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BIBUOTHEEK UNIVERSITEIT UTRECHT
2855 685 4
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Compendium
der fnbsp; nbsp; nbsp; nbsp;C ^nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;s *sy
speciellen
Pathologie und Therapie
unserer
Haussäugethiere
l'ür
Aerzte, Tkierärzte und Laiidwirthe
Leopold Gottlieb Kraus,
Doctor der Medicin und Chiruig-ie, Mmririterjg;; ^bm-tahilfe. Mitglied der Wiener med. FacnltSt, emerit. Gerichts- jinft' B^ciflaquo;aVraquo;™ngt;'sa'011saii!t-
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Verlag v quot;b^ji
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Sclinellpresseiulnick von C. H. Kuusttnann in Erlancren.
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Vorwort.
Zum glücklichen Wohlstande des Landmanues gehört auch sein wohlbestellter Stall, und der Viehstall des Landwirthes zählt besonders in einem Agriculturstaate mit zu den wichtigsten Be­dingungen eines gesunden national - öconomischen Wohlstandes. Diese Prämisse vorausgesetzt, liegt die Notwendigkeit eines gut geschulten ärztlichen Personals, welches dem Veterinär-Sanitäts-weseu vorsteht, für jeden Unbefangenen auf der Hand, und wir halten es für überflüssig, die Vortheile auseinander zu setzen, welche gebildete Thierärzte der Gesellschaft auch indirect bieten. Das häufige Auftreten von Viehseuchen in den letzten Jahren ist eine traurige Illustration für die Nothwendigkeit tüchtiger Veteri­näre, welche, wenn sie ihre Aufgabe mit Ernst erfassen, so manche dem Nationalreichthume drohende Gefahr abzuwenden vermögen. —
Die Leichtfertigheit, mit welcher das Studium der Thierheil-kunde im Allgemeinen betrieben wird, ist leider notorisch und den meisten ins praktische Leben tretenden Aerzten ist sie eine wahre Terra incognita. Wohl fehlt es nicht an Werken über Thierheil-kunde, in welchen der Lernbegierige Wissen und Rath holen kann. Unseres ausgezeichneten Roll vortreffliches geradezu unübertroffe­nes Werk ist gewis's classisch zu nennen, aber das eben ist für das thierärztliche Publikum sein grösster Fehler, es erfordert eine zu grosse wissenschaftliche Vorbildung, abgesehen davon, dass es zu umfangreich und ziemlich kostspielig ist. Wenn ich nun mit dem vorliegenden Compendium vor die Oeffentlichkeit trete, so gebe ich damit nicht einem schriftstellerischen Kitzel nach; es liegt mir nichts ferner als sogenannte Buchmacherei. Ich glaube vielmehr Studirenden, praktischen Aerzten, Thierärzten und Landwirthen mit der Publication des vorliegenden Werkes einen wesentlichen Dienst
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IVnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Vorwort.
zu erweisen. Ich habe den heutigen Standpunkt der Medicin, der Veterinärpolizei und Gesetzgebung festgehalten, ich habe die treff­lichen Werke von Roll, Gurlt, Spinola, Falke, Hertwig, die ganze moderne Literatur benutzt, um dem gegenwärtigen Stande der Wissenschaft Rechnung zu tragen. Ohne jedoch den Anforderungen der Wissenschaft im entferntesten etwas zu vergeben, habe ich die Diction so gehalten, dass sie jedem Verständnisse, jedem Grade der Vorbildung sich anschmiegt und selbst Landwirthen wird das Buch zugänglich und in Anwendung seines Inhaltes nutzbringend sein. In der Aetiologie habe ich durchwegs Roll benützt, dessen Angaben ich im Auszuge reproducirte. Die Einheit des Ganzen konnte dadurch nur gewinnen, und die Darstellung der Ursachen­lehre, welche für Erkenntniss und Behandlung der Viehkrankheiten von so grosser Bedeutung ist, ist bei dem genannten Autor wahr­haft unübertrefflich. Soviel über Form und Inhalt des Werkes, es seien mir nur noch einige Worte gestattet über meine Berechtigung dasselbe zu schreiben. Durch viele Jahre stand ich an der Spitze der Viehbeschau- und Seuchen-Commission in Leipnik und welch' reiches thierärztliches Materiale mir da zuströmte, wird aus den folgenden Angaben klar werden. Die an der Nordbahn gelegene mährische Stadt Leipnik ist die Einbruchsstation für Alles aus Galizien, Russland, den Douaufürstenthümern u. s. w. nach Oester-reich kommende Rindvieh. In meiner amtlichen Stellung hatte ich jährlich viele tausend Stücke zu beschauen, und begreiflicherweise in diesem Wirkungskreise reiche Gelegenheit die unter dem Rinde sporadisch oder epizootisch vorkommenden Krankheiten zu sehen und durch Obductionen auch anatomisch zu studiren. In meiner Stellung als ärztliches Mitglied der Seuchencommission kam ich oft in die Lage, auch die Krankheiten der übrigen Haussäugethiere praktisch kennen zu lernen.
Ich werde mich glücklich schätzen, wene'es dem Buche, das ich mit Fleiss und Liebe arbeitete, gelingt, sich den Beifall des Publikums und der unbefangenen Kritik zu erringen.
Wien im Februar 1867.
Der Verfasser.
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\3.
I.
Allgemeine Vorbegriffe.
sect;. 1. Die specielle Pathologie und Therapie stellt sich die Aufgabe, uns mit der Lehre von den einzelnen Krankheiten und ihrer Behandlung vertraut zu machen; sie sucht die in der allge­meinen Pathologie und Therapie erörterten Grundsätze auf die ein­zelnen Krankheitsformen anzuwenden. Während die allgemeine Pathologie die durch die Physiologie, die pathologische Anatomie, im chemischen Laboratorium, durch das Microscop und die Erfah­rung gewonnenen Anschauungen, zur Erklärung des Wesens, der Entstehung, der Ursachen und Wirkungen der Krankheiten im Allgemeinen zu verwerthen und zusammenzufassen strebt, sucht die specielle Pathologie dieselben Verhältnisse den einzelneu Krank­heiten anzupassen.
sect;. 2. Die Pathologie unserer Hausthiere umfasst ein sehr weites Gebiet, insofern sie es mit Thieren verschiedener Gattungen zu thun hat, die, wenn sie nicht gerade ihre eigenthümlichen Krank­heiten besitzen denn doch in Folge des verschiedenen anatomischen Baues einzelner Organe besondere Charactere zeigen. Man hat deshalb auch wohl in der speciellen Krankheits - und Heilungslehre eine Sonderung der Krankheiten nach den verschiedenen Thier-gattungen getrofien; dies ist jedoch überflüssig und schadet der Uebersichtlichkeit.
sect;. 3. Das Kranksein ist die Abweichung von dem normalen Zustande des individuellen, lebenden Organismus. Krankheit ist der durch Abstraction von den individuellen Verhältnissen des Krankseins gebildete Begriö'; es gibt keine allgemein gültige Be­zeichnung für den Zustand der Gesundheit, sie hat eine wechselnde Ausdehnung.
Die Unmöglichkeit die Grenze zwischen Gesundheit und Krank­heit zu bestimmen, führt schon empirisch zu der Erkeuutniss, dass
Kraus, Fath. u. Therap. der Hausoäugethiere.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 1
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2nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Allgemeine Vorbegriffe.
mit dem Auftreten des Krankseins keine neue Norm der Entwicklung in den Organismus hineiutritt, sondern dass derselbe Modus der organischen Gestaltung und Entwicklung, wie wir ihn im gesunden Organismus beobachten, fortwirkt. Das Kranksein ist ein physio­logischer Zustand, das Krankwerden ein physiologischer Process und die Pathologie als die Lehre von den Krankheiten nur ein Theil der Physiologie.
sect;. 4. Die Aeusserungen des Krankseins heissen Symptome, der Theil der Pathologie, welcher sie besonders betrachtet, heisst Symptomatologie oder Semiotik. Die Symptome sind entweder äusserlich, für andere sinnlich wahrnehmbar, objective, oder nur für das erkrankte Individuum wahrnehmbar, subjective. — Sie sind entweder auf ein oder einige Organe und Kreise der organischen Funktionen beschränkt, locale oder werden durch Betheiligung des Blutes, des Nervensystems, zu allgemeinen; man unterscheidet sie weiter als primäre, secundäre, directe, indirecte, wesentliche und zufällige. Die Bedeutung dieser Bezeichnungen liegt in den Worten selbst.
sect;. 5. Die Symptome sind unsere Führer, um zur Erkenntniss, Diagnose, der Krankheit selbst zu gelangen. Denn die Symptome sind nie die Krankheit selbst. So einfach dieser Satz erscheint, so nahe er dem unbefangenen Bewusstsein liegt, so giebt seine Verkennung und Nichtbeachtung doch zu den ärgsten Missgriifen Veranlassung.
Zur Stellung einer wissenschaftlichen, vernünftigen Diagnose müssen die an einem kranken Thiere wahrnehmbaren Erscheinungen für sich und in ihrer Abhängigkeit von gewissen Störungen bestimm­ter Organe geprüft werden; dann erst wird es klar, dass manche, von ihnen von gewissen Zuständen eines Organes unmittelbar abhängig sind, wie die Veränderungen seiner Farbe, seines Umfangs, seiner Dichtheit, während andere sich nur als die Folgen gewisser Zu­stände eines Organes, welches bisweilen nicht einmal der Unter­suchung zugänglich ist, ergeben. So schliesst man z. B. aus der Beschaffenheit der Absonderungsflüssigkeiten auf den Zustand des secernirenden Organs, aus dem Pulse auf gewisse Zustände der Kreislauforgane.
Die Feststellung einer richtigen Diagnose wird besonders im Beginne der Krankheiten bei Thieren durch den Umstand erschwert, dass nur die objectiven Symptome zur Kenntniss des Arztes ge­langen, während die subjectiven z. B. schmerzhafte Empfindungen u. a. m. häufig verborgen bleiben, weshalb eine sorgfältige Un­tersuchung des kranken Thieres und die Benützung aller möglichen physikalischen und chemischen Behelfe unbedingt nothwendig ist.
Die Diagnose wird um so sicherer, jemehr wir im Stande sind, sie an ein bestimmtes Organ zu knüpfen, jemehr wir für den Complex der Erscheinungen ein Organ als Grund aufzufinden ver-
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Krankheitserschemungen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;g
mögen, d. h. sie zu localisiren. Das ist die anatomische Grund­lage der Krankheiten, die wir am liebsten suchen und linden.
sect;. 6. Die Kraukheitserscheinungen treten plötzlich mitten in der vollständigen Gesundheit auf, am deutlichsten beobachten wir dies bei mechanischen Ursachen, bei Einwirkung schädlicher Sub­stanzen. In anderen Fällen beruht die Plötzlichkeit der Erscheinun­gen nur in äusserlichen Momenten; sie ist eben nur die Kundwer-dung einer seit längerer Zeit vorbereiteten organischen Veränderung.
sect;. 7. Auch eine einwirkende Schädlichkeit kann längere Zeit brauchen, ehe die den Krankheitserscheinungen zu Grunde liegenden Processe zu Stande kommen; man nennt dies Latenz des Contagiums. Häufig beginnen die Krankheiten und gerade intensive Processe, Veränderungen wichtiger centrischer Organe zu­erst mit allgemeinen Erscheinungen, die sich erst später localisiren.
sect;. 8. Die allgemeinste und nächstliegende Eintheilung der Krankheiten in Bezug auf ihre Dauer ist in acute und chronische.
Acute Krankheiten sind meist fieberhafte, chronische häufig fieberlose.
Diejenigen Krankheitserscheinungen, welche innerhalb be­stimmter Grenzen eine unter verschiedenen Verhältnissen sich gleiche oder wenigstens ähnliche Art der Entwicklung zeigen, be­zeichnet man als typische, die man auch regelmässige nennt, ob­wohl diese Bezeichnungen sich nicht vollständig decken. Die her­vorspringenden Punkte der Entwicklung, die man bei acutem Ver­laufe am deutlichsten bemerken kann, hat man als Stadien be­zeichnet. Man unterscheidet 1) Stadium opportunitatis, prodromo-rum (St. der Vorboten, Auftreten meist allgemeiner, nicht localisirter Symptome), 2) Stadium incrementi (Stad. der Zunahme der Sym­ptome), 3) Stadium acmes, staseos (Stad. der Höhe, der höchsten Entwickelung der Krankheit), 4) Stadium decrementi (Stad. der Ab­nahme, des Zurücktretens der drohendsten Erscheinungen), 5) Stadium reconvalescentiae (Stad. der Wiedgenesung), das krankge­wesene Thier zeigt, nur noch Schwäche Abmagerung, grössere Em­pfänglichkeit für äussere Einflüsse u. s. w. Innerhalb des Verlaufes einer jeden Krankheit, am auffallendsten bei den acuten Prozes­sen beobachten wir auch, abgesehen von den grossen Stadien, Schwankungen in der Intensität. Die fieberhaften Erscheinungen geben für die Beobachtung dieser Verhältnisse die sichersten Anhaltspunkte. Der Wechsel heisst Rhythmus, die Steigerung der einzelnen Krankheit Exacerbation, Paroxysmus, welchem Remission und vollständige Intermission gegenübersteht. Am häufigsten fin­det gegen Abend, vor Mitternacht, oft auch des Morgens eine Steigerung der Krankheitserscheinungen statt. Die Exacerbatio-nen sind bei allgemein sehr intensiven Erscheinungen oft gering, und deshalb hat man von „morbi continuiquot; gesprochen, von Krank­heiten, deren Symptome stets auf gleicher Höhe bleiben sollen,
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4nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Allgemeine Vorbegriffe.
was indessen nur relativ aufgefasst werden darf; alle Krankheiten sind eigentlich morbi remittentes.
Die Rückkehr einer Krankheit aus einem vorgeschrittenen Zeiträume in einen frühern heisst man Recidive, Rückfall.
sect;. 9. Ausgänge der Krankheiten: I. In Genesung, sie besteht in der Rückkehr der Funktionen, im gänzlichen oder theilweisen Wiederersatze des Verlorenen. Die Genesung kann sehr rasch durch Entfernung der Ursache erfolgen. Ein eingedrungener frem­der Körper wird entfernt und es schwinden sofort die durch ihn hervorgebrachten Symptome. Doch hat der alte Satz: „cessante causa cessat effectusquot; nur für den Beginn der Krankheit seine Gültigkeit; eine sehr schnelle Endigung der Krankheit, bevor sie eine weitere Entwicklung erreicht hat, bezeichnet man als Aborti­ren derselben.
Sehr häufig findet sowohl bei acuten, noch häufiger bei chro­nischen Krankheiten eine allmälige Abnahme der Symptome, allmä-lige Ausgleichung der Störung statt, Lysis. Bei acuten Krankheiten besonders ist die Rückkehr zum Normalen oft durch eine plötzliche Wendung in den Symptomen bezeichnet, Krisis, nachdem meist die Krankheit kurz vorher ihre grösste Intensität gezeigt hatte.
Die Krisis, die oft mit bestimmten Perioden der Krankheiten ent­sprechenden Tagen (3. 7. 9.11. 13 etc.), dies critici zusammenfällt, wird häufig durch Vorboten molimina critica angekündigt. Es erschei­nen besonders ungerade Tage für den Eintritt kritischer Erscheinun­gen günstig zu sein, doch ist es in vielen Fällen sehr schwer, den Eintritt von Krisen mit Sicherheit zu bestimmen; am leichtesten ist dies bei fieberhaften Krankheiten; — solche kritische Erschei­nungen sind zunächst bei acuten fieberhaften Krankheiten: Sinken der abnormen hohen Temperatur, mit der gewöhnlich auch Sinken der Pulsfrequenz verbunden ist, vermehrte Schweisssecretion, Auf­treten von reichlichen harnsauren Sedimenten im Urin, Exanthem-bildung (Abscesse), reichliche Secretionen.
sect;. 10. Nach dem Grade der Möglichkeit oder Wahrschein­lichkeit der Wiedergenesung sondert man auch die Krankheiten in leichte d. h. solche, bei welchen die Genesung dem gewöhnlichen Verlaufe nach mit Wahrscheinlichkeit oder Gewissheit zu erwarten ist — und schwere, bei welchen dem erkrankten Gefahren bevor­stehen; in gutartige, bei welchen die Gesammtheit der Erscheinun­gen einen günstigen Verlauf zu hoffen berechtigt und bösartige, bei welchen eine fortschreitende Steigerung der Krankheit oder unvorhergesehene Unfälle die Genesung unwahrscheinlich macheu.
Der Grad der Möglichkeit und Wahrscheinlichkeit, die Gene­sung eines kranken Thieres herbeizuführen, bedingt im Allgemeinen die Prognose (von nqo vorher und ywaxa ich erkenne), Vorher­sage; sie ist eigentlich das im Vornhinein abgegebene Urtheil des Thierarztes über den Ausgang der Krankheit nach genauer Schät-
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Ausgänge der Krankheiten.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 5
zung und Erwägung der objectiven und subjectiven Erscheinungen. Die Richtigstellung der Prognose erfordert viel Takt, Ueherlegung, dann ein inniges Vertrautsein mit dem Verlaufe der einzelnen Krank­heiten und den ihnen zu Grunde liegenden pathologischen Processen.
Die Genesung wird unvollständig: a) wenn durch die Krank­heit ein Organ zerstört worden war, ganz oder thcilweise, und wenn in dem letzteren Falle der Wiederersatz des Verlorenen nur unvollständig stattfindet; b) wenn Producte des Krankheitsprocesses zurückbleiben, wodurch die Funktionen noch längere Zeit oder selbst bleibend behindert werden.
Es gibt eine Reihe von Krankheitsprocessen, welche für eine Zeit oder für immer Immunität bedingen. Es sind dies besonders die contagiösen Bluterkrankungen. Es scheint, als ob das Material, das zur Erhaltung des Krankheitsstoft'es nothwendig ist, bei die­sen Krankheiten ein fur allemal oder für lange Zeit verbraucht ist.
Durch die einmal überstandene Krankheit erlischt die Dispo­sition für dieselbe entweder flir die ganze Lebensdauer (Einderpest, Pockenquot;) oder doch für einen gewissen Zeitraum (Milzbrand, Ty­phus, Hautwurm), andere lassen dagegen eine entschiedene Dis­position zur Entstehung desselben Processes für lange Zeit zurück.
II. In eine andere Krankheit:
Nachkrankheiten sind entweder unmittelbare Fortsetzungen des primären Processes, oder secundäre, d. i. nach Erlöschen des primären Vorganges selbstständig gewordene Processe z. B. die Tuberkulose nach der Lungenseuche, oder es sind selbstständige Erkrankungen, die mit der abgelaufenen nur in einer sehr entfern­ten Beziehung stehen z. B. Lungentuberkulose nach Typhus; in diesen Fällen ist die eine Krankheit nur als eine Gelegenheitsur­sache der anderen aufzufassen oder die durch den ersten Process eingeleitete Ernährungsstörung hat bei ihrer Fortdauer unter Hin­zutritt von noch anderen begünstigenden ätiologischen Momenten die neue Krankheit erzeugt.
In der früheren Medicin hat die Lehre von den Metastasen Versetzung der Krankheit auf andere Tlieile, eine grosse Rolle gespielt; besonders bei den Hautausschlägen war die Versetzung der Krankheit auf innere Theile sehr gefürchtet. Wanderungen der Krankheitserscheinungen sind allerdings Thatsachen, aber es ist kein Springen der Krankheit, sondern bestimmter Zusammen­hang. Die Metastasen sind 1) entweder secundäre Erschei­nungen, vermittelt durch Fortleitung des Krankheitsprocesses, oder 2) sie entstehen nur unter der fortdauernden Einwirkung der­selben Krankheitsursache desselben allgemeinen Processes z. B. das Befallenwerden verschiedener Gelenke beim acuten Rheumatis­mus oder 3) sind es accidentelle, zufällige Ereignisse, die blos der Zeit nach ohne Innern Nexus zusammenfallen.
HI. In den Tod:
Der natürliche Tod erfolgt zuweilen unter stets zunehmender Schwäche, bei alten Thieren ohne nachweisbare Krankheitsevschei-
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ßnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Allgemeine Vorbegriffe.
nungen; gewöhnlich aber sind selbst da noch direkte Erankheits-processe nachweisbar, durch welche der Fortbestand der Functio-nen unmöglich gemacht ist.
Die verschiedenartigen Vorgänge, welche den Tod herbeifüh­ren, lassen sich, so mannichfaltig auch die localen Ausgangspunkte sein mögen, auf Unterdrückung des Kreislaufs, Unterdrückung der Respiration und Aufhören der innervirenden Thätigkeit des cen-tralen Nervensystems zurückführen.
Die Erscheinungen, welche dem Eintritt des Todes unmittel­bar vorangehen, bezeichnet man als Agonie, sie sind gemischt aus icn eigentlichen Symptomen der vorangegangenen Krankheit und der fortschreitenden Lähmung der Herzrespirationsthätigkeit und der Nerveucentra. Beim plötzlich eintretenden Tode (im Allgemeinen als Apoplexie bezeichnet), kann es geschehen, dass ausser kurz dauernden convulsivischen Erscheinungen das Leben, ohne dass an­dere Symptome vorausgingen, erlischt.
Die Zeichen des wirklich eingetretenen Todes zeigen sich theils an dem Aeussern des Cadavers, theils treten sie im Innern desselben auf; man unterscheidet daher die Leichenerscheinungen in äussere und innere.
Zu den änsseren Leichenerscheinungen rechnet mau die bald nach dem Tode eintretende Blässe der sichtlichen Schleimhäute und der nicht pigmentirten Hautstellen, das Verschwinden der thierischen Wärme und Sinken der Temperatur des Cadavers.
Die Todtenstarre (Rigor mortis) stellt sich schon einige Stun­den nach dem Tode ein und dauert nach Verschiedenheit der vor­ausgegangenen Krankheit, der Temperatur, der früher oder später eintretenden Fäulniss, verschieden lange Zeit: sie ergreift sämmt-liche Muskel, vorzüglich aber jene des Kopfes und der Extremi­täten.
Die Ursachen dieser Erscheinung sind noch nicht hinreichend bekannt, man nahm bisher an, dass sie durch das Gerinnen des Blutes und der Lymphe in den kleinsten Gefässen der Muskel her­vorgebracht werde, was auch nicht unwahrscheinlich zu sein scheint, indem bei geringer Gerinnbarkeit des Blutes in manchen Krank­heiten auch die Erstarrung an den todten Thieren geringer ist. — Brücke dehnt diesen Gerinnungsprocess auch auf den Faser­stoff aus, welcher zur Ernährung der Muskeln in ihnen bis zum Tode in flüssiger Form vorhanden war. Die Todtenstarre fängt am Halse und Unterkiefer an, geht dann gleichzeitig auf die vor­dem und hintern Gliedmassen über; die Theile, welche sich wäh­rend des Todes in gebeugter Stellung befanden, werden aber nicht gestreckt; dass diese Erstarrung von den Muskeln herrührt, geht daraus hervor, dass die Glieder wieder biegsam werden, wenn die starren Muskeln durchschnitten sind. Auch an den Muskelhäuten und am Herzen zeigt sich die Todtenstarre, indem sie dann viel derber sind als während des Lebens und vor der Erkaltung.
Thiere, welche eine nicht pigmentirte Haut besitzet, wie
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Leichenerscheinungen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;7
Schweine, Schafe und Hunde zeigen eine längere oder kürzere Zeit nach dem Tode sogenannte Todtenflecke, welche entweder durch das Senken des Blutes innerhalb der venösen Gefösse nach den abhängigsten Körpertheilen, oder durch die Durchschwitzung des mit aufgelöstem Blutfarbestoffe getränkten Blutserums durch die Gefasswände und Uebertritt desselben in die anstossenden Ge­webe bedingt sind.
sect;.11. Sehr wichtig ist es auch, die inneren Leichenerschei­nungen genau zu kennen, da Unkenntniss derselben leicht Veran­lassung gibt, dass manche Befunde, welche nur Leichenerscheinungen sind, als pathologische d. h. als während des Lebens entstandene Veränderungen angesehen werden könnten. Die wichtigsten und häufigsten der hierher gehörigen Erscheinungen sind nach Roll:
a)nbsp; Veränderungen in der Farbe eines Organes oder Gewebes. Sie sprechen sich bald als eine Verminderung derselben, am häufig­sten der rothen Farbe, ein Blässerwerden aus. Dies geschieht entweder durch Verringerung des Blutgehaltes eines Theiles in Folge von Blutsenkung nach anderen Theilen, stärkerer Zusammenziehung der Capillargefässe während des Sterbeactes oder in Folge der Durchtränkung des Gewebes mit einer an und für sich farblosen oder nach vorherigem Austreten des Blutfarbestoffes farblos ge­wordenen Flüssigkeit, oder sie kann endlich nur scheinbar und durch Tränkung und Verdickung der ein Organ überziehenden Membran veranlasst sein, wie dies z. B. an der Leber nach Durch­feuchtung des sie überziehenden Bauchfelles der Fall ist. Die dunklere rothe Färbung wird durch Senkungen des Blutes, durch Tränkung des Organes mit gelöstem Blutfarbestoffe, durch längere Einwirkung des Sauerstoffes oder der Darmgase auf einen blut-haltigen Theil, bewirkt. Eine Abänderung der Färbung entsteht auch durch Fäulniss, durch Tränkung mit farbigen Flüssigkeiten, z. B. Galle, durch die Einwirkung von Darmgasen, durch Verän­derung der physikalischen Eigenschaften eines Organes, wie Schwel­lung, durch den Grad der Trockenheit oder Feuchtigkeit der­selben.
b)nbsp; Abänderungen in der Consistenz. Sie stellen sich häufig als Verminderung derselben — Erweichung — dar, bedingt ent­weder durch stärkere Durchfeuchtung oder chemische Einwirkung, Fäulniss, Entwicklung von Gasen.
In letzterer Beziehung verdienen insbesondere die Erweichun­gen des Magens, welche man bei Pferden und Hunden nicht sel­ten findet, eine besondere Bemerkung. Sie kommen bei der erste-ren Thiergattung an dem Pförtnertheile, bei der letzteren beson­ders am Grunde des Magens vor, finden sich nur bei Thieren, die nach dem Tode längere Zeit gelegen sind, und werden durch die Einwirkung des saueren Magensaftes auf eine schon von früherher blutreiche (hyperämische) Schleimhaut oder durch den Fäulniss-process veranlasst. Man findet dann meistens die Schleimhaut
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Snbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Allgemeine Vorbegriffe.
blutig oder schmutzig braunroth gefärbt, entweder blos weicher und leichter abstreifbar oder sogar zu einem Breie oder einer gallertigen Masse erweicht.
Eine Vermehrung der Consistenz kann als Leichenerscheinung blos durch den Verlust der in einem Theile vorhandenen Flüssig­keit veranlasst werden und ist jedenfalls eine sehr seltene Er­scheinung.
c)nbsp; Veränderungen des Volumens bestehen entweder in einer Vermehrung desselben, welche durch den Eintritt von Flüssigkeiten oder die Ansammlung von Gasen veranlasst wird — oder in einer Verkleinerung, welche ebensowohl durch Aufhören des Lungen-turgors als durch Entfernung der erhaltenen Blutmasse oder Flüs­sigkeiten entsteht. Manche während des Lebens vorhandene, na­mentlich Entzüudungsgeschwülste, sind auf diese Weise nach dem Tode völlig oder grösstentheils verschwunden.
d)nbsp; Die Durchsichtigkeit eines hautartigen Organs insbeson-ders der serösen Häute wird vermindert durch das Aufhören des Lebensturgors, durch Tränkung desselben, mit Flüssigkeit, eine vermehrte Durchsichtigkeit kann nur durch Austrocknung eines der atmosphärischen Luft ausgesetzten Theiles veranlasst werden. Die Constatirung dieses Zustandes als Leichenerscheinung unter­liegt wohl keiner Schwierigkeit.
e)nbsp; Eine Verminderung des einem Organe zukommenden Glan­zes wird in den meisten Fällen durch stärkere seröse Durchfeuch­tung, seltener durch Verminderung der Spannung, durch Erwei­chung, Unebenheit der Oberfläche veranlasst, während eine Ver­mehrung desselben einer massigen Durchfeuchtung, insbesondere eines parenehymatösen Organes z. B. des Gehirnes, einer bedeu­tenderen Spannung oder Zusammenziehung des Theiles ihre Ent­stehung verdankt.
f)nbsp; Die Elasticität der Theile wird in Cadavern meistens ver­mindert angetroffen u. z. in Folge des Eintritts der Fäulniss, der stärkeren Tränkung mittelst durchgeschwitzter seröser oder bluti­ger Flüssigkeit. —
Von grösserer Wichtigkeit bei Beurtheilung des Leichenbe­fundes erscheinen die Veränderungen, welche in Folge der Gerin­nung des Blutes und des Ausscheidens gewisser Bestandtheile des­selben, oder das Durchdringen des, reinen oder aufgelösten Blutfarbestoff enthaltenden Blutserums entstehen. Es gehören hierher:
g)nbsp; Die Blut - und Faserstoffgerinnsel, welche sich häufig im Herzen und in den Gefässen nach dem Tode vorfinden. Ihre Bildung hängt meist mit der Abnahme der Körpertemperatur zu­sammen, obwohl nicht zu über^Iien ist, dass die Zusammensetzung des Blutes, die Berührung mit fremdartigen Substanzen eine, wenn auch nicht immer auszumittelnde Rolle in Beziehung auf die Schnel­ligkeit ihrer Entstehung spielt. Je rascher die Gerinnung vor sich ging, desto umfangreicher, aber auch reicher ist das Coagulum,
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Leichenerscheinungen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 9
unter entgegengesetzten Verhältnissen wird es kleiner aber derber, und enthält meist den Faserstoff von den Butkörpcrchen getrennt. Am umfangreichsten ist es in der Regel in der rechten Herzkammer und erstreckt sich von da aus, wenigstens beim Pferde, nicht selten weit in die Lungenarterien, während es sich in der linken Kammer meist sparsamer bildet. Die C'oagula liegen bisweilen ziemlich innig und fest der Herzwand an; wenn sie vorwaltend Faserstoffgerinn­sel sind, sind sie nicht selten zwischen die Sehnenfäden der Klap­pen wie eingefilzt und füllen bisweilen die Kammern, vorzugs­weise die rechte, vollkommen aus. Da man sie manchmal bei Thieren antrifft, welche sogleich nach dem Tode secirt werden, so muss dann ihre Bildung schon auf die Zeit des noch bestehenden, wenn auch erlöschenden Lebens zurückgeführt werden. Sie eit­stehen hier offenbar dadurch, dass bei sehr verlangsamtem Blut-laufe der Faserstoff sich an die Sehnenfäden und den Balkenmus­keln ablagert, während die, wenn auch schwach fortdauernden Zu­sammenziehungen des Herzens die Gerinnung des Blutes im Gan­zen hindern und dasselbe noch forttreiben. Da durch diesen Vor­gang das Blut an Faserstoff verarmt, so steht dann die Menge der in beiden Herzkammern vorfindigen Fibringerinnsel stets in umgekehrtem Verhältnisse. In den Gefässen des übrigen Körpers trifft man sie deshalb, weil Thiere bald nach dem Tode unter­sucht werden, seltener an; bei solchen jedoch, welche länger ge­legen sind, finden sie sich bisweilen auch in den arteriellen Ge­fässen der Extremitäten. Bisweilen zeigen die in den Herzkam­mern vorfindlichen Coagula ein nahezu eiterähnliches, durch die Gegenwart einer bedeutend grossen Menge farbloser Blutkörper bedingtes Ansehen, wovon noch später die Rede sein wird.
h) Blutüberfüllung findet sich häufig in gefässreichen, aus lockerem Gewebe bestehenden Theilen; am ausgeprägtesten dann, wenn das Blut an und für sich dünnflüssig und dunkel gefärbt ist, oder wenn die Gerinnung desselben durch höhere Temperatur der Umgebung (im Sommer) oder durch rasch eintretende Fäulniss gehindert wird. Sie entstehen entweder durch Senkung des Blutes nach den tiefer gelegenen Theilen des Cadavers (wie in den Lun­gen, in einzelnen Abschnitten des Darmkanales) oder dadurch, dass in Folge des durch ein Organ, durch Gase u. dgl. ausgeüb­ten Druckes, das Blut zu einem andern Organe hingepresst, oder sein Abfluss verhindert wird. Solche nach dem Tode mit Blut überfüllte Organe zeigen eine dunkle, gegen die abhängigste Stelle am deutlichsten entwickelte, gleichförmige oder fleckige Röthung, welche nach aufwärts zu allmälig blässer wird, und in die normale oder durch Krankheiten schon von früher her veränderte Färbung des Organs übergeht.
i) Die Leichentränkungen beschränken sich entweder auf das Organ, in welches der Durchtritt von Flüssigkeiten unmittelbar stattgefunden hat, oder sie überschreiten die Grenzen desselben und treten in Körperhöhlen oder andere anstossende Organe über.
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Allgemeine Vorbegriffe.
Sie werden häufig durch Blutserum, welches aufgelösten Blutfarbe-stoff enthält, zuerst die Gefässwandungen oder die innere Herz­auskleidung tränkt und dann in anstossende Gewebe oder Höhlen tritt, bedingt. Die Färbung ist dann am stärksten in der Nähe der Gefasse und verliert sich urasomehr, je grosser die Entfernung von denselben wird: sie ist meistens dunkel, bläulichroth oder violett und insbesondere in solchen Theilen sehr stark entwickelt, welche mit grösseren Mengen Blutes durch längere Zeit in unmit­telbarer Berührung gestanden haben z. B. an der inneren Herz-auskleuVjmg. Rein seröse Flüssigkeit dringt bisweilen von den serösen Säcken in die anliegenden Theile ein, durchtränkt, schwellt, bleicht und erweicht dieselben oder es gelangt umgekehrt von ei­nem durchfeuchteten Organe aus in Höhlen und Säcke und bedingt daselbst Ansammlungen von verschiedener Mächtigkeit.
Gallige Durchtränkungen finden sich bei Thieren, welche eine Gallenblase besitzen, wenn diese eine grössere Menge, besonders dünnflüssige Galle enthält, die dann durch die Blasenwandungen in die unmittelbar angelagerten Theile, insbesondere in die Magen-und Zwölffingerdarmwände eindringt.
Manche an dem Cadaver vorfindliche Erscheinungen müssen jedoch als Folgen der Agonie erklärt werden- hieher gehören die Darmeinschiebungen, welche bei Pferden und Hunden bisweilen beobachtet werden, sich aber durch den Mangel jeder Entzündungs­erscheinung, so wie dadurch, dass sich die ineinandergeschobenen Darmstücke leicht auseinander ziehen lassen, leicht schon von den während des Lebens gebildeten unterscheiden lassen.
Ferner Einschnürungen am Magen und Darme, leichte Ach­sendrehungen des Letzteren, ohne Merkmale der Entzündung, Risse der Muskelfasern und Bänder, Zerreissung von Lungen­bläschen und Austritt der Luft in das Bindegewebe der Lungen.
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II.
Allgemeine therapeutische Grundsätze.
sect;. 12. Die Therapie, Behandlungskuust, sucht nach gewissen Verfahrungsweisen — Methoden — die Hindernisse, welche sich in den natürlichen Vorgängen im Organismus entgegenstellen, zn beseitigen, und diese wieder in ihre normalen Geleise zurttckza-führen.
Dies aber erreicht man auf verschiedene Weise. Zuweilen hat der Arzt zur Beseitigung der Krankheit gar nichts zu thun und handelt am rationellsten, wenn er den kranken Organismus ruhig sich selbst überlässt und ihn nur durch diätetische Beaufsichti­gung vor weiteren Störungen bewahrt. In solchen Fällen pflegt man zu sagen: dass es der Naturheilkraft gelungen sei, die Ge­nesung herbeizuführen, Naturheilung, PhysiatrieT Diese Natur­heilkraft ist aber nichts anderes, als das nothwendige Znsammen­wirken der organischen Thätigkeiten, die im kranken Organismus dieselben wie im gesunden sind, und die eben durch eine ver­nünftige Unterstützung von Seite des Arztes das gestörte Gleich­gewicht wieder herzustellen streben.
Diese Pläne werden entweder auf directe oder indirecte Weise ausgeführt.
Bei der Behandlung der Krankheiten durch Kunsthilfe ist man jedoch von verschiedenen Grundsätzen — Heilgrundsätzen — ausgegangen, die sich auf Anschauungen stützen, wie man sie zn den verschiedenen Zeiten ihrer Entstehung über die Natur der Krankheiten im Allgemeinen gerade gewonnen hatte.
Den verschiedenen Heilgrundsätzen entsprechend haben sich dann auch verschiedene Heillehren gebildet.
So wendet man nach dem Grundsatze: contraria contrariis — Mittel an, die Erscheinungen im Körper hervorrufen, welche mit der vorhandenen Krankheit in gar keiner verwandtschaftlichen Be­ziehung stehen, sich vielmehr ganz entgegengesetzt, allopatisch,
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Allgemeine therapeutische Grundsätze.
heteropatisch zn denselben verhalten — Allopathie — oder man bedient sich nach dem Grundsatze: simila similibus, solcher Mit­tel, die einen der Krankheit höchst ähnlichen Zustand bedingen, eine homöopathische Beziehung- zu derselben haben — Homöo­pathie. —
Endlich zieht nach dem Grundsatze: aequalia aequalibus die Krankheitsproducte selbst als Heilmittel in Gebrauch, in der Ab­sicht, Gleiches mit Gleichem zu heilen — Isopathie. —
. Zur Allopathie bekennen sich bei weitem die meisten Aerzte und sie wird mit Kecht die „rationelle Heilkunstquot; ge­nannt.
In der Thierheilkunde hat die Homöopathie auch ihre An­hänger und Vertheidiger gefunden, ob aber mit Recht wollen wir hier keiner weiteren Erörterung unterziehen, wahrscheinlich sind die Erfolge der Homöopathie in der Thierheilkunde noch zweifel­hafter als bei der Behandlung kranker Menschen. Die Isopathie aber dürfte, da ihre Anschauungen dem gesunden Menschenver­stände geradezu zuwiderlaufen, die Thierärzte nie für sich gewinnen. Auch die Hydrotherapie, welche sich des Wassers bedient, ist in der Thierheilkunde eingeführt worden. Bei ihrer grossen Umständ­lichkeit hat sie jedoch noch wenig Eingang gefunden, wenn­gleich ihre Nützlichkeit in manchen Fällen nicht bestritten werden kann. —
sect;. 13. Als Methode der Kunstheilung hat sich die soge­nannte rationelle Therapie der empirischen gegenüber gestellt.
Empirisch heisst jenes Heilverfahren, welches als alleinigen Anhaltspunkt des Handelns früher vorgekommene Krankheitsfälle gleicher oder ähnlicher Art berücksichtiget und zur Bekämpfung einer Krankheit jene Heilmethode und jene Heilmittel in Anwen­dung bringt, welche sich bereits früher unter ähnlichen Umständen erfolgreich bewiesen haben.
Das rationelle Verfahren beruht auf die genaue Kennt-niss der den Krankheiten zu Grunde liegenden functionellen oder anatomischen Störungen, ihres natürlichen Verlaufes und der wäh­rend derselben gewöhnlich eintretenden Gefahren und sucht jene Mittel in Anwendung zu bringen, welche nach dem Stande unseres heutigen pharmacologischen Wissens vorhandene Störungen oder doch wenigstens die gefährlichsten Symptome zu beseitigen ver­mag. Diesem nach kann man hiebei zwei Methoden unterschei­den, die direct heilende und die exspeetative (abwar­tende).
sect;. 14. Die Pläne oder Indicationen, welche der specielle Krankheitsfall an uns stellt, sind auf die Ursache der Krankheit, indic. causalis, auf den Krankheitsprocess selbst, indic. morbi ge­richtet, oder sie haben bloss den Zweck, besonders hervortretende Symptome zu bekämpfen, indic. symptomatica, paliativa, und in-
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Heilmethoden.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 13
sofem die Bekämpfung einzelner Erscheinungen wichtig ist, um den das Leben des Individuums bedrohenden Fortschritt des Krank-heitsprocesses aufzuhalten, wird die symptomatische Indication auch zu einer vitalen. —
Heilmittel sind alle Mittel, die zur Beseitigung einer Krank­heit dienen können. Sowohl Nahrungsmittel, als auch Gifte kön­nen als Heilmittel in Anwendung gezogen werden. —
1)nbsp; nbsp;Die Erlüllung der Causaliiulicatiou scheint unter allen Umständen die nothwendigste und auszufahrende: aber wir wissen die Ursache in vielen Fallen nicht; und wenn wir sie wissen, so können wir sie nicht mehr errei­chen, denn die Einwirkung der Krankheitsursachen ist vorübergehender Nat.ir.
Wo uns die Möglichkeit für Hinwegräumen der Ursache gegeben ist, muss natürlich diese Indication erfüllt werden, weil die Ursache durch ihre andauernde Wirkung immer die Fortentwicklung der Krankheit fördert. Ein in die Haut eingedrungener fremder Korper muss entfernt weiden , ein Or­ganismus, der unter der Einwirkung eines Miasma's erkrankt, ist demselben zu entziehen und in eine reine Luft zu versetzen.
2)nbsp; nbsp;Die indicatio morbi ist in ihrer Deutung vollständig abhängig von dem Umfange der pathologischen Kenntnisse des behandelnden Arztes, sowie von der gerade herrschenden Schule.
Unsere Zeit hat in der Therapie der Ausbildung der anatomischen An­schauungen Rechnung tragend, die Tendenz zu localisiren, um die anatomische Veränderung der Organe zur Norm zurückzuführen. Man kann die letztere Aufgabe als die mussgebende anerkennen, ohne desshalb eine locale Be­handlung als die hauptsächliche zu betrachten.
3)nbsp; nbsp;Die symptomatische, palliative Indication richtet sich gegen einzelne Erscheinungen der Krankheit. Sie ist bei der Unkenntniss, in welcher wir über den inneren Zusammenhang vieler Krankheitsprocesse stehen, die ein­zig erfüllbare Indication. Sie ist oft sehr wichtig, weil einzelne Symptome durch ihre Intensität den Fortschritt der Krankheit fördern; heftiger Schmerz, der die nöthige Ruhe stört, die Thiere zwingt, sich ungeduldig hin und her zu werfen, schlaflos macht, wie bei der Kolik steigert das Fieber, die Entzündung bringt die Ernährung herunter; wir haben in solchen Fällen schon viel gewonnen, wenn wir den Schmerz lindern.
Die directe Heilmethode ist eine abortive, wenn sie die wei­tere Entwicklung des Krankheitsprocesses abzuschneiden sucht; ein Brechmittel nach Indigestion, ein Abführmittel bei Anhäufung von Faecalstoffen sind reine Beispiele einer solch' abschneidenden Behandlung. Hat sich ein Krankheitsprocess erst entwickelt, so ist eine directe abortive Behandlung nicht mehr zulässig, aber auch eine directe überhaupt schwer auszuführen.
Eine in directe Behandlung nimmt Organe in Angriff, wel­che mit der ergriffenen in Beziehung stehen und sucht durch Rei­zung, durch erhöhte Thätigkeit derselben umstimmend (alterirend), oder ableitend (derivirend) zu wirken. Als Beispiel mögen Vesi-cantien, das Haarseil, oder andere Hautreize oder Brechmittel, Abführmittel, ohne dass hiebei der Verdauungscanal selbst krank ist, dienen. Oder die indirecte Behandlung wirkt auf das Nervensy­stem, auf die Ernährung, excitirend oder deprimirend, oder alteri-rend durch Veränderung der Lebensweise.
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14nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Allgemeine therapeutische Grundsätze.
Eine directe Behandlung wäre am durchgreifendsten möglich, durch die Anwendung specifischer Heilmittel, d. h. solcher, welche eine sichere Beziehung zu einem bestimmten Krankheitszustande haben. —
Nicht nur die Heilkunst, sondern auch die physiologische Medicin be­müht sich die spccifischeu Beziehungen der einzelnen Mittel zu den einzelnen Organen zum Zwecke einer sicheren und rationellen Behandlung der Krank­heiten aulzulhiden, allein wir haben wohl durch das Experiment specilische Beziehungen der Mittel zu den Organen und den Functionen derselben ge­wonnen, aber keine speciliamp;,'hen Heilmittel.
Die Tbierheihnittel werden nach ihren vorwaltenden Wirkun­gen in folgende Klassen eingetheilt:
I.nbsp; nbsp; Absorbentia, absorbirende Mittel. Hierhergehören: 1) die Exsiccantia, austrocknende Mittel: Althae. pulv., Amylum, Bolus, Calcar. carbon., Carbo, Colophon, Om. mimos., die Pulver von bittern und aromatischen vegetabilischen Substanzen, ferner: Alu-men, Calcaria chlorat. et usta, Cupr., Ferr., und Zinc, sulphuric, Plumb, acetic, sowie die Insolventien und caustischen Mittel. 2) Antacida, säure tilgende Mittel: Alkohol, Allium, Alumen, Am-mon. caustic; Calcar. carbonic, et usta, Carbo, Creta, fuligo splend., Kali carbon, et sulphurtit.: Magnes. carbonic, Natr. boracic. et carbonic, Seife. 3) Carminativa, blähungstreibende Mittel: Anis, Asa fötida, Carvus, Fönicul., Laurus, Meliss., Mentha, 01. animal, empyreum., 01. terebinth., Petroleum, Synap., Valeriana. Druck mit den Händen, Strohseil, Schlundröhre, Troikar.
II.nbsp; nbsp; Adstringentia, zusammenziehende, verdichtende, touisi-rende Mittel: Acid, pyrolignos., Aescul., Alum., Argent, nitr. fus., Bistort., Calcaria, Catechu, China, Colombo, Consolid., Cupr. sul­phuric, Erica vulg., Ferrum, Gallae, Juglans, Creosot, Myrtellus, Pix liquid., Plumb, acetic, Populus, Quercus, Eheum, Rubia tinc-tor., Sabina, Salix, Taninum, Tormentill., Uva ursi. Zinc sulphur., die Spirituosen, die Säuren, das Glüheisen, beziehungsweise auch die Excitantien und Roborautien. Druck , Kälte, die Kältemisch-ungen.
III.nbsp; nbsp; Antiparasitica, Schmarotzer tilgende Mittel. Gegen Schmarotzer auf der Haut: Fette und ätherische Oele, besonders 01. anis. junip. und petroselin., Russ von Blei- und Kupferhütten (Hüttenrauch), Nicotiana, scharfen Essig, Nux. vomic pulv., Ungt. hydrargyr. einer., persisches Insectenpulver. — Gegen Milben in der Haut: Acet. concentrat., Kali (solut.), Kali jodin., Nicotiana, 01. anis, 01. terebinth., 01. junip. (bes. gegen die Haarsackmilbe), Phothogen, Petroleum, Walz'sche Lauge. Ueberhaupt Hautpflege, kräftige Er­nährung (bes. bei sog. Hungerräude), gegen Schmarotzer in der Nasen - und Stirnhöhle : Sternutatoria — Niesemittel: Euphorb., Hellebor., Schnupftabak, empyreumatische Dämpfe, Chlorgas und andere reizende Gasarten, Operation (Trepanation). —- Gegen Schmarotzer der tieferen Luftwege (Lungenwärmer): Acid, hydro-
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Thierheilmittel.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;15
cyanic, Creosot, empliyreumatische Dämpfe. — Gegen Schma­rotzer des Darmcanals: Absinth., Acid, pyrolignos.; A!oe, Asa foetida, Brayera anthelminth., Cupr. oxidat. nigr. (besonders gegen Spulwürmer), Coeculi semv filix mas, fuligo splend., Gen­tian., Hellebor., Hydrargyr. chlorat., Nicotiana, Nux vomica, 01. animal, emphir., Petrol., Pix liquid,, Quassia, Santonic. Tannacet., fein gepulvertes Glas (Yonatt.) gegen Helminthen in den Muskeln (Finnen und Trichinen) Benzin (?).
IV.nbsp; nbsp; Antiseptica, fäulnisswidrige Mittel: die Excitantien und Adstringentien, bes. Acetum, Acid, hydrochloric, Acid, pyrolignos., Acid, sulphuric. Alkohol, Alum,, Garbo, China, Chlorum, Cupr. sul­phuric, Ferment, (cerevis.), Ferr. sulphuric, Fuligo splend., Gallae, Kreosot, Pix liquid., Quercus, Salix, Tanninum — Kälte; Abschluss der Luft, Entfernung fauliger Theile.
V.nbsp; nbsp; Caustica, ätzende Mittel. Cauter. actual., Glüheisen, Moxa, Cauter. potential, s. Corrosiva. Alum, ust., Argent, nitric. fus., Calcar. ust., Cupr. aluminat. et sulphuric, Hydrargyr., bichlo-rat. et oxydat., Calc et Natr. caustic Kreosot, Stibium chlorat., fast alle concentrirten Säuren.
VI.nbsp; Diaphoretica, die Hautthätigkeit fördernde Mittel und Su-dorifera, schweisstreibeude Mittel: Acid, acetic. Ammonium acetic, carbonic, et chlorat., Chamomill., Camphor, Mentha, Sambuc. Stibio-Kali-tartaric, Stibium sulphurat. nigr., Sulphur., Tilia, allgemeiner Aderlass, innerlich warmes Wasser. Gute Streu, warmer Stall, Frottiren der Haut, wollene Decken, Einwicklung mit nassen Tü­chern, Schwitzen in Fesseln (Träger) Diuretica, harntreibende Mittel: Allinm, Anethum, Armorac, Cantharid., Cepa, Colchic, Co­lophon. , Digital., foenicul. aquat.; Juniper., Kali carbonic, Kali tartaric, acidul., Kali et Natr. nitric, Lauras, Natr. boracic, 01. terebinth., Petroseliu., Pini turion., Pix liquid., Sabina, Scilla, Sinapis.
VII.nbsp; nbsp; Emanantia, Debilitantia, entziehende, zehrende, schwä­chende Mittel: (Antiphlogistica, Eefrigerantia) Acet. crud., Acid, hydrochloric, Acid, sulphuric, Ammon. chlorat., Chlorum, Ferment., Hydrargyr. chlorat., Jodin, Kali acetic, et Kali tartaric, Kali et Natr. nitric, hierher gehören auch die Abführmittel, weniger die Diaphoretica und Diuretica, ferner die Resolventien, allgemeine und örtliche Blutentziehungen, kaltes Wasser, Eis, Lehm, Entziehung der Nahrung, Hungerkur. Emetica s. Vometoria, brechenerregende Mittel: Helleborus, Ipecacuanh., Natr. chlorat., Stibio-Kali, tartaric. Zinc, sulphuric
VIII.nbsp; nbsp; Emmenagoga, Exbolia, wehenbefördernde Mittel: Sa­bina, Seeale comut., Wein, Bier (bei Schwäche), zur Beförderung des Abganges der zurückgebliebenen Nachgeburt, Kali carbonic, Sabina, am besten manuelle Ablösung; Epispastica, hautreizende, hautentzündende Mittel: Ammon. caust., 01. sinap., 01. terebinth., heisses Wasser, Frictionen der Haut — Vesicantia, blasenziehende Mittel: Cantharid. Sinapism.; Pustulantia, pustelmachende Mittel:
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Allgemeine therapeutische Grundsätze.
Euphorb., 01. croton., Stibio-Kali-tartaric. — Suppurantia, eiterbil­dende Mittel: Fonticulus (Fontanell), Setaceum (Haarseil); Exci-tautiii; erregende, reizende Mittel: Aether, Alkohol, Ammonium carbon, pyro-oleos., et subcarbonie., Ammon. caustic., Armorac, Arnica, Belladonna, Camphora, Cantharid., Colocyntbid., Croton, Euphorb., Gum. gutt., Hellebor., Jalapp., Imperator., Ipecacuanh., Nux vomic. (EückenmarkJ, 01. animal, empyr., 01. terebinth., Opium, Petrol., Fimpinell., Pyrethr., Sabina, Strammonium (gros­ses Gehirn) Taxus baccata, Valeriana, Wein, Bier, Brot mit Branntwein.
IX.nbsp; nbsp; Expectorantia, aus wurfbefördernde Mittel: Ammon. chlo-rat., Anethum, Angelica, Anisum, Armoracea, Foenicul., aquat., foenum graec. Juniper., Pimpinell, Pyrethr., Stibium sulphuricum nigrum. Stibium sulphurat. aurant.. Sulphur, Inhalation von Was-serdämpfeu, zuckerhaltige (auch Nahrungs -) Mittel: Rüben — Malz etc. —, dann auch die bustenerregenden Mittel (Bechica): Einathmen von empyreumatischen Dünsten, Chlorgas, Chlorwasser-stoögas beziehungsweise auch die hustenstillenden Mittel (Anti-bechica), wozu die erschlaffenden, anfeuchtenden, schleimig-öligen einhüllenden und narcotischen Mittel — auch die Dunstbäder ge­hören.
X.nbsp; nbsp; Involventia, Abtegentia, einhüllende deckende Mittel: Lubricantia, schlüpfrig machende, einhüllende Mittel: Albumen, Althaea, Amylum, Cidonia, Emulsionen von öl- und schleimhalti-gen Samen (Cannabis, Linum), Gelatina, Gum. arable., Salep, Mehl, Milch, Rahm und die Fette überhaupt. — Coagulirende Mit­tel: Alkohol, Argent. nitric, fus., Cupr. aluminat. et sulphuric, Kreosot., Plumb, acetic, Tanninum und die gerbestoffhaltigen Mit­tel überhaupt. — Glutinantia, klebende Mittel: Amylum, Cera, Col-lodium. Gluten, Fix liquid et nigr , Kautschuk, Terebimhin., alle harzigen Pflaster, trockene, feste Einhüllungen, Brennen mit weiss-glühendem Eisen (Schorfbildung).
XI.nbsp; nbsp; Lactifera, Milchabsonderung befördernde Mittel: Anis stellat., Coriandr., Foenicul., gutes Futter, frische Graswurzeln.
XII.nbsp; nbsp; Purgautia, abführende Mittel. Kühlende, erschlaffende Mittel: Kali nitric, et sulphuric, Magnes. sulphuric, Natr. nitr. et sulphuric, Stibio-Kali-tartaric, alle Oele, bes. 01. piscium, 01. ricini, dann noch Ferment., cerevis., Molken, leichte saftige Nah­rung, Oelkuchentränke, Klystire. Scharfe (Drastica), Aloe, Colo­cyntbid., Croton, Gratiola, Gum. gutt., Hydrargyr. chlorat, Jalapp., Nicotian., Rheum, Senna (gewöhnlich in Verbindung mit ersteren): Relaxautia, Emollientia, erschlaft'ende, auflockernde, erweichende Mittel, feuchte Wärme überhaupt, Uebertünchungcij, mit Eiweiss, Schleim, Kleister (deckende Mittel), nasse Compresseu, Binden, Decken, Cataplasmen, warme Bäder, Dunstbäder, alle Fette und fette Oele; hierher gehören auch die einhüllenden Mittel (Mucila-ginosa) und die beruhigenden iSedativa, Narcotica).
XIU. Resolveutia auflösende Mittel: Acid, hydrocyanic,
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Thierheilmittel.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;17
Ammon. chlorat., Borax und Lithion (zur Lösung harnsaurer Steine), Bromum, Con. maculat., Hydrargyr. bijodatum et jodatum, Jodin., Kali bichromic, carbonic, et sulphurat., Stibio-Kali-tartaric, Ungt. hydrargir. einer., dann die Evacuantien, Laxantien, Diaphoretica und Diuretica, ferner noch die hautreizenden und erweichenden Mittel. Auflösend wirkt noch das Wasser und der Druck.
XIV.nbsp; nbsp; Restaurantia et Roborantia, stoffersetzende, stärkende Mittel, direct stoffersetzende: die eiweiss- und zuckerhaltigen — nach Liebig plastischen Nahrungsmittel — Proteiuverbindungen — gekochte Getreidekörner, Mehltrank, nährende Klystire, Fett, Fleisch, Milch, Eier — Infusion, Transfusion. — In besonderen Fällen: Calcar., Magnes., Phosphor, Calcar. phosphoric, (bei un­vollständiger Ernährung des Knochengerüstes), Fluor- und Kiesel­erde (in der Periode der Zahnbildung), Kali chlorat. (bei Scorbut), Kochsalz und andere Blutsalze (als Antiscrophulosa) Ferrum. In­direct rest, die Stomachica: Absinth., Aesculus, Angelic, Armorac, Calam., Cariophyllai., Centaurea, Chamomill., China, Colombo, Fel-tauri, Gentiana, Juglans, Juniper., Lupul., Millefol., Natrium chlo­rat., Rheum, Ruta, balvia, Sinapis, Trifolium, Zingiber, dann die Excitantien; beziehungsweise gehören noch hierher die abführen­den Mittel in kleinen Gaben, Brechweinstein, Salmiak, Bittersalz, auch Salzsäure. — Schonung der Kräfte, massige Bewegung, reine Stallluft, Reinlichkeit.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;
XV.nbsp; nbsp; Sedativa, beruhigende Mittel, wozu die Antispasmodica und Anodyna, Auaesthetica et Narcotica: Acid, hydrocyanic, Aco-nit., Aether chloric, et sulphuric, Asa foedita, Belladon., Camphor., Cannabis, Chamomill., Chloroform, Digital., Hyoscyam., Lauroceras., Lycopod., Meutha, Morphium acetic. Nicotian., 01. animal., 01. te­rebinth., Opium, Strychnin, Valeriana, das ölbildeude Gas, gemeines Kohlengas und der noch wenig angewandte Aran'sche Aether (hol­ländische Flüssigkeit) local beruhigend für den Magen, Kohlen­säure, Tanninum. Die Involventien, unter Umständen auch die hautreizenden (derivativen Mittel wirken ebenfalls sedativ, auch können Operationen, wie Spaltung und Trennung gespannter und gezerrter Theile, Durchschneiden gezerrter und tüeilweise verletz­ter Nerven, sowie die Neurotomie diesen Zweck erfüllen. Entzie­hung der Sinnesreize, Ruhe, Dunkelheit, Kälte und auch Wärme.
sect;. 15. Wir haben aber nicht nur die Krankheiten zu heilen, der Thierarzt hat noch die höhere Aufgabe, die Entstehung der­selben zu verhüten. Prophylaxis — Vorbauung. Durch diese soll entweder das Erkranken überhaupt erschwert und seltener gemacht oder einzelne Thiere oder ganze Heerdeu vor einer drohenden Krankheit geschützt werden.
Die erstere Aufgabe wird durch ein entsprechendes diäteti­sches und hygienisches Verhalten und durch Abhärtung am sicher­sten gelöst: die letztere, deren Erfüllung insbesondere bei bevor­stehenden Seuchenkrankheiten in Betracht kommt, umfasst Mittel
Kraus, Path. u. Tkerup. der Haossäugethiere.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 2
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18nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Allgemeine therapeutische Grundsätze.
der verschiedensten Art, welche in diätische, therapeutische und Veterinär polizeiliehe zerfallen.
Die diiitelische Prophylaxis sucht Krankheitsursachen, von denen es bekannt ist, dass sie gewisse Krankheitslormen hervorzurufen im Stande sind, ferne zu halten; sie fällt wohl häufig mit den allgemeinen Vorschriften der Gesunderhaltangslehre zusammen, entfernt sich aber in anderen Fällen mit Rücksicht auf die eben zu verhütende Krankheit von ihnen. Ihre Durch­führung slösst nicht seilen auf mannigfache, insbesondere ökonümische Schwie­rigkeilen und ist überhaupt nur dann möglich, wenn die durch sie veran-lassten Opfer sich nicht schliesslieh bedeutender herausstellen, als der Schade, welche die drohende Krankheit etwa v^-arsachen könnte. Die therapeuti­sche Vorbauung kann, wenn von den absolut schädlichen und widersinni­gen, sogenannten Vorbauangscuren abgesehen wird, bloss darin bestehen, dass entweder eine schon im Keime vorhandene Krankheit, wo möglich coupirt, ein im Thierkörper gelangter Ansieckungsstoff zerstört oder eine bestimmte normale oder abnorme Anlage zu einer gewissen Krankheit ge­tilgt wird. Die polizeiliche Prophylaxis ist bei Seuchen, insbesondere an­steckenden, von dem grössten Belange. Sie besteht in der Durchführung ge­wisser von dem Staate vorgeschriebener Massregeln, wodurch die Weiterver­breitung von Krankheiten verhindert und die Tilgung derselben herbeige­führt wird.
Die prophylactische Behandlung, gehöre sie einer oder der andern der eben erwähnten Categoricn an, ist entweder gegen die Krankheitsursache oder gegen eine schon im Keime vorhandene Krankheit gerichtet. In erste-rer Beziehung sucht sie entweder der allgemeinen oder individuellen Anlage zu Krankheiten zu*begegnen, oder äussero Schädlichkeiten zu beseitigen.
Der allgemeinen Krankhtitsanlage kann in den meisten Fällen am sichersten durch ein der Thiergattiing und dem eben zu behandelnden Thiere entsprechendes diätetisches Verhalten und durch vernünftige Abhärtung be­gegnet werden.
Gegen einige contagiöse Krankheiten hat mau die Impfung, d. h. die Einiührung eines Vehikels des Contagiums in eine passende Körperstelle ei­nes noch nicht angesteckten Thieres empfohlen; man darf sie jedoch nur dann vornehmen, wenn die durch die Impfung hervorgerufene Krankheit gefahrloser verläuft, als die durch gewöhnliche Ansteckung entstandene, oder wenn man eine gefahrlose, aber durch ihre längere Dauer lästige Seuche abzukürzen beabsichtiget.
Gegen individuelle Anlagen, welche entweder in der theils angeerb­ten, theils durch den fortwirkenden Einfluss gewisser Schädlichkeiten beding­ten Disposition zu gewissen Krankheiten besteht, kann in prophylactischer Hinsicht entweder durch eine der Entstehung der befürchteten Krankheit ent­gegenwirkenden Heilmethode oder durch die Beseitigung der Reste der vor­ausgegangen Krankheit gewirkt werden.
Die äusseren, der Entstehung einer Krankheit günstigen Einflüsse werden theils durch Befolgung der diätetischen und hygienischen Vorschrif­ten, theils insbesondere bei ortseigenen (endemischen) Krankheiten durch Verbesserung oder Beseitigung jener Verhältnisse, unter deren Einflüsse sie sich entwickeln und herrschen, bekämpft. Bei ansteckenden Krankheiten beruht die Prophylaxis in der Fernhaltung oder der Zerstörung des Contagiums. Diese wird entweder dorch das Tödten oder Separiren des mit einer contagiösen Krankheit behafteten Thieres oder durch Zerstörung des Contagiums an oder mit seinem Träger, was je nach der Natur der ein­zelnen Contagien auf verschiedene Weise geschehen muss, oder endlich, was jedoch nur selten gelingt, durch Vertilgung und Zerstörung des bereits auf ein Thier übertragenen Ansteckungsstoffes erreicht. Das letztere kann über-
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Vorbauung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;19
haupt nur dann mit einiger Wahrscheinlichkeit des Erfolges versucht werden, wenn das Contagium in eine Wunde eingedrungen ist, in welchem Falle man es entweder durch Waschen zu enti'ernon oder durch die Einwirkung gewisser local angewandter Mitte! zu zerstören, oder l'alls es bereits in den Organismus eingedrungen und aufgesaugt worden wäre, durch Hervorrufung und Unterhaltung eines künstlichen Geschwüres an der Wumlstelle, durch welche das Contagium eingedrungen ist. zur Ausscheidung zu bringen trachtet. Gegen Krankheiten, welche bereits in der Entwicklung begriffen sind, kann nur in seltenen Fallen eine Vorbauungsbchandlung möglich werden. Die Veterinärpolizei umfasst die prophylactischen und Tilgungsmaussrogeln, die von den Staatsverwaltungen zur Durchführung den Sanitätspersonen vor­geschrieben werden, um die Gefahren seuchenartiger Krankheiten abzuwen­den und bereits zur Entwicklung gekommene Seuchen möglichst schnell zu tilgen. Diese Maassregeln sind in Oesterreich in der sogenannten „Seuchen-Verordnung des Ministeriums d. Innern Z. 32592 (1859)quot; unter dem Titel: „Vorschriften über das bei Thierseuchen von den politischen Behörden, Aerz-ten, Wund- und Thierärzten, dann den Ortsvorstehern zu beobachtende Ver­fahren, und die aus Anlass derselben einzuleitenden Veterinär-polizeilichen Maassregeln,quot; enthalten; wir werden auf diese bei den einzelnen anstecken­den und seuchenartigeii Thierkrankheiten zurückkommen.
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III.
Die Lehre von den Kranklieitsnrsaclien (Aetiologie).
sect;. 16. Derjenige Zweig der mediciDisehen Wissenschaft der sich mit der Untersuchung der Krankheitsursachen, d. i. jeuer Ein­flüsse, welche eine Krankheit hervorrufen, begünstigen und unter­halten können so wie mit der Art ihrer Einwirkung auf denThier-körper beschäftiget, heisst Ursachcnlchre, Aetiologie. Ihre Kennt-niss ist sowohl für die Vorbauung (Prophylaxis) als auch für die direkte Heilung der Krankheiten von grossein Werthe.
Alle ausser und innerhalb des Organismus befindlichen Ma­terien können Krankheitsursachen werden.
sect;. 17. Die richtigste Eintheilung der Krankheitsursachen ist in solche welche, von aussen auf den Thierkörper wirken und in jene, welche innerhalb des Organismus liegen.
Zu den ersteren gehören die auf mechanische und chemische Weise schädlich wirkenden Stoffe, die Imponderabilien, Licht, Wärme, Elcctricität, Magnetismus, dann kosmische, tellurische Einflüsse, die Nahrungsmittel, Weiden, Ställe, Lebensverhältnisse, Arzneikörper und endlich die Pflanze)1, und Thierschmarotzer (Parasiten).
sect;. 18. üebermässiges und grelles Licht wirkt nachtheilig auf das Auge, Gehirn, so wie auf die Haut und bewirkt Hyperämie und Entzündung dieser Organe, die sich beim Auge bis zur Erblin­dung, beim Gehirn zur Lähmung steigern kann. Auf der Haut ent­stehen leicht Erysipele, wie wir es bei den Schafen beobachten, die nicht selten durch übermässiges Sonnenlicht von der Blatterrose befallen werden.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;';
Die Entziehung des Lichtes bedingt Lichtscheu, Amblyopie, Störungen der Ernährung und ihre Folgekrankheiten durch mangel­hafte Blutbildung.
sect;. 19. Warme und trockene Luft wird besser vertragen als
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Licht, Wärme.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;21
fenchtwarme, und zwar sind die schädlichen Wirkungen um so gros­ser, je länger sie einwirken.
Massige Erhöhung der Temperatur verursacht bei lo-caler Einwirkung znuächst das subjective Gefühl von Wärme, das sich zu schmerzhaften Empfindungen, zur Hyperämie, Vermehrung der Secretionen der betreffenden Theile steigert. Bei allgemeiner Einwirkung bedingt sie auch Blutaustretungen, Ausschwitzungen in innere Organe.
Anhaltend höhere Lufttemperaturen verursachen ca-tarrhalische Affectionen der Respirationsorgane, eine schlechte Blutbeschaffenhcit, die unter ungttnstigen Verhältnissen zum Typhus, Anthrax, Magen- und Darmcatarrhen, zur Ruhr und anderen Or­ganleiden, sogar in seuchenartiger Verbreitung führen kann.
Rasche Uehergänge von niederen zu höheren Tempera­turen bewirken Congestionen, Blutaustretungen und Entzündungen vorzüglich der Haut und der Respirationsorgane, so wie Brand und Verschwärungen der ersteren.
Die sogenannlo Erlüiltung d. i. die plötzliche Einwirkung kalter, be­wegter Lnft auf einen cliiuten Thicrkörper bewirkt besonders bei empfind­lichen Thicren nicht selten schwere Erkrankungen der Respirationsorgane, des Inteslinaitractes, der serösen und fibrösen Häute, je nachdem das Thier zu einer oder der anderen Krankheit mehr weniger disponirt.
Hohe Hitzegrade bedingen nach ihrer Intensität die verschiedenen Grade der Verbrennung und sogar Verkohlung der betroffenen Körpertheile; niedere Temperaturgrade hingegen veran lassen bei empfindlichen, schwächlichen, erhitzten Thieren durch Contraction der Capillargefässe, Unterdrückung der Hautausdünstung, Vermehrung der Harusecretion, Catarrhe der Luftwege und Entzün­dungen derselben.
Sehr niedere Temperaturgrade führen zum Erfrieren, zum to­talen Absterben der äussersten Körpertheile, der Ohren Extremi­täten u. s. w.
Pouch et hat die Resultate geprüft, die sich ergaben, wenn man die Thiere der Temperatur aussetzte, bei laquo;elcher sie erfrieren, und durch eine Reihe von längeren Experimenten kam er zu nachfolgenden Schlüssen:
1.nbsp; nbsp; nbsp;Die erste Erscheinung, welche die Kälte hervorbringt, ist eine Zti-sammenziehung der Kapillargetässc auf ein solches Maass, dass die lüntkügel-chen nicht eintreten können und diese Gelasse daher vollkommen leer werden.
2.nbsp; nbsp; nbsp;Das zweite Phänomen ist eine Veränderung der Blutkügßlchen, welche bis zu ihrer vollkommenen Desorganisation fui'lsehrei'et.
3.nbsp; nbsp; Jedes vollkommen erfrorene Thier ist absolut todt und keine Macht kann es wieder beleben.
4.nbsp; nbsp; nbsp;Wenn nur ein Theil erfroren ist, ist dieser Theil zerstört durch den kalten Brand.
5.nbsp; nbsp; nbsp;Wenn der erfrorene Theil keine grossn Ausdehnung hat. und wenn nur einige zerstörte Blufkügelchen in die Circulation eintreten, kann sich das Thier wieder erholen
6.nbsp; nbsp; Hat aber im Gegensatz der erfrorene Theil eine beträchtliche Aus­dehnung, so dass die Ilasse der zerstörten oder desorganisirten Fdutkügclchen
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23nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Lehre von den Krankheitsuraachen.
eine grössere ist, so tödten sie das Thier. wenn ein zu rasches Aufthauen sie in Circulation bringt
7.nbsp; nbsp; Aus diesem Grunde kann ein halberfrorenes Thier lange in diesem Zustande leben, weil dann die veränderten Blutkügelchen nicht in die Circu­lation eintreten: aber es stirbt schnell, wenn der erfrorene Theil aufthaut.
8.nbsp; nbsp; In allen Fällen des Gefriertodes wird der Tod durch die Verände­rung der Blutkügelchen verursacht und nicht durch irgend eine Wirkung auf das Nervensystem.
9.nbsp; nbsp; Es resultirt aus diesen Thatsachen. dass, je langsamer ein erfrore­ner Theil aufthaut, um so langsamer auch die veränderten Blutkügelchen ihren Weg in die Circulation tinden der um so grössere Wahrscheinlichkeit sich für die Wiederherstellung des Thieres ergibt jfc
sect;. 20. Der Einfluss der atmosphärischen Elektricität und des Magnetismus auf die Entstehung und den Verlauf der Krankheiten der Hausthiere ist bisher unbekannt.
Starke elektrische Entladungen (Blitz) können zu Betäubung, Lähmung einzelner Körpertheile und selbst zum Tod führen.
Bei der Autopsie solcher Cadaver finden sich entweder gar keine ana­tomische Veränderungen oder blos Brandwunden in Gestalt von Streifen oder Linien auf der allgemeinen Decke (Roll) wie dies auch an Menschenleichen beobachtet wird.
sect;. 21. Kosmisch tellurische Einflüsse. Während die Tageszeiten einen kaum wahrnehmbaren Einfluss auf die Entstehung und Verbreitung der Krankheiten üben, ist jener der Jahreszeiten ausser Zweifel gestellt.
Der Frühling hat; die durch raschen Temperaturwechsel, grös-seren Feuchtigkeitsgrad der Luft und des Bodens bedingte oft seuchenartig auftretende Krankheiten als: Katarrhe der Luftwege, Lungenentzündungen, Durchfälle, acute Hautkrankheiten, dann Ver­schlimmerungen chronischer Leiden in seinem Gefolge.
Im heissen Sommer kommen acute oder Verschlimmerungen chronischer (Dumkoller), Gehirnkrankheiten, Typhus, die verschie­denen Milzbrandformen, Magen und Dannkatarrhe, Durchfalle und Ruhren, dann Leberkrankheiten häufiger zur Beobachtung.
Im Herbste stellen sich in Folge des Fortbesuches bethauter Weiden öfter Durchfälle, Katarrhe, Rheumatismen ein. Durch den Genuss der auf überschwemmten oder nassen Weiden wachsenden Gräser entwickeln sich bei Schafen gerne cachectische Krankheiten, wie Fäule und Bleichsucht.
Im Winter treten acute Erkrankungen (Katarrhe, Nierenlei­den, Koliken und Durchfälle) häufiger auf, besonders wenn die Haut der Hausthiere durch den Aufenthalt in warmen Stallungen gegen die Kälte empfindlicher wird, deshalb exaeerbiren auch chronische Krankheiten häufiger in dieser Jahreszeit.
Die Beschaffenheit der atmosphärischen Luft, in der die Orga­nismen leben, ist natürlich eine der häufigsten Krankheiisursachen, jedoch ist ihr nachtheiliger Einfluss nicht immer so klar, als man
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Kosinisch-tellurische Einflüsse.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;2.^5
glanben sollte. Die Wirkungen des Luftdruckes auf den Thierkör-per sind noch wenig bekannt, bedeutende Zunahme desselben wie in tiefen Thälern, Schachten u. s. w. machen das Athmen der Thiere beschwerlicher, Aferschlimmern Lungenkrankheiten u. s. w. Der Einfluss eines verminderten Luftdruckes, wie auf bedeudenden Höhen, tritt selbst auf höheren Alpenweiden nicht prägnant hervor. Bei manchen Seuchen z. B. Milzbrand wurde bemerkt, dass die grösste Sterblichkeit sich bei niederem Barometerstande zeigte.
Wichtiger ftir die Entstehung und Verbreitung der Krankheiten scheint der Feuchtigkeitszustand der Atmosphäre zu sein. Anhal­tend feuchte Witterung ist insbesondere Schafen nachtheilig und gibt zur Entstehung der Bleichsucht, vieler Regen zur Bildung der sogenannten Regenraude, bei allen Thieren aber zu jenen Krank­heiten Veranlassung, die durch die sogenannte Erkältung entstehen.
Bei feuchtwarmer Witterung leidet die Verdauung und Respi­ration, die Circulation wird herabgestimmt, die Secretionen vermin­dert, Blutkrankheiten (Typhus, Anthrax) kommen häufiger vor, feuchtkalte Luft und anhaltende Nebel unterdrücken die Hautaus-dünstungen und bedingen catarrhalische und rheumatische Affec-tionen, Dyscrasien.
Der Thau soll in einigen Gegenden z. B. Ungarns, wenn Pferde längere Zeit auf damit beschlagener Kleewiese weiden, besonders bei nüchternen Thieren, häufig Aufblähen verursachen, dem man durch früheres Verabreichen trockenen Futters, kürzeren Aufent­halt auf der Weide und nicht unmittelbares Tränken nach der Fütterung vorbeugen kann; ganz dasselbe gilt auch von der schädlichen Wirkung des die Gewächse der Weiden in den kalten Jahreszeiten des Morgens bedeckenden Reifes.
Wenig bewegte und heisse Luft ist in der Regel dem Organismus nachtheilig; heftige Winde behindern durch ihren me­chanischen Druck das Athmen und wenn sie zugleich kalt sind, wirken sie auf die Haut erkältend, unterdrücken die Transpiration derselben und bringen daher nicht selten Catarrhe, Rheumatismen, Lungenentzündungen hervor. Während desHerrschens kalter und trockener Winde treten meist acute Krankheiten der Athmungs-organe auf; bei feuchten warmen Winden herrschen am häufig­sten Typhus, Ruhr, Gastrointestinalcatarrhe u. dgl. Fremde, fein in der Luft vertheilte, mechanisch wirkende Substanzen, wie Kies, Kalk, Staub u. dgl. veranlassen Reizungen der Schleimhäute der Augen, der Nase und der Luftwege, Blutungen und Entzün­dungen derselben. Metalldämpfe, wie sie sich in Berg- und Hüttenwerken bei der Gewinnung des Quecksilbers, Arseniks, Bleies, Zinnes bilden, verletzen theils unmittelbar die Athmungs-organe, theils gelangen sie von da aus in das Blut und veranlas­sen Vergiftungskrankheiten, theils schlagen sie sieh auf Wiesen, Weiden u. dgl. nieder, bedecken die dort wachsenden Pflanzen mit einem fiir die pflanzenfressenden Hausthiere schädlichen Ueberzuge
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24nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Lehre von den Krankheitsursachen.
und geben zn acnten nnd chronischen Krankheiten der Verdaunngs-organe und der Blntbildnng Gelegenheit.
Die der Luft beigemischten ammoniakalischen Ausdün­stungen schlecht gelüfteter Ställe reizen die Athmungsorgane, die Haut und Augen, und bedingen Catarrhe der Luftwege, Binde- und Hornhautentzündungen, langwierige Hautausschläge. Die durch das Zusammendrängen vieler Thiere in schlecht gelüfteten Stall­räumen hervorgebrachte Luftverderbniss kann sogar zum seuchen­artigen Auftreten von catarrhalischen, typhösen Krankheiten und selbst, wie Roll glaubt, zum Eotz führen. Die mit Zersetzungspro-ducten faulender thierischer und vegetabilischer Stoffe geschwän­gerte Luft, wie sie sich vorzüglich über Sümpfen oder in der Nähe stehender Gewässer vorfindet, gibt zur Entstehung constitu-tioneller Krankheiten, des Typhus, Anthrax, der Bleichsucht und Fäule, langwieriger Lungen- und Leberleiden Veranlassung; sie wirkt um Vieles nachtheiliger auf Thiere, die erst neu in solche Gegenden eingeführt wurden, als auf bereits acclimatisirte; schäd­licher auf Pferde nnd Schafe, als auf Rinder und Schweine; nach­theiliger, wenn die Luft wenig oder nicht bewegt ist, als bei dem Herrschen von Winden.
Die Beschaffenheit des Bodens einer Gegend wirkt da­selbst auf die Thiere einerseits durch die Verschiedenheit der herr­schenden atmosphärischen Verhältnisse, andererseits durch die aus der chemischen Zusammensetzung des Bodens resultirende bestimmte Beschaffenheit der daselbst wachsenden Pflanzen und des vorkom­menden Trinkwassers.
Auf Gebirgen ist die Luft trockener, reiner, aber auch käl­ter, der Luftdruck geringer, die Einwirkung des Lichtes stärker. In Gebirgsgegenden aufgezogene Thiere sind der Regel nach ab­gehärteter, aber kleiner; Erkältungskrankheiten, acute Lungenleiden sind häufiger. In hochgelegenen, den Luftströmungen stark ausgesetzten Thal ern herrschen in der Regel Catarrhe und Rheu­matismen vor; in allseitig umschlossenen, in denen die Luft nur wenig bewegt, gewöhnlich feucht, im Sommer meist heiss, gegen Morgen und Abend empfindlich kühl ist, treten nebst Ca-tarrhen und Lungenkrankheiten Typhus und Anthraxformen häufig auf. Die letzteren Krankheitsformen sind noch gewöhnlicher in tiefen, sumpfigen, allseitig von hohen Gebirgen umgebenen Kessel-thälern.
Von Hügeln durchzogene Flächen begünstigen je nach den über sie streichenden Winden die Entwicklung verschiedener Krank­heiten. Den Nord- und Ostwinden geöffnete zeichnen sich durch das Vorkommen acuter Entzündungen, insbesondere der Lungen, der Catarrhe und Rheumatismen; solche, welche den Strömungen der West- und Südwinde ausgesetzt sind, durch das Auftreten von Typhus, Milzbrand nnd von Krankheiten der Verdauungsorgane aus.
Ausgedehnte Ebenen begünstigen durch die sie durchziehen-
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Kosmisch-tellurische Einflüsse.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;25
den Winde, insbesondere dann, wenn sie Sand und Staubtheile mit sich führen, die Entstehimg von Krankheiten der Athmimgsorgane, der Haut und durch die daselbst sich vorfindenden stehenden Ge­wässer und Sümpfe die Entwicklung cachectischer Krankheiten des Milzbrandes u. s. w. Grosse Gewässer, die die Luft mit Feuchtigkeit schwängern, veranlassen überhaupt die Nachtheile einer feuchten Luft.
Oefteren Ueberschwemmungen ausgesetzte Gegenden sind für Pflanzenfresser durch die häufige Verderbniss der Futtergewächse, und solche, deren Oberfläche durch Sandboden gebildet ist, der Luft­wegen des beim Athmen eindringenden Staubes halber, nachtheilig.
Kalksand insbesondere reizt die Haut und die Luftwege und veranlasst Krankheiten dieser Organe. In Landstrichen, wo der Kalk­boden thonigen Grund hat, sowie auf Torfgründen, kommen cachec-tische Krankheiten vorzugsweise unter den Schafen, so wie der Milzbrand häufiger vor.
Es ist Thatsache, dass manche Krankheiten in gewissen Klima-ten häufiger vorkommen, als in anderen; dass andere nur in be­stimmten Klimaten ursprünglich entstellen, und sich von hier aus nach allen Richtungen hin verbreiten; dass endlich Thiere, welche in Gegenden versetzt werden, deren klimatische Verhältnisse von jenen, unter welchen sie aufgezogen wurden und lebten, sehr ver­schieden sind, in Krankheiten verfallen, welche bei den einheimi­schen Thieren ungewöhnlich sind und erst bei der Acclimatisation schwinden und dass ferner ihre Nachkommen häufig Ra^endegene-rationen erleiden.
sect;. 22. Die Nahrungsmittel, Futterstoffe können bald durch die Quantität in der sie verabreicht werden, bald durch die Be­schaffenheit und die Art ihrer Zubereitung als Krankheitsursachen wirken.
Der grosse Einfluss den sie auf das Gedeihen, die Arbeitskraft so wie auf die Erkrankungen unserer Haassäugethiere üben, macht es nothwendig. dass wir vor Allem die
Physiologie der Nahrungsmittel und Getränke unserer Haussäuge-
thiere
nach dem gegenwärtigen Standpunkte der Wissenschaft eines Nähe­ren erörtern.
Unsere Haussäugethiere nähren sich entweder von Pflanzen oder von Thieren, oder von beiden; Pflanzenfresser (herbivora) sind: die Einhufer und Wiederkäuer; Fleischfresser (carnivora): der Hund, die Katze; und Allesfresser (omnivora): das Sehwein. Das einzige, naturgemässe Getränk für alle ist das reine Fluss- oder Quellwas­ser. Als eigentliche Nahrungsmittel kann man nur diejenigen Stoffe aus demThier- und Pflanzenreiche betrachten, welche in den Nah-
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2R
Lehre von den Krankheitsursachen.
rungsschlauch gebracht, das Gefühl des Hungers beschwichtigen, das daraus entspringende Wohlbehagen herbeiführen, in den thie-rischen Säften auflöslich sind und keine andere auffallende Erschei­nung z. B. vermehrte Wärme, Schweiss, vermehrtes Uriniren u. dgl. m. hervorbringen. Neben den eigentlichen Nahrungsmitteln werden zwar Stoffe genossen, welche eine oder die andere der genannten ungewöhnlicher. Erscheinungen bewirken (oder wohl gar tödten), aber sie sind dann immer nur Reizmittel, und als solche oft noth-wendig und wohlthätig, wohin besonders das Kochsalz, ätherische Oele, bitterer Extractivstoff und Gerbestoff gehören. Die Thiere werden bei der Auswahl der aufzunehmenden Stoffe tbeils durch ihre Sinne, besonders durch den Geruchs- und Geschmackssinn, theils durch ein inneres nicht zum Bewusstsein kommendes Gefühl, welches man Instinct nennt, geleitet. Nur der grösste Mangel, der wüthendste Hunger und eine krankhafte Beschaffenheit der Ver-dauugsorgane zwingt sie auch ungewöhnliche, oft gar nicht verdau­liche Stoffe zu verschlingen.
Die näheren Bestandtheile in den Nahrungsmitteln aus dem Pflanzenreiche, welche die eigentlichen Nahrungsstoffe sind, enthal­ten entweder neben Kohlen-, Wasser- und Sauerstoff auch Stick­stoff, oder er fehlt. Stickstoffhaltige Nahrungsstoffe oder plastische, (weil sie allein zur Blutbildung und Ernährung des Körpers geeignet) sind folgende: I. Das Pflanzenfibrin: es ist reichlich in dem Safte der Gräser enthalten und kommt häufig in den Getraidesamen vor. Aus dem Safte der frischen Pflanzen fällt es als grünes Satz-mebl nieder, aus dem Mehl der Getraidesamen wird es gewonnen, indem der Kleber, in welchem es enthalten ist, von dem Stärke­mehl und Pflanzeneiweiss getrennt ist. Es ist im Wasser nicht löslich, aber in concentrirter Salzsäure löst es sich mit indigoblauer Farbe auf, wie das Thierfibrin, mit welchem es auch in der che­mischen Zusammensetzung übereinstimmt. Es besteht nämlich nach Jones aus
Kohlenstoff .
. 53,83
Wasserstoff .
. 7,03
Stickstoff . .
. 15,58
Sauerstoff 1
Schwefel \ .
. 23,56
Phosphor \
100,00.
II.nbsp; nbsp; Das Pflanzenalbumin oder der Eiweissstoff; es ist im Pflanzenreich sehr verbreitet in allen in der Wärme gewinnenden Pflanzensäften und in allen ölhaltigen Samen, die mit Wasser Emul­sionen geben. Es hat die Eigenschaften und Zusammensetzung wie thierischer Eiweissstoff.
III.nbsp; nbsp;Das Pflanzencasein oder Legumin findet sich haupt­sächlich in den Erbsen, Linsen, Bohnen und gleicht dem thieri-schen Käsestoffe. Diese Stoffe bestehen nach Jones
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Nahrungsmittel und Getränke.
das
Pflanzenalbumin
ans Roggen:
das Pflanzencasein aus:
Kohlenstoff .
. 54,74
55,05
Wasserstoff .
. 7,77
7,59
Stickstoff . .
. 15,85
15,89
Sauerstoff )
Sauerstoff oi ,17 Schwefel ( • *1gt;i'
Schwefel gt; .
. 21,64
Phosphor j
100,00
100,00.
IV. Der Pflanzenleim ist im Kleber und dem Mehl der Getraidearten und Hülsenfrüchte allgemein verbreitet und dem thierischen Leim in seiner Zusammensetzung ähnlich. Er besteht nach Jones aus
Kohlenstoff . . 55,22 Wasserstoff . . 7,22 Stickstoff . . . 15,98 Sauerstoff. . ._ 21,38 100,00
Das Mucin wird aus der alcoholischen Lösung des Pflanzen­leimes gewonnen, ist im Wasser löslich, wird durch Galläpfeiaufguss und schwefelsaueres Eisenoxyd gefällt und ist wahrscheinlich in ähnlicher Weise, wie die übrigen Proteinstoffe zusammengesetzt. Es wandelt Stärkemehl in Gummi und Fruchtzucker um.
Vegetabilische Nahrungsstoffe ohne Gehalt an Stickstoff (Koh­lenhydrate), welche Lieb ig als blosse Respirationsmittel betrach­tet, sind folgende:
I. Die Stärke (Amylum) ist reichlich in den Getraidesamen und in den Kartoffeln in Form von sehr kleinen Körnchen enthal­ten. Sie ist in kaltem Wasser so lange unlöslich als die Körnchen noch ihre Hülle haben: diese platzt aber in heissem Wasser (bei 60deg;) und die Stärke wird dann in grösserer Menge aufgelöst. Durch Jod wird sie tief blau gefärbt. Sie besteht aus: Kohlenstoff . . 44,91 Wasserstoff . . 6,11 Sauerstoff . ^ 48,98 100,00. H. Die Cellulose oder das Pflanzenzellgewebe ist im Pflan­zenreiche allgemein verbreitet und steht in ihrer Zusammensetzung der Stärke sehr nahe. Bei einem gewissen Aggregatzustande wird sie durch Jod blau gefärbt, leichter geschieht dies durch kurze Ein­wirkung von concentrirter Schwefelsäure, welche Säure sie auch in Dextrin und Traubenzucker umwandelt. Sie besteht nach Rey-nault aus:
Kohlenstoff . . 44,44 Wasserstoff . . 6,18 Sauerstoff. . . 49,38 100,00.,
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Lehre von den Krankheitsursachen.
III.nbsp; Pflanzenschleim und Gummi kommen oft vereinigt in vielen Pflanzen vor, der erste ist reichlich in Leinsamen enthalten und quillt im Wasser zu einer zähen, schlüpfrigen Masse auf; das Gummi ist in kaltem und kochendem Wasser löslich.
IV.nbsp; nbsp; nbsp;Der Zucker kommt als Rohr- und Traubenzucker in vielen Nahrungsmitteln der Thiere vor, namentlich in den Gräsern und slissen Wurzeln, besonders Kunkel- und Kohlrüben. Der Kohr-zueker ist im Wasser in allen Verhältnissen löslich, der Trauben­zucker ist langsamer und weniger löslich, der letztere schmeckt auch weniger süss. Die quantitativen Verhältnisse beider sind etwas verschieden; es besteht nach Wo hl er:
der crystallisirte Kohrzuckernbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; der crystallisirte Traubenzucker aus Kohlenstoff . . 42,58nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 30,80
Wasserstoff . . 6,37nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 7,01
Sauerstoff. . . 51,05nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 56,19
100,00
100,00.
V.nbsp; nbsp;Das Pectin oder die Pflanzengallerte ist sehr verbrei­tet und kommt vorzüglich in dem Safte fleischiger Früchte und Wur­zeln vor, besonders zur Zeit der Reife; es ist die Ursache des Gelatinirens solcher Säfte beim Einkochen mit Zucker oder beim Vermischen mit Alcohol. Im reinen Zustande ist es eine farblose, im Wasser lösliche, im Alcohol unlösliche, geschmacklose Masse, welche mit Wasser eine schleimige, für sich nicht gelatinirende Auflösung bildet.
VI.nbsp; Die fetten Gele sind in verschiedenen Samen, z. B. Lein-, Hanf-, Raps-, Bucheckernsamen u. a. mehr oder weniger reichlich enthalten und sie werden nur dadurch zu Nahrungsstoffen, dass den Thieren die Oelkuchen, welche immer Gel enthalten, oder die Bucheckern, oder Hafer, in welchem eine geringe Menge eines fetten Geles enthalten ist, gereicht werden. Ihre Bestandtheile sind den thierischen Fetten gleich.
Zu den einfachsten Nahrungsmitteln aus dem Thierreiche ge­hören: 1) der Faserstoff, 2) das Eiweiss, 3) der Käsestoff, 4) die Gallerte, 5) das Fett. Sie zerfallen ebenfalls in stickstoffhaltige (die 4 ersten) und in stickstofflose (das Fett) wie die vegetabilischen Nahrungsstoffe.
Die eben genannten Nahrungsstoffe aus beiden Reichen sind, jeder allein genossen, nur für kurze Zeit nährend, wie sie auch in den geniessbaren Theilen der Pflanzen und Thiere vorkommen, genossen werden, denn es scheint durch die Einförmigkeit der Nah­rungsstoffe die Reizbarkeit der Verdanungsorgane abgestumpft zu werden. Im Allgemeinen ist anzunehmen, dass, je ärmer die Nahrungsmittel an Stickstoff sind, für desto kürzere Zeit wirken sie (besonders für die Fleischfresser) nährend, weil die aus ihnen bereitete Flüssigkeit nothwendig Stickstoff unter ihren entfernten Bestandtheilen enthalten muss.
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Nahrungsmittel und Getränke.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;29
Magendie hat durch Versuche an Hunden gefunden, dass sie bei dem Genüsse von Zucker mit destillirtem Wasser oder von Baumöl mit Wasser oder von Gummi oder von Butter die ersten 8 bis 14 sich wohlbefanden, dann abmagerten, sehr schwach wur­den und in 31 bis '66 Tagen starben. Bei der Fütterung mit blos-sem Zucker und Wasser zeigte sich in der dritten Woche Vereite­rung der Hornhaut, so dass die Augeufeuchtigkeiten ausflössen. Bei der Section der gestorbenen Thiere zeigte sich kein Fett, die Muskeln hatten sehr an Umfang verloren. Magen und Darmcanal waren sehr zusammengezogen, die Gallenblase und Urinblase aus­gedehnt. Die Galle enthielt viel Fikromel, der Urin war alkalisch, (beides wie bei den Pflanzenfressern), die Excremente enthielten sehr wenig Stickstoftj wovon sie sonst viel enthalten.
Aus der Beobachtung, dass die zur Nahrung für das neuge­borene Säugethier bestimmte Milch aus drei Stofi'eu, nämlich Zucker-stoff, Oelstoif und Käsestoff besteht, scbloss Prout, dass alle Nah­rungsmittel des Menschen und der höheren Thiere diese Stoffe enthalten müssten, und er fand auch, dass die gedeihlichen Nahrungs­mittel sowohl aus dem Pflanzen- als auch Thierreiche entweder alle drei oder wenigstens zwei derselben oder ihnen verwandte Stoffe enthalten. Diess bestätigte sich auch durch Magendie's Versuche, indem er Hunde nur mit Käse oder mit gekochten Eiern, welche doch Stickstoff enthalten, fütterte, wobei diese zwar lange Zeit lebten, aber doch schwach und mager wurden und die Haare verloren.
Die Nahrungsmittel der Pflanzenfresser unter den Haussäuge-thieren, nämlich der Einhufer und Wiederkäuer, bestehen in frischen oder getrockneten Pflanzen (Grüufutter oder Heu) besonders aus den Familien der Gräser und Hülsengewächse, in den Samen die­ser Pflanzen, in dem Stroh der Getreidearten, in den Wurzeln und Knollen verschiedener Pflanzen.
Die auf Weiden und Wiesen wachsenden guten Nahrungs-pflauzen sind folgende: Rauchgras (Anthoxanthum odoratum), Wie-senfuchsschwauz (Alopecurus pratensis), Liesch- oder Thimotheus-gras (Phleum prateuse), Straussgras (.Agrostis vulgaris, cauina), Kasenschmiele (Aira cespitosa), Wiesenhafer und andere Arten (Aveua pratensis, pubesceus, tlavescens), hoher Glathafer (Arrhenatherum elatius), Dan gras (Hierochlea borcalis), Kammgras (Cynosurus cristatus), Zittergras (Briza media), Wasserrispengras (Poa aquatica), mehrere Arten des Kispengrasses (Poa distans, tri-vialis, pratensis, scrotica, nemoraiis, annua), Mannagras (Glyceria fluitans), Quellcnslissgras (Catabrosa aquatica!, Knäuelgras (Dacty-lis glomquot;?Sta), Honiggras (Holcus mollis, lanatus), Arten von Schwin­gel (Festuca ovina, duriuscula, rubra, pratensis, elatior), Arten von Trespe (Bromus mollis, inermis, giganteusj, englisch Kaygras (Lolium pereune), Wiesenknopf (Sanguisorbaofticinalis}, Frauenmantel(Alche-milla vulgaris), Dreizack (Triglocin. palustre, maritiraum), Wachtel­weizen (Melampyrum nemorosum, pratense), Wundklee (Antbyllis
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30nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Lehre von den Krankheitsursachen.
vulneraria) Flatterbse (Lathycus pratensis, palustris), Vogelwicke (Vicia Cracca), Steinklee (Melilotus officinalis, vulgaris), Kleearten (Trifolium pratense, fragiferum, repens, procumbens, filiforme), Schottenklee (Lotus corniculatus), Siclielklee (Medicago falcata).
Auf sumpfigen Wiesen und Torfgründen wachsen die schlech­ter nährenden Gewächse, die in die Familien der Cyperngiäser (Cyperoidea) und Simsen (Juncea) gehören; es sind folgende Gat­tungen : Cyperngras (Cyperus), Binsen (Scirpus), Knopfgras (Schoe-nus), Schnabelgras (Rhynchospora), Vollgras (Eriophorum), Sense (Juncus), Segge (Carex).
Angebaut werden, um entweder die frischen oder getrockneten Pflanzen, das Stroh, die Samen oder die Wurzeln und Wurzelknol­len den Thieren als Nahrung zu reichen, folgende: Winter- und Sommerweizen (Triticum hibernum, activum), Spelz (Tr. Spelta), Roggen (Seeale cereale), Gerste, mehrere Arten (Hordeum hexasti-chon, vulgäre, Zeocriton), Hafer (Avena sativa), Kartoffel (Solanum tuberosum), Kunkeln (Beta vulgaris, B. Gicla), Möhre (Daucus Carota), Lein (davon die Leinkuchen) (Linum usitatissimum), Buchweizen (Folygonum Fagopyrum), Kandnelke (Dyanthus arenarius), Acker­spergel (Spergula arvensis), Kopikohl (Brassica cleracea capitata), Kohlrübe (Brassica Rapa), Wasserrübe (Brassica Napus), Erbse (Pisum sativum, arveuse) Futterwicke, und Zaunwicke (Vicia sativa, sepium), Saubohne (Vicia Faba), Luzerne (Medicago sativa), Klee (Trifolium pratense), Esparcette (Hedysarum Onobeychis), Erdäpfel (Helianthus tuberosus), Mais oder türkischer Weizen, Kukurutz (Zea Mays).
Von diesen Pflanzen sind dem Pferde die Samen des Hafers, Wiesenheu und das Stroh des Roggens am zuträglichsten, doch werden ihm auch Samen von Roggen, Gerste, Erbsen, Wicken und Kleeheu unter Umständen mit Nutzen gereicht. Die auf die Weide gehenden Pferde nähren sich von den meisten der obengenannten Pflanzen. Das Rind nährt sich am besten von den grosshalmigen Gräsern, von Hülsenfrüchten, Wurzeln und Knollen und wird im Winter mit Stroh von den Samengetreidearten und Heu genährt. Das Schaf zieht die feinhalmigen Gräser vor und wird im Winter mit Stroh, Heu, Wurzelgewächsen und bisweilen auch mit Körnern (Hafer) gefüttert. Die Ziege frisst zwar dieselben Gewächse, kann aber auch manche Giftpflanze vertragen und liebt die Knospen, Blätter und die junge Rinde der Laubhölzer sehr.
Das Schwein nährt sich im Freien von Eicheln (Quercus Robur, peduneulata), Bucheckern (Fagus silvatica), von verschiedenen fri­schen Pflanzen, Getreidesamen und Wurzeln; es frisst aber auch die in der Erde liegenden Insectenlarven, Regenwürmer und ver­schmäht auch das Fleisch gefallener Thiere nicht. Im Stalle ge­halten bekommen die Schweine allerlei Abfälle aus der Haushaltung, gekochte Kartoffeln, Branntweinschlempe u. dgl. m.
Der Hund und die Katze sind zwar von der Natur an thieri-sche Nahrungsmittel gewiesen, allein sie müssen im Haushalte sich
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Nahrungsmittel und Getränke.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;31
auch mit zubereiteter Pflanzenkost begnügen, und der Hund gewöhnt sich besser daran als die Katze. Von den thierischen Theilen sind Fleisch, Milch, Fett und Häute leichter verdaulich als Knochen, Knorpel, Sehnen und Bänder.
Für die Kenntniss der Beschaffenheit der Nahrungsmittel ist es wichtig, ihre Bestandtheile durch die Chemie erforscht zu sehen, daher sollen die Analysen verschiedener Nahrungsmittel hier ange-flihrt werden und zwar zuerst von Wurzeln und Knollen.
I. Die Runkelrübe (Beta vulgaris, B. Ciela) mit verschiede­nen Spielarten besteht nach Pagen aus: Wasser, Zucker C—12 pCt. (grösstentheils krystallisirbar), Pflanzeneiweiss, Gallertsäure, Faser­stoff, einer in Alkohol auflöslichen, stickstoffhaltigen Substanz, ei­nem in der Luft dunkelbraun färbenden Extractivstoff, einem rothen und einem gelben Farbestotf; enthält feiner: einen aromatischen Stoff, fettes Oel, saure äpfelsaure Salze von Kali, Ammoniak, Kalk und Eisen, Chlorkalium, salpetersaures Kali, salpetersaures Ammo­niak, oxalsaure und phosphorsaure Kalkerde.
Nach Reynault enthält die weisse, sibirische Runkelrübe:
Wasser.............83,5
Zucker..............10,5
Cellulose.............0,8
Eiweissstoff............1,5
Organische Substanz und unorganische Salze 3,7
~ 100,0.
H. Die Rübe (Brassica Rapa) enthält nach Drap pier zu 9 pCt. Zucker vom Gewicht der Rüben; der Saft gerinnt beim Kochen stark und setzt Pflanzeneiweiss ab, abgedampft hinterlässt er einen Syrup, aus dem der Zucker in Krystalikörnern anschliesst.
III.nbsp; nbsp;Die Möhre (Daucus Carota) enthält auch viel Zucker und der Saft ist überhaupt dem der Rübe ähnlich.
IV.nbsp; nbsp;Die Erdäpfel (Helianthus tuberosus) enthalten nach Bran-conot in 100 Theilen Irischen Knollen:
Nicht krystallisirenden Zucker . . .nbsp; nbsp; 14,8
Inulin............nbsp; nbsp; nbsp; 3,0
Gummi............nbsp; nbsp; nbsp; 1,22
Eiweiss, in einer eigenen Modification .nbsp; nbsp; nbsp; 0,99
Fettes Oel...........nbsp; nbsp; nbsp; 0,09
Citronensaures Kali.......nbsp; nbsp; nbsp; 1,07
Schwefelsaures Kali.......nbsp; nbsp; nbsp;0,12
Phosphorsaures Kali.......nbsp; nbsp; nbsp;0,06
Chlorkalium..........nbsp; nbsp; nbsp; 0,08
Aepfelsaures Kali........nbsp; nbsp; nbsp; 0,03
Zitronen saures Kali.......nbsp; nbsp; nbsp; 0,08
Phosphcrsauren Kalk......nbsp; nbsp; nbsp; 0,14
Weinsauren Kalk........nbsp; nbsp; nbsp; 0,015
Kieselerde..........nbsp; nbsp; nbsp; 0,025
Wasser............nbsp; nbsp; 77,2
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32nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Lehre von den Krankheitsuraachen.
V. Die Kartoffeln (Solanum tuberosum) enthalten nach Ein­hof, namentlich die rothen
Faserstoff..........• 7,0
Stärke............15,0
Pflanzeneiweiss.........' 1gt;4
Gummi............4,1
Säuren und Salze........5,1
Wasser............75,0
Von den zur Nahrung dienenden Kräutern sind folgende un­tersucht.
I.nbsp; nbsp; Vom Weisskohl (Brassica cleracea capitata) ist der aus-gepresste Saft untersucht und Schrader fand darin, nach lOOThei-len frischem Kohl berechnet:
Grünes Satzmehl........nbsp; nbsp; 0,63
Pflanzeneiweiss.........nbsp; nbsp; 0,29
Harz.............nbsp; nbsp; 0,05
Gummiartiges Extract......nbsp; nbsp; 2,89
In Alkohol und Wasser löslichen Extrac-
tivstoff...........nbsp; nbsp; 2,84
Ausserdem schwefelsaures und salpetersaures Kali, Chlorka­lium, äpfelsaureu und phosphorsauren Kalk, phosphorsaure Talk­erde, Eiseaoxydul und Manganoxydul.
II.nbsp; nbsp; Gerste (Hordeum vulgäre); die grünen Stengel, vor dem Hervortreten der Aehre, enthalten nach Einhof:
Wasser...............nbsp; nbsp; 82,81
Weisse ins Grüne ziehende Pflanzenfaser . . .nbsp; nbsp; nbsp; y,54
Satzmehl...............nbsp; nbsp; nbsp; 2,45
Extractivstoff.............nbsp; nbsp; nbsp; 2,9
Pflanzeneiweiss............nbsp; nbsp; nbsp; 0,9
Phosphorsaure Kalkerde.........nbsp; nbsp; nbsp; 0,4
(Verlust..............raquo;.nbsp; nbsp; nbsp; 1,17.quot;)
Die gelben, reifen Stengel der Gerste enthalten:
Wasser ...............nbsp; nbsp; 10,94
Pflanzeneiweiss............nbsp; nbsp; nbsp; 1,7
Extractivstoff.............nbsp; nbsp; nbsp; 2,45
In Alkohol und Wasser löslichen Extract . . .nbsp; nbsp; 15,49
Absatz des Extracts beim Auflösen im Wasser .nbsp; nbsp; nbsp; 0,9
Hinterliess beim Verbrennen Kieselerde. . . .nbsp; nbsp; nbsp; 0,71
III.nbsp; nbsp; Grüne in voller Blüthe stehende Erbseustangen LPisum sativum) enthalten nach Eiuhof's Analyse:
Wasser...............nbsp; nbsp; 78,13
Blassgrüne Pflanzenfaser.........nbsp; nbsp; 10,42
Stärke...............nbsp; nbsp; nbsp; 1,38
Grünes Satzmehl, aus Pflanzeneiweiss und Blattgrünnbsp; nbsp; nbsp; 1,82
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Nahrungsmittel und Getränke.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;33
Extract, aus nicht krystallisirbarem Zucker, Ex-
tractivstoff, freier Galläpfelsäure bestehend . .nbsp; nbsp; nbsp;4,59
Im Wasser löslichen Extractivstoff.....nbsp; nbsp; nbsp;0,6
Pflanzeneiweiss............nbsp; nbsp; nbsp;0,91
Phosphorsauren Kalk..........nbsp; nbsp; nbsp;0,01
Verlust...............nbsp; nbsp; nbsp;2,10.
Die als Nahrungsmittel verwendeten Samen und Früchte enthal­ten folgende Bestandtheile.
1. Hafer (Avena sativa) gibt nach Vogel 66 Theile Mehl und 34 Theile Kleie. Das Mehl enthält:
Fettes, grüngelbes Oel.......... 2,00
Bitteres Extract und Zucker........ 8,25
Gummi................ 2,50
Eine graue Substanz, dem coagulirten Pflanzenei­weiss ähnlich............ 4,30
Stärke................59,00
Feuchtigkeit (und Verlust)........ . 23,95
100,00. EL Die Linsen (Ervum Lens) enthalten nach Einhof:
Zuckerhaltiges Extract..........nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;3,12
Gummi................nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;5,99
Stärke................nbsp; nbsp; nbsp;32,81
Pflanzenleim..............nbsp; nbsp; nbsp;37,32
Lösliches Pflanzeneiweiss.........nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;1,15
Sauern phosphorsauern Kalk........nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;0,57
Schalen mit stärkeartigem Faserstoff und coagulir-
tem Pflanzeneiweiss..........nbsp; nbsp; nbsp;18,75
Stärke................nbsp; nbsp; nbsp;71,49
Kleber mit Pflanzeneiweiss.........nbsp; nbsp; nbsp;10,96
Zucker................nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;4,72
Gummi................nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;3,32
Wasser............... .nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;10,0
100,49.
Es enthält ausserdem saure phosphorsaure Kalk- und Talk­erde.
VII.nbsp; nbsp; Nach Greif gibt den Spelz (Triticum Spelta) 90,78 Mehl, 1,0 Kleie, 8,22 Wasser.
Das Mehl enthält nach Vogel:
Feuchten und weichen Pflanzenleim mit Eiweiss .nbsp; nbsp; 22,5
Stärke .'...............nbsp; nbsp;74,0
Zucker................nbsp; nbsp; nbsp;5,5
VIII.nbsp; nbsp; Die Saubohne (Vicia Faba) enthält nach Einhof:
Stärke...........34,17
Pflanzenleim......... 10,86
Kraus, Path. u. Therap. der Haussäugethiere.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 3
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34nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Lehre von den Krankheitsursachen.
Pflanzeneiweiss........nbsp; nbsp; nbsp; 0,81
Extract, bitter und zuckerhaltig . .nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;3,54
Gummi...........nbsp; nbsp; nbsp; 4,61
Stärkeartige Faser.......nbsp; nbsp; nbsp;15,89
Phosphorsaure Kalk- und Talkerde •nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;0,89
Aeussere Schale........nbsp; nbsp; nbsp;10,05
Wasser...........nbsp; nbsp; nbsp;15,63
Verlust...........nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;3,46
100,00.
IX. Der Mais (Zea Mays) enthält nach Gorham:
Stärke..................nbsp; nbsp;77,00
Zein (Pflanzenleim).............nbsp; nbsp; nbsp;3,00
Pflanzeneiweiss...............nbsp; nbsp; nbsp;2,50
Zucker..................nbsp; nbsp; nbsp;1,45
Extractivstoff...............nbsp; nbsp; nbsp;0,80
Gummi ..................nbsp; nbsp; nbsp;1,75
Schwefelsauern, kohlensauern und phosphorsauern Kalknbsp; nbsp; nbsp; 1,50
Pflanzenfaser...............nbsp; nbsp; nbsp;3,00
Wasser................ .nbsp; nbsp; nbsp;9,00
100,00.
Von thierischen Nahrungsmitteln sind folgende untersucht worden.
I.nbsp; nbsp; Fleisch oder Muskeln und zwar frisches Ochsenfleisch ist von Berzelius, ein Ochsenherz von Braconnot untersucht wor­den; sie fanden in 100 Theilen
Berzelius.nbsp; Braconnot
Fleischfaser, Gefasse und Nerven 15,80gt; 17 70nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; -10.10.
Zellgewebe, in Knochen zu Leim gelöst 1,90 j 1/''unbsp; nbsp; nbsp; nbsp; '10
Lösliches Eiweiss und Farbestoff.....2,20nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 2,70
Alkoholextract mit Salzen (Osmazom) . . . 1,80nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 1,94
Wasserextract mit Salzen (Zomidin) .... 1,05nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 0,15
Eiweisshaltigen, phosphorsauren Kalk . . . 0,08nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;
Wasser (und Verlust)....... . . 77,17nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 77,03
100,00nbsp; nbsp; nbsp; 100,00.
II.nbsp; nbsp; Knochen von Ochsen, von allem Fett und der Knochen­haut befreit und so lange in der Wärme getrocknet, als sie noch an Gewicht verloren, enthielten nach Berzelius:
Knorpel, im Wasser völlig löslich, und Gefasse .... 33,30 Basisch phosphorsaure Kalkerde, mit ein wenig Fluorcalcium 57,35
Kohlensaure Kalkerde..............3,85
Phosphorsaure Talkeide.............2,05
Natron, mit sehr wenig Kochsalz........ . 3,45
100,00.
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Nahrungsmittel und Getränke.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;35
Hl. Die abgerahmte Kuhmilch hat nach Berzelius bei 15deg; = 1,0348 spec. Gewicht, der Rahm 1,0244. Die abgerahmte Milch enthielt:
Käsestoff, durch Butterfett verunreinigt.....nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;2,600
Milchzucker...............nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;3,500
Alkoholextract, Milchsäure und ihre Salze ....nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;0,600
Chlorkalium . .............nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;0,170
Phosphorsaures Alkali...........nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;0,025
Phosphorsauem Kalk, freie Kalkerde in Verbindung
mit Käsestofl^ Talkerde und Spuren von Eisenoxydnbsp; nbsp; nbsp; nbsp;0,230
Wasser.................nbsp; nbsp; nbsp;92,875
100,000.
Die saure Milch enthält einen grösseren Antheil von Milch­säure und geronnenen Käsestoff.
Die Menge der zur Sättigung erforderlichen und zur ErnaBraquo; rung hinreichenden Nahrungsmittel ist nach dem Gehalt an nähren­den, wirklich verdaulichen Stoßen verschieden. So braucht das Pferd mehr Nahrungsmittel, wenn es sich nur von frischen oder getrockneten Pflanzenstengeln nährt, als wenn es Körnerfutter er­hält, weil jene in gleichem Volumen und Gewicht weniger nährende Bestandtheile enthalten als dieses. Das Pferd scheint auch wegen seines kleinen Magens an solche Nahrung gewiesen zu sein, die in einem kleinen Volumen viel nährende Stoffe enthält, nebenbei doch auch eine gewisse Quantität weniger nährender Pflanzen zu gemessen, um die weiten Därme zu füllen und die Verdauungskraft derselben zu beschäftigen. Das Gewicht der nöthigen Nahrungs­mittel wird sich daher theils nach der Beschaffenheit derselben, theils nach der Grosse und den Anstrengungen des Thieres ver­schieden verhalten, und man rechnet für ein erwachsenes Pferd 20 Sgt; Heu, oder 5—8 S) Hafer und 10tbHeu_für einen Tag; grosse Arbeitspferde erhalten auch mehr als 20 *b Hafer, aber weniger Heu.
Die Wiederkäuer haben im Verhältniss zum Pferde eine grös-sere Menge von Nahrungsmitteln nöthig, weil sie ihre grossen Mä­gen füllen müssen, und sie können daher nur an solche Nahrungs­mittel gewiesen sein, die in einem grossen Volumen eine geringere Menge nährender Stoffe enthalten. Ein erwachsenes Rind braucht an Grünfutter täglich mehr als 100 amp;, an getrocknetem (Heu) min­destens 20 ft. Ein erwachsenes Schaf muss wenigstens 8 —#9632; 10 ft Grünfutter oder 2 — 3 tb Heu täglich erhalten; bekommen beide Thiere nur Stroh, so muss das Quantum grosser sein. Die Menge und Beschaffenheit der Nahrungsmittel muss übrigens nach den verschiedenen ökonomischen Zwecken bei diesen TMeren verschie­den sein.
Als Beleg dafür, dass leichteres Rindvieh eine verhältnissmäs-sig grossere Menge Erhaltungsfutter bedarf, als schwereres, führt Dr. Schneider in seinen Berichten folgendes über Milchkühe an,
3*
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36nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Lehre von den Krankheitsursachen.
Es wurden zwei schwerere Kühe (2112 % L. G.) und zwei leichtere (1537 SW aufgestellt und ihnen so viel grüne Luzerne vorgelegt, als sie fressen wollten, indem das Nichtgefressene täglich zurüek-gewogen wurde. Der Versuch dauerte durch 16 Tage. Die schwe­rere Abtheilung verzehrte 4921 Pfd. Luzerne und gab 272 Quart Milch, also auf 100 Pfd. L. G. 12,8 Quart; die leichtere Abtheilung verzehrte 3859 Pfd. Luzerne und gab 192 Quart Milch, also gleich­falls 12,8 Quart auf 100 Pfd. L. G. Das Körpergewicht war bei beiden Abtheiluugen dasselbe geblieben, so dass bei beiden alles Futter zur Production der Milch verwendet wurde. Es hatten also die schwereren Kühe pro 100 Pfd. L. G. 14,6 Pfd. Luzerne verzehrt und 5,9 Quart Milch gegeben, während die leichteren pro 100 Pfd. L. G. 16 Pfd. Luzerne verzehrten und nur 4,4 Quart Milch gaben.
Das Schwein und die Fleischfresser brauchen mehr Nahrungs­mittel, wenn sie bloss Pflanzenkost erhalten, weniger, wenn sie auch zugleich oder allein thierische Stoffe gemessen.
Die Menge des Getränkes muss grosser bei dem Genüsse trockener, geringer bei dem Genüsse frischer (feuchter) Nahrungs­mittel sein. Sie muss auch in der warmen Jahreszeit grosser sein, als in der kalten.
Vollkommene Entziehung der Nahrungsmittel bedingt rasch
#9632; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;zunehmende Abmagerung und endlich den Tod des Thieres.
Zu geringe Mengen von Futterstoffen und selbst grössere Quantitäten derselben mit geringem Nährwerthe führen Abmagerung, Sinken der Kräfte, Blutarmuth und eine seröse Blutmischung, daher einen cachectischen, die Verwendbarkeit der Thiere langsam auf­hebenden Zustand herbei.
Zu einer entsprechenden Ernährung der Hausthiere ist ein gehöriges Verhältuiss zwischen den Stickstoff- (protein-) haltigen und stickstoffloseu Nahrungsmitteln nothwendig und eine Störung der­selben führt mannigfaltige Nachtheile für die Gesundheit der Thiere herbei. (Futterstoffe, welche nur eine geringe Menge von Proteinstoffen — wenig Nahrungsgehalt — enthalten, füh­ren die Nachtheile einer ungenügenden Nahrung überhaupt — Abmagerung und Entkräftung — herbei. Hieher gehört die Fütte­rung mit Stroh, namentlich wenn es von schlechter Qualität ist mit dem Laub der Waldbäume, mit sauren Gräsern (aus der Familie der Cyperaceen, Juncaceen und Schachtelhalme), welche letztere auch noch andere Nachtheile (wie Knochenbrüchigkeit, Blutharnen) veranlasst, die Fütterung mit ausgelaugtem, verschlämm-
t tem oder verdorbenem Heu, welches überdiess zur Entstehung von Koliken beiträgt und chronische Lungenleiden bedingen soll. Werden solche Futterstoffe aber, um das, was ihnen an Nährkraft abgeht, durch die Menge zu ersetzen, in zu grossen Quantitäten gegeben, so führen sie jene Nachtheile herbei, welche die Einfüh­rung zu bedeutender Futtermengen überhaupt veranlasst.
Zu geringe Quantitäten stickstofffreier Nährmittel bedingen einen raschen Zerfall der thierischen Gewebe durch den Sauerstoff
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Nahrungsmittel und Getränke.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;37
und schliesslich cachectische Zustände. Der Mangel an Kalksalzen in den Futterstoffen veranlasst bei jungen unentwickelten Thieren eine mangelhafte Entwickelun?; des Knochengerüstes, bei erwach­senen hingegen verschiedene Knochenkrankheiten.
Uebennässige Quantitäten von Futterstoffen führen zu abnor­mer Ausdehnung des Magens und Darmes, die consecutiv zur Ent­stehung von Koliken und Aufblähen, Lähmung der Magen- und Darmwände zu Berstungen derselben, (besonders bei Pferden) zur Entwickelung von Magencatarrhen Veranlassung geben. Die Kör­ner der Getreidearten und die Samen der Hülsenfrüchte sind wohl kräftige jedoch schwer verdauliche Nahrungsmittel, die leicht Ent-zündungskrankheiten bedingen.
Frisch geerntete Körner und Hülsenfrüchte bringen bei Pfer­den und auch bei Wiederkäuern nebst gastrischen Zuständen auch Aufblähen und selbst tödtlich endende Kolikanfälle hervor.
Bei Schweinen veranlassen sie läbmungsartige Erscheinungen an dem Hintertheile. Nach dem Genüsse multrigen Hafers entsteht manchmal bei Pferden Harnruhr, nach jenem schimmli­ger Getreide arten und dergleichen Brotes, Schwindel. Die Samen des, wegen seiner Nahrhaftigkeit hie und da verfütterten Buchweizens bringen bei weissgefleckten Schweinen und Schafen, seltener bei Rindern und Pferden, und auch da nur an den weissen Hautstellen einen rothlaufäbnlichen Ausschlag und die Erscheinungen einer Congestion zum Gehirne hervor, welche bisweilen innerhalb weniger Stunden den Tod herbeiführen. Beim Herrschen einer trockenen und hellen Witterung treten diese Folgen ungleich häu­figer auf, als unter entgegengesetzten Verhältnissen.
