herrührenden abnormen Bildung der Geschlechtsorgane, bald von krankhaften Zuständen derselben, wie Entartungen des Eierstockes und des Tragsackes, Verschliessung des inneren Muttermundes, bald von anderweitigen Leiden, z. B. der Fran­zosenkrankheit, abhängig, aber eben so häufig durch zu starke Auf­regung des Geschlechtstriebes, durch phlegmatisches Temperament, grosse Fettleibigkeit, oder durch Unvermögen des männlichen, zum Sprunge verwendeten Thieres bedingt. In letzterer Beziehung reicht es oft hin, ein anderes Vaterthier dem weiblichen zuzutheilen, um eine vermeintliche Unfruchtbarkeit zu heben.
In vielen Fällen, wie bei Krankheiten des Hodens, der äusseren Geschlechtstheile, liefert die äusserliche Untersuchung gewöhnlich schon hinreichende Anhaltspunkte zur Sicherstellung der Diagnose, in­dem hiedurch etwa vorhandene Umfangsvermehrungen, eine Schmerz-haftigkeit dieser Theile, eine Vermehrung der Absonderung, das Vor­handensein von Geschwüren u. s. w. erhoben werden können. Bei
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KraiikLtiiien dar QekcblechUorgaue.
anderen, insbesondere bei den Erkrankungen der inneren weiblichen Geschlechtsorgane, wird eine manuelle Untersuchung durch die Scheide oder durch den Mastdarm erforderlich. Kurz vorher überstandene G e-burten, das plötzliche Aufhören des Lochialflusses müssen bei eintretenden Erkrankungen stets zu einer sorgfältigen Untersuchung des Tragsackes auftbrdern. Eine veränderte Beschaffenheit der Milch kann ebensowohl von Anomalien im Verdauungsvorgange, als von loca-len Erkrankungen des Euters. von fehlerhafter Eütterung oder von äusseren Verhältnissen abhängen, worüber später noch das Nähere.
sect;. 8. Die Behandlung muss auch hier vorerst auf Beseitigung der Ursache gerichtet sein. Ist die übermässige Geilheit nicht durch eine örtliche Erkrankung der inneren Geschlechtstheile bedingt, so versucht man ihr nach Umständen durch wenig, nur massig nährendes, wässeriges Futter, kühlende Salze, selbst durch Purgirmittel zu begegnen, die Thiere durch wiederholte Sprünge und durch den Wechsel der etwa unfruchtbaren Vaterthiere zur Empfängniss zu bringen oder den Ge­schlechtstrieb durch Verabreichung von Kampher herabzustimmen; in manchen Fällen kann sogar, um der zunehmenden Abmagerung Schran­ken zu setzen, die Castration nothwendig werden.
Den mangelnden Geschlechtstrieb sucht man, im Falle ihm nicht bereits vorgeschrittene anatomische Veränderungen der Geschlechts­oder anderer Organe zu Grunde liegen, durch reichlicheres und kräftig nährendes Futter, öfteres Zusammenbringen mit Thieren des anderen Geschlechtes, bei Erschöpfung durch erregende Mittel, unter denen insbesondere die Cantharidentinctur, die Zweige des Sevenbaumes ge­nannt zu werden verdienen, zu steigern. Gegen das Unvermögen männlicher Thiere wird, wenn es nicht durch innere Leiden oder ab­norme Zustände der Geschlechtsorgane bedingt ist, der Gebrauch der angeführten Reizmittel, eine stärkere Bewegung vor dem Sprunge und seltenere Verwendung zum Belegacte empfohlen. Ebenso muss die Un­fruchtbarkeit weiblicher Thiere nach den zu Grunde liegenden Ur­sachen behandelt werden. Die Gur anatomischer Störungen ist nach der Verschiedenheit des vorhandenen pathologischen Processes verschie­den; häufig muss sie sich auf ein bloss symptomatisches Verfahren beschränken.
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I. Abschnitt.
Krankheiten der mannlichen (leschlechtsorgane.
sect;. 4. Die Krankheiten der männlichen Geschlechtsorgane fallen hergebrachter Weise dem Gebiete der Chirurgie anheim, es kann daher hier nur von einigen Stömmgen, welche dort ihre Erledigung gewöhn­lich nicht finden, die Rede sein.
Die Untzünduiig und ll;r|iertropliir der Vursteberdnise.
sect;. 5. Diese Krankheit kommt bei Hunden nicht so selten vor und soll sich angeblich in Folge zu reichlicher und nährender Fütte­rung bei wenig Bewegung entwickeln. Sie verläuft chronisch und man wird auf ihre Gegenwart meist nur durch das öftere Drängen der Thiere zur Kothentleerung und durch das Rutschen derselben auf dem Hintern aufmerksam. Bei einer, durch den Mastdarm vorgenommenen Untersuchung findet sich die Vorsteherdrüse (Prostata) vergrössert, bis-weiltxi gegen den Druck, durch welchen sich eine weisse, eiterähnliche Flüssigkeit aus der Harnröhre entleeren lässt, empfindlich, manchmal auch fluctuirend. Bei Zunahme der Anschwellung wird die Koth- und Harnentleerung immer beschwerlicher; die Thiere magern am Hinter-theile ab und gehen entweder an Abzehrung oder an den Folgen der Harnverhaltung zu Grunde.
Bei der quot;Section zeigt sich die Vorsteherdrüse oft enorm vergrös­sert, schwielig verdickt und stellenweise von Abscessen durchsetzt oder ohne Veränderung ihrer Textur hypertrophisch, die Harnröhre zu einem engen oder selbst für eine feine Sonde undurchgänglichen Spalte zusam­mengedrückt , die hypertrophische Harnblase, die erweiterten und ge­schlängelt en Harnleiter und die weiten Nierenbecken von zersetztem Harne angefüllt, die Nieren bisweilen zu einem dünnen Saume ge­schwunden (Hydronephrose).
Die Behandlung führt kaum zu einem Resultate. Wird die Krankheit schon in ihrem Beginne richtig erkannt, so kann Beschrän­kung des Futters, die innerliche Verabreichung von Abführmitteln, die Einreibung von Quecksilber- oder Jodsalbe in das Mittel tteisch versucht werden.
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ö^sönbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Neubildungen im Eierstocke.
Die gleichen Beschwerden führt der nicht seltene Faser- und Medullarkrebs der Vorsteherdrüse bei Hunden herbei.
Krweltrrniig der Sameiiblasrii.
sect;. 6. Bei Pferden u, z. niclit bloss bei Hengsten, sondern auch bei quot;Wallachen wird bisweilen eine beträchtliche Erweiterung der Samenblasen, welche dann eine dicke, bräunliche Flüssigkeit enthal­ten und die man irriger Weise für Anhängsel der Harnblase halten könnte, angetroffen. Dieser Zustand veranlasst durchaus keine, irgend bemerkbaren Erscheinungen während des Lebens.
Anmerkung. Von der sogen. Chankers euche der Zuchthengste wird am Schlüsse dieser Abtheilung gehandelt werden.
II. Abschnitt.
Krankheiten der weiblichen Geschlechtsorgane.
I. Krankheiten der Eierstöcke. I. Blutung.
sect;. 7. Blutungen in die Höhle der Graaf'schen Follikel werden bei Stuten nicht selten angetroffen. Sie werden hiedurch selbst bis zur Grosse einer Haselnuss und darüber ausgedehnt und ragen dann über die Oberfläche des Eierstockes cystenartig hervor. Von einem frischen Extravasate an bis zur vollendeten Pigmentbildung, um welches dann der Follikel narbig eingezogen ist, werden alle Stufen der Veränderung des Blutergusses angetroffen.
2. Krubilduugen.
sect;. 8. Verhältnissmässig am häufigsten unter ihnen sind die Cysten. Diese sind entweder vergrösserte, mit einer serösen Flüssig­keit angefüllte Graaf'sche Follikel, welche bis zur Grosse einer Haselnuss, selbst eines Hühnereies heranwachsen, das zwischenliegende Stroma atrophiren und bisweilen nach völligem Schwunde der Zwischen­wandungen zusammentllessen oder es sind völlig neugebildete, aus einer Vergrösserung der, im Parenchyme des Eierstockes neu entstan­denen Zellen hervorgegangene Cysten. Die hiedurch gebildete Eier-
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Cyflteubildung im Eierstocke.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;829
stockgeschwulst zeigt auf dem Durchschnitte entweder aneinander gehäufte zahllose, kleinere oder grössere, in ein faseriges Gerüste eingebettete, eine colloidähnliche Flüssigkeit enthaltende Bläschen, oder grössere, dickwandige, durch das Zusammenfliessen der ersteren ent­standene Cysten, die ringsum noch von den erwähnten kleinen Bläs­chen umgeben sind, oder endlich es ist der Eierstock (bei Pferden) zu einer kopfgrossen Geschwulst herangewachsen, die innerhalb sehr dicker, innen höckeriger, bisweilen verkreideter Wandungen eine gal­lertige Masse oder eine trübe, seröse oder zähe, Cholestearin enthal­tende, bisweilen blutige Flüssigkeit einschliesst; eine Bildung, welche aus der allmäligeu Verschmelzung kleiner Cystenräume zu grösseren und endlich zu einem einzigen grossen Hohlräume zu erklären ist. Bilden sich während des Herauwachsons dieser Geschwulst nicht Yer-klebungen mit den umgebenden Theilen, so kann es bei stärkerer An­strengung des Thieres, oder bei Erschütterungen des Hinterleibes zur Berstung einer grossen Cyate und zum Ergüsse ihres Inhaltes in die Bauchhöhle mit tödtlichem Ausgange kommen. Durch ihren Druck auf benachbarte Eingeweide führen solche Eierstockcystoide verschiedene Kraukheitserscheinungen, insbesondere wiederholte Kolikschmerzen her­bei ; einmal beobachteten wir auch die Einschnürung des Mastdarmes durch einen um denselben geschlungenen, derart entarteten Eierstock. Bei kleineren Thieren Hesse sich dieser Zustand, welcher jedoch bei ihnen seltener ist, bei der Untersuchung durch die Bauchdecken hin­durch ausmitteln, bei grösseren Thiergattungen soll er bisweilen eine andauernde Steigerung des Geschlechtstriebes veranlassen. Sind beide Eierstöcke von diesem Krankheitszustande ergriffen, so bleibt das Thier unfruchtbar.
Ausserordentlich selten sind im Eierstocke der Hausthiere Cysten mit Haarbildung.
Bisweilen entwickelt sich das tibröse Lager eines Eierstockes, in ivelchem Cystenbildung stattfindet, zu dieliten Bindegewebsmassen und es entstellen hiedurck verschieden grosse und feste (jeschwülste, in welchen Cysten eingebettet sind, ein Zu­stand, deu man Cysto-Sarcom des Eierstockes nennt.
Der Krebs des Ovariums ist uns bisher noch unbekannt.
3. Eudüiiduiig des Eierstockes (Oophoritls).
sect;. 9. Die Entzündung des Eierstockes haben Avir bisher bei Thieren noch nicht angetroffen und es fehlen auch überall die Angaben hierüber. quot;Wenn sie überhaupt vorkommt, so mag sie sich
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8o0nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Gebarmuttorblutun^.
vielleicht als Begleiterin der Gebärmutter- oder Bauchfellentzündung kurz nach der Geburt einstellen und dürfte dann während des Lebens nur schwer zu diagnosticiren sein.
II. Krankheiten der Gebärmutter. 1. H;peräiule.
sect;. 10. Die Hyperämie des Uterus begleitet acute und chro­nische Katan-he und Neubildungen, und ist durch stärkere Injection der Schleimhaut, durch grösseren Blutgehalt und bisweilen durch Schwel­lung der Gebärmuttersubstanz charakterisirt.
2. Blutung aus der Gebärmutter (Metrorrhagia).
sect;. 11. Sie kommt bei allen Hausthiergattungen, jedoch nur nach der Geburt oder nach dem Verwerfen vor, und wird bald durch mangelhafte Zusammenziehungen der Gebärmutter nach Losstossung des Mutterkuchens, wornach dann das Blut aus den weiten Venenöffnungen ungehindert hervorströmt oder, wie es häufiger der Fall ist, durch ungeschickte Hilfeleistung bei der Geburt, gewaltsame Lossreissung der Nachgeburt, Abkneipen der an der inneren Fläche des Tragsackes der Wiederkäuer vorhandenen Cotyledonen, bisweilen auch durch die Füsse des Jungen während der Geburt veranlasst.
Erscheinungen. Abgang von flüssigem oder geronnenem Blute aus der Scheide, Unruhe des Thieres, wehenartiges Drängen, in höhe­rem Grade auch Ermattung in Folge des bedeutenderen Blutverlustes sind die Zeichen dieses Vorganges, welchem sich häufig jene einer Entzündung des Tragsackes oder, falls ein Eiss durch die ganze Dicke der Gebärmutter zugegen wäre, jene der Bauchfellentzündung hinzugesellen.
Ist die Blutung nur gering, sind Verletzungen der Gebärmutter nicht die Ursache, so ist die Vorhersage günstiger als unter den ent­gegengesetzten Verhältnissen.
Die Behandlung hat vorzugsweise die Herbeiführung rascher Zusammenziehungen des Tragsackes, durch welche die offenen Venen­mündungen verengert und verschlossen werden, zum Zwecke. Man wendet desshalb Einspritzungen von kaltem Wasser, denen auch ver­dünnte Säuren beigesetzt werden können, von erkalteten adstringirenden Abkochungen, kalte Klystierc, eben solche Begiessungen des Hinter­leibes an. Sind zurückgebliebene Eeste der Nachgeburt die Ursache
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Neubildungen in dem Tragsacko.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;So 1
der fortdauernden Blutung, so müssen diese sorgfältig gelöst und her­ausbefördert werden, worauf gewöhnlich ausgiebige Zusammenziehungen der Gebärmutter eintreten und die Blutung stille steht. Innerlich könnte in dringenden Fällen das Mutterkorn Tersucht werden. Sollte sich eine Entzündung der Gebärmutter ausbilden, so wäre diese ent­sprechend zu behandeln.
3. Netiblldungen.
sect;. 12. Paserpolypen kommen in der Gebärmutter der Haus-thiere nicht selten vor. Sie entwickeln sich aus dem, unterhalb der Schleimhaut liegenden Bindegowebe, wachsen in die Gebärmutterhöhle hinein und bestehen aus Bindegewebe und aus zahlreichen Gefässen. Erlan­gen sie eine bedeutende Grosse, so dehnen sie die Gebärmutterhöhle aus, veranlassen hiedurch das täuschende Ansehen einer vorhandenen Träch­tigkeit, dringen durch den Muttermund in die Scheide und können selbst bis zur Scham herauswachsen, in welchem Falle sie auch den Absatz des Harnes erschweren oder unmöglich machen. Bei ihrem Verjauchen können sich, wegen ihres Gefässreichthumes erschöpfende Blutungen und ein übelriechender, missfärbiger Ausfiuss aus der Scham einstellen. Grösserc Polypen veranlassen bisweilen wehenartige Schmer­zen , ein Drängen wie zum Gebären, hindern den Begattungsact und die Möglichkeit der Empfängniss oder wenigstens des Austragens des •Jungen. Ihre Entfernung kann unter geeigneten Umständen durch die Unterbindung oder durch die Ausrottung versucht werden; ist diess wegen der Art der Anheftung oder der bedeutenden Grosse der Neubildung unmöglich, so beschränkt man sich auf den Gebrauch milder oder ad-stringirender Einspritzungen. Schlachtbare Thiere werden, sobald sich die Erscheinungen eines allgemeinen Siechthums einzustellen beginnen, am besten geschlachtet.
Der Gebärmutterkrebs scheint bei Hausthieren ausserordent-lich selten zu sein; uns ist er bisher eben so wenig wie andere Neu­bildungen in diesem Organe vorgekommen.
4. Entzündung.
a) Der chronische Katarrh der Gcbärmutterschleimhaut.
sect;. 13. Er ist ein nicht seltener Befund bei allen Hausthier-gattungen und dürfte bei höherer Entwicklung bisweilen eine Ursache der Unfruchtbarkeit abgeben. Die Schleimhaut erscheint dann verdickt,
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832nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Gebäimutterenlzüuduug.
saftig, bleich, stellenweise auch grau pigmentirt, ihre Falten vergrös-sert und plump, bisweilen mit polypösen Wucherungen, seltener mit katarrhalischen Geschwüren besetzt und mit einem zähen, rahmähn­lichen oder gallertigen, klümperigen Schleime, der bisweilen die ganze Höhle ausfüllt, überzogen. In den höhereu Graden dieses Leidens, welche Abmagerung der Kranken herbeiführen, lliesst zeitweilig eine grössere Menge dieses Schleimes, welcher dann durch die äusseren Geburtstheile zum Vorscheine kommt, aus der Gebärmutter aus.
Eisweilen verstopft der zähe Schleim den Muttermund oder kann wegen Verwachsung desselben nicht abliiessen; er sammelt sich dann in der Höhle der Gebärmutter an und dehnt dieselbe bisweilen zu einem enormen Umfange aus, ein Zustand, der fälschlich Wasser-sucht des Tragsackes (Hydrometra) genannt wird und in seinen höheren Graden eine Umfangsvermehrung des Hinterleibes, welche mit Bauchwassersucht oder mit Trächtigkeit verwechselt werden könnte, her­beiführt. Bei der Untersuchung mittelst der, durch die Scheide oder durch den Mastdarm eingeführten Hand wird der Tragsack ausgedehnt, weich oder selbst schwappend angetroffen.
Ist die Gegenwart dieses Leidens sichergestellt, so sucht man mit dem Pinger oder mit einer elastischen Bohre durch den Muttermund in den Tragsack einzudringen, um dem in ihm angesammelten Schleime freien Abtiuss zu verschaffen und die Gebärmutterhöhlc durch nach­folgende Einspritzungen reinigen zu können. Hierauf müssen durch längere Zeit Injectionen von adstringirenden Abkochungen, denen auch roher Alaun, Kupfervitriol, Bleizucker beigesetzt wird, vorgenommen, und die Thiere durch hinreichende und leicht verdauliche Nahrung in gutem Kraftezustande erhalten werden.
b) Entzündung der Gebärmutter nach der Geburt (entzünd­liches Kalbefieber. Endometritis puerperalis).
sect;. 14. Aetiologie. Dieser Process kommt wohl bei allen Hausthiergattungen, am häufigsten jedoch bei Kühen vor. Die Ver­anlassung zu seinem Entstehen geben Verletzungen, Quetschungen und Zerreissungen des Uterus während der Geburt durch ungeschickte Kunsthilfe oder durch das Junge selbst, zurückgebliebene und faulende Kachgeburtreste, Blutgerinnsel und Theile des Pötus, Erkältungen kurz nach dem Werfen. Die Krankheit herrscht bisweilen in epizootischer Verbreitung, in welchem Falle dann miasmatische Einliüsse thätig
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Gebürmuttcrent'/Undnni*,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 833
zu sein scheinen. Die Entzündung ist bald auf die Gebärmutter allein beschränkt, bald auch auf das Bauchfell verbreitet; nicht selten nehmen auch die Venen des Tragsackes an dem Processe besonders durch Thrombose Antheil und es kommt dann gewöhnlich zur eiterigen In­fection des Blutes und zur Bildung metastatischer Abscesse in den Organparenchymen.
sect;. 15. Pathologische Anatomie. Die Gebärmutter ist schlaif, weiter, als sie dem, seit der Geburt verlaufenen Zeiträume nach sein sollte, ihre Höhle ist mit Blutgerinnseln und Exsudatmassen angefüllt, mit welchen auch ihre Wände beschlagen sind; diese letzteren sind insbesondere dort, wo Cotyledoncn sitzen, mit croupösen Gerinnungen überzogen oder von starrem Exsudate infiltrirt. In leichteren Fällen kommt es zur Abstossung dieser Massen, worauf Heilung erfolgt, in höheren zerfallen die intiltrirten Stellen brandig, die Gebärmutterhöhlc ist mit einem zottigen, höchst übelriechenden Breie angefüllt, die Wan­dungen desselben sind von dieser Masse infiltrirt und in hohem Grade erweicht. Nicht selten sind die grösseren, von der Gebärmutter abgehen­den Venen von Gerinnseln oder von dickem Eiter erfüllt, nach deren Aufnahme in die Blutmasse Pyämie erfolgt; gewöhnlich ist eine mehr oder weniger ausgebreitete und intensive Bauchfellentzündung mit Ab­satz eines, grössere Mengen faserstoffiger Gerinnungen ausscheidenden Exsudates zugegen. Meist sind unter solchen Umständen acute Milz-auschwellungen, eine schmierige, theerähnliche Beschaffenheit des Blutes und, falls Pyämie eingetreten war, metastatische Entzündungen und Abscesse in verschiedenen Organen anzutreffen. In diesen schweren Fällen erfolgt stets der Tod.
sect;. 16. Erscheinungen. Gewöhnlich kurze Zeit oder einige Tage nach der Geburt werden die Thiere von einem bald nur massigen, bald heftigen Fieber befallen, sie werden unruhig, trippeln hin und her, wedeln mit dem Schwänze, legen sich nieder und stehen bald wieder auf, sehen sich nach dem Bauche um und zeigen durch ihr ganzes Benehmen die Gegenwart von Schmerzen im Hinterleibe an. Bisweilen stellt sich gleich im Beginne der Krankheit grosse Aufregung, Neigung zum Stossen, Zähneknirschen u. dergl. ein. Die Thiere stellen sich öfter an, als wollten sie Harn entleeren, wobei derselbe jedoch nur in geringer Menge und dunkel gefärbt abgeht, sie pressen wie bei dem Verarbeiten der Wehen, wodurch öfters Umstülpung und Vorfall des Tragsackes veranlasst wird; die Kreuzgegend ist gegen Druck empfindlich, der Rücken wird nach aufwärts gekrümmt, die äusseren
Roll, Patbol. und Therapie. II. Aufl.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;53
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#9632;
ö34nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Gebärmutterentziindunß.
Geschlechtstheile und die Scheide sind hoch gerothet, angeschwollen, heiss und empfindlich; bei der innerlich vorgenommenen Untersuchung kommt man durch den weiten Muttermund leicht in die Gebärmutter­höhle , in welcher man den oben angeführten Inhalt, der durch die Scheide abfliegst, antrifft. Die Milchabsonderung verringert sich an­fangs , hört aber bald völlig auf, die Thiere können sich nur mühsam und mit dem Hintertheile schwankend bewegen, die Fresslust liegt ganz darnieder, der Absatz der trockenen Excremente ist sehr verzögert, der Durst vermehrt.
In leichteren Fällen, wo die Schmerzhaftigkeit des Hinter-leibes und das Fieber eine besondere Höhe nicht erreichen, lassen nach einigen Tagen die angeführten Erscheinungen nach, aus der Scheide stellt sich ein schleimiger oder blutiger Ausfluss ein, die Fress­lust und die Sccretionen kehren wieder, das Fieber tritt zurück und die Genesung erfolgt innerhalb 2—3 Wochen.
In den schweren Fällen steigern sich die Krankheitszufälle rasch; es stellt sich Auftreibung des schmerzhaften Hinterleibes, Aus­fluss einer missfärbigen , brandig riechenden, mit Fetzen abgestossenen Exsudates und Organgewebes gemengten Flüssigkeit, grosse Hinfällig­keit und Betäubung, selbst lähmungsartiger Zustand des Hintertheiles ein; das Fieber nimmt den Charakter eines torpiden an und die Kran­ken gehen gewöhnlich schon wenige Tage nach dem Auftreten der ersten Krankheitserscheinungen zu Grunde. Insbesondere rasch tödtlich sind jene Fälle, bei welchen der fortgesetzte Druck eines zu grossen Jungen auf die Gebärmutterwände die Ursache der Entzündung und selbst des Herausfallens eines Brandschorfes aus dem Tragsacke und des Ergusses seines jauchigen Inhaltes in die Bauchhöhle abgibt, ein Ereigniss, welches bei kleinen, mit zu grossen männlichen Thieren begatteten Hündinnen nicht selten eintritt.
Bisweilen bleibt nach dem günstigen Ablaufe der Krankheit ein Katarrh der Gebärmutter durch längere Zeit zurück, welcher sich durch anhaltenden oder zeitweiligen Ausfluss einer schleimigen oder eiterähnlichen Flüssigkeit aus der Scheide ausspricht. Die Prognose wechselt nach der Höhe des örtlichen und allgemeinen Leidens, nach der Schnelligkeit, mit welcher die Krankheitssymptome zunehmen und eine bedenkliche Höhe erreichen. Am ungünstigsten fällt sie schon von vomeherein aus, wenn Verletzungen oder Bisse des Tragsackes stattgefunden haben.
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Gebamp;rmuttci-enUUudunf;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 835
sect;. 17. Behandlung. Sind vielleicht noch die Schädlichkeiten zugegen, welche die Krankheit veranlasst haben oder unterhalten, wie zurückgebliebene und faulende Nachgeburtsreste, Blutgerinnsel oder Theile eines Fötus, so sind dieselben vorerst mit Vorsicht, um die mürben Gebärmulterwände nicht einzureissen oder zu durchstossen, zu entfernen, ein Vorgang, der durch lauwarme, aromatische Ein­spritzungen erleichtert wird. Tritt die Krankheit gleich im Beginne sehr heftig auf, so köm^n selbst wiederholte Aderlässe nothwendig werden; innerlich werden schleimige Abkochungen, in welchen grösscre Gaben von Glauber- oder Bittersalz und Salpeter gelösct sind, gegeben; wiederholte Klystiere und lauwarme, in kurzen Zwischenräumen ge­machte schleimige oder leicht aromatische Einspritzungen in die Gebär­mutter unterstützen die Cur wesentlich. Nimmt das Eieber den Cha­rakter eines torpiden an, so kann zum Kampher und anderen erregenden Mitteln gegriffen werden. Bei massigen Graden der Krankheit ist der Aderlass unnöthig, übrigens bleibt die Behandlung wesentlich dieselbe. Ueberdiess ist für ein entsprechendes diätetisches Verfahren, für ein warmes Verhalten, öfteres Frottiren des Körpers, reichliche Streu, lauwarmes oder überschlagenes Getränke Sorge zu tragen. Nach der Untersuchung derart kranker Thicrc hüte man sich, etwa sogleich an die Exploration anderer Thiere, welche kurz zuvor geworfen haben oder bei denen das Geburtsgeschäft bevorsteht, zu gehen, um nicht eine Infection derselben durch die Jauche zu veranlassen. Gerathener ist es überhaupt, solche Kranke aus der Nähe hochträchtiger oder solcher Thiere, welche kurz vorher geworfen haben, zu entfernen.
Ein nach überstandener Gebärmutterentzündung zurückbleibender chronischer Katarrh dieses Organes wäre, wenn nicht die Schlachtung der Thiere vorgezogen wird, auf die bereits angeführte Weise zu be­handeln. Als Folge der überstandenen Krankheit bleibt bisweilen Un­fruchtbarkeit zurück.
ä. Veränderungen der physikalischen Eigenschaften.
sect;. 18. Anomalien der Grosse. Die Verschliessung des inneren oder äusseren Gebärmuttermundes, auf welche in neuerer Zeit als einer gewöhnlichen Ursache der Unfruchtbarkeit der Kühe so viel Gewicht gelegt wurde, scheint bei weitem nicht so häufig vor­zukommen, als angegeben wird; sie könnte durch Verwachsung der Schleimhaut bei intensiven Katarrhen, durch Einrisse des Muttermundes
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Lageveränderungdll der GebarnuUtpr.
durch vorhergegangene Geburten veranlasst werden. Ihre Gegenwart müsste durch eine manuelle Untersuchung ausgemittelt und die Ver­wachsung bei lockerer Adhäsion mit dem Finger, sonst durch einen Einstich und durch nachherige Einlogung eines fremden Körpers ge­löset werden.
sect;. 19. Unter den Lageveränderungen ist der Vorfall der Gebärmutter sowohl im nicht trächtigen als im trächtigen Zustande am häufigsten, wobei dieselbe in die Scheide oder nach deren Umstül­pung bis zu den äusseren Gcschlechtstheilen herabtritt. Die Ursachen liegen in Erweiterung der Seheide, in Erschlaffung der breiten Mutter­bänder oder in Vergrösserung des Tragsackes. Unmittelbar oder bald nach der Geburt tritt bei Bindern nicht selten der Vorfall mit Um­stülpung der Gebärmutter ein, wobei die innere zur änsseren Fläche wird, und der blutige Fruchthälter gewöhnlich weit vor die Scham, bisweilen bis nahe zu den Sprunggelenken, herabhängt. Die Veran­lassung hiezu geben entweder sehr heftige und stürmische Wehen mit starkem Drängen oder Ziehen an der Nabelschnur während der Geburt, oder behufs der Entfernung der noch nicht gelösten Nachge­burt. In dem umgestülpten Theile tritt bald Entzündung ein, die entweder auf einer massigen Höbe verharrt oder zu rascher Anschwel­lung und zu brandigem Absterben dieses Theiles führt. Die Behand­lung dieses Zustandes lehrt die Chirurgie.
Bei Kühen kommt auch eine Drehung des trächtigen Fruchthälters um seine Längenaxe derart vor, dass seine untere Fläche nach rechts oder links oder sogar nach oben gewendet und hiedurch der Vorgang der Geburt ganz unmöglich gemacht wird. Die Ursachen dieses, Fruchthälterumwälzung genannten, am häufigsten in Gebirgsländern vorkommenden Zustandes sind noch unbekannt. Seine Gegenwart wird bei andauernden Wehen und Unvermögen zu gebären, durch die manuelle Untersuchung ausgemittelt; die Behand­lung besteht in dem Wälzen des auf einer Seite liegenden Thieres nach der, der Drehung entgegengesetzten Seite oder, wenn die Ee-position auf diese Weise nicht gelingt, in der Herstellung der normalen Lage des Uterus nach vorher vorgenommenem Flankenschnitte. Wird eine Hilfe nicht geleistet, so gehen die Thiere in Folge von Entzün­dung oder von Einrissen der Gebärmutter zu Grunde.
Bei Hündinnen wird der Gebärmutterbruch angetroffen, bei welchem ein grösserer oder kleinerer Abschnitt des Tragsackes durch den Bauchring hervortritt und an der einen Seite des Euters
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ZerreiasuDg der Gebärmutternbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;837
eine weiche Geschwulst bildet, die sich bald mehr, bald weniger leicht zurückbringen lässt. Bisweilen entwickeln sich in einer derart vorge­lagerten Gebärmutter nach geschehener Befruchtung die Jungen voll­kommen und können sogar, wie Fälle bekannt sind, geboren werden; gewöhnlich jedoch tritt, sobald die Gebärmutter bis zu einem gewissen, von der Weite des Baachringes und der Grosse der Jungen abhängigen Grade an Umfang zugenommen hat, Einklemmung und Brand derselben und der Tod des Mutterthieres ein.
sect;. 20. Wunden der nicht trächtigen Gebärmutter der Schweine und Wiederkäuer heilen gewöhnlich leicht, jene des träch­tigen Frucht hälters können aber durch Blutung tödtlich werden. Viel empfindlicher gegen solche Verletzungen sind Pferde und Hunde, bei denen leicht tödtliche Bauchfellentzündung eintritt. Selbst der Gebärmutterschnitt, behufs der Herausnahme des Jungen bei der Anwesenheit absoluter Geburtshindernisse, wurde einigemale mit glück­lichem Erfolge ausgeführt.
Bisse der Gebärmutter treten am häufigsten während der Ge­burt, bei Unnachgicbigkeit und Callosität des Muttermundes und hef­tigem Wehcndrangc, bei der Anwesenheit von Hindernissen, welche der Austreibung des Jungen entgegenstehen, wie bei regelwidriger Lage, bei zu bedeutender Grössc des Jungen, dann in Folge unge­schickter und roher Hilfeleistung beim Geburtsgcsohäfte, bei der Lö­sung der Nachgeburt u. dergl. ein. Kleinere oder nicht durchdringende Einrisse des Fruchthälters kommen, nachdem eine mehr oder weniger bedeutende Blutung erfolgt ist, häufig zur Heilung, insbesondere wenn sich dieselben nach Entfernung des Jungen rasch zusammenziehen und verkleinern; grössere werden oft durch Blutung und seeundäre Bauchfellentzündung tödtlich, obwohl auch Fälle eingetretener Heilung bekannt sind.
6. Veränderungen des Inhaltes.
sect;. 21. Von der sogenannten Gebärmutterwassersucht war bereits die Bede.
In der Höhle der Gebärmutter bleiben bisweilen abgestorbene Fötus oder völlig ausgetragene Junge wegen eines, dem Gebär-acte entgegenstehenden Hindernisses zurück und vertrocknen dann ent­weder mumienartig oder werden durch die Fäulniss zerstört, in welchem Falle dann im Uterus die Haare und Knochen dieser Früchte in einer
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838nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Katarrh der Scheide.
jauchigen Flüssigkeit liegend, angetroffen werden; manchmal erfolgt selbst nach jahrelangem Liegenbleiben noch die Ausslossung dieser Massen. Solche Fälle kommen am häufigsten bei Schafen, am selten­sten bei Pferden vor.
III. Krankheiten der Scheide.
I. Neubildungen.
sect; 22. quot;Von Neubildungen haben wir bisher bloss u. z. sehr selten kleine, gestielte Schleimpolypen in der Scheide angetroffen.
2. Enlzuiiduiig.
sect;. 23. Der acute Katarrh der Scheidenschleimhaut stellt sich am häufigsten bei Kühen, kurze Zeit nach dem Kalben, besonders in Folge von Erkältungen der Haut oder nach dem Genüsse kalten Futters und Getränkes ein. Die Krankheit beginnt gewohnlich mit einem leichten Fieber, worauf sich llöthung und Anschwellung der Scheidenschleimhaut, Unruhe des Thieres, Hin- und Hertrippeln, We­deln mit dem Schweife, Beschwerde beim Harnabsatze hinzugesellt. Einige Tage später beginnt der Ausfluss eines dünnen, durchsichtigen Schleimes aus der Scheide, der allmälig dick und zähe wird, während gleichzeitig die Fiebererscheinungen zurücktreten, die Thiere munter werden, die Fresslust und die Milchsecrelion wiederkehren. Der Katarrh verliert sich entweder allmälig nach mehreren Wochen oder er geht in die chronische Form über.
Behandlung. Warmes Bedecken, öfteres Frotliren der Haut, an­fangs einige Gaben antiphlogistischor Salze mit aromatischen Aufgüssen, später nach Erforderniss bittere Mittel, im Beginne lauwarme, schlei­mige, später leicht adslringirende und säuerliche Einspritzungen.
sect;. 24. Der chronische Katarrh der Scheide (weisser Fluss) entwickelt sich entweder aus dem acuten Katarrhe, oder allmälig und ohne auffallende Symptome bei schlaffen Thieren, nach oft wiederholter Begattung u. dgl. und kommt nicht selten mit dem gleichen Zustande der Gebärmutter verbunden vor. Ein andauernder zäher, schleimiger oder eiteriger, bisweilen übelriechender AusÜuss von wechselnder, selbst so beträchtlicher Menge, dass er an den Hinterschenkeln herabtiiesst. Blässe und Infiltration der Scheidenschleimhaut sind die auffallendsten Erscheinungen dieses Leidens. Das Allgemeinbefinden ist anfangs
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Katarrh der Scheide.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;839
ungestört, der Geschlechtstrieb zugegen, bisweilen sogar gesteigert, jedoch nehmen die Thiere entweder nicht auf oder verwerfen doch, wenn diess der Fall wäre (chronischer Katarrh des Tragsackes). 8päter vermindert sich die Milchabsonderung, die Thiere magern ab und ver­fallen endlich in einen cachectischen Zustand. Derart Kranke wären sorgfältig zu futtern und zu pflegen; innerlich wendet man bitter-aro­matische und gewürzhafte Arzneimittel (Schafgarbe, Calmus, Arnica, Wachholderbeeren), das Sävenkraut, das Terpentinöl an; zu Einspritzun­gen werden Abkochungen von Salbei, Eichen- oder Weidenrinde mit Zusatz von Essig, das Kalkwasser, die Auflösung von rohem Alaun u. dgl. verwendet.
sect;. 25. Die croupöse Entzündung der Schleimhaut der Scheide begleitet bisweilen den Pferdetyphus, die Rinderpest, die Gebärmutter­entzündung und kann zur Verschorfung und Geschwürsbildung führen.
3. Grossen- und Lageveränderungen
sect;. 26. Eine Verengerung oder völlige Verwachsung der Scheide ist ausserordentlich selten.
Zu den Lageveranderungen gehört der Vorfall der Scheide, der am häufigsten bei trächtigen Thieren kurz vor dem Werfen, sonst aber auch bei schlaff-organisirten Thieren ausserhalb der Trächtigkeit vorkommt. Er besteht in einer theil-#9632;weisen oder gänzlichen Umstülpung der Scheide, wobei in dem ersteren Falle bloss eine Wand derselben in Gestalt einer runden, weichen, elastischen Blase zwischen der Schamspalte hervorragt, während in dem letzteren die ganze Scheide umgestülpt ist, wobei auch die Gebärmutter, deren Mund sichtbar wird, herabsinkt. Der vorgefallene Theil wird gewohnlich bald hyperämisch, nur selten kommt es zur Entzündung oder zum brandigen Absterben desselben. Die nähere Betrachtung dieses Zustandes gehört der Chirurgie an.
IV. Krankheiten des Euters.
I. Functionelle Störungen.
Anoinallen der Milch.
sect;.27. Sie kommen nur bei Melkkühen in Betrachtung und be­ziehen sich auf die Menge und die Beschaffenheit dieses Secretes. Eine abnorme Beschaffenheit der Milch wird jedoch nur dann auf eine Anomalie in der Absonderung zurückzuführen sein, wenn dieselbe sich schon bei oder unmittelbar nach dem Melken kundgibt, während Veränderungen, die sich erst in der gemolkenen Milch, die beim Melken
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840nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Milcbfehler.
selbst ganz tadellos erscheint, entwickeln, nicht einem Fehler der Ab­sonderung, sondern einer veränderten Umsetzung der näheren Bestand-theile der Milch ausserhalb des Körpers zuzuschreiben sind. Haubner, welcher sich insbesondere um die nähere Kenntnislaquo; der sogenannten Milchfehler verdient gemacht hat und dem wir in dem Nachstehen­den folgen, unterscheidet demnach auch Fehler der Absonderung und Fehler der Umsetzung.
a) Fehler der Absonderung. a) Bezüglich der Menge.
sect;. 28. Eine zu reichliche Absonderung der Milch wird wohl kaum als Milchfehler angesehen werden und könnte der Melkkuh nur dadurch nachtheilig werden, dass hiebei ihr Ernährungszustand leidet. Das Ausfliessen der Milch aus dem Euter ist seltener einer zu grossen Anhäufung der Milch, als einer Erschlaffung des contractilen Apparates der Zitzen zuzuschreiben.
sect;. 29. Die Verminderung der Milchabsonderung (Nachlassen oder Versiegen der Milch) ohne weitere Krankheitserscheinungen kann nur auf eine Unthätigkeit des Absonderungsorganes bezogen wer­den, da die Thiere bei sonstigem vollkommenen Wohlbefinden eine viel geringere Menge Milch geben, als früher und als sich nach der Menge und Beschaffenheit der Nahrungsmittel erwarten Hesse. Neben einer entsprechenden Nahrung, besonders Brühfutter, Trabern, Schlampe, Ku­ben u. dgl., dann Schrott- und Mehltränken wird die innerliche Verabrei­chung aromatischer Samen (Fenchel-, Dill-, Anissame), der Schafgarbe, des Diptam in Verbindung mit Wachholderbeeren, Goldschwefel oder Schwefel empfohlen. (Das im Gefolge fieberhafter Erkrankungen, verschie­dener Krankheiten des Euters, bei kümmerlicher Ernährung u. s. w. eintretende Nachlassen oder Versiegen der Milch kann eben so wenig hieher gerechnet werden, als das Anhalten der Milch aus Furcht bei rohem Melken, bei Schmerzen im Euter oder an den Zitzen.)
ß) Bezüglich der Beschaffenheit.
sect;. 30. Das Blutmelken. Es stellt sich bei Entzündungen und inneren Verletzungen des Euters, nach rohem Melken, während des llinderns, nach dem Genüsse scharfer Pflanzen, wie der llanunkelarten, des Wasserpfeffers, harziger Baumsprossen u. dgl. ein und ist in dem letzteren Falle nicht selten mit Blutharnen verbunden. Entweder zeigen
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Milchfehler.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;841
sich schon während des Melkens blutige Streifen in der Milch oder es findet sicli bei dem Ausleeren der Milchgcflisse ein mehr oder weniger bedeutender Bodensatz von geronnenem Blute in denselben.
Die Behandlung bestellt in Entferuthultung der Ursachen und in der Besorgung der etwa vorhandenen Krankheit des Euters; ist das Blutmelken nach dem Genüsse scharfer Ptlanzenstoffc entstanden, so werden innerlich der Salpeter, Bleiüucker und herbe Substanzen ver­abreicht. Ein sanftes Ausmelken ist nicht zu unterlassen oder es sind bei grosser Schmerzhaftigkeit des Euters wenigstens Milchröhrchen in die Zitzenöffnungen einzuführen.
Von dem Blutmelken ist die rot he Milch, welche ihre Färbung dem Genüsse gewisser Pflanzen (dor Farberrüthe, mehrerer Galiumarten u. s. w.) verdankt, zu un­terscheiden. Ucbrigens gehen auch gelbe Farbstoffe der Pflanzen, dann bittere und ätherisch-ölige Stoffe der Arznei- und Futterstoffe in die Milch über und verleihen ihr einen besonderen Geschmack. Die Eutfenitluütung der Ursachen beseitiget den Fehler in kurzer Zeit. Dass endlich Eiter aus Abscessen der lirustdrüse sich der Milch bei­mischen und beim Melken entleert werden könne, ist begreiflich.
sect;. 31. Die wässerige Milch wird durch gehaltloses, wässeriges oder schlecht eingebrachtes Eutter, durch zu reichliches, erschlaffendes Getränke, das endlich auch eine Schwächung des Yerdauungsactcs zur Eolge hat, veranlasst. Sie gibt sich durch ihre Dünutiüssigkeit, den geringen Gehalt an Kahm und Käsestoff zu erkennen.
Die Behandlung besteht in der Umänderung der Fütterung und, falls die Verdauungsorgane bereits geschwächt wären, in der Verabrei­chung bitterer Arzneien.
sect;. 32. Eine zu gehaltreiche, fette Milch, die sich durch ihren grösseren Reichthum an Fett- und Käsestoff auszeichnet, wird von kräftigen, gutgenährten Thieren abgesondert; ihre Abhilfe besteht in kühlender und wasserhaltiger Nahrung. Sie ist wohl in ökonomi­scher Hinsicht nicht als Milchfehler anzusehen, kann jedoch auf die saugenden Jungen, bei denen sie zur Entstehung der Ruhr, der Lähme u. dgl. Veranlassung gibt, nachtheilig einwirken.
sect;. 33. Die salzige Milch soll sich durch ihren grösseren Gehalt an Salzen (die sich zuweilen als ein sandartiger Bodensatz in den Milchgeschirren absetzen sollen) auszeichnen, dem Menschen nicht zu­träglich sein und bei Kühen, die an chronischen Krankheiten (angeb­lich Lungenvereiterung, Franzosenkrankheit) leiden, vorkommen.
sect;. 34. Das Blaumelken (zu unterscheiden von der sogenannten blauen Milch, wovon später) ist dadurch charakterisirt, dass die Milch
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842nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Milchfchler.
schon beim Molken nicht von der gewölmlichen weissen, sondern von bläulicher Farbe ist und nur wenig und dabei locker zusammenhän­genden Rahm abscheidet, so dass durch die dünneren Stellen des­selben die bläuliche Milch durchschimmert. Angeblich soll sich auch hiebei auf dem Boden des Gefässes ein bräunlicher Bodensatz bilden. Da diese fehlerhafte Milch gewöhnlich nur bei einzelnen Stücken eines Viehstandes vorkommt, so scheint die Fütterung weniger als Ursache dieses Fehlers zu beschuldigen, vielmehr derselbe in noch nicht näher und sicher bezeichneten Krankheitszuständen der Thiere begründet
b) Fehler der Umsetzung.
sect;. 35. Das Charakteristische dieser Gruppe der Milch­fehler besteht darin, dass eine beim Melken vollkommen tadellose Milch später eine fehlerhafte Beschaffenheit an­nimmt. Die Ursache hievon liegt nach Haubner's Untersuchungen stets in äusseren Verhältnissen, deren Wirksamkeit durch gewisse con-stitutionelle Verhältnisse der Milchkühe und eine glaquo;wisse Nahrungs­beschaffenheit begünstiget oder gehemmt werden kann, während diese Umstände an und für sieh nie im Stande sind, diese Milchfehler zu veranlassen — eine Annahme, welche durch die Thatsache gerecht­fertiget wird, dass nach der Abstellung dieser ungünstigen Verhältnisse, so wie durcli Abänderung der Aufbowahrungsart der Milch auch diese Fehler aufhören und dass in Wirthschafteu, wo solche Anstände ob­walten, alljährlich verschiedene Milchfehler auftreten.
Hieher gehören:
sect;. 36. Die säuerliche oder schlickerige Milch (das Käsen der Milch). Der Fehler besteht in dem zu frühen Eintritte der Gerinnung der entweder erst abgemolkenen oder durch einige Zeit gestandenen oder gelinde erwärmten Milch. Die Milch ist also nur in sofeme fehlerhaft, als bei ihr der Eintritt der an und für sich norma­len Gerinnung zu früh erfolgt. Dieser Milchfehler verdankt seine Entstehung keineswegs Krankheitszuständen des Melkthieres oder, wie angenommen wurde, dem Genüsse säuerlicher Pflanzen, saurer Gräser u. dgl., sondern äusseren Einflüssen, welche die abgemolkene Milch treffen, wie grosser Hitze, der Gewitterluft, warmen und dunsti­gen Milchkammern, unreinen, besonders hölzernen Milchgeschirren; auch die Einwirkung grosser Hitze auf das Melkvieh in den Ställen und
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Milchfehler.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 843
auf der Weide scheint sein Eintreten zu begünstigen. Die Art der Ab-slellung dieses Fehlers ergibt sich aus dem Angeführten von selbst.
sect;. 37. Die zähe, schleimige, lange Milch (das Langwerden der Milch). Die gemolkene Milch ist ganz tadellos, gerinnt auch wie jede andere, höchstens mit dem Unterschiede, dass bisweilen nur eine geringe oder ungleiche Rahmausscheidung statt findet. Beim Ausstechen der Milch spinnt jedoch der Rahm, insbesondere aber der käsige Theil lange, zähe, schleimige Fäden, sein Geschmack ist fade, schlei­mig, nicht säuerlich, er lässt sich schwer buttern, die Butter ist un­schmackhaft und nicht haltbar. Dieser Fehler kommt bei vollkommen gesunden und tadellos gefütterten Milchkühen vor; seine Ursachen lie­gen in feuchten, dumpfigen, des Luftzuges ermangelnden Milchkammern, in Unreinlichkeit oder wenigstens nicht genügender Sauberkeit beim Betriebe der Milchwirthschaft, vielleicht unter Begünstigung gewisser Witterungs- und Temperatureinfiüsse. Der hiebei stattfindende Vorgang scheint auf dem Fintritte der schleimigen Gährung und der hiedurch bedingten Umsetzung des Milchzuckers und Käsestoffes zu beruhen und lässt sich auch durch Zusatz von Ferment in jeder frischen Milch künstlich erzeugen.
sect;. 38. Das Schwinden des Rahmes (Haubner). Es bilden sich beim Stehen und Gerinnen der, beim Melken fehlerfreien Milch auf der Oberfiäohe des Rahmes gelbe, durchscheinende Stellen von ver­schiedenem Umfange, welche durch Luftblasen gebildet werden. Bei höherem Grade dieses Fehlers lässt sich der Rahm schwer verbuttern und gibt eine unschmackhafte, unhaltbare Butter. Dieser Fehler scheint auf einer Gährung zu beruhen und lässt sich auch durch säuerliche, vegetabilische Fermente künstlich hervorrufen. Auch hier ist eine feh­lerhafte Beschaffenheit der Milchkammern und Unreinlichkeit der Ge­schirre die veranlassende Ursache des Uebels, welches sich durch tüchtige Lüftung der ersteren und durch sorgfältige Reinigung der letz­teren abstellen lässt.
sect;. 39. Das Nichtbuttern des Rahmes. Der Fehler besteht darin, dass sich aus der, beim Melken tadellosen und auf die gewöhn­liche Weise gerinnenden oder hiebei nur wenig Rahm absetzenden Milch beim Buttern nur schwer oder gar nicht die Butter ausscheidet. Der Rahm bleibt entweder emulsionsähnlich , schäumt und steigt aus dem Butterfasse, oder es bilden sich in ihm nur kleine, sich nicht vereini­gende Oerinnsel. Dieser Fehler kommt bei vollkommenem Wohlbefinden
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844nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Milcbfehler.
der Melktliicre und bei tadelloser Fütterur.g, aber stets nur im Som­mer vor, daher höhere Temperaturgrade Eintiuss zu haben scheinen. Der Umstand, dass durch Zusatz irgend einer Säure zu einem solchen Eahme die Ausscheidung der Butter ermöglicht wird und dass ein al-calisch reagirender Rahm nicht zu verbuttern ist, spricht für die An­sicht, dass diesem Fehler eine ungenügende Säuerung des Eahmes, durch Behinderung der Bildung der Milchsäure aus dem Milchzucker oder durch eine Neutralisation der gebildeten Säure zu Grunde liege. Einstellen des Butterfasses in kaltes quot;Wasser (bei grosser Hitze) oder Zusatz einer Säure oder sauren Rahmes ermöglichet gewöhnlich das Buttern.
sect;. 40. Die bittere (süssbittere) Milch, wohl zu unterscheiden Ton der nach dem Genüsse bitterer Pflanzen oder Arzneien und bei Krankheiten der Leber sich einstellenden Absonderung einer bitter schmeckenden Milch, ist nacli dem Melken noch völlig untadelhaft; beim Stehen scheidet sich der Rahm ungleich aus , er ist stellenweise erbsengelb, sonst von gewöhnlicher Farbe, jedoch unrein und blasig, hie und da an seiner Oberfläche von Fetttropfen (ausgeschiedener But­ter) überzogen; er schmeckt auffallend süss mit einem bitteren Nach­geschmäcke , ebenso der Käsestoff, der dort, wo an der Oberfläche der Rahm die angegebene Veränderung zeigt, weniger fest geronnen ist. Beim längeren Stehen erlangt die Milch einen unangenehmen ran­zigen , zuletzt fauligen Gcschmak, lässt sich schwer oder gar nicht buttern; die etwa erhaltene Butter ist schleimig, von unangenehmem Geschmacke, wird bald ranzig, ebenso ist der Käse unbrauchbar. Der, bei diesem, nur im Sommer, in sehr schlechten, dunstigen Milchkam­mern oder beim Aufbewahren der Milch in Schlaf- und Wohnzimmern, in dumpfen feuchten Kellern vorkommenden Milchfehler stattfindende Zersetzungsprocess ist näher noch nicht bekannt; sicher ist es nur, dass die Milch mancher Thiere zu ihm mehr disponirt und dass manche Weideplätze sein Vorkommen begünstigen.
sect;. 41. Das Blauwerden der Milch. Dieser Fehler ist dadurch characterisirt, dass in einer beim Melken ganz tadellosen Milch sich beim Gerinnen die Oberfläche des Rahmes punktfdrmig oder fleckig blaufärbt, von wo aus sich diese Färbung nach der Fläche und Tiefe weiter, aber nie über die ganze Milch gleichmässig verbreitet. Dieser Milchfehler kommt nur in der Zeit vom Frühsommer bis zum Spät­herbste vor; er verschwindet stets mit dem Eintritte der kalten Jah-
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.Milchfehler.
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reszeit, ausscr es wird die Milch während derselben in warmen Loca-litäten aufbewahrt, wo er dann auch während dos Winters andauert. Er tritt gewöhnlich anfangs bloss in einzelnen Milchgefässen und in Form vereinzelter blauer Flecke und Streifen auf, verbreitet sicli später über grösscre Quantitäten Milch, greift tiefer in dieselbe ein und ver­schwindet wieder allmälig oder plötzlich. Diese indigo- oder ber­linerblaue Färbung ist entweder bloss auf den Rahm beschränkt oder sie greift auch auf den Käsestoff über; in diesem Falle sind dann beide gewöhnlich durch- eine ungefärbte Kahmschichte getrennt. Steht solche Milch länger, so bedeckt sie sich bald mit einem weissen, rauhen Anfluge (Pilzbildung); die blaue Farbe geht ins Blaugraue über und wird endlich schmulziggrau, wobei gewöhnlich der Kahm durch Gasentwicklung blasig aufgetrieben wird. Sehr früh finden sich in der blauen Milch Infusorien (Monaden), welche fälschlich als die Ursache der blauen Färbung angesehen und beschrieben wurden; sie finden sich an den blauen Stellen viel früher und zahlreicher, als an den benachbarten weissen. Die geronnene Milch ist weniger sauer, der Käsestoff woniger fest geronnen und gewöhnlich der Träger des Farbestoffes, der sich jedoch auch von ihm trennen und auf das Serum übergehen kann, nie aber an der Butter haftet; denn auch der Kahm erhält nur durch die blaue Färbung der Caseinhülle der Fettkügelchen sein Colorit. Bei Alcalescenz der Milch geht der blaue Farbestoff ins Kötbliche und Gelbe über, kann aber durch Säuren wieder herge­stellt werden. Nach Haubner's, auf viele Versuche gestützter Ansicht, besteht die, in einer solchen Milch stattfindende Umsetzung zunächst in gehemmter Milchsäurebildung oder richtiger in dem Freiwerden eines alcalischen Stoffes, wodurch eine weniger feste Gerinnung des Käse-stoft'es und eine Verflüssigung und Lösung des bereits geronnenen ein­geleitet wird. Ob die blaue Färbung durch ein organisches oder un­organisches Pigment (vielleicht phosphorsaures Eisenoxyduloxyd, wel­ches sich bei Zersetzung dos Käsestoffes bilden könnte) vcranlasst werde, ist eben so wenig bekannt, als die Einflüsse der Nahrungs­mittel und der Haltung der Thiere auf das Blauwerden der Milch. Da jedoch bisweilen der Fall vorkommt, dass einzelne Thiere eine solche Milch geben, während diess bei anderen unter gleichen Verhällnissen nicht der Fall ist, so scheint es unzweifelhaft, dass der thierische Organismus selbst einen, freilich noch ganz unerkannten Eintluss auf diesen Vorgang ausübe. Interessant ist das Vorhandensein eines Fer­mentes in solcher Milch, dessen Träger alle blaugewordenen Milch-
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846nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; MiU-hfehler.
theile, am meisten der Kahm, am wenigsten der geronnene Käsestoff sind, während alle weiss gebliebenen Theile derselben Milch ihn nicht enthalten und welches, in andere Milch übertragen, gleichfalls das Blauwerden veranlasst, selbst mit den Ausdünstungen der Milch in die Luft gerissen und durch Präcipitation auf andere, in demselben Locale aufgestellte Milch in dieser denselben Process einleitet. (Man hat desshalb auch von einer Ansteckungskraft der blauen Milch ge­sprochen.) Ob dieses Ferment seine Bildung einer Secretionsanomalie oder der Beimischung geringer Mengen von Exsudat zur Milch seine Entstehung verdanke, steht in Frage. Da der, die Entstehung der blauen Milch vielleicht begünstigende Einfluss der Melkkühe noch ganz unbekannt ist, so erscheint behufs der Tilgung dieses Fehlers eine Behandlung der Thiere, wenn sie nicht bloss Spielerei sein soll, ganz überflüssig. In kleineren Wirthschuftcn geht es an, die Milch jeder Kuh besonders aufzustellen, um zu erkennen, von welcher die blaue Milch herrührt, um diese dann sogleich verwenden oder, falls diess nicht angienge, doch besonders aufstellen zu können, um die Uebertragung des Fermentes auf die Milch der anderen Kühe zu ver­hüten. In grossen Milchwirthschaften ist dieses Verfahren jedoch nicht ausführbar. Ueberall, wo dieser Milchfehler sich einstellt, ist auf die Abhaltung dos Fermentes von der Milch und auf die Zerstörung des­selben das Augenmerk zu richten, was durch die sorgfältigste Rein­lichkeit in allem, was die Milch und ihre Aufbewahrung betrifft, mithin durch sorgsame Scheuerung der Milchgefässe, gründliche Reini­gung und Lüftung der Milchkammern, Abhaltung jeder Möglichkeit einer Beschmutzung der Milch erreicht wird. Um das Blauwerden der Milch, welches stets mit einer verlangsamten und ungeregelten Säuerung zusammenfällt, dort, wo es bereits vorgekommen ist, zu tilgen, wird der Milch mit Vortheil etwas Buttermilch zugesetzt, wo­durch nicht nur das Blauwerden verhütet, sondern auch die Fortbil­dung des Fermentes und mithin die Weiterverbreitung dieses Fehlers auf andere Milch aufgehoben wird.
sect;. 42. Für eine Modification dieses Fehlers hält Haubner das Gelbwerden der Milch, das stets nur auf den Rahm beschränkt bleibt und sich nicht auf den geronnenen Käsestoff verbreitet. Es geht bisweilen in Wirthschaften dem Blauwerden der Milch voran, bisweilen ist der Rahm stark gelb gefärbt, während der geronnene Käsestotf blau erscheint. Es gilt von diesem Fehler alles, was von der blauen Milch erwähnt wurde.
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Xuubildungen im Euternbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; o47
II. Anatomische Störungen.
I. Neubildungen.
sect;. 43. Neubildung von Bindegewebe geht gewöhnlich von dem Bindegewebsgerüste des Euters aus und führt zur Atrophie des Drüsenbindegewebes. Kleine Bindcgewebsknötchen bilden sich auch in dem Milchcanalc der Zitzen und sind schon bei einem stärkeren Herabstreifen über diese letzteren zu fühlen. Sie hindern beim Melken den Abtluss der Milch, welche dann nur in einem Strahle hervorquillt. Die Beseitigung dieser Knötchen geschieht mittelst einer in die enge Oeff'nung der angespannten Zitze eingeführten engen Caniile oder einer dünnen offenen Federspule, mittelst deren man diese Excrcscenzen loszustossen sucht, worauf der Gang durch eine eingelegte dünne Darm­saite offen erhalten wird.
Eigentliche, durchaus aus Bindegewebe bestehende Fibroide kommen, obwohl selten, im Euter von Hündinnen vor.
Die häufigste Neubildung im Euter dieser ebengenannten Thiere ist der Krebs u. z. sowohl der Faser- als der Medullarkrebs, der gewöhnlich in diesem Organe zuerst auftritt und gewöhnlich den Aus­gangspunkt für seeundäre Ablagerungen in anderen Organen abgibt. Er geht alle, im allgemeinen Theilc angeführten Metamorphosen ein.
2. Entzündung des Eulers' (INastilis).
sect;. 44. Aetiologie. Sie kommt bei allen Thiergattungen, am häufigsten aber bei Rindern und Schafen, besonders kurz nach der Geburt oder nach dem Abspänen vor und befällt häufiger einen Theil, seltener das ganze Euter. Als veranlassende Schädlichkeiten wirken bald mechanische Einflüsse, besonders das Stossen der Jungen beim Saugen, bald Erkältungen des Euters durch Zugluft, das Liegen auf kaltem, besonders steinigem oder feuchtem Boden, bald die nach dem Absetzen der Jungen, nach schlechtem Ausmelken oder Aussaugen in dem Euter zurückbleibende Milch.
Erscheinungen. Die Entzündung beschränkt sich entweder auf das Bindegewebe des Euters (sogenannter Ein sehnss) und ist dann bisweilen über die ganze Oberfläche des Euters verbreitet, wobei dasselbe von einer bedeutenden, leicht gerötheten, wenig schmerz­haften ödematösen Geschwulst, welche sich gewöhnlich in kurzem
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Euterentzündung.
wieder verringert und völlig zurücktritt, befallen und die Milchabson­derung etwas vermindert wird, oder sie betrifft einzelne Abschnitte der Brustdrüse selbst, in welchem Falle sich dann eine gespannte, schmerzhafte, harte, häufig intensiv geröthete Geschwulst der ergriffenen Partien des Euters einstollt, welche die Thiere im Gehen hindert. Die Milchabsonderung ist hiebei entweder ganz unterdrückt oder es wird beim Melken eine blutige oder geronnene Milch in sehr geringer Menge entleert; bei höheren Graden des Leidens ist stets Fieber zu­gegen. Die Ausgänge sind: völlige Heilung, die bald rascher, bald langsamer erfolgt, A bscessbildung, wobei der, anfangs in kleineren, später in grösseren Heerden angehäufte Eiter endlich, wenn er nicht früher durch Kunsthilfe entleert wird, nach aussen durchbricht, wo­rauf durch Floischwärzchenbildung Vernarbung eintritt oder bei Com­munication mit einem Milchgange eine sogenannte Milchfistel zurück­bleibt, ferner bleibende Verhärtung einzelner Stellen des Euters, veranlasst durch Wucherung des bindegowebigen Gerüstes der Drüse, in welchem Falle sich dann rundliche, höckerige, harte, anfangs schmerzhafte, später völlig unschmorzhafte Knoten von verschiedener Grosse im Euter, dessen Absonderung zugleich verringert oder ganz auf­gehoben ist, entwickeln, endlich bei Schafen selbst brandiges Abster-b e n des Euters , in dessen Folge der Tod eintritt. Gewöhnlich bleiben nach einer abgelaufenen Euterentzündung sogenannte Milchknoten aus geronnenem Käsestoffe bestehend zurück, welche man durch öfteres Drücken und Streichen der Knoten, durch sanftes Kneten der Zitzen und Ausmelkeu, wobei klümperige oder cylinderförmige Gerinnsel entleert werden, entfernt, worauf die gewöhnliche Milchabsonderung sich wie­der einstellt.
Behandlung. Bei oberflächlicher Euterentzündung genü­gen kalte, später lauwarme Waschungen mit Goulard'schem Wasser, mit aromatischen Aufgüssen unter Essig- oder Salmiakzusatz; bei pa-renehymatöser Entzündung werden ficissig erneuerte Lehmanstriche mit Essig oder Salz, oder kalte Umschläge, innerlich die Anwendung antiphlogistischcr Salze in schleimigen Abkochungen oder leicht aroma­tischen Aufgüssen gelöset, nothwendig. Stellen sich die Erscheinungen der beginnenden Eiterung ein, so werden die Lehmanstriche mit warmen Breiumschlägen vertauscht oder es wird, da die Anwendung dieser mit vielen Unzukömmlichkeiten verknüpft ist, das Euter mit einer dicken Fettschichte bestrichen. Gebildete Abscesse werden, sobald sich deut­liche Schwappung eingestellt hat, eröffnet und die etwa zögernde
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Kutereulziiadung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;841)
Fleischwürzchenbildung durch Anwendung von lleizmitteln befördert. Bleiben Verhärtungen im Euter zurück, so sind Einreibungen von Quecksilbersalbe mit Zusatz von etwas Salmiak- oder Kamphergeist, später, wenn alle Empündlichkeit der Knoten verschwunden ist, die Jodsalbe am Platze. Bei Schafen oder Schweinen können die Knoten mit Wagentheer bestrichen und darüber Werg geklebt werden, welches bis zum Abfallen liegen bleibt. Branddrohende Entzündungen erfordern die lieissigo Anwendung der Kälte oder des Bleiwassers; bei wirklich eintretendem Brande sind tiefe Einschnitte in das entzündete Euter und hierauf Bähungen mit aromatischen oder herben Flüssigkeiten, unter Zusatz von Chlorkalk, Essig, Branntwein zu machen.
Bei geringeren Graden der Entzündung ist massige Bewegung des Thieres vortheilhaft; bei höherer Entwicklung des Leidens muss für warmes Verhalten, reichliche Streu, karge Fütterung mit wenig nahrhaften und eröffnenden Substanzen Sorge getragen werden. Bei heftiger Entzündung, wo das Euter sehr schmerzhaft ist und die Milchabsonderung ohnehin grösstentheils oder vollständig versiegt, ist das Ausmelken zu unterlassen; bei leichteren Graden der Krankheit jedoch kann es einigemal des Tages behutsam vorgenommen werden; das Junge darf aber in keinem Falle saugen, da hiedurch leicht mecha­nische Verletzungen stattfinden können.
Den, nach dem Absetzen des Jungen bei Thieren, deren Milch nicht ausgcmolken wird, bisweilen eintretenden entzündlichen Anschwellungen des Euters begegnet man am besten durch Futterab­bruch, massige Bewegung, durch leichte Abführmittel, bei Steigerung des Zustandes durch öfteres Ausmelken. Von den am Euter vorkom­menden Ausschlägen war bereits bei der Maulseuehe und bei den Kuhpocken die Rede.
Anmerkung. In Folge von Verletzungen kommt es bisweilen zur Verwach­sung der äusseren Oeffnung des Milch ganges einer Zitze, welcher Um­stand zur Ansammlung der Milch im Euter, später zur Atrojihie desselben Veranlas­sung gibt. Das Uurchstossen der verwachsenen Stelle, welches bei angespannter Zitze mittelst einer Slahlsoude oder mittelst einer Stricknadel vorgenommen wird und das Einlegen einer Darmsaite in die gemachte Oeffnung beseitiget diesen Zustand.
Knll, ratkul. und Tbeiaigt;ic. II. Aull.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 54
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8öOnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Chankerseucho.
Anhang. Krankheiten der Scham und der Ruthe.
sect;. 45. Von den Krankheitsfbrmen dieser Tlieile, deren Betrach­tung Gegenstand der Chirurgie ist, interessirt hier bloss die sogen.
Chankerkmikheit (Ghankerseut'he, Uescfaälsrucbe),
welche jedoch mit der, bereits früher abgehandelten Lähmungskrank-heit der Zuchtthiere nicht zu verwechseln ist.
Aetiologie. Sie kommt am häufigsten bei Pferden und Scha­fen vor und scheint sich ursprünglich vorzugsweise bei weiblichen Thieren zu entwickeln, von diesen bei dem Belegacle den männlichen Thieren mitgetheilt und von da aus weiter auf andere weibliche über­tragen zu werden. Die Ursachen ihres ursprünglichen Entstehens sind noch nicht klar; sie herrscht unter den Pferden nicht selten seu­chenartig u. z. über grössere Landstriche verbreitet, ohne dass sich besondere Witterungsverhältnisse u. dgl. als Krankheitsursache beschul­digen liessen und kommt bisweilen auch in Verbindung mit anderen katarrhalischen Leiden, insbesondere mit der sogenannten Drüse des Pfer­des, vor. Die Weiterverbreitung der einmal aufgetretenen Krankheit wird durch die Verschleppung eines, an dem Secrete der Scheide, der Vorhaut und der Eichel haftenden Contagiums begünstiget und un­terhalten.
Erscheinungen. Bei weiblichen Thieren stellen sich Böthung, Wulstung und Vermehrung der Absonderung der Scheide ein, aus welcher eine anfangs eiweissähnliche, klare, später trübe, dicke, röth-liehgelbe Flüssigkeit austiiesst, die an den lländern des Wurfes zu Krusten vertrocknet. An der inneren Fläche des Wurfes und um den Kitzler herum erheben sich linsen- bis erbseugrosse, mit einer wasser­hellen oder gelblichen Flüssigkeit erfüllte Bläschen, welche rasch bersten und seichte, mit einem gelblichen, klebrigen, unter dem Zu­tritte atmosphärischer Luft bald zu dünnen Krusten vertrocknendem Exsudate bedeckte Substanzverluste zurücklassen, die innerhalb weniger Tage mit Zurückbleiben einer weissen Narbe heilen (gutartige Be­schälseuche). In anderen Fällen bilden sich an den erwähnten Stel­len und weit hinein in die Scheide tiefer greifende, mit einem, von croupösem, festsitzendem Exsudate gebildeten unreinen Grunde und
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Chankeiseuelie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;ööl
uufgewort'cnen, stark intiltrirten Baadern versehene (diphtheritische) Geschwüre, welche sich bisweilen sogar bis auf die Schleimhaut der üebärmutter erstrecken. Das Zerfiiessen und Abstossen des Exsudates geschieht hier nur allmälig, der Ausfluss aus der Scheide wird reich­licher, missfärbig, selbst jaucheähnlich und veranlasst an den Theilen, mit denen er in Berührung kommt, leicht Excoriationen. Allmälig kommen die Geschwüre unter gleichzeitiger Verminderung des Ausflus­ses zur Heilung und hinterlassen gewöhnlich constringirende strahlige Narben, insbesondere dann, wenn sie bei nahem Nebeneinanderstehen zusammengeflossen waren (bösartige Beschälseuche).
Bei männlichen Thieren äussert sich der Krankheitszustand gleichfalls auf diese doppelte Weise, indem auf der Oberfläche der Euthe u. z. bisweilen von ihrem Grunde angefangen bis in die Nähe der Hamröhrenmündung die erwähnten Bläschen oder Geschwüre auf­treten und eine grössere Empfindlichkeit, nicht selten auch sehr bedeu­tende Anschwellungen der Ruthe zur Folge haben. Die Heilung der Geschwüre geht liier gewöhnlicli rascher von Statten als bei weiblichen Thieren, bei denen die fortdauernde Absonderung der umgebenden Schleimhaut den Geschwürszustand unterhält und steigert.
Bei gut constituirten Pferden bleibt die Krankheit häufig rein örtlich und endiget bei nur einigermassen sorgfältiger Behandlung inner­halb einiger Wochen mit Genesung. Bei von früher her kränklichen Thieren, insbesondere bei Stuten, stellt sich oft Entzündung der Lymph-gefässe des Euters, der hinteren Extremitäten und der Lymphdrüsen dieser Theile ein und es entwickelt sich schliesslich der Hautwurm oder der Kotz. Nicht selten fällt das Herrschen der Chankerkrankheit mit dem epizootischen Auftreten des Botzes unter den Pferden zusammen und dieser Complication verdankt die erstere Krankheit vorzüglich den Kuf ihrer grossen Gefährlichkeit. Selten jedoch stellen sich während ihres Verlaufes die Symptome eines Rückenmarksleidens, Lähmung ein­zelner Körpertheile, der Nachhand, des Hintertheiles ein, wie noch hie und da in offenbarer Verwechslung derselben mit der Lähmungs­krankheit, in deren Folge sich wohl ein ähnliches Leiden der Ge-schlechtstheile entwickeln kann, behauptet wird.
Bei von früher her gesunden und kräftigen Thieren ist die Vor­hersage günstig; als Folgezustand bleibt bei Stuten bisweilen ein chro­nischer Scheidenkatarrh zurück.
Behandlung. Bei weiblichen Thieren werden im Beginne der Krankheit schleimige, später leicht zusammenziehende Einspritzungen
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852nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; C'baukerseuche.
(aus Salbeiaufguss, Aljkocliuns von Eichcmiude mit Zusatz von rohem Alaun, Essig, Bleiessig) in die Scheide gemacht, die von aussen zu­gänglichen Geschwüre mit Bleicssig oder mit phagadänischem Wasser gereiniget oder mit Höllenstein, Kupfervitriol geätzt; das gleiche Ver­fahren wird nebst öfterer Reinigung der Ruthe bei männlichen Thieren beobachtet. Eine innerliche Behandlung ist unnöthig und bei Complica­tion mit Hautwurm, verdächtiger Drüse oder Rotz fruchtlos.
sect;. 46. Sicherungs- und Tilgungsmassrcgeln. um die Wei­terverbreitung der Beschälknmkheit thunlichst zu verhüten, sind nach­stehende Massregeln durchzuführen:
1.nbsp; nbsp; Selbst zu Zeiten, wo von dem Herrschen der Seuche nichts bekannt ist, sollen alle zum Belegen vorgeführten Stuten im Beisein des Ortsvorstandes besichtiget und alle zu alten, alle cachectischen, dann alle jene, welche einen AusÜuss aus der Scheide zeigen, welcher ein anderes Ansehen, als jener der bloss rossigen Stuten hat, unnach-sichtlich vom Beleggeschäfte ausgeschlossen werden.
2.nbsp; nbsp;Ebenso soll die Ruthe des Beschälhengstes selbst wieder­holt besichtiget werden; sobald sich an ihr Bläschen, Excoriationen oder Gcsclnvürc zeigen, muss derselbe so lange vom Beschälen ausge­schlossen bleiben, bis vollständige Heilung eingetreten ist.
3.nbsp; nbsp; Die Pferdezüchter sollen im geeigneten Wege über die Kennzeichen dieser Krankheit belehrt werden, damit sie dieselbe sogleich im Beginne zu erkennen im Stande seien.
4.nbsp; nbsp;Sobald ein, dieser Krankheit verdächtiger Fall bei den Zucht­pferden vorkommt, hat der Eigenthümer sogleich durch den betreffen­den Ortsvorstand die Anzeige hievon an die politische Behörde zu machen, welche dann ungesäumt die weiteren Erhebungen zu pliegen und die geeigneten Massregcln einzuleiten hat.
5.nbsp; nbsp; Damit die Krankheit nicht in andere Bezirke verbreitet werde, ist der Verkauf von Zuchtpferden aus dem verseuchten Bezirke in gesunde für die Dauer der Seuche einzustellen.
6.nbsp; nbsp; Kommt die Krankheit in einem Bezirke in grösserer Aus­breitung vor, so ist daselbst das Belegen sowohl durch ärarische als durch Privatbeschäler einzustellen. Wird ein Hengstbesitzer einer Ue-bertretung dieses Verbotes überwiesen, so ist derselbe nach sect;. 400 des Strafgesetzes zu behandeln. Die mit einer ansteckenden Krankheit behafteten und betretenen Privatbeschäler sind in Contumaz zu stellen und zu behandeln.
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Chankersoucbp.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;8o3
7.nbsp; nbsp;Die mit der Krankheit behafteten Pferde sind abgeson­dert von den gesunden unterzubringen, von besonderen Wärtern zu be­sorgen , mit eigenen Stall- und I'utzgeräthen zu versehen und falls sieli ihr Zustand nicht schon als unheilbar herausstellt, thierärztlich zu behandeln.
8.nbsp; nbsp;Um über den Stand der Erkrankungen in steter genauer Keimt-niss zu sein, ist wenigstens von 8 zu 8 Tagen eine Revision des Pferdestandes der verseuchten Ortschaften vorzunehmen.
9.nbsp; nbsp;Pferde, welche mit der sogenannten gutartigen Beschäl­seuche behaftet befunden werden, dürfen selbst in dem darauf folgen­den Jahre nur dann bedeckt werden, wenn sie vorher thierärztlich untersucht und hieboi gesund befunden wurden. Sie sind desshalb nach ihrem Nationale aufzunehmen und bis zur stattfindenden Revision in Evidenz zu halten.
10.nbsp; Mit der bösartigen Chankerseuchc behaftete Zuchtpferde sind, falls sie selbst wiederhergestellt werden sollten, bleibend von der Nachzucht auszuschliessen und an der linken Seite des Halses durch den Brand N kenntlich zu machen.
11.nbsp; nbsp; Entwickelt sich aus der Beschälkrankheit der llotz oder der Wurm, so sind die betreffenden Pferde nach den hiefür geltenden Vorschriften zu behandeln.
12.nbsp; nbsp;Das Verfahren mit den Cadavern der umgestandenen oder vertilgten Pferde, das Vorgehen bei der lleinigung der inficirten Stal­lungen und Geräthe hat wie beim Rotze zu geschehen.
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¥111. Abtheiluiig.
Krankheiten der Bewegungsorgane.
sect;. 1. Es gehören hieher die Krankheiten der Knochen, der Gelenke, der Muskeln und Sehnen. Da die specielle Betrachtung derselben der hergebrachten Gewohnheit zu Folge der Chirurgie anheim­fallt, so beschränken wir uns hier auf die allgemeine Schilderung der­selben vom pathologisch-anatomischen Standpunkte aus.
I. Abschnitt.
Krankheiten der Knochen.
A. Locale Störungen des Kreislaufe*.
1.nbsp; nbsp;Hyperämie.
sect;. 2. Die Hyperämie der Beinhaut und der Knochen ist bald eine Theilerscheinung der Entzündung dieser Theile, bald die Folge der entzündlichen Affection angrenzender Theile; sie führt nicht selten zu Umfangsvennehrungen der Knochen und zu Knochenauswüchsen.
2.nbsp; nbsp;Blutung.
sect;. 3. Sie ist meist eine Folge von mechanischen Verletzungen der Knochen, wornach das Blut sich entweder unter die Beinhaut oder in die Markräume des Knochens ergiesst und die bekannten Metamorpho­sen der Extravasate erleidet.