Nach der Fütterung mit Klee- und einigen Grasarten, wie dem Wasserrispen -, dem Queckengrase, dem Fuchsschwänze, dann dem grünen Gerstenstrohe, den grünen Hülsenfrüchten wurde das Entstehen von Aufblähen und Durchfällen beobachtet, insbesondere dann, wenn der durch Thau oder Regen befeuchtete, oder der ge^ schichtete und hiedurch erhitzte Klee verfüttert, oder unmittelbar nachher Wasser verabreicht wurde. Am schädlichsten wurde in dieser Rücksicht der rothe Klee, weniger gefährlich die Luzerne, Esparsette und die übrigen Kleearten erkannt. Bei Pferden und Wiederkäuern sollen sich nach seinem reichlichen Genüsse Haut­ausschläge, bei Lämmern Gehirnentzündung einstellen.
Süsse Gräser sind wohl ein sehr gedeihliches Futter, können jedoch, wenn zu sehr saftig, Aufblähung und Durchfälle verursachen. Die Grammentragenden Getreidearten insbesondere die Gerste, ver­letzen, im grünen Zustande gefüttert, die Maul- und Eachenschleim-haut und führen zur Entzündung fieser Theile. Frisch eingebrachtes Heu ist auch schwer verdaulich und veranlasst Koliken, Aufblähen, Congestionen zum Gehirne.
Das Fleisch von Thieren die mit acuten Blutkrankheiten (Ty­phus, Milzbrand) behaftet waren, ist von giftiger Wirkung, und gibt bei den Fleischfressern zur Entstehung gefahrlicher acuter Erkran-
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38
Lehre von den Krankheitsursachen.
kungen Veranlassung. Ebenso bedingt faulendes Fleisch gastrische Zufälle und Ernährungsstörungen.
Futterstoffe, die einen intensiven Reiz auf die Magen- und Darmschleimhaut Üben, führen nicht nur zum Magen- und Darm-catarrh, sondern bedingen auch nach der Beschaffenheit derselben Cachexien und nach Umständen selbst den Tod; so erzeugen Ka­stanien und Eicheln in zu grosser Menge gegeben, Unverdaulichkeit und Verstopfung, die Bucheckern führen bei Pferden und Eseln zu Entzündungen der Darmschleimhaut, zu Koliken, selbst zum Tode; dieselbe Wirkung wurde nach dem Genüsse der aus ihnen bejei-teten Oelkucheu beobachtet, während sie für andere Thiere un­schädlich sind; der Genuss von Fichten- und Wachholdersprossen sowie der jungen Sprossen von Eichen, Pappeln, von Weisdorn u. s. f. veranlasst Blutharnen, besonders bei Rindern. Der öftere Genuss des Pfriemen - und Heidekrautes, des Ginsters bedingt bei Schafen Verstopfung, Schwindel, Entzündung der Gehirnhäute auch Anthrax, insbesondere bei heisser, trockener Witterung. Zu den giftigen Kräutern gehört auch das Kraut der abgeblühten gelben Narcisse (Narcissus Pseudonarcissus), das vorzüglich bei Kühen, wie Johne und Rosenkranz beobachteten, Intoxicationserscheinun-gen hervorruft; auch die Blätter des Oleanders können, wenn sie zufällig mit Gras gemengt verfüttert werden, bei Heerden zu schweren Vergiftungserkrankungen führen (Gitellini, Gaddi). Reiz­loses Futter, wohin die Wurzel - und Knollengewächse und ihr Kraut (Kartoffeln, Rüben) gehören, belästigen die Verdauungsorgane, erschlaffen sie und veranlassen im Allgemeinen Verdauungsbeschwer­den, Koliken, chronische Catarrhe der Magen-und Darmschleimhaut, Durchfälle, aus denen nicht selten caehectische Krankheiten, als die Fäule, Bleichsucht, Knochenbrüchigkeit hervorgehen. Bei Rindern tritt öfter während der Fütterung mit Knollen ein eigenthümlicher Hautausschlag an den Fesseln, auch Verwerfen ein; keimende Kartoffeln sollen insbesondere den Pferden schädlich sein.
Diesen Nachtheilen kann nur durch Vermengung der erwähnten Nahrungsmitteln mit passenden anderen Futterstoffen und geeignete Zubereitung z. B. Kochen begegnet werden. Futterstoffe welche leicht nach ihrer Einführung in den Nahrungsschlauch chemische Zersetzun­gen eingehen, oder welche schon vor ihrer Verabreichung in Gährung oderFäuIniss begriffen waren, wie die frischen Samen der Getreide­arten und die Kleie, da sie Kolik, selbst Magenberstung z. B. bei Pfer­den bewirken, sind durch ihre Zersetzungsprodukte sehr nachtheilig.
Die Branntweinschlämpe, vorzugsweise wenn sie von unreifen oder gekeimten Kartoffeln herrührt, veranlasst häufig Verdauungs-beschweiden und Aufblähen, und wenn sie sauer ist, Durchfalle, Entzündung der Darmschleimhaut, nach länger fortgesetztem Ge­brauche einen jukenden Hautausschlag, der insbesondere bei Rin­dern an den Hinterfüssen auftritt, und mit den Namen des Träber-ausschlages bezeichnet wird. Die fortgesetzte Schlampefütterung, wie sie bei dem in Branntweinbrennereien aufgestellten Mastviehe
h:
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Nahmngsmittel und Getränke.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 39
stattfindet, soll die Entwicklung der Lungenseuche, während die alcoholhaltige Branntweinschlämpe, Berauschung, Hyperämie, Entzündung und Blutung des Gehirns und seiner Häute, und selbst den Tod veranlassen kann.
Bierträber, die Rückstände der Rübenzucker - und Stärkefabrikation bringen, wenn sie allein verabreicht werden und in saure Gährung übergehen, leicht Verdaungsbeschwerden, Autblähen und Koliken hervor. Saure Milchund Molken, welche den Schweinen eine zuträgliche Nahrung bieten, und als Vorbau-ungsmittel gegen Entzünduags - und Anthraxkrankheiten dieser Thiere bentitzt werden, rufen bei Pferden selbst tödtlich endende Koliken und Durchfälle hervor, üeberhaupt werden die in allge­meine Pflanzensäure und in saure Gährung übergehenden Substan­zen schlecht vertragen.
Durch die Art der Zubereitung können manche, an und für sich entsprechende Futterstoffe schädliche Eigenschaften erlangen; so veranlasst gebrühtes und noch warm verabreich­tes Futter eine Erschlaffung der Verdauungsorgane; es begün­stiget wohl die Mästung, fördert aber die Entwicklung von Lungenkrankheiten; durch Zusatz von Kochsalz wird selbst we­niger zuträgliches Futter besser verdaulich, obwohl dasselbe in zu grosser Menge verabreicht, die Darmschleimhaut zu sehr reizt, Durch-fölle, Entzündung der Schleimhaut und in übermässig grosser Gabe sogar den Tod herbeiführen kann. Selbst gutes Futter wird durch mechanische Beimengung von Sand, Staub u. dgl. nachtheilig, und gibt durch die mechanische Reizung der Darmschleimhaut Veranlassung zu Entzündungen derselben, oder legt den ersten Grund zur Bildung der Darmsteine. — Rascher Wechsel zwischen trockener und grüner Fütterung, sowie Unordnnng in der Futter­zeit veranlasst jene Nachtheile, welche bezüglich der Nahrhaftig­keit und der zu grossen und zu geringen Menge der Futterstoffe angeführt wurden.
Getränke. Zu grosse Quantitäten selbst entsprechender Getränke bedingen, besonders wenn gleichzeitig saftiges Futter verabreicht wird, Störungen der Verdauung, wässerige Blutbeschaf­fenheit und ihre Folgekrankheiten so z. B. bei Schafen die Fäule, Bleichsucht u. s. f. Selbstverständlich hängt der Bedarf von Ge­tränken von verschiedenen Umständen ab, je jünger die Thiere sind, je trockener das Futter, je wärmer die Temperatur, je grosser die Arbeitsanstrengung, desto mehr trinken sie in der Regel. Hunde, Schweine, Rinder trinken mehr als Pferde, Schafe und Ziegen.
Durch zu geringe Mengen von Getränken werden die Se- und Excretionen vermindert, wodurch zur Hartleibigkeit, zur Concrement-bildung in Darme und den Nieren und endlich zur Cachexie Ver­anlassung gegeben wird.
Zu kaltes Wasser ist erhitzten Thieren, namentlich Pferden sehr schädlich und bedingt sehr leicht Lungenentzündungen., Ge­lenksrheumatismen, Huf-und Klauenkrankheiten, während zu warmes
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40nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Lehre von den Krankheitsursachen.
Getränke Schlaffheit der Verdauungsorgane erzeugt und durch die vermehrte Hautausdünstung catarrhalische Zustände begünstiget.
Wasser, dem faulende Pflanzen und Thierstoffe beigemengt sind, oder in welchen Hanf oder Lein geröstet wurde, gibt zu Krank­heiten des Darmes, der Hamorgane und des Blutes Veranlassung als: Durchfall, Ruhr, Harnbeschwerden, Blutharnen, Typhus, Anthrax, Fäule.
Hartes Wasser soll bei Pferden die Entstehung von Harnstei­nen, Meerwasser bei Rindern und Schafen verminderte Fresslust, Blutharnen und Durchfall bedingen.
sect;. 23. Die Weiden können durch ihre Lage und die Boden­beschaffenheit sowie durch die Species der daselbst wachsenden Gräser zu verschiedenen Krankheiten Veranlassung geben.
Weiden, die zu sehr den Sonnenstrahlen ausgesetzt und gegen dieselben nicht geschützt sind, sind ebenso nachtheilig denThieren als die tiefliegenden, die häufig überschwemmt werden, woselbst sich Pfützen und stehende Wässer bilden; auf ersteren finden die Thiere nicht nur verdorrte Pflanzen und somit eine ungenügende Nahrung, sondern sie geben auch Veranlassung zu jenen Krank­heiten, die wir bei den Wirkungen des zu grellen Lichtes ausein­ander gesetzt haben, während letztere die Entwjckelung jener Ge­sundheitstörungen begünstigen, die mit faulen Pflanzen geschwängerte Gewässer bedingen. Die auf solchen Weiden häufig wachsenden saueren Pflanzen und der sandige Ueberzug, der sich auf ihnen niederschlägt, führt zu verschiedenen cachectischen Krankheiten.
Direkt schädlich sind die Gemeindeweiden. Roll behaup­tet mit vielem Recht, dass sie der Mehrzahl nach schlecht gelegene sonnige, den Ortschaften nahe, meist wüste oder einen verdorrten eckelhaften Pflanzenwuchs bietende Plätze sind, welche überdies durch die Excremente der weidenden Thiere verunreinigt werden; bei herrschenden Krankheiten werden dieselben von den Weiden aus zumeist verbreitet, und nach allen Richtungen verschleppt.
Steinige, feuchte und moorige Weideplätze veranlassen zumeist Krankheiten der Hufe und Klauen, erstere machen die hornigen Theile spröde und bedingen ein Einschrumpfen der eingeschlosse­nen Theile, letztere erzeugen flache und volle Hufe und Krankheiten der Klauendrüsensäckchen. Mit kaltem Thaue beschlagene Weiden verursachen Erkältungen und Aufblähen; der auf moorigen Weide­plätzen sich niederschlagende Thau ist, da dieser auch die Zer­setzungsprodukte organischer Reste enthält, noch viel schädlicher.
Die Weide in Nadelholzungen veranlasst durch das Fres­sen der jungen Sprossen dieser Bäume nicht nur Reizung der Harnorgane und Blutharnen, sondern auch gewisse Formen des Milzbrandes, jene in Laub hölzern, in welchen viel Unterholz vorkommt, ist sowohl durch den Genuss der Blätter desselben als auch der daselbst wachsenden scharfen Pflanzen nachtheilig.
Die Stoppelweide wird theils durch die mechanischen
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Präservativ- und Arzneimittel.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;41
Verletzunngen, welche die harten Halme an den Ftissen nnd dem Gesichte der weidenden Thiere verursachen, theils durch den Genuss des zwischen dem Getreide, besonders auf feuchteren Aeckern unmittelbar nach der Ernte wachsenden wässerigen ungedeihlichen Grases und auch dadurch schädlich, dass die auf dem Boden zahlreich herumliegenden Körner des Getreides von den gewöhnlich ausgehungerten Thieren begierig gefressen werden, wodurch Ueberfütterung mit allen ihren Nachtheilen ent­stehen kann.
Diejenigen Thiere, die an den Besuch der Weiden nicht ge­wöhnt sind, müssen daselbst stets beaufsichtigt werden; wenn die durch sparsame Winterkost ausgehungerten Schafe auf eine üppige Weide kommen, oder im Herbst geile Weiden beziehen, oder end­lich im Sommer auf feuchten Wiesen durch die Sonnenstrahlen erwärmtes Wasser gemessen, so entsteht das sogenannte Verhüten, Ueberfressen, das häufig die Ursache cachectischer Krankheiten ist.—
sect;. 24. Die Praeservativ-und Arzneimittel sind leider nur zu oft die Veranlassung neuer Erkrankungen oder einer Verschlimmerung schon bestehender Krankheiten. Die Anwendung von Arzneimitteln als Salzen, Purgirmitteln u. s. w. Aderlässen, um bei gesunden Thieren Krankheiten zu verhüten, ist nutzlos und oft schädlich, da sie eher geeignet sind durch Schwächung des Organismus die Thiere be­sonders zu herrschenden seuchenartigen Krankheiten zu disponiren. Es gibt kein Verfahren, welches einer Krankheit sicher vorbeugen könnte, selbst die Erfolge der Impfung zum Schütze von gewissen Krankheiten sind mehr als zweifelhaft. Bei herrschenden Epizootien wird man durch ein sorgsames diätetisches Verhalten mehr erzielen als durch die vielen gepriesenen Präservativmittel.
Dass die Arzneimittel, wenn sie nicht von berufenen Personen angeordnet und verabreicht werden, schädliche ja tödtliche Folgen haben können, ist gewiss. Hieher zählen ausser gewissen gefähr­lichen Operationen, als das Gaumenstechen, Kornbrennen, Maul­räumen bei schlechter Fresslust, das Haut- Nagel- und Maulschnei­den bei Augenentzündungen und beim Anthrax etc., die in der Regel von Curpfuschern empfohlen werden. Auch die grosse Zahl der scharfen, narcotischen u. s. w. Mittel dürfen nur von Thierärzten angewendet werden, überhaupt muss der Landwirth immer vor Augen haben, das jedes Medicament zu einem Gifte werden kann, wenn es in Krankheiten benützt wird, wo es nicht angezeigt ist.—
sect;. 25. Die Parasiten (Schmarotzer) werden auf verschiedene Weise dem Thierorganismus schädlich.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;*
Man begreift unter Parasiten solche auf- und im thierischen Organismus vorkommende Pflanzen und Thiere, welche eben auf-oder in ihm Behufs ihrer Ernährung und Entwicklung verweilen.
Ihre Betrachtung reiht sich in diesem Kapitel den eben er­örterten Schädlichkeiten an, weil sie nicht, wie man ehedem glaubte,
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42nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Lehre von den Krankheitsursachen.
auf dem Wege der Urzeugung (Generatio aequivoca) aus erkrank­ten organischen Stoffen entstehen, sondern von Aussen her auf und in den Organismus und zwar als Samen, Eier oder in einem vorgerückten Zustande von Entwicklung gelangen und in demsel­ben einen zu ihrem Bestehen und Ausbildung geeigneten Boden finden.
I. Parasitische Pflanzen — Epiphyten, Entophyten.
Sie gehören fast sämmtlich zu den niedersten Pflanzenformen, den Pilzen, und sind, wenn sie nicht in grosser Menge beisammen wuchern, meisthin zu klein, um mit freiem Auge wahrgenommen zu werden.
Ihre Entstehung und Fortpflanzung mittelst Sprossen und Sporen, wie auch die Uebertragung dieser Keime auf und in den Organismus lässt sich heut zu Tage nicht bezweifeln, wenngleich diese letztere nicht in jedem Falle nachgewiesen werden kann.
Der Nachtheil, den sie äussern, durfte in Steigerung des krankhaften Zustandes, in Steigerung oder einer besonderen Mo-dificirung der bestehenden Zersetzung, zumal bei ausgebreiteter und massenreicher Vegetation #9632;— bestehen; überdiess führen sie vielfache Zerwühlung der (Epidermis, Epithelialbekleidung); zur Ent­zündung, Eiterbildung, ulceröser Zerstörung der allgemeinen Decke, der Schleimhäute, selbst subcutaner, submucöser Gewebe herbei.
Ebenso können sie Schwund des betroffenen Organes, wie z. B. des Haares und bei den Seidenraupen sogar eine Allgemein­erkrankung veranlassen; man zählt hieher: dasMycoderma; es con-stituirt den in die Haut eingesenkten sog. Favus, d. i. die schüssel-förmige, auf der äusseren Fläche etwas concave, häufig mit con-centrischen Ringen oder Wülsten bezeichnete Favusborke, beste­hend aus einer Anhäufung von Favuspilzen, die auf der äusseren Fläche sowie auch auf der unteren von einer Lage Epidermis be­kleidet ist.
Die Pilze sind wie die Hefenpilze in 'ihrer einfachsten Form, rundliche, ovale Zellen von '/ioo Mill. Längen- und '/-ioo—Vm Mill. Querdurchmesser; diese treiben Knospen, welche zu einfachen oder verzweigten Fäden von etwas geringerem Querdurchmesser auswachsen (Oidium Sebönleini, Lebert, Achorion Schönleini Remak).
Die Haut ist unter dem Favus verdünnt, indem dieser in ei­ner Depression derselben sitzt; oft ist sie excoriirt, wo dann die Epidermis auf der Unterseite der Borke fehlt, entzündet. Biswei­len erstrecken sich die Pilze in die Haarbälge und in die Haare selbst. — Hier besteht das Wesen der Krankheit in dem Pilze, d. i. die Gewebserkrankung der Cutis ist durch diesen bedingt.
Das Vorkommen dieser Species ist bei Vögeln, beim Haus-buhn, bei Katzen, Mäusen, sicher gestellt.
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Parasiten.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;43
2. Trycliophyton, s. Trichomyces tonsurans.
Die Pilze bestehen aus rosenkranzähnlich an einander ge­reihten sehr kleinen Sporen ('—5/iono Mill. Malmsten), bei der er-steren aus grösseren 58/io(io Mill. M. bei den letzteren), bei jener sind auch veräsfigte geschlängelte Thallusfäden zugegen. Sie be­dingen das Abbrechen und Ausfallen der Haare.
Pilze auf Schleimhäuten scheinen bei unseren Hausthieren noch nicht näher untersucht und beschrieben zu sein.
Beim Menschen Vommen die Pilze auf Schleimhäuten entwe­der im Epithel der Mundhöhle nistend und als wesentlicher Be-standtheil, oder als eine mehr zufällige Erscheinung auf Geschwüren und Schorfen in der Mund- und Rachenhöhle bei Typhus, Cbo-leratyphus u. s. w. vor; zu den ersteren gehört der Pilz beim Soor Cryptogamede Maquet; zu der letzteren gehören die dem Soor-pilze verwandten von Robin in das Genus Leptomitas gestell­ten Pilze. —
Im Magen und Darmkanale finden sich nebst dem Hefenpilz die Sarcina ventriculi, eine Alge nach Nägeli in die Familie der Palmelaceen gehörig.
Am merkwürdigsten würde ihr Vorkommen sein, wenn es sich bestätigen sollte, dass die sonderbaren Gebilde, welche sich am Endocardium der Wiederkäuer finden (v. Hessling und Sieb old), Öporenlager sind. Virchow glaubte sie bei Schafen im Innern der Primitivbtindel gesehen zu haben.
II. Thierische Parasiten.
Sie leben entweder auf der Oberfläche (Epizoen) oder in den Organen und Parenchymen (Entozoen) des Thierkörpers; zu letz­teren gehören:
a. Parasiten aus der Klasse der Infusionen.
Monaden und Vibrionen finden sich fast in allen der Zer­setzung verfallenen proteinhaltigen Flüssigkeiten als Koth, Eiter, Jauche; Verticellen im Eiter und in unreinen Geschwüren.
b. Parasiten aus der Klasse der Würmer.
Es kommen bei unseren Hausthieren in allen Körpertheilen mit Ausnahme der Knochen Eingeweidewürmer vor. Sie können sich sogar in den Blutgefässen finden, wie denn die Wurmembryo­nen auf ihrer Wanderschaft nicht selten in die ßlutbahn gelangen mögen. — Im Gehirn und Rückenmark findet sich die Coenurus, das Innere des Auges birgt (bei Pferden) in seltenen Fällen einen Wurm (Filaria papillosa; filaria papillosa oculi soll (nach Ocoler) bei den Pferden in Bengalen häufig vorkommen); ebenso die Tbrä-
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44nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Lehre von den Krankheitsursachen.
nendrtise (Filaria lacrymalis); unter den Augenlidern kömmt bei Ochsen F. bovis vor.
In der Stirn- und Nasenhöhle (Siebbeinzellen) des Hundes (Wolfes) und Pferdes (Maulthieres) kommt das bandwurmähnliche Fünfloch (Pentastoma taenioides) vor, — in den Lungen (Bron­chien) der Pallisadenwurm (Strongylus), und zwar beim Rinde (und Hirsche) St. micrurus, beim Schafe St. Filaria, beim Schweine (und Wildschwein) St. paradoxus.
Im Darmkanale sind es besonders der Bandwurm (Taenia) in verschiedenen Species, der Spulwurm (Ascaris), der Pallisaden­wurm (Strongylus), Peitschenwurm (Trichocephalus) und Hacken­kopf (Echinorrhynchus — bei Schweinen) und der (unschädliche) Springwurm (Spiroptera) beim Hunde; in der Leber das Doppel­loch (Distoma); in den Nieren St. Gigas, in der Harnblase bei Hunden Trichostoma, Plica, an der Leber und Lunge der Hlilsen-wurm (Echinococcus — bei Wiederkäuern und Schweinen), und das mitunter in so grosser Menge, dass das Gewebe der Organe dadurch fast gänzlich verdrängt, und der Umfang und das Gewicht bedeutend (bis zum lOfachen und darüber) vermehrt gefunden werden); am Brust- und Bauchfelle und im Zellgewebe der Bla­senschwanz (Cysticercus), an ersterem der dünnhalsige Blasen­schwanz (C. tenuicollis), im letzteren (bei Schweinen) der Zellge-websblasenschwanz oder Finne (C. cellulosae). Unter der Haut (Unterhautzellgewebe) auch Spiroptera. In dem Muskelgewebe (bei Schweinen) die Trichinen (Trichina spiralis); in den Sehnenschei­den (bei Pferden) Onchocerca reticulata.
A. Rundwürmer (Nematelmien).
I^ie hieher gehörigen Rundwürmer, welche insgesammt in die Ordnung der Nematoiden (Fadenwürmer) fallen, haben einen ge­streckten Darm mit wulstiger Mundöffnung und einen am anderen Ende gelegenen After; sie sind getrennten Geschlechtes, die Sexualorgane aber nur bei den vollkommenen Thieren vorhanden.
Wenn die jungen Thiere unter Verhältnisse kommen, welche ihnen nicht die geeignete Ernährung bieten, so gelangen sie nicht zur Geschlechtsreife und degeneriren.
Die Eier, respective schon im Wurm ausgekrochenen Jungen werden entweder nach Aussen geschafft, oder in die Blutgefasse abgesetzt. Letzteres hat man bei den Fadenwürmern der Frösche wahrgenommen. Die kleinen Würmer circuliren in den Blutge-fassen, bis sie bald die Capillaren durchbrechen und sich für eine Weile verpuppen. In diesem Zustande erscheinen sie als spiral­förmig aufgerollte von einer gelben oder braunen Kapsel umgebene Thiere (Trichina spiralis). Ist der Platz unpassend gewählt, so stirbt das Thier in seiner Hülse ab, und die Cyste verkreidet; an­dernfalls aber durchbrechen sie die Hülle und suchen einen Ort, wo sie sich zur Geschlechtsreife entwickeln können.
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Rundwürmer.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;45
Hierher gehören:
1)nbsp; Ascaris, Spulwurm, ein cylindrischer an beiden Enden zu­gespitzter Wurm von 5 — 10'' Länge, weisslicher oder bräunlicher Farbe; er findet sich im Dünn- und Dickdarme und zeigt die oben angedeutete Wanderlust, welche ihn bisweilen im Magen, Schlund, Leber, Gallenblase, Trachea, Bronchien, ja unter Durchbohrung des Dauungskanals in die Bauchhöhle führt.
Eierlegend, selten lebendig gebärend. Die junge Brut findet man nie im Darmkanal. Hieher gehören: Der regenwurmähnliche Spulwurm, Asc. lumbricoides, wohnt im Dünndarm des Schweines und Rindes; der grossköpfige Spulwurm (A. megalocephala) wohnt im Dünndarm des Pferdes, oft in solcher Menge, dass er durch Obstruction des Kanals zu Coliken, ja zum Tode des Thieres führt. Man fand ihn auch in der Speiseröhre, in den Gallengängen, Leber der Pferde (Roll). Der Katzenspulwurm (A. mystax) im Dünndarme der Katze; geränderter Spulwurm (As. marginata) häufig im Dünndarme des Hundes.
Die Symptome, welche auf die Anwesenheit derselben und anderer Darmwürmer im Darm schliesseu lassen, sind: Vermin­derte oder ungestörte Fressluft bei sinkendem Ernährungszustande; Durchfall oder abwechselnd mit Verstopfung, insbesondere letzte­res, wenn sie durch ihre grosse Menge die Wegsamkeit des Dar­mes behindern; am besten ist ihr Vorhandensein durch den Ab­gang derselben mit den Excrementen zu erkennen, oder endlich fehlen alle Symptome, wodurch man das Leiden diagnosticiren könnte.
Die Behandlung gegen die Darmwürmer überhaupt be­steht in der Anwendung der aromatisch-bitteren und gewürzhaften Mittel, wie Rainfarren, Wermuthkraut, Calmus mit Zusatz von Kochsalz, Ofenruss, Terpentin- und des stinkenden Hirschhornöles; Aloe, abführende Salze und darauf Wurmsamen. Gegen Spulwür­mer der Hunde werden Klystire von mit Knoblauch abgebrühter Milch oder Calomel in kleinen Gaben verabreicht.
2)nbsp; Oxyuris, Pfriemenschwanz, Springwurm, Madenwurm, ein 2—5quot;' langer, spindelförmiger Wurm, Kopf nicht abgesetzt, mit einer fast kugelförmig aufgeblasenen, durchsichtigen Haut; Mund nackt, endständig mit Wärzchen versehen; das Männchen, welches sich von dem Weibchen durch das dickere und hackenförmig ge­krümmte Schwanzende (beim Weibchen läuft es spitzig zu) unter­scheidet, findet sich selten; junge Brut, nie eierlegend.
Hieher gehören: der krumme Pfriemenschwanz (0. curvula) im Blinddarm der Pferde sich aufhaltend.
3)nbsp; Filaria (Müller), Fadenwurm. Ein weisslicher *der bräun­licher Wurm 1j2 —12quot; lang, ll3 1/2'quot; dick, cylindrisch. Der end­ständige Mund ohne oder mit Lippen, nackt, oder mit Wärzchen, oder hornigen Zähnchen besetzt, haarförmiger Penis in einer röhren-oder bandförmigen Scheide, weibliche Geschlechtsöffnung in der vor­deren Körperhälfte. Dieser Wurm kann mehrere Monate in seinem
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Nährthier sein, ohne Symptome hervorzurufen; diese treten erst ein, wenn er von Jungen strotzt, die in ungeheuerer Zahl im Fruchthälter vorhanden sind.
Thränenfadenwurm (F. lacrymalis), findet sich in den Aus­führungsgängen der Thränendrüse des Pferdes und Kindes; war­ziger Fadenwurm (F. papillosa) in der Bauch- und Brusthöhle des Pferdes, Esels und Maulesels; im Darmkauale, Bauchhöhle, im Glaskörper und in der vorderen Augenkammer des Kindes und des Pferdes.
4)nbsp; Trichocephalus, Peitschenwurm, Haarkopf. Ein dünner, fadenförmiger, vorn haarförmig auslaufender Wurm von l'/j—2quot; Länge und weisslicher Farbe. Am Ende des nicht abgegrenzten Kopfes, eine sehr kleine Mundöffnung. Das männliche Glied fa­denförmig, Geschlechtsöffnung am Grunde des Halses.
Junge Brut wird nie gefunden. Er bringt keine oder nur sehr geringe Nachtheile.
Verwandter Haarkopf (Tr. affiuis) im Dickdarm des Schafes, der Ziege; gedrückter Haarkopf (Tr. depressis uculus) im Blind­darme des Hundes; gekerbter Haarkopf (Tr. crenatus) im Dick­darme des Schweines.
5)nbsp; Strongilus, Palissadenwurm, Vj — 3quot; lang und 2—6quot;' dick von blutrother Farbe. Der Kopf endigt mit einer abgestumpften Spitze, Mund seitlich mit einem hornigen, unbewaffneten oder be­waffneten Kande versehen; der Hinterleib beim Weibchen mit ei­nem napfförmigen Haltorgan, aus dessen Mitte der feine Penis hervorragt; bei anderen ist die Geschlechtsöffnung im vorderen Körpertheile.
Trompetenförmiger Palissadenwurm (St. tubaeformis), im Zwölffingerdarme der Katze; der Pal. mit dreieckigem Kopfe (St. trigonocephalus) im Dünndarm des Hundes; der Pal. mit abwärts gekehrtem Munde (St. hypostomus) im Dünn- und Dickdarme der Ziege und des Schafes; der bewaffnete (St. equinus). Eine klei­nere von eingesaugtem Blute gewöhnlich geröthete Varietät findet sich sehr häufig in den Aneurysmen der vorderen Gekrösarterie des Pferdes; seltener in der Bauchschlagader und der Hohlvene. Die grössere kommt in dem Grimm - und Blinddärme des Pferdes (auch des Esels und Maulthieres) vor, wo sie gewöhnlich mit ihrem Munde an der Darmscbleimhaut fest angesaugt sitzt, und biswei­len in der Begattung begriffen, angetroffen wird. Sie findet sich aber auch in dem Zwölfingerdarme, Pancreas und der Schei­denhaut des Hodens. — Es ist wahrscheinlich, dass die kleinere so oft vorkommende Varietät aus dem Blute in das Gefässrohr gelangt und sich, falls sie durch die Gefässwandungen in den Dick­darm vordringt, sich zur grösseren Varietät heranbildet (K ö 11). Der vierstachelige Pal. (St. tetracanthus) im Blind - und Grimm­darme des Pferdes; der gezahnte Pal. (St. dentatus) im Dünn-und Dickdarme des Schweines; der strahüge Pal. (St. radiatus) im Dünndarme des Kindes; der geäderte Pal. (St. venulosus) im
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Trichinen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 47
Dünndärme der Ziege; der fadenförmige Pal. (St. filaria) in den Verzweigungen der Luftröhre und in ihr selbst bei Schafen und Ziegen (bei der sogenannten Lungenwürmerseuche) kann durch seine oft massenhafte Anhäufung in den Luftröhrenverästelungen den Tod des Wohnthieres durch Erstickung veranlassen; der klein-schwänzige Pal. (St. micrurus), in der Luftröhre und den Bron­chien des Kalbes, Pferdes und Esels. Die Behandlung wird beim Beginne des Leidens gegen den Catarrh der Bronchien zu richten sein; gute, kräftige Futterstoffe sind da zu verabreichen und die Nach­theile der Weiden zu vermeiden. #9830;Ferner bittere, aromatische em-pyreumatisebe Mittel, Terpentin-, Hirschhornöl etc. Um die Wür­mer zu tödten, werden empyreumatische ßäucherungen mit Theer, verbranntem Leder angewendet. Der gedrehte (St. contortus) im Labmagen und der dünnhalsige Pal. (St. filicollis) im Dünndarme des Schafes; der Riesenpalissadenwurm (Strong. Gigas) im Nie­renbecken des Hundes, Pferdes, Rindes. Der seltsame Palissaden-wurm (St. paradocus) in der Luftröhre und den Bronchien des Schweines.
6) Trichina Spiralis.
In den Muskelbündeln der Schweine findet sich ein Wurm (Trichina spiralis), der, wenn er sich zahlreich einfindet, den Thie-ren bedeutende Beschwerden (Trichinenkrankheit, Trichinosis) ver­anlassen kann. Es hat dieser Wurm in der neuesten Zeit eine ganz besondere Aufmerksamkeit deshalb auf sich gezogen, weil er sich durch den Genuss von ungekochtem Fleisch (rohem Schinken) auch auf den Menschen übersiedeln und hier (bei sonst in grösse-rer Anzahl eingewanderten Exemplaren) selbst schwere Krank­heitszufälle hervorrufen, ja sogar den Tod veranlassen kann.
Wenn es bei der Trichinenkrankheit des Menschen bereits gelungen ist, in einem gewissen Symptomencomplex sichere Merk­male tür ihr Vorhandensein aufzufinden und ferner auch durch mi-croscopische Hilfsmittel die Diagnose noch mehr zu sichern, so ist diess bei Schweinen bis jetzt noch nicht der Fall, und ist hier überhaupt noch zu ermitteln: ob bei diesen Thieren Tri­chinen wirklich in solcher Anzahl (Masse) vorkommen, dass sie zur Todesursache werden. In geringer Anzahl mögen sich die Trichinen beim Schwein nicht selten finden, in vereinzelten Exem­plaren sogar öfter und sehr wahrscheinlich noch öfter im Fleische angetroffen werden, wenn erst noch mehr die Aufmerksamkeit der Thierärzte auf sie gelenkt sein wird.
Nach den jetzigen Ermittelungen gewinnt es jedoch ganz den Anschein, als wenn die Trichinen in gewissen Gegenden mehr heimisch sind.
Naturgeschichte der Trichinen. Zum vollständigen Kreislaufe ihrer Entwicklung sind, wie bei manchen andern Ento-zoen, den Bandwürmern u. s. w. auch zwei verschiedene Indivi­duen nothwendig, welche dieselben als ihre schmarotzenden Gäste beherbergen müssen. In einem derselben, u. z. innerhalb seines
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Lehre von den Krankheitsursachen.
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Darmcanals werden die Trichinen gezeugt und geboren, verlassen den Darm und wandern weiter in die Muskeln, in welchen sie bis zu einem gewissen Grade sich weiter entwickeln, Dann verharren sie in einer Art Puppenzustand, bis sie durch einen für sie gün­stigen Zufall in den Magen eines andern zu ihrer Entwicklung geeigneten Individuums gelangen, wo sie, aus ihrem Puppenschlafe erwachend, weiter wachsen, geschlechtsreif werden, sich begatten, worauf dann die Weibchen Junge zur Welt bringen, die ihrerseits wieder den eben geschilderten Lebenslauf durchmachen. Ohne in anatomische und bistologische Details einzugehen, die man in L eu­ch art's Musterarbeit nachlesen kann (Untersuchungen über Tri­china spiralis, Leipzig 18G0), beginnen wir gleich mit dem Falle, wo noch lebensfähige Muskeltrichinen in den Magen eines andern Thieres oder Menschen kommen. Das Fleisch wird durch laquo;die Verdauung aufgelöst, und ebenso die Hülle oder Kapsel, in wel­chen sich die Trichinen meist befinden. Diese werden frei und zeigen in ihrem Innern den Nahrungsschlauch, der sich am hin­tern Körperende öffnet, und neben dem man Rudimente der Ge-schlechtstheile bemerkt. Im Magen bewegen sich nun die Trichi­nen, rollen sich auf, und nehmen statt der spiralen eine mehr ge­streckte Form an, so dass sie einem Spulwurme in sehr verjüng­tem Massstabe gleichen. Zugleich wachsen sie rasch, aus den 0,4—0,6 Mm. langen Muskeltrichinen wird eine 1 — 3 Mm. lange Darmtrichine, die geschlechtsreif ist, daher man jetzt auch Männ­chen und Weibchen besser unterscheiden kann. Die männlichen Trichinen haben am hintern Dritttheile des Körpers ihre Geschlechts­organe, Hoden mit Ausfiihrungsgängen und am hintern stumpfen Körperende zwei, einem Dorn oder Zapfen gleichende Körper, die bei der Begattung eine Rolle spielen. Sie haben eine Länge von 1—1,6 Mm., beim grössten Dickendurchmesser von 0,03 bis 0,04 Mm. Ihre Menge ist im Verhältnisse zu den Weibchen eine sehr verschiedene; im Anfange, bald nach der Fütterung, erscheinen beide Geschlechter gleich zahlreich vertreten, später nimmt die Zahl der Männchen immer mehr und mehr ab, und nach 10 —14 Tagen findet man fast nur noch Weibchen. Der Grund scheint darin zu liegen, dass die Männchen nach der Begattung zu Grunde geben, während die Weibchen zur Reifung ihrer Eier und zur Production der Jungen längere Zeit bedürfen, daher auch nicht zu Grunde gehen. Die erwachsenen Weibchen sind meist viel grosser als die Männchen, 2 — 3 Mm. lang, und entbehren den Zapfen am hintern Leibesende, woselbst sich Eierstock und Eilei­ter befinden.
Wenige Tage nach der Fütterung werden die Thiere ge­schlechtsreif und begatten sich. In den befruchteten Eiern ent­wickeln sich Embryonen, welche durch Bersten der Hülle frei wer­den, und als sehr kleine zusammengerollte Würmchen den vordem Theil des Eileiters ausfüllen. Sind sie an dessen Ende angelangt, so schlüpfen sie heraus und bilden dann sehr kleine, dtrehsichtige,
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Trichinen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 49
daher auch schwer erkennbare Würmchen von etwa 0,05 Mm. Länge und 0,005 Mm. Dicke. Sie sind meist gerade gestreckt oder schwach gebogen, und nur selten an dem einen Leibesende leicht eingerollt. Die Zeit der Ausbildung der Embryonen bis zu ihrer Geburt scheint eine verschieden lange zu sein, 4, 5, 6 bis 8 Tage, ja bisweilen findet man nach 3, ja nach 6 Wochen nach der Fütterung im Darme noch trächtige Weibchen mit reifen aber un­geborenen Embryonen. Diese Ungleichheit der Entwicklungszeit hängt von zwei Umständen ab, erstens reifen die Eier erst nach und nach in dem Maasse, als sie in dem Eileiter vorrücken, so dass die letzten Embryonen derselben Mutter viel später geboren werden als die ersten; zweitens scheinen aber auch die Muskel­trichinen zu ihrer Entwicklung im Darme einer verschieden langen Zeit zu bedürfen, und zwar dauert dies um so länger, je jünger die verfütterten Muskeltrichinen sind. Die Zahl der Jungen, wel­che eine weibliche Trichine zur Welt bringt, ist sehr gross, man kann stets 300—500 Eier zählen, und die Annahme einer durch­schnittlichen Production von 300 Jungen ist eher zu klein als zu gross.
Bald nach der Geburt verlassen die Trichinen den Aufent­haltsort ihrer Eltern, den Darmcanal und wandern zunächst in den Peritonealsack. Dazu müssen sie den Darmcanal durchboh­ren, was wohl bei ihrer Kleinheit durch ein blosses Auseinander­drängen der histologischen Elemente geschieht, und offenbar da­durch begünstigt wird, dass ihr vorderes Körperende unter Um­ständen in eine Spitze ausgezogen werden kann. Von der Bauch­höhle aus wandern sie in alle Muskeln mit quergestreiften Primi-tivbüudeln, mit einziger Ausnahme des Herzens, in dem sie nur selten und vereinzelt vorkommen. Die Muskeln bilden ihre Wohn­stätte, der Weg dahin geht durch das Bindegewebe, durch wel­ches sie sich hindurchdrängen, ohne Spuren zu hinterlassen. In den Muskeln dringen sie durch das Sarcolemma der Primitivbün­del in das Innere derselben, bereiten dort eine spindelförmig bauchige Erweiterung der Muskelfasern und fixiren sich daselbst, indem sie sich zusammenrollen. Der Inhalt des Primitivbündels zerfällt zu einer feinkörnigen Masse, in welcher der Wurm einge­bettet erscheint; das Sarcolemma verdickt sich allmälig, und so entsteht eine Art Cyste, Kapsel um die Trichine. Meist liegt in einer solchen Kapsel nur eine Trichine, bisweilen auch 2—3. An dieser Kapsel bilden sich meist Kalkablagerungcn, wodurch diese undurchsichtig wird, gewissermassen mit einer Kalkschale umge­ben, so dass man den Wurm im Innern erst sieht, wenn durch Essigsäure u. s. w. diese Kalkschale aufgelöst worden ist, dann erscheint meist die Wand der Kapsel auch bedeutend verdickf. Diese verkalkten Kapseln sieht man schon mit unbewaffneten Au­gen oder mit einer schwachen Loupe, sie verrathen sich auch da­durch, dass das Fleisch sich wie sandig anfühlt, und beim Durch­schneiden unter dem Messer knirscht. In noch späterer Zeit
Kraus, Path. u. Tlierap. der Qanssäugethiere.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;4
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50nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Lehre von den Krankheitsursachen.
scheint der Wurm selbst zu verkalken, so dass er beim Druck wie Glas in verschiedene Stücke zerspringt. Die Zeit, in der diese Veränderungen alle erfolgen, ist eine verschieden lange. Die Wan­derung beginnt gleich nach der Geburt; es dauert aber je nach der Entfernung, welche die Embryonen zurückzulegen haben, offen­bar verschiedene Zeit (einige Tage bis einige Wochen), ehe sie diejenigen Stellen der Muskeln erreicht haben, in denen sie ihren bleibenden Wohnsitz aufschlagen. Sie wachsen schon auf der Wanderschaft, ihre völlige Grosse und Entwicklung scheinen sie aber erst im Innern der Primitivbündel zu erreichen. Bis gegen die fünfte Woche bemerkt man bei den meisten Versuchsthieren (Kaninchen, Hunden, Katzen) in den Muskeln neben den bereits eingekapselten Trichinen auch noch mehr oder weniger freie. Nach der sechsten Woche findet man fast nur eingekapselte, und die gelegentlich sichtbaren freien sind wohl nur durch Zerreissen der Kapsel beim Präpariren entstanden. Die Eingekapselten erschei­nen immer zusammengerollt, aber in verschiedenen Formen. Am häufigsten zeigen sie die Form einer bald enggeschlossenen, bald etwas auseinandergezogenen Spirale mit 3 — 4 Windungen, sel­tener die Form einer Bretze. Freie oder freigewordene kön­nen die mannigfachsten Formen annehmen. Die noch leben­den Trichinen bewegen sich namentlich beim Erwärmen; ihre Bewegungen sind jedoch träge und bestehen in einem lang­samen Ein- und Auseinanderrollen, einem Strecken oder Beugen. Kriechen und Ortsveränderung überhaupt kommt nie vor. Die Verkalkung der Kapsel beginnt etwa 5 Monate nach der Fütte­rung. Die Trichinen, welche in Menschenleichen zufällig zur Be­obachtung kommen, zeigen meist vollständig verkalkte Kapseln; zu diesem Vorgange scheinen meist Jahre zu gehören. Die in ihnen vorhandenen Thiere sind aber noch vollständig lebend und ent­wicklungsfähig, isolirt und erwärmt zeigen sie Hewegungen, ver­füttert entwickeln sie sich zu geschlechtsreifen Darmtrichinen. In einzelnen Fällen findet man aber auch alle oder mehrere Trichi­nen verkalkt und abgestorben. Ob dies von zufälligen Umständen oder vom Alter abhängt, d. h. ob die Lebensdauer der Muskel­trichinen überhaupt eine beschränkte ist, dass sie nach einer ge­wissen Reihe von Jahren absterben, wenn ihnen die Gelegenheit fehlt, sich im Darm zur Geschlechtsreife zu entwickeln, muss erst noch ermittelt werden.
Aus Virchow's genialer Abhandlung zur Trichinenlehre (Vir-chow's Archiv, März 1005) entnehmen wir noch folgende Daten:
Es hat sich mit Bestimmtheit gezeigt, dass nicht alle mi-croscopischen Kundwürmer, sie mögen auch parasitisch in anderen Thieren, und selbst in deren Muskeln vorkommen, Trichi­nen sind, selbst dann nicht, wenn sie mit den letzteren in Be­ziehung auf Grosse, Form, Geschlechtslosigkeit, oder besser ge­sagt. Geschlechtsunreife, und Einrichtung mancher inneren Theile übereinstimmen.
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Trichinen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;rj]^
Als ein interessantes Beispiel für diesen Ausspruch ist der an den Runkelrüben vorkommeude llundwurm zu nennen, von dem eine Zeit lang viel die Rede war, als sei er der Stammvater der Fleiselitrichinen, indem die mit Rüben gefütterten Sehweine so angesteckt werden. Er hat aber weder Formähnlichkeit mit Trichinen, noch ist jemals nachgewiesen worden, dass dieser Rund­wurm als Entozoon auftreten könnte.
Bis jetzt steht die Sache so, dass mit wissenschaft­licher Zuverlässigkeit das natürliche Vorkommen der Tri­chinen nur beim Schweine und beim Menschen nach ge­wiesen ist. Wenn daher selbst in Regierungsverordnungen, z. B. in der Merseburger behauptet wird, „Rindfleisch sei nicht frei von Trichinen,quot; oder „obgleich die Trichinen am häufig­sten im Muskel des Schweines gefunden sind, fehlen sie in kei­nem Muskelfleische, können mit letzterem von den verschiedensten Thieren angenommen werden,quot; u. s. w., so beruht solche Aeusse-rung auf Unkenntuiss der Thatsachen.
Virchow sagt daher ausdrücklich: „wenn, so viel ich we­nigstens weiss, bis jetzt der Mensch nur vom Schweine aus An­steckung zu befürchten hat, so wird auch nur das Schweinefleisch Gegenstand diagnostischer Studien (Fleischschau tu dgl.) zu sein brauchen.quot;
Virchow erinnert auch noch an folgende Quelle von Miss-verständniss für das sog. Vorkommen von Trichinen bei ver­schiedenen Thieren. Die Zoologen haben den Brauch, bei den Entozoen auch diejenigen Orte und Thierc als „Wohnsitzequot; zu bezeichnen, an und in welchen der Parasit unter ausnahmswei-sen Verhältnissen, z. B. durch künstliche Verfütterung gelangt, und zu leben vermag. Auf diese Weise gilt z. B. das Kanin­chen als Wohnthier der Trichinen, obgleich ein natürliches, spontanes Vorkommen von Trichinen beim Kaninchen niemals beobachtet worden ist.
Für die eigentlich practise he Diagnose genügt nach Virchow beim Schweine und Menschen der einfachste Nachweis eines nematoiden Fleisch-Entozoons, umdarzuthun, dass man es mit Trichinen zu thun hat. Findet man also im Schwein­oder Menschenfleisch kleine Rundwürmer, seien sie eingekapselt, oder nicht eingekapselt, so wird mau kaum noch einen Zweifel hegen können, dass es Trichinen sind. — Frü­her, wo man die Möglichkeit annahm, dass die Eier der Trichi­nen verbreitet und in die Muskeln abgesetzt wurden, konnte man natürlich auch darandenken, dass gelegentlich nur Eier ge­funden werden möchten. Jetzt, wo man aber weiss, dass die Trichinen-Jungen schon im Leibe ihrer (Trichinen-) Mütter ausbre­chen, und schon im Darme des Wohnthieres frei werden, fällt diese Möglichkeit weg.
Die frühere Annahme, dass alle ganz vollständig verkalkten Kapseln den Eintritt des Todes der darin euthal-
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g2nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Lehre von den Kranklieitsuruachen.
teneu Trichinen anzeigen, und solches Fleisch mithin eigentlich unsehiidlich sei, hat sich als irrig erwiesen. Man weiss nun, dass auch in solchen vollständig verkalkten Kapseln noch lebende und entwicklungsfähige Trichmen vorhanden sein kön­nen, ja zu sein pflegen. Diesem Factum gegenüber ist aher doch auch zu bemerken, dass es auch „eine Verkalkung tod-ter Trichinen/' eine wahrhafte Versteinerung gebe, welche von der blossen Verkalkung der Kapseln ganz verschieden ist, und die Virchovv in neuerer Zeit einigemal beim Menschen ge­sehen hat. Die Kapseln waren ganz oder fast ganz frei von Kalk; nur der Thierkörper (die Trichine) war versteint; nach der Auf­lösung der Kalksalze durch Säuren kam ein nicht unerheblich ver­änderter Trichinenleib zum Vorschein.
Vermögen wir nun auch nicht, wegen Mangel an Beobachtun­gen bei Thicren, ein Bild von der Trichinenkrankheit bei Schwei­nen zu entwerfen, so wird es doch nicht am unrechten Orte sein, auf diejenigen Erscheinungen aufmerksam zu machen, welche nach der Analogie bei Menschen zunächst Beachtung verdienen.
Hieher gehören, nächst vorhergegangener mehrtägiger Trü­bung im Allgemeinbefinden: Anschwellung des Gesichtes, besonders der Augenlider, Appetitmangel, Schmerzhaftigkeit in den Beinen, daher Öchwerbcweglichkeit, Neigung zum Liegen und Unlust zum Aufstehen.
Nach Leukart's Versuchen verlor ein mit einem Trichinen euthalteiideu Darmstücke gefüttertes Schwein die Fresslust, Hess Kopf und Schwanz hängen, knirschte mit den Zähnen, zog den Bauch ein, als wenn es Kolik hätte. Nachdem das Unwohlsein in den nächsten Tagen sich gesteigert, bekam das Schwein heissen Kopf und Fieber und blieb liegen. Acht Tage später bekam es wieder Fresslust, zeigte aber eine eigcnthümliche Unsicherheit in den Bewegungen, namentlich im Hintertheil, das endlich wie ge­lähmt erschien; das Thier konnte nicht mehr gehen; es lag, und wenn es aufgerichtet wurde, fiel es nach einigen Schritten wieder nieder. Endlich lag es ganz unbeweglich, und wenn ihm die Glie­der, welche steif und kalt waren, bewegt wurden, so schrie es vor Schmerzen. Koth und Urin gingen unwillkürlich ab; die Stimme wurde heiser, kraftlos, meckernd. Die Fresslust, einmaj wieder­gekehrt, blieb gut.
Vorkommenden Falles würden Mittel, wie die bei der Finnen­krankheit empfohlen, ebenfalls zu versuchen sein; ein besonderer Erfolg dürfte jedoch davon nur zu erwarten stehen, wenn die ein­gewanderte Trichinenbrut sich noch im Darmcanal befindet oder diesen doch erst eben verlassen hat. Bei den einmal in den Mus­keln entwickelten und ausgebildeten Trichinen dürfte kaum einem der bekannten Mittel die Kraft ihrer Vernichtung zuzutrauen sein, selböt auch vom Kali picronitricum (welches in Dosen von 5—10 Gr. zu versuchen sein würde) nicht zu erwarten stehen. Auch Versuche
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Triehinen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;53
mit 01. therebinthinae, Glycerin, Ext. filicis Maris, Holzessig, fielen durchaus negativ aus.
Was aber die Sachlage am allerbetrübtcsten macht, ist die Erfolglosigkeit der Abführmittel, auf die man so grosse Hoffnungen gebaut hatte. Es gingen mit dem Fiices selbst nach den stärksten Purganzen verhältmässig nur wenig Trichinen ab und es wurde dadurch die Menge der sich im Darmcanal entwickelten Trichinen keinesfalls merklich vermindert.
Den Untersuchungen Kuhns über die Tricbinenkrankbeit der Schweine entnehmen wir folgendes:
Die Ergebnisse seiner ausgeführten Versuche sind nach den Fragen, die er sich gestellt hat, in sehr präciscr, übersichtlicher Weise beantwortet. Zur Lösung der I. Frage, ob es characteristische und auch dem praktischen Landwirthe sicher erkennbare Symptome der Trichinenkrankheit bei Schweinen gebe, wurden ü Schweine mit trichinigen Fleische gefüttert. Es haben allerdings sämmtliche Ver-suchsthiere in Folge dieser Fütterung Abänderungen ihres Befin­dens wahrnehmen lassen, diese traten jedoch zum Theilc erst nach wiederholter Fütterung, und nach Aufnahme bedeutender Quan­titäten selchen Fleisches auf. Die Krankheitssymptome selbst wa­ren bei den verschiedenen Thieren sehr ungleichartige und zum Theile so geringfügige, dass sie sich einer weniger sorgfältigen Be­obachtung leicht gänzlich entzogen haben würden.
Was die einzelneu Krankheitssymptome anlangt, so zeigten alle Thiere verminderte Fresslust. Beginnende Abmagerung trat bald gar nicht, bald nur in geringem Grade oder in erheblicherem Maasse ein. Steifigkeit, insbesondere Kreuzlähme gelang nur bei einem Thiere durch allmälige, aber sehr bedeutende Steigerung der Infection hervorzurufen. Heiserkeit der Stimme wurde gar nicht beobachtet. Fieber, Verkriechen in die Streu, Beschleunigung des Pnlses, Schmerzen beim Druck der Muskeln Hess nur ein Schwein wahrnehmen. Veranschlagt man das Moment, dass bei den Ver-suchsthieren so reichliche Quantitäten trichineureichen Fleisches verfuttert wurden, wie sie bei der Selbstinfection den Thieren nicht immer zugänglich sein dürften, so kommt man zu dem Resultate, dass es nicht nur keine charactcristischen Symptome für die Tri­chinenkrankheit der Schweine gibt, sondern dass sogar eine gefahr­bringende Infection möglich ist, ohne dass irgend erhebliche Verän­derungen in dem Befinden dieser Thiere wahrgenommen werden.
II. Ist es gerechtfertigt, unter gewissen Symptomen erkrankte Schweine als trichinenverdächtig unter polizeiliche Bewachung zu stellen? Es werden zwei Obductionen von trichinenverdächtigen Schweinen mitgetheilt, in welchen bei einer grossen Anzahl ange­fertigter Präparate keine Trichinen zu finden waren.
~ Man hatte es mit Symptomencomplexen zu thun, die eine Trichinenhaltigkeit der betreffenden Schweine vermuthen lassen
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54nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Lehre von den Krankheitsursachen.
konnten, thatsächlich aber hervorgebracht waren durch rheumatische Affectionen, welche sicher unendlich viel häufiger derartige Erkran-kungserseheinungen hervorrufen, als Trichineninfection.
Unter solchen Umständen würde die Anordnung einer Obser­vation in ähnlichen, wie den beiden erwähnten Fällen, überwiegend häufig als nicht noting sich herausstellen, während dadurch doch keinerlei Garantien gegeben sind, für Verhütung einer weitern Ver-breitung der Trichinen. Es erscheint daher jede Belästigung der Schweinehalter und Schweinezüchter durch polizeiliche Ueberwa-chung vermeintlich trichinenhaltiger Schweine durchaus ungerecht­fertigt.
III.nbsp; nbsp;Uebt Rage, Alter oder Geschlecht einen Einfluss aus in Rücksicht auf grösscre oder niedere Leichtigkeit der Infection durch Trichinen? — wird im negativen Sinne beantwortet.
IV.nbsp; nbsp; Wird durch die Trichineninfection, wenn nicht in plötz­licher und auffallender Weise, so doch im Allgemeinen der gleich-massig gute Fortschritt der Körperentwicklung und insbesonders der Masterfolg beeinträchtigtquot;? —ist gleichfalls negativ entschieden.
V.nbsp; nbsp; Lässt sich das Behaftetsein mit Trichinen durch irgend welche Hilfsmittel mit einiger Sicherheit am lebenden Thiere con-statiren, auch wenn bestimmte Krankheitserscheinungen einen An­halt nicht gewähren?
Kühn glaubt nach seinen Versuchen, die von ihm für das Schwein modificirte Harpune als ein solches Mittel bezeichnen zu können. Er hat durch dieses Instrument in jedem Falle am leben­den Thiere das Vorhandensein von Trichinen constatiren können, wo das Thier als trichinenhaltig sieh auswies. Er bezeichnet daher mit Recht die Harpune selbstverständlich unter gleichzeitiger Be­nützung eines massig vergrössernden Mikroscopes als ein sehr be­achtenswertlies Hilfsmittel, um die Tricliinenhaltigkeit der Schweine am lebenden Thiere mit einiger Sicherheit zu constatiren. Nur muss zu dem Zwecke das Instrument an mehreren Körpertheilen der rech­ten und linken Seite in Anwendung gebracht werden, und zwar insbesondere im Nacken, oberhalb der Lendenwirbel, am Kreuzab­hang in der Nähe der Schwanzwurzel, an dem Schulterblatt, dem Vorderschenkel und dem Ober- und Unterschenkel der hintern Glied­massen.
VI.nbsp; nbsp;Auf welchem Wege gelangen die Trichinen in die Sciiweine, und durch welche Maassregeln vermag demnach der Landwirt!) seine Thiere gegen die Gefahr der Infection zu schützen? Es wurde die hie und da verbreitete Vermuthung ausgesprochen, dass die Tri­cliinenhaltigkeit des Schweines durch die Fütterung stockiger Rüben hervorgebracht sein könne. Diese muthmassliche Ansicht weist der Verfasser mit Recht gänzlich zurück, indem die an fauler. Rüben vorkommenden Anguillulen wesentlich anders gebaut sind und Eier legen. Eben dasselbe gilt von andern Anguillulen. Die Schweine können in keiner andern Weise durch Trichinen erkranken, als
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Trichinen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 55
dadurch, dass sie Fleiscli aufnehmen, welches echte Trichinen ent­hält. Zur Erforschung- der Wege sind trichinenhaltige Thiere über­haupt zu ermitteln. Man hat den Regenwurm verdächtigt. Das in demselben vorkommende eingerollte und eingekapselte Würmchen ist jedoch viel kleiner und anders conformirt, steht also in keinem genetischen Zusammenhange mit Trichina spiralis. unter den Warm­blütern wurde besonders der Maulwurf angeklagt, häufig Trichinen zu führen.
Eine genauere Untersuchung der in den Muskeln eingekapsel­ten, geschlechtslosen Rundwürmer desselben ergab jMoch eine specifische Verschiedenheit von jenen des Schweines. Eine Verfüt-terung des nematodenhaltigen Maulwurffleisehes an zwei Kaninchen brachte auch keine Trichinisirung der letzteren hervor.
Ein weit gegründeterer Verdacht wendet sich gegen die Rat­ten und Mäuse. Es wurde in einer Ratte eine eingekapselte Tri­chine gefunden, deren viele sah man in einer erschlagenen Katze. 4 Ratten in der Nähe der Versuchsstallungen eingeftingen, zeigten einen überraschenden Reichthum an Trichinen.
Es ist als wahrscheinlich angenommen, dass die SeJbstinfec-tion der Ratten durch Kaninchen geschehen sei, da zwei der letz­tem abhanden gekommen, und wahrscheinlich den Ratten zum Opfer gefallen sind. Es wurde andrerseits auch constatirt, dass ein Schwein eine Ratte vollständig aufzufressen vermöge. Es verzehrte ein Schwein S1^ Stunden nach einer vollen Mahlzeit eine ihm vorge­legte trichinenhaltige Ratte innerhalb 28 Minuten vollständig mit Haut und Haar und mit sichtlicher Gier. Es wurde der Abgang von Darmtrichinen in den Excrementen dieses Schweines beobach­tet. Der Tod desselben erfolgte nach 17 Tagen und man fand un­gemein zahlreiche Darmtrichinen und wenige Muskeltrichinen. Es wird daher der Landwirth seine Schweine vor Trichineninfection zu schützen suchen müssen: durch möglichstes Fernhalten von Rat­ten und Mäusen ans den Ställen und durch Verhütung des Fressens von Cadavern solcher Thiere, die möglicherweise Trichinen enthal­ten können, wie das insbesondere bei den Katzen der Fall ist.
Kühn ist ferner auf experimentellem Wege zu wiederholten Malen zu demselben Resultate wie Fuchs und Pagenstecher in ihrer Schrift (die Trichinen, Heidelberg 1865) gekommen, dass weder Darmtrichinen, noch ganze junge Muskeltrichinen eine Infec­tion zu bewirken vermögen, und somit auch für die Selbstiufektion der Schweine durch Aufnahme von Koth trichinenhaltiger Thiere eine Gefahr nicht vorhanden ist. Die in den Magen gelangten Darmtrichinen scheinen ebenso wie die jungen Muskeltrichineu, bei denen es noch nicht zu einer geschlechtlichen Anlage gekommen ist, vollständig der Verdauung anheim zu fallen.
VII. Kann dem Verkäufer in Rücksicht auf Trichinenhaltig-keit der Schweine eine Gewährschaft ähnlich wie bei dem Finnig­sein derselben zugemuthet werden, und wenn diess der Fall, wel­ches ist die angemessene Haftzeit?
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56nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Lehre von den Krankheitsmsachen.
Klibn Mit es für höchst erwünscht und auch wesentlich im Interesse des Landwirthes liegend, dass der Verkauf trichinösen Fleisches nach den Bestimmungen des Strafgesetzbuches über ver­dorbene oder der Gesundheit schädliche Nahrungsmittel mit Strafe bedroht, dass aber auch in Eücbsicht auf die Trichinenhaltigkeit der Schweine, ähnlich wie bei dem Finnigsein derselben, die Ver­pflichtung des Verkäufers zu einer Gewährschaft gesetzlich festge­stellt werde. Als angemessene Haftzeit würde eine Frist von 8 Ta­gen anzusehen sein. Der angegebene Hafttermin scheint dem Ref. doch noch einer wiederholten experimentellen Prüfung zu bedürfen*).
VIII. In welcher Weise linden sich die Trichinen im Körper des Schweines verbreitet, kommen sie in einzelnen Körpertheilen besonders regelmässig und häufig vor?
Welchen Grad von Sicherheit gewährt überhaupt die mikros-copische Untersuchung des geschlachteten Thieres?
Um das Verbreitungsverhältniss der Trichinen in der Muscula-tur des Schweines zu ermitteln, fertigte K. 1) eine Tabelle an, wo die untersuchten Körpertheile, die Reihenfolge der angefertigten Präparate, die Anzahl der Trichinen und der Rainey'schen Körper in je einem Präparate, ja sogar in Beziehung auf die rechte und linke Körperseitc bei einem Schweine rubricirt wurden.
Nebst 2) mit trichinigem Fleische gefütterten Schweinen wurde auch ein spontan trichinöses berücksichtigt, und zur Beantwortung einer folgenden Frage sind die mit Wellfleisch, gekochtem Fleisch, Fleischklössen, schwach gebratenem Fleische und Blutwurst gefütter­ten Schweine (zusammen 10) in der gleichen Weise tabellarisch aufgenommen: in einer 2. Tabelle ist die Anzahl der Trichinen in einem Pfunde Fleisch nach der Anzahl der Trichinen in einem mikroscopischen Präparate berechnet, und das Verhältniss der In­tensität der Trichinisirung bei den untersuchten Schweinen nach der Anzahl der Trichinen in den sämmtlichen bei einem Versuchs-thiere angefertigten Präparaten zusammengestellt.
Eine 3. Tabelle enthält die Anzahl der Trichinen unter Reduc­tion der Untersuehungsergebnisse auf je 15 Präparate.
Eine 4. Tabelle zeigt eine procentische Vertheilung der Tri­chinen in den verschiedenen Körpertheilen der 10 untersuchten Thiere.
Eine 5. Tabelle liefert eine Anordnung der verschiedenen Muskel­partien der einzelnen untersuchten Thiere nach dem Verhältnisse ihrer Trichinenhaltigkeit. Die in der 2. Tabelle gegebene Uebersiebt zeigt, wie selbst in den Fällen, wo nur wenige Trichinen aufgefunden wurden, die Menge derselben immerhin nicht unerheblich erscheint, wenn man den durchschnittlichen Gehalt von einem Pfunde Fleisch
•) Laut Protocoll der 6. Sitzung der 2. internationalen Versammlung der Thierarzte zu Wien 1865 ist eine Gewailrszeil von 14 Tagen bei mnä-keltrichinigcn Schweinen angenommen worden.
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Trichinen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;ij7
berechnet. Es wird dadurch die früher ausgesprochene Ansicht gerechtfertigt, nach welcher das Auffinden schon einzelner Trichi­nen eine Gewährschaft b dingen würde, sofern eine solche über­haupt gesetzlich festgestellt werden sollte. Noch mehr tritt das nicht Ungefährliche solchen Fleisches, bei dessen Untersuchung nur sehr vereinzelte Trichinen gefunden wurden, hervor, wenn man er­wägt, dass in einzelnen Muskelpartien die Trichinen ungleich zahl­reicher verbreitet sind, als der durchschnittliche Gehalt des ganzen Thieres angibt. Je geringer der durchschnittliche Trichinengehalt eines Schweines, um so grosser ist die Differenz zwischen diesem und dem Gehalt der trichinenreichsten Muskelpartie. In einer klei­nen tabellarischen üebersicht sind diejenigen trichinenreichsten Mus-kelparthieu in Vergleich gezogen worden, welche in grüsserer Menge zum menschlichen Genüsse gelangen. Aus der 4. und 5. tabellarischen Zusammenstellung ergiebt sich, wie ausserordentlich ungleich die Verbreitung der Trichinen in den verschiedenen Muskelparthien ein und desselben Thieres sein kann.
Das Zwerchfell ist fast immer und meist weit über den mitt­leren Gehalt hinaus mit Trichinen durchsetzt. Nächstdem zei­gen sich besonders regelmässig und reich besetzt die Lendcnmus-keln,- sodann folgen die Muskeln am Schulterblatte, die Zwischen­rippen-, Hals- und Genickmuskeln, die Muskeln des Kehlkopfes und die Beugemuskeln des Hinterschenkels ziemlich regelmässig; wenn auch nur im massigen Verhältnisse trichinenhaltig sind: die Augenmuskeln, Zunge, und die Muskeln des Vorderschenkels; meist arm an Trichinen wurden die Rückenmuskeln gefunden. Wie die Harpunirungen zeigten, sind übrigens die Rückenmuskeln über dem Lendenwirbel trichinenreicher als in der Mitte des Rückens. Gänz­lich fehlten bei den untersuchten THeren die Trichinen im Herz­muskel.
Bemerkenswerthe Aufschlüsse gibt noch die 1. Tabelle in Be­zug auf das ungleiche Vorkommen von Trichinen in ein und dem­selben Muskelstücke. Oft wurden in einer grössern Zahl von Prä­paraten nur wenige oder gar keine, dann aber wieder sehr zahl­reiche Trichinen gefunden. Einmal wurden in den Streckmuskeln des Hinterschenkels erst bei dem 39. Präparate eine Trichine, bei dem 40. und 41. Präparate keine, bei dem 42. eine, bei dem 43. zwei, bei dem 44. drei, bei dem 45. eine Trichine gefunden.
Um zu ermitteln, ob nicht der Trichiuengehalt der betreffen­den Thiere erkannt worden wäre, wenn statt 15 Präparaten nur 5 zur Untersuchung gekommen wären, wurde eine Tabelle ange­fertigt, in welcher die Zahlen der gefundenen Trichinen in den ersten, mittleren und letzten 5 Präparaten eines mit trichinenhalti-gen Fleischklössen und eines andern mit schwach durchbratenem trichinigen Fleische gefütterten Schweines aus den verschiedenen Muskeln rubricirt sind. Das Resultat ist, dass fünf Präparate von sechs Körperstellen, also dreissig Präparate zur Auffindung der Trichinen ningereicht hätten. Es gewährt somit die mikros-
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58nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Lehre von den Krankheitsursachen.
copischc Untersuchung bei sorgfältiger Ausführung immerhin ei­nen hohen Grad von Sicherheit im Erkennen der Trichinenhaltig-keit der Sehweine. Als Regel ist dabei festzuhalten, dass nicht weniger wie je 5 Präparate von 6 bis 8 der in Rücksicht auf das Vorkommen der Trichinen beaehtenswerthen Muskelparthien entnom­men werden. Als solche sind zu bezeichnen: Zwerchfell, Lenden-uraskeln, Muskeln am Schulterblatt, Hals-, Genick- und Zwischen­rippenmuskeln, Streckmuskeln des Vorderschenkels, Beugemuskeln des Hinterschenkels. Die Fleischproben werden am zweckmässig-sten in der Nähe der Ansatzstelle des Muskels entnommen. Für eventuelle Einführung einer Fleischschau ist noch zu beachten, dass die Muskeln des Kehlkopfes zu den triehinenreichern und die der Augen zu den zwar nicht sehr reich, aber fast regelmässig mit Trichinen besetzten gehören. Da nun diese Theile für den Flei­scher ohnehin werthlos sind, ihre Ablieferung aber eine treffliche Controle der Zahl der geschlachteten Thiere gewährt, so empfiehlt sich die Bestimmung, dass dem Fleischbeschauer auch regelmässig der Kehlkopf und die beiden Augen mit den anhängenden Muskeln eingeliefert werden.
Verfasser zählt ferner einige Vorkommnisse auf, welche dem noch nicht sichern Beobachter zu Täuschungen Veranlassung geben können, und erläutert sie auf eine eingehende Weise. Solche Vor­kommnisse sind: Mehr oder weniger isolirte Muskelfasern, kalkige Concremente, wohl zu unterscheiden von verkalkten Trichinenkap­seln, Rainey'sche, von Mischer'sche Körperchen. Diese Gebilde sind im Schweinefleisch sehr verbreitet und hinsichtlich ihres Verbrei­tungsverhältnisses in den untersuchten Schweinen zusammengestellt. K. verth eidigt die Ansicht, dass die benannten Körper Pilze seien und schlägt für sie nach ihrem ersten Entdecker den Namen Cyn-chitryum Mischerianum vor. Ob sie einen Nachtheil bei dem Ge­nüsse bedingen, ist noch zweifelhaft. Wahrscheinlich beeinträchtigen sie die Qualität des Fleisches nur dann, wenn sie in ausserordent-licher Menge vorhandefi sind.
IX. Unter welchen Umständen wird das trichinöse Schweine­fleisch durch die gebräuchlichen Verarbeitungsformen und Conser-virungsmethoden: Kochen, Braten, Einsalzen, Räuchern unschädlich gemacht? und unter welchen Umständen ist das überhaupt nicht, oder nicht regelmässig und sicher der Fall? Es wurde ein junges Schwein mit 1 Stunde 89 Minuten lang gekochtem Wellfleisch ge­futtert. Vor der Fütterung untersuchte man das gekochte Well­fleisch, um sich über die Beschaffenheit der Trichinen zu überzeu­gen. Das geschlachtete Schwein zeigte Muskeltrichinen, wenn auch in geringer Menge. Ein junges Schwein wurde mit trichinigem Fleisch, das 2 Stunden 15 Minuten gekocht hatte, gefüttert. Bei der mikroscopischen Untersuchung fand man in 270 Präparaten eine Trichine. Fleischklösse wurden aus trichinigem Schweinefleisch in allgemein üblicher Weise 18 Minuten lang gebraten. Beim Zer­schneiden zeigten sie im Innern nur noch einen blassroihen Schein.
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Trichinen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;59
Ein mit diesen zubereiteten Klössen gefuttertes junges Schwein wurde geschlachtet und zeigte in 270 Präparaten 224 Trichinen. Trichinige Carbonaden wurden 15 Minuten lang gut durchgebraten. Sowohl beim Harpuniren wie bei der mikroscopischen Untersuchung nach dem Tode wurden trotz Anfertigung von 270 Präparaten Trichinen nicht gefunden. Ein Vorderschenkel eines trichinigen Schweines wurde in gewöhnlicher Weise 1 Stunde 32 Minuten lang gebraten. Beim Zerschneiden zeigte sich der Braten im Innern noch roth und Hess Blutspuren austreten. Bei der nach dem Tode des mit diesem Braten gefütterten Schweines vorgenommenen Untersuchung fanden sich in 270 Präparaten 14 Trichinen. Der zweite Vorderschenkel desselben trichinigen Schweines wurde 2 Stunden 30 Minuten lang gebraten, war nach dieser Zeit völlig gar, und zeigte sich auch im Innern keine rothe Färbung. Ein mit diesem Braten verfüttertes Schwein zeigte nach dem Tode in 270 Präparaten keine Trichinen. Nach Fütterung eines jungen Schweines mit einer trichinenhaltigeij Blutwurst fand sich in dem Versuchstliiere blos eine Trichine in 270 Präparaten. Eine Fütterung mit trichiniger Schwartenwurst er­gab ein negatives Resultat. In 270 Präparaten suchte man verge­bens nach Trichinen. Ebenso gab eine Fütterung mit geräucherter Fleischwurst keine Trichinen. Nach Fütterung mit gebratenem Pökel­fleische fanden sich in 270 Präparaten weder junge noch eingekap­selte Trichinen vor. Eine Fütterung mit Schinken, welcher 10 Tage hindurch geräuchert wurde, erzielte ein negatives Resultat.
Aus diesen Versuchen geht die unverkennbare Nothwendigkeit hervor, mit dem Kochen sehr sorgfältig zu verfahren und den Genuss alles nicht völlig gar gekochten Scheinenfleisches zu ver­meiden. In sehr hohem Grade gefährlich ist der Genuss von Fleisch-klössen. Sehr gefährlich ist ferner Schweinebraten, der im Innern noch einen Schein von Blutfarbe zeigt. Dagegen sind vollständig durehgebratene Carbonaden ohne Gefahr zu geniessen, und ebenso ist Schweinebraten unschädlich, der hinreichend lange gehraten hat, so dass jede Spur von Blutfarbe im Innern verschwunden ist. Im Allgemeinen rauss man dem normal zubereiteten Braten den Vorzug vor dem gekochten Fleisch zuerkennen. Gut ausgeführtes Einpö-ckeln und darauf erfolgtes, wenn auch nur zehntägiges Räuchern des Schinkens tödtete die Trichinen sicher, ebenso, zehntägiges Räuchern und nachheriges längeres Aufbewahren der Fleiscbwurst.
Die Beschaffenheit der Trichine, wie sie sich in den Präpa­raten aus gekochtem oder auf andere Weise zubereitetem Fleische zeigte, gab keinen sichern Anhalt für Eeurtheiluug der Schädlich­keit oder Unschädlichkeit des letzteren.
Wegen der Originalität, Wichtigkeit und Vortrefflichkeit die­ser zeitgemässen Arbeit, welche als eine musterhafte in jeder Be­ziehung bezeichnet werden muss, ist der Auszug in extenso gege­ben worden. Es wäre nur sehr zu wünschen, dass die so erfolg­reichen präcisen Untersuchungen in massgebenden Kreisen und vom grossen Publikum gewürdiget werden. Die Notwendigkeit einer
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Lehre von den Krankheitsursachen.
mikroscopischen Fleischschan hebt der Verfasser nirgends hervor, ja es hat allen Anschein, dass es ihm mit vollem Recht darum zu thun war, den vollgiltigen Beweis herzustellen, dass eine solche eventuelle Fleischschau nur einen hohen Grad von Sicherheit (also keine vollkommene?) gewähre, wenn mindestens 30 Präparate aus (6 — 8) verschiedenen Körpergegenden je eines Schweines ange­fertigt werden. Auf eine zweckentsprechende Zubereitung der Nah­rungsmittel aus Schweinefleisch wird ein besonderes Gewicht gelegt.
7)nbsp; Spiroptera, Rollschwanz, der Leib cylindrisch, beiderseits oder an einem Ende mehr verschmächtigt, Kopf nackt oder mit Wärzchen versehen; Mund kreisförmig. Das beiderseits mit Rand­flügeln, zwischen welchen der fadenförmige Penis hervorsieht, ver­sehene Schwänzende des Männchens locker spiralig gedreht, jenes des Weibchens ohne Raudfiügel, gerade, die Geschlechtsöflnung nach rückwärts gelegen, Eier legend, seltener lebende Junge ge­bärend. Länge beträgt 4—6'quot;, Dicke '/i'quot;- Sie sind nicht nach­theilig.
Grossmäuliger Rollschwanz (Sp. megastoma). Er findet sich in den hypertrophischen, sehr verdickten Follikeln der Magenschleim­haut des Pferdes. Es entstehen hiedurch wallnuss- bis hühnerei-grosse Geschwülste, welche am häufigsten an der Grenze zwischen Schlund- und Pförtnertheil in der Nähe des scharfen Epithelialran-des sitzen und an ihrer Höhe eine oder mehrere Follikelöffnungen zeigen, durch welche sich der Inhalt, eine zähe, graue Flüssigkeit, mit ganzen Nestern dieser Würmer ausdrücken lässt. Frei in der Magenhöhle des Pferdes, in den Futtermasseu und im Magensafte liegend, kommt auch die grössere Gurlt'sche Varietät vor.
Roll sah sie bis jetzt nur einmal bei einem Pferde, in wel­chem die Spiropterenbälge fehlten, so dass man die Meinung, diese Varietät wären ausgewachsene, in der Wanderung begriffene Indi­viduen der kleinen Art, aufgeben muss.
Falissadenähnlicher Rollschwanz (Sp. strongylina Rud.) im Ma­gen des Schweines: blutiger Rollschwanz, (Sp. sanguinclenta Rud.) in knotigen Geschwülsten des zunächst der Einmündung in den Magen liegenden Schlundstückes des Hundes. (Gurlt.)
8)nbsp; nbsp; Onchocerca, Stützschwanz. Körper fadenförmig, beim Männchen locker, beim Weibchen enge, spiralig gewunden. Kopf vom Körper nicht abgesetzt; Mund endständig, kreisförmig; Schwanz­ende des Männchens unten ausgehöhlt, mit zwei vertikalen, an der Basis beiderseits mit Häckchen und an jedem oberen Rande mit einem Wärzchen besetzten Lappen und einer fadenförmigen Ruthe zwischen den Lappen; jenes des Weibchens verschmächtigt; Ge-schlechtsöffnung nach vorne gelagert. Länge l'/aquot;? Dicke Vgquot;'. Hieher gehört der
Gegitterte Stützschwanz; (St. Onch. reticulata) im Fesselbein­beuger und den Häuten der grossen Schienbeinschlagader der Pferde wohnhaft.
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Saugwürmer.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Ql
Zu den Rund- oder Fadenwürmern zählt man auch die Ha-kenwürmer (Acantbocephala). Ihr Körper ist abgeplattet, grau-weiss, selten rüthlichgelb, der Kopf ein in den Körper oder in eine eigene Scheide zurückziehbarer Rüssel; kein Darmkanal. Die Nahrungsaufnahme geschieht mittelst Einsaugung durch die Haut; zwischen dieser und dem Muskelscblauch tindet man ein feines Gefässnetz, welches mit dem Gefässnetze zweier vom Grunde des Rüssels cntspricgeuden bandförmigen Fortsätze commuuicirt. Ge­trennte Geschlechter; das Männchen besitzt am Schwanzende einen faden- oder schwertförmigen Penis mit einem beuteiförmigen An­hange, mit welchem bei der Begattung das Hinterende des Weib­chens umfasst wird. Die Gescblechtsötfnung des letzteren am stumpfen Schwanzende. Länge 2,/2—6quot;'j Dicke 3—5'quot; (Köll).
Hierher gehört der ßiesenkratzer (Echinorrhinchus gigas) im Dünndarme des Schweines, wo er seinen Befestigungsort öfters wechselt und sich an verschiedenen Darmstellen einbohrt, zuweilei; durchbohrt er diese und gelangt bis in die Bauchhöhle.
B. Saugwürmer, Trematoda.
Hermaphroditische rundliche Thiere, mit weichem abgeplatte­tem Leibe, mehreren Saugnäpfen auf dem Bauche, selten auf dem Rücken, einen Mund am Kopfende stehend und keinen After. Den Darm mit Verästelungen oder eine dendritische Gabel bildend. Die Geschlechtsöfl'nungen sind getrennt. Penis fadenförmig zurückzieh­bar, 2 oder 1 Hode, 2 Eierstöcke.
Die geschlechtsreifeu Thiere, welche eben so gut sich selbst föcundiren, als eine gegenseitige Befruchtung vornehmen können, setzen mit Flimmerhaaren, 2 Augenpunkten und einem im Innern wurmartig sich bewegenden Schlauch versehene Embryonen ab, die von ihrem Geburtsort mit Wasser gelangen, daselbst schwimmen, bis es ihnen gelingt, in das Innere eines Wassertbieres (Insecten, Schnecken) zu gelangen; jetzt verschwindet der flimmernde Ueber-zug, so dass noch der Schlauch zurückbleibt, welcher sich allmä-lig durch Endosmose auf Kosten des Nährthieres vergrössert und eine sogenannte Amme darstellt.
Im Innern derselben bilden sich körnige Keime, die zu kleinen geschwänzten Näpfen und mit einen Verdauungskanal versebenen baugwürmern, Cercarien, auswachsen, den Ammenschlauch durch­brechen und wieder im Wasser umhersebwimmen, bis sie eine neue Wohnstätte in einem Molluske oder Wasserinsecte gefunden haben.
In dieses dringen sie mit Verlust des Schwanzanfanges ein, und werden zu vollständigen Saugwürmern, die zuvor im Puppen­stadium und eine Wanderung in ein höheres Thier gewöhnlich durch das Verzehrtwerden des bisherigen Näbrthieres herbeige­führt, durchmachen müssen, um sich zu geschlechtsreifen Organis­men auszubilden. Roll meinte, dass durch Untersuchung des
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Lehre von den Krankheitsursachen.
Sumpfwassers und der auf nassen morastigen Weiden vorkommen­den Insecten und Schnecken sich in der Folge mit Sicherheit her­ausstellen dürfte, dass die bei Pflanzenfressern sich vorfindenden angeblich durch den Genuss des Wassers aus Teichen und ande­ren stehenden Gewässern und des Sumpfheues entstandenen Tre-matoden nur durch die Einführung von Cercarien enthaltenden Insecten und Schnecken mit dem Futter oder den Genuss des mit Cercarienbrut verunreinigten Sumpfwassers sich entwickelt haben. Verirrte Trematodeu degeneriren nicht, sondern bleiben klein und unfruchtbar.
Hierher gehören: Leberdoppelloch (Distomum hepaticum)^quot; Länge 4—14'quot;, Breite 3l/2 — •gt;quot;' in den Lebergängen und der Gallenblase des Kindes, des Schafes, Schweines, der Ziege, beim Pferde nur in den Lebergängen.
Lancettförmiges Doppelloch (D. lanceolatum) in der Gallen­blase und den Lebergängen des Rindes, Schafes, Schweines, der Ziege.
In grosser Menge vorhanden verstopfen sie die Gallengänge, alteriren die Gallensecretion: das Leberparenchym atrophirt in Folge des Druckes, es entwickelt sich Gelbsucht, Störung der Er­nährung und schliesslich ein cachectischer Zustand — Erscheinun­gen, die mau in ihrer Aufeinanderfolge mit dem Namen der Le­beregelkrankheit bezeichnet.
Die Behandlung ist hier gewöhnlich fruchtlos: man gibt eine gute und kräftige Kost, bittere und aromatische Mittel, wie Rainfarreu, AYermuth, Enzian, gewöhnlich in Verbindung mit Eisen­vitriol, Terpentin- Steinöl, Ofenruss, weissgebrannten Knochen, am besten mit geröstetem Körnerfutter oder Haferschrot, in Form ei­ner Lecke, oder Steinsalz als Lecke.
Kegelförmiges Endloch (Amphistomum conicum), Länge 2—6'quot;, vorne kaum 1\iquot;', rückwärts D/aquot;' dick, im Pansen des Rindes, Schafes und der Ziege.
Abgestutztes Endloch, kegelförmiges Doppelloch (Amph. truncatum, distomum conus) in der Gallenblase und Gallen­gängen der Katze.
Geflügeltes Halbloch, geflügeltes Doppelloch (Hemistomum alatum, Distomum alat.) im Dünndarme des Hundes.
C. Plattwürmer, Platyelmia.
Die Plattwürmer zeigen durchwegs einfache Orgauisationsver-hältnisse und thcilen sich nach der Totalgcstalt und dem einen Baum in die 2 grossen Unterordnungen: Band- und Saugwürmer.
Leib gestreckt, bandartig, theils bloss quer ge­runzelt, theils gegliedert, Vorderendc mit 2—4 Saug­gruben oder Näpfen und oft einem Hakenkranze inzwi­schen; ohne Mund und Darm; mit meist vielfach sich wieder­holenden zwitterigen Sexualorganen. Nervensystem entwe-
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Plattwürmer.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; g3
der keines vorhanden, oder wenigstens kaum zu erkennen; im entwickelten Körperzustande 4 seitliche Längsgefässe. Kalk­körper bei vorgeschrittener Entwickeluug vorhanden, im Embryo fehlend; die Eier mit einer einlachen, doppelten oder mehrfachen Eihaut umgeben, sehr zahlreich, einen kleinen, durchsichtigen, bläschenartigeu, mit 4 bis 6 Häkchen bewaffneten, den Eltern vollkommen unähnlichen Embryo (Amme) enthaltend, welcher ausser dem Darmkanale, und entfernt von dem Wohnorte der El-ternthiere eine complicirte Metamorphose durchzugehen hat (Bla­sen Würmer), die wir weiter unten näher erörtern.
Die meisten Bandwürmer bestehen zwar aus einem sogenannten Eopfe und einer unbestimmten Zahl von Gliedern, doch kennt man auch ungCT-lie-derte und der wahre Charakter ist daher in der Mund- und Barmlosigkeit, den Saug- und Hallorganen und der eigenthümlichen Lebens - und Entwick­lungsweise zu suchen. — Bis in die neuere Zeit wurde ein solcher Band­wurm iür ein Einzelthier gehalten, dessen Axe sich ins Unbestimmte ver­längern kann. Erst seit durch Steenstrup (1842) die Lehre des Genera­tionswechsels begründet wurde, gewann man auch über diese Thieie andere Anschauungen. Man deutete den sogenannten Kopf (Scolex) als sprossen­treibende Zwischengeneration (Amme), die lortan neue Individuen, die sogenannten Glieder hervorbringt, welche so lange mit jener in Verbin-gung bleiben, bis sie geschlechtsroif sind und abfallen. Diese abgetrennten Glieder selbst fasste man als die geschlechtlich entwickelten Individuen, als Geschlechtsgcneration aut und sah von nun an einen Bandwurm als eine polymorphe Thiercolonie an, wie deren bei Polypen und Medusen (als Strobilalorm) sich vorfinden. — Diese Ansicht wurde seither fast die allge­meine und in der That liefern die einstweilen bekannt gewordenen Entwick­lungsgeschichten und Jugendzustände der Gestoden fortan neue Belege iür die Richtigkeit derselben.
Hierher zählt man:
1.nbsp; Gattung. Bothriocephalus, Grubenkopf.
Das längliche, dünne Kopfende mit zwei gegenüberstehenden länglichen Sauggruben ohne Rüssel und Hakenkranz. Die Ge-schlechtsmündungeu in der Mitte des Wurmes vierwiuklig geglie­dert. Die den ausgebildeten Individuen ähnlichen vollkommen ge­schlechtslosen Scolices bewohnen den Darmkanal niederer, die rei­fen Würmer den der Wirbelthiere.
Der täuschende Grubenkopf (Dibothrium deeipiens) wohnt im Dünndarme der Katze.
2.nbsp; Gattung. Eigentliche Bandwürmer, Taeniae.
Der kugelförmige oder dreikantige Kopf mit 4 — 6 kreisrun­den, entgegenstehenden Saugnäpfen einem undurchbohrten Rüssel und mit in 1 oder mehreren Reihen stehenden Häkchen von ver­Zahl bewaffnet. Hals vorhanden oder fehlend.
Der Körper des reifen Thieres ist weiss, flachgedrückt oder rundlich, sehr selten dreikantig und besteht aus contractilen Gliedern — Proglottiden — deren Zahl, Farbe und Grosse sehr verschieden ist, und von denen die vorderen und kleineren geschlechtslos, die hinteren, grösseren Zwitter sind. Der Kör-
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Lelire von den Krankheitsursachen.
per des unreifen Thieres (Blasenwurm) fehlt oder ist kurz, geschlechtslos und endigt in eine Schwanzblase, in welche der Kopf entweder eingesenkt ist, oder nach aussei! anhängt. Sie besitzen jcderseits 2 mit einander anastomosirende Längsgefässe. Die einfachen oder doppelten Geschlechtsöffnungen stehen bald auf einer Seite, bald abwechselnd. Die männlichen Geschlechtsorgane bestehen aus einem einfachen, doppelten oder lappigen Hoden, einer Samenthicrchen enthaltenden Samenblase, einem gewunde­nen Samenstrange und einem verschieden gestalteten durchbohrten und in eine Tasche zurückziehenden Penis.
Der weibliche Geschlechtsapparat besteht aus der, an der Geschleehtsöfi'nnng beginnenden und an dem, aus einem Mittel­stücke und seitlichen Aesten bestehenden Uterus endenden, ne­ben dem Samenstrange liegenden Scheide. Der Uterus ist mit ein- oder mchrsehaligeu Eiern erfüllt, welche einen mit 6 Häk­chen bewaffneten, sich lebhaft bewegenden Embryo enthalten. Bei pflanzenfressenden Säugethieren kommen vorzüglich nur Bandwürmer ohne Hakenkranz, bei Fleischfressern hingegen mit solchem vor. Der Mensch, welcher aus beiden organischen Reichen sich nährt, beherbergt sowohl Arten mit als ohne Ha­kenkranz. Hiezu kommt jedoch als Hauptmoment noch, dass Taenien nicht bloss eine Metamorphose durchmachen, sondern um ihre Reife zu erlangen, dabei in verschiedene Thiere und Wohn­orte gelangen müssen, wie aus Folgendem erhellen wird.
Man unterschied bis vor kurzer Zeit als eine eigene Gruppe von Entozoen die Blasen Würmer oder Cystica und unter diesen namentlich die 3 Gattungen Cysticercus, Echinococcus und Coe-nurus, die bei Menschen und Säugethieren in den verschiedensten Organen gefunden und oft lebensgefährlich oder tödtlich werden. Die Forschungen der Neuzeit haben nun erwiesen, dass alle diese Cystica nur Jugendzustände von Taenien sind, die aber nie ge-sehlechtsreif und gegliedert werden, wenn sie nicht ihren Standort verlassen und in den Darmkanal eines anderen Thieres gelangen können. — Die Lebensgeschichte einer Taenia umfasst 4 Stadien, denen eben so vielerlei Formen entsprechen: 1) Die embryonale; 2) die blasige; 3) die gegliederte; und 4) die abgestossene Ge­schlechtsform.
Jedes befruchtete Ei, das mit den reifen Gliedern meist zu­gleich mit Darmkoth abgesetzt wird, enthält einen kleinen, unge­gliederten Embryo (den Protoscolex), der 3 Paare von Häkchen trägt, aber seine Eihülle erst durchbricht, wenn das Ei oder ein ganzes Glied zufällig von einem Pflanzenfresser verschluckt wurde und in den Darmkanal desselben gelangt. In diesem verweilt er aber nicht, sondern bohrt sich mittelst seiner Haken durch die Häute des Darmes und gelangt entweder in eines der benachbar­ten Organe oder durch die Blutgefässe insbesondere in die Leber, Lungen, Muskeln oder selbst ins Gehirn u. s. w. Daselbst kap­selt er sich ein, verliert seine Haken und tritt in das zweite Sta-
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Plattwiirmer.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;(35
diurn der Entwicklung; er streckt sich allmälig, das Vorderende bildet sich in einen mit 4 Saugnäpfen und einem Hakenkranze versehenen Kopf aus, der aber anfangs völlig eingestülpt ist. und auf den ein kurzer Hals folgt, während das Hinterende sich in eine mit wässeriger Flüssigkeit gefüllte Blase ausdehnt. In diesem Zustande lebt er als Blasen wurm (Deutoscolex), in den verschie­densten Organen und kann ungeschlechtlich durch Sprossen sich oft zu Hunderten vermehren: er sowohl wie seine ganze Brut ver­mögen sich aber nicht weiter mehr zu entwickeln, wenn es ihnen nicht gelingt, Eins ihrem jetzigen Wohnorte in den Darmkanal eines Menschen oder eines andern Thieres zu gelangen. Geschient dies aber, so hängt sich der Wurm alsbald mit seinem Hakenkranze und den Saugnäpfen an die Darmhaut fest, verliert seine Blase, flacht sich ab und geht nun, indem fortan nach rückwärts neue Glieder hervortreiben, in das Stadium des gegliederten Bandwur­mes, Scolex- und Strobilaform v. Beneden's über. Er wächst dann so rasch, dass er bereits binnen 2 — 3 Monaten ein Paar Klafter Länge erreichen kann. Nunmehr naht das vierte Stadium, die geschlechtsreifen Glieder füllen sich strotzend mit Eiern und lösen sich einzeln oder zu mehreren von der übrigen Kette ab, die als Kürbiskerne (v. Beneden's Proglottis - Form) nach aussen entleert werden.
Die hier im Allgemeinen geschilderte Entwicklungsgeschichte der Taenien ist das mühevolle Resultat zahlreicher Versuche, die an Thieren und Menschen angestellt wurden, indem man sie ab­sichtlich Blasenwürmer verschlucken Hess, die sich dann im ent­sprechenden neuen AVohnorte (dem Darmkanale) zu bestimmten Taenien-Arten ausbildeten. Es ergab sich, dass die bei Schwei­nen so häufigen Finnen oder der sogenannte Cysticercus cellu-losus der Jugendzustand (Deutoscolex) von Taenia solium ist und im Menschen sich zu letzterer entwickelt. — Noch unbekannt hin­gegen ist die Entwicklungsgeschichte von Bothriocephalus latus. Es scheint aber hier keine solche Metamorphose mit Wanderung und Transplantation wie bei Taenia statt zu finden, und die Eier oder ganz kleinen Jungen dürften mit der Pflanzennahrung (ver­mittelst des Düngers) oder dem Trinkwasser in den Magen ge langen.
Im Darmtract der Haussäugethiere werden nachstehende Tae­nien mehr weniger häufig gefunden. Ausgebreiteter Bandwurm (Taenia expansa) im Dünndärme des Schafes und Rindes; gezäh-nelter Bandwurm (T. denticulata) im Dann des Rindes. Gefalteter Bandwurm (T. plicata). Kleiner Pferdebandwurm (T. mamilana Mehlis) und im Dünndarme des Pferdes. Durchwachsener Band­wurm (S. perfoliata) im Dünndarm des Pferdes. Gesägter Band­wurm (T. serrata) im Dünndarme des Hundes.
Bis vor Kurzem wurden sämmtliche im Hundedarme vor­kommenden Bandwurmspecies der T. serrata oder der später an­zuführenden T. cucumerina beigezählt. Erst die neueren Unter-Kraus, Path u. Therap. dor Hnussiingethiere.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 5
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Lehre von den Krankheitsursachen.
sucbungen Küchenmeisters haben nachgewiesen, dass die der T. serrata beigezählten Individuen verschiedenen Arten angehören, welche sowohl durch die Gestalt des Körpers und der Haken, als auch durch die aus der Fütterung der reifen Eier sich ergebenden Resultate weseutlich von einander abweichen.
Dem gesägten Bandwurme entspricht als Scolexzustand der erbsentörmige Blaseuschwanz (Cysticercus pisiformis) des Kanin­chens und Hasen.
Der aus dem dünnhalsigen Blasenwurme gezogene Bandwurm (T. e cisticerco tenuicolli, Küchenm.), kommt im Dünndarme des Hundes vor. Ihm entspricht als Scolex der dünnhalsige Bla­senschwanz (Cysticercus tenuicollis) , Kopf eingestülpt vierkantig, mit vier an den Winkeln stellenden Saugnäpfen, einem Rüssel mit doppeltem Hakeukranze, der Hals rund, fadenförmig, der rund­liche ll%quot;'—1'quot; lange Körper endigt in eine sehr grosse, fast ku­gelförmige, mit Flüssigkeit angefüllte Schwanzblase.
Wohnort: Das Brust- und Bauchfell, dann die Leber des Schafes, Rindes, Schweines, der Ziege und anderen Pflanzenfres­sern : er ist meist von einer derben fibrösen Kapsel eingeschlossen.
Der aus dem Gehirnblasenwurm gezogene Bandwurm (T. coenurus, Küchenm.), lebt im Dünndärme des Hundes. Ihm ent­spricht als unreifer Zustand der Gehirnblasenwurm (T. coenurus, Rud.). Gemeinschaftliche Blase, hautartig durchscheinend, bis zur Grosse eines Ganseies und darüber heranwachsend, zahlreiche Sprossen treibend; die einzelnen der Innenfläche dieser Blase auf­sitzenden Scolices 1/2 — 2quot;' lang, 1/4quot;' dick, der Kopf vierkantig, mit 4 an den Winkeln sitzenden Saugnäpfen, der Rüssel mit ei­nem doppelten Hakenkranze versehen; der Körper länglich der Quere nach gerunzelt.
Er wohnt im Gehirne, seltener im Rückenmarke des Rindes und Schafes, durch Druck auf einzelne Hirnpartien die Drehkrank­heit veranlassend.
Die Therapie, die nur dann wirksam wäre, wenn sie Töd-tung und Entfernung desselben veranlassen könnte, ist gegen diese Krankheit bis jetzt ganz erfolglos geblieben: die Antiphlogose kann nur gegen die stärkere Hirnreizung gerichtet sein; der Versuch, bei ausgesprochener Drehkrankheit und wenn der Sitz des Blasenwur­mes ausgemittelt ist, zu trepaniren und die Blase mit. dem Coe­nurus durch ein Häkchen zu entfernen, bietet gleichfalls einen sehr zweifelhaften Erfolg, da in solchen Fällen bereits Atrophie des Gehirnes vorhanden ist.
Der ;5gliedrige Bandwurm (T. ex echinococco, Veter.) kommt im Darme der Hunde bisweilen in enormer Menge vor und kann bei diesen Thieren die heftigsten Anfälle von Raserei, die mit der Wuth verwechselt werden können, veranlassen.
Der Körper ist ogliedrlg, der Kopf rundlich, der Rüssel mit doppeltem Kranze kurzer Haken bewaffnet, der Hals länglich; die beiden Glieder länglich, Zwitter. Die Länge beträgt l'/i'quot;-
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Bandwürmer,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; (gt;7
Der vielgestaltige HUlsenwurm (Eehinococcus polymorphus, Dies), Thierhülsenwurm ^Ech. veterinorum — Ech. scolicipariens, Küche um.). Eine kastanien- bis apfelgrosse, von einer dichten Kapsel umschlossene, häutige, durchscheinende, mit einer klaren Flüssigkeit angefüllte Blase (der zu dieser Grosse herangewachsene Embryo).
Kommt es bei einer oder der anderen Art von Echinococcus-blasen nicht zur Erzeugung von Scolices, bleiben sie mithin steril, so stellen sie dann jene Gebilde dar, welche man Acephalo-cysten nennt. Man findet dann innerhalb einer Oyste eine ent­weder mit dieser noch vollkommen oder doch stellenweise zusam­menhängende Blase mit geschichteten, gallertartig zitternden Wan­dungen, welche eine wässerige oder eiterähnliche, in Verkreidung begriffene, Proteinmassen ähnliche Flüssigkeit enthält, nicht selten secundäre Cysten einschliesst, ohne jedoch bei genauerer Unter­suchung irgendwo Scolices oder die zurückgebliebenen Haken der­selben zu zeigen.
Nicht -selten gehen die Echinococcusblasen in Folge einer Entzündung der Umhiillungscyste zu Grunde. Die Wände der Blase werden schmutzig, undurchsichtig, der Inhalt trübe, schmutziggelb, eiterähnlich, und enthält eine feine Punktmasse, Fettkügelchen und in Auflösung begriffene Scoiices. In manchen Fällen kommt es in Folge der Vereiterung zu einer Eröffnung des Sackes und zum Ergüsse seines Inhaltes in die Höhlen des Kör­pers oder gewisser, mit dem Echinococcussacke in Adhäsion ge­tretener Organe, in anderen erfolgt allmälige Eindickung des In­haltes zu einem Kalkbreie und Schrumpfung des Sackes.
Beide Arten von Echinococcusblasen finden sich in den ver­schiedensten Organen der pflanzenfressenden Hausthiere und des Schweines. Schädliche Wirkungen veranlassen sie durch ihr Vo­lum, durch ihren Druck auf die umgebenden Theile, durch Ver-schliessung wichtiger Gänge. Bei ihrem Andringen an seröse Häute veranlassen sie auf der Oberfläche derselben Bindegewebs-neubildungen und Anlöthuugen an die Umgebung.
Dickhalsiger Bandwurm (T. crassicollis), im Dünndärme der Katze. Der zugehörige Scolex ist der bandförmige ßlasen-schwanz (Cysticercus fasciolaris), welcher sich in der Leber der Mäuse und Ratten sehr häufig vorfindet.
Kürbiskernähnlieher Bandwurm (T. cucinnerina), wohnt im Dünndärme des Hundes. Die entsprechende Blasen-wurmart ist noch unbekannt.
Elliptischer Bandwurm (T. elliptica), im Dünndärme der Katze. Die correspondirende Finnenart unbekannt.
Der langgliedrige Bandwurm des Menschen (T. so-lium). Aus dem Embryo desselben entwickelt sich, wie durch Futterungsversuche nachgewiesen ist, als Scolex:
der Zellgewebs Masenschwauz, dieFinne (Cysticercus cellulosae Rud.). Er besteht aus dem Körper (Scolex) und der
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das hintere Ende desselben darstellenden linsen- bis kirschengros-sen halbdurchsiclitigen, runden oder elliptischen Schwanzblase, welche dort, wo sie in Geweben sitzt, von einer Kapsel einge­schlossen ist. Gewöhnlich ist der Kopf des Scolex in den Hals eingestülpt, und mau bemerkt dann an dieser Stelle eine einwärts gezogene kleine Falte. Der Kopf ist stumpf viereckig, mit einem Saugnapfe an jeder Ecke, einem konischen Rlissel und doppelten Hakenkranze; der Halz kurz, der Körper cylindrisch, quer ge­runzelt.
Er bewohnt das Bindegewebe, die Muskeln, die serösen Häute des Schweines (die Finnenkrankheit veranlassend), selten andere Thiere.
Der röhrenförmige Blasenschwanz (Cysticercus fistula-ris), er bewohnt das Bauchfell des Pferdes. Sehr selten.
Zum Schlüsse lassen wir hier noch einige Bemerkungen liber die Entwicklung der Taeuien von Müller und Roll folgen.
Bekanntlich kannte man bis zu dem Jahre 1850 nur eine Art Taeuien, nämlich die Taenia solium. Zwar fiel es schon frü­her auf, dass bei einigen Taeuien sich ein Hakenkranz vorfinde und dass dieser bei einigen, sowie das Ostellum fehle, mau glaubte jedoch, dass dieses Fehleu des Hakenkranzes von zufälligen Um­ständen herrühre, indem sich derselbe im menschlichen Körper ab-stosse. Küchenmeister hat jedoch zuerst nachgewiesen, dass es zwei Arten Bandwürmer gibt, nämlich die Taenia solium und die Taenia medio-canellata. Seinen Untersuchungen zufolge findet sich die erstere Art vorzüglich im nördlichen Deutschland, in England und Holland vor, während die Taenia mediocanellata, welche weit breiter und feister ist, einen weit stärkereu quadraten Kopf und dann statt des doppelten Hakenkranzes Saugnäpfe hat, im südlichen Deutschland und bei uns in Oesterreich vorkommt. Was nun die Mutterthiere dieser Bandwürmer betrifft, so entstehen sie, wie bekannt, aus dem Blasenwurme durch Ausstülpung des Kopfes und Abstossung der Schwanzblase. Der Blasenwurm der Taenia solium lebt als Finne im Schweine; weniger bekannt 1st es jedoch, welche Art Blasenwiirmer oder Cysticerceu der Taenia mediocanellata zukommt. In der neuesten Zeit haben wohl Leu­kart und Mosler und Andere Verfütterungen mit den Proglotti-deu der letzteren Art vorgenommen. Es sind jedoch im Ganzen nur zwei derartige Versuchungen gelungen. Es erscheint daher für uns in Oesterreich von Wichtigkeit und Interesse, diese Ver­suche zu vervielfältigen und eine genauere Kenntniss, namentlich von den der Taenia mediocanellata zukommenden Cysticerceu zu erlangen.
Müller und Roll haben daher einen ähnlichen Verlütterungs-versuch gemacht. Sie kauften ein gesundes, 1U Tage altes Kalb. Zur Fütterung standen ihnen zwei Taeuien zu Gebote, die sich, da die Köpfe vorhanden waren, zweifellos als mediocanellata repräsen-tirten. Im März wurden 10, im April v. J. 20 Proglottiden dem
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Spinnthiere.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;60
Kalbe gegeben. In den spätem Monaten Juli und August wurden andere zwei Taenien verfuttert, bei denen zwar die Köpfe fehlten, die jedoch aus der Conformation der Glieder als Taeciae medio-canellatae erkannt wurden. Von letzteren wurden eine grössere Menge Proglottiden (bis 90) an das Kalb verfüttert. Anfangs be­fand sich das Thier anscheinend sehr wohl, die Esslust war gar nicht vermindert; es war munter und lebhaft: später im Herbste jedoch zeigte das Kalb eine Schlaffheit, es begann träge und hin­fällig zu werden. Im Monate October wurde es getödtet und das Resultat des Experimentes kann als ein befriedigendes betrachtet werden. Man fand die Cysticercen in den Muskeln, namentlich in solchen, welche weniger thätig sind, in den Muskeln des Halses, Rückens, ferner im Bauch- und Brustfell, in der Niere, Lunge, Thymusdrüse und im Herzfleische. Im letzteren waren die Blasen-wttrmer mehr verschoben und eckig, als rund, wahrscheinlich we­gen des gewundenen Verlaufes der Muskelfasern: in der Leber fanden sich keine vor. Sie zeigten eine deutliche Schwanzblase und einen eingestülpten Kopf, au dem sich kein Hakenkranz, son­dern Saugnäpfe befanden, die Länge der Blase betrug fünf bis sechs Linien, die Breite zwei bis drei Linien.
Was nun die Anzahl der Finnen betrifft, so ist diese verhält-nissmässig in einer geringen Menge vorgefunden worden. Müller spricht die Ansicht ans, dass nur die erste Fütterung zur Entwick­lung der Finnen Anlass gab, während die Eier der spätem Fütte­rung wahrscheinlich abortiv zu Grunde gingen. In dem spätem Alter nämlich, wenn sich das Kalb von Gras nährt, dürfte, da der Pansen des Thieres mehr entwickelt und die Schleimbaut und das Epithel des Magens viel dicker ist, die Fütterung nicht so leicht gelingen. Hingegen lässt sich bei den Saugkälbern ein besseres Resultat von der Verfütterung der Proglottiden erwarten.
Auf und in den Hausthieren leben die Spinnthiere Arach-noidea (Araehnida).
Kopf und Brust in ein Stück verwachsen und an diesem 4 Fusspaare, Kopf ohne wahre Fühler, Hinterleib ohne fussähnliche Anhänge.
1)nbsp; nbsp; Aus der in diese Ordnung gehörenden Familie der Zecken oder Holzböcken (Ixodes) interessiren uns nur der Ix. ricius (Hunds­zecke) nnd Ix. reticulatus (Ochsenzecke). Sie leben in Wäldern und Gebüschen, von wo sie gelegentlich auf die vorübergehenden Thiere gelangen, sich in deren Haut festsetzen, und ihr Blut ein­saugen. Erstere hängt sich an Hunde, Rinderund Schafe, Ix. reti­culatus an Rinder und Schafe.- Sie müssen entfernt werden, lassen sich aber, ohne dass der Kopf in der Haut stecken bliebe, nicht immer gut fortnehmen. Ein Tropfen Spiritus oder Terpentinöl aut sie geträufelt, erleichtert ihre Entfernung sodann bestreicht man diese Stelle mit Quesksilbersalbe.
2)nbsp; nbsp; Aus der Familie der Balgmilben kommt nur die Haarsack­milbe Acarus folliculorum bei Hunden vor. Sie bewirkt einen pustulö-
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70nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Lehre von den Krankheitsursachen,
sen Aussclilag (Acne); in manclier Pustel sind grosse Mengen dieser Milben in ihren verschiedenen Eiitwicklungsstadien vorhanden. Die Behandlung besteht am besten in wiederholten Seifen und Laugen-waschungen.
3)nbsp; nbsp; Familie der Aeanthotheca (Linguatulina) Zungenwürmer. Leib wurmförmig geringelt, Mund unterständig, jederseits desselben 2 Hacken.
Die erwachsenen Tliierc wurden früher unter dem Namen Pentastoma den Entozoen zugezählt und ähneln allerdings einem Nematoden. Sie besitzen weder Siuncsorgane noch gegliederte Fiisse; der After liegt ganz am Ende, vor ihm die weibliche und männliche Geschlechtsötlnung, die Haut mit Spitzen bedeckt. Ein llückengefäss und einen Nervenschlundring, der ein Bauch, aber kein Gehiniganglion bildet. Männchen 3 — 4mal länger als die Weibchen.
Die Vermehrung erfolgt durch Eierlegen und die Entwicklung der Jungen mittelst einer fast ein Jahr dauernden Metamorphose. Sie besitzen anfangs 2 Fusspaare, die später zu 4 Hacken werden, nur einen Saugrüssel mit Stechapparat: später encystiren sie sieh und seheinen einer Uebersiedlung in einen anderen Standort oder ein anderes Thier zu bedürfen, um geschlechtsreif zu werden. — Sie leben dann als innere Parasiten in den Nasenstirnhöhlen, Lungen, Leber, Nieren der Wirbelthiere.
Es gehören hieher: Pentastomum dcnticnlatum (gezähntes) und taenioides, (bandwurmähnliches) Fünfloch; ersteres kommt in der Le­ber, Nieren im submueösen Zellgewebe des Duodenum verschiedener Hausthiergattungcn vor; P. taenioides in den Stirn-und Nasenhöh­len, des Maulthieres, des Pferdes, des Schafes und der Hunde. Die hierdurch veranlassten Erscheinungen sind nur beim Hunde genauer bekannt. Der Wurm reizt nämlich bei seiner Ortsveränderung, die Sehleimhaut der Stirnhöhle, wodurch die Hunde unruhig und ver­stimmt werden, öfters mit dem Kopfe schütteln und sich reiben, manche beissen sogar gerne und werden bösartig.
Was die Behandlung betrifft, so könnte bei der ¥/ahrschein-lichkeit des Vorhandenseins des Wurmes die Trepanation der Stirnhöhle des Hundes und Einspritzungen von Hirschhornöl oder von Creosotwasser versucht werden.
4)nbsp; nbsp; Familie Acarea Milben. Von ovaler oder scheibenför­miger Gestalt mit konisch vorragendem Rüssel ohne Augen. Die 4 meist ungleichen Fusspaare sind theils mit Saugscheiben, theils län­geren oder kürzeren Borsten besetzt; sie leben auf oder in Thieren, oder bohren sich Gänge unter die Haut und veranlassen lästige Ge­schwüre und Krankheiten. Man unterscheidet sie in:
laquo;) Milben die sich eingraben.
Hier ist besonders hervorzuheben die Gattung: Sarcoptes mit der Art S. scabiei, Krätzmilbe, die zur Entstehung und Ver-
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Kratmiilbu.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;71
breituug der Krätze bei Menschen uud Öäugethieren Anlass gibt. Diese mit freiem Auge kaum wahrnehmbaren Milben sind von schei­benförmiger Gestalt und zäher Haul innliüllt, welche durch zahlreiche Chitinstreifen und Leisten zu einem (•liaracleristisclien Hautscelette wird. Ueberdiess sind in selbe spitze Chitinschuppen und bewegliche starke Dornen eingesenkt, deren 6 an der Brust und 14 am Kücken stehen.
Der Kopf ist beweglich vom Rumpfe getrennt. Die Fress­werkzeuge bestehen aus 4 konischen Basalstücken, deren jedes 2 nach einwärts gezälmelte Zangenarme trägt, so dass die Kiefer im gan­zen 4 Zangen bilden. Nach aussen steht jederseits ein starker 3 gliedriger Taster, der so weit wie die Kiefer selbst vorragt. Ober-und Unterkieferzangen sind innen hohl. Der Darmkanal bildet Blindsäcke, die bis in die Vorderfüsse hineinrelcheii und mündet in eine endständige Kloake zugleich mit den Sexualorgauen bei beiden Geschlechtern.
Die Athmungsorgane stellen 2 Säcke vor, die durch 2 Stig­men zwischen dem 2. und 3. Fusspaare münden. Ein Gefäss-system ist bisher noch nicht nachgewiesen, dagegen ein Nerven­system, welches aus einem Schluntlringe besteht, von dem 4Nerven gegen den Kopf abgehen und 2 Fäden nach rückwärts zu einem 2. Ganglion, das nach hinten einen Ring bildet, von dem ebenfalls Nerven ausstrahlen.
Die Männchen dieser Art sind nicht nur seltener und kleiner als die Weibchen, sondern auch länglicher und am Ende mit Haft­organen, am Rücken aber nur mit einzelnen spitzen Hautschuppen versehen, während die fast eine l/s Milimeter langen Weibchen mit ganzen Reihen von letzteren besetzt sind. — Die Befruchtung erfolgt durch ein eigenes Paarungsorgan, die abgesetzten Eier sind auffallend gross, die .hingen kommen daraus als sehr bewegliche Larven mit nur (5 Füssen hervor, das hintere Paar fehlt und bricht erst nach der ersten Häutung durch, welche sich bei Weibchen mindestens 4mal wiederholt; denn diese häuten sich nach der Begattung, und paaren sich überhaupt schon vor der beendeten Entwicklung, aber erst nach der 3. Häutung ist die Befruchtung möglich.
Das Einbohren in die Haut erfolgt mit den Fresswerkzeugen und ihre Thätigkeit wird durch äussere Wärme begünstiget: sie wählen vorzugsweise zartere Hautstellen, und nur die Weibchen bohren tiefere Gänge, an deren Ende sie sich aufhalten, während ihre daselbst gelegten Eier, abgestreiften Hüllen, .hingen und Ex-cremente weiter vorne bleiben.
Die Männchen hingegen bauen so kurze Gänge, dass sie nur überdeckt sind, und verlassen sie häufig, um sich zu paaren: finden dann oft nicht mehr ihren Wohnort, und bauen einen neuen Gang. Bei den Hausthieren sind wegen der dichten Behaarung diese Gänge kaum zu finden: man trifft die Milben am zahlreichsten in
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Lehre von den Krankheitsursachen.
den Bovkcn, welche sich in Folge der durch den Juckreiz veran-lassten Hautentzündung sehr zahlreich bilden.
Diese letztere mit ihren verschiedenen Phasen repräsentirt eben den Krätzausschlag-; es entstehen nämlich an verschie­denen Stellen des Körpers stark juckende, rosafarbige Papeln; auf deren Spitze sich kleine wasserhelle Bläschen entwickeln. Bleiben diese unversehrt, so trübt sich bald ihr Inhalt, wird eitrig und es entstehen somit grössere oder kleinere Pusteln, die spontan platzen und eine gelbe Kruste hinterlassen. Werden diese Bläschen jedoch, wie gewöhnlich gekneipt, gekratzt, so bluten die wundgekratzten Stellen etwas und es bilden sich kleine schwarze Krusten *).
Bei mehr oberflächlichem Einbisse der Milbe, bei geringerer örtlicher oder allgemeiner Reizbarkeit der Haut kommt es nur zu einer geringeren Exsudation und desshalb auch nur zu einer kleinen Papel. — Häufen sich die Krätzeruptionen, so wird endlich die ganze Haut aufgelockert und verdickt, es erfolgt reichliche Ab­schuppung, das Exsudat verklebt aber die Schuppen, und es bildet sich somit eine Schuppenkruste. Durch das unaufhörliche Kratzen aber wird die Entzündung noch ausgebreiteter und dringt tiefer ein, Papeln und Bläschen werden zerstört, an deren Stelle Pusteln mit mehr oder weniger grossem Entzündungshofe und Schorfe treten, wobei sich die ganze Haut mehr oder weniger verdickt und mit Schuppen bedeckt.
Die Entstehung des Krätzausschlages findet einzig und allein durch Uebertragung entweder reifer Eier, oder befruchteter Weib­chen, oder Männchen und Weibchen statt.
Die bei unseren Hausthieren vorkommenden Sarcoptesarten unterscheiden sich nur durch ihre Körpergrösse von einander, und zwar: 1) die Sarcoptesmilbe des Pferdes, Weibchen 1/r,quot;'. Männ­chen '/m'quot; lang: sie bringt auf Menschen und Rinder übertragen, bei ersterem von selbst heilende Krätze, bei letzterem Räude her­vor, bei Hunden, Schweinen und Schafen haftet sie nicht. 2) Die Sarcoptesmilbe des Schweines, nur bei wilden Schweinen ist von
*) Die Sarcoptes lindet mau am sichersten, wenn man die tiefen Borken mit den Epidermistrümracrn auf den Arm des Menschen bindet. Bin­nen 12 Stunden gehen sie aus den Schuppen au!'den Arm, und graben sich an den Stollen, die mit Jenen Schuppen bedeckt sind, in die Haue ein. Xach Abnahme der Schuppen sieht man nun die Milben als weisse Pünktchen aut der etwas gerötheten Haut oder auf kleinen rothen Pa­peln. Mil einer Nadelspitze zerreisst man an den weissen Pünktchen das Oberhautblättchen und nimmt die Milben ab. Lässt man auf dem Knötchen erst eine Blase entstehen, dann findet mau die Milben selten noch. Sind nur einzelne Milben in den aufgebundenen Schuppen, so sieht man das rothe Stippchon oder Knötchen erst am folgenden Tage, und vor der Entstehung dieser Reaction ist die Milbe auf der Haut in der Regel nicht zu tinden: sind aber viele Milben in den Schuppen, dann kann man zuweilen schon einige Stunden nach dem Aufbinden Milben finden.
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nermatodectes.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;7.quot;)
gleicher Grosse wie die vorliergehende, sie ist auf Menschen über­tragbar. 3) Die Sarcoptesmilbe des Hundes, kleiner als die bis­her angeführten; es ist ungewiss, ob sie andere Thiere ansteckt 4) Die S. Milbe der Katze Weibchen Vuquot; Männchen '/ii'quot;- —• die Sarcoptes der Katzen kann erfolgreich auf Menschen, Pferde, Hunde übertrr.gen werden, die Eruptionen heilen von selbst, Rinder und Schafe blieben frei, ä I Die Bare. Milbe des Kauniiichens ist jener der Katze sehr ähnlich, aber kleiner, sie haftet auf anderen Thieren nicht. —
ß) Milben, die sich nicht eingraben.
a)nbsp; Dermatodectes (diqita, Haut, daxreiv beissen). Characteristik. Körper schildkrotenförmig, grosser als bei
allen anderen Käudemilben, Papillen auf dem Rücken fehlen, Kopf lang, der Rüssel kann perspectivartig eingezogen und vorgeschoben werden, nebenden in der Mitte liegenden runden Bohrwatfen liegt nach aussen an jeder Seite ein Wiederhäkcheu, in der Mitte der Länge nach auf jeder Seite ein heller Punkt (Augen?): 4 — 6 Tast­haare. Vorderbeine neben dem Kopfe, deren letztes Glied mit einer deutlichen Kralle endigt und eine Haftscheibe an einem lan­gen, geglk derten Stiele trägt. Hinterbeine am Rande des Körpers, jedoch mehr nach der Bauchseite zu, eingelenkt, die äusseren tra­gen beim Weibchen zwei lange, dicke Borsten, beim Männchen eine Haftscheibe, das innere Paar ist bei den Weibchen lang, dünn und mit Haftscheiben versehen, bei den Männchen rudimentär und ohne Haftscheiben. Das Männchen ist kürzer, als das Weibchen, und hat am Rande des Hintertbeils meist ins gelbe schillernd zwei gabelförmig hervorragende, mit starken Borsten versehene Ver­längerungen des Rückenschildes (Schwanzschuppen). Sie bleiben sehr lange in der Begattung und werden dabei häufig gefunden, leben auf der Haut, bohren ihren langen Rüssel durch die Oberhaut bis auf die Cutis, und nähren sich von dem Secrete der letztern. Durch ihre tiefen Stiche veranlassen sie lebhaften Schmerz, Jucken, reichliche Schuppenbildung und früher oder später Krusten. Sie ha­ben alle eine grosse Lebenszähigkeit, können daher wochenlang von den Wohnthieren getrennt fortleben, ja verschrumpft und scheinbar todt, werden sie nicht selten durch Anfeuchten und Erwärmen wieder belebt.
Species: Dermatodectei des Pferdes, des Rindes, des Schafes, der Ziege.
b)nbsp; nbsp; Symbiotes (crc^/S/wr^c: einer der in Gesellschaft lebt). Characteristik. In vielen Beziehungen dem Darmatodectes
ähnlich, unterscheiden sie sich doch folgendennassen: Kopf kürzer und nicht perspectivartig ausziehbar, ohne Rüssel, neben der Bohr-waife keine Wiederhäkchen. Die Endglieder der Vorderbeine mit kleinen Krallen und sehr grossen Haftscheiben an kurzen Stielen. Das Männchen hat an den rudimentären inneren Hinterbeinen auch
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Haftscheiben. Sie leben ebenfalls auf der Oberhaut und stets in Gesellschaft, so dass der durch sie bedingte Ausschlag local ist, die Milben sich also auch stellenweise in unzähligen Mengen an­häufen und aus den abgenommenen Käudeschnppen sich sehr bald herausbegeben. Sie leben von der Oberhaut, stechen bei ihrer Ernährung nicht bis tief in die Cutis, beiästigen dcsshalb weniger, und erzeugen nicht so schnell und so dicke Schuppenkrusten, als die Dermatodectes. Man findet sie gleichfalls häufig in der Begattung, ihre Lebenszähigkeit ist wie hei der vorigen Art, ihre Uebersie-delungsfähigkeit am geringsten.
Species: Symbiotes des Pferdes und des Rindes.
Dermatodectes wie Symbiotes findet man nicht unter, sondern stets auf der Haut und in den Schuppen, und stellt man damit behaftete Thiero in die Sonne, so kommen sie auf die Oberfläche hervor, ja bei reichlicher Bevölkerung sieht man Haare und Schup­pen lebendig werden. Bei den Sarcoptes sieht man dies nie, denn wenn dieselben auch munterer werden und wandern, so verlassen sie doch nie die Hautfläche, auch findet man sie so im todten Thiere. Und wenn alle Sarcoptes der Hausthiere sich in die Oberhaut des Menschen eingraben, wenn sie mit Schuppen auf dieselbe gebracht werden, so thun die beiden letzteren Gattungen dies nie, denn bohren sie auch die Haut an, sangen sie sich auch voll, so ver­laufen sie sich in der Regel doch bald.
An eine fortdauernde Urzeugung ist nicht zu glauben, was auch ganz unnöthig, da die geschlechtliche Zeugung bei allen Arten nachzuweisen ist. Man findet beide Geschlechter, die Weibchen in bedeutenderer Anzahl. Die äusseren Geschleehtstheile sind bei allen Arten zwei Cylinder, die am hinteren Rande des Körpers hervortreten, und von denen die grösseren die des Männchens, die kleineren die des Weibchens in sieb aufnehmen. Die Zeit der Trächtigkeit erstreckt sich auf einige Tage.
Der Hinterleib ist dabei 'angeschwollen und der Eiersack scheint unter dem Mikroskope erkennbar durch die langsamen, trägen Bewegungen der hochtragenden Weibchen die aber mit blossem Auge zu erkennen sind. Die Länge der Eier erreicht wohl den ö. — 4. Theil der Körperlänge und darüber, sie wachsen während der Legezeit unglaublich schnell, und mit vielleicht ein­zelnen kurzen Unterbrechungen werden täglich mindestens zwei Eier ausgebildet und gelegt. Die Sarcoptes legen sie, wie erwähnt, in Gänge der Oberhaut, die übrigen aber löthen sie auf die Ober­haut und an die Haarstämme, die Anzahl derselben scheint nicht unter 10, bei den Sarcoptes sogar über 20 zu betragen. Mit der Beendigung des Eierlegens scheint auch das Lebensziel der Weib­chen erreicht zu sein. Die Eier werden aber durch die thierische Wärme ausgebrütet, ihre Keimfähigkeit behalten sie wochenlang, sie können wenn sie von ihrem naturgemässen Orte abgenommen worden sind, auch künstlich ausgebrütet werden. Di'3 Brütezeit dauert 3 — 4 Tage.
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Symbiotes.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;75
Die aus den Eiern geschlüpften Jungen haben einen verhält-nissmässig starken Kopf und dicke Vorderbeine, von den Hinter­beinen ist nur das äusserc Paar vorbanden, das innen' vierte Paar bildet sich binnen einigen Tagen ans. Die weitere Entwicklung bis zur Geschlechtsreife dauert wieder nur einige Tage, doch sind bis dahin die Geschlechtstheile äusserlich nicht immer sichtbar. —
Die Erkrankung der Haut resp. das starke Jucken der Thiere wird durch einen scharfen Saft vermittelt, den die Milben beim An-und Durchbohren der Oberhaut förmlich einimpfen. Mit dem Wach­sen der Bevölkerung nehmen auch die giftigen Milbenstidic zu. und bedingen dadurch einen oberflächlichen entzündlichen Zustand mit gesteigerter Secretion, wodurch sich endlich Schuppenkrusten von verschiedener Stärke bilden, welche nun den Milben die geeig­nete Stätte zum behaglichen Fortleben gewähren.
Neben der fortlaufenden Beunruhigung der Thiere durch die Milben werden diese Produkte aber die Hauptursache des Unter­ganges der Leidenden an Abzehrung, oder auch au discrasischen Krankheiten.
Die Dermacodectes findet man schon in den oberen Schuppen, zumal, wenn das Thier vorher erhitzt oder in die Sonne gestellt worden ist, die Sarcoptes hingegen wie schon erwähnt, nur in der untern Schichte mit den Epidermistriimmern.
Die Behandlung der Krätze besteht entweder in Entfernung der Milben auf mechanische Weise durch Reiben mit Ziegelmehl, scharfen Strohwischen, oder in Tödtung derselben durch Terpen­tinöl, stinkendes Hirschhornöl, Theer etc., oder durch Hervorrufen einer intensiven Entzündung der Haut und darauf folgender Exsu­dation z. ß. durch spanische Fliegen. Man kann auch diese ver­schiedenen Methoden mit einander verbinden. Pur gute, kräftige Kost, Reinhaltung der Haut und der Ställe muss Sorge getragen werden.
Tritt die Krankheit in einer Heerde auf, so ist eine Trennung der Gesunden von den Kranken vorzunehmen; das eigentliche Heil­verfahren ist bei den verschiedenen Thiergattungen etwas ver­schieden.
Bei Pferden und Rindern sind Waschungen mit scharfer Lauge (1 Theil Aezkali auf 50 Th. Wasser), mit cone. Seliwefel-leberlösung, mit verdünnter Schwefelsäure (1 Th. conc. Säure auf 24 Th. Wasser), mit Tabakabkochung, mit gleichzeitigen starken Frottirungen der Haut, oder Einreibungen mit Schmierseife, einige Male des Tages, ohne den Körper abzuwaschen, mit Quecksilber­salbe, mit stinkenden Hirschhorn-, Terpentin-, Steinöl, mit Schwe­fel -, Creosotsalbe {1 Th. auf 20 Th. Fett), in veralteten und sehr hartnäckigen Fällen mit Cantharidensalbe vorzunehmen, wobei nicht allein die erkrankte, sondern auch die benachbarte Haut einzureiben ist. Bei Pferdekrätze wendet Roll folgendes Liniment an: Holz-theer, Schwefelblumen aa. '/s Pfund, Schmierseife, Weingeist aa 1 Pfund, jeden andern Tag mit einer Bürste einzureiben. Bei em-
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76nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Lehre von den Krankheitsursachen.
pfindlicher Haut wird lli Pfund gepulverte Kreide zugesetzt. Vor der ersten Einreibung müssen die Thiere mit Seife gereinigt, und die Krusten durch Oel erweicht und entfernt werden.
Bei Schafen ist die Schmierkur bei ganzen Heerden wie dies oft der Fall ist, nicht gut ausführbar; deswegen sind die Bade­
kuren selbst im Winter angezeigt. Diese Bäder bestehen nach Walz aus: 4Th. ungelöschten Kalks mit Wasser zu einem Breie gelöscht, 5 Th. Pottasche, oder fiO Th. Buchenasche, das ganze mit Rinder­haaren in einen Brei verwandelt, worauf man 6 Th. stinkendes Hirschhornöl und 3 Th. Theer beimischt, und das ganze mit 200 Th. Rinderhaaren und 800 Th. Wasser gut umrührt und als Bad verwendet. Die Schafe werden nun eines nach dem andern in eine mit dieser Flüssigkeit gefüllte Wanne mit dem Rücken nach ab­wärts eingetaucht, wobei aber der Kopf von der Flüssigkeit frei bleiben muss, und so lange darin gehalten, bis Wolle und Haut gänzlich durchnässt sind: hierauf wird das Thier in eine leere Wanne auf die Füsse gestellt, die Wolle ausgedrückt und die Bade­flüssigkeit noch mit einer Bürste eingerieben; die ablaufende Flüs­sigkeit kann dem Bade wieder zugesetzt werden. Die gebadeten Schafe werden bei trockenwarmer Witterung an einen sonnigen Platz, bei ungünstigem Wetter, falls man nicht vorzieht, die ganze Behandlung aufzuschieben, in einen warmen mit trockener Streu versehenen Stall gebracht. Dieses Verfahren wird von 8 zu 8 Tagen so lange wiederholt, bis das Jucken ganz aufgehört hat.
Bei Hunden und Katzen werden Laugenwaschungen, Ein­reibungen mit grüner Seife, Schwefel - und Schwefellebersalbe mit ,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Theer und stinkendem Hirschhornöl gegen die Krätze angewendet.
Bei Schweinen Laugenbäder, in hartnäckigen Fällen Einreibungen mit Creosotsalbe.
d) Insecten.
Von den Insecten haben wir hier nur jene zur erwähnen, die entweder nur während einer gewissen Entwicklungsperiode im Innern oder stets auf der Oberfläche des Thierorganismus sich auf­halten und von dessen Säften, Epidermis und Haaren leben.
Hieher gehören von den Zweiflüglern (Diptera) die Familie der bremsenartigen Fliegen (Bremsen) und zwar: Die Magenbremse, Bremsfliege und die Bcssfliege.
a) Magenbremse (Gastrus).
Der Kopf etwas zusammengedrückt, mit breiter Stirne: auf dem Scheitel drei Punktaugen; Mund geschlossen ohne vorragen­den Rüssel; Fühler in einer kleinen Vertiefung vor dem Kopfe, dreigliedrig; die beiden ersten Glieder klein, das dritte zusammen­gedrückt, eirund, auf dem Rücken mit nakter Borste. Leib haarig, Hinterleib vierringelig, eirund; Schüppchen doppelt, klein, daher die Schwingen unbedeckt. Flügel an der Spitze ohne
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Bremsen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;77
Querader. Species: 1) Die Pferdebremse [G. equi) hat gefleckte Flügel mit verbundeuen Queraderu. 2) Die Mastdarmbremse (G. haemmorrhoidalis) durchscheinende Flügel mit abstehenden Quer­adern. 3) Die heilsame Bremse (G. salutaris) durchscheinende Flü­gel und verbundene Queradern. 4) Die Nasenbremse (G. nasalis), durchsichtige Flügel mit verbundeneu Queraderu. Die ersten zwei Arten machen ein summendes Geräusch, die letzteren verhalten sich ruhig und summen nicht.
Vom Juni bis September legt das befruchtete Weibchen seine Eier (bei (5 bis 700) auf die Haare der Weidepferde und klebt selbe mittelst eines mit dem Eie aus dem Körper des Insektes gleichzeitig ausgeschiedenen Saftes so fest, dass sie nur gewaltsam entfernt werden können, und zwar soll die Pferdebremse ihre gelben, kegelförmigen, mit zarten Ringen versehenen Eier vorzüglich an die Vorderknie, an die hintere Fläche des Schienbeins, an die Köthe, Schulter, den Hals, Bauch, Rücken, an die Haare der Mähne legen, eben dahin und zwar zwischen denen der Pferdebremse klebt die heilsame Bremse ihre mehr gelblichen und länglichen Eier.
Die Mastdarmbremse setzt ihre schwarzen oder dunkelbraunen mit einem Stiele versehenen Eier eben so wenig in den Mastdarm, wie die Nasenbremse die ihrigen in die Nase der Thiere, sondern beide auf die Körperoberfläche des Pferdes. Nach einiger Zeit platzt das Ei und die längliche, sehr lebhaft bewegliche mit Hacken am Kopfe versehene Larve, kriecht aus, und gelangt durch das Ableken der Häute, wozu die Thiere durch das heftige Jucken, welches die Larve hervorbringt, veraulasst werden, in das Maul, von da in den Schlund, woselbst sich auch schon viele anheften, die meisten aber kommen, begünstigt im Fortschreiten durch das Verschlingen des Futters in den Magen des Pferdes. Hier wachsen sie schnell, mit 2 Monaten haben sie ihre vollkommene Reife er­langt, — lösen sich endlich von den Magenwandungen ganz los, kommen in den Darmkanal und mit den Fäkalstoft'en nach Aussen.
Die Mastdarmbremse hackt sich au der Afteröffnung sehr fest ein, und verweilt daselbst Stunden, ja Tage lang. Die Larve der eigentlichen Pferdebremse ist die grösste und am zahlreichsten vorhanden, sie sitzt einzeln oder in Gruppen am Schlundtheile des Magens und an dem gefalteten Saume, der diesen Abschnitt von dem Ptörtnertheil trennt, nur selten im Pförtnertheile selbst.
Die Larven der Mastdarmbremse sind kleiner, dünner als die vorhergehenden, sie sind anfangs weiss, hinten mit einem rotben Punkte versehen; dann werden sie hochroth, und vollkommen aus­gewachsen erscheinen sie gelblich; beim Durchgange durch den Darmtrakt werden sie grünlich.
Die Larven der heilsamen Nasenbremse sind durch ihren Auf­enthalt schon kenntlich, denn sie haften immer in der Nähe der Pförtner mündung oder im Duodenum selbst, Ihre Farbe stimmt mit der der Mastdarmlarve ziemlich Uberein.
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78nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Lehre von den Krankheitsursachen.
Die Bremse kann nur im Pferdemageu, uie aussei1 demselben ihre voile Entwicklmtg erlangen; die Bremsenlarven, wo sie sich im Miste verpuppen, veranlassen keine wahrnehmbaren Krankheits-erseheinungen und sind dem Werde auch nicht nachtheilig.
JSie dringen in den meisten Fällen nur durch die Schleimhaut des Darmes bis an die Muskelhaut, wo sich ein kleines Grübchen iindet, nur Seiten kommen sie auf die seröse Haut: dass sie aber auch diese durchbohren, in die Bauchhöhle gelangen, und sich an die äusserc Wand des Darmes anhacken, Koliken und Entkrättung bewirken, ist zwar sehr selten, aber von Roll auch schon gesehen worden.
Wenn die reifen Larven von den Magenwänden loslassen, ziehen sieh die Ränder der durch das Auseinanderdrängen des Gewe­bes verursachten Wunde zusammen, und es bleibt eine seichte Vertie­fung der Scldeimhaut zurück, die sich nach und nach ausgleicht. Es wurde auch beobachtet, dass an Stellen, wo Bremsenlarven ge­sessen, besonders am Zwölffingerdärme und dem Pfürtnertheile des Magens, Substanzverluste entstanden sind, die mit den, nach dem Gebrauche von Brechweinsteiu entstandenen Geschwürchen Aehn-lichkeit hatten (Roll). Her twig erzählt, dass in Folge derDurch-nagung kleiner Zweigchen der Kranzarterie des Magens durch diese Larven, eine mit dem Tode endende Blutung in die Magenhöhle eines Pferdes eintrat. Ebenso werden durch das Anheften der Bremsenlar­ven an der Schleimhaut des Einganges zum Kehlkopfe bisweilen Er­stickungsaufälle, die mit dem Heranwachsen der Larven sich stei­gern und endlich zum Tode tühren können, verursacht. Die Larven der Mastdarmbremse können, sobald sie sich bei ihrem Abgange an den After anhängen, dem Pferde grosse Unruhe, und durch das heftige Drängen Mastdarmvorfall verursachen.
Man hat zur Abtreibung der Bremsenlarven die eingreifend­sten Mittel, aber immer erfolglos, angewendet. Versuche mit Brem­senlarven, die in Lösungen der heftigsten mineralischen und vege­tabilischen Gifte, empyreumatischem Oele beigebracht wurden, stell­ten ihre ausserordentliche Lebenszähigkeit aussei- allen Zweifel, nur in conccntrirten Säuren, in unathembaren Gasen (Chlor-und Schwe-felwasserstolfgas) Aetzammoniak gingen sie schnell zu Grrunde.
Es bleibt daher am gerathensten, die Pferde wo möglich nicht auf die Weide zu schicken, oder wenn sie längere Zeit im Freien sich aufhalten, ihre Haut bestens zu reinigen, und wo die Vermu-thung nahe liegt, dass sie diese Schmarotzer in ihrem Innern be­herbergen, reiche man ihnen gutes nahrhaftes Futter und oft schlei­mige, einhüllende Mittel, um die Magen- und Darmwände vor all zu heftiger durch sie bedingte Reizung zu schützen.
b) Die Beissfiiege. Dasselfliege (Oestrus).
Ch ar act er i s t ik. Der halbkugelige etwas zusammeagedrückte Kopf trägt Netzaugen, die durch die beim Männchen schmälere Stirn getreunt sind, auf dem Scheitel drei Punkte. — Die kurzen Fühler jeder in einer kleinen Höhle vor der Stirne eingesetzt, drei-
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Bremsen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 79
gliederig, — das 3. Glied mit einer nackten Borste entweder aus der Spitze oder an der Wurzel des Rückens. Mund geschlossen, kein Rüssel sichtbar. Leib gewöhnlich haarig, Hinterleib vier - oder ftinf-ringelig, Schwingen durch ein grosses Doppelschüppchen bedeckt, Flügel lanzettförmig, feinhaarig, die vierte Längsader an der Spitze winkelig gebogen; zwischen der 4. und 5. Längsader noch eine Quer­ader.
Hieher gehören:
1)nbsp; Die Rindviehbremse (Oest. bovis.). Diese Fliege schwärmt im Sommer (vom Juni bis September) und legt ihre Eier auf die Haut des Rindes, mitunter auch des Schafes, der Hirsche, in selte­nen Fällen auf Pferde. Die Larven schlüpfen nun aus und bohren sich instinctmässig durch die Haut, um sich in dem lockern subcu-tanen Bindegewebe festzusetzen. Hier unterhalten sie eine chroni­sche Entzündung und Eiterung, und indem sie, von dem abgeson­derten Eiter sich ernährend, allmälig sich entwickeln, treten die von ihnen besetzten Stellen beulenartig hervor (Dasselbeulen). Mit der Ausbildung der (im gewöhnlichen Leben auch wohl „Enger­linge'' genannten) Larven werden auch diese Beulen in entspre­chendem Verhältnisse grosser und erreichen bis zum Frühjahre wohl den Umfang eines Taubeueies. Zu dieser Zeit verlässt nun die Larve ihren Wohnsitz, um sich durch Verpuppen zur Fliege zu ent­wickeln. Das entstandene Geschwür heilt in einigen Tagen, doch sollen sich die Ränder nur locker mit einander verbinden, gleich­sam nur verkleben und eben dadurch dem Leder schaden. Ge­wöhnlich sind die durch die Larven veranlassten sogenannten Das­selbeulen nur von untergeordneter Bedeutung und werden von Uem Landmann auch kaum beachtet. In zu grosser Anzahl vorhanden, beunruhigen sie jedoch das Thier und können selbst durch die lange andauernde Eiterung einige Störungen in der Ernährung bedingen. Mehr Nachtheil stiften sie dadurch, dass dergleichen Häute wegen der vielen Verletzungen in denselben für den Gerber weniger Werth haben.
Im Uebrigen ist ihre Entfernung leicht durch Erweiterung der üeffhung und Herausdrücken der Larven zu bewirken; ebenso wer­den die Larven durch einige Tropfen Terpentinöl, welche mau auf die Oeffnuug träufelt, zum Absterben gebracht, worauf sie dann der Verwesung erliegen und als fremde Stoffe durch den Eiterungspro-cess ausgeschieden werden.
2)nbsp; nbsp;Die Schaf bremse, Nasenbremse oder Stirngrübler (Oest. ovis). Sie schwärmt von der Mitte Mai bis in den Spätherbst und legt ihre Eier in die Nähe der Nasenöffnungen und der Lippen der Schafe. Schon durch die Annäherung des Insektes an diese Theile werden die Schafe sehr unruhig, reiben die Nase gegen die Erde und stampfen mit den Füssen. Durch diese Unruhe kann auch die Bremse nur wenig Eier einem Schafe beibringen, obzwar sie sich zahlreich genug bei einem Individuum vorlinden können.
So bald die Larve aus einem Eie ausgeschlüpft ist, kriecht
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Lehre von den Kranklieitsuvsachen.
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sie durcli die Nasen- in die Stirnhöhle in die Siebbeinszellen, die Höhle der Hornzapten und in die Higmorshöhlen, wo sie sich mit­telst ihrer hornigen Kopt'hacken halten und von den sich daselbst befindenden Säften nähren, daher auch der Name Nasenbremse. Die Larven sind anfangs durchscheinend und mit Ausnahme der beiden kleinen, hornigen, schwarzen Platten am Afterrande voll­kommen weiss, von länglicher, später eiförmiger Gestalt.
3) Die Pferdelaustliege (Hippobosca equina), welche auf Pfer­den und Rindern lebt und bei ersteren sich besonders am Hinter-theile festsetzt, und die Schatiausfliege (Hippobosca ovina s. Melo-phagus ovinus), welche sich mitunter zahlreich zwischen der Wolle der Schafe, besonders der Lämmer, einfindet, gehören zu den Blut­saugern und verursachen den Thieren mehr oder weniger Beschwer­den. Beim Pferde und Rinde, bei welchen sie nur einzeln vorzu­kommen pflegen (das erstere aber durch ihr Laufen und Kitzeln sehr beunruhigen), werden sie am einfachsten sofort getödtet. Bei Lämmern kann man sich zu ihrer Vertreibung eines gegen die Läuse empfohlenen Mittels (Abkochung von Tabak mit Zusatz von Terpentinöl und stinkendem Thieröl), womit die Thiere vor dem Austreiben besprengt werden, bedienen.
Die Larven dieser Bremse sind es auch, die bei den Schafen jenen Symptomencomplex hervorrufen, den man mit dem Namen der Oestruslarvenkrankheit, Bremsenschwindel oder Schleuderkrankheit bezeichnet.
Die Erscheinungen dieses krankhatten Zustandes sind nach der Menge der vorhandenen Larven verschieden und bestehen an­fangs nur in vermehrter Schleimsecretion, öfter taumeln die Thiere (daher Bremsenschwindel) und schleudern dann schnell unter Niesen und etwas Schleimauswurf, wobei auch einzelne Larven gleichzeitig entleert werden, den Kopf von einer Seite zur andern (daher Schleuder­krankheit). In höheren Graden, wenn viele der Larven in die Stirn, die Higmorshöhlen und Hornzapten gelangen, kann durch die hef­tige und anhaltende Reizung, Entzündung und Schwellung der Kopf­höhlen, wodurch die Ausgänge derselben für die Passage der Lar­ven unwegsam sind, Blutüberfüllung im Gehirn eintreten, in Folge dessen die Thiere bedeutende Eingenommenheit des Kopefs zeigen, hin- und hertaumeln (der Drehkrankheit ähnlich), auflallend abma­gern und dann nicht selten, unter grossen Schmerzen, Zähneknir-schen, stark gerötheten triefenden Augen etc., überhaupt unter Er­scheinungen von Hiruentzündung sterben.
Die Autopsie zeigt in den bezeichneten Höhlen lebendige und todte, mit Schleim umhüllte Larven, Auflockerung, Röthe, oft viel­fache Zerstörung der Schleimhaut, nicht selten auch Hyperämie der Hirnhäute.
Die Prognose hängt wesentlich von der Zahl der in den Kopf­höhlen befindlichen Larven ab, und ist günstig, wenn wenige vor­handen sind, zweifelhaft oder gar lethal, wenn diese Schmarotzer
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Bremsen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 81
in grösserer Anzahl diese Höhlen ausfüllen und ihre Schleimhaut mehr weniger zerstören.
Behandlung. Man halte die Schafheerden so viel als mög­lich in den Monaten Juli und August, vorzüglich während der Mit­tagstunden von Wald- und Busch weiden entfernt. Auch wurde Ein­reiben der Nase und ihrer Umgebung mit wurmwidrigen Mitteln (stin­kendem Thieröl oder Theer) vor dem Austreiben auf die Weide empfohlen, um dadurch die Fliegen abzuhalten, allein dieses Ver­fahren ist wegen des baldigen Abwischens der Mittel beim Weiden sehr unsicher. Die eigentliche Behandlung bezweckt die Entfer­nung der Larven aus den Kopfhöhlen. Im Anfange des üebels bedient man sich zu diesem Zwecke der sogenannten Niesmittel wie Schnupftabak, Eberwurzel, Nieswurzel, Majoran, von weichen man den Thieren täglich einigemale eine kleine Quantität in die Nase bringt, oder man streut diese Mittel in die Krippe anifs Futter; auch Einspritzungen einer Autiüsung von Hirschhornöl oder Salz in Wasser (1 Loth auf ein halb Pfd.) von Kalkwasser in die Nase sind nützlich.
Durch ein solches Verfahren werden jedoch in der Kegel nur die in den Nasenlöchern befindlichen Larven entleert. Zur Beseiti­gung der in den Stirnhöhlen sitzenden hat man die Trepanation dieser Höhlen, so wie auch das Absägen der Hörner nahe am Stirn­bein empfohlen. Man lässt die Oetfnungen unbedeckt, damit die Larven der Luft ausgesetzt bleiben; zur schnellen Tödtung dersel­ben hat man auch noch das Hineiatröpfeln von lauem Wasser oder mit einein schleimigen Mittel verdünntem Dippelschen Oele gerühmt.
Ueber den Aufenthaltsort der aus den Eiern sich entwickeln­den Larven und Puppen weiss man noch wenig.
Man zählt hierher die Rüssel- und Schleimbremsen, die Vieh-, Blind- und Bandbremsen und endlich die Kolumbaezer Mücke. Diese letztere hält sich in grossen Schwärmen in den Höhlen bei Kolumbacz (in der Nähe der Karpathen) auf und über­fällt die Weidethiere, insbesondere Rinder, Schafe, Pferde in un­geheuren Massen; sie kriechen in alle natürlichen Oetfnungen und dringen, besonders durch die Nase in die Luftröhre, bis in die fein­sten Bronchien, wohin sie durch das in Folge der Beängstigung der Thiere stattfindende gewaltsame Athmen mit der eingeathmeten Luft gelangen und tödten so die Thiere durch Erstickung. Bei ihren Stichen soll auch ein scharfer Saft in die gemachten Wunden ein­dringen und Entzündung, schmerzhafte Geschwülste und consecutiv mehr oder weniger heftiges Wundfieber herbeiführen.
In den am meisten bedrohten Gegenden Ungarns soll man zur Vorbeugung gegen diese schädlichen Insecten im Frühjahr an manchen Orten fortwährend Rauchwolken unterhalten, damit die Thiere beim Herannahen von Mückenschwärmen unter denselben Schutz finden.
In Schwärmen kommen sie jedoch vorzugsweise nur in den, den Karpathen benachbarten Ländern vor, gelangen überhaupt Kraus, Path. u. Tberap. der Haussaugethiere,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;6
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nur selten nach Deutsehland. Im Jahre 1830 wurden sie auch in Oesterreich und in Mähren längs der March nach einer be­deutenden Ueberschwemmung gesehen. Ob die nach nassen Jahren hin und wieder in der Mark Brandenburg beobachteten und unter dem Namen „Kankerquot; gefürchteten Insecten mit der Kolumbaczer Mücke identisch sind, oder eine Abart derselben dar­stellen, ist noch nicht festgestellt. Dasselbe gilt von der bei Weide­pferden in den Ohren sich festsetzenden Fliege, in Folge deren Stiche die Haut später mit weissen Fleckchen besetzt erscheint.
Von den flügellosen Insecten (Aptera) schmarotzen nachste­hende auf unseren Haussäugethieren: 1) der Hunde-, Ziegen-, Rinds-, Pferde-, Schaf- und Katzenharling, welche sich von den Haaren und Epidermisschuppen der ihren Namen zukommenden Thiere nähren.
2) Die Läuse. Die Thierlaus oder Biuttrinker mit den Arten: Hunde-, Rinder-, Kälber-, Pferde-, Esels-, Schweins- und Zie­genlaus.
Diese Schmarotzer Harliuge und Läuse kommen bei kränk­lichen, schlecht genährten Hausthieren in grosser Menge vor und zwar sind sie insbesondere auf dem Rücken, der Schwanzwurzel, dem Halse, dem Grund der Mähne (bei Pferden), Nacken und auf dem Grund der Hörner (bei Rindern) zu finden. Sie bewirken ein stetes Reiben, wodurch Wolle und Haar abgerieben und ein pustu-löser Ausschlag bewirkt wird.
Bei der Vertreibung der Läuse ist grosse Reinlichkeit der Haut zu beachten und auf öftere Erneuerung des Lagerstrohes zu halten. Durch Striegeln und Bürsten lässt sich schon eine grosse Anzahl von Läusen entfernen, und ist namentlich bei Rindvieh sol­ches sofort einzuführen; doch nehme man dasselbe, wenn thunlich, ganz im Freien vor, oder wenigstens kurz vor dem Ausmisten der Stallungen, damit das Wiederankriechen der abgestriegelten Läuse vermieden werde.
Eines der vorzüglichsten Mittel gegen die Läuse ist beim Pferde und Rinde die graue Quecksilbersalbe, an einzelnen Stellen auf die Haut gestrichen und in die Haare gerieben: man kann ihre Wirkung durch Zusatz von stinkendem Thieröl verstärken. Bei Hunden, wo die Quecksilbersalbe überhaupt nur beschränkte An­wendung finden kann, bei Schosshunden ganz ausfällt, bedient man sich des Anisöls, in die Haare gestrichen, oder des persischen In-sectenpulvers, als Aufstreupulver auf die zuvor mit Wasser benetzte Haut und Haare, damit es besser haftet, oder man bedient sich der Tinctur davon.
Die Anwendung einer Abkochung von Tabak (der man bei eingewurzeltem Uebel noch etwas Sublimat zuzusetzen pflegt) oder Nieswurz oder Petersiliensamen ist weniger räthlich, da diese leicht von den Thicren abgeleckt und üble Zufälle veranlassen könnte. Empfehlenswerth sind Einreibungen mit Fischthran oder einer Mi­schung aus Leinöl und Weingeist, mit Aschenlauge, oder feiner
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Concremente und Contagien.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 83
Buchenasche, mittels einer Bürste einzureiben. Haubner räth die trockene Einreibung eines aus je einem Theile Sabadillsamen, Stephanskörner und weisser Niesswurzel und aus zwei Theilen Anissamen bereiteten Pulvers in die Haut, was stets nach zwei bis drei Tagen reparirt werden muss, um auch die aus den Eiern her­vorgekommene Brut zu vernichten. In neuerer Zeit wird zu diesem Zwecke auch das Petroleum gerühmt.
3) Hundefloh, ist auf der Katze und dem Hunde zu finden.
sect;. 26. Concftmente und Steine sind bei den Thieren häufig genug und geben als mechanische Schädlichkeiten zu den verschie­denartigsten Störungen Anlass. Sie sind Niederschläge, welche ent­weder aus Flüssigkeiten, oder aus sich auflösenden Geweben frei werden. Die meisten der Concremente haben eine organische Grundlage, einen Kern, welcher gleichsam als Ansatzpunkt für die concentrisch um ihn herum erfolgenden Ablagerungen dient. Es sind vorzüglich Alcalieu und alcalische Erden mit Kohlen-, Phos­phor-, Harn- und Oxalsäuren. Auch Fette werden krystallinisch ausgeschieden und niedergeschlagen.
Wir werden bei den Krankheiten der einzelnen Organe die zugehörige Concrementbildung anführen.
sect;. 27. Zu den äusseren krankmachenden Potenzen zählt man auch die Contagien und Miasmen.
Unter Contagien versteht man bestimmte Stoffe, bestimmte Secrete des kranken Körpers, welche ausschliesslieh oder vorzüg­lich die Fähigkeit besitzen, in einem gesunden Körper denselben Krankheitsprocess zu erregen. Manche Contagien sind im Eiter wie z. B. bei den Pocken, andere in den Excrementen wie bei der Ruhr, im Speichel, im Blutschleime, in der Hautausdünstung und in der ausgeathmeten Luft etc. enthalten.
Es ist aber bis jetzt nicht gelungen, das Contagium selbst isolirt darzustellen.
Solche, von kranken Tliieren herstammende Stoffe, an welche das Contagium gebunden scheint, nennt man Träger, Leiter des Con-tagiums und man unterscheidet gute und schlechte Leiter, je nach­dem der Ansteckungsstoff leicht, schwer, oder gar nicht haftet; zu den guten gehören Körper mit rauher Oberfläche wie z. B. Wolle, Haare; zu den schlechten, Stoffe mit dichter glatter Oberfläche (Metalle, Glas, Harze, Firnisse, Fette etc.).
Manche Contagien erhalten durch lange Zeit die Fähigkeit anzustecken, wie das Pocken-, Milzbrand- uud Hundswuthcontagium, andere bleiben selbst wirksam, nachdem ihre Träger der Fäulniss anheimgefallen sind, wie das Rinderpestcontagium, auch gibt es solche, die selbst chemischen Agentien trotzen, wie die Ansteckungs-iähigkeit gegerbter von authraxkranken Thieren herrührende Häute sattsam beweisen,
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Jedocli verliert die grosse Anzahl der Contagien schon dadurch ihre Fortzeugungsfähigkeit, wenn sie der Einwirkung der atmosphä­rischen Luft, gewissen Feuchtigkeits- und Temperaturgraden aus­gesetzt werden.
Man hat die Contagien auch in freie und flüchtige eingetheilt; erstere stellte man sich als an ein sinnlich wahrnehmbares Vehikel gebunden vor, andere wirken nur in nächster Nähe, und können nur durch eine unmittelbare üebertragung Ansteckung bewirken. Die flüchtigen verbreiten sich durch Vertheiluug in der Luft, und afficiren auf grosse Entfernungen hin.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;quot;
Bei der Mehrzahl der Infections- oder contagiösen Krankhei­ten d. h. jener, die ein Contagium ausscheiden geschieht die In­fection entweder durch unmittelbare Berührung oder durch die atmosphärische Luft; so entschieden sich auch bei einzelnen Con­tagien wie z. B. bei den Pocken die Üebertragung durch die Impfung vermitteln lässt, so ist andererseits auch bei diesen Affectionen die Möglichkeit der Üebertragung durch unmittelbare Berührung nicht immer nachzuweisen. Die Flüchtigkeit des (Joutagi-ums aber weist uns in eine unbestimmte unbekannte Region, ver­wischt den Begriö des C'ontagiums: sobald die Austeckungsstoffe durch die Athmosphäre fortgetragen werden, entgeht uns die Möglichkeit der Berechnung und das fuhrt uns zur Annahme miasmatisch-con-tagiöser Krankheiten: Hundswuth, Maulweh, Anthrax etc., die eben­so durch Berührung als durch die Athmosphäre verbreitet werden.
Wenn es auch nicht immer möglich ist, den Beweis zu' liefern, dass eine bestimmte Krankheit ansteckend sei, so die­nen doch bei Kiuderpest, Pocken, Kotz, die Impfung, ferner die Erfahrung, dass Thiere von einer gewissen Krankheit (Rinderpest) nur dann ergriflen werden und selbe weiter fortpflanzen, wenn sie mit einem an derselben leidenden Thiere oder den Trägern des (Joutagiums in nahe Berührung kamen, so wie endlich die gün­stigen Erfolge von Absperrungs (Qaarantain) - Maassregeln als nicht leicht umzustossende Kriterien der Forterzeugung gewisser Krankheiten durch Ansteckung.
Zu diesen muss auch die Art der Verbreitung der Krankheit als richtiger Beweis zur Beurtheilung ihrer Contagiosität gezählt werden, insofern sich ihre Weiterverbreitung und Fortsetzung nach Strasseuzügen, von Märkten aus, von Hof zu Hof constatiren lässt, und dass das mit kranken in Berührung gewesene Vieh zuerst er­griffen wurde.
Die Contagiosität mancher Krankheiten steigert sich zuweilen ohne bekannte Ursache derart, dass sie eine seuchenartige Verbrei­tung erlangt und es ist nicht wegzuleugnen, dass sowohl bei seu­chenartig herrschenden, contagiösen als miasmatischen Krankheiten im Beginne die einzelnen Krankheitsfälle mit grosser Heftigkeit auftreten, während die Ansteckungsfähigkeit regelmässig erst gegen die Mitte der Seuche ihre grösste Höhe erreicht und von da wieder abnimmt.
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Miasmen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 85
Manche Contagien üben ihre contagiöse Kraft nnr auf Thiere einer und derselben Gattung, wie z. B. jenes der Schafpocke nur auf Schafe übertragbar ist: einige vermögen aber auch andere Thiergattungen zu inficiren und bei ihnen die ganz gleiche oder eine modificirte Krankheit hervorzurufen, die aber nicht immer die Eigenschaft behält, sich contaidös fortznzeugeu^ hierher gehört beispielsweise das Milzbrand-, Hnndswuth- und Rinderpestcontagium, welches letztere neueren Beobachtungen zu Folge auch bei Schafen und Ziegen eine der Rinderpest ähnliche Krankheit zu veranlassen vermag.
Manche Thiere widerstehen der Einwirkung eines Contagiums durch längere Zeit; sie können aber ganz wohl bei einem späteren Auftreten derselben Krankheit angesteckt werden. Für einzelne Contagien ist die Empfänglichkeit eine allgemeinere und ver-breitetere als für andere; ist eine contagiöse Krankheit überstanden, so ist das Individuum vor dem Ergriffenwerden durch eine andere nicht gesichert.
Der Moment der geschehenen Ansteckung gibt sich bei den Hausthieren nicht zu erkennen, von da an bis zu dem Auf­treten bestimmter Krankheitssymptome verläuft ein verschieden lan­ger Zeitraum, welchen man die Incubationsperiode — Sta­dium der Latenz — nennt. Sie dauert z. B. mehrere Tage bei der Rinderpest, den Schatpocken, mehrere Wochen und darüber bei der Hundswuth, während welcher Zeit das Thier noch vollkommen gesund erscheint. Die ersten Krankheitserscheinungen zeigen sich entweder örtlich an jener Stelle, von welcher das Contagium auf­genommen wurde bei geimpften Krankheiten, oder es treten gleich im Beginne der Krankheit die Merkmale eines Allgemeinleidens auf, wie beim Milzbrand, Typhus, Rinderpest.
sect;. 28. Unter Miasma verstehen wir Verunreinigungen der Luft, welche durch Etffuvien des Bodenlaquo; durch die Zersetzungspro-dukte von faulenden thierischen und vegetabilischen Substanzen (Malariaquot;) oder durch die Exhalationen von Kranken erzeugt werden.
Das Miasma scheint nur durch die Luftwege aufgenommen und sofort den Organismen einverleibt zu werden.
Krankheiten, die durch Einwirkung von Miasmen entstehen, heisst man miasmatische.
Zuweilen entwickeln sich unter dem Einflüsse eines Miasma verschiedene Krankheitsprocesse, die längere Zeit neben einander in einer und derselben Localität bestehen z. B. Ruhr, Typhus, Bron-chialcatarrhe u. s. w., bis endlich eine oder die andere Krankheits­form zur vorherrschenden wird, wo dann alle mehr weniger den Character jener annehmen. Jedoch ist bei den miasmatischen Krank­heiten der Nachweis ihrer Contagiosität oft äusserst schwierig und wird die Ansteckungskraft einiger derselben von Vielen ganz und gar in Zweifel gezogen.
Das Miasma veranlasst nicht immer eine gleiche Erkrankung
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bei den verschiedenen Hausthiergattungen, obwohl dies bei länge­rer Einwirkung desselben gewöhnlieh der Fall zu sein scheint.
Die Disposition für eine miasmatische Krankheit ist bei ver­schiedenen Thieren eine verschiedene, manche trotzen der Anste­ckung, während des oft wiederholten Wüthens miasmatischer Krank­heiten, während andere jedesmal ergriffen werden. Gewisse mias­matische Krankheiten befallen gerne die kräftigsten und gesunde­sten Thiere, andere suchen vorzugsweise die Kränklichen und Schwachen.
Die die Erzeugung von Miasmen besonders begünstigenden Momente sind nach Roll zunächst das Zusammendrängen zahlrei­cher Thiere in engen abgeschlossenen Räumen, besonders wenn diese Kranke oder Verwundete beherbergen; die Reinlichkeit aus-ser Acht gelassen wird und eine höhere Temperatur die Zersetzung der Excrete begünstiget.
Die Luftverderbniss wird in solchen Fällen nicht bloss durch die Beimisoliung einer grösseren Menge von Kohlensäure oder an­derer irrespirabler Gasarten, oder durch qualitative Abänderungen des Sauerstoff'- und Stickstoffgehaltes der Atmosphäre u. dgl. ver­anlasse da die Wirkung der liier sich bildenden Mephitis von jener abweicht, welche durch die Verunreinigung der Luft mit den er­wähnten Gasen veranlasst wird. Die unter solchen Verhältnissen entstehenden Processe sind: acute Blutkrankheiten, Typhus, bei verwundeten Thieren Neigung zu profusen Eiterungen, zu schmel­zenden Exsudationen, zu brandigem Absterben der Gewebe; bei bereits von früher her Kranken stellt sich Verschlimmerung der vorhandenen Kraukheitsprocesse, Verzögerung des Heilungsvorgan­ges ein.
In Localitäten, in welchen thierische oder Pflanzenstoffe in Zersetzung begriffen sind, in Stallungen mit schlecht oder gar nicht gereinigten Abzugscanälen, in Gegenden mit Sümpfen oder stehenden Gewässern, u. s. w. entstehen Krankheiten, deren Auf­treten aus der Beimischung der aus den faulenden Substanzen ent­wickelten Gasarten: des Ammoniaks, der Kohlensäure, des Kohlen-, Schwefel- und Phosphorwasserstoffgases zur Luft, allein nicht er­klärt werden kann. Da jedoch unter diesen Umständen gewisse Krankheiten ziemlich constant und andauernd vorzukommen pflegen, so ist es wenigstens gerechtfertigt, ihr Vorhandensein mit der Bil­dung des Miasma in ein ursächliches Verhältniss zu stellen; nament­lich da häufig nach Beseitigung der genannten Ursachen (Austrock­nen von Sümpfen, Reinigung der Kloaken u. s. w.) ein Aufhören der durch das Miasma verursachten Krankheiten beobachtet wird.
In anderen u. z. den häufigeren Fällen lässt sich jedoch die Entwicklung des Miasma nicht einmal mit einiger Wahrscheinlich­keit auf gewisse äussere Ursachen zurückführen, indem es unab­hängig von Localverhältnissen seine Wirkung über die Thiere aus­gedehnter Landstriche ausübt, sich bisweilen nach bestimmten, von der Luftströmung völlig unabhängigen Richtungen verbreitet (wofür
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Innerhalb des Organismus liegende Schädlichkeiten.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;S7
die Invasionen der Maul- und Klauenseuche ein überzeugendes Beispiel liefern) und entweder ohne ersichtlichen Grund, oder nach bedeutenden Verändertingen in der Atmosphäre: plötzlichem Witte­rungswechsel, nach heftigen Gewittern, Regengüssen, Stürmen u. s. w. rasch verschwindet und neue Erkrankungen nicht weiter ver-anlasst.
sect;. 29. Die innerhalb des Organismus liegenden Schädlich­keiten sind einestheils normale Verhältnisse, die nur eine besondere Disposition zur Entwickelung gewisser Krankheiten bedingen, oder den Verlauf derselben in eigener Weise moditiciren, theils sivd es abnorme Einflüsse, die wieder die krankhaften Zustände veran­lassen und befördern.
Hierher zählt man die Thiergattung, das Geschlecht, das Alter, die Ra^e, die Aufzucht, die Körperconstitution, die Erblichkeit und überstandene Krankheiten.
1) Die Thiergattung. Wir glauben das Verständniss der pa­thologischen Zustände unserer Haussängethiere wesentlich zu för­dern, wenn wir hier die Naturgeschichte derselben recapituliren. Aus dieser Darstellung wird es einleuchtend sein, dass die verschie­denen Hausthiergattungen zufolge ihrer verschiedenen eigenthüm-Organisation (Gattungsanlage) nicht nur von einer und derselben Krankheit ungleich häufiger befallen werden können, sondern dass auch Erkrankungen vorkommen können, die nur bei einer oder der anderen Species sich entwickeln.
Die Klasse der Sängethiere (Mamalia) characterisirt sich haupt­sächlich dadurch, dass die dazu gehörenden weiblichen Thiere lebende Junge gebären, welche sie an ihren Brüsten oder Eutern säugen: andere Merkmale, nämlich dass sie rothes, warmes Blut, ein Herz mit zwei Vorkammern und zwei Herzkammern besitzen und durch Lungen athmen, haben sie mit den Vögeln und das Athmen durch Lungen auch mit den ausgebildeten Amphibien ge­mein. Sie unterscheiden sich aber von den übrigen Thierklassen noch durch andere anatomische Merkmale, nämlich dass die Brust-und Bauchhöhle durch ein vollkommenes Zwerchfell geschieden sind, dass der Kehlkopf immer mit einem Kehldeckel geschlossen ist u. a. m. Ihre Haut ist bei den meisten mit Haaren bedeckt, selten ist sie nackt und seltener mit Stacheln, Schuppen oder Schil­dern versehen, zwischen welchen sich jedoch auch Haare zei­gen. Sie bewegen sich meist auf 4 Gliedmassen, laufend, springend, flatternd oder schwimmend, nur einer Ordnung, der Wallfische oder Fischzitzenthiere, fehlen die hinteren Gliedmassen.
Unsere Haussängethiere gehören in 4 verschiedene Ordnun­gen: nämlich das Pferd und der Esel zur Ordnung der Einhufer (Solidungula); das Rind, Schaf und die Ziege zur Ordnung der Wie­derkäuer (Ruminantiaj oder Zweihufer (Bisulca); das Schwein ge-
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8Pnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Lehre von den Krankheitsursachen.
hört zu den Dickhäutern (Pachydermata) oder Vielhufern (Multun-gula); der Hund, die Katze zu den Fleischfressern (Carnivora). inbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Die Ordnungen sind durch das Gebiss und durch die Bildung der
Gliedmassen, namentlich durch die Zahl und die Bildung der Zehen bestimmt.
Die Ordnung der Einhüter ist durch folgende Merkmale cha-racterisirt: Kur eine Zehe mit einem Hufe, (5 Schneide- 2 Eck- oder Hacken- 12 Backenzähne und oft noch 2 Lückeuzähne (Wolfszähne) in jedem Kiefer. Die Ordnung enthält nur die Gattung: Equus Pferd, zu welcher mehrere Arten gehören, nämlich das Boss, E. Caballus, der Esel, E. Asinus, der Halbesel, E. Hemiasinus, das Zebra, E. Zebra, das Quagga, E. Quagga und das Onagga oder Bergzebra, E. montanus s. E. Burchellii: alle leben in der alten Welt und nur die ersten beiden Arten sind Hausthiere und als solche auch nach Amerika und Australien verpflanzt worden. Alle nähren sich von Pflanzen. Die verschiedenen Arten begatten sich unter einander fruchtbar und erzeugen Bastarde, so der Eselhengst mit der Pferde­stute das Maulthicr, E. Mulus, der Pferdeliengst mit der Eselstute ';nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;den Maulesel, E. Humus.
Das Boss oder eigentliche Pferd unterscheidet sich von seinen Gattungsverwandten durch die kürzeren Ohren, die längere Mähne und auch dadurch, dass der Schwanz von der Wurzel an mit langen, schlichten und dickeren Haaren besetzt ist; auch seine Stimme ist ganz verschieden. Das Vaterland ist wahrscheinlich Asien, doch ist es zweifelhaft, ob es jetzt noch wild vorkommt. Es findet sich aber fast überall gezähmt und dadurch, dass es nun nicht mehr in dem ihm zusagenden Vcrhältniss lebt, scheint die Verschiedenheit der Grosse und der Haarfarbe bedingt zu sein: 1nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; diese ist bei allen wild lebenden Individuen einer Art gewöhnlich
gleichartig, hingegen bei den gezähmten verschiedenartig (bunt), und man will beobachtet haben, dass die in Amerika verwildert lebenden Pferde alle wieder gleiche Farbe haben. In den verschie­denen Klimatcn, in welchen das Pferd lebt, haben sich verschie­dene, aber bleibende Formen (Bagcn) gebildet, die sich durch Grosse, Schnelligkeit und Ausdauer von einander unterscheiden. Der Hengst ist stärker, hat eine stärkere Mähne und ist anbändiger als die Stute, der Wallach.
Die Stute wirft in der Regel jährlich ein Junges (Fohlen) und geht 11 (Sonnen) Monate trächtig, sie ist schon im dritten Jahre zur Fortpflanzung fähig, bringt aber erst nach vollendetem Wachs-thum, nach dem flinften Jahre, die stärksten Fohlen. Das Pferd nährt sich 'Weniger von wässerigen Gräsern und Hülsenfrüchten, am liebsten von den Saamen der Getreidearten; es vertheidigt sieh gegen Angriffe der Raubthiere durch Hufschläge mit den Hinter-füssen. Sein Naturell im gezähmten Zustande zeugt von Gelehrig­keit, Klugheit; es ist nach Verschiedenheit der Rage, zum schnellen Laufe oder zum Tragen und Ziehen von Lasten bestimmt.
Der Esel lebt jetzt noch heerdenweise in den Gebirgen der
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Naturgeschichte der Haussäugethiere.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 89
Tartarei wild, wo er Kulan geaannt wird. Die Kennzeiclien des zahmen Esels sind: lange Ohren, ein schwarzes Kreuz über Schul­ter und Rücken, der Schwanz hat nur am Ende einen Haarbüschel, die Stimme ist eigenthümlich heiser.
Der wilde Esel ist gelblich grau, hat einen gebogenen Kopf, mit aufrechten Ohren, eine kurze wollige Mähne und ist flüchtiger als ein gezähmtes Pferd. Sowie das Pferd durch die Zähmung an schönerer Form gewonnen hat, ebenso hat der Esel dadurch ver­loren, denn er ist kleiner, träger und kraftloser als der wild leben­de. Seine Lebensweise und sein übriges Verhalten ist wie bei dem Pferde, er ist aber an viel schlechtere Nahrung gewöhnt worden und besteht au^h dabei. Er eignet sich zum Tragen massiger La­sten in Gebirgen, weil er sicherer und bedächtiger geht als das Pferd.
Das aus der Vermischung des Eselhengstes mit der Pferde­stute hervorgegangene Maulthier hat die langen Ohren, das schma,le Kreuz, den etwas kahlen Schweif und die engen Hufe vom Vater, die übrige Körpergestalt und Grosse der Mutter. Es ist noch nicht nachgewiesen, dass die beiden Geschlechter des Maulthieres sich fruchtbar begatten, in unseren Gegenden ist es bestimmt nicht der Fall. In den meisten Gebirgsländern ist es das unentbehrliche Lastthier, weil sein Gang sicherer und ruhiger ist als der des Pfer­des. Uebrigens zeigt es sich oft widerspenstig und unbändig. Die Maulesel werden nur noch sehr selten angetroffen.
Die Ordnung der Wiederkäuer hat folgende Merkmale: Zwei vollkommene Zehen und bei den meisten zwei Afterzehen, im Ober­kiefer keine, im Unterkiefer ß oder H Schneidezähne, bei wenigen Eckzähne, alle haben einen 4fachen Magen und käuen wieder, die meisten haben Hörner. Die Ordnung ist in vier Familien getheilt, nämlich I. in Hornlose, wohin die Gattungen: Kameel Camelus; Lama, Auchenia und das Bisamthier, Moschus gehören: II. in abschüs­sige Wiederkäuer, die Gattung: Giraffe, Camelopardalis; IU. in Ge­weihträger oder Hirschartige, die Gattung: Hirsch, Cervus, und IV. in Hörnerträger oder Hohlhörnige, wozu die Gattungen: Rind, Bos; Schaf, Ovis; Ziege, Capra und Antilope gehören. Zur letzten Ordnung gehören von unseren Hausthieren drei Arten, nämlich das Rind Bos Taurus, das Schaf, Ovis Aries und die Ziege, Capra Hircus. Alle Wiederkäuer leben von Pflanzen und in den einzelnen Gegenden der Erde finden sich eigene Arten.
Die Gattung: Rind (Bos) hat drehrunde oder zusammenge­drückte und nur an der Spitze drehrunde Hörner, eine breite, meist unbehaarte, seltener behaarte Oberlippe, kurze stämmige Beine, den Schwanz mit einem Endbüschel, oder einen Rossschweif, am Halse und an der Brust eine Hautfalte (Triel oder Wamme). Die bis jetzt bekannten Arten sind: das zahme Rind (Bos Taurus) wohin auch der Zebu oder Bukkelochse Bos Taurus indicus, gehört; der Büffel, B. Bubalus; der Riesenbliffel, B. Arni: der Cap'sche Büffel, B. Gaffer; der Auerochse, B. Urus; der Grunzochse, B. grunniens; der Bison,
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B. Bison und der Bisamochse B. moschatus. Von diesen ist, aus-ser dem zahmen Binde, auch der Büffel in vielen Gegenden Haus-thier, alle andern Arten leben wild und zwar in Heerden.
Das zahme Rind hat drelirnnde, am Grunde wulstige, an der Spitze glatte, nach aussen und oben stehende, gerade oder gebo­gene Hörner, die wie bei allen Hörnerträgern einen knöchernen Fortsatz des Stirnbeins einschliessen (nur einer Ra^e fehlen die Hörner), es hat ferner eine fast platte Stirn, einen geraden oder höckerigen Rücken und am Schwänze eine lange Haarquaste. Es hat nur 8 Schneidezähne im Unterkiefer, keine Eckzähne und in beiden Kiefern 24 Backenzähne. Das Männchen heisst Stier, Bulle oder Stammochse, das Weibchen Kuh. Die Kuh geht 40 Wochen träch­tig und wirft gewöhnlich nur ein Junges (Kalb), welches im zweiten Jahre zur Fortpflanzung fällig, aber erst im fünften dazu tauglich ist. Es ist zweifelhaft, ob unser Rind ursprünglich eine selbständige Art ist, oder ob es aus der Vermischung verschiedener, noch jetzt vor­kommender oder untergegangener Arten hervorgegangen ist, weil man bis jetzt noch keine wild lebende Art gefunden hat, die un­serem Hausrinde gleicht. Es scheint die Annahme, dass es eine selbstständige Art ist, dadurch gerechtfertigt zu werden, dass bei dem in Podolien, in der Moldau und Wallachei und in Ungarn halb verwildert lebenden Steppenvieh eine grössere Gleichartigkeit in der Farbe, in der Grosso und Richtung der Hörner u. dgl. besteht, die bei dem Rindvieh anderer Länder, wo es mehr an Menschen gebunden und aus seinen naturgemässen Verhältnissen herausge­rissen ist, nicht mehr vorkommt, denn fast jedes Land und beinahe jede Provinz hat ihre eigenthüinliche Rasect;e, oder wenigstens einen besonderen Schlag, die sich durch die Gestalt des Kopfes, die Grosse und Form der Hörner, die Höhe der Beine, durch den Triel, die Form des Kreuzes, durch den Ansatz des Schwanzes und oft durch die Farbe characterisiren.
Das zahme Rind gedeiht am besten in den mit saftigen Grä­sern und Hülsenfrüchten bewachsenen und salzhaltigen Niederungen und wird theils als Lastthier, (besonders die Ochsen) theils der Milchnutzung und seines Fleisches, Fettes und Felles wegen als Hausthier gehalten. Auch sein Koth hat, als Dünger, in der Land-wirthschaft eine allgemeinere Benutzung als der des Pferdes. Das Naturell ist bei den Geschlechtern verschieden: der Stier ist oft wild und bösartig, der Ochse und die Kuh sind sanfter. Das Rind greift den Feind mit den Hörnern an. durchbohrt ihn, oder wirft ihn in die Luft, seltener schlägt es mit einem Hinterfusse aus.
Die Kennzeichen der Gattung: Schaf (Ovis) sind folgende: Oberlippe behaart und halb gespalten, Hörncr von der gewölbten Stirn ausgeher.quot;^ mit Querrunzeln und seitwärts oder rückwärts spi­ralförmig gewunden, vorn convex oder stumpfkantig, hinten flach, an der Spitze zusammengedrückt. Kinn ohne Bart, Körper mit Haaren oder Wolle bedeckt. Das Gebiss ist wie beim Rinde. Die Arten, welche die Gattung bilden, sind: das gemeine Schaf, Ovis
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Natiirpreschichte der Hanssängethiere.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;91
Aries, mit mehreren Varietäten, der Mouflon, 0. Musimon; das Argali, 0. Ammon; das Bergsohaf, 0. montana und das atrikanische Mouflon, 0. Tragelaphus: mit Ausnahme des ersten laben alle in Gebirgen wild.
Das gemeine oder Hausschaf hat starke, spiralig gedrehte, nach aussen nnd nur beim Zaekel nach oben gerichtete Hörner, oder sie fehlen beiden Geschlechtern, am häufigsten den Weibchen: unter den Augen Schmierhöhlen, zwischen den Klauen die Klauen-säckchen, und trägt am grösseren Theile des Körpers (mit Aus­nahme des Gesichts und der Beine) fein gekräuselte Wolle, die aber bei den ausländischen Abarten mit laugen schlichten Haaren bedeckt ist. Das Männchen beisst Widder, Stähr oder Schafbock, das castrirte Männchen Schöps oder Hammel, das Weibchen Schaf oder Zibbe, das Junge Lamm. Das Schaf ist in seinen verschie­denen Abarten fast über die ganze Erde verbreitet, aber über seine Abstammung ist so wenig, wie über die des Rindes bekannt. Es würde wahrscheinlich eben so buntfarbig, wie die übrigen Haus-thiere sein, wenn man nicht die braunen, schwarzen und schecki­gen ausmerzte und nur die mit weisser Wolle zur Zucht behielte. Das Schaf geht 22 Wochen trächtig, wirft gewöhnlich 1 Junges, bisweilen 2 und ist schon nach dem ersten Jahre fähig sich fort­zupflanzen; der Widder ist sehr geil und kann sich mit vielen Schafen begatten. Es nährt sich am besten von feinhalmigen, mehr trockenen Gräsern und leidet am meisten durch Hitze und Nässe. Es ist furchtsam, schnellfüssig und vertheidigt sich selten gegen Angriffe, nur die Männchen kämpfen unter sich und stossen mit der stark gewölbten Stirn heftig zusammen, indem sie einen langen Anlauf dazu nehmen. Die Schafe werden der Wolle wegen gehal­ten (die spanischen und die in Deutschland davon fortgepflanzten) oder des Fleisches wegen (die grossen englischen, die Zachel und Eiderstädter) oder endlich wegen des Fleisches und Fettes (die fettsteiffigen, fettschwänzigen und breitschwänzigen). Ihr Kotli ist ein vortreffliches Düngungsmittel.
DieGattung: Ziege (Capra) hat eine behaarte und halb gespal­tene Oberlippe, am Kinn einen Bart, zusammengedrückte, quer­runzelige, nach oben und hinten gebogene Hörner, keine Schmier­höhlen unter den Augen und keine Klauensäckelchen. Der Körper ist überall mit schlichten Haaren bedeckt, zwischen welchen sich sparsamer feine Wolle (Flaum) findet. Das Gebiss ist wie bei dem Rinde und Schafe. Die hierher gehörigen Arten sind: Die Haus­ziege, Capra Hircus s. domestica; die Bezoargeis, C. Aegagrus; der Steinbock, C. Ibex. Die Hausziege hat mehrere Aharten in Afrika.
Die Hausziege hat Hörner. deren hinterer Rand scharf und seicht gekerbt ist, die Enden sind auswärts gebogen: beim Bock stehen sie an der Basis näher zusammen, weil sie breiter sind. Manchen Weibchen fehlen die Hörner. Das Männchen heisst Bock, das Weibchen Ziege, das .hinge Zicklein oder Ziegenlamm. Die Ziege geht auch 22 Wochen trächtig und wirft 2, auch H — 4
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Lehre von den Krankheitsursachen.
Junge: der Bock ist sehr geil und stinkt während der Brunst. Man behauptet, dass clie Hausziege von der Bezoarziege abstammt, iedoeh ist es immer noch zweifelhaft und es verhält sich vielleicht mit ihrer Abkunft wie mit den übrigen Hausthieren. Die Abarten leben in den Gebirgen Asiens, wie die Gattung überhaupt am besten in Gebirgen gedeiht und unterscheidet sich durch feinere und längere Haare, wie die Cachemir - und Angoraziege, oder durch unmässig lange, herabhängende Ohren, wie die Mambrische oder Ziege von Kcpaul. Sie nähren sich zwar wie die Schafe von Grä­sern und Hülöepflanzen, aber sie gemessen auch viele Giftpflanzen ohne Nachtheil und benagen sehr gern junge Bäume. Sie sind sehr launige Thiere, weniger furchtsam als die Schafe und ver-theidigen sich mit der Stirn und den Hörnern. Man hält sie der Milch wegen, auch wird der Flaum, besonders von der Cachemir-ziege, zu feinen Geweben benutzt.
Die Gattung: Schwein (Sus) hat folgende Merkmale: In jedem Kiefer 6 Schneide- 2 sehr grosse Eck- oder Hacken- 2 Lücken-und 12 Bakenzähne; die Nase in einen stumpfen, vorn platten Rüssel verlängert: 4 Zehen mit Hufen oder Klauen, von welchen aber nur die mittleren zum Auftreten dienen: der Leib plump, mit Borsten be­deckt. Man rechnet jetzt nur eine Art hierher, nämlich das ge­meine Schwein (Sus Scrofa), welches in zwei Abarten, als zahmes und wildes vorkommt: jenes stammt offenbar von diesem ab. Das Schwein gehört zu den Allesfressern (Omnivora), weil es sich von thierischen und Pflanzensubstanzen nährt.
Das zahme Schwein ist von dem wilden nur wenig verschie­den; jenes kommt verschiedenfarbig vor und ist gewöhnlich etwas kleiner, dieses ist grau - schwarz, hat stärkere Eckzähne und seine Jungen sind gefleckt. Das Männchen heisst beim zahmen Schweine Eber, das verschnittene Borg, das Weibchen Sau, das Junge Fer­kel. Die Sau geht 16 Wochen trächtig und wirft (oft zweimal im Jahre) 6 — 24 Junge, die schon vor dem ersten Jahre zur Fort­pflanzung fähig sind. Es kommen viele Ragen vor, di3 sich durch verschiedene Länge und Höhe der Beine, des Leibes und der Ohren unterscheiden und die fast über die ganze bewohnte Erde verbrei­tet sind. Nähren sich von Eicheln, Bucheckern, Obst, Knollenge­wächsen, aber auch von Insektenlarven und Würmern (gelegentlich fressen sie auch Mäuse und Maulwürfe), wesshalb sie sich gern in feuchten Wäldern aufhalten, wo sie die Erde aufwühlen; sie werden des Speckes, Fettes und Fleisches wegen gehalten, auch sind die Borsten gesucht.
Das Schwein ist träge, gereizt aber sehr zornig und es bedient sich seiner Hauer als einer gefährlichen Waffe zum Angriff.
Die Merkmale der Gattung: Hund (Canis) sind folgende: 12 Schneide- 4Eck - 4 Lücken- und 22 Backenzähne (oben 10 unten 12) in beiden Kiefern, Schnauze verschmälert, Zunge glatt, Vorder-füsse fünfzehig, Krallen stumpf, nicht stark nach oben gebogen, am After zwei Stinkdrüsenbeutel. Ausser dem Haushunde Canis
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Natargeschichte der Haussäugethiere.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 93
familiaris, gehören mehrere Arten hierher, nämlich der Wolf C. Lupus, der schwarze Wolf C. Lycaon, der Fuchs 0. Valpes u. a. m. Sie erhalten sich alle von thierischer Nahrung und fressen nicht allein frisches Fleisch, sondern auch Aas, sie suchen ihre Beute durch Jagen, nicht durch den auflauernden Sprung zu erhaschen. Sie können viel länger Hunger ertragen als die Pflanzenfresser. Einige graben Gänge in die Erde, andere nicht.
Der Haushund trägt den Schwanz meist links aufwärts gebo­gen. Eine wild lebende Art kennt man nicht, daher ist man über seine Abstammung in Zweifel. Es gibt viele ßa^en, die man in 4 Familien theilt, nämlich in Windhunde, Jagdhunde, Metzgerhunde und Bellhunde, welche sich durch Grosse, Körpergestalt und durch die Beschaffenheit der Haare sehr von einander unterscheiden, aber durch Begattung unter einander viele Bastarde bilden. Sie sind fast überall verbreitet und in Südamerika verwildert. Die Hündin geht ü Wochen trächtig, wirft mehrere Junge, gewöhnlich '6 — 5, selten 10 — 20, die 8 — 12 Tage blind sind, indem die Ränder Augenlider noch zusammenhängen und die Pupillarhaut noch nicht verschwunden ist. (Wahrscheinlich sind sie auch taub, weil der äussere Gehörgang der Ohrmuschel sehr eng ist). Der junge Hund ist vor dem ersten Jahre zur Fortpflanzung geeignet, man hält das junge Männchen für mannbar, wenn es beim Uriniren ein Hinter­bein hebt, indem es trüher wie die Hündin urinirt. Die Begattung dauert wegen starker Anschwellung der Eichel des Hundes sehr lange. Der Haushund muss sich mehr von zubereiteter Pflanzen­kost, als von thierischen Nahrungsmitteln erhalten, doch lieben die meisten das rohe Fleisch und die Eingeweide der Pflanzenfresser und Schweine.
Das Naturell und die Benutzung sind bei den verschiedenen Ra^en sehr verschieden; die Windhunde sind wenig zutraulich nicht wachsam, laufen schnell und dienen bei Hetzjagden; die Jagdhunde sind gelehriger, halten sich gern an jeden Jäger und sind leicht ihrem Herrn zu entführen; sie sind theils zum Aufsuchen, theils zum Stellen des Wildes benutzt. Der Metzgerhund ist seinem Herrn sehr ergeben, gegen Fremde mistrauisch und dient zum Treiben, theils zum Festhalten des Schlachtviehes. Die Bellhunde sind unter sich sehr verschieden, einige sind sehr gelehrig, ver­schlagen, andere zeigen grosse Treue und alle sind mehr an das Haus gebunden und dienen zu dessen Bewachung, oder zur Be­wachung der Viehheerden.
Die Gattung: Katze (Fehs) unterscheidet sich durch folgende Kennzeichen: 12 Schneide- 4 Eck- und 14 Backenzähne (8 oben, (j unten) in beiden Kiefern, Schnauze kurz, Augen ganz nach vorn, Zunge rauh; Vorderlüsse fünfzehig, Hinterfüsse vierzehig, Krallen­glieder zurückziehbar, daher sind die Krallen scharfspitzig und dienen beim Klettern zum Festhalten. Die Gattung enthält viele Arten, dahingehören: Die zahme Katze Felis domestica; die wilde Katze F. Catus: der Löwe F. Leo; der Tieger F. Tigris; der Luchs
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Lehre von den Krankheitsursachen.
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F. Lynx; der Panther F. Pardus u. v. a. Sie leben in der gemäs-sigten und lieissen Zone auf beiden Halbkugeln der Erde, nähren sich hauptsäcblich von selbst getödteteu Tbieren, seltener von Aas und suchen sie durch Lauern und gewaltige Sprünge zu ergreifen; die meisten siud Nachtraubthiere. Sie graben nie Gänge.
Die zahme Katze hat einen nach der Spitze merklich ver­schmälerten Schwanz, ist kleiner als die wilde, deren Schwanz gleich dick ist, und von der sie wahrscheinlich abstammt. Sie kommt in mehreren Pagen vor, die sich durch Verschiedenheit der Länge und Farbe der Haare unterscheiden. Das Männchen, dessen Ruthe vorn mit hornigen Stacheln besetzt ist, wodurch die Begat­tung für das Weibchen schmerzhaft wird, heisst Kater, das Weib­ehen Katze; sie trägt 8 Wochen und wirft gewöhnlich 2mal im Jahre 3 — 5, selten 10 Junge, die 8 — 12 Tage blind sind und sich vor dem ersten Jahre fortpflanzen können. Die zahme Katze nährt sich von Ratten und Mäusen, weshalb sie in Häusern und Schiffen gehalten wird, frisst aber auch Vögel und Fische, gern Milch, weniger zubereitete Pflanzenkost und verschluckt fast alles unzerkaut. Die Katze ist tückisch und gegen Menschen weniger zutraulich als die Hunde.
Bei dem Pferde besteht eine besondere Geneigtheit zu ent­zündlichen Krankheiten der Athmungsorgaue, zu funktioneilen Stö­rungen und Texturerkrankungen des Gehirnes und Rückenmarkes, zu catarrhaliscben und rheumatischen Affectionen, zu Koliken und inneren Darmeinklemmungen, zu gewissen speeifischen Krankheits-processeu der Nasenschleimhaut, der Lymphgefässe und Lymph­drüsen, endlich zu Krankheiten der Hufe.
Bei den Wiederkäuern, bei welchen die reproductive Sphäre vorwaltet, tritt im Allgemeinen eine Geneigtheit zu Krank­heiten der Verdauungsorgane, der Blutmischung und der Ernährung hervor; die meisten Krankheiten bleiben wegen der geringeren Erregbarkeit des Nervensystems viel länger örtlich als bei dem Pferde und Hunde; nur wenige verlaufen sehr rasch, die Mehrzahl langsam. Insbesondere gilt dies für das Rind, welchem auch ge­wisse Kraukheitsformen, wie die Rinderpest, die Kuhpocke eigen-thümlich sind. Dem Schafe kommt nebst dieser Anlage auch die Geneigtheit zu cachectischen Krankheiten und zu aenten und chro­nischen Erkrankungen der Haut zu, während bei der Ziege nervöse Erscheinungen häutig anderen Krankheitsprocessen sich beigesellen oder als selbstständige Kraukheitsformen auftreten.
Das Schwein zeigt eine besondere Geneigtheit zu Krank­heiten der Reproduction und zu aeuten, oft rasch zum Tode füh­renden Entzündungen der Schlingwerkzeuge und des Kehlkopfes.
Dem Hunde und der Katze ist vor allen übrigen Hausthier-gattungen die vorwaltende Disposition zu gewissen selbstständigen oder consensuellen Erkrankungen des Nerveusystemes, insbeson­dere ihrer Centralorgane eigenthümlich. Die Fähigkeit der Selbst­entwickelung der Wuth kommt diesen Thiergattungen allein zu.
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Innerhalb des Organismus liegende Schädlichkeiten.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 95
2)nbsp; Das Geschlecht. Die dem männlichen Geschlecht überhaupt zukommende grössere körperliche Kraft, die stärkere Ausbildung seiner Bewegungsapparate disponirt es zu schweren, acut verlaufen­den Entzündungskrankheiten, während das weibliche Geschlecht mehr an nervösen Zuständen leidet. Die Trächtigkeit, das Geburts-uud Sauggeschäft, ist bei diesem Geschlecht eine Quelle vieler und schwerer Leiden. Der nicht befriedigte Geschlechtstrieb schadet beiden Geschlechtern (Huudswuth bei dem mäninlchen Hunde) eben­so sehr wie der übermässige geschlechtliche Genuss, der zu ver­schiedenen Cachexien Veranlassung gibt.
3)nbsp; Das Lebensalter disponirt in seinen verschiedenen Pha­sen zu verschiedeneu Krankheiten, so entwickeln sich im Fötalzu­stande die Bildungsfehler; die Krankheiten der Mutter, insbesondere des Tragsackes und des Mutterkuchens gefährden das Leben und die Gesundheit des Fötus im hohen Grade.
Krankheiten der Verdauungsorgane, des Drüsensystems, der Ernährung, kommen vorzüglich in der Periode von der Geburt bis zum vollendeten Wachsthum vor; während bei völlig erwachsenen Thieren die Krankheiten meist acut und gefahrdrohend verlaufen, ist dies im höheren Alter weniger der Fall; Gehirnleiden, chroni­sche Erkrankungen der Kespirations - und Verdauungsorgane sind da häufiger; letztere werden noch durch das Abnützen und Ausfal­len der Zähne gefördert.
4)nbsp; nbsp;Die Rasect;e. Edlere Eagen disponiren mehr zu nervösen Krankheiten als die gemeinen. Ungarische Pferde sollen eine be­sondere Geneigtheit zur Entwickeluug des Rotzes und Wurmes, das gemeine deutsche zum Koller, das englische zu Koliken zeigen; die Kinderpest entwickelt sich ursprünglich nur bei dem Steppen­vieh und wird von ihm auch leichter überstanden, als von anderen RindviehraQen; dem veredelten, feinwolligen Schafe ist die Wetz­krankheit eigen; bei Mopsen, Spitzen und anderen Stubenhunden entwickelt sich die Hundswuth originär häufiger als bei Wind- und Jagdbunden u. s. w.
Durch Ragenvermischung entstandene Thiere sogenannte Blend­linge widerstehen den schädlichen Einflüssen viel weniger als reine Ra^ethiere.
5)nbsp; nbsp;Aufzucht und Lebensweise. Von Jugend auf abge­härtete Thiere, die den grössten Theil im Freien erzogen werden und leben, sind gegen äussere Schädlichkeiten weniger empfindlich als die in Ställen aufgezogenen und gehaltenen Hausthiere.
Die Art der Dienstesverrichtungen macht die Hausthiere auch zu gewissen Krankheitsformen geneigter, welchen sie auch früher oder später bei fortgesetzter Verwendung anheimfallen; so entste­hen bei Pferden, die rasch laufen müssen, Krankheiten der Ath-mungsorgane und der Hufe, bei jenen, die zum schweren Zuge verwendet werden, Augenkrankheiten, Dummkoller; bei Beschäl-hengsten und Zuchtstuten entwickelt sich die Schankerseuche, bei Melkkühen Krankheiten des Euters, Ernährungsstörungen bei Mast-
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Lehre von den Krankheitsursachen.
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thieren, Lungenleideu, cachectische Krankheiten, bei Schafen Leiden der Haut und Blutkrankheiten.
6)nbsp; nbsp;Körper constitution. Starke Hausthiere widerstehen zwar den schädlichen Einflüssen lange, disponiren aber zu Ent­zündungen, zu Blutkrankheiteu (Anthrax). Die reizbare Constitution macht die TLiere geneigter zu Gehirn- und Rückenmarkskrankhei-ten und Ernährungsstörungen.
Leucophlegmatische Beschaft'enheit führt leicht zu cacheeti-schen Zuständen und zu Neubildungen verschiedener Art.
7)nbsp; Erblichkeit, üass gewisse Krankheiten von den Eltern fortgeerbt werden, so zwar, dass die Jungen entweder mit einer Krankheitsanlage behaftet geboren werden, welch letztere im spä­tem Alter zu einem bestimmten Leiden sich entwickelt, ist bekannt.
Zu den erblichen Krankheiten zählt man den Koller, Haut­wurm, Rotz.
8)nbsp; nbsp;Ueberstandene Krankheiten disponiren durch die zurück­gelassenen Störungen und Gewebsveränderungen zu denselben oder zu ähnlichen Krankheiten, so veranlassen Herzkrankheiten Aff'ec-tionen der Lungen, der Leber, des Gehirns u. s. w.
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IV.
Allgemeine Formen der Krankheiten.
Ueber das Fieber.
sect;. 30. Es gibt keinen Krankheitsprocess, bei dem nicht jener Symptomencomplex, den wir Fieber nennen, eintreten könnte. Trotz der Anschauungen vieler alten Aerzte, welche den blos symptomato-logischen Werth des Fiebers hätten darthuu können, gewann das Fieber doch eine bestimmte Wesenheit; es wurde als eine selbst­ständige Krankheit angesehen, was hauptsächlich deshalb geschah, weil man im Allgemeinen zu wenig darauf ausging, die Krank­heitserscheinungen zu localisiren. Seitdem aber diese Richtung auch in der Thierarzneikunde herrschend geworden ist, verschwin­det die Essentialität der Fieber mehr und mehr.
Die Erscheinungen des Fiebers sind:
1)nbsp; Temperaturerhöhung, welcher in vielen Fällen Frost als Horripilation oder auch als förmlicher Frostanfall vorausgeht.
2)nbsp; Veränderungen im Gefasssysteme, gesteigerte Herzthätig-keit, vermehrte Pulsfrequenz.
3)nbsp; Nervöse Störungen bemerkbar durch ein unruhiges Beneh­men, Mattigkeit und Abstumpfung.
4)nbsp; Störungen im Stoffwechsel, verminderte Fresslust, ver­mehrter Durst; die Haut ist gewöhnlich trocken, die Haare sträu­ben sich empor, die Ausscheidung von Harnstoff ist grosser, wahrscheinlicn auch die Kohlensäureausscheidung aus den Lungen. Häufig ist auch die Zahl der Respirationen vermehrt.
Die Gruppirung der Symptome lässt zwei Stadien unterschei­den, das Frost- und Hitzestadium. Das erstere kann indess ganz fehlen, oder unvollständig entwickelt sein.
Kraus, Path. u. Tberap. der üaussäugethiere.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 1
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98nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Allgemeine Formen der Krankheiten.
Froststadium. Im Beginn des Fiebers tritt häufig ein Kältegefühl auf, erkennbar durch das Aufsträuben der Haare, Kälte der Enden der Füsse, der Ohren, durch Blasswerden der sichtbaren Schleimhäute. Das Thier magert ab, der Puls wird klein und schnell, das Athmen beschleunigt, die Hautausdünstung vermindert oder ganz unterdrückt; das Gefühl des Frostes veran-lasst Zittern der Glieder, die Harnausscheidung ist vermindert, bei heftigen Anfällen kommt es zuweilen zu Blutaustritt im Gehirn. Ueberhaupt sind die inneren Organe mit Blut überfüllt (Anschwel­lung der Milz, der Leber). — Das Froststadium dauert '^ — 2 Stunden, in seltenen Fällen länger.
Das Hitzestadium tritt nach dem Frost ein, oder auch ohne dass dieser vorangegangen ist. Allgemeines Wärmegefühl verbrei­tet sich über den ganzen Körper, die Thiere sind unruhig, weil es zuweilen Jucken oder Brennen, selbst Schmerz in einzelnen Nervenpartien veranlasst. Die Haut fühlt sich heiss an, sie ist zuerst trocken und spröde, bis ein Schweissausbruch sie weicher macht. Die Eespiration wird frei, tief, aber gewöhnlich wie der Puls frequenter; dieser ist voll, hart und gespannt; erst beim Schweissausbruch wird er weich. Der Harn ist sparsam, roth. Leb­hafter Durst.
Das constanteste und wesentlichste Symptom unter allen ist die Temperaturerhöhung; diese geht im Allgemeinen einer abnor­men Pulsfrequenz parallel; es kann aber neben hoher Temperatur geringe Pulsfrequenz bestehen und gesteigerte Pulsfrequenz neben Temperaturerniedrigung.
In vielen Fällen erscheinen die Fiebersymptome als irradiirte Reizungsphänomene von einem bestimmten Organe aus, in aude-inbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ren muss man einen directen Angriff der Fieber erregenden Ur-
[nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Sache auf die Nervencentren annehmen. Wir betrachte|i den Ein-
tritt der Fiebersymptome als ein Zeichen der Betheiligung des ganzen Organismus an dem Krankheitsprocesse; wir haben dem­nach nur mit Fieber verbundene Krankheiten.
Die Eintheilungen der Fieber sind nach den verschiedenen Systemen und nach sehr verschiedenen Normen vorgenommen worden.
Eine dem praktischen Verständniss noch immer sehr nahe liegende und in der That für die Prognose werthvolle Eintheilung ist diejenige, welche das Verhältniss der Kräfte des Thieres zur Intensität des Fiebers als Ausgang nimmt; sthenisch (erethisch) gleiches Verhältniss, hypersthenisch (synochales), wo das Fieber einen sehr bedeutenden Grad erreicht, aber im Allgemeinen die Kraft des Organismus nicht ganz überwunden hat, und asthenisch (torpid, typhös, adynamisch), wo zwar das Fieber unbedeutend sein kann, das Wirkungsvcrmögeu der Orcane aber geschwächt ist.
Andere Eintheilungen beziehen sich auf den wirklichen oder präsumtiven Ausgangspunkt der Fiebersymptome und in dieser Richtung unterschied die alte Schule gastrische, gallige, faulige Fieber etc. Massgebend war dabei das Bestreben, craseologische
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Ausgänge des Fiebers. .nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 99
Krankheitseinheiten als Eintheilungsmomente zu benutzen, ein Stand­punkt, der allenthalben bereits verlassen ist.
Eine andere ist nach den im Verlaufe der fieberhaften Zu­stände hervortretenden Typen formulirt. Man unterscheidet vor­zugsweise eine Febris continua, remittens und intermittens. Die Unterscheidung eines Typus continens und remittens ist streng ge­nommen eine nur relative, und bezieht sich nur auf grössere Krank­heitsabschnitte; denn in Wahrheit gibt es keine Febr. continua; es ist jede eine remittens. Exacerbationen wechseln mit Remissio­nen; vorzugsweise ist es die Temperaturerhöhung, die uns diesen Wechsel erkennen lehrt. In vielen Fällen sind binnen 24 Stunden mehrfache Wechsel der Fiebererscheinungen wahrzunehmen, eine abendliche Exacerbation und eine am Morgen. Das sog. Wechsel­fieber der Hausthiere ist eine äusserst seltene Krankheit, die in Malariagegenden auch bei den Thieren vorkommen soll.
Ausgänge. Die fieberhaften Krankheiten und zwar dieacut auftretenden haben vorzugsweise das Verhalten, durch kritische Entscheidungen ihr Ende zu erreichen. Es ist das sprungweise Sinken der Temperatur, mit dem gewöhnlich auch ein Sinken der Pulsfrequenz verbunden ist, in vielen Fällen das Zeichen eintreten­der Genesung, d. h. es fällt in vielen Fällen mit dem Stillstand der vorschreitenden localen Krankheitsprocesse zusammen, und ist als ein Zeichen zu betrachten, dass der Organismus im Ganzen, dass das Nervensystem sich nicht mehr an dem localen Krank-beitsprocesse betheiligt. Denn sobald ein localer Krankheitspro-cess nicht mehr fortschreitet, so beginnen in den durch ihn ge­setzten Producten überwiegend Rückbildungsprocesse; die Organe werden wieder befähigt, zu ihren früheren Functionen zurückzu­kehren, und deshalb kann man sagen, die kritische Erscheinung sei ein Symptom der eintretenden Genesung. Mit dem Nachlass der reichlicheren Wärmeproduction erscheinen oft sogenannte kri­tische Ausscheidungen, namentlich harnsaure Sedimente im Harn, mit der geregelten Thätigkeit des Herzens, Schweisssecretion, reichlichere Darmausscheidungen. Zuweilen gehen diese Ausschei­dungen den Temperaturverminderungen voran, und es ist kein Zweifel, dass eine reichlichere Secretion, oder eine Blutung auch ihrerseits eine Temperaturerniedrigung hervorrufen oder wenig­stens begünstigen können, weil dadurch die Umsetzungsprocesse im Blute geändert werden. So betrachten wir das Verhältniss der Krisen in fieberhaften Krankheiten und verweisen dabei auch auf das im allgemeinen Theile Angeführte.
Auch durch Lysis führen fieberhafte Krankheiten zur Gene­sung. Bei lange anhaltendem Fieber tritt der Charakter der Con-sumtion besonders hervor; mau nennt solche Fieber hectische.
In Fällen, die tödtlich werden, geht dem Tode gewöhnlich eine beträchtliche Steigerung der Temperatur voran.
Was sich über die Prognose im Fieber sagen Hesse, folgt aus dem Vorhergehenden. Neben der Intensität und der sonst
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Allgemeine Formen der Krankheiten.
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etwa in den Lebensprocess eingreifenden Bedeutung des localen Zustandes ist die Rücksicht auf das Maass der individuellen Kräfte im Verbältnisse zum Fieber, d. h. zur consumirenden Einwirkung desselben das Ausschlag gebende. Und dies gilt auch für die Formen, wo wir den bestimmten Localisationsherd noch nicht auf­gefunden haben.
Die Intensität des Fiebers steht nicht in geradem Verhält­nisse zum localen Processe; sie ist vom Nervensysteme und der Blutmischung, also von allgemeinen Factoren abhängig.
Die Behandlung des Fiebers an und für sich ist nach dem Grade und devu Gharakter desselben verschieden.
Im Beginne und zwar während des Kältestadiums hat man sich auf ein rein diätetisches Verhalten zu beschränken; man sorgt für ,einen warmen Stall, gute Bedeckung, fleissiges Frottiren der Extremitäten, leicht verdauliche Nahrung und Abhaltung der äus-seren Schädlichkeiten.
Das einfache (Reiz-) Fieber verlangt für sich keine beson­dere Behandlung, es genügt die Durchführung des eben angegebe­nen diätetischen Verhaltens und die Entfenithaltung der schäd­lichen Einflüsse. Durch die Behandlung der ihm zu Grunde lie­genden örtlichen Störungen wird auch der Fieberzustand gemildert oder beseitigt.
Auch das entzündliche Fieber in seinen leichteren Formen erreicht häufig bei einem mehr negativen Verhalten sein Ende, die heftigeren Grade desselben machen jedoch die Anwendung des kühlenden, antiphlogistischen Heilapparates, nach Ertorderniss den Aderlass, die Verabreichung kühlender Salze, eröffnender Klystire, den Gebrauch kalter Waschungen oder Umschläge erforderlich. (Das Nähere hierüber bei der Entzündung).
Hier erweist sich auch der Gebrauch solcher Substanzen, welche direct auf das Nervensystem einwirken, und hiedurch zu eigentlichen Fiebermitteln werden, nützlich, wohin die Digitalis welche reizend auf das verlängerte Mark und die Vaguswurzeln wirkt, das Aconit, einige Pflanzcnalkaloide (darunter das Chinin) gehören.
Das Schwächefieber macht die Vermeidung jeder schwächen­den Einwirkung und die Anwendung von bitteren, gewürzhaften und fluchtig reizenden Mitteln und Eisenpräparaten, bisweilen in Verbindung mit Säuren nothwendig. Man sorge für gute, leicht­verdauliche Nahrung (geschrotenen Hafer, süsses Heu, Brod; für Schweine und Schafe Eicheln, Kastanien u. dgl.) in entsprechen­der Abwechslung für kühles, selbst angesäuertes Getränke, frische und reine Luft.
Wichtigere und gefahrdrohende Erscheinungen erfordern eine symptomatische Behandlung.
Durch dieses Verfahren gelingt es oft, die fieberhaften Er­scheinungen zum Verschwinden zu bringen, während die örtliche
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Therapie des Fiebers.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;101
Störung doch noch fortbesteht und einer weiteren Berücksichtigung und Behandlung bedarf. Für das kranke Thier ist jedoch in je­dem Falle schon sehr viel gewonnen, wenn die gefahrvollen fieber­haften Störungen beseitigt sind.
sect;. 31. Mit wenigen Worten mag hier sogleich das bei den Haus-thieren so seltene Wechseltieber, welches wir bisher noch nicht zu sehen Gelegenheit hatten, seine Erledigung finden. Es wurde bei Pferden, Rindern, Schafen, Hunden und Affen, und mit ein-, drei-und viertägigem Typus, d. h. in der Art beobachtet, dass die Fie­beranfälle entweder täglich eintraten, oder dass mit Dazwischen-treften eines oder mehrerer völlig fieberfreien Tage der Paror.ysmus jeden zweiten oder dritten Tag u. z. zu einer bestimmten Zeit auftrat und das Thier in der Zwischenzeit völlig gesund erschien. Soll sich für die Gegenwart eines Wechseltiebers in einem bestimmten Falle mit Entschiedenheit ausgesprochen werden, so dürfen Er­scheinungen eines acuten oder chronischen Localleidens, welches einen fieberhaften Zustand veranlassen könnte, nicht nachzuwei­sen sein; eine Rücksichtnahme, welche bei manchen der einschlä­gigen Beobachtungen vernachlässigt worden zu sein scheint, und es vielmehr den Anschein hat, dass bloss ein in Folge eines acu­ten Krankheitsprocesses aufgetretenes, deutliche Nachlässe ma­chendes Fieber vorgelegen habe. Rucksichtlich der Aetiologie ist bemerkenswerth, dass einige Beobachter gefunden haben wollen, dass in Gegenden, in denen das Wechselfieber unter den Menschen epidemisch herrsche, dasselbe auch unter den Schafen und Pfer­den vorkomme.
Bezüglich der Therapie lässt sich bei dem geringen vorlie­genden Material von Beobachtungen etwas Näheres und allgemein Giltiges nicht angeben, nur bemerken wir, dass bei den als Wech­selfieber in der Literatur verzeichneten Fällen sich die Anwendung purgirender Arzneien (der Aloe), bitterer Mitteln (besonders Chi­nin) und weingeisthaltiger Substanzen (Wein) als erfolgreich her­ausgestellt habe.
Die allgemeinen Formen substantieller Störungen.
I. Locale Störungen des Kreislaufs.
Physiologische Vorbemerkungen.
sect;. 32. Für den normalen Fortgang der Functionen des Gefäss-systems sind folgende Momente vorzugsweise ins Auge zu fassen:
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JO0nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Allgemeine Formen der Krankheiten.
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die Triebkraft des Herzens, die Gefässröhren und das Blut. Die Triebkraft des Herzens vermittelt die Blutbewegung; die Ver-theilung des Blutes hängt von den Gefässen ab. Die Gefässe sind keine starren Röhren, sondern contractile und elastische Schläuche; die Contractilität, vorzugsweise abhängig von mus­kulösen Elementen, ist an den Arterien am stärksten ausgespro­chen, während bei den Venen das elastische Gewebe überwiegt; die Capillargefässe scheinen der Contractilität, die jedoch an den kleinen Arterien sehr deutlich wahrzunehmen ist, zu entbehren. Unter Tonus der Gefässe hat man früher im Allgemeinen die Fähig­keit der Zusammenziehung verstanden, ohne gerade speciell an die dabei in Betracht kommenden muskulösen Elemente zu denken; und als man die Elasticität und Contractilität sondern lernte, be­hielt man trotzdem den Ausdruck Tonus für die Contractilität bei. Virchow schlägt vor, ausser der Contractilität und Ela­sticität noch den der Tonicität beizubehalten, die er als den Ausdruck für eine nutritive normale Spannung der Gefässhäute betrachtet. Wir halten für richtig, den Tonus überhaupt in dieser Weise aufzufassen, aber dann ist es nichts Neues, den Gefasshäu-ten ausser den beiden Eigenschaften Zukommendes, sondern ist das Höhere, Gemeinsame, dem Elasticität und Contractilität als Factoren untergeordnet sind.
Die Thätigkeit des Herzens, sowie die Contractilität der Ge­fässe ist vom Nervensystem abhängig; die Grosse des Druckes, unter dem die Blutsäule steht und fortgetrieben wird, ist ausser der mechanischen Kraft des Muskelfleisches des Herzens eine nach den Zuständen des Nervensystems wechselnde; die Elasticität ist vom Nervensystem unabhängig und hält an, so lange nach dem Tode der substantielle Bestand der Häute überhaupt dauert. Die Ner­ven, welche die Thätigkeit des Herzens anregen, sind der Vagus und der Sympathicus; auch die vasomotorischen Nerven der Ge­fässe stehen mit beiden Nervensystemen in Verbindung, wie wir durch Cl. Bernard's berühmtes Experiment wissen, der durch Exstirpation des Ganglion cervicale primum eine Vermehrung von Blut (Lähmung der Gefässmuskulatur) in den Ohren von Kanin­chen nachwies, wobei gleichzeitig Temperaturvermehrung stattfand. Es ist namentlich durch Schiffs Untersuchungen wahrscheinlich gemacht, dass das eigentliche Centrum der Gefässnerven in der Medulla oblongata liege.
Es scheint ferner aus manchen Thatsachen hervorzugehen, dass an den Gefässnerven ein ähnliches Verhältniss stattfinde, wie am Herzen, dass nämlich Reizung von cerebrospinalen Fasern eine Erschlaffung der Gefässmuskulatur mit Erweiterung der Gefässe bewirke; bei geminderter Thätigkeit oder Lähmung der Cerebro-spinalnerven, eine Contraction der Gefässe, Verengerung ein-trete.
Ausser dem Einflüsse des Herzens, der Gefässröhren ist die Blutbewegung und Vertheilung abhängig von der in den Gefässen
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Der Puls der Gefasse.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 103
circulirenden Flüssigkeit. Die Mengenverschiedenheiten des Blutes müssen selbst bei gleichbleibender Druckkraft des Herzens ver­schiedene Füllungszustände der Gefässe hervorbringen; seine grös-sere Dünne oder Dichtigkeit, sein Reichthum an körperlichen Be-standtheilen, seine anderweitige Zusammensetzung müssen auf die Bewegung und Vertheilung den wesentlichsten Einfluss ausüben, und die Widerstände vermehrt oder vermindert werden, welche durch die mannigfaltige Theilung der Röhren der Druckkraft des Herzens entgegentreten. Dieser Einfluss des Blutes wird dadurch noch gesteigert, dass fortwährend Ernährungsvorgänge stattfinden; dass sich die Zusammensetzung des Blutes jeden Augenblick än­dert, und dass die Gefässwandung mit ihrer Spannung oder Re­laxation unmittelbar durch ihre eigene Ernährung, mittelbar durch die Ernährungsspannung der umgebenden Theile und die Affectio-nen der Nerven von dem in ihnen kreisenden Blute abhängig ist. — Wie die Respiration, wie äussere Memente weiter auf die Beförderung oder Hemmung der Circulation wirken, gehört mehr den speciellen Capiteln an. Auch mag es genügen, hier nur anzudeuten, dass in den Gefässwandungen ausser der durch die Nerven möglichen Verengerung (spastisclie Contraction) oder Erweiterung (paralyti­sche Dilatation) mannigfache pathologische Veränderungen (Auf­lagerung, Verdickung etc.) Verengerung oder Erweiterung bewir­ken können.
Der Puls der Gefässe.
sect;. 33. Wir beobachten den Puls vornehmlich an den Arterien. Pulsationen an den Venen sind vereinzelte, durch besondere Stauun­gen des Blutes bedingte Phänomene.
Jede Systole des Herzens treibt eine neue Menge Blutes in die Aorta und die Ausdehnung, welche die Arterien durch das Ausströmen des Blutes erfahren, ist die Ursache der Pulsation. Die Ausdehnung betrifft die Länge und das Lumen der Gefässe. Man hat früher an eine sich peristaltisch fortsetzende Bewegung der Gefässe geglaubt; eine solche existirt nicht für das Gefäss-system; sie ist nur in schwachen Andeutungen an den Gefässostien am Herzen beobachtet worden; sie ist aber auch zur Erklärung der Pulsation nicht nothwendig. Je oberflächlicher eine Arterie liegt, je dünner die bedeckende Haut, desto deutlicher ist ihre Längen- oder Breitenausdehnung zu beobachten (radial, tem­poral.).
Die Verhältnisse, welche bei der Untersuchung des Pulses in Betracht kommen, sind 1) die Frequenz und Regelmässig-keit in den Contractionen des Herzens; 2) die Kraft des Herzens, der Blutdruck; 3) der Grad des Widerstandes in der Gefässhaut, der von der Elasticität und Contractilität in seinen wechselnden
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104nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Allgemeine Formen der Krankheiten.
E athologischen Verhältnissen aber besonders von der letzteren ab-ängt; 4) die Dauer und der Entwicklungsmodus einer jeden Ex­pansion und Contraction des Gefasses; 5) der Füllungszustand der Arterien.
Diese Verhältnisse sind es vornehmlich, über welche uns die Untersuchung des Pulses Aufscliluss gibt; so finden wir einen grossen oder einen kleinen, richtiger ausgedrückt eine weite, enge Arterie mit grosser Blutwelle, — einen harten oder weichen Puls, — einen vollen, leeren, je nach dem Grade des Blutdruckes und der Spannung der Gefäs/iwandung, — einen langsamen, schnellen oder häufigen [beim pulsus celer rasche Entwicklung der einzelnen Schläge, beim p. frequens Häufigkeit in einer gegebenen Zeiteinheit verglichen mit einer anderen] einen regelmässigen oder gleichmässi-gen Puls. Ein aussetzender Puls kommt vor, wenn die Bewegun­gen des Herzens sehr langsam erfolgen, oder manche Systole so schwach ist, dass eine zur fühlbaren Ausdehnung des Gefasses unzureichende Blutmenge hineingetrieben wird, ein p. duplex (ent­weder dicrotus oder capricans, bei unregelmässiger Herzbewegnng: für die Bezeichnung der Dauer der Contraction enthält die alte Pulslehre noch keine Bezeichnung; wir möchten dafür lang und kurz wählen.
Noch andere, jetzt weniger gebräuchlichere Bezeichnungen sind: pulsus scrratus, sägeförmig, p. undulans, wogend, p. myseus (Mäusepuls), wenn beim schwachen Pulse mehrere Schläge schnell auf einander folgen, dabei aber an Stärke immer mehr abnehmen, bis wieder ein kräftiger Schlag dieselbe Reihenfolge beginnt. Diese subtilen Distinctionen sind natürlich, da man früher die physiologi­schen Verhältnisse des Kreislaufes nicht so genau untersucht hatte, und die Harwey'sche Entdeckung schon eine ausgebildete Puls­lehre vorfand.
Der Puls galt früher und noch vor wenigen Decennien als der Hauptanhaltspunkt für die Beurtheilung der Intensi­tät der Krankheit; seine Qualität war für die Wahl eines Me-dicamentes entscheidend; ein harter, voller Puls verlangte eine Venaesection etc. In neuester Zeit hat der Puls sehr an Credit der -Diagnose und noch mehr der Therapie gegenüber verloren, vornehmlich deshalb, weil man seine Qualitäten nicht als ein Re­sultat eines Zustandes, sondern als die Folge verschiedener Mo­mente betrachten muss, die uns nicht gestatten, die Art des Pul­ses als einen Factor bei der entscheidenden Wahl eines Mittels gelten zu lassen. Trotzdem ist es unrecht, wenn man die Un­tersuchung des Pulses vernachlässigt; die physiologischen Mo­mente desselben enthalten doch eine Reihe von Beziehungen für den ganzen Organismus, und er muss ein Angriflspunkt der Untersuchung bleiben. — Am Abend ist die Frequenz grosser, als am Morgen, ebenso nach dem Essen; Fleischnahrung erhöht die Frequenz, ebenso der Genuss von Spirituosen, im Liegen wird
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Oertliche Gefnssleerenbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;10Ö
der Puls seltener, jede auch die geringste allgemeine Bewegung beschleunigt ihn, ebenso hohe Wärmegrade, verminderter und er­höhter Luftdruck. Sehr häufig sind mit den Aenderungon der Fre­quenz auch, wenigstens vorübergehend Aenderungcn der Übrigen Qualitäten des Pulses verbunden. Die grossen individuellen Schwankungen und die Masse der verschiedenartigen Einflüsse, die sich in ihren wechselnden Verhältnissen nicht mit Präcision beschreiben lassen, erschweren die Beurtheilnng in pathologischen Zuständen und machen für den Arzt die vorhergehende Kenntniss der normalen 2aistände sehr wünschenswerth.
Oertliche Gefässleere (örtliche Anämie).
sect;.34. Sie ist entweder die unmittelbare Folge einer Verminderung der Blutzufuhr (Schwäche der Herzthätigkeit, örtliche Kreislaufa-hindernisse), oder wird durch directe Verengerung der Gefässe bedingt. Beide Arten der Hindernisse kommen combinirt mit ein­ander vor, namentlich kann die Verengerung des Lumens sowohl die zuführenden Gefässe treflen, und so Anämie durch Blutmangel veranlassen, als auch direct in den dem anämischen Bezirk zuge-hörenden Gefässen vorkommen.
Die Verengerungen der Arterien sind als die der zuführen­den Gefässe am wichtigsten, nächstdem die der Capillaren; die der Venen bedingen erst seeundär durch Rückstauung Verhinde­rung des Zuflusses.
Verengerungen der Gefässe entstehen 1) direct durch Verän­derungen der Wandung (Auflagerung, Verdickung) oder durch ei­nen von Aussen wirkenden Druck: 2) durch Contraction der Ge­fässe (Arterien und Venen). An den Capillaren ist eine Contrac-tilität nicht möglich. Die Contraction der Gefässe ist eine directe, wie aus den Erfolgen unmittelbarer Einwirkung der Kälte, Anwendung adstringirender Mittel und anderer chemisch reizender Substanzen hervorgeht, oder eine indirecte oder antagonistische; auf dem letz­teren Wege erklärt sich der Gefässkrampf in fieberhaften Zustän­den und bei Lähmungen (vielleicht in Folge von Ueberwiegen der einseitigen Thätigkeit der sympathischen Gefässnerven s. oben).
Die nächsten Folgen der partiellen Anämie sind Blässe, Abnahme des Umfangs, der Temperatur; (doch die letztere nur in manchen Fällen) sie ist von der Menge des Blutes allein nicht abhängig (sie ist im Fieberfrost z. B. erhöht'. Dies lässt sich an äusseren Theilen sehr wohl constatiren und es ist kein Grund vorhanden, dieselben Veränderungen nicht auch an inneren Theilen anzunehmen. Mit diesen Erscheinungen verbindet sich Verminderung der Secretion (anämische Schleimhäute sind trocken). Abnehmen der Ernährung überhaupt; sehr früh schon und wohl
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106nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Alleemeine Fonnen dsr Krankheiten.
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von der unmittelbaren Verminderung des Stoffumsatzes abhängig, stellt sich Stumpfheit des Gefühls und erschwerte Bewegung ein.
Die partielle Anämie selbst hat andere Veränderungen, die sich unmittelbar mit ihr combiniren können, in ihrem Gefolge. Das ans den verengten Gefässen herausgepresste Blut kann nicht immer, und besonders wenn die Contraction eine Zeitlang anhält, hinrei­chend abfliessen, sondern häuft sich leicht in den Venen an, und es entsteht eine Hyperämie. Die venöse Hyperämie des Gehir­nes bei gleichzeitig vorhandener arterieller Anämie ist ein Bei­spiel. — Es entsteht aber auch selbst im arteriellen Stromgebiet ein stärkerer Turgor, den wir bei anhaltender mechanischer Ver­engerung bis zu collateralem Kreislauf sich ausbilden sehen können.
Die Behandlung der partiellen Anämie hat als causale so­wohl, wie als indicatio morbi die genetischen Momente zu berück­sichtigen. Ein äusserer Druck muss entfernt werden, es ist Rück­sicht auf die Lagerung des Theiles zu nehmen, um das Einströmen des Blutes zu erleichtern. Die geschwächten Herzcontractionen sind durch excitirende Mittel zu beleben; lokal ist die Verengerung der Gefässe zu bekämpfen; bei mechanischer Obturation die Blutzufuhr wenigstens indirekt durch Steigerung des collateralen Kreislaufs durch Frictionen, aromatische Fomente, äussere Hautreize, exciti­rende und spirituöse Einreibungen zu vermitteln; in anderen Fällen krampfhafter Contraction ist durch relaxirende Mittel, ferner durch die Anwendung mittlerer Wärmegrade, durch Bäder, erweichende
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Einreibungen, warme Getränke, Erschlaffung der Gefasswand zu versuchen.
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Congestion, Turgor, Hyperämie, Stase.
sect;. 35. Unter Congestion versteht man das vermehrte Zuströ­men von Blut gegen einen Tbeil; Hyperämie ist der bleibende Zu­stand vermehrter Blutmenge: die Congestion wird sehr bald zur Hyperämie und das Durchströmen des Blutes kann als vermehrtes nur sehr vorübergehend sein, und so nähert sich Hyperämie mehr dem Begriff der Stockung, oder wenigstens der verlangsamten Blutbewegung.
Man unterscheidet eine arterielle, venöse und capillare Hyper­ämie; die arterielle betrachtet man als eine mehr vorübergehende (Turgor, Orgasmus), man denkt bei ihr mehr an einen congestiven Character; die venöse mehr als bleibende; die capillare wird in der Praxis öfter, freilich mit grossem Unrecht, als eine vorwaltend arterielle oder venöse unterschieden, eine Trennung, die auch nur einen genetischen Werth hat.
Eine weitere, ebenfalls genetische Unterscheidung itff in active und passive; man identificirt in der populären Anschauungsweise den Begriff des Activen mit arterieller, des Passiven mit ve­nöser Hyperämie, den ersten mehr mit dem Begriff des schnelleren Zuströmeus, den zweiten mit dem der langsameren Strömung, der
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Congestion, Hyperämie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;107
Stockung. Mit dem Begriffe des Activen verbindet man häufig die Vorstellung einer unter dem Einflüsse einer Reizung entstehenden rascheren Zuströmung und Füllung der Gefässe.
Allgemein ausgedrückt kann man sagen: die Gefassfülle ent­steht wie eine jede Störung der Circulation durch ein Missverhält-niss der eintreibenden Kräfte und der Widerstände in den Gefäss-wandungen, sie kann nur bestehen bei Aufhebung der Widerstände der Gefässe, bei Relaxation ihrer Wandungen; sie wird dann zu einer bleibenden Hyperämie, wenn sie vorher Congestion war.
1.nbsp; nbsp; Hyperämie mit vermehrterGeschwindigkeit der Blutbewe­gung (active). Vermehrung der Zufuhr wird allgemein bewirkt, durch gesteigerte Druckkraft des Herzens; es wird eine grössere Menge von Blut mit vermehrter Geschwindigkeit in die Gefässe hineinge­pumpt, bis die Widerstände der Gefässe sich verringern, die Blut­bewegung wieder verlangsamt wird; sie entsteht lokal durch com-pensatorische Steigerung des collateralen Seitendrucks, wenn in dem regclmässigen Strome Hindernisse eintreten; fast jede Stockung macht, vorausgesetzt, dass von den Centren des Gefässapparates dieselbe Blutmenge zugeführt wird, in der Umgegend des Hemm­nisses vermehrte Blutströmung. Darauf beruht, wie wir sehen wer­den, die Möglichkeit, theilweise ausser der Circulationsverbindung gesetzte Theile dennoch zu ernähren und zu erhalten. Als weitere Beispiele für die Entstehungsart dürften ferner die Congestionen heranzuziehen sein, die nach Aufhebung eines äusseren Druckes eintreten, nach der Exstirpation von Geschwülsten, nach Entleerung von Flüssigkeiten (bei Ascites etc.).
2.nbsp; nbsp; Hyperämie mit verminderter Geschwindigkeit der Blutbe­wegung (passive), durch Verminderung der Zufuhr. Sie entsteht durch Schwächung der eintreibenden Kräfte, Verminderung der Herzenergie; durch direkte mechanische Hindernisse der Gefäss-wandung, partielle Ausbuchtungen, Erweiterungen derselben; dies sind die Stauungshyperämien, die eigentlich passiven. Begünstigt wird das Zustandekommen dieser Blutanfüllung durch abhängige Lage, und äusseren Druck. Es ist erklärlich, dass sich diese Art vorzugsweise an den Theilen des Gefässapparates leicht aus­bilden wird, an denen die Blutbewegung von vornherein langsamer von Statten geht, wie an den Venen.
3.nbsp; nbsp; Hyperämie durch directe Einwirkung auf die Gefäss-wand und zwar durch Veränderung des Tonus derselben. Die Er­schlaffung der Gefässwand, die wir als die nothwendige Bedingung der Blutfülle überhaupt hingestellt haben, kann
a)nbsp; sowohl durch Reizung als durch Depression der Gefässner-ven hervorgerufen werden.
Die durch massige direkte Reize, durch Wärme, Kälte, Elec-tricität entstehende Contraction der Gefasswandung wird durch Stei­gerung des Reizes (Ueberreizung) zur Relaxation.
b)nbsp; sind es möglicherweise veränderte Diffusionsverhältnisse
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Allgemeine Formen der Krankheiten.
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des Blutes, welche den Tonus ändern, erschlaffen und Hyperämie erzeugen. Wir erinnern hier an die Phänomene der Hyperämie, die bei Verminderung des Luftdruckes eintreten, wobei jedoch nicht zu übersehen ist, welch' wesentlichen Autheil auch die veränderten Verhältnisse der Respiration (häufigeres Athmen, sauerstoifreiche Luft) auf die Herzthätigkeit ausüben. Die specielle Betrachtung der Blutkrankheiten lehrt uns in den mannigfaltigen Zusammen­setzungen des Blutes auch eine Reihe von Momenten für das Zu­standekommen von Hyperämien kennen.
Die ausgebildete, bleibende H^yerämie stellt die sogenannte Stase dar.
Die Symptome der Hyperämie sind:
1)nbsp; Röthe. Sie rührt davon her, dass die Blutströme breit wer­den und die Menge der durch einen Gefässbezirk in einer gewissen Zeit durchströmenden rothen Blutkörperchen zunimmt. Je mehr die Capillarcn an oberflächlichen Theilen, und unter unbehaarten dünnen, durchsichtigen Häuten hyperämisch sind, desto deutlicher ist die Röthung: sie ist bei Nichtbetheiligung der Venen hellroth (arterielle), bei gleichzeitiger Anfiillung der Venen dunkler und bläulich. Sie ist ausscr dem Grade der Durchsichtigkeit auch abhängig von der Farbe der umgebenden Theile. Das Verschwinden der Röthe nach dem Tode, wie wir z. B. an Exanthemen an der äusseren Haut so häufig se­hen, rührt von dem Collapsus der Gefässe her, zum Theil aber ge-wiss auch daher, dass der Zufluss des Blutes, das sich, ehe es zur Stockung kommt, mit vermehrter Geschwindigkeit bewegt, aufhört.
2)nbsp; Erhöhte Temperatur. In allen Fällen, wo eine vermehrte Geschwindigkeit des Einströmens die Hyperämie bedingt, findet eine Temperaturerhöhung lokal statt.
8) Anschwellung. Sie ist Folge der Ausdehnung der Gefässe, wird aber mit Entschiedenheit erst bei vollständigerer Stockung her­vortreten, weil dann eine weitere Folge gestörter Diffusionsverhält­nisse, Transsudat oder Exsudat — oder verminderte Resorption hin­zutritt, und dies ist es vornehmlich, welches die Schwellung der Umgebung bedingt.
4)nbsp; Nervensymptome. Bei der activen, mehr arteriellen Hy­perämie finden wir Symptome der gesteigerten Nerventhätigkeit, das Gefühl von Hitze/ erhöhter Erregung, Aufregungszustände im Bereiche der Sinnesnerven, in dem Bereiche der eigentlichen sen-sibeln, erhöhte Empfindlichkeit bis zum Schmerz, dessen Qualitäten sehr verschieden sein können. Der unmittelbare Reizungszustand der Nervenfasern durch die angefüllten Gefässe, dann aber auch wohl die veränderten Ernährungszustände sind der Grund dieser Erscheinungen. Die Localität der einzelnen hyperämischen Organe, ihre Beziehung und Bedeutung zu und für andere Funktionen und Organe geben diesen Erscheinungen eine grössere Intensität und Ausdehnung.
5)nbsp; Die weiteren Funktionsstörungen fallen in das Bereich der Ernährung.
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Blutungen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;109
Die Hyperämie kann nach kürzerer oder längerer Zeit voll­ständig schwinden, doch bleibt grosse Neigung zu Recidiven; oder die Verstopfung des Gefässes wird eine dauernde, oder es bilden sich die verschiedenen Formen von Ausbuchtungen und Erweiterun­gen der Gefässe (Aneurysmen, Varices).
Die Behandlung hat als causale bald eine Verminderung, bald eine Steigerung der Blutzufuhr je nach dem activen oder passiven Charakter der Hyperämie ins Auge zu fassen. Auch die von den Nerven abhängige Dilatation der Gefässe kann eine bald re.izeude, bald herabstimmende Behandluugsweise verlangen, bald um sie zu verlangsamen (uarcotische Mittel), bald um sie zu steigern (Reiz­mittel). — Die direkte Behandlung der Blutfulle selbst sucht die Entfernung des Blutes eutweder mittelbar durch allgemeine Ver­minderung der Blutmasse zu bewirken; dies geschieht durch gerin­gere Ernährung, durch allgemeine Blutentziehung, durch Hervcr-rufung reichlicher allgemeiner Se- und Excretionen (Abführmittel), oder durch Hyperämien an anderen btelleu (durch Hautreizung; derivatorisch, oder unmittelbar local durch Blutentziehung, durch Druck, durch Anwendung von zusammenziehenden Mitteln (Adstrin-gentien. Kälte).
Den weiteren Verlauf und die Ausgange der Hyperämie bezeich­nen einerseits Ruptur der Gefässe, Extravasation, andererseits die verschiedenartigen Ausscheidungen aus dem Blute, Transsudate und Exsudate.
Blutung, Extravasation, Ruptur der Gefässe.
sect;. 3G. Der Austritt von Blut, der aus jedem Gefässe erfolgen kann, geschieht entweder in Kanäle, welche ^ich nach aussen öffnen (Blutfluss, Hämorrhagie) oder innerhalb der Gewebe (nach den ver­schiedenen Graden als Öuftusion, Ecchymose, hämorrhagische Infil­tration) ohne wesentliche Zerstörung derselben oder mit Zerstörung der Gewebe, einen Heerd in ihnen bildend (hämorrhagischer In-faret). Der Ausdruck Apoplexie, von der plötzlichen bei vielen Blutungen stattfindenden Aufhebung der Funktion entnommen, wird mit Unrecht schlechthin von Blutaustritt im Innern der Organe ge­braucht, besonders dann, wenn sie schnell zu Stande kommen. Hä­morrhagische Herde entstehen vorzugsweise bei grossen, rasch er­folgenden Ergüssen, die in ein weiches, leicht der Zertrümmerung fähiges Gewebe hinein erfolgen (Nervensubstanz, parenehymatöse Organe). Bei langsameren und geringerem Blutaustritte entstehen jene Formen, die wir hämorrhagische Infiltration nennen.
Jede Blutung setzt eine Continuitätstrc;nnung eines Gefässes voraus.
Die nächste Bedingung tür das Zustandekommen einer Ge-tässruptur ist nun 1) leichtere Zerreisslichkeit der Gefässwand. Sie ist durch mannigtache Krankheitsprocesse möglich; die am häufig-bten vorkommenden sind: die atheromatöse und fettige Degenera-
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HOnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Allgemeine Formen der Krankheiten.
tion, die sich auf die kleinsten Gelasse erstreckt, die Verdünnung der Wandungen durch die verschiedenen Formen von Aneurysmen-bildung, endlich einfache Ernährungsstörung, die sich anatomisch nicht durch palpable Substrate nachweisen lässt, die aber in aus­gedehnter Weise bei den putriden, septischen Zuständen der Blut­masse zum Vorschein kommt (so im Typhus, Milzbrand, Hunds-wuth, bösartigen Pocken).
Das direct die Zerreissung erzeugende Moment ist das Miss-verhältniss der eintreibenden Kraft des Blutstromes zur Gefässwand. Die Steigerung der eintreibenden Kraft, entweder vom Herzen aus oder durch lokale Verhältnisse bedingt (Stauimgshyperämie), kann schliesslich eine normale Gefässhaut bersten machen; eine schon degenerirte Gefässhaut aber ist auch dem normalen Blutdruck ge­genüber nicht widerstandsfähig genug.
Ausser mechanischen Veranlassungen, Druck, Stoss etc. kön­nen Blutungen setzen: heftige Bewegungen der Muskeln, nervöse Erregung und Fieber, insofern durch sie die Bewegungen des Her­zens vermehrt und intensiver werden, auch vermehrte Kespirationen sind weitere Gelegenheitsmomente. Die Veränderungen des Luft­druckes kommen hier in derselben Weise in Betracht, wie bei den Hyperämien.
Symptome. Ehe die Blutung zu Stande kommt, beobachtet man oft Symptome von localer Congestion, von allgemeiner Span­nung des Gefässsystems (frequenter, voller, doppelschlägiger Puls), von nervöser Erregung (allgemeine Unruhe); man hat diesen Sym-ptomencomplex molimina hämorrhagica genannt. Der Eintritt der Blutung löst die Spannung, und da durch die Verminderung der Blutmasse auch eine regelmässigere Vertheilung möglich gemacht wird, so kann die Blutung mit dem Ende einer Krankheit zusam­mentreffen, kritisch erscheinen.
Damit diese günstigen Wirkungen eintreten, darf 1) die Blu­tung nicht zu profus werden, sonst entstehen die Erscheinungen der Verblutung, Kälte der Extremitäten, Zittern, zuweilen Convul-sionen, vollständiger Collapsus. Bei Eröffnung grosser oder vieler kleiner Gelasse gleichzeitig sieht man diese Erscheinungen sehr acut sich entwickeln, doch kann jede kleine Blutung, die lange dauert, dieselben Folgen herbeiführen, 2) muss der Abfluss des Blutes nach Aussen erfolgen.
Bei innerer Blutung kommen zu den Symptomen des Blutver­lustes auch die der behinderten Funktion der Organe, in welche das Blut ergossen wird; bei den Centraltheilen des Nervensystems bewirken schon kleine Ergüsse die heftigsten und weitverbreitet­sten Symptome. Grössere Blutergüsse erzeugen eine Volumensver. mehrung des Organes. Das ausgetretene Blut selbst geht in der Mehrzahl der Fälle den Process der Gerinnung ein; es sondert sich in einen Faserstoffklumpen, der bei seiner Zusammenziehung den flüssigen Theil immer mehr auspresst. Unter allmäliger Re­sorption des flüssigen Theils und Verschrumpfung des Faserstoffs,
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Behandlung dei Blutungen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;J^l
nähern sich die quot;Ränder des Blutherdes, und es kommt unter Neubildung von Bindegewebe zur Bildung einer sogenannten apo-plectischen Narbe. Die Gerinnung setzt sich zuweilen als Throm­busbildung auch in die Gefässe fort und dient als obturiren-der Pfropf zur Stillung der Blutung. Es ist derselbe Vorgang, wie wir ihn bei den künstlich vorgenommenen Ligaturen nach Ope­rationen beobachten können.