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Knochonbrand.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ÖOO
B. StSrttngen der Ernährimg. I. Knochenbrand — Nekrose.
sect;. 4. Der Knochenbrand entwickelt sich stets in Folge des Aufhörens der Circulation in den Gefässen eines Knochens oder eines Knochenabschnittes. Dieses Ereigniss tritt ein: durch heftige Er­schütterung eines Knochens, durch welche seine Gefässe zerreissen, durch Loslösung der lieinhaut, durch Aufhebung des Blutlaufes in den ernährenden Knochengefässen in Folge von Zerreissung oder Thrombose derselben, durch eiterige Entzündung der Beinhaut, des Knochens und Knochenmarkes.
Die Nekrose betrifft entweder den Knochen in seiner ganzen Dicke (N. totalis), oder nur ein Stück der Knochenrinde (N. super-ficialis, externa) oder, jedoch sehr selten, ein Stück der inneren Knochensubstanz (N. contrails, interna). Je nachdem sie das ursprüng­liche Leiden darstellt oder sich erst im Gefolge des Entzündungspro-cesses einstellt, unterscheidet man sie in die primäre und seeun-däre Nekrose.
a) Primäre Nekrose. Betrifft dieselbe einen Knochen in seiner ganzen Dicke , so stellt sich in dem angrenzenden gesunden Knochen­stücke allmälig Entzündung ein, die Knochencanälchen erweitern sich, der Knochen wird von Lücken, die sich immer mehr vergrössern und mit Granulationen füllen, durchsetzt, wodurch sich zwischen dem todten und dem entzündeten Knochen eine, mit Fleischwärzchen oder Eiter gefüllte Lücke — Demarcationslinie — bildet. Ein ähnlicher Vor­gang findet auch in dem Marke statt, so dass schliesslich das abgestor­bene Knochenstück, welches dann Sequester heisst, völlig von der Umgebung losgelöst wird.
Während dieses Vorganges, zu welchem jedoch stets ein längerer Zeitraum, von mehreren Monaten, nothwendig ist, beginnt von der Beinhaut aus die Bildung neuer Knochenmassen, indem sie durch den Entzündungsprocess hypertrophirt und von ihren inneren Schichten aus verknöchert, so dass allmälig eine neue, den Sequester einschliessende Knochenröhre — die Knochenlade — gebildet wird, welche mit dem angrenzenden gesunden Knochen durch eine schwammige Osteo-phytenbildung zusammenhängt, in ihren inneren Schichten allmälig dichter wird, nach aussen aber stets rauh, uneben, bisweilen völlig un­förmlich und mit verdickter Beinhaut überzogen bleibt. Die umgebenden
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856nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Knochenbrand.
Wcichtheile nehmen meistens an dem Entzündungsprocesse Anlheil, namentlich erscheint das Bindegewebe stark hyperämisch, ödematös oder eiterig infiltrirt. Durch diese Weichtheile füliren gewöhnlich Fistelöft-nungen zu mehr oder weniger grossen Löchern — Kloaken—wTelche durch die Knochenlado bis zu dem Sequester dringen und dessen all-mälige Entfernung ermöglichen. Ist nun dieser, sei es auf dem Wege der Naturheilung oder einer chirurgischen Hilfeleistung, entfernt, so füllt sich die Innenwand der Knochenlade mit Granulationen aus, die allmälig vom Knochen aus beginnend verknöchern und bisweilen die Integrität der Markhöhle aufheben. Später glättet sich die Obertläche des neuen Knochens etwas, er bleibt aber in der Regel plump und unförmlich. Bei ungünstigem Verlaufe kann es zu einer unvollkomme­nen Bildung der Knochenlade, zu cariöser Zerstörung des Knochens in der Umgebung des nekrotischen Stückes kommen, wornach die Thiere in Folge des langwierigen Eiterungsprocesses entweder zu Grunde gehen oder als werthlos vertilgt werden müssen.
Wird ein ganz oberflächliches Stück der Knochenrinde von Nekrose befallen, so wird der Sequester gewöhnlich früher durch Hohlgänge in den Weichtheilen ausgestossen, als es zur Bildung einer Knochenlade kommt und der Substanzverlust wird durch Granulationen, welche von der Beinhaut und dem Knochen ausgehen und allmälig verknöchern, ausgefüllt. Wird jedoch die Knochenrinde auf eine etwas namhaftere Dicke nekrotisirt, so geht die Bildung der Knochenlade und die Ausstossung des Sequesters durch Kloaken auf die früher geschil­derte Weise vor sich.
b) SecundäreNekrose. Sie entwickelt sich in Folge von Ent­zündung der Beinhaut, des Knoühens oder des Knochenmarkes. Am häufigsten sind die beiden ersteren Formen, die letztere kommt höchst selten an den Ansätzen der Röhrenknochen vor. Der Vorgang der Einkapselung ist der Hauptsache nach derselbe, wie bei primärer Ne-krose, jedoch trägt der Sequester stets die Spuren der vorausgegangenen Entzündung an sich, er ist daher an seiner Oberiläche rauh und viel­fach durchlöchert, oder besteht bei oberflächlicher Nekrose bloss aus einem zarten Gitterwerke. Er unterliegt daher auch leicht dem völli­gen Zerfalle und wird häufig durch die Fistelgänge der Weichtheile in kleinen Fragmenten nach aussen entfernt, während der Sequester bei primärer Nekrose völlig das Ansehen des normalen Knochens zeigt und der maecrirenden Einwirkung des ihn umgebenden Eiters widersteht.
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Knochenschwund.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ÖO i
2. Kiiochenschwiiiid.
sect;. 5. Eine der bei Hausthieren häufigsten Formen des Knochen-sohwundes ist die Knochenaufsaugung, Usur, Detritus, welche in l'olge eines andauernden Druckes, z. B. der an Knochen anliegen­den Geschwülste (z. B. Pacchionischcr Granulationen, der Blasen des Coenurus cerebralis), sicli entwickelt. Der Vorgang ist ein sehr all-mäliger, gewöhnlich schwindet zuerst die Beinhaut, dann die angren­zende Eindenschichto, endlich die schwammige Substanz und schliess-lich die Rinde der entgegengesetzten Seite, so dass es zuletzt zu einer l'eribration des Knochens kommen kann. Gleichzeitig findet in der Um­gebung der usurirten Stelle eine Verdickung des Knochens und mit dem Vorrücken der Usur stets auch eine Sclerosirung der angrenzenden Knochenschichte statt, so dass die Oberflächen solcher, durch Detritus verdünnter Stellen, selbst wenn sie die Diploe betreffen, in der Kegel eine ganz glatte, dichte Obertiäche zeigen. Den Vorgang des Knochen-detritus kann man an dem Schädel von Schafen, welche an der Drehkrankheit leiden, ganz gut nachweisen und daselbst auch beobach­ten, dass der völligen Perforation bisweilen eine namhafte Verdünnung einer Stelle der Schädelknochcn vorangeht, wodurch dieselbe gegen den Druck nachgiebig wird.
Ein gleichmässiger Schwund sämmtlicher Theile eines Kno­chens wird bisweilen an den Knochen der Gliedmassen von Hunden angetroffen, welche durch lange Zeit in Eolge von Lähmung, von An-kylose der Gelenke u. dgl. in vollständiger Unthätigkeit verblieben.
In die Reihe des Knochen Schwundes ist auch jene Verände­rung zu rechnen, welche der sogenannten Knochenbrüchigkeit der Rinder zu Grunde liegt, wrobei die Rindensubstanz sehr verdünnt und die Markhöhle bedeutend erweitert erscheint (excentrische Atrophie).
3. Hjiierlrnphie der Knochen.
sect;. 6. Eine reine Hypertrophie der Knochen, wenn man hierunter die Vergrösserung eines Knochens versteht, wodurch der­selbe unter Beibehaltung seiner Gestalt und Textur in allen seinen Dimensionen zunimmt, findet sich bei Hausthieren höchstens an den Schädeln nach geheiltem angeborenem Wasserkopfe, wenn die Knochen allmälig eine, ihrer Grosse entsprechende Dicke erlangt haben.
In Folge einer andauernden Hyperämie oder Entzündung der Beinhaut oder entzündlicher Vorsänse in der Knochenrinde stellt sich
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858nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Knochenneubildnng.
bisweilen eine namhafte Zunahme des Dickendurchmessers eines Knochens oder Knochcnahschnittcs ein — Hyperostose. Die Beinhaut erscheint dann verdickt, die OberHäche des Knochens uneben, die Knochenrinde ohne Aenderung ihrer Textur namhaft verdickt, die Knochenhöhle entweder normal oder verengert oder selbst völlig verschlossen. Der Knochen ist rnförmlich, plump, gewöhnlich schwerer und an seiner Obertiäche mit Osteophyten besetzt.
Aus denselben Ursachen und bisweilen in Combination mit Hy­perostose entwickelt sich jener Zustand, welchen man Sclerose des Knochens nennt und welcher in einer Umänderung der maschigen in dichte Substanz und in Verkleinerung der Markhöhle besteht, wodurch der Knochen ein bedeutendes Gewicht erlangt.
Dem Winddorne, Bpina ventosa. Osteoporosis, liegt eine Umfangsvermehmng des Knochens mit Verringerung seiner Masse zu Grande, da das Innere einer solchen Knochengeschwulst nur aus einem lockeren, maschigen Gewebe besteht. Er entwickelt sich bald im Ge­folge von eiteriger Beinhaut- und Knochenentzündung, bald in Folge von Neubildungen, wie Sarcomen, Fasergeschwülsten, Krebsen, welche sich im Inneren von Knochen entwickeln, zuerst zur Atrophie und Verdrän­gung des normalen Knochens und zur Bildung neuer balkiger und schwammiger Knochenmassen führen. Solche Auftreibungen kommen an den Gesichtsknochen der Rinder, an den Wirbeln, an den Rippen und an den Endknochen der Gliedmassen bei Pferden bisweilen vor. Eine Verlängerung der Knochen stellt sich nach Nekrose und nach Brüchen der Röhrenknochen bisweilen, obwohl höchst selten ein.
4. Keubildiiiigrii.
sect;.7. 1. Neubildung von Knochengewebe kommt in den Kno­chen häufig vor. Aussei- den schon früher angeführten Formen stellt sie sich unter jenen der Exostose und des Osteophytes dar. Beide erlangen bei dem Pferde eine grosse Bedeutung, da sie bei diesen sich sehr häutig an den Knochen der Gliedmassen entwickeln und durch die Behinderung der freien Beweglichkeit und der Ausdauer den Ge-brauchswerth dieser Thiere bedeutend herabsetzen. Die unter dem Namen Leisten, Ueberbeine, Ringbein, Späth, harte Schale u. s. w. bekannten Knochengeschwülste, von welchen in den Hand­büchern der Veterinärchirurgie ausführlich die Rede ist, gehören der Kathegorie der Exostosen und Osteophyten an. Hier soll nur ihr anatomisches Verhalten berücksichtigt werden.
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Knochonnenlnldungnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;8ö9
a)nbsp; nbsp;Unter Exostose versteht man eine scharfumschriebene, an der Oberfläche glatte, an ihrer Basis unmittelbar und ohne scharfe Gränze in den normalen Knochen übergehende Geschwulst, welche in ihrer Textur mit dem Knochen, von welchem sie ausgeht, im Allge­meinen übereinstimmt. Die Exostosen bestehen bald ans einer elfen­beinartig dichten, bald aus einer schwammigen, bald aus einer äusseren dichten und inneren schwammigen Knochensubstanz, die nach aussen gewöhnlich von einer Beinhaut überzogen ist. Sie sitzen bald gestielt bald mit einer breiten Basis auf dem normalen Knochen auf und ent­wickeln sich bald in Folge einer Entzündung der Beinhaut, bald durch Verknöcherung der Beinhaut oder der mit ihr in Verbindung stehenden Zwischenknochenbänder und Sehnen, vielleicht auch in Eolge der Ver­knöcherung von Geschwülsten, welche sich im Inneren eines Knochens entwickelt und diesen atrophirt haben. Solche Exostosen kommen nicht selten an den Hinlerkieferknochen und an den Schienbeinen bei Pferden, an der inneren Schädeltafel bei Bindern, woselbst sie zur Atrophie des Gehirnes führen (sogenannte versteinerte Gehirne), und an den Wirbelknochen vor.
b)nbsp; nbsp;Unter Osteophyten begreift man ausgebreitete, an der Ober­fläche verschieden gestaltete, rauhe, blätterige oder splitterige, auf der Oberfläche des normalen Knochens wie aufgolöthet sitzende Kno­chengeschwülste , welche eine von dem normalen Knochen, auf welchem sie vorkommen, abweichende Textur besitzen.
Eücksichtlich der Form kann man sie unterscheiden in sammt-ähnliche, welche einen dünnen, feinmaschigen, sammtähnlichen oder feinblätterigen Ueberzug, gewöhnlich über ausgedehntere Knochenpar­tien darstellen, der im frischen Zustande von der Beinhaut überkleidet ist, in splitterig-blätterige, welche aus zahlreichen verschieden langen, dünnen, dem Knochen aufsitzenden Stacheln oder Blättern bestehen, welche entweder blos aus Kindensubstanz zusammengesetzt sind oder in ihrem Inneren auch eine schwammige Substanz enthalten. Man findet diese beiden Formen, welche stets einer chronischen Hy­perämie oder Entzündung der Beinhaut ihre Entstehung verdanken, am häufigsten auf Knochen, die entweder selbst oder deren Umgebungen von Entzündung, Vereiterung oder Verjauchung ergrifien sind. Das tropfstein- oder warzenartige Osteophyt stellt keulenförmige, drusige oder warzige. Höcker von verschiedener Höhe dar, welches man, so wie das griffel- oder dornförmige, aus langen, dicken, bisweilen brückenartige Verbindungen zwischen zwei oder mehreren
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öbOnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Knochenentzllndung.
Knochen darstellenden Knochenfortsiitzen bestehende Osteophyt am häufigsten au Gelenken, namentlich an den Sprung-, Fessel- und Kro-nengelcnken der Pferde, antrifft. Die zackigen Fortsätze dieser Neu­bildungen folgen meistens der Eichtung der Sehnen, Bänder und Fascien, welche sich an der, den betreffenden Knochen überziehenden Beinhaut ansetzen.
Osteophyten, welche aus Gruppen verschieden starker, unter einander zusammenhängender, ein maschiges Gerüste darstellender Kno­chenbalken bestehen, werden blumenkohlartige genannt. Sie ver­danken wohl häufig, wie alle früher erwähnten Formen, einer Ver­knöcherung der wuchernden Beinhaut und der an ihr sich anheftenden fibrösen Gebilde ihre Entstehung, werden aber bisweilen auch durch die Verknöcherung der, in und auf dem Knochen sich entwickelnden Neubildungen veranlasst.
Die durch das TJebergreifen der Osteophyten von einem auf benach­barte Knochen bedingte A nky lose der Gelenksenden wird mit dem Namen harte Schale bezeichnet.
2.nbsp; nbsp; Neubildungen von Knorpelgewebe in Form von Ge­schwülsten, die sogenannten Enchondrome, kommen bei den Haus-thieren höchst selten vor.
3.nbsp; nbsp;Fibroi'de und Sarcome entwickeln sich bisweilen in den Gesichtsknochen besonders der Binder, wodurch dieselben in Form des quot;Winddomes auseinander gedrängt und aufgebläht werden.
4.nbsp; nbsp;Cystenbildungen und Krebse der Knochen gehören bei den Hausthieren zu den grössten Seltenheiten; wir haben den letzteren als Epithelial- und Medullarkrebs ein paar Mal in den aufgetriebenen Gesichtsknochen bei Rindern angetroffen.
5.nbsp;Tuberkel der Knochen ist uns bisher noch nicht vorgekommen.
5. Enlzündung.
sect;. 8. Die Entzündung der Beinhaut stellt sich an den Glied­massen (der Pferde) sehr häufig in Folge von Quetschungen und Ver­wundungen , dann an allen Knochen, sobald sie an Entzündung, Caries oder Nekrose leiden, ein.
Bei acutem Verlaufe erscheint die Beinhaut gleichmässig oder fleckig und streifig geröthet, durch Infiltration mit serösem oder gal­lertigem Exsudate geschwellt und gelockert, leicht von dem unter­liegenden Knochen abziehbar. Durch chronische Entzündung wird
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Knochuncntzümlung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; OÜ1
die Beinhaut namhaft verdickt, derb, bleich und haftet fest an dem Knochen. In beiden Fällen nimmt in der Eegel das umliegende Linde­gewebe an dem Entzündungsprocesse Antheil.
Die Ausgänge der Beinhautentzündung sind: a) Zertheilung;
b)nbsp; nbsp;Umänderung des Periosts in eine faserknorpelähnliehe Masse, #9632;wodurch verschieden gestaltete Umfangsvermehrungen bedingt werden;
c)nbsp; nbsp;Osteophytenbildung, bisweilen auch Hyperostose; d) eiterige Zerstörung der Beinhaut, welche zu seeundärer Neki-ose des unter­liegenden Knochens Anlass gibt.
Die Entzündung des Knochengewebes kommt bei Haus-thieren selten vor. Der entzündete Knochen wird aufgetrieben, porös, die Lücken erscheinen von Fleischwärzchen und Eiter erfüllt; bei der Heilung ossificiren die-Uranulationen und der Knochen wird sclerotisch.
Noch seltener ist die Entzündung des Knochenmarkes, welche meist nur in der schwammigen Knochensubstanz angetroffen wird und in der Regel zu reichlicher Eiterbildung, zur Xekrose der zwischenliegendeu Knochenbalken, zur Entzündung der angrenzenden Weichtheile und zur Fistelbildung in denselben Anlass gibt. In den Epiphysen vorhandene Abscesse perforiren bisweilen in das Gelenk und veranlassen Entzündung desselben.
C Veränderungen der physikalischen Kigenschaflen.
sect;. 9. Von den Veränderungen der Grosse und Gestalt war bereits an verschiedenen Orten die Rede. Verkrümmungen der Wir­belsäule kommen bei Hausthieren höchst selten vor; sie sind bald angeboren, bald durch Erkrankungen, namentlich Caries der Wirbel bedingt. Die Verkrümmung ist entweder eine seitliche, oder eine nach auf- oder abwärts gerichtete.
sect;. 10. Veränderungen der Verbindung und Lage. Eine Aus-einanderweiohung der, durch Nähte mit einander verbundenen Knochen, Diastase, ist uns bisher noch nicht vorgekommen; dagegen ist die Verwachsung solcher Knochen, Synostose, eine sehr gewöhnliche Er­scheinung, welche durchaus keine Nachtheile herbeiführt.
Eine Diastase der, durch Knorpelbänder verbundenen Knochen, der Wirbelknochen, der Verbindung zwischen dem Kreuzbeine und den ungenannten Beinen kommt bisweilen in Folge sehr heftig einwirken­der äussercr Gewalt oder nach Vereiterung der Knorpelbänder vor.
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KiiüchuubriUim.
Verbindung zweier oder mehrerer Knochen durch Knochenbrücken (Synostosc) kommt besonders am Sprung-, Kronen- und Fesselgelenke (bei Pferden), dann an den Wirbeln und an der Kreuz-Darmbeinverbindung vor. Sie wird entweder durch Yerknöcherung der Gelenksbänder oder durch Hyperämien und Entzündungen der Beinhaut, oder durch Caries der Knochen mit Osteophytenbildung veranlasst.
Das Auseinanderweiclieu zweier, durch ein Gelenk mit einander verbundener Knochen heisst Verrenkung—• Luxatio, wenn eine Be­rührung der sonst aneinander liegenden Gelenksenden nicht mehr statt­findet, Verstauchung — Subluxatio — wenn sie noch in einiger Berührung bleiben. Die erstere kann bei grösseren Hausthieren nur nach einer Zerreissung der Gelenksbänder, die letztere auch nach star­ker Zerrung derselben erfolgen.
Die abnorme Vereinigung der Gelenksenden zweier Knochen — Ankylose, ist entweder eine wahre, wenn die beiden Gelenksenden nach eiteriger Zerstörung ihrer Knorpel durch Knochensubstanz mit einander verwachsen, oder eine falsche, sobald die Unbcweglichkeit des Gelenkes durch fibröse Verwachsungen der Gelensenden, durch Verdickung des bämlerigen Apparates veranlasst wird (Gelenkstei-f igkei t).
sect;. 11. Veränderungen des Zusammoiihangcs. Die in Folge me­chanischer Einwirkungen entstehenden Knochenhrüche sind entweder vollständige, wenn der Knochen in wenigstens zwei Stücke getrennt ist, oder unvollständige. Die erstcren sind entweder einfache, wenn aussei- dem Knochcnbruchc eine andere wesentliche Verletzung nicht zugegen ist, oder complicirte, wenn der Knochen in mehr als zwei Stücke gebrochen oder zersplittert ist, bedeutende Zerreissungen der Weichthcilc vorhanden sind oder der Bruch sich bis in ein Gelenk erstreckt. Die unvollständigen sind entweder Fissuren, wenn der Bruch nicht durch die ganze Dicke des Knochens geht, oder Knickun­gen, wenn die Knochenrinde nur an der einen Seite durchbrochen und der Knochen an der angebrochenen Seite eingedrückt ist.
Bei einem einfachen Knochenbruche erscheinen die Bruch­enden in der Kegel bis zum Bande von der Beinhaut überzogen, ge­wöhnlich uneben, höckerig und durch den Zug der, an den Bruch­stücken sich inserirenden Muskel dislocirt, die umgebenden Weichtheile sind gewöhnlich in verschieden hohem Grade gequetscht und so wie der Zwischenraum zwischen den Bruchenden und der Knochenhöhle
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Knucheuliriiche.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 8(33
meistens von Extravasat erfüllt. Bisweilen ist auch eine kleinere oder grössere Hautwunde zugegen.
Der Heilungsvorgang einfacher Knocheubrüche (wie man ihn bei kleineren Hausthieren verfolgen kann) ist folgender: Das extra-vasirte Blut wird resorbirt, die umgebenden Weichtheile schwellen durch eine Infiltration mit tiüssigem Exsudate gewöhnlich stark an. Die Beinhaut zunächst der Bruchstelle erscheint in Folge der sich ein­stellenden Entzündung blutreich, geschwollen und mit dem umliegen­den Bindegewebe verschmolzen, ihre zelligeu Elemente vermehren sich und erlangen theilweise den Charakter der Knorpelzellen; es bildet sich hiedurch eine anfangs weiche, später elastische und knorpelähn­lich werdende, zunächst dem Knochen derbe und demselben innig ad-härirende, nach aussen weichere, mit dem angrenzenden Bindegewebe verschmolzene Masse, welche von beiden Seiten über die Bruchenden hinüber verwächst und auch den Zwischenraum zwischen beiden Bruch­flächen zum Theile ausfüllt. Man nennt sie die callöse Scheide oder den provisorischen Callus. Eine ähnliche Veränderung geht auch in dem Knochenmarke vor sich, dessen Bindegewebe in eine callöse, faserknorpelähnliche Masse umgewandelt wird, welche sich mit jener des gegenüberliegenden Bruchendes vereiniget — innerer Callus. Die Braclitlächen des Knochens selbst erleiden in der Kegel keine Verän­derung, der Zwischenraum zwischen den Brucheuden ist anfangs von Blut und Exsudat, später von den üranulationen der Beinhaut und des Knochenmarkes ausgefüllt, intermediärer Callus.
Während dieser Zeit vermindert sich die Anschwellung der Weichtheile immer mehr, die callöse Scheide wird dichter und beginnt von ihren inneren Schichten aus zu verknöchern, während die äusser-sten stets fibrös bleiben; derselbe Vorgang findet auch in dem inneren und in dem intermediären Callus statt. Die neugcbildete Knochenmasse hat anfangs den Charakter eines sammtähnlichen porösen Üsteophytes, sie wird jedoch allmälig dichter und schliesslich erlangt der äussere und der intermediäre Callus den Charakter der Bindensubstanz, während der innere gewöhnlich porös bleibt.
An der Bruchstelle erscheint der, auf diese Weise wieder ver­einigte Knochen namhaft verdickt, in der Eolge nähert er sich jedoch mehr oder weniger seiner früheren (Jestalt und auch die Markhöhle kann nach längerer Zeit wieder hergestellt werden.
Bei Brüchen mit bedeutender Dislocation der Bruchenden entwickelt sich von der Beinhaut und später vom Knochenmarke aus
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Knochonbrllclie.
ein sehr umtlinglicher Cullus, welcher die Uruchendeu mit einander verbindet und auf die früher geschilderte Weise verknöchert. Der anfangs massenhafte Knochencallus wird allmälig kleiner und es stellt sich bisweilen selbst eine Communication der Markhöhlen wieder ein.
Den Heilungsvorgang complicirter Brüche kann man nur bei kleinen Hausthieren vorfolgen, indem Pferde gewöhnlich bald nach dem Eintritte derselben zu (irundc gehen, Hinder aber meistens ge­schlachtet werden.
Zunächst stellt sich Nekrose der gequetschten Weichtheile, des extravasirteu Blutes der, von der Beinhaut entblössten Knochenenden und der abgesplitterten Knochenstücke ein, die bisweilen (gewöhnlich bei Pferden) so weit um sich greift, dass der Tod des Thieres die Folge ist. In günstig verlaufenden fällen tritt in der Umgebung Ent­zündung und Eiterbildung ein, nach Abstossung des Brandigen ent­wickeln sich Granulationen von der Beinhaut, die mit denen der ande­ren Seite verschmelzen, allmälig derber und zu einem unregclmässigen Callus werden, der zu einer höckerigen Knocheumasse ossificirt, welche immer eine Missstaltung des gebrochenen Knochens zurücklässt.
Bei Hunden tritt bisweilen bloss eine fibröse Verbindung der beiden Knochenenden nach complicirten Brüchen ein, wornach entweder eine absolute Beeinträchtigung der Gebrauchsfähigkeit der Gliedmassen oder wenigstens eine bedeutende Beschränkung derselben zurückbleibt. Sehr selten geschieht es, dass eine Vereinigung der Knochenenden gar nicht stattfindet und dass jedes derselben, nachdem es mit einem knö­chernen Ueberzuge versehen worden, sich abrundet und mit den Weich-theilen der Umgebung durch bandartige Massen verwächst.
Einfache Knocheuwunden heilen durch einen, von der Bein­haut sich bildenden, später verknöchernden Callus; Wunden mit Sub­stanzverlust heilen wie Knochenbrüche; war der Substanzverlust be­deutend , so dass sich die von den Bändern aus wuchernden Granula­tionen der Beinhaut gegenseitig nicht erreichen, so bilden sich nur am llande Knochenmassen, während die übrige Lücke nur durch Bindege­webe ausgefüllt wird.
sect;. 12. Die Knochenverschwärung, Caries, entwickelt sich gewöhnlich aus einer Entzündung des Knochens oder in Folge der Ver­eiterung und Verjauchung der umgebenden Weichtheile, selten geht sie aus inneren dyscrasischen Momenten hervor. Am gewöhnlichsten beobachtet man sie an den Wirbel- und Gesichtsknochen, an den Rip­pen und an den Höhrenknochen der Extremitäten.
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Knochcucaries.
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Gewöhnlich findet sich die Beinhaut vereitert oder verjaucht; schwammige Knochen erscheinen dunkelgeröthet, in ihren Balkenräu­men mit Granulationen und röthlichbrauner Jauche gefüllt, welche nach und nach die Knochenmasse auflöst und zerstört. In compacten Kno­chen bilden sich anfangs kleine, allmälig grosser werdende, mit dunk­len, leicht blutenden Granulationen erfüllte Lücken, welche dem Kno­chen ein siebähnliches oder schwammiges Ansehen verleihen. Die Beinhaut in der Nähe des cariösen Knochens ist verdickt, in ihren tieferen Schichten von Ostcophyten durchsetzt, die Weichtheile sind von Eiterheerden und Fistclgängen durchzogen. Nach vorgenommener Maceration erscheinen cariöse Knochen nicht selten nach Art des Wind-dornes aufgebläht, mit Osteophyten besetzt, an den Geschwürsstellen schwammig, von grösseren Lücken durchzogen, die Knochenbalken ver­dünnt, die Maschenräume erweitert.
In günstigen Fällen gelangt die Caries zur Heilung, indem die Granulationen derber und consistenter werden und in ihnen, so wie in der umgebenden, wuchernden Beinhaut Knochenneubildung eintritt, welche den erlittenen Substanzverlust ausgleicht, ja bisweilen über den­selben als Exostose hervorragt.
In ungünstigen Fällen macht die Verschwärung weitere Fort­schritte und wird unheilbar.
II. Abschnitt.
Krankheiten der Gelenke.
I. Gclenkswassersucht.
sect;. 13. Die Gclenkswassersucht — Gelenksgallc — wird meistens durch chronische leichte Entzündungen der Synovialkapsel veranlasst. Diese erscheint in verschiedenem Grade verdickt, hyper-ämisch und durch das, nicht selten in bedeutender Menge angesammelte Serum ausgedehnt.
2. Neubildungen.
sect;. 14. Neubildung von Bindegewebe entwickelt sich gewöhn­lich in Folge von Entzündung, namentlich chronischen Verlaufes und
Köll, l'athol. und Therapie. II. Aufl.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;55
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Gelen ksentzüudung.
stellt sich bald als eine Verdickung der Gelenkskapsel und des Band­apparates, bald als eine Wucherung der kolbigen Anhänge der Gelenks­fransen dar, welche sich zu erbsen- bis haselnussgrossen Körpern ent­wickeln und bisweilen durch Schwund ihres dünnen Stieles als freie Körper oder Gelenksmäuse frei in die Höhle des Gelenkes gelan­gen. Sie bestehen entweder aus einem Fasergewebe, in welchem nicht selten Verkalkung eintritt, oder aus Knorpelgewebe, welches der Ver­knöcherung fähig ist. Bei chronischen Entzündungen findet bisweilen eine Verdickung und Auflockerung der Gelenksknorpel statt, wodurch sie drusig uneben über das Niveau stellenweise hervorragen. Diese Ver­änderung ist durch Umwandlung des Knorpels in Bindegewebe bedingt. Ebenso entwickelt sich in Folge langwieriger Entzündungen gewöhnlich eine namhafte Verdickung des bänderigen Gelenksapparates.
Lipome kommen in den Kniegelenken der Pferde nicht selten vor und hängen in Form sich verästelnder Zotten von der Synovialhaut frei in die Gelenkshöhle hinein. Eine fettige Degeneration der Gelenks­knorpel findet sich bisweilen nach lang andauernden Gelenksentzündungen.
Tuberculose und Krebs sind uns bisher an den, die Gelenke zusammensetzenden Gebilden nicht vorgekommen.
3. Eiitzünduiig.
sect;. 15. Gelenksentzündungcn entwickeln sich in Folge trau­matischer Einwirkungen auf die Gelenkstheile, rascher Erkältungen, bisweilen auch in Folge innerer dyscrasischer Momente, z. B. bei Pyä-mie, bei kränklichen, jungen Thieren.
Die Synovialhaut erscheint im Beginne des Processes von stark injicirten Gefässchen durchzogen, durch Infiltration mit flüssigem Exsudate getrübt und gelockert, die Gclenksfransen verlängert, hoch ge-röthet; diese Erscheinungen verbreiten sich bisweilen auch über die Oberfläche der Gelenksknorpel. In die Gelenkshöhle selbst geschieht eine seröse oder faserstofi'hältige Exsudation, aus welcher sich kleine Klümpchen oder Flocken niederschlagen. Nicht selten findet eine reichliche Bildung von Eiterzellen an der Synovialhaut statt und die Gelenkshöhle enthält dann eine mehr oder weniger bedeutende Menge von Eiter, der bisweilen zur Perforation des Gelenkes Anlass gibt. Bei etwas chronischem Verlaufe kommt es gewöhnlich zur Bildung von den­dritischen Vegetationen und von Gelenksmäusen. Bei leichteren Graden der Entzündung bleiben die Knorpel gewöhnlich unverändert; finden
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GelenksentiiinduDg.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;867
jedoch Wucherungen der Synovialhaut über dieselben statt, so kommt es zum Schwunde derselben in Folge von Faserung ihrer Zwischen­substanz oder von Fettmetamorphose der Knorpelzellen. Dasselbe ge­schieht, wenn die Oberfläche der Knochen entzündet ist, in welchem Falle die Atrophie des Knorpels von unten nach oben zu vorschreitet. Bei eiteriger Gelenksentzündung stellt sich bisweilen stellenweise eine Wucherung des Knorpels zu einer faserigen, gallertigen Masse durch Ent­wicklung kolossaler Mutterzellen ein, während in der, zu Bindegewebe umgewandelten Zwischensubstanz Knochenbildung eintritt. Bei chroni­scher Gelenksentzündung erfolgt bald Zerfaserung der Intercellularsub-stanz und Schwund des Knorpels bisweilen bis auf den Knochen, bald eine hypertrophische Wucherung einzelner Knorpolabschnitte neben Atro­phie anderer.
In der Regel nehmen die Knochenenden an der Gelenksent­zündung nicht Antheil; bei eiteriger Entzündung und dort, wo diese von Caries der Knochenenden abhängig ist oder, wo in Folge von Atrophie der Knorpel der Knochen blossgelegt ist, gesellen sich auch die Erscheinungen der Caries der Knochen, der Beinhautentzündung und des Detritus hinzu.
Die Gelenksbänder und das angrenzende Bindegewebe er­scheinen gewöhnlich injicirt, stark infiltrirt, bisweilen von Eiterheerden durchzogen, die nach aussen, aber auch gegen die Gelenkshöhle hin perforiren können. Nach Ablauf der Entzündung bleibt bisweilen üe-lenksteifigkeit in Folge der bedeutenden Verdickung und innigen Ver­wachsung dieser Gebilde unter einander zurück.
Die Ausgänge sind: vollständige Heilung, die Entstehung von Gclenksgallen, Vereiterung des Gelenkes (gewöhnlich mit tödtlichem Ausgange), Perforation der Kapsel, Vereiterung in dem Bindegewebe der Umgebung, Gelenksteiligkeit, Functionsstörung des Gelenkes in Folge von Wucherungen oder Schwund der Knorpel, Abschleifung, Ca­ries oder Verwachsung der Gelenksenden.
sect;. 16. Hieher dürfte auch die, unter dem Namen
Gelenkskraiikbcit der Säuglinge (Gelenkseuchr, Füllen-, Kälber-, Läuiiiierlähme u. s. w.)
bekannte Krankheitsform zu rechnen sein.
Aetiologic. Die Krankheit kommt am häufigsten bei Saugfül­len und Lämmern, seltener bei Kälbern vor, die von veredelten oder verzärtelten Eltern abstammen. Die ursächlichen Verhältnisse
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Gelenkseuche.
sind jenen ähnlich, welche als veranlassende Schädlichkeiten der Darr­sucht angeführt wurden, in deren Begleitung die Krankheit wenigstens bei Füllen nicht selten vorkommt. So wie bei dieser werden nament­lich Kränklichkeit der Mutterthiere, unpassende Fütterung derselben, besonders während der zweiten Hälfte der Trächtigkeit, vorzugsweise mit reichlichen Mengen schwer verdaulicher Nahrungsmittel bei zu ge­ringer Bewegung, oder mit verschiedenartig verdorbenen Futterstoffen, der Besuch von moorigen oder sumpfigen quot;Weiden, der Genuss verdor­benen Trinkwassers beschuldiget, wodurch selbst schon das Junge im Mutterleibe eine Anlage zu gewissen Erkrankungen erlangt oder sogar schon offenbar krank geboren wird. Für diese Annahme spricht der Umstand, dass die Jungen häufig schon wenige Tage nach der Geburt in die Gelenkskrankheit verfallen, oder schon mit derselben behaftet zur Welt kommen und dass Mütter, welche in einem Jahrgange derlei kranke Junge geboren haben, in dem nächsten Jahre, bei Fortdauer der ungünstigen Verhältnisse, nicht einmal mehr im Stande sind, die Jungen auszutragen, sondern verwerfen. Unter den äusseren Schäd­lichkeiten, welche bei derart disponirten jungen Thieren die Krankheit zum Ausbruche bringen sollen, spielen eine schlechte Beschaffenheit der Muttermilch, erzeugt durch die Verabreichung unpassender oder in irgend einer Hinsicht verdorbener Nahrungsmittel, Erkältungen der Jungen durch Zugluft, nasskalte Witterung, schlechte Beschaffenheit der Stallungen die Hauptrollo. Aber auch ohne derlei auffallende Ein­wirkungen tritt bisweilen diese Krankheit u. z. in seuchenartiger Ver­breitung auf, so dass im Allgemeinen zugegeben werden muss, dass die Aussenverhältnisse, die für Hervorrufung dieses Leidens (liätig sind, noch der Hauptsache nach zumeist unbekannt seien.
Pathologische Anatomie. Die von den einzelnen Beobachtern angeführten Sectionsergebnisse sind sehr verschieden, sie kommen jedoch wesentlich in dem Befunde der Gelenke überein. Die Syno-vialhäute sind verdickt, ihre Umgebung ist serös infiltrirt, ihre erwei­terte Höhle mit trüber Gelenksschmiere oder mit Eiter erfüllt. In dem letzteren Falle ist nicht selten die Gelenkskapsel zerstört, der Eiter in die Umgebung ergossen und bisweilen weithin versenkt, die Gelenks­knorpel sind stellenweise zerstört, die Knochenenden cariös und von Eiter infiltrirt. Die Mehrzahl der weiter angeführten Veränderungen, als Eiterheerde in der Lunge und Leber, Entzündungen der Lunge, des Brust- und Bauchfelles sind wohl als durch Pyämie veranlasst an­zusehen. Bei Füllen und Lämmern ist Hypertrophie und Vereiterung
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Gelenksouche.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;869
der Gekrös-, so wie einzelner Lymphdrüsen an verschiedenen Körper­stellen keine seltene Complication.
Erscheinungen. Die Krankheit beginnt gewöhnlich schon in den ersten Lebenstagon oder Wochen, kaum je stellt sie sich nach dem zweiten Monate nach der Geburt ein und äussert sich entweder, ohne dass Vorboten vorausgegangen wären, oder nachdem durch einige Tage ein unlustiges, trauriges Benehmen, Abgeschlagenheit und Hinfälligkeit und ein mehr oder weniger heftiges Fieber zugegen waren, durch auf­fallendes Hinken an einem oder mehreren Fiissen. Bald daraufstellt sich an einem oder an mehreren Gelenken (am gewöhnlichsten an dem Vor­derknie und am Sprunggelenke, jedoch auch am Bug-, Keulen- und jedem anderen Gelenke) eine schmerzhafte, heisse, bei nicht pigmentirter Haut geröthete, gespannte Geschwulst ein, die entweder über das ganze Gelenk verbreitet oder auf einzelne Abschnitte desselben begrenzt ist und deren Umgebung gewöhnlich serös infiltrirt erscheint. Das Fieber steigert sich entweder während des Hervortretens der Geschwülste oder es stellt sich, wenn es bisher fehlte, um diese Zeit entsprechend der Höhe des örtlichen Leidens ein; häufig sind die Erscheinungen eines acuten Magen-Darmkatarrhcs, eines Katarrhes .der Luftwege, bei Läm­mern auch nervöse Zufalle, Zuckungen, Krämpfe, Lähmungen einzelner Körpertheile gleichzeitig vorhanden.
In leichteren Fällen, wo die Entzündung nur einen massigen Grad erreicht, auf einzelne Gelenke beschränkt bleibt, und auch die Fiebererscheinungen zu keiner besonderen Höhe gedeihen, erfolgt inner­halb 4 bis 6 Wochen Genesung, wobei jedoch das Gelenk noch durch längere Zeit oder für immer umfangreicher bleiben kann. Häufig ist die Besserung nur scheinbar, indem bald wieder neue Geschwülste an einem oder an mehreren anderen Gelenken auftreten, wobei die Thiere bedeutend abmagern und endlich in einen cachectischen Zustand ver­fallen, dem sie schliesslich unterliegen. In solchen Fällen werden ge­wöhnlich die oben erwähnten Veränderungen der Gekrösdrüsen ange­troffen. Manchmal, obwohl selten, ist der Verlauf ein so rascher, dass der Tod schon innerhalb eines oder zweier Tage nach dem Auftreten der ersten Krankheitserscheinungen (vielleicht in Folge acuten Hirn­ödems, da solche gewöhnlich von nervösen Zufällen begleitet werden), erfolgt.
Häufiger tritt der tödtliche Ausgang durch Vereiterung des Gelenkes, durch Eiterversenkungen in die Umgebung und durch Aufnahme des Eiters in die Blutmasse unter den Erscheinungen der Pyämie,
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870nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Qelenkseucbe.
entweder bald oder nach einer drei- bis vierwöchentlichen Krankheits­dauer ein. Bei Kälbern soll die Krankheit noch am günstigsten ver­laufen und selbst nach Eröffnung von Gelenken bisweilen noch der Eintritt von Genesung zu beobachten sein.
Die Prognose ist im Allgemeinen sehr ungünstig und im Durch­schnitte die Hälfte der Kranken als verloren zu betrachten, während die überwiegende Mehrzahl der anscheinend Genesenden später an Ab­zehrung und Darrsucht zu Grunde gellt oder durch bleibende Verun­staltung der Gelenke verkrüppelt bleibt.
Die Vorbauung beruht auf der Fernhaltung der Eingangs er­wähnten , namentlich der auf die Mutterthiere nachtheilig wirkenden Einflüsse. Ueberdiess ist für eine bessere Einrichtung der Stallungen, für Schutz der neugeborenen Thiere vor Erkältungen (wesshalb auch in Schäfereien, wo die Krankheit öfter vorkommt, eine Verlegung der Lammzeit in die wärmere Jahreszeit angerathen wird), für eine ent­sprechende Beschaffenheit der Muttermilch durch Verabreichung einer gesunden Nahrung und für eine freie Leibesöffnung der neugeborenen Thiere Sorge zu tragen. Anständen in letzterer Beziehung begegnet man am besten durch Verabreichung öliger Abführmittel (Lein- oder Eicinusöl) oder einer Abkochung von Rhabarber in Milch und durch Grünfütterung der Mütter.
Behandlung. Das allgemeine Leiden und gefahrdrohende Sym­ptome, wie anhaltende Verstopfung oder Durchfälle werden, so wie die Complication mit Affectionen der Brust- und Hinterleibsorgane auf die bekannte Weise behandelt. Die Gelenksanschwellungen werden, we­nigstens bei den grösseren Hausjjrfergattungen und an Stellen, welche nicht von zu dicken Muskellagen bedeckt sind, in so lange die Erschei­nungen einer acuten Entzündung zugegen sind, anhaltend mit Umschlä­gen von kaltem quot;Wasser, später so wie unter den entgegengesetzten Verhältnissen mit fiüchfig erregenden oder scharfen Einreibungen und Salben behandelt, bei sehr grosser Schmerzhaftigkeit auch mit aromati­schen Aufgüssen gebäht. Vorhandene Eiterversenkungen sind nur mit sehr grosser Vorsicht zu eröffnen, da der Luftzutritt zum Gelenke den Eintritt der Gelenksverjauchung und hicdurch die Eiterinfection des Blutes begünstiget. Zurückbleibende Verdickungen der Gelenke kann man durch fortgesetzte Einreibungen der grauen Quecksilbersalbe, wel­cher auch später Jod beigesetzt wird, oder der Cantharidensalbe, durch die Anwendung des Glüheisens allmälig zu beseitigen versuchen.
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Krankheiten der Muskel und Sehnen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 871
4. Veränderungen der physikalischen Eigenschaften.
sect;. 17. Wunden der Knorpel heilen durch eine fibröse Zwischen­oder durch Knochenmasse.
Von den Luxationen war bereits oben die Sprache. Ihre aus­führliche Behandlung' gehört dem Gebiete der Chirurgie an.
Vollständige Ankylose erfolgt bisweilen nach Entzündungen der Gelenkstlächen und rieh Zerstörung der Knorpel, indem die, einander berührenden Knochen unmittelbar mit einander verschmelzen. Man fin­det sie bisweilen an dem Kronen- und Hufgelenke bei Pferden und trifft dann bei einem Durchschnitte an der Grenze der mit einander verwachsenen Knochen bald nur einen dünnen Saum von Knochenrinde, bald eine dichte Knochensubstanz, bald kurzes und straffes Bindegewebe, welches die Vereinigung vermittelt.
Der Gelenkssteifigkeit geschah bereits früher Erwähnung.
III- Abschnitt.
Krankheiten der Muskel und Sehnen.
I. Blutung.
sect;.18. Blutergüsse in die Muskeln finden sieh nach traumati-sclien Einwirkungen und im Verlaufe mancher constitutioneller Erkran­kungen, namentlich des Typhus, des Anthrax, des Scorbutes. Die hämor-rhagischen Heerde sind bald klein, bald aber auch sehr umfänglich und unterliegen den bekannten Metamorphosen.
2. Hypertrophie und Atrophie.
sect;.19. Die Hypertrophie kommt am auffallendsten an dem Her­zen vor und wird durch vermehrte Thätigkeit desselben, gewöhnlich in Folge einer Behinderung des Blutabflusses veranlagst. Stets liegt ihr eine Vermehrung der Primitivbündel zu Grunde.
Die Muskelatrophie stellt sich bei schlecht genährten Thieren, im Verlaufe chronischer Krankheiten, in unbeweglichen Gliedmassen, dann in Folge des Druckes von Geschwülsten ein. Ein atrophischer Muskel erscheint dünn, blass, gelblichbraun; seine Primitivbündel sind
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MnskeleutzUudung.
schmal, ihre Streifung verliert sich, ihr Inhalt stellt eine trübe, gleich­artige Masse dar, welche endlich der Resorption unterliegt, worauf das Sarcolemma als streifige Substanz zurückbleibt. Bisweilen findet mit der Atrophie der Muskelprimitivbündel eine Hypertrophie des zwischenlie­genden Binde- oder Fettgewebes statt, wodurch der Umfang des Mus­kels anscheinend derselbe bleibt, sein Ansehen aber diesen Neubildun­gen entsprechend abgeändert wird.
3.nbsp; Neubildungen.
sect;. 20. Neubildung von Bindegewebe stellt sieh nach Ver­wundungen und nach Entzündungen in Muskeln und Sehnen ein.
Neubildung von Fettgewebe kommt, wie schon oben bemerkt, nicht selten neben Atrophie der Muskeln, z. B. an gelähmten Extre­mitäten vor; in anderen Fällen (wie bei gemästeten Thieren) ist die Fettbildung als das primäre Ereigniss, die Atrophie und fettige Entar­tung der Muskeln als die Folge der allgemeinen Fettsucht anzusehen. Das Aussehen fettig entarteter Muskeln wurde bei Betrachtung der Herzkrankheiten geschildert.
Neubildung von Knochengewebe kommt seltener in den Muskeln, häufiger in den Sehnen vor, welche sich völlig in eine dichte Knochensubstanz umändern können.
Der Medullarkrebs findet sich bisweilen bei Hunden, die an allgemeiner Krebscachexic leiden, in einzelnen Muskeln und in dem Zwischenbindegewebe derselben.
4.nbsp; nbsp;Eiiizündung.
sect;. 21. Die Entzündung der Muskeln (Myositis) stellt sich nach traumatischen Einwirkungen, nach Erkältungen, im Gefolge pyä-mischer Processe ein. Sie beginnt mit den Erscheinungen der Hyper­ämie, wodurch der Muskel eine dunkelrothc Färbung erlangt, worauf er in Folge der Infiltration mit serösem oder gallertigem Exsudate er­bleicht, erweicht und auf die oben geschilderte Weise atrophirt. Die Ausgänge sind: Zerthcilung, Atrophie, bald ohne, bald mit hy­pertrophischer Entwicklung des Zwischenbindegewebes, Vereiterung des Muskels, indem sich zwischen den zerfallenden Primitivbündeln Eiterzellen bilden, welche schliesslich zu Eiterheerden zusammenflies-sen und Abscesse bilden, welche gewöhnlich von sclerosirtem Bindege­webe der Umgebung eingekapselt sind und endlich nach einer oder
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SebnencntzUndung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;873
der anderen Seite hin perforiren. Bisweilen dickt sich der, in solchen Abscessen enthaltene Eiter ein und verkreidet, oder er gibt zur Ent­stehung von Pyämie Veranlassung.
Bei Pyämie finden sich nicht selten in verschiedenen Muskeln die bekannten metastatischen Infarcte und Abscesse.
Die Entzündung der Sehnen, welche eine bei Pferden häufige Erkrankung darstellt, endiget gewöhnlich mit einer namhaften Ver­dickung derselben (Sehnenklapp).
Die acute Entzündung der Sehnenscheiden führt gewöhn­lich zu einer Anfüllung ihrer Höhle mit serösem oder faserstoffigem, seltener eiterigem Exsudate, welches schliesslioh entweder wieder völlig resorbirt wird oder theilweise zurückbleibt. Bisweilen verwachsen hier­nach die Wände der Scheide theilweise oder völlig mit der Sehne. Bei chronischem Verlaufe der Entzündung entwickelt sich eine mehr oder weniger bedeutende Verdickung der Wandungen und eine Ansamm­lung seröser Flüssigkeit in ihrer Höhle (Sehnenscheidengalle), in welcher nicht selten kleine, freie Körper schwimmen, deren Entstehung auf dieselbe Weise stattfindet, wie jene der freien Körper in den Ge­lenken.
5. Veränderungen des Zusainineiihaiiges.
sect;. 22. Zerreissungen einzelner Muskelbündcl erfolgen bisweilen bei sehr heftigen Anstrengungen, bei sehr intensiven Krämpfen.
Wunden der Muskeln ohne Substanzverlust heilen, sobald ihre Enden in gegenseitiger Berührung bleiben, unmittelbar, ohne Zwischen­substanz aneinander; klaffende und mit Substanzverlust verbundene Muskelwunden heilen mit einer dicken, fibrösen Narbe.
Sehnenwunden heilen durch neugebildete Bindegewebs- oder fibröse Massen. Das Nähere hierüber lehrt die Chirurgie.
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IX. Abtheilung;.
Krankheiten der allgemeinen Decke.
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sect;. 1. Krankheiten dei- allgemeinen Bedeckungen sind bei den Hausthieren ziemlich häufig und stellen in den meisten Fällen ein örtliches Leiden dieses Organes dar, obwohl sie bisweilen auch der Ausdruck und die Theilerscheinung einer allgemeinen Erkrankung sein können.
Aetiologie. Obwohl die Möglichkeit der Entwicklung von Haut­krankheiten allen Hausthiergattuugen und Individuen zukommt, so fin­den sich doch bezüglich der Anlage zu denselben bedeutende Unter­schiede. Schafe, Pferde und Hunde, Thiergattungen mithin, deren Haut zarter und empfindlicher ist, sind für sie disponirter als Rinder und Schweine; unter den erstgenannten sind es wieder einzelne em­pfindlichere individuell, bei denen manche äussere Einwirkungen schon Hautkrankheiten hervorrufen, welche bei anderen noch ganz spurlos vorübergehen. Manche Formen der Erkrankungen sind einzelnen Thier­gattungen eigenthümlieh oder kommen doch bei ihnen verhältnissmässig häufiger vor als bei anderen; manche sind in dem jugendlichen Alter vorherrschend, manche stellen sich mit Vorliebe an bestimmten Haut­stellen ein, während andere wieder an jeder beliebigen Partie vorkom­men können.
Sehr mannigfach sind die äusseren, die Entstehung von Haut­krankheiten bedingenden Schädlichkeiten. Unter ihnen spielen ver­nachlässigte Fliege der Haut, Ansammlung von Schmutz, Staub und Epidermisschuppen auf derselben, atmosphärische Einflüsse, insbeson­dere andauernd auf die Haut einwirkende Nässe, die directe Einwirkung
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Hautkrankheiten.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;875
der Sonnenstrahlen, die Gegenwart von Schmarotzerthieren die Haupt­rolle. Schlechte Haltung und Fütterung, wodurch allmälig ein schlechter Ernährungszustand veranlasst wird, führen häufig zu Haut­krankheiten, die nach Umänderung dieser Verhältnisse wieder verschwin­den. Da derlei ungünstigen Einflüssen der Pflege und Haltung, so wie der atmosphärischen Verhältnisse nicht selten eine grössere Anzahl von Hausthieren gleichzeitig ausgesetzt ist, so treten solche Erkrankungen oft seuchenartig auf und erlangen bisweilen durch die Entwicklung eines Contagiums eine noch grössere Verbreitung. Dass durch mecha­nische und chemische, die Haut treffende Einwirkungen Erkrankungen derselben ebenso wie jedes anderen Organes veranlasst werden können, bedarf keiner weiteren Erwähnung.
Als Folgeleiden stellen sich Störungen der Haut ein bei inten­siveren, länger anhaltenden fieberhaften Krankheiten überhaupt, bei Typhus und Anthrax, wo das Auftreten von Geschwülsten und Beulen in der Haut, selbst brandiges Absterben' derselben eine der gewöhn­lichsten Erscheinungen ist, bei Krankheiten der Venen und Lymph-gefasse, welche ödematöse und rothlaufartige Anschwellungen, Hyper­trophie der Haut und des Unterhautbindegewebes und die Bildung von Geschwüren (Hautwurm) zur Folge haben, bei chronischen Krank­heiten der Verdauungsorgane, insbesondere bei katarrhalischen Zustän­den derselben, welche nicht selten von langwierigen Hautausschlägen begleitet werden, endlich bei Entartungen der Leber, der Nieren, welche zu Hautwassersucht und ihren Folgen führen.
Manche überstandene Hautkrankheit hinterlässt eine gesteigerte Anlage zu derselben oder zu anderen Formen eines Ausschlages.
Die Hautkrankheiten treten bald unter der Form einer Stei­gerung oder Verminderung der Function, namentlich der Absonderung ohne nachweisbare oder constante anatomische Störung, oder unter den Formen von Hyperämie, Entzündung oder einer anderen Anomalie der Ernährung auf; sie bringen in der Mehrzahl, wenn sie nicht sehr grosse Abschnitte der Hautober fläche befallen und nicht bloss Theil-erscheinung eines allgemeinen Leidens sind (z. B. die Blattern bei der Schafpockenkrankheit, die Anschwellungen der Haut bei Typhus, Anthrax u. s. w.), eine besonders auffällige Wirkung auf das Allgemeinbefinden nicht hervor, ja es kann eine sehr bedeutende Hautkrankheit neben dem Zustande einer anscheinend gar nicht getrübten Gesundheit beste­hen; bei längerem Bestehen derselben stellen sich jedoch gewöhnlich entweder Störungen des Verdauungsvorganges oder chronische Leiden
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Ilaatkrankheiten.
der Athmun^sorgane, insbesondere langwierige Bronehialkatarrhe, Lun-gentuberculose ein. Manche Formen sind bei ihrem Auftreten von Fieber begleitet.
sect;. 2. Die Erscheinungen, unter denen Erkrankungen der all­gemeinen Decke auftreten und verlaufen, sind so verschieden, dass sich etwas allgemein Giltiges hierüber kaum anführen lässt. Da die Haut jedoch der Untersuchung unmittelbar zugänglich ist, so fallt die Diagnose eines bestimmten Krankheitszustandes derselben verhältniss-mässig viel leichter als jene der bisher abgehandelten Organsysteme.
Dem Verlaufe nach hat man die Hautkrankheiten in acute, innerhalb eines gewissen Zeitraumes und in bestimmten Stadien (typisch) verlaufende, und in chronische, deren (obwohl bisweilen sehr kurzer) Verlauf sich über eine unbestimmte Zeit, bisweilen über Monate, selbst Jahre hin erstrecken kann, unterschieden; eine Eintheilung, welche jedoch bezüglich der Diagnose einer eben vorhandenen Hautaffection ohne quot;Werth ist.
sect;. 3. Behandlung. Die Therapie der sogenannten acuten typischen Hautauschläge wurde schon bei Betrachtung der Pocken der Schafe, Kühe und der anderen Hausthiergattungen ausführlich angegeben. Bei der Behandlung jener Erkrankungen der Haut, welche einen, bezüg­lich der Dauer unbestimmten Verlauf beobachten, ist die Entfernt­haltung der sie veranlassenden und unterhaltenden Schädlichkeiten, insofeme sich diese mit Sicherheit ausmitteln lassen, sonst ein, den Anforderungen der Diätetik möglichst entsprechendes Verhalten die Hauptsache. Nicht selten lassen sich hierdurch allein schon anschei­nend sehr veraltete Erkrankungen heben; in jedem Falle aber wird das eigentlich therapeutische Handeln dadurch wesentlich unterstützt. Die Heilung solcher Zustände erfordert bisweilen die Anwendung energisch wirkender Substanzen, um Exsudate und Infiltrationen zum Schmelzen, Krusten oder Schorfe zur Abstossung zu bringen, in der Haut nistende Parasiten zu tödten, Geschwüre zu zerstören u. dergl. und die bisweilen gleichzeitig vorhandenen Erkrankungen anderer Organe zu tilgen.
Unter den, gegen Hautkrankheiten in Anwendung kommenden Mitteln sind namentlich anzuführen: die Kälte in Form von kalten Waschungen und Umschlägen, feuchte quot;Wärme in Form von Bähungen, Waschungen oder Ueberschlägen, höhere Temperaturgrade durch Anwen­dung des Glüheisens (wie beim Hautwurme), kaustische und kohlen­saure Alkalien in concentrirtem oder verdünntem Zustande, die Seifen,
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Hautkrankheiten.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;877
der Alaun, der Schwefel und die Schwefelleber, das Jod, Quecksilber-, Blei- und Silberpräparate, herbe, scharfe, brenzliche und ätherisch-ölige Substanzen, milde Mittel, besonders die Fette und feiten Oele. Sie finden je nach der Form und der Intensität der eben vorhandenen Hautkrankheit eine verschiedene äussere Anwendung vorzugsweise in der Form von Salben, Einreibungen oder Waschungen. Für den inner­lichen Gebrauch werden bei veralteten und solchen Krankheitsformen, bei denen eine Antheilnahme der Constitution vorausgesetzt wird, oder ein inneres Leiden als Folgezustand eingetreten ist, vorzugsweise die bitteren und gewürzhaften Mittel, die öuecksilberpräparate, die Can-thariden, die Balsame, selbst der Arsenik in Form der Fowl ersehen Lösung verwendet. Bei manchen wird auch eine chirurgische Hilfe­leistung nothwendig.
I. Functionelle Störungen.
sect;. 4. Der Störungen der Empfindung der Haut, sich aus­sprechend durch eine vermehrte, verringerte oder gänzlich aufgehobene Empfindlichkeit derselben, wurde bereits bei den Krankheiten des Ner­vensystems gedacht und es wird rücksichtlich derselben auf die betref­fenden Abschnitte verwiesen.
Abiiormltäteii der Absonderung auf der Haul.
sect;. 5. a) Von den Anomalien der Schweissabsonderung weiss man kaum mehr, als dass unter gewissen Umständen eine Vermeh­rung oder Verminderung derselben vorkommt, ohne dass man häufig anzugeben im Stande wäre, in welchem Zusammenhange dieselbe mit gewissen abnormen Zuständen und pathologischen Processen anderer Organe stehe.
Eine Verminderung der Schweissabsonderung und abnorme Trockenheit der Haut beobachtet man nicht selten bei Thieren, die an chronischen Krankheiten der Haut und innerer Organe oder an reich­lichen Entleerungen durch den Darm oder durch die Harnorgane, leiden. Eine vermehrte Hautausdünstung, ohne dass eine vermehrte Kör­peranstrengung oder eine Temperaturerhöhung die Ursache wäre, kommt bei mehreren acuten und chronischen Krankheiten (beim Starrkrämpfe, beim Typhus, bei Lungenverjauchung u. dgl.) nicht selten, bisweilen bis zu dem Grade vor, dass der Schweiss fortwährend in Tropfen zur Erde fällt.
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Vermehrte und verminderte Absonderung des Hauttalges.
Einen auffallenden, mitunter sehr üblen Geruch nimmt der Schweiss bei Schafpocken, bei Typhus, bei abzehrenden Thieren an.
sect;. 6. b) Bei verminderter Absonderung der Hauttalg­drüsen wird die Oberhaut spröde, unelastisch, rauh, oft von zahlrei­chen Schuppen bedeckt, die Haare glanzlos, spröde und brüchig, ein Zustand, der sich vorzugsweise bei schlechter Hautcultur, dann bei Thieren, welche an cachectischen Krankheiten leiden, einstellt. Liegt derselben die erstere Ursache zu Grunde, so kann ihr durch sorgfal­tiges Reinigen, Waschen mit Seifenwasser begegnet werden, im letzte­ren Falle ist ein örtliches Verfahren nicht am Platze.
Eine vermehrte Absonderung des Hauttalges kommt öfter bei dichtwolligen Schafen an verschiedenen Stellen der Hautoberliäche, wo er zu Schuppen oder Krusten vertrocknet, dann bei Hengsten und Stieren im Schlauche vor, wo sich bisweilen die verhärtete Haut-schmicre in solcher Menge ansammelt, dass hiedurch das Ausschachten der Kuthc erschwert, selbst unmöglich wird, und sich in Folge des, im Schlauche zurückbleibenden und faulenden Harnes Geschwüre bilden. Reinigen desselben mit Seifenwasser und nachheriges Einbringen von Fett oder Einspritzen leicht adstringirender Flüssigkeiten beseitigen diesen Zustand.
Bei Hunden findet bisweilen eine Anhäufung des Talges in einzelnen Haut-Talgdrüsen statt, welche hiedurch ausgedehnt, in Gestalt von Pusteln über die HautoberÜäche hervorragen und aus denen sich bei einem, von der Seite angebrachten Drucke oder beim Aufstechen ein dicker Talgpfropf oder eine eiterähnliche Flüssigkeit, in welcher nicht selten zahlreiche Exemplare der Haarsackmilbe vorge­funden werden, ausdrücken lässt. Wiederholte Seifenwaschungen oder, bei grösserer Verbreitung alcalische Bäder führen die Heilung herbei.
II. Anatomische Störungen,
1. Anomalien der Oberhaut, der Klauen und Haare.
sect;. 7. Sie sind wohl in jedem Falle von einer Erkrankung der sie bildenden Haut und ihrer Follikel abhängig, jedoch ist diese bis­weilen so unbedeutend und wenig wahrnehmbar, dass auf ihre Gegen­wart eben nur aus den Anomalien der sie bedeckenden Gebilde ge­schlossen werden kann und diese daher vorzugsweise in Betracht kommen.
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Kleienamp;echte.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;879
a) Anomalien der Oberhaut.
sect;. 8. Hieher gehören die schon im allgemeinen Theile erwähn­ten Hautschwielen und Hauthörner, dann die wuchernde Bil­dung von Epidermis, welche sich in Begleitung zahlreicher chroni­scher Hautausschläge einfindet.
Als selbstständige Krankheitsformen treten auf:
a) Die Kleien flechte, Mehlflechte (Pityriasis).
sect;. 9. Die Oberhaut schilfert sich hierbei in mehlartigen Stäubchen oder kleienförmigen Stückchen ab. Dieses Leiden kommt bei Pferden besonders am Kopfe, an den Seitenthcilcn des Halses, am Grunde der Mähnen und unter den Schweifhaaren, bisweilen auch über den ganzen Körper verbreitet, bei Rindern am Triel und am Nacken vor, und ist häufig Folge schlechter Hautcultur. Die Haut unterhalb der Epider-misschuppen erscheint gewöhnlich massig geschwellt, trocken, nicht selten entfärbt, die Thiere werden durch heftiges Jucken und Beissen zum fortwährenden Scheuern genöthiget, wodurch die Haut in einem beständigen Zustande von Hyperämie erhalten wird, sich stellenweise bedeutend verdickt, die Schuppen durch ausgeschwitztes Serum feucht werden und hie und da verkleben. Hat das Leiden einen höheren Grad und eine weitere Verbreitung erlangt, so widersteht es nicht selten lange allen Heilversuchen und kehrt, wenn auch geheilt, doch gerne wieder, insbesondere, wenn die Thiere wieder in ungünstige Aussenverhältnisse versetzt werden.
Die Behandlung besteht iu der Anwendung von Waschungen mit Seifen- oder Pottaschelösung, bei veralteten Fällen in Einreibun­gen mit der Schmierseife und in nachfolgendem Abwaschen derselben mit lauwarmem Wasser; bei grosser Empfindlichkeit der Haut können zeitweilige Einreibungen mit einem fetten Oelc nützlich werden; schwitzt in Folge des zu starken Reibens Exsudat durch die Haut aus, so sind Waschungen mit adstringirenden Flüssigkeiten am Platze. Eine inner­liehe Behandlung ist, ausgenommen dort, wo eine Complication mit Krankheitszuständen anderer Art, insbesondere mit Verdauungsstörungen, zugegen ist, nicht nothwendig. Eine Ansteckung findet nicht statt.
/;) Die Schuppenflechte (Psoriasis).
sect;. 10. Sie besteht in der Bildung grösserer Epidermisschuppen auf einer hyperämischen Haut. Sie kommt am häufigsten an den Hin-
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terbacken, an den. Augenbogen, an den Schultern, an den Lenden und in der Umgegend der Scham, an der hinteren Fläche der Fessel, an der Beuge der Sprunggelenke (eine Form der Raspe darstellend) bei Pferden vor, und stellt sich am häufigsten im Frühjahre ein. Schlechte Hautcultur, direct auf die Haut wirkende Reize, schlechte Fütterung, Erkältung scheinen ihr Entstehen zu veranlassen; ob ihr ein allge­meines Leiden zu Grunde liege, ist ungewiss. Ihre Nichtcontagiosität ist aussei' Zweifel.
Beim Beginne des Leidens bilden sicli an den angegebenen Stellen kleine Knötchen, welche mit dünnen Schuppen bedeckt sind, nach deren Hinwegnahme die infiltrirtc Haut gewöhnlich blutet, aber weder seröses noch anderes Exsudat ergiesst; allmälig vergrössern sich die Schuppen zur Grosse eines Silbergroschens und darüber, werden dicker, drängen sich an und über einander, so dass sich schuppige Stellen von grosser Ausdehnung und unregelmässiger Gestalt bilden, die auf einer geschwellten, gewöhnlich trockenen, bei starkem Reiben oder fortdauern­der Unreinlichkeit aber eine klebrige zu Krusten vertrocknende Flüs­sigkeit ergicssenden Haut sitzen. Die Thicrc empfinden an den befal­lenen Stellen ein lebhaftes Jucken, scheuern sich daher häufig bis zu völligem quot;Wundsein und heftigem Bluten. Die Krankheit ist meistens hartnäckig und erstreckt sich gewöhnlich über Monate hinaus; biswei­len hat der Wechsel der Jahreszeit entschiedenen EinÜuss auf die Besserung, jedoch treten Rückfälle häufig ein. Bei längerer Dauer und bei Verbreitung über grössere Hautstellen leidet, vielleicht auch wegen der beständigen Unruhe der Thiere, der Ernährungsvorgang, die Fresslust vermindert sich, die Kranken magern ab, die Haut wird im Allgemeinen trocken, spröde, die Haare matt und glanzlos.
Die Schuppentiechte heilt um so leichter, je weniger ausgebreitet und zahlreich die erkrankten Hautstellen sind und je weniger das Lederhautgewebe verdickt und verändert ist; die Schuppen werden dünner, die Haut weicher und geschmeidiger und bildet allmälig weni­ger Schuppen. An den Hinterbacken heilt bisweilen der Schuppen­ausschlag von der Mitte aus und es ist dann die normal gewordene Hautpartie von einem Kreise mehr oder weniger dicker Schuppen umgeben, die allmälig dünner werden und endlich abfallen.
Behandlung. In leichteren Fällen genügen nebst einer sorg­fältigen Hautcultur Einreibungen einer milden oder der grauen Queck­silbersalbe , Waschungen mit schwacher Auflösung von Schwefelleber oder mit Seifenwasser. In hartnäckigeren Fällen muss zu Waschungen mit
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Schuppenflechte.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;881
Aetzkalilösung oder Seifensiederlauge, zu Einreibungen mit Schwefel­salbe, Theer, stinkendem Hirschhomöl gegriffen werden. Die Cur wird durch die Verabreichung eines leicht verdaulichen, insbesondere grünen Futters, die tägliche Bewegung in frischer reiner Luft, wiederholtes Waschen des ganzen Körpers mit Seifenwasser unterstützt. Innerlich können die antiphlogistischen Purgirmittel, zeitweilig gebraucht, die bitteren Mittel, in sehr hartnäckigen Fällen auch die fortgesetzte An­wendung der Fowler'schen Lösung, welche jedoch, sobald sich Ver­ringerung der Fresslust oder Störung der Verdauung einstellt, für einige Zeit auszusetzen ist, nothwendig werden.
sect;. 11. Bisweilen kommt in sehr herabgekommenen, schlecht gehaltenen und genährten Heerden, insbesondere wenn dieselben anhal­tend den Einflüssen einer nasskalten Witterung ausgesetzt sind, die Kleienflechto in seuchenartiger Verbreitung vor und wird dann (beson­ders bei Schafen) mit dem Namen Hungerraude bezeichnet. Die gewöhnlich sehr abgemagerten, mit verschiedenen chronischen Leiden behafteten Thiere zeigen eine welke, trockene, mehr oder weniger dicht mit kleienartigen Schuppen bedeckte, spröde und nicht elastische Haut, die, in Falten gehoben, sich nur langsam wieder ausgleicht, während die Haare oder die Wolle matt und glanzlos, spröde erscheinen, hie und da fehlen oder auf einen leichten Zug ausgehen.
Die Behandlung, welche in der Anwendung der, bei der Schup-penfleehtc erwähnten Mittel besteht, kann nur dann zu einem Resul­tate führen, wenn zugleich die äusseren Verhältnisse, unter welchen die Thiere leben, eine Aenderung erleiden; wobei insbesondere auf bessere Nahrung und sorgfältige Reinlichkeit zu sehen ist. Da jedoch insbesondere bei Schafen diesen Anforderungen bei schlechtem Wirth-schaftsbetriebe schwer oder gar nicht entsprochen werden kann, so kommt es, dass sich die Hungerraude, welche an und für sich nicht ansteckend ist, oft jahrelang in solchen vernachlässigten Heerden, in denen gewöhnlich auch andere cachectische Krankheiten einheimisch sind, fortschleppt.
b. Anomalien des hornigen Ueberzuges der Fussenden.
sect;. 12. Die Abnormitäten des Hornschuhes und der Klauen, so wie die Krankheiten der sie erzeugenden Weichtheile fallen dem Ge­biete der Chirurgie und der Hufbeschlagslehre anheim. Hier soll nur das sogenannte
Hüll, l'aüiul. und TherApie. II. Aufl.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;56
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büsarlige Klauenweh (die büsartlge Klaiienseuchp) der Schale
Erwähnung finden, welches erst in neuerer Zeit in Deutschland aufge­treten ist und Beachtung fand.
Aetiologie. Es ist eine chronische, ursprünglich nur hei dem fein­wolligen Schafviehe beobachtete Entzündung der äussersten Fussenden, die schon -wenige Tage nach ihrem Entstehen ein Contagium ent­wickeln soll, welches an den, von den kranken Klauen abgesonderten Exsudaten haftet, durch unmittelbare Berührung, durch das Betreten der Streu, der Weideplätze, der Strassen, welche von derart kranken Thieren begangen wurden, übertragen werden, ziemlich lange wirksam bleiben, jedoch an veredelten Schafen leichter haften soll, als an grobwolligen. Durch Impfung der in dem Klauenschuhe angesammelten Flüssigkeit auf die Krone der Klauen gesunder Schafe soll sich die Krankheit weiter verbreiten lassen; es dürfte jedoch wohl noch zweifelhaft sein, ob die hiedurch entstehende Entzündung nicht vielmehr der Einfuhrung einer jauchigen Substanz überhaupt, als der eines speeifischen Stoffes zuzuschreiben sei. Feuchtigkeit und insbesondere feuchte Wärme der Witterung, Nässe der Weideplätze und Triften, des Stallbodens begün­stigen, die entgegengesetzten Verhältnisse beschränken die Verbreitung der Krankheit. Obwohl stattgefundene Ansteckung als die häufigste Ursache ihres Entstehens angeführt wird, so wird doch auch die origi­näre Entwicklung der Krankheit zugegeben , ohne dass die sie bedin­genden äusseren Verhältnisse, als welche Vernachlässigung vorhandener Klauenleiden, weite Märsche u. dgl. beschuldigt werden, hinlänglich bekannt wären. Wird auf den Umstand Rücksicht genommen, dass diese Krankheit vorzugsweise feinwollige, veredelte, also zartere, weni­ger widerstandsfähige Schafe bei Einwirkung von Bodennässe, nach langen Märschen u. dgl. befällt, so drängt sich wohl die Ansicht auf, dass dieselbe wohl nicht eine speeifische, sondern eben eine durch die nachtheilige Einwirkung dieser Schädlichkeiten bedingte Entzün­dung der von dem Klauenschuhe eingeschlossenen Weichtheile sei, welche desshalb seuchenartig auftritt, weil ganze Hecrden den erwähn­ten Einflüssen ausgesetzt werden. Hiefür sprechen auch die Erschei­nungen und der Verlauf der Krankheit, die sie zu einer rein chirur­gischen stämpeln.
sect;. 13. Erscheinungen. Die Thiere fangen gewöhnlich an einem Fusse zu hinken an, dessen Klauen wärmer, schmerzhaft, die Krone und die Klauenspalte höher geröthet erscheinen. Innerhalb
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Bösartigeraquo; KlHtienwch der Scliafe.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;ÖÖO
weniger Tage schon schwitzt an der Klauen krone nächst dem Hom-saume, insbesondere in der Nähe der Ballen, eine dünne klebrige Flüssigkeit aus und an der inneren Klauenfläche findet zuerst eine Trennung des Hornsaumes statt. Die Flüssigkeit nimmt bald ein missfärbiges, jauche­ähnliches Ansehen an und bedingt, so wie das von der sogenannten Fleischwand gesetzte Exsudat, eine allmälige Lostrennung der Hornwand und endlich der Sohlenttache der Klaue, wobei die Jauche oben längs des getrennten Hornsaumes abtliesst. Es kann hierbei zum gänzlichen Verluste der Hornkapsel der Klaue, zu jauchiger Zerstörung der Weich-theile, der Sehnen- und Bänder, selbst zur Abstossung des Klauen­beines und zu cariöser Zerstörung des Kronenbeines kommen. Abgestos-sene Klauenschuhe ersetzen sich wohl bisweilen, können jedoch, falls die Erkrankung der Fleischwand und der Krone nicht vollständig geheilt ist, erneuert losgetrennt und abgestossen werden. Kommt es nicht zum Ausschuhen, so wird doch die Klaue durch Bildung von wulstigen Hervorragungen ringelig, knollig oder ganz unförmlich. quot;Werden, wie diess gewöhnlich der Fall ist, nach und nach mehrere Klauen ergriffen, so können die Kranken mit den betroffenen Fussenden nicht auftreten, sie liegen daher meistens oder rutschen auf den Knieen oder auf dem Bauche herum.
Der Umstand, dass gewöhnlich anfangs nur eine oder die andere Klaue krank ist, während die übrigen erst später und bisweilen eine nach der anderen ergriffen werden, dass sich der Krankheitsprocess an einer und derselben Klaue, selbst nach Wiederersatz des Hom-schuhes, wiederholt erneuert, dass die Thiere durch die bedeutenden Schmerzen und den Verlust an Säften bedeutend herabkommen, ist Ursache, dass der Verlauf dieser Krankheit so ausserordentlich lang­wierig ist und dass sie sich in Heerden, in denen sie ausgebrochen ist, ein halbes Jahr und darüber erhält und wenn sie auch nur selten den Tod einzelner Thiere veranlasst, doch durch die Behinderung der Nutzung bedeutende ökonomische Nachtheile mit sich bringt.
Die Vorhersage ist im Beginne des Leidens sehr günstig, die Heilung kann schnell und sicher erzielt werden; sie wird jedoch um so unsicherer und schwieriger, je grössere Zerstörungen es bereits ver­anlasst hat. In Heerden, wo dasselbe bereits einheimisch geworden ist, erfordert seine gänzliche Tilgung grosse Aufmerksamkeit und Umsicht.
sect;. 14. Die Behandlung ist eine rein chirurgische. Vor Allem ist der Klauenschuh gehörig zu beschneiden und alles getrennte
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884nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Bösartiges Klauenweb der Schafe.