Selten und vorzugsweise nur unter dem Einflüsse einer septi­schen Blutbeschaffenheit findet eine Erweichung resp. ein Zerfall (jauchiger) eines schon gebildeten Gerinnsels Statt; häufiger ist dies aber dann, wenn eine unvollständige Gerinnung erfolgt, oder wenn das Blut arm an Faserstoif ist. — Die ein Blutextravasat umge­benden Theile sind mehr oder weniger infiltrirt, erweicht, oder sie bilden durch Eintritt einer neuen Exsudation einen wallartigen Ab-schluss.
Die Prognose der Blutungen ist abhängig von den genetischen Momenten, von dem Orte der Blutung (Möglichkeit des Abfliessens, Zertrümmerung des Gewebes, Bedeutung des Organs für allgemeint Lebensfunktionen), und von der Menge des ergossenen Blutes (Ge­fahr der Blutleere, Bluterschöpfung, abhängig.
Die Behandlung hat den Riss zu verstopfen; dies geschieht direct, indem sie ein blutendes Gefäss abschnürt; indirect, indem die Bildung eines obturirenden Pfropfes begünstigt wird, wie dies bei der spontanen Sistirung der Blutung zu beobachten ist. Ein solcher, die Gefässmündung verlegender Pfropf bildet sich, sobald der Ausfluss des Blutes sich verlangsamt und die sich bildenden Gerinnsel nicht mehr fortgespült werden. Nach diesen Zwecken gruppiren sich die verschiedenen Mittel:
Wir suchen den Blutstrom zu verlangsamen, eventuell abzu­schneiden durch Compressiou der zuführenden Gefässe, durch Veren-gerungderselben; durch Anwendung von Kälte und solcher Mittel, welche die Herzthätigkeit herabsetzen, Säuren, Digitalis, u. s. w., oder die eine besondere, zusammenziehende Wirkung auf die Ge-fässmusculatur ausüben, wie Alaun und die gerbstoffhaltigen Mittel. Bei sehr gesteigerter Herzthätigkeit kann die Nothwendigkeit ein­treten, eine allgemeine Blutentziehung vorzunehmen. Am Orte der Blutung selbst suchen wir die Bildung des Pfropfes durch Andrücken fein poröser Körper (Feuerschwamm) zu befördern, wir suchen durch Adstringentien (Alaun, Acid, tanicum, Eisen, liquor, ferr. chlorat., etc.) oder durch Kälte eine Zusammenziehung des Parenchyms, oder Coa­gulation des Eiweisses zu bewirken oder wir bilden durch Aetzung mit Säuren, Argent, nitr., und Glühhitze einen die Oeftnung der Ge­fässe zerstörenden Schorf.
Bei Blutungen aus parenchymatösen Organen ist die Compres­sion auf die zuführenden Gefässe oft ein Mittel, die Blutung zu be­fördern; sie steht, sobald der Druck nachlässt, weil die Stauung in den venösen Gelassen dadurch aufhört.
Blutungen, die im Gefolge von Krankheiten einzelner Organe,
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112nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Locale Störungen der Ernährung.
oder von Allgemeinkrankheiten Typhus, Pocken etc. auftreten, er­fordern eine rationelle Behandlung der Gesatnmtkrankheit.
Locale Störungen der Ernährung, Transsudal und Exsudat, Wassersucht und Entzündung.
sect;. 37. Wir haben oben als den möglichen Ausgang einer Cir-oulationsstörung aussei- der Berstung der Gefässs und dor Extravasa­tion, auch die Exsudatiou und Transsudation angeführt. Es kann durch die unverletzte Gefässwand ein Austritt von Bestandtheilen des Blut­plasmas stattfinden. Ein solcher Austritt von Blutplasma in das umliegende Gewebe ist ein normaler Vorgang; es tritt jedoch im normalen Zustande nur so viel aus, als zur Ernährung verwendet wird, das Uebrige wird wieder resorbirt. Pathologisch wird der Vorgang, wenn 1) eine grössere Menge von Plasma ausgeschie­den wird, als resorbirt werden kann; wenn 2) überhaupt nicht resorbirbare Stoffe austreten, oder 3) durch das weitere Verhalten des Exsudats, durch seine unmittelbare Wirkung auf die Umgebung oder seine eigeuthümliche Metamorphose.
Die aus den Gelassen ausgetretenen Theile des Blutplasma'a werden als freies, infiltrirtes oder interstitielles Exsudat unter­schieden; als freies, wenn es auf die Oberfläche geschafft und ab­gesetzt wird, wie auf Schleimhäute, wo es oft noch durch einen Ausführungsgang nach Aussen abfliessen kann, oder sich wenig­stens in einer natürlichen Höhle ansammelt: ein infiltrirtes Exsudat ist ein solches, das in die Gewebe selbst ergossen wird; ist das Gewebe nicht dehnbar und elastisch, tritt das Exsudat von vom herein mit einer gewissen Eapidität oder in grössersr Menge aus, so werden weiche Gewebe (Gehirn) zertrümmert; es bildet sich eine künstliche Höhle. Als interstitielles Exsudat wird ein solches be­zeichnet, das sich, ohne das Parenchym der Organe zu benachtheili-gen, in die Zwischenräume ablagert, und nur durch Verdrängung und Compression wirken kann.
Die Quantität der Ausscheidung variirt nach der Intensität des Krankheitsprocesses, der Intensität des einwirkenden Reizes, und der Cirkulationshemmung. Auf Schleimhäuten, serösen Häuten ist die Menge der Ausscheidungen gewöhnlich grosser, auch kann man im Allgemeinen sagen, dass je wässriger ein Exsudat ist, desto beträchtlicher es gewöhnlich sei.
Die Qualität der Exsudate zeigt in Bezug auf ihre Farbe mannigfache Verschiedenheiten; im Anfange ist es farblos oder leicht gelblich gefärbt, wie das Blutserum; Ruptur der Gefasse bewirkt durch Beimengung von Blutkörperchen, Farbennüancen von leichter Sprenkeluug (blutige Sputa) oder Tingirung, bis zu inten­siver gleichmässig rother Färbung (hämorrhagisches Exsudat). In Bezug auf seine chemische Zusammensetzung hat man neuerdings
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Waflseraucht.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; H3
die Ausdrücke: Transsudat und Exsudat von einander zu unter­scheiden versucht.
Unter Transsudat versteht man die mehr wässerigen Ausschei­dungen, welche vorzugsweise die im Blutserum gelösten Salze, Fette, Extractivstoffe, Harnstoff, Zucker, Eiweiss enthalten, denen aber im Allgemeinen der Faserstoff fehlt. Dem populären Sprach­gebrauch nach hat man die Ansicht, dass als Transsudat die nor­malen Ahsonderungeu der serösen Häute und pathologisch mehr die aus den Gefässen direct durch Druck ausgepressten, gleichsam filtrirten Blutserumtheile aufzufassen seien. — In dem eigentlichen Exsudat dagegen ist neben den Bestandtheilen, die im Blutserum gelöst sind, auch F'aserstoff vorhanden, weniger Wasser und der Process ist blos von mechanischen Momenten des Drucks abhängig, nicht als ein blosser Akt der Filtration aufzufassen. Der Sprach­gebrauch hat bei den Wassersuchten mehr von Traussudaten, bei den Entzündungen mehr von Exsudaten gesprochen; man verbin­det mit dem Begriffe des Exsudats gewöhnlich auch den der höhe­ren Organisationsfähigkeit.
Der Unterschied von Transsudat und Exsudat ist practisch aber nur als ein gradueller aufzufassen. In einem und demselben Processe kann nach der steigenden Intensität, vielleicht auch nach der Permeabilität der Capillargefässwandung die Zusammen­setzung der Ausscheidung wechseln, im Anfange finden wir Salze und Extractivstoffe, später erst Albumin und am spätesten Fibrin. In kleinen Bläschen, wie sie nach oberflächlichen Reizungen vor­kommen, bemerkt man kein Albumin, dagegen in grossen Bulbis und bei fortdauernder. Reizung derselben Hautstclle nehmen wir endlich den Austritt von Faserstoff wahr.
Die klinischen Formen, unter welchen sich die verschiedenen Exsudationsproccsse im Grossen und Ganzen darstellen, sind Was­sersucht (Hydrops), und Entzündung, an welche sich unmittelbar die übrigen Ernährungsanomalien anschliessen.
Wassersucht (Hydropsie).
sect;. 38. Unter Wassersucht versteht man die Ansammlung von Flüssigkeit in abgeschlossenen Räumen des Körpers.
Die eigentliche Wassersucht besteht in einer Ausschwitzung wässriger Flüssigkeit in das Unterhautzellgewcbe (Oedema, Ana-sarca), wo sich durch Verdrängung des nachgiebigen Gewebes sehr bald Maschenräume bilden, oder in einer Ansammlung von Wasser in serösen Höhlen, nach den verschiedenen Höhlen als Hydrothorax, Hydrocephalus etc.; oder die Flüssigkeit ist in abgesackten Räumen (Hydrops saccatus). ländlich kann auch im Innern von Organen, die ein lockeres Parenchym haben, wässrige Ansammlung statt haben, H.
Kraus, Path. u. Therap. der Haussiiugethiere.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;8
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J14nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Locale Störungen der Ernährung.
S arenchymaticus; in diesem Sinne spricht man von einem Oedem er Lungen, des Kehldeckels etc.
Zu den hydropische Ausscheidungen unmittelbar vermitteln­den Momenten gehören: Abnormitäten der Ausscheidung und der Resorption. Die ersteren werden veranlasst durch:
1)nbsp; Hemmung der Circulation, vermehrten Elruck auf die Wan­dungen der Capillargefässe. Es sind vorzugsweise die mehr venö­sen partiellen Stauungen, die seröse Ausscheidungen bedingen,
2)nbsp; nbsp; Die Beschaffenheit der Gefässwandung und der Blut­mischung. Dass eine verschiedene Beschaffenheit der Permeabilität sogar normal existire, gebt schon aus der oben angeführten That-sache hervor, dass die Transsudate verschiedener Körperhöhlen be­deutende Differenzen in Bezug auf dieEiweiss- und Salzmenge ent­halten; geänderte Nahrungsverhältnisse üben bedeutenden Einfluss auf die Durchgängigkeit im Allgemeinen, sowie für einzelne Stoffe.
Don bedeutendsten Einfluss auf die Permeabilität der Ge-fässhäute übt unmittelbar die Zusammensetzung des Blutes selbst; es ist besonders eine grössere Menge von Wasser, mit absoluter oder eben durch die Wassermenge relativ vermehrter Salzmenge und Verminderung des Eiweisses, welches die Transsudation unge­mein erleichtern muss.
Alle diese Einflüsse können, wenn sie nicht zu excessiv wirken, und die Menge der transsudirten Flüssigkeit eine nicht bedeutende ist, durch normale Thätigkeit der aufsaugenden Gefässe wieder ausgeglichen werden, ja für eine kürzere Zeit wird selbst die Thä­tigkeit der aufsaugenden Gefässe (Lymphgefässe) gesteigert. Damit Wassersucht entstehe, muss also auch eine Verminderung der Re­sorption vorliegen. Diese kann man sich direct denken, als die Folge einer Krankheit der Lymphgefässe, oder sie ist erst die Folge der abnorm gesteigerten Exsudation, mit der die Resorption auch bei normaler Functionirung der Lymphgefässe nicht gleichen Schritt halten kann.
Symptome. Die unmittelbare Folge des Hydrops ist Ausdeh­nung der Theile, Geschwulst derselben, in welche sicli das Wasser ergossen; die Haut, das Zellgewebe nehmen an Umfang zu, die mit Wasser gefüllten Höhlen werden ausgedehnt. Die wässerige Flüs­sigkeit ist leicht wegdrückbar, deshalb bleiben bei einem Druck auf eine serös infiltrirte Hautstelle die Gruben der eingedrückten Finger; ist die Menge der Flüssigkeit jedoch sehr gross, so lässt die stärkere Spannung der Haut dieses Symptom nicht zur Erschei­nung kommen. Dasselbe gilt, wenn die Flüssigkeit unter festeren Häuten (Aponeurosen) sich befindet. — Flüssigkeiten in Höhlen ändern bei verschiedener Lage selbst ihren Ort; bei der Palpa­tion erhalten wir das Gefühl der Fluctuation; nur die abgesack­ten Hydropsien machen oft eine Ausnahme. Durchgehends sen-
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Wassersucht.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;115
ken sich alle Flüssigkeiten stets nach den untersten Theilen der Höhlen und Gliedmassen; so sind die unteren Extremitäten am häufigsten ödematös.
Diejenigen Theile, welche von dem Wasser unmittelbar infil-trirt sind, werden weicher, zerreisslicher; je weicher die Gewebe von vornherein, desto rascher und verbreiteter ist diese Wirkung (hydropische Erweichung, Macerationserweicbung). Dringt die hy-dropische Flüssigkeit nicht in das Parencbym der angrenzenden Theile ein, weil sie zu fest sind, so werden sie dieselben je nach Menge der angesammelten Flüssigkeit mehr oder weniger compri-miren und dislociren und je nach ihrer Schwere sinken die Organe in der Flüssigkeit unter oder schwimmen oben auf.
Als weitere Krankheitserscheinungen finden wir das Gefühl des Druckes, der Spannung in den infiltrirten Theilen; selten und wohl nur bei entzündlicher Complication sind heftige Schmerzen vorhanden; aber die Folgen der Hydropsie bleiben nicht blos auf die infiltrirten Theile beschränkt, sondern sind auch durch Dislo­cation und Behinderung der Bewegungen angrenzender Theile auf ferne liegende Organe ausgedehnt; so entsteht Dyspnoe bei Asci-tes durch Druck und Behinderung des Zwerchfells; durch Beein­trächtigung mechanischer Art in den Funktionen der infiltrirten und benachbarten Theile, durch Druck auf Blutgef'ässe, treten venöse Stauungen auf. Der Grad der Behinderung hängt ab von der Menge der Flüssigkeit (Grosse des Drucks), ebenso sehr aber auch von der Acuität des Ergusses, und von der Verdrängbarkeit und dem Consistenzgrade der Organe.
Die Ernährungsstörungen bestehen ausser der durch die directe Compression bewirkten Anämie und Atrophie, der Zerreisslichkeit der Gewebe und den durch localen Wassererguss bedingten Func-tionsverminderungen auch in einer allgemeinen Abnahme der Se-cretionen. Die Haut wird gewöhnlich trocken, die Temperatur er­niedrigt, die Ausscheidungen des Darmes, der Bronchien, der Nie­ren häufig vermindert, der Urin trübe, mit vielen harnsauren Sedi­menten versehen etc., wenn nicht intercurrente oder complicirende Zustände (Darmcatarrh, Oedem der Lunge) reichlichere Ausscheidun­gen bewirken. Die Blutmischung muss, wenn sie nicht schon vorher verändert war (hydrämisch) und durch einen Ueberschuss von wässri-gen Bestandtheilen zur Transsudation beitrug, durch den Verlust von Wasser eine relative Vermehrung von festen Bestandtheilen erleiden. Der Eiweissgehalt des Blutes muss dagegen vermindert werden, überhaupt seine Znsammensetzung sich proportional der Mfnge und den Bestandtheilen der ausgeschiedenen hydropischen Flüssigkeit verhalten. Doch sind diese Verhältnisse sehr wechselnd und deshalb ihre genaue Kenntuiss noch weit vom Abschluss ent­fernt.
Das Auftreten und der Verlauf des Hydrops ist acut oder chronisch. Die acuten Formen sind häufig mit Fieber verbunden.
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U6nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Locale Störungen der Ernährung.
Mit dem Begriffe des acuten Hydrops verbindet man häufig auch den des activen, wie man den chronischen als einen mehr passiven zu bezeichnen geneigt ist. Gewöhnlich entwickelt sich der Hydrops nur in allmäliger Verbreitung, seltener, und wohl nur bei äusseren Schädlichkeiten, die auf die Haut wirken (Erkältung), sofort über den grössten Theil des Körpers. Die einzelnen Krankheitszustände zeigen hier ein verschiedenes Verhalten.
Aetiologie. Rheumatische Veranlassungen können zuweilen Hydrops der Haut hervorrufen; in der Mehrzahl der Fälle sind jedoch bestimmte Organerkrankungen als die nächstliegen^en Ur­sachen aufzufinden.
Eine hydrämische Blutmischung ist als ätiologisches Moment nicht in Abrede zu stellen, sie ist zuweilen mit scorbutischer Dia­these combinirt.
Von den einzelnen Organen sind die Kreislaufsorgane, das Herz mit seinen pathologischen Veränderungen wohl die fruchtbar­ste Quelle der Hydropeu, besonders dann, wenn der kleine Kreis­lauf gestört und Rückstauung des venösen Blutes bewirkt wird.
Nächstdem stehen Nierenkrankheiten, die auch eine ungemein häufige Combination mit Herzkrankheiten zeigen.
Die Erkrankungen der grossen Unterleibseingeweide bewirken zunächst Ascites um so entschiedener und schneller, je mehr sie das System der grossen Venen (Pfortader und Hohlader) beein­trächtigen. Am schnellsten tritt Ascites bei Lebercirrhose ein, bei Krebs des Pylorus und des Pankreas.
Weiterer Verlauf und Ausgänge. Das Transsudat bleibt in der Mehrzahl der Fälle stationär, doch finden sich in der ersten Zeit der Krankheit sicher immer Schwankungen in seiner Quantität; es kommen unter dem Einflüsse derselben Krankheits­ursachen Nachschübe, eine tlieilweise Resorption findet statt und das Transsudat wird zähflüssiger, bis zu gallertiger Consistenz. Dieser Wechsel verhindert auch eine allgemein giltige Angabe über die Zusammensetzung hydropischer Flüssigkeiten.
Wenn jedoch eine Wasseransammlung in einem abgeschlosse­nen Räume längere Zeit verweilt, so entsteht in den umgebenden Theilen zuweilen eine Verdichtung, Induration, wie z. B. die Ver­dichtung des Ependyma der Hirnventrikel bei chronischer Hydro-cephalie u. s. w. Am bedeutendsten erscheinen diese Verände­rungen in den Fällen, wo die wässerige Ausscheidung einem dem entzündlichen nahe stehenden Processe seinen Ursprung verdankt, wodurch die Betheiligung der Lymphgefiisse die ausgeschiedene Flüssigkeit zu resorbiren erschwert wird, weil sie schon von vorn­herein eine dichtere Zusammensetzung hat.
Durch die Verdichtung der umgebenden Häute wird die Re­sorption schwieriger und selbst bei Verringerung der Flüssigkeit kann die vorher ausgedehnte Höhle nicht mehr collabiren, sie bleibt ausgedehnt. In der stagnirenden Flüssigkeit selbst bilden sich zu-
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Wassersucht.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;117
weilen Niederschläge, von Oholestearin etc. Die umgebenden Theile können, anstatt einfacher Induration, 'sich entzünden, die wässerige Flüssigkeit wird dann eiterig, oder die Entzündungsproducte ne-krosiren.
Unter günstigen Umständen findet Genesung statt. Diese kann durch Resorption, durch allmälige Aufsaugung, während die Auslee­rungen durch die natürlichen Colatoricn meist vermehrt werden (Schweiss, Harn, Stuhlgang) oder durch Entleerung der Flüssigkeit nach Aussen, spontane Berstung durch die Haut etc. oder künstliche Entleerung (Paraecntese) zu Stande kommen. In allen diesen Fäl­len muss vorausgesetzt werden, dass die Ursachen aufgehört haben zu wirken, und dass die Stauungsmomente entfernt sind, denn sonst ist der Erfolg doch nur ein vorübergehender.
Der Tod erfolgt bei Hydropsieen durch Zunahme der Wasser­ansammlung, durch die wachsenden mechanischen Behinderungen wichtiger Organe (Lungen), in denen sich dann complicirte patho­logische Processe ausbilden (Lungenödem etc.), und endlich durch die wachsende allgemeine Ernährungsstörung.
Nach diesen Anschauungen ist die speciellere Prognose zu formuliren, die wesentlich bedingt ist durch die Art und Intensität der causalen Momente, und bei weiterem Verlaufe der Wassersucht vorzugsweise von den etwa vorhandenen Complicationen, von dem allgemeinen Zustande der Ernährung abhängig ist. Die schlechteste Prognose geben natürlich die von unheilbaren Desorganisationen abhängigen und mit scorbutischer Blutbeschaffenheit zusammenhän­genden Hydropsieen; eine bessere die von vorübergehenden Er­schöpfungszuständen der Blutmasse auftretenden, sobald die Er­schöpfungsursache nicht mehr fortdauert, und die krankhafte Blut­mischung keinen zu hohen Grad erreicht hat.
Die Therapie der Wassersuchten hat die verschiedenen ätiolo­gischen und Entwicklungsmomente des Leidens zu betrachten. Sie hat die Störung des Kreislaufes, welche einzelne Bestandtheile des Blutes transsudiren macht, zu beseitigen, die diese Ausscheidung begün­stigende und vermittelnde Ernährungsstörung der Blutgefasswan-dung und die Blutmischung, die durch grösseren Wassergehalt die Wasserausscheidimg mehrt und unterhält, zu ändern und zu bessern. Die Erfüllung dieser Indicationen als causale beseitigt die Krank­heit jedoch nur mittelbar; die Fortschaffung des vorhandenen Krank-heitsproduetes, die Entleerung des Wassers ist die unmittelbar directe Aufgabe der Behandlung. Diese letztere Aufgabe wird erfüllt: 1) durch künstliche Entleerung bei Ansammlungen in inne­ren Höhlen mittelst der Paracentese, bei Hautwassersucht durch Scarificationen, 2) durch Steigerung der Resorption, durch ver­mehrte Ausscheidung derSe- und Excrete auf dem Wege der na­türlichen Colatoricn. Bei der Auswahl dieser Mittel ist vor Allem auf den allgemeinen Reizzustand des kranken Thieres, und den activen oder nassiven Character der Ausscheidung Rücksicht zu nehmen. Ist
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Hgnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Wassersucht.
Fieber mit den Erscheinungen der Congestion vorhanden und ver­bietet nicht etwa ein allgemeiner Schwächezustand des kranken Thieres eine angreifende, schwächende Behandlung, so ist eine vollständige Antiphlogose, und selbst allgemeine Blutentziehung in manchen Fällen vollständig indicirt.
Die Wahl der Collatorien hängt von den Krankheitszustän-den der einzelnen Organe vorzugsweise ab. Manche der austrei­benden Mittel wirken gleichzeitig sowohl auf die Haut, als auf den Darm und die Nieren. Am wenigsten in Anwehdung kommen die Ausleerungen durch die Haut; profuse Schweisse schwächen sehr und wirken wenig auf die Ansammlungen seröser Höhlen.
Amlaquo;wichtigsten sind die Ausleerungen durch den Darm, wenn die Nieren krank sind und kein Darmkatarrh vorhanden ist; fer­ner jene, welche durch die Nieren erfolgen.
Die antiphlogistisch wirkenden, abführenden Medicamente sind die Mittelsalze, Salpeter, die weinsteinsauren Salze und die kohlen­sauren Alkalien; als mehr excitirende sind die Drastica zu erwähnen, Gummi gutti, Coloquinthen, Senna, Helleborus, Scammonium, Ja-lappe.
Als antiphlogistische Diuretica sind ausser den weinsteinsauren Salzen auch besonders die kohlensauren xVlkalien hervorzuheben. Digitalis setzt die Herzthätigkeit herab und wirkt dadurch auf die Harnsecretion vermehrend. Als Kepräsentauten der excitirenden Diuretica sind die Scilla, Colchicum, dann eine Reihe balsamisch­ätherischer Stoffe anzuführen (Juniperus, Therebinthina, Canthari-den). Als schweisstreibende Mittel sind Einreibungen der Haut mit Spirituosen Mitteln geltend zu machen, Fomentationen mit aro­matischen Kräutern, Auflegen von heissem Sand, Asche, aromati­sche Eäucherungen.
Die Behandlung der Haut wird besonders für jene Fälle lo-caler Wassersucht wichtig, die ohne Leiden wichtigerer Organe aus rein mechanischen Momenten entstanden ist und kann hier bleibende Hülfe bringen, hat jedoch auch oft in anderen Fällen (Hydrämie bei Tuberkulose etc.) vorübergehenden symptomatischen Erfolg.
Die regressiven Formen der Ernährungsstörungen.
sect;. 39. Die Rückbildung von Organen ist in den meisten Fällen mit Schwund (Atrophie) derselben verbunden. Man kann in ähnlicher Weise wie bei Neubildungen eine einfache, gleichsam homologe Rückbildung unterscheiden, bei der die Elemente der Organe selbst sich nicht ändern, und eine heterologe, bei der ein wirklichem Zer-
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Die regressiven Formen der Ernährungsstörungen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;119
fall durch Transformation der Elemente stattfindet (fettige, speckige, calloide, atheromatöse Degeneration, Tuberkelbildung und die ne-crotischen, brandigen Processe).
Einfache Atrophie.
sect;. 40. Es lassen sich hier eine Reihe von Verhältcissen an­führen, die nur das umgekehrte Bild der einfachen Hypertrophie enthalten.
Die Atrophie bedingt im Allgemeinen eine Verkleinerung im Umfang der Organe: oft indess ist sie nur eine partielle und öf­ters sogar mit Hypertrophie einzelner Theile, besonders von Binde­gewebe verbunden, die freilich bei längerem Bestehen durch Compression Schwund der dazwischen liegenden Theile mit sich führt.
Gewöhnlich folgt der einfachen Atrophie Verdichtung der Gewebe schon deshalb, weil atrophische Theile blutärmer, saftloser, trockner werden; im Anfange werden solche Theile wohl zäher, als im normalen Zustande, später wegen grösserer Verdichtung spröde, brüchig. Fett schwindet am schnellsten und dessen Atrophie wird bei seiner Bedeutung, die Rundung der Theile zu bewirken, am auffallendsten. Die Function atrophischer Theile ist vermindert, die Muskeln sind kraftloser, die Secretion atrophischer Drüsen ist gering etc.; auch subjeetiv ist das Gefühl der Schwäche vorhanden (Muskeln).
Die Genese der einfachen Atrophie geht immer aus einem überwiegenden Verbrauch im Verhältniss zur Zufuhr und zum An­satz von Stoffen hervor; Momente, die allgemein oder örtlich wir­ken können. Die einfache Atrophie ist ein Glied der physiologi­schen natürlichen Involution einzelner Organe, wie des ganzen Körpers, nächstdem sehen wir als sehr häufige einfache Form Atrophie in denjenigen Theilen auftreten,, welche direct oder in­direct ihrer Function beraubt und unthätig sind.
Kaum jedoch bleibt irgend eine Art der Atrophie, auch von diesen auf einfache Weise entstandenen, als einfache bestehen, sondern es entwickeln sich in solchen Theilen unorganisirte Nie­derschläge oder die anderen regressiven Processe, wie namentlich fettiglaquo;? Metamorphose.
sect;.41. Von dem einfachen Schwunde der Theile ist die Entartung derselben (Degeneration) zu unterscheiden, wobei ihre anatomi­schen, physiologischen und chemischen Eigenschaften sich ändern und bald ein Schwund oder auch ein Zerfallen der Gewebstheile gleichzeitig zugegen ist, bald aber auch mangelt, und die Gewebe sogar dichter und fester werden. Die Entartung betrifft sowohl normale Gewebe als pathologische Neubildungen, dann Secrete und Exsudate.
Die wichtigsten Formen derselben sind nach Roll:
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120nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Fettige Entartung, Tuberkulisirung.
a)nbsp; Die fettige Entartung. Sie besteht in einer Umwand­lung der Gewebselemente zu einer alimälig zerfallenden emulsion-ähnlichen Substanz und findet in Zellen und den daraus abgeleite­ten Gebilden, in Intercellularsubstanzen statt, welche hiedurch end­lich absoiptionsfahig werden und Schwund oder Verlust des Or-ganes zur Folge haben. Der Vorgang findet auf die Weise statt, dass in normalen oder ueugebildcteu Zellen, so wie in Geweben kleine, alimälig an Menge zunehmende Fettkürnchen sich bilden, welche nach und nach die Zellen vollständig erfüllen (Körn­chenzellen), worauf schliesslich die Zcllenmembran zu Grunde geht und die Fettkörnchen entweder sogleich auseinanderfallen oder noch eine Zeit lang in Form von Haufen beisammen bleiben (Körnchenhaufen). Analog ist der Vorgang bei der Fettdege­neration der Gewebe. Die frei gewordenen Fettkörnchen sind re­sorptionsfähig und können daher unter Atrophirung des Gewebes alimälig verschwinden. Hieher gehört die Verfettung der Lungen-bläschenepithelien bei Lungenentzündung und Tuberkulose, die Verfettung der Epithelien der Schleimhäute, der Knochen - und Knorpelkörperchen bei Entzündungen dieser Theile, die fettige Umwandlung der Muskeln, der Krystalllinse (grauer Staar), des Inhaltes der Eiterzellen, die Bildung des sogenannten Netzes bei Krebsen u. dgl. m. In anderen Fällen ist das Auftreten von Fett innerhalb einer Zelle nicht auf fettige Entartung des Zelleninhaltes zu beziehen, sondern dasselbe ist von aussen in die Zelle einge­treten (fettige Infiltration).
Fettig entartete Organe und Gewebe sind bleich, gelblich gefärbt, bisweilen fettig anzufühlen, brüchig und weich, meist auch blutarm; sie schwinden häufig in Folge der Resorption des neu­gebildeten Fettes. Die Ursachen dieser Degeneration liegen entweder in einer Tränkung der Gewebselemente mit Exsudat (daher sie so häufig bei Entzündungen vorkommt), oder in man­gelhafter Ernährung oder unvollständiger Functionirung eines Thei-les (fettige Entartung gelähmter Muskeln).
Hieher gehört auch der sogenannte atheromatöse Pro­cess, eine fettige Entartung, wobei es auch zur Ausscheidung von Cholestearinkrystallen kommt.
Bei manchen Neubildungen stellt die fettige Entartung einen erwünschten Rückbildungs - und Heilungsvorgang dar (z. B. beim Krebse).
Eine directe therapeutische Behandlung dieses Pro­cesses ist nicht durchzuführen.
b)nbsp; Die Tuberculisirung (käsige Entartung). Sie be­steht in einer Umwandlung physiologischer und pathologischer Ge­webe in eine morsche, brüchige, käsige, gelbliche Masse, welche schliesslich entweder in eine aus Fettßörnchen und eiweissartigen Substanzen bestehende Punktmasse (Detritus) zerfallt, eiter­ähnlich wird und dann bald resorbirt, bald zu einem mörtelähn-
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liehen Breie eingedickt wird, oder aber zu einer hornartigen Masse verhärtet.
c)nbsp; Die Verknöcherung, d. i. die Ablagerung von Kalk­salzen in Knorpel- oder Bindegewebssubstanzen, und
d)nbsp; die Verkalkung oder Incrustation, wobei Kalk- und bisweilen auch Bittercrdesalze die Gewebstheile entweder gleich-massig durchdringen oder sich in einzelnen Heerden vorzugsweise anhäufen, wobei die Gewebsbestandthcile in einem Zustande von Verödung sich befinden. Sie betrifft sowohl normale als patholo­gische Gewebe.
e)nbsp; Die Umwandlung der Gewebe in eine gallertige (colloide) Masse (die Colloidentartung). Sie ist bedingt durch eine Entartung gewisser normaler und pathologischer Zellen-wände und ihres Inhaltes, wodurch die Zellen aufgebläht, kugelig werden, ihr Kern entweder verschwindet oder gleichfalls aufge­bläht zugegen ist und der Zelleninhalt in eine glänzende leim-oder schleimähnliche, gallert- oder wachsartige gelbliche Masse umgewandelt wird. Durch Colloid-Metamorphose entartete Theile erscheinen auf der Durchschnittsfiäche stark glänzend und von der beschriebenen Masse infiltrirt.
Dieser Vorgang ist in der Schilddrüse, den Adergeflechten, der Milz, den Nieren, so wie in Alveolarkrebsen u. s. w. beobach­tet worden.
f)nbsp; Die Verödung, Verhornung, Obsolescenz. Sie be­besteht in zunehmender Dichtigkeit eines gleichzeitig an Volum abnehmenden Theiles. Dieser Vorgang betriift besonders das Bindegewebe, das allmälig zu einer gleichartigen, dichten, knor­pelähnlichen Masse umgeändert wird. Durch diesen Vorgang, welchen man am Narbengewebe am deutlichsten sieht, wird häufig die Atrophie anderer Gewebe eingeleitet.
g)nbsp; Die Erweichung ist eine Umwandlung der Gewebsele-mente zu weicheren Formen. Am häufigsten sieht man sie an Knochen, wo der eigentlichen Erweichung ein Zustand von Mür­be und Sprödigkeit vorhergeht, dann am Bindegewebe, an In-tercellularsubstanzen, an Nerven (Gehirn), Muskeln, als deren End­resultat die Umwandlung zu einer breiigen oder schleimigen Masse stattfindet.
Der Erweichung der Gewebe durch die Einwirkung der Ex­sudate, des Eiters, der Jauche u. s. w. wird später Erwähnung geschehen. Der Zerstörung derselben in Folge der Necrose wurde schon früher gedacht.
Die nächste Folge dieser Texturerkrankungen besteht in ei­ner Behinderung oder Aufhebung der Function des betroffenen Theiles; die weiteren Folgen sind von der Wichtigkeit des er­krankten Organes abhängig.
Eine Rückbildung der bereits eingetretenen Entartungspro-
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122nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Amyloide Entartung.
cesse kann durch directe therapeutische Eingrifie nicht erzielt wer­den ; die Behandlung kann blos eine symptomatische sein.
h) Die amyloide Entartung. Sie betrifft Zellen und Fa­sern, und gibt sich durch das Vorhandensein grauer oder gelb­licher, glänzender Körperchen, die nicht selten einen geschichte­ten Bau zeigen und den Stärkmehlkörnern ähnlich sind, zu er­kennen. Mit Jod und Schwefelsäure behandelt, werden sie violett oder blau in verschiedenen Nuancen gefärbt, endlich blass.
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V.
Uebemähriing.
Von der Uebernährung (Hypertrophie) überhaupt.
sect;. 42. Uebernährt nennt man Theile, deren Masse ohne wesent­liche Veränderung ihrer Structur vermehrt ist. Meistens hat diese Massenzunahme auch eine Gewichts - und Volumenszunahme zur Folge, oder, wenn das letztere nicht der Fall ist, eine Verdichtung des Gewebes mit Vermehrung des specifischen Gewichtes. Bei hohlen Organen wird durch den hypertrophischen Zustand der in­nere Raum bald vergrössert (excentrische Hypertrophie), bald ver­kleinert (concentrische Hypertrophie). Auch ist in einem Organe die Uebernährung bald nur beschränkt (partielle Hypertrophie), bald ausgedehnt, das ganze Organ betreffend (totale Hypertrophie) und bei zusammengesetzten Gebilden sind nicht immer alle, son­dern häufig nur einzelne Elementargewebe derselben im Zustande der Uebernährung, deren Masse sich oft mit Beeinträchtigung der übrigen vermehrt. Ueberhaupt aber beruht die Massenzunahme nicht auf einer räumlichen Vergrösserung der einzelnen Gewebs-elemente, sondern nur auf einer numerischen Vermehrung dersel­ben. Die Bindegewebsfasern z. B. erscheinen in einem übernähr­ten Gebilde nicht dicker, sondern nur zahlreicher, in einem hyper­trophischen Knochen haben die Körperchen dieselbe Form und Grosse, nur sind sie in grösserer Menge vorhanden u. s. w. Dabei ist es aber zweifelhaft, ob alle Gewebselemente einer solchen Ver­mehrung fähig sind, name**lich gilt dies von den gestreiften Mus­kelfasern und den Nervengebilden. Der Blutgehalt ist in einem hypertrophischen Organe fast immer vermehrt, sei es durch neue Gefössbildung oder durch Erweiterung der alten Gefasse.
Nachtheilige Folgen hat der hypertrophische Zustand theils durch die Bäumlichkeits- und Gewichtsveränderungeo, ludern da-
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\2inbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;üebernährung.
durch Druck auf nebenliegende Theile, Verdrängung derselben, Verengerung von Höhlen und Canälen, u. s. w. veranlasst wer­den , theils durch abnorme, bald verstärkte, bald verminderte Thätigkeitsäusserungen des übernährten Organes, wie bei Mus­kel-, Nervenhypertrophie u. s. w. Die Massenzunahme geschieht bald rasch, bald langsam, continuirlich, oder mehr stossweise, und somit gibt es eine acute und chronische Uebernährung. Fer­ner ist die Hypertrophie einer Rückbildung tähig, oder erreicht nur einen gewissen Grad der Ausbildung,quot;oder hat bald schon auf niederer Entwicklungsstufe bei wichtigen Organen, bald erst nach fortdauernder Zunahme durch Unterbrechung zum Leben nothwendiger Verrichtungen den Tod zur Folge. Unter gewissen Verhältnissen kann sich das hypertrophirte Gebilde auch entzün­den, vereitern, schwären, brandig werden oder degeneriren.
Es gibt eine Art von Nutritionsstörungen, in Folge welcher aus Ernährungsstoff (Blastem) sich Gewebe neubilden, welche den normalen in der chemischen Zusammensetzung und Textur zwar ähnlich, in Bezug auf den Ort des Vorkommens aber regelwidrig sind und eine räumliche Veränderung in Form einer mehr oder weniger abgegrenzten Geschwulst oder .Excrescenz, wodurch sie missstalten, beschweren, Nachbargebilde beeinträchtigen u. s. w., daher als krankhafte Neubildungen angesehen werden müssen. Diese Neubildung geschieht, wie J. Müller zuerst nachgewiesen hat, ganz mit denselben Organisationsvorgängen, welche bei der ersten Entwicklung der Gewebe überhaupt stattfinden. Immer ist es ein formloser, aber organisationsfähiger Bildungsstoff, von wel­chem die erste Entwicklung des pathologischen Gewebes ausgeht. Dieser Bildungsstoff kann - auf verschiedene Weise geliefert wer­den, einmal durch Ausschwitzung aus den Capillargefässen bald mit, bald ohne hyperämische oder entzündliche Erweiterung der­selben und dann durch Bluterguss nach Gefasszerreissung mit theilweisem Zerfallen der Blutzellen. Daher sieht man der Bil­dung solcher Geschwülste bald eine Quetschung, eine Entzündung oder Hyperämie, bald aber auch gar keine örtliche Veränderung vorhergehen. Längeres Verweilen des bildungsfähigen Stoffes in den Gewebsinterstitien wegen zu reichlicher Ausschwitzung, Er-giessung, oder wegen mangelnder Resorption, sowie eine beson­ders plastische Beschaffenheit desselben können als Veranlassun­gen zu der abnormen Entwicklung des Blastems angesehen wer­den, welche, je nach der chemischen Constitution des letzteren, nach dem organisirenden Einflüsse der nächsten Umgebungen und nach äussereu Einflüssen, bald nach diesem, bald nach jenem Or­ganisationstypus geschieht, so dass das Neugebilde dem Matterge­webe mehr oder weniger ähnlich oder ihm fremd ist. — Die erste Entwickelung dieser Afterbildungen erfolgt für das erkrankte Thier, wenn nicht Entzündung vorhergegangen, meist unvermerkt.
Die genauere Untersuchung der pathologischen Geschwülste lehrt, dass in denselben fast alle Formelemente der normalen 6e-
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Uebernährung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;125
webe mit ihren Entwickelungsveränderungen vorkommen. Es zei­gen sich die verschiedenen Zellengebilde als Epithel; alzellen, Pig­mentzellen, Fettzellen, Knorpel- und Knochenzellen, ferner einfache Fasergebilde, als Bindegewebsfasern, elastische und einfache Mus­kelfasern, die gestreiften scheinen nicht vorzukommen. Daneben sind in gewissen Entwickelungs- und Rückbildungsperioden auch transitorische Zellen mit oder ohne Kerne, Elementarköruer, Kör­nerhaufen, Körnerzellen, rudimentäre Fasern u. s. w. vorhanden. Ausserdem enthalten jene Geschwülste oft Flüssigkeiten von ver-schitvlener Consistenz, Farbe, mit oder ohne morphologische Ele­mente. Auch kommen krystallinische Bildungen vor. Von zusam­mengesetzten Gebilden sind die Blutgefässe am häufigsten. In chemischer Hinsicht findet man dieselben näheren Bestandtheile, welche in die Zusammensetzung der normalen Gewebe und Flüs­sigkeiten eingehen als Wasser, Proteinkörper, Fette, Extraetiv-stoffe, Salze u. s. w.
Die Geschwülste bestehen nun bald nur aus einzelnen Arten jener Formelemente (einfache Geschwülste), wie manche Afterbil­dungen der Haut, bald treten deren mehrere in Combination auf (zusammengesetzte Geschwülste), der häufigste Fall. Ferner sind die Geschwülste solide Körper, ganz aus geformten Theilen zusammen­gesetzt (Massengeschwülste), oder sie eothalten mit Flüssigkeiten gefüllte Räume (Hohlgeschwülste). Durch die Art der Zusammen­lagerung homologer und heterogener Gewebselemente können die Geschwülste die verschiedenartigsten Structurverhältnisse erhal­ten. Häufig findet man im Innern eine faserige Grundlage (Stroma) mit verschieden geformten Zwischenräumen, worin Zellengebilde, gallertartige Massen oder Flüssigkeiten sich befinden und die Ge­schwulst hat eine netzförmige, fächerige, streifige Structur u. s. w. Oder es ist ein Balg vorhanden mit verschiedenem Inhalt (Balg­geschwulst). — Nicht minder mannigfaltig ist die äussere Form der Geschwülste, welche theils von ihrer Structur, theils von äus-seren Verhältnissen, ob nämlich das Neugebilde eingeschlossen, oder nach einzelnen Eichtungen hin frei ist, abhängt. Eingeschlos­sene Geschwülste nähern sich meistens mehr oder weniger der runden Form, ebenso auch die Balggeschwülste, während auf freier Oberfläche befindliche Afterbildungen gewöhnlich eine mehr läng­liche Gestalt haben.
Das Wachsthum der Geschwülste ist von mehreren Umstän­den abhängig, hauptsächlich aber von dem Gefässreichthum der Geschwulst selbst, oder ihres Muttergewebes, sowie davon, ob die Gefässe eng oder weit und dünnhäutig sind. Die Weite der Ge-fasse ist häufig wechselnd und die Geschwulst zeigt dann ein pe­riodisches, stossweisses Wachsthum, das überhaupt ein acutes und chronisches sein kann. Fest eingeschlossene Geschwülste an dich­tem Gewebe wachsen weniger schnell, als freiliegende mit locke­rem Gefüge; daher sieht man oft sehr langsam entstandene Ge­schwülste sich rasch vergrössern, sobald sie aus einem festum-
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12f)nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Ucbcmährung.
schlossenen Räume herausgetreten sind. — Manche -Geschwülste erhalten durch fortschreitendes Wachsthum eine sehr bedeutende Grosse, wie z. B. die Fett- und Balggeschwülste, die Fibroide, die Faserpolyen des Uterus, die den Tragsack so ausdehnen, dass sie eine Schwangerschaft vortäuschen; andere bleiben auf einer gewissen Stufe der Entwicklung stehen, oder vergrös-sern sich wenigstens nur allmälig: die einmal gebildeten Ge­schwülste küunen wie die normalen Gewebe hypertrophiren und atrophircn. In Geschwülsten mit flüssigem Inhalt kann dieser durch Resorption vermindert werden, oder ganz verschwinden. Auch sind die gcfasshaltigen Afterbildungcn entzündungsfähig, und alle bekannten Entzündungsfolgen, wie Verhärtung, Verschwärung, Vereiterung u. s. w. kommen bei ihnen vor. Ferner kann das ho­mologe Ncugebilde, wie jedes andere normale Gewebe, einer krebs­artigen Entartung anheimfallen.
Diese Geschwülste sind rücksichtlich ihres Verhältnisses zum Organismus gutartig zu nennen, da sie meistens örtliche Uebel sind, welche keiner Dyscrasie ihre Entstehung verdanken, keine solche hervorrufen, und wenn auch Ausnahmen vorkommen, indem das Auftreten mehrerer Geschwülste zijgleich an verschiedenen Kör­perstellen, wie dies bei den Fett-, Balggeschwülsten u. s. w. öfters beobachtet wird, auf eine allgemeinere Ursache derselben hinweist, so ist die allfällig zu Grunde liegende Blutmischung nicht bösartig, sondern nur vorübergehend, heilbar und* keine anderweiti­gen Ernährungsstörungen, als eben die Bildung solcher Geschwülste veranlassend. Alle hieher gehörigen Geschwülste sind daher, entweder zu jeder Zeit ihres Bestehens, oder doch in gewissen Perioden ihres Lebens durch Ausrottung heilbar.
Aus eben diesen Gründen wirken diese Afterbildungen nur nachtheilig durch ihre physikalischen Eigenschaften, wodurch sie entstellen, beschweren, Höhlen und Canäle verengen, auf Nachbar­gebilde einen schädlichen Druck ausüben u. s. w.
Die richtige Erkennung der Geschwülste während des Le­bens ist mit manchen Schwierigkeiten verbunden, da die Unter­suchung vor der Entfernung immer nur eine unvollständige sein kann. Besonders gilt dies von den eingeschlossenen verborgenen Geschwülsten, während die oberflächlichen, zumal unbedeckten, die Excreseenzen, an ihren charakteristischen physikalischen Merk­malen oft auf den ersten Blick zu erkennen sind. Im ersteren Falle muss nicht blos die Lebensgeschichtc der Geschwulst auf das Genaueste erforscht, sondern auch die umsichtigste physikali­sche Untersuchung derselben nach allen zugänglichen Merkmalen mit den zu Gebote stehenden Hülfsmitteln, als durch Zufiihlen, durch Percussion oder Auscultation und Besichtigung geführt werden. Zuweilen ist es auch zweckdienlich, eine Probepunction vorzunehmen, um über den Inhalt der Geschwulst,, der zugleich chemisch geprüft werden kann, Aufschluss zu erhalten, wozu man sich eines feinen Troikarts bedient. In zweifelhaften Fällen
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Von den einzelnen Arten der Geschwülste.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ^27
ist vor einem entschiedenen Eingriffe eine mehrmalige Untersu­chung und ein längeres Beobachten des Aftergebildes nothwendig. Die erfahrensten Aerzte haben sich in der Diagnose von Ge­schwülsten schon geirrt. Ob eine Geschwulst gut - oder bösartig ist, erkennt man zumeist erst aus der mikroscopischen Untersu­chung mit Beihilfe der chemischen Analyse des Aftergebildes. Selbst­verständlich wird eine sorgfältige zweifellose Diagnose einer sol­chen Neubildung allenfalls bei Rage- und Zuchtpferden, bei Hun­den u. s. w. nöthig sein, um allenfalls über die Prognose und die einzuleitende Behandlung ins Klare zu kommen; bei Nutzthieren, schlachtbaren Thieren, wo vorzüglich der öconomische Werth ins Auge gefasst werden muss, wie beispielsweise bei Melkkühen und Mastvieh ist es wohl am gerathensten bevor man sich in eine lange bezüglich des Erfolges zweifelhafte Behandlung einlässt, dieselben zu schlachten.
Von den einzelnen Arten der kranhhaften Geschwülste.
sect;.43. Eintheilung. Die Aftergewächse bieten rücksichtlich ih­rer besonderen chemischen und mechanischen Verhältnisse eine Man­nigfaltigkeit dar, so dass eine Classification derselben schwierig und überhaupt nicht streng durchführbar ist. Man kann nur Haupt­gruppen aufstellen, zwischen welchen zahlreiche Uebergänge statt­finden. Je mehr man ins Einzelne unterscheidet, desto mehr ent­fernt man sich von den natürlichen Verhältnissen, denn am Ende ist kein Aftergewächs dem anderen ganz gleich. — Von der Un­terscheidung der Aftergewächse überhaupt nach ihren Structurver-hältnissen in homologe und heterologe, nach ihrer Rückwirkung auf den Organismus in gutartige und bösartige, ist bereits die Rede gewesen. Eine chemische Unterscheidung in Fettgeschwülste,, leim­gebende und eiweissartige Geschwülste hat J. Müller vorgeschlagen. Die weitere Eintheilung der homologen, gutartigen Geschwül­ste und Auswüchse geschieht am zweckmässigsten bei den Massen­geschwülsten (nämlich den Geschwülsten mit organisirtem Inhalt), nach den in ihnen vorwaltenden Geweben z. B. in Fettgeschwülste, Knorpelgeschwülste, Enochengeschwülste, Fasergeschwülste u. s. w.; bei den Hohlgeschwülsten theils nach der Beschaffenheit ihres In­haltes (Gallertgeschwulst), theils nach der Form der Umgebung (Balggeschwulst, Röhrengeschwulst). Dabei ist zu bedenken, dass es zahlreiche Verbindungen dieser verschiedenen Geschwulstarten gibt.
Organische Neuhüdungen.
Neubildung von Bindegewebe.
sect;. 44. Das pathologische Bindegewebe, das sich in seinen phy­sikalischen Eigenschaften und mikroscopischen Elementen nicht von
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128nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Das Fibroid.
dem physiologischen unterscheidet, obschon es, wie man an den Nar­ben sieht, die Eigenthümlichkeit besitzt, sich allmälig zu contrahi-ren, ist aus verschiedenartig verbundenen Fasern und Faserzellen zusammengesetzt, die sich aus dem Blastem heraus nach dem Ge­setz der Zelleneutwickelung oder als Zerklüftungsfasern bilden. Nach Heschl wäre es blos die Zellenfaser, welche die Umwand­lung in leimgebende Substanz erleidet, während die Zerklüftungsfaser, welche aus der Intercellularsubstanz hervorgeht, dieses chemischen Charakters entbehrt und sich von der Zellenfaser durch ihre Steif­heit und den gestreckten Verlauf, wie auch durch die Schärfe ihrer Contour unterscheidet.
Das reife Bindegewebe ist fest, zuweilen knorpelartig und zeigt auf der Schnittfläche die Faserbündel; Gefässe kommen oft in grosser Anzahl darin vor. Es tritt auf als Narbengewebe, als Hypertrophie des Zellengewebes in der Form von Psendomembra-nen von flockigen, weichen und dendriHschen Wucherungen, der­ben, faserknorpelartigen Knoten, die vorzüglich auf serösen Häu­ten, dem Lungenfelle, Herzbeutel und den Synovialkapseln, der Gelenke wuchern, zu Fettgeschwülsten werden, oder gar verknö­chern. Zu diesen dendritischen Pseudoplasmen gehören die Binde-gewebsvegetationen, welche bei der Franzosenkraukheit des Rin­des auf den serösen Häuten, in den Gelenkskapseln der Pferde (als Gelenksmäuse) vorkommen, endlich die sogenannten Gekrös-anhänge. Auch bildet es straffere oder weite Bänder auf serösen Häuten, und man trifft es in der ligamentösen Entartung von Arterien und Venen, ferner als Kapsel für fremde Körper und andere Neubildungen, als äussere Wandung neuer seröser Säcke, als Geschwulst von verschiedenartiger Beschaffenheit und endlich als Bestandtheil wieder anderer Aftergebilde, in deren Gewebe es als Gerüst (Stroma) eingeht. Im letzteren Falle erscheint es vor­zugsweise als areolares oder besser alveolares (wegen der gru-benförmigen Vertiefungen) Gewebe, d. h. als eine solche Anord­nung der Faser, dass ihre Bündel und Stränge nebst den unzer-schliflenen Membranen des erstarrten Blastems ein aus Fäden zu­sammengesetztes Maschen- oder ein durch Membrane erzeugtes Fachwerk darstellt. In den dazwischen liegenden Lücken (Areoli oder Alveoli) befinden sich die übrigen constituirenden Elemente der Neubildung. — Als eine pathologische. Einbettung in die Ge­webe ohne zu Grunde liegende Dyscrasie finden wir das Bindege­webe in der Form der fibroiden Geschwülste, die sich nach dem Gang der Entwicklung ihrer Elemente in drei, allerdings durch ihre Uebergänge nicht scharf trennbare Arten eintheilen lassen.
1) Das Fibroid (leimgebende, fibroide Geschwulst Roki-tansky's, Scirrhus, Steatom, Cancroid und Desmoid der alten Pa­thologen). Es besteht in seiner höchsten Entwicklung völlig aus reifem Bindegewebe und ist eine erbsen- bis mannskopfgrosse runde und drüsige Masse von knorpelartiger Festigkeit, die, wo es frei liegt, eine Ueberkleidung von Zellgewebe zeigt, sonst aber
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Neubildung von Bindegewebe.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;129
durch letzteres mit seinen Umgebungen Verwachsungen eingeht. Beim Einschnitt knirscht das Gewebe unter dem Messer. Die Schnittfläche ist glatt, glänzend, weissgrauüch, gelblich oder grau-röthlich und zeigt nur wwiig wasserhelle, amorphe, mit einzelnen Zellen oder Kernen Versehene Feuchtigkeit; wegen der Gefässar-muth trifft man blos auf einzelne Blutpunkte, Capillaren, die an den Gränzen der Geschwulst in grössere Gelasse übergehen. In der Regel sieht man die Faserbündel schon mit blossem Auge. Die mikroskopische Untersuchung ergibt Fasern in verschiedent-licher Anordnung gt;^iit zwischenliegenden einzelnen Kernen und Spindelzellen. In lockerer Form tritt das Fibroid als Zellgewebs-geschwulst auf. Bisweilen ist auch grüsserer Gefässreichthum bis ^ur Teleangiectasie vorhanden. Einmengung von Pigmentkörnchen gibt das melaiiütiscbe Fibroid, das Auftreten cystenförmiger Räume das Cystensarkom. — Das Fibroid kann fast in allen Orgaaen vorkommen, am häufigsten findet man es übrigens im Uterus an einem Stiele hängend und im submueösen Zellgewebe (fibröse Fa­ser-Polypen) — sonst im subeutanen Zellgewebe, in den Knochen, im Periost, in der Dura mater, in den Nerven und in der Cutis. Es entsteht langsam, meist nur isolirt, und wirkt durch Schwere und Druck nachtheilig und scheint nie resorbirt zu werden.
Die Ursache ihrer Entstehung ist unbekannt. Sie wachsen nur langsam heran und entziehen dem Körper nur wenig Blut zu ihrer Ernährung, kommen meist vereinzelt, seltener in grösserer Anzahl vor, und wechseln von der Grosse einer Erbse bis zu jener eines Mannskopfes und darüber. Sie wirken durch ihre mechani­schen Verhältnisse, Grosse, Schwere, den Druck, den sie auf die umgebenden Organe, Gefässe und Nerven ausüben und wenn sie in schleimhäutigen Ganälen vorkommen, durch die Behinderung der Wegsamkeit derselben nachtheilig. In letzterer Hinsicht sind ins­besondere die Polypen der Rachen- und Nasenhöhle, der Speise­röhre, des Kehlkopfes und Mastdarmes zu erwähnen.
Ihre Behandlung ist eine rein chirurgische. Exstirpirte Fi-broide kehren in der Regel selten wieder.
2) Das faserige Sarkom (eiweisshaltige Fasergeschwulst, Ro-kitansky, Fleischgcschwulst) zeigt die Elemeine des unausge-bildeten Bindegewebes, in dem jedoch die Faser vorherrscht. Es besteht aus einer weichen, gelappten, grauulirten Geschwulst, die mit dem Nachbargewebe fest verwachsen ist und au etwaigen freien Flächen von demselben einen Ueberzug erhält. Der Schnitt gibt ein' speckiges, schwammiges, mitunter drüsenähnliches Gewebe von faserigem Gefüge; die spärliche Feuchtigkeit ist gleichförmig ver-theilt und farblos oder graulich. Das Mikroscop ergibt Faser­bündel und als Hauptbestandtheil Faserzeilen, ansserdem freie Kerne, ovale und* Spindelzellen, Zellen mit endogener Kernbildung, sterile Mutterzellen und daneben wahrscheinlich tnvnsitorische Kern­zellen von ansehulicLier Grosse und rundem oder eckigem, auch
Kraus, Path. u. Therap. der Haussäugetliiere.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 9
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130nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Metamorphosen des pathologischen Bindegewebes.
zackig auslaufendem Bau. Diese verschiedenen Zellen machen sich auch in der Flüssigkeit bemerklich.
Die Therapie ist eine chirurgische.
Mit den gedachten Bindegewebsneubildungen geht oft Neu­bildung von elastischem Bindegewebe einher, welches sich biswei­len auch in grösseren Mengen auf elastischem Gewebe bildet (so­genannte Auflagerungen in den Arterien). —
3) Das faserig zellige Sarkom ist dem vorigen ähnlich, steht aber auf einer noch niedrigeren Stufe der Ausbildung, indem die vorangedeuteten Zellen und Kerne gegen die Fasern ansehnlich präponderiren. Die Zellen haben grossentheils die Tendenz zum Zerfall, nicht zur Bildung von Bindegewebe, weshalb auch diese Art von Geschwulst sich mehr dem Carcinom als dem Fibroid nähert.
Die Sarkome (das faserige sowohl als das zelligfaserige) sind gefassreicher als die Fibroide und haben auch ein schnelleres Wachsthum. Sie treten mehr isolirt auf, und können eine sehr ansehnliche Grosse erreichen, stören aber nicht bloss durch Druck und Schwere, sondern auch durch Atrophirung der Nachbargewebe. Exstirpation hat meist Heilung zur Folge, obschon bisweilen, na­mentlich wenn Teleangiectasie damit verbunden ist, Recidive ein­treten. Sie können dieselben Combinationen eingehen, wie das Fibroid (Cystosarcom, melanotisches Sarkom), finden sich an den­selben Stellen und treten mitunter in Verbindung mit Carcinom auf. Ihr Entstehen ist bald spontan, bald Folge traumatischer Ein­wirkung.
Metamorphosen des pathologischen Bindegewebes.
Die Verbindung mit den Gefässen setzt die neuen Bindege­webe der Entzündung und ihren Folgen, der Eiterung, der Ver­jauchung und dem Brande aus. Der Verjauchung sind besonders Sarkome ausgesetzt, wenn sie durch Zerstörung ihrer Decke mit atmosphärischer Luft in Berührung kommen. Als eigentliche Me­tamorphosen erscheinen
1)nbsp; die Fettmetamorphose,
2)nbsp; die Verkreidung (am häufigsten),
3)nbsp; Verknöcherung (selten),
4)nbsp; das Eingehen der colloiden Metamorphose in Cystenfibroide und Sarkome, wobei Cystenräume und Stroma sich mit colloider Zwischensubstanz füllen, stellen das colloide Cystcnsarkom und das Collonema dar, während
5)nbsp; aus der Beimengung von Pigmentkörnern die melanoti-schen Fibroide und Sarkome entstehen.
Neubildung von Muskelgewebe.
sect;. 45. Eine Neubildung von quergestreiften Fasern muss wohl
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Neubildung von Muskel- und Knorpelgewebe.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 131
statt haben, da man sie bei Muskelhypertrophie, namentlich bei der des Herzens findet; der Modus ihres Entstehens ist jedoch nicht be­kannt. Die glatte Muskelfaser ist von der des Bindegewebes nicht gut zu unterscheiden. Wunden und Substanzverluste im Muskelge­webe heilen stets nur durch Biudegewebsneubildung.
Neubildung von Knorpelgewebe.
sect;. 46. Trennung oder Substanzverlust im Knorpel heilt entweder gar nicht, oder durch Bindegewebe. Die Erzeugung neuer Knor­pelsubstanz kömmt nur bei Heilung von Knochenbrücheu, bei den Knorpelgeschwülsten (Enchondromen) und vielleicht als Ueberzug auf den Knochenwucherungen am Rand abgeschliffener Gelenksköpfe vor. Im ersteren Falle ist es das Einleitungsstadium der Knochen-neubildung. Der neue Knorpel entsteht aus einem structurlosen oder feinkörnigen breiigen Blastem, in welchem nach Engel zu­erst runde, mit einem Nucleus versehene Kerne auftreten. Diese umgeben sich je mit einem hellen Hof, der allmälig nicht durch eine Zellenmembran, sondern durch eine ihr analoge Verdickung des Parenchyms abgegränzt wird. Durch die Verbreiterung der Demarcationslinie gelangt die in faseriger Zwischensubstanz liegende Knorpelzelle zur Selbstständigkeit, so dass sie durch Schaben ent­fernt werden kann. Die Kerne alter Zellen verfetten oder ver­knöchern.
Das Enchondrom (Knorpelgeschwulst) ist eine runde drüsige Geschwulst von Erbsen- bis Mannskopfgrösse, die aus faserigem, hyalinem oder gemischtem Knorpelgewebe besteht und meist von Bindegewebe eingehüllt wird. Man findet es vornehmlich im oder am Knochengewebe aber auch in drüsigen Organen im Euter, in der Lunge und im subeutanen Zellgewebe, ausserdem noch in Verbin­dung mit manchen anderen Neubildungen (Sarkomen, Krebsen). Wo es vom Knochensystem ausgeht, kann es, isolirt oder mehrfach, an jedem Theile des Sceletts vorkommen. Die Gelenksknorpel sind nicht dabei betheiligt, sondern setzen im Gegentheil dem Weiter­schreiten des Tumors ein Ziel. Wenn es im Innern des Knochens entsteht, treibt es letzteren schalenartig auseinander, bis am Ende die Knochenhülle zu einer Membran atropbirt. Das an der Aussen-seite sich entwickelnde Enchondrom befällt hauptsächlich die flachen Knochen, Schädel, Becken und Rippen und wird blos am Periost und den Weichtheilen bedeckt. — Das Entstehungsmoment ist unbekannt, mitunter aber traumatischer Natur. Das Wachsthum geschieht langsam, erhält seine Zufuhr aus den Gelassen des Bin­degewebes im Stroma und in der Umhüllung utul erreicht mit der Verknöcherung sein Ziel. Dyscrasie ist nicht damit verbunden und die Operation setzt radicale Hilfe in Aussicht.
Die Metamorphosen der Knorpelgeschwulst, welche nie resor-birt wird, sind Verkuöcherung, Erweichung und Verjauchung; letz-
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j[32nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Neubildung von Knochengewebe.
tere namentlich nach Perforation der Haut und darauf folgender Verschwärung des umgebenden Zellgewebes.
Das Enchondrom ist bei den Hausthieren eine selten vorkom­mende Neubildung, jedoch wurde es sowohl an der Oberfläche als im Innern der Knochen, im Euter der Schafe u. s. w. beobahtet; an zugänglichen Stellen kann die Exstirpation einen bleibenden Erfolg haben.
Neubildung von Knochengewebe.
sect;. 47. Sie ist nach der des Bindegewebes die am häufigsten vorkommende und geht entweder aus dem Bindegewebe oder aus dem Knorpelgewebe hervor — eine Differenz, die übrigens nur ge­netische Bedeutung hat, da die Zellen dieser beiden Gewebe keine characteristischen Unterschiede darbieten und ihre Blasteme fibri-nosc Exsudate sind. Ueber den Vorgang der Knochengewebsbil-dung herrscht noch viel Dunkel, und die Schriftsteller fassen ihn verschieden auf, wie er denn auch manche Modificationen bieten mag. Nach Förster beginnt die Verknöcherung in den Zellen­wänden, während zugleich der Kern zahlreiche Ausläufer bil­det, die die Zellenwand durchbohren und mit den Nachbarzellen in Verbindung treten. Dann lagern sich die Kalkkörner in die faserige Intercellularsubstanz ab, welche allmälig zur homogenen Knochenmasse wird, und mit den verknöcherten Zellenwänden verschmilzt, so dass nur die verkümmerten Höhlen und strahligen Ausläufer der Zellen zurückbleiben. Das Auftreten dieser Neubil­dung geschieht in verschiedener Weise:
1)nbsp; Als Regeuerationssubstanz zerbrochener oder verloren ge­gangener Knochen, wobei das Periost und die Weichtheile das Blastem bilden.
2)nbsp; nbsp;Als Hypertrophie normaler Knochen, die in räumlich eng begrenzter (Exostose) und in weiter verbreiteter Volumvermehrung (Hyperostose), ausserdem aber auch in Verdichtung des Knochen­gewebes (Hclerosis) sich bemerklich macht.
3)nbsp; Als Verknöcherung normalen oder pathologischen Knochen-gewebs-, der Kehlkopf-, Kippen- und Gelenkknorpel, des Enchon­drom s.
4)nbsp; In normalen und pathologischen fibrösen Geweben — im Periost, in der Dura mater, der Arachnoidea cerebralis und spinalis, in Sehnen, Bändern und Muskeln, in der Sclerotica, in der Haut, im Strome von Carciuomen und in den Wandungen von Cysten, wo sogar Zahnsubstanz entstehen kann. (Im Bindegewebe anderer Neu­bildungen findet sich eher Verkreidung als Verknöcherung).
Die Metamorphosen sind: Caries und Necrose.
Ihre Behandlung gehört der Chirurgie an.
Von den Kuochenbildungcn sind die knocheuerdigen Concre-tionen (die Verkreidung) zu unterscheiden, wobei Kalksalze in Form kleiner Körnchen sich zusammenhäufen. Sie stellen eine bröckliche,
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Neubildung von Pigment.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 133
rauhe, mehr oder weniger feste, brüchige, weisse oder weissgelbe Masse dar. welche bisweilen an Consistenz dem Knochen gleich­kommt, jedoch nie die Structur desselben zeigt. Der Process findet sowohl in physiologischen als pathologischen Flüssigkeiten • als auch in festen Geweben statt, und ist immer mit dem Auftreten von freiem Fett vergesellschaftet. Flüssigkeiten werden hierbei trübe, allmälig durch die freien Kalksalze rauh anzufühlen, bisweilen fet­tig und zu einem Kalkbrei oder einer mörtelälmlichen Masse einge­dickt; feste Gebilde werden entfärbt, trübe, starr und incrustirt. Diese Incrustationen sind ,)iraquo;doch wohl von Knochenneubildungen der betreffenden Theile zu unterscheiden.
Neubildung von Pigment.
sect;. 48. Ausser den zufälligen Färbungen, die durch den inner­lichen Gebrauch von Farbstoffen z. B. Färberröthe u. s. w. herbeige­führt werden, finden wir mancherlei Veränderungen in der Farbe der Organe, ohne dass dieselben von einer eigentlichen färbenden Grund­substanz herrührten. Blutreichthum, Blutarmuth, Fettbildung und Exsudate tragen zu Modificationen in der Farbe der Organe bei; aber eigentliche Pigmentirungen geben nur der Gallenfarbstoff' (Cholepyrrhyn) und der veränderte oder unveränderte Blutfarbstoff (Hämatin). Die erstere Art, die vom Safrangelben bis ins Dunkel­braune gehen kann, ist nur von flüchtiger Natur, wofern nicht die Ursache andauert und stets frischer Farbstoff in die Theile abge­setzt wird. Das Hämatin dagegen scheint das Material zu bleiben­den physiologischen und pathologischen Pigmenten zu liefern. Die gemeinschaftlichen Ursachen derselben sind dunkel gefärbte Körner (Pigmentkörper) von gelblicher oder röthlicher Farbe, die mit der Zeit bis ins Braune oder Schwarze fortschreiten kann. Ihre Grosse ist verschieden; bald erscheinen sie selbst bei der stärksten Ver-grösserung nur als Punktmasse, bald als rundliche, ecklige oder scherbenförmig glatte Körperchen, die das eine Mal unrcgclmässig zerstreut, das andere Mal zu Haufen gesammelt oder auch in Zel­len eingeschlossen (Pigmentzellen) auftreten. Aussei1 den Körnern sind auch Hämatinkrystalle in der Form rhomboidischor Tafeln oder Säulen beobachtet worden. Die Angaben über das chemische Verhalten dieser Pigmentkörner sind noch unsicher. Das schwarze I'igment scheint theilweise durch Einwirkung von Schwefelwasser­stoff oder Schwefelamraonium, theilweise durch Einwirken von Säuren auf das Hämatin und durch spontane Umwandlung des letzteren zu entstehen. Auch der eben berührte Gallenfarbstoff geht aus dem Hämatin hervor.
Die Entstehung der Pigmentkörner wird in doppelter Weise gedeutet: entweder sind sie einfach verschrumpfte und verfallene ßlutkörpercheri, oder das Hämatin hat sich von letzteren abgelöst und die Kernige Bildung angenommen, vielleicht auch Kerne impräg-nirt und in Pigmentkörner umgewandelt. Die Pigmcntzellen sind
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134nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Neubildung von Fett.
präexistirende Zellen gleicher Art, welche durch Endosmose mit Hämatin getränkt werden und den eben genannten Process in ihrem Innern durchmachen lassen.
Der Einfluss der Pigmentirung auf die Gewebe ist unbedeu­tend; sie stört die Functionen nur bei grosser Ueberladung mit Pigment. Wo Neubildungen, die damit complicirt sind, einem be­sonders schnellen Zerfall entgegengehen, wie z. B. die melanoti-schen Carcinome, durften die Ursachen wohl in anderen Momenten, als in der localen Pigraentablagerung zu suchen sein, obschon der Umstand, dass die Pigmentkörncr keiner Resorption fähig sind, ei­niges zur Erschwerung des Falls beitragen mag. Die sog. Melano-sen (schwarze Knoten), welche am häufigsten bei Pferden, aber auch bei Rindern, Hunden etc. im Bindegewebe vorkommen, sind pigmentirte Fibroide, Sarcomc oder seltener Krebse.
Als allgemeiner Bestandtheil von pathologischen Neubildungen kömmt das Pigment nicht vor, dagegen in Verbindung mit anderen, die dadurch den Namen melanotische erhalten (Fibroide, Sarcome, Krebse). Ausserdem findet man es im Lungengewebe, in den Bron­chial- und Gekrösdrüsen, in der Schleimhaut, (zumal des Magens) in Tuberkeln, Narben u. s. w.
Neubildung von Fett und Fettgewebe.
sect;. 49. Das pathologische Auftreten von Fett kömmt sehr häufig vor und hat wahrscheinlich seine Hauptquelle in dem grösseren Fett­gehalt des Blutes, indem man in frischen Blastemen bereits Fettab­sonderungen in der Form von Fetttropfen und Fettkörnchen antrifft.
In Verbindung mit dem Bindegewebe, als Fettgewebe, sehen wir das Fett unter der Form der Fettzellen erscheinen. Diese sind sphäroidisch, haben einen Durchmesser von 0,018 — 0,036'quot;. Man findet in ihnen nicht selten Fettkrystalle. Der Modus ihres Entstehens ist nicht aufgeklärt, und man weiss nicht, ob sich um die Fetttröpfchen Membranen bilden (Ascherson hat um Fett­tröpfchen Verdichtung des Eiweisses wahrgenommen) oder ob vor­her gebildete Zellen Fett in sich aufnehmen. Die Fettzellen stel­len gemeinschaftlich mit dem umschliessenden Bindegewebe die Hypertrophie des normalen Fettgewebes in Krankheiten dar. Wo diese local in Geschwülsten an's Licht tritt, hat man denselben nach dem Vorherrschen der constituirenden Bestandtheile verschie­dene Bezeichnungen zugetheilt.
Neubildung von Fettbindegewebe kommt bei allgemeiner Fett­leibigkeit (z. B. bei Hunden), als Fettanhänfung um normale oder erkrankte Organe und pathologische Neubildungen und als soge­nannte Fettgeschwulst, (Lipom) vor. Man versteht hierunter die Anhäufung eines, dem normalen sehr äbnlichen oder gleichen Fett­gewebes in Form einer rundlichen oder plattgedrückten, meistens gelappten, aussen von einer Bindegewebshülse umgebenen, innen von einem Bindegewebsgerüste durchzogenen Geschwulst, von sehr
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Neubildung von Epithelium.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;135
verschiedener (Erbsen- bis Kopf-) Grosse und wechselndem Ge­wichte. Lipome, welche von dichteren Bindegewebsstörungen und Scheidewänden durchzogen sind, wodurch sie eine festere derbe Consistenz erlangen, heisst man auch Speekgeschwiiiste, Neatome.
Die Fettgeschwülste kommen an den verschiedensten Körper­stellen, besonders im Unterbaut - submucösen und subserösen Bin­degewebe, seltener in der Leber, den Nieren, der Lunge vor. Die in den genannten Bindegewebsschichtcn entstehenden Lipome drän­gen nicht selten die Uberkleidendc Membran vor sich her, ziehen sie in Gestalt eines Stieles nach, und hängen dann entweder an der allgemeinen Decke herab, oder in einem Schlcimhautcanal (z. B. Magen-, Darmhöhle u. s. w.) oder in die Höhle eines serösen Sackes hinein (Gekrösanhänge, freie Lipome in der Brust und Bauch­höhle), oder stellen auf serösen Säcken (besonders den Synovial-häuten, dem Lungenfelle) als Inhalt dendritischer Vegetationen, das verästigte Lipom dar; in den Leistencanal hineinwuchernd bilden sie (bei Hunden) die sogenannten Fettbrüche.
Die Lipome sind rein örtliche Uebel, sie entwickeln sich an der Körperoberfläche bisweilen in Folge einer mechanischen Ein­wirkung besonders länger währenden, geringfügigen Druckes und scheinbar ohne, oder wenigstens ohne bekannte Veranlassung dort, wo sie im Innern des Körpers entstehen. Sie wachsen nur lang­sam heran, sind von keinen allgemein schädlichen Folgen beglei­tet, können jedoch durch ihren Druck, durch Zerrung und Raum­beengung schädlich werden. Ihre gewöhnlichsten Veränderungen sind der Schwund, mit Resorption des Fettes, das Verkreiden des bindegewebähnlichen Gerüstes, die Verkalkung, wobei sich an der Stelle der Fettzellen eine mörtelähnliche Masse vorfindet, endlich u. z. zumeist in Folge mechanischer Einwirkung auf dieselben, Ent­zündung mit Vereiterung oder Verjauchung oder brandiges Abster­ben. Die Behandlung ist auf die Exstirpation derselben beschränkt; nach gründlicher Entfernung kehren sie selten wieder.
Neubildung von Epithelium und Epidermis.
sect;, 50. Sie findet schon im normalen Zustand statt, indem nach oben Abstossung geschieht und von unten neue Zellen nachschieben, . die in der Epidermis beim Rücken nach oben grosser werden, ihren Kern verlieren und verharnen, im Epithelium aber als kernhaltige Pflasterzellen sich ablösen oder verschrumpfen und so, ohne wirk­lich zu verharnen, epidermisartige Ueberzüge bilden. Einen glei­chen Modus halten die Regenerationen nach Substanzverlust und die Hypertrophien ein. Sonst findet man Pflasterepitheliun^ auf den Pseudomembranen seröser Häute und auf den fibrösen Biembranen von Cysten, in letzteren häufig neben Erzeugung von cutisartigem Gewebe. Neugebildetes Flimmerepithelium ist an einem Ohrpolypen beobachtet worden. — Epithelialzellen im Epithclialkrebs siehe unter diesem Artikel.
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136nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Neubildung' von Gewebe.
Neubildung von cutisartigem Gewebe.
sect;. 51. Substanzverluste der Led erbaut werden nur durcb Bin­degewebe ersetzt. Dagegen thidet man bisweilen die fibrösen Bälge von Cystpn ganz odor tbeilweise in ein cutisartiges Gewebe umge­wandelt, welchen von den EigenthUmlichkeiten des Coriums nichts fehlt, als die Nerven. Die Papillen sind zwar unregelmässiger; aber die Oberfläche ist mit Pflasterepithelium versehen und in die Substanz selbst sind Haare von verschiedener Stärke und Länge, Talg- und Schweissdrüsen, ja sogar Zähne eingelegt.
Neubildung von Haaren, Nägeln und Zähnen.
Neugebildete Haare findet man auf bypertrophirter Haut und auf lederbäutigen Cystenbälgen, aber auch auf Schleimhäuten, z. B. im Darmcanal, in der Blase und auf der Conjunctiva.
Nagelneubildung kömmt vor nach Substanzverlust bei unver­letzter Matrix oder bei Entstehung überzähliger Nägel.
Zähne können exostosiren und Brüche ihrer Knochensubstanz durch Callus heilen. Völlig neugebildete, dem normalen ähnliche findet man bisweilen in ungeheurer Zahl (ein Fall mit 300) in der cutisartigen Wand oder in neugcbildoten knöchernen Alveolen von Ovariumcystcn. Wie in den Kiefern entwickeln sie sich aus Zahn­säcken.
Abnorme und Ubermässige Bildung von Huf- und Klauenhorn wird bisweilen bis zur völligen Monstrosität beobachtet.
Ferner kommen Zähne als Inhalt von Balggeschwülsten vor, in Cysten, die an vielen Stellen des Kopfes bei Pferden, zwischen den Aesten des Hiuterkiefers sich entwickeln. Neubildung von Nervengewebe findet sich in Narben, wo Nerven durchschnitten wurden. Selbst bei Durchschneidung von grössern Nervenparthieen hat man in Folge neugebildcter Nerven Bewegung und Empfindung zurückkehren scher:.
Cysten-Bildung.
sect;. 52. Die Cyste, Balg, Balggeschwulst (Cystis, tumor cysticus) besteht aus einem geschlossenen, von einem Epithelium ausgekleide­ten häutigen Sacke von runder oder länglicher, lappiger oder ab­geplatteter Form mit einem flüssigen oder halbflüssigen Inhalte der verschiedenen Metamorphosen unterliegt, und in wesentlicher Beziehung zur Cyste steht.
Mit Rücksicht auf den Inhalt unterscheidet man: seröse athe-romatöse. Colloid-, Fett- und Haareysten. Die Cysten mit serösem oder synoviaartigem, klebrigem, farblosem Inhalte — Hydatis (Wasserblase), Hygroma, Ganglion sind die häufigsten.
Cysten mit Kernen und kernhaltigem (atheromatösem) Inhalt incystates, Cholesteatom, Grützgeschwülste, Atheroma, sind ihrer
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Cystenbildung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;137
Bedeutung nach Epithelialgebikle; das Epithel der Cyste ist in Form glänzender, zerreiblicher Schüppchen vorhanden.
Cysten mit colloidem Inhalte, sogenannte Colloidbälge, Ho-nigbalggeschwülste, Melliceris, kommen nicht selten in der Schild­drüse des Hundes und in den Eierstöcken vor.
Cysten mit fettigem Inhalte — Fettcysten. Sie enthalten ein aus Margarin, Elain, Butterfett u. s. w. bestehendes Fett, meistens in Form eines die Cyste ausfüllenden Klumpens; häufig ist in sol­chen Bälgen auch Zahn- und Haarbildung vorhanden. Dieses Fett ist als das Secret der der LederhauiSildung der Cystenwand an-gehörigen Talgfollikel und Schweissdrüsen anzusehen, theils ist es aus einer Fettmetamorphose des Epitheliums der Cyste 1) ervorge­gangen.
Eine andere Eintheilung ist die in einfache, (einkäramerige) und zusammengesetzte, (mehrkämmerige) prolifere Cysten, je nach­dem die Cyste mir eine Höhle einschliesst oder sich in den inne­ren Schichten der Wand, der Muttercyste, seeundäre Cysten ent­wickeln, in welchen wieder derselbe Process vor sich gehen kann und es somit zur Bildung tertiärer Bälge kömmt, wodurch die Muttercyste ein bedeutendes Volumen erreichen kann.
Die einzelnen Cysten einer solchen Gruppe verlieren manch­mal die an einanderliegenden Scheidewände, wodurch ' ihre Höhlen communiciren; sie stellen dann ein vielfächeriges Cavum dar, dessen Entstehungsweise aus den Balken, welche dasselbe durchsetzen und aus den leistenartigen Vorsprüngen ihrer Wände — die Ueberbleibsel ehemaliger vollkommener Scheidewände — noch zu erkennen ist.
Die Cysten werden häufig von Häraorrhagien und Exsudativ-processen befallen, wodurch ihr Inhalt verändert und die Wände exuleeriren und verknöchern können.
Nicht selten sieht man auf der Innenfläche der Cysten ent­weder überall oder nur stellenweise papillare Wucherungenquot;, den­dritische Vegetationen auftreten, die den Raum der Cyste anfüllen, später die Wand durchbrechen, und frei über sie hinauswachsen. Diese Wucherungen können alle Formen annehmen, so auch dem Epithelial- und Zottenkrebs entsprechen; sie haben öfters ein blu­menkohlartiges Aussehen und geben auch die Bildungsstätte für neue Cysten ab.
Am häufigsten sind die Cysten in den Ovarien, auf serösen Häuten, in der allgemeinen Decke, im Euter, in der Schilddrüse, (besonders bei Hunden), den Nieren, Leber und Lungen; in den letztgenannten Organen sind sie beispielsweise beim Rinde oft in solcher Menge vorhanden, dass sie das normale Gewebe derselben ganz verdrängen.
Die Cyste stellt kein eigenthümliches Aftergebilde, sondern nur eine zufällige Form eines- solchen dar, da an jenen Bälgen, deren Entstehungsweise man kennt, das Zustandekommen der Höhle oder deren allseitiger Abschluss blos als eine Zufälligkeit
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138nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krebsbildung.
erscheint. Cysteu können durch jeden Process zu Stande kom­men, der eine allseitig geschlossene Höhle setzt; zumal dieser Pro­cess ein verschiedener ist, so ist auch die Entstehungsweise der Cysten eine mehrfache, jedoch lässt sich diese auf eine bestimmte Zahl von Hauptformen zurückführen.
Zu der ersteren Form gehören jene Cysten, die durch blose Vergrösserung irgend eines normalen oder neugebildeten allseitig geschlossenen Blasenraumes entstehen, also durch Vergrösserung einer Zelle, eines Follikels, einer Drüsenblase. Die zweite Form umfasst jene Species, die das Gemeinschaftliche darbietet, dass sich ein ursprünglich nicht abgeschlossener Raum überall deutlich begränzt, wonach er selbst die Höhle, die Substanz des betreffen­den Organs, die Wand der Cyste darstellt. Hierher gehören die cystenartigen Erkrankungen der Ausfuhrungsgänge der Speichel­drüsen, der Gallenblase, gewöhnlich Hydrops derselben genannt, die Cysten in den Nieren, den Ureteren u. s. w.
Eine dritte Varietät besteht in der Entwicklung einer scharf begränzten Lücke durch Auseinanderweichen der Elemente eines Gewebes, besonders des Bindegewebes; so kommen im subeutanen Zellgewebe mit Serum angefüllte Bälge vor, die durch Vergrösse­rung der areolaren Räume entstehen, also eine Art Hydrops des Zellstoffes darstellen.
Endlich ist noch eine Modification begründet in dem scharf abgegränzten colloidartigen oder fettigen Zerfall mancher Stellen in Geschwülsten, wobei die noch in integre bestehenden Theile des Aftergebildes die Cystenwand, seine metamorphosirten Theile aber den Cysten-Inhalt bilden. Hierher gehören auch die Kapseln und Exsudate und Extravasate, die in Parenchymen liegenden Einge­weidewürmer, fremde Körper u. s. f. Die Wandungen der Cysten bestehen aus Bindegewebe, das nach Innen zu von einer struetur-losenMembran und über dieser von Pflaster- oder Cylinder-Epi­thelium bekleidet erscheint.
Die Cysten werden durch Druck, Raumbeengung, Verdrän­gung, durch Zerrung und Auseinandertreibung der Gewebe schäd­lich. Grosse Cysten führen zuweilen durch den Säfteverbraueh, durch die in ihnen Statt findende Secretion und Neubildung zur Cachexie, abgesehen davon, dass die Entzündung und Vereiterung der sie zuweilen anheimfallen, auf andere edle Organe übergreifen und zu schweren Erkrankungen Veranlassung geben kann.
Die Therapie ist eine rein chirurgische und besteht entweder in der Function oder der Exstirpation der Geschwulst.
Die Krebsbildung, Carcinom.
sect;. 53. Der Krebs stellt eine Afterbildung dar, welche sich in der Regel als bösartig erweist, bei den Hunden am häufigsten vor­kömmt, nicht selten bei den Wiederkäuern beobachtet wird. Die richtigste Eintheilung des Carcinoms ist jene, welche die genetische
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Krebsbildung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;139
Verschiedenheit des Stromas zum Principe wählt, da sich in sei­ner Entwicklung und der davon abhängigen Bedeutung wesent­liche Unterschiede wahrnehmen lassen.
Die verschiedenen Arten des Krebses werden nach dem Krebsafte und anderen weniger constanten und wichtigen Merk­malen unterschieden.
Das Krebsgerüste ist Bindegewebe und entwickelt sich ent­weder aus Zellen, oder es stellt wesentlich eine Interccllularsub-stanz dar; erstere Entwicklungsform gibt den Scirrhus und den Mark­schwamm, letztere den Gallertkrebs (Carc. gelatiniform., C. colloide). Dieser erscheint im Allgemeinen sehr selten bei den Hausthieren im Magen (Lab und Haube des Rindes), in der Haut der Geschlechts-theile (Gurlt), Ruthe des Pferdes, den Gesichtsknochen des Rin­des (Roll), in den Ovarien und stellt rundliche, gelappte, manch­mal sehr grosse Geschwülste dar, oder ist diffus zwischen den rareficirten Normalbestandtbeilcn eingelagert. Die Geschwülste sind farblose oder blassbraune, gelbe auch weissliche, durchschei­nende Massen von dem Ansehen und der Consistenz der Gallerte. Der Durchschnitt zeigt, dass sie aus einem weissen Fasernetze als Stroma bestehen, in dessen Zwischenräumen eine weiche gallert­artige Substanz in grosser Menge abgelagert ist. Das Stroma des Gallertkrebses ist areolar, d. i. in sträng- oder hautförmigen Bal­ken angeordnet und schliesst mohnkorn- bis erbsengrosse, bald abgeschlossene, bald mit einander communicirende, rundliche oder ovale Räume ein. Von diesen Balken gehen zarte, hyaline, läng­liche Kerne und Zellen enthaltende Stränge und Lamellen aus, welche die Gallertc durchsetzen.
Die Gallerte ist microscopisch aus einer hyalinen Substanz zusammengesetzt, in welcher Kerne, Zellen auch wohl geschwänzte Körper in grösseren oder kleineren Entfernungen von einander ge­lagert sind, die sich daher zu der hyalinen Substanz, wie die Zel­len des Knorpels zu seiner Intercellularsubstanz verhalten. Bezüg­lich des Verhaltens dieser beiden Bestandtheile muss hervorgeho­ben werden, dass sich in der hyalinen Intercellularsubstanz jener Carcinome, deren Gallerte ein feinkörniges Ansehen hat, statt der einfachen kleinen Zellen grössere, selbst mit freiem Auge sichtbare strukturlose Blasen mit einem Inhalte finden, der aus Kernen, Zel­len und etwas fein granulirter Substanz besteht. Die Lücke, in welcher sie eingebettet sind, nennt man Alveolus und die durch das Vorhandensein der Alveoli und ihres Inhaltes gegebene Form der Textur, alveolar. Man unterscheidet daher zwischen der areo-laren Anordnung des Stromas die einem jeden Carcinome und dem alveolaren Baue, welcher der Gallerte zukömmt und dem­nach auch den alveolaren Gallertkrcbs von den anderen Formen, welche diese Anordnung nicht besitzen. Die an den Alveolen zu­nächst gränzenden Partien der hyalinen Substanz sind concentrisch um die den Alveolus erfüllende Blase geschichtet; diese Schichtung ist um so deutlicher, je grosser der Alveolus ist und erscheint als con-
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140nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Faserkrebs.
centrisclie Lagerung bogenförmiger geschwänzter Körper mit oder ohne deutlichem Kern um denselben. Das ist das Bild des alveo-larcn Gallertkrobses; zwei andere Formen werden hervorgebracht durch die Bescbaft'enlieit des Stromas, welches entweder ein collos-salcs fächeriges oder ein zartes microscopisches Maschenwerk ist, durch weiches die Anhäufung gallertiger Substanz gestützt wird. Die Gallertkrebse wachsen sehr schnell zu grossen Massen.
Der Faserkrebs, Carcinoma fibrosum, Scirrhus.
Er findet sich im Knochen, besonders in den Gesichtsknochen der Rinder, Schweine, Pferde, im submueösem Bindegewebe des Magens und Darmes, im Euter, in den Lymphdrüsen. Unter Fa­serkrebs versteht man eine aus sehr viel dichtem Bindegewebe als Stroma und sehr wenig fast klarem Safte bestehende nuss-bis eigrosse Geschwulst, die gewöhnlich eine knollige, höckerige, unebene, gelappte, meistens aber verästigte grauliche Masse von knorpelartigcr Härte und Zähigkeit bildet, welche an Dichtigkeit dem Faserknorpel zu vergleichen ist und beim Durchschneiden knirscht.
Der Durchschnitt dieses Krebses zeigt weissliche Stränge, die sich vielfach kreuzen und verflechten und etwas klare Flüssigkeit einschliessen, die zahlreiche Zellen und geschwänzte Körper ent­hält. Diese Stränge bestehen entweder aus blosen wellenförmig verlaufenden Zellgewebsfasern oder sie stellen Anhäufungen, unge­wöhnlich langer spindelförmiger Zellen dar; daneben erscheinen immer auch elastische Fasern in kleinerer oder grösserer Anzahl und zuweilen Fasern, die sich ganz den organischen Muskelfasern anschliessen. In dem Krebssafte finden sich Kerne und runde, längliche oder spindelförmige Zellen (also analog den Bindege-webszellcn) mit wuchernder, endogener Neubildung.
Manche Carcinome dieser Form bestehen ganz und gar ans beträchtlich langen, spindelförmigen Körpern, welche in der Rich­tung ihrer Längenachse an einander gereiht seitlich mit ähnlichen verbunden sind. Diese verleihen dem Aftergebilde die Eigenschaft, sich in der Richtung ihrer Längendurchmesser leicht in beliebig feine Bündel spalten zu lassen, quer auf diese Richtung jedoch nur schwer zerreisslich zu sein; ein solches Aftergebilde nennt man Bündelkrebs, Carcinoma fasciculatum.
Die Veränderungen dieser beiden Krebsformen sind das Ver­schrumpfen, die Fett- und Colloidmctamorphose, Brand, Verjau­chung, sehr selten die Verknöcherung.
Die Gewebe, in denen sie sitzen z. B. die Schleimhaut, zeigen besonders auftalleud die narbenartig aussehenden Einziehungen, welche in einem Schwund der Gewebselemente begründet sind.
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Medullarkrebs.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;|41
Vom Medullarkrebs, Markschwamm7 Carcinoma medullare.
Das Medullarcarcinom ist eine Geschwulst, welche aus Stroma und einem deutlich als milchartige Flüssigkeit bervortreteudeu Krebssafte besteht. Es ist weniger consistent als der Faserkrebs und kommt häufig bei Hunden vor, wo es Roll in der Schild­drüse bei gleichzeitiger Gegenwart in den verschiedensten .Orga­nen und Geweben antraf; seltener soll der MarkschwKmn in den Nieren, auf der Schleimhaut der Nasen- und Rachenhöhle der Pferde im Euter und der Augenhöhle der Rinder gefunden werden.
Er stellt entweder eiue deutlich begrenzte, kugelige oder ge­lappte, hanfkorn - bis kindskopfgrosse Geschwulst dar, oder ist mehr oder weniger diffus in dem Gewebe aufgenommen. Auf dem Durchschnitte zeigt er eine graulich-rothe Färbung und ein hirn-markähuliches Ansehen, bei angebrachtem Drucke eine mehr we­niger dickliche Flüssigkeit; entternt man diese durch Auswaschen, so bleibt eine fächerige, leicht zerreissliche Masse zurück. Die Wände dieser Fächer werden von sträng- und hautförmig vereinig­ten Bingewebsbüudeln gebildet, die noch mit Krebssaft bedeckt sind. Bei reichlichem Krebssafte kann das Medullarcarcinom so­gar eine fluetuirende Gsschwulst darstellen, die den raschesten Wachsthum zeigt, und in der Peripherie weicher und saftiger er­scheint als im Centrum. Das Stroma bildet ein bezüglich der An­ordnung dem Gallertkrebse ähnliches ziemlich verschlungenes Netz­werk.
Die papillare Form des Stromas gibt dem Aftergebilde ein filzi­ges, feinzottiges Ansehen und heisst dann Zottenkrebs, Cancer vil-liosus, er kommt in exquisiter Form meist auf Schleimhäuten oder auf der Innenwand von Cysten vor, ist sehr getässreich und des­halb in. der Regel von dunkelrother Farbe. Roll hat ihn bei den Hausthieren noch nicht angetroffen.
Der Blutschwamm, Cancer hämatodes, ist eine sehr gefäss-reiche Abart des Medullarcarcinoms von dunkelrother oder violet­ter Farbe, bedeutender Lockerheit der Textur mit raschem Wachs thume. Wegen der grossen Zahl und der Weite seiner Gefässe unterliegt er häufigen Blutungen, sowohl nach Aussen als in sein Gewebe, wodurch die Lücken des Stromas Blutgerinnsel und als deren Folgen die verschiedenen Formen des aus dem Blutroth her­vorgehenden Pigmentes enthalten. Die durch die Blutung zer­trümmerten Zellen sowie auch Theile des Stromas können in ei­ner Fettmetamorphose untergehen.
Der Epithelialkrebs, Epidermidalkrebs, Cancroid, Cancer epi-thelialis. Man begreift hierunter Geschwülste von dem Aussehen des Condyloms, der Warze des Zottenkrebses; derselbe kommt an den Lippen, am After als blumenkohl- und Warzenförmiger Aus­wuchs bei Hunden und Pferden auf der Schleimhaut des Magens
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142nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Medullarkrebs.
vor. ßöll sah ihn bisher nur einmal an der Gesichtshaot eines Ochsen.
Der Epithelialkrebs bildet so lange er noch unversehrt ist, eine aus mohnsamen- bis erbsengrossen rundlichen Kölbchen be­stehende Wucherung, welcba aus der betreffenden Schleimhaut hervorsprosst; jedes dieser Kölbchen ist aus einer centralen aus Bindegewebe gebildeten, gefässreichen Zotte und zahlreichen die letztere umhüllende Lagen von Zellen zusammengesetzt, die deut­lich jenen des Pflasterepitheliums gleichen. Unterhalb der von die­sen Wucherungen bedeckten Stellen finden sich selbst auf be­trächtliche Entfernungen hin zwischen den noch normalen Geweben rundliche, kugelförmige Gruppen gleicher epitheliumartigen Zellen eingeschaltet, welche nach und nach zu Hirsekorn und auch grös-seren Knötchen heranwachsen, die der erkrankten Stelle ein acinö-ses Ansehen geben können. Diese Zellengruppen gehen wahr­scheinlich aus der endogenen Vermehrung einer präexistenten oder neugebildeten Zelle hervor, indem sich die im Centrum des Hau­fens liegende Zelle fort und fort vermehrt, während die aus ihr entstandenen sich vergrössern, mit ihr in Verbindung bleiben und sie bogenförmig umfassen (Bruträume). Die Epithelialkrebse sind die gutartigsten unter den bieher gehörigen Geschwülsten. Die Colloid- und Fettmetamorphose ist eine häufige Veränderung der­selben; aus dieser wie aus dem nicht seltenen Brandigwerden er­gibt sich das Verschwären des Epithelialkrebses, ein Process, durch welchen ein Geschwür von einer den übrigen Krebsgeschwüren ganz gleicher Art erzeugt wird, dessen Basis von einem rahmähn­lichen Exsudate bedeckt erscheint.
Der melanotische, pigmentirte Krebs, Cancer melanodes, findet sich in den meisten Organen und Geweben unserer Haussäuge-thiere; Roll hat ihn einigemal bei Hunden und Pferden gesehen. Das Eingehen von Pigment in die Krebsmasse sagt llokitansky macht das medullare Carcinom zum C. melanodes, es ist somit ein durch das Vorhandensein von Pigment modificirtes Medullarcarcinom. Diese Varietät ist nur durch ihre schwarze, schwarzbraune Färbung ausgezeichnet, sie hat aber das Vorkommen, die Form, kurz alle äusseren Verhältnisse mit dem Medullarcarcinome gemein. Das Pigment ist körnig, in Zellen eingeschlossen und jedenfalls von den aus Hämatin hervorgegangenen Pigmenten verschieden, da es die für diese charakteristischen Farbenveränderungen mit Säuren niemals gibt. Es entwickelt sich ohne Zweifel aus dem eiweiss-artigen Zelleninhalte, wie das Pigment der Epidermis. Er tödtet in Folge der ungeheueren Ausbreitung, die er erlangt, selten durch Blutungen und Verjauchung.
Fassen wir die Metamorphosen der Krebse zusammen, so ergibt sich:
1) Uebermässige Volumszunahme, rasches Wachsthum durch üppige Zellenwucherung. In Parenchymen und auf serösen Häuten kommen sie häufig in Form kleiner hirse- bis 'aanfkorngrosser.
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Tuberkelbildung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 143
tuberkelartiger Knoten vor; sonst können sie aber aucb eine ganz aussergewöhnliche Grosse erreichen. Sehr oft sind sie in grosser Anzahl in einem oder mehreren Organen vorhanden, indem sie bald ursprünglich an mehreren Stellen zugleich entstanden, bald nach einander sich allmälig oder rasch entwickeln.
2)nbsp; In den Krebsen kommt es nicht selten zu Blutergüssen; sie entstehen meist durch Zerreissung alter oder neuer dem Carcinom eigenthümlicher Blutgefasse.
3)nbsp; Häufig verjauchen die Krebse von der Oberfläche her, nachdem sie die allgemeine Decke, die Schleimhäute durchbrochen haben und mit der Atmosphäre, mit verschiedenen Se- und Ex-cretionen in Contact gerathen, in Folge dessen entsteht das soge­nannte Krebsgeschwür, das sich gewöhnlich durch einen trichter­förmigen in die Tiefe greifenden, einer rahmähnlichen, gelblichen, schmutzig braunen, häufig blutigen, stinkenden Jauche bedeckten Grund, und durch einen wallartig aufgeworfenen Kand charak-terisirt.
4)nbsp; Die Krebsmasse kann auch zu einer gelben, gelblichweis-sen, fettigen Substanz werden, welche die Räume des Stroma durchsetzt, Fettmetamorphose; zuweilen findet in ihrem Gefolge die Verkreidung Statt, wobei die Krebsmasse zu einem fettigen Brei, zu mörtelartigen Pfropfen eindickt.
5)nbsp; Die Krebselemente können auch zu einer feinkörnigen, bröckligen, gelben, käsigen Masse zerfallen. Roll hat diese Me­tamorphose, das sogen. Tuberkulisiren des Krebses in den Lymph­drüsen bei Ochsen gesehen.
6)nbsp; Die Zellen und Kerne der Krebsmasse und die aus ihnen hervorgehenden structurlosen Blasen können sich auch zu Colloid-körpern umwandeln, und endlich finden sich auch verknöcherte einfache und geschichtete Blasen im Krebse.
Ist die Diagnose des Krebses sicher gestellt, so wird man bei den Hausthieren sicherlich nicht eine Heilung desselben an­streben, weil diese selbst durch die Exstirpation nicht gelingt, oder wenn sie gelingt, der Krebs in der Regel recidivirt. Der Krebs wird meist durch Erschöpfung tödtlich und zwar in Folge von Blutungen, von Verjauchung u.s.w. Auch tödtet dieses Aftergebilde durch Druck auf andere wichtige Organe und mechanische Behin­derung ihrer Functionen, und durch krebsige Metamorphose der Nachbarorgane.
Tuberkulisirnng und Tuberkelbildnng.
sect;. 54. Die tuberculösen Bildungen erscheinen unter zwei Formen. Man unterscheidet 1) den grauen sog. miliaren Tuberkel, hirse-korngrosse, graue oder grauweisse Kuötchen und 2) den gelben, käsigen Tuberkel, der grössere Partien von Geweben infiltrirt und eine gewöhnlich weichere, bröckligem Käse ähnliche Consistenz hat. Frische Tuberkelgranulationen bestehen vorzugsweise aus
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t44nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Tuberkelbildung.
Nestern von Kernbildungen (selten sind Zellenbildungen dabei an-zutreffen), die als Eesultate endogener Zellenentwicklung entstehen sollen, und demgemäss einen Process von Neubildung darstellen. Andere graue, derbe Knötcheu bestehen aus Bindegewebe und elastischen Fasern. Die gelbe Tuberkeliufiltration entsteht zum Theil durch fettigen Zerfall von Tuberkeleinlageruugeu. Das An­sehen des käsigen Tuberkels kann aber auch in alleu Exsudaten, in eingedicktem Eiter vorkommen; es ist eine Art von Tuberkel-einlageruug und Verschrumpfung der Exsudate. Coustitutionelle Ursachen begünstigen die Tuberkulisirung der Exsudate, ohne dass wir in allen Fällen örtliche Momente nachzuweisen im Staude sind.
Es lässt sich also jede Tuberkelbildung auf eine Reihe von localen Hyperämieen und Entzündungen zurückführen. Häufig geht der Bildung von Tuberkelgranulationen eine gelatinöse Ex­sudation voran, so dass man eine gelatinöse lufiltration im gewis­sen Sinne als das erste Stadium der Tuberkulose bezeichnen kann.
Drüsige Organe zeigen vorzugsweise die genuiue Eutwicke-lung von Tuberkeln. Tuberkulisirung von Exsudaten erfolgt je­doch auch auf der Haut, im Knochen, iu Neubildungeu (Kreb­sen) etc.
Die Erweichung und der Zerfall tuberculüser Massen verur­sacht gleichzeitig einen Substanzdefect des als Eiulageruugsstätte dienenden Gewebes; es bleibt eine Narbe; oft linden sich auch als Residuen resorbirter tuberculüser Massen kalkige Concremente, die sich während des Zerfalls niedergeschlagen. Die Erweichung von Tuberkeln scheint oft von entzündlichen J'rocesseu der um die tuberculöse Infiltration liegenden und in ihr eingeschlossenen Ge­webe eingeleitet und befördert, deren Producte (Eiter^ sich daun mit denen der zerfallenden Tuberkel mischen.
Aus dem Vorhergehenden ergibt sich, dass die Ansichten über Tuberkel noch nicht vollständig geklärt sind. Sind die Kernbil­dungen wirklich das Resultat einer endogenen Neubildung oder als Residuen einfachen Zellenzerfalls?
Von der verschiedeneu Beantwortung dieser Frage hängt die verschiedene Stellung der Tuberkelbildung unter den progressi­ven und regressiven Bildungen ab. Wir glauben jedoch, dass beides stattfindet, dass die Bildungen, die mau ihrem äusseren Ansehen nach nun einmal als tuberculöse zu bezeichnen sich ge­wöhnt hat, wirkliche Neubildungen (Kernproductionen) sein kön­nen, ein anderes Mal aber vorwiegend aus verschrumpfenden Zel­len bestehen.
Wir unterscheiden demnach zwei Formen des sogeuauuten grauen Tuberkels, nämlich den eigentlichen Tuberkel, eine Neu­bildung (endogeue Kernbildung), und das graue Biudegewebsknöt-
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Tuberkelbfldnng.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;145
eben, das nur uneigentlich Tuberkel genannt wird. Dass der gelbe Tuberkel ein Product einer regressiven Metamorphose sei, ist wohl keinem Zweifel unterworfen.
Unter den Hausthieren findet sich der Tuberkel wohl am häufigsten beim Pferde, er kommt jedoch auch bei Hunden und Rindern nicht selten vor.
Ursprünglich (primär) findet er sich am häufigsten in den Lungen, auf der Nasenschleimhaut der Pferde (beim chronischen Rotze), in den Lymphdrüsen, auf den serösen Häuten; secundär, das heisst abhängig von dem Bestehen der Tuberkel in den ebsü genannten Theilen, oder als Ausdruck einer allgemeinen Tuberkel­krankheit kommt er im Kehlkopfe, der Luftröhre, Leber, Milz, den Nieren, dann, wenn gleich, wenigstens bei Pferden und Hunden, sehr selten auf der Darmschleimhaut vor.
Ueber das Ausschliessen des Tuberkels und anderer Krank­heiten liegen bei Thieren noch zu wenig Beobachtungen vor, als dass sich jetzt schon irgend verlässliche Angaben hierüber machen liessen.
Bezüglich der Ursachen der Tuberkelbildung ist man noch völlig im Dunkeln.
Schon oben wurde erwähnt, dass eine gewisse Körpercon-stitution, welche sich durch Entwicklung des Körpers in die Höhe, flache Brustwandungen, zarten Körperbau und eine gewisse Vegetationsanomalie auszeichnet, welche zu Exsudationsprocessen geneigt macht, die Disposition zur Tuberkelbildung abgebe. Diese Anlage ist häufig erblich, sie überträgt sich von Eltern auf die Nachzucht (bei Lungentuberkulose und chronischem Rotze be­obachtet); sie ist bisweilen angeboren, wie dies bei Thieren beob­achtet wird, welche von cachectischen oder sehr alten Eltern ab­stammen; sie entwickelt sich häufiger bei jüngeren als bei alten Thieren, ohne dass das Geschlecht auf sie einen bemerkbaren Ein-fluss ausübte.
Die ausseien Einflüsse, welche die Entstehung des Tuberkels zu begünstigen scheinen, sind insbesondere: schlechte, ungenügende Nahrung, der Aufenthalt in unreinen, feuchten, lichtarmen Ställen, häufiger Wechsel der Witterung, klimatische Einflüsse, insbeson­dere wenn denselben ungewohnte, aus anderen Gegenden stam­mende Thiere ausgesetzt werden, (Entstehen von Lungentuber­kulose bei den in feuchte Ebenen versetzten Gebirgsracen des Rind­viehes), schlechte Wartung und Pflege und vernachlässigte Hautcultur. Auch die aus tuberculösen Geschwüren stammende Jauche kann in manchen Fällen, auf die Schleimhaut eines anderen Thieres übertragen, die Tuberkelbildung begünstigen (chronischer Rotz). Ob hier ein eigentliches Contagium oder blos die Uebertragung einer jauchigen Flüssigkeit wirke, bedarf noch der Entscheidung. Der Verlauf der Tuberkulose ist meist chronisch, dort jedoch wo sie im Gefolge der Entzündung oder als acute Miliartuberku­lose auftritt, acut.
Krau s, Path. u. Therap. der Haussäugethiere,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;10
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146nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Tnberkelbildting.
Die Heilung des Tuberkels auf dem Wege des Verhornens, der Erweichimg und Ausstossung und des Verkreidens hat nur dann einen Werth für das Thier, wenn die ihrer Bildung zu Grunde liegende Allgemeiukrankheit aufhört. Tuberculöse, zur Heilung gekommene Geschwüre lassen immer eine schwielige, die umge­benden Theile an sich ziehende (constringirende) Narbe zurück; tuberculöse Cavemen können sich durch die von ihren Wandun­gen ausgehende Bindegewebsneubildung verkleinern und endlich schliessen. Erlischt jedoch selbs't die der Tuberkelbildung zu Grunde liegende Constitutionsanomalie, so hängt es immer von den bereits durch die Tuberkel veranlassten Zerstörungen des be­troffenen Organes ab, ob das Thier einen solchen ökonomischen Werth behält, dass seine fernere Erhaltung wünscheuswerth ist.
Die Prognose ist im Allgemeinen eine sehr ungünstige. Die Tuberkulose führt meist entweder durch Beeinträchtigung der Function des betroffenen Organes, in Folge massenreicher Tuber-kelablagerungcn oder geschwüriger Zerstörung, sowie durch Er­schöpfung in acuten Fällen durch Blutentmischung zum Tode.
Die Prophylaxe hat jene Einflüsse entfernt zu halten, welche die Entstehung der Tuberkulose zu begünstigen scheinen. Sie kann in manchen Fällen (durch Ausschliessung unpassender Vater-und Mutterthiere von der Zucht, entsprechende Haltung, Wartung und Fütterung u. s. w.) der Entwickelung der Krankheit vorbeu­gen. Die Therapie gegen einmal entstandene Tuberkel ist bei den Hausthieren nahezu gleich Null und Heilversuche meist mit öko­nomischem Nachtheile verbunden. —
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VI. Von der Entzündung im Allgemeinen.
sect;. 55. Man bezeichnet mit dem Worte Entzündung jene Er­nährungsstörung, bei welcher es in einem Capillargefässbezirke eines Gewebes zur Blutstauung und Ausschwitzung von Blutplasma, so wie zu Veränderungen in den Elementartheilen des betroffenen Gewebes selbst kommt.
Der Vorgang, wie man ihn an thierischen Häuten unter dem Mikroskope beobachtet, ist folgender: Zunächst entsteht eine, wenn auch nicht bedeutende Erweiterung der Capillaren, welcher manch­mal eine vorübergehende Verengerung (auch der kleinen Arterien) vorausgeht. Verlangsamung der Blutbewegung und Undulation; dann häufen sich die Blutkörperchen in denselben an, verkleben unter einander; endlich kommt es zur Stockung, Stasis, bei welcher die Gefasse mit Blutkörperchen völlig angefüllt erscheinen, und eine Ausschwitzung von Blutplasma in die benachbarten Gewebe statt­findet. Auch entsteht häufig durch den vermehrten Blutdruck eine Zerreissung der Gefasswand, somit ein Blutextravasat. —
sect;. 56. Symptome. Die örtlichen Erscheinungen der Entzün­dung sind:
1) Der Schmerz, dessen Heftigkeit von dem Grade der Ent­zündung, vom Nervenreichthume des Gewebes, von der Spannung, welche das gesetzte Exsudat erzeugt, von der Keizbarkeit der Ra^e und dem Gesundheitszustande des Thieres abhängt. Bei den Thie-ren bekommt der Arzt keinen Aufschluss über seine Beschaffenheit, er kann höchstens aus dem Benehmen des Kranken auf seine grössere oder geringere Intensität schliessen; der Schmerz kann so heftig sein, dass dasThier winselt, brüllt, wiehert, stampft und scharrt, sich krümmt, zu Boden wirft, von einem Orte nicht weg­zubringen ist, weil jede Bewegung ihm Schmerzen verursacht, oder ihn vermehrt; zuweilen wird der Thierarzt erst durch die Unter­suchung, durch das Befühlen, durch einen angebrachten Druck auf
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i48nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Entzündung.
gewisse Theile gewahr, dass das Thier Schmerzen empfinde. Zu bestimmen aber, ob der Schmerz brennend, bohrend, klopfend u. s. w. sei, ist dem Thierarzt unmöglich.
2)nbsp; Die Röthe, deren Intensität und Farbenton je nach dem Gefässreichthume, der tiefen oder oberflächlichen Lage des erkrank­ten Gewebes sehr variirt, manifestirt sich nur an den unbehaarten Hautstcllen oder an den sichtbaren Schleimhäuten. Sie kann aber auch ganz fehlen, wenn der Herd der Entzündung tief und in einem dem Gesichtssinne nicht zugänglichen Orgaue liegt. Meist ist die Röthe am Herde der Entzündung eine intensivere, und verliert sich gegen die Grenzen derselben allmälig.
3)nbsp; Die Geschwulst, welche durch die vermehrte Anhäufung des Blutes selbst, durch das gesetzte Exsudat, und die entzünd­liche Gewebswucherung bedingt ist. Die Geschwulst ist je nach der Beschaffenheit des erkrankten Gewebes sehr verschieden, sie kann auch gänzlich fehlen, wo das Gewebe ein dichtes ist, oder straffe fibröse Gebilde eine Ausdehnung nicht gestatten.
4)nbsp; Erhöhung der Temperatur (Entzündungshitze), die theils als subjectives Gefühl erscheint, theils durch den Thermometer wirk­lich nachgewiesen werden kann. Je oberflächlicher der Entzün­dungsherd, je nerven- und gefässreicher das Gewebe, und je hef­tiger der Entzündungsprocess selbst, desto deutlicher ist auch die Temperaturerhöhung.
5)nbsp; Die Functionsstörung, welche mehr weniger deutlich bei jeder Entzündung beobachtet wird. Sie äussert sich zunächst als Herabsetzung oder Sistirung der normalen Thätigkeit der entzün­deten Gewebe oder Organe, hält jedoch nicht immer gleichen Schritt mit der Heftigkeit der Entzündung, vielmehr ist hier der Sitz derselben, die Grosse der Geschwulst und die Beschaffenheit des Individuums von grossem Einflüsse.
Ausser diesen localen Symptomen treten Veränderungen in der Beschaflenheit des Blutes und Störungen im ganzen Organis­mus auf. Der Faserstoff des Blutes und die weissen Blutkugeln sind vermehrt, die rotheu Blutkörperchen vermindert: es kommt in geronnenen, z. B. durch Aderlass gewonnenen Blute zur Bil­dung der Speckhaut, (crusta phlogistica) der Alten, die jedoch nicht für entzündliches Blut allein characteristisch ist. und bei jeder Verminderung des Elutquautums überhaupt, bei relativer Abnahme der rothen, und Zunahme der weissen Blutkörperchen und des Faserstoffs erscheint. Die Gesammtstörung im Organismus äussert sich als Entzüudungsfieber, über welches wir später handeln.
sect;. 57. Verlauf. Bei jeder Entzündung zeigt sich im weitern Verlaufe die Erkrankung in zweierlei Richtungen, aämlich die Ge­stalt des gesetzten Exsudates, und der Gewehser'lt;rankung selbst. Die Veränderungen können mannigtach sein, je nachdem die Entzündung rasch, also acut, weniger rasch, subacut, und endlich langsam, also chronisch verläuft. Diese Eintheilung ist zur Cha-
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Entzündung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;-[49
racteristik des Vorganges von grosser quot;Wichtigkeit, obgleich nicht auf strenge einzuhaltende Zeiträume zurücktührbar. Das Exsudat selbst kann sein:
a)nbsp; nbsp; Ein seröses, welches in überwiegender Menge Was­ser und nur wenig Bestandtheile des Blutplasma enthält. Es kommt meist bei chronischen Entzündungen zu Stande, wo der Process auf einer langsam eingeleiteten und lange andauernden Blutstauung beruht, oder die Ausschwitzung hauptsächlich durch Lymphgefässe geschieht. Diese Art des Exsudates wird zunächst durch die serösen Häute abgesetzt, jedoch können sich andere Exsudate, namentlich, wenn sie in geschlossenen Höhlen auftreten, durch Resorption der festen und organischen Bestandtheile in ein seröses Exsudat umwandeln ;
b)nbsp; ein albuminöses, das noch viel Wasser oder auch in vor­wiegender Menge Eiweiss enthält, und dann dickflüssig, klebrig Synovia-ähnlich erscheint. Hieher gehören zunächst die eitrigen Exsudate;
c)nbsp; ein fibrinöses, mit mehr weniger (rehalt an geronnenem Faserstoff; dieses Exsudat wird bei den meisten acuten Entzüu-dungen in Form von Flocken oder Membranen abgesetzt. Der Flüssigkeitsgehalt kann dabei sehr variireu; am geringsten ist er bei der als croupöses Exsudat bezeichneten Art. Es zeichnet sich durch Neigung zum raschen Zerfall aus, und besitzt dann conversive Eigenschaften.
Das hämorrhagische Exsudat zeichnet sich durch mehr we­niger starken Blutgehalt aus, welches demselben in Folge von Zerreissung von allen oder neugebildeten Blutgefässen beigemengt ist. Die serösen, albuminösen Exsudate können zugleich hämorr­hagische sein.
Das Exsudat ist niemals einer weiteren Entwicklung fähig, sondern geht stets rückgängige Metamorphosen ein (R oki tan sky); diese Metamorphosen sind:
a) Die Resorption der flüssigen Bestandtheile und der festen, nachdem sie anderweitige Veränderungen eingegangen sind.
ß) Die Verfettung; sowohl starre als flüssige, eiterhaltige Exsudate verwandeln sich in feinkörnigen Detritus, welcher in der Flüssigkeit suspendirt ist, dieselbe trübt, und zunächst aus fein vertheiltem Fett besteht. Die Verfettung geschieht sehr rasch und schon im frischen Exsudate sind diese Körnchenmassen vorhanden. Ist die Verfettung eine vollständige, so bleibt eine von Fettkügel-chen und Cholestearin-Krystallen strotzende, fcttigklebrige Masse zurück, welche als Uebergang zur Verkreidung angesehen wer­den kann.
y) Die Verkreidung; durch Deposition von Kalksalzen ent­steht eine starre bröckelige Masse, die sich endlich in einen voll­kommen anorganischen festen Körper umwandeln kann.
d)nbsp; Die colloide Metamorphose, welche ein schleimiges, kleb­riges, leimartiges Product liefert..
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150nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Entzündung.
Das Exsudat kann sich aber auch in anderen Richtungen hin metamorphosiren, wo es dann zur Resorption minder geeignet und auf die Gewebe eine zerstörende Wirkung äussert, nämlich in
e) Verjauchung, Zerfallen in feinkörnigen Detritus, mit Zer­setzung der chemischen Bestandtheile in deletäre Stoffe, Ammoniak, Schwefelammonium, Schwefelwasserstoff, Fettsäuren, mit Bildung mjcroscopischer Organismen, namentlich Vibrionen, wenn Luftzutritt stattfindet.
£) Tuberculisirung, Umwandlung in eine gelbe, starre, mor­sche Masse, die unter Umständen weiter zerfällt und zerstörend einwirkt.
Mit der Exsudatbildung und Entzündung überhaupt, geht Hand in Hand eine Gewebserkrankung einher, welche zunächst in lebhaft angeregtem Stoffwechsel ihren Grund hat, und den eigentlichen Entziindungs-Erscheinungen vorausgehen, oder ohne merkliche Exsudatbilduug stattfinden kann. Sie erscheint zunächst als Gewebsvegetation in Folge von endogener Zellenbildung (Virchow), deren Producte wieder verschieden sein können, und zwar
laquo;) Eiter. Die Eiterzellen werden bei jeder Entzündung in geringerer oder grösserer Menge gebildet, und zwar im Räume der Bindegewebs -, der Epithelzellen oder der organischen Zelle von Parenchymen überhaupt (Billroth); durch Bersten dieser Räume werden die Eiterzellen dem Exsudate beigemengt, und ihre Menge bestimmt dann vorzüglich den Charakter und das Aussehen des Ergusses.
ß) Bindegewebsneubildung entsteht durch Auswachsen runder, ovaler oder spindelförmiger Zellen aus dem Bindegewebssubstrate der Gewebe, welche dann zu neuen Bindegewebsfibrillen verschmel­zen (Rokitansky). Auf diese Weise kommen die entzündlichen Pseudomembrane, welche die Verwachsung seröser Platten einlei­ten, die zottigen Wucherungen an serösen Häuten, überhaupt die Fleisch Wärzchenbildung, die Granulation und die Narbenbildung zu Stande, auf welcher die Heilung per secundam intentionem be­ruht. Die Bindegewebsneubildung führt dann auch zur Hypertro­phie entzündeter Organe einerseits, wenn das junge Bindegewebe wieder bald verfettet, schrumpft und resorbirt wird.
y) Gefässneubildung, die überall erscheint, wo sich junges Bindegewebe bildet und durch schlauchförmiges Auswachsen der Capillargetässe eingeleitet wird. Die neuen Capillaren sind sehr zart, reissen leicht, und es kommen häufig auf diese Weise Hämorrha-gien zu Stande, welche den Exsudaten eben den Charakter der hämorrhagischen verleihen. Höchst wahrscheinlich findet auch eine Neubildung von Nervenfasern statt.
sect;. 58. Ausgänge der Entzündung. Man kann füglich folgende Ausgänge annehmen, die den Entzündungsvorgang selbst oder die Veränderungeu der Exsudate und der erkrankten Gewebe betreffen:
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Entzündung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;J51
1)nbsp; Die Zertheilnng als günstiger Ausgang, wenn die entzünd­liche Stase, nachdem ein kaum merkliches Exsudat gesetzt wurde, aufhört, und die Circulation wie früher ungestört stattfindet.