Horn bis in die Grenzen der gesunden Verbindung unnachsichtlich wegzunehmen und, falls sich bedeutende Trennungen, die ein Abstossen des Hornschuhes erwarten lassen, vorfinden sollten, dieser lieber sogleich gänzlich zu entfernen. Dasselbe Verfahren muss so oft, als sich Los­trennungen zeigen, wiederholt werden. Finden sich erst Ausschwitzun­gen im Klauenspalte und an der Krone, so werden die Stellen am besten mit gepulvertem Kupfervitriol eingestreut oder mit einer aus Kupfervitriol und Thcor bestehenden Salbe eingestrichen; sollte schon jauchige Absonderung daselbst zugegen sein, so kann mit Wasser zu einem Breie abgerührter Chlorkalk mittelst eines Pinsels aufgestrichen werden. Bei Wucherungen oder bei geschwüriger Zerstörung der soge­nannten Fleischwand wird die Anwendung der Salpetersäure, welche man mittelst eines Holzstäbchens aufträgt, und dann das unmittelbar darauffolgende Bestreichen der geätzten Stelle mit stinkendem Hirsch-hornöle empfohlen. Die Blosslegung von Knochen, Gelenken, Bändern und Sehnen ist nach den Kegeln der Chirurgie zu bebandeln. Je energischer man gleich anfangs zum Messer greift, desto weniger wird sich die Anwendung der verschiedenen Aetzmittel, die in den mannig­fachsten Zusammensetzungen als speeifische Mittel angerühmt werden, nöthig machen. Die Anlegung von Verbänden ist bei einer grösseren Anzahl von Kranken zu umständlich und auch nicht erforderlich, höchstens bei sehr werthvollen Thieren können nach stattgefundenem Ausschuhen die Fussenden durch einige Tage mit einem Lappen um­wickelt werden. Reichliche, reine und trockene Streu, Abhaltung der Thiere von dem Besuche nasser Weideplätze, morastiger Wege und Plätze ist zum Gelingen der Cur unentbehrlich.
sect;. 15. Ist diese Krankheit in einer Heerde ausgebrochen, so ist, da dieselbe der geschehenen Ansteckung verdächtig erachtet werden muss, die Durchführung gewisser, durch das Gesetz vorgeschriebener vetcrinär-polizeilicher Massregeln nothwendig. Sobald die Seuche in einer Heerde ausgebrochen ist, müssen alle Thiere derselben sorgfältig untersucht und auch alle jene, bei denen eine grössere Wärme oder Empfindlich­keit der Klaue oder eine Ausschwitzung im Klauenspalte bemerklich wird, als krank erklärt und von den Gesunden getrennt werden. Die letzteren müssen von den ersteren sowohl im Stalle, als auf der Weide, zu welcher sie auf besonderen Wegen zu treiben sind, vollkommen abgesondert und wöchentlich wenigstens einigemal untersucht werden, um jene, bei welchen sich irgend verdächtige Erscheinungen an den Klauen zeigen sollten, sogleich in den Krankenstall versetzen zu können.
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Bösartiges Klauenweh der Schafe.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;88o
Um die bei der Untersuchuna; noch gesund befundenen, aber der Austeckungsgefalir uusgesctüt gewesenen Thiere vor dem Ausbruche der Krankheit zu schützen, wird angerathen, vor der Stallthüre einen entsprechend grossen Trog aufzustellen, dessen Boden wenigstens in der Höhe von vier Zollen mit einer Autlösung von Chlorkalk in llegen-wasser (1—2 Pfund auf 2 Eimer Wasser gerechnet) bedeckt ist und den die Thiere beim Ein- und Austreiben passiren müssen, oder die Klauen sämmtlicher, anscheinend noch gesunder Thiere mit einer Chlor­kalklösung einzustreichen. Die Reconvalescenten sollen in eine dritte, noch durch einige Wochen unter Aufsicht bleibende und öfter zu revi-dirende Abtheilung vereinigt und die rückfälligen Stücke sogleich wie­der zu den Kranken gebracht werden.
Vorsichtshalber soll nacli beendigter Seuche der Dünger und die auf die Tiefe eines halben Schuhes von dem Boden des Stalles aus­gehobene Erdschichte sammt allen Abfällen auf einen, von Schafen nicht betretenen Platz ausgeführt, die Erde durch neue ersetzt, die Stallwände und Thüren mit Kalk wohl übertüncht, die Krippen und Raufen mit heisser Lauge oder Chlorkalkauflösung zu wiederholten Malen gewaschen, der an den Stall grenzende Hofraum auf das Genaueste gereinigt und schliesslich der Stall durch längere Zeit gelüftet werden.
Der Verkauf der aus angesteckten Heerden stammenden, wenn auch anscheinend gesunden Schafe ist mit Ausnahme solcher, die unmittelbar zur Schlachtung bestimmt sind, strenge zu verbieten und die Heerde erst sechs Wochen nach dem letzten Genesungsfalle als verdachtlos zu erklären. Auf Weiden und Triften, so wie auf Strassen, die von klauenkranken Schafen begangen wurden, sollen durch längere Zeit andere Schafe nicht getrieben werden.
Um die Verschleppung der Krankheit in eine Heerde zu verhüten, ist es gerathen, neu angekauftes Schafvieh durch einige Wochen beson­ders aufzustellen und zu beobachten und die eigene Heerde bei dem Herrschen der Seuche in der Nachbarschaft vor jeder mittel- oder unmittelbaren Berührung mit den Kranken sorgfältig zu bewahren.
c) Anomalien der Haare.
sect;. 16. Ein übermässiger Wachsthum der Haare wurde bis­her nur bei Pferden am Schweife und an der Mähne ohne Nachtheil für das Gesammtbefinden beobachtet; über das Vorkommen von Haaren an ungewöhnlichen Stellen, wie an Schleimhäuten und als Inhalt gewisser Balggeschwülste war schon früher die Rede.
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Anomalii-n der Haare.
Ein gänzlicher Mangel der Deckhaare mag nur sehr selten vorkommen. Das Ausfallen der Haare oder der Wolle ist bald Folge einer allgemeinen Ernährungsstörung, wie bei schlechter und kümmer­licher Nahrung, bei lange fortgesetztem Säugegeschäfte, bald die eines cachectischen Leidens, mechanischer Beleidigung durch Reiben, Nagen, acuter oder clironi scher Erkrankungen der Lederhaut, des längeren Ge­brauches gewisser scharfer Arzneien. Tn allen diesen Fällen kann nach Beseitigung der zu Grunde liegenden Ursache, falls die Haar­bälge nicht zerstört sind, ein Nachwachsen der Haare, welche jedoch bisweilen eine andere Färbung zeigen oder völlig weiss sind, stattfinden.
sect;. 17. Bisweilen linden sich, besonders am Halse der Pferde, scharf umschriebene, runde oder unrcgelmässige, haarlose Stellen; die Haut ist daselbst pigraentlos oder dunkler pigmentirt, trocken und mit dünnen Oberhautschuppeu besetzt, dabei jedoch nicht verdickt, hie und da in Folge des, durch starken Juckreiz bedingten Scheuerns mit kleinen Krusten vertrockneten Blutes oder Exsudates bedeckt, ein Zustand, wel­cher mit dem Namen Glatzflechte (Alopecia decalvans) bezeichnet wird. In manchen Fällen ist derselbe durch Pilzbildung, durch welche die aus den Haarbälgen hervortretenden Haare erstickt werden, bedingt; in einem eclatanten, hierorts beim l'ferde beobachteten Falle, konnten Pilze durchaus nicht, dagegen Atrophie der Haarzwiebel deutlich nachgewiesen werden. Sicher ist es, dass die Haarbälge in manchen Fällen nicht zer­stört sind, indem Heilung möglich ist, wobei jedoch die anfangs hervor-spriessenden Haare wreich wie Flaum, dünner und lichter gefärbt sind, als die an normalen Stellen. Für die Cur eignen sich Waschungen mit Schwefelleberlösung, Einreibungen von reizenden Salben, abwechselnd mit Seifenwaschungen; jedoch widersteht das Uebel oft lange Zeit und hartnäckig oder für immer der Behandlung.
sect;. 18. Das imvollständige Aushären wird häufig bei Thieren, die unter ungünstigen Aussenverhältnissen leben, dann bei solchen, die an cachectischen Krankheiten leiden, beobachtet. Die Beseitigung der zu Grunde liegenden Ursachen, dann warme Bedeckung, tieissiges Putzen, bei Verdauungsstörungen das Lecken von Steinsalz, Purganzen begünsti­gen das Abhären.
sect;. 19. Der Weichselzopf (Plica polonica), eine Verfllzung und Verklebung der Langhaare durch ein schmieriges, übelriechendes, wahrscheinlich von den Haar- und Talgdrüsen herrührendes Binde­mittel zu einem unentwirrbaren Knäuel soll bei Pferden in Polen und
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Anomalien des Pigmentes.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 887
Eussland, angeblich auch bei Hunden und Ochsen vorkommen. Der Grund dieses Zustandes, den Einige in Vernachlässigung jeder Pflege, Andere in einer Erkrankung der Haar- und Talgdrüsen, Andere in einer allgemeinen Erkrankung, deren Ausdruck eben der Weiohselzopf sein soll, suchen, ist noch unentschieden.
d) Anomalien des Pigmentes.
sect;. 20. Der angeborne Pigmentmangel bedingt den soge­nannten Albinismus, der bei Kaninchen und Mäusen sehr häufig ist. Ein Pigmentmangel an verschiedenen Stellen der Körperoberfläche stellt sich bisweilen nach Verletzungen durch Druck und im Gefolge verschiedener Hautkrankheiten ein. Eine Entfärbung der Haare tritt an Stellen auf, welche einem andauernden Drucke ausgesetzt sind; daher bei Pferden am häufigsten am Rücken, an den Seitentheilen, der Brust u. dgl. Von den abnormen Färbungen der Haut bei allge­meiner Anämie, bei Zurückhaltung der Gallenbestandtheile im Blute u. dgl. war bereits am geeigneten Orte die Eede.
II. Krankheiten der Lederhaut.
A. Locale Störungen des Kreislaufes.
1. Aiiämic der Haut.
sect;. 21. Sie ist bald Theilerscheiming der allgemeinen Blutleere, bald entsteht sie in Folge der Anhäufung des Blutes in inneren Orga­nen oder örtlicher Gewebsstörungen und ist nie Gegenstand einer beson­deren Behandlung.
2. Hv|ii'riiiiiic der Haut.
sect;. 22. Die Hyperämien der Haiit verlaufen entweder als solche selbstständig oder sie bilden u. z. gewöhnlicher nur die Einlei­tung und den Beginn anderer, weiter vorwärts schreitender Erkran­kungen der Haut. Sie werden veranlasst durch äussere, direct auf dieses Organ wirkende Einflüsse, durch höhere und niedere Temperaturgrade, reizende und ätzende Substanzen, oberflächliche Verletzungen, Insecten-stiche, Druck u. s. w. durch Störungen in der Circulation, besonders in Folge des Druckes unterliegender Geschwülste, Verschliessung von Venen, Entzündung unter der Haut gelegener Theile, bisweilen auch durch epizootische Einflüsse und Constitutionskrankheiten (Typhus,
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Rothlauf.
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Anthrax). Sie beginnen bald als rein örtliche Leiden, bald gehen ihnen Störungen des Allgemeinbefindens oder die Erscheinungen einer anderen örtlichen oder allgemeinen Erkrankung voraus, sie beschränken sich bald nur auf die oberflächlichen Schichten der Lederhaut oder einzelner Theile derselben, wie auf die Haar- und Talgdrüsen, während sie sich in anderen Fällen auch auf die tieferen Schichten derselben und auf das Unterhautbindegewebe erstrecken; sie sind bald auf umschrie­bene Hautstellen begrenzt, bald über grössere Abschnitte verbreitet. Solche Hyperämien treten entweder bald wieder zurück oder sie werden andauernd und führen dann zur Hypertrophie und Neubildung von Bindegewebe mit Verdickung der Haut, zu Exsudationen und Blutungen, zur Jauchung und selbst zum brandigen Absterben von Hautpartien.
Eine Behandlung der Hauthyperämie kann nur dann stattfinden, wenn dieselbe als selbstständiger Process, namentlich in Folge äusserer Einwirkungen, eingetreten ist, während sie dort, wo sie nur als Ein­leitungsvorgang oder Complication anderer örtlicher oder allgemeiner Leiden zugegen ist, sich nach der Verschiedenheit der sie bedingenden Umstände zu richten hat. Im ersteren Falle ist insbesondere die Ein­wirkung der Kälte, die Anwendung zusammenziehender Mittel, die Hervorrufung von Hyperämien in anderen Theilen (z. B. in dem Darme durch Verabreichung von Abführmitteln) u. dgl. am Platze, worüber die Chirurgie das Nähere lehrt.
sect;. 23. In die Reihe der Hauthyperämien sind auch die schon erwähnten Masern und der Rothlauf zu zählen, insoferne bei dem letzteren nicht zugleich Infiltrationen in die Haut und in das Unterhaut­bindegewebe zugegen sind. Der letztere kommt, obwohl, wenigstens nach unserer Erfahrung verhältnissmässig selten, bei Pferden, noch seltener bei Rindern vor; er entwickelt sich unter Fiebererscheinun­gen vorzugsweise an der Unterbrust und an dem Unlerbauche, dann an den hinteren Extremitäten, woselbst sich entweder in die Umgegend verfliessende oder scharf begrenzte, schmerzhafte, warme, derbe, den Fingereindruck behaltende Geschwülste bilden, welche entweder binnen Kurzem sich wieder verkleinern und verschwinden, jedoch an anderen Hautstellen wieder auftreten können oder, sobald es zur Infiltration der Haut und des unterliegenden Bindegewebes gekommen ist, auch zum Abstossen ganzer Hautpartien und zu ausgebreiteten Jauchungs-processen führen können. Die seine PIntstehung begünstigenden Ursa­chen sind nicht bekannt.
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Blutung In dip Haut.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 889
Die Behandlung besteht anfangs in der Anwendung warmer Umschläge, feuchtwarmer Umhüllungen, später in Waschungen mit Auflösungen von Salmiak, verdünntem Weingeist, in öfterem Frottiren und massigem Spaziorcnfiihren. Innerlich sind die anliphlogistischen Abführmittel, der Brechweinstein, neben weniger und eröffhcnder Nah­rung am Platze. Eine Verwechslung dieser Krankheitsform mit acuter Entzündung der Lymphgefässe oder der Venen, als deren Begleiter sich Hauthyperämien einstellen oder mit Typhus wird bei Berücksichtigung aller Umstände leicht vermieden werden.
Hieher wäre auch der sogenannte Buchweizenaussehlag (dessen bereits im allgemeinen Theile Erwähnung geschah) zu rechnen, der sich nach dem Genüsse von grünem Buchweizen, wenn die Thiere gleichzeitig dem Sonnenscheine ausgesetzt sind, an weissen Hautstellen unter der Form intensiver Hautröthe entwickelt, während er sich dann, wenn diese Pflanze an Thiere im Stalle verfüttert wird, nicht einstellen soll. Ein tagelanger Aufenthalt der befallenen Thiere an schattigen Orten reicht zu Beseitigung des Leidens aus.
3. Ululuiig.
sect;. 24. Blutungen in die Haut und in das Unterhautbin­degewebe erfolgen am häufigsten durch mechanische Einwirkungen, insbesondere Quetschungen, in Folge welcher sich nicht selten umfang­reiche apoplectische Hcerde bilden, an denen sicli die weiteren Meta­morphosen des Blutextravasates und der HeilungsVorgang sehr gut ver­folgen lassen; ihre Behandlung ist Gegenstand der Chirurgie.
Gleichsam spontan und ohne Einwirkung irgend einer örtlichen Ursache stellen sich Hämorrhagien in d'e Haut bei acuten Blut­krankheiten, namentlich bei Typhus der Pferde, bei den verschie­denen Anthraxformen der übrigen Hausthiergattungen, beim soge­nannten Scorbut ein. Der Bluterguss findet in diesen Fällen entweder bloss in die obersten Schichten der Lederhaut und unter die Epidermis oder, u. z. häufiger auch in das Unterhautbindegewebe statt. In dem letzteren Falle sind dann gewöhnlich umfangreiche apoplectische Heerde zugegen und zugleich die Erscheinungen des allgemeinen Leidens deut­lich ausgebildet, wesshalb auch dieses letztere einer Behandlung zu unterziehen ist, während die einmal gebildeten Blutergüsse selbst ihre bekannten weiteren Veränderungen eingehen.
Bei edlen Pferden wird bisweilen ein spontanes Bersten klei­ner Hautvenen an verschiedenen Körperstellen, selbst an solchen, wo
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Unmbranrl.
ein Kneipen oder Scheuern nicht stattfinden kann, beobachtet, worauf eine grössere oder geringere Menge Ulutes austliesst. Gewöhnlich ist dieses Ereigniss, das meist in der wärmeren Jahreszeit eintritt, ohne weitere Bedeutung.
4. Wassersucht.
sect;. 25. Die Ansammlung von Serosität in dem Unterhautbinde­gewebe wird bekanntlich Hautödem und, falls sie sich in Folge von Hyperämie oder geringerer Grade einer Entzündung eingestellt hat, entzündliches Hautödem genannt. Die Bedingungen seines Ent­stehens, seine Erscheinungen und Behandlung wurden schon im allge­meinen Tlieile besprochen.
D. StSrtmgen der Ernührtmy.
I. Ilrand der Haut.
sect;. 26. Er tritt nicht selten unter den, im allgemeinen Theile angeführten Bedingungen, am gewöhnlichsten in Eolge eines anhalten­den Druckes auf einzelne Hautstellcn (z. B. nach dem längeren Liegen auf einer Seite), nach heftigen Quetschungen, bei höheren Graden der Hautentzündung, dann im Gefolge gewisser constitutioneller Erkran­kungen, des Typhus, Anthrax u. dgl. ein.
Als eine, bald durch epi- oder enzootische Einflüsse, bald durch eine nicht näher zu bestimmende Constitutionsanomalie bedingte Krank­heit sind die sogenannten brandigen Fussgeschwüre und die Brandmauke der Pferde anzusehen, welche in dem Herausfallen eines grösseren oder kleineren Stückes der brandig gewordenen Haut der Krone oder des Fesseis, mit Zurücklassung eines unreinen, bald schnell, bald aber nur allmälig und unter Bildung einer faserknorpel-harten Narbe heilenden Geschwüres besteht. Die nähere Würdigung dieses, besonders die, mit weissen Abzeichen versehenen Füsse befal­lenden Leidens, das oft von heftigen Fieberersoheinungen begleitet ist, fällt der Chirurgie anheim.
2. Atrophie der Haut.
sect;.27. Sie ist stets ein seeundärer Vorgang und gewöhnlich durch Geschwülste, die unter oder in der Haut gelagert sind, bedingt. Die Haut wird in Folge des andauernden Druckes allmälig verdünnt, die Epidermis reisst, das Corium nässelt und schwindet nach und nach zu
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Neubildungen In der Haut.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;öyl
einer dünnen Schichte, die zuletzt völlig verschwindet, worauf die un­terliegenden Theile offen zu Tage treten. Diesen Vorgang kann man bei wuchernden, namentlich derben Neubildungen (z. B. bei Faserkreb­sen, die von dem Unterhautbindegewebe ausgehen) öfter beobachten.
3. Hypertrophie und Neiibildimgeii.
sect;. 28. Die Hypertrophie der Haut und des subcutanen BindegeAvebes entwickelt sich bei Pferden nicht selten in Folge wiederholter acuter oder chronischer Entzündungen dieser Theile und der Lymphgefässe, bei Verschliessung grösserer Venen oder Lymphge-fiisse, namentlich an den hinteren Extremitäten. Die betreffende Glied­masse erscheint dann gewöhnlich von der Krone bis zum Keulengelenke unförmlich dick und von einer derben, festen, die Fingereindrücke nicht behaltenden Geschwulst, welche die Bewegung beeinträchtiget, eingenommen, die Haut stellenweise exeoriirt, rissig und daselbst mit einer schmierigen Flüssigkeit bedeckt, die Haare sind besonders am Sprunggelenke, wo die Haut gewöhnlich dicke Wülste bildet, aufge­sträubt, glanzlos und verworren.
Wird die kranke Hautpartie nach dem Tode des Thieres ge­nauer untersucht, so erscheint das subeutane Bindegewebe in eine, 1 bis 2 Zoll und darüber dicke, derbe, sehnonähnlichc, nicht selten unter dem Messer knirschende Masse umgewandelt, aus welcher bei dem Durchschnitte eine eiweissähnlichc, klare Flüssigkeit in grosser Menge hervorquillt, welche sich auch bisweilen in bedeutender, wenn auch abnehmender Mächtigkeit zwischen die einzelnen, gewöhnlich er­bleichten und serös durchfeuchteten Muskeln fortsetzt. Die Leder­haut selbst ist gleichfalls verdickt und golit ohne deutliche Grenze in das hypertrophische Bindegewebe über; bisweilen nimmt auch der Pa-pillarkörper derselben stellenweise an der Hypertrophie Antheil und ragt, mit wuchernder Epidermidalbildung bekleidet, in Gestalt von War­zen über die Oberfläche der angrenzenden Haut hervor. Ein ähnlicher Zustand wurde auch am Hodensacke und am Schlauche von Pferden beobachtet. An eine Heilung dieses Leidens, das oft jahrelang dauert, ist nicht zu denken; vielmehr ist es am gerathensten, sich auf einen Heilversuch gar nicht einzulassen, sondern die Thiere, so lange es an­geht, entsprechend zu verwenden. Nur in jenen Fällen, wo sich Tu-berculose der Haut (eine noch zu betrachtende Form des Hautwurmes) entwickeln sollte, hätten die gegen Hautwurm geltenden polizeilichen Massregeln in Wirksamkeit zu treten.
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HanttubercuIoRe.
,
sect;. 29. Die Mehrzahl der in der Haut vorkommenden Neu­bildungen, als Warzen, Fibroi'de, Sarcome, Fettgeschwülste Enchondrome, Melanosen, Cysten mit verschiedenartigem Inhalte und Krebse, die sowohl unter der Form von Epidermidalkrebs (bei Bindern), Faserkrebs (bei Pferden und Hunden) angetroffen werden und deren Diagnose nach dem, im allgemeinen Theile Angeführten in einem gegebenen Falle möglich sein wird, ist Gegenstand der chirur­gischen Behandlung.
sect;. 30. Nicht selten ist die Tuberculose der Haut bei Pfer­den; sie wird gleich dem, durch Lymphgefdssentzündung hervorgeru­fenen, bereits früher abgehandelten Geschwürszustande mit dem Namen
Wiinn oder flautwiirm
bezeichnet und kommt häufig in Complication mit Rotz vor, mit dem sie der quot;Wesenheit nach übereinstimmt.
Aetiologie. Die Hauttuberculose entwickelt sich entweder selbstständig u. z. vorzugsweise bei schlecht gehaltenen oder mit chronischen Leiden anderer Organe behafteten Pferden, im Allgemeinen unter Verhältnissen, welche das Auftreten des chronischen Rotzes be­günstigen, oder in Folge der Ansteckung mit dem Secrete der, in dem Verlaufe dieser Krankheit sich bildenden Geschwürsflächen oder mit Rotzeiter, wenn diese Flüssigkeiten auf wunde oder auch nur leicht exeoriirte Hautstellen übertragen werden.
Erscheinungen. Entweder ohne dass anderweitige Krankheits­symptome vorausgegangen wären oder nachdem die Pferde durch einige Zeit gekränkelt hatten, treten an verschiedenen Körperstellen, nament­lich an den Schultern, an den Seitenwandungen und an der unteren Fläche der Brust, an der unteren Bauchgegend, an den Schienbeinen u. s. w. kleine, unschmerzhafte, allmälig die Grosse einer Hasel- bis Wallnuss erreichende Beulen auf, welche isolirt stehen und mit den, in der Nähe befindlichen Beulen durch strangartige Anschwellungen nicht zusammenhängen. Manche solche Geschwülste verharren lange Zeit in diesem Zustande, während andere bald erweichen, worauf die sie bedeckende Haut an einer Stelle mit einer kleinen Oeffnung durch­bricht, eine missfärbige, jauchige, bisweilen bröcklige Masse ergiesst und Geschwüre mit stark infiltrirten, umgeworfenen Rändern und un­ebenem, schmutzig gelblichem, sogenanntem speckigem Grunde hinter-lässt, welche allmälig der Fläche und Tiefe nach sich ausbreiten und eine missfärbige, zähe oder schleimige Flüssigkeit absondern. Nicht
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HauttuberculoBe.
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selten bilden sich solche Geschwüre in der, bereits durch festes Ex­sudat infiltrirten oder hypertrophischen Haut der Hinterfiisse, ohne dass daselbst früher Beulen aufgetreten wären; es wölben sieh daselbst allmälig eine oder mehrere fluctuirende Stellen geringen Umfanges her­vor , an welchen schliesslich die Haut durchbricht und ein Geschwür von dem eben geschilderten Ansehen sich bildet. Werden solche Haut­stücke bei getödteten Thieren untersucht, so finden sich in dem hypertrophirten Haut- und Unterhautbindegewebe Heerde von Hasei­bis Wallnussgrösse, welche entweder mit einer gelblich weissen, festen oder einer weichen, krümligen Masse, welche die beim chronischen Kotze angeführten Elemente enthält, angefüllt sind, von denen einzelne bereits dem Durchbruche nahe sein können, während andere noch in den tieferen Schichten der Haut eingebettet liegen.
Der Verlauf ist gewöhnlich ein sehr langwieriger; häufig gesel­len sich bei längerem Bestehen des Leidens ödematöse Anschwellungen an verschiedenen Körperstellen, namentlich an den Extremitäten, seeun-däre Entzündungen der Lymphgefässe, Lymphdrüsen und Venen in Eolge der Aufnahme der jauchigen Absonderungsliüssigkeit und schliess­lich nicht selten der acute Rotz und Pyämie hinzu.
Die Prognose ist bei dieser Form des Hautwurmes, welcher gewöhnlich ein Allgemeinleiden zu Grunde liegt, sehr ungünstig, die Heilung kaum je möglich; die auf Heilversuche verwendete Zeit und Kosten sind in der Regel verloren.
Um die Weiterverbreitung dieser ansteckenden Krankheit zu ver­hüten, sind alle jene vcl erinär-polizeilichen Massregeln, welche bei dem Rotze angeführt wurden, auf das Strengste durchzuführen und Heilversuche nur bei genauer Separation der Kranken zu gestatten.
Die Krankheit ist unter dem Namen Wurm (wie bereits bei der Lymphgefässentzündung bemerkt) von dem österreichischen Gesetze unter die Hauptfehler aufgenommen und hat eine Gewährszeit von dreissig Tagen.
4. GiiUüiidung dor Haut.
sect;. 31. Hautentzündungen entwickeln sich stets aus vorausge­gangenen Hyperämien in Folge der Einwirkung derselben Ursachen, welche diese veranlassen. Unter diesen spielen mechanische und chemise lie, die Haut unmittelbar betreftende Reize, Contagien und Parasiten die Hauptrolle. In manchen Fällen scheinen ihrer Entstehung
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HaiiteiiUündunir
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gewisse Coustitutionsauoraalien zu Grunde zu liegen. Die ihrer Beschaffenheit nach verschiedenartigen Exsudate werden bald unter die Epidermis oder, nach Abstossung dieser auf die freie Oberfläche der Lederhaut, bald in die oberflächlicheren oder tieferen Schichten des Coriums, bald in das Untorhautbindegewebe, bald aber auch nur in einzelne Organe des Lederhautgewebes, namentlich in die Talg- und Haardrüsen u. z. entweder bloss an einer einzelnen Stelle oder an meh­reren Punkten zugleich oder über grössere Hautpartien abgesetzt.
Naoh Abstossung der Epidermis vertrocknen die, unterhalb der­selben abgesetzten Exsudate zu Krusten oder Borken von verschie­dener Form, Mächtigkeit, Consistenz und Farbe, unter welchen entweder noch fortan Ausschwitzung stattfinden oder aber der Heilungsprocess fortschreiten kann. Solche Krusten kommen im Verlaufe der verschie­densten Hautkrankheiten, sobald durch Scheuern oder jSagen die Epi­dermis losgerissen wurde, vor; bei manchen hat jedoch ihre Form und Färbung etwas Charakteristisches (z. B. bei den Pocken), so dass aus dem Vorhandensein von Krusten von einer gewissen Beschaffenheit bisweilen ein sicherer Schluss auf die Art der vorausgegangenen Form des Exanthems gezogen werden kann. Um die Beschaffenheit der un­terliegenden Haut zu ermitteln oder, um unter ihnen vermuthete An­sammlungen von Exsudat zu entfernen, kann es nothwendig werden, solche Krusten abzuheben, was bei ihrem Festsitzen am leichtesten durch vorheriges Bestreichen mit einer dickeren Schichte Fettes oder eines fetten Oeles gelingt.
In Nachstehendem sollen die vorzüglichsten Arten der Hautent­zündung ihre Erledigung finden, welche mit dem gemeinsamen Namen der Hautausschläge (Exantheme) bezeichnet werden und die nach der Verschiedenheit des Exsudates und der Tiefe, bis auf welche die Entzündung dringt, unter verschiedenen Formen auftreten.
A Entzündung der oberflächlichen Hautsohichten und Exsudationen unter
die Epidermis.
/. Kiiötchenfm-men.
sect;. 32. Unter Knötchen (Papula) versteht man eine kleine, flache oder zugespitzte, durch Infiltration der obersten Hautschichten hervor­gebrachte Erhabenheit, die gewöhnlich empfindlich, selbst schmerz­haft ist, meist durch Resorption des Exsudates heilt, bei längerem
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Kuötcheuauijächlag.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;o.'O
Bestände aber zu einer namhaften Verdickung der Haut in ihrer gan­zen Dicke führen kann.
Hieher gehören:
#9632;j.) Der gewöhnliche Knötehenaussch 1 ag (die Schirindflechte,
Li cheii).
sect;. 33. Er ist bei Pferden sehr häufig und stellt sicli gewöhn­lich im Erühlinge und Herbste zur Zeit des Haarwechsels ein. Beim Ausbruche bilden sich besonders am Halse, an der Schulter, an den Extremitäten kleine hirsekorn- bis linsengrosse dicht stehende, meist stark juckende Knötchen, welche bei stärkerem Reiben ein Bluttröpfclien ergiessen und gewöhnlich innerhalb einiger Wochen, während derer nicht selten neue Nachschübe stattfinden, mit einer leichten Abschilferung der Oberhaut und unter Hervorwachsen der mittlerweile ausgefallenen Haare heilen. Nur in jenen Eällen, wo sich in Folge heftigen Scheuerns eine stärkere Infiltration der Haut entwickelt hat, zieht sich der Ver­lauf länger hinaus. Die Krankheit ist in der Mehrzahl der Fälle nicht hartnäckig und bessert sich meist unter dem fortgesetzten Gebrauche von Waschungen mit Seifenwasser oder, bei weniger empfindlicher Haut mit Seifensiederlauge oder Pottaschelösung, kehrt jedoch häufig zur Zeit des Haarwechsels wieder.
jS) Das Hautjucken (Prurigo).
sect;. 34. Ein nur bei Pferden und Bindern vorkommender Hautausschlag, der sich angeblich nach dem Genüsse erhitzenden Futters, nach einem plötzlichen Uebergaiige von kärglicher zu sehr reichlicher Nahrung, gewöhnlich aber ohne bekannte oder nachweis­bare Ursache entwickelt und bald über verschiedene Körperpartien gleichzeitig verbreitet, bald auf einzelne Stellen beschränkt vorkommt. Die Krankheit ist durch das Auftreten zerstreut sitzender, bald klei­nerer und weicher, bald grösserer und derber Knötchen, welche das heftigste Jucken, das sich insbesondere nach Erhitzung des Kör­pers auf den höchsten Grad steigert, und dann beständigen Drang zum Beiben veranlasst, characterisirt. In Folge dieses Wetzcns bedecken sich die Knötchen mit Blutkrusten, die Haut an der Stelle des Aus­schlages verdickt sich und ist gewöhnlich wund und nässelnd, die Haare werden abgerieben und fallen endlich aus. In manchen Fällen heilt der Ausschlag schnell, in anderen erstreckt sich sein Verlauf
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Ncsseiautischlag.
über Monate hinaus, und kehrt, wenn auch geheilt, doch öfter wieder. Bei der Behandlung ist auf kühlendes und wenig nahrhaftes Futter Rücksicht zu nehmen; für den innerlichen Gebrauch empfehlen sich salzige Abführmittel, bei Pferden auch die Aloe, auf welche man durch einige Tage Salze folgen lässt und dann die erstere wiederholt. In sehr hartnäckigen Fällen sollen beim Pferde Pillen aus Schwefel und Thecr, beim Binde das Theerwasser sich wirksam erweisen (Haub­ner). Aeusserlich sind Waschungen mit gemeiner Seife, Seifensieder-lange, Einreibungen mit grüner Seife, Theer, mit einer Mischung aus Terpentinöl und grüner Seife oder Fett, mit Cautharidensalbe, Aetzen der am meisten juckenden Knötchen mit Höllenstein abwechselnd zu versughen und stark nässende Hautstellen zeitweise mit Blei­oder Kalkwasser, selbst mit Sublimatlösung zu waschen. Bisweilen widersteht das Leiden hartnäckig und es müssen in solchen Fällen nach und nach verschiedene Behandlungsweisen versucht werden. Bei Hunden heisst diese Ausschlagsform auch rothe, trockne Flechte.
2. QucuUelfm-men.
sect;. 35. Als Quaddeln bezeichnet man umfangreiche, umschrie­bene, flache Erhöhungen auf der Haut von verschiedener Form, die durch eine seröse Infiltration der oberflächlichsten Schichten der Leder-haut bedingt und nur mit einem geringen Juckreize verbunden sind. Sie kommen bei Pferden, Rindern und Schweinen vor. Hieher gehört
ilor Nessolaussolila;; (Urticaria).
sect;. 3tj. Er tritt am häutigsten im Frühlinge und Herbste, manch­mal nach stärkerer Erhitzung des Körpers, meist ohne besondere Ver­anlassung auf oder es entgehen die, denselben hervorrufenden Schäd­lichkeiten wenigstens der Beobachtung. In manchen Fällen scheinen seinem Ausbruche gewisse Constitutionsanomalien zu Gründe zu liegen, wofür der Umstand spricht, dass manche Thiere alljährlich und selbst noch öfter von diesem Hautausschlage befallen werden; bisweilen wurde sein Auftreten nach Veränderung des Futters, nach einer stattgehabten Erkältung u. dgl. beobachtet.
Dem Ausbruche des Ausschlages gehen bisweilen Appetitlosigkeit, Abgeschlagenheit, geringe Fieberbewegungen, bei Schweinen auch Brechneigung voraus; in anderen Fällen tritt derselbe jedoch sogleich ohne diese Verläufer auf. Es bilden sich an verschiedenen Körper-
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Nesselausschlag.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 89 i
stellen fiaehe, umschriebene, harte und etwas empfindlichere Erhöhun­gen von der Grosse einer Erbse, einer Haselnuss und darüber, welche hie und da auch zusammenttiessen und dann grössere platte Geschwülste bilden. Der Ausschlag verschwindet oft eben so rasch, als er ent­standen ist, so dass dann der ganze Krankheitsverlauf innerhalb weni­ger Tage beendet sein kann, in anderen Fällen verzögert sich der Verlauf durch neue Eruptionen oder dadurch, dass einzelne Quaddeln, bei welchen offenbar eine tiefere Infiltration der Haut stattgefunden hat, durch längere Zeit fortbestehen und nur allmälig zurücktreten. Leichtere Fälle erfordern keine eigentliche Behandlung, bei intensi­verem Fieber wird die Vornahme eines Aderlasses, den wir jedoch bisher noch nie nothwendig fanden, empfohlen; innerlich werden die antiphlogistischcn Purgirmittel, unter Umständen mit Salpeter, bei Schweinen auch wiederholte kalte üegiessungen angewendet. Eine Verwechslung des Nesselausschlages mit Wurmbeulen wird bei ßück-sichtnahme auf das rasche Auftreten der Quaddeln an den verschie­densten Körperstellen und das meist eben so schnelle Verschwinden derselben wohl kaum möglich sein.
3. Bläschenformen.
sect;. 37. Unter Bläschen (Vesicula) versteht man den Erguss einer serösen Flüssigkeit auf die Oberfläche der Lederhaut, wodurch die Epidermis von derselben losgetrennt und so in die Höhe gehoben wird, dass sie den Erguss einschliesst. Erreichen Erhebungen der Oberhaut die Grosse einer Erbse und darüber, so heissen sie Blasen (Bullae).
Der Inhalt dieser Bläschen ist bald rein serös, bald zähe oder eiterähnlich, so dass er sich dann jenem der Pusteln nähert; er tritt häufig nach Abstossung der Oberhaut auf die freie Fläche der Haut und vcranlasst daselbst entweder ein beständiges Nässein derselben oder er vertrocknet zu Krusten, unterhalb welcher die Absonderung fortdauert. Es gehören hieher die Mehrzahl der in den thierärztlichen Schriften unter dem Namen Flechten beschriebenen Hautausschläge, die wir mit dem gemeinsamen Namen
£ c z c m (E c z c m a)
bezeichnen und in a) das gewöhnliche (Ecz. simplex) und b) das grindartige (Ecz. impetiginodes) unterscheiden.
Roll, Pathol. und Therapie. II. Aull.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 57
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sect;. 38. a) Zu dem ersteren, welches sich durcli die Bildung zahlreicher oder sparsamer Eläschen, die bald platzen und ihren Inhalt ergiessen, worauf von der blossgelegten Fläche der hyperämischen Haut fortan seröse oder einem dünnen Eiter ähnliche Flüssigkeit abgesondert wird, rechnen wir:
a) Die nasse oder fressende Flechte
der Hunde, die sich in Folge von Unreinlichkeit, zu reichlicher Füt­terung, bei Mangel an Bewegung in freier Luft u. dgl. entwickelt und mit der Bildung von Bläschen beginnt, welche bald platzen und stark nässende Hautstellen zurücklassen, deren Umfang sich durch Aufwei­chen der angrenzenden Epidermis und Bildung neuer Bläschen fortan vergrössert. Der heftige Juckreiz bestimmt die Thiere zum bestän­digen Scheuern, selbst bis zum Bluten der Haut. Der Verlauf ist chronisch und das üebel gewöhnlich sehr hartnäckig. Die äusser-liche Behandlung besteht in Waschungen mit verdünnter Aetzkali-, Pottasche- oder Schwefelleberlösung, in Einreibungen der weissen Präci-pitatsalbe oder in dem Cauterisiren der nässenden Stellen mit Höllen­stein, Creosot, Mineralsäuren. Der Ausschlag soll ansteckend sein (?).