2)nbsp; Die Lösung, Resolution, wenn das gesetzte Exsudat durch Resorption mehr oder weniger rasch schwindet, und die bedingte Gewebskrankheit dem normalen Zustande Platz macht. Dieser Ausgang kann unter günstigen Umständen in jedem Gewebe, am leichtesten und raschesten aber auf serösen Flächen stattfinden, wo die Verhältnisse für die Resorption die günstigsten sind.
3)nbsp; Zurückbleiben des Exsudates und consecutive Neubildung. Das Exsudat wird unvollständig resorbirt, es bleibt eine fettige, kreidige (verkalkte), oder colloide Masse zurück. Die Bindege-webswucherung ist eine bleibende, und bedingt in Form vo.i ent­zündlicher Hypertrophie die Vergrösserung des ganzen oder eines Theiles des Organes als Geschwulst; ferner die Verwachsung von gleich- und ungleichartigen Gebilden (Rokitansky) in Form von Pseudomembranen. Die Resorption kann auch in übermässigem Grade stattfinden, das neugebihletc Bindegewebe schrumpft zusam­men, und es fällt das Gewebe oder das ganze Organ unter das normale Volum — entzündliche Atrophie.
4)nbsp; Die Vereiterung, der Ausgang, welcher mit theilweiser Zerstörung eines Gewebes mit Durchbruch nach aussen, und dar­auf folgender Vernarbung des Substanzverlustes einhergeht.
5)nbsp; Die Verschwärung, nämlich die durch corrosive Beschaf­fenheit des Exsudates bedingte, fortdauernde Destruction der Ge­webe, die in die Fläche sowohl, wie in die Tiefe weiter greift.
6)nbsp; Der Brand, wenn sich die entzündliche Stase in eine ab­solute verwandelt, oder durch Druck und Verstopfung der Blutge-fässe die Ernährung des aussei- Circulation mit dem übrigen Kör­per gesetzten Gewebes aufhört.
sect;. 59. Therapie der Entzündung. Die Entzündung ist durchaus nicht immer ein zerstörender, sondern sehr oft ein heilsamer, zur Entfernung fremder schädlicher Einflüsse, zur Hebung von Substanz­verlusten, zur Deckung und Heilung von Verletzungen und Schütz­ung der gesunden Gewebe deletären Processen wichtiger und noth-wendiger Process. Nur dort, wo sie zu heftig, oder als wirklich schädlicher Vorgang erscheint, kann von einer Therapie die Rede sein. — Man kann keine Entzündung im eigentlichen Sinne heilen, wohl aber massigen und den Heilungsprocess dadurch beschleuni­gen. Als souveränes Mittel gilt hier die Ruhe und die zweckmäs-sige, den Zufluss des arteriellen Blutes beschränkende, den Ab-fluss des venösen Blutes begünstigende Lage; durch Sorge für reine, kühle Luft, Beschränkung des Futters, ferner die Kälte, in Form von kalten Umschlägen, Eisumschlägen, Eisblasen, oder künstlichen kalten Waschungen. — Blutentziehungen werden häufig in Form von Aderlass und Scarificationen gemacht. —
Die Indication zur Wiederholung eines Aderlasses muss immer aus dem Krankheitszustande, nie aus der Beschaffenheit des Aderlass-
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152nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Therapie der Entzündung.
blutes gestellt werden. Bei Pf erden liefert die Bildung eines wei­chen, zerfliessenden, mit gallertähnlicher, bräunlichgelber Speckhant belegten Blutkuchens, bei Rindern das schnelle Ausscheiden des Serums von dem Blutkuchen eine Gegenanzeige für die Wiederho­lung des Aderlasses. Bei der letztgenannten Thiergattung bildet sich auf dem, aus der Ader gelassenen Blute, weder im normalen Zustande noch in Krankheiten, wenn das Blut überhaupt seine Ge-rinnfähigkeit nicht völlig verloren hat, eine Speckhaut.
Bei sicher gestellter Anzeige für den Aderlass ist es am gerathensten, eine grosseMenge Blut in raschem Strome zu entleeren.
Die mittlere Quantität Blutes, welche bei einem mit-telgrossen Aderlasse einem erwachsenen Thiere auf einmal entleert wird, rechnet man bei Pferden auf 8 —9, bei Rindern auf 10—11 Pfund, bei Ziegen und Schafen auf lli—'/a Pfund, bei Schweinen auf 1 bis l'/j Pfund, bei Hunden je nach der Grosse auf 2—6 Un­zen; grosse Aderlässe können bis zu dem Doppelten des an­geführten Gewichtes gesteigert werden. Bei jungen Th'eren be­schränkt man die hier angeführte Menge des Aderlassblutes ent­sprechend ihrem Körpergewichte (R ö 11).
Die Scarificationen (mehr weniger tiefe Einschnitte) sind unter Umständen schon wegen der durch sie bewirkten Aufhebung der Spannung im geschwellten, entzündeten Theile von grossem Werthe. Die Ableitungen durch Vesicanzen, Haarseile, durch das Glüheisen, Fontanelle sind jetzt mit Recht weniger im Gebrauch, da sie nach den gegenwärtigen pathologischen Anschauungen eher geeignet sind das Leiden zu vermehren als es zu bessern; die Abführmittel werden ebenfalls häufig als Antiphlogistica benützt, jedoch passen sie bei schwächlichen, herabgekommenen Thieren ebenso wenig als die Ader­lässe. Die systematische Compression erweist sich manchmal von Nutzen. Von den antiphlogistischen Medicamenten spielt noch das Quecksilber und seine Präparate (Calomel, Suolimat) eine ge­wisse Rolle.
Von den Mitteln, die die Resorption beschleunigen, erweisen sich: die Wärme, feucht warme Ueberschlägc, (Karaplasmen) Fette der periodische Druck, Jod und Quecksilber, die Alkalien, beson­ders der Salpeter, die Potasche, das schwcfelsauie Kali und Na­tron, der Salmiak oft sehr nützlich.
Selbstverständlich muss in jedem speciellen Falle die Nah­rung vernünftig je nach der Intensität des Entzündungsprocesses und dem Allgemeinbefinden des kranken Thieres geregelt werden. Wir wollen einige Ausgänge der Entzündung wegen ihrer grossen practischen Wichtigkeit genauer erörtern.
I. Die Hypertrophie und Atrophie.
sect;. (50. Man versteht unter Hypertrophie wie bereits erwähnt eine Zunahme der einem Organe zukommenden, wesentlichen Ge-
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Entzündliche Hypertrophie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;153
webselemente, sei diese nun clnrcli ein Waclistlnnn derselben oder durch die Bildung neuer Elemente neben den alter: bedingt.
Eine wirkliche Hypertrophie normaler Gewebe, wenn sie nicht angeboren ist, gehört zu den selteneren Erscheinungen: hin­gegen ist die Hypertrophie als Ausgang der Entzimdang ein häufig vorkommender Process. Sie wird zum Unterschiede von der er-steren mit dem Namen entzündliche Hypertrophie bezeichnet, und beruht jedesmal nur auf Neubildung von Bindegewebe (Induration.) Wenn eine Wucherung des interstitiellen Bindegewebes paren-chymatöser Organe stattgefunden hat, so gebraucht man dafür den Namen Anschoppung, Infarct.
Chronische oder wiederholt auftretende acute Entzündungen, länger andauernde Ernährungsstörungen eines Organes führen zu­meist zur Hypertrophie. Diese kann fortdauern , wenn kein Sym­ptom der Entzündung mehr vorhanden ist: sie kann aber auch, ohne dass in die Sinne fallende Entzündungserscheinungen vorausgegan­gen wären und selbst ohne merkliche Exsudatbildung, eingeleitet werden.
Die Eindegewebshypertrophic tritt häufig auch da ein, wo ein Substanzverlust durch Granulation und Narbenbildung zur Hei­lung kam; es entsteht eine hypertrophische Narbe, die, wenn si'i auf der Schleimhaut einer Höhle auftritt, die häufigste Veranlas­sung zur Verengerung des Lumens, also zu Stricturen wird.
Die Thatsache ist wichtig, dass, wenn im callösen neugebil­deten Bindegewebe durch Druck, durch Verletzung eine acute Entzündung eingeleitet wird, nicht selten durch das gesetzte Ex­sudat eine Lockerung des Gewebes stattfindet, welche die Resorp­tion derselben erleichtert und zur dauernden oder vorübergehenden Heilung führt.
Zum Unterschiede von der Atrophie, welche durch eine allge­meine mangelhafte Ernährung im höheren Alter oder bei durch Krank­heiten heruntergekommenen Thieren eingeleitet wird, unterscheidet man die entzündliche Atrophie, bei welcher eine Schmelzung, Ver­fettung und Resorption normaler oder neugebildeter Gewebe ein­tritt. Im Bindegewebe von Narben kann ebenfalls ein übermässiger Resorptionsprocess eingeleitet werden, es entstehen dadurch atro-phische, schrumpfende Narben, die das umgebende normale Ge­webe heranziehen, und dadurch ebenfalls zu Strickturen Anlass ge­ben können.
II. Die Eiterung. (Suppuratioj.
sect;. 61. Der Entzündungsprocess mit dem Ausgange in Eiterung ist ein sehr häufiger und demnach von besonderer Wichtigkeit.
Gewöhnlicher, guter Eiter ist eine milchrahmälmliche, gelblich-weisse, grünlichgelbe, von beigemengtem Blute rotlie, oder rothge­streifte Flüssigkeit, nicht fadenziehend, von eigenthümlichem Ge­rüche und sUsslichem Geschmacke. Er besteht aus Massen von
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Die Eiterung.
Eiterzellen, die im Eiterserum suspendirt sind, deren Oberfläche granulirt, wie bestaubt erscheint, und in welchen 1 bis 4 Kerne gelagert sind: diese sind bedeutend grosser als die Blutkörperehen der Menschen. Im Eiter findet man ausserdem häufig Körnchen-zellen, nämlich Eiterzellen mit feinkörnigem Inhalte von Fettmeta­morphose herrührend, und freie Kerne. Der Eiter reagirt neutral, bleibt er aber längere Zeit der Luft ausgesetzt, so wird er inFolge von Ammoniakentwicklung alkalisch. Er unterliegt überdies viel­fachen Modificationen, so nennt man ihn serösen Eiter, wenn er dünnflüssig, arm an Eiterkörperchen ist, wobei meist Flocken von geronnenem Eiweiss beigemengt sind; pyämischer Eiter ist auf­fallend dickflüssig, orangegelb bis intensiv grün gefärbt; fetter, wie mit Oeltropfen gemengter Eiter kommt bei gangränösem Zer­fall des Fettgewebes vor. Jauche nennt man eine dünne, übel­riechende missfärbige, nur Detritus von Zellen und Geweben ent­haltende Flüssigkeit; sie muss vom Eiter genau unterschieden werden, da letzterer gleichsam ein physiologisches Product der Entzündung ist, während Jauche stets nur in Folge von nekroti-schem Zerfall der Gewebe und ihrer Elemente entsteht, und ätzende Eigenschaften besitzt. Der Eiter ist keine ätzende Flüssigkeit, und wirkt, wo er angesammelt ist, nur als fremder Körper, die Entzündung erhaltend oder auch fördernd. Aber auch der beste Eiter kann schädlich werden, wenn er sich in lockerem Bindege­webe ausbreitet, seiner Schwere nach sinkt, (Eitersenkung) oder in die Blutmasse aufgenommen wird (Pyämie).
Eiter bildet sich entweder auf einer freien Oberfläche, auf der entzündeten Schleimhaut (Eiterfluss, Pyorhoea), oder der ihrer obersten Epithelschichte beraubten äusseren Haut, — oder er er-giesst sich in eine geschlossene mit seröser Haut ausgekleidete Höhle, Pleura-Bauchfellsack oder Gelenkshöhle (Eiterguss, Em-pyema), oder endlich er bildet sich in kleineren oder grösseren, einzelnen oder zahlreichen Eiterheerden in Parenchymen, am häu­figsten wohl im Bindegewebe (Eiterbeule, Abscessus). Eiter bildet sich auch, wo ein Substanzverlust zu ersetzen ist, in allen Gewe­ben des Körpers, welche Blutgefasse besitzen, oder solche im Laufe der Entzündung erhalten.
Wir müssen hier den Vorgang eingehender behandeln, wel­cher mit der Eiterung überall, wo es sich um die Ersetzung oder Heilung eines Substanzverlustes überhaupt handelt, einhergeht, nämlich die Fleisch Wärzchen- oder Granulationsbildung. Die Fleisch­wärzchen sind als neugebildetes, „unreifesquot; Bindegewebe zu be­trachten, welches aus dem entzündeten Bindegewebssubstrate pa-pillenartig hervorwuchert. Sie stellen blass rosenroth bis intensiv hellroth gefärbte, in Drüsenhaufen steliende; flach erhabene, derbe, bei Berührung unempfindliche, wenigstens nicht schmerzhafte Wülste oder Hügel dar, welche stets mit Serum befeuchtet sind, und die als die Brutstätte der Eiterzellen angesehen werden müssen. Sie sind reichlich mit Blutgefässen versehen, welche leicht bersten
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Die Eiterung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;155
und kleine Extravasate veranlassen. Während sieh die älteren Lagen derselben zu festerem Bindegewebe consolidiren, schiessen immer neue Granulationen hervor, die nachdem sie eine bestimmte Höhe erreicht haben, vom IStande des Substanzverlustes her sich verdichten, ,,überhäutenquot; und zu festem Bindegewebe umwandeln. Zugleich findet ein Schrumpfen des lockeren Gewebes statt, wo­durch die gesunde Umgebung herangezogen, und der Substanzver-lust wesentlich verkleinert wird. Hat sich endlich die ganze Gra­nulation in Bindegewebe umwandelt, so haben wir eine Narbe, also ueugebildetes reifes Bindegewebe, mit neuen Gefässen und Nerven versehen vor uns, dem jedoch stets die wesentlichen Eigen­schaften der Organes, welches Sitz der Entzündung und Eiterung war, fehlen: so fehlen der Narbe an der äusseren Haut die Schweiss-Talgdrüsen und Ilaare, an der Schleimhaut die Schleim-folikel etc. Die Narbe kiinn durch Ablagerung von Kalksalzen verkalken, selbst verknöchern, wie dies an Substanzverlusten der Knochen, welche durch Eiterung heilen, beobachtet wird.
Therapie der Eiterung. Der eben beschriebene normale Vor­gang unterliegt mancherlei Verschiedenheiten, es steht jedoch bis zu einem gewissen Grade in unserer Macht, auch den abnormen Vorgang zu regeln, und zum erwünschtem Abschlüsse zu bringen. Die oberste Aufgabe der Kunst ist, den Eiter möglichst früh aus dem Körper zu schaffen. Bei Eiterergiissen in die mit seröser Haut ausgekleideten Körperhöhlen muss freilich der Luftzutritt sorgfältig vermieden werden; in allen andern Fällen aber ist es nothwendig, aus der abgeschlosseneu Eiteransammlung eine offene Eiterung zu bilden. Jede offene Eiterung wird einfach bei Ruhe und Reinhaltung, also bei wiederholtem Abspülen des Eiters am schnellsten heilen. Hieraus ergibt sich die Nothwendigkeit, für den leichten Abfluss des Eiters durch zweckmässige Lagerung des eiternden Theiles, und für Reinigung desselben Sorge zu tragen. Dies geschieht am einfachsten mit lauem Wasser, welches aus einem damit angesaugten Schwämme, aus einer Spritze oder Kanne in sanftem Strahle aufgegossen wird. Ueberdies soll die eiternde Fläche mit einem in laues Wasser getränkten Leinwandlappen be­deckt werden, und nach Bedarf mehreremale des Tages gewech­selt, und wenn es trocken geworden, vor der Entfernung befeuch­tet werden, damit jede Zerrung der Granulation vermieden werde. Statt des Wassers kann man auch ein Gel, oder ein Fett verwen­den, mit welchem der Leinwandlappen durchtränkt oder bestrichen wird. — Fette ändern schon die Beschafienheit der Granulation insoweit, als sie dieselbe weicher und blässer machen, ohne gerade den Vernarbi;ngsprocess auffallend zu verlangsamen.
Ist die Granulation wie ödematös, welk, blass, die Eiterse-cretion dabei profits und der Eiter dünn, so sind, wenn kein All­gemeinleiden auf die eiternde Fläche eine Rückwirkung geäussert hat, örtlich reizende Mittel anwendbar, vorzüglich terpentinhaltige Salben, üngt. Althaeae, Ungt. basilicon, Mercur. pp. rubr. Wenn
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Der Brand.
hingegen die Granulation wuchernd, leicht blutend, schmerzhaft ist, dabei dicker weissgelblicber Eiter in geringer Menge abgeson­dert wird, so sind feuchtwarme Umschläge. Kataplasmen zu em-pfehlen. Auf leicht blutende Granulationen eignen sich alsVerband-fllissigkeiten Dct. cort. Quere, Alaunlösung, verdünnte Lösung von Liq. ferr. sesqnichlor u. s. w.
Geht die Ueberliäutuug der Granulationen nur langsam vor sicii, so kann man sie mit einer Lösung von Höllenstein, oder leichtes Bestreichen mit demselben in Substanz, beschleunigen. Ueppige Granulationen, welche sich über das Niveau der Haut erheben und ihre Ränder überragen, müssen mit einer concentrir-teren Lösung von Argent, nitr. crystall. einer schwächeren Solution von Kali canst, verbunden werden, oder am besten, man bestreicht sie öfter mit Lap. infern, in Substanz.
III. Der Brand. (Mortificatio, Necrosis).
sect;. 62. Das Aufhören des Lebens in einem Gewebe oder Tbeile des Körpers, also der örtliche Tod heisst Brand; er gibt sich durch mehr weniger rasches Zerfallen der Textur und der chemischen Zu­sammensetzung kund. Der Brand entsteht aus absoluter Blutstase oder aus Mangel an Blutzufuhr; es kann sich eiuerseits aus jeder Hyperämie, aus jeder entzündlichen Stasis Brand entwickeln, ebenso da, wo eine grössere Arterie unwegsam, verstopft wird, und ihrem Verästlungsgebiete die Blutzufuhr nicht gestattet ist. Der Brand ist häufig ein Ausgang der Entzündung, indem nament­lich durch das gesetzte Exsudat eine Absperrung der Blutzufuhr zu einem Gewebe zustande kommt, so entsteht z.B. die Knochen-nekrose, die Nekrose beim Anthrax auf diese Weise, in andern Fällen tritt er durch directe Tödtung der Gewebe auf, wie bei Erschütterung, Quetschung, Aetzung, Verbrennung, Frost; oder durch Imbibition einer zersetzten, faulenden, thierischen Flüssigkeit die Gewebe, z. B. des Harnes (Uraemie), fauler Lochien (Kal­befieber) und endlich der Brandjauche selbst.
Man unterscheidet mehrere Arten des Brandes der Weich-theile; die Knochennecrose gehört in das Gebiet der Chirurgie.
a)nbsp; Kalter Brand, Spiiacelus, aus Obliteration ei; eines Gefäss-bezirkes oder einer grösseren Arterie herrührend, wenn der colla-terale Kreislauf nicht möglich ist. Hieher gehört auch der Brand durch Embolie.
b)nbsp; Heisser Brand, Gangräna, als Ausgang der Entzündung.
c)nbsp; Trockener Brand, Mumification, Vcrschrumpfung oder Ver­dorrung eines Körpertheiles.
d)nbsp; Feuchter Brand besteht in Zerfallen, Zerfliessen der Ge­webe in eine missfarbige, stinkende Pulpe.
Die Eigenschaften brandiger Gewebe sind folgende: Empfindung umF Bewegung hört auf, letztere selbstverständ­lich nur dort, wo die bewegenden Theile, also die Muskeln abge-
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Der Brand.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;|57
storben sind. Brandige, uuempfindliche Zehen z. B. können noch bewegt werden, wenn ihre Sehnen und Muskeln unversehrt sind. Sehnen leisten überhaupt lange Zeit Widerstand.
Die Temperatur sinkt herab, der brandige Theil fühlt sich kalt an, wenn demselben nicht von der Umgebung Wärme mitge-theilt wurde. Das Volumen ist bald vermehrt, beim feuchten Brande, bald vermindert beim trockenen Brande. Die Consistenz und Elas-ticität werden vermindert, die Gewebe teigig weich. Man fühlt nicht selten bei Druck ein eigenthümliches Knistern, welches von der Verschiebung der durch Zersetzung entstandenen Gase her­rührt. Die Farbe ist bald schwarz, schwarzbraun, schwarzLlau, durch Zersetzung des Blutfarbstoffes, bald schmutziggrau (necrotische Knochen), schmutzigweiss (Brandschorf seröser Häute), sthmutzig-gelb (necrotisches Bindegewebe); der Geruch stinkend von Fäul-nissprodueten, Ammoniak, Schwefelwasserstoff und Scliwefeiammo-nium und Fettsäuren herrührend.
Verlauf. Der Brand kann gleich im Beginne umschrieben, oder diffus auftreten; in beiden Fällen kann er weitere Fort­schritte macheu, — fortschreitender Brand, oder stationär blei­ben. Jedesmal kommt es aber, wenn die deletäre Rückwirkung des Brandes auf den ganzen Organismus nicht schon früher zum Tode des Individuums geführt hat, nach einiger Zeit zur ßegräu-zung desselben. Diesen die Abstossung und Entfernung des Tod-ten bezweckenden Vorgang erkennt man zunächst an der Bildung der sogenannten Demarcationslinie; der Brandschorf, als fremder Körper erregt nämlich in der noch lebenskräftigen Umgebung Ent­zündung, es zeigt sich an seiner Grenze allenthalben eine blass-rothe Linie, in welcher Eiterung eintritt, wodurch eine Furche, der Demarcationsgraben, entsteht. Die Furche wird durch allmälige Verschwärung immer liefer, bis endlich eine scharfe Abgrenzung des gesunden Gewebes vom todten erfolgt, welches endlich ganz von Eiter oder Jauche umspült, abfällt, oder sich durch leicmenZug entfernen lässt. Seimen, Bänder und Knochen widerstehen der Abstossung am längsten. Obgleich auf der Demarcationsfläcae eine adhäsive Entzündung eingeleitet wird, und die Gefässe ver­stopft werden, kommt es dennoch nicht selten durch Arrosiou der Gerasswände zu arteriellen und venösen Blutungen, und zur Auf­saugung von Brand, Jauche und Eiter, oder zu Lymphangioi-tis, zu Septhämie und Pyämie, demnach die Gefahr für das Leben des Thieres auch während des Demarcationsprocesses keine ge­ringe ist, wenn die Abstossungsflächc nur einen etwas bedeuten­deren Umfang besitzt.
Nach erfolgter Abstossung schreitet die Granulationsbilduug und Eitersecretion auf normale Weise weiter; das gesunde Ge-we'oe wird von allen Seiten herbeigezogen , und es erfolgt durch neugebildetes Bindegewebe mehr minder vollständiger Ersatz des Abgestorbenen. Wo grössere Theile verloren gingen, beschränkt sich der Heilungsprocess auf Vernarbung der Demarcation sfläche.
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^58nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Der Brand.
Die Bebandlung muss sich vor Allem auf die Verhütung des Brandes durch Hebung der Spannung mittelst Einschnitten bezie­hen. Ist der Brand sclion eingetreten, laquo;so handelt es sich zunächst um Verhinderung seines Weiterschreitens, um Unsehädlichmachen des Brandigen durch Entfernung desselben, und endlich um Beför-derung der Abstossung durch laue Umschläge, Kataplasmen.
Brandige Theile muss man, sobald dies möglich, wenigstens partienweise entfernen, und auf das Uebrige desinficirende Sub­stanzen legen. Vortrefflich ist in dieser Beziehung Kohlenstaub (Garbo tiliae), eine Mischung von Theer mit Gyps (zu einem fei­nen Pulver verrieben), ferner Greosot, (Rp. Greosoti., Mue. gummi arab. aa. part, aeq.): Ghlorkalk und Chlorwasser.
Die allgemeine Behandlung muss sich auf Erhaltung reiner Luft, auf kräftige Nahrung auf tonische Mittel (Ghinin, Säuren) beschränken, obzwar der Nutzen der Letzteren sehr problematisch ist.
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Specieller Tlieil.
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I.
Krankheiten der Verdamingsorgane.
sect;. 1. Wenn wir auch bei denjenigen, die sich mit der Pa­thologie befassen, eine gründliche Kenntnislaquo; der descriptiven Ana­tomie voraussetzen müssen, so hielten wir es dennoch für nothwen-dig, die Anatomie des Magens unserer Haussäugetliiere hier zu re-capituliren. Der Umstand, dass der Magen der Einhufer, der Hunde mannigfache Verschiedenheiten bietet, der der Wiederkäuer nebst die­sen auch durch seine Complication besonders bemerkenswert]] ist, sowie die Thatsache, dass die Krankheiten der Verdauungsorgane bei den Hausthieren zu den häufigsten und wichtigsten zählen, welche besonders wegen der nachtheiligen Folgen, die sie für den gesammfen Ernährungs- und Blutbildungsprocess, mithin für die fernere Tauglichkeit der Hausthiere zu gewissen Diensteslei­stungen herbeiführen, auch die wichtigsten sind, dürfte nicht nur die Recapitulation der Anatomie des Magens der Haussäugetliiere als vollkommen begründet erscheinen lassen, sondern uns auch der Beantwortung der Frage entheben, warum wir den Verdauungs­krankheiten in diesem Buche den ersten Platz angewiesen.
Die Wiederkfiner babun einen vierfachen oder wie man sich ausdrückt, vier iliigcn, die mit einander in Verbindung stehen: sie heissen: der Wanst, die Haube, der Psalter und dor Labmagen. Der Wanst, die Wamme, Wampe oder der Pansen ist der grösstc der vier Mägen, er nimmt den grössten Tlieil der Bauchhöhle ein, liegt schief von links und oben nach rechts und unten, und reicht von den: Zwerchfelle bis an den Eingang in die Heckenhöhle. Die beiden Wände des Wanstes sind: eine rechte obere, welche von den dünnen und dicken Därmen bedeckt wird und nach rechts an den Labmagen stösst-, eine linke untere, welche vom Netze bedeckt wird, and auf den Bauchmus­keln liegt; beide sind gewölbt.
Kraus, Path. u. Therap. der Haussäugetluere.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 11
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^ß2nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Anatomie des Magens.
Zwei stumpfe Ränder, welche beide gewölbt sind; der eine liegt nach oben und links, der andere nach unten und rechts, indem die Lage des Wanstes, wie schon gesagt, eine schräge ist.
Zwei Enden, ein vorderes, welches au den zweiten Magen, die Haube, stösst, und durch eine Einschnürung an der unteren Wand von diesem ge­trennt wird.
Das hintere Ende ist in zwei blinde Säcke getheilt, welche bei dem Rinde gleich lang sind, bei dem Schale und der Ziege aber ragt der rechte etwas weiter nach hinten; er hat bei beiden Gattungen eine abgerundete Form, wogegen der linke mehr pyramidenarlig erscheint und nach rechts umgebogen ist.
Zwei Rinnen sind noch äusserlich zu bemerken, von welchen die eine in der Mitte der oberen Wand anfangt, schräg nach rechts und vorn läuft, an die untere Wand kommt, wieder nach hinten und links geht und gegen das hintere Ende verläuft. Durch diese Rinne, an welcher sich in der Höhle des Magens eine Wulst findet, wird er der Länge nach in zwei Hälften, in eine linke und rechte getheilt, welche Säcke genannt werden. Der linke Sack, welcher das vordere Ende zugleich bildet, ist länger als der rechte. Eine zweite Rinne findet sich an dem hinteren Ende, sie fängt an der obern Fläche des rechten Sackes an, geht gebogen zwischen den beiden Llind-säcken durch, und endet bei dem Schafe und der Ziege an der untern Fläche des rechten Sackes. Bei dem Rinde geht die Rinne auch an die obere und untere Wand des linken hinteren Blindsackes. Dieser Rinne und ihren Sei-tenverlängerungen entsprechen innen ebenfalls Wülste, welche die beiden Säcke an dem hinteren Ende scheiden, und durch ihre Fortsetzungen an je­dem dieser Säcke Abtheilungen machen. Beide Rinnen sind mit Fett ausge-lüllt, und daher an einem frischen Magen nicht so deutlich wahrzunehmen, als an einem getrockneten.
Zwei Oelfnungen linden sich in der Höhle des Wanstes, nämlich die Schlundöffnung an der Grunze der oberen Wand des linken Sackes mit der Haube und die Haubenöffnuug, welche die grösste ist, zur Haube führt, und an der unteren Wand mit einem halbmondförmigen Wulst versehen ist.
Der Wanst besteht wie der Magen des Pferdes aus drei Häuten ; die äussere nämlich ist ebenfalls eine Fortsetzung der Bauchhaut und überzieht den ganzen Magen. Die Muskelhaut ist im Verhältuiss zur Grosse dieses Magens bei dem Schafe und der Ziege sehr dünn, bei dem Rinde etwa l'/j'quot; dick; sie besteht aus zwei Schichten von Fasern, die innere verläuft der Länire nach, die äussere verlauft quer. Die Längenfaseru treten in der Rich­tung der äusserlich sichtbaren Rinnen zusammen und bilden zwei starke Wülste, welche von der inneren Haut bedeckt sind und Pfeiler genannt wer­den; nämlich ein vorderer und ein hinterer.
Der vordere Pfeiler fängt als dicke Wulst in der Mitte der unteren Wand an, geht mit der Rinne nach vorn und kommt mit ihr au die obere Wand, wo er sich in zwei Schenkel theilt; der rechte verläuft an der obern Wand des rechten Sackes, der linke geht gerade nach hinten und vereinigt sich mit dem hinteren Pfeiler.
Der hintere Pfeiler ist bei dem Schafe und der Ziege kürzer, aber dicker als der vordere, da er aus zwei dicken Schenkeln besteht; der linke Schenkel fängt an der oberen Wand als Fortsetzung des vorderen Pfeilers an, geht zwischen den beiden Blindsäcken des hinteren Endes, wo er mit dem rechten Schenkel zusammenstösst, nach hinten und unten, krümmt sich nach links, und endet als dicke Wulst an der unteren Wand des linken Sackes, indem er diesen in einen vorderen grösseren und in einen hinteren kleineren Behälter theilt. Der rechte Schenkel fängt an der oberen Wand des rechten Sackes an, krümmt sich nach links, geht neben dem linken Sehen-
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Anatomie des Mag-ens.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;^63
kel zwischen beiden Blindsäcken nach hinten und unten, krümmt sich wie­der nach rechts und verläuft an der unteren Wand des rechten Sackes. Die­ser Schenkel theilt den rechten Sack in eine vordere grössere und hintere kleinere Hälfte.
Bei dem Rinde fängt der hintere Pfeiler an der unteren Wand des rechten Sackes an, geht nach hinten bis an die Blindsäcke, wo er über zwei Zoll breit ist, erreicht die obere Wand, und geht in das hintere Ende des vorderen Pfeilers über. An jeden der beiden Bljndsäcke gibt er einen obe­ren und unteren nach aussen gekrümmten Fortsatz, wie diess auch die Rin­nen üusserlich andeuten.
Die innere Haut des Wanstes ist eine mit sehr kleinen Schleimbälgen versehene Schleimhaut, welche an ihrer ganzen inneren Oberlläctie mit schräg liegenden Wärzchen besetzt ist.
Diese unterscheiden sich in längere stumpfe Blättchen, die sich vor­zugsweise an dem vorderen und hinteren Ende vorlinden, bei dem erwachse­nen Rinde 3—4'quot; lang, 1 Linie breit, und bei dem Schale und der Ziege be­trächtlich kürzer sind. Die Schleimhaut, welche die Wülste bedeckt, ist bei jenen beiden Thieren mit kleinen Wärzchen besetzt, bei dem Rirde hin­gegen erscheint sie kaum ruuzeligt; die Oberhaut dieser Wärzchen ist bei erwachsenen Thieren, besonders bei dem Rinde fast hornig und schwärzlich gelärbt. Man kann sie bei ganz gesunden Magen nach einer geringen jMa-ceration leicht abtrennen.
Die Haube, die Mütze, der Netzmagen oder das Garn ist die zweite Abtheilung des vierfachen Magens, sie ist bei dem Rinde der kleinste, bei dem Schafe und der Ziege der Grosse nach der dritte Magen. Die Haublaquo; hat ihre Lage an dem vorderen Ende des Wanstes , sie grenzt vorn an die Leber und das Zwerchfell, hinten an den Labmagen, oben an den Psalter und unten ruht sie auf dem Schaufelknorpel des Brustbeins. Ihre Gestalt ist bei dem Rinde länglich, bei dem Schale mehr rund. Es sind daran zu betrachten:
Zwei Flächen oder Wände, eine vordere und hintere, beide sind ge­wölbt; zwei Krümmungen oder Bogen, eine untere gewölbte, eine obere et­was ausgehöhlte, in welcher der dritte Magen anfängt; ferner zwei Enden, ein linkes, welches durch eine OctTnung mit dem Wanste in Verbindung steht, und ein rechtes, welches bei dem Rinde einen stumpfen Kegel bildet, bei dem Schafe abgerundet ist und an das Zwerchfell stösst,
Ausser der Oeifnung in den Wanst hat die Haube noch zwei Oeftnun-geu, nämlich die Schlundöffnimg mittelst der Schlundrinne, welche über die kleine Krümmung hinwegeht, und die Psalteröffnung, welche zu diesem Ma­gen führt
Die Schlundrinne wird von zwei Wülsten der Muskel- und Schleim­haut, die Lippen genannt, gebildet, welche an der Mündung des Schlundes in den Pansen als dünne Falten anfangen, an der kleinen Krümmung der Haube stärker werdend, fortlaufen und am Psalter endigen, wo sie am dick­sten sind, und wo die Fasern einander entgegen kommend, sich in einem Bogen vereinigen. Die Muskelfasern, welche die Lippen der Schlundrinne bilden helfen, haben eine blasse Farbe, wie die Muskelhaut der Mägen über­haupt, und umgeben die Schlundmündung von unten und von den Seiten, sowie sie andererseits auch die Mündung der Haube in den Psalter auf glei­che Weise umgeben.
Wie die übrigen Mägen besteht auch die Haube aus drei Häuten, näm­lich: aus einer äusseren, serösen, aus einer Muskelbaut, welche Längen- und yuertasern hat, die gleichmäsaig verbreitet sind , und endlich aus einer in­neren Schleimhaut, die eigenthümlich gestaltet ist. Sie bildet nämlich durch Verdoppelungen kurze hervorragende Blättchen, welche sich mit andern so
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Jg4nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Anatomie des Magens.
verbinden, dass fünfeckige oder sechseckige Zellen daraus entstehen. In den Räumen der Zellen und auch an den freistehenden Randern der Scheidewände linden sich viele kleine, spitzige Wärzchen, welche in den Räumen in meh­reren Reihen stehen, und so jede Zelle wieder in kleinere Zellen theilen. Bei dem Schafe und der Ziege ist die Grenze zwischen dem Wanste und der Haube durch die Zellen scharf angedeutet, aber die am Rande liegende Zel­len scliliessen längere Zotten ein als die übrigen.
Bei dem Rinde verschwinden die Zeilen nach dem Wanste hin allmä-lig, indem die zackigen Wände nur parallel laufen und kleine ^uerwändo haben, bis sie endlich in getrennte Zulten sich aullösen.
i)ie grossen Zellen haben bei dem Rinde 8quot;', bei dem Schafe und der Ziege 4'quot; inneren Durchmesser; bei jenem sind die Wände ü'quot; hoch, bei diesem nur l'/j'quot;. Die Oberhaut der Schleimhaut ist hier sehr dünn und weich und trennt sich ebenfalls sehr leicht.
Die Psalter, Blättermagen, Loser oder das Buch ist bei dem Rinde an Grosse der dritte, bei dem Schafe der kleinste der vier Magen. Er liegt un der rechten Seite des Wanstes über der Haube und dem Labmagen, grenzt also nach unten an beide, und nach oben an die rechte Bauchwand. Man betrachtet an demselben:
Ein vorderes Ende, welches sich mit der Haube, ein hinteres, welches sich mit dem Labmagen verbindet, beide Enden sind nahe an einander. Eine obere gewölbte Krümmung sieht nach dem oberen Theile der Rippen der rechten Seite, die untere ausgehöhlte ist sehr klein und nach dem Labmagen und der Haube gekehrt. Eine linke und rechte gewülbie Fläche, wovon die erste nach dem Wanste, die letzte nach dem rechten Kude der Haube und der rechten Bauchwand hingewandt ist. Zwei Üeffnungen hat der Psalter, die vordere führt zur Haube, die hinlere zum Labmagen, üie äussere und die Muskelhant verhalten sich im Wesentlichen zwar wie bei der Haube, doch dringen beide Faserschichten der letzten auch bis zwischen die innen vorspringenden Blätter; die Längslasern, d. h. die von. einer Oeffnung zur andern sich erstrecken, liegen zunächst an der Schleimhaut, die t^uerfasern liegen zwischen diesen.
Die innere Haut bildet durch Verdoppelungen viele Blätter verschiede­ner Grosse, von welchen jedes mit einem freien Rande nach der Höhle und dem kleinen Bogen des Psalters gekehrt ist; sie reichen von einem Ende bis zum andern upd sind, wie der Magen selbst, bogenförmig gekrümmt. Jedes Blättchen hat zwei Flächen, welche sowie die freien Ränder mit klei­nen Wärzchen besetzt sind.
Man lindet der Grosse nach vier verschiedene Arten von Blättern, näm­lich: grosse, mittlere, kleine und kleinste. Diese liegen folgendermassen an einander. Ein grosses, ein kleinstes, ein kleines, ein kleinstes, ein mitt­leres, ein kleinstes, ein kleines, ein kleinstes, ein grosses u. s. w. und so wiederholt sich diese Reihenfolge. Die kleinsten Blättchen sind bei dem Schale und der Ziege eigentlich nur aus nahe zusammenstehenden Wärzchen ge­bildet; bei dem Rinde sind sie aber zusammenhängend. Alle vier Gattungen von Blättchen sind desto grosser, je näher sie der oberen Krümmung, desto kleiner, je näher sie der unteren Krümmung des Psalters liegen, daher sind die in der Mitte der oberen (grossen) Krümmung entspringenden, die gröss-ten. Die Schleimhaut, welche diese Blättchen bildet, ist mit einer feinen, leicht trennbaren Überhaut versehen und sehr dünn. Sie hat auch äusserst kleine Schleirabälge.
Der Labmagen, Rahm- oder Käsemagen ist der vierte Magen, der Grosse nach der zweite. Er hat eine fast birnähnliche Gestalt, liegt in der rechten Unterrippengegend, ist mit dem Psalter unmittelbar verbunden und grenzt vorn an die Haube, links an den Wanst, mit welchem er durch das
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Anatomie des Magens.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 165
Netz verbunden ist, hinten geht er in den Zwölffingerdarm über. Man be­trachtet an dem Labmagen: Eine obere ausgehöhlte und eine untere gewölbte Krümmung; ein vorderes Ende, welches mit dem Psalter in Verbindung steht und einen bedeutenden Umläng hat, ein hinteres, welches allmälig en­ger wird und in den Zwölffingerdarm übergeht; ferner eine linke und rechte gewölbte Fläche. Zwei Oeffnungen hat der Laomagen, nämlich: eine voi'dere, welche aus dem Psalter kommt und eine hintere, welche zum Zwölffingerdarm führt, die Plörtneröffnung. Die äussere und die Muskelhaut sind wie bei den vorigen, ausserdem aber bilden Zirkelfaser an der Pförtneröffnung einen Schliess-muskcl. Die Schleimhaut ist sammtartig. von grauröthlicher Farbe;und sie bil­det durch Verdoppelung mehrere längere und kürzere Blätter, die von vorn nach hinten laufen und gegen das hintere Ende verschwinden; an der Pfört-nerölfnimg findet sich die Pförtnerklappe; die innere Oberhaut ist sehr zart und lässt sich nicht abtrennen: die Schleimbälge sind zwar klein, aber sehr zahlreich und länglich; es sind die sogenannten Labdrüsen.
Ueber das Wiederkäuen hat man folgende Erklärung; Der Schlund ist im Znstande der Ruhe so zusammengezogen, dass die Höhle fast fehlt; da aber bei den Wiederkäuern die Lippen oder Wülste der Schlundrinne etwas in den Schlind hinaufreichen, so bleibt in dem zusammengezogenen Schlünde doch hier eine kleine Höhle.
Bei dem Schlingen verkürzen sich die Längenfasern des Schlundes, während die Spiral- oder Zirkclfasern mechanisch durch den andringenden Bissen gedehnt werden. Da bei den Wiederkäuern die Längenfasern des Schlundes bis zur vorderen Oeffnung des Psalters reichen, so wird bei jedes­maligem Schlingen die Oeffnung dem Schlünde genähert.
Wenn nun das von Aussen aufgenommene, wenig zermalmte und daher einen grossen Bissen bildende Futter verschluckt wird, so dehnt es den Schlund aus und gelangt durch die weite Mündung des Schlundes in die Haube und In den Wanst, weil es durch die viel kleinere Oeffnung zum drit­ten Magen nicht hindurch kann. Ebenso gelangen auch die in grossen Schlucken verschlungenen Flüssigkeiten in die beiden ersten Magen.— In dem Wanste bleiben die Nahrungsmittel bis zur Zeit des Wieder­kauens liegen. und werden durch Wärme und Magensaft zur Verdauung vorbereitet. Die Nahrungsmittel gehen dann theilweise durch die Znsam­menziehung des Wanstes in die Haube, aus dieser mittelst der Schlundrinne bissenweise in den Schlund, durch dessen antiperistaltische Bewegung sie wieder in den Schlundkopf und die Maulhöhle gebracht werden. Hier wer­den sie zum zweiten Male gekaut, dann von Neuem verschluckt und da durch den Schlund nicht in die Haube und den Wanst, sondern durch die Schlund­rinne in den Psalter geführt, indem durch die Verkürzung ihrer Muskelfa­sern die PsaUeröffnung der SchlundölTnung der Haube näher gebracht ist, und der viel kleinere Bissen den Schlund nicht so ausdehnt, so dass er schon durch die kleine, zum Psalter führende Oeffnung hindurch kommen kann. In dem Psalter verweilt das zweimal gekaute Futter noch einige Zeit zwischen den Blättern und geht endlich in den Labmagen, aus welchem es in den Darm übergeht. Flüssigkeiten und breiige Substanzen gehen auch aus der Haube unmittelbar in den Psalter.
Der Magen der Einhufer ist ein einfacher, häutig fleischiger, gekrümm­ter Sack, der hinter dem Zwerchfelle in der Brustbeingegend liegt, aber auch in die linke und rechte Unterrippengegeud reicht. Er slösst vorn an das Zwerchfell und die hintere Fläche der Leber, hinten an den Grimmdarm, links grenzt er an die Milz, rechts an die Leber und den Zwölffingerdarm. Man betrachtet am Magen der Einhufer:
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Anatomie des Magens.
1quot;) Zwei Flächen oder Wände: die obere Fläche ist nach den Schen­keln des Zwerchfelles und der Bauchspeicheldrüse hingewendet; sie wird bei Anfüllung des Magens und während der Verdauung durch die Wendung des Magens zur hinteren; die untere liegt auf der oberen vorderen Krümmung des Glimmdarmes und wird, wenn der Magen angefüllt ist, zur vorderen Fläche, sie sieht dann nach dem Zwerchfelle. Beide Flächen sind glatt und bei gefülltem Magen gewölbt; sie haben in der Mitte eine querlaufende Rinne, welche den Magen in eine linke und rechte Hälfte scheidet, die in der Höhle desselben durch die beiden Abtheilungen der Schleimhaut angedeutet sind.
2)nbsp; Zwei Krümmungen oder Bogen: Die grosse (Curvatura s. arcus major) ist gewölbt, wenn der Magen leer ist, nach hinten, wenn er voll ist, nach unten gekehrt und durch einen Theil des Netzes und das Milzmagen­band mit der Milz verbundnn.
Die kleine Krümmung (Curvatura s. arcus minor) ist zum Theil aus gehöhlt, liegt nach vorn, oder bei vollem Magen nach oben und ist durch das kleine Netz mit der Leber verbunden.
3)nbsp; nbsp;Zwei Enden : Das linke liegt höher, stösst an das Zwerchfell und die Milz, ist abgerundet, ohne Oeffnung- und bildet den Grund oder blinden Sack (Extremitas sinistra s. saecus coecus) des Magens.
Das rechte Ende (Extremitas dextra) liegt an der Mitte der hinteren Fläche der Leber, also tiefer als das linke Ende, läuft schmäler zu und geht in den Zwölffingerdarm über.
4)nbsp; Zwei Oeffnungen: Die Schlundöffnnng (Cardia) ist. am Anfange der kleinen Krümmung des Magens vor dem blinden Sacke und führt in den Schlund.
Die Darmöffnung oder der Ptörtner (Pylorus) ist am rechten Ende des Magens und führt in den Zwölffingerdarm. Beide Oeffnungen sind nicht weit von einander entfernt, da der Magen stark gekrümmt ist. Die Structur des Magens ist häutig, man unterscheidet daran drei Häute, die über einander liegen.
a)nbsp; Die äussere, seröse Haut ist dünn, weiss und an der äusseren Fläche glatt. Sie ist eine Fortsetzung des Bauchfells, welches vom Zwerchfelle an das Schlundende tritt, und dort das Magen-Zwerchfellband bildet; dann tritt dasselbe vor der Leber an die kleine Krümmung bildet das kleine Netz und indem die beiden Blätter die obere und untere Fläche überziehen, kommen sie an der grossen Krümmung zusammen und bilden das grosse Netz und Milz-Magenband.
b)nbsp; nbsp;Die Muskelhaut liegt unter jener und ist eine Forisetzung der Mns-kelhaut des Schlundes. Die Fasern sind von blassrother Farbe, laufen in Bündeln, theils von dem linken Ende des Magens zum rechten; sowohl in der kleinen als über den blinden Sack in der grossen Krümmung; theils ha­ben sie eine quere Richtung, d. h. sie laufen von einer Krümmung zur an­deren; noch andere Fasern durchkreuzen sich mit jenen und haben eine schiefe Richtung. Die an der grossen Krümmung vom linken zum rechten Ende verlaufenden Fasern liegen dicht zusammen, aber bilden selbst mit den Querfasern nur eine dünne Muskelschicht, weshalb auch der Magen der Ein­hufer hier am leichtesten reisst. — An dem Pförtner bilden die Fasern einen Ring, welcher zum Verschliessen dieser Oeffnung dient; an der Schlundöff­nung und am linken Ende sind die Fasern am häufigsten. Die äussere Fläche der Muskelhaut ist mit der serösen sehr innig; die innere mit der darunter liegenden Schleimhaut durch lockeres Zellgewebe verbunden.
c)nbsp; nbsp;Die Schleimhaut ist die innerste der drei Häute des Magens; sie wird in die linke und rechte Hälfte abgetheilt und dis Grenze zwischen bei­den bildet einen gefranzten Rand.
Das Schwein hat wie das Pferd einen einfachen Magen, der aber im
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Krankheiten der Verdauungsorgane.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;167
Verhältniss der Grosse beider Thiere zu einander bei ersterem grosser ist. Der blinde Sack hat einen kegelförmigen, nach dem kleinen Bogen hingerich­teten Anhang, das rechte Ende ist mehr länglich. Der kleine Bogen ist in der Mitte, wo sich der Schlund einsenkt, gewölbt und geg-en das linke und rechte Ende zu, finden sich nur zwei Einschnürungen. Der Schlund tritt fast in der Mitte der kleineraquo; Krümmimg an den Magen, hat eine trichterförmige Mündung und an jeder Seite eine Querfaltc vom Bauchfelle. Die Schleim­haut hat zum grösseren Theile eine sammtartige Oberfläche , viele kleine Schleimbälge, und zerstreut liegende grössere. die bis l'/a'quot; Durchmesser haben, und in Vertiefiingen an der freien Fläche münden. Die Schleimhaut, des Schlundes, welche weisslicht ist, breitet sich etwa einen Zoll im Um­kreise von der Mündung desselben aus und ist durch einen wenig hervor­ragenden Rand von jener geschieden. Sie bildet durch Verdoppelung eine halbmondförmige Klappe an der Schlundöffnung, welche an der oberen Wand an der linken Seite anfängt und an der unteren Wand nach rechts endig-t, so dass sie ein Drittheil der Oeü'nung des Schlundes verschliesst. Am Pförtner findet sich statt der Klappe eine dicke. von der Schle;mhaut bedeckte Wulst der Mnskelhaut, durch welche die Oeffnung leicht geschlos­sen werden kann, wenn die Muskelhaut zusammengezogen ist.
Bei dem Hunde und der Katze ist der Magen am linken Ende abge­rundet, fast kugelicht; das rechte aber verengt sich so, dass es einem Darme ähnlich ist. Der Schlund geht, sich allmählig erweiternd ganz gerade in den Magen über: seine Mündung ist geräumig, die Pförtneröffnung ist dagegen bedeutend enger und mit einer halbmondförmigen Klappe versehen. Die Schleimhaut bildet an der oberen und unteren Wand so wie an dem grossen Bogen viele Falten, welche alle nach dem rechten Ende, wo sie wieder ver­schwinden, hinlaufen. Auch bei einem aufgeblasenen und getrockneten Magen sind diese Falten noch deutlich sichtbar. Sie ist reich an kleinen Schloimbälgen. daher auf ihrer inneren Fläche immer schlüpfrig.
Die Krankheiten der Verdauungsorgane sind bald primäre Leiden, bald nur Theilersclieinungen anderer, zumeist all­gemeiner Erkrankungen; vorzüglicli incliniren die Wiederkäuer wegen des eigenthümlichen Baues ihres Magens und wegen der grossen Futtermassen, die sie zu ihrer Nahrung bedürfen, zu Krank­heiten des Verdauungstractes ; verdorbeue Nahrungsmittel in erster Reihe, atmosphärisehe und miasmatische Einflüsse, besonders im Frühlinge und Spätherbste, sind die häufigsten Veranlassungen die­ser Krankheiten.
Eine bestimmte Diagnose der Verdauungskrankheiten unter­liegt während des Lebens grossen Schwierigkeiten, da eine exaete Exploration der Organe der Bauchhöhle besonders bei den grös­seren Hausthieren bisweilen geradezu unmöglich ist. Aus dieser Ursache wird auch die Prognose nur selten mit absoluter Gewiss-heit gestellt werden können; die Behandlung hingegen lässt einen günstigeren Succes erwarten, weil die Medicamente mit den kran­ken Organen in unmittelbaren Contact gebracht werden können.
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Krankheiten der Maul-
und Rachenschleimhaut und des Schlundes.
sect;.2. Sie kommen am häufigsten bei Pferden, Rindern und Schwei­nen vor, und treten nicht selten epizootischauf (Maulseuche, Bräune).
Sie geben sich gewöhnlich durch beschwerliches Aufnehmen des Futters, durch vermehrte Speichel- und Schleimsecretion der Maulschleimhaut leicht zu erkennen, während man auf Leiden des Schlundes, durch die Schwierigkeiten des Herabschlingens der Futterstofl'e, durch das Zurücktreten derselben, und des Getränkes, durch Maul und Nasenöflnungen aufmerksam wird.
Die Maulblutung, Stomatorrhagia.
sect;. 3. Kann in den verschiedenen einzelnen Theilen der Maulhöhle, den Lippen, den harten Gaumen, Zahnfleisch, der Zunge, u. s. w. ihre Entstehung finden, und ist die Folge von Traumen, Geschwüren bei Aphten, Zerreissungen krankhafter Blutgefasse, (zumeist der Gaumenarterien). Zuweilen sind die Blutungen Symp­tome von Allgemeinleiden, wie beim Pferdetyphus, Anthrax, Scorbut, bei der Rinderpest und Hundswuth, (bei letzterer aus der Rachen­schleimhaut).
Von der Lungen- und Magenblutung unterscheidet sie sieh durch den Mangel anderer Erscheinungen, des Erbrechens, Hustens etc. und durch das ausfliessende nicht unvermischte Blut, übrigens lehrt die Besichtigung leicht Ort und Quelle der Blutung kennen.
Bei der Behandlung dieser Blutungen bedient man sich der blutstillenden Mittel, Einspritzungen von kaltem Wasser, Essig, Brantwein und anderer adstringirender Mittel, Streupulver, von Mehl und gräbestofthaltigen Substanzen, der Tamponade, und in verzweifelten Fällen des Glülieisens. Ist die Blutung durch ein Allgemeinleiden bedingt, so muss gegen dieses zunächst eingeschrit­ten werden.
sect;. 4. Entzündung der Schleimhaut des harten Gau- l mens, die Gaumengeschwulst
cbaracterisirt sich dadurch, dass die Schleimhaut des gefurchten Gaumens bei Pferden, über die Reibefläcbe der Schneideflächc her­vorragt, und dass die Thiere hiedurch mehr oder weniger am Fres­sen gehindert werden.
Sie ist zweifacher Art: Entweder ist die Geschwulst heiss und schmerzhaft, oder schlaff, schmerzlos, ödematös, durch seröse Infiltration des unter der Schleimhaut liegenden Bindegewebes bedingt.
Sie wird durch das Zahnen, durch Entzündung der Nachbar-theile, durch scharfe dornige Futterstoffe verursacht.
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Hals- und Rachenei'tziindung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; |ß9
Bei der ersten Art sind kühlende Maidwässer, säuerliche Schlacken, Sarificationen, bei der zweiten Einreibungen von Salz, Waschungen mit adstringirenden Wässern, in beiden Fällen Weich-und Grüniutter angezeigt.
sect;. 5. Hüls- und Rachenentzündung, die Bräune, An­gina, Cinanchesie
kommt am häufigsten bei Pferden, Schweinen, aber auch bei Hun­den vor, sie complicirt sich nicht selten mit der Kehlkopf- und Luftröhrenentztindung, mit Leiden der Eustachischen Röhre und des Luftsackes bei Pferden und gesellt sich auch zu verschiedenen Allgemeinleiden, zum Milzbrand, Rotz der Pferde, den Pocken der Schafe, der Maulseuche.
Symptome. Fieberzufälle sind bei höheren Graden bemerk­bar. Wesentliche örtliche Zufälle sind Schwellung, vermehrte Röthe und Absonderung der Nasen- und Maulschleinihaut, der Schleim spinnt zuweilen inStrömen aus dem Maule, erhöhte Empfindlichkeit, selbst Geschwulst der betreffenden Halsgegend, bei der Berührung gewöhnlich schmerzhafter Husten, der, wenn die Krauken durch Druck auf den Kehlkopf dazu veranlagst werden, von einem eigen-thümlichen, schlotternden oder schnarchenden Geräusche (hervor­gerufen durch die Schwingungen des inffltrirteh Gaumensegels) be­gleitet ist, während durch denselben gleichzeitig grössere Massen glasartigen Schleimes durch die Nase entfernt werden. Wendun­gen des gestreckten Halses werden vermieden, auch das Schlingen fester Nahrung geschieht unter Schinerz und öfters lassen die Lei­denden Ballen gekaueten Futters wieder aus dem Maul herausfal­len, verschluckte Flüssigkeiten kehren theilweise durch die Nase zurück, Durst vermehrt.
Gewöhnlich tritt Genesung innerhalb 7—9 Tagen ein, indem Zertheiluug unter reichlicher Secretion erfolgt. Bei Rindern und überhaupt dann, wenn die Futteraufnahme längere Zeit gestört ist, bei schwächlichen, kränklichen Thieren wird die Schleimhaut blass, der Ausfluss zähe und übelriechend, die äussere Geschwulst kalt, verdickt und teigig. Häufig findet aber Abscessbildung statt. Bei Schweinen bilden sich kleine umschriebene Abscesse. die oft eine harte Geschwulst zurücklassen, welche ein andauernd keuchendes Athmen bedingt. Der Eiter entleert sich nach aussen oder nach innen und wird im letzteren Falle gewöhnlich mit verschluckt, die Eiterhöhle schliesst sich gewöhnlich schnell. Erstickung erfolgt manchmal bei beträchtlicher Ausdehnung und Abscessbildung im Luftsacke, oder auch bei Complication mit Entzündung der Luft­wege, durch Glottisoedem, bei croupöser Exsudation auf der Ra­chenschleimhaut, bei welchem die angeführten Symptome den höchsten Grad erreichen, und der Croup sich auf den Kehlkopf fortpflanzt.
Ursachen. Vorzüglich sind Pferde dazu disponirt; übrigens
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170 raquo;.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Hals- und RachencntziindunDr.
füliren schneller Witterungswechsel, Erkältung der Haut, kaltes Saufen, helsses Brühfutter, scharfe und ätzende Substanzen, aber auch wohl mechanische Einwirkungen dieselbe herbei.
Nach Roll's Erfahrungen conipüciren sich intensive, mit brandiger Zerstörung eiuhcrgehende Halsentzündungen heimPferde häufig mit Lungenentzündungen, die gewöhnlich durch Lungenbrand zum Tode führen.
Sectionsbefund. Die Scideimhaut der Rachenhöhle mit vielen bläulich rothen Gefässcn durchwebt, wodurch sie ein dunkles missfärbiges Ansehen erhält, das Gaumensegel geschwellt, von Eiterpunctcu durchsetzt, zwischen den Muskeln des Kehl- und Schlundkopfes zahlreiche Abscese, die Mandeln vereitert, die Schleimhaut der Luftsäcke verdickt, ja selbst mit schleimigen, eitri­gen Massen ausgefüllt. Zuweilen ist acutes Oedem derKehlkopf-schlehnhaut, Lungenödem oder Lungengrän vorhanden.
Die Prognose ist im Allgemeinen nicht ungünstig.
Behandlung. Fremde Körper müssen entfernt oder un­schädlich gemacht werden. Weiehfutter, Mehl und Kleienfutter, rei­nes frisches Wasser. In schleimigen Getränken sind mildabführende und schleimlösende Salze zu verordnen oder als weiche Lat­werge besonders darzureichen, bei starkem Fieber ein massiger Adcrlass. Acusserlich warmes Verhalten im Allgemeinen und Ein-wicldung des Halses mit einem Reh- oder Schafpelze, einer wol­lenen Decke. Einreibungen von flüchtigen Campherlinimenten an den Seitentheilen des Halses, man vermeide hierbei die untere Fläche des Kehlkopfes; mit Althäen- oder Pappel- oder grauer Quecksilbersalbe ohne oder mit Jod. Feuchtwarme Umschläge be­sonders bei Anzeichen bevorstehender Eiterung, wo sie bis zur vollständigen Reife fortgebraucht werden. Bei chronischem Verlaufe Innunctioncn mit der Cantharinsalbe, Einathmuug von warmen Was­serdämpfen, fleissiges Ausspritzen mit reinem oder durch Essig ange­säuerten Wasser, um den massenhaft im Maule angesammelten Schleim zu entfernen. Bei starker Geschwulst und verhindertem Athmen, Sca-rificationen des Gaumens, bei starker Athemnoth frühzeitige Eröffnung der sie bedingenden Abscesse, Erolfnung der Luftsäcke, bei Er­stickungszufällen der Luftröhrenschnitt.
Bei Schweinen sollen wiederholte Brechmittel im Anfange ge­reicht, den Verlauf bedeutend abkürzen. Rp.: Tart. stibiat. pulv. (Brechweinstein). Gran V. rad. Helle-bori albi pulv. (Weisse Niesswurzel gepulvert.) gran. X — XX. d. S. auf einmal zu geben. Rp.: Olei thereb., Olei Croton : aa Drachm, duas m. d. Ein­reibung.
Bei der catarrhalischen Bräune der Schweine soll sich folgende Formel bewähren. Rp.: Solut. arsenical. Fowl. (Fowierische Avsenik-lösung) drachm, duas. D. s. Täglich omal 5—10 Tropfen je nach der Grosse des Thieres.
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Krankheiten der Speicheldrüsen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;i71
5) Neubildungen.
Bisher sind nach Roll's Erfahrungen in der Manlhöhle und dem Schlundkopfe des Pferdes blos kleineFibroide in der Nähe der Zahnfächer, ferner Zahnneubildungeu, Krebsgeschwülste, welche von der Scbleimhaut der Nasenhöhle ausgehen, beobachtet worden. Sie beeinträchtigen, so wie die Rachenhöhlen-Polypen, die Falke bei unseren Hausthieren gesehen haben will, das Kauen und Schlingen.
Krankheiten der Speicheldrüsen.
1) Die Speicheldriisenentzündung.
sect;. 6. 2'iimeist ist es die Ohrspeicheldrüse und das Bindege­webe in welchem sie eingebettet ist, (Ohrspeicheldriisenentzünduug, Parotitis, Mumps), die sich entweder auf äusseren Gewallthätigkei-ten, (durch das Stellen des Kopfes beim Zureiten) durch Speichel­steine, Erkältung und eigenthümliche Witterungsverhältnisse, auch epizootisch, bei Pferden, Hunden und Katzen und consensuell beim Zahnen, bei der Bräune entzündet. Gewöhnlich ist sie von Fieber begleitet; Anschwellung der Ohrspeicheldrüsengegend, erhöhte Tem­peratur und heftiger Schmerz ist vorhanden, das Thier streckt den Kopf, widerstrebt den Wendungen, schluckt langsam und schwer, die Speichelabsonderung ist vermindert. Sie verläuft selten sehr acut, zuweilen dauert sie Monate lang und endet meistens durch Auf­saugung des Exsudats mit vollkommener Heilung, oder es folgt Ve re i t e run g der Drüse oder durch Schrumpfung des Entzünduugs-produetes , durch Bindegewebsneubildung Verhärtung. Bei Pfer­den kann die Speicheldrüsenentzündung leicht mit Anschwellung der Luftsäcke, bei Rindern und Schweinen mit scrophulösen Ge­schwülsten verwechselt werden.
Die Prognose ist günstig bei der primären Entzündung, bei der symptomatischen hängt sie von dem Grundleiden ab. Die metasta­tische Parotitis (bei der bösartigen Druse, Typhus, Ruhm, s.w.) ist immer eine ungünstige Erscheinung. Die Verhärtung der Ohrspei­cheldrüse macht die Pferde oft zum Reitdienste untauglich.
Behandlung. Aeusserlich trockene Wärme, Einreibungen von flüchtigen Linimenten, innerlich antiphlogistische Mittel; tief liegende Abseesse erfordern Kataplasmen und Eröffnung derselben, man beeile sich mit der Spaltung, aber nur dann, wenn durch den Druck der beträchtlichen Geschwulst auf die grossen Gcfässe ge­fahrdrohende Gehirnerscheinungen veranlasst werden. Speichel­steine müssen excidirt werden, zurückbleibende Verhärtungen wer­den durch Conium maculatum, graue Quecksilbersalbe, Jodsalbe, Campherlinimente zu beheben gesucht.
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172nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Kränkelten der Speicheldrüsen.
2) Neubildungen.
Bei Pferden wurden Melanosen beobachtet: auch Krebse sol­len insbesondere in der Ohrspeicheldrüse und ihren Ausflihrungs-gängen angetroflen werden.
In den Ausfübrungsgängen aller Speicheldrüsen können Spei­chelsteine vorkommen. Sie sind wohl seltener als die anderen Concretionen und am häufigsten beim Pferde und Rinde; sie ent­wickeln sich aus den im Speichel enthaltenen Salzen und be­stehen aus kohlensaurem und phosphorsaurera Kalke, kohlensaurer Magnesia und aus an Chlorwasserstoffsäure gebundenem Kali und Natron, ferner aus Epitheliumzellen und thierischem Schleime, und kommen in den Ausführungsgäugen der Ohrspeicheldrüse, der Un-terldnubacken und Untcrzungendrüse mitunter auch in der Bauch-speiclieldrüse) nach den bisherigen Erfahrungen nur bei Pflanzen­fressern vor. Sie haben eine weisse Farbe und ziemliche Härte, und gewühnlicli eine eiförmige oder rundliche Gestalt. Bisweilen sollen sie eine beträchtliche Grosse erreichen, und zeigen gewöhn­lich als Kern: ein Haferkorn, eine Granne, ein Stückchen Stroh, um den sich die thierischen und necrotischen Stoffe schichtenweise ablagern. Erreichen die Speichelsteine ein grösseres Volumen, so bewirken sie durch den Druck Schwund der Wandungen des Spei-cl'clganges, gelangen in das umliegende Bindegewebe und werden daselbst eingekapselt. Sje geben sich äusserlich als eine harte, wenig verschiebbare Geschwulst mit unversehrter Haut im Verlaufe des Canals zu erkennen, verursachen Behinderung des Abflusses des Secretes der Drüse, Ansammlung desselben, Erweiterung des Ausführungsganges und zuletzt Schwund der Drüse selbst.
Zur Heilung ist die Entfernung des Steines nothwendig, kleine Steinchen streicht man wohl nach Aussen, grössere können nur durch Bloslegung des Canals entfernt werden. Die gemachte Wunde behandelt man nach den allgemeinen Grundsätzen.
Bei dem Pferde wurden Spciclielsteine in den Ausführungsgangen sümmtlichci- Maulspeicheldrüsen beobachtet, am häufigsten jedoch in jenen der l'arotis. Sie kommen da^plbi-t entweder vereinzelt oder in der Mehrzahl vor. Die in den Wharton'schen und Rivinianisehen Gängen gefundenen sind klein, rundlich, mit kleinen Forlsätzen versehen, glatt, geiblichweiss und fin­den sich meist in der Mehrzahl. Die beim Kinde im Stenon'schen Speichel­gange aufgefundenen Concretionen sind kleiner als jene des Pferdes, diesen aber in Bezug auf Gestalt und chemische Znsaminensclzung ähnlich. Auch im Ausführungsgange der Bauchspeicholdiüsc kommen bei diesen Thieren haselnussgrosse, weisse, eckige Steinchen vor, die, da sie sich meist in grös-serer Anzald vorfinden, an der Berührungslläche facetirt erscheinen (Köll),
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173 Krankheiten der Speiseröhre.
sect;. 7. Die Entzündung der Speiseröhre tritt primär nur nach Ver­letzungen und chemischen Einwirkungen auf, sonst ist sie, obwohl im Allgemeinea bei den nutzbaren Hausthieren sehr selten vor­kommend, nur durch andere eigene oder durch Krankheiten der Nachbarorgane bedingt; häufiger findet man die Erweiterung und Verengerung der Speiseröhre. Erstere ist meistens eine partielle, sackige, indem die Schleimhaut in Form von beutelförmigen Ausstülpungen zwischen den Muskelbündeln der Muskelhaut der Speiseröhre, hindurchtritt und sogenannte Divertikeln bildet, in wel­chen die Futtermassen sich ansammeln, sie allmälig erweitern und nicht nur durch Druck auf die Nachbarorgane, insbesondere die Luftröhre, Athmungsbeschwerden veranlassen, sondern auch oft bersten und ihren Inhalt entweder in das die Speiseröhre umge­bende Bindegewebe oder in die Brusthöhle ergiessen, wodurch tödtliche Entzündungen hervorgerufen werden. Die Erweiterung des Schlundes kömmt nicht sehr selten beim Pferde vor, jedoch ist die Diagnose nur dann möglich, wenn sie sich am Halstheile des Schlundes vorfindet; man verspürt nämlich eine mehr oder weniger grosse, weiche, nachgiebige Geschwulst, längs der Speiseröhre, die beim Druck sich verkleinert, da ihr Inhalt nach aufwärts aus­weicht und bisweilen sogar durch die Nase entleert wird. Diver-tikel am Brusttheile des Oesophagus können am Leben kaum mit Wahrscheinlichkeit vermuthet (aus dem Eintreten von Brechreiz oder Erbrechen ?) noch weniger erkannt werden.
Die Verengerung des Schlundes entsteht durch steckenge­bliebene fremde Körper, die das Lumen ganz oder tlieilweise ausfüllen, durch Neubildungen der Speiseröhre selbst, und solche der Nachbarorgane, durch schrumpfende Neubildung und Hyper­trophie der Muskularis, endlich durch Anschwellungen und Zer­störungen der Halswirbelkörper.
Sie bedingt gewöhnlich Erweiterung des oberhalb der ver­engerten Stelle liegenden Schlundtheiles, erschwertes Schlingen des Futters, Brechreiz und Erbrechen, und führt zur Abmagerung und zum Tode.
Trennungen des Zusammenhanges werden durch spitze, mit den Futterstoffen in den Schlund gedrungene Körper, durch Ge-schwtirsbildungen und Vereiterungen des Schlundes selbst, oder der Nachbarorgane veraulasst. Sowohl Futterstoffe als fremde Körper gelangen dann entweder in die Brusthöhle, wo sie zu tödtlichen Entzündungen führen, oder nach Aussen, wo sie Fistelgänge, lang­wierige, aufreibende Eiterungsprocesse im Gefolge haben. Neu­bildungen sollen nach Roll's massgebenden Erfahrungen in der Speiseröhre selten vorkommen, er sah nur polypöse Wucherungen in der Nähe der Cardia des Schlundes.
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Krankheiten des Magens und Darmkanals.
sect;. 8. Sie gehören zu den am häufigsten vorkommenden Krank­heiten und beschäftigen den Thierarzt am meisten, alle Hausthier-gattungen ohne Unterschied des Geschlechts und der Rage werden von ihr befallen. Alle im allgemeinen Theile augeführten äusseren Schädlichkeiten, bis auf jene Agentien, Electricität, Magnetismus, de­ren Einfluss auf die Entstehung und die Forterzeugung der Krank­heiten uns noch viel zu wenig bekannt sind, können Magen- und Darmleiden verursachen; dass die Quantität und Qualität der Nah­rungsmittel die häufigste und wichtigste Quelle sei, braucht nicht näher erörtert zu werden.
Auch gewisse krankhafte Zustände des Nahrungsschlauches selbst, z. B. Neubildungen, Lagenveränderungen des Darmes, die die Wegsamkeit des Darmschlauches aufheben, wichtiige Functions-störungen, die Absonderungen und Kraukheitsproducte eines Thei-les des Darmschlauches können wieder Erkrankungen in einem anderen Abschnitte dieses Organes bedingen.
Zuweilen stehen die Darmkrankheiten in wesentlicher Bezie­hung zu Krankheiten anderer Organe und werden erst durch diese als secundäre Leiden herbeigeführt, z. B. durch Krankheiten des Herzens, der Leber u. s, w., am häufigsten jedoch wird der Darm bei den Blutkrankheiten in Mitleidenschaft gezogen, wie beim Anthrax, der Pyämie, der Rinderpest. Einzelne von ihnen z. B. die Ruhr erlangen oft eine epizootische Verbreitung.
Die speciellen Erscheinungen, durch welche sich die Verdau­ungsstörungen nach aussen hin zu erkennen geben, gestalten sich zwar je nach der Art der Störung verschieden, und werden bei Betrachtung der einzelnen hierher gehörenden Krankheiten erörtert werden, nur die wichtigeren wollen wir hier einer näheren Bespre­chung unterziehen und zwar:
1) Das Erbrechen, das in einer unwillkürlichen und stoss-weisen Entleerung desquot; Mageninhaltes durch Maul und Nase besteht.
Die beim Erbrechen wirkenden Theile sind: das Zwerchfell, die Bauchmuskeln, der Magen, die Speiseröhre und der Schlund. Der Grad der Wirksamkeit dieser Theile beim Brechakte ist in ver­schiedenen Fällen verschieden, sowie auch die erste Bewegung und der Anstoss von dem einen oder dem anderen derselben ausgehen kann. So ist die Contraction des Zwerchfelles die wichtigste Kraft in jenen Fällen, wo das Erbrechen durch Brechmittel hervorgeru­fen wird. Der Zusammenwirkung des Zwerchfelles und der Bauch­muskeln soll es zuzuschreiben sein, dass auch bei unseren Haus-thieren Entleerung von Darmstoffen durch das Maul, Kotherbrechen stattfindet (Falke).
Das Erbrechen wird zwar bei allen unseren 3austhieren, je­doch entsprechend der Organisation des Magens und Schlundes am häufigsten bei Hunden, Schweinen, seltener und gewöhnlich
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Erbrechen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;175
nur in bedenklichen Zuständen bei Pferden und Wiederkäuern be­obachtet, 'fib zwar dasselbe nur ein Symptom eines anderen krank­haften Zustandes ist, pflegt man doch ein symptomatisches und idiopathisches Erbrechen zu unterscheiden..
Dem idiopathischeu Erbrechen selbst pflegen in der Regel Erscheinungen von Unwohlsein vorherzugeben, die bei dem sym­ptomatischen Erbrechen mehr oder weniger auf bestimmte Krank­heiten hindeuten, worauf unter Brechanstrengungen (Vomituriatio-nen) — die übrigens in Folge des eigenthumliehen Magenbaues bei Pferden und Wiederkäuern grosser als bei Schweinen, Hunden und Katzen sind, weil letztere bekanntlich mit Leichtigkeit erbrechen — die Entleerung der Magencontenta erfolgt, welche jedoch, je nach dem Zustandekommen des Brechens und bei den verschiedenen Thieren von verschiedener Beschallenheit sind. Bei Hunden und Schweinen enthalten sie aussei- den zerkleinerten Nahrungsstoffen nicht selten fremdartige Beir;jiscliungen (Blut, Schleim, Galle, Wür­mer, Koth), während bei Pferden fast immer nur die vorher genos­senen Nahrungsmittel entleert werden, und bei Rindern die ausge­worfenen Substanzen sich meist dadurch verschieden zeigen, dass bei ihnen das Erbrechen von den beiden ersten oder den beiden letzten Magen ausgehen kann: im ersten Falle bestehen sie in grob zerkauten Futterstoffen, während der entleerte Inhalt des Labmagens eine gleichmässig feine, säuerlich riechende Masse darstellt.
Bei Hunden und Schweinen, namentlich bei den ersteren, wird das Erbrechen leicht durch directe oder indirecte Reizung des Magens veranlagst, und kömmt dasselbe bei ihnen desshalb häufig als Symptom von anderen Krankheitszustäuden vor, wozu nament­lich die Magenentzündung, eingeklemmte Brüche, Luugenkrankheiten, im Schlünde stecken gebliebene fremde Körper, die Einwirkung man­cher Arzneimittel, das Verbleiben ungewöhnlicher, unverdaulicher Substanzen im Magen, ferner Wurmleideuu. a.m. gehören. Am aller-häufigsten kommt indessen bei Hunden das Erbrechen nach üeber-ladungen des Magens vor, wie denn diese Thiere bei gastrischen Beschwerden nicht selten instinetmässig schon das Erbrechen durch Reizung des Gaumens vermittelst in das Maul genommener und gekauter Grashalme hervorzurufen suchen.
Abgesehen von diesen und einigen anderen Veranlassungen, wie Hirnerschütterungen, Krankheiten der Gebärmutter etc. liegt dem Erbrechen bei Hunden mitunter auch eine zu grosse Reizbar­keit des Magens selbst, deren Wesen nicht genau zu erkennen ist, zu Grunde, in Folge deren dasselbe häufig schon durch massigen Genuss schwer verdaulicher oder salziger und gewürzhafter Nah­rungsmittel verursacht wird. Wenn die Wiederkäuer schon durch den eigenthümlichen Bau ihres Magens nicht leicht erbrechen, und bei ihnen aussei- grossen Dosen brechenerregender Arzneimittel, welche absichtlich angewendet werden können, bisweilen ihre Wir­kung äussern, gewöhnlich nur organische Veränderungen des Ma-
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Erbrechen.
gens selbst oder des Zwerchfells und der Lungen (nach der Lun­genseuche), wie Verdickungeu des Pförtners, ferner Veränderung der Lage des Schlundes und fremde Körper in denselben, oder in anderen Fällen der Genuss scharfer Substanzen mit dem Futter, oder der Uebergenuss von in Gährung begriffenen, alkoholischen Substanzen, — das Uebel zu veranlassen vermögen, so sehen wir bei Pferden dasselbe meist nur nach Ueberfütterungen mit schwer-verdauliclien Stoffen, wenn die heftigen Zusammenziehungen der Bauchmuskeln und des Magens den Widerstand der öchlundkappe zu überwinden vermochten, oft zum Wohle des Thieres zu Stande kommen; ferner hat es Roll bei intensiven Entzündungen der Magenschleimhaut, der Serosa des Magens und des Darmes, wenn hiedurch Paralyse der Cardia erfolgte, gesehen. In diesen Fällen ist das Erbrechen ein Zeichen des nahen Todes. Die Ansicht, dass das Erbrechen bei Pferden das Symptom einer stattgefundenen Berstung des Magens sei, ist nach der Ansicht dieses massgebenden Thierarztes irrig; denn es wäre gar nicht zu begreifen, führt er ganz richtig an, wie der Inhalt des ge­gen die Bauchhöhle zu weit klaffenden Magens durch die Zu-sammenziehung der Bauchpresse in die Speiseröhre getrieben wer­den sollte, da ihm der viel leichtere Ausweg in die Hinterleibs­höhle offen steht. Oft aber mag es geschehen, dass bei Pferden, welche sich bereits erbrochen haben, oder vielleicht in demselben Momente, wo diess eintritt, ein Mageuriss erfolgt; beide Vorgänge sind jedoch von einander unabhängig, wenn gleich durch dieselben Ursachen bedingt. Die durch das Erbrechen heraufbeförderten Massen sind wie bereits erwähnt, Futterstoffe, gemischt mit einer dünnen, säuerlich riechenden Flüssigkeit; sie werden bisweilen mit Gewalt durch die Nase ausgestossen, wobei ein Theil derselben in die Luftröhre gelangen und den Tod des Thieres durch Erstickung herbeiführen kann, in welchem Falle man dann bei der Section Futterstoffe bis in die kleineren Bronchialverzweigungen hineinge­trieben vorfindet. Manchmal kommt es nicht zum eigentlichen Er­brechen, sondern es bleibt bei der blossen Anstrengung dazu, wo­bei höchstens Luft ausgestossen wird.
Das Rülpsen, ein gewaltsames Ausstossen der in dem Magen angesammelten Gase durch den Schlund ist eine Folge übermäs-siger Gasanhäufung im Magen und stellt sich bisweilen beim Auf­blähen der Wiederkäuer und bei Ueberfütterung der Pferde mit blähenden Nahrungsmitteln ein. Das Koppen in vielen Fällen ohne Bedeutung und durch Angewöhnung erworben, ist bisweilen ein Zeichen schlechter Verdauung, bedingt durch chronische Catarrhe der Magen - und Darmschleimhauf.
Die Prognose richtet sich nach der Grundkrankheit, da das Erbrechen in den meisten Fällen blos eine Theilersclieinung einer anderen Krankheit ist, ebenso ist die Behandlung von letzterer abhängig, jedoch wird man nächst Erfüllung der Causalanzeige, die oft wohl selbst bei Carnivoren und Schweinen ein Brechmittel
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Durchfall.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;177
fordert, kohlensäurehaltige Mittel, Pnrgantien, Sedativa, die Tinc-tura aromatica acida verabreichen. Baumeister wandte in allen Fällen beim Kindvieh mit günstigem Erfolge die weisse Niesswurz derart an, dass er das Pulver in einem schleimigen Vehikel zu '/a Drachme p. D. täglich 3mal gab.
Bei dem Erbrechen nach dem Genüsse scharf wirkender Substan­zen werden schleimige und narcotische Mittel (Leinsamenschleim oder Emulsionen mit Opium, Bilsenkraut), bei Fehlern der Verdauung die bitteren Mittel, Enzian, — in anderen Fällen die absorbirenden Alkalien (Kali oder Natrum carbonicum) nach vorherigem Zusatz von Essig, bei Hunden von Citronensäure, und entweder für sich allein oder mit narcotischen Mitteln: Opium, Extract.Hyoscyamie etc. benutzt. Die Wirkung dieser absorbirenden Alkalien beruht vornehm­lich in der Entwickelung von Kohlensäure im Magen; gute Dienste leistet bei lange dauerndem Erbrechen der Pferde und Wiederkäuer die Pottasche oder kohlensaurer Kalk zu '/^ — 1 Loth in schleimi­gen Abkochungen oder in einem Chamilleuaufguss, welchem Mittel nach dem Eingeben ebenfalls Essig oder ein kohlensäurehaltiges Bier nachgegossen wird.
Zur Erzeugung des Brechens bei den oben näher bezeichne­ten Zuständen wählt man gewöhnlich die Ipecacuanha mit Zusatz von Brechweinstein. In Fällen, wo das Erbrechen durch organi­sche Veränderungen des Magens veranlasst wird, empfehlen sich Säuerlinge, Narcotica u. s. w. Zürn empfiehlt beim Erbrechen der Rinder: Ep. Alum, crudi (rauher Alaun) dr. duas, Aq. font. (Wasser) libram. D. S. Tägl. 3mal eine solche Dosis.
2) Der Durchfall, Diarrhoea. Man bezeichnet mit diesem Namen jede häufig sich wiederholende Entleerung von breiigen, dünnen und selbstflüssigen Excrementen. Derselbe ist bei unseren Hausthieren keine seltene Erscheinung, doch bietet er nach der Individualität, dem Alter und der Constitution der Thiere manche Verschiedenheiten und erleidet auch durch die veranlassenden Ur­sachen in seinem Verlaufe und seiner Bedeutung manche Modifi-cationen, welche zur Annahme verschiedener Arten des Durchfalles führten, die aber tür den Praktiker keine Bedeutung haben, da der Durchfall einen wenn auch oft sehr wichtigen, immer nur symptomatischen Zustand darstellt, dessen Beurtheilung und Wür­digung vom Grundleiden abhängt.
Die Symptome sind, abgesehen von jenen, welche dem Grundleiden angehören, in der Beschaifenheit der entleerten Ex-cremente und in den durch den Durchfall bewirkten Störungen^ des Allgemeinbefindens gegeben. Die Entleerungen breiiger oder quot;flüs­siger Kothmassen machen in den leichteren fieberlosen Fällen das allein wahrnehmbare Krankheitssymptom aus, und erfolgen binnen Tagesfrist sehr verschiedene Male, sie enthalten im Anfänge ausser den wässerigen Bestandtheilen noch mehr oder weniger Futter­stoffe und sind entweder geruchlos oder säuerlich riechend; in allen höheren Graden jedoch mehr schleimiger oder seröser, selbst Kraus, Path. u. Therap. der Hauasäugethiere.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 12
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178nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten des Magens und Darmcanals.
blutiger Art, und enthalten Eiter, Fetzen losgestossener croupöser Gerinnsel, necrotiseher Schleimhautreste, grössere oder kleinere Klumpen richleimes, wo sie dann nicht selten einen üblen fauligen Geruch verbreitern Bei jungen Tliieren, Kälbern und Ferkeln, bei welc'nen der Durchfall besonders nach dem Genüsse einer fehler­haften Milch entstellt, sind die entleerten Stoffe mehr von weiss-licher oder gelblicher Farbe und häutig von schaumiger Beschaffen­heit. Schwanz und Hinterbacken nicht selten auch die Hinterfüsse findet man in der ßegel mit den Excrementen beschmutzt.
Die allgemeinen Erscheinungen, die früher oder später auf­treten, bestehen in Unruhe, gelinden Kolikzufällen, Aufblähung, Spannung des Bauches, Poltern und Kollern im Hinterleibe, ver­mehrtem und unregelmässigem Pulse und Herzschlage, struppigem, glanzlosem Haar, Verminderung anderer Excrete, besonders des Harns, Schwäche und Hinfälligkeit, verminderter Fresslust, ver­mehrtem Durst etc., welche Symptome sich im ferneren Verlaufe steigern, zur Abmagerung, Zehrfieber und anderen Foigeleiden füh­ren und selbst den Tod zur Folge haben können.
Bei der Aetiologie müssen wir zwischen den im Organis­mus selbst liegenden, ursächlichen Momenten der Krankheit und den in äusseren Verhältnissen liegenden Veranlassungen unterschei­den. Erstere können eine Disposition zu diesem krankhaften Zu­stande bedingen, so dass schon geringe Einflüsse, besonders wenn sie die äussere Haut oder die Schleimhaut des Darmkanals treffen, hinreichen, den Durchfall hervorzurufen. Er ist auch ein häutiger Begleiter der Blut- und Ausschwitzungskrankheiten, wie des Ty­phus, der Ruhr, der Rinderpest u. s. w.
Die in äusseren Verhältnissen liegenden Momente umfassen eine Reihe von Einflüssen, die vorzüglich in Witterungsverhältnis­sen und den Nahrungsmitteln liegen, oft schon allein das Zustande­kommen des Durchfalles bewirken und bisweilen wegen ihrer gleichzeitigen Einwirkung auf viele Thiere, wie hierzu besonders beim Weidegange Gelegenheit gegeben ist, selbst ein allgemeines Auftreten des Durchfalles veranlassen können (enzootischer und epizootischer Durchfall).
Zu diesen äusseren Erscheinungen zählt man plötzlichen Tem­peraturwechsel, schnelle Witterungsveränderung, Einwirkung kalter Nebel, oder kalter Nächte nach heissen Tagen und andere Witte-rungseiiiflüsse, deren schädliche Wirkung theils auf noch unbe­kannte Weise, theils durch Erkältung überhaupt erfolgt, welche entweder den Darmcanal direct oder die äussere Haut treffen und zum Entstehen des Durchfalles um so leichter Anlass gibt, wenn die Haut, wie diess im Herbste und Frühjahr der Fall ist, durch Haarwechsel oder andere Umstände, wie nach der Wollschur bei Schafen für äussere Einflüsse empfänglicher ist.
Sehr häutig wird der Durchfall durch den Genuss nachthei­lig wirkender Futterstoffe verursacht und zwar durch schwer ver­dauliche und übermässig genossene Nahrungsmittel, durch bereif-
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Durchfall.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;179
tes Gras, gefrorene Wurzeln und Knollengewächse oder leicht in Gährung übergehende Substanzen, z. B. die Milch bei jungen Thie-ren, dann verdorbene Nährstoffe, als: sauer gewordene Traber, Schlempe, ranzig gewordene Leinkuchen, Heu von übe-zschwemmt gewesenen Wiesen, aucb der Wechsel in der Fütterung, wie z. B. das Absetzen der Säuglinge und die nachherige Fütterung mit schwer verdaulichen, stärkemehlhaltigen und anderen leicht gäh-renden Stoffen; ferner der. plötzliche Uebergang von trockenem zum Grünfulter im Frühjahre gibt genug Veranlassung zur Ent­stehung des Durchfalles. Nicht selten ist auch der Missbrauch drastischer Arzneimittel Ursache heftiger Diarrhöen.
Aus dem bisher Erörterten ergibt sich, dass die Prognose zumeist von dem Grundleiden abhänge, jedoch ist es klar, dass die Diarrhöe bei längerem Bestehen als ein oft schwere Folgen nach sich ziehendes LJebel betrachtet werden müsse ; insbesondere verdient sie alle Aufmerksamkeit bei jungen Thieren wegen der durch sie bedingten Störung der körperlichen Entwickelung. Im Allgemeinen gestaltet sich die Prognose bei gut genährten Thie­ren, ferner bei allen durch die Futterstoffe entstehenden Diarrhöen, wenn der einzuleitenden Behandlung keine Hindernisse entgegen­stehen, günstig; dagegen erfordern alle chronischen und seeundä-ren Diarhöen in der Beurthcilung grosse Vorsicht, da sie leicht Abmagerung und hectisches Fieber herbeiführen; ungünstig gestal­tet sich die Prognose, wenn Nervenznfälle und plötzliches Sinken der Kräfte hinzutreten, ferner wenn die Darmcontenta unverdaut abgehen, missfarbig aussehen, übelriechende, faulige Beschaffen­heit besitzen, oder wenn dieselben Blut, Eiter, necrotische Schleim-hautstücke etc. enthalten. Auch die äusseren Verhältnisse der er­krankten Thiere müssen bei der Feststellung der Prognose berück­sichtigt werden, indem von einer zweckmässigeu diätetischen Pflege und der Möglichkeit die Thiere unter bessere Verhältnisse zu brin­gen, ebenso viel als von einer zeitlichen Behandlung abhängt.
Die Behandlung der Diarrhöe ist nach der Verschiedenheit der Ursachen verschieden, sie muss theils auf die Beseitigung oder wenigstens Beschränkung der das Uebel veranlassenden und noch fortwirkenden inneren und äusseren Momente ihr Augenmerk rich­ten, die Diarrhöe und die durch sie bedingten Störungen beheben; in allen geringen Graden, in denen der Durchfall z. B. aus einer leichten Erkältung, Ueberfütteinng, Futterwechsel hervorgegangen war und nicht lange besteht, reicht zur Hebung des Uebels ge­wöhnlich ein exspeetatives Verfahren allein aus ; so ist ein warmes Verhalten, Bedeckung der Thiere, reine trockene Streu und die Darreichung von überschlagenen, schleimigen Getränken (bei Hun­den Reiswasser) hinreichend, das Leiden zu tilgen, ausserdem ist es immer zweckmässig, durch Reiben und fleissiges Striegeln der Haut bei grösseren Thieren die Hauttbätigkeit anzuregen.
Besteht der Durchfall schon mehrere Tage in heftigem Grade, dann genügt die diätetische Behandlung zur Beseitigung des Ue-
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IQOnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten des Magens und Darmcanals.
bels nicht mehr, sondern es ist hier sowohl durch Einreibungen von Linimenten in die Haut, durch Anwendung einhüllender, schlei­miger und stiptisclier Mittel dem Durchfall entgegenzuwirken. Hier sind lauwarme Aufgüsse von Camillen bei kleinen Thieren mit Zusatz von Opium, bei grösseren mit Bilsenkraut, ferner das Ei-weiss mit Wasser geschlagen, Eier überhaupt, welche sammt der Schale, namentlich bei jüngeren Thieren, deu Kälbern, zu benutzen sind, Decocte von Leinsamen, Althaewurzel, Malvenkraut, Buch­weizen und Hafergrütze, Malz, Stärke, Koggenmehl zu Brei ge­kocht, und mit Wasser verdünnt als Getränk, oder auch bei kleinen Thieren, Hunden, Emulsionen mit Zusatz kleiner Gaben narcotischer Mittel am Platze. Besteht der Durchfall längere Zeit, so finden die bitteren und adstriugirenden Mittel wie Enzian, Wermuth, Kal­mus, Weiden und Eichenrinde, Tannin, Tormentillwurzel. Knoppern, selbst die Nux vomica in Latwergen — zu denen mau für kleinere Thiere gewöhnlich die Extracte dieser Mittel benutzt — oder in Decocteu Anwendung; auch passen in solchen Fällen die adstrin-girenden Metallsalze: Holleustein, Bleizucker, Alaun, Kupfer oder Eisenvitriol. Bei dem nach üeberfutterung entstandenen Durchfall sind auch kleine Dosen von schwefelsaurem Kali, Natron oder Magnesia mit schleimig üligeu Flüssigkeiten angezeigt. Ist die Diarrhöe die Folge überinässiger öäurebildung, so sind die Absorbentieu, Kreide, gebrannter Thon, Magnesia oder kohlensau­res Kali in einer Abkochung von Mohnkupteu oder mit Opium, nach Umständen mit einem Zusatz von kleinen Dosen Rhabarüer, angezeigt. KJystire aus schleimigen und stärkemehlhaltigen Sub­stanzen, zuweilen mit uarcotischeu Stofl'en gemengt, lauwarm ap-plicirt, sind oft zweckmässig, wenn ihr Werth auch bei der Diarrhöe die in den höheren Partieeu des Darmes ihren Grund haben, nicht überschätzt werden darf.
Die symptomatischen Durchfälle sind, theils wie im Vorste­henden angegeben ist, zu behandeln, immer mass jedoch die Cur auf die Grundleiden gerichtet sein. Die colliquativeu Diarrhöen, wie sie im letzten Stadium chronischer, cachectischer Krankheiten auftreten, trotzen in der Kegel jeder Behandlung.
Bei den durch den übermässigen Gebrauch crastischer Pur­ganzen und nach anderen Vergiftungen entstehenden Durchfällen empfehlen sich ausser den geeigneten Antidoten schleimige Ab­kochungen mit Zusatz von milden Oelen, Eiweiss etc. Beim Durch­fall der Hunde wird empfohlen:
Rp.: Pulv. Doveri gr. sex — duodeeim, pulv. rad. althäaer pulv. Gummi -Äl-ab. aa. drachmam semis m. f. p. divide in Doses aequ. sex D. S. dreimal des Tages ein Pulver zu geben.
Rp.: Tanini puri scrupulum unum — drachmam semis, opii puri gr. duo, sacch. albi drachmam. M. f. p. divid. in doses aeq. sex. 3mal des Tages ein Pulver zu geben.
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Kolik.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;181
Für grössere Thiere dürfte angezeigt sein: Rp. Nuc. vom. (Krähenaugen) dr. duas, Rad. tormentillae. rad. Gentian, aa. unc. tres, flor. Arnica unc: unam,BMagnes. ust. unc. semis. M. f. p. D. S. Sstlindl. einen Essl. voll.
Die Beschaffenheit der Excremente gibt häufig wichtige Auf­schlüsse über die Natur und das Wesen der Darmkrankheiten.
Die Entleerungen fester, harter Kothballon, bei Rindern der Absatz einer beim Auffallen auf den Boden nicht zu einem Kuchen sich ausbreitenden, sondern festen, gewöhnlich mit Einschnürun­gen versehenen, dunkel gefärbten Faecalmasse weist auf einen längeren Aufenthalt derselben im Darme hin und ist im Beginne eines acuten Darmcatärrhs und bei chronischen Gehirnkrankheiten gewöhnlich eine blasse Färbung der Excremente die Folge ei­ner mangelhaften Gallenentleerung: sie enthalten gewöhnlich dann noch Reste unverdauter Futterstoffe. Die Oberfläche der Faecal-stoffe ist bei acuten Catarrhen des Darmes gewöhnlich mit einer Schichte dünnen, bei chronischen, besonders Mastdarmcatarrhen, mit einer Lage zähen, dicken, weissen Schleimes bei Darmentzün­dungen hohen Grades selbst mit Eiter und Blut, Faserstoff häuten überzogen. Bei croupösen Entzündungen der Darmschleimhaut ge­hen bisweilen beim Rinde röhrenförmige zusammenhängende Ge­rinnungen ab (Roll).
3) Die Kolik, Darmschmerz — Colica, Enteralgia.
Unter Kolik verstehen wir heftige, anfallsweise wiederkeh­rende Schmerzen, die von den Magen- und Darmnerven ausgehen, und längere oder kürzere Zeit anhaltende Stuhlverstopfüng und Harnverhaltung im Gefolge haben.
Jeder Reiz, der die Magen- oder Dannnerven mittelbar oder unmittelbar trifft, als Reiz der Schleimhaut, als von anderen Orga­nen ausstrahlender Reiz, als centrale Erregung, kann Kolik hervor­rufen. Sie ist desshalb in der grossen Mehrzahl der Fälle blos ein Symptom, dessen Quelle in verschiedenartigen Krankheiten des Darmes, (wahre Kolik) zu suchen ist, und kann auch zu Krank­heiten anderer Organe des Hinterleibes, besonders der Harn- und Geschlechtswerkzeuge (falsche Kolik) treten.
Die Thiere äussern je tiach der Individualität die Schmerzen im Darm-kanale auf verschiedene Weise; Jedoch kommen einzelne Symptome allen gleichmassig zu: zu diesen gehören Appetitlosigkeit und imruhiges Verhal­ten, abwechselndes Herangehen und Zurücktreten nämlich vom Fuller, Peit­schen mit dem Schweife, Stampfen mit den Fiissen, Schlagen nach dem Bau­che mit den Hinterfüssen, gestreckte Stellung oder gebogene Haltung der unter den Leib zusammengestellten Füsse. mehr weniger schnelles Niederle­gen, selbst Niederwerfen zur Erde, Krümmen und Wälzen während des ge­wöhnlich nur kurze Zeit dauernden Liegens', es brechen lokale oder allgemeine Schweisse hervor, während durch starkes Drängen aut den Koth, mitunter mit Schleim umhüllte und auch wohl unverdaute Futterstolfe entleert werden. Wäh-
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Krankheiten des Magens und Darmcanals.
rend diese Zufälle anfänglich ohne Fieber bestehen, tritt im ferneren Verlaufe mit der Zunahme des Leidens mehr oder weniger heftiges Fieber ein, welches gewöhnlich die beginnende Darmentzündung andeutet.
Die Kolik kömmt bei alleu Haussäugethieren vor, am häufigsten aber bei den Pferden, wo sie in der Regel auch einen bedenklichen Zustand darstellt. Die Gründe sind theils in einer grössern Dispo­sition, theils in der Dienstesleistung und der hierdurch bedingten häufigen Einwirkung verschiedener Schädlichkeiten zu suchen. Die erstere sucht man: a) in der grösseren Reizbarkeit des Pferdes überhaupt, und der grössern Empfindlichkeit und leichteren Ver-quot;ttzbarkeit der Gedärme insbesondere.; b) in dem einfachen Magen und dem eigenthümlichen Bau des Blinddarmes; c) in der mangeln­den Gallenblase, und dem Unvermögen sich zu erbrechen; d) in der regeren Hautausdünstiing und daher leichteren Unterdrückung derselben, die zu Störungen in der Verdauungsthätigkeit führt. Ein­zelne Pferde sollen noch eine grössere Neigung in Kolik zu ver­fallen zeigen, als andere, was man von verschiedenen Ursachen hergeleitet hat: so sollen Hengste mehr als Stuten und Wallache zu Kolik neigen, und ebenso junge, reizbare und schlaffe Thiere, insbesondere aber Kopper, Pferde mit zartem, reizbaren Hautorgan, und solche, die im Haarwechsel begriffen sind, oder an geschwäch­ter Verdauungsthätigkeit leiden, co wie endlich gierige Fresser am leichtesten von der Kolik befallen werden.
Die Kolik der Pferde.
Nach den Ursachen unterscheidet man mehrere Varietäten:
1)nbsp; nbsp;Die eigentliche Krampfkolik, (Kolik ohne materielle Ursache. Roll) Colica spastica, der jedenfalls eine besondere reiz­bare, sogenannte nervöse Körperbesciiaflenheit zu Grunde liegt und schon durch unbedeutende Schädlichkeiten hervorgerufen wird. Die Schmerzensäusserungen, die sich durch momentanen Nachlass und durch baldiges Wiederkehren characterisiren, treten in den Vorder­grund des Krankheitsbildes.
2)nbsp; nbsp;Die rheumatische Kolik, Colica rhenmatica, tritt ge­wöhnlich in Folge kalten Tränkens bei erhitztem Körper auf, und
, characterisirt sich durch sehr starke Schmerzensäusserungen, sie ist oft mit Harnverlialtnng verbunden.
3)nbsp; Die Windkolik, Colica flatulenta, kommt nicht selten bei Kökern vor, und ist durch schleckte Verdauung, chronische Reizung und catarrhalisch- entzündliche Zustände der Darmschleimhaut, durch Fütterung mit Grünfutter, frischem Hafer und Heu und an­deren schwer verdaulichen Futterstoffen bedingt. Sie wird in der Regel von mehr weniger, starker Aufgetriebenheit des Hinterleibes, besonders der rechten Flankengegend, grosser Angst, starken Schweissen, Dräugen wie zum Koth- und Harnabsatze begleitet. Der Abgang von Blähungen pflegt gewöhnlich der eintretenden Besserung voranzugehen.
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Kolik.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 183
4)nbsp; Die UeberfütterniiR-skolik macht sich durch lieftigen und tiefen Schmerz, den die Thiere durch öfteres ümseben nach der Magengegend, durch behutsames Niederlegen und Aufstehen verrathen, bemerkbar. Der Darmcaual ist mehr weniger fmictions-unfähig, es ist stets zunehmende Auftreibung des Hinterleibes und häufiges Rülpsen vorhanden. Führt man die Hand in den Mast­darm, so erscheint derselbe, so wie der Dickdarm mit harten Fäcal-massen angefüllt.
5)nbsp; Die Verstopfungskolik, Colica obturatoria, ist gewöhn­lich sehr anhaltend, aber besonders im Beginne des Leidens sind die Schmerzen weniger intensiv. Die Anfangs reichlichen und ganz flüssigen Stuhlentieerungen werden immer seltener und machen end­lich einer vollkommenen Obstipation Platz, es werden nur höchst selten in einzelnen Ballen mit Schleim bedeckte Kothmassen unter heftigen Drängen, das nicht selten einen Mastdarmvorfall bedingt, abgesetzt. Ebenso wie die Fäcalmassen können auch Concre.nente, Darmsteine, von Aussen eingeführter Sand, Steine, Knochenstücke durch Verstopfung (Obturation) des Darmrohres diese Kolik her­vorrufen.
(i) Die Wurmkolik, Colica verminosa, findet sich besonders häufig bei jungen und schlaffen Pferden, meistens in Folge von Bandwürmern. Die Anfalle sind anfangs gclind und vorübergehend, kehren aber häufig und immer intensiver wieder. Der abgesetzte Koth enthält unverdaute Futterstofie und grössere oder kleinere Würmereonvolute.
7)nbsp; Die Bleikolik, Colica saturnina, tritt unter sehr schmerz­haften Erscheinungen auf und verläuft sehr acat. Sie entsteht nach dem reichlichen Gebrauche von Bleipräparaten, so wie bei den Hunden der Maler und bei Pferden, die in den Fayencefabriken
zum Mahlen des zur Glasur nöthigen Bleies verwendet werden; ferner auch, wenn Thiere in der Nachbarschaft von Bleigrubcn oft getränkt werden; solches Wasser enthält nämlich kohlensaures Blei aufgelöst; auch Futterstoffe, aufweichen Bleidämpfe sich nieder-gesehlagen haben, können Veranlassung zur Entstehung der Blei­kolik geben.
An diese Art schliesst sich natürlich auch jene Kolik an, die durch reizende und drastische Arzneien, andere giftige Stoffe, fau­les gährendes Futter u. s. w. bedingt wird.
8)nbsp; nbsp; Die Bruch- oder Einklemmungskolik, die Kolik durch Invagination der Gedärme, namentlich auch bei Hengsten in Folge von Leisten- und HodensackbrUchen, hat nebst dem unbe­weglichen, gespannten, schmerzhaften Bruchinhalte verhinderten Abgang von Koth und Blähungen, bedeutendes Wälzen, Kauern in ihrem Gefolge und bald gesellen sich die Symptome heftiger Entzün­dung hinzu. Die Kolik von Zwerchfellbrüchcn ist bedingt durch Zerreissung des Zwerchfells; sie tritt bald im Verlaufe chronischer Krankheiten, bald plötzlich primär auf. Im ersteren Falle macht
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Krankheiten des Magens und Darmcanals.
sich gewöhnlich Dannglucken beim Ein- und Ausathmen in der Brusthöhle, in letzterem ungeheure Athemnoth nebst den anderen Erscheinungen der Kolik besonders noch bemerkbar.
9) Koliken veranlasst durch Gewebserkrankungen des Dar­mes und zwar durch Verwundungen des Magens und der Gedärme, durch Croup, FollicularentzUndung, Geschwürsbildung der Darm-sclileimhaut und durch entzündliche Erkrankungen des Zwerchfells.
Die oben geschilderten, allgemeinen Erscheinungen der Kolik finden sich zwar auch beim Pferde, jedoch treten sie bei diesem viel prägnanter hervor, und steigern sich zuweilen zu einem so hohen Grade, dass sich die Thiere wie rasend benehmen, sich ohne alle und jede Rücksicht auf die Umgebung niederwerfen, sich auf das Heftigste von der einen auf die andere Seite wälzen, überschlagen, bald eine Rückenlage mit angezogenen Beinen, bald eine Bauchlage mit un­tergeschlagenen Ftissen, bald eine Seitenlage mit von sich gestreck­ten Schenkeln annehmen, dann wieder aufspringen, sich krümmen und strecken und selbst aus übergrossem Schmerz in Gegenstände beissen. Dabei ist das Auge feurig, wild, glotzend und das Drän­gen auf den Koth und Urin wird immer heftiger, wobei jedoch nur noch einzelne, stark mit Schleim umhüllte Ballen, später aber blos-ser Schleim hervorgepresst werden; der Bauch ist entweder zusam­mengezogen, die Flanken eingefallen und bei hohen Graden mit reichlichem, kaltem Schweisse bedeckt, oder in anderen Fällen ist derselbe tympanitisch aufgetrieben (Windkolik). Die Fortbewegung der Päcalstoffe geschieht sehr langsam oder ist ganz aufgehoben, was daraus zu erkennen ist, dass selbst bei der Auskultation der Bauchwand das durch die peristaltische Darmbewegung bedingte Geräusch (Kollern) nur sehr wenig oder gar nicht vernommen wird; ist der Bauch tympanitisch aufgetrieben, so geberden sich die Pferde weniger unruhig, sie werfen sich seltener und mit weniger Heftig­keit zu Boden. Bei grosser Unruhe der Thiere, bei starkem Mete-orismus und Lageveränderungen der Gedärme, die die Lungen com-primiren und hiedurch Störungen der Circulation bedingen, wird der Puls mehr weniger beschleunigt, unregehnässig, klein, und dem-gemäss auch erschwertes Athmen, Kälte der Extremitäten, grosse Hinialligkeit wahrgenommen werden.
Roll fügt diesen Erscheinungen noch einige hinzu, die vorzüg­lich jenen desparaten Fällen zukommen sollen, die in Folge orga­nischer oder Lageveränderungen des Magens oder Darmes entste­hen, deren Eintritt aber stets ein Zeichen des herannahenden Todes sein soll, und zwar: das Niederknieen auf die Vorderfüsse bei auf­rechtstehender Nachfand, Brechneigung oder wirkliches Erbrechen, ersteres kann mit Zuversicht als ein Zeichen eingetretener Magen-berstung augesehen werden, letzteres begleitet die Ueberftitterungs-und die durch Bauchfellentzündung bedingte Kolik. Gestrecktes Stehen mit gesenktem Rücken bei Darmeinschiebungen, bei Concre-mentbildungen, Sand und Steinen im Darme (Obturationskolik). Das Niedersetzen auf den Hintertheil bei aufgestellten Vorderfüssen
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Kolik.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;185
nach Art der Hunde, gewöhnlich bei inneren Einklemmungen soll jedoch kein verlässliches, prognostisches Zeichen sein, da man es auch bei Pferden sah, die dennoch genesen, wo also von einer Darmeinklemmung keine Rede gewesen sein konnte.
Der Verlaut' der Kolik ist, wenn auch nach den veranlassen­den Ursachen verschieden, doch immer ein acuter und zeichnet sich besonders durch abwechselnd eintretende grössere Sehmerzant'älle aus, die bei ungünstigem Ausgange zuzunehmen pflegen. Nur' sel­ten zeigen die Thiere in den Intervallen etwas Fresslust, die jedoch durch die bald von neuen auftretenden Schmerzen wieder unter­drückt wird; liegen der Kolik organische Veränderungen der Ein­geweide, oder Magen- und Darmsteine u. s. w. zu Grunde, so kehrt sie nach geringer schädlicher Einwirkung schon öfter und meist so lange wieder, bis die Thiere erliegen.
Bei dem schnellen Verlaufe, welchen die Kolik nimmt, ist denn auch ihre Dauer nur kurz: gewöhnlich erstreckt sie sich aber nur auf wenige Stunden, selten hält sie einen Tag an und noch seltener überschreitet sie diese Zeit, ohne sich zu entscheiden. Bei Rindern verläuft die Krankheit im Allgemeinen weniger rasch, als bei ande­ren Thieren, insbesondere bei Pferden, bei welchen der Verlauf immer ein rapider ist.
Die Kolik endet entweder mit Genesung, (die Krampf- rheu­matische Koliken, dann die leichten Grade der Wind-, Ueberfütte-rungs- und Verstopfungskoliken, die Wurmkolik) oder mit dem Tode, welcher jedoch nicht immer unmittelbar, sondern oft erst er­folgt, nachdem sich andere, aus der Kolik hervorgegangene Folge­krankheiten entwickelt haben.
Der direct (bei der Windkolik nicht selten) erfolgende Tod ist gewöhnlich, wie bei der Tympanitis des Rindes, apoplektischer Art und tritt unter Zunahme des Umfanges des Bauches, gekrümm­ter Stellung mit gesenktem Kopfe, vergeblichen Drängen zur Urin-und Kothentleeruug, beschleunigtem Pulse und schwerem Athmen ein. In einzelnen Fällen soll die Kolik, ohne dass Apoplexie oder Darmentzündung eingetreten ist, durch eine eigenthümliche Beschaf­fenheit des Blutes tödtlich werden (?).
Am häufigsten wird der tödtliche Ausgang durch den Ueber-gang in Darmentzündung eingeleitet, diese gibt sich im Allgemei­nen durch das Vorhandensein von Fieber, besonders aber durch Röthe und Trockenheit der Schleimhäute, den bei höherem Grade beschleunigten kleinen Puls, die oft sehr kurze Respiration, (das Gefühl von Hitze beim Greifen mit der Hand in das Maul und in den Mastdarm) durch Kälte an den extremen Körpertheilen, dem gespannten Bauch etc. zu erkennen, zu welchem Symptomcncom-plex sich bei herannahendem Tode noch klebrige, kalte Schwcisse an einzelnen Körpertheilen, schaumige Lippen hinzugesellen.
Nicht selten wird der lethale Ausgang auch bei Pferden durch eine Berstung des Magens, seltener des Darms und dadurch her­vorgerufene Peritonitis veraulasst. Die Ruptur des Magens entsteht
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IQQnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten des Magens und Darmcanals.
gewöhnlich, wenn Ueberftttterung die Ursache der Kolik ist, nnd findet meistens der Länge nach an der weniger reichlich mit Mus­kelfasern versehenen grossen Krümmung wahrscheinlich in der Weise statt, dass zunächst die Muskel- und seröse Haut zerreissen, worauf sich die Schleimhaut ausbentelt und demnächst (durch den Druck der anderen Eingeweide und die Bauchwand, so wie durch den Mageninhalt selbst) ebenfalls platzt. In seltenen Fällen zer­reist der Magen an einer anderen Stelle.
Zerreissungen des Darmes finden zumeist noch am Dickdarm statt, theils, wiewohl selten, nach nbermässigen Luftansammlnngen, theib Skch organischen Veränderungen des Darmes, bei vorhan­denen Steinen, die durch Druck Verschwärung veranlassen und führen, unter fast gleichen Erscheinungen, mit Ausnahme des Wür-gens nnd Erbrechens, wie die Magenzerreissungen, zum Tode.
Behandlung. Da in den wenigsten Fällen die veranlassende Ursache sofort bekannt ist, und ans den Symptomen nicht immer sogleich die Art der Kolik bestimmt werden kann, so muss man der grossen Schmerzliaftigkcit im Allgemeinen zuerst entgegen wirken, und zwar durch Assa foetida (drachmas dnas) mit Chamil-len und Althaeawurzel ana uncias duas, Glaubersalz nncias sex, indem man eine oder einige Dosen dieser Arznei den Pferden (jedesmal 4 Loth) mit lauem Wasser als Einguss in Zwischen­zeiten von 'z, — 1 Stunde reicht, dem bei heftigen Schmerzens-äusserungen noch 1 Scrupel Bilsenkrautextract zugesetzt wird; Kly-stiere aus Chamillen und Leinsamen, oder aus Kochsalz und ge­schabter oder schwarzer Seife mit der nöthigen Menge warmen Wassers, oder mit reinen frischen Wasser applicirt, sind bei gros­ser Untliätigkeit des Darmcanals, bei Anschoppungen, oder wenn schon ein entzündlicher Zustand sich vorfindet, die souveränsten Mit­tel bei der Kolik, nur soll ihnen immer eine genaue Untersuchung des Mastdarmes und das Herausbefördern der daselbst befindlichen Fäealstotfe vorausgehen, wodurch man sich nicht nur die möglich­ste Gewissheit von dem Zustande des Mastdarmes und seines In­haltes zu verschaffen im Stande ist, sondern aucii das Vordringen des Klystiers und die energische Contraction des Mastdarms fördert.
Uebrigens muss man die Leidenden, wenn sie nicht zu matt sind, um das Wälzen so viel als möglich zu verhindern, weil es die Lageveränderungen des Darmes zu begünstigen scheint, her­umführen, oder sie im entgegengesetzten Falle auf eine gute weiche Streu legen lassen. Bei diesem Verfahren wird über­haupt in den meisten Fällen die Krampf- und Wurmkolik be­seitigt werden können. Nur in einzelnen hartnäckigen Fällen sind bei ersterer noch salpetersaures Wismuth, Opium u. dgl., bei letzte­rer die entsprechenden Anthelmintica nothwendig. Bei der rheu­matischen und Windkolik sind ferner Eingüsse von schwarzem Kaüee, Chamillen dice etc. am Platze, sowie starke Frottirungen des Körpers mit Strohwischen, nach vorhergegangener Bespritzung mit Terpentinöl und Kampfergeist. Wenn bei der Windkolik der Bauch
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Kolik.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 187
sehr stark gespannt ist, so kann auch der Troikartstieh in Anwen­dung gezogen werden. Bei der üeberfiitterungs- und Ver­stopfungskolik ist der Gebrauch der Aloe mit kohlensaurem Natron, oder mit Calomel, oder ein Gemisch von Brechweinstein 5/S, mit Enzian und Althaea ana ^jj und Glaubersalz libram am Platze: bei Schweinen und Hunden wird ein Int'usum von Sennes­blättern mit einem purgirenden Salze in Form einer Emulsion von Nutzen sein. Die Schwefelleber ist dann angezeigt, wenn schlechte Verdauung vorhanden, 'starke Gasentwicklung sich vorfindet und zugleich die Zunge dick und schmutziggelb belegt und ein süss-lich-fauliger Geruch aus dem Maule bemerkbar ist. Dabei sind abführende Klystiere, sogar Tabaksrauch und Tabakklystiere nöthig, so wie selbst die Entfernung erreichbarer Kothballen dmch die in den Mastdarm eingeführte Hand. Gegen die Blei- und jede andere durch scharfe Arzneien und giftige Substanzen hervorgerufene Ko­lik gebraucht man bei Fleischfressern Brechmittel, besonders aber den schwefelsauren Zink: im Allgemeinen schleimige und fettige Mittel, Glaubersalz, Bittersalz, gereinigten Schwefel, nach Um­ständen das Crotonöl; bei heftigen Schmerzen Opium, auch wohl Klystiere. Begleitet die Kolik den Typhus, die Ruhr, die Folli-cidarentzündung der Darmschleimhaut, (Zustände wo die Kolik mit Diarrhöe einherschreitet,) sind schleimige Eingüsse, kalte Kly­stiere, der Höllenstein, Bleizueker indicirt.
Jede Form der Kolik aber, die eine Darmentzündung in ihr Geleite zu ziehen droht, fordert ausserdem noch den Aderlass (?). Bei eintretender Genesung ist nicht sofort der Hunger zu befriedigen; wohl aber ist die massige Aufnahme etwas überschlagenen Wassers während und nach einem Anfalle heilsam.
Das hohe Aufbinden der an Kolik leidenden Pferde, die ihre Unruhe steigert, zu Beschädigung der Thiere Veranlassung gibt, ist ebenso schädlich und verwerflich, wie der innere Gebrauch star­ker Reizmittel, des Terpentinöls, des Weingeistes, des Steinöls u. s. w.
Die Sektiousbefunde leichter, mit Genesung endender Kolik­anfälle sind uns natürlich noch unbekannt, die pathologischen Ver­änderungen der schweren tödtlichen Form sind hinreichend aus dem, was wir über die Ursachen und den Verlauf der Kolik erör­terten, ersichtlich.
Prognose. Die Kolik gehört bei-ihrer Häufigkeit und gros-sen Lebensgefährlichkeit unstreitig zu den schwersten Krankheiten der Pferde. Die Vorhersage ist daher im Anfange des Leidens immer nur zweifelhaft zu stellen, da jede noch so gelinde auftre­tende Kolik derart an Intensität zunehmen kann, dass sie das Leben des Thieres im höchsten Grade gefährdet.
Bevor nicht reichliche Darmentleernngen erfolgen, ist die Heilung der Kolik nicht gesichert: die grössere oder geniigere Ge­fahr hängt auch vom Fieber ab, so lange die Kolik fieberlos be­steht, ist die Prognose günstiger, mit dem Eintritte desselben stei-
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Krankheiten des Magens und Darmcanals.
gert sich die Gefahr, weil es entzündliche Zustände der Därme vernmthen lässt. Kollern deutet im Allgemeinen auf einen glück­lichen Ausgang, weil ihm Kothentleerungen und Flatus zu folgen pflegen. L'ageverändernugen, Verwicklungen, Ineinanderschiehun-gen und Texturkrankheiten der Därme, wenn sie aus anderen Er-scheinangen während des Lebens erkannt werden, was in der Regel auf kaum zn überwindende Schwierigkeiten stösst, lassen nur eine ungünstige Prognose zu. Aufblähen, Würgen, wirkliches Erbrechen sind meistens Vorläufer des nahen Todes.
Die Kolik, die zur Ruhr, zum typhösen Prozess, zur Bauch­fellentzündung etc. tritt, verschlimmert auch die Prognose dieser Krankheiten, weil die hiedurch veranlasste Aufregung der Thiere das Leiden nur fördert.
Die Kolik der Wiederkäuer und Schweine tritt fast unter denselben Erscheinungen auf, nur sind sie nicht so ausgeprägt wie bei den Pferden; wegen der geringeren Empfindlichkeit der Darmschleimhaut und wegen der seltenen Lageveränderungen ihrer Gedärme ist die Kolik auch nicht so häufig bei diesen Thieren. Zu den äusseren Schädlichkeiten zählen vorzüglich Erkältung der Haut, Ueberfüftcrung, verdorbenes, schwerverdauliches Futter, zu den In­nern insbesondere der sogenannte Ueberwurf der Ochsen (innere Hernie), der, wenn die Reposition nicht gelingt, eine tödtende Kolik verursacht; im Allgemeinen ist der Ausgang in Genesung viel häu­figer, die Prognose günstiger als bei Pferden. Die Behandlung un­terscheidet sich nur wenig von der Kolik der Pferde, jedoch ver­tragen Rinder Reizmittel besser als letztere, weshalb stärkere aro­matische Aufgüsse von Chamillen, Pfeftermünzkraut mit salinischen Purganzen und selbst einem Zusatz von Weingeist verordnet wer­den können, selbstverständlich wird auch bei diesen Thieren (eine entsprechende äussere Behandlung (Frottirungen, Klystiere u. s. w.) nothwendig und erspriesslich sein.
Die Kolik der Hunde
äussert sich auf folgende Weise: Die Hunde fangen plötzlich an, unruhig zu werden, hin und her zu laufen und ihr Lager zu wech­seln, zu winseln; sie sehen sich dabei oft nach dem Leibe um, beissen auch zuweilen nach der einen Seite des Leibes, krümmen sich dann zusammen und legen sich vorsichtig nieder, liegen jedoch nicht lange auf einem Orte. Dies Benehmen wechselt mit ruhigen, längere oder kürzere Zeit dauernden Intervallen. Dabei wird der Blick ängstlich, die Temperatur wechselt, in der Regel ist Puls und Athem ganz normal. Der Appetit ist unterdrückt, der Durst gering, Koth und Urin werden nur in kleiner/Quantitäten oder gar nicht abgesetzt. Dieser Zustand, der einige Aehnlichkeit mit der Magen-Darmentzündung und der Bauchfellentzündung bat, unterscheidet sich von diesen Krankheiten dadurch, dass bei der Kolik das Thier in der Regel fieberlos, das Maul feucht ist und die Schleimhäute blass nicht
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Kolik.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;189
geröthet sind, auch die Temperatur nicht andauernd erhöht ist. Ausser-dem aber machen sich in den einzelnen Fällen, je nach den Ursachen der Kolik, die dieselben sind, wie wir sie bei den Pferden ange­geben haben, wohl auch noch besondere Unterschiede bemerkbar. In den meisten Fällen entsteht die Kolik bei den Hunden durch Erkältung und die hiedurch bedingte zu starke Zusauimeuschnüruug der Kreistasern der Muskelhaut des Darmcanals; Koliken in Folge von Lageveränderungen und Texturerkrankungen der Gedärme sind höchst selten, üesshalb ist die Krankheit zumeist leicht heilbar und von kurzer Uauer.