ß) Die Kegenfäule der Schafe.
sect;. 39. Sie entwickelt sich in Folge anhaltender Einwirkung von Nässe (kaltem Regen) auf die Haut der Schafe, wodurch die Epi­dermis aufgeweicht und endlich abgestossen und die Absonderung einer dünnen, serösen oder eiweissähnliohen Flüssigkeit aus dem blossgeleg­ten Lederhautgewebe gewöhnlich an der oberen Körperoberiläche vom Nacken an bis zur Schweifwurzel veranlasst wird. Dieses nickt ansteckende Leiden heilt bei trockenem Verhalten der Thiere gewöhn­lich von selbst.
•y) Die Mauke des llindviehes (der Träberausschlag).
sect;. 40. Die Krankheit soll vorzugsweise bei Bindern, die mit Kartoffelschlämpe, insbesondere solcher, die bereits sauer gewor­den ist oder von gekeimten Kartoffeln stammt oder mit frischem Kar­toffelkraut, mit Trabern und Spülicht gefüttert werden, vorkommen. Als nächste Veranlassung des Ausbruches wird andauernde Durchnäs­sung und Verunreinigung der Fussenden durcli Hüssige, in der Streu angesammelte Excremente und durcli den in Folge der Schlämpefütterung
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Eczemnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;899
häufig abgehenden Harn beschuldiget, für welche Ansicht auch der Umstand spricht, dass das Leiden vorzüglich an den hinteren Füssen vorkommt und sich gewöhnlich vom Fessel beginnend bis höchstens zum Sprunggelenke verbreitet.
Der Ausschlag beginnt mit einer rothlaufartigen, schmerz­haften Anschwellung der Haut der Fessel und Schienbeine, welche die Thiere zum Hin- und Hertrippeln und zum Reiben der Füsse ver-anlasst, auf welchen kleine, nach einigen Tagen platzende und dann eine klare, gelbliche, die Haare mit einander verklebende, eigenthüm-lich riechende Flüssigkeit ergiessende Bläschen auftreten. In leichteren Fällen lässt die Geschwulst bald nach, die Flüssigkeit vertrocknet zu dünnen Borken, unterhalb welchen die Absonderung aufhört und neue Epidermis sich bildet; in hartnäckigeren Fällen findet aus der bloss-gelegten hyperämischen und infiltrirten Lederhaut fortan die Absonde­rung einer serösen oder jaucheähnlichen Flüssigkeit statt, wodurch oberflächliche Geschwüre und Schrunden veranlasst werden, in Folge deren sich der Krankheitsverlauf über Monate hinausschleppt und der Ernährungszustand der Thiere mehr oder weniger leidet. So lange die, Eingangs erwähnten Schädlichkeiten fortdauern, ist die Heilung nicht wohl herbeizuführen, sie gelingt jedoch gewöhnlich bald, wenn diese Uebelstände abgestellt sind. In so lange die Hautentzündung intensiv ist, sind lauwarme Ballungen, später, sobald reichliche Abson­derung eingetreten ist, oder sich Schrunden oder Geschwüre gebildet haben, quot;VVgt;schungen mit Kalk- oder Bleiwasser, mit Auflösung von Kupfervitriol, oder das Aetzen dieser Stellen mit Kupfervitriol in Substanz angezeigt.
sect;.41. b) Zu dem
griudartigeu Kezuin (Ecz. impe tiginodes)
gehört ein bald als Fettflechte, bald als Schabe und Rande bezeich­neter Ausschlag, der bei alten, bezüglich der Pflege und Fütterung sehr vernachlässigten Pferden häufig vorkommt und bei welchen die Bläschenbildung gewöhnlich zur Zeit, wo sie der Behandlung zugeführt werden, bereits vorüber ist. Man findet in solchen Fällen beinahe über den ganzen Körper verbreitet oder doch an verschiedenen Körper­stellen, Aveiche oder feste, gewöhnlich geschichtete Krusten von ver­schiedener Dicke, welche die Haare unter einander verkleben und unter denen die Haut entweder glatt und pigmentlos oder mit einer gelb-röthlichen, schleimigen, zähen Flüssigkeit, welche unter dem Zutritte
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der Luft bald zu Krusten eintrocknet, bedeckt ist. Ist das Leiden über ei'.o grössere Hautpartie verbreitet, so ist die Lederhaut an diesen Stellen gewöhnlich bedeutend verdickt, und besonders am Halse in breite, wulstige Falten gelegt, bisweilen sind auch unter den Krusten tiefergreifende Geschwüre zugegen. J)ie Affection ist gewöhnlich sehr hartnäckig, sie wird durch den meist vorhandenen schlechten Ernäh­rungszustand, der auch andere Leiden, insbesondere chronische Katarrhe der Athmungs- und Verdauungsorgane zu Bogleitern hat, unterhalten und führt bisweilen bei grösserer Verbreitung und längerem Bestände zur Entstehung des Hautwurmes. In ihren geringeren Graden und bei entsprechender Behandlung hört die Ausschwitzung auf die freie Ober-tiächc der Haut auf, die Krusten werden trocken, fallen sammt den von ihnen umschlossenen Haaren ab, die Haut erlangt wieder ihre normale Pigmentirung und bedeckt sich mit neuen Haaren, welche anfangs weicher und anders gefärbt sind als an den übrigen Körperstellen. Diese Krankheitsform kann zur Verwechslung mit der Krätze der Pferde leicht Veranlassung geben.
Bei der Behandlung ist vor Allem die Aufmerksamkeit auf eine entsprechende Fütterung und sorgfältige Hautcultur zu wenden. Festsitzende Krusten werden am besten vorerst durch Bestreichen mit Fett oder mit einem milden Oelo aufgeweicht und dann mit Seifen­wasser abgewaschen, um den später anzuwendenden Mitteln freien Zu­gang zur Haut zu schaffen. Zu diesen gehören Einreibungen mit Schmierseife, mit Quecksilbersalbe, nach Erforderniss unter Zu­satz von Terpentinöl oder stinkendem Hirschhornöl, mit Schwefel-salbc oder Theer, Waschungen mit Schwefclleber- oder Pottasche­lösung, mit Seifensiederlauge, in sehr veralteten Fällen selbst Einreibungen mit Cantharidcnsalbe. Stets ist bei der Auswahl die­ser Mittel auf die Empfindlichkeit des Hautorganes, welche freilich erst durch den Versuch festzustellen ist, Eücksicht zu nehmen. Com-plicationen mit inneren Leiden erfordern eine besondere Behandlung, am häufigsten machen chronische Magen- und Darmkatarrhe den Ge­brauch bitterer oder gewürzhafter Mittel in Verbindung mit Mittelsal­zen erforderlich.
Das Gleiche gilt von der sogenannten Fett- oder Speckraude der Hunde.
Zu den blasigen Ausschlägen gehören die bereits erwähnten Wasserpocken der Kühe.
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Grinrt.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;901
4. Pustulöse Formen.
sect;. 42. Mit dem Namen Pusteln (Pustulae) bezeichnet man mit Lymphe oder Eiter gefüllte Erhebungen der Oberhaut. Der Inhalt der­selben ist schlicsslich Eiter, welchem nicht selten FaserstofFgerinnungen oder Blutkörper beigemischt sind, durch welche letzteren er eine roth­liche oder schwärzliche Farbe erhält. Er ist entweder in einer ein­fachen, einerseits von der Epidermis, andererseits von der hyperämisehen und nicht selten infiltrirten Lederhaut gebildeten Höhle oder (wie bei der Blatterpustcl) innerhalb fächeriger Räume eingeschlossen. Die Pustel ist bei gewissen Ausschlagsformen (Pocken) auf ihrer Höhe mit einer nabelartigcn Vertiefung (der Delle) versehen, welche durch die nicht getrennte Verbindung des Ausfuhrungsganges eines Follikels mit der Epidermis bedingt ist. Der Inhalt kleinerer Pusteln vertrock­net nicht selten und der Ausschlag endiget mit einer kleien- oder schuppenarligen Abschilferung der Oberhaut; bei grösseren Pusteln bil­den sich ohne oder nach vorhergegangenem Durchbruche der Epidermis mehr oder weniger dicke, bei manchen Ausschlagsformen charakteristi­sche , hellere oder dunklere, selbst schwarzbraune Krusten; bei man­chen kommt es auch zu tief greifenden Verschwärungen.
Hieher gehören:
a) Die Blatterpustcln. Von ihnen war bereits am geeigneten Orte die Eede.
b) Der Grind (Impetigo).
sect;. 43. Man versteht hierunter kleinere oder grössere, ein- oder mehrfächerige, entweder eine dicke, sogenannte lymphatische oder eine, mit Faserstoffgerinnungen und Blut gemischte, eiterige, zu gelben oder bräunlichen Krusten vertrocknende oder blutigen Eiter, der zu dunklen, dichten Krusten eintrocknet, unterhalb denen ein Verschwärungsprocess eintritt, enthaltende Pusteln. Während daher bei den ersterwähnten Formen gewöhnlich die Kruste bald abfällt und eine anfangs etwas vertiefte, kahle Hautstelle, auf der später neue Haare hervorwachsen, zurücklässt,. bilden sich bei der letzteren, während die Borke abge-stossen und wieder erzeiigt wird, bisweilen tiefer in das Hautgewebe eingreifende hartnäckige Geschwüre. Der Grind kommt bei allen Haus-thiergattungen vor und wählt sich bei den einzelnen derselben mit Vorliebe gewisse Hautstellen. Als veranlassende Ursachen werden ungünstige atmosphärische Eintiüsse, die Einwirkung von Feuchtigkeit
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im Freien und im Stalle, schlechte Pflege und Wartung, plötzlicher Futter- und Weidewechsel, schlechte, verdorbene Nahrung beschuldigt und für manche Formen auch eine nicht zu bestimmende Constitutions-anomalie angenommen. Einzelne derselben sind ohne Zweifel contagiös. Hieher sind zu zahlen:
a) Der Maulgrind (Lämmer-, Kälbergrind, Teigmaul, Impetigo
larval is).
sect;. 44. Er kommt bei jungen, insbesondere bei noch saugenden Kälbern, Lämmern, Ziegen und Ferkeln um das Maul herum und am Kopfe, seltener an anderen Körperstellen vor und soll sich in Folge von Verdauungsstörungen, nach dem Genüsse fehlerhaft beschaffener Muttermilch, verdorbenen Futters, nach plötzlichem Futterwechsel und durch Ansteckung einstellen. An den angegebenen Stellen, insbesondere um das Maul herum, bilden sich auf geröthetem Hautgrunde kleine Pusteln, welche bald zu gelb- oder schwarzbraunen, bisweilen zusam-menttiessenden Krusten vertrocknen, unter welchen die eiterige Abson­derung fortdauert, so dass nach Hinwegnahme derselben sich bald wie­der neue Borken bilden, bis endlich das Leiden im günstigen Falle nach einer mehrwöchentlichen Dauer durch Abfallen der Krusten, wor-nach eine vertiefte Stelle zurückbleibt, endet. Nicht selten wird bei längerer Dauer der Affection das Allgemeinbefinden gestört, die Thiere magern insbesondere wegen der schmerzhaften Behinderung des Sau­gens und der Nahrungsaufnahme überhaupt ab. Innerlich können bei nicht mehr säugenden Thieren ein leichtes Purgirmittel oder bittere und absorbirende Substanzen mit Erfolg gegeben werden; äusserlich genügt es, die Krusten mit reinem Fett oder nicht ranzigem Oele zu bestreichen, um sie zum Aufquellen und Abfallen zu bringen und hierauf die wunden Hautstellen mit aromatischen Aufgüssen, mit Kalk­wasser oder anderen, leicht zusammenziehenden Mitteln zu waschen. Ein besonderes Augenmerk ist auf die sorgfältigste lleinliohkeit zu richten.
ß) Der Lippen grind der Pferde (Impetigo la Malis).
sect;. 45. Er kommt nur zur Weidezeit bei Pferden, welche ein weis-ses Maul haben, vor und stellt kleine, flache, gewöhnlich dicht gedrängt stehende, gelbe Krusten dar, welche auf einer verdickten, bisweilen rissigen Haut aufsitzen. Ausser dem Bestreichen der Krusten mit einem fetten Oele ist eine weitere Behandlung nicht nothwendig.
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Grind.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;903
7) Der Mähnen- und Halsgrind.
sect;. 46. Er kommt hei Pferden nicht selten Tor. Es hilden sich hiebei längs des Kammrandes und der Seitentlächen des Halses und in der Gegend des Schopfes ungefähr erbsengrosse, zu gelblichen oder gelbbraunen Krusten, welche die Haare mit einander verkleben, ver­trocknende Pusteln, unter welchen die Ausschwitzung eiteriger Flüssig­keit aus der infiltrirten und grubig vertieften Lederhaut fortdauert, wodurch die Krusten an Umfang und Dicke allmälig zunehmen. Er tritt besonders häufig im Frühlinge ein und kehrt selbst nach einge­tretener Heilung gerne wieder. Bei der Behandlung werden die, in der Umgebung der Krusten oder Pusteln stehenden langen Haare ge­kürzt, die Borken auf die bekannte Weise erweicht und losgelöst und die wunden Hautstellen mit Schmierseife, Theer, stinkendem Hirsch­horn- oder Terpentinöl bestrichen oder mit blauem Vitriol oder mit Höl­lenstein cauterisirt.
Ein ganz ähnlicher Zustand kommt auch an der Haut der Schweifrübe beim Pferde vor, der gewöhnlich mit einem bedeuten­den Juckreiz verbunden ist, so dass die Thlore durch beständiges Scheuem sich die Haare des Schweifes so abstossen, dass derselbe an seiner Wurzel völlig kahl wird. Die gewöhnlichste Veranlassung seines Entstehens ist Unreinlichkeit; die Behandlung besteht in fleissi-gem Waschen des Schweifes mit Seifenwasser und in der Anwendung des Kalkwassers auf die wunden Hautstellen.
2) Der Russ der Ferkel.
sect;. 47. Er soll in der Bildung dicker, schwarzer Borken, unter denen eine eiterähnliche Absonderung der Haut fortdauert, während die Umgebung verdickt und fettig ist, bestehen. Meist ist ein starker Juck­reiz zugegen, bei längerer Andauer des Leidens tritt Störung der Er­nährung und Abmagerung ein. Die Ursachen dieses Hautausschlages sind unbekannt; für seine Behandlung werden Waschungen mit Sei­fenwasser oder mit Aschenlauge und der innerliche Gebrauch von Glau­bersalz mit Schwefel oder Schwefelspiessglanz empfohlen (Haubner).
e) Die Mauke des Pferdes (Paronychia impetiginosa).
sect;. 48. Sie kommt vorzugsweise bei jungen, schlaffen Pferden bis­weilen epizootisch ohne bekannte Ursache vor. Als äussere Schäd­lichkeiten werden unreines Verhalten, Einwirkung der Nässe auf die Fassenden, wie beim Begehen morastiger oder mit Schnee bedeckter
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904nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Mlaquo;nke.
Strassen, beim Aufenthalte in unrein gehaltenen Stallungen, dann plötz­licher Futter- oder Weidewechsel, endlich die Ansteckung beschuldiget.
Erscheinungen. Dem Ausbruche des Ausschlages geht gewöhn­lich ein mehr oder weniger ausgesprochenes Fieber voraus, worauf sich an der hinteren Fläche des Fessels, besonders der weissgezeiohneten Hinterfusse, eine warme, schmerzhafte, rosen- oder gesättigt rothe Ge­schwulst erhebt, welche sich gewöhnlich mehr oder weniger hoch über die Schienbeingegend erstreckt und zu einem deutlichen, oft sehr auf­fallenden Krumm- und Steifgehen und Schonung des betroffenen Fusses, selbst im Stalle Veranlassung gibt. Nach einigen Tagen erheben sich sparsame oder zahlreiche Pusteln, welche, da sie sehr schnell platzen, häutig übersehen werden und eine klare, gelbliche, zähe, an der Luft rasch zu braunen Krusten vertrocknende Flüssigkeit ergiessen, durch welche die Haare mit einander verklebt werden, während die Haut an den Falten der hinteren Fesscllläche stark infiltrirt und geröthet und nach Abstossung der Epidermis mit einer schmierigen übelriechen­den Flüssigkeit bedeckt erscheint. Unter günstigen Verhältnissen lässt das Fieber, so wie die Geschwulst des Fessels bald nach, die Abson­derung unter den Krusten, so wie auf den exeoriirten Hautstellen ver­mindert sich und hört auf, die Haut wird trocken, die Epidermis schilfert sich wiederholt ab, und die Krankheit kann innerhalb zwei bis drei Wochen beendet sein. Der bei dieser Ausschlagsform aus­schwitzenden klaren Lymphe (Equine) soll die Eigenschaft zukommen, auf Menschen oder Kühe geimpft einen, den Pocken gleichen Ausschlag hervorzurufen, jedoch haben die meisten mit ihr vorgenommenen Impf­versuche, wenigstens hierorts, fehlgeschlagen.
Unter ungünstigen Verhältnissen, wie bei sehr phlegmati­schen Thieren, bei unpassender Behandlung, insbesondere bei Anwen­dung von Waschungen und Reizmitteln, bei fortdauernder Einwirkung von Xässe oder Unreinlichkeit, dauert die Absonderung fort, sie wird schmierig, übelriechend, selbst jaucheähnlich, in der Haut des Fessels bilden sich tiefer greifende, an ihren Rändern mit wuchernden Granu­lationen besetzte Geschwüre, die Haut und das Unterhautbindegewebe werden sclerosirt und hiedurch die Haut des, bisweilen unförmlich dicken Fessels fest und derb, mit borstenähnlich aufgesträubten und verklebten Haaren besetzt. Hört unter solchen Verhältnissen endlich die Absonderung aus den verheilenden Geschwürsllächen auf, so bleibt doch die Verdickung des Fessels, dessen Haut mit aufgesträubten Haaren bedeckt und dessen Epidermis in beständiger Abschuppung begriffen
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Mauke.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;905
ist, zurück ein Zustand, der mit dem Namen trockener Straub- oder Igelfuss, Elephantenfuss bezeichnet wird, während er bei noch fortdauernder Absonderung den Namen feuchter Straub- oder Igel­fuss fuhrt. Bei höheren Graden der chronisch gewordenen Mauke entwickelt sich nicht selten, bedingt durch die nach abwärts abtiies-sende Jauche, Strahlfaule und bei andauernder Vernachlässigung selbst der sogenannte Strahlkrebs.
Die Vorhersage ist bei kurzer Dauer und geringer Au-breitung des Leidens, und in so lange sich eine Verdickung der Haut noch nicht eingestellt hat, günstig, im entgegengesetzten Falle aber oder wo die Mauke schon wiederholt wiedergekehrt ist, ungünstig; die ent­wickelten Verdickungen der Haut selbst bleiben für beständig zurück.
Bei der Behandlung der frisch entstandenen Mauke ist insbe­sondere auf die grösste Ecin- und Trockenhaltung der Fessel, welche durch einen reinen Stand, trockene und beständig reine Streu erzielt wird, zu sehen. So lange die Entzündungsgeschwulst zugegen ist, werden die Fessel, bei starker Schmerzhaftigkeit nach vorhergegangener Bestreichung mit Oel oder Bleiessigsalbe, mit Werg und Binden warm eingehüllt. Auch in den folgenden Tagen ist kaum etwas Anderes nothwendig als die nässenden Partien und Risse mit in Oel getränk­tem Werg, das mittelst eines Bändchens befestigt wird, zu belegen. Sollte sich in dem weiteren Verlaufe die Absonderung einer schmie­rigen oder jaucheähnlichen Feuchtigkeit einstellen, so wären diese Flächen mit gebranntem Alaun zu bestreuen oder mit Terpentinöl oder Cantharidensalbe zu bestreichen. Eine innerliche Behandlung ist nur bei der Gegenwart eines heftigeren Fiebers erforderlich und hätte in der Verabreichung von eröffnenden Salzen zu bestehen.
Bei hartnäckig fortdauernder Absonderung, bei der Bildung von Hautgesclnvüren kann die örtliche Anwendung des Kupfervitriols, des Höllensteines, des rothen Präcipitates, einer Sublimatlösung neben der sorgfältigsten Beobachtung der Reinlichkeit nothwendig werden. Gegen eingetretene Sclerosirung der Haut bleiben alle Mittel fruchtlos. Gegen veraltete Mauken wird auch der, häufig im Stiche lassende innerliche Gebrauch der Spiessglanz- und Quecksilberpräparate, des weissen Arseniks, drastischer Abführmittel, die Einlegung und Unterhaltung von Eiterbän-dem empfohlen.
Ein ähnlicher grindiger Ausschlag soll bisweilen an den Fesseln feinwolliger, in nassen Localitäten untergebrachter Schafe rorkommen, der so wie der Maulgrind zu behandeln wäre.
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906nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Knotenaussohlag. ~ Hartliiiatigkeit.
B. Entzündung der tieferen Schichten der Lederhaut und dea TJnterhaut-
bindegewebes.
sect;. 49. Hieher gehört der bisher nur selten bei Pferden beob­achtete sogenannte Knoten-(Tuberkel)-Ausschlag, wobei sich lin­sen- bis wallnussgrosse derbe Knoten an verschiedenen Körperstellen, bald in Folge wiederholter Reizung der Haut (z. B. durch das Geschirr), bald, wie es scheint, als Ausdruck einer noch nicht bekannnten Con-stitutionsanomalie entwickeln. Er soll bisweilen ansteckend sein.
lieber die Infiltration der Haut und des Unterhautbindegewebes, wie sie bei Typhus und Anthrax erfolgen, war bereits am geeig­neten Orte die Rede.
Feste und derbe Infiltrationen kommen nicht selten bei Pferden, welche an chronischer Lymphgefässentzündung leiden oder sonst sehr herabgekommen sind, an einer oder der anderen hinteren Extremität, welche dadurch unförmlich dick wird, vor. Die Geschwulst ist fest, derb, unschmerzhaft, nimmt gar nicht oder nur stellenweise die Fingereindrücke an und behindert in verschieden hohem Grade die freie Beweglichkeit der Gliedmasse. Nicht selten bilden sich dann in der Sprunggelenksbeuge Bisse und Schrunden, aus denen eine schmie­rige , die Haare verklebende Flüssigkeit aussickert; bei tuberculöser Entartung des Exsudates kommt es bisweilen zur Geschwürsbildung. Der Ernährungszustand solcher Thiere ist gewöhnlich schlecht, meist sind gleichzeitig chronische Leiden der Athmungs- oder Verdauungs-organc zugegen. Eine Behandlung ist gewöhnlich fruchtlos, nicht selten kommt es in der Folge zur Entwicklung des Hautwurmes oder des Rotzes.
sect;. 50. Am passendsten dürfte hieher auch die sogenannte Hart-häutigkeit des Rindes zu zählen sein, ein Zustand, der sich als Begleiter verschiedener cachectischer Krankheiten, und chronischer Ver­dauungsstörungen (der Knochenbrüchigkeit, Leoksucht, Hypertrophie der Gekrösdrüsen), in Folge schlechter Püege und Fütterung, wieder­holter Erkältungen einstellen soll. Sie ist durch eine trockene, steife, harte, an den unterliegenden Theilen fest anliegende, beim Empor­heben knarrende und lange in einer Falte stehen bleibende, mit vielen Epidermisschuppen bedeckte Haut, Rauhigkeit und Glanzlosigkeit des Haares, Verzögerung des Abhärens characterisirt und meist mit einem schlechten Ernährungszustände, mit Verminderung der Absonderung
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Parasitou auf der Haut.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;;J07
einer überdiess meistens fehlerhaft beschaffenen Milch verbunden. Die Vorhersage ist nur dann günstig, wenn der Zustand nicht Theiler-scheinung eines anderen, insbesondere cachectischen Leidens ist und wird dann bei guter Hautcultur und sonstiger entsprechender Pflege durch den innerlichen Gebrauch dos Brechweinsteins, der Schwefel­blumen in Verbindung mit bitleren oder ätherisch-öligen Mitteln bis­weilen geliehen.
Die Schilderung der Erscheinungen und der Behandlung der in der Haut und dem Unterhautbindegewebe häufig im Gefolge von Ent­zündungen sich bildenden Abscesse ist Gegenstand der Chirurgie.
C. Trennungen des Zusammenhanges.
sect;. 51. Ihre Behandlung, in so ferne sie durch traumatische Ein­wirkung hervorgebracht sind, ist Gegenstand der Chirurgie. Von den Trennungen des Zusammenhanges durch Druck von unten her und von den verschiedenen Geschwürszuständen der Haut war bereits am geeigneten Orte die Rede.
D. Anomalien des Inhaltes.
/. Ansammlung von Luft.
sect;. 52. In dem Unterhautbindegewebc zugegen heisst dieser Zu­stand Hautemphysem. Die Art der Entstehung des Emphysems, wel­chem, wenn es sich im Verlaufe innerer Erkrankungen einstellt, stets nur eine symptomatische Bedeutung zukommt, ist aus dem im allge­meinen Theilo Augeführten bekannt.
2. Schmarotzer.
sect;. 53. Das Vorkommen von Pilzen als veranlassende Ursache mancher Hautkrankheiten der Haussäugethierc (namentlich der soge­nannten Glatzflechte, des Weichselzopfes) ist zweifelhaft; der, als Ur­sache der sogen. Flechte des Rindes beobachteten Pilzbildung, so wie des Exanthemes selbst geschah bereits im allgemeinen Theile Er­wähnung.
Die auf der Haut nistenden Schmarotzerthiere wurden schon früher namentlich aufgeführt, es können daher hier nur jene eine nähere Berücksichtigung linden, welche auffallende Nachtheile oder Krankheits­erscheinungen veranlassen.
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JOSnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Parasiten auf der Haut.
a) Insocten.
sect;. 54 Dio in der Haut des Rindviehes heranwachsende Brem-sonlarve gibt zur Eildung der sogenannten Dasselbeulen Veranlas­sung, welche gewöhnlich keine Behandlung nöthig machen.
Die Haarlinge und Läuse kommen bei allen Hausthieren, ins­besondere bei kümmerlich ernährten und schlecht gepflegten, bisweilen in enormer Menge vor; sie lieben insbesondere den Hals, den Kücken, die Schwanzwurzel, bei Pferden den Grund der Mähne, bei Rindern auch den Nacken und den Grund der Hörner als Aufenthaltsort. In grösserer Zahl vorbanden veranlassen sie ein fortwährendes Scheuem und Gnubbern, wodurch das Haar oder die Wolle stellenweise abge­rieben und die Entstehung eines knötchen-, bläschen- oder pustelförmi-gen Ausschlages an den kahl geriebenen Hautstellen veranlasst wird. Um die Läuse zu vertilgen, werden die befallenen Körperpartien mit einer schwachen Chiccksilbersalbe oder mit Fischthran oder mit einer Mischung aus Leinöl und Weingeist eingerieben oder mit Aschenlauge abgewaschen und dann feine Buchenasche mittelst einer Bürste einge­rieben. Haubner empfiehlt auch die trockene Einreibung eines, aus je einem Theile Sabadillsamen, Stephanskömem und weisser Messwur­zel und aus zwei Theilen Anissamen bereiteten Pulvers in die Haut. Jedesmal müssen diese Mittel nach 3 bis 4 Tagen wiederholt werden, um auch die, mittlerweile aus den Eiern hervorgekommene Brut zu tödten. Waschungen mit Tabak- oder Niesswurzelabkochung sind nicht anzuempfehlen, da die Flüssigkeit bisweilen von den Thieren abgeleckt wird und hiedurch leicht üble Zufälle veranlasst werden können.
b) A r a c h n i d e n.
sect;. 55. I. Die Zecken kommen besonders bei Hunden öfter in grösserer Zahl vor. Sie veranlassen dadurch, dass sie sich mit dem Kopfe in die Haut einbohren und das Blut aussaugen, einen massigen Reiz. Man entfernt sie entweder vorsichtig durch einen allmälig ver­stärkten , aber nicht gewaltsamen Zug an dem Körper, da sonst der Kopf leicht abreisst, oder dadurch, dass man einige Tropfen Terpentinöl oder Aloctinctur auf die Stelle, an welche sie sich angesaugt haben, fallen lässt, oder diese mit Quecksilbersalbe bestreicht.
11. Die Haarsackmilbe kommt bisweilen bei Hunden in den Haarbälgen und Talgdrüsen vor und veranlasst einen pustulösen Aus­schlag, in dessen eiterigem Inhalte sie sich in grosser Anzahl vorfin­det. Die hier beobachteten Hunde waren an dem gänzlich haarlosen
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Pferdekrätze.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 909
Rumpfe mit linsen- bis erbsengrossen Pusteln dicht besäet. Die Be­handlung besteht am besten in wiederholten Seifen- oder Laugen-waschungen.
III. Die Eäudc- oder Krätzmilbe. Man unterscheidet bekannt­lich verschiedene Species der Pferde-, Rindvieh-, Schaf- und Hunde-Räudemilben. Sie geben, sobald befruchtete Weibchen auf die Haut einer ihnen entsprechenden Thiergattung übertragen und so lange da­selbst belassen werden, dass sie ihre Eier, aus denen die Jungen bald auskriechen, absetzen können, Veranlassung zur Entstehung einer Haut­krankheit, welche
Krätze, Schabe, Räude (Scabies) genannt wird.
1. Die Pferdekritic (Scabies ei|iii).
sect;. 56. Entsprechend den verschiedenen Species der, auf dem Pferde vorkommenden Räudemilben kann man auch 3 Arten der Pferde-krätzc unterscheiden.
a) Die S a r c o p t c s - K r at z e.
sect;. 57. Sie wird durch den Surcoptes equi veranlasst, nach dessen Uebertragung auf die Haut des Pferdes kleine Knötchen sicli entwickeln, in deren Mitte ein Haar stellt. Indem die Haare auf und um diesen Knötclion nach und nach ausfallen, bilden sich kleinere oder grössere haarlose Stellen, die mit Epidermisschuppen bedeckt sind, nach deren Hinwegnahme die Haut glänzend erscheint. In der Eolge stellt sich eine Exsudation auf die Hautoberfläche ein, es entstehen dünne, sich allmälig verdickende Krusten, das Corium selbst wird intiltrirt und die Haut legt sich (besonders am Halse) in zahlreiche Falten. Diese Veränderungen erfolgen theils durch den Reiz der Milben, theils durch das, wegen des lästigen Juckens beinahe fortan stattfindende Scheuern, Kneipen und Beissen der krätzigen Körperpartien. In seiner Höhe sind bei dem Krälzeausschlage nicht nur die primären, durch das Einbohren der Milben entstandenen Knötchen, sondern auch Bläschen, Pusteln, Krusten, Infiltrationen der Haut und des Unterhautbindegewebes, eiternde Risse u. dgl. zugegen. In den Krusten finden sich Milben u. z. dicht an der Haut lebende, weiter nach innen abgestorbene und Milbenex-cremente. Die Milbengäuge sind wohl vorhanden, aber am lebenden Thiere nicht aufzufinden.
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910nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;rioidckrülze.
Die ersten Symptome der Krätze treten gewöhnlich am Kopfe, am Halse und an den Schultern, an welchen Stelleu die Mühen am leichtesten von einem Pferde auf ein anderes übertragen werden, auf; sie verbreiten sich, sobald einmal eine Vermehrung der Milben statt­gefunden hat, über andere Körperpartien, bis endlich das Pferd vom Kopfe bis zu den Pussen krätzig geworden ist.
Die Diagnose dieser Krätzeform wird sichergestellt durch die Aufeinanderfolge der eben geschilderten Symptome, durch die Verbrei­tung des Exanthems von einer oder von wenigen, ursprünglich ergriffenen Stellen aus, durch die Infection nebenstehender gesunder Pferde oder der Wärter, endlich durch den Nachweis der Gegenwart der Milben. Dieser letztere kann entweder durch eine sorgfältige mikroskopische Untersuchung der Krusten oder durch das Aufbinden dieser letzteren auf die Haut des Armes eines Menschen, wornach sich innerhalb zwölf Stunden die eingebohrten Milben, in rothen Knötchen sitzend, als weisse Punkte mittelst einer Stecknadel leicht hervorheben lassen, ge­liefert werden.
Die Uebertragung der Milben von einem Pferde auf andere ge­schieht entweder durch unmittelbare Berührung oder durch das Putz­zeug, durch Arbeits- und Stallgeräthe.
b) Die Dermatodectes-Krätze.
sect;. 58. Diese Form der Krätze wird durch den giftigen Biss des Dermatodectes equi bedingt, indem sich an der betroffenen Stelle ein kleines, röthliches Knötchen entwickelt, das sich mit Epidermis-schüppchen bedeckt und nach ungefähr 8 Tagen verschwindet. Erfol­gen solche Bisse dicht neben einander, was bei einer zahlreichen An­sammlung von Milben an einer und derselben Hautpartie der Pali ist, so bilden sich in Folge der andauernd unterhaltenen Hauthyperämie reichliche Schuppenlagen, mit welchen sich die gelockerten Haare leicht abheben lassen. Verdickungen und Faltungen in der Haut und schliess-lich mehr oder weniger dicke, gelblichgraue Krusten. Durch das, wegen des starken Juckreizes stattfindende Beiben und Kneipen entstehen auch blutrünstige und eiternde Flächen, Schrunden, Schorfe und Ge­schwüre in der Haut.
Da die Dermatodectes - Milbe sich nicht einbohrt, so wählt sie auch mit Vorliebe solche Hautstellen zum Wohnsitze, von welchen sie nicht leicht beim Putzen oder Reiben abgestreift werden kann, wie
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PferdekrUt/e.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Oil
den Haarschopf, die Mähnen, die Sclnveifwurnel, den Kehlgang, die innere Fläche der Sehenkel, die Umgegend des Sehlauches; diese Par­tien werden daher gewöhnlich auch zuerst von dieser Form der Krätze befallen, die sich von da aus allmälig über die Umgebung verbreitet und hieran durch sorgfältiges Putzen, mittelst dessen zahlreiche Milben entfernt werden, lange aufgehalten werden kann.
Die Diagnose wird durch die successive Aufeinanderfolge der Erscheinungen, durch die anfänglich scharfe Abgrenzung der einzelnen Eäudetlecke, die kriechende Ausbreitung derselben und durch die Auffindung der Milben sichergestellt. Dieses letztere ist, sobald einmal diese Krätze weit vorgeschritten ist, sehr leicht, indem diese grossen Milben schon mit freiem Auge gesehen und ohne Schwierigkeit gesam­melt werden können. Im Beginne der Krankheit kann ihre Gegenwart durch das Aufbinden der Schuppen auf den Menschenarm nachgewie­sen werden, indem sich schon wenige Minuten nachher ein Prickeln an dieser Stelle, veranlasst durch den Piss der Milben, fühlbar macht.
Die Ueberlragung geschieht auf dieselbe Weise wie bei der Sar-coptes-Milbe.
c) Die Symbiotes-Krätze.
sect;. 59. Sie äussert sich durch ein lästiges Jucken in der Köthe und an den Beinen, welches die Pferde durch Keiben der Füsse an einander, durch Stampfen und Schlagen zu erkennen geben. An den genannten Stelleu stellt sich eine reichliche Abschuppung der Epider­mis , Ausfallen der Deckhaare, Verdickung der Haut, Bildung von Krusten und bei jahrelangem Bestände des Leidens selbst eine papillare Wucherung des Coriums und der Epidermis ein. (Gerlach.)
Die Köthe ist der primäre Wohnsitz der Symbiotesmilbe von hier aus wandern sie nach aufwärts, aber höchst selten über das Vor­derknie- und Sprunggelenk hinauf. Der Verlauf ist stets ein sehr schleichender, erst nach Monaten kommt es zu einer reichlichen Schup-penbildung, noch später erst zu Verdickungen der Haut.
Die Diagnose wird durch die Localität und Form des Ausschla­ges und durch das sehr leicht gelingende Auffinden der in den Epi-dermisschuppen sitzenden Milben constatirt.
Die Ansteckung eines Pferdes durch ein anderes erfolgt, wegen des mehr verborgenen Sitzes nicht so leicht wie bei den andern Mil­benarten ; die Verbreitung von einem Fusse auf den gleichnamigen der
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912nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Rinder — Scliafkrätze.
anderen Seite geschieht häufig, seltener jene von einem Vorder- auf den Hinterfuss.
2. Die Krätze des Rindes (Scabies bovis).
a) Die Dermatodectes-Krätze.
sect;. 00. Das Vorkommen dieser Form der Krätze, ist durch den Umstand, das die Dermatodectes bovis in Krusten, welche von räudigen Rindern stammten, gefunden wurden (Gerlach) zweifellos. Ueber die Erscheinungen kann jedoch nur angegeben werden, dass die Haut der, über den ganzen Körper von dem Ausschlage befallenen Thiere mit zolldicken Krusten, unter welchen sich hie und da Geschwüre vor­fanden, bedeckt war. (Mewes).
b) Die. Symbiotcs-Krützc.
sect;. 61. Vorzugsweise an der Schweifwurzel bilden sich reich­liche, ein massiges Jucken veranlassende Schuppen, worauf die Haare locker werden, ausfallen, und sich allmälig Krusten und Schrunden entwickeln, in welchen zahlreiche Milben sitzen. Nur bei sehr schlech­ter Hautoultur verbreitet sich die Krankheit vom Schweife aus nach vorne über den Rücken und bis zum Halse, nach abwärts zum Euter und über die innere Fläche der Hinterschenkel; in der Regel bleibt sie selbst bei jahrelanger Dauer auf die Schwanzwurzel und die Grube neben dem After beschränkt, (üerlach nennt desshalb diese Raude-form die Steissraude.)
Die Ansteckung durch das Nebeueinanderstehen der Rinder erfolgt nicht leicht.
3. Die Scbai'krätze, Schai'raudc (Scabies mis).
sect;. 62. Diese gewöhnlich als Hecrdekrankheit auftretende Krätze­form wird durch den Biss des Dermatodectes ovis veranlasst. Es entsteht hiemach ein kleines, blassgelbliches Knötchen; durch zahl­reiche neben einander stattfindende Stiche bilden sich verdickte, mit Knötchen, Bläschen und Pusteln besetzte Hautstellen, die sich mit Schuppen und Krusten bedecken, unter denen die Milben sitzen, und mit welchen sich die gelockerte Wolle abheben lässt. Die unterlie­gende Haut ist verdickt und gerunzelt; nach dem Abfallen der Krusten findet durch längere Zeit Desquammation statt. Bei geschorenen Thie-ren bildet sich gewöhnlich eine dicke, trockene Kruste auf der sehr
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Schafkrälze.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;913
geschwellton Haut. Die Thiere geben durch Kneipen, Kratzen und lleiben einen heftigen Juckreiz zu erkennen; hiedurch entstehen wol­lelose Stellen, Entzündungen und Quetschungen, selbst obertiächlicher Brand der Haut.