Behandlung. Die Krampfkolik erford ert Aufgüsse von Cha-millenthee, je nach der Heftigkeit mit (5—15 Tropfen) Opiuintinctur, Bilsenkraut- oderBelladouuaextract; nützlich ist auch das Bdsenkraut-oel (gekochtes Bilsenkrautol, Mohnöl, von jedem 1 Loth 3 —4mal des Tages einen Kaffeelöffel voll zu geben). Einreibungen von Kampfer­spiritus, Salmiakgeist in die Haut des Bauches. Bei Darmsteineu wer­den schleimige Mittel, Oele, zuweilen in Verbindung mit Calomel (Gummi Arab, ein Lotli, Wasser und Leinöl t Loth und (3 Gran, Calo­mel nach der Grosse desHuudes auf 2 oder omal zu nehmen) am Platze sein; zugleich sind schleimigeKlystiere wiederholt zu appliciren. Bei entzündlicher Reizung ist wie bei der Darmentzündung zu verfahren und zuweilen sogar ein Aderlass nöthig; auch versucht man warmem Baum- oder Leinöl mit Opium oder dem wässrigen Extract der Krähenaugen {x\i—\ Gran pro dosi). Die Verstoptung des hinteren Endes des Blind- und Mastdarmes durch Kothmassen Knochenstücke, die durch Trägheit des Darmcanales oder einen übermässigen Ge-nuss unverdaulicher Knochenstücke bedingt ist, sucht man durch salzige und ölige Ecoprotica, Glaubersalz, mit arabischem Gummi, Baum- und Leinöl, oder durch Ricinusöl ('2 —1 Lotli) zu beheben; auch Klystiere von lauwarmen Öeifenvvasser in grossen Quantitäten sind nützlich, ebenso entfernt man mittelst eines Thecloffels oder eines ähnlichen Instrumentes aus dem Mastdarme oft mit grossem Vortheilc die Excremente; nach jeder solchen Manipulation werden die Klystiere so lange wiederholt, bis weiche Stuhlentleerangen er­folgen. Die Kolik, die von einer auffallenden Aufblähung des Leibes begleitet ist, ist entweder durch eine partielle Verstopfung des Darmcanales oder durch unverdauliche Futterstoffe bedingt. Im ersten Falle werden die Gase im Darm zurückgehalten, im letz­teren entwickeln sie sich in ungewöhnlicher Menge. Die Unterschei­dung dieser beiden Zustände während des Kolikparoxysmus hat grosse Schwierigkeiten, aber der Meteorismus selbst ist ein so gefähr­licher und das Thier quälender Zustand, dass es die Pflicht des Thierarztes bleibt, zunächst gegen diesen die Behandlung zu rich­ten, desshalb verordnet man die Absorbentia als: eine Lösung von Schwefelleber (2 — 10 Gran in V-z — Unc. Wasser) Kalkwasser ('/z—2 Unc. pro dosi) oder die gebrannte Magnesia (10—20 Gran) in einem aromatischen Aufgusse. Sind die Hunde schwach, hin­fällig, der Puls klein, so wird man auch vom Salmiakgeist, Schwefel-
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Krankheiten des Magens und Darmcanals.
äther (10—20 Gran in einer Uno. Wasser) Gebrauch machen dür­fen: gleichzeitig können mit Nutzen Seifenwasserklystiere Friktionen des Leibes mit trockenen oder mit einem mit Ammoniak-Liuiment beleuchteten Flanell-Lappen in Anwendung kommen. Wir lassen hier einige Formeln folgen.
Bei Krampfkolik: Rp. Aq. chamomil. ^viij. Tinct. opii simpl. 5i- Liquor, anodyu mineral. Hotfmanui 3ij- Nimm: Oha-millenwasser KJ Loth. Opiumtiuctur 1 Quent. Hoffmanns Tropfen 2 Quent.. Mische und gieb es auf einmal.
Rp. Tinct. as foetid. Jj. Tinct. aruic. 5vj. Tinct. aloes |j5. Tinct. opii simpl. jij- ^iq- ammon. caustic. 5j- Nimm: ötinkasand-tinctur 2 Loth. Arnicatinctur 6 Quent. Aloetitictur 1 Loth. Opium­tiuctur 2 Quent. Salmiakgeist 1 Quent. Mische, gieb und bezeichne: Auf zweimal innerhalb einer Stunde, jede Gabe mit '/jj Nösel Was­ser verdünnt, zu geben.
Rp. Inf. flor. chamomillae, ex. drachm, diiabus parati unc. tres. D. S. Jede halbe Stunde 1—2 Esslöffel voll zu geben. Nimm: Des aus Camillenblumen ('^ Loth) bereiteten Aufgusses (3 Loth.
Kp. Tinct. chamomillae, drachm, uuam. U. S. 5—lü Tropfen alle halbe Stunde z. u.
Kp. Olei hyosciami coct. olei papav. albi ana. uuciam semis Nimm: Gekochtes Eilsenkrautöl, Mohnöl von jedem 1 Loth. M. D. S. 3—4mal des Tages einen Kaffeelöffel voll z. g.
Kp. Aether sulphuric. 3|5 —3v. 01. lini Pfd. [J. M. D. S. Auf einmal zu geben. Nimm: Schwcfeläther '/jLth.—5 Qu. Leinöl ll2 Pfd. Mische, gieb und bezeichne: Auf einmal zu geben. An­statt des Leinöls werden auch Leinsamcnschleime gebraucht.
Bei Auftreibung des Bauches durch Gase:
Rp. Kali sulphurat. 3ij—|ß. Natr. sulphuric, lib. ji. M. f. pulvis. D. S. Aut zweimal innerhalb einer Stunde. Nimm: Schwe­felleber 2 Quent — I Lth. Glaubersalz '/s PW- Mache es zu Pulver, gieb und bezeichne: Auf zweimal innerhalb einer Stunde. Dabei kalte Klystiere, bei Eiitzündungssymptomen: Ein Aderlass.
Bei Verstopfungskolik:
Rp. Extr. aloes aquos. gij. D. S. Mit Wasser, auf viermal in drei Stunden. Nimm: Wässerigen Aloeextract 4 Lth. Gieb und bezeichne: Mit Wasser,.auf viermal in drei Stunden.
In der Dorpater Klinik wird gegen Kolik, ausser den be­kannten äusseren Mitteln (Einreibung von Terpentinöl) fast aus-schliesslich und mit gutem Erfolge 1—1'/a Pfd. Bierhefe angewendet. Bei Verstopfung des Rindviehs rühmt Borgmann als vorzügliches Hausmittel: Buttermilch, 1 Quart auf einmal und in kurzen Zwischenräumen zu geben.
4quot;) Die Lecksucht, Schleksucht, das Nagen der Kühe.
Man versteht hierunter eine krankhafte Gier, die verschie­denartigsten und besonders salzige Substanzen zu belecken. Diese Begierde alkalisch reagirende Stoffe aufzunehmen, nämlich das
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Lecksucht.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 191
Mauerwerk zu belecken, mit faulendem Harn verunreinigtes Stroh zu fressen etc., scheint darzuthun, dass im Magen eine übermäs-sige Säurebildung stattfinde, die die Thiere instiuktmässig zwingt, säuretilgende Dinge zu belecken und zu fressen. Im weitereu Ver­laufe steigert sich das Ucbel aber derart, dass die Kühe kalk-und thonhaltige Substanzen, Mauerschutt, Ziegelstiicke, Scherben, vermoderte Holzstücke, Lumpen, Excremente und sogar die Mist­jauche mit Gier verzehren, dagegen eine gesunde Nahrung, gutes Trinkwasser verschmähen. Dieses Uebel führt allmähiig zur Kno-chenbrüchigkeit, zur äussersten Abmagerung und einem cachecti-schen Zustand, dem die Thiere oft nach Monaten oder einem Jahre langer Dauer erliegen. Es wird nur beim Rindvieh (häufig milchergiebigen Kühen) selten in epi- oder euzootischer Verbreitung zunächst aut einzelne Stücke oder ganze Ställe beschränkt, beob­achtet. Bei Schafen, die sich in unreinen Stallungen aufhalten oder saures, nasses, kraftloses Futter bekommen, verräth sich diese Krankheit durch die Gier zum WolJefressen.
Die äusseren Veranlassungen der Lecksucht scheinen Cala-mitäten der Fütterung und des Weideganges, saures, verschlemm-tes Heu oder Gras, Futtermangel, Unreinlichkeit des Stalles, häu­figes Salzlecken zu sein. Die Prognose ist anfangs, falls die schädlichen Einflüsse entfernt werden können, günstig, später aber bei bereits eingetretener Oachexie im hohen Grade ungünstig. Die Section ergiebt ausser den Zeichen der Anämie, des Muskel- und Fettschwundes, zuweilen der Knocheubrüchigkeit keine weiteren Anhaltspunkte im Dauungstracte.
Die Behandlung erfordert vor Allem die Entfernung der Ur­sachen, Wechsel der Lokalitäten; für den innerlichen Gebrauch empfiehlt sich das Kochsalz (zu mehreren Lothen) mit bitteren Arzneistoffen, Calmus, Angelica u. s. w. in Verbindung mit Eisen­vitriol, Alaun; später die säuretilgenden Mittel, Kalkwasser zu einigen Maass des Tages auf mehrere Gaben, die Pottasche mit bitteren oder brenzlichen Mitteln, z. B. Hirschliornöl; Pfeifer rühmt Ebur ustum mit Enzian. Ry ebner die Jodtinctur zu 50—100 Tropfen pro dosi, mehrmals des Tages.
Bei vorgeschrittener Krankheit dürfte es am zweckmässigsten sein, die Thiere zu schlachten.
5) Magen- und Darmblutung, Gastrorrhagia, Enterar-
rbagia.
Die Ursachen der Magen- und Darmblutungen sind sehr man­nigfach. Die Magen- und Darmgefässe können durch ätzende Substanzen (Gifte), durch Verwundungen mittelst rauher, spitziger, fremder Körper durch heftige Erschütterungen in Folge von Trit­ten gegen den Bauch, starke Anstrengungen (Parforce-Jagden etc.), ferner durch um sich greifende Geschwüre wie beim Pferdetyphus, Anthrax bei der Rinderpest, Ruhr etc. verletzt werden und Blutun-
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192nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten des Magens und Darmcanals.
gen in die Magen und Darmhöhle veranlassen. Auch verjauchende Neubildungen, Krebs, Polypen u. s. w. können eine Anätzung der Blutgefässe bedingen und so Blutungen hervorrufen; in anderen Fällen geben Aneurysrnen oder Varices die Ursachen ab, letzteres ist insbesondere bei Hunden der Fall, wo sich durch Berstung vari-cöser Venen des Mastdarmes Mastdarmblutungen (Häminorrhoiden) einstellen: das bei Jagdhunden beobachtete Bluterbrechen dürfte die Folge veränderter Blutmischung sein (?). Roll erwähnt auch der ßremsenlarven, die bei Pferden Verletzungen der Gefässe und so Magenblutungen bewerkstelligen, während die kleinen Bandwür­mer bei Hunden und der Riesenkratzer bei Schweinen die Darm-gefässe verletzen und Blutungen bewirken sollen.
Die Diagnose der Magen- und Darmblutungen ist während des Lebens nur dann möglich, wenn das Blut durchs Maul oder den After entleert wird; die Vorhersage richtet sich nach dem Blut­verluste und den veranlassenden Ursachen. Die Behandlung muss gegen das Grundleiden gerichtet sein, wo wir auch auf sie zurück­kommen werden.
Acuter Katarrh der Magen- und Darmschleimhaut, gastrisches
Fieber, Catarrhus gastricus, intestinalis, I'ebris gastrica, Schleim-
fleber des Rindviehes und der Hunde, Magenseuchc der
Schweine.
Anatomischer Befund. Bei Rindern ist ausschliesslich der Labmagen Sitz des Catarrhs, die bedeutend entwickelten Epithe-lialschichten der drei anderen Mägen schützen sie nämlich gegen die Einwirkung vieler Schädlichkeiten; die Schleimhaut ist mehr weniger intensiv geröthet, geschwellt, von stärker gefüllten Geföss-chen durchzogen und mit zähem, glasig eiterähnlichem Schleim bedeckt, der zuweilen mit Blut untermischt ist. Nicht selten findet man bei Pferden und Rindern die geschwellten Follikel als steck-nadelkopfgrosse Bläschen von einem Gefässkranz umgeben, über die Oberfläche der Magenschleimhaut hervorragen. Bei geringen Graden des Magenkatarrhs ist das submueöse Gewebe meist un­verändert, in höheren von einer trüben, serösen Flüssigkeit ge­tränkt. Dieselben Veränderungen finden sich auch auf der Dünn-und selbst Dickdarmschleimliaut in grösserer und geringerer In-und Extensität, nur ist die Röthe bald mehr auf die Zotten, bald mehr auf die Darmfollikel beschränkt, die ebenso vi^die Magen-schleimhautfollikel verändert erscheinen, auch zeigt die Schleimhaut zuweilen oberflächliche, den Follikeln entsprechende (Foilikular-) Geschwüre; Blutungen in die Substanz der aufgelockerten, leicht zerreisslichen und ablösbaren Schleimhaut werden eben­falls wahrgenommen; die Beyer'sehen Plaques sind erhaben, ge-
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Acuter Magen und Darmcatarrh.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;-^93
schwellt und nicht selten areolirt. Die Schleimhaut ist hier im Beginne mit einem dünnen, später zähen, rahm- oder eiterähnlichen Schleime beschlagen.
Als Ursachen dieser allen Hausthieren in gleichem Verhält­nisse zukommenden, zuweilen eine epizootische Verbreitung erlan­genden Krankheit müssen besonders alle Witterungsverhältnisse hervorgehoben werden, die eine Erkältung der Haut begünstigen, ferner dumpfes, schimmliges, pilzreiches und sonst verunreinigtes Heu, faulende Kartoffel und Runkelrüben, mit Staub und ätzenden Substanzen, (Mineralsäuren, giftigen Metallcompositionen) impräg-nirte Futterstoffe; dann der Genuss scharfstoffiger Pflanzen (Ra­nunkeln Euphorbiaceen) übertriebenes Füttern mit Branntwein­schlempe, zu heisser Siede, die unpassende Anwendung von Arz­neimitteln, Furgirmitteln, Fresspulvern, die Mästung befördernde Mittel, als Arsenik, roher Spiessglanz — endlich zu kaltes und verdorbenes Trinkwasser.
Secundär tritt der acute Magen- und Darmcatarrh bei allen Infectionskraukheiten, dem Pferdetyphus, der Rinderpest, dem An­thrax u. s. w. auf, er complicirt sich nicht selten mit Katarrhen der Luftwege, Pleuritiden und Pneunomien der Pferde.
Symptome. Fieber, vermehrter Durst, Verminderung der Fresslust, Aufhören des Wiederkauens sind diejenigen Erschei­nungen, die schon im Beginne der Krankheit wahrgenommen wer­den. Die Maulschleimhaut ist heiss und meistens mit einem dün­nen Schleim beschlagen; Schweine und Hunde erbrechen unter heftigen Würgen zähen Schleim; die Mistentleerung ist zuerst un­terdrückt, und es werden desshalb nur spärliche trockene , mit dünnen Schleim bedeckte Faeces später bei reichlicher Transsuda-tion in die Magen - und Darmhöhle weicher und lockerer Mist ent­leert; nur selten ist gleich im Beginne der Krankheit Diarrhöe vorhanden. Schmerzhaftigkeit des Hinterleibes fehlt wohl selten, sie kann sich bei Hunden und Pferden bis zur Kolik steigern; bei Wiederkauern findet man den Hinterleib stark aufgebläht, bei min­der heftigen Schmerzen stehen die Thiere mit unter dem Bauch nahe zusammengestellten Füssen, gesenktem Kopfe, sind traurig, ängstlich und unruhig.
Gewöhnlich tritt innerhalb weniger ((5—10) Tagen Genesung ein, oder die Fiebererscheinungen steigern sich, die Hinfälligkeit nimmt zu, es kommt zu excessiver oder blutiger Diarrhöe, in de­ren Folge die Kranken rasch abmagern; bei Pferden wiederholen sich die Kolikanfälle; tritt auf dieser Höhe der Krankheit nicht der Tod ein, so bedürfen die Thiere lange Zeit, um sich vollständig zu erholen, oder der Catarrh wird chronisch, besonders beim Rinde und führt zu andauernden Ernährungsstörungen.
Zuwtilen erscheinen die Schleimhäute des Maules und der Nase, die Bindehaut, die nicht pigmentirte allgemeine Decke mein- oder weniger inten­siv gelb geliirbt, die Zunge ist trocken, mit einem dicken gelben Belege be­schlagen, die Abstumpfung sehr gross; die Fresslast liegt ganz darnieder,
Kraus, Path. u. Therap. der Haussäugethiere.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 13
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X94nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten des Magens und Darmkanals.
das Fieber ist bedeutend, es tritt rasch Verfall der Kräfte ein. Diese Form des acuten Magendarmcaturrhs ist durch eine Hyperämie der Leber bedingt und hiedurch als Gallenfieber bezeichnet worden, sie scheint in Abnormitäten in der Gallenexcretion ihre Ursache zu haben. Die Prognose ist meistens günstig, natürlich muss die Möglichkeit der Entwicklung eines chronischen Zustan-des immer im Auge behalten werden (Roll).
Die Behandlung erfordert zunächst in schweren Fällen ein strenges diätisches Regime, das Futter ist auf das geringste Maass zu beschränken oder gänzlich zu entziehen, zum Getränke ist über-standenes Wasser zu reichen. Difc eigentliche Kur wird bei Hun­den und Schweinen, wo erweislich schlechte oder zuviel Nahrungs­mittel die Krankheit veranlassen, mit einem Brechmittel begon­nen werden, entweder aus Brechweinstein und Ipecacuanha oder bei vorhandenem Durchfall aus Ipecacuanha allein, sonst sind schleimige Substanzen, denen kleine Dosen von Schwefelleber bei­gesetzt werden, letztere besonders bei Pferden, wenn leichte Ko­likschmerzen vorhanden sind, anzuwenden; besteht Leibesversto­pfung, so wird eine Auflösung von Kali oder Natrum sulf., Bitter­salz, das Calomel, milde Oele, beim Durchfall, Silbersalpeter, Blei­zucker, die Krähenaugeu, sowie Klystiere mit Stärkemehlabkochung oder gar kaltem Wasser erfolgreich sein. Bei Hunden ist bei er­schöpfenden Diarrhöen das acid, muriat. dilut. 5—15 Tropfen in Hafergrütze oder Reisschleim pro dosi zu empfehlen. Die Recon-valescenten bedürfen grosser Aufmerksamkeit in Bezug auf die Quantität und Qualität der Nahrungsmittel.
Der chronische Magencatarrh, (Jatarrhus gast, ehr on., Gastritis chronica ist seltener bei Thieren als der acute Magencatarrh und entwickelt sich primär nach mehrmals vorausgegangenen acuten Magencatarrhen am häufigsten bei Pfer­den, die unregelmässig und schlecht gefüttert und dabei unter allen Witterungsverhältnissen übermässig angestrengt werden. Se-eundär tritt er zu Krankheiten des Darmes und anderer Unterleibs­organe. Bei der Autopsie lindctmandieMagenschleimliautinverschie­dener Ausdehnung besonders am Pfürtnertheile verdickt, resisten-ter, ihre Farbe entweder blass oder rothbraun, schieferbraun, ihre Oberfläche mit einem zähen granweissen, mit abgestossenen Cy-linderepitheiien vermischten puriformen Schleime bedeckt. Bei höheren Graden der Verdickung der Schleimhaut zeigt diese eine drusige oder warzige Oberfläche (Surface mamelonee) oder sie ist in zahlreiche, leistenartige Falten gelegt. Manchmal entstehen selbst polypöse Wucherungen, zuweilen besonders in der Umge­bung des Pförtners, Anschwellungen der Magenfollikel, Erosionen und Folliculargeschwiire. Nicht selten nimmt das submueöse Ge­webe und selbst die Muskelhaut an der Verdickung Antheil, und verleiht der Magenwand eine auffallende Resistenz und Dicke.
Das wichtigste und constanteste Symptom s'nd die Verdau­ungsstörungen, die, wenn die Texturveränderungen der Magen­schleimhaut so weit gediehen sind, dass zahlreiche Labdrüsen durch
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Chronischer Magencatarrh.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;195
Schwund zu Grunde gingen und der iibermässig gesammelte Schleim den Contact der Nahrungsmittel mit den Magenwäudcn bindert, zur Abmagerung und zur Cachexie führen; bei Pferden werden häufig Kolikanfälle beobachtet. Stuhlvcrstopfung fehlt selten, es werden nur spärlich grossgeballte, blasse mit unverdauten Futterresten vermengte, übelriechende Fäkalmassen entleert; zeitweise werden auch Fiebererscheiuuugen wahrgenommen. Ler Verlauf der Krank­heit ist meist ein langwieriger, der in der Intensität der Symptome bedeutende Schwankungen zeigt, nicht selten sind Eecidive, oder es stellen sich selbst acute Exacerbationcn ein.
Die Prognose richtet sich nach dem Grade der Krankheit; leichte Fälle können allenfalls, wenn die causaieu Ursachen ent­fernt, der Wartung und Fütterung die grösste Aufmerksamkeit ge­schenkt werden kann, was freilich nur selten durchzuführen ist, geheilt werden; haben aber bereits bedeutende Texturveränderun­gen der Magenschleimhaut Platz gegriffen, so ist die Prognose sehr ungünstig. In therapeutischer Beziehung passt der Salmiak in Verbindung mit aromatischen und bitteren Mitteln, die Nux vo-mica, kleine Gaben von Koch-, Bitter- oder Glaubersalz.
Nach manchen Verclauuugsleiden entwickelt sich zuweilen unter immer auffälliger hervortretenden Erscheinungen, namentlich mehr oder weniger unterdrücktem Mistabsatze und aufgehobenem Wie­derkauen die sogenannte chronische Unverdaulichkeit oder Löse­verstopfung und verläuft unter mannigfachen Schwankungen der wichtigsten Symptome des Aufblähens (Hervortreibung der linken Flankengegend) und der Verstopfung nämlich, welche oft mit Durchfall wechselt, stets sehr langsam. Die Dauer kann sich, wenn nicht zeitig durch eine zweckmässige Behandlung dem Leiden Einhalt getlian wird, auf Monate erstrekeu; es endet entweder mit dem Eiutriite der Genesung durch allmähliges Hervortreten des Wiederkauens und der Mistentleerung oder mit dem Uebergange in chronische Magendarmeutzündung, und durch diese gewöhnlich mit dem Tode. Als anatomische Kennzeichen der Unverdaulichkeit werden ausser der Ausdehnung der Magen-, (insbesondere des Pansens) und Darmwandungen durch die aus den Futterstoffen entbundenen Gase (Kohlenwasserstoff, Schwefelwasserstoff und koh­lensaures Gas) Ueberfülbxng der drei ersten Magen durch ausge­trocknete feste Futtermassen, wobei die Schleirabaut geröthet und leicht ablösbar ist, zu bemerken sein; diese Veränderungen sind jedoch keineswegs als eine Eigenthümlichkeit des Krankheitszu­standes zu betrachten, sondern als ein Ergebniss aller derjenigen Krankheitszustände, in welchen die Verdaumigsthätigkeitdaruiederlag.
Ursachen. Namentlich sind es gehaltlose kleisterige, oder verdorbene, bereifte oder gefrorene Nahrungsmittel, welche durch ihre anhaltende Darreichung, Ueberfüllung der drei ersten Magen durch geschwächte Verdauungsthätigkeit das Uebel zu veranlassen vermögen; ebenso wird es durch trockene Futterstoffe, namentlich des Ackerheues, und insbesondere des Kaffs, bei unzureichendem
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^96nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten des Magens und Darmcanals.
Getränke in einzelnen Fällen auch in Folge des Genusses von vollständig unverdaulichen Substanzen (Leder, Haaren) hervorgeru­fen. Endlieh vermag auch die Unterbrechung des Widerkäuens, wenn zugleich nicht die nöthige Futterzeit und Ruhe zum Wider­käuen gegönnt wird, die Veranlassung zur Ausbildung der Unver-daulichkeit abzugeben.
Bei Pferden besteht das Uebel in einer Anhäufung der Nah­rungsmittel in den Verdauungswegen, gestaltet sich jedoch, nie so, wie wir es vom Rinde geschildert haben, da es überhaupt nur als eine durch die eigenthümliche Structur des Verdauungs­apparates bei Wiederkäuern bedingte Modification eines gastrischen Zustandes zu betrachten ist.
Die Kur der chronischen Unverdaulichkeit erfordert eine strenge Diät; solange sich das Wiederkauen noch nicht eingestellt hat, ist die Entziehung der Nahrung nothwendig und eine allmäh-lige Darreichung von leicht verdaulichen Substanzen gestattet. Von den Arzneien bedient mau sich der abführenden Salze oder der weissen Nieswurzel zu 1—2 5 in einem aromatischen Infusum, — (wodurch nicht selten Erbrechen bewirkt wird) oder unter Zusatz von (3ß—j) Brechweinstein; insbesondere findet aber dieSaksäure (nach Meyer) zu 4 Unzen mit 6 Unzen Alcohol und 8 Unzen Wasser auf 4 mal gegeben oder '/., Unze in einem aromatischen Infusum Anwendung; auch Calomel in Pillenform und schleimige ölige Eingüsse werden empfohlen (Roll). Bei jeder der angege­benen Behandlungsmethoden ist jedoch eine warme Bedeckung, Frottiren und Strigeln der Haut, sowie auch Application von Kly-stieren erforderlich. Die Operation des Panseustiches ist nur bei heftigerem Aufblähen und Ueberfüllung des Pansens anzurathen, nachdem früher die absorbirenden Mittel (siehe Blähsucht) vergeb­lich versucht wurden. Die Nachbehandlung der von der Unverdau­lichkeit genesenen Thiere erfordert noch für längere Zeit eine diätetische Pflege und Fütterung mit leicht verdaulichen Substanzen, von denen man allmählig zur gewöhnlichen Nahrung übergeht.
Der chronische Darmcatarrh, Catarrhus intestinalis
Chronicus.
Anatomischer Character. Beim chronischen Darmca­tarrh zeigt die Schleimhaut eine mehr düstere, livide, ins Schiefer­graue fallende oder grau pigmentirte Farbe, sie ist verdickt, ge-wulstet, in plumpe, quere Falten gelegt, die Follikel, manchmal auch die Darmzotten geschwellt und hypertrophisch. Die Schleim­haut ist von einem reichlichen grauen oder gelben eiterartigen, zuweilen rahmähnlichen, zu Klumpen zusammengeballten Epith^Kum und neugebildete Zellen enthaltenden Secret bedeckt; manchmal finden sich auf ihr polypöse Excresceuzen, nicht selten sind alle Häute verdickt und hypertrophisch, und dadurch die Darmhöhle verengt. Am Intentsivsten sah Roll die graue Pigmentirung der nicht verdickten, eher atrophischen Darmschleimbaut bei Rindern,
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Chronischer Darrncatarrh.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; j97
besonders im Zwölffingerdarme. Die Peyer'schen Drüsen sind dann bei dieser Thiergattnng, sowie auch beim Pferde in der Re­gel areolirt.' Unter den Dickdärmen ist es bei Pferden und Rin­dern insbesondere der Blind - und Grimmdarm, bei Hunden der Grimmdarm, nur selten der Mastdarm, der von chroniscliem Ca-tarrli befallen wird. Die von gescblängclten Gelassen reichlich durchzogene Schleimhaut dieser Theile zeigt ausser den obenbe­zeichneten Characteren eine ungewöhnliche Morschheit und Zer-reisslichkeit; das Darmrohr ist durch übelriechende breiige Faecal-stoffe ausgedehnt, die Follikel verhalten sich so, wie wir sie beim acuten Darrncatarrh geschildert haben. Manchmal werden sie durch den Eiterungsprocess zerstört: es bilden sich kleine hanf-korn- bis linsengrosse, bis auf das submueöse Bindegewebe drin­gende (Follicular-) Geschwüre, welche scharfe, unterminirte Rän­der und einen mit Eiter gefüllten Grund haben. Fliessen diese Geschwüre bei ihrem Umsichgreifen zusammen, so bilden sich grosse durch Schleimhautbrücken von einander getrennte Geschwürs­flächen; diese geschwürige Zerstörung übergreift bald auf die Mns-kelhaut und führt entweder an einer oder mehreren Stellen zur Perforation der Darmwand, wodurch allgemeine oder umschriebene meist tödtliche Bauchfellentzündung herbeigeführt wird, oder der Process heilt häufig mit Hinterlassung einer leicht deprimirten Narbe auf der Schleimhaut, wie man sie bei Pferden oft im Grimm­darme antrifft.
Der chronische Darrncatarrh ist entweder ursprünglich als sol-solcher entstanden, oder er entwickelt sich aus dem acuten, be­sonders wenn derselbe öfters reeidivirt; er ist ebenso wie der acute entweder eine idiopathische oder eine seeundäre und symp­tomatische Krankheitsform und alle Ursachen, die für diesen an­geführt wurden, können bei längerer Dauer derselben oder wegen individueller Verhältnisse und vorausgegangenen Erkrankungen der Schleimhaut zur Entstehung des ersteren führen. Der Darm derart kranker Thiere, sagt Roll, bietet die passendste Wohnstätte für Helminthen, welche den vorhandenen Kraukheitszustand wieder steigern können. Junge und sehr alte Thiere disponiren am mei­sten zu diesem Leiden, das sehr häufig im Dünn- und Dickdarme der Pferde und im Dünndarme der Hunde gefunden wird. •nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Die Symptome sind ganz analog jenen, die wir beim chroni-
schen Magencatarrh geschildert haben, hartnäckige Durchfälle ab­wechselnd mit Verstopfung, Kolikanfällen und Auftreibuug des Hin­terleibes werden dann wahrgenommen, wenn es zur Follicularver-schwärung gekommen ist; in diesem Falle ist auch die Prognose ungünstiger zu stellen, weil sie leicht zum Verfall der Kräfte, Ab­magerung und durch Perforation zum Tode führen kann. Auch die Behandlung ist von der des chronischen Magencatarrhes, und bei acuten Exacerbationcn von jener des acuten Darmcatarrhes wenig unterschieden.
Chronische Follicularverschwärungen erfordern schleimige Mittel
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Krunkhciten des Magens und Darmcanals.
und eben solche Klystiere; herbe Pflanzenstoffe, Abkochungen von Eichen-, oder nach Roll's Erfahrung besser von Weidenrinde, Gall­äpfeln, Tornicntilhvurzel, adstringirende Mineralpräparate, Eisen­vitriol, roher Alann, Silbersalpeter, Bleizucker u. s. w., bei man­chen hartnäckigen Durchfallen leisten die Nux vomica gute Dienste. Klystire von kaltem Wasser oder von Stärkemehlabkochungen sind hier am Platze. Intercurrirende Koliken werden auf die bekannte Weise behandelt.
Die Lämmerruhr, Darmseuche, Dptimentzündung, Ruhr der Säuglinge, Dysscnteria neonatorum.
Es ist dies ein ausgebreiteter aenter Magen- und Darmcatarrh oder Darmcroup, der bei Lämmern gewöhnlich seuchenartig, bei Ferkeln und Kälbern meist sporadisch vorkommt und wegen der grossen Verheerungen, die er gewöhnlich anrichtet, zu den gefähr­lichsten Krankheiten der Säuglinge zählt.
Sections-Ergebnisse. Die Cadaver sind stark abgema­gert, der Mastdarm ist bei Kälbern hervorgetrieben; im Labmagen und Darmcanal finden sich constant schwer zerdrückbare, übelrie­chende mehr oder weniger grosse Klumpen geronnener Milch; an jenen Stellen, wo diese Klumpen haftend gefunden werden, ist die Schleimhaut intensiv dunkelroth, mürbe, leicht zerreisslieh. Dasselbe wird auch im Dickdarme wahrgenommen, wo die erwähnten Käse­klumpen in einer molkenartigen Flüssigkeit snspendirt sind; oft findet man blutige Infiltration und Anschwellung der solitären Darmfollikel und Peyer'sclieu Drüsenplaques, die zuweilen mit dicken croupösen Gerinnungen belegt sind oder mit bräunlichen Schorfen bedeckte Geschwüre auf der Darmschleimhaut bilden. Die Gekrösdrüsen und die Leber sind angeschwollen, die Gallen­blase durch mehr weniger dickliche Galle ausgedehnt; das in den Venen angesammelte Blut hat eine dunkle Beschafl'enheit.
Aetiologie. Bei der Entstehung der Ruhr der jungen Thiere infhuren mannigfache Momente, besonders ist es aber eine angeborene Anlage, aus der das Uebel selbst bei möglich­ster Abwendung der Gelegenheitsnrsachen hervorzugehen pflegt. Spinola meint, der hauptsächlichste Grund derselben sei in den Maximen der neuereu Züchtung zu suchen, in dem in grösseren Wirthschaften beliebt gewordenen Verfahren der Kreuzung durch Einführung besseren Viehes, weil da, wo die Krankheit vorkömmt, oft beobachtet wird, dass die von verkümmerten, schlecht gepfleg­ten, einheimischen Kühen gefallenen und überhaupt die von alten, magern Thieren stammenden, schwächlichen Kälber und ebenso auch solche Lämmer — in der Regel von dem Uebel verschont bleiben, während die schönsten und bei der Geburt das gesundeste Aus­sehen besitzenden Thiere vorzugsweise davon ergriffen werden.
Uebrigens werden besonders solche Ställe, die die Säuglinge gegen Kälte, Nässe, Zugluft nicht hinreichend schützen, als die
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Die Lämmerruhr.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 199
wichtigsten Ursachen angegeben, auch Verkühlungen der Läm­mer zur Winterszeit durch das Saugen an dem in Folge des Aus­treibens der Mütter erkalteten Euter, wobei ihre nur fein bewollte Haut gleichzeitig auch mit dem kalten Körper der Mütter in innige Berühruug kommt, veranlassen ebenso häufig diese verliecrende Krankheit, wie die genossene Milch schlecht gefluteter Mütter, da die Zersetzung (Ranzigwerden) der ersteren und selbst das im' Darmkanal befindliche Meconium einen schädlichen ßeiz auf die Schleimhaut ausübt.
Erscheiuugen. Gewöhnlich beginnt die Krankheit bei den neugebornen Thieren etwa um die Zeit, wo die ersten Acte der Verdauung vollendet sind, 24—36 Stunden nach der Geburt, mit­unter auch schon unmittelbar nach derselben, jedoch selten bei mehrere Wochen alten Thieren. Die neugeborenen Tbiere äussern wenig Munterkeit, sind empfindlich gegen Kälte, liegen viel, zeigen wenig Sauglust und sind unruhig, worauf sich bald Purzeln mit dem Schwänze, mühevolles Drängen zum Kothabsatz und nach er­folgtem Abgang einiger Stücke eines zähen, mit Schleim umhüll­ten Eothes — heftige Diarrhöe einstellt. Die immer häufiger werdenden Entleerungen bestehen zunächst aus einer schleimigen, eiweissartigen Masse, sind von säuerlichem Geruch und nehmen im ferneren Verlaufe zuweilen eine blutige Bcschattenheit an. Diese Absetzung der Excremente verursacht den Thieren viele Schmerzen, die immer mehr zunehmen, so dass Lämmer bei dem steten Drange selbst zu wimmern anfangen und bei der leisesten Berührung des Hinterleibes ein klagendes Geschrei ausstossen. Der Appetit ist ganz unterdrückt und es stellt sich bald grosse Hinfälligkeit ein, in Folge dessen die Kranken beständig liegen, grosse Abstumpf­ung zeigen und endlich kaum auf den Beinen zu stehen vermö­gen, aufgerichtet brechen sie zusammen und indem die Ausleerun­gen unter zunehmenden Tenesmus immer missfarbiger uud übel­riechender werden und mit denselben Stücke von häutigen (Group-) Massen, Epithelium, abgehen, wobei der Mastdarm oft hervorge­drängt wird — tritt der Tod nach einer Krankheitsdauer von 2—6 Tagenein; bei Lämmern oft schon früher, bei Kälbern mitunter später. Die Vorhersage gestaltet sich stets sehr ungünstig und bei Lämmern insbesondere noch deshalb, weil, wenn in Schatheerdeu die Krankheit allgemeiner auftritt, auch gewöhnlich die von der Krankheit verschont gebliebenen Thiere eine länger dauernde Schwäche der Verdauungsthätigkeit wahrnehmen lassen, und wie Spinola zu beobachten Gelegenheit hatte, später leicht von der Bandwurmseuche (?) befallen werden, der ebenfalls noch viele Thiere erliegen.
Die Behandlung der Dyssenteria ueonatonmn muss sich haupt­sächlich auf eine vernünftige Präservative beschränken, da bei aeutem Verlaufe der Krankheit mit den Arzneien nichts erreicht werden kann. In Berücksichtigung der ätiologischen Momente wird man den Zuchtthieren uud insbesondere den Localitäten grosse
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Krankheiten des Magens und Darmcanals.
Aufmerksamkeit schenken müssen. Man wird kräftige Böcke zur Begattung- wählen und wenn es thunlich ist, die Sprungzeit so einrichten, dass das Lammen in die warme Jahreszeit fällt. Gut genährte Mütter, gesundes nicht zu reichliches und kräftiges Futter, hinreichende Bewegung während der Trächtigkeit, Verabreichen von Salzlecken sind eben so nöthig, als die Stallungen so einzu­richten, dass nicht nur die Lämmer, sondern auch die Mütter vor Zugluft, Nässe und Erkältungen hinreichend geschützt werden.
Ist in einer Schafheerde die Lämmerruhr ausgebrochen, so muss das Futter der Mutterschafe, wenn es allenfalls verdorben oder zu kräftig ist, gänzlich geändert, und ihm etwas Kreide oder Austernschalenpulver beigesetzt werden. Milchreichen Müttern wird in den ersten Tagen nach der Lammung die überflüssige Milch ausgemelkt, um die zu reichliche Aufnahme derselben durch die Lämmer zu verhüten. Roll räth unter solchen Verhältnissen je­dem Lamme einigemal des Tages eine kleine Gabe (1 Scrupel) Kreiden-, Magnesia- oder Austernschalenpulver in Wasser oder Milch abgerührt einzugeben, und wenn sicli weiche oder flüssige Entleerungen einstellen, schleimige Klystire und Tränke, Leimwas­ser, Hühnereiweiss zu verabreichen. Für den innerlichen Gebrauch passen nebst den genannten absorbirenden Mitteln noch das Opium und die Rhabarber.
Die Mastdarmentzündung, Proctitis.
Symptome. Die Kranken zeigen im After Schmerzen, sind für Berührung daselbst sehr empfindlich, bei Hunden quillt auf angebrachten Druck auf die Afterdrüsen eine eiterige oder blutige Flüssigkeit hervor, Pferde und Hunde haben einen öfteren, aber gewöhnlich vergeblichen Drang zur Kothentleerung, oder es wird nur wenig geballter Koth oder missfarbiger Schleim, oft mit Blut vermischt, abgesetzt, wobei die Schleimhaut des Afters nicht selten hinausgestülpt wird. Der Mastdarm erscheint insbesondere bei Pferden mit harten Fäcalstoffen ausgefüllt und seine Schleimhaut in ödematösen Wülsten vorgedrängt, dabei ist sie heiss anzufühlen, dunkel oder blassroth gefärbt.
Meistens geht die Krankheit in Genesung über, bei Pferden aber werden zuweilen durch die harten Kothmassen Zerreissungen der Schleimhaut bedingt, welche wohl durch Granulationen heilen können, meistens aber durch Anhäufung der Kothmassen im sub-mueösen Bindegewebe entweder durch Perforation in die Bauch­höhle zur tödlichen Bauchfellentzündung oder durch Verjauchung und Abscessbildung zu erschöpfenden und die Diensttauglichkeit der Thierc aufhebenden Mastdarm- und Beckenfisteln führen.
Aetiologie. Oft entsteht die Mastdarmentzündung nur durch eine fortschreitende Darmentzündung, oder es ist das Englisi-ren Schuld, wenn namentlich der erste Schnitt zu nahe am After gemacht worden ist. Ferner sind zu beschuldigen: Verletzungen
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Mastdarmentzündung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;201
durch spitze Körper, namentlich durch Knochen bei Hunden, durch Darmconcremente, durch Klystirspritzen, durch zu heisse oder mit scharfen Stoffen versetzte Klystire, oder durch das rohe Ausräu­men des Mastdarmes bei Verstopfung, oder bei Vorfällen und Mast­darmpolypen.
Behandlung. Eine reizlose Diät, Grünfutter, Kleientränke für Pferde, Brühen für Hunde.
Fremde Körper, Dannsteine, Kothmassen müssen mit dem Finger oder der Hand hinweggeräumt, kühlende, schleimige und ölige Klystire applicirt werden. Innerlich sind milde Abführmittel, Calomel in purgirenden Dosen anzuwenden.
Die Ruhr, typhöse Kuhrseuche, Dyssenteria.
Wir verstehen unter Ruhr eine gewöhnlich mit Fieber ver­laufende Krankheit, bei der vorzugsweise der Dickdarm der Sitz einer intensiven mit croupöser und diphteritischer Exsudation ein­hergehenden Entzündung ist. Bei Pferden und Hunden wird die Ruhr bei uns nur sporadisch beobachtet, während sie bei Rindern en- und epizootisch aufzutreten pflegt, als Epizootic namentlich beim Steppenvieh, bei welchem sie sogar zu den am gewöhnlich­sten vorkommenden Seuchenkrankheiten gehört.
Anatomischer Befund. Die anatomische Veränderung ist nicht immer in gleicher Weise und Grade über den ganzen Dick­darm verbreitet, gewöhnlich geht sie in steigernder Intensität von der Bauhinischen Klappe nach abwärts; die Höhe der Falten ist meistens mehr verändert, als das Zwischengewebe.
In Fällen von geringer Intensität ist die Dickdarmschleimhaut an umschriebenen Stellen leicht aufgetrieben, dunkelroth und in der Höhle des Dickdarmes ist ein dünnes geruchloses Secret an­gesammelt; im höheren Grade sind besonders die querlaufenden Falten braunroth gefärbt, das Epithelium bläschenartig erhoben, oder in einzelnen Streifen abtrennbar; strichweise finden sich in ihrem Gewebe flache, gelbe Exsudatschorfe oder membranartige croupöse Plaques, unter diesen erhebt sich das submucöse Binde­gewebe in Form von dichten schlotternden Buckeln oder Wülsten durch Infiltration mit einem serösen sulzigen Exsudate in die Höhle des Dickdarmes hinein. Die aufgelagerten Schorfe zerfallen und es entstehen bis auf das submucöse Bindegewebe reichende, weit um sich greifende Geschwüre, die den brandigen Zerfall der Schleim­haut in grosser Ausdehnung veranlassen; es kommt zu Blutungen und der Darminhalt wird nun aus Blut, abgestossenen, theils ganz ^zerfallenen, theils noch zusammenhängenden Exsudatmassen und Epithelien gebildet. Die Muskelhaut ist missfarbig, serös durch­feuchtet, die Serosa mit einem gelben sulzigen Exsudate beschla­gen, und mit Ecchymosen durchzogen. Die Lymphdrüsen sind ge­wöhnlich hyperämisch, geschwellt, saftreicher.
Hat auf der Höhe dieses bisher geschilderten Zustandes der
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202nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten des Magens und Darmcanals.
Tod nicht stattgefunden, so kann aber nur in den minderen Gra­den der Alt'ection und bei kleinen Substanzverlusten Heilung durch Resorption delaquo; Exsudates und durch fibröse Narbenbildung, wo­durch allenfalls das Dannrohr etwas verengt wird, eintreten; bei ausgebreiteten Substanzverlusten erfolgt in der Regel der Tod, wenigstens hat Roll bei keiner der zahlreichen Sectionen Narben gesehen, welche auf die frühere Gegenwart von Ruhrgeschwüren hingewiesen hätten. Häufig ist der Ausgang in eine chronische Dyssenterie: die ganze Schleimhaut zeigt dann chronischen Ca­tarrh, die Solitärdrüsen schwellen und geben zu folliculamp;quot;en Ge­schwüren und ülcerationen Veranlassung. Auch die Muscularis ist wie bei den chronischen Entzündungen der Schleimhaut verdickt, ebenso die scrosa: letztere zuweilen an Nachbarorgane angelöthet.
Ursachen. Die Entstellungsweise der Dyssenterie bei Pfer­den und Rindern ist in denselben ursächlichen Verhältnissen, wie beim Durchfall begründet, so dass selbst dieser unter ungünsti­gen Bedingungen in die Ruhr übergehen kann. So arten nament­lich die bei Schafen zuweilen nach der Schur eintretenden Durch­fälle gern zur Ruhr aus; auch zu anderen Krankheitsprocessen gesellt sich die Ruhr zuweilen, so z. B. bei Pferden zu schweren Pneumonien, zum Anthrax, zu den Pocken u. s. w. Der Einfluss der Gelegenheitsursachen, die namentlich in zu schnellem Temperatur­wechsel, kalter, nebliger Witterung, plötzlicher Erkältung durch kaltes Tränken zu suchen sind, ist um so grosser, wenn noch eine individuelle Anlage das Zustandekommen der Krankheit begün­stigt. Die eben angeführten Schädlichkeiten erklären auch die häufiger seuchenartige Verbreitung der Ruhr im Frühlinge und Herbste; auch verdorbene Futterstoffe, sumpfiges Wasser, über-mässige Anstrengungen a. s. w. können die Krankheit hervor­rufen.
Dass die Ruhr ansteckend werde, eine contagiöse Verbrei­tung erlangen könne, unterliegt auf Grund mehrseitiger Beobach­tungen und Thatsachen keinem Zweifel. Das Contagiura theilt sich durch die aus den Darmexcremcnten entwickelnden Gas­arten, vielleicht auch durch die von der Ruhr befallenen Thieren ausgeathmete Luft den in der Nähe befindlichen Thieren mit und veranlasst das Zustandekommen einer gleichen Krankheit.
Symptome. Verlauf. Die Erscheinungen der Ruhr der Pferde und Rinder gestalten sich ähnlich denen eines heftigen acuten Durchfalles, weshalb wir mit Hinweisung auf diesen das Krankheitsbild nur kurz darstellen.
Nachdem gewöhnlich während eines oder einiger Tage gastrische Störungen vorhergehen, tritt plötzlich unter den Sym­ptomen eines mehr oder weniger bedeutenden Fiebers, wech­selnde Temperatur, trockene Haut, struppiges Haar, Mattigkeit, trübe und thränende Augen, angestrengtes A^hmeu, beschleu­nigter, kleiner Puls, aufgehobene Fresslust und Wiederkäuen, trockenes Flotzmaul etc. ein heftiger Durchfall ein, wobei die
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Ruhr.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;'703
Thiere sehr dUnnflnssige, im ferneren Verlaufe der Krankheit mei­stens nur ans hlutigem Schleime bestehende Excremente in gerin­ger Menge und unter Schmerzensänsserting (Kolikerseheinungen) ent­leeren, und mitunter so heftig auf die Kothentleerung drängen, dass selbst der Mastdarm hervorgedrängt wird. In den höheren Graden nehmen die entleerten Stoffe bald eine übelriecliende, jau­chige Beschaffenheit au und bestehen zuletzt nur aus Blut, bran­digen Schleimhautresten von Exsudatmassen u. s. w.
Der Verlauf der Ruhr ist meistens acut, so dass sie sich binnen wenigen, höchstens lt;gt; Tagen entscheidet, indem entweder unter Minderung der Schmerzen, Nachlassen des Fiebers und der Darmausleerungen Genesung zu Staude kommt, oder, was bäufiger der Fall ist, der Tod nach eingetretenen colliqnativen Zufidlcn un­ter Zuckungen erfolgt. Bisweilen bleiben chronische Diarrhöen zurück, die in der Kegel nach mebr oder weniger langem Beste­hen zur Cachexie und endlich zum Tode führen. Die Prognose ist im Allgemeineu bei vollständig entwickelter Krankheit un­günstig.
Therapie. Von grösserer Wichtigkeit als die eigentliche Kur ist die Prophylaxis bei der Ruhr; man wird vorzüglich für reinliche, fleissig mit trockenem Stroh versehene Ställe sorgen; alle Excremente sofort entfernen ;• ist die Krankheit ausgebrochen, so müssen die gesunden von den kranken Thieren getrennt und der Krankenstall mit eigenen Wärtern versehen werden; man soll sie so wenig als möglich jähen Abwechslungen der Witterung aussetzen, zur Sommerszeit vor der Einwirkung der Nachtkälte bewahren und auf moorige, sumpfige Rasen schicken, ihnen gutes, trockenes Fut­ter reichen und die nöthige Zeit zum Wiederkäuen gönnen. Wer­den Treibheerden von der Krankheit befallen, so ist es nicht nur für den Eigenthümer gerathener, sondern auch zur Verhütung wei­terer Ansteckungen noting, die Thiere so bald als möglich zu schlachten.
Die Ruhr erfordert ölig schleimige und narcotische Mittel (Cicuta, Hyoscyamus), nur milde, reizlose, durchaus keine consi-stente Nahrung. Kleien, Schrott u. s. w., Mehl- und Kleien­tränke. Bei Zunahme der Affection sind stärkere Sedativa und eine grössere Bethätigung der Hautsecrefion erforderlich. Dazu ist vor allem das Opium (auch äusserlich als Einreibung mit fllichtigem Linimenten), mit milden diaphoretischen Mitteln, Fliedertiiee mit Miuderer'schem Geiste; bei grosser Hinfälligkeit Baldrian, Arnica, Campherwein, Engelwurzel, Wein, Alaun, essigsaures Blei geeignet. Werden die Ausleerungen sehr reichlich, so sind Rothwein, Colombo, Arnica, Abkochungen von Weidenrinde, Eichenrinde, Tormenlilla, Krähenaugenextract, schleimige Eingüsse und Klystire am Platze. — Trägt aber die Krankheit den synochalen Charakter, so kann so­gar ein antiphlogistisches Verfahren einzuleiten, und die Venaesec-tion, Einreibung der grauen Quecksilbersalbe iu den Bauch ange-
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204nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten des Magens und Darmcanals.
zeigt sein. Innerlich schleimige Mittel mit Cicuta, Kirschlorbeer­wasser; Calomel aber nur dann, wenn die Ausleerungen stocken, der Bauch unter heftigen Schmerzen aufgetrieben wird. Wo star­ker Durst vorhanden, die Zunge trocken und roth ist, kann man den mit Wasser abgeriebenen Mohnsamen oder auch Leinsamen vortheilhaft zusetzen. In der Reconvalescenz ist Alles zu vermei­den, was Recidiven bewirken könnte.
Die chronische Ruhr erfordert eine reizlose aber kräftige Diät, Erbsenschrott, Einbrennsuppen u. s. w. und jene Medicamente, die wir oben gegen reichliche Ausleerungen angegeben haben.
Rp.: Nuc. vomic. dr. jj. Rad. torment, unc. üj. Rad. gentian, aa. unc. ]]. Magnes. alb. unc. jj.
Nimm. Krähenaugen 2 Quent. Tormentillwürze!, Enzianwur­zel von jedem 6 Loth. Weisse Magnesia 4 Loth.
Mache es zu Pulver. Gieb und bezeichne: In 24 Stunden auf 8mal.
Ist die Ruhrseuche in einer Ortschaft ausgebrochen, so sind die zur Beschränkung der Ausbreitung ansteckender Seuchen im Allgemeinen vorgezeichneten Einleitungen zu treffen; namentlich aber die sorgfältigste Separation ch|r Gesunden von den Kranken durchzuführen, die Stall- und nach Erforderniss sogar die Orts­sperre, dann die vorschriftsmässige Behandlung der Cadaver, Häute, Hörner u. s. w. einzuleiten. Der Genuss des Fleisches und der Milch kranker Thiere ist strengstens zu verbieten.
Kommen Fälle von Ruhr in einer Triebheerde vor, so ist die­selbe anzuhalten und zur Sicherstellung der Diagnose die Section eines umgestandenen oder getödteten Thieres zu dem Zwecke vorzunehmen, um die Ueberzeugung zu gewinnen, ob nicht etwa in diesem Triebe die Rinderpest ausgebrochen sei.
Entsprechend dem Resultate dieser Untersuchung ist der Trieb entweder zur Weiterreise unter Beobachtung der nöthigen Vorschriften zuzulassen odfr nach sect;. 44 *) zu behandeln.
Anhang.
Croupöse Entzündung der Magen- und Darmschleim­haut.
Der Croup der Magenschleimhaut ist nur ein Begleiter hoch­gradiger Magenentzündungen bei der Rinderpest, dem Pferdetyphus, wo er am Pförtnerthcile in Form kleiner umschriebener Gerinnun­gen, obzwar höchst selten, angetroffen wird (Roll).
Der Croup der Darmschleimhaut kömmt bei Rindern sehr häufig, zuweilen bei Pferden und Hunden vor. Er entsteht mei­stens unter dem Einflüsse gewisser Allgemeinkrankheiten, als der
*) Siehe Rinderpest.
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Die toxische Magen- und Darmentzündung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;0Q5
Kinderpest, des Pferdetyphus, des Anthrax, des Milzbrandes, sel­tener in Folge von harten Fäcalstoffen, Concrementen von Band­würmern (bei Pferden und Hunden) Eiuklemmungen und Einschie-bungen der Gedärme und zwar an Stellen, wo die Darmwand durch die angeführten Schädlichkeiten gedrückt, gezerrt, gereizt wird.
Vorzüglich ist der Dickdarm Sitz solcher croupöser Ablage­rungen, deren anatomische Charactere mit jenen des dyssenteri-schen und croupösen Processes, wie wir ihn oben geschildert, im Allgemeinen vollkommen übereinstimmt. Er gibt häulig zu kei­nen im Leben wahrnehmbaren Erscheinungen Veranlassung, und dies besonders, wenn die Exsudation eine geringe, wenn das Grund­leiden (Typhus, Rinderpest) unter heftigen Erscheinungen rascher tödtlich verläuft, als das Exsudat irgend eine Metamorphose ein­zugehen vermag. In anderen Fällen führt er zu denselben Symp-tomencomplexen, die wir bei acuten Magen-Darmcatarrhen, bei der Dyssenterie geschildert haben; zeitweiligen Kolikanfällen, beim Kinde der Abgang liniendicker, zusammenhängender Membrane,, die viele Fuss lange Köhren bilden, können auf das Vorhandensein dieser Affection hinweisen. Bei Pferden sind es meist dünne, oft nur wie hingehauchte Beschläge, die die croupösen Processe an­deuten (Leise ring).
Die Behandlung wird sich nach dem Grundleiden richten.
Die toxische Magen- und Darmentzündung
stellt jene Reihe von Veränderungen dar, welche durch die Ein­wirkung giftiger Substanzen und zwar der Mineralsäuren, der ätzenden Alkalien, der Metalle oder der pflanzlichen Acria und endlich der Canthariden auf der Magen- und Darmschleimhaut hervorgebracht werden.
Die rein narcolischeu Substanzen lassen die Magen- und Darraschloim-haut zumeist unverändert und üben ihre schädlichen Wirkungen auf andere, später noch zu erörternde Weise, übrigens führen selbst die schaden und metallischen Gifte viel häufiger schon zum Tode, bevor noch eine Magen-Darmentzündung zur Entwicklung kommt; wahrscheinlich durch Wirkung des Giftes auf das Blut.
Sectionsbefund. Die schon so oft geschilderten Erschei­nungen der Entzündung der Magen- und Darmschleimhaut, so wie jener des Maules, der Kachenhöhle, des Schlundes sind auch bei der toxischen zwar im Allgemeinen die vorherrschenden, jedoch erleiden sie nach Verschiedenheit des Giftes manche Modification. Die im allgemeinen Theile namhaft angeführten scharfen Pflanzen­gifte, die Pilz- und Schimmelbildungen, die Canthariden, die mit dem Futter zuweilen von unseren Hausthieren verzehrt werden, bewirken eine mehr oder weniger ex- und intensive Entzündung der Magenschleimhaut; häutig finden sich noch die giftigen Pflan-zenbestandtheile im Magen vor.
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20finbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten des Magens und Darmkanals.
Grosse Dosen von metallischen Mittelsalzen oder mit schlei­migen Mitteln gemengte Doppelsalze verursachen Schwellung und dunkle Rötiie der Schleimhäute, seröse Ergüsse zwischen Schleim­und Muskelhaut, und in manchen Fällen sogar brandige Verschor-tuiig der Magenmucosa in grosser Ausdehnung.
Der Brechweinstein bewirkt in der Cardia des Magens und im Krummdarme beim Pferde kleine, scharf umschriebene, bis auf die Mucosa dringende Schorfe, nach deren Abfall tiefe Geschwüre zurückbleiben, deren Umgebung hyperämisch und selbst mit Extra-vasaten bedeckt erscheint.
Bei Phosphorvergiftungen findet man die Schleimhaut des Magens häufig ohne ßöthuug, Hyperämie und Extravasation, massig verdickt, eigenthümlieh trübe, undurchsichtig, bald mehr weisslich, bald mehr grau - oder gelblich - weiss; auf feinen Durchschnitten smd die Drüsen der Schleimhaut vergrössert, mit Epithel angefüllt, in welchem jede Zelle grosser, trüber und mit einer feinkörnigen Masse erfüllt ist; später treten Fettkörnchen auf, die Zeilen wer­den weicher und zerfallen zu einem körnigen Detritus. Dieser Zu­stand, ähnlich der aus einer gleichen Veränderung hervorgehenden, sogenannten trüben Schwellung verdient den Ausdruck einer Ma­genschleimhautentzündung, welche zwar nicht ausschliesslich der Phosphorvergiftung zukommt, aber im Vergleiche mit den Verän­derungen in anderen Parenchymen auch in diesem Falle einen nicht zu unterschätzenden Werth für die Stellung der Diagnose hat. Der weise Arsenik erzeugt gewöhnlich mehr oder weniger ausgebreitete Entzündungsherde auf der Magen- oder Krummdarm­schleimhaut, die sich bis zum Croup steigern können; au den breiig zerfallenden Entzündungsschorfeu haften zuweilen Arsenik-körner. Roll hat die angeführten Veränderungen auch bei Pfer­den, die sonst den Arsenik gut vertragen, wenn er in grossen Quantitäten oder als grobes Pulver verabreicht wurde, beobachtet. Säuren und caustische Alkalien haben die intensivste Einwir­kung, sie erweichen die Theile, mit denen sie in Contact kommen, zu einem structurlosen Breic^ die Säuren veranlassen auch in den benachbarten Gefässen Entfärbung und völlige Verkohlung des Blutes.
Die Canthariden bewirken Entzündung, mehr oder weniger gelbrothe Flecke auf der Schleimhautoberfläche und seröse Infiltra­tion der Gewebe, dabei sind die Nieren geschwellt hyperämisch.
in Bezug der Diagnose der Vergiftungen ist, es in den meisten Kiillen schwierig sie sofort und mit Bestimmtheit zu stellen einerseits well die Ver-giftungszufSUe oid anderen Krankheiten ahnliches Krankheitbild darbieten kön­nen, wie namentlich das der Magen- und Darmentzündungen, der Ruhr u. dgl., andererseits auch weil die Wirkungen der einzelnen üitte^iicht so eelataiit und characteristisch sind, alsdass man aus ihnen allein immer die Species des Gift­stoifes erkennen könnte. Man muss vielmehr bei derartigen Erkrankungen, welche den Verdacht einer Vergiftung erregen, aussei- den Symptomen der kranken Tluere auch noch andere Umstände, wie z. B. die im'iiause be­triebenen Gewerbe, bei denen giftige Substanzen in Anwendung gezogen wer-
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Toxische Magen- und Darmentzündui'g.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;0A7
den das etwa stattgofundene Auslegen von verschiedenen Insectengiften, das glcichzeitigs Erkranken mehrerer Thiere, die Beschaffenheit ihrer Nahrungs­mittel in Betracht zielen, weil diese Nebenumstände oft sehr wlchtiee An deutungen ergeben Auch muss man die von den Thieren durch Mau] und After enfleerten Stoffe ganz besonders beachten, einen Theil derselben unter­suchen einen andern Theil aber allenfalls für die Diagnose schnell einer chemischen Untersuchung unterwerfen.
Symptome. Unruhe, Aagst, Winseln, Speicheln und Gei-tern würgende Zusammenzielmngcn am Halse, heftige Kolik - und Brechneigung, oder bei Hunden, Schweinen und Katzen wirkliches otter wiederkehrendes Erbrechen, schmerzhafte Durchfälle mit Ent­leerung von blutigem Schleim oder blutvermischter Excremente sind die wichtigsten Erscheinungen, denen sich bald ein kleiner schneller 1 uls, Kurzathmigkeit und nach Verschiedenheit und Con­centration des Giftes stierer Blick, Krämpfe, Tetanus, selbst Läh­mungen im Hmtertheü (bei Hundenj hinzugesellen; endlich erfolet unter aussetzendem Pulse, Kälte der Ohren und Püsse der Tod Die spanischen Fliegen, die insbesondere eine Entzündung der Nieren und Kältung der Geschlechtstheilc veranlassen, haben noch Autregung des Geschlechtstriebes und Blähungen im Gefolge
Die Pro gu os e ist bei Intoxicatiouszufäl'len meist zweifelhaft sehr ott ungunstig, besonders wenn man von der Art und Menge des' genossenen Giftes und der Zeit, seit welcher es in den Körner gelangt ist, nicht unterrichtet ist, und deshalb auch weder die Ge­genwärtigen noch zu erwartenden Zufälle genau zu beurtheilen noch das richtige speedische Antidotum anwenden kann
Die Behandlung macht sich zur Aufgabe: a) Das Gift so sehne 1 als möglich wegzuschaffen, — b) es chemisch zu einer un­schädlichen Substanz unzuwaudeln (durch sogenannte Gegen-8 i teK~irCl eV? einzuhüllen, dass es wenig-oder gar nicht mehr schädlich auf den Organismus wirken kann.
Die erste Aufgabe wird durch schnelles und reichliches Er­brechen (bei Hunden Schweinen und Katzen) erfüllt, was bei man­chen Giften zum Iheil schon durch deren eigene Wirkung auf den Magen hervorgerufen wird und zwar gilt dies von denSpiessglanz-/ink- und Kupferpräparaten oder auch von den Arsenik- unuMercn-naipraparaten, von scharfen und oft sogar von narkotischen Pflanzen-stoffen; dennoch muss es oft künstlich erzeugt, verstärkt und un­terhalten werden. Mau lässt da, wo es zu schwach besteht, viel lauwarmes Zuckerwasser, oder verdünnten Leinsamen- oder Hafer­schleim u. dgl. mit etwas Oel, Fett oder Butter oder auch lauwar­mer Milch, Zucker- oder Honigwasser einschütten, und dies nach jedesmaigem Erbrechen wiederholen. Wo aber kein Erbrechen eingetreten ist, gibt man bei scharfen Giften die Brechwurzel, bei narkoüschen Giften den Brechweinstein oder den Zinkvitriol und bei eintretender Wirkung wieder eine der obgenannten Flüssigkei­ten. Ist hingegen das Erbrechen zu heftig und andauerd, so sind kleine Gaben Opium, Brausepulver zu reichen.
Fast noch besser als durch Brechmittel kann die Ausleerung
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2f8nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten des Magens und Darmeanals.
des Giftes, nachdem es durch Einschütten von Wasser oder dünn-schleimigen Flüssigkeiten verdünnt ist, durch die sogenannte Ma­genspritze oder Magenpumpe bewirkt werden, — wenn ein solches Instrument zur Hand ist.
Zur Erfüllung der zweiten Indication gehört die Kenntniss der speciellen Art des Giftes, oder wo diese unbekannt ist, wenig­stens die Berücksichtigung seiner Wirkungsweise nach den oben bemerkten verschiedenen Klassen. Man benutzt demgemäss so bald als möglich bei Arsenikvergiftungen das Eisenoxydhydrat (fer-rum hydricum) bei grossen Tiiieren ungefähr in der zwölflächen Menge des beigebrachten Arseniks, bei Hunden und Katzen 5|5 bis 5J, in 15 Theilen warmen Wassers gelöst, alle Viertelstunden wiederholt, oder das essigsaure Eisenoxyd (ferr. acetic, oxydatum), in flüssiger Form bereitet aus 1 Th. Eisenoxydhydrat, 3 Th. Essig­säure und 12 Th. Wasser. Hievon werden kleinen Hunden 1 Essl., grossen, 4 Löffel alle Viertelstunden etwa 4—(imal gegeben. Auch die Magnesiamilch, Zuckermagnesia, Kalkmilch, Kalkwasser, Milch u. s. w. sind in Ermanglung des Eisenoxydhydrates angezeigt. Gegen die meisten andern metallischen Gifte ist eine Auflösung von Eisenvitriol sj, in Wasser |viij mit Zusatz von 5(5 gebrannter Magnesia, gut nmgeschüttelt und davon 1 bis 4 Löffel voll '/stünd­lich gegeben. Wenn Eisenmittel nicht zu haben sind, so gibt man Schleim, Eiweiss, Abkochung von Stärkemehl und dergleichen um­hüllende Mittel, ferner Schwefelleber, Pottasche, Seifenwasser, Mol­ken, aber kein Fett oder fettes Gel, weil letztere die arsenige Säure mehr lösen und unwirksamer machen.
Gegen Quecksilber, besonders Sublimat, giebt man Schwefel-leber 5—20 Gran in kaltem Wasser, oder Eiweiss recht reichlich; auch die obige Auflösung von Eisenvitriol und Magnesia, oder fein gepulverte Kohle, Waizenmehl (Kleber) mit Wasser, Milch oder Zuckerwasser. — Bei Kupfervergiftungen sind dieselben Mittel nützlich. — Spiessglanzpräparate werden durch bald eintretendes Erbrechen wieder ausgeleert, daher bei ihnen nur schleimige, ein­hüllende Mittel reichlich zu geben sind. Ausserdem wird der Brech­weinstein und die Antimonpräparate durch adstringirende Mittel, z. B. Abkochungen von China-, Eichen- oder Weidenrinde, grü­nen Thee u. dergl. chemisch zersetzt und unwirksam gemacht. — Salpetersaures Silber wird, so lange es als solches im Magen ist, durch eine Auflösung von Kochsalz zersetzt. #9632;— Gegen Phosphor hat man gebrannte Magnesia mit Chlorwasser empfohlen; nach Aus­leerung durch Erbrechen sind recht schnell Schleim oder Eiweiss, Gallerte, Milch anzuwenden. — Die Säuren werden zuerst durch viel concentrirtes Seifenwasser, oder Wasser mit Magnesia, mit ge­schabter Kreide neutralisirt und verdünnt.
Die schon entstandenen Wirkungen der oben erwähnten Gifte werden durch schleimige und fette Mittel, durch Eiweiss, Milch u. dgl. gemildert. Gegen Vergiftungen mit Alkalien wendet man verdünnten Essig oder saure Milch in beträchtlicher Quantität an
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Toxische Magen- und Darmentzündung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;209
und gibt darauf dieselben einhüllenden Mittel. — Canthariden müssen durch schleimige (nicht durcli fettige oder ölige) Flüssig­keiten verdünnt und eingehüllt werden, dann reicht man schleimige Mittel in kleinen Gaben; Campher, bei grossen Schmerzen aber mit Opium; auch reibt man ein Campher - Liniment in der Nieren­gegend und am Bauche ein und applicirt schleimige und narcoti-sche Klystiere. Sind die letzteren in einem übermässigen Grade angewendet worden, so werden neben schleimigen, öligen itnd hauptsächlich eiweishaltigen Mitteln auch das Opium, der Schwe­felleber angewendet.
Erwähnungswerth ist die wohl selten vorkommende Vergiftung mit Badeschwamm, der in Butter und Fett gekocht und gebraten, den Hunden, in der Absicht sie zu tödten, in kleinen Stücken vorgeworfen wird. Nur in dem Falle, wenn die Badeschwammstücke nicht so klein sind, dass sie durch den Dünndarm gehen können und gut zubereitet sind, entfalten sie ihre Wirksamkeit: denn die Masse quillt auf, ist unverdaulich, bewirkt Verstopfung und hie-durch Darmentzündung und den Tod. Der Symptomencomplex, wel­chen man bei dieser Vergiftung wahrnimmt, ist folgender: Appetit­losigkeit, Erbrechen einer galligen und schleimigen Flüssigkeit, am folgenden Tage Stuhlretardation, zuweilen auch Auftreibung des Bauches, die mit heftigen Schmerzen verbunden ist, Fieber, Mat­tigkeit, wobei das Thier sehr unruhig ist, indem es seine Lager­stätte sehr oft wechselt, und am dritten oder vierten Tage erfolgt der Tod. Es ist einleuchtend, dass diese Art der Vergiftung im Leben nicht erkannt werden kann. Die Obductiou ergibt eine Darm­entzündung an einer umschriebenen Stelle, die Schleimhaut ist stark aufgetrieben, und daselbst findet man auch den Schwamm. —
Gegen die Vergiftungen durch Narcotica (die Blausäure ausge­nommen) werden, nachdem durch Brechmittel die Contenta des Magens entleert worden sind, vorzüglich verdünnte Säuren inner­lich in Anwendung gezogen; die äusserlicheBeliandlung beschränkt sich auf Darreichung von Klysticren und auf Waschungen des Kopfes; auch kann man, besonders bei Vergiftungen mit scharfen narcotisclien Stoffen, Weinstein, Glauber- und Doppelsalz in Was­ser gelöst, alle Viertelstunden wiederholt, Ö- bis 4mal geben und bei vollem Pulse eine massige Venäsection machen. Gehen letztere mit Erscheinungen einer Entzündung einher, so werden Milch oder schleimige und tette Mittel in grosser Quantität verab­reicht. Bei der reinen Narcose in höheren Graden, welche sich nur als Betäubung, narcotischer Schlaf, Lähmung kundgibt, sind flüchtig erregende Mittel, Wein, Aether, Caffö, Salmiakgeist, Campher, aus-serdem kalte Waschungen oder Bäder und eben solche Klystiere anzuwenden. Bei der Blausäure hingegen, wo die Vergiftung eine sehr rapide ist, wird ein jedwedes Antidotum vergebens ange­wendet, denn es kommt meist schon zu spät, wie auch oft die empfohlenen Mittel, so wie Aetzammonium, Chlorwasser u. dgl. fast gar nichts leisten. Manchmal wurden durch kalte Begiessungen Kraus, Path. u. Therap. der Haussäugethiere.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 14.
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210nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten des Mages und Darmkanals.
der Hunde wie auch durch reichliche Darreichung kalten Wassers innerlich und in Klystieren die Krämpfe vermindert und der Tod
abgehalten.
Die sogenannte Holz- oder Waldkrankheit, enzootische Darmentzün­dung, Enteritis enzootica, Maladie de bois wird durch Waldhütungen veranlagst, indem insbesondere Pferde und Rinder harzige und harte Baum­sprossen geniessen , aus Mooren und Pfützen saufen und sich hiedurch eine eigenthümliche, den toxischen Magen-Darmentzündungen ähnliche Krankheit zuziehen. Hiebei trifft man nicht uur die Magen - und Darmschleimhaut im Zustande der Hyperämie, Blutung und Entzündung, sondern an den Nieren werden, da die resinösen Stoffe vorzüglich die letzteren afficiren, ähnliche Veränderungen wahrgenommen. Die Erscheinungen sind demnach jene des Magen-Darmcatarrhs mit Schmerzhaftigkeit in der Lendengegend, einem tief-roihen, blutigen Harn, mehr oder weniger heftigem Fieber und Absonderung einer übelriechenden Milch, wozu sich nicht selten Krämpfe gesellen, denen bald der Tod des Thieres folgt. — Die Behandlung ist die des aeuten Ma­gen-Darmcatarrhs ; kräftigen Thieren wird bei heftigem Fieber ein Aderlass gemacht werden müssen, bei grosser Hinfälligkeit ist der Campher in schlei­migen Vehikeln und selbst in Klystieren angezeigt.
Veränderungen der Grosse, Form und der Lage des
Magens.
a)nbsp; Die Erweiterung des Magens. Bei Pferden, Hunden und Schweinen werden oft bedeutende Erweiterungen dieses Or-ganes merkwürdigerweise ohne krebsige Stricktur beobachtet; meistens ist sie durch Ueberfütterung und solche Futterstoffe be­dingt, die viele Gase entwickeln. Trautvetter beobachtete eine derartige gleichförmige Erweiterung des Magens ohne Pylorusste-nose, bei einem Pferde, das an Kolik zu Grunde ging; die Magen-höble hatte die Capacität eines halben Dresdner Scheffels, die Magenwände waren stark verdickt.
b)nbsp; Die Verengerung des Magens (wurde beiPferden ge­sehen) ist die Folge einer verminderten oder gänzlich verhinderten Nahrungsaufnahme.
c)nbsp; Die Lageveränderungen des Magens sind selten und kommen besonders bei Rindern vor. Die Haube lagert sich zuweilen durch Risse im Zwerchfell in die Brusthöhle und ver­wächst da leicht mit dem Brustfelle, den Lungen, dem Herzbeutel. Zuweilen wird ein Theil des Magens durch mechanische Zerreis-sung der Bauchmuskeln unter die Haut gelagert.
Zerreissungen (Rupturen, Perforationen) und Fisteln
des Magens.
1) Rupturen können bedingt werden durch mechanische Ge­walt, Stösse, Stiche, Erschütterungen des überfüllten Magens; in solchen Fällen tritt gewöhnlich sofort der Tod ein. Bei den Wie­derkäuern kommt die Magenruptur als Ausgang der Trommelsucht vor, es entstehen nämlich kurz vor dem Tode Risse im Pansen, wodurch sein Inhalt in die Bauchhöhle entleert wird. Bei den
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Trommelsucht.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;211
Einhufern ist die Magenruptur ungleich häufiger. Da die Schlund­kappe des Pferdes eine Entleerung des übermässig genossenen Futters nur sehr selten zulässt, so entsteht nach UeberfütterUng der Pferde im Magen eine übermässige Gasentwicklung, die den­selben bis zur Berstuug auftreibt. (Siehe Kolik). Zuweilen trifft der Einriss nur die Schleim- und seröse Haut; die vollkommenen Zerreissungen des Magens beginnen entweder von der serösen Haut aus, dann ist der Riss in demselben um das Doppelte länger als in der Muskel- und Schleimhaut, welche letztere ein-s-nder ziemlich gleichkommen. — Der Tod erfolgt entweder durch den Austritt des Mageninhaltes in die Hiuterleibshöhle und dadurch bedingte tödtliche Bauchfellentzündung oder durch Verblutung. Unvollständige Zerreissungen sollen sich mit dem Fortbestand des Lebens vertragen.
2)nbsp; Perforationen (Durchbohrungen) des Magens sind sehr sel­ten; Roll sah eine solche nur einmal beim Pferde in Folge eines perforirenden Magengeschwüres.
Derselbe Forscher hat das runde Magengeschwür beim Hunde beobachtet, es kommt bei diesen Thieren in den verschiedensten Entwicklungsstadien vor, es greift aber selten über die Muskelhaat hinaus, und soll aus hämorrhagischen Erosionen hervorgehen, ne­ben welchen es auch angetroffen wurde. Roll glaubt, es entstehe durch die Einwirkung des sauren Magensaftes auf die nicht nor­mal genährte blosgelegte Schleimhaut. Es stellt ein rundes, scharf-randiges , bis auf die muscularis dringendes, die Gefasse daselbst zerstörendes Geschwür dar, welches Magenblutungen verursacht. Leisering sah das perforirende Magengeschwür im Pansen einer Kuh. Auf der Schleimhautoberfläche fanden sich nämlich mehrere Zirkelwundeu wie herausgeschnittene, bis auf die muscularis drin­gende Löcher in der Grosse eines halben Groschens. Es ist nun wahrscheinlich, dass bei einem längeren Bestände auch eine all-mählige Zerstörung der Muskel- und serösen Haut und endlich eine Durchbohrung des Magens Statt finde.
3)nbsp; Magen fist ein können nach der Function des Pansens beim Aufblähen unter ungünstigen Verhältnissen zurückbleiben.
Veränderungen des Mageninhaltes.
Ansammlung von Gasen. Trommelsucht, Blähsucht, Aufblähen, Auflauf, Tympanitis.
sect;. 9. Man begreift darunter die plötzliche Entwicklung und An­sammlung von Gasen im Magen (und zwar im Pansen) der Wieder­käuer, wodurch derselbe gewaltsam ausgedehnt wird.
Wir unterscheiden eine acute und chronische Form.
Erscheinungen. Bei der acuten Form bedingt die GaBquot;
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212nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten des Magens und Darmcanals.
entwicklung im Pansen zunächst ein Verstreichen der linken Hun­gergrube und eine trommelartige Aultreibung des Hinterleibes. Fresslust und Wiederkauen, ebenso werden die Mist- und Harnent­leerungen aufgehoben. Durch das starke Auftreiben des Zwerchfells werden die Lungen comprimirt und durch Druck auf die grossen Gefässe der Hinterleibshöhle entstehen Störungen des Kreislaufes, Blutüberfiilluug des Gebirus und an der Körperoberfläche, beson­ders der Hals - und Milchvenen bei Kühen. Die Thiere werden ängstlich, unruhig, die Augen sind vorgetrieben, glotzen, die Binde­haut derselben ist stark iujicirt; der Puls ist klein, sehr beschleu­nigt, das Athmen sehr beschwert, ängstlich, das Maul wird aufge­rissen, es fliesst zäher Geifer heraus, der Hals gestreckt und der Schweif gehoben. Die Extremitäten werden kalt, die Thiere zittern, schwanken, stürzen endlich zusammen und verenden so durch Ge­hirnapoplexie, Erstickung oder durch Berstung des Pansens.
Der Verlaut ist stets ein rapider, denn die Dauer der Bläh­sucht erstreckt sich nur von wenigen Minuten auf wenige Stunden. Wird durch die schnell eingeleitete Behandlung eine Entleerung der Gase aus dem Pansen bewirkt, S3 blähen die Thiere oft in Folge der fortgesetzten Entwicklung von Gasen aus dem im Ma­gen entbaltenen, fortgährenden Futterstoffen wieder auf, wo dann die Krankheit selbst über einen Tag hinaus bestehen kann.
Sections-Ergebnisse. Nach dem Tode wird in den Ca-davern der aufs Aeusserste ausgedehnte Pansen zerrissen und die Magencontenta in die Bauchhöhle ausgetreten gefunden. Die Ge­fässe des Gehirns und seiner Häute strotzen von Blut, nicht selten sind Blutergüsse in der Lungen- und Gehirnsubstanz; Leber und Milz blutleer; die Fruchte trächtiger Kühe abgestorben.
A e t i o 1 o g i e. Die Trommelsucht wird vorzüglich durch den Genuss von Futterstoüen aus der Familie der Leguminosen als Klee, Luzerne, Erbsen u. s. w. sowohl, wenn die Thiere dieselben auf der Weide oder bei der Stallfütterung aufnehmen, veranlasst. Auch das frische Kartoffelkraut, Kohlblätter, Rüben, Möhren und andere Grün- und Saftfutterarten, rohe Kartoffel, selbst Gräser (Wasserschwingel, Rheigras) können die Blähsucht bewirken. Thiere, welche an die Weide gewohnt sind, werden verhältnissmässig weni­ger leicht von der Blähsucht ergriffen als jene, mit denen erst eben die Weide bezogen wurde. Am meisten sind jene Kinder dem Uebel aus­gesetzt, die bis dahin mit trockenem Futter im Stalle genährt wur­den und mit denen dann junge Kleefelder bezogen werden. — Die Erfahrung hat gelehrt, dass in Jahren mit kalten Frühlingen, in denen die Pflanzen in ihrer Entwicklung anfangs zurückgehalten werden, später, bei eintretender warmer Witterung, jedoch um so schneller und üppiger wachsen, die Trommelsucht, (namentlich bei Schafen) häufiger auftritt. Kleearten (besonders der rothe (Wie­sen-Klee) sind besonders vor der Blüthe schädlich. Auch nach dem Genüsse des durchnässten und halbtrockenen Klees sieht man das Uebel sehr leicht entstehen. Rücksichtlich der Stallfütterung
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Trommelsucht.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;213
wird besonders der schnelle oder übermassige Genuss des bereits sehr welken oder in Erhitzung übergegangenen Grünfutters Veran­lassung zur Tympanitis.
Alle diese Einflüsse verursachen eine schnellere Gährung der genosse­nen Substanzen im Pansen und mit dieser die rasche Entwicklung- von Gasen, die grösstentheils aus Kohlensäure und Kohlenoxydgas nebst Schwefelwasser­stoff und Kohlenwasserstoflgas bestehen, welchen gewöhnlich auch eine mehr oder weniger grosse Quantität atmosphärischer Luft beigemengt ist.
Die Prognose hängt namentlich von dem Grade der Krank­heit und der schleunigen Anwendung geeigneter Heilmittel ab. Bei Schafen ist die Vorhersage, besonders wenn viele Thiere einer Heerde ergriffen werden, ungünstiger als bei Rindern, wenn zeit­lich genug eine entsprechende Behandlung eingeleitet wurde.
Behandlung. Die Tympanitis erfordert bei ihrem rapiden Verlaufe die schleunigste Hilfeleistung; sie besteht entweder a) in der chemischen Bindung der im Pansen entwickelten Gase durch Arzneimittel oder b) in der Austreibung derselben durch Arzneimittel (Rülpsen und Ausstossen der Luft durch den Schlund) oder durch ein operatives Eingreifen.
Zu den chemisch einwirkenden, gasbindenden Mitteln gehören der Salmiakgeist, verdünnter Aetzammoniak (Rindern gibt man 2 Quentchen pro Dosi mit ein Loth Steinöl oder mit 4 Loth Brannt­wein in einer Mass Wasser alle 5—10 Minuten, bis Besserung er­folgt), der gebrannte Kalk, das Kalkwasser, die Kalkmilch, die Schwefelleber, Pottasche, Aschenlauge, das Seifenwasser u. s. w., man verbindet sie zweckmässig mit Steinöl, Terpentinöl, wenn diese letzteren bei der Hand sind; jedoch darf man sich von ihnen nicht viel versprechen, weil sie in flüssiger Form beigebracht ge­wöhnlieh gleich in den dritten Magen gelangen.
Neben diesen Mitteln oder in Ermangelung derselben finden die Eckel erregenden und die Reizmittel, um die Austreibung der Gase zu bewirken, hie und da Anwendung. Hieher zählen die Car-minativa, Kümmel - Annissamen, Abkochungen von Föhren- und Wachholderholz, Knoblauch u. s. w. Sie nützen aber eben so we­nig wie Absorbentien, weil durch die hochgradige Ausdehnung und consecutive Lähmung der Magenwandungen an eine kräftige Con­traction derselben nicht leicht zu denken ist.
Zu ähnlichem Zwecke bediente man sich auch mit mehr oder weniger Erfolg eines mit einem Knoten versehenen Strohseiles, welches in Theer getaucht, durch das Maul gezogen wird, so dass der Knoten den Gaumen berührt; oder man lässt den Kopf der Thiere strecken, zieht die Zunge aus dem Maule hervor, oder führt auch einen dicken Strick bis in de^Schlundkopf, um soAufstossen zu erregen. Zur wesentlichen Unterstützung dieses Verfahrens diente auch das Kneten des Bauches, besonders an der linken Seite, ein anhaltender Druck auf die Hungergrube, das Jagen der Thiere (?) und die Application kalter Clystiere. Durch Begiessungen mit kaltem Wasser lässt sich zuweilen die Ausdehnung des Bauches etwas ver-
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214nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten des Magens und Darm canals.
mindern. Hieher gehört auch die Anwendung der Mon ro'sehen Schlundröhre (besonders häufig bei Rindern in England und Schott­land gebräuchlich), oder ähnliche Röhren aus Guttapercha oder vulkanisirtem Kautschuk.
Die Monro'scbe Schlundröhre ist eine aus einem spiralför­mig gewundenen, verzinnten Eisendraht, äusserlich mit Kalbleder überzogene Röhre, die an ihrem unternEnde mit einem Mundstücke versehen ist. Beim Gebrauche wird ein in der Mitte durch ein l'/iquot; grosses Loch durchbohrtes Querholz zwischen den Kiefer des Rindes oder Schafes gebracht und mit einem Riemen am Genick befestiget, worauf dann die Röhre mit dem eiförmigen Ansätze voran durch die Oeffnung des Querholzes über die Zunge in den Rachen und durch den Schlund in den Pansen geführt und so lange darin gelassen wird, als Luft durch dieselbe entweicht.
Kann man durch diese Methoden keine Verkleinerung des ausgedehnten Pansens bewirken, so bleibt noch die Entleerung der Gase durch den Pansenstich, mittelst des Troicarts (im Fall derNoth auch mit einem gewöhnlichen spitzen Messer) ausgeführt, als letztes Heilmittel übrig.
Bisweilen muss man an einem und demselben Stücke die Function wiederholt vornehmen. Die Wunde bestreicht man mit etwas Wagentheer und überlässt sie sich selbst.
Zur künstlichen Eröffnung des Pansens durch den Pansenstich bedient man sich des Pansentroikarts, der für Rinder aus einem 10 Zoll langen, zweiflächigen, in eine '/jquot; lange, zweischneidige Spitze ausgehenden, mit einer birnförmigen Handhabe versehenen Stachel und einer metallenen Scheide besteht. Letztere hat an ihrem vorderen Ende eine querstehende rundePlatte. Die Function wird folgender Weise vollführt: Man wählt sich in der linken Flankengegend diejenige Stelle, die am meisten vorgetrieben und zugleich tympanitisch oder voll ist, oder die Mitte einer, von dem äusseren Darmbein­winkel bis zur letzten Kippe als gezogen gedachten Linie. Man fasst sodann den Griff des Troicarts, indem man sich an der linken Seite des Thieres stellt (ausnahmsweise beim stehenden Thiere an der rechten) und setzt den­selben an der oberwähnten Stelle so auf, dass seine Flächen nach vorn und rückwärts, die Spitze nach ab- und vorwärts gerichtet sind, stösst ihn mit Kraft 2—3quot; tief ein , worauf die Scheide festgehalten und der Spiess heraus­gezogen wird. Erstere wird so lange liegen gelassen als Luft ausströmt und falls sie sich durch eingelagertes Futter verstopfen sollte, durch Einführung des Stachels oder eines Stäbchens gereinigt.
Bei Schafen bedient man sich eines kleineren Troikarts, jedoch ist die Application desselben weit gefährlicher, als beim Rinde, und deshalb auch viel weniger im Gebrauch; man hilft sich hier häufi­ger mit den obengenannten Carminativen und absorbirenden Mit­teln, oder, was besonders bei gleichzeitiger Erkrankung vieler Thiere als am zweckmässigsten zu empfehlen ist, man treibt die Schafe, wenn sich dazu Gelegenheit bietet, ins Wasser und halte sie darin einige Minuten, oder tauche sie im Wasser unter. Das sofortige Verlassen der Weideplätze, sobald das Aufblähen bei einzelnen Schafen bemerkt wird, ist an und flir sich geboten. Bei grosser Ueberladung des Magens mit mehr festen Futterstoffen
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Trommelsucht.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 215
kann auch der Pansenschnitt nothwendig werden, um durch die gemachte Oeffnung einen Theil des Futters aus dem Magen her­auszuholen und dadurch die fernere Entwicklung von Gasen abzu­schneiden. Wo aber auch der Pansenschnitt nicht gerade noth­wendig wird, da wird es doch in der Mehrzahl der Fälle erforder­lich, die Hülse des Troicarts so lange stecken zu lassen, als die Ubermässige Entwicklung von Gasen anhält und bis die Auftreibung sich verloren hat.
Die mit oder ohne operatives Einschreiten geretteten Thiere werden, zum Zwecke der Verhütung von Recidiven oder anderer Folgekrankheiten einer Nachbehandlung zu unterziehen sein, wozu gewöhnlich eine angemessene Diät ausreicht. Man gebe in den ersten Tagen nur wenig und leicht verdauliches Futter und zur Hebung der Verdauung allenfalls bittere und bitter-aromatische Mittel mit Kochsalz. Die chronische Blähsucht bei Bindern begleitet den chronischen Magencatarrh dieser Thiere, hierbei stellt sich zeitweise massiges Aufblähen unter Verminderung der Fresslust, des Wiederkauens, bei spärlicher Mistentleerung ein.
Vorbauung. Von grösster Wichtigkeit, aber auch sehr schwierig durchführbar ist eine den gegebenen wirthschaftlichen Verhältnissen entsprechende prophylactische Behandlung, welche die Verhütung der Tromelsucht, bei Benutzung der dieselbe erzeu­genden Nahrungsmittel zur Aufgabe hat. Man suche die angeführ­ten nachtheiligen Verhältnisse der Fütterung soviel wie möglich zu vermeiden, das bei Stallfütterung leicht, bei Kleeweiden jedoch mit Schwierigkeiten verbunden ist. Man beziehe die Weiden (nament­lich bei Schafen) nicht am frühen Morgen, wo sie noch stark mit Thau bedeckt und die Thiere sehr hungrig sind, sondern benutze erst andere Weiden, oder reiche den Thieren zuvor etwas trocke­nes Futter (Stroh) und verweile anfangs nur kurze Zeit auf den Kleeweiden, bis sich die Thiere daran gewöhnt haben. An win­digen Tagen vermeide man dieselben ganz.
Bei Kleefütterungen verhüte man das sofortige Tränken mit kaltem Wasser und vermenge das verdächtige Grünfutter mit Heu oder Stroh, besonders wenn es durchnässt ist, damit die Thiere nicht eine zu grosse Quantität auf einmal geniessen und lasse über­haupt die Fütternng der Thiere genau beaufsichtigen, wie sich dies bei der Betrachtung der ätiologischen Verhältnisse schon von selbst ergiebt. Wo künstliche Weiden benützt werden müssen, oder Grünflitterung gebräuchlich ist, da ist es räthlich, den Anbau von sogenannten blühenden Pflanzen (Klee) im Gemenge mit andern Pflanzen (Gräsern, und für Schafweiden mit Zusatz von Kümmel) zu betreiben; dasselbe gilt auch vom Kleeanbau zu Grünfutter.
Der Landwirthschaftslehre bleibt es vorbehalten, solche Füt­terungen zu erforschen und den Anbau zu empfehlen, der dem so häufigen Auftreten der Blähsucht entgegenzuwirken im Stande ist; auch zweckmässigere Fütterungsmethoden würden diesen Vortheil gewähren.
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216nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten des Magens und Darmcanals.
Für Rinder :nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Nimm:
Rp. Liquor, ammon. caustic, spi-nbsp; nbsp;Aetzende Ammonisspiritus 2 Loth,
rituos. ijnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Zeitlosensamentinctur 2 Quent.
Tinct. colchic semin 5jjnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Aromatische Tinetur 1 Quent.
Tinct. aromatic. 3j-nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Mische, gieb und bezeichne: Ei-
M.D. S. Einen Essl. voll mitnbsp; nbsp;nen Esslöifel voll mit einem hal-
einem halben Nösel Wassernbsp; nbsp;ben Nössel Wasser verdünnt zu
verdünnt zu geben. Je nachnbsp; nbsp;geben. Je nach dem Erfolg in
dem Erfolg in halbstündli-nbsp; nbsp;halbstündlicher Wiederholung, eher Wiederholung.
Chronisches Aufblähen des Rindes.
Rp. Rad. calam.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Nimm: Calmuswurzel
Fulig. splend.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Oferuss
Sem. frenicul.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Fenchelsamen
Rad. tormentill. äjjjnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Tormentillwurzel vonjedem6Lth.
Natr. sulf. gxnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Glaubersalz 20 Loth
Ungn. ust. sjjinbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Gebrannte Bittererde 3 Loth.
Mache es zu Pulver; gieb und be­zeichne M. f. pulv. D. s. täglich dreimal 2 Esslöffel voll.
sect;. 10. Magensteine
kommen bei Wiederkauern häufiger, seltener bei Pferden vor.
Nach Fürs tenb ei'gs Untersuchungen sind sie grau von Farbe mit einem Htich ins Röthliche und Bläuliche, an der Oberfläche glatt, porös und von seichten Vertieliingen durchzogen, dicht, fest, von einem Durchmesser von wenig Linien bis y.u jenen eines halben Schuhes und darüber. Auf dem Durchschnitte zeigt sich, ein durch ein Stückchen Mstall, ein Sandkorn, Stroh, Haaren u. s. w. gebildeter Kern um den schichtenweise Ablagerung anfangs krystaliinischer, dann amorpher Lagen stattgefunden hat, die je mehr nach aussen gelagert, desto dünner werden. Der vorwiegende Bestandtheil ist phosphorsauere Ainmoiiiacmagncsia. Bei Hunden begegnen wir gleich­falls, wenn auch sehr selten, Magensteine von weisgelblicher Farbe, die an der Überfläche glalt und glänzend sind. Da sich meist mehrere gleichzeitig vorlinden, so entstehen an der Berührungsstelle Abreibungsflächen, die glatt, wie polirt sind. Der Kern des Concrements ist meist ein Quarz- oderKalk-kerncheu, um welches sich concentrische Schichten angelagert haben, die vorzüglich in der Nähe des Kernes ein deutlich krystallinisches Gefüge zei­gen. Phosphorsaure Ammoniacmagnesia ist auch hier der Hauptbestandtheil.
Neubildungen desMagens.
8. 11. Der Magenkrebs ist bei unseren Hausthieren eine seltene Krankheit; selbst beim Hunde, wo Krebsbildungen häufig genug ange­troffen werden hat ihn Roll noch nicht gefunden. Andere Beobach­ter wollen ihn wiederholt im Labmagen, in der Haube (BuhlJ des Rindes, am Pförtnertheil des Magens bei Pferden undHuuden ge­sehen haben. Die Tuberkulose des Magens ist bei Thieren noch
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Abweichungen der Grosse und Form des Darmcanals.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;217
nicht beobachtet worden, ebensowenig die Cystenbildnng. Kleine Polypen und Papillargeschwülste sind am Pylorustheil des Pferde -und Hundemagens nicht selten, verursachen al)er keine Gesundheits­störungen. Pigmentbildungen sieht man bei unseren Hausthieren als braune, schiefergraue, schwarzblaue Färbung des mit chronischen Catarrh behafteten Pylorusmagens (diffuse Melanose des Magens).
Abweichungen der Grosse, Form und Lage des Darm­kanals.
sect;. 12. Erweiterungen des Darmcanales sind selten, häufiger die des Grimmdarmes; sie werden durch intensive chronische Darmcatarrhe, durch Paralyse des Darmes und endlich durch mechanische Hin­dernisse, die das FortrUcken des Darminhaltes mehr oder weniger erschweren, bedingt.
Partielle Erweiterungen bilden die sogenuiiiiteu fälschen sackföi migen Divertikel, häufig am Grimmdarme der Pferde, sie bestehen bloss aus der Schleim- und serösen Haut und entwickeln sich, indem erstere zwischen den Bindein der Muskelhaut sich durchdrangt. Sie sind wallnuss- bis mannskopf-gross und enthalten trockene Kothballen oder Darmsteine. Durch den an­dauernden Druck ihres Inhaltes anf die entsprechende Darmwand wird bran­diger Zerfall derselben, Austritt des Darminhaltes in die Hinterlcibshöhle und consecutive tödiliche Peritonitis veranlasse Sie sind im Leben nicht diagnos-ticirbar.
Das wahre Divertikel besteht aus allen Darmhäuten, es ist ein Resi­duum des im Foctalzustande vorhandenen Nabelblasen-Darmganges (Ductus vitello-intestinalis und der vasa omphalolmcseraica). Das Divertikel selbst ist die Einmündungssteile des Ductus der als blinder Trichter dem Krummdarme für Lebensdauer anhängt.
Verengerung (Stenose) des Darmes entsteht durch Druck von Aussen (Geschwülste, vergrösserte Drüsen, Lageveränderun­gen) durch Neubildungen, Infiltration, Wulstungen, Hypertrophie der Häute (in Folge chronischen Darmcatarrhes im Dünndärme der Pferde. Roll), durch fremde Körper, Steine, constringi-rende Narben, andauernde Leere und Collapsus des Darmes. Ober­halb einer verengten Stelle bildet sich nothwendig Erweiterung, auch ist die Fortbewegung des Darminhaltes daselbst mehr oder weniger behindert.
Lageveränderungen, welche in unmittelbarer Beziehung zur Veränderung resp. Beschränkung des Rauminhaltes stehen, sind:
a) Einschnürungen des Darmes (innere Hernien) durch Spal­ten im Netz, im Mesenterium, (Foramen Winslowii) im Zwerchfell in Folge peritonitischer Adhäsionen, welche den Darm in seiner Lage fixiren, oder an die Bauchwand anhefteja oder wenn sie in Form von Strängen sich brückenartig ausspannen, beim Herunter-schlüpfen von Darmschlingen einschnürend wirken. Auch einzelne Darmwindungen können aneiiiandcr gelöthet sein, oder sich um andere Darmschlingen herumschlagen und sie cinschiuireu. Im er-steren Falle ist wohl die Stenose weniger bedeutend, aber die Fortbewegung des Darminhaltes doch gehemmt.
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218nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten des Magens und Darmcanals.
b)nbsp; Achsendrehungen. Sie bestehen entweder in einer halben Achsendrehung einer Darmschlinge an ihrer Basis, so dass eine Kreuzung der beiden sie bildenden Darmstücke daraus hervorgeht, oder es findet eine vollständige oder sogar eine mehrmalige Achsen­drehung mit dem Mesenterium statt, um sich selbst oder um an­dere Darmparthien, so dass sich ein ganzes Darmconvulut knotig darstellt.
c)nbsp; Hernien (Brüche) sind Lagerungon eines Darmstückes ans-serhalb der Bauchhöhle in einer abnormen beuteiförmigen Ausbuch­tung des Bauchfelles. Sie sind entweder angeboren oder erwor­ben. Ihre nähere Beschreibung und Behandlung gehört in das Gebiet der Chirurgie.
Bei Ochsen zerreisst, bisweilen die Falte des Bauchfelles, welche den Samenstrang, besonders den Samenleiter umgibt; es treten in die hiedurch entstandene Spalte Darmstücke und werden daselbst eingeklemmt, ein Zu­stand, der mit dem Namen Ueberwurf, innerer ßauchfellbruch, Knopf be­zeichnet wird, nur in Gebirgsländern vorkommt, und wahrscheinlich durch angestrengtes Ziehen oder durch Weiden bergauf in seiner Entstehung be­günstigt wird.
Zu den Lageveriinderungen zählt man auch die Vorlagerungen der Gedärme, die an verschiedenen Stellen des Hinterleibes in Folge von Zerreissung oder durchdringender Verwundung der Bauchwandungen erfol­gen. Bei durchdringenden Verletzungen, selten bei geschwungen Zerstörun­gen des Mastdarmes lagern sich bisweilen die dünnen Gedärme durch die Afteröffnung vor, ein Ereigniss, das gewöhnlich mit tödtlichen Folgen ver­bunden ist.
Die inneren Darmeinschnürungen kommen am häufigsten bei Pferden vor, seltener bei Hunden, sehr selten bei den Wieder­käuern. Das häufige Vorkommen der bezeichneten Lageverände­rungen bei Pferden liegt in der grossen Beweglichkeit, des an einem langen Gekröse aufgehängten Dünndarmes, in der freien Lage des Grimmdarmes und des grossen Netzes, in den schnellen und angestrengten Bewegungen, in dem heftigen Niederwerfen und Wälzen der Thieie bei schmerzhaften Empfindungen. Die bisher genannten Lageveränderungen sind während des Lebens schwer diagnosticirbar und bewirken ausser der Verengerung des Darmes und der unmittelbaren Compression der Darmwandung auch die Compression des anhängenden Stückes des Mesenteriums und Druck auf die zuführenden Gefässe. Daraus erklärt sich, dass der Darm nicht bloss oberhalb der verengten Stelle durch verhindertes Fort­rücken seines Inhaltes ausgedehnt wird, sondern auch die hef­tigen Koliken der Thiere. Die durch Druck auf die Gefässe ver­ursachte bedeutende venöse Blutstauung führt sehr bald zur Entzündung und zum Brande. Der Theil des Darmes, der sich unterhalb einer verengten Stelle befindet, ist gewohnlich leer und zusammengefallen.
Durch die Kunst kann diesen Leiden nicht entgegengetreten werden (dem Ueberwurf e der Ochsen ausgenommen, dessen Behand­lung in das Gebiet der Chirurgie gehört); die angerathenen Kepo-sitionsversuche, die Eröfihung der Bauchhöhle zu diesem Zwecke
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Darmeinschiebang.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;219
ist unausführbar. Naturheilungen sollen jedoch, wenn eine kleine Schlinge sich um die ihr angehörige Gekrösparthie so herumschlägt, dass das früher nach rechts gelegene Ende derselben nach links, und das links nach rechts gekehrt liegt, wodurch nur Knickungen an den Umschlagsstellen entstehen, vorkommen.
Von grosser Wichtigkeit ist auch die Darmeinschiebnng, In-tussusceptio, Invaginatio, Volvulus; sie besteht in der Einschiebung eines Darmstückes in das andere, gewöhnlich eines engeren in ein weiteres. Sie wird bei allen Hausthiergattungen wahrgenom­men, und man findet sowohl am Dünn- als Dickdarme Invagina-tionen, doch an letzterem seltener.
Die invaginirte Darmstelle, die ausserlich eine knotige Geschwulst darstellt, besteht aus 3 in einander geschobenen Schichten; die äusserste (die Scheide, oder das Intussuscipiens) geht nach unten in den Darm weiter fort, und bildet, nachdem sie sich an ihrem oberen Rande umbiegt, die mittlere Schichte, das absteigende Rohr, das sich an seinem untern Ende wieder in das aufsteigende Rohr umbiegt. Diese beiden also bilden das absteigende und aufsteigende Intussusceptum. Die äussere und mittlere Schicht (die Va­gina und das absteigende Rohr) berühren einander mit ihren Schleimhäuten, das mittlere und das aufsteigende mit der Serosa. Das Mesenterium folgt dem auf- und absteigenden Rohr und wird natürlich mannigfach gezerrt una gedreht. Der genetische Mechanismus der Invagination geht wahrscheinlich so vor sich, dass ein verengtes Darmstück durch eine ungleichmassige stär­kere peristaltische Bewegung in ein anderes schon erweitertes oder wenig­stens erschlafftes und mehr ruhendes hineingeschoben wird. Nach der ersten Entstehung dauert die Hineinschiebung bei jeder neuen peristaltischen Bewegung so lange fort, bis die aneinander liegenden Flächen mit einander verkleben, was zuerst an dem aus- und eintretenden Rohre geschieht.
Ausser der Behinderung im Fortrücken der Fäkalmassen, hef­tigen Colikanfällen kommt es bei der Invagination durch die Zer­rung des Gekröses und die damit verbundene Circulationsstörung auch sehr bald zur Exsudation, zur brandigen Zerstörung, die durch Peritonitis, Blutungen zum Tode fuhrt. Die Diagnose ist während des Lebens nur mit Wahrscheinlichkeit möglich. Im gün­stigsten Falle kann durch Entzündung und Brand Abstossung be­wirkt, und nach Entfernung des mittleren und inneren Stückes durch den After eine Verklebung der Scheide mit dem gesunden Dann herbeigeführt werden, wobei dann allerdings auch narbige Verengerung des Darmlumens zurückbleibt. Man glaubt auch, dass leichte und frische Einschiebungen, in solange keine Verkle­bung der einander zugekehrten serösen Häute stattgefunden, sich von selbst lösen können. Der Beweis dafür ist wohl nicht leicht herzustellen.
Der Mastdarmvorfall, Prolapsus ani, kann als eine Darmein­schiebung ohne Scheide auch hier seine Erledigung finden; man unterscheidet einen unvollkommenen Vorfall, wenn blos das hintere Ende des Mastdarmes vor die Afteröffnung fällt, sich vorstülpt, wo dann die Schleimhaut des vorgefallenen Theiles unmittelbar in die Haut des Afters übergeht, oder es schiebt sich der obere
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220nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten des Magens und Darmcanals.
Theil des Mastdarmes in den unteren ein und durch den After heraus, wo dann die Schleimhaut des vorgefallenen Theiles in die Wand des hinteren Mastdarmes übergeht, was als vollkommener Mastdarmvortall bezeichnet wird.
In beiden Fällen ist durch Einschnürung des Darmes zu In­filtrationen, zur Entzündung und brandigen Zerstörung, oder zur Verdickung der Mastdarmschleimhaut und anderen Entartungen Anlass gegeben. Grosse Erschlaffung des Mastdarmes durch chro­nische Catarrhe, heftiges Drängen bei der Kothentleerung, bei Mutterschweinen in Folge der Geburt, bei Pferden starkes Auf­blähen, Durchfälle, zahlreiche Larven der Mastdarmbremse, Poly­pen u. s. w. sind die gewöhnlichen Veranlassungen dieses Leidens.
Zeigt die vorgefallene Schleimhaut keine Infiltration, so ist leicht verdauliches Futter in geringer Menge, unter Umständen ein salziges Abführmittel, so wie die öftere Bestreichung mit einem Fettöle hinreichend, in kurzer Zeit den unvollkommenen Vorfall zurückzubringen. Wo dies nicht gelingt, soll man nach Haub-ner um die Afteröffnung herum 2—6 Schleimhautfalten mit einer Scheere abtragen, wohl auch die Schnittflächen oberflächlich mit einem Glüheisen brennen. Gegen Infiltration wendet man Ein­schnitte an, um die ergossene Flüssigkeit zu entleeren. Ist die Schleimhaut aber schon vom Brande ergriffen, so sucht man die Abstossung desselben durch aromatische Aufgüsse, fleissige Reini­gung u. s.w. zu begünstigen. Pillwax empfiehlt, um die Abschwel-lung des vorgefallenen und entzündeten Mastdarmes zu erzielen: Rp. 01. Hyoscyami coct. Aceti Saturni ana unc. unam. Exacte miscendo fiat liniment. D. S. Zur Einölung des vorgefalleneu Mastdarmes zu verwenden. Nimm: Gekochtes Eisenkrautöl Blei­essig von jedem ein Loth. Mische es zur flüssigen Salbe. Gib u. bez. wie nebenstehend.
Die Behandlung irreponibler Mastdarmvorfalle gehört in das Gebiet der Chirurgie.
Zerreissungen, Rupturen und Perforationen des
Darmes.
sect;. 13. Darmwunden sind natürlich, wenn das verletzte'Darmstück nicht ausserhalb der Bauchhöhle getreten ist, schwer zu diagnos-ciren; sie tödten durch allgemeine Peritonitis in Folge des Aus­trittes des Darmichaltes in die Hinterleibshöhle.
Die Zerreissungen oder Berstungen der Därme sind bei Pferden nicht selten und durch das häufige und heftige Nieder­werfen bei der Wind- und Verstopfungscolik dieser Thiere am Grimm- und Blinddarme oft genug zu beobachten; solche Einrisse gehen gewöhnlich von der serösen Haut aus, und ihre Charasterica haben wir schon bei den Magenrupturen geschildert. Verletzungen und Zerreissungen des Blind-, Grimm- und Mastdarmes entstehen meistens durch mechanische Einwirkungen u. z. wenn auf rohe
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Darmsteine.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;221
Weise der Mastdarm mit der Hand untersucht, durch ungeschickte Anwendung von Klystieren verletzt wird, durch festsitzende Koth-ballen und Darmsteine und fremde Körper, insofern sie durch Druck zum Geschwür und brandigen Zerfall der betreffenden Schleimhaut führen. In diesen Fällen gehen die Zusammenhangstrennungen von der Schleimhaut aus.
Darmperforationen durch typhöse Ruhr- oder Follicularge-schwüre kommen bei unseren Hausthieren nicht vor, wohl aber sind jene von Aussen nach Innen statfiudenden Perforationen nicht so selten u. z. durch Abscedirung benachbarter Gekrösdrüsen, durch Brand in eingeklemmten Darmstückeu u. s. w,
Darmsteine.
sect;. 14. Sie finden sich meistens im Dickdarme und belästigen durch ihre Grosse, indem sie das Darmrohr theilweise verschliessen; auch werden sie gefährlich, indem sie zur Darmperforation Veranlassung geben. Wenn sie einigermassen gross geworden sind, kann man sie durch die Bauchdecken als derbe Körper fühlen.
Darmsteine sind dichte, schwere, aus anorganischen Bestand-theilen zusammengesetzte Concretionen, die bis nun nur beim Pferde, das mit Kleie gefüttert wird, gefunden wurden. Die che­mische Zusammensetzung derselben differirt wenig, denn nebst dem phosphorsauren Ammoniak-Magnesia findet man in ihnen in wechselnden Quantitäten Kalkerde, Kieselsäure, organische Sub­stanzen und etwas Eisen. Die Farbe derselben ist entweder bräunlich, gelbbraun, grau, aschgrau oder bläulich.
Im Magen und Blinddarme, in welchem letzteren sich die Steine am häufigsten vorfinden, verweilen an und für sich die Nahrungsmittel länger und bei mit Kleie gefutterten Pferden des­halb noch länger, weil durch diese Fütterungsweise der Tonus sämmtlicher Organe und auch die Energie der Zusammenziehung der Darmwandungen leidet. Die Säure der Magen- und Darm­säfte löst wohl die anorganischen Stoffe der Nahrungsmittel, allein sie krystallisiren später bei der langsam vor sich gehenden Darm-contraction abermals heraus. Um einen, im Magen oder Darme befindlichen fremden Körper, welcher den Kern des späteren Stei­nes bildet, setzen sich die kleinen Krystalle des Trippelphosphates in Schichten ab, was entweder bis zum Abgange des Steines durch den After, oder bis zur Umänderung der Fütterung und der dadurch bedingten Entziehung des Materiales oder sogar bis zum Tode des Thieres vor sich gehen kann (Fürstenber^).
Die Darmconcremente bestehen ans Haaren, PflaE^enfasern, aus organischen und anorganischen Substanzen als phosphorsaure Ammoniak-Magnesia, Kalkerde, Kieselsäure und Chlorkalien. Beim Pferde und Schweine findet man dieselben im Dickdarme, während sie bei Hunden und Wiederkäuern im Magen und Dickdarm ge­funden werden; sie erreichen oft eine ziemliche Grosse, sind meist
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222nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten des Magens und Darmcanals.
grau, braun, porös, von lockerer Structur leicht zu verklei­nern.
Die Haarbälle finden sich bei den Wiederkäuern meist in dem Pansen oder der Haube, selten im Dickdarme, beim Schweine und Hunde häufiger im Dickdarme als im Magen. Sie bestehen gröss-tentheils aus spiralig übereinander gefilzten, durch Schleim ver­bundenen Deckhaaren oder Wolle; sobald ihre Bildung beschlossen ist, erhalten sie einen bräunlich schwarzen, glatten, glänzenden Ueberzug, der auf dem Durchschnitte grauweis erscheint, und die anorganischen Bestandtheile (phosphorsaure Ammoniak-Magnesia und Kalksalze) in viel geringerer Menge als die Concremente des Pferdes enthält.
Die Borstenballe der Schweine sind cylindrisch rauh, 1—l1/?quot; breit, während die Haarbälle des Hundes locker, ziemlich klein und ohne Salzüberzug gefunden werden.
Die Bildung der Concremente geht auf folgende Weise vor sich: Es werden die — während der Haarungsperiode mittelst der Zunge aufgeleckten Haare in den Magen- und Darmkanal ge­leitet, wo sie durch Schleim aneinander geklebt, und durch die Darmcontractionen und die vorbeigeführten Futterstoffe mit einan­der vertilri werden. Im Beginne ihrer Bildung enthalten sie nur wenig anorganische Stoffe; aber nach und nach setzen sich Salze an dieselben ab und bedingen namentlich bei der Kleienfütterung das fernere Anwachsen, denn sie sind oft aus mehreren graueu oder braunen, dem Darmsteine ähnlichen Concrementen zusammen­gesetzt.
Die sogenannten falschen Darmsteine entstehen durch fort­gesetzte Ablagerung von phosphorsaurer Ammoniak-Magnesia auf die Oberfläche der aschgrauen Concremente, sind von weisslicher, grauer oder brauner Farbe, an der Oberfläche entweder glatt, wie polirt und mit kleinen Oeffnungen versehen, oder aber durch kleine nervorspringende Krystalle rauh und uneben. Um den Kern ist eine weiche, filzige, aus Haaren oder Pflanzenresten bestehende Masse, welche gegen die Oberfläche zu allmälig an Dichte zu­nimmt. Sie finden sich im Dickdarme des Pferdes entweder ver­einzelt und dann regelmässig rund oder länglicht, oder in grösserer Zahl und dann meist eckig.
Die wahren sowohl als die falschen Darmsteine und die Concremente geben u. z. um so eher und häufiger, je grosser, schwerer, und an der Oberfläche unebener sie sind, zur Entstehung von Coliken, zu Trennungen, selbst Perforationen der Darmwand in Folge der durch sie verursachten mechanischen Verletzung und der Behinderung der Fortbewegung der Excremecte Veranlassung.
Neubildungen des Darmkanals.
sect;. 15. BeiThieren ist der Darmkrebs selten. Roll hat blos einen Fall von derben Faserkrebs im Dünndarm gesehen, wodurch das
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Krankheiten der Leber und Gallenblase.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 223
Darmrohr bedeutend verengt wurde. Die Darmtuberculose und Cysten wurden bei unseren Haussäugethieren noch gar nicht beob­achtet. Polypen finden sich bei Pferden und Hunden im dünnen Darme in Form kleiner Geschwülstchen. Pigmentathäufungen sind namentlich bei Pferden nicht selten, wo die Darmschleimhaut streckenweise schwarz gefärbt erscheint (diffuse Melanose); bei Pferden, die an Darmtyphus litten, finden sich zuweilen thaler-grosse Pigmentanbäufungen im subserösen Bindegewebe, entspre­chend jenen Stellen, wo die infiltrirten Plaques sassen. Melano-tische Geschwülste kommen in dem, den Mastdarm der Pferde um­gebenden Bindegewebe vor. Lipome kleineren Umfanges ent­wickeln sich zuweilen aus dem submucösen und subserösen Binde­gewebe des Darmes und hängen im ersteren Falle in die Darm-nöhle, im letzteren als lang oder kurz gestielte Geschwülsichen in den Peritociaealsack hinein. Fibroide kommen im Dickdarme des Pferdes vor. Bindegewebsneubildungen finden sich bei Thieren in Folge chronischer Catarrhe als Hypertrophie des submucösen Zell­stoffes und Verdickung der Mucosa.
Krankheiten der Leber und Gallenblase.
sect;. 16. Die Krankheiten der Leber unserer Haussäugethiere sind während des Lebens schwer erkennbar; die Ursache liegt wohl darin, dass sowohl die Resultate der Palpation (des Betastens) als der Percussion nur wenig verlässliche Anhaltspunkte zur Stellung einer unbestreitbaren Diagnose liefern, und dies deswegen, weil der Umfang der Leber einestheils wegen der unmittelbaren An­lagerung der gewöhnlich mit festen Fäcalstoffen angefüllten dicken Gedärme nicht so leicht zur Anschauung gebracht werden kann, und anderntheils, weil dieses Organ bei grösseren Hausthieren keine wahrnehmbare Hervorwölbung bildet.
Die primären Leberkrankheiten sind selten, ihre Ursache oft unbekannt; ausser den mechanischen Einwirkungen, Verwundun­gen, Stockschläge auf die Lebergegend, beschuldigt man meistens grosse Hitzegrade, feuchtwarme, mit Sumpfmiasmen geschwängerte Luft, verdorbenes Futter u. s. w. Die Seeundären kommen häufig genug vor, insbesondere in Folge von Krankheiten des Herzens und der Lungen und der durch diese bedingten Stasen in diesen Organen, nicht selten treten sie auch bei fehlerhafter Blutbeschaf­fenheit auf, und zuweilen pflanzen sich Krankheiten der Nachbar­organe vorzüglich des Magens, Darmes, des Bauchfelles auf die­ses Organ fort.
Die Leberkrankheiten bedingen häufig Krankheiten der Milz, seröse Ausschwitzungen in das Unterhautzellgewebe, in dieBauch-und Brusthöhle, haben in der Regel Störungen der Verdauung, der Ernährung, und auch:
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004nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten der Leber und Gallenblase.
die Gelbsucht, Icterus, Morbus regius
im Gefolge. Blau verstellt darunter eine Reihe von verschiedenen Krank! icitsprocessen, welche das geineinsame Symptom einer Ab­scheidung vox Gallenbestandtheilen des (Oholepyrrhins) Farbe-stoft'es der Galle, in der Haut, in verschiedenen Öe- und Excreten und zum Theil auch in inneren Organen bedingen.
Gewöhnlich zeigt sich die Bindehaut der Augen, die Schleim-baut des Maules bei Schafen, weissen und weissgefieckten Hunden auch die Haut mehr weniger intensiv gelb gefärbt; selbst im Blut­serum, in den serösen Transsudaten der Brust- und Bauchhöhle und im Harn ist Gallenfarbstoff nachzuweisen; von den inneren Orgauen erscheinen am entschiedensten die Leber, selbst die Nieren u. s. w. tingirt. Die gelbe Färbung zeigt übrigens verschiedene Nuan­cen, sie besitzt nicht selten einen Strich ins Grünliche oder ins Braune (bei Hunden) bis ins Schwärzliche streifend. Sehr charakteristisch und schon bei höheren Graden ohne chemischen Nachweis sicht­bar sind die Veränderungen des Harns, welcher gelb, dunkelbraun, grünlich oder gar schwärzlich gefärbt wird.
Da auch andere Farbstoffe eine ähnliche Farbe erzeugen, so 1st zur genaueren Feststellung die chemische Prüfung nothwendig; man bedient sich hiezu gewöhnlich der Salpetersäure, die nicht ganz frei von salpetriger Säure ist, welche bei langsamen Zuflies-sen in stufenweiser Folge und schichteuweiser Lagerung den Far-benwechsel von grün, blau, violett, roth und gelb hervorbringt.
Die Excremente sind gewöhnlich sehr sparsam, fest, trocken, es ist meist Obstipation verherrschend; je vollständiger der den Icterus veranlassende Abschluss der Galle ist, desto weniger ge­färbt sind die Fäces und bei vollständigem Verschluss des Ductus choledochus erscheinen sie ganz hell wie Lehm oder Thon, und bekommen einen fauligen Geruch. Sie können auch flüssiger sein durch reichlichen Zufluss der Galle, während der Icterus noch fortbesteht, oder durch intercurrente Darmcatarrhe; auch können sie Schleim, Eiter, Blut enthalten, wenn die Gelbsucht im Gefolge schwerer Erkrankungen der Leber, Scyrrhus, Würmer u. s. w. auf­tritt. Eine Reihe anderer Erscheinungen, welche mehr weniger constant die gclbsüchtigen Zustände begleiten, hängt zunächst von dem Grundleiden, von der gestörten Verdauung, der veränderten Blutmischung und der Wirkung derselben auf das Nervensystem ab.