Bei räudigen Schafen ist das Vliess zottig und flockig, die Wolle stellenweise verklebt oder fehlend, die Haut mit den erwähnten Efflo-rescenzen besetzt, der Juckreiz, der sich durch Keiben der Haut leicht hervorrufen lässt und den die Thiere durch Bebbern mit den Lippen, Wenden des Kopfes, Kneipen mit den Zähnen und Kratzen mit den Hinterfüssen zu erkennen geben, sehr bedeutend.
Die Milben sitzen am gewöhnlichsten auf dem Rücken, vom Schweife an bis zum Halse und an den Schultern; bei einzelnen erkrankten Schafen bricht das Bäudeoxanthcm an jenen Hautpartien aus, auf welche die üebersiedlung der Milben stattgefunden hat, und breitet sich nur allmälig weiter aus. Bei den Stücken einer räudigen Schafheerde, wo häutige gegenseitige Verpflanzungen der Milben gesche­hen, entwickelt sich der Bäudcprocess auf den verschiedensten Körper­stellen und erlangt auch eine bei weitem raschere Ausbreitung.
Im Herbste und Winter, wenn die Schafe in den Stallungen bei­sammen gehalten werden und eine lange Wolle besitzen, macht die Krankheit raschere Fortschritte als beim Weidegange im Sommer nach der Wollschur und Wäsche. Die vorgeschrittene Krankheit führt Cachexio und endlich den Tod herbei. Die Uebertragung der Milben geschieht durch unmittelbare und mittelbare Berührung räudiger und gesunder Schafe.
4. Ililaquo; Sclinciiii'kriilze (Scabies suis).
sect;. G3. Diese, im Ganzen seltene Krätzeform wird durch den Sar-coptes suis veranlasst. Das Krätzeexanthcm, welches mit der Sarcoptes-raude des Pferdes die grösste Aehnlichkeit haben soll, kommt nach Viborg vorzüglich in den Augengruben und an der inneren Fläche der Schenkel vor.
3. ililaquo; llnnili'knilic (Scabies cauls).
sect;. 64. Der Hunde-Sarcoptes veranlasst ein, der Krätze der übri­gen Hausthierc ähnliches Hautleiden, Knötchen, Bläschen, Pusteln, Desquammation der Oberhaut, Hautinfiltrationen, Krusten und Borken, endlich zunehmende Kahlheit.
Roll, Pathol. und Therapie. II. Autl.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;58
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914nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krlitze.
Die Krankheit beginnt gewöhnlich am Kopfe, sie kann jedoch auch von jeder anderen Korpcrstelle aus ihren Anfang nehmen, ver­breitet sich sehr rasch über die Hautoberfläche und ist in ihren vor­gerückteren Stadien gewöhnlich mit namhafter Abmagerung, selbst mit Cachcxie verbunden.
Die Gegenwart der Milben kann durch Aufbinden der Krusten auf den Menschenarm constatirt werden.
0. Die Krätze der Kalzen (Scabies eati).
sect;. 05. Die, durch den Sarcoptes cati bedingte Erkrankung wird am häufigsten auf der Haut des Kopfes angetroffen, welche verdickt, gefaltet, haarlos und mit dicken Schuppen, in #9632;welchen zahlreiche Mil­ben sitzen, bedeckt erscheint. Später verbreitet sich der Ausschlag über den Hals und den Rücken, die Thierc werden cachcctisch und gehen schliesslich zu Grunde.
sect;. ü(). Die Prognose der Krätze ist bei sichergestellter Diagnose und bei sorgfältiger Vermeidung der Möglichkeit der Fortdauer einer üe-bertragung der Milben günstig; im entgegengesetzten Falle, sowie bei Mangel an Reinlichkeit und Pticge, bei Yerbreitung der Krankheit über grosse Heerden, mit einem Worte bei ungünstigen ökonomischen Verhältnissen, bei Lauheit und Nachlässigkeit der Viehbesitzer oder der Wärter ist häufig ein Erfolg nicht zu erzielen, die Krankheit schleppt sich über Jahre hinaus fort und wird endlich nur durch Abschaffung des räudigen Viehstandes und durch sorgfältige Stallreinigung beseitiget.
sect;. G7. Die Behandlung der Krätze besteht entweder in Ent­fernung der Milben auf mechanische Weise durch starkes Bürsten, durch Beiben mit scharfen Strohwischen, Zicgelmehl, Steinstaub (z. B. von geschärften Mühlsteinen) oder in der Anwendung von Mitteln, welche auf die Milbe giftig wirken, wie des Terpentinöles, Theers, stinkenden Hirschhornöles, concentrirter Schwcfelloberlösung u. dgl. oder in dem Gebrauche von Mitteln, welche eine intensive Entzündung und Exsudation in der Haut veranlassen, wie der spanischen Fliegen u. dgl. Diese Methoden finden gewöhnlich in Verbindung mit einander eine zweckmässige und verschieden modificirte Anwendung.
Die innerliche Verabreichung von Heilmitteln ist ganz über­flüssig; eine gute, kräftige Nahrung, der Aufenthalt in einem reinen, warmen Stalle, sorgfältige Beinigung der Haut bei Pferden, Bindern und Hunden, eine warme Lufttemperatur unterstützen wesentlich die Cur.
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tCrlitzp.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; i) 15
Ist die Krankheit in einci' Heerde ausgebrochen, so ist vor Allem eine genaue Untcisuehung des Viehstandes und eine Separation der Ge­sunden von den Kranken vorzunehmen; das eigentliche Heilverfahren ist nach den Thiergattungen in etwas verschieden.
Bei Pferden und Kindern werden bald Waschungen mit schar­fer Lauge (1 Thcil Aetzkali auf öü Theile Wasser), mit concentrirter Schwefelleberlösung, mit verdünnter Schwefelsäure (1 Theil coucentrirte Säure auf 24 Theile Wasser), mit Tabakabkochimg, mit gleichzeitigem starkem Frottiren der Haut, bald Einreibungen mit Schmierseife, die täglich einigemal wiederholt worden, ohne den Körper abzuwaschen, mit Quecksilbersalbe, mit Theer und stinkendem Hirschhornöle, mit Creosotsalbe (1 Theil auf 20 Theile Schweinefett), mit Terpentin- und Steinöl, mit Schwefelsalbe, in sehr veralteten und hartnäckigen Fällen selbst mit Cantharidensalbe, in Anwendung gezogen, wobei jedoch der Gebrauch dieser Substanzen nicht bloss auf die offenbar kranken Haut­stellen beschränkt, sondern auch auf die angrenzende, anscheinend nor­male Haut ausgedehnt worden muss. Die Frit scher'sehe, gegen die Krätze des Pferdes anempfohlene Salbe besteht aus je 8 Loth Queck­silbersalbe und Schwefelblumen, 1 '/„ Loth Hanföl und 4 Loth Hirsch-hornöl, welche Mischung auf einmal über den ganzen Körper des Kranken, welcher dann warm zuzudecken ist, eingerieben wird. Xach 2 Tagen wird die auf den Haaren noch klebende Salbe mit Stroh­wischen wieder verrieben und so bis zum zehnten Tage fortgefahren, am eilften endlich das Thier mit Lauge und Seife gereiniget. Sollte hiedurch das Leiden noch nicht beseitiget sein, so wird am nächsten (zwölften) Tage die Einreibung wiederholt und ebenso verfahren. Wir bedienen uns bei der Behandlung der Pferdekrätze eines Linimentes aus Holztheer, Schwefelblumen, je '/s Pfund, Schmierseife und Wein­geist je 1 Pfund, welches mittelst einer Bürste jeden zweiten Tag ein­gerieben wird. Bei empfindlicher Haut setzen wir noch '/4 Pfund gepulverte Kreide hinzu. Vor der ersten Einreibung müssen die kranken Thiere wohl mit Seife gereiniget und vorhandene Krusten vorher mit Oel erweicht und dann abgewaschen werden.
sect;. 68. Bei Schafen, wo die Krankheit gewöhnlich über eine Heerde verbreitet herrscht, -wäre die Einzelnbehandlung mittelst Ein­reibung von Salben (die Schmiercur) nur dann ausführbar, wenn die lläude erst bei wenigen Stücken nachzuweisen ist. Da jedoch in einer Heerde manche, in geringerem Grade von dem Leiden befallene Stücke leicht übersehen werden, so wäre dieses Verfahren bei grösscrer Ver-
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916nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Kriilze.
brcitujig der Krankheit höchstens geeignet, dieselbe in einer Heerde stationär zu machen (Öchmeervieh). Es ist desshalb immer gerathener, eine Schafliccrde, in welcher sicli bereits mehrere oder zahlreichere Räudige vorfinden, einer gemeinsamen Behandlung zu. unterziehen, wozu sich am besten eine Badecur eignet. Obwohl eine solche auch im quot;Winter in einem warmen Stalle vorgenommen werden kann, so gelingt sie doch im Sommer am besten, weil dann die gereinigten Thiere in Unterständen oder auf Weideplätzen untergebracht und mittlerweile die Stallungen gereiniget werden können. Eine der gebräuchlichsten Zu­sammensetzungen solcher Bäder ist die von Walz angegebene Mischung, welche derart bereitet wird, dass man ungelöschten Kalk (4 Theile) mit quot;Wasser nach und nach zu einem Breie ablöscht, dem man Bottasche (5 Theile) oder Buchenasche (60 Theile) und so viel Binderharn zu­setzt, dass das Ganze die Consistenz eines Breies erlangt, worauf man (6 Theile) stinkendes Hirsehhornöl und (3 Theile) Theer beimischt und das Ganze mit (200 Theilen) Binderharn und (800 Theilcn) quot;Wasser gut zusammenruhrt und als BadefUissigkeit verwendet. Für eine Heerde von 200 bis 250 Stücken ist die Hälfte obiger Gewichtstheile auf Bfunde gebracht ausreichend. Der Beisatz von Schwefelblumen oder Quecksilbersublimat (der jedoch sogleich bei der Beimischung zersetzt wird) ist völlig überiliissig. Gerlach empfiehlt als Vorbereitung ein Bad aus 2 Theilen Pottasche und 1 Theil Kalk auf 60 Theile Wasser und als eigentliches Bäudebad eine Abkochung von Tabak (1 : 20). Die sogen. Tessier'scho Mischung (für 100 Stücke: arsenige Säure 3 Pfund, Eisenvitriol 20 Pfund mit l'JO Pfund Wasser auf % einge­kocht und nach Ersatz des verdunsteten Wassers noch einmal aufge­kocht) erscheint wegen der, bei ihrer Anwendung für die manipuliren-den Menschen und die behandelten Schafe zu besorgenden Gefahr verwerflich.
Eine oder die andere dieser Flüssigkeiten wird in eine hinrei­chend grosso Wanne oder Bottiche geschüttet, neben dieselbe ein oder zwei ähnliche Gelasse gestellt und die Schafe in die Nähe derselben versammelt. Ein Schaf nach dem andern wird nun von zwei Leuten bei den Füssen gefasst und mit dem Bücken nach abwärts derart in die Flüssigkeit getaucht, dass der ganze Körper mit Ausnahme des Kopfes von derselben umspült ist, und so lange darin gehalten, bis Wolle und Haut überall durchnässt sind, hierauf herausgenommen und in eine der leeren Bottiche auf die Füsse gestellt. Hier wird von zwei anderen Beuten die nasse Wolle an den Körper an- und
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Krittle.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 91 7
ausgedrückt, die Krusten abgekratzt und die Badeüüssigkcit in diese Stellen mit einer Bürste nachdrücklich eingerieben. Die ablaufende Flüssigkeit kann dem Bade wieder zugesetzt werden. Die gebadeten Schafe, deren quot;Wolle bei Anwendung der Walz'sehen Lauge dunkelbraun geworden ist, werden bei trockenwarmer Witterung an einen sonnigen Platz, bei ungünstigem quot;Wetter, bei dessen Herrschen es jedoch besser ist, die Behandlung zu verschieben, in einen geräumigen, mit trockener Streu versehenen Stall gebracht. Nie sollen sie sogleich der Feuch­tigkeit oder der Kälte ausgesetzt werden, da einerseits hiedureb leicht Erkrankungen der durchnässten Thiere erfolgen, andererseits aber durch Begen die Badeflüssigkeit schnell abgeschwemmt und hiedureb ihre Wirksamkeit verringert würde. Das ganze Verfahren wird mit einer neu bereiteten Badeflüssigkeit nach 8 Tagen und nach Erforderniss, sobald die Thiere noch fortan Juckreiz zeigen, nach Ablauf weiterer acht Tage abermals wiederholt. Vortheilhaft ist es, in die Haut jener Thiere, bei denen die Krankheit am stärksten entwickelt war, auch in der Zeit zwischen zwei allgemeinen Bädern diese Badeflüssigkeit mit­telst steifer Bürsten gut einzureiben.
Die bräunliche Farbe der Wolle verliert sich bei freiem quot;Weide-besucho innerhalb weniger Tage und das Waclisthum derselben wird durch die Walz'schen Bäder oft auffallend befördert.
Dass die dir nur bei tieissiger und gründlicher Anwendung der Bäder und bei sorgfältiger Femhaltung jeder Gelegenheit einer abennaligen Uebertragong von Milben, mithin bei genauer Stallreinigung gelingen könne, ist von selbst klar.
sect;. 69. Bei Hunden und Katzen werden am häutigsten Baugen­waschungen, Einreibungen mit grüner Seife, mit Schwefel- oder Schwe­fellebersalbe, mit Theer und stinkendem Hirschhornöl gegen die Krätze verwendet. Für Schweine empfehlen sich nach Gerlach die Laugen­bäder oder in hartnäckigen Fällen Einreibungen mit der Kreosotsalbe.
sect;. 70. Veterinär-polizeiliche Massregeln. Da die Krank­heit allein durch Uebertragung der Milben entsteht und sich ausbreitet, so sind zu ihrer Hintanhaltung und Tilgung alle jene Massregeln ein­zuleiten, welche gegen ansteckende Krankheiten überhaupt geboten sind:
1. In Rücksicht der Verhütung der Pferderäude sind jene Vorschriften genau zu befolgen, welche bezüglich der Hintanhaltung der, durch rotzige und wurmige Pferde drohenden Ansteckungsgefahr vorgezeichnet sind.
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0 1 Snbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krätze.
2.nbsp; nbsp;Mit Krätze behaftete Pferde sind sogleich vollständig zu separiren und einer zweckmässigen thierärztlichen Behandlung zu unter­ziehen ; die mit ihnen in Berührung gestandenen Thiere aber wenigstens durch 15 Tage unter der nöthigen Vorsicht zu beobachten. Neu angekaufte Schafe sollen vor Ablauf von 15 Tagen nicht in die Heerde gebracht werden.
3.nbsp; nbsp;Bricht die Bände in einer Schafheerde aus, so ist die ganze Heerde als angesteckt zu betrachten und der thierärztlichen Behandlung zu unterziehen.
4.nbsp; nbsp;Der Austrieb solcher Heerden auf die Weide darf nur unter der Bedingung gestattet werden, dass dieselben von allen fremden .Schafhcerden, dann von Wegen und Weideplätzen, welche letztere betre­ten, wenigstens auf 200 Schritte ferne gehalten werden.
5.nbsp; nbsp;Der Ausbruch der Seuche ist den angrenzenden Ortschaf­ten unverzüglich bekannt zu geben.
G. Der An- und Ab verkauf von Schafvieh im Seuchenorte ist für die Dauer der Seuche strengstens zu verbieten.
7.nbsp; nbsp;Das Schlachten räudiger Schafe au Ort und Stelle für den eigenen Bedarf ist gestattet; das Austreiben von Schafen aus Orten, in welchen die Baude herrscht, zur Schlachtbank ist jedoch verboten.
8.nbsp; nbsp;Bändige Schafe, die in einen cachectischen Zustand ver­fallen und als unheilbar erkannt werden, können über Beschluss der Seuchecommission getödtet werden, ohne dass von dem Eigenthümer irgend ein Schadenersatz hiefür verlangt werden kann.
9.nbsp; nbsp;Die Wolle und die Häute räudiger Schafe sind an einem abgesonderten Orte mindestens durch 0 Wochen zu lüften, und dürfen nur über vorläufige Bewilligung der politischen Behörde nach aus­wärts transportirt werden.
10.nbsp; Die Beinigung der inficirten Ställe und Geräthe ist nach den schon wiederholt erwähnten Vorschriften vorzunehmen.
Die Schafräude gilt nach dem österreichischen Gesetze als ein Hauptfehler mit einem, für die Wandlungsklage bestimmten Zeit­räume von 8 Tagen.
c) Helminthen. Der Zellgeivebsblasenschwanz (die Finne).
sect;. 71. Er kommt am häufigsten bei Schweinen, u. z. nicht nur in dem Bindegewebe der Haut, der Muskeln, der serösen Häute,
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l-'iniMMikrankheit.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; •)]•)
sondern auch in jünem verschiedener Organe, besonders der Leber und Milz, selbst im Gehirne und im Bückenmarke vor und veranlasst die sogenannte
Finiieiikraiikheit.
sect;. 72. Dass die Finnen sich aus den Embryonen des Menschenband­wurmes entwickeln, wie absichtlich angestellte Flittcruugsvorsuche zur Evidenz erhoben haben, wurde bereits erwähnt. Diese Annahme wird überdiess durch die Thatsache bestätiget, dass die Einncn vorzugs­weise bei unrein gehaltenen, in der Nähe von Aborten untergebrachten Schweinen am häufigsten vorkommen, während sie bei jenen, welche Weiden besuchen oder mit Eicheln, Bucheln u. s. w. gemästet werden, dann bei wilden Schweinen äusserst selten anzutreffen sind.
Die Erscheinungen, welche während des Lebens als bewei­send für die Gegenwart der Finnen angesehen werden, wie Elässe der Maulschleimhaut, Anschwellung des Halses, rauhes, hei­seres Grunzen, Erschwerung des Athmens, übler Geruch der ausgeathmeten Luft, Trägheit der Bewegung, Schwäche des Hintertheilos, leichtes Ausgehen der Borsten, sind begreiflicher Weise sehr unzuverlässig und keinesfalls characteristisch und treten erst bei hoher Entwickhing des Leidens auf. unter der Zunge und an der inneren Fläche der Augenlider sind wohl nicht selten Fin-nenknötchen zu fühlen, diese fehlen aber auch häufig, wenngleich das Thier finnig ist. Bei der Gegenwart zahlreicher solcher Schmarotzer gehen die Schweine theils in Folge der Behinderung der Function lebenswichtiger Organe, theils i;i Folge der, durch die Entziehung des Nahrungssaftes bedingten Abzehrung und Erschöpfung zu Grunde.
Die Gegenwart der Finnen ist mit Sicherheit erst bei der Schlach­tung der Thiere zu ermitteln, bei welcher sich in dem Unterhaut­bindegewebe, dann in dem Bindegewebe zwischen den Muskeln, im Herzen, im Gehirne, in der Leber, in der Milz u. s. w. nicht selten eine enorme Menge hirsekorn- bis erbsengrosser Bläschen vorfindet, inner­halb welcher der Blasenwurm eingekapselt liegt. Beim Kochen dieser Theile quellen die Blasen auf und das damit durchzogene Fleisch knirscht beim Durchsclmeiden. Von einer Heilung dieses Leidens kann begreiflicherweise eine Kede nicht sein; seine Entstehung wird durch sorgfältige Vermeidung jeder Gelegenheit, durch welche Schweine zur Bandwurmbrut des Menschen kommen könnten, vermieden.
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9^0nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Finnenkrankheit.
Das Ausschlachten des Fleisches finniger Schweine ist verboten, und insofernc mit Eecht, als durch den Genuss desselben, wenn die in demselben enthaltenen Finnen durch die Art der Zubereitung nicht getödtet wurden, durch weitere Fntwicklung der Finnen zur Entste­hung des Bandwurmes beim Mensehen Veranlassung gegeben wird. Solches Fleisch lässt sich auch ebensowenig, als der Speck gut auf­bewahren.
Die Krankheit gehört zu den gesetzlichen Hauptfehlern mit einer Gewährszeit von acht Tagen.
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Formulare zu Seite 150.
Bezirk
Gemeinde Ortschaft
Erhebungs-Protocoll
über den, yon der Gemeinde.....unter dem......18 .
Zahl . . . angezeigten, in Folge des k. k. bezirksämtlichen Auftrages
vom.........18.. Zahl . . . untersuchten Ausbruch
der.....Seuche.
Viehstand vor dem Aus­bruche der Seuche
Vom . 18.. des bruch
,.. . 1
ils dem Tage Seuchcnaus-js bis zur
Uievon sind vor der arztuchen i Untersuchung
1
dalier kranke Stücke vorge­funden
nen Untersuchung sind erkrankt
genesen
gefallen
erschlagen
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M
\4
3
g
QQ
1
|
33
'
Entstehungs - Anlässe und Verbreitungsart: Krankheitserscheinungen und Seuchenverlauf: Sections-Befund:
Beurtheilung und Bestimmung der Seuche: Vorbauungs- und Heilverfahren: Polizeiliehe Massregcln:
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922
CO CO
Anmer­kung
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puüjsno; y .lonoqoiiq.ia^
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Vom Ausbruche der Seuche bis ... . sind im Giinzen
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Register.
Seite
A.
Aasplatz...........nbsp; nbsp; 161
Aaspockeu..........nbsp; nbsp; 391
Absonderungen, vermehrte. ...nbsp; nbsp; 176
—, verminderte........nbsp; nbsp; 180
Abwartende Methode......nbsp; nbsp; nbsp; 30
Acute Krankheiten.......nbsp; nbsp; nbsp; 12
Aetiologie...........nbsp; nbsp; nbsp; 33
Albinismus..........nbsp; nbsp; 887
Allgemeine Krankheiten.....nbsp; nbsp; 287
Altersanlage..........nbsp; nbsp; nbsp; 37
Altersschwund.........nbsp; nbsp; 215
Amphorischer Wiederhall ....nbsp; nbsp; 524
Amyloide Entartung......nbsp; nbsp; 220
Anämie..........189,nbsp; 297
Anatomische Störungen .... 5,nbsp; nbsp;188
Anbruch...........nbsp; nbsp; 779
Aneurysma........659,nbsp; 002
Anheftnng...........nbsp; nbsp; 281
Ankylose.......281, 862,nbsp; 871
Anlöthung...........nbsp; nbsp; 281
Ansteckungsstoff........nbsp; nbsp; 135
Anthrax............nbsp; nbsp; 314
— bräune...........nbsp; nbsp; 345
Antiphlogose.........nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 271
Antoniusfeuer.........nbsp; nbsp; 346
Anzeigen...........nbsp; nbsp; nbsp; 30
Aphthenseuche.........nbsp; nbsp; 307
Apoplectische Cyste.......nbsp; nbsp; 200
Apoplectischer Herd......nbsp; nbsp; 196
Snitn
Apoplexie...........nbsp; nbsp; 155
Appetit, Fehler dess.......nbsp; nbsp; 698
Arachniden..........nbsp; nbsp; nbsp; 88
Arterienentziindmig.......nbsp; nbsp; 658
—nbsp; erweiterung.........nbsp; nbsp; 659
—nbsp; nbsp;Verengerung........nbsp; nbsp; 661
—nbsp; verknöcherung.......nbsp; nbsp; 657
Aizneimiltel als Krankheitsursachenbsp; nbsp; nbsp;63
Asphyxie...........nbsp; nbsp; 445
Athembewegungen, abnorme. . .nbsp; nbsp; 511
Atherom...........nbsp; nbsp; 246
Atheromatöser Process.....nbsp; nbsp; 657
Atmosphärisene Einflüsse ....nbsp; nbsp; nbsp; 45
Atresie...........nbsp; nbsp; 279
Atrophie.........215, 278
Aufblähen...........nbsp; nbsp; 760
Auflauf............nbsp; nbsp; 760
Aufzucht als Krankheitsursache .nbsp; nbsp; nbsp; 38
Ansbnuisen..........nbsp; nbsp; 514
Auscultation..........nbsp; nbsp; 520
Ausschwitzung.........nbsp; nbsp; 256
Auswurf...........nbsp; nbsp; 510
B.
Balggesclnvülste........nbsp; nbsp; 244
Bandwürmer.........70, 73
Banchfellkrankheiten......nbsp; nbsp; 7S4
—nbsp; entzündung.........nbsp; nbsp; 790
—nbsp; krebs...........nbsp; nbsp; 789
—nbsp; tuberculose.........nbsp; nbsp; 789
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924
Register.
Seite
Bauohspeiolieldrüsenkrankheiten . 784
— — — steine........118
Bauchwassersucht.......786
Beschälseuche.........850
Biesfliege...........107
Bimlegevvebsneubildung.....229
Blälisucht.........760
Bläsehenathmen........521
Blasenniere........ 807
Bhisenschwanz.......75, 77
Blattern ... .......387
Blaue Milch..........844
Bleichsucht..........2!)8
Blntaderknoten .......066
Blufarmuth, allgemeine.....297
—, örtliche..........189
Blutbenle, pnlsirende......662
Blntfluss..........195
Bhitfülle ... . .nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;. 190, 295
Blutgerinnungen ...... 22, ;i82
Blutharnen.........803
—nbsp; Inioten.........196
—nbsp; nbsp;krankheiten........290
—nbsp; nbsp;leere..... ... 189, 297
—nbsp; nbsp;mangel........189, 297
—nbsp; nbsp;melken..........840
—nbsp; nbsp;pfropfe........198, 202
—nbsp; nbsp;schwamm.........252
—nbsp; nbsp;senehe........337 342
—nbsp; nbsp;spath.......... . 666
—nbsp; nbsp;stäupe.........337, 342
Blutung...........195
Blutzorsetzung, faulige.....303
Bodenverhältnisse....... 47
Borste, weisse.........346
Borstenbälle........... 16
—nbsp; föule...........304
Botriocephalns......... 73
Brand ... .......209
—, fliegender.........343
—, manke..........890
--, pocken..........391
—, rauschender........342
Bräune............686
—, brandige.........345
—, häutige..........569
Seite
Bremsen...........nbsp; nbsp; nbsp; 99
—nbsp; nbsp;larven im Gehirne.....nbsp; nbsp; 478
-------in der Haut.....108, 908
—nbsp; nbsp;— im Kehlkopfe......nbsp; nbsp; 572
--------im Magen.....100, 765
—nbsp; nbsp;— im Rachen.......nbsp; nbsp; 690
—nbsp; Schwindel...... .nbsp; nbsp; 561
Bright'sche Krankheit.....nbsp; nbsp; 811
Bronehialathmen........nbsp; nbsp; 522
—nbsp; nbsp;blutung..........nbsp; nbsp; 572
—nbsp; croup.........569, 576
—nbsp; enveiterung........nbsp; nbsp; 582
—nbsp; katarrh, acut.......nbsp; nbsp; 573
—nbsp; nbsp;—, chron.........nbsp; nbsp; 580
—nbsp; nbsp;schleimfluss........nbsp; nbsp; 581
—nbsp; nbsp;Verengerung........nbsp; nbsp; 582
Bruch..........280,nbsp; 749
Brustfellblutmig........nbsp; nbsp; 591
—nbsp; nbsp;brand...........nbsp; nbsp; 588
—nbsp; nbsp;entzündung........nbsp; nbsp; 591
—nbsp; nbsp;krebs...........nbsp; nbsp; 591
—nbsp; tuberkel..........nbsp; nbsp; 591
Brustwassersuoht.......nbsp; nbsp; 587
Bucliweizenausschlag . . . 51,nbsp; 889
c.
Cachcxicn ..........nbsp; nbsp; 407
Carbunkclkrankheit......nbsp; nbsp; 341
C'arcinom...........nbsp; nbsp; 247
Catalepsic.........nbsp; nbsp; 440
Chankerkrankheit.......nbsp; nbsp; 850
Chemische Scliädlichkeiten . .nbsp; nbsp; nbsp; 39
Chronische Krankheiten ....nbsp; nbsp; nbsp; 12
Colloid-Entartung.......nbsp; nbsp; 219
Combination der Krankheiten . .nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;9
Complication der Krankheiten .nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 9
Concretionen.........nbsp; nbsp; 113
Congestion..........nbsp; nbsp; 190
Constitutionskrankheiteu ....nbsp; nbsp; 287
Contagionen .........nbsp; nbsp; 143
Contagium..........nbsp; nbsp; 135
Contraindication........nbsp; nbsp; nbsp; 31
Convulsionen.......175,nbsp; 486
Croupöse Entzündung.....nbsp; nbsp; 257
Cur.............nbsp; nbsp; nbsp; 27
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Register.
925
Seite
Cnrplau...........nbsp; nbsp; nbsp; 30
Cysten............nbsp; nbsp; 244
Cystenkrebs..........nbsp; nbsp; 253
D.
Dampf............nbsp; nbsp; 677
Dampfrinne..........nbsp; nbsp; 512
Darmbrand..........nbsp; nbsp; 722
—nbsp; blutung..........nbsp; nbsp; 721
—nbsp; concremente......115,nbsp; 764
—nbsp; croup..........nbsp; nbsp; 735
—nbsp; divertikel.........nbsp; nbsp; 747
—nbsp; nbsp;einscbiebong......24,nbsp; 754
—nbsp; nbsp;einscliniirnng, inn......nbsp; nbsp; 750
—nbsp; nbsp;entziindung der iSängliiigo . .nbsp; nbsp; 735
—nbsp; nbsp;—, enzootische.......nbsp; nbsp; 746
—nbsp; nbsp;krankheitcn........nbsp; nbsp; 695
—nbsp; nbsp;krebs...........nbsp; nbsp; 724
—nbsp; perforation.........nbsp; nbsp; 75S
—nbsp; polypcn..........nbsp; nbsp; 723
—nbsp; risse........ . .nbsp; nbsp; 757
—nbsp; nbsp;steine.........114,nbsp; 764
—nbsp; nbsp;Verengerung........nbsp; nbsp; 748
—nbsp; nbsp;vorlagernng........nbsp; nbsp; 756
—nbsp; wunden..........nbsp; nbsp; 756
—nbsp; warmer........ .nbsp; nbsp; 764
Darrsaobt . . •........nbsp; nbsp; 672
Dasselbeulcn.......108, 908
Diagnostik.........nbsp; nbsp; nbsp; 10
Diastase.........281, 861
Disposition........ 4,nbsp; nbsp; 34
Doppellocb..........nbsp; nbsp; nbsp; 79
Drebkranklieit........nbsp; nbsp; 478
Drüse, anomale........nbsp; nbsp; 549
—, bedenkliclie........nbsp; nbsp; 550
—, brandige.........nbsp; nbsp; 558
—, gutartige.........nbsp; nbsp; 547
—, verdächtige........nbsp; nbsp; 532
Drüsenkrankheit des Kindes . . .nbsp; nbsp; 588
Dummkoller..........nbsp; nbsp; 461
Durchfall....... .nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 700
E.
Eezem............nbsp; nbsp; 897
Egelkrankheit.........nbsp; nbsp; 779
Seite
Kierstockblutung........nbsp; nbsp; 828
—nbsp; cysten..........nbsp; nbsp; 828
—nbsp; entzündung........nbsp; nbsp; 829
Eingeweidewürmer.......nbsp; nbsp; nbsp; 67
Eiter.............nbsp; nbsp; 260
Eilerinfeetion.........nbsp; nbsp; 305
Ekchyinose..........nbsp; nbsp; 196
Electricität..........nbsp; nbsp; nbsp; 43
Embolio...........nbsp; nbsp; 204
Empfindungslosigkeit......nbsp; nbsp; 178
Emphysem..........nbsp; nbsp; 283
Empirisches Verfahren.....nbsp; nbsp; nbsp; 28
Euchondroni.........nbsp; nbsp; 234
Endlocb...........nbsp; nbsp; nbsp; 79
Endocarditis .........nbsp; nbsp; 652
Engbrüstigkeit........nbsp; nbsp; 677
Engerlinge..........nbsp; nbsp; 108
Entartung ..........nbsp; nbsp; 215
Entozoen...........nbsp; nbsp; nbsp; 67
Entzündnog .........nbsp; nbsp; 254
Eutznndnngsfieber.......nbsp; nbsp; 184
Enzootie...........nbsp; nbsp; 142
Epidermidalkrebs.......nbsp; nbsp; 252
Epidennisiieubildnng......nbsp; nbsp; 227
Epilepsie...........nbsp; nbsp; 438
Epithelienncubildung......nbsp; nbsp; 227
Epizootic...........nbsp; nbsp; 143
Erbliche Anlage........nbsp; nbsp; nbsp; 89
Erbrechen ..........nbsp; nbsp; 701
Erdsturz...........nbsp; nbsp; 337
Erhaltungskur.........nbsp; nbsp; nbsp; 28
Erhebnngsprotocoll...... .nbsp; nbsp; 150
Erkältung ..........nbsp; nbsp; nbsp; 43
Erosionsgeschwiire.......nbsp; nbsp; 545
Erstleiden..........nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;6
Erweichung........219,nbsp; 282
Erweiterung.........nbsp; nbsp; 278
Euterentzündung.......nbsp; nbsp; 847
—nbsp; nbsp;krankheiten........nbsp; nbsp; 839
Exacerbation.........nbsp; nbsp; nbsp; 15
Excrcincntc..........nbsp; nbsp; 700
Exostose.........235,nbsp; 859
Exsudate...........nbsp; nbsp; 256
Extravasat..........nbsp; nbsp; 196
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92G
Register,
Seife
F.
Fadenworm..........nbsp; nbsp; nbsp;81
Fiillsudit...........nbsp; nbsp; 438
Farbenveränderungen......nbsp; nbsp; 282
Fasergesclnvulst........nbsp; nbsp; 230
—nbsp; nbsp;krebs...........nbsp; nbsp; 250
Fasorstoft'yeriimnngeii im Herzen 22, 647
Faulsucht...........nbsp; nbsp;298
Fäule.............nbsp; nbsp;298
FettbrucL...........nbsp; nbsp;789
Fettflechten..........nbsp; nbsp;899
Fettige Entartung-.......nbsp; nbsp; 218
Fettleber...........nbsp; nbsp; 773
Fettnenbildnng.........nbsp; nbsp; 232
Feuchtigkeit..........nbsp; nbsp; nbsp; 45
Feuer, heiliges.......343,nbsp; 346
Fibroid............nbsp; nbsp; 230
Fieber............nbsp; nbsp; 180
Finne.........77, 478,nbsp; 918
Finnenkrankheit........nbsp; nbsp;919
Flechte, nasse.........nbsp; nbsp; 898
—, trockene..........nbsp; nbsp; 896
Flcischgescluvulst........nbsp; nbsp; 231
Fleischwärzchenbilcliing.....nbsp; nbsp; 260
Fliegender Brand. ... . .nbsp; nbsp; 343
Floh.............nbsp; nbsp; 113
Fing...........343,nbsp; 34G
Fluss, laquo;-eisscr .........nbsp; nbsp; 838
Folgeldden..........nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;6
Follicnlargesehwiir der Nase . . .nbsp; nbsp; 552
—nbsp; nbsp;des Darmes.........nbsp; nbsp; 733
Franzosenkrankheit 229, 588, 640,nbsp; 789
Freie Körper in der Bauchhöhle .nbsp; nbsp; 788
Fresslust, Anomalien ders. . . .nbsp; nbsp; 698
Füllenlähme..........nbsp; nbsp; 867
Functiouelle Störungen . . . . 5,nbsp; nbsp;170
Fünfloeh . 88, 562, 572, 636, (576,nbsp; 796
Fussgeschwüre, brandige ....nbsp; nbsp; 890
Futterstoffe..........nbsp; nbsp; nbsp; 49
G.
Gallenabsonderuug, Anomal, ders.nbsp; nbsp; 770
—nbsp; nbsp;blasenkraukheiten......nbsp; nbsp; 777
—nbsp; nbsp;fettgesclnvülste...... .nbsp; nbsp; 227
Soilo
Gallenfieber..........nbsp; nbsp; 726
—nbsp; nbsp;gang-Knveiterung......nbsp; nbsp; 778
—nbsp; nbsp;seuche...........nbsp; nbsp; 348
—nbsp; steine...........nbsp; nbsp; 119
Gallcrt.krebs..........nbsp; nbsp; 253
Gangrän...........nbsp; nbsp; 212
Gasansammlnng in der Brust . .nbsp; nbsp; GOO
Gastrisches Fieber.......nbsp; nbsp; 724
Gattungsanlage.........nbsp; nbsp; nbsp; 35
Gaumenanthrax........nbsp; nbsp; 344
—nbsp; nbsp;entzündung.........nbsp; nbsp; 686
—nbsp; nbsp;geschunlst.........nbsp; nbsp; 686
Gebärmutterblutung.......nbsp; nbsp; 830
—nbsp; nbsp;brach...........nbsp; nbsp; 836
—nbsp; drehung..........nbsp; nbsp; 836
—nbsp; nbsp;entzündung.........nbsp; nbsp; 832
—nbsp; katarrh..........nbsp; nbsp; 831
—nbsp; nbsp;mund-Verschliessuug.....nbsp; nbsp; 835
—nbsp; nbsp;polypen..........nbsp; nbsp; 831
—nbsp; nbsp;riss............nbsp; nbsp; 837
—nbsp; Umwälzung.........nbsp; nbsp; 836
—nbsp; Vorfall...........nbsp; nbsp; 836
—nbsp; Wassersucht. ...... 832, 837
Gedännseuchc.........nbsp; nbsp; 735
Gefässcnden-Erwcitening ....nbsp; nbsp; 238
Gefäss-Ncubildung.......nbsp; nbsp; 236
Geflügelpocken.........nbsp; nbsp; 40G
Gegenanzeigen.........nbsp; nbsp; nbsp; 31
Gelnrnanäinie.........nbsp; nbsp; 451
—nbsp; nbsp;atrophie..........nbsp; nbsp; 4G9
—nbsp; nbsp;blaseuwurm.......75,nbsp; 478
—nbsp; nbsp;blutung..........nbsp; nbsp; 455
—nbsp; nbsp;brach...........nbsp; nbsp; 477
—nbsp; nbsp;congestion.........nbsp; nbsp; 452
—nbsp; nbsp;entzündung.........nbsp; nbsp; 471
—nbsp; nbsp;enveichung.........nbsp; nbsp; 473
—nbsp; nbsp;hyperämie.........nbsp; nbsp; 452
—nbsp; hypeitrophie........nbsp; nbsp; 469
—nbsp; krankheiten.........nbsp; nbsp;416
—nbsp; ödem...........nbsp; nbsp; 459
Geilheit............nbsp; nbsp; 824
Gekrösanhängc.........nbsp; nbsp; 788
Gekrösdrüsen-Hyperlrophie . . .nbsp; nbsp; 672
Gelbsucht...........nbsp; nbsp; 768
—, bösartige.........nbsp; nbsp; 775
Gelegenheitsursachcn......nbsp; nbsp; nbsp; 34
'I
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Register.