Die Krankheit verlauft meistens fieberlos, die Thiere sind noch lange Zeit munter bei wechselndem Appetit; mit der Zu­nahme der Krankheit verlieren sie diesen gänzlich, werden schwach und matt, magern ab, zuweilen gesellen sich Schwindel, Bewusst-losigkeit manchmal grosse Aufregung und Zuckungen hinzu. Die Haut soll zuweilen schmierig, bisweilen trocken gefunden werden. Spinola gibt auch an, dass sie zu exanthematischen Erkrankun­gen geneigt sei (?!). Bei der Gelbsucht der Menschen kommen freilich durch das Kratzen der Kranken, die das lästige Haut-
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Gelbsucht.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 225
jucken bedingt, Papeln, Bläschen, Quaddeln auf der Haut zum Ausbruche, vielleicht hat Spinola analoge Exantheme auch bei den Thieren gefunden. Er hat sich darüber des Näheren nicht ausgesprochen, und deshalb bleibt uns die Geneigtheit zu exau-thematischen Erkrankungen beim Icterus dunkel.
Die Entstehung der Gelbsucht ist entweder bedingt durch Resorption schon gebildeter Galle, oder wenn auch seltener, durch die gehinderte Ausscheidung der Gallenbestandtheile aus dem Blute. Es unterliegt keinem Zweifel, dass jedenfalls die meisten Fälle von Icterus durch Aufsaugung bereits secernirter Galle ver-anlasst werden. Gewöhnlich ist es leicht, die mechanische Stö­rung der Gallenexcretion anatomisch nachzuweisen und über den Modus der entstehenden Gelbsucht durch Uebertreten der Galle in die Lymphgefässe und in das Venenblut haben Experimente vod Saun-ders, Friedemann und Gmeliu u. v. A. viel Licht verbreitet. Die Beobachtung zeigt aber auch eine Keihe von Fällen des Icterus, wo eine direct mechanische Behinderung für den Abiiuss in keiner Weise vorliegt, ja nicht einmal eine Botheiligung der Leber nach­zuweisen ist, wie z. B. bei der Pneumonic, bei vielen Blutkrank­heiten, Typhus, Pyämie etc.
Verlauf, Dauer und Ausgang der Gelbsucht sind von der Grundkrankheit abhängig, weshalb auch ihre Dauer sehr verschie­den ist; sie wird manchmal in 14 Tagen zur Heilung gebracht, in anderen Fällen, besonders wenn sie durch Neubildungen und an­dere Entartungen der Leber bedingt ist, kann sie bis zum Tode lortbestehen. Im Allgemeinen nimmt der Icterus den Ausgang iu Genesung; in den Fällen, wo er in wichtigen organischen Verän­derungen der Leber seinen Grund hat, auch in den Tod, deshalb ist auch bei der Stellung der Prognose einzig und allein die ver­anlassende Ursache massgebeud. Besteht das Uebcl längere Zeit, sind die Ursachen nicht zu erkennen oder zweifelhaft, liegen sie gar in organischen Fehlem der Leber, so wird man die Thiere je früher desto besser schlachten.
Zur Entwicklung der Gelbsucht können alle jene Schädlich­keiten Veranlassung geben, welche Störungen der Se- und Excre­tion der Galle herbeilühren, wozu im weitesten Sinne Erkrankun­gen der Leber und Gallenblase gehören. Der Mangel der Gallen­blase bei den Einhufern scheint die Entstehung des Icterus inso-ferne zu erleichtern als bei diesen jeder temporäre oder dauernde Verschluss nicht erst zu einer Ueberfüllung der Blase mit Galle, sondern sofort zur Gallcnstauung im Lebcrparenchym führt.
Neben der fettigen Entartung der Leber sind es besonders die Aftergebilde und Verhärtungen der Lebersubstanz, Verengerun­gen, Verschliessung der Pfortader oder einzelner Stämme dersel­ben, mechanische Verstopfung der Gallengänge durch Steine, Saud, Würmer oder durch auflagernde Geschwülste etc., in deren Gefolge die Gelbsucht aufzutreten pflegt.
Eine andere Reihe von veranlassenden Ursachen liegt in Ge-
Kraus, iJath. u. Therap. der Hauasäugethiere.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;15
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Krankheiten der Leber und Gallenblase.
ruüthsStörungen, Zorn, Aerger bei Hunden etc., in den Einflüssen der Witterung und der Nahrungsmittel, welch letztere durch man­nigfache Abweichungen grosse Dürre, wechselnde Witterung und die dadurch bedingte Erkältung, so wie anderseits der Genuss schlechten Trinkwassers und verdorbener Nahrungsmittel etc. gelb-süchtige Zustände verursachen können.
Bei der Behandlung der Gelbsucht ist die Entfernung der veranlassenden Ursachen die wichtigste Aufgabe. Da aber die ätiologischen Verhältnisse häufig nicht genau zu ermitteln sind, so ist aneh die Behandlung zumeist eine symptomatische und gewöhn­lich auf die erfahrungsgemäss sich wirksam zeigenden Mittel be­schränkt ; zu diesen gehört bei Hunden und Schweinen, nament­lich wenn Zorn und Aerger oder Witterungseiuflüsse als Ursachen anzusehen sind, die Anwendung eines Brechmittels, welches im Anfänge gereicht, häufig das Uebel coupiren soll. Wenn aber die Gelbsucht längere Zeit besteht, so finden die gelind abführenden und bitteren Mittel Anwendung. Besonders hat man Calomel, Weinstein, Bittersalz, Brechweinstein in refraeta dosi etc., unter Umständen mit kleinen Dosen von ecoprotischen oder bitteren Pflan­zenmitteln (Rhabarber, Enzian, Aloe, Wermuth etc.) erfolgreich an­gewendet. Bisweilen hat sich auch das Terpentinöl in einer Emul­sion mit Eigelb nützlich gezeigt (V), namentlich wird dasselbe bei vorhandenen Gallensteinen gerühmt.
Neben der therapeutischen Behandlung ist jedoch stets ein entsprechendes diätetisches Verhalten zu beachten und den Thie-ren ein gesunder, massig warmer Aufenthaltsort und leicht ver­dauliches saftiges Futter zu geben: daher aussei- der Grünfutter­zeit: rohe Kartoffeln, Mohrrüben etc. und zur Frühjahrszeit ganz besonders junge Disteln.
sect;. 17. Die Hyperämie der Leber
bildet den Ausgangspunkt der verschiedenartigsten anderweitigen Degenerationen und Processe der Leber, die sie auch begleitet. Bei dem Umstände, als der Kreislauf in der Leber von verschie­denartigen Vorgängen abhängt, wird die Leberhyperämie zu einer häufigen Krankheit.
Sections befand. In den acut auftretenden Fällen findet sich eine mehr weniger gleichmässig vertheilte dunklere Färbung, das Parenchym ist gelockert, aus der Schnittfläche und auch aus den kleinereu Gefässen fiiesst eine grösserc Menge Blut: das Volumen des ganzen Organs ist vergrössert, ohne Veränderung der Form. In einer Reihe von Fällen erscheint die dunkle Färbung ungleich-massig vertheilt, bald mehr in der Mitte der Läppchen (Leberve­nen), bald mehr in der Peripherie (Pfortader) derselben kenntlich: die Läppchen sind von blassrothen oder gelblichen Streifen um­geben, wodurch die Leber mit dem Durschschnitie einer Muskat-nuss Aehnlichkeit bekommt, weshalb diese Form der Leberhyperä­mie auch mit dem Namen der Muskatnussleber bezeichnet wird;
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Leberhyperämie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 227
sie kommt vorzüglich bei Pferden vor und ist besonders bei den Stauungshyperämien Herz- und Leberkrankheiten ausgebildet. Hö­here Grade dieser ungleichen Gefässanfüllung sind mit Erweiterung der Gefässe und Stockung verbunden.
Aetiologie. Mechanische Hindernisse geben die frucht­barste Quelle für Leberhyperämien ab, namentlich sind es diejeni­gen Zustände, bei denen eine Ueberfüllung des rechten Herzens statt hat. So sehen wir beim Lungenemphysem, bei acuten und chronischen Infiltrationen der Lungen, bei Ergüssen in der Brust­höhle, beim Asthma, bei organischen Herzfehlern Leberhypera­mien auftreten. Ebenso findet man sie im Gefolge aller acuten Blutkrankheiten, bei denen auch die Milz geschwellt erscheint, Typhus, Anthrax, Pocken, Rinderpest, bei acuten Magen- und Darmkrankheiten, bei Vergiftungen durch narcotische Substanzen. Als veranlassende Momente zur Hervorrufung selbstständiger (pri­märer) Leberhyperämien werden mit Recht Verwundungen, Er­schütterungen des Organs bezeichnet und endlich sehen wir sie unter der allerdings auch vielfach überschätzten Einwirkung hoher Temperaturgrade, schlechten Futters und Getränkes, gesundheits­schädlicher Aufenthaltsorte der Tiiiere entstehen.
Characteristische Symptome werden während des Lebens nicht
beobachtet, gastrische Störungen sind häufig, Obstipation vorwal­tend, zuweilen ist Gelbsucht vorhanden: bei der Muskatnussleber ist die Conjunctiva gewöhnlich gelb gefärbt.
Die jPrognose ist hauptsächlich von der Möglichkeit der Be­seitigung der zu Grunde liegenden Ursachen und vom Grade der Ausbildung bleibender Veränderungen abhängig. Eine wirkliche Muskatnussleber mit wirklicher Erweiterung der Venenwurzel, con-secutiver Pigmentbildung und Schwund der Leberzellen ist nicht mehr rückbildungsfähig.
Die Behandlung muss vorzüglich eine causalc sein: wenn es glückt, bei den mechanischen Hyperämien den Kreislauf zu regeln, so ist das wichtigste zur Beseitigung der Leberhyperämie gethan. Directe Mittel sind Ruhe, sparsame, gesunde, leicht verdauliche Nahrung, Ableitung auf den Darm, durch Salze, Senna, Calomel; auch Blutentziehungen können gute Dienste leisten.
Die Anämie der Leber ist eine Theilerscheinung allgemeinen Blutmangels, ausserdem ist die mit Fett überladene Leber in auf­
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ezeichnetem Grade blutleer.
sect;. 18. Leberblutung, Apoplexie der Leber
kommt nach Roll verhältnissmässig nur selten vor und zeigt ent­weder das Bild einer inneren Verblutung oder eines neberhafteu Leberleidens. Derselbe Forscher sah in einigen Fällen die Leber­blutung bei Pferden, die an sehr acutem Typhus litten, in anderen
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Krankheiten der Leber und Gallenblage.
während heftiger Kolikanfälle, vielleicht in Folge des Niederstür-zens und Wälzens, nach Contusionen der Leber, bei Lämmern bei einer sehr reichlichen Ernährung eintreten; bei Rindern und Scha­fen kommen kleine Apoplexien der Leber während des Anthrax, grosse ausgebreitete apopiectische Heerde habe ich bei Thieren aus galizischen Triebheerden durch Stösse und Schläge und andere Misshandlungen veranlasst, oft gesehen.
Section. Bei Pferden findet die Blutung gewöhnlich an der convexen Seite der Leber statt, ergiesst sich unter den Bauchfell-Überzug und bringt diesen endlich zur Berstung, wornach Bauch­fellentzündung eintritt, wenn nicht der Tod rasch durch die starke Blutung erfolgt. Leise ring fand bei einem Pferde ein 5 Pfund schweres Blutcoagulum unter der Leberhiilse.
Leberentzündung, Hepatitis.
sect;. 19. Die Leberentzlindung gehört zu den selten vorkommenden und schwer diagnoscirbaren Krankheiten unserer Haussäuge-thiere. Roll hat dieselbe bei Pferden nur einigmal gesehen, Hart­wig behauptet, dass sie bei allen Hundearten zu jeder Jahreszeit und in manchen Gegenden sogar in endemischer Verbreitung vor­komme. Spinola meint, die idiopathische parenehymatöse Leber­entzündung sei keine seltene Krankheit; Gerlach beobachtete den Leberabscess an einer Kuh, auch Spinola will ihn bei Rin­dern gesehen haben, weil er die Behauptung aufstellt, dass letz­tere mit bedeutenden Lcberabscessen längere Zeit fortleben kön­nen, wahrscheinlich hat hier eine Verwechslung mit jenen dick­wandigen mit grossen Eitermassen angefüllten bei den Rindern nicht selten anzutrefi'endeu Kapseln stattgefunden, welche sich in Folge der Entzündung der den vielgestaltigen Hülsenwurm um-schliessenden Bälge in der Lebersubstanz bilden. Es ist übrigens nicht unwahrscheinlich, dass viele Fälle von Leberhyperämien und Fettleber als Entzündung dieses Organs angeführt werden.
Das anatomische Verhalten der Leberentzündung schildert Roll wie folgt:
Die entzündeten Leberpartien waren bei den Pferden (die dieser exaete Forscher beobachtete) gelblieh oder röthlich grau gefärbt, oder doch bleicher, ohne Spur eines körnigen Ansehens, sehr mürbe und hie und da von gelblichen Eiterpunkten durch­setzt, während das umgebende Leberparenchym hyperämisch und die entsprechende Stelle des serösen Ueberzuges getrübt erschien.
Aussei- den, bei metastatischen Entzündungen, besonders an der Leberoberfläche vorfindlichen Abscessen, hat Roll Abscesse in der Leber bisher nicht angetroffen.
Die Sectionsdata anderer Autoren, von Falke, Spinola u. s. w. sind höchst unklar und passen am allerwenigsten für die Leberentzündung.
Haubner führt unter dem Namen: typhöse Leberentzün­dung, bösartige Gelbsucht, eine bei Schafen, die mit Schlampe ge-
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Leberentziindung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;229
füttert und in dunstigen, heissen Stallungen untergebracht wurden, obwohl nur selten vorkommende, sehr verheerende Krankheitsform an, welche unter den Erscheinungen eines sehr acuten, fieberhaf­ten Leberleidens verläuft, rasch tödtlich endet und den Sections-daten nach wohl eine Leberentzündung (??) gewesen sein dürfte.
Symptome. Spinola entwirft folgenden der primären, acu­ten, parenchymatösen LeberentzAindung zukommende Symptomen-complex.
In der Regel ist sthenisches Fieber vorhanden, dabei stehen die Thiere stumpfsinnig, wie betäubt, Pferde senken den Kopf und nehmen gewöhnlich eine schräge und mit den Hinterschenkeln kuh-hessige Stellung an, setzen den rechten Hinterfuss vor, besonders wenn der rechte Leberlappen leidet, legen sich nicht, oder wenn es geschieht, nur auf kurze Zeit (auf die rechte Seite); gewöhn­lich äussern sie in diesem Falle dumpfe (?) Kolikschmerzen, durch Umsehen nach dem Leibe, zeitweises Scharren mit den Vorder-füssen. Je mehr die vordere Fläche der Leber leidet, desto trau­riger stehen die Thiere und sind dann Athmungsbeschwerden sicht­barer. Der Gang ist gespannt, in kurzen Schritten und schräger Richtung. An dem gespannten Bauche ist die rechte Uuterrippen-gegeud mehr oder weniger aufgetrieben (Hunde) und wird daselbst, wohl vermehrte Wärme wahrgenommen; auch äussern die Kran­ken bei Berührung dieser Stelle grössere Empfindlichkeit, Schmer­zen. Die thräneuden Augen sind halb geschlossen, die Augenlider dabei wie aufgedunsen, die Conjunctiva bräunlichroth gefärbt. Hat die Krankheit schon einige Zeit bestanden, so findet sich ge­wöhnlich auch Gelbfärbung der Conjunctiva, wie der übrigen Schleimhäute ein; doch ist dieselbe nicht in allen Fällen und na­mentlich nicht gleich zu Anfang und in den sehr acut verlaufenden Fällen vorhanden, oder doch nur sehr schwach angedeutet; das Letztere ist der Fall, wenn der seröse Ueberzug der Leber vor­zugsweise leidet, dagegen fehlt sie selten oder nie bei mehr ver­zögertem Verlaufe und wenn die Gallengänge ergriffen sind. Die Kothentleerung ist verzögert oder Mistverhaltung vorhanden; die Excremente sind klein geballt, hart, dunkel gefärbt, glänzend, wie mit Firuiss überzogen. Später nimmt der Koth eine hellere Fär­bung an. Der Urin ist gelb gefärbt, safranartig, oder rothbrauu, namentlich wenn das Parenchym und die Gallengänge leiden; spä­ter und beim asthenischen Zustande erscheint der Urin ölartig (V).
Es ist einleuchtend, dass diese Erscheinungen durchaus nichts Characteristisches für ein bestimmtes Leberleideu haben, und allen von Fieber begleiteten krankhaften Zuständen dieses Organs zu­kommen können.
GelegenheitsUrsachen. Zu grosse Anstrengungen, über-mässiges, nahrhaftes, oder verdorbenes Futter, äusscre Gewaltthätig-keiten, die eigenthümlichen Witterungsverhältnissc des Sommers und Herbstes, Mangel an Trinkwasser zu dieser Zeit, verdorbene Stall­luft. Vorzüglich bildet sie sich aber aus anderen Krankheiten her­vor, als bei Typhen, aus Zwerchfell-, Lungen-, Magen-, Darment-
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230nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten der Leber und Gallenblase.
zUndung- und tritt auch gern zu Gehirnaffectionen oder ruft andern-theils diese hervor.
Prognose. Die Lebcrentzündung gehört immer zu den ge­fahrlichen Krankheiten.
Behandlung. Entfernung der Ursachen. Bei der acuten Leberentzündung ein streng antiphlogistisches Verfahren; Ader­lässe, Einreibungen der grauen Quecksilber-, der Cantharidensalbe, nach mechanischen Ursachen kalte Ueberschläge. Innerlich Sal­peter, Weinsteinrahm mit Glauber- oder Doppelsalz, Calomel mit Weinsteinrahm, Klystire.
Abnormitäten der Grosse, Gestalt und Lage.
sect;. 20. 1) Die eigentliche Hypertrophie kommt im Allgemeinen nur selten in einem auffälligem Grade vor, die Leber erscheint dabei gross, dichter, von grobkörnigem Gefüge bei vollkommen unver­letzter Structur.
2)nbsp; Die Volumsabnahme, Schwund (Atrophie) der Leber ist bedingt durch Collapsus, Zerfall und Resorption der Leberzellen. Die Leber erscheint atrophisch im Gefolge anhaltender venöser Stauung (Muskatnussleber) bei der Scirrhosis oder Lebergranula­tion, bei schwieliger, krebsiger Entartung der Capsula Glissonii und ihrer Fortsätze in das Parenchym hinein, bei Verengerung, Verschliessung der Pfortader und ihrer Aeste, Carcinom, beim Hydrops der Gallenwege, durch Druck von Neubildungen, von Acephalocystcn-Säeken.
Jene Form der interstitiellen Lebcrentzündung, bei welcher die Bindegewebswucherung in die feinen Läppchen hineindringt, die gelbe Leberatrophie, beobachtete Roll bei Pferden unter den Erscheinungen eines typhösen Fiebers mit ausgesprochener Gelb­sucht höchst acut verlaufen. Die Leber ist in solchen Fällen ab­geplattet, verkleinert, ihr Ueberzug gerunzelt, auf dem Durch­schnitte schlaft', durch Tränkung mit Galle gesättigt, gelb, unela­stisch, nicht körnig, weich, leicht zerreisslich; das Blut ist dünn­flüssig, oder bildet höchstens schlaffe, schmutzige Gerinnungen, die Milz hyperämisch geschwellt.
3)nbsp; Die gelappte Leber, die man bei Hunden zuweilen an­trifft, kommt angeboren als ungewöhnlich scharfe Sonderung der normalen Lappen und als mehrfache Lappung eines normalen oder überzähligen Lappens vor. Eine erworbene Lappung wird in ver­schiedenem Grade durch partielle Verödung der Lebertextur in mehr weniger umschriebenen Bindegewebsanhäufungen ohne oder mit Obliteration von Pfortaderresten bedingt.
4)nbsp; nbsp;Die Anomalien der Lage bestehen in der Lagerung der Leber ausserhalb der Bauchhöhle (Lcberhemie) bei Spal­tung der Bauchwand, in der Brusthöhle, bei Zcrreissungen des Zwerchfelles (Schmiele bei einer Hühnerhündin). Ferner kommen Lageveränderungen innerhalb der Bauchhöhle vor, sie wird durch den ausgedehnten Herzbeutel oder durch den erwei-
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Neubildungen de;- Leber.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 231
terten Pleurasack nach hinten gedrängt und endlich durch Ergüsse im Peritonäalsacke durch den meteoristischen Darmcanal u. s. w. in die Eöhlung des Zwerchfelles und nach dem Brustraume vor­gedrängt.
Trennungen des Zusammenhanges.
sect;. 21. Nebst den Verwundungen durch eindringende verletzende Werkzeuge kommen besonders Zerreissungen der Leber von Stoss, Quetschung und Erschütterung vor. Sie werden gewöhnlich bald durch die Blutung tödtlich; Leberberstungen sollen aber auch bei Pferden in Folge von Entzündung und Erweichung des Organs eintreten, wie Falke und Busse gesehen haben wollen.
Neubildungen.
sect;. 22. Neubildung des interstitiellen Bindegewebes der Leber gewöhnlich mit gleichzeitiger fettiger Entartung der Leberzellen bil­det die sogenanute granulirte Leber (Cirrhossis hepatis), welche Roll nur bei Fleischfressern angetroffen hat.
Der Name Cirrhose ist von der bei dieser Krankheit nicht selten vorkommenden weingelben Farbe des Organs hergenommen, ist aber nicht bezeichnend, da diese Farbe keineswegs constant ist, und überdies noch bei ganz anderen Zuständen der Leber vor­kommt.
In ihrer ausgebildeten Form zeigt die Leber folgendes Aus­sehen. Das Volumen der Leber im Ganzen ist auffallend verklei­nert, sie ist hart, derb, dabei lederartig, zähe geworden, ihre Hülle von weisslichen verdickten Streifen durchzogen, ist adhärent, na­mentlich am Diaphragma. Die Oberfläche erscheint warzig ge­körnt, die Granulationen von Hanfkorn- bis Erbsengrösse, die Rän­der der Leber zu einem dünnen sehnigen, leicht umklappbaren Saume degenerirt. Auch die Gestalt der einzelnen Lappen ist verändert, durch bedeutenden Schwund des linken Lappens er­scheint der rechte mehr zusammengedrängt und kuglig, auf dem Durchschnitt sieht man ein fibröses, gelbweisses Netzwerk, in wel­chem gelbe Granulationen einzeln oder gruppenweise eingelagert sind. Die durchsetzenden Faserzüge bestehen aus Bindegewebe in verschiedenen Formen und Stadien seiner Entwickelung, die Gra­nulationen sind Leberparenchym, das gallig filtrirt ist, mit Gallen­pigment durchsetzt und meistentheils fettigen Zerfall seiner Zellen in verschiedenen Graden bis zu seinem vollständigen Schwunde zeigt. Die feinen Verzweigungen der Gallengänge, sowie Capillaren obliteriren in höheren Graden der Affection, was als Grund der galligen Infiltration, als Beförderungsmittel des Schwundes der Le­berzellen und als die Ursache der Circulationsstörungen, der häu­figen Anschwellung der Milz, der Hyperämieen des Darmes und
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23?nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten der Leber und Gallenblase.
von diffusen Entzündungen des Nierenparenchyms und der serösen Transsudation ins Bauchfell zu betrachten ist. Nicht immer ist diese Degeneration in gleich hohem Grade vorhanden; sie betrifft nicht das ganze Organ, sondern nur einzelne Parthien, so dass es zuweilen zu keiner Verkleinerung des Volumens, zu keiner Gestalt­abweichung kommt, üebergänge zu grössererLappung sind häufig, oder es kann das neugebildete Bindegewebe so reichlich entwickelt sein, dass das Leberparenchym ganz verdrängt und geschwun­den ist.
Fettige Degeneration, Fettleber.
g. 23. Abgesehen von den bedeutenden Schwankungen, welche abhängig von der Ernährung etc. vorkommen, ohne dass man be­rechtigt wäre, sie als pathologischen Zustand aufzufassen, sondern die blos eine wieder ausgleichbare rcsorptiousfähige zeitweise Fettanfullung darstellen, wie z. B. bei gemässten Thieren zeigen die ausgebildeten Formen der Fettleber blassere Farbe des Paren-chyms und Uebergang in graugelbe Färbung. Die Consisteuz wird bei höheren Graden vermindert, das Gewebe teigig und die Mes­serklinge zeigt einen fettglänzenden Belag. Auch die Form der Leber ändert sich: die Peritonäalhülse ist glatt, glänzend, die Ränder sind verdickt und abgerundet, der Breiteudurchmesser wächst zuerst und bei allgeineiner Fettinfiltration endlich auch der Diekdurchmesser.
Die microscopische Untersuchung zeigt zunächst um die Pfortaderzweige, also von der Peripherie gegen das Centrum vor­schreitend, die zuerst kleinen und isolirten Fettfröpf'chen in den Zellen, auch an den Stellen, wo sich noch keine Veränderung des äusseren Ansehens constatiren lässt, bei fortschreitender Degenera­tion zu grösseren Tropfen allmälig zusammenfliessen, die Zellen­kerne und den Zelleninhalt verdrängen, die Zellen ausdehnen, so dass ihre eckige Form verloren geht und ihre Membran undeut­lich wird.
Durch vollständigen Verfall der Zellen kam. das Fett frei austreten und es kann durch die Resorption des ausgetretenen Fettes zu einer Art von Atrophie der Leber kommen, wobei sie durch das stärkere Hervortreten des intersfitiellen Bindegewebes sogar eine Art von granulirten Ansehen darbietet.
G u r 11 fand bei influenzakranken Pferden die fettigentartete Leber — sonst wird sie häufig genug auch neben Brustfell — Lun­gen- und der Herzbeutelentzündung angetroffen, jedoch steht die Fett­leber in keiner Beziehung zu den erwähnten Leiden: da aber fette Thiere häufiger erkranken als magere und diese nicht selten eine Fettle­ber besitzen, so darf das öftere Vorkommen dieser Lebergeneration neben andern pathologischen Veränderungen nicht Wunder nehmen.
3) Tuberkel sind in der Leber nur Theilerscheinungen einer allgemeinen Tuberculose oder folgen wenigstens consecutiv auf Lungentuberculose. Als Miliartuberculose, in grosser Menge durch
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Entzündung der Gallenblase.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 233
die ganze Leber zerstreut, findet er sich bei Pferden, als clironi-sche Granulation in der Grosse einer Wallnuss und selbst eines Hühnereies bei Rindern.
4)nbsp; Cysten mit serösem oder galligem Inhalt sah Roll bei Wiederkäuern gewöhnlich in Folge saekiger Erweiterung eines Gallenganges, sie können zum Schwund des Leberparcnchyms führen.
5)nbsp; Speckleber, anryloid degenerirte Leber ist bei unseren Hausthieren selten. Die Leber erfährt hiebei eine bedeutende Vo­lumszunahme, vorzüglich sind die Breitendurchmesser vergrössert, wodurch sie platt erscheint, sie ist bretthart; die Schnittfläche, speckig glänzend im Ganzen zeigt die Leber eine wächserne Be­schaffenheit: das Parenchym ist blutarm, trocken, homogen der acinöse Bau der Leber fast ganz verwischt, die Farbe graulich gelb, blassbraun. Das Wesen der Degeneration besteht in der Um­wandlung des Inhaltes der Leber- oder neugebildeten Zellen in eine colloide Masse.
6)nbsp; Der Leberkrebs wird besonders bei Pferden und Hunden als Markschwamm angetroffen und zwar bei ersterenals idiopathischer Leberkrebs — bei Hunden seeundär im Gefolge des Brust- und Lymphdrüsenkrebses. Leisering hat ihn auch bei Kühen gefun­den. Der Markschwamm entwickelt sich in zahlreichen weissröth-lichen Knoten von Erbsen- bis Hühnereigrösse durch die ganze Leber vertheilt, oft wuchern die Knollen über die Leberoberfläche hervor. Der Leberkrebs veranlasst heftige Kolikanfälle und die Erscheinungen diffuser Bauchfellentzündung.
Krankheiten der Gallenblase und Gallengänge.
sect;.24. Die Entzündung der Gallenblase und Gallengänge erscheint am häufigsten als eine catarrhalische und bewirkt Injection, Schwel­lung der Sehleimhaut; die Gallcngänge und Gallenblase sind von einer zähen, mit Schleim gemischten Galle erfüllt; der Abfluss der Galle wird verhindert: und die Gallenblase erweitert sich vorzüg­lich bei Rindern und Fleischfressern oft in enormer Weise, hinter der entzündeten Stelle desgleichen die Gallengänge. Die an­dauernde Schwellung verdickt die Schleimhaut und es kommt ent­weder zur Verengerung oder gar zur vollständigen Obliteration eines oder mehrerer Gänge und consecutiv zur Gelbsucht, zu sacki­gen Erweiterungen, welche mit Galle und Schleim gefüllt sind, zu polypösen Wucherungen der Wände u. s. w. In der Galleublase führt die Gallenstauung zuweilen zur Verschwärung und Perfora­tion in die Bauchhöhle. Auch croupöse und diphtheritische Ex­sudationsformen mit Verschortung finden sieh auf der Schleimhaut der Gallenblase bei der Rinderpest, beim Anthrax u. s. w.
Die erwähnte Entzünduugsforra wird sowohl durch Verbrei­tung von Intestinalcatarrhcu und Entzündungen insbesondere des Zwölffingerdarmes auf die Gallengänge und die Gallenblase als auch durch den Reiz von Gallensteinen veranlasst.
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Ki-ankheiten der Leber und Gallenblase.
Die Gallenblasenausdehnung oder Erweiterung ist nicht sel­ten und wird durch nianclie Hindernisse der Gallenexcretion, durch entzündliche Anschwelhing und Exsudation (plastische Lymphe) der Schleimhaut, durch Druck von den Nachbarorganen und end­lich durch Gallensteine bedingt, auch Verstopfung des Blasen-gallenganges mittelst Gallenconcremente führen zur Ausdehnung, indem die in der Gallenblase enthaltene Galle sich mit Schleim mischt, wodurch die Blase ausgedehnt und ihre Wand einer Schleim­haut ähnlich gemacht wird, ein Zustand, deuKöll nur einmal beim Rinde fand und der Wassersucht der Gallenblase, hydrops vesicae felleae, genannt wird.
Aus denselben Veranlassungen, zu denen nur noch die An­häufung von Leberegeln gezählt werden muss, entwickelt sich auch die Erweiterung der Gallengänge, die in höheren Graden zum Schwund des Lebensparenchyms führt. Die Wände der erweiter­ten Gänge erscheinen beim Rinde sogar knorpelartig und mit Con-cretioneu besetzt, sie enthalten eingedickte oder sandige Galle, die Leber ist stark gelb oder gelblich grün gefärbt.
Die Verengerung und Verschliessung der Gallengänge, wird durch Entzündung, Gallenconcretionen, Leberegeln, durch grosse Bla­sen des Thierhülsenwurmes, Krebs der Leber etc. herbeigeführt. Sie kommt wie die früher beschriebenen krankhaften Zustände der Gallenblase und ihrer Gänge zumeist erst durch die Section zu unserer Kenntniss.
sect;. 25. Gallensteine, calculi b iliarii seu fellei
werden im Allgemeinen die aus den Gallenbestandtheilen (Gallen-farbestoffe, Gallenbarz, Cholestcarine, Fetten und deren Säuren, searissaurem Kalke, Alkalien in Verbindung mit ääuren, phosphor­saurem Kalke und Magnesia, Albumin) gebildeten Concretionen genannt, die vorzüglich in der Gallenblase, aber auch in den Gän­gen derselben gefunden werden.
Am häufigsten werden sie beim Rinde, weniger häufig bei Pferden, Schweinen, Hunden, Katzen getroffen; bei Schafen aber hat man noch gar keine wahrgenommen.
Die Gallensteine des Pferdes kommen, was der Mangel der Gallenblase, sowie des duefus cysticus bei diesen Thieren genü­gend erklärt, als eigentliche freie Concremente sehr selten vor. Häufiger traf Roll Concretionen in den Gallengängen der Leber als flache, der Wand derselben aufsitzende, gelblich braun gefärbte, an der Oberfläche drüsig unebene Ablagerungen. Fürstenberg unterscheidet jedoch kleine, runde und grosse Gallensteine des Pferdes. Die Ersteren sollen die Grosse einer Erbse bis zu jener einer kleinen Wallnuss haben und gewöhnlich in der Mehrzahl in der Leber vorkommen, dunkelgrün, von unebener Oberfläche, in der Mitte hohl und wenig fest sein. Die letzteren sind wallnuss- bis apfelgross. Im Berliner Thierarzncikabinet z. B. findet sich ein Gallenstein des Pferdes, der e'/iZoll lang, 4Zoll dick und S'^Zoll
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Leberegelsenche.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 235
breit ist; mit diesem zusammen fanden sich noch 4 andere, die zusammen 6 Pfund wiegen, unregelmässig gestaltet, in der Ober­fläche rissig, im Innern von Höhlen durchzogen, in welchen man Fett und seifenartige Verbindungen vorfindet. Sie bestehen aus concentrischen, verschieden dicken, bald hellgrün, bald weisslich gefärbten Schichten. Die Gallensteine des Pferdes enthalten Gal-lenfarbstoft', mit Natronverbindungen gepaarte Gallensäuren, die ümsetzungsproduete dieser endlich Schleim und Gallenfett.
Die Gallensteine des Rindes zeichnen sich durch einen mo­schusähnlichen Geruch aus, welcher durch Behandlung mit Actz-kali unter Ammoniakentwicklung stärker hervortritt. Die dunkel­grünen Gallensteine sind die grössten und kommen in der Gallen­blase vor, die Gestalt dieses Sackes zeigend, bisweilen auch in der Leber und in dem gemeinschaftlichen Gallengange. Die gelb­lich grünen Gallensteine sind rund, meist facettenartig abgeschlif­fen, glatt. Dieselben sind reicher an Gallenschleim und ärmer an Gallenbestandtheilen, die weissen Gallensteine bestehen vorzüglich aus kohlensaurem Kalk und kohlensaurer Magnesia.
Die Gallensteine des Schweines sind klein, facettirt auf der einen, abgerundet auf der anderen Seite. Der geschichtete Bau wird an ihnen nicht wahrgenommen, gerieben geben sie ein gel­bes Pidver.
Die Gallensteine des Hundes und der Katze sind dunkel-grünliche, braune, erbsen- bis bohnengrosse Stämmchen, die in den Lebergallengängen und in der Gallenblase sich vorfinden.
Das Vorhandensein von Gallensteinen ist beim Leben der Thiere nicht bestimmt nachzuweisen, obschon ein gclbsüchtiger Zustand, öftere Kolikzufälle, geringe Gallensecretion und chroni­sche Unverdaulichkeit sie vermuthen lassen, sie können weder durch eine Operation noch durch Abführmittel entfernt, oder durch an­dere Medicamente aufgelöst werden.
Die Leberegelseuche.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ,
sect;. 26. Mit dem Namen der Leberegelseuche, Egelscuche, Egelkrankheit, Leberfäule, Anbruch, Cachexia ictero - verminosa wird jenes Leiden der Wiederkäuer bezeichnet, das wesentlich durch die Gegenwart des Leberdoppelloches in den Gallengängen und in der Gallenblase veranlasst wird. Die Egelkrankheit gehört zu den bedeutungsvollsten Wurmleiden, welche vorzugsweise die Schafe und dem zunächst die Rinder und Schweine befällt und durch ihr häufiges Auftreten den Oekonomen nicht unempfindlichen Schaden zufügt.
Die Erscheinungen sind im Beginne des Leidens und bei ge­ringer Anzahl eingewanderter Würmer oft so geringfügig, dass sie übersehen werden, bei reichlicher Einwanderung aber und längerer Dauer treten die Symptome einer chronischen Leberatfection immer deutlicher hervor, zu denen sich endlich auch die Erscheinungen der Fäule (Bleichsucht) gesellen. Man findet demnach zuweilen
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Krankheiten der Leber und Gallenblase.
Fieber, Störungen der Verdauung, grosse Hinfälligkeit, die Binde­haut der Augen gelblich, die Zunge mit einem schmierigen gelbli­chen Schleime belegt, bei Schafen ist der Hinterleib aufgetrieben und in der Lebergegend schmerzhaft, in Folge der fehlerhaften Blutbeschaffenbeit und der durch das Leberleiden gestörten Circu­lation treten seröse Ergüsse in der Bauchhöhle und ödematöse An­schwellungen auf, die das Ende der Thiere herbeiführen.
Die Dauer der Krankheit kann sich von wenigen Wochen auf mehrere Monate ausdehnen.
Der angeführte Symptomencomplex ist dennoch zu vag, um gestützt auf ihn, eine bestimmte Diagnose stellen zu können, wes­halb es bei seuchenartigem Auftreten der Krankheit doch nöthig erscheint, die Section eines kranken Thieres vorzunehmen.
Rinder schleppen sich verhältnissmässig sowohl bei sporadi­scher als epizootischer Verbreitung länger hin, als Schafe und Läm­mer, auch sehen wir bei ihnen auf der Höhe der Krankheit häufig die vorhandene Kreuzschwäche in wirkliche Paraplegie übergehen, und die Thiere in diesem gelähmten Zustande bei sonst reger Fresslust noch Wochenlang leben. Gewöhnlich kommen bei der Aufnahme der Würmer im Sommer die ersten Sterbefälle im Spät­herbste vor, mehren sich in diesem und im Frühling des nächsten Jahres und machen ihre Ausläufe gewöhnlich gegen den Sommer, und selbst in diesem noch. Hiebei ist die gewöhnliche Aufnahms­zeit der Wurmbrut im Juli und August vorausgesetzt. Bei sehr zeitigem Frühling jedoch kann die Aufnahme auch schon Ende Mai und Juni erfolgen, so dass sowohl hierdurch, als auch durch die spätere Witterungsbeschafl'enheit, den Futterzustand und na­mentlich das Alter der die Heerde zusammensetzenden Schafe der Ausbruch der Krankheit modificirt wird. Von ganz besonderen Einfluss aber auf die Dauer (wie Ausdehnung) der Krankheit in der Hcerdc ist der Umstand, ob die Thiere der Aufnahme der Wurmbrut unausgesetzt längere Zeit oder nur vorübergehend aus­gesetzt waren; im ersteren Falle wird die Dauer eine längere sein, weil anzunehmen ist, dass nicht alle Thiere gleichseitig eine gleiche Anzahl Wurmkeime in sich aufnahmen.
Die Krankheit endet in der Regel, wenn sie sich bereits mit den Erscheinungen der Bleichsucht combinirt hat, mit dem Tode, daher die Prognose immer eine ungünstige ist.
Ursachen. Anhaltend feuchtkalte Witterung, die nicht nur auf den Thierorganismus, sondern auch auf das Gedeihen der Fut­terkräuter eine schädliche Wirkung übt, das Weiden auf morigen, sumpfigen Gründen und das von diesen eingebrachte verdorbene Futter, das Tränken aus stehenden Wässern, kurz alle Verhältnisse, die das Entstehen der Fäule im Allgemeinen und das Vorkom­men von Cercarien und die sie beherbergenden Insecten begünsti­gen, können die Egelkrankheit verursachen.
Anatomischer Befund. Neben den Erscheinungen der Bleichsucht und einer gelblichen Färbung der Bindegewebe und der Parenchyme findet man die Leber vergrössert, ihre Substanz
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Leberegelseuche.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 237
besonders in der Nähe der stark erweiterten Gallengänge ge­schwunden, in den Gallengängeu, der Gallenblase sind oft die Egelwürmer in so grosser Anzahl vorhanden, dass die in ihren Wänden verdickten, verknorpelten mit kalkigen, knöchernen (aus kohlen- und phosphorsaurem Kalk und phosphorsaurer Magnesia vorherrschend bestehende) Incrustationeu Gallensedimente und Ex-cremente der Würmer besetzten Gallengänge damit vollgepfropft sind. Die Gallenblase enthält nur wenig grünliche, wässerige Galle, da der Uebertritt der Letzteren wegen der Obturation der Galleu­gänge mehr weniger behindert wird.
Die Behandlung wird die Erscheinungen der Bleichsucht ins Auge zu fassen und die Entfernung der Würmer aus der Leber zur Aufgabe haben. Mittel um der letzteren Indication zu ent­sprechen, besitzen wir aber nicht und alle zu diesem Zwecke em­pfohlenen leisten kaum mehr, als dass sie den Folgen der Wür­mer und den bleicbsüchtigen Zufällen entgt-gentreten, dadurch die Krankheit in ihrem Verlaufe wohl aufhalten, aber nicht btileu können, es ist daher am gerathensten aus Heerden, in denen die Egelseuche ausgebrochen ist, die Marodeurs zeitlich, in solange die Cachexie noch keine auft'älligeu Fortschritte gemacht, der Schlachtbank zu überliefern.
Bei der Unheilbarkeit der Krankheit ist insbesondere eine ähn­lich der bei der Fäule durchzuführende Prophylaxis von grosser Wichtigkeit, demnach wird man die Tiiiere von den gefährlichen Weideplätzen und Tränken abhalten, schon im Herbste eine ent­sprechende Futterveränderung vornehmen, vor dem Austreiben den Schafen gutes trockenes Futter verabreichen; das schlecht einge­brachte beim Aufschichten mit Kochsalz versetzen, im Frühjahre von der Fäule scheinbar genesene Schafe nicht in den nächsten Winter mit hinüber nehmen u. s. w. Wo dies nicht durchführbar ist und die Schädlichkeiten, die die Krankheiten erzeugen, viel­leicht gar an gewisse Gegenden gebunden erscheinen, ist die Schafzucht gänzlich aufzugeben, um nicht alljährlich sich wieder­holende Verluste zu erleiden.
Thieren, die schon Spuren der Krankheiten verrathen, soll eine Zulage von Rcpskuchcn 1 — 2mal in der Woche, oder Gyps mit Kochsalz (Kehlmann) verabreicht werden; alle diese sowie die bitteren aromatischen Mittel, Enzian, Wermuth, Rainfarn, Kalmus, das Steinsalz, der Kalk und das Kalkwasser, weissgebrannte Kno­chen, die empyreumatischen Gele, das Stein- und Hirschhornöl, Ofenruss, Holzessig, das Kreosot (mit geröstetem Körnerfutter oder Haferschrot in Form einer Lecke, oder als Latwerge), die verdünnte Salz- und Schwefelsäure erweisen sich als ganz frucht­los. Kräftige Nahrung, die Branntwoinschlämpe, um wenigstens die Thiere bei Fleisch und Fett zu erhalten und ihren materiellen Werth nicht auf Null zu reduciren, dürfte das Vernünftigste unter diesen Verhältnissen sein.
Die Leberegelkrankheit zählt zu jenen abzehrenden Leiden, von welchen Ger lach mit Recht behauptet, dass sich eigentlich
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238nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten der Milz.
gar kein Zeitraum als Gewährszeit feststellen lässt, wedurch bei­den Parteien entsprechende Sicherheit gegeben ist, weil die Aus-brüelic der Krankheit in solcher Weise schwankend sind, dass zu­weilen schon in 6 Wochen Erkrankungen sichtbar werden, in an­deren Fällen aber erst in einem Vierteljahr und noch später, ab­gesehen davon, dass wie wir oben hervorgehoben, die Dauer der Entwickelung von den Nahrungsmitteln, dem Alter, von der Anzahl der eingewanderten Parasiten und anderen Zufälligkeiten abhängt. Das österreichische Gesetz hat für die Egclwürmerkrankheit der Schafe eine Gewährszeit von zwei Monaten, Baden, Baiern, Canton Targau 14 Tage, Würtemberg, Canton Basel 15 Tage, Grossh. Hessen 28 Tage, Canton Schaffhausen 31 Tage festgesetzt.
Krankheiten der Milz.
sect;. 27. Die Hyperämie der Milz ist wie bei den meisten krankhaf­ten Zuständen dieses Organs während des Lebens nicht diagnoscirbar, jedoch kommt sie häufig genug vor und ist eine Theilerscheinung der meisten Blutkrankheiten des Pferdetyphus, des Anthrax (Milz­brand), der Hundswuth, der Miliartuberkulose u. s. w. Die Milz zeigt sich hiebei um das 3 — (ifache ihres Volumens vergrössert (beim Anthrax) gleichmässig oder stellenweise geschwellt, in hö­herem Grade dunkelviolett, leicht zu einem dicken Brei zerdrück­bar, oder gar in eine schmierige Masse zerfliessend, auf dem Durchschnitte sind nicht selten kleine Blutextravasate zu sehen. Die Milzkapsel ist glatt, glänzend, gespannt und bei acuteu Schwellungen der Milz kann sie auch zerreissen.
Die Milzent/Aindung (Splenitis) ist eine Krankheit, deren Vor­kommen nach vorliegenden Beobachtungen zwar nicht zu bezwei­feln ist, im Ganzen aber doch zu den seltensten gehört. Charak­teristische Merkmale für das Bestehen einer Milzentzündung fehlen aber noch gänzlich. Apoplexien (Blutungen) in der Milz werden nach Misshandlungen, Stössen, Erschütterungen und bei hochgra­digen Hyperämien beobachtet. Hypertrophie der Milz wird nicht selten nach dem Tode vorgefunden, ohne dass die Textur der Milz eine wesentliche Abweichung darböte, und ohne dass beim Leben ein Kranksein der Thiere wahrgenommen worden wäre. Dasselbe gilt von der Atrophie der Milz. Tuberkeln, Hydatiden, Oedeme sind ebenfalls keine seltenen Erscheinungen in der Milz. Binde-gewebsneubildungen oft in grosser Ausdehnung finden sich auf der Milzkapsel, auch Abscesse kommen mitunter in derselben vor noch häufiger als Spuren früherer Verletzungen Narben, die oft eine Lappung des Organs bedingen. Pigmentirungen der Milz (dunkle grauschwarze Flecke) sind selten.
Häufiger beschränkt sich der Sitz der Entzündung auf den serösen Ucberzug, wie dies die nach dem Tode an der Milz sich vorfindenden plastischen Exsudate zur Genüge beweisen.
Von einer auf sichere Indicationen gestützten Behandlung
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Krankheiten des Bauchfells.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;039
kann nicht die Rede sein, sofern nicht äussere Verletzungen als Richtschnur für dieselbe dienen.
Krankheiten der Bauchspeieheldrüse (Pancreas).
sect;. 28. Die Krankheiten dieses Organs sind noch weniger als seine Funetiouen erforscht.
Charakteristische Symptome fehlen. Uebrigens dürfte nach den im Ganzen mir wenig und zufällig sich findenden Verände­rungen (Tuberkeln, Krebs bei Hunden, Abscesse, Coiicremente) an der Bauchspeicheldrüse zu schliessen, dieselbe nur selten Krank­heiten unterworfen sein. Vielleicht dass die Ernährung der meisten unserer Hausthiere mit Vegetabilien darauf von Einfluss isf.
Krankheiten des Bauchfells.
sect;. 29. Wir haben der Affectionen des Bauchfelles (Peritonaeum) bis jetzt schon vielfach Erwähnung thun müssen, weil sich dasselbe als die unmittelbare Decke der meisten Hinterleibsorgane an allen bis an die Oberfläche derselben heranschreitenden pathologischem Processen betheiliget. Natürlich kommen sie bei allen Hausthier-gattungen vor und stellen eine Reihe acuter und chronischer Er­krankungen dar: erstere sind wie bei allen serösen Säcken äus-serst gefährlich und von grosser Schmerzhaftigkeit bei angebrach­tem Druck auf die Bauchdecken, starkem Meteorismus und auffal­lender Abnahme der Kräfte u. s. w. begleitet. Die chronischen Krankheiten des Bauchfelles entziehen sich häufig der Beobachtung und werden, wie Roll richtig bemerkt, erst durch ihre Folgen wie Lageveränderungen von Unterleibsorganen, Verschliessung von Kanälen, Verwachsung von Darmschlingen bemerkbar, ohne dass man meist im Stande wäre, die hiedurch veranlassten Störungen auf eine bestimmte Erkrankung des Organs zurückzuführen.
sect;. 30. Die Entzündung des Bauchfelles (Peritonaeitis).'
Man unferscheidet zunächst eine acute und chronische Form, eine allgemeine (ausgebreitete) und eine partielle (umschriebene).
Die acuten Formen sind vorwaltend allgemeine, beginnen als solche oder wenn sie auch ursprünglich durch eine ganz locale Ursache entstanden waren, so liegt doch in der Acuität des Ver­laufes auch die Tendenz zu allgemeiner Ausbreitung. Indessen muss man sich im letzten Falle immer nur vorstellen, dass ein verhältnissmässig grosser Theil des Bauchfelles ergriffen ist.
a. Die acute Peritonaeitis.
Anatomisches Verhalten. Sie beginnt mit Injection, Trübung, leichte Verdickung des Bauchfelles, das dann durch aus­geschwitzte Lymphe, die immer mehr und mehr an die Oberfläche
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O.jQnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten des Bauchfells.
tritt, klebrig, leicht abziehbar und zerreisslich ist. Das Exsudat kann nun grosse Verschiedenheiten zeigen, wir finden nämlich zu­weilen durch ein weiches, schmieriges, in geringer Menge abge­setztes Exsudat, einfache Verklebuugen; oder eine grosse Quantität wässeriger Flüssigkeit, die mehr oder weniger getrübt erscheint, und aus welcher sich läamp;erstoffige Flocken, Klümpchen ausschei­den; oder festere faserstoffige Anlöthungen benachbarter Organe oder bei starker Gefässinjection durch Ruptur capillärer Getasse reichliche Blutbeimengung (haemorrhagisches Exsudat) oder wir finden endlich durch Zellenneubildung ein eitriges Exsudat mit dünnerem oder dickerem rahmigen Eiter.
Die Muskelhaut des Darmcanals ist mehr oder weniger in-filtrirt, schlaft', erweicht, umsomehr je reichlicher und flüssiger das Exsudat war; diese consecutive Affection der Muscularis bedingt die theilweise oder völlige Aufhebung der Thätigkeit des Darmes, Faralysirung, Lähmung; aber auch die Schleimhaut ist zuweilen geschwellt und gelockert, Leber und Milz infiltrirt. durch den Druck des Exsudates auf die Unterleibsorgane entstehen Circulationsstö-rungen, die auf die Fuuctionen derselben nicht ohne Eiufluss blei­ben, ausserdem erleidet das Blut durch die Entziehung des Blut­plasmas wichtige Veränderungen, die die Ernährung wesentlich beeinträchtigen.
Der Verlauf der Krankheit hängt zumeist von dem Verhalten des Exsudates ab, es kann nun Aufsaugung (Resorption) eintreten u. z. um so leichter, je flüssiger und weicher das Exsudat ist, wenn sich noch nicht viel zellige Bildungen erzeugt haben, worauf nun Genesung folgt; gewöhnlich entstehen aber doch hier und da Bindegewebsneubildungen, die bei weicher dehnbarer Beschaffen­heit keine Störungen hervorrufen, die aber wenn sie sträng- oder bandartig, dick und straft' sind, durch Compression Störungen der Circulation erzeugen, und durch Zerrung, Lageveränderungen, Knickungen, Schrumpfungen und Verengerungen von Höhlen be­wirken müssen, die zu Cachexien, Brand u. s. w. Veranlassung geben. Abgeschlossene Exsudate können, wenn auch selten, ver-jauchen und führen dann zu Abscessen im subperitonäalen Gewebe zu Eitersenkungen, zu Perforationen des Darmes von Aussen nach Innen, wie dies Roll bei einem Pferde beobachtete. Auch eine Tuberkulisirung des Exsudates mit nachfolgender Verkreidung wird bei Hunden, Schweinen und Schafen zuweilen gefunden.
Die chronische Peritonaeitis besteht entweder in der unmit­telbaren Fortsetzung einer acuten, indem ein grosser Theil des Exsudates stationär bleibt, oder es wiederholt sich in dem an der Oberfläche des Bauchfelles während des acuten Entzündungsprocesses neugebildeten Bindegewebe die Entzündung, wodurch es zur Bil­dung höckeriger Massen, welche Darmwindungen unter einander oder mit Nachbarorganen verkleben, sie comprimireu und den Tod durch Brand oder Erschöpfung herbeiführen. Roll sah solche Fälle bei Schafen und Schweinen, seltener bei Hunden und bei Plerden in Folge von Gekrösdrüsenvereiterung.
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Bauchrellentzündung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 241
Partielle, umschriebene Bauchfellentzüudungen sind bei unse­ren Hausthieren sehr häufig, wenigstens sprechen die bei den Sec-tionen mehr weniger intensiven Verdickungen der Peritonäalhüllen einzelner Baucheingeweide, der Leber, der Milz u. s. w., sowie die straffen oder längeren faden- oder bandförmigen ßindegewebs-neubildungen (Keste früherer Exsudate), die mehr weniger festen Anlötlumgen einzelner Organe an ihre Nachbarschaft dafür, dass solche umschriebene Entzündung des Peritonaeums häufiger vor­kommen, als sie erkannt werden.
Symptome der acuten allgemeinen Bauchfellentzündung.
sect;. 31. Die Krankheit beginnt gewöhnlich mit einem Frostanfall und gleichzeitig äussern die Thiere bei angebrachtem Druck auf den Hin­terleib grosse Schmerzen, derselbe ist gespannt, stark aufgetrieben, heiss anzufühlen. Pferde äussern oft wiederkehrende Kolikschmer­zen; Hunde zeigen anfangs einen gelinden Grad von Steifigkeii und geringere Beweglichkeit im Leibe als sonst, Kühe liegen flach auf dem Bauche,- das Athmen ist wegen der Verdrängung des Zwerchfelles nach vorne und Paralyse seiner Bewegungen erschwert, und von Stöhnen, Knirschen mit den Zähnen begleitet; der Puls ist klein, hart und sehr frequent. Alle Kranken haben vermehrten Durst, verschmähen das Futter; Binder, Hunde oder Schweine er­brechen oder haben sonstigen Brechreiz, und selbst bei Pferden beobachtet man Aufstossen des Mageninhaltes bei hochgradiger Peritonaeitis. Hartnäckige Stublverstopfung ist in der Regel vor­handen ; heftige Schmerzen und Drängen bei allenfalisigen Mist­entleerungen äussern die Thiere durch Stöhnen und Aeehzen. Blutiger Durchfall ist bei solchen Bauchfellentzündimgen nicht selten, der durch Zerrung, Geschwürsbildung, Dislocationen bedingt ist und überhaupt in jenen Fällen, wo in dem nicht gelähmten Darme sich Follicularentzündung entwickelt.
Die chronisc he Peritonitis ist durch bestimmte Symptome nicht besonders charakterisirt und bleibt in dieser Form meist unerkannt, es sei denn, dass vorangegangene Verletzungen, wie Pansenstich beim Rindvieh, Castration, Brüche, Geschwülste im Hinterleibe u. dgl., auf das Vorhandensein derselben hinweisen. Die Erscheinun­gen gestörter Ernährung, grosser Hinfälligkeit und Traurigkeit sind oft die einzigen, aber auch viel zu unverlässlichcn Symptome, um eine chronische Bauchfellentzündung zu diagnostieiren und doch sind die neben angeführten Merkmale z. B. an den Schafen, bei wel­chen die Section oft ex- und intensive Peritonititen nachweist, während des Lebens allein beohachtet worden.
Gewöhnlich entscheidet sich die Krankheit in wenigen Stunden, nicht selten aber erst nach 4 — 5 Tagen. Bei Pferden und Hün­dinnen verläuft sie am schnellsten, langsamer beim Schafe, am langsamsten beim Rinde, doch gehen auch diese mitunter schon Kraus, Path. u. Therap. der Haussäugethiere.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;16
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242nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankkeiten des Bauchfelles.
am 2. Tage, besonders bei Peritonitiden, die dem Geburtsacte fol­gen und in der Regel mit grosser Heftigkeit auftreten, zu Grunde.
In acuten Fällen ist der häufigste Ausgang der Tod in Folge der Darm- und Zwerchfellslähmung, der Berstung des ersten und zweiten Magens bei Rindern u. s. w., beim chronischen Verlaufe durch tiefe Ernährungsstörungen, Anämie und erschöpfende Eiterun­gen. Vollständige Zertheiiung und Genesung erfolgt nur, wenn die Entzündung partiell war und nicht in hohem Grade bestand, je­doch werden auch dann häufig Recidiven beobachtet.
Die Gelegenheitsursachcn bestehen theils in mechanischen Einwirkungen, als Stösse, Schläge gegen den Bauch, perforirende Bauchwunden, die Castration und die Operation des Bauchstiches; ferners in Erkältung bei ungünstigen Witterangsconstitutionen, wodurch die sogenannte rheumatische Peritonitis verursacht wird, die reinste (mit serös-faserstoffigem Exsudate) aber auch sel­tenste Form. Dass oft keine äussere Ursache nachzuweisen ist, ist eben so gewiss. Vorwaltend häufig ist die Bauch­fellentzündung secundär zumeist die Folge von mannigfachen Entzündungen und Aflectioneu der Hinterleibsorgane, des Ma­gens, des Darmes, der Leber, der Gekrösdrüsen, von Organen der Beckenhöhle, besonders des Tragsackes und der Eierstöcke (die nach der Geburt auftreten). Auch durch Perforation des Dar­mes und Entleerung seines Inhaltes in die Bauchhöhle entstehen allgemeine in der Regel tödtliche Peritonitiden, wie wir dies wie­derholt bei den Affectioncn des Magens und Darmes hervorgehoben haben. Zuweilen, jedoch besonders, wenn sie sich in Folge an­dringender Eiterheerde entwickeln, bedingen sie, ehe noch ein Durchbruch in die Hinterleibshöhle zu Stande kommt, eine Anlö-thung an die Nachbarorgane und Verhinderung des Austrittes des Inhaltes in das Cavum Peritonaei, während sie unter ungünstigen Verhältnissen durch Erweichung der Gewebe noch den Durchbruch fördern.
Für die Prognose entscheiden vorzugsweise die veranlassen­den Ursachen, der Grad und die Ausbreitung der Entzündung. Im Allgemeinen ist die Prognose ungünstig, besonders bei allen be­trächtlichen mechanischen Verletzungen, durchdringenden grösseren Bauchwunden, Brüchen und nach der Castration, ebenso wenn die Bauchfellentzündung durch Lageveränderungen, Abscedirungen, Perforationen verursacht wird. Die nach Erkältung entstandene rheumatische Bauchfellentzündung ist bei einer zeitigen zweck-mässigen Behandlung weniger gefährlich.
Therapie. Im Allgemeinen verlangt die Bauchfellentzün­dung eine antiphiogistische Behandlung. In allen Fällen, wo me­chanische Einwirkungen, Verletzungen, die Ursache der Entzün­dung abgeben, ist auch eine angemessene chirurgische Behandlung bei Wunden, Einklemmung von Darmbrüchen erforderlich. Es werden daher: Aderlass, Einreibungen von Quecksilbersalbe oder Camphergeist, innerlich Salpeter, Calomel, mit Natrum sulphur.
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Anomalien des Hauclihöhleninhaltcs.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 243
angezeigt sein. Man verabreicht diese Arzneien immer mit schlei­migen Mitteln, bei Hunden, Schafen, Lämmern können lauwarme Cataplasmen, bei heftigen Schmerzen kann den Medicamenten Opium beigegeben werden. Hie und da besonders bei der trau­matischen Bauchfellentzündung sind eiskalte Ueberschläge sehr nützlich. Ist der Uebergang in acute Bauchwassersucht zu fürch­ten, so wird der Borax, Weinstein in Verbindung mir Digitalis ein sehr cmpfehlenswcrthes Mittel sein. Zeigt dagegen die Krank­heit mehr Neigung zu chronischer Wassersucht, so finden ge­kochter Terpentin, Waehholderbcereu etc. Anwendung. Ein ruhiges Verhalten, sowie Sorge für reichliches und weiches Lager, schlei­miges, frisches Getränke ist bezüglich der Diät das Wichtigste. Ist Erkältung als Ursache anzunehmen, so sind vorsichtige Frot-tirungen der Haut und Bedeckung der Kranken zweckmässig; auch hat man in diesem Falle und bei sehr gespanntem Bauche, bei Pferden, Wasserdampfbäder empfohlen. Wegen der leicht nachfol­genden Verkühlungen aber kann nur unter besonderen Umständen dazu gerathen werden, wohl aber können als Ableitungsmittel in sehr heftigen Fällen Tücher, welche in heisses Wasser eingetaucht, um den Bauch geschlagen, Anwendung finden (Spinola); bei Hun­den ist von Bädern Gebrauch zu machen. Durch Application von Klystiren mit Oelen und Seife ist die Wirkung der innerlichen Mit­tel zu unterstützen und die Mistung zu befördern. Die Recon-valescenten erfordern noch lange der Ruhe, des Schutzes gegen Erkältung und strengen Diät.
Anomalien des Bauchhöhleninhaltes.
sect;. 32. In der Bauchhöhle kann seröse Flüssigkeit, Blut und Gas in verschiedener Menge angesammelt sein.
1) Die Ansammlung seröser Flüssigkeit in der Bauchhöhle bezeichnet man mit dem Namen der Bauchwassersucht, Ascites.
Anatomisches Verhalten. Die Menge der angesammel­ten Flüssigkeit ist sehr variabel, zuweilen ist sie klar und farblos, gelblich oder grünlich, durch beigemengtes Hämatiu röthlich oder mit faserstoffigen oder eiterigen Flocken und Klümpchcn gemischt. Das Peritonäum selbst ist leicht getrübt, die Epithelien auf seiner Oberfläche fettig zerfallend (daher die gelbliche und grünliche Farbe seiner Flüssigkeit) bei längerem Bestände serös infiltrirt, ebenso wie die Oberfläche der Bauchorgane serös gelockert und entfärbt, blass erscheinen. Das Zwerchfell ist nach vorne ge­drängt, der Brustraum verkleinert. Gewöhnlich sind auch andere Ergüsse und Oedeme der Haut an verschiedenen Körpertheilen, sowie verschiedene pathologische Veränderungen in anderen Or­ganen anzutreffen.
Die Symptome sind zuerst und vorwaltend örtliche: der Um­fang des Hinterleibes nimmt nach unten (Hängebauch) und nach den Seiten zu; bei grösserem Ergüsse sind die Bauchwandungen
16 •
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244nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten des Bauchfelles.
gespannt; dieselben Stellen geben einen gedämpften Percussions-scball, beim Anscblageu erzeugen sie Fluctuation, die um so deut-licber wird, je grössc-re Flüssigkeitsmengen vorhanden sind. Die Fressinst ist vermindert, meist ist Obstipation und spärliche Harn-absonderung vorhanden, die Beengung des Brustraumes durch die nach vorne gedrängten Gedärme verursacht Athmungsbesehwerden, Dyspuoc, der Herzschlag ist in der Regel stark fühlbar, die Haut trocken, spröde, die Haare oder Wolle glanzlos und struppig. Mit der Zunahme des serösen Ergusses stellt sich auch Abmagerung, grosse Schwäche, kleiner schwacher Puls, erschöpfende Durch­fälle ein, die das Ende der Thiere bald herbeiführen.
Aetiologie. Wiederkäuer und Hunde werden nicht selten von dieser Krankheit befallen, häufig Schafe. Bei Pferden ist die Bauchwassersucht noch nicht beobachtet worden.
Die Ursachen des Ascites sind theils locale, unter welchen die Compression und consecutive Blutstauung der grossen Blut-gefässe des Hinterleibes eine hervorragende Stelle einnehmen, dann Krankheiten der Leber, der Niere, Entartungen der Gekrös-drüsen, Entzündungen des Bauchfelles, Krebsbildung (bei Hunden) u. s. w.; theils allgemeine, wo die Bauchwassersucht als Theiler-scheinung eines allgemeinen Hydrops, der Anämie (bei der Fäule und Egelseuche der Schafe), der Herzaffectionen etc. auftritt.
Die Prognose ist in der Kegel ungünstig. Die Aufsaugung des Exsudates pflegt nur in jenen leichten Graden der sogenann­ten rheumatischen Bauchfellentzündung, die sich zuweilen Hunde durch Erkältung zuziehen, stattzufinden; aber auch da sind bei ra­scher Resorption oft seröse Exsudationen in die Pleurasäcke, Lun­genödem u. s. w. zu befürchten. Ist die Bauchwassersucht durch eine fehlerhafte Blutbeschaifenheit, Degenerationen der Hinterleibs­oder anderer Organe bedingt, so ist an eine Heilung nicht zu denken, und die Thiere lieber so bald als möglich zu schlachten.
Behandlung. Vor allem ist den Causalindicationen inso­weit möglich Rechnung zu tragen: man wird daher gegen die Fäule, die Egelkrankheiten, die Bauchfellentzündung u. s. w. nach den angegebenen Grundsätzen verfahren, sodann muss eine symp­tomatische Behandlung Platz greifen, und insbesondere die Ent­fernung der angesammelten Exsudate durch Purgir- und diuretische Mittel (Fingerhutkraut, Terpentinöl, Meerzwiebel) etc. und selbst durch Pnnction der Bauchhöhle angestrebt werden.
Pill wax verordnet bei der Bauchwassersucht der Hunde folgendes:
Rp. Pulv. rad. Scillae drachm, unam.
DS. Eine grosse Messerspitze voll mehrmals des Tages zu geben.
Nimm: Meerzwiebelpulver ein Quentchen. Gib und bez. wie obenstehend. Rp. Pulv. rad. Scillae drachm, unam. Cremoris Tartari drachm, tres.
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Neubildungen des Bauchfelles.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;245
M. f. p. DS. 3—4 Mal des Tages eine grosse Messerspitze voll zu geben.
Nimm: Meerzwiebelpulver ein Quentchen. Weinstein drei Quentchen. Mische es zum Pulver. Gib und bez. wie oben­stehend.
2)nbsp; Gasansammlungen in der Bauchhöhle setzen wohl immer eine Continuitätstrennung des Magens- und Darmcanals voraus. Sie begleiten constant die lethalen Ergüsse des Magen- und Darm-iuhaltes in die Bauchhöhle nach vitalen und spontanen Rupturen der Magen- und Darmwand. Es wird hierdurch eine glcichmiissige tympanitische Auftreibung des Hinterleibes erzeugt, und bei der Percussion erhält man auch dort einen hohen tympauitischen Schall, wo sonst selbst bei grosser Auftreibung Dämpfung vorhanden ist. Der Tod folgt diesem Ercigniss auf dem Fasse.
3)nbsp; Blutergüsse in dem Bauchfcllsack in Folge von Traumen, Stössen, Erschütterungen oder spontaner Berstungen der Leber sind nicht selten, oder sie stammen aus geborstenen Aueurysmen.
Neubildungen.
sect;. 33. Bindegewebsneubidungen kommen häufig als häutige, fa­den- und bandartige Gewebsvegetationen, als fibröse Verdickungen, ebenso als fibroide Sarcome vor. Fibroide begegnen wir beim Pferde als selbstständige langgcstielte Geschwülste zwischen den Platten des Gekröses (Gekrösauhänge) von der Grosse einer Wall-nuss bis zu der eines Hühnereies. Bei bedeutender Zunahme des Gewichtes lösen sie sich vom Gekröse ab, und liegen dann als freie Körper in der Bauchhöhle zwischen den Darmwinduugen, ohne üble Folgen zu veranlassen und wo sie der Verfettung und Vcrkrei-dung anheimfallen. In ungewöhnlicher Zahl treffen wir Fibroide von fester oder weicher Form auf der Bauchhaut der Rinder bei der sogenannten Franzosenkrankheit, die sich auch zuweilen ab­schnüren und frei in der Bauchhöhle angetroffen weiden.
Lipome kommen als umschriebene Fettmassen im Gekröse und im Netze vor. Bei Rindern und Hunden erreichen die Fett­geschwülste des Netzes oft eine ungewöhnliche Grosse und wu­chern oft in den Leistencanal als sogenannte Fettbrüche hinein. Bei Pferden kommen dieselben gleichfalls vor und geben beson­ders die gestielten zuweilen Veranlassung zu Darmeinschnürungen. Abgeschnürte Lipome treten gleichfalls als freie Körper in der Bauchhöhle der Hausthiergattungen auf.
Pigmentbildungen. Nach chronischen Catarrhen ist die Se-rosa des Darmes häufig grau pigmentirt, sowie der Ueberzug der Milz nach längerem Bestehen von Milztumoren.
Kleine Cysten mit serösem colloidem Inhalt kommen seltener bei Thieren, am häufigsten doch noch in den Bauchfellfalten zwi­schen Ovarien und Tuben vor.
Der Krebs des Bauchfelles wird bei Hunden, welche an einer
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Krankheiten der Harnwerkzeuge.
krebsigen Degeneration anderer Eingeweide leiden, gefunden u. z. erscheint das Peritonäum zuweilen mit zahlreichen, verschieden grossen, weichen eneephaloiden Knoten durchsetzt; Leisering beobachtete einen primären Bauchfellkrebs im grossen Netze eines Pferdes, das in Folge einer inneren Verblutung plötzlich umge­standen war.
Die Tuberkulose des Bauchfelles fand Roll bei Hunden, Schafen und Schweinen in Form von zahlreichen, mohnsamengros-sen, weichen, grauen oder härteren gelben Knötchen.
Krankheiten der Harnwerkzeuge.
sect;. 34. Von grosser Bedeutung für die Krankheiten der Harnorgane ist das Verhalten des Harns; freilich ist selbst die quantitative Zu­sammensetzung desselben für alle Hausthiere noch nicht derart ausgemittelt, dass die bei krankhaften Zuständen der Nieren durch eine gründliche Analyse gewonnenen Resultate als sichere Anhalts­punkte für die Feststellung einer Diagnose verwerthet werden könnten, andererseits ist stets vor Augen zu haben, dass die Nie­ren mehr eine Durchgangspassage darstellen, und an vielen patho­logischen Veränderungen des Harns selbst ganz schuldlos sind, dass diese vielmehr in Krankheiten des Blutes und anderer Organe u. z. des Herzens, der Lungen, der Blase, der Genitalien, des Ge­hirnes und des Rückenmarkes ihren Grund haben. Am wichtigsten für die Diagnose der Nierenkrankheiten ist die in einem bestimm­ten Zeiträume entleerte Menge des Harnes, die Beimischung von fremdartigen Stoffen von kohlen-, klee- und phosphorsauren Salzen, Schleim, Blut, Eiweiss und Eiter.
Die Harnse- und Excretion erscheint auifallend vermehrt bei der sogenannten
Harnruhr, Lauterstall, Harnfluss, Diabetes.
sect;.35. Man unterscheidet die wässerige, geschmacklose Harnruhr (Diabetes insipidus), in welcher der Urin hell, klar und ohne Ge­schmack ist, und die Zuckerharnruhr (Diabetes mellitus, Melituria), bei welcher der Urin einen süsslichen Geschmack besitzt, der durch das Vorhandensein von Traubenzucker im Harn bedingt ist.
Die Krankheit kommt, obwohl selten, doch bei allen Haus-thiergattungen vor. Spinola meint, der Diabetes insipidus werde hei Pferden und Hunden, beim Rindvieh und Schafen aber, die Melituria häufiger beobachtet. Hertwig hat auch nur die wäs­serige Harnruhr bei Hunden gesehen.
Eine blos vorbeigehend vermehrte Harnabsonderung, wie sie als Symptom in Krankheiten oder nach dem Gebrauch von harn­treibenden Mitteln beobachtet wird, ist mit der wahren Harnruhr nicht zu verwechseln; ebenso nicht jene reichliche Harnentleerung, welche bei Thiercn, deren Hauptnahrung in flüssigen Futter be­steht, wahrgenommen wird. In dem Missverhältnisse des über das
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Harnruhr.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 247
natürliche Bedürfniss aufgenommenen Getränkes und in dem Ue-bermaass des entleerten Harnes, in den Ernährungsstörungen, so­wie in den quantitativen Abweichungen, welche der diabetische Urin von dem gesunden zeigt, liegt das Charakteristische der Harnruhr.
Die anatomische Untersuchung der der Harnruhr erlegenen Thiere lässt keine constanten Veränderungen wahrnehmen. Ausser den die Cachexie begleitenden anatomischen Erscheinungen findet man die Nieren weich und schlaff, zuweilen jedoch auch gar nicht abnorm, Harnleiter und Harnblase sind mitunter erweitert, biswei­len auch verkleinert, ihre Häute verdickt. Chronische Catarrhe der Magenschleimhaut sind nicht selten.
Erscheinungen. Mattigkeit, Schwäche des Hintertheiles, vermehrte Empfindlichkeit in der Lendengegend, steifer Gang, ver­minderte Fresslust, Unterdrückung anderer Se - und Excretionen, namentlich der Hautthätigkeit (daher sich die Haut trocken und kühl anfühlt), Störungen der Verdauung und ein fast nicht zu stillen­der Durst, bei trockenem Maule und Zunge, begleiten den Diabetes. Der Harn übertrifft die Menge des im gesunden Zustande ausge­schiedenen Harns bedeutend, so dass sie das Doppelte bis Vier­fache beträgt, dabei ist der Urin (bei D. insipidus) farblos, an fe­sten Bestandtheilen (Kalksalzen und gewöhnlich auch an Harn­stoff) arm, deshalb specifisch leichter, als im normalen Zustande, besitzt einen faden, mitunter (bei D. mellitus) mehr oder weniger stisslichen Geschmack und Geruch; bisweilen ist Zucker in dem­selben nachzuwQJgen. Die Harnentleerung selbst erfolgt gewöhn­lich ohne besondere Beschwerden und nur in den höheren Graden sollen solche zuweilen unwillkürlicher Abgang des Urins wahrge­nommen werden.
Der Anfangs zumeist fieberlose Diabetes führt unter allmäli-ger Steigerung der Krankheitserscheinungen zu cachectischen Folge­krankheiten, Abmagerung, ödematösen Anschwellungen u. s. w., die den Tod der Thiere herbeiführen. Die Krankheit kann einige Wochen, in der Regel mehrere Monate dauern.
Die Prognose des Diabetes richtet sich hauptsächlich darnach, in wie weit der Entfernung der ihn veranlassenden Schädlichkeiten von öconomischer Seite Hindernisse im Wege stehen. Bei Pferden soll die Prognose günstiger sein als bei Rindern und Schafen. Sehr junge und alte Hunde erliegen dem Leiden meistens. In allen Fällen, wo die Krankheit schon längere Zeit besteht, be­reits Abmagerung, Verfall der Kräfte eingetreten sind, ist die Vor­hersage eine ungünstige.
Die Hauptaufgabe einer rationellen Behandlung besteht in der Anordnung eines entsprechenden, mit den landwirthschaftlichen Verhältnissen vereinbarlichen diätetischen Regim's. Es wird da­her für einen vollständigen Futterwechscl, für gehörigen Schutz gegen Erkältung gesorgt werden müssen. Trockene Streu, ein massig warmer Stall und massige Bewegung der Thiere bei hei-
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Krankheiten der Harnwerkzeuge.
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terem Wetter ist nothwendig. Man reiche den Thieren trockenes Futter, zum Getränke reines Wasser, zuweilen mit Lehm ange­rührt, oder einen Mehltrank mit Zusatz von kleinen Gaben Eisen­vitriol oder eines anderen adstringirenden Mittels. Neben die­ser diätetischen Behandlung sind es vornehmlich die Metall­salze und adstringirenden Pfianzenstoffe, wie Alaun, Eisenvitriol, Stahlschwefel, als Hausmittel auch Löschwasser; ferner der Blei­zucker (bei Hunden in Verbindung mit Bilsenkrautextract), die Eichenrinde, Weidenrinde, Catechu, Tormentilwurzel u. m. a., welche häufig in Gebrauch gezogen werden; mit Nutzen werden auch die bitteren und die verdauungsbefordernden Arzneien wie Enzian, Calmus, Wachholderbeeren (in Verbindung mit) Kochsalz nnd Campher angewendet. Auch die kohlensauren Alkalien und Erden, der rothe Bolus, das Creosot (bei Hunden die Canthariden-tinetur, hei grösseren Thieren einfacher Theer) mit Mehl zu Pillen geformt Theerwasser, Jod, Salpeter (zu 3 jj pro dosi bei Pferden) und bei grosser Empfindlichkeit in der Nierengegend, bei vorhan­dener Ischurie sind bei dieser Krankheit diese Mittel in schleimi­gen Abkochungen versucht worden. Der Durst steht mit der Diu-rese in director Beziehung und verdient deshalb bei der Behand­lung besondere Rücksichtnahme. Zur Beschränkung des Durstes sind die Narcotica (Opium, Digitalis) in verhältnissgrossen Gaben zu versuchen; bei Hunden wendet man besonders eine Verbindung der Digitalis mit Nux vomica mit Nutzen an. Auch die mehr we­niger aufgehobene Hautfunction erfordert, namentlich bei Pferden und Einclern, Berücksichtigung. Ausser warmer Bedeckung, fleis-sigem Striegeln und Putzen, sowie Frictionen der Haut, finden zur Erregung der Thätigkeit derselben reizende Einreibungen, Bespren-gungen mit Terpentinöl zweckmässige Verwendung. Für Pferde rühmt Zürn: Ferr. sulph. unc. sem., nuc. vomic. dr. duas, aloes dr. sex. flor. arnicae unciam, fol. trifol. fibrin, unc. tres, rad. alth. unc. duas. M. f. pulv. D. S. Dreistiindl. einen Essl. voll.
Zuweilen wird der Diabetes, namentlich bei Pferden, durch eine zeitlich eingeleitete zweckmässige Behandlung zur Genesung geführt; häufiger jedoch besonders bei Vernachlässigung der Thiere hat derselbe den Tod zur Folge.
Die Aetiologi e des Diabetes liegt noch im Dunkeln. Es scheint, dass die hauptsächlichste Ursache der Harnruhr in dem Genüsse von schädlichen, durch Pilz- (Schimmel-) Bildung verdorbenen Fut­terstoffen, bei Pferden namentlich vom schimmligen Heu und dum­pfigen (multrigen) längere Zeit in einem feuchten Räume gelager­ten Hafer begründet ist, daher der sogenannte „Lauterstallquot;, wahr­scheinlich in nassen Jahren seuchenartig aufzutreten pflegt und auch in See- und grösseren Städten, wo viel Schiffshafer verfüttert wird, häufig vorkommt (Spinola). Auch die Fütterung der früh einge­ernteten Nahrungsmittel mit frischem Heu und Hafer, vermag die Harnruhr zu erzeugen, und ebenso wird auch der Genuss von schlechtem Trinkwasser und beim Rindvieh von gefrorenen Sub-
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Verminderung der Harnse- und excretion.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 249
stanzen und Trabern beschuldigt. Als die häufigste Ursache gilt jedoch Vernachlässigung der Pflege und Wartung der Thiere, Auf­enthalt in feuchten Ställen, Niederungsgegenden, Erkältung etc. Ob der Genuss scharfer Pflanzen (Adonis, Anemone, Asclepias vincetoxicum etc.) den Diabetes bei Schafen erzeugen können, wie manche Autoren glauben, scheint uns, wie der ebenso oft be­schuldigte vorübergehende Gebrauch reizender Diuretica sehr zwei­felhaft.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;laquo;
sect;. 36. Verminderung der Harnse- und excretion.
Die Harnmenge wird vermindert:
1)nbsp; wenn die Harnabsonderung in den Nieren gestört ist z. B. bei der Nierenentzündung, oder wenn die Ausscheidung methanisch verhindert ist durch Blasensteine, Geschwülste etc.;
2)nbsp; bei Krämpfen, Paralysen;
3)nbsp; bei wässeriger Exsudatbildung in den Körperhöhlen und der Haut, bei Wassersuchten;
4)nbsp; bei vermehrter Absonderung in anderen Organen, nament­lich der Haut des Darmeanales.
sect;. 37. Durch krankhafte Processe bedingte Beimengungen des Harnes. Die Beimischung von phosphor-, klee- und kohlensau­ren Salzen giebt sich gewöhnlich durch mehr oder weniger röthliche weiss oder schmutzig gelbe Sedimente zu erkennen, welche aber nur dann mit Sicherheit als von einem Nierenleiden herrührend an­gesehen werden können, wenn die Thiere nicht an anderen fieber­haften Affectionen leiden. Diese Niederschläge sind unlöslich, beim Erhitzen, dagegen durch Salzsäure löslich.
Beimengungen von Schleim finden sich in Folge von Reizung, Entzündung und Blennorhoe der Harnwerkzeuge; der Harn er­scheint trübe und zeigt wolkige Sedimentbildungen; das Sediment kann weiss, graulich, gelblich sein. Ein ganz gleiches Ansehen kann der Harn aber auch durch eine Beimengung von Eiter er­halten. Die näheren Unterschiede hier anzugeben würde uns zu weit von dem vorgesteckten Ziele abführen und müssen wir diejenigen, die auf das Verfahren den Harn in Krankheiten chemisch und mi­kroskopisch zu untersuchen und semiotisch zu deuten näher ein­gehen wollen, auf die Abhandlungen über Uroscopie verweisen, obzwar, wie wir schon angedeutet, die Specialisten den Untersu­chungen des Harnes unserer Hausthiere noch nicht die nöthige Aufmerksamkeit und Würdigung geschenkt zu haben scheinen.
Eiweiss im Urin ist em constanterBegleiter der Nierenerkran­kungen, wenn sie auch nicht als alleinige Ursachen seines Vorkom­mens im Harne angenommen werden dürfen. Der eiweisshaltige Harn ist häufig schmutzig, trüb oder grünlich, livid.
Der Gehalt an Eiweiss wird 1) durch Erhitzen und durch Zusatz von Salpetersäure erkannt; beim Erhitzen bis noch unter 75deg; R, erhält man einen flockigen Niederschlag, den man aber erst dann
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Krankheiten der Harn Werkzeuge.
für Eiweiss halten darf, nachdem man sieh überzeugt hat, dass er auf Zusatz von 1—2 Tropfen Essigsäure nicht wieder vollkommen schwindet; denn schwindet die Trübung durch Essigsäure, so be­steht sie aus Harnprotein mit Eidphosphaten. 2) Durch Zusatz von Salpetersäure. Man tropft in ein Reagenzgläschen, das etwas Harn enthält, die Salpetersäure vom Rande aus zu, so dass sie an der innern Wand des Gläschens hinabrinnt, dann sieht man auf den Boden des Gläschens eine Schichte'Salpetersäure: dieser folgt eine Schichte Albumin in Form kleiner Flocken, und dieser wieder eine kleine Harnschichte. Immer muss man aber der Irrthümer wegen auf beide Weisen prüfen.
Blut ist dem Harn ebenfalls nicht selten beigemengt; die Farbe des bluthaltigen Harnes ist anfänglich mehr weniger blutroth, nach einiger Zeit jedoch, wenn sich die Blutkörperchen senken, kann sie normal, später aber, wenn eine Zersetzung stattgefunden, braun, braunroth, selbst schwarz gefunden werden; gleichzeitig finden sich auch Blutcoagula-Flockcn und Fasern im Sedimente.
Das Absetzen eines solchen Harns bezeichnet man mit dem Namen:
Blutharnen, Blutpissen, Blutstallen, rothes Wasser, Maiseuche Haematuria.
sect;.38. Symptome. DieThiere zeigen eine gewisseSteifigkeit im Hintertheile und eine vermehrte Empfindlichkeit bei angebrach­tem Drucke in der Lendengegend, sie biegen sich stärker als ge­wöhnlich ein, der Appetit ist anfangs wenig vermindert, Fieber fehlt oder ist unbedeutend; in Schafheerden deuten hin und wieder die in der Wolle bemerkbaren rothen (Piss - )Flecke auf das Vor­handensein der Krankheit. In höheren Graden derselben erfolgt der Absatz des Harnes unter Drang (Harndrang) ind Schmerzens-äusscrungen ; die Kranken stöhnen, trippeln mit den Hinterfüssen, Schafe kauern sich namentlich mit dem Hintertheile nieder, gewöhnlich ist Hartleibigkeit und tympanitische Auftreibung des Leibes, nur selten Durchfall, vorhanden; die Thiere versagen Futter und Getränk, das Haar steht auf der trockenen Haut strup­pig und verworren, sie liegen viel, ächzen und stöhnen, derHarn-zwang nimmt immer mehr zu und endlich wird die Entleerung des Urins durch die in der Harnblase und den Harnleitern sich bilden­den Gerinnungen ganz unterdrückt, wodurch schwere Zufälle, Zuck­ungen, Krämpfe u. s. w. verursacht werden; in diesen Fällen, so wie bei langer Dauer der Krankheit, wodurch die Thiere blutleer und hinfällig werden, ist der Ausgang ein ungünstiger, in der Regel aber, besonders wenn die veranlassenden Schädlichkeiten bald entfernt werden können, kann die Genesung bald erzielt werden.
Actiologie. Das Blutharnen kann durch mechanische Schäd­lichkeiten, Stösse, Erschütterungen der Nierengegend, durch Harn­steine, Würmer, Krankheiten der Harnorgane, Neubildungen der­selben hervorgerufen werden;- auch kann es im Gefolge des Ty­phus, Anthrax und anderer Blutkrankheiten auftreten.
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Blutharnen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 251
Zu den äusseren Schädlichkeiten zählt man den Genuss von Sprossen und der Blätter von Eichen, Weissbuchen, der Nadelhöl­zer, des Wachholders, der herben Knospen der Eichen, Giinsters, des wilden Rosmarins, des Biegel-, des Erd- und Heidclbecrkrau-tes, der Walderle, des Wasserpfeffers, der Anemonen, Ranunkel und Wolfmilchsarten, derPulsatilla, Adonis und des Colchicum. Auch beschuldigt man den Blüthenstaub und die mit schädlichen Insecten und ihren Excrementen bedeckten Pflanzen, die Madwürmer und die Kanthariden. Vorzugsweise kommt das Blutharnen in waldigen und sumpfigen Gegenden, Moorgründen aw, die daselbst wachsen­den Halbgräser, die Carex-, Scirpus-, Juncus- und Equisetumarten dürften besonders anzuklagen sein. Auch das Heu solcher Gründe, sowie das Tränken aus Lachen und Pfützen erzeugt das Blutharnen nicht selten. Es ist einleuchtend, dass die Krankheit dort wo jene Schädlichkeiten an die Bodenverhältnisse gebunden sind häufig und selbst in exzootischer Verbreitung auftreten kann, besonders ist dies bei Rindern und Schafen im Frühling (im Mai daher Mai­seuche) und ia trockenen Sommern der Fall, wenn die Thiere auf den Weideplätzen nur wenig gesunde Gräser und mehr schädliche Pflanzen finden.
Prognose. Das Blutharnen ist unter allen Verhältnissen eine wichtige, beachtungswerthe Erkrankung unserer Hausthiere. Im Allgemeinen ist die Vorhersage, wenn die Thiere den nachthei­ligen Einflüssen bald entzogen werden können, günstig; ist das Blutharnen aber eine Theilerscheinung von Blutkrankheiten, von Degenerationen der Harnorgane u. s. w., so ist sie immer sehr zweifelhaft.
Die Hauptaufgabe der Behandlung des Blutharnens ist die Fernhaltung der schädlichen Ursachen. Man behalte die Thiere im Stalle, sorge durch Striegeln und Frottiren der Haut für rege Thätigkeit derselben und gebe ihnen gesunde Nahrungsmittel, na­mentlich viel schleimiges Getränke, dem man etwas Asche zusetzt.
Für die medicamentöse Behandlung eignen sich der Blei­zucker, der Alaun, Kupfer- und Eisenvitriol und die ätherisch-öli­gen Mittel als: Terpentinöl, Steinöl, namentlich bei einer Compli­cation des Blutharnens mit dem Blutmelken. In manchen Fällen haben sich die Alkalien (Pottasche) besonders nützlich gezeigt, und dürf­ten im Anfange des Uebels, durch Neutralisirung der mit den Nah­rungsmitteln in zu grosser Menge aufgenommenen Pflanzensäuren, auch besonders indicirt sein; auch die bitteren Mittel und vegeta­bilische Adstringentien (Abkochung von Kastanien-, Weiden- oder Eichenrinde, der Tormentillwurzel etc.) mit Zusatz von Kochsalz werden gerühmt. In manchen Gegenden wendet man die Mineral­säuren (Schwefelsäure zu 5j—ij pro dosi und täglich 2 —3 mal in entsprechender Verdünnung) an. Bei grosser Empfindlichkeit und Harndrang wird den angeführten Präparaten das Bilsenkraut das Opium mit Erfolg beigegeben. Tritt Collapsus ein, so ist der Kampher in schleimigen Abkochungen, in Emulsionen angezeigt. Bei vorhan-
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Krankheiten der Harnworkzeuge.
dencr Stnhlverstopfung sind Glauber- oder Bittersalz, die Pöckel-brühc und selbst saure Milch mit Scbiesspulver im Gebrauch.
Das eudemisclie Auftreten des Blutharnens macht auch ein Verbanmigsverfabren notliwendig, das die möglicliste Abwehr der die Krankheit veranlassenden Schädlichkeiten anstreben muss. Man unterwerfe die Binder- oder Scbaibeerden in welcher sich dasBlut-harnen zeigt, andern Ftitterungsmethoden, wechsle die Weiden oder versetze die Thiere auf theilweisc Stallflitterung, oder, wo dies nicht durchzuführen ist, suche man die schädliche Wirkung der Weiden dadurch zu mindern, dass man sie von den Thie-ren des Morgens nicht ganz nüchtern beziehen lässt, indem man ihnen vorher etwas trockenes Futter und wenn es auch nur Stroh wäre, und ausserdem Kleien- oder anderes schleimiges Ge­tränk reicht. Dabei vermeide man, die Thiere im Thau auszutrei­ben und aus Lachen oder Pfützen zu tränken, trage vielmehr Sorge für ein gesundes frisches Trinkwasser. Mit Nutzen bedient man sich auch des Zusatzes irgend eines styptischen Mittels zu dem Getränk (des Eisenvitriols z. B.) bei Schafen auch Lecken von adstringirenden und bitteren Substanzen, wenn sonst nicht etwa be­stehende Hartleibigkeit den Gebrauch derartiger Mittel widerräth. Eine ganz besondere Beachtung ist dem etwa neu eingeführ­ten Vieh zu widmen, da dieses, wie erwähnt, der Krankheit vor­zugsweise verfällt. Den Ankauf desselben im Herbst zu bewirken, um die Thiere so durch die Stallfütterung im Winter allmählig an die durch die Ortsverhältnisse gebotenen Nahrungsmittel zu gewöh­nen — ist unter allen Umständen räthlich; oder man beziehe mit ihnen nur allmählig die Weiden.
Gegen das Blutharnen der Kühe, welches eine Folge schlech­ten, sauren Futters ist, wird in Holland folgendes Recept mit sehr gutem Erfolg gebraucht. Rp. Plumbi acetici unciam unam et dimid. Kali nitrici uncias duas. Natri sulphurici uncias sex. Mf. pulv. Det. et Sign. In 2 Quart Wasser aufgelöst, umge­schüttelt, täglich ein halbes Quart zu geben. Ist in 3 bis 4 Tagen das Uebel noch nicht gehoben, so wird gegeben:
Rp. Acidi Halleri uncias sex.
Tinct. Cinnamomi uncias duas. Misce, DS. Auf zwei Male, Morgens und Abends, mit Leinsa­mensehleim zu geben. NB. Bei eingetretener Verstopfung: Kamillcnthee mit Glaubersalz. Davejean rühmt beim Blutharnen der Hunde bei dieser Krank­heit Venesectionen (4—(3 Pfund aus der Drosselvene) Senfteige an die Füsse, Leinsamennmschläge auf die Lendengegend, Klystiere aus einer Leinsamenabkochung mit Kampher und innerlich ein Decoctum Pariet arid.
Eine Varietät dieser Krankheit wird mit dem Namen „schwarze
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Nierenentzündung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;253
Harnwindequot; bezeiclinet; sie soll vorzüglich Pferde jeden Geschlech­tes befallen, plötzlich anstecken und selir acut verlaufen. Die Thiere sollen bei scheinbar guter Gesundheit plötzlich nieder­stürzen und die Versuche aufzustehen oder sie aufzaheben bleiben erfolglos, wenigstens stürzen sie nach wenigen Minuten wieder zu­sammen. In der Regel setzen sie schon einige Zeit vor dem Nieder­fallen einen schwärzlichen Urin ab. Die Temperatur des Körpers erscheint ungleichmässig, stellenweise tritt Schweiss hervor, der Hinterleib ist in den Weichen eingefallen: die sichtbaren Schleim­häute der Nase, des Maulcs, sowie die Bindehaut der Augen sind etwas höher gerothet, jedoch mit einem Stich ins Orange oder auch ziegelroth. Auf der Kruppe sind diese Patienten mehr oder weniger geschwollen und die Musculatur fühlt sich hart an (?). Der Puls ist voll, aber weich, 60 — 70 p. M., der Herzschlag stets stark, die anfänglich wenig alterirte Respiration wird mit dem Zunahmen der Krankheit beschleunigter. Die Darmsec-rotion geht im Liegen, wenn auch verzögert, vor sich, die Excremente sind locker ge­ballt, gelblich, mit wenigem Schleim überzogen, später sehoppen sie sich vor dem After im Mastdarme an. Der Urin geht anfäng­lieh selten, im weiteren Verlaufe häufiger, fast alle Viertelstunden stossweise, er ist dunkel, rothschwarz, trübe wie Mistjauche und scheidet nach längerem Stehen einen weissgraulicheu, eiweissar-tigen Bodensatz ab, während die obere klare Flüssigkeit dunkel, blutig ist. (Falke).
Von der Zeit des Niederfallens an endet diese Krankheit stets nach 24, längstens 30 Stunden mit dem Tode.
lieber die Ursachen der Krankheit ist nur soviel anzugeben, dass verschlammtes, gehaltloses Futter, starke Benutzung zum Laufen beschuldiget werden, sie zu erzeugen.
Der schwarze Harnwind wird für absolut unheilbar gehalten, die Anwendung von Säuren, Alaun, Campher etc. ist ganz erfolg­los. Schneider will durch Anwendung von Katechu, essigsaurem Blei, Bilsenkraut, Angelica ana 3ß—5j niit Leinmchl 5jjj zu einer Pille, anfänglich allstündlich, später alle 2 Stunden eine Gabe, bis helles Uriniren eintrat, alsdann mit Roborantien als Nachbehand­lung mehrere solcher Thiere hergestellt haben, wenn die Thiere gleich im Beginn der Krankheit einer Behandlung unterworfen wurden. Mehrere Thierärzte wollen vom essigsaurem Blei mit der safranhaltigen Opiumtinctur die besten Erfolge gesehen haben (?)
Die einfache interstitiellc Nierenentzündung (Nephritis simplex).
sect;. 39. Die Nierenentzündung ist nach der Ausbreitung der Exsuda­tion entweder eine umschriebene (circumscripte) oder eine diffuse, beide Formen können je nach der Veranlassung der Ursache ent-
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Krankheiten der Harnwerkzeuge.
weder beide oder nur eine Niere befallen. Sie ist bei unseren Hausthieren eine selten vorkommende Erkrankung.
Anatomisches Verhalten.
Die befallene Niere zeigt im Beginne intensive Hyperämie, besonders die Rindensubstanz ist dunkel geröthet, zum Theil gleich-massig verwischt, zum Theil steifig an einzelnen Stellen mit klei­nen Extravasaten durchsprengelt. Das Volumen der Niere im Gan­zen vergrössert, die Niereukapsel getrübt, verdickt, durch Zwischen­exsudat gelockert, leicht abziehbar. Im weiteren Verlauf wird die Consistcnz der ameirten Stellen bei reichliehen flüssigen Exsudaten weich, das Parenchym leicht zerdrückbar, selten und bei festem Exsudate derber. Die Abgrenzung der Pyramiden ist nicht deut­lich erkennbar, beide sind gleichförmig braunroth gefärbt, aus der Schnittflüche kann eine trübe röthlichgraue Flüssigkeit ausgedrückt werden. Später weicht die diffuse Röthung mehr zurück, es tritt Entfärbung ein, es bilden sich Eiterpuncte, die Niere erscheint schmutzig gelb oder grau. Die Eiterpuncte fliessen zusammen und bilden Abscesse, wodurch die Niere noch mehr vergrössert wird, indem letztere gegen die Peripherie fortschreiten. Die Abscesse können nach verschiedenen Seiten hin in das Nierenbecken durch­brechen, wo dann der Eiter dem Harn sich beimengt, und mit ihm abfliesst, durch die Kapsel ins Peritonaeum mit consecutiver Eiter­bildung in benachbarten anliegenden Organen, gegen die Leber, Zwerchfell, die Lendengegend, von wo aus dann Hohlgänge zum Nierenabscesse führen, oder nach Aussen. In günstigen Fällen können jedoch die Abscesse einschrumpfen, ihr Inhalt sich ver­dicken, verkreiden.
Bei weniger intensiv und rapid verlaufenden Processen kommt es nicht zur Eiterbildung, sondern es erfolgt unter Rückgang der Hyperämie und unter Aufsaugung des Exsudates, Genesung; oder es bilden sich Verdickungen der Kapsel des interstitiellen Gewe­bes, das Parenchym schrumpft, wird blass, grau, schieferfarb, hart, die ganze Niere bekommt ein nnregelmässiges, höckeriges, narbi­ges Ansehen, die Blutgefässe und die Harnkanäichen werden durch das verdeckte Bindegewebe comprimirt und funktionsunfähig, wo dann, wenn beide Nieren derart degenerirt sind, rasch der Tod erfolgt.
Erscheinungen. Die Krankheit kann acut oder chronisch verlaufen.
Lebhafter Schmerz in der Nicrengegend, der sich bei der Be­rührung der Lende durch Einbiegen derselben, durch Ausweichen der Thiere beim Versuche sie zu betasten kund gibt, und erhöhte Wärme in der Lendengegend sind mehr weniger constante Erschei­nungen der acuten Form-Krankheit. Die Patienten stehen mit steifen Rücken (indem die Biegung ihnen Schmerzen verursacht) und mit weit auseinander und zurückgestellten Hinterfussen, sie gehen mit dem Hintertheil beschwerlich, steif, schwankend, ur.d legen sich gar nicht, oder vorsichtig nieder, das Aufstehen geschieht sehr müh-
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Nierenentzündung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;255
sam, weil sie sich auf die Hinterfüsse kaum erheben können. Die vergrösserte Niere ist weder durch Betasten noch durch die Per­cussion zu ermitteln, weil bei unseren grösseren Haussäugethieren durch die dicken in der Lendengegend liegenden Muskelschichten und die breiten Querfortsätze der Lendenwirbel auch im normalen Zustande, bei der Percussion der Nierengegend ein dumpfer Schall in grösserer Ausdehnung wahrgenommen wird; nur bedeutende Volumszunahmen der Nieren (durch grosseAbscesse) könnten allen­falls durch die physikalischeExploration nachgewiesen werden. Sehr häufig ist Harndrang vorhanden, mit Entleerung sparsamen Urins, der dunkel gefärbt, Blut, Schleim und selbst Eiter enthält. Bei inten­siven Afi'ectionen beider Nieren ist nicht selten vollständige Harn­verhaltung, wobei die Blase leer angetrofien wird, vorhanden. Fie­ber fehlt in intensiven Fällen selten, oft wird die Krankheit durch einen Schüttelfrost schon vor dem Eintritte des Schmerzes oder wenigstens gleich damit eingeleitet. Die Hoden sind an den Bauch angezogen. Die Fresslust ist aufgehoben, der Durst zuweilen ver­mehrt, meistens ist Obstipation vorhanden, der Bauch aufgetrie­ben; Pferde äussern zeitweise auftretende Kolikanfälle.
Vollständige Heilung und Genesung wird durch eine gleich-massige Rückbildung aller Symptome normale Beschaffenheit des Harnes, Aufhören des Fiebers angekündigt, sie ist ist in den mas­sigen Graden, ehe es noch zur Eiterbildung kommt, dann wo fremde reizende Körper die Veranlassung waren, jedenfalls mög­lich; häufig jedoch treten neue Schüttelfröste ein (Eintritt der Sup­puration) sehr erhöhte Hauttemperatur, grosse Pulsfrequenz, Auf­treibung des Hinterleibes, Unruhe, Betäubung, denen bald der Tod des Thieres folgt. In anderen Fällen bleibt eine bedeutende Em­pfindlichkeit in der Nierengegend zurück, im Harn zeigt sich Eiter und Schleim in wechselnder Menge, Pulsfrequenz, erhöhte Tempe­ratur, Verdauungsstörungen bestehen oft wochenlang fort, und töd-ten endlich durch Colliquation; dieser Zustand wir(J durch Verei­terung der Niere, durch Perforation der Abscesse nach verschiede­nen Seiten hin bedingt.
Ursachen. Mechanische Einwirkungen, Stössc, Schläge, Tritte, Quetschungen, Knochenbrüche, gewaltsames kurzes Pariren, starke Anstrengung im Zuge, Brüche etc.; Missbrauch harntreiben­der Mittel, sowie Genuss harziger und scharfer Stoffe und Pflanzen-theile als Canthariden, Terpentinöl etc., denen man auch die Ver­unreinigungen der Pflanzen durch Honig- und Mehithau hinzuzählt, dürften die gewöhnlichsten sein. Bei Schafen will man sie auch in Verbindung mit der Blasenentzündung, nach dem Genuss des Günsters (Günsterkrankheit) entstehen gesellen haben.
Erkältung, Krankheiten des Rückenmarkes, der Blase, der Harnleiter, Steine, Gries, Würmer in der Niere sind ebenfalls nicht seltene Ursachen dieser Krankheit.
Die Prognose wird besonders von den Ursachen abhängig sein. Wo die Zufälle überhaupt gering, das Fieber massig und
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Krankkeiten der Harnwerkzeuge.
noch nicht Lähmung vorhanden ist: wo ferner die Behandlung zeitlich eingeleitet wurde, insbesondere aber, wenn nur eine Niere leidet, da ist die Vorhersage günstiger; ungünstig, wenn im Ver­lauf der Krankheit Complicationen hinzutreten, wenn beide Nieren leiden oder Steine die Ursache des Uebels sind, sowie bei Krank­heiten des Rückenmarkes.
Die acute Nierenentzündung erfordert Aderlässe und den in­nerlichen Gebraucli von Calomel mit schleimigen öligen Mitteln (bei Hunden in Emulsionen von Mohnsamen). Sind scharfe Stoife genosssen worden, so passt ein Zusatz von kleinen Dosen Kam­pher. Wo gleichzeitig Hartleibigkeit besteht, sind auch die abfüh­renden Salze, Bittersalz, Glaubersalz etc. angezeigt. Indessen be­diene man sich, namentlich bei den kleineren Thieren, statt der Salze neben CaJomel des Ricinusöls zur Hebung der Obstipation.
Bei krampfhaften Erscheinungen bewährt sich ein Zusatz von narcotischen Mitteln zum Calomel: so von Opium, Hyoscyamus, Aconit etc. Mit der innerlichen verbindet man auch eine äusser-liche Behandlung, bei mechanischen Verletzungen Umschläge von Eis oder kaltem Wasser, einer Auflösung von Bleizucker in Wasser. Wo die Ursache nicht in mechanischen Verletzungen liegt, sind äusserlich ableitende Reizmittel anzuwenden. Einreibungen von Brechweinsteinsalbe, Senfpflasters in der Nierengegend, Canthari-densalbe und Terpentinöl, sowie der innere Gebrauch dieser Präpa­rate und des Salpeters sind zu vermeiden. Fleissige Application von schleimig-öligen Klystiren sind nicht zu versäumen.
Wo die Zertheilung nicht erzielt werden kann, und ein anderer Ausgang bevorsteht, ist die Behandlung den verschiedenen Stadien der Entzündung entsprechend zu leiten. Bei Eiterung der Nieren passt Tannin, Bleizucker mit kleinen Dosen von Campher und narcotischen Mitteln und in den Ausnahmsfällen, wo die Eiterung nach aussen hin einen Weg sich bahnt, ist ausserdem eine chirurgische Hilfelei­stung nothwendig. Sind Steine zu vermuthen, so werden besonders schleimige Mittel mit Campher, Opiaten erfolgreiche Verwendung finden. 1st der Durst vermehrt, so reicht man viel schleimiges Ge­tränk, gibt Gemüsefutter oder Surrogate dafür. Beides ist auch bei der chronischen Nierenentzündung beizubehalten, nur dass hiebei unter Umständen der Schwächezustand, eine kräftige Ernährung, namentlich Mehltränke erforderlich macht.
Bei der chronischen Nierenentzündung wird ausser den Ab­leitungsmitteln (Haarseile in der Nierengegend) im Ganzen die Behandlung der so eben angeführten analog sein müssen.
Die Reconvalescenten sind von schwerer Arbeit, schnel­lem Laufen, Tragen von Lasten, vor Erkältung längere Zeit zu schützen, ebenso ist bei der chronischen Form Ruhe besonders noting.
Die Bright'sche Nierenerkrankung.
sect;. 40. Die Nephritis albuminosa, Morbus Brightii wird bei unsern
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Briglitische Nierencrkrankung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 257
Hausthiereu namentlich bei Rindern, Hunden und Pferden nicht selten angetroffen. Die Nieren sind dabei byperämiscb, dunkel gefärbt, mit zablreicben Punkten und Streifen versehen, die Consistenz der Nieren etwas vermindert, aus dem Durchschnitte entleert sich eine trlibe, blutige Flüssigkeit; die Nierenkapsel ist leicht abstreifbar. Im Nierenbecken findet man blutigen Schleim, in der Harnblase einen eiweisshaltigen Urin. In späteren Stadien der Brighf sehen Krank­heit wird fettige Degeneration der Nierenepithelien mit nachfolgen­dem Nierenschwund, Bindegewebswucherung und granuläre Ent­artung der Einden gefunden. Bei Rindern und Hunden sind dann auch die Nieren bedeutend kleiner, als im normalen Zustande, blassroth, bisweilen von weissen, bindegewebigen Strängen durch­zogen, sehr derb und fest, auf dem Durchsclmitte, an dem ge­wöhnlich die Rindensubstauz sehr verkleinert und gelblich erscheint, lässt sich nur wenig graue, trübe Flüssigkeit ausdrücken. Die Kapsel hängt mit der Nierenoberfläcbe, die grobkörnig, uneben war, innig zusammen. Diese höckerigen Knötchen entsprechen jedoch nicht mehr den mit Fibrinpfröpfchen und Körnchenconglo-meraten angefüllten Harncanälchen, sondern dem normal gebliebe­nen Drüsenparenchym, da die ersteren, nachdem sie selbst in der fettigen Entartung zu Grunde gingen, durch Resorption entfernt wurden, und an ihre Stelle constringirendes Narbengewebe trat. Mitunter scheint auch eine Neubildung von Bindegewebe hier statt­zufinden, durch dessen Schrumpfung ein Schwund der Nierensnb-stanz veranlasst wird (Roll).
Ausser dem Abgange eines blassgelben, flockigen, zuweilen blutigen, eiweisshaltigen Urins, der'Haut- und Bauchwassersucht, die im Gefolge der Krankheit (bei Rindern) beobachtet wurden, sind die anderen Erscheinungen noch unbekannt. Roll saii diese Nierenentartung bei Pferden nicht nur neben Lungen-, Brustfell-, Bauchfellentzündung, neben der Entzjindung des Endocardiums, sondern auch bei solchen, die übrigens gesund, wegen Knochen­brüchen, Hutkrankheiten vertilgt werden mussten.
Die Bright'sche Nierenerkrankung, die Nierenentzündung und alle krankbatten Processe der Harnorgane, die die Entleerung des Urins behindern, oder gänzlich aufheben, führen durch Zurückhal­ten und Anhäufung der Harnbestandtheilo, namentlich des Harn­stoffes im Blute zu einer eigenthümlichen Blutinfection, die man mit dem Namen der Urämie bezeichnet. In den wenigen bei Hun­den und Pferden von Roll beobachteten Fällen stellte sich hefti­ges Fieber,. schweres Atbmen, Erbrechen (bei Hunden), Durchfall, Betäubung, Convulsionen und bald der Tod ein.
Die Öbduction lieferte neben den, die Urämie bedingenden pathologischen Veränderungen der Harnorgane keine characteristi-schen Daten. Das Blut ist dunkel gefärbt mit einem Stich ins Violette und riecht wie die parenehymatösen Organe nach Harn (Ammoniakgeruch).
Kraus, Path. u. Therap, der Uausaäugethiere.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 17
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258nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten der Nieren.
sect;. 41. Die catarrbalische Entzündung des Nieren­beckens, Pyelitis,
tritt in der Mehrzahl der Fälle ohne nachweisbare Ursachen auf, häufig- wird sie jedoch durch Harnsteine und Schmarotzer im Nie­renbecken bedingt. Der abgesetzte Urin ist zäh und scheidet beim Stehen reichliche, schleimige und selbst eiterige Sedimente ab. Der catarrbalische Zustand pflanzt sich bisweilen auch über die Harnleiter bis zur Blase fort. Diese Entzündung ist im Cadaver kein seltener Befund, das Nierenbecken ist mit Schleim erfüllt, die Schleimhaut schmutzig bräunlich, bisweilen pigmentirt.
Anomalien des Inhaltes.
sect;. 42. Concrementbildungen in der Niere, Nierensteine, welche bald aus harnsauren, Oxalsäuren Salzen, oder bei den Pflanzenfressern besonders aus Carbonaten der Alkalien und alkalischen Erden be­stehen, sind beim Pferde, Rinde und Hunde beobachtet worden und rufen wüthende Schmerzen in der Nierengegend, Nierencoli-ken, Entzündung und Vereiterung der Nierensubstanz, Berstung des Nierenbeckens, seeundäre Bauchfellentzündung hervor. Kleinere Nierensteine gelangen in das Nierenbecken und durch die Ureteren in die Blase und von dort oft nach ausseu.
Die Nierensteine des Pferdes sind entweder sehr gross, sie entsprechen dann ihrer Gestalt nach dem Nierenbecken und be­stehen meistens aus einem cylindrischeu Mittelstücke, welches sich nach beiden oder nach einerquot; Seite in einen nach innen gekrümm­ten hornartigen Fortsatz verlängert, erreichen eine Länge von 5 — 6quot;, sind in der Oberfläche rauh, bräunlichweiss oder braun, oder in beiden Farben marmorirt. Die kleineren zeigen gleichfalls einen Körper, aus welchem zahlreiche Fortsätze ausgehen, wodurch sie Aehnlichkeit mit einem Korallcnstocke erhalten.
Seltener und stets in der Mehrzahl finden sich runde Nieren­steine von der Grosse einer Erbse bis zu jener einer kleinen Wall-nuss, sie sind fest, glatt, bräunlichweiss, mit kleinen warzigen Er­höhungen versehen und dadurch Galläpfeln nicht unähnlich.
Auch weniger dichte, unrcgclmässig runde, gelblichweisse, abfärbende, aus concentrisch zähen Schiebten erhärteten, meist mit kohlensaurem Kalke belegten Schleimes bestehende Concremeute finden sich bisweilen in den Nierenbecken vor.
Als blosse Zusammensinterungen der Harnsalze mit Hilfe des bindenden Schleimes sind die sogenannten Niederschlag- oder se­dimentartigen Nierensteine zu betrachten, gelblichgraue, abfärbende, leicht zerreibliche Massen von verschiedener Grosse. Sie bestehen der grüssten Masse nach aus kohlensaurem Kalke mit etwas koh­lensaurer Magnesia und organischen Substanzen.
Bei Rindern sind die Nierensteine seltener als beim Pferde, sie sind bald korallenstockförmig wie beimquot; Pferde, bisweilen aber
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Neubildung der Nieren.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; OgQ
kommen sie in Form faccetirter, grauer, an der Oberfläebe rauher oder perlmutterartig' weisser, oder metaliiseh glänzender, runder, kleiner Steine vor. Die Oberfläche der letzteren ist glatt, gold­gelb oder gelblichgrliu, schimmernd und aus durchscheinenden, unreinen, um einen kleinen Kern gelagerten Schichten zusammen­gesetzt.
Bei Schafen kommen kleine, weisse Nierensteine aber äus-serst selten vor.
Beim Hunde finden sich kleine, aus tafelförmigen Krystallen (vorwaltend Cystin) bestehende, gelbliche, fettig glänzende, im trockenen Zustande brüchige Concretiouen.
Die Ansammlung von seröser Flüssigkeit in den bksenförmig erweiterten Nieren bezeichnet man mit den Namen Hydrops reua-tus, Hydronephrose, ein Zustand, den man bei Pferden, ßindern und Schweinen antrifft.
Er entwickelt sich aus einer dauernd aufgehobenen Urinent-leerung aus den Nierenbecken, welche durch Steine, die die Ure-teren verstopfen, durch Compression benachbarter Geschwülste, durch Schwellung der Schleimhaut, der Harnleiter oder durch Ver­wachsung ihrer Wandungen gesetzt ist. Durch allmälige Anhäu­fung des Urins dehnen sich Nierenbecken und Nierenkelche aus, erreicht die Spannung im Kiercnbecken einen gewissen Grad, so werden die Oeffnungen der Tubuli recti in den Niereupapillen durch Druck verschlossen. Dadurch wird zwar ein weiterer Aus­tritt von Urin in das Nierenbecken gehindert, aber der stagnirende Urin und dessen Umsetzungsprocesse reizen die Schleimhaut des Nierenbeckens, wodurch die Ausscheidung einer serösen Flüssig­keit, die das Nierenbecken nach und nach zu einer bedeutenden fächerigen Blase ausdehnt und durch Druck die Mark- und Rin­densubstanz der Niere allmälig atrophirt.
Bei den niederen Graden trifit man die abgeplattete Nieren­substanz oberhalb der erweiterten Kelche verdichtet, lederartig zähe. Bei höherem Grade beträgt die Nierensubstanz einige oder nur eine Linie im Durchmesser, bei dem höchsten Grade ist sie völlig geschwunden und statt derselben ein häutiger, aussen gelappter, innen gefächerter, mit einem urinösen Fluidum oder einer klaren Flüssigkeit gefüllter Sack vorhanden. Die Grosse der Blase kann der eines Kindskopfs, ja sogar der eines Mannskopfs gleich kom­men, die Erweiterung des Ureters vermag den Durchmesser eines Dünndarmes erreichen, wobei dessen Wände verdickt sind. Zu­weilen erstreckt sich die Erweiterung vorzüglich auf die Harnlei­ter. In einem von Lei ssering beobachteten Falle waren die einem Dünndärme gleichenden Harnleiter eines Pferdes an ihrer Eintrittsstelle in die Blase mit Coucretionen verstopft. Die Nieren­becken waren erweitert, beide Nierenbecken boten Kalkinfarcte ih­rer Medullarsubstauz dar. Durch Harnstagnation war in beiden Fällen die Bindensubstanz geschwellt.
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260nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten der Nieren.
Neubilduugeu.
sect;. 43. Bei den Hausthiereu wurde der Niereukrebs einige Male u. z. in der Form eines sehr gefässreichen Markschwammes und des Cystenkrebses bei Pferden angetroffen, unter welchen das eine während des Lebens au Blutharnen gelitten hatte.
Bei dem letzteren Falle erlangte die Niere einen enormen Umfang und zeigte eingebettet in eine hirnmarkähnliche meist sehr gefässreiche und von Blutextravasaten durchzogene Masse zahl­reiche erbsen- bis haselnussgrosse, theils mit dünnem, gelbem Se­rum, theils mit einer gallertartigen, rüthlich grauen Masse erfüllte Cysten. Bei Hunden kommt der Markschwamm der Niere nicht selten neben Leberkrebs vor (Roll).
Nierentuberkulose der Thiere ist selten, und wird nur neben allgemeiner Tuberkulose beobachtet.
Cysten in der Niere werden bei Thieren oft beobachtet. Mau siebt sie in der Grosse eines Hanfkorns bis zu der einer Wallnuss. Sie enthalten gewöhnlich eine klare wässerige Flüssigkeit, seltener eine gallertartige Masse. Ihre Entstehung ist verschieden. Ent­weder sie entwickeln sich durch Abschnürung partiell verödeter Harnkanälchen, und kommen dann gewöhnlich in theilweise atro-phirenden Nieren zu Stande; sie bleiben dann stets klein und sind kaum mit unbewaffnetem Auge sichtbar. Oder sie haben wirklich den Werth eines Neugebildcs und dann erreichen sie oft eine be­deutende Grosse.
Sie kommen dann entweder in der Riudensubstanz zerstreut vor, oder sie erreichen manchmal eine solche Zahl, dass gewöhn­lich beide Nieren ziemlich symmetrisch zu einem Aggregat kleine­rer oder grösserer Cysten umgewandelt sind.
Dieser Zustand ist besonders bei Kindern oft beobachtet und als Blasenniere bezeichnet worden. Hierbei kommen Cysten von der Grosse einer Wallnuss bis zu der eines Hübnereies und dar­über vor. Dabei ist das Organ auf das Doppelte oder Dreifache vergrössert und hat eine gelappte, höckerige Oberfläche. Der In­halt dieser Blasen ist bald serös fadenzieheud, colloid- oder blut-haltig, bräunlich, schwärzlich.
Fibroide Neubildungen kommen im Nierenbecken der Pferde oft vor.
Fettgewebsbildungen werden bei fetten Thieren als Hyper­trophie des die Nieren umgebenden Fettes gefunden und können selbst Schwund des Organs bedingen.
Anomalien der Grosse, Form und der Zahl.
sect;. 44. Eine Vergrösseruug der Niere, eine wahre Hypertrophie der einen Niere findet im Gefolge der Verödung der anderen Statt, überhaupt im Verlaufe eines jeden pathologischen Vorganges, wo­durch eine Niere funetionsunfähig wird.
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Entzündunfr der Harnröhre und Biaae.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 26t
Anderseitige Volumszunahmen kommen bei Hyperämie, Ent­zündung, Bright'sclier Krankheit, Afterbildungen, Stauung des Se­cretes und Erweiterung der Harnkanälchen vor. Bei Hunden, die an Herzfehler leiden, sah Roll eine Hypertrophie des interstitiel-len Bindegewebes der Nieren, wodurch diese derb und hart wird.
Eine Verkleinerung kommt durch Atrophie zu Stande und betrifft eine oder beide Nieren: die Atrophie wird veranlasst durch die Ausgänge der Nephritis, durch Druck von Geschwülsten der Nacbbarorgane, durch Compression der Nierenarterien von aussen und durch Obliteration des Lumens derselben, durch Verdickung . der Nierenkapsel. Bei der Hydronephrosc atrophirt die Niere in Folge der Stauung des Harnes über den erweiterten Kelchen, auf eine grosse Fläche auseinander gezogen, bis zur völligen Ab-sinnption.
Abweichungen der Form der Nieren sind bei Pferden häufig. Die hinteren Enden sind nämlich durch ein quer über die Wirbel­säule gelagertes Stück Nierensubstanz vereinigt, wodurch die so­genannte Huf eisenniere gebildet wird; sie veranlasst keine Gesund­heitsstörungen. Gurlt legte heuer in der Sitzung der naturfor­schenden Freunde in Berlin die Zeichnung von Doppelnieren der rechten Seite eines Schweines vor und bemerkte, dass bei sonst regelmässiger Körperbildung das Vorkommen von 2 Nieren einer Körperseite zu den Seltenheiten gehört. Bei Missgeburten habe er allerdings sogar 4 Nieren, auf jeder Körperseite 2 gefunden.
sect;. 45. Die Krankheiten der Harnröhre und Blase.