927
M
Si-ile
Geleiiksentzündiing.......nbsp; nbsp; 866
—nbsp; nbsp;krankheit der Säuglinge . . .nbsp; nbsp; 8C7
—nbsp; kranklieiten........nbsp; nbsp; 8G5
—nbsp; nbsp;Gelenksmäuse......229,nbsp; 800
Genesung...........nbsp; nbsp; nbsp; 15
Gerinnsel.........22,nbsp; 382
Gesclilechtsanljigc.......nbsp; nbsp; nbsp; 30
—nbsp; organe, Kranich, ders.....nbsp; nbsp; 823
Gesundheit..........nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 8
Getränke...........nbsp; nbsp; nbsp; 54
Giftpflanzen..........nbsp; nbsp; nbsp; 58
Glatzflechte..........nbsp; nbsp; 886
Glottisödem..........nbsp; nbsp; 570
Gnubberkranklieit.......nbsp; nbsp; 494
Granulation..........nbsp; nbsp; 200
Grind.............nbsp; nbsp; 901
Grossgalle...........nbsp; nbsp; 348
Grnbenköpfe..........nbsp; nbsp; nbsp; 73
Griitzgcsclnviilst........nbsp; nbsp; 240
H.
Haare, Abnormitäten derselben. .nbsp; nbsp; 8S5
Haarbälle...........nbsp; nbsp; HG
—nbsp; köpf............nbsp; nbsp; nbsp; 81
—nbsp; neubildmig.......227,nbsp; 530
—nbsp; sackmilbe.....88, 878,nbsp; 90S
—nbsp; nbsp;Schlechtigkeit........nbsp; nbsp; 077
Hakenkopf..........nbsp; nbsp; nbsp; 87
Hakenwiinner.........nbsp; nbsp; nbsp; 87
Halbloch...........nbsp; nbsp; nbsp; 80
Halsantlnax..........nbsp; nbsp; 3-15
—nbsp; nbsp;enlzündung.........nbsp; nbsp; OSO
—nbsp; nbsp;grind...........nbsp; nbsp; 903
Hämorrhagie..........nbsp; nbsp; 195
Häuiorrhagischo Erosionen....nbsp; nbsp; 722
—nbsp; Infarcte..........nbsp; nbsp; 190
Harling..........112, 908
Hamblasenblutung.......nbsp; nbsp; 810
--------bruch..........nbsp; nbsp; 820
—nbsp; nbsp;— croup..........nbsp; nbsp; 819
—nbsp; nbsp;— erweiterung.......nbsp; nbsp; 820
—nbsp; nbsp;— hypertrophic.......nbsp; nbsp; 817
--------katanh.........nbsp; nbsp; 818
--------krumpf.........nbsp; nbsp; 814
—nbsp; nbsp;— kranklieiten.......nbsp; nbsp; 814
Soile
llaniblasenlähmung.......nbsp; nbsp; 810
—nbsp; nbsp;— Schwund........nbsp; nbsp; 817
—nbsp; nbsp;— steine..........nbsp; nbsp; 123
—nbsp; nbsp;— Verengerung.......nbsp; nbsp; 820
—nbsp; nbsp;— zerreissnng.......nbsp; nbsp; 821
—nbsp; fluss............nbsp; nbsp; 801
—nbsp; infection..........nbsp; nbsp; 822
—nbsp; nbsp;organe, Krankh. ders.....nbsp; nbsp; 797
—nbsp; röhreneutzündung......nbsp; nbsp; 819
—nbsp; nbsp;— steine..........nbsp; nbsp; 120
—nbsp; nbsp;rühr............nbsp; nbsp; 801
—nbsp; steine...........nbsp; nbsp; 121
Ilarthäntigkeit.........nbsp; nbsp; 906
Hartschlägigkeit........nbsp; nbsp; 077
Hartschnaufen.........nbsp; nbsp; 077
Haukrankheit.........nbsp; nbsp;413
Hantansdünstung, Anomalien ders.nbsp; nbsp;877
—nbsp; nbsp;blntung..........nbsp; nbsp; 889
—nbsp; nbsp;brand...........nbsp; nbsp; 890
—nbsp; nbsp;eniphysem.........nbsp; nbsp; 907
—nbsp; nbsp;entzündung.........nbsp; nbsp; 893
—nbsp; nbsp;horn............nbsp; nbsp; 228
—nbsp; nbsp;hyperämie.........nbsp; nbsp; 887
—nbsp; hypcrlrophie........nbsp; nbsp; 891
—nbsp; jucken...........nbsp; nbsp; 89ü
—nbsp; kranklieiten........nbsp; nbsp; 874
—nbsp; neubildmig.........nbsp; nbsp; 228
—nbsp; nbsp;ödem...........nbsp; nbsp; 890
—nbsp; nbsp;Schwiele..........nbsp; nbsp; 227
—nbsp; nbsp;schunnd..........nbsp; nbsp; 890
—nbsp; nbsp;talg, Auoinaliun (less.....nbsp; nbsp; 878
r— tuberculose.........nbsp; nbsp; 892
—nbsp; nbsp;wurm.......007, 071,nbsp; 892
lleilan/.cigen..........nbsp; nbsp; nbsp; 30
—nbsp; nbsp;methoden.........nbsp; nbsp; nbsp; 28
Helminthen..........nbsp; nbsp; nbsp; 07
Hepatisalion..........nbsp; nbsp; 013
llemien..........280, 750
Herzabscess..........nbsp; nbsp; 052
—nbsp; nbsp;anämie...........nbsp; nbsp; 041
—nbsp; ancniysina.........nbsp; nbsp; 052
—nbsp; nbsp;atropliie..........nbsp; nbsp; 042
—nbsp; nbsp;beiitelentzündung......nbsp; nbsp; 048
—nbsp; nbsp;— Wassersucht.......nbsp; nbsp; 041
—nbsp; nbsp;blutung..........nbsp; nbsp; 041
—nbsp; nbsp;entzündung........nbsp; nbsp; 051
-ocr page 950-
928
Registerlaquo;
Seite
Herzenvciterang........nbsp; nbsp; 643
—nbsp; hypertropliie........nbsp; nbsp; G42
—nbsp; nbsp;kliippeneutziindung.....nbsp; nbsp; 653
—nbsp; klopfen...........nbsp; nbsp; 640
—nbsp; krankheiten........nbsp; nbsp; 637
—nbsp; schliiglgkeit........nbsp; nbsp; G77
—nbsp; wunden..........nbsp; nbsp; 656
Hinterbrand..........nbsp; nbsp; 346
Honiggesclnvulst........nbsp; nbsp; 246
Holzkrankheit.........nbsp; nbsp; 746
Hoinwurmkranklieit......nbsp; nbsp; 561
Hornviehseuche . ......nbsp; nbsp; 348
Hnfeisenniere.........nbsp; nbsp; 813
HUIsenwurm ... 75, 602, 636,nbsp; 777
Hundokrankheit........nbsp; nbsp; 577
—nbsp; nbsp;pockeu..........nbsp; nbsp; 406
—nbsp; nbsp;rotz...........nbsp; nbsp; 577
—nbsp; seuchc.........nbsp; nbsp; 577
Hundswuth..........nbsp; nbsp; 419
Hnngerraude.........nbsp; nbsp; 881
Husten............nbsp; nbsp; 514
Hydatiden ..........nbsp; nbsp; 246
Hydrophobie.........nbsp; nbsp; 411)
Hydrops...........nbsp; nbsp; 205
Hyperämie..........nbsp; nbsp; I'JO
Hyperostoso..........nbsp; nbsp; 858
Hypertrophie.......220,nbsp; 278
Hypostasen........nbsp; nbsp; 604
J.
Jahresconstitution......nbsp; nbsp; 141
—nbsp; nbsp;zeiten...........nbsp; nbsp; nbsp;44
Jauche............nbsp; nbsp; 261
Igelfuss...........nbsp; nbsp; 905
Impfling...........nbsp; nbsp; 140
—nbsp; der Lungenseuchc .....nbsp; nbsp; 630
—nbsp; nbsp;— Rinderpest.......nbsp; nbsp; 364
--------Schafpocken ......nbsp; nbsp; 397
Incrustation..........nbsp; nbsp; 219
Indication...........nbsp; nbsp; nbsp;30
Influenza......575, 592,nbsp; 612
Infusorien...........nbsp; nbsp; nbsp; 67
Insocten...........nbsp; nbsp; nbsp; 99
Juckkrankhcit.........nbsp; nbsp; 497
Seito
E.
Kalbefieber, entzündliches ....nbsp; nbsp; 832
—nbsp; nbsp;—, nervöses........nbsp; nbsp; 447
Kälberlähmo.........nbsp; nbsp; 867
—nbsp; grind...........nbsp; nbsp; 902
Kälte............nbsp; nbsp; nbsp; 42
Katarrhalfieber, bösartiges . . .nbsp; nbsp; 558
—nbsp; nbsp;— der Hunde.......nbsp; nbsp; 577
Kehlbrand ..........nbsp; nbsp; 345
Kehle............nbsp; nbsp; 566
Kehlkopfatrophie........nbsp; nbsp; 564
—nbsp; nbsp;— blntung........nbsp; nbsp; 564
—nbsp; nbsp;— croup ... .....nbsp; nbsp; 569
—nbsp; — enlzündung......nbsp; nbsp; 566
—nbsp; nbsp;— katanh, acuter.....nbsp; nbsp; 566
—nbsp; nbsp;— —, chron........nbsp; nbsp; 567
—nbsp; nbsp;— ödem.........nbsp; nbsp; 570
—nbsp; nbsp;— Verengerung.......nbsp; nbsp; 571
Kehlsucht...........nbsp; nbsp; 566
Klappenfehler des Heizens . . .nbsp; nbsp; 653
Klauenseuche .........nbsp; nbsp; 307
—nbsp; nbsp;—, bösartige........nbsp; nbsp; 882
Kleienflechte .... ...nbsp; nbsp; 879
Klima............nbsp; nbsp; nbsp; 48
Knochenatiophie........nbsp; nbsp; 857
—nbsp; brand..........nbsp; nbsp; 855
—nbsp; nbsp;bruch.........281,nbsp; 862
—nbsp; nbsp;briiehigkeit ........nbsp; nbsp; 408
—nbsp; nbsp;caries...........nbsp; nbsp; 864
—nbsp; nbsp;entziindung........nbsp; nbsp; 860
—nbsp; frass...........nbsp; nbsp; 864
—nbsp; nbsp;geschwür..........nbsp; nbsp; 864
—nbsp; nbsp;hypertropliie........nbsp; nbsp; 857
—nbsp; nbsp;nekrose..........nbsp; nbsp; 855
—nbsp; nbsp;neubildungen......235,nbsp; 858
—nbsp; weiche...........nbsp; nbsp; 411
Kuorpelvvucherung.......nbsp; nbsp; 867
—nbsp; nbsp;wunden..........nbsp; nbsp; 871
Knotenausschlag........nbsp; nbsp; 906
Knötchenausschlag.......nbsp; nbsp; 895
Kolik...........698,nbsp; 709
—nbsp; nbsp;der Hunde........nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 719
--------Pferde.........nbsp; nbsp; 710
—nbsp; nbsp;— Schweine........nbsp; nbsp; 719
-------Wiederkäuer.......nbsp; nbsp; 718
-ocr page 951-
Register.
929
Seite
Koller.............nbsp; nbsp; 461
—, rasender........455,nbsp; 4G5
Kolumbaczer Mücke......nbsp; nbsp; 112
Kopfkrankheit.........nbsp; nbsp; 558
Körperconstitution.......nbsp; nbsp; nbsp; 38
Kosmische Einflüsse......nbsp; nbsp; nbsp; 44
Krampf............nbsp; nbsp; 174
Krampfader, aneurysm......nbsp; nbsp; 662
—nbsp; nbsp;— knoten.........nbsp; nbsp; 666
Krampflmsten.........nbsp; nbsp; 563
Krankheit...........nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 3
Krankhcitsabnahme.......nbsp; nbsp; nbsp; 14
—nbsp; nbsp;anfall...........nbsp; nbsp; nbsp; 15
—nbsp; ausgänge..........nbsp; nbsp; nbsp; 15
—nbsp; nbsp;combination........nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 9
—nbsp; nbsp;complication........nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 9
—nbsp; nbsp;constitution.........nbsp; nbsp; 141
—nbsp; nbsp;daner...........nbsp; nbsp; nbsp; 12
—nbsp; nbsp;genius...........nbsp; nbsp; 141
—nbsp; Ursachen.........4,nbsp; nbsp; 33
—nbsp; nbsp;Verbreitung.........nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 6
—nbsp; nbsp;verlauf...........nbsp; nbsp; nbsp; 11
—nbsp; nbsp;zeichen..........nbsp; nbsp; nbsp; 10
—nbsp; nbsp;zunähme..........nbsp; nbsp; nbsp; 14
Kratzer............nbsp; nbsp; nbsp; 87
Krätze..........90,nbsp; 909
Krätzmilben........90,nbsp; 909
Krebs.............nbsp; nbsp; 247
Kreuzdreho..........nbsp; nbsp; 505
—nbsp; lähme...........nbsp; nbsp; 501
Kropf.............nbsp; nbsp; 676
Kuhpocken..........nbsp; nbsp; 400
Kunstheilung.........nbsp; nbsp; nbsp; 27
L.
Lageveränderungen.......nbsp; nbsp; 280
Lähmung...........nbsp; nbsp; 178
Lähmungskranklieit d. Zuchtjifcrdenbsp; nbsp;498
Lämmerlähme.........nbsp; nbsp; 867
—nbsp; nbsp;—, krampfhafte.......nbsp; nbsp; 492
—nbsp; grind...........nbsp; nbsp; 902
—nbsp; nbsp;rühr............nbsp; nbsp; 735
Laune der Hunde.......nbsp; nbsp; 577
Läuse...........112,nbsp; 908
Lausfliegen..........nbsp; nbsp; 111
Roll, Pathol. und Therapie. U. Aufl.
Seite
Lauterstall..........nbsp; nbsp; 101
Lebenscur...........nbsp; nbsp; nbsp; 27
Lebensverhältnisse als Kranheitsurs.nbsp; nbsp; nbsp;62
Leberblutung.........nbsp; nbsp; 772
—nbsp; nbsp;cysten...........nbsp; nbsp; 774
—nbsp; egel..........79,nbsp; 779
--------krankheit........nbsp; nbsp; 779
—nbsp; nbsp;entzündung.........nbsp; nbsp; 775
—nbsp; faule...........nbsp; nbsp; 779
—, granulirte.........nbsp; nbsp; 773
—nbsp; nbsp;hyperämie.........nbsp; nbsp; 771
—nbsp; hypertrophie........nbsp; nbsp; 776
—nbsp; krankheiten.........nbsp; nbsp; 766
—nbsp; krebs...........nbsp; nbsp; 774
—nbsp; nbsp;schwand..........nbsp; nbsp; 776
—nbsp; tnbcrkel..........nbsp; nbsp; 774
Lecksucht...........nbsp; nbsp; 707
Leichenerscheinungen......nbsp; nbsp; nbsp; 19
—nbsp; tränkungen.........nbsp; nbsp; nbsp; 23
Lendenblut..........nbsp; nbsp; 340
Licht.............nbsp; nbsp; nbsp;40
Linderungscur.........nbsp; nbsp; nbsp; 28
Lipome............nbsp; nbsp; 233
Lippengrind..........nbsp; nbsp; 902
Löserdürre...........nbsp; nbsp; 348
—nbsp; nbsp;Verstopfung.........nbsp; nbsp; 730
Luft.............nbsp; nbsp; nbsp; 45
Luftansammlung........nbsp; nbsp; 283
—nbsp; nbsp;— in der Brust.......nbsp; nbsp; 600
Luftröhrencroup........nbsp; nbsp; 569
—nbsp; nbsp;— divertikel........nbsp; nbsp; 572
—nbsp; nbsp;— katarrh.........nbsp; nbsp; 566
Lungenanämie.........nbsp; nbsp; 602
—nbsp; nbsp;atrophie..........nbsp; nbsp; 607
—nbsp; blutung..........nbsp; nbsp; 604
—nbsp; nbsp;brand.........607,nbsp; 614
—nbsp; concremente........nbsp; nbsp; 608
—nbsp; nbsp;congestion.........nbsp; nbsp; 602
—nbsp; cysten...........nbsp; nbsp; 611
—nbsp; eniphysem.........nbsp; nbsp; 634
—nbsp; entzündung, croupöse ....nbsp; nbsp; 611
—nbsp; nbsp;—, hypostat.........nbsp; nbsp; 604
-------, interstitielle.......nbsp; nbsp; 622
—nbsp; fibroid...........nbsp; nbsp; 608
—nbsp; nbsp;hyperämie, mech.......nbsp; nbsp; 604
—nbsp; hypostase.........nbsp; nbsp; 604
5!)
-ocr page 952-
#9632;I
930
Register.
Seile
Lungenkrampf.........nbsp; nbsp; 002
—nbsp; krankheiten.......nbsp; nbsp; 602
—nbsp; krebs.........nbsp; nbsp; Gil
—nbsp; nbsp;ödem...........nbsp; nbsp; 006
—nbsp; seudie des Kindes.....nbsp; nbsp; 023
—nbsp; nbsp;—, wurmige........nbsp; nbsp; 584
—nbsp; tuberkel.......608, 615
—nbsp; wurmhusten........nbsp; nbsp; 584
—nbsp; — seuclie.........nbsp; nbsp; 584
Luxation...........nbsp; nbsp; 281
Lymplidrüsenentzündung ....nbsp; nbsp; 675
—nbsp; nbsp;#9632;— hypertrophie......nbsp; nbsp; 671
—nbsp; nbsp;— krebs .........nbsp; nbsp; 675
—nbsp; — tuberculoso.......nbsp; nbsp; 674
—nbsp; gefässentzündung......nbsp; nbsp; 667
M.
Magenbremse.........nbsp; nbsp; 100
—nbsp; blutung..........nbsp; nbsp; 721
—nbsp; nbsp;croup...........nbsp; nbsp; 735
—nbsp; nbsp;darmkatarrli........nbsp; nbsp; 724
—#9632; geschwür, perf.......nbsp; nbsp; 759
—nbsp; liypertrophie........nbsp; nbsp; 723
—nbsp; nbsp;katarrli, chron........nbsp; nbsp; 729
—nbsp; krankheiten........nbsp; nbsp; 694
—nbsp; krebs...........nbsp; nbsp; 724
—nbsp; perforation........n, .nbsp; nbsp; 758
—nbsp; polvpen..........nbsp; nbsp; 723
—nbsp; nbsp;risse.....'......nbsp; nbsp; 757
—nbsp; seuclie.........nbsp; nbsp; 348
—nbsp; nbsp;steine...........nbsp; nbsp; 113
—nbsp; wunden.........nbsp; nbsp; 756
Magnetismus.........nbsp; nbsp; nbsp; 43
Mälinengrind.........nbsp; nbsp; 903
Marasmus...........nbsp; nbsp; 215
Markflüssigkeit.........nbsp; nbsp; 408
—nbsp; scbwainm.........nbsp; nbsp; 251
Masern............nbsp; nbsp; 407
Mastdarmcarbunkcl.......nbsp; nbsp; 340
—nbsp; nbsp;— entzündung.......nbsp; nbsp; 728
—nbsp; — polypon.........nbsp; nbsp; 723
—nbsp; — Vorfall.........nbsp; nbsp; 755
Mauke des Pferdes.......nbsp; nbsp; 903
--------Rindes.........nbsp; nbsp; 898
Maulantlirax..........nbsp; nbsp; 344
Seile
Maulentzündung......
. . 086
. . 902
— seuclie......
. 307
Mechanische Scliädlichkeiten.
. . 39
Medullarkrebs.......
. . 251
Meerlinsigkeit.......
. . 58^
Mehlflechte........
. . 879
Melanose........
239
Melanotiseher Krebs . . . .
. . 251
Metallischer Klang.....
. . 524
Metullvergiftungen.....
. . 412
Metastasen........
. 8, 302
Metastatische Herde.....
. . 302
132
Milben..........
. . 88
Milehfehler.......
. 839
— lieber, typhöses.....
. . 447
— fistel..........
. 848
. . 848
Milzbrand
314
— — blutschlag . . , 325,
337, 344
— — caibunkel......
341, 343
— — emphysem......
. . 342
--------fieber........
326, 338
Milzkrankheiten......
. . 781
. 588
Muscatnnsslcbcr......
. . 772
. . 871
871
— entzündmig.......
. . 872
— liypertrophie......
. . 871
. . 236
. . 873
Mutterkoller.....
. 466
Jlvcoderina........
. . 65
N.
Nachcnr ......
Nachkrankheiten . . . Nachlass der Krankheil Nagen der Kühe . . . Nahrungsmittel, . . . Nasenausfluss ....
—nbsp; nbsp;—, bedenklicher .
—nbsp; nbsp;bluten ......
28
18
14
707
49
510
645
529
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Register,
)31
Stile
Nascnbrenise.........nbsp; nbsp; 110
—nbsp; croup...........nbsp; nbsp;352
—nbsp; nbsp;katarrh, acnter.......nbsp; nbsp; 543
—nbsp; nbsp;—, chronischer ......nbsp; nbsp;545
—nbsp; polypen..........nbsp; nbsp; 530
Naturheilung.........nbsp; nbsp; nbsp; 17
Nekrose...........nbsp; nbsp; 209
Nervenkrankheiten.....414,nbsp; 505
—nbsp; neubildung.........nbsp; nbsp;210
Nesselausschlag........nbsp; nbsp;S96
Neubildungen.........nbsp; nbsp; 220
Nierenblutung.........nbsp; nbsp;803
—nbsp; nbsp;cysten...........nbsp; nbsp;807
—nbsp; nbsp;entzündung........nbsp; nbsp;808
--------, Bright'sche.......nbsp; nbsp; 811
—nbsp; nbsp;hyperiimie.........nbsp; nbsp;802
—nbsp; nbsp;hyperfrophie........nbsp; nbsp;805
—nbsp; katarrh..........nbsp; nbsp; 812
—nbsp; krankheiten........nbsp; nbsp; 800
—nbsp; nbsp;krebs...........nbsp; nbsp; 807
—nbsp; nbsp;Schwund..........nbsp; nbsp;806
—nbsp; nbsp;steine.........121,nbsp; 813
—nbsp; Wassersucht........nbsp; nbsp;806
Niesen............nbsp; nbsp;514
0.
Obsolescenz..........nbsp; nbsp;219
Oedem............nbsp; nbsp;205
—nbsp; nbsp;der Stimmritze.......nbsp; nbsp;570
Ohnmacht..........nbsp; nbsp;445
Oidium............nbsp; nbsp; nbsp;65
Organische Störungen.....nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;5
Oitssperre..........nbsp; nbsp; 160
Osteophyten........235,nbsp; 859
P.
Palliativcur..........nbsp; nbsp; nbsp;28
Palissadenwürmer.....83,nbsp; 572
Pancreaskrankheiten......nbsp; nbsp;784
Parasiten...........nbsp; nbsp; nbsp;64
Paroxysnms.....; . . . .nbsp; nbsp; nbsp; 15
Peitschenwurm........nbsp; nbsp; nbsp;81
Pentastomum.......nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;88
Percussion..........nbsp; nbsp; 515
Seite
Perlsucht...........nbsp; nbsp; 588
Pestblatter..........nbsp; nbsp; 339
Petechien...........nbsp; nbsp; 196
Pfeiferdampf.........nbsp; nbsp; 565
Pferdebremse.........nbsp; nbsp; 100
Pflanzliche Parasiten......nbsp; nbsp; nbsp; 64
Pfriemenschwanz.......nbsp; nbsp; nbsp; 85
Pfropfbildimg in den Gefässen 22,nbsp; 382
657,nbsp; 662
Phlcbolithcn.........nbsp; nbsp; 663
Pigmentbildung........nbsp; nbsp; 238
Pilze auf der Haut......nbsp; nbsp; nbsp; 64
Plattwürmer..........nbsp; nbsp; nbsp; 70
Plethora...........nbsp; nbsp; 295
Pneumatose........283,nbsp; 795
Pneumothorax........nbsp; nbsp; 600
Pocken............nbsp; nbsp; 387
Polypen...........nbsp; nbsp; 231
Präscrvativmittel........nbsp; nbsp; nbsp; 63
Prognose...........nbsp; nbsp; nbsp; 17
Prophylaxis..........nbsp; nbsp; nbsp; 25
Pulsadergeschwnlst.......nbsp; nbsp; 659
Pnstulöse Ausschläge......nbsp; nbsp; 901
Pyämie............nbsp; nbsp;305
R.
Kacena: I-ige..........nbsp; nbsp; nbsp;37
Rachenentzündung.......nbsp; nbsp; 686
Kackseuche.........nbsp; nbsp; 408
Bankkorn...........nbsp; nbsp; 344
Rasselgeräusche........nbsp; nbsp; 523
Bände.........899,nbsp; 909
—nbsp; nbsp;milben.........90,nbsp; 909
ßecidiye..........nbsp; nbsp; nbsp; 14
Kecouvalescenz........nbsp; nbsp; nbsp; 14
Kegenfäule..........nbsp; nbsp; 898
Keibungsgeräusche......nbsp; nbsp;525
Reinigung der Ställe......nbsp; nbsp; 105
—nbsp; nbsp;— thieiischer Producte . . .nbsp; nbsp; 162
Keizfieber...........nbsp; nbsp; 184
Remission ..........nbsp; nbsp; nbsp; 14
Rhachitis...........nbsp; nbsp; 411
Riesenkratzer........nbsp; nbsp; nbsp; 87
Rinderpest..........nbsp; nbsp;348
Rindviehbremse........nbsp; nbsp; 108
59*
-ocr page 954-
932
RngistiT.
Seite
Rindviehstaupe.......nbsp; nbsp; 348
Rolirerdampf.........nbsp; nbsp;565
Rollschwanz..........nbsp; nbsp; nbsp;82
Rose.............nbsp; nbsp;343
Rothlauf...........nbsp; nbsp; 888
—, brandiger.......343,nbsp; 346
Rotz, aeuter.........nbsp; nbsp; 555
—, chronischer........nbsp; nbsp; 532
—nbsp; nbsp;der Hunde.........nbsp; nbsp; 577
—nbsp; der Schafe .... • . . . .nbsp; nbsp; 546
Ruckenblut..........nbsp; nbsp; 340
Riickenmarksblutung......nbsp; nbsp; 503
—nbsp; nbsp;— congestion.......nbsp; nbsp; 502
—nbsp; — entzündung.......nbsp; nbsp; 504
—nbsp; nbsp;— hyperämie .......nbsp; nbsp; 502
—nbsp; nbsp;— hypertrophie......nbsp; nbsp; 504
—nbsp; — krankheiten.......nbsp; nbsp; 483
—nbsp; nbsp;— ödem..........nbsp; nbsp; 503
—nbsp; — Schwund........nbsp; nbsp; 504
Rückfall...........nbsp; nbsp; nbsp; 14
Ruhr.............nbsp; nbsp; 739
—nbsp; fieber, bösartiges......nbsp; nbsp; 348
Rundwürmer.........nbsp; nbsp; nbsp; 80
Russ der Ferkel........nbsp; nbsp; 903
s.
Samenkoller..........nbsp; nbsp;466
Sarcom............nbsp; nbsp; 231
Saugwürmer.........nbsp; nbsp; nbsp; 78
Schabe............nbsp; nbsp; 899
Schafbremse.........nbsp; nbsp; 110
—nbsp; pocken..........nbsp; nbsp; 387
—nbsp; nbsp;raude...........nbsp; nbsp; 912
—nbsp; nbsp;rotz............nbsp; nbsp; 546
Scharlachfieber.......nbsp; nbsp; 407
Scheidenkatarrh........nbsp; nbsp; 838
—nbsp; polypen..........nbsp; nbsp; 838
—nbsp; Vorfall...........nbsp; nbsp; 839
Scheintod...........nbsp; nbsp; 445
Scheue............nbsp; nbsp; 444
Schilddrüsen-Krankheiten ....nbsp; nbsp; 676
Schlafkrankheit........nbsp; nbsp; 447
Schlagflnss.........nbsp; nbsp; 455
Sehlecksucht.........nbsp; nbsp; 707
#9632;Schleuderkrankheit.......nbsp; nbsp; 561
Seite
Schmarotzer..........nbsp; nbsp; nbsp;64
Schmerz...........nbsp; nbsp; 171
Schnuffelkrankheit.......nbsp; nbsp; 560
Schruckigsein.........nbsp; nbsp; 494
Schuppenflechte........nbsp; nbsp; 879
Sclnvächcfieber........nbsp; nbsp; 184
Schweinepocken........nbsp; nbsp; 405
Schweissabsonderung, Anomalien
derselben..........nbsp; nbsp; 877
Schwindflechte ........nbsp; nbsp; 895
Schwindel ..........nbsp; nbsp; 441
Schwund...........nbsp; nbsp; 215
Sehnenentzündung.......nbsp; nbsp; 873
—nbsp; nbsp;Scheidenentzündung.....nbsp; nbsp; 873
—nbsp; wunden..........nbsp; nbsp; 873
Semiotik...........nbsp; nbsp; nbsp; 10
Senkungshyperämie.....23,nbsp; 604
Separation...........nbsp; nbsp; 157
Sequester...........nbsp; nbsp; 855
Seuchen...........nbsp; nbsp; 141
Siechkrankheiten .......nbsp; nbsp; 407
Sonnenlicht..........nbsp; nbsp; nbsp; 40
Speckgeschwulst........nbsp; nbsp; 233
—nbsp; leber...........nbsp; nbsp; 774
—nbsp; milz............nbsp; nbsp; 783
Sphacelus...........nbsp; nbsp; 212
Speichelabsonderung , Anomalien
derselben..........nbsp; nbsp; 690
Speicheldrüsen-Entzündung . . .nbsp; nbsp; 692
--------fluss..........nbsp; nbsp; 691
--------steine........118,nbsp; 692
Speiseröhren-Divertikel.....nbsp; nbsp; 693
—nbsp; nbsp;— Entzündung.......nbsp; nbsp; 693
—nbsp; nbsp;— Erweiterung.......nbsp; nbsp; 693
—nbsp; nbsp;— Verengerung......nbsp; nbsp; 694
--------Wunden........nbsp; nbsp; 694
Spitzpocken..........nbsp; nbsp; 404
Splenisation..........nbsp; nbsp; 604
Sporadische Krankheiten ....nbsp; nbsp; 142
Spulwurm.........86,nbsp; 572
Stadien der Krankheit.....nbsp; nbsp; nbsp; 13
Ställe als Krankheitsursache ...nbsp; nbsp; nbsp; 60
Starrheit...........nbsp; nbsp; 175
—nbsp; krampf........175,nbsp; 486.
—nbsp; sucht...........nbsp; nbsp; 440
Stase.............nbsp; nbsp; 190
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Register.
933
Seite
Stätigkeit...........nbsp; nbsp; 443
Staupe............nbsp; nbsp; 577
Steatom ...........nbsp; nbsp; 233
Steine............nbsp; nbsp; 113
Steinpocken .......391,nbsp; 404
Stenose............nbsp; nbsp;279
—nbsp; der Herzosticn.......nbsp; nbsp; 654
Stickfluss...........nbsp; nbsp; 007
Stiersucht...........nbsp; nbsp; 824
Stimme, Abänderungen derselbennbsp; nbsp; nbsp;515
Straubfluss .,.........nbsp; nbsp; 905
Strengel...........nbsp; nbsp; 643
—, brandiger.........nbsp; nbsp; 558
Strictur............nbsp; nbsp; 279
Stützigkeit..........nbsp; nbsp; 443
Stützschvvanz.........nbsp; nbsp; nbsp; 86
Sümpfe als Krankheitsursache . .nbsp; nbsp; nbsp; 48
Symptom...........nbsp; nbsp; nbsp; 10
Symptomatische Cur......nbsp; nbsp; nbsp; 31
Synochales Fieber.......nbsp; nbsp; 184
Syuostose...........nbsp; nbsp; 861
T.
Tageszeiten, Einfluss derselben. .nbsp; nbsp; nbsp; 44
Tänien............nbsp; nbsp; nbsp; 73
Teigmaul...........nbsp; nbsp; 902
Temperatur, Einfluss derselben. .nbsp; nbsp; nbsp;41
Teufelsschuss.........nbsp; nbsp; 337
Thau.............nbsp; nbsp; nbsp;46
Therapie..........24, 27
Thrombus........198,nbsp; 202
Tilgungsmassregeln......nbsp; nbsp; 149
Tod.............nbsp; nbsp; nbsp; 18
Todeskampf..........nbsp; nbsp; nbsp; 18
Todtenstarre.........nbsp; nbsp; nbsp; 20
Tollwuth...........nbsp; nbsp; 419
Traberkrankheit........nbsp; nbsp; 494
Träberausschlag......53,nbsp; 898
Trichophyton tonsurans ....nbsp; nbsp; nbsp; 65
Trommelsucht.........nbsp; nbsp; 760
Tuberkel...........nbsp; nbsp; 240
Tuberkelausschlag.......nbsp; nbsp; 906
Tuberculisiren.........nbsp; nbsp; 219
Typhus............nbsp; nbsp; 314
—nbsp; nbsp;des Pferdes........nbsp; nbsp; 326
Seite
u.
Uebergalle..........nbsp; nbsp;348
Unbestimmtes Athmen.....nbsp; nbsp; 523
Unfruchtbarkeit........nbsp; nbsp; 825
Uliverdaulichkeit, chronische . .nbsp; nbsp; 730
Urämie............nbsp; nbsp;822
V.
Varix............nbsp; nbsp; 666
Veitstanz...........nbsp; nbsp;441
Venenentzündung.......nbsp; nbsp; 664
—nbsp; nbsp;erweiterung........nbsp; nbsp; 666
—nbsp; nbsp;steine . .'.........nbsp; nbsp;663
—nbsp; nbsp;Verengerung........nbsp; nbsp; 667
—nbsp; nbsp;wunden..........nbsp; nbsp; 667
Verengerung.........nbsp; nbsp; 278
Vergiftungen.........nbsp; nbsp; 743
—, chronische.........nbsp; nbsp;412
Verhärtung..........nbsp; nbsp;282
Verhornung..........nbsp; nbsp;219
Verhüten...........nbsp; nbsp; nbsp;58
Verkalkung........219,nbsp; 236
Verklebung..........nbsp; nbsp; 281
Verknöcherung........nbsp; nbsp; 219
Verkreidung .......219,nbsp; 236
Verödung...........nbsp; nbsp;219
Verrenkung..........nbsp; nbsp; 281
Verscharren der Cadaver ....nbsp; nbsp; 162
Verstopfung..........nbsp; nbsp; 699
Verwachsung.........nbsp; nbsp; 281
Verwendung als Krankheitsursachenbsp; nbsp; 62
Veterinär-Polizei........nbsp; nbsp; 144
Viehhirten..........nbsp; nbsp; 146
—nbsp; nbsp;markte........145,nbsp; 161
—nbsp; pest............nbsp; nbsp;348
—nbsp; triebe...........nbsp; nbsp; 147
Vollblütigkeit.........nbsp; nbsp; 295
Volvulus...........nbsp; nbsp; 754
Vorbauung..........nbsp; nbsp; nbsp;25
Vorfall.............nbsp; nbsp; 280
Vorhersage..........nbsp; nbsp; nbsp; 17
Vorlagerung..........nbsp; nbsp; 280
Vorhautsteine.........nbsp; nbsp; 127
Vorsteherdrüse, Krankheiten ders.nbsp; nbsp;827
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034
Kegtster.
Suite
W.
z.
Zahnneubildung........nbsp; nbsp; 228
Zäpfigkeit............nbsp; nbsp; 588
Zecken..........88,nbsp; 908
Zeichen der Krankheit.....nbsp; nbsp; nbsp; 10
Zeiträume der Krankheit ....nbsp; nbsp; nbsp; 13
Zersetzung des Blutes.....nbsp; nbsp; 303
Ziegenpocken.........nbsp; nbsp; 405
Zittern............nbsp; nbsp; 175
Zottenkrebs..........nbsp; nbsp; 252
Zuckungen..........nbsp; nbsp; 175
Zungenanthrax.........nbsp; nbsp; 339
—nbsp; beleg...........nbsp; nbsp; 703
—nbsp; brand...........nbsp; nbsp; 339
—nbsp; nbsp;carbunkel.........nbsp; nbsp; 339
Zwang............nbsp; nbsp; 698
Waldkrankheit........nbsp; nbsp; 746
Wärme............nbsp; nbsp; nbsp;41
Warzen...........nbsp; nbsp; 227
—nbsp; pocken..........nbsp; nbsp; 404
Wasserblasen.........nbsp; nbsp; 246
nbsp;köpf...........nbsp; nbsp; 400
nbsp;pocken..........nbsp; nbsp; 404
nbsp;scheue ..... . .nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;419
nbsp;sucht........ . .nbsp; nbsp; 205
Wechselfieber.........nbsp; nbsp; 188
Weichselzopf.........nbsp; nbsp; 886
Weiden als Krankbeitsursaclie . .nbsp; nbsp; nbsp;56
Wetzkrankheit.........nbsp; nbsp; 494
Winde als Kranklieitsursacho . .nbsp; nbsp; nbsp;46
Winddorn . . •........nbsp; nbsp; 858
Windpocken .........nbsp; nbsp; 404
Wollefressen der Schafe ....nbsp; nbsp; 708
Wurm........667, 671,nbsp; 892
Wuth............nbsp; nbsp; 419
Wien. Drack von lacoh t llolzli.iusen
2.1 ri
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