Die Entzündung der Harnröhre, Urethritis
ist bei unseren Haussäugethieren häufig eine traumatische, bedingt durch fremde aus der Blase oder von aussen dahin gelangte fremde Körper, oder seltener eine catarrhalische, die durch Erkältung be­sonders durch Baden der Thiere bei erhitztem Körper im kalten Wasser und Ueberrcizung beim Begattungsacte veranlasst wird.
Auch soll sie die Staupe der Hunde begleiten und ebenso durch Ansteckung wie der Tripper des Menschen erworben und weiter­gepflanzt werden können: Hertwig, Greve und Andere zweifeln nicht daran, dass durch die Begattung mit weiblichen Thieren (insbesondere Hündinnen), die an bösartigen Schleimfluss (?) oder Feigwarzen (?) an den Genitalien leiden, der Tripper entstehen könne.
Beim Harnröhrencatarrh fliesst eine gelbliche, schleimige oder eiterige Flüssigkeit aus der Harnröhre; bei Hunden, deren Praepu-tium mit langen Haaren versehen ist, sind dieselben mit dem Schleim beschmutzt und zusammengeklebt; ausserdem sind Be­schwerden beim Harnen dabei nicht selten und soll es auch zur
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Krankheiten der Hiirnröhi'e und Blase.
Entwickehmg catarrhalischer uud syphilitischer Geschwüre an den Geschlechtstlieilen kommen (Roll).
Die männlichen Hunde und selbst Rinder leiden auch häufig an einem Ausfiuss von Schleim, zuweilen auch von Eiter oder Jauche aus der Vorhaut des Gliedes, und es ist deshalb be­sonders fllr die einzuleitende Therapie wichtig zu wissen, ob der Ausfluss aus der Vorhaut oder aus der Harnröhre komme, was durch eine sorgfältige Untersuchung bestimmt werden muss. Der Zustand der Harnröhre männlicher Thiere kann, in so weit sie an der Ruthe verläuft, mit dem Finger untersucht werden, während die Exploration mit dem Catheter wegen der Länge der Harnröhre keine sicheren Aufschlüsse gibt. Günstiger gestaltet sich die Sache bei weiblichen Thieren. Der Vorhauttripper ist jedoch von verschiedener Art, indem er 1) in den meisten Fällen in einer catarrhalischen Reizung und Auflockerung der Schleimhaut, welche die Eichel des männlichen Gliedes und einen Theil der Vorhaut bekleidet, beruht: oder 2) indem Warzen oder Geschwüre auf dieser Schleimhaut vorhanden sind, welche bestän­dig reizen, und eine Absonderung von Schleim, Jauche und Blut veranlassen.
Die Behandlung erfordert im frischen Zustande lauwarme, schleimige, später Einspritzungen von Bleiwasser, Alaun, Zink- oder Kupfervitriol (bei Hunden 2 — 6 —10 Gran auf die Unze Wasser), von argent, nitr. (gr. iv, aq. dest. unc. 2). In hartnäckigen Fällen bei schlaffen und alten Hunden kann man die Kur durch den inne­ren Gebrauch der China, des Alauns, des Eisenvitriols unterstützen.
sect;.46. Hyperämie undEntzündungsformcn der Harnblase.
Die Entzündung der Harnblase kommt häufig bei Rindern und Schafen, seltener bei Pferden vor.
Die Affection kann sich darstellen als Entzündung der um­gebenden Hülle (Pericystitis) als Entzündung des Peritonäums (Cyst, serosa), es können alle Schichten der Blascnwändc ange­griffen sein (Cyst, paronehymatosa) oder nur die Schleimhaut (Cyst, mueosa). Die Schleimhautaff'ection ist für die Praxis die wichtigste — da die Aflcctionen der anderen Schichten nur seeundäre Processe sind, welche von der Schleimhaut von benachbarten Organen (Bauchfell, Gebärmutter, Scheide etc.) aus oder in Folge allge­meiner Processe zu Stande kommen — sie verläuft acut und chro­nisch und bildet den
Kartarrh der Blaseuschleimhaut (üroeystitis catarrhalis).
sect;. 47. Anatomisches Verhalten. Die Veränderungen sind die gewöhnlichen des Catarrhs anderer Schleimhäute. Ein­fache Hyperämie mit kleinen Extravasaten, catarrhalische Schwel­lung der dunkel gerötheteu oder pigmentirten, schiefergrauen (in
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Catarrh der ßlasenschleimbaul.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;263
chronischen Fällen) Schleimhaut, die mit einer eiterähnlichen, zä­hen Flüssigkeit beschlagen ist; die Bisse selbst ist mit einem übel­riechenden, röthlich sedimentirten Harn angefüllt. Sind Blasen­steine die Ursache, so kommt es zu eiteriger Infiltration, zur Ulceration und Perforation der Blasenhäute, Austritt von Harn und Jauche in die [Bauchhöhle und somit tüdtlicher Peritonitis. Fast in allen chronischen Entzündungen der Blasenschleimhaut und bei Anwesenheit von Steinen wird auch die Muskelhaut hypertrophisch und (bei Hunden vorzüglich) durch Bindegewebsneubiklungen ver­dickt.
Die croupöse Entzündung der Blascnschleimhaut tritt im Ge­folge von Blutkrankheiten insbesondere des Pferdetyphus auf; die Schleimhaut ist mit membranösen Faserstoffschichten bedeckt oder durch faserstoffige Ausschwitzungcn infiltrirt.
Erscheinungen. Die Thiere sind unruhig, besonders äus-sern Pferde mehr weniger Kolikschmerzen, legen sich vorsichtig nieder, wenn die Blase voll ist, die Hintcrfüsse werden auseinan­der gestellt, mehr nach hinten gestreckt wie zum Harnabsetzen, der Harn wird stossweise, in dünnem Strahl unter Schmerzensäus-serungen gelassen, er ist bald dunkelgelb, röthlich und führt wohl selbst Blutgerinnsel mit sich, Kinder heben besonders die Hinter­beine abwechselnd und wiegen dabei mit dem Hintertheil, Hunde gehen unruhig umher, mit unter den Leib gezogenen und trippelnd bewegten Hinterfüssen. Alle äussoren beim Druck in der Blasen­gegend Schmerz. Der Leib ist gespannt und bei männlichen Thie-ren pflegen die Hoden straft' an den Leib gezogen zu sein. Bei den grösseren Thieren wird eine Untersuchung durch den Mast­darm, bei weiblichen Thieren durch die Scheide den Zustand über vorhandene Schmerzhaftigkeit und über die Gegenwart von Blasensteinen näheren Aufschluss geben; bei kleineren Thieren ist eine Exploration auf diesem Wege zwar nicht so leicht möglich, doch gestatten die nachgiebigeren Bauchdecken gleichfalls eine Untersuchung zu ähnlichem Zwecke.
Der Verlauf der Blasenentzündung, die zuweilen mehr weni­ger heftiges Fieber im Gefolge hat, ist in der Regel ein kurzer, unter Umständen kann sie zwar auch länger dauern, besonders wenn sie in die chronische Form (Cystitis chronica) übergeht, doch tritt sie in solcher mehr unter den Erscheinungen von Harn­beschwerden auf: periodisch eintretende Harnstrenge, Entleerung eines dicken, schleimigen, eiterigen, blutigen Urins lassen dann ihr Vorhandensein vermuthen, doch wird eine genaue Untersuchung erst Sicherheit gewähren können.
Die Ursachen sind im Allgemeinen dieselben wie die der Nephritis; daher aussei- Erkältung mechanische Verletzungen der Blase und ihrer Umgebungen Missbrauch urintreibender Mittel, so wie der innere und äussere Gebrauch scharfer Stoffe, besonders der Canthariden, eingeklemmte Blasenbrüchc und Blasenvorfälle, Entzündungen, Vereiterungen der Nachbarorgane, Krankheiten des
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Krankheiten der Harnröhre und Blase,
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Rückenmarkes, die Lähmung der Blase nnd ein längeres Verweilen des Harnes in der Blase, die eine Zersetzung desselben bedingen, dann Blasensteine, Gries (bei Hunden vorzüglich) etc.
Therapie. Das Heilverfahren wird nach der Art der Ur­sachen einzurichten sein, und vorzüglich deren Entfernung anstre­ben. Im Verlaufe der Krankheit wird man weder innerlich noch äusserlich scharfe Substanzen, Canthariden u. s. w. und eben so wenig scharfe Diuretica in Gebrauch ziehen. Direct findet Anti-phlogose nach dem Massstabe der Intensität auch Aderlässe, Ein­reibungen von Quecksilbersalbe in die Schamgegend und des Bil­senkrautöls in das Mittelfleisch ihre Anwendung; bei grosser Em­pfindlichkeit und krampfhaften Erscheinungen ist ein Zusatz von narcotischen Mitteln, Opium, Bilsenkraut etc. angezeigt und sind erweichende, lauwarme Bähungen in der Scham- und Mittelfleisch­gegend, sowie schleimig-ölige Klystire und milde Einspritzungen in die Harnröhre Entleerung des Harns durch Druck auf die Blase vorzunehmen. Die Einführung des Catheters bei vorhandener Harnverhaltung gehört zu den wichtigsten Behelfen bei dieser Krankheit.
Mechanische Verletzungen erfordern kalte Umschläge. Wenn Blasenvorfalle, Brüche u. dgl. bestehen, ist eine chirurgische Hilfe­leistung nothwendig.
sect;. 48. Abweichungen der Grosse, Form nnd Lage.
Die Erweiterung der Blase im Ganzen ist Folge der Ausdeh­nung derselben durch Retention des Harnes und der Paralisirung der Muskelhaut. In Zuständen von chronischen Catarrhen, von Stenose der Blasenmündung oder sonstigen Hindernissen für den Abfluss des Harns wird die Muskelhaut hypertrophisch und zuwei­len in so hohem Grade, dass sie eine Verengerung der Blase be­wirkt, dies tritt besonders dann ein, wenn ein andauernder Schleim­hautreiz meistens durch einen Stein ausgeübt wird. Wenn ein fremder Körper, der an den Wandungen festsitzt, bei Hypertrophie der Muscularis die Contractionen nicht gleichmässig sein lässt, so bilden sich sackige Ausbuchtungen, Divertikel, in welcher die fremden Körper z. B. Blasensteine liegen.
Veränderungen der Lage sind Brüche der Blase u. z. tritt dieselbe durch den Leistencanal oder Schenkelhogen durch, wo sie auch eingeklemmt werden kann. Die Vorlagerung der Blase und die Umstülpung derselben erfolgt nur bei weiblichen Thieren, die erstere durch einen Riss in der Matter scheide, die letztere durch die Harnröhre nach Aussen.
Anomalien des Inhaltes.
sect;. 4i'. Zu diesen gehören die Harnsteine, deren Vorkommnn bei Thieren nicht selten ist. Die Folgen, welche die Anwesenheit von
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Harnsteine.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 2ßö
Harnconerementei! in der Blase der Thiere nach sich zieht, sind: Chronische Blaseucatarrhe und Entzündungen mit mannigfachen Störungen der Urinabscheidung, Hätnaturie, partielle, selbst allge­meine Peritonitis, sogar Gangrän der Blase, Harnhifiltration in der Umgebung, bisweilen auch enorme Hypertrophien der Blasenwand. Gewissheit über die Existenz eines Blasenconcrementes gibt nur die Steinsonde oder der Cathetcrismus.
Die Blasensteine des Pferdes sind theils weiss, eiförmig, 2— 3quot; lang, l1 •gt;quot; breit, 1—l'/aquot; dick, an der Oberfläche rauh, im In­nern von kleinen Höhlen durchzogen, der Hauptmasse nach be­stehen sie aus kohlensaurem, phosphorsaurem Kalke, kohlensaurer Bittererde, organischen Substanzen und Spuren von Eisen, oder andere sind gelblichweiss oder braun, an ihrer Oberfläche mit Krystallen, kleesauren Kalkes besetzt und zeigen auf dem Durch­schnitte dunklere und feste, mit helleren und weicherenfabwechseluden Schichten, welche um einen sedimentartigen Kern abgelagert sind. Aussei- etwas kleesaurem Kalke haben sie dieselben BestancHheile, wie die früheren. Auch findet mau sehr grosse, absolut und spe-citisch schwere Steine, die eine der Form der Harnblase entspre­chende Gestalt zeigen. Sie bestehen aus zusammengesinterten Harnniedersehlägen und zeigen keine Schichtung. Man nennt sie sedimentartige Steine.
Das Harnsediment oder der Harngries stellt eine breiige, dem Harne beigemengte, pulverige Masse dar, welche aus kohlen­saurem Kalke, Schleim, etwas kohlensaurer Magnesia und biswei­len Spuren von phosphorsaurem Kalke besteht. An der Luft ge­trocknet, erhärtet es zu einer dem sedimentartigen Blasenseine ähnlichen Masse.
Bei dem Rinde kommen weisse, an der Oberfläche höckerige, bisweilen mit einer braunen Schichte bedeckten Blasensteine vor, welche auf dem Durchschnitte eine Schichtenablagerung um einen aus kohlensaurem Kalke bestehenden Kern zeigen. Sie bestehen vorwaltend aus Kieselerde, kohlensaurem Kalke und organischen Substanzen, etwas kohlensaurer Bittererde und Spuren von Eisen.
Bei dem Schweine kommen weisse, eiförmige, an der Ober­fläche durch ungefähr linienlangc Nadeln von phosphorsaurer Am­moniak-Magnesia rauhe Steine, welche bisweilen durch Schleim oder Blutfarbestoff' an der Oberfläche schwärzlich gefärbt sind und auch Steine von kreideartigem Aussehen vor, die sich durch ihren geringen Zusammenhang und die glatte, abfärbende Oberfläche auszeichnen.
Die eigentlichen sedimentartigen Blasensteine erreichen wie jene des Pferdes die bedeutendste Grosse, sind rein oder gelblich­weiss gefärbt, und entsprechen entweder der Gestalt der Blase oder stellen rundliche oder plattenähnliche Körper dar.
Die auch bei den Schweinen vorkommenden Harnsedimente bestehen vorwaltend nebst Schleim aus kleinen Krystallen phos-
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Krankheiten der Harnröhre und Blase.
phorsaurer Ammoniak-Magnesia und bisweilen Spuren phosphor­sauren Kalkes.
Die Blasensteine des Hundes kommen vorzugsweise in zwei Varietäten vor. Die gelblichweissen finden sich meistens verein­zelt, jedoch auch zu zweien; sie erreichen die Grosse einer Wall-nuss bis zu der eines Ganseies, sind länglichrund und mit warzi­gen Hervorragungen oder kleinen Krystallen phosphorsaurer Mag­nesia besetzt, und zeigen auf dem Durchschnitte eine deutliehe Schichtenablagerung. Bisweilen zerspringt ein solcher Stein ent­sprechend der Schichtung in zahllose, an einer Seite convexe, an der anderen concave, drei- oder viereckige Stückchen, welche bei längerem Verweilen in der Blase an den Kanten und Flächen fa-cettenförmig abgeschliffen werden.
Die Cystensteine bestehen entweder aus reinem Cystin mit etwas Schleim, oder sie zeigen blos einen aus Cystin bestehenden Kern, um welchen sich abwechselnd Schichten von kohlensaurem Kalke und Cystin herumgelagert haben.
Harnröhrensteine finden sich beim Pferde selten, häufiger beim männlichen Rinde, beim Schafe, Schweine und Hunde vor. Sie bestehen aus kohlensaurem Kalke, kohlensaurer Bittererde, klee­saurem Kalk, Kieselerde und organischen Substanzen, die Harn-exeremente der Schweine bestehen vorwaltend aus phosphorsaurer Ammoniak - Magnesia und phosphorsaurem Kalk.
In der Vorhaut des Pferdes und Schweines kommen die so­genannten Vorhautsteine vor, die eine den obigen analoge Zu­sammensetzung haben (Roll).
Neubildungen.
Bindegewebsneubildungen finden sich bei chronischen Blascn-catarrhen in Form polypöser oder zottiger Wucherungen: andere Pseudoplasmen sind in der Blase unserer Haassäugethiere noch nicht gefunden worden.
sect;. 50. Nervöse Affectionen der Harnblase.
1) Der Blasenkrampf, Cystospasmus
besteht in einer krampfhaften Zusanimenschniirung des Blascnhal-ses, in Folge dessen derselbe so fest zusammengezogen ist, dass die Durchbringung des Catheters bei Pferden und Hunden un­möglich wird. Di^Thiere stellen sich sehr oft zur Harnentleerung, ohne eine solche zu bewirken, oder sie erfolgt unter Schmerzens-äusserungen stoss- und tropfenweise: Hunde sind sehr traurig, ver­sagen Futter und Getränk, gehen ängstlich von einer Stelle zur andern und zeigen bei der Berührung des Leibes, namentlich in der Schamgegend heftige Schmerzen, die bei Rindern und Pferden zu bedeutenden Kolikanfällen ausartet. Führt man den beölten
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Blasenknimpf.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;367
Finger in den Mastdarm ein, so ftiiilt man die Harnblase auge­füllt, stark gegen die untere Wand des Mastdarms gedrängt und lieim Druck auf sie äussert das Tliicr etwas Schmerz.
In den meisten Fällen dauert diese krampfhafte Urinretention 24—3ß Stunden und geht dann in der Regel in Genesung über, jedoch kann auch bei grosser Anhäufung des Harnes in der Blase dieselbe bersten, wobei sicli der Urin in die Bauclihühle ergiesst und zur tödtlichen Peritonitis führt. Diesen unglücklichen Ausgang erkennt man nur dadurch mit Sicherheit, wenn bei einer neuer­lichen Untersuchung die früher volle gespannte Blase leer gefun­den wird, ohne dass eine Harnentleerung durch die Harnröhre stattgefunden hat.
Die Ursachen dieses Zustandes sind Erkältungen, der Genuss scharfer, gewürzhafter Speisen, bei Hunden langes Liegen im ein­gesperrten Zustande, fortgesetztes Laufen auf der Jagd, unausge­setztes Fahren der Pferde, überhaupt alle Momente, wodurch den Thieren nicht die nöthige Zeit gelassen wird, den Harn abzusetzen.
Der Blasenkrampf ist wohl von jenen Formen der Harnver-haltung zu unterscheiden, welche durch Verschliessung der Harn­röhre, durch Harnsedimente oder Steine, durch Compression der­selben, durch Geschwülste der Vorsteherdrüse, durch Ansammlung verhärteter Hautschmiere in der Vorhaut bedingt sind; eine sorg­fältige Untersuchung wird hierüber die nöthigen Aufschlüsse ge­ben ; er kommt in der Regel nur bei männlichen Thieren vor.
Die Behandlung muss die Beseitigung des Krampfes, und wenn diese nicht erreicht werden kann, die künstliche Entleerung des Harnes ins Auge fassen.
In ersterer Hinsicht gibt man schleimige und narcotisehe Mit­tel, namentlich Leinsamenschleim mit Opium oder Belladonna oder auch ein Infusum von Flieder oder Chamillen mit Zusatz kleiner Gaben von Brechweinstein, Campher, Stinkasand und Opium. Ausser dem applicirt man Klystire von Chamillen oder Baldrianthee von einer Abkochung der Belladonna (3 jj zu | vj und hievon jede halbe Stunde etwa '/laquo; his ganze Unze) am sogenannten Mittel­fleisch, reibt man ein Liniment von Opium oder Extr. Belladonnae (gr. x) mit warmen Oel (g ß) in Zwischenzeiten von '^ Stunde mehrmals wiederholt, ein. — Die zweite Aufgabe sucht man da­durch zu erfüllen, dass man bei Stuten durch Einführung einiger Finger in die Harnröhre, bei Hunden und anderen Thieren den Catheter applicirt und endlich entweder am unteren Ende des Mit-telfleisehes durch einen Schnitt die Harnröhre öfthet und einen dünnen Catheter durch den Blasenhals einführt, oder dass man durch den Mastdarm einen gekrümmten Troikart in die untere Wand des Mastdarmes und in die Blase einsticht, das Stilet zu­rückzieht, die Röhre aber mit ihrem vorderen Ende in der Blase erhält und hierdurch den Urin entleert. Man gewinnt hierdurch in beiderlei Weise Zeit für die Wirkung der übrigen Mittel und ver­hindert das Bersten der Blase: das zuerst bezeichnete Verfahren
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Krankheiten der Harnröhre nnd BlaBe.
ist jedoch vorzüglicher als das letztere, theils weil es geringere Verletzungen mit sich thhrt, theils auch, weil die einmal gemachte Wunde gleichmässig durch einige Zeit zur Entleerung besser be­nutzt werden kann, als die Troikartöffnung.
Die Nachbehandlung der Wunde im Mittelfieisch ist darauf beschränkt, dass man die letztere täglich 1—2 mal reinigt und die Haut unter der Wunde durch Bestreichen mit einfacher Wachssalbe gegen den scharfen Urin schlitzt: nach dem Appliciren des Troi-karts wendet man täglich 1—2mal Klystire von schleimigen Mitteln an, um Kothanhäufung und Druck auf die wunde Stelle zu ver­hüten. In leichten Fällen hält Roll für hinreichend, um dies Uebel zu beheben, die Thiere auf eine frische, reichliche Streu oder aiif Schafmist zu stellen, den Bauch derselben nach vorheri­gem Bespritzen mit Terpentinöl zu frottiren und mit der durch den Mastdarm eingeführten Hand (oder bei Hunden mit dem Finger) einen sanften Druck auf die Blase auszuüben.
Grespe empfiehlt beim Blasenkrampf folgende Formel: Rp. Olei thereb, spirit, camphorat. aa. unc. sem. M. D- S. stündlich eine solche Dosis in einem schleimigen Vehikel.
Lähmuugszustand der Blase, Paresis und Paralysis.
sect;. 51. Die Symptome sind meistens davon abhängig, ob die Mus­kulatur der Blase (Detrusorj oder die des Blasenhalses (Sphincter) funetionsunfähig ist. Im ersteren Falle ist Retention und Ansamm­lung des Harnes mit Ausdehnung der Blase, im zweiten fortdauern­des Abtröpfeln des Urins aus der Harnröhre vorhanden. Die Läh­mung der Muskulatur der Blase führt zur Zersetzung des Harnes, zur Entzündung, Vereiterung und Verschorfung der Blasenschleim­haut oder aber durch Stauung des Harnes in den Harnleitern zur Entzündung und Erweiterung der Nierenbecken.
Die paralitischen Zustände der Blase werden durch Miss­brauch diuretischer Medicamcntc, chronische Blasencatarrhe, Druck von Geschwülsten wie der hypertrophirten Prostata, durch Krank­heiten des Rückenmarkes bedingt, auch treten sie im Gefolge der Lähmung der Nachhand und der Entzündung des den Scheitel der Blase deckenden Peritonäums auf.
Zur Behebung des Uebels hat man den innerlichen Gebrauch der Nux vomica, Seeale eornutum oder des Terpentin- und Steinöls und vorzüglich der Canthariden versucht: in die Mittelfleischgegend und Bauchweichen reibt man Camphergeist, die spanische Fliegen-tinetur, Terpentinöl u. s. w. ein, auch kalte Klystire, Eisumschläge, die Douche sind empfohlen worden. — Da wo die Blasenlähmung eine Theilerscheinung anderer Krankheiten ist, wird man vorzüg­lich gegen diese ankämpfen.
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sect;. 52. Die Krankheiten der Geschlechtsorgane.
Die functionellen Anomalien der Ges eh.'eclitsorgaue.
Hierher gehört der abnorm gesteigerte und verminderte Ge­schlechtstrieb, ersteren bezeichnet man mit dem Namen Stiersucht, Geilheit, Satiriasis, Nymphomanie.
Bei männlichen Thieren kommt sie seltener als uei weiblichen und besonders häufig bei Kühen vor, für erstere gilt die Bezeich­nung Satiriasis, Priapismus.
Die Nymphomanie gibt sich durch einen übermässig gestei­gerten Begattuugstrieb und die Begierde nach Befriedigung des­selben zu erkennen. Sie unterscheidet sich von dem normalen Brünstigsein der Tbiere dadurch, dass bei diesen der Begattuugs­trieb nach erfolgter Begattung gewöhnlich beschwichtigt wird.
Nebs' der Unruhe, welche die weiblichen Tbiere zeigen, be­merkt man einen unsteten Blick, ein glänzendes Auge, sie wiehern oder brüllen häufig, daher auch (Brülleukrankheiten), dabei reiben sie sich die Scham au den Stallpfosten, Trogen und geben ihre geschlechtliche Aufregung durch Auseinanderstellen der Hinterbeine, Seitwärtshalteu des Schwanzes deutlich zu erkennen. Kühe be­springen (Reiten) insbesondere noch andere Kühe. Die forwäh-rende ungestüme Aufregung des Geschlechtstriebes soll bei Kühen nicht nur die Secretion der Milch verringern, sondern auf ihre Zu­sammensetzung nicht ohneEinfluss bleiben (Schmidt). Im Uebri-gen magern die Thiere ab, nehmen trotz des gestatteten Sprun­ges nicht mehr auf oder verwerfen in der Regel.
Die Ursachen der Krankheit werden im reichlichen, kräftigen, stark proteinhaltigen Futter bei grosser Ruhe der Thiere gesucht, ferner sollen Reizung der Geschlechtstheile durch häufige wieder­holte Sprünge, nicht gehörige Trennung der Geschlechter, bei Hun­den das gewaltsame Auseinanderreisseu während des Begattungs= actes, Krankheiten des Rückenmarkes, des Eierstockes, des Trag­sackes, Catarrh der Scheide, Würmer, die Frauzosenkrankheit die Veranlassung des Uebels sein.
Bei der Verminderung des Geschlechtstriebes, Anaphrodisia, Impoteutia, die au beiden Theilgeschlechtern beobachtet wird, sind dieselben mehr weniger unempfänglich für die Befriedigung des Geschlechtstriebes; zuweilen benehmen sich die weiblichen Thiere sogar feindselig durch Schlagen, Stossen und Beissen gegen die begattungslustigen Männchen.
Dürftige Nahrung, erschöpfende Arbeiten, bei männlichen Thieren Ubermässiges Decken und der Missbrauch stimulirender Mittel sind häufige aber meist vorübergehende Veranlassungen dieser Anomalie; häufiger wird sie durch Krankheiten und Miss­bildungen der Geschlechtsorgane u. z. der Hoden, Eierstöcke und der Hintergliedmassen, welche den männlichen Thieren Schmerzen
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'270nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten der Geschleihtsorganc.
beini Aufspvingen verursachen; sowie bei scliwächlichen durch zu häufigen und zu trüben Coitus, durch Krankheiten der Brust- und Bauchorgauc licrabgekommcnen Thieren beobachtet. Phlegmatische, inastige Thiere zeigen ebenfalls einen geringen Begattungstrieb.
In beiden Formen wird man zunächst die veranlassende Ur­sache zu beseitigen suchen, man wird daher bei der Stiersucht für ein weniger kräftiges Futter, entsprechende Arbeit, Trennung der Geschlechter sorgen, kühlende und selbst abführende Salze ver­ordnen. Man hat auch den Campher, das Eisenrostwasser und bei männlichen Thieren sogar die Castration empfohlen.
Gegen die Geilheit der Schweine rühmt man: Antim. crud. unc. sein.; Kali nitrit.; capit. mort. vitriol, aa. dr. unam. M. f. puiv. D. S. Unter das Futter eine Messerspitze voll. Brell gibt nym-phomaniseben Stuten 2 Gran essigsaures Morphium täglich 2mal mit Brod und steigt nach einigen Tagen bis auf 3 und 4 Gran ein­mal täglich.
Die Anaphrodisie verlangt bessere Fütterung, Buhe, bei zu fetten Thieren magere Kost. Man empfiehlt auch die Thiere zur Begattung zu reizen, bei Stuten z. B. die sogenannten Probier­hengste zu benützen, ja sogar innerlich Stimulantien, Cantharideu, Wachholder, balsamisch-harzige Mittel u. s. w. anzuwenden.
Um Hündinnen läufig zu machen, verabreicht Houdmont die Canthariden in Pillenform durch (3—8 Tage, wie er behauptet, mit erwünschtem Erfolge. Die Pillen werden nach nachstehender Formel bereitet:
N. Gepulverte spanische Fliegen eine Gramme, Roggenmehl vier Grammen, kohlensaures Eisen eine Gramme, Wasser soviel als nötbig zur Pillenmasse, aus welcher 6 — 8 Pillen bereite;: werden.
G. B. Dem nüchternen Hunde täglich eine Pille zu geben.
Das kohlensaure Eisen setzt man bloss bei anämischen Thie­ren hinzu. Die Pillen sind nur in geringer Zahl zu bereiten, weil sie bei längerer Aufbewahrung sehr hart werden.
Wäger empfiehlt bei Kühen 6 — 10 Tage lang Smal täglich 8 — 10 Loth Kochsalz mit viermal so viel geschrotenem Hafer, trocken jedoch ohne die Thiere Durst leiden zu lassen und dabei: Pulv. cantharid. dr. j, pulv. rad. alth. unc. duas; infund. c. aqua ferv. mens. sem. D. S. Nach dem Erkalten auf 2mal in einem Tage.
Sind Krankheiten die Veranlassung der eben geschilderten fuuetionellen Störungen, so wird die Behacdleng vorzüglich gegen diese gerichtet sein müssen.
Die Unfruchtbarkeit, Sterilitas, worunter man das Unvermö­gen beider Geschlechter einen fruchtbaren Begattungsact auszuüben versteht, kann relativ nur unter gewissen Verhältnissen und für kürzere oder längere Zeit, aber auch absolut unter allen Verhält­nissen für immer bestehen. Relativ ist sie bei zu grossem Miss­verhältnisse in den Temperamenten der gegenseitigen Geschlechter
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Entziindung der Vorsteherdrüse.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 271
durch Ubermässige Fettleibigkeit; die absolute Unfruchtbarkeit ist entweder durch Missbildungen und organische Fehler der Genitalien veranlasst oder durch krankhafteZustäude des Hodens, derlluthe, des Eierstockes, des Tragsackes, durch die Franzosenkrankheit u. s. w., jedoch kann zuweilen durch Beseitigung derselben die absolute Unfruchtbarkeit auch zur relativen werden, wie dies z. B. bei Ver-schliessung des Muttermundes, zu engem Präputium der Fall sein kannquot;, so dass die Thiere nicht einspringen können. Die Be­handlung wird durch die Art der Ursachen an die Hand gegeben. Wo übermässige Geilheit zu beschuldigen ist, da wird, wie bereits oben angegeben, zu verfahren sein. Bei Missverhältnissen im Tem­peramente muss man dies entweder auszugleichen suchen, dass man z. B. Stuten erst den Probierhengst zuführt, oder ein Paar .Schritte hintereinander gehen lässt, oder dass mau es mit einem anderen Hengste versucht; dies letztere ist überhaupt anräthlich, sobald es unentschieden ist, welches Geschlecht die Schuld von der Erfolglosigkeit der Begattung trägt (Spinola). Verschlies-sungen des Muttermundes und zu enges Präputium sind auf opera­tivem Wege zu beseitigen.
sect;. 53. Krankheiten der mäniiliclicn Geschlechtsorgane.
Die Entzllnduug der Vorsteherdrüse, Prostatitis.
Die acute Entzündungsfonn ist sehr selten und meistens nur durch Traumen veranlasst. Die chronische kommt bei alten Hun­den oft genug vor, sie bedingt am Beginne des Leidens geringe Zufälle und wird daher in diesem Stadium leicht übersehen, man bemerkt anfangs nur, dass die Thiere im Mastdarme einen Eeiz verspüren müssen, weil sie sich auf dem Hintern rutschen und öfter zur Kothcntleerung drängen, dabei offenbaren die Thiere keine anderen Gesundheitsstörungen; bei der Untersuchung des Mastdarmes aber, mittelst des heölten Fingers findet man die Vor­steherdrüse ungewöhnlich derb, vergrössert, beim Drucke empfind­lich und wird durch denselben eine weissliche, eiterähnliche, übel­riechende Flüssigkeit, die sich im späteren Verlaufe spontan beim Liegen der Hunde aus der Harnröhre, beim Kothabsetzen entleert, ausgeschieden. Alhnälig steigert sich die Volumszunahme der Drüse und man fühlt auch mehr weniger deutliche Fluctuation, die Koth- und Harnentleerung wird immer heschwerlicher, und ob zwar diese Zufälle lange Zeit bestellen können, so magert der Hintertheil des Thieres immer mehr ab, die Folgen der Harnver­haltung werden gefährlicher und die Thiere gehen an denselben oder an der Abzehrung zu Grunde.
Der anatomische Befund weist Schwellung der Drüse mit kleineren und grösseren Abscessen nach, die bei der Perforation
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272nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Die Kranklieilen dei' Geschleclitsorgane.
der fibrösen Hülle des Organs sich nach verschiedenen Seiten hin verbreiten (Becken, Perinäum) und Fistelgänge bilden; in anderen Fällen ist blos Hypertrophie der Prostata ohne Texturveränderung zugegen, die Harnröhre zu einer engen oder selbst für eine feine Sonde uudurcligänglielie Spalte zusammengedrückt, die hypertro­phische Harnblase, die erweiterten und geschlängelten Harnleiter und die weiten Nierenbecken sind vom zersetzten Harne angefüllt, die Nieren bisweilen zu einem dünnen Saume geschwunden (Hy-dronephrose).
Die Ursachen der Entzündung sind unbekannt, man beschul­digt reichliche gute Nahrung bei geringer Bewegung der Thiere.
Die Behandlung kann sich nur auf eine sparsame Diät, ge­linde Abführmittel, Einreibungen von Quecksilber - und Jodsalben in das Mittelfleisch und die Umgebung des Mastdarmes beschrän­ken. In vorgerückten Stadien der Krankheit ist aber jede Medi­cation erfolglos.
Von Neubildungen kommen in der Prostata der Hunde der Faser- und Medullarkrebs vor, die analoge Erscheinungen veran­lassen, wie wir sie bei der Entzündung der Drüse schilderten.
sect;. 54. Die Entzündung des Hodensackes und der
Hoden
ist bei Hunden nicht selten Gegenstand der thierärztlichen Behandlung.
Der Hodensack wird zuweilen in Folge von Fusstritten, von scharfen und reizenden Stoffen, z. B. Terpentinöl, welche aus Muth-willen auf diesen Thcil gebracht werden, bald mehr, bald weniger stark entzündet. Die Hunde gehen mit den Hinterbeinen breit auseinander, so dass sie oft mitten im Laufe stillstehen oder selbst mit dem llintcrtheil sieh niedersetzen und dann den kranken Theil belecken; bei der Untersuchung findet man das Scrotum geschwol­len, heiss, bei der Berührung schmerzhaft und bei weisser Haut auch geröthet.
Auch die Moden, bald nur eine, bald beide finden sich zu­weilen angeschwollen, sehr derb, heiss und bei der Berührung schmerzhaft; sie sind gewöhnlich stark nach dem Leibe zu in die Höhe gezogen und beim Gehen verräth das Thier Steifigkeit und Spannung im llintertheil. Zuweilen ist bei diesem Zustande auch Fieber zugegen.
Die Ursachen der Hodenentzündung sind Quetschungen durch verschiedene Veranlassungen, Anstrengungen bei der Begattung und zuweilen Erkältungen.
Beide Zustände können bei zweckmässiger Behandlung durch Zertheilung vollständig beseitigt werden, zuweilen Verhärtung der Hoden bedingen, wodurch wenn beide Hoden leiden, der Hund zur Zeugung unfähig wird.
Bei derjenigen Entzündung des llodensackes, welche durch Einwirkung reizender Substanzen entstanden ist, muss man diese letzteren zunächst mit Seifenwasser abwaschen und dann Ueber-
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Krankheiten der weiblichen GeBchlechtstheile.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;273
schlage mit einem sehwacheu Bleiwasser anwenden. Ist die Sehmerzhaftigkeit hierbei sehr gross, so kann man auch etwas Bilsenkrautextract oder Opium zu dem Bleiwasser setzen (gr. j—jj zu jj). Bei vorhandenen Quetschungen ist in der ersten Zeit eben­falls das Bleiwasser anzuwenden, später verdienen jedoch schwache aromatische Kräuterinfusionen den Vorzug; und wenn in der Haut des Hodensackes bedeutende Ergiessungen besteben, setzt man diesen Infusionen etwas Pottasche oder im Notbfall gewöhnliche Holzasche zu. Die Hodenentzündungen werden in der ersten Zeit mit kalten Umschlägen, späterhin aber mit Umschlägen von narcotischen und schleimigen Mitteln bebandelt, und ausserdem ist es zweckmässig, die Hunde auf magere Diät zu setzen und ih­nen von Zeit zu Zeit ein Abführmittel, am besten von Calomel und Gummigutta zu geben.
Von Neubildungen werden Bindegewebs- und Knochenneubil­dungen, das Cystosarcom und der Krebs in den Hoden unserer Haussäugethiere angetroften. Der Samenstrang wird bei castrirten Thieren oft Sitz colossaler Biudegewebswucherungen, welche theil-weise verjauchen und superstitielle Geschwüre mit stark wuchern­dem Grunde darbieten; diese Zustände werden unter dem Namen Samenstrangfistel angeführt.
Die Krankheiten der weiblichen Geschlechtstlieile
sect;. 55. Die Entzündung des Eierstockes, Oophoritis
ist bei Thieren noch nicht beobachtet worden; Roll meint, dass, wenn sie überhaupt vorkommt, so mag sie sich blos im Gefolge der Gebärmutter oder Bauchfellentzündung kurz nach der Geburt einstellen und dürfte dann während des Lebens nur schwer zu diagnosticiren sein.
Neubildungen.
Unter ihnen sind die Cysten des Eierstockes bei unseren Haussäugethieren die häufigsten.
Die einfache, einkämmerige Cyste geht wie der Bau der Wände und die Anwesenheit des Ovulums, welches sogar bei nuss-grossen Cysten noch angetroffen wurde, oft aus dem Graaf sehen Follikel hervor. Diese Cysten können die Grosse eines Hühner­eies erreichen. Es ereignet sich bisweilen, dass sätnmtliche Graaf-sche Follikel beider Eierstöcke zu Cysten degenerireu, wodurch die Ovarien zu Aggregaten zahlreicher bohnen-, kirsch - bis nuss-grossen Blasen umgewandelt werden. Der Schwund des Stromas verleiht dem Aggregate ein traubenfürmiges Ansehen.
Häufiger als die einfache Cyste ist das zusammengesetzte Eierstockcystoid. Dasselbe erreicht im Verlauf seiner allmäligen Entwickelung bei Pferden eine enorme Grosse.
Kr au3, Path. u. Therap. der Haussäugethiere.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;18
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274nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten der Gebärmutter.
In der Regel entwickeln sicli einzelne Cysten auf Kosten der übrigen. Ihre Wandungen erlangen eine ungewöhnliche Stärke, sind von dichter faseriger Structur; zuweilen incrustirt, selbst os-sificirt. Der Inhalt ist bald flüssig, bald mehr gallertartig, meist cholestearinartig und durch Blutergüsse von der Wand aus schwarz­braun, rotlibrauu, chocoladeufarbig gefärbt. Die grossen, multilo-bulären Geschwülste verdrängen Uterus, Mastdarm, Blase, Darm-canal aus ihrer Lage und veranlassen so die mannigfachsten Beschwerden und Functionsstörungen. Das Eierstockcystoid dürfte wohl noch viel grosser werden, als es gewöhnlich angetroffen wird, was wohl darin seineu Grund hat, dass man die Thiere wegen llberkommenerünbrauchbarkeit, Abmagerung, intercurrirender Bauch­fellentzündung und Bauchwassersucht tödtet; oder der Tod tritt früher bei den Thiereu spontan in Folge einer Berstung der Cyste ein, die einen lethalen Erguss in den freien Bauchraum veranlasst.
Wiederholt wurde bei Thiereu beobachtet, dass die grossen Eierstockcystoide zu Darmeinschnürungeu Veranlassung geben und dadurch tödtlich wurden.
Der Krebs des Eierstockes ist eben so wenig wie der Tu­berkel bei unseren Haussäugethieren gesehen worden.
Krankheiten der Gebärmutter.
sect;.56. Die G ebäimutterblutung, Gebärmutterblutfluss,
Metrorrhagia,
kommt wohl bei allen unseren Hausthiereu aber verhältuissmässig viel seltener als beim Menschen vor; die Ursache liegt wohl in der horizontalen Richtung des Körpers, dem geringeren Blutreich-thum des nicht trächtigen Fruchthälters und in der bei Thiereu fehlenden Menstruation. Mit Ausnahme von mechanischen Einwir­kungen, insbesondere Verletzungen, die den Uterus treffen, finden sich Gebärmutterblutflüsse nur bei trächtigen Thieren, besonders aber bei Frühgeburten und nach dem Geburtsacte.
Erscheinungen. Aus der Scheide fliesst dunkles, flüssi­ges oder mit Blutgerinnseln oder auch mit Schleim gemischtes Blut. Häuft sich das Blut in grösseren oder kleineren Gerinnungen in der Scheide an, so sind die Thiere unruhig und pressen unter wehenartigen Drängen das Blut aus der Schani, sie sind sehr hin­fällig bei grossen Blutverlusten und fiebern auch; zuweilen äussern sie Schmerzen und heftige Kolikanfälle, wenn der Blutfluss sich mit einer Entzündung des Tragsackes oder des Bauchfelles com-plicirt. Werden plötzlich die Erscheinungen der Anämie mit grosser Hinfälligkeit, kleinen kaum fühlbaren Puls wahrgenommen, ohne dass eine entsprechende Quantität Blutes nach Aussen entleert wurde, so kann man mit viel Wahrscheinlichkeit auf eine Ruptur
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Gebiirmutteiblutung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;275
des Fruchthälters und eine Blutergiessung in die Bauchhöhle schliessen.
Aetiologie. Verletzungen der Schleimhaut oder gar des Parenchyms des Tragsackes, wie sie leider durch Hilfeleistungen bei schweren Geburten, durch das Abkneipen der Cotylidonen, durch Vorfall des Uterus, durch rohe gewaltsame Entferaung der Eihäute, durch heftige Erschütterungen der trächtigen Gebärmutter, bei welcher die stets sehr erweiterten Gefässe den äusseren Ein­flüssen wenig Widerstand leisten können, sind liäuiige Ursachen der Mutterblutflüsse: ebenso werden diese durch mangelhafte Cou-tractionen dos Uterus nach der Geburt, bei cacheetischen Thieren insbesondere nach Fehl- und Frühgeburten, durch rohes Lostren­nen der Nachgeburt, wodurch das Blut aus den weiten, klaffenden Venenöffnungen ausströmt, häutig hervorgerufen. Bei manchen Blutkrankheiten z. B. dem Typhus, bei organischen Veränderungen des Uterus, z. B. dem Krebs kommen ebenfalls zeitweise auftre­tende, von heftigen Drängen und Kolikanfällen begleitete Metror-rhagien vor.
Die Prognose ist zumeist von den Ursachen abhängig, jedoch nur selten ungünstig, wenn diese bekannt ist, da der Ort der Blu­tung den therapeutischen Eingriffen direct zugänglich ist. Günstig gestaltet sich die Vorhersage in allen nicht lange dauernden Blu­tungen, wie solche bei Lösungen der Nachgeburt und leichten me­chanischen Einwirkungen vorkommen. Sind aber rohe, gewaltsame Verletzungen des Uterus oder gar Berstungen und Zerreissungen die Schuld der Hämorrhagie, dann ist die Prognose höchst ungünstig.
Das Heilverfahren gegen die Gebärmutterblutung ist nach den veranlassenden Ursachen verschieden. Bei geringer Blutung kann die Sistirung derselben der Natur überlassen werden: bei den nach Geburten und dem Abortus eintretenden Metrorrhagieen wird durch Einspritzungen von kaltem Wasser, Auflösungen von adstringirenden Metallsalzen in kaltem Wasser, oder von Essig und Wasser, Creosot in entsprechender Verdiinnung etc., durchkälte Klystiren, Begiessungen des Hinterleibes die Stillung zu bewirken gesucht. Behufs der Zusammenziehung der Gebärmutter als der wichtigsten Indication, hat mau auch neben den augeführteu äus­seren Mitteln innerlich den Alaun, Blcizucker, Eisenvitriol, Schwe­felsäure und die gerbstoffhaltigen Arzneien und als specilisch wir­kend das Mutterkorn (Seeale eornutum) empfohlen.
Die Verletzungen der Gebärmutter erfordern im Allgemeinen eine ähnliche Behandlung: wenn jedoch durch Zerrcissung des Uterus die Blutung in die Bauchhöhle erfolgt, so ist natürlich von keiner Behandlung etwas zu erwarten, am wenigsten dürfen Injec-tionen in die Gebärmutter gemacht werden, .sondern man wird, wenn die Verletzung nicht gleich den Tod herbeiführt, durch Ruhe und kalte Begiessungen auf den Hinterleib die Blutung zu stillen suchen. Zurückgebliebene Reste der Nachgeburt, die für sich eine andauernde Blutung unterhalten, müssen sorgfältig gelöst und her-
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270nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten der Gebärmutter.
ausbefördert werden, worauf ausgiebige Contracturen des Uterus folgen und die Blutung bald sistirt ist.
Die Nachbehandlung hat die Beseitigung der Schwäche der Thiere eine etwa vorhandene Entzündung der Gebärmutter, Ge­schwürsbildungen und andere Folgeübel durch ein entsprechendes diätetisches Verhalten und ein rationelles Verfahren zu beheben.
Der Catarrh der Gebärmutterschleimhaut, catarrhali-sche Endometritis.
sect;. 57. Die chronische Form ist bei allen unseren Haussäuge-thieren die vorwaltend häufige. Sehr oft findet mau sie bei Hün­dinnen und Kühen meistens nach einem vorausgegangenen Ge-burtsacte lange Zeit bestehen.
Die Schleimhaut des Tragsackes erscheint gelockert, weich oder verdickt, dunkel hyperämisch und pigmentirt, oder auch ganz blass, ihre Falten im Cervix sind stärker entwickelt und nicht selten findet man polypenartige Wulstungen, die Schleimfollikel sind stark gefüllt. Das Secret, das zuweilen die ganze Uterus­höhle ausfüllt, schleimig, zäh, glasig, gallertartig oder klumperig ist, verstopft zuweilen begünstigt durch die gewöhnlich stärkere Anschwellung der Schleimhaut, den Muttermund, dehnt, da der ab­gesonderte Schleim nicht ausfliessen kann, die Höhle der Gebär­mutter bedeutend aus jmd bedingt die fälschlich sogenannte Was­sersucht des Tragsackes, Hydrometra, ein Zustand, bei welchem der Hinterleib oft so ausgedehnt erscheint, dass der Zustand leicht mit Trächtigkeit oder Aseites verwechselt werden kann. Sel­tener werden Excoriationen oder catiirrhalische Geschwürsbildun­gen angetroffen.
Erscheinungen. Vermehrter Harndrang, wobei nicht sel­ten ein dunkler sedimentirender Harn entleert wird. Bei bedeu­tender Schleimabsonderung in der Höhle des Tragsackes fliesst ein Theil desselben durch die äusseren Geschlechtstheile nach Aussen, bei der Untersuchung mittelst der Hand wird der Tragsack stark ausgedebnt, weich oder selbst schwappend angetroffen.
Behandlung. Im Beginne ist ein geünd antiphlogisti-sches Verfahren und lauwarme schleimige Einspritzungen angezeigt. Bei höheren Graden der Krankheit, besonders wenn der Mutter­mund durch den zähen Schleim verstopft ist, wird man mit dem Finger oder einem elastischen Catheter durch den Muttermund in die Höhle des Uterus zu gelangen suchen, um dem daselbst ange­sammelten Schleime Abflugs zu verschaffen, sodann werden, um die abnorme Secretion aufzuheben, längere Zeit Einspritzungen von ad-stringirenden Abkochungen, Ratanhia, Tormentilla u. s. w. in Ver­bindung mit Alaun, Kupfervitriol, Sublimat, Höllensteinauflösuugen (bei Hunden) durch längere Zeit fortgesetzt. Solche Einspritzungen sind auch nützlich bei Erosionen und Geschwtirsbildungen, dem
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Kalbefieber.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;277
Schleimflass der Gebärmutter, jedoch sollen sie bei vorhandenem Vorfall des Uterus vermieden werden.
sect;. 58. Die (parenchymatöse) Entzündung derGebär-rautter nach der Geburt, das Kalbefieber, Endometritis puerperalis befällt vorzüglich Kühe in den ersten drei Tagen nach dem Gebä­ren, verläuft meistens sehr acut und tritt zuweilen in epizootischer Verbreitung auf.
Anatomischer Befund. Das Volumen des Tragsackes erscheint in Folge der verzögerten Involution desselben vergrös-sert, die Wände sind schlaffer und merklich weicher, die Gebär­mutterhöhle mit Blutgerinnselu und Faserstoff-Exsudafmassen, wel­che auch ihre Wände bedecken, angeftillt; am häufigsten begegnet man den croupösen und diphtheritischen Exsudaten an den der Placentarstelle entsprechenden Cotyledoneu, welche faserstoffig in-filtrirt sind. In leichteren Fällen stossen sich diese Massen ab, worauf Heilung eintreten kann, in schwereren zerfallen die infil-trirten Stellen jauchig oder brandig und die Höhle des Tragsackes ist dann mit einem brandigen, höchst übelriechenden Brei ange­füllt. Die Wandungen des Uteruas sind dann jauchig imbibirt und in Folge dessen hochgradig erweicht. Nicht selten sind die von den Cotyledonen abgehenden Gebärmuttervenen von festeren oder pnriform geschmolzenen Thromben erfüllt. Auf dem getrübten Pe-ritonäum lagern gewöhnlich grössere Mengen fibrinöser Exsudate. Ausscrdem trifft man metastatische Eiterheerde in den verschieden­sten Parenchymen. Auch kommen gleichzeitig Darmcatarrh und Dyssenterievor; so hat Leissering bei einer am Kalbefieber um­gestandenen Kuh neben der Metritis acuten Darmcatarrh und Spuren einerEncarditis beobachtet. Gurlt fand in einem Falle in der Ge­bärmutterhöhle einer Kuh 100 Kannen einer eitrigen Flüssigkeit.
Erscheinungen: Der Eintritt der Krankheit kündigt sich meistens durch einen beträchtlichen Frostanfall an, dem eine be­deutende Temperaturerhöhung des ganzen Körpers folgt, jedoch bleiben nicht selten einzelneTheile kalt; dieThiere äussern einige Unruhe, trippeln mit den Füssen, machen Bewegungen, wie zum Niederlegen, doch erfolgt dies sehr mühsam; liegen sie, so sind sie nur sehr schwer, in der Regel gar nicht, zum Aufstehen zu bewegen. Der Puls ist beschleunigt, klein, weich und sehr fre­quent. Das Athmen ist anfangs frequent, später wird es verlang­samt, selbst unterbrochen. Die Milchsecretion ist bedeutend ver­mindert oder gänzlich aufgehoben, das früher gespannte Euter er­schlafft; der Mist ist weich dyarrhoisch, zuweilen trocken, dun­kelgefärbt, oft sein Absatz ganz verhalten. Der Lochienfluss ist eingestellt, die äusseren Geschlechtstheile und die Scheide sind trocken, häufig stark geröthet, geschwollen, heiss, schmerzhaft bei der Berührung, aus der Scheide fliesst eine blutige oder eitrige, jauchige, übelriechende mit Exsudatmassen gemengte Flüssigkeit. Fress- und Sauflust, ebenso das Wiederkäuen sind gänzlich aufgeho­ben. Ebenso pflegt die Urinentleerung unterdrückt zu sein. Der Harn
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27^nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Kninklioiten der Gebarmutter.
geht unter kräftigem Drängen und Pressen, wie beim Vorarbeiten der Wehen nur sehr spärlich ab und in Folge dieses schmerzhaften Fressens erfolgt nicht selten Umstülpung und Vorfall des Uterus. Diesen Symptomen gesellen sich auf der Höhe der Krankheit noch Knirschen mit den Zähnen, Verdrehen der Augen, Aechzen und Stöhnen hinzu. Der ganze Habitus und das Benehmen derThiere verräth grosse Hinfälligkeit und Schmerzen im Hinterleibe, die Augen haben einen eigenthümlichen Ausdruck, und scheinen in Thränen zu schwimmen, oder sie sind glanzlos, die Fupillen er­weitert und der Blick mattstier. Der Hinterleib wird immer mehr aufgetrieben, es tritt Betäubung ein; Lähmung des Hintertheils wird oft beobachtet, auch andere Körpertheile werden paralytisch und die Kranken verenden nun bald: besonders schnell in jenen Fällen, wo durch den anhaltenden Druck eines Jungen auf die Gebärmut­terwände Verschorfung und Perforation des Tragsackes erfolgt und der jauchige Inhalt desselben sich in die Bauchhöhle ergiesst.
Erreicht das Fieber keine besondere Höhe, treten keine Pa­ralysen auf, so erfolgt die Genesung in kurzer Zeit. Die Thiere werden munterer, richten den bis dahin in der Seite ruhenden Kopf in die Höhe: die Wärme kehrt zurück, verbreitet sich gleich-massiger über den Körper, die bleichen Schleimhäute färben sich, die Thiere äussern Verlangen nach Futter, versuchen aufzustehen und erheben sich, nach mehreren Versuchen dazu, nach ein oder ein paar Stunden von ihrem Lager, und es verschwindet in den nächsten Stunden eine Krankheitserscheinung nach der andern. Gewöhnlich tritt die Besserung unter reichlichem Urinabgang und wiederkehrendem Locliienfiuss ein. Die Milchsecretion stellt sich gleichfalls wieder ein und das Euter verliert seine Welkheit, ebenso wird bald ein dunkelgefärbter Mist in reichlicher Quantität entleert.
A e tiol o gi e. Das Kalbefieber kommt in manchen Stallungen sehr häufig vor, hält sich Jahr und Tag daselbst und wird oft zur wahren Calamität für die Oeconomen; es ist nicht unwahrschein­lich, dass in solchen Fällen miasmatische Einflüsse vorhanden sind. Einige Thierärzte meinen, dass besonders schwächliche und zarte und ebenso fette Thiere hierzu disponirt wären. Ebenso sollen kleine Hündinnen, die man mit zu grossen Hunden sich begatten lässt, häufiger vom Gebärfieber ergriffen werden; wahrscheinlich dürfte die Ursache darin liegen, dass für das Mutterthier unverhält-nissmässig grosso Jungen zu schweren Geburten und consecutiv zum Kalbefieber Veranlassung gebei;. Günther meint, dass die' Krankheit besonders da auftrete, wo die Jungen gleich von der Mutter abgesondert werden. Erkältungen nach der Geburt werden ebenfalls beschuldigt, ob mit Recht ist wohl unentschieden, dass aber üble Zufälle während und nach dem Geburtsacte, die den Ute­rus unmittelbar treffen, häufige Veranlassung dieser Krankheit sind, ist sicher: hierher gehören: Quetschungen, Verletzungen und Zer-reissungen des Uterus durch ungeschickte Hilfe bei schweren Ge­burten, durch Druck verhältnissmässig grosser Jungen; faulende
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Kalbefieber.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;279
Nachgeburtsreste, Reste von Eihäuten etc. können die Krankheit hervorrufen.
Die Prognose ist in allen Fällen dubiös, bei zeitlicher, ent­sprechender Hilfeleistung massigem Fieber ist Genesung zu hoffen, wo aber bereits Paralysen eingetreten sind, oder gar Verletzungen der Gebärmutter stattgefunden haben, da sind die Aussichten höchst ungünstig, und das lethale Ende kaum hintanzuhalten. Die Behandlung wird demnach nach Thunlichkeit die veranlassenden Schädlichkeiten als: Blutcoagula, die sich leicht zersetzen, fau­lende Eihauts- und Nachgeburlsreste u. s. w. aus den Genitalien mit grosser Vorsicht, um die Wände des Tragsackes nicht zu ver­letzen, zu entfernen haben und man wird sodann dieselben durch aromatische Aufgüsse fleissig reinigen.
Beim Entstehen der Krankheit und während der anfänglich vorhandenen Aufregung ist ein mit Vorsicht geleitetes antiphlogi-stisches Verfahren von Nutzen, sogar nach Umständen ein Ader-lass (?), der wiederholt weiden kann, indicirt sein. Innerlieh ist Salpeter, Glaubersalz, in schleimigen Abkochungen angezeigt; in allen Fällen, wo die Krankheit gleich mit grosser Schwäche auf­tritt, oder ein Fieber mit torpidem Character doch bald ein­tritt, ist von jedem schwächenden Verfahren abzustehen, und der Gebrauch flüchtig erregender Mittel in Anwendung zu bringen, und zwar: das ätherische Wachholderöl, in der Dosis von 5ß—5j stündlich, Camillenthee, die ätherische Baldrian­tinktur zu 3j pr. D. oder Schwefelätherweingeist (Hoff-mannstropfen) zu 3y p. D. in Wachholderbeercnthee, oder einem Infusum von Arnicablumen gegeben zu empfehlen. In Ermangelung dieser Arzneien bediene man sich des Terpen­tinöls zu 3j—3ij, oder des Kamphers zu 3p p- D. der Nux-vomica etc.
Von den äusseren Mitteln sind Einreibungen von Kampher-spiritus mit aromatischem Essig oder Terpentinöl, längs des Rückens und derLendcnparthie, so wie aromatische Kräu­terkissen (mit heissem Wasser gebrühter Heusame in einen Sack gethan) in der Kreuz- und Lendengegend aufgelegt, jedenfalls wohl-thätig. Ansserdem sind trockene Frictionen des Körpers, insbe­sondere der erkalteten Extremitäten, die ebenfalls mit erwärmtem Spiritus und einem Zusatz von Terpenthinöl oder Campherspiritus etc. eingerieben und demnächst noch mit wollenen Binden oder Stroh umwickelt werden, nicht zu verabsäumen, ebenso muss für reichliches Streu, lauwarme oder wenigstens überschlagene Getränke gesorgt werden. Man emptiehlt auch Injectionenin die Geschlechts-theile aus einem Decoct, sein, lini libr. 2 (ex unc. 2 parat.), de­coct, cort. queac. libr. 1 (ex unc. j.par.) tct. opii simpl. unc. sem.; tct. areud. uncium. — oder lact. vaccin. libr. 3, ferri sulfur. Dr. 2.
Um der Krankheit in Stallungen, wo sie hintereinander häufig beobachtet wird, vorzubeugen, hat man empfohlen, das so­fortige Trennen der Kälber nach der Geburt zu unterlassen und
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280nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten der Gebärmutter.
rlas Saugcnlassen derselben zu dulden. — Das Absondern der hochtragenden Kühe, acht bis vierzehn Tage vor dem Abkalben, aus den Reihen der übrigen, ist in allen jenen Fällen anzurathen, wo kräftig gefuttert wird, wie dies bei der Stallfütterung im Allge­meinen und bei Schlämpefütterung insbesondere der Fall ist. Man füttere dann die Kühe während der Zeit und die ersten Tage nach dem Kalben nur massig, und reihe sie in den ersten neun Tagen nicht wieder ein. Strenge zu verbieten ist es aber, nach der Un­tersuchung der mit dem Kalbefieber behafteten Thiere ohne sorg­fältige Reinigung der Hände und der nöthigen Instrumente an die Exploration solcher Thiere zu gehen, bei denen der Gebäract be­vorsteht, oder die erst geworfen haben, damit nicht durch die an­haftende Jauche eine Infection der Gesunden bewirkt wird.
In wiefern Räucherungen der Localitäten etc. von Nutzen sein werden, muss für den concreten Fall der Einsicht des Thierarztes überlassen bleiben: jedenfalls ist eine zweckmässige Ventilation der Ställe vor dem Werfen und auch nach demselben, ohne zu Erkältungen Veranlassung zu geben, zu empfehlen.
v. Villeroy empfiehlt gegen diese Krankheit nach sicher gestellter Diagnose folgendes Mittel: Beim Ausbruche der Krank­heit gibt man nach der Stärke des Thieres einen Einguss von ßO—90 Grammen Aloe soecotrina in einem Litre warmen Wassers und von 4 zu 4 Stunden '/j Litre warmen Wein mit 15 Grammen Zimmtrinde und einer halben Muscatnuss; wäre Aloe eben nicht zu haben, so gibt man sogleich Wein, lässt aber doch sobald als möglich den Aloeeinguss folgen. Weil aber die Krankheit schwer zu erkennen, mit Milchfieber und anderen fieberhaften Zuständen leicht zu verwechseln ist, so soll dieses Mittel immer nur von einem Thierarzte nach gestellter Diagnose verordnet werden.
Anomalien des Inhaltes, der Lage und des Zusammen­hanges.
sect;.59. In den Fruchthältern der Thiere, vorzüglich bei Schafen, seltener bei Pferden bleiben, bisweilen Früchte oder völlig ausgetragene Junge in Folge von Geburtshindernissen zurück, und vertrocknen dann entweder mumienartig, oder werden durch Fäulniss zerstört, in welchem Falle dann Haare und Knochen die­ser Früchte in jauchigen Flüssigkeiten angetroffen werden.
Der Gebärmutterwassersucht, Hydrometra und ihrer Entste­hung haben wir schon erwähnt.
Der Vorfall der Gebärmutter und die Inversio uteri (Fruchthälterumwälzung), welche sowohl in nicht trächtigen als trächtigen, und wie wir bereits oben erwähnt, auch nach demGeburts-act bei unseren Hausthieren, und namentlich bei Kühen vielfach angetroffen wird, entstehen zumeist bei allgemeiner Schlaffheit und Schwäche des Körpers, wie dieselbe namentlich bei jungen Hun­den von grossen Racen, wenn dieselben mit zu wenigem oder nicht
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Neubildungen der Gebärmutter.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 281
nahrhaftem Futter erhalten werden, nicht selten vorkommt; ferner durch übermässige Anstrengung bei der Begattung und das zuweilen durch Menschen bewirkte gewaltsame Auseinanderreisscn der zu­sammenhängenden Hunde; schwere Geburten und rohe Hilfe da­bei, besonders zu gewaltsames und zu schnelles Herausziehen des lelzten Jungen, Durchfälle und entgegengesetzt Verstopfung des Leibes und das bei beiden vorkommende heftige Drängen, zu­weilen auch grobe Verletzungen bei dem Ueberfahren mit Wagen, auch bei der Exstirpation von Polypen, von krebshaften Auswüch­sen u. s. w. sind nicht seltene Veranlassungen des Uebels.
Höchst wichtig ist die Drehung des Fruchthälters um seine Längsaxe, so dass seine untere Fläche nach rechts oder links, oder sogar nach oben gewendet erscheint, wodurch der Vor­gang der Geburt ganz unmöglich gemacht wird.
Der Gebärmutterbruch ist mehrfach bei Hündinnen ge­sehen worden, bei welchen grössere oder kleinere Abschnitte des Tragsacks durch den Bauch ring hervortreten, und zwar in einzel­nen Fällen sogar mit einem oder mit mehreren Jungen. Hierbei muss also entweder das befruchtende Eichen in den vorher schon bestandenen Bruch geleitet worden, oder der letztere muss kurz nach der Begattung, als das Eichen in dem Uterus noch sehr klein war, erst entstanden sein.
Diese ihres Inhaltes wegen als Gebärmutterbrüche be­zeichneten Vorlagerungen haben im nicht trächtigen Zustande der Hündinnen ganz dieselben Merkmale, wie diejenigen, in welchen Gedärme hervorgetreten sind, und die Erkennung ihrer Eigenthüm-lichkeit ist deshalb sehr schwer, und nur zuweilen durch das vor­sichtige Einführen einer gekrümmten dicken Sonde durch den Muttermund in den Uterus und bis in den Bruch möglich;' befinden sich aber Junge in dem, in den Bruch getretenen Theile des Ute­rus, so vergrössert sich der Bruch allmälig immer mehr in dem Maasse, wie dieselben wachsen, und in der späteren Zeit kann man auch ihre Formen und ihre derbere Beschaffenheit deutlich erkennen.
Trennung des Zusammenhanges. Wunden und Bisse im Tragsack der Thiere sind nicht so seltene, aber höchst gefähr­liche, meist sofort tödtliche Ereignisse. Sie fallen bei Thieren meist ausnahmslos in die Zeit der Geburtsthätigkeiten, werden häufiger durch rohe Kunsthilfen, als durch Texturerkrankungen der Gebärmutter durch Rigidität des Muttermundes bei übermässiger Wehenthätigkeit hervorgerufen und ziehen, wie die Ruptur jedes inneren gefäss- und nervenreichen Eingeweides, sofort Collapsus und nach kurzer Zeit den Tod nach sich. Nicht durchdringende Einschnitte der Uterus- und Tragsackwand heilen dagegen bei nor­maler Zusammenzichung des Organs nach Ausschliessung der Frucht ebenso schnell und gefahrlos.
Bei Gebärmutterbrüchen ist, wenn kein Junges in ihnen liegt, die Reposition ganz analog wie bei Darm- und Netzbrüchen: ist aber die Hündin trächtig, so kann in der Regel die Zurück-
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2R2nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten der Gebärmutter.
bringung des Uterns in die Bauchhöhle nicht geschehen und es sollen sich in einer derart vorgelagerten Gebärmutter die Jungen vollkommen entwickeln und geboren werden können, meistens tritt aber, sobald der Tragsack an Volumen zugenommen hat, Ein-klemmung, Brand und der Tod des Mutterthiercs ein. -Es bleibt meistens in solchen desperaten Fällen nichts anderes übrig, als: entweder die Bruchöffnung künstlich zu erweitern, dann durch sie die Gebärmutter in die Bauchhöhle zurückzuführen und hiernach die Wundränder durch die Nath zu vereinigen, oder — man muss die Haut auf dem Bruch und die Gebärmutter selbst in der Län­genrichtung des Jungen durchschneiden, das Junge herausnehmen, die Wunde der Gebärmutter heften, letztere dann in den Bauch zurückschieben und zuletzt auch die äussere Wunde durch die Nath verschlicssen. Das erstere Verfahren ist in jeder Periode der Trächtigkeit bis etwa zur T.Woche in Anwendung zu bringen, je früher, um desto besser: in der letzten Zeit ist es deshalb nicht recht passend, weil bei der eintretenden Geburt die kaum zusam­mengeheilte Wunde der Bauchmuskeln wieder aufbrechen könnte. Dagegen eignet sich das Verfahren mit dem Gebärmutterschnitt mehr bei schon eingetretenen Geburtswehen und überhaupt bei liochträchtigen Thieren.
Neubildungen.
sect;. 60. Der beim Weibe so häufige Gebärmutterkrebs wird hei unseren Haussäugcthieren ebenso wenig angetroffen, wie die Tuberculose, Fettbildung etc. dieses Organs, dafür sind die im Bin­degewebe unter der Mucosa sich entwickelnden Faserpolypen aus zahlreichen Gefässen und Bindegeweben bestehend, nicht seltene Neubildungen bei den Thieren. Sie wachsen in die Höhle des Tragsackes hinein, vergrössern sich aber auch gegen die Scheide hin. dehnen die Gebärmutter oft enorm aus, wodurch sie eine Trächtigkeit vortäuschen hönnen. Natürlich veranlassen diese Wu­cherungen mannigfache Störungen, mehr weniger heftige Catarrhe der Schleimhaut und grössere Schleimabsonderungen, sie führen auch zu Ulcerationen, erschöpfenden Blutungen, hindern den Be-gattungsact und rufen Abortus hervor. Es ist wohl am gerathen-sten, solche Thiere, bevor sie noch stark abgemagert und herab­gekommen sind, zu schlachten. Die Behandlung kann entweder eine palliative oder radicale sein: die radicale hat die'Ausrottung der Neubildung durch die Unterbindung oder mit dem Messer zur Aufgabe, und wenn diese wegen der Grosse oder der Art der Anheftung nicht ausführbar ist, so wird man palliativ allenfalls nur eintretende Blutungen, Schleimflüssc, Harnbeschwerden etc., welch' letztere durch den Druck der ausgedehnten Gebärmutter bedingt werden, beseitigen müssen. #9632;
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Polypen und schwammige Auswüchse der Seheide.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;2S3
Krankheiten der Scheide.
sect;. 61. Die catarrhalisuhe Scheidenentzündung, Vagini-
tis catarrhalis
tritt sowohl acut als chronisch auf. Die acute concidirt zumeist mit der Entzündung des Tragsackes, daher sie bei Kühen, bald nach dem Kalben beobachtet wird, gewöhnlich nimmt auch die äussere Scham schon in Folge des reizenden Secretes an der Ent­zündung Theil. Die Erscheinungen bestehen in vermehrter Secre­tion und dem Ausflusse eines Anfangs dünnen, später zähen Schleimes aus der Scheide, Behintlerung des Gehens, in Folge des schmerzhaften Brennens, die Thiere trippeln hin und her, wedeln mit dem Schweife; die Harn- und Kothentleerung sind erschwert, in heftigeren Fällen ist auch Fieber vorhanden. Bei Zweck-massiger Behandlung, warmer Bedeckung, Frottirung der Haut, Anwendung antiphlogistischer Salze, lauwarmer schleimiger, später adstringirender Einspritzungen heilt der acute Catarrh allmälig oder er geht in den chronischen über. Bei diesem nimmt die Menge des Vaginalschleimes enorm zu, (weisser Fluss) so dass er selbst an den Hiuterschenkeln herabfliesst, der Geschlechtstrieb ist zuweilen gesteigert, ohne dass die Thiere aufnehmen; trächtige verwerfen leicht. Bei längerer Dauer kommen die Thiere an Fleisch und Kräften herab, die Milchabsonderung vermindert sieh, es entwickelt sich ein catarrhalischer Zustand.
Die locale Behandlung erfordert Einspritzungen von Salbei-, Eichen-, Weidenrindenabkochungen, dem Essig, Kalkwasser, Alaun beigesetzt wird; innerlich passen tonische, insbesondere die bitter-aromatischen und balsamischen Arzneien als Schafgarbe, Calmus, Wachholderbeeren, Sävenkraut, Terpentinöl u. s. w.
Die croupöse Scheidenschleimhautentzündung wird im Gefolge des Kalbefiebers, Pferdetyphus, der Rinderpest ge­funden.
Neubildungen.
Polypen und schwammige Auswüchse in der Scheide.
sect;.62. In der Scheide kommen Polypen und schwammige Aus­wüchse nicht selten vor; die Polypen stellen sich alsfieischartige, mehr weniger derbe, und noch mit der Schleimhaut überzogene Aus­wüchse dar und finden sich bei weiblichen Hunden nicht selten. Diese Auswüchse haben ein blassrothcs, oder ein blasses Ansehen, massige Empfindlichkeit und bluten bei oberflächlicher Berüh­rung leicht. Sie machen sich gewöhnlich erst dann bemerkbar, wenn sie einen grossen Umfang erreicht haben und entweder die Begattung stören oder durch ihren Druck Reizung der Schleimhaut und einen Schleimausfluss erregen, heftige Entzündung, Blutungen,
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284nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten des Entere.
Ulcerationen veranlassen, oder wenn sie zwischen den Schamlef­zen frei hervortreten. Man kann sie bei der örtlichen Untersu­chung mit dem in die Scheide eingebrachten Finger immer an ih­rem inneren Ende bis zu einem festen Ausgangspunkt an der Scheide oder an der Gebärmutter oder auch selbst durch den Muttermund verfolgen und dabei auch gewöhnlich merken, dass sie nicht mit einem dünnen Stiele versehen sind. Sich selbst über­lassen, dauern sie gewöhnlich durch das ganze Leben des Thieres fort und wachsen in den meisten Fällen.
Die Ursachen sind in der Regel mechanische Verletzungen bei der Begattung oder auch bei schweren Geburten und zuweilen vermutlilich auch Ansteckung, welche bei der Begattung mit sol­chen Hunden entsteht, welche am Tripper leiden, — wie Greve das mit Bestimmtheit beobachtet hat. Diese Auswüchse sind durch den mit ihnen verbundenen Blut- und Jauche-Ausfluss, sowie zu­weilen durch die Erschwerung des Urinirens sehr lästig und immer sind sie schwer zu heilen, in der Regel nur durch die Operation.
Der Krebs der Scheide ist eine seltene Krankheit und wird in der Regel nur bei alten Hündinnen, die bei träger Ruhe eine übermässige Ernährung mit Leckerbissen erhalten haben und dabei doch zur Fortpflanzung nicht benutzt worden sind (?) gefunden.
Der Vorfall der Scheide besteht in der theilweisen oder gänz­lichen Umstülpuug dieses Organs, und kommt bei schlaffen, nicht trächtigen und bei trächtigen Tliieren kurz vor dem Werfen vor; die Verengerung oder Verwachsung der Scheide ist nach Rolls Erfahrungen bei unseren Hausthieren ausserordentlich selten.
Krankheiten des Euters.
Die Euterentzündung, Mastitis.
sect;. raquo;33. Sie kommt häufig bei Kühen und Schafen, seltener bei Hunden vor, obzwar letzteren bald nach der Geburt alle oder mehrere Junge weggenomen werden und in Folge dessen Anschwellun­gen der Milchdrüsen nicht zu den seltenen Erscheinungen gehö­ren. Bei mildireichen Kühen soll sie auch vor dem Abkalben auftreten können und zwar beim Eintreten der Milchsecretion, bei dem sogenannten ersten Einschiessen der Milch und durch über­mässige Ausdehnung des Euters nach unterlassenem Melken.
Symptome. Das Euter einer Seite oder ein Theil desselben ist stark geröthet, glänzend, gespannt, hart und bei der Berührung sehr schmerzhaft, es liefert entweder gar keine, oder bloss eine geronnene, käsige Milch, zuweilen nur eine seröse oder gar blutige Flüssigkeit. Diese örtlichen Erscheinungen sind von Fieber be­gleitet, die Thicre zeigen eine Steifheit im Kreuze, haben einen schleppenden, mit den Hinterfüssen auseinander gespreizten Gang, Fresslust und Wiederkauen sind mehr weniger gestört.
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Die Euterentzilndung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; OS')
Der Verlauf ist meistens ein schleppender, die Heilung resp. Zertheilung tritt bei baldiger, zweckentsprechender Behandlung früher oder später ein, jedoch ist diese in vielen Fällen nicht voll­ständig, es entwickeln sich sogenannte Milchknoten, indem der Käsestoff der Milch gerinnt, grössere oder kleinere Klümpchen bildet und dadurch Veranlassung zu Ausbuchtungen der Milchcanäle, die sich über den Zitzen als mehr weniger derbe Knoten zu er­kennen geben.
Die Entzündung geht besonders in höheren Graden der Krankheit und wenn die Entleerung der geronnenen Milch aus den Strichen ver­säumt wurde, in Vereiterung über, wobei es zu ansehnlichen Ei­ter beer den, Abscessen kommt, die sich nicht nach aussen entleeren, oder aber der Euter eröffnet einen grösseren Milchgaug und gibt so zur Bildung der Milchfistel Veranlassung. Die Eite-leerung kann unter Umständen sehr bedeutend werden, wodurch das Euter enorm vergrössert, (bei Kühen fast bis zur Erde hinab­reicht) und die Drüse vollständig zerstört wird. Zuweilen kömmt es durch Bindegewebswucherung zur Verhärtung einzelner Partien des Euters, die Drüsensubstanz verödet, die Milchabsonderung wird verringert und man fühlt im Euter rundliche, harte, mehr weniger schmerzhafte Knoten. Bei Schafen kömmt es auch bei heftig ein­tretender Entzündung des Euters zum brandigen Absterben des­selben, wodurch das Leben des Thieres sehr gefährdet werden kann,
Bei der Entzündung des Bindegewebes der Drüse Ein-schuss, bildet das Euter eine leicht geröthete, schmerzhafte öde-matöse Geschwulst. Die Milchabsonderung ist vermindert, nicht selten auch Fieber vorhanden: alle diese Erscheinungen pflegen bald, ohne zu weiteren Störungen Veranlassung zu geben, zu schwinden.
Ursachen. Am häufigsten wird Erkältung und Zugluft be­schuldiget, dann mechanische Verletzungen, Zerrung des Euters beim Melken und Säugen, das Stossen der Jungen, das Unterlas­sen des Abmelkcus bei milchreicheu Kühen und nach dem Ent­wöhnen oder Ableben der Jungen.
Die Prognose ist insoweit günstig, als das Leben der iVere durch die Krankheit wohl nicht gefährdet ist; aber an­ders verhält sichs mit dem öconomischen Interesse, d. h. der Er­haltung der Drüse und der Milchsecretion; da die Zertheilung nur selten gelingt und die Entzündungsproducte viel häufiger gewisse Metamorphosen (Verhärtung, Enterung u. s. w.) eingehen, wodurch die Drüse schrumpft oder gar zerstört wird, so ist in der Mehrzahl der Fälle die Wiederherstellung der secretorischen Thätigkeit des Euters in der früheren Ausdehnung sehr schwer; dazu kömmt noch, dass z. B. zurückbleibende Indurationen mit eingegangenem Strich, beim nächsten Wurf zu neuer Entzündung disponiren, indem dieselben bei dem erneuerten Zuschuss der Milch und der folgenden Anschwellung des Euters, die Ausdehnung und Nachgiebigkeit des-
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Ogßnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten des Eutera.
selben beschränken, dadurch zu Spannungen und Zerrungen füh­ren ; so kann es kommen, dass mit jedem Abkalben ein Strich nach dem andern eingeht und das Tbier seinen öconomischen Werth verliert.
Die Behandlung ist eine locale äusserliche und eine allge­meine innerliche. Vor Allem ist ein zweckentsprechendes Regime angezeigt, man wird Erkältungen, Zugluft abzuhalten suchen, für reichliche Streu sorgen, dass die Thiere nicht auf feuchtem oder steinigem Boden liegen, sie auf eine strenge Diät setzen, und ihnen nur massige Bewegung gestatten. OertTich sind gleich im Be­ginne der Krankheit kalte Umschläge nützlich, oder es werden Anstriche von Lehm mit Zusatz von Essig oder Salz fieissig appli-cirt, in leichten Fällen bei oberflächlicher Entzündung reichen Wa­schungen mit Bleiwasser, mit aromatischen Aufgiessen, denen Essig oder Salmiak zugesetzt wird bin; auch die Arnicatinctur hat man empfohlen. Bei grosser Schmerzhaftigkeit sind Bähungen von schlei­migen und narkotischen Mitteln von Nutzen. Neben diesen Mit­teln ist die Eutfernung der Gerinnungen in den Milchkanälen durch fleissiges Ausmelken der betrettendeu Zitze nicht zu versäumen. Ist keine Hoffnung, die Zertheilung, d. h. die Resorption des Ex­sudates zu bewirken und die Eiterung unvermeidlich, so wird man warme Umschläge von Leinsamen oder Brei, Malvenkraut u. s. w. auflegen oder das Euter mit einer dicken Fettschichte bestreichen. Hat sich ein Abscess gebildet, so wird man ihn so bald als möglich eröffnen. Innerlieh ist Salpeter, Bittersalz, Glau­bersalz in schleimigen Decocteu angezeigt.
Milchfisteln sind nach den Regeln der Chirurgie zu be­handeln.
Die Milchknoten muss mau durch Bähungen zu erweichen und durch Streichen und Kneten zu zerdrücken, die darin geron­nene Milch in den Milchkanälen nach aussen zu entleeren suchen. Dsimit die zufliessendc Milch sofort abfliessen könne, schiebt man einen Milchcatbeter ein, wodurch einer neuerlichen Bildung von Milchknoteu vorgebeugt wird. Gelingt dies nicht, oder sind bereits die Milchausfiihrungsgänge nicht mehr durchgängig, so muss ihr Inhalt mittelst eines Einschnittes entfernt werden. Man pflegt auch behufs der Zertheilung der Milchknoten Seifeuwasserfomente, Ein­reibungen von Campherliniment, das Jodblei in Salbenform u. s. w. anzuwenden. Bei der Verhärtung wird die graue Mercurialsalbe mit Oel, mit Salmiak- oder Camphergeist angezeigt sein. Auch Jodlinimente, die Jodkaliumssalbe etc. finden in späteren Stadien Anwendung.
Ein einfaches und ebenso wirksames Mittel soll indessen eine Salbe bieten bereitet aus weisser (Veuetianischer) Seife, -i Loth in 12 Loth Regenwasscr durch Kochen gelöst, dem noch 1 Loth Pott­asche und während des Erkaltens noch 2 Loth Terpentinöl zuge­setzt werden. Ein einfaches Pechpflaster auf Leder gestrichen und erwärmt aufgelegt, leistet gleichfalls gute Dienste. Schäfer bedie-
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Milchfehler.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;037
nen sich bei Schafen desTheers, welcher am besten wurm (heiss) aufgetragen wird. Bei Kühen lässt sich von den scharten und sehr schmierigen, leicht fliessenden Salben weniger Anwendung machen, weil das Euter gross ist, und beim Gehen und Liegen mit den Schenkeln und anderen Körpertheilen in Berührung kommt, daher die Salben leicht abgewischt, auch durch die Reibung leicht schmerzhafte Anätzungen der Haut verursacht werden. Besshalb ist die Pflasterform immer vorzuziehen. Steht Brand bevor, so wird man durch kalte Ueberscbläge, oder Bleiwasser diesen zu verhüten suchen; ist er bereits eingetreten, so müssen Incissionen gemacht und dann Bälumgen mit aromatischen Aufgiessen, denen Essig, Brauntwein oder Chlorkalk zugesetzt wird, angewendet werden.
Wunde Striche lässt Jennes mit folgenden Salben nach jedem Melken bestreichen: Rp. Hydrarg. präeip. rubri gr. X. Camph. pulv. gr. xx. Zinc, sulfur, dr. j: Adip. suill. unciam. — Hattum räth die einfache Kibischsalbe.
MilchfeMer. Vitia lactis.
sect;. B4. Die Milchfehler sind wegen ihres üconomischen Interesses seit lange Gegenstand vielfacher Untersuchungen; so habeu Hermstädt, Gerber, Herber, üanne, Simon, Parmeu-tier, Dyeux, Her twig u. A. den Abweichungen der Milch von der Norm ihre Aufmerksamke t geschenkt. In neuerer Zeit hat aber Hanbner eine sowohl dem gegenwärtigen Standpunkte der Wissenschaft als auch den thierärztlichen und öconomisehen Er­fahrungen entsprechende Darstellung zur Anschauung gebracht, die wir auch hier zur Grundlage dieses Abschnittes genommen.
Haubner sondert die Milchfehler in Aberationen der Abson­derung und in die der Umsetzung.
I. Fehler der Absonderung.
Sie beziehen sich auf die Menge und die Beschaffenheit der Milch. Selbstverständlich wird eine abnorme Beschaftenheit der Milch jedoch nur dann auf eine Anomalie in der Absonderung zurück­zuführen sein, wenn sich dieselbe schon bei oder unmittelbar nach dem Melken Mindgibt, während Veränderungen, die sich erst in der gemolkenen Milch, die beim Melken selbst ganz tadellos erscheint, entwickeln, nicht einem Fehler der Absonderung, sondern einer veränderten Umsetzung der Bestandtheiic der Milch ausserhalb des Körpers zuzuschreiben sind.
Abweichung der Quantität. a) Verminderung der Milchabsonderung, das Versiegen der
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Oggnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Milchfehler.
Milch, Galactia, defeetus lactis wird im Gefolge aller fieberhaften Kraukheiten, dann bei Erkraukung-en der Geschlechtstheile, beim Zurückblieben der Nachgeburt, nach Blutverlusten, schlechter küm-merliclier Ernährung und vorzüglich wenn die Drüsensubstanz des Euters ganz oder theilweise durch krankhafte Processe verödet ist, beobachtet. Auch beschuldigt man gewisse Arzneimittel undFettstofle, wie namentlich den Campher, spirituöse Mittel, den Schirling, die Labiaten, das Lindcnlaub n. s. w. Mit der Entfernung der ge­nannten Schädlichkeiten und der Beseitigung der krankhaften Zu­stände wird in dieser Form die normale Milchsecretion wieder eintreten.
Das Versiegen der Milch ohne weitere Krankheitser­schein un gen kann nur auf eine Unthätigkcit (?) des Absonde-rungsorgaues oder in uns noch unbekannten physiologischen Be­dingungen beruhen, wo die Thiere bei sonstigem Wohlbefinden viel weniger Milch geben, wie früher und als sich nach der Menge und Beschaffenheit der Nahrungsmittel erwarten Hesse. In diesem Falle sorge mau für eine entsprechende Nahrung, besonders: Brühfutter, Traber, Schlampe, Kilben etc., Schrott- und Mehl­tränke. Als die Milchproduction fördernd werden aromatische Samen und die ätherisch-öligen Mittel als: Kümmel, Fenchel-, Dill-, Anissame, Schafgarbe, der Diptam im Verbindung mitWach-dolderbeeren, Goldschwefel, Schwefel, eudlich der Leinsamen und Leinkuchen gerühmt und auch alle die Verdauung anregenden Sub­stanzen, das Kochsalz, die bitteren Tonica werden empfohlen.
b) Eine zu reichliche Absonderung der Milch bei sonst guter Gesundheit des Thieres ist wohl kein Milchfehler, indessen ist es möglich, dass durch eine übermässige Milchsecretion oder üo zu sagen, durch Verwendung der meisten Nährstoffe zur Milch­erzeugung den anderen Orgauen des Körpers die nöthigen Ersatz­mittel entzogen und Abmagerung und Schwäche herbeigeführt wird, ist es doch bekannt, dass reichlich buttergebende Kühe in der Kegel mager bleiben. Bei allen Haus-Säugethieren nimmt nach dem Wurf die Milchabsonderung bis zu einem bestimmten Zeilpunkt bei Kühen bis zu 1 Monat zu, von hier an wieder ab. Reichliche Nahrung vermehrt nach den Erfahrungen der Landwirthe die Milchmenge auch die Qualität der Nährstoffe ist von Einfluss auf die Qantität der Milch, häufiges Melken vergrössert ebenfalls die Absonderung. Der eigentliche Milchfluss, das stete Ausfliessen der Milch aus den Zitzen, ist in Kraukheiten des Euters, vorzüg­lich aber in einer Erschlaffung des contractilen Apparates der Zitzen begründet, die sich nach vorhergegangener übermässiger Ausdehnung der Milchgänge durch Unterlassen des Abmelkens einstellen soll, wie es bei Kühen beobachtet wird, welchen ihre Eigenthümer ein starkes Euter und den Anschein grosser Milchev-giebigkeit geben wollen; auch unvollständig entwickelte Zitzen bedingen zuweilen den Milchfluss.
Da es den Oeconomen nur erwünscht ist, wenn ihre Melk-
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Milchfehler.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 289
kühe recht viel Milch geben, so wird insolange die übermässige Milchproduction dem Thiere keinen auffallenden Schaden bringt, auch keine Hilfe angesucht. Man wird, wenn Abmagerung und sonstige Störungen wahrgenommen werden sollten, die nur in zu reichlicher Milchabsonderung ihre Ursache hat, den Futterstoffen alle Aufmerksamkeit schenken und durch einen zweckmässigen Wechsel derselben die Milchabsonderung zu beschränken suchen; mit pharmaceutischen Mitteln ist hier ebenso wenig zu erreichen, wie bei dem Milchfluss. Um dem Verlust, der bei diesem Uebel veranlasst wird, zu begegnen, kann man sich des Umlegens eines breiten Bandes oder eines Gummiringes um die Zitze bedienen, oder man führt einen Milchkatheter, dessen untere Oeffnung ver­stopft ist, ein.
Abweichung der Qualität.
Die Milch besteht aus einer Flüssigkeit (Milchplasma) und zahlreichen, von einer Hüllenmembran umgebenen Fettpfröpfchen den sogenannten Milcbkügelch en; sie ist wegen dieser mor­phologischen Elemente undurchsichtig, schwach alkalisch (bei Fleischfressern sauer) reagirend, beim Stehen scheidet sie sich in eine dicke, fettreiche Schichte, den Kahm und eine untere durchsich­tigere, fettarme, von höherem specifisehen Gewichte ab. Die festen Bestandtheile betragen 11—lS0/o, und sind: 1. Casein, wahrscheinlich auch kleine Mengen Eiweiss (3, 4 C.) 2. Milchzucker (5, o Z. S -j- E). Beim längeren Stehen der Milch kommt derselbe durch das als Ferment wirkende Casein in Milchsäuregähruug; die Säure coa-gulirt, das Casein und die Milch scheidet sich nach und nach in einen festeren und flüssigen Theil. 3. Fette und zwar Margarin (2/3 aller Fette in der Kuhmilch) Elain ('/a) und kleine Mengen eines Gemisches von Fetten, deren Säuren in der Reihe der flüch­tigen Fettsäuren, gehören (Butter-, Capron-, Capryl- und Caprin-säure). 4. Salze, schwefelsaure Chlor-, kohlensaure- und phos-phorsaure Verbindungen. Die Basen sind Kali, Natron, Kalk, Magnesia und minime Mengen Eisenoxyd.
Die Milch der Fleischfresser ist reicher an Casein und Fet­ten, während beim Pflanzenfresser, der Zucker vorwaltet, was natürlich von der Qualität der Nahrung abhängt. Die Kuhmilch (3, 9 B) ist reicher an Casein, aber ärmer an Fetten und Zucker, als die Frauenmilch. Fettreiche und stickstoffreiche Nahrung ver­mehrt den Fettgehalt, Amyloureiche den Zuckergehalt der Milch. In der Kuhmilch nimmt das Fett vom Morgen gegen Abend be­deutend zu, während die Zuekcrmenge Mittags am grössten ist (Bödecker). Nach Pannentier und Deyenx zeigen die letz­ten Portionen der beim Melken gesammelten Milch einen viel grös-seren Buttergehalt als die ersten, die übrigen Bestandtheile dage­gen variren viel weniger in den einzelnen Portionen der Kuhmilch. Verschiedene in die Säftemasse aufgenommene Stoffe können in Kraus, Path. u. Therap. der Haussäugethiere.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 19
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290nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Milchfehler.
die Milch übergehen, und zwar gelbe Farbestoffe, die ölig-ätheri­schen, bittere und aromatische Substanzen, dann Jod, Eisen u. s. w. Eiter in der Milch stammt aus Abscessen der Brustdrüse, der sich der Milch beimischt.
Die wässerige Milch. Milchwässerigkeit zeichnet sich durch eiue dünnflüssige, mittelst des Galactometers nachweisbare Be­schaffenheit, durch einen geringen Gehalt an Rahm und Käse­stoff aus. Fütterung mit gehaltlosem, wässerigem Futterstoffe, reichliches, erschlaffendes Getränke, sind meistens die Veranlas­sungen dieses Uebels, das nur auf diätetischem Wege durch Aen-derung der Fütterungsweise und falls die Verdauungsorgane auch geschwächt wären, durch die Anwendung bitterer Mittel behoben werden kann.
Häufig ist mit der Wässerigkeit der Milch zugleich eine blaue Färbung derselben verbunden, wesshalb man diesen Fehler auch mit dem Namen „bläulich-wässerige Milch oder das Blau­melkenquot; belegt hat. Es ist dieser Milchfehler aber wohl zu un­terscheiden von dem erst später zu erörternden Blauwerden der Milch. Die dem Euter entnommene Milch ist von bläulicher Farbe, dünnflüssiger Beschaffenheit und scheidet nur ganz allmäblig sehr wenig dünnen Rahm aus, durch welchen die bläuliche Farbe an einzelnen Stellen hindurchschimmert.
üeber das Wesen dieses Fehlers weiss man zur Zeit noch nichts Positives: Haubner hat die allgemein gültige Ansicht, dass das Uebel in einem zu grossen Gehalte an wässerigen Be-standfheilen beruhe, durch Versuche widerlegt. Alle Beobach­tungen stimmen darin überein, dass es ein Fehler der Absonderung sei, der besonders im Genüsse von Wasserrüben und kraftlosen, so wie durch schlechtes Einernten verdorbenen Futters (gefrorene oder in Fäulniss übergehende Kartoffeln und Rüben, verdünntes Träberfutter, verschimmeltes dumpfiges Heu etc.) liegt. Dass aber der Genuss von Pflanzen, die ein blaufärbendes Princip enthalten, Ursache dieses Fehlers sei (Steinhof), wird mit Recht be­zweifelt.
Die in einer fehlerhaften Fütterung begründeten Veranlassun­gen sind so weit als thunlich zu entfernen, indem den Thieren gesundes Futter gereicht und ihr Nährzustand ausserdem durch gute Pflege und Wartung gehoben wird. Sind dagegen Krank-heitszustände zu beschuldigen, so hat sich die Behandlung, aussei* der Diät, auf die baldige Beseitigung dieser sich zu erstrecken, welche bei den Verdauungsstörungen durch bittere und aromatische Mittel bewirkt wird.
Die substanzlose, fette Milch wird von gut genährten Thieren abgesondert und gibt sich durch einen grösseren Reich-thum an Fett und Käsestoff zu erkennen. In öconomischer Hinsicht kann sie wohl als kein Milchfehler angesehen werden, besonders in Meiereien, wo die Buttererzeugung den vorwaltenden Geschäfts­zweig bildet, während sie in Milchwirthschaften nicht gerne ge-
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Mllchfehler.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;291
sehen wird; jedoch übt sie zuweilen auf die saugenden Jungen, indem sie zur Entstehung der Ruhr, der Lähme Veranlassung gibt, einen nachtheiligen Einfluss. Weniger kräftige, kühlende, wasser­haltigere Nahrung dürfte Abhülfe verschaifen.
Die salzige Milch ist reicher an Salzen, die sich sogar zuweilen als sandartiger Bodensatz in den Geschirren absetzen sollen. Man soll sie bei Kühen, die an chronischen Lungenkrank-heiten an der Franzosenkrankheit leiden, beobachten.
Die rothe Milch und das Blutmelken (Lac rubrum, cruentum). Die rothe Milch verdankt ihre Färbung dem Uebergange des ro-then Pflanzenfärbestoffes gewisser Pflanzen in die Milch (z. B. der Färberöthe, des Galium rubicoides und boreale, wenn sie mit dem Heu genossen werden.
Das Blutmelken findet sich bei Kühen nicht selten im Ge­folge des Blutharnens, des Milzbrandes und wird auch wie ersteres durch Krankheiten des Euters, durch den Genuss scharfer Pflan­zenstoffe hervorgerufen. Die Milch zeigt durch den Gehalt an Blutfarbestoffen eine gleichmässige rothe Färbung und bildet nach längeren Stehen ein mehr weniger bedeutendes rothes Sediment im Milchgefässe. Der Milch kann aber nach Verletzungen des Eu­ters oder auf andere Weise Blut beigemengt sein, wo dann Blut­gerinsel in der Milch zu finden sein werden und ist die Färbung keine gleichmässige. Ist die Milch durch Pflanzenfarbestoffe ge-röthet, so bildet sie keinen rothen Bodensatz im Gefässe.
Die Behandlung wird die Fernhaltung der Ursachen anstreben und gegen etwaige Krankheiten des Euters ankämpfen. Sanftes Ausmelken ist immer uothwendig und bei grosser Schmerzhaftig-keit des Euters müssen Milchröhrchen in die Zitzenöffnungen ein­geführt werden. Ist das Blutmelken durch scharfe Pflanzenstofie veranlasst worden, so sind Salpeter, Bleizucker in schleimigen Ab­kochungen, so wie die bitteren Mittel angezeigt.
II. Fehler der Umsetzung.
sect;. 65. Das characteristische Kennzeichen dieser Gruppe der Milchfehler besteht darin, das eine beim Melken vollkommen tadellose Milch, später eine fehler­hafte Beschaffenheit annimmt. Aeussere Verhältnisse, deren Wirksamkeit durch gewisse constitutionelle Zustände der Milchkühe und eine gewisse Nahrungsbeschaffenheit begünstigt oder gehemmt werden können, sind die Ursachen der hieher gehörigen Abera-tionen der Milch. Hieher zählt man:
Die zähe, schleimige, lange Milch, das Langwerden der Milch, lac viseidum.
sect;. 6G. Die gemolkene Milch zeigt keineAbnormität, gerinntauch
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292nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Milchfehler.
wie jede andere, höchstens mit dem Unterschiede, dass bisweilen eine ungleiche Eahmausscheidung stattfindet. Sie gibt sich durch eine fadenziehende Beschaffenheit des Rahmes, des käsigen Theils und der Buttermilch, durch einen faden, schleimigen, nicht säuer­lichen Geschmack, durch Klebenbleiben an den Milchgefassen zu erkennen; sie lässt sich schwer buttern, ist unschmackhaft und nicht haltbar.
Dieser Fehler kömmt bei ganz gesunden Kühen und tadel­loser Wartung und Fütterung der Thiere vor. Besonders werden Unreinlichkeit der Milchgefässe, beim Betriebe der Milchwirthschaft überhaupt feuchte, dumpfige, nicht gehörige Ventilation, der Aufbewahrungsorte beschuldigt. Haubner betrachtet diesen Fehler als eine schleimige Gährung der Milch und der hierdurch beding­ten Umsetzung des Milchzuckers und des Caseins. Er lässt sich durch Zusatz von Ferment in jeder frischen Milch erzeugen. Die lange Milch ist zwar nicht wohlschmeckend, aber unschädlich und auch in wirthschaftlicher Beziehung nicht besonders lästig, da dieser Fehler zuweilen mit der Aeuderung der Witterung von selbst schwindet und andere Ursachen, die ihn veranlassen, doch leicht ab­gestellt werden können.
Die säuerliche oder schlückerige Milch, das soge­nannte Zusammenlaufen oder Käsen der Milch, lac acidosum, besteht in dem vorzeitigen Gerinnen entweder der eben frisch aus dem Euter entleerten Milch (sogenannten Ziegenmelken) oder bei der einige Zeit schon gestandenen oder gelinde erwärm­ten Milch. Die Milch ist also insoferne fehlerhaft, als die an und für sich zu normale Gerinnung zu früh eintritt.
Während Fuchs mit Rücksicht auf die von ihm stets ge­fundene alkalische Reaction der frisch dem Euter entnommenen Milch, das Uebel von einer abnormen Säuerung herleitete, weist Haubner experimentell nach, dass die Reactionszustände der Milch keinen Einfluss haben auf die Ausbildung dieses Fehlers.
Weder Krankheitszustände des Melkthieres, insbesondere Ver­dauungsstörungen, wie man annahm, noch der Genuss sauerer Pflanzengattungen (Labkraut, Ampfer u. s. w.) haben einen Ein­fluss auf die Entstehung dieses Milchfehlers. Am wahrscheinlich­sten dürften äussere Einflüsse, die die abgemolkene Milch treffen, als grosse Hitze, Gewitterluft, schneller Temperaturwechsel, un­reine, besonders hölzerne Milchgefässe, warme, dumpfige Aufbe­wahrungsorte die Schuld an dieser Aberation tragen.
Die Bedeutung dieses Fehlers liegt in wirthschaftlicher Hinsicht in der vorzeitigen Gerinnung der Milch beim Kochen der­selben, und der hierdurch beeinträchtigten Buttergerinnung. Ful­das Milchthier selbst erwächst daraus weiter kein Nachtheil. In allen Fällen pflegt dieser Fehler nach Beseitigung der äusseren Ursachen zu verschwinden.
Zur Tilgung des Uebels ist die grösste Reinlichkeit der Milch­gefässe und ein kühler Autbewahrungsort der Milch erforderlich.
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Milchfehler.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;293
Ausserdem sind die Thiere einem zweckmässigen Verhalten zu unterziehen.
In den Milchverkaufswirthschaften kann dem vorzeitigen Ge­rinnen theils durch schnelle Abkühlung der frisch gemolkenen Milch (in Kühlapparaten), theils dadurch, dass sie nach dem Mel­ken sofort abgekocht wird, oder endlich durch einen Zusatz von kohlensaurem Natron (Natron carhonicum acidulum), oder statt dessen auch von kohlensaurem Kali (Pottasche) vorgebeugt und so auf die längere Conservirung und grössere Transportfahigkeit der Milch hingewirkt werden. Das sogenannte Zusammenlaufen der Milch beim Kochen wird durch einen geringen Zusatz der genannnten Salze leicht verhütet und ist dies in den Milchwirth-schaften auch sehr gebräuchlich.
Die bittere, süsslich-hittere Milch ist nach dem Mel­ken ganz untadelhaft, beim Stehen aber scheidet sich der Rahm ungleich aus, er hat stellenweise eine gelbliche Färbung, ist un­rein, blasig, auf seiner Oberfiäche werden Fettropfen (ausgeschie­dene Butter) wahrgenommen, er schmeckt süss mit einem bitteren Nachgeschmäcke, der Käsestoff ist dort, wo der Rahm die angege­bene Veränderung zeigt, weniger fest geronnen. Die nur schwer zu gewinnende Butter hat einen mehr weniger bitteren Geschmack und wird leicht ranzig, auch der Käse ist unbrauchbar.
Der Grund dieser abnormen Veränderung ist ebenfalls nur in einem mangelhaften Umsetzungsprocesse der einzelnen Milchbe-standtheile zu suchen, und darf keineswegs mit diesem Zustande verwechselt werden, wo die Milch mit Leberkrankheiten behafteter Thiere oder nach dem Genüsse bitterer Pflanzen einen bitteren oder lauchartigen Geschmack bekömmt.
Die Ursachen liegen in Unreinlichkeit der Milchgefässe, Auf­bewahrung der Milch in unreinen, feuchten, dumpfigen Räumen (in Kellern, wie in Wohn- und Schlafstuben). Durch Aufnahme von Riechstoffen scheint eine beim Melken wohlschmeckende Milch nicht selten erst einen üblen Geschmack zu bekommen, welcher jedoch keineswegs immer blos ein bitterer ist, sondern auch lauch-und seifenartig sein kann. Auch sprechen einzelne Beobachtungen dafür, dass die Stallatmosphäre, in welcher die Thiere leben, auf den Geschmack der Milch von Einfluss sein könne, so z. B. wenn Kiefernadeln statt Stroh als Streu benutzt werden etc. Der lauch­artige Geschmack, welchen die Milch und ebenso die Butter nach dem Beziehen von (Acker-) Weiden, wo Knoblauch wächst, an­nimmt, ist allgemein bekannt; daher in gewissen Gegenden und manchen Orts die Butter von so schlechtem Geschmacke ist. Ferner bekömmt die Milch nach dem Verfüttern von (Raps-) Oelkuchen, wenn solche in zu grossen Quantitäten verfüttert werden, beson­ders wenn das Heu sauer ist und nebenbei auch wohl Bitterklee beigemengt enthält, einen bitteren Geschmack. Die Bedeutung dieses Milchfehlers ist nicht unerheblich, indem durch denselben
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Milchfehler.
die Milch, Butter und der Käse im Werthe sehr verlieren und zu­weilen sogar ungeniessbar werden.
Das zur Tilgung- der bitteren oder sonst übelschmeckenden Milch einzuschlagende Verfahren wird, dem Gesagten zufolge, bald und zunächst auf die Aufbewahrungsorte : vollständige Reinigung und Erhaltung der Sauberkeit in denselben, sowie der Anwendung reiner Milchgefässe; in anderen Fällen jedoch auch auf die Fütte­rung der Kühe selbst, den Aufenthaltsort etc., sowie auf etwaige Krankheitszustände derselben zu richten sein.
sect;. 67. Das Schwinden des Rahmes. Die fehlerfreie Milch bildet beim Stehen und Gerinnen der Oberfläche des Rah­mes, gelbe, verschieden grosse, durchscheinende Stellen, welche durch Luftblasen gebildet werden. Bei höherem Grade dieses Feh­lers lässt sieh der Rahm schwer verbuttern und gibt eine un­schmackhafte, unhaltbare Butter. Dieser Fehler scheint auf einer Gährung zu beruhen und lässt sich auch durch säuerliche vegeta­bilische Fermente künstlich hervorrufen. Auch hier ist eine feh­lerhafte Beschatlenheit der Milchkammern und Unreinlichkeit der Gesehirre die veranlassende Ursache des Uebels, welches durch zweckmässige Lüftung der ersteren und durch sorgfältige Reini­gung der letzteren in den meisten Fällen abgestellt wird.
Das Nichtbuttern des Rahmes. Es geschieht nämlich zuweilen, dass aus dem abgeschiedenen Rahm die Gewinnung der Butter gar nicht gelingt, oder dass nur kleine Gerinnungen und Butterklümpchen, die schwer zu vereinigen sind, erhalten werden. Während einige behaupten, dass eine Alkalescenz des Rahmes die­sen Fehler veranlasse, halten Andere dafür, dass er in einem zu hohen Säuregrade liege; letztere Behauptung scheint aber wenig Wahrscheinlichkeit für sich zu haben.
Als veranlassende Ursache dieses Milchfehlers betrachtet man aussei- gewissen constitutionellen Verhältnissen einzelner Kühe, durch welche beständig und unter allen Umständen eine in dieser Weise abnorme Milch producirt wird, mit Recht die Veränderungen m der Atmosphäre, Gewitter, schnellen Temperaturwechsel, die ihren Einfluss auf die leichtere oder schwierigere Gewinnung der Butter nur zu deutlich darthun. Ferner hat man das Uebel nach dem Verfüttern kranker, zur Fäulniss sich neigender Rüben, so wie ge­frorener Rübenblätter etc. beobachtet.
In der Beurtheilung gestaltet sich dieser Fehler in den Fäl­len, wo die genannten atmosphärischen Einflüsse Veranlassung zu demselben werden, gewöhnlich ziemlich günstig, indem mit dem Verschwinden dieser auch die Milch in der Regel wieder ihre nor­male Beschaffenheit erhält; constitutionclle Veranlassungen sind für gewöhnlich nicht auszugleichen, da sie ja auch ihrem Wesen nach nicht näher, sondern nur aus ihrer Wirkung gekannt sind, und muss man häufig, im Falle das Uebel sehr erheblieh sein sollte,
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Milchfehler.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;295
die Kühe nicht weiter zur Buttergewinnung halten, sondern auf andere Weise zu verwerthen suchen.
Die Abstellung dieses Fehlers hat auf die Erziehmg einer leichteren Gerinnung der Butter aus dem abnorm beschaffenen Rahm, und zweitens auf Regelung der Milchabsonderung ihr Au­genmerk zu richten. In ersterer Hinsicht hat man grüsstentheils durch einen Zusatz von verdünnter Schwefelsäure oder von Wein­essig, im Nothfalle von gewöhnlichem Essig zu dem Rahm die Gerinnung der Butter ermöglicht; von anderer Seite wurde dage­gen die Hinzufügung von Alkalien (Pottasche, kohlensaures Na­tron) als nützlich gefunden. Man wird deshalb in fraglichen Fäl­len zweckmässig zuerst die Reaction der Milch mit Lakmuspapier untersuchen und dann die hinzufügenden Mittel wählen.
Das Blauwerden der Milch. Diese Abnormität kömmt nicht selten bei Kühen, die unter den verschiedenartigsten Ver­hältnissen leben und wie die meisten in diese Gruppe gehörigen Milchfehler nur in der Zeit vom Frühsommer bis zum Spätherbste vor, er versehwindet nur dann nicht mit dem Eintritte des Winters, wenn die Milch während desselben in warmen Localitäten aufbe­wahrt wird. In der fehlerfreien Milch erscheint beim Gerinnen der Rahm trübe, glanzlos und seine Oberfläche fleckig blau gefärbt, allmählig vergrössern sich diese indigoblauen Stellen, verbreiten sich auch über grössere Milch-Quantitäten und greifen in die Tiefe, auf den Käsestoff über, wo dann Rahm und Käse gewöhnlich durch eine ungefärbte Rahmschichte getrennt erscheinen. Steht die blaue Milch längere Zeit, so kömmt es zur Bildung von Infusorien (Mo­naden) und Pilzen. Die Reaction dieser Milch und auch der stets eine gleichmässige, schmutzig-bläuliche Färbung besitzenden Buttermilch, ist weniger sauer als im normalen Zustande (Haub­ner) und der Käsestoff erscheint an den blaugewordenen Stellen flüssiger, als an den anderen gesunden Theilen der Milch in dem­selben Gefässe. Die aus der blauen Milch gewonnene Butter zeigt nach gehörigem Auswaschen gewöhnlich, aussei- einer schmutzig-weissen Farbe und einem geringeren Wohlgeschmack, nichts Ab­normes und nur bei sehr vorgeschrittener Blaufärbung ist sie müh­sam zu erhalten und von schmieriger Beschaffenheit.
Nach Haubner's Ansicht besteht das Blauwerden in einem eigenthümlichen, mit der Bildung eines blauen Farbestoffes ver­bundenen Umsetzungsprocesse, dessen Sitz der Käsestoff ist, und der zunächst durch Säuröbildung und uährung der Milch angeregt, im ferneren Verlaufe sich durch Bildung eines Alkali und durch Verflüssigung des Käsestoffes charakterisirt. Mit diesem Umsetz­ungsprocesse ist zugleich die Entwickelung von Infusorien (Mona­den), und Pilzen verbunden; die letzteren hat man auch wohl als Ursache des Blauwerdens hingestellt, was jedoch bereits Fuchs durch die Beobachtung derselben in normaler Milch widerlegt hat. Das dieser Abnormität zu Grunde liegende Ferment bewirkt, in geringer Menge der gesunden Milch zugesetzt, denselben Umwand-
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Milchfehler.
lungsprocess, vmd kann in dieser Hinsicht den diese Abnormität der Milch bewirkenden Schädlichkeiten zugezählt werden.
Alle b lauge wordenen Milchtheile, am meisten der Rahm, am wenigsten der geronnene Käsestoff sind die Träger eines Fer­ments, welches in andere Milch übertragen, gleichfalls das Blau-werden veranlagst, selbst mit den Ausdünstungen der Milch in die Luft gerissen und durch Präcipitatiou auf andere in demselben Locale aufgestellte Milch in dieser denselben Process einleitet. (Man hat deshalb auch von einer Ansteckungskraft der blauen Milch gesprochen). Ob dieses Ferment seine Bildung von Secre-tionsanomalie oder der Beimischung geringer Mengen eines Exsudates zur Milch seine Entstehung verdanke, steht in Frage. Da der, die Entstehung der blauen Milch begünstigende Einfluss der Milch­kühe noch ganz unbekannt ist, so erscheint die Behandlung der Tliiore behufs der Tilgung dieses Fehlers ganz zwecklos. In kleineren Wirthschaften geht es an, die Milch jeder Kuh besonders aufzustellen, um zu erkennen, von welcher die blaue Milch her­rührt, um diese dann sogleich verwenden oder, falls diess nicht anginge, doch besonders beseitigen zu können, um die Uebertra-gung des Fermentes auf die Milch der anderen Kühe zu verhüten. In grossen Milchwirthschaften ist dieses Verfahren jedoch nicht ausführbar. Ueberall wo dieser Milchfehler sich einstellt, ist auf die Abhaltung des Fermentes von der Milch und auf die Zerstö­rung desselben das Augenmerk zu richten, was durch die sorgfäl­tigste Reinliclikeit in allem, was die Milch und ihre Aufbewahrung betrifft, mithin durch sorgsame Scheuerung der Milchgefässe, gründ­liche Reinigung und Lüftung der Milchkammern, Abhaltung jeder Möglichkeit einer Beschmutzung der Milch, erreicht wird. Um das Blauwerden der Milch, welches stets mit einer verlangsamten und ungeregelten Säuerung zusammenfällt, dort, wo es bereits vorge­kommen ist, zu tilgen, wird der Milch mit Vortheil etwas Butter­milch, ein Theelöffel voll auf ein Quart, zugesetzt, wodurch auch die Weiterverbreitung durch das Ferment dieses Fehlers verhütet wird.
Im Uebrigen ist's noch unbekannt, ob die Nahrungsmittel und die übrige Haltung der Thiere irgend einen Einfluss auf die Ent­stehung dieses Milchfehlers übe, jedenfalls scheint es nicht unwahr­scheinlich, dass manche Milch durch einen gewissen freilich noch ganz unerforschten Zustand des Melkthieres zu diesem Umsetzungspro-cessc besonders disponire, da zuweilen einzelne Thiere der Milchwirth-schaft eine solch' blaue Milch geben, während dies bei anderen, die unter denselben Verhältnissen sich befinden, nicht der Fall ist.
Von den äusseren Einflüssen sind es besonders schwüle Ge­witterluft, die von den Milchgefässen oder den feuchten und dum­pfigen Aufbewahrungsorten, herrührenden Verunreinigungen der Milch, besonders mit thierischen Substanzen, die das Blauwerden derselben verursachen können, auch kann die einmal enstandene blaue Milch durch die Uebertragung des Ferments längere Zeit hindurch in. einer Wirthschaft bestehen. Mit diesem Umstände
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Milchproben.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;297
dürfte auch die Beobachtung zusammenhängen, dass die vorher vermischte und dann in verschiedene Gefasse ausgegossene Milch in mehreren dieser Gefösse gesund bleibt, während sich in den anderen das Blauwerden einstellt.
Das Gelbwerden der Milch ist nur auf den Eahm be­schränkt (ohne sich auf den Käsestoff zu verbreiten), geht biswei­len in Wirtbschaften dem Blauwerden der Milch voran; nicht sel­ten geschieht es, dass der Rahm stark gelb gefärbt ist, während der geronnene Käsestoff blau erscheint. Alles, was von der blauen Milch angeführt wurde, gilt auch vom Gelbwerden der Milch.
Fälschungen der Milch und der verschiedenen Milch­proben.
sect;. G8. Wir glauben dieses Kapitel nicht schliessen zu dürfen, wenn wir die Thierärztc und Oeconomen nicht mit den in national-öconomischer und sanitätspolizeilicher Beziehung wichtigen im We­sentlichsten vertraut gemacht haben.
Der grosse Werth der Milch im thierischen Haushalte als das drittwichtigste Nahrungsmittel, die ausgedehnte Anwendung des­selben als Material zur Käsefabrication und Butterbereitung be­gründen, wie Feser, dessen Schriftchen über dieses Thema uns hier zur Grundlage diente, ganz richtig bemerkt, das Interesse der Milchconsumenten für Sicherung gegen Betrug und Fälschung.
Diese Sicherung erscheint um so nöthiger, als die Milch be­trügerischen Manipulationen leicht unterstellt werden kann, und ihre dadurch hervorgerufenen Mischungsänderungen in vielen Fällen der Gesundheit mehr weniger schädlich, von Käufern nur schwer, ja selbst von Sachverständigen erst nach Anwendung gewisser Prüfungsmethoden erkannt werden können. Eine allgemeine Ue-berwachung der Milchverkäufer, besonders in grossen Städten ist daher ebenso nothwendig als nützlich.
In manchen Staaten besteht deshalb neben der sanitätspoli­zeilichen Ueberwacliung der zum Verkaufe gebrachten Milch auch eine weitere Aufsicht gegen einfache Uebervortheilungen und wird verlangt, dass nur das Naturproduct die reine unverfälschte und ganze Milch oder die nur abgerahmte Milch den Käufern geboten werde.
Die Polizei hat für diesen Geschäftskreis, nämlich zur Beur-theilung von Milchbetrügereien, Experten nöthig, die nach dem Stande der heutigen Wissenschaft und Praxis sich gutachtlich nach ihrem Befunde zu äussern haben und deren Ausspruch einen Haupt­anhaltspunkt für das Urtheil des Richters zu bilden hat.
Wie unvollkommen aber die Milchpolizei ihren Zweck trotz der bestunterrichteten Organe erreicht, weiss jeder Milchconsnment.
Die Ursache liegt eben nur darin, dass die üblichen Unter­suchungsmethoden alle mehr weniger ungenügend und einseitig
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Oggnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Milchproben.
sind, und weil die Ueberwachung des Milchverkaufes, wie sie jetzt durch die Areometerprobe und Rahmmessung geübt wird, so man­gelhaft ist, dass ihr Nutzen nur ein indirecter sein kann. Für den Landwirth haben die bis jetzt bekannten Untersuchungsmethoden trotz der Unzulänglichkeit für die Milchpolizei aber doch schon einen grossen Werth und für ihn ist die neue Abänderung der Doune'schen optischen Probe durch Professor Dr. Alfred Vogel ein sehr erfreulicher Fortschritt geworden. Mit den jetzigen Milch­proben kann der Landwirth die physikalischen und chemischen Verhältnisse seines Erzeugnisses hinreichend controliren und wenn er den Charakter einer Milch einmal constatirt hatte, wird er spä­tere Aenderungen derselben leicht entdecken und verhüten können; sie lehren ihn nicht nur den Werth seiner Milchthiere festzustellen, sondern werden ihn auch veranlassen, die verschiedenen diäteti­schen, physiologischen und pathologischen Einflüsse auf unsere milchgebenden Hausthiere für die Milchnutzung aufmerksam zu studiren und auch diesen Theil der National-Oeconomie nach wis­senschaftlichen Grundsätzen zu betreiben.
Die gewöhnlichen Fälschungen der Milch sind die mit Was­ser, mit abgerahmter Milch, ferner ein geringeres oder grösseres Abrahmen. Seltener sind Zusätze von Zucker, Gummi, Sehleim, Stärke, Dextrin, Caromcl, Mehl, Reis, Eiweiss, Eigelb, Leim, Hau-senblase, Süssholzsaft, Cichorien, Blutwasscr, Mandelmilch, Hanf­milch, Gehirn, Kreide, Zinkpulvex', Seifen- und Kleienwasser etc.
Alle letztgenannten Zusätze sollen der abgerahmten und dün­ner gemachten Milch höhere Dichtigkeit gewähren. Sie sind übri­gens leicht nachzuweisen und durch ihre mechanische Abscheidung, Gerinnbarkeit beim Kochen, ihren Geschmack und Geruch etc. leicht zu erkennen.
Die Chemie und Mikroscopie unterstützen endlich wesentlich deren sichere Ermittelung.
Die eomplicirten Fälschungen sind meist zu kostspielig und die einfachen durch Abrahmen und Wasserzusatz zu leicht ausführ­bar, einer Entdeckung gegenüber sicherer, als dass routinirte Fäl­scher sich dazu herbeilicssen; nichts desto weniger kommen (be­sonders in Wien) die unglaublichsten wie z. B. die mit Seifen­wasser häufig genug zum Vorscheine.
Die Untersuchungsmethoden der Milch unterscheidet man in chemische und physikalische. Die chemischen Proben der Milch erstrecken sich auf den quantitativen Nachweis aller oder nur einzelner chemischer Bestandtheile derselben. Wir wer­den hier nur die ganze chemische Analyse ins Auge fassen, da eine eingehende Sichtung der Milchproben zur Ueberzeugung führt, dass nur diese einzig und allein genügende, bestimmte und sichere Untersuchungsresultate für die Milchpolizei liefern und dass die übrigen Proben dieselbe nur unvollständig ersetzen.
Wenn alle Bestandtheile nachgewiesen werden, so ergibt die chemische Analyse ein allen Anforderungen der Wissenschaft
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Milchproben.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;299
entsprechendes genaues Bild der Zusammensetzung einer Milch, das nicht nur ihren vollständigen Werth leicht erkennen lässt sondern auch die von der Milchpolizei gestellten Fragen sind, wenn die physiologischen Schwankungen der Milch einmal bekannt sein werden, leicht zu beantworten.
Aber dessen ungeachtet war man fortwährend bestrebt, die chemische Analyse durch einfachere, practischere Prüfungen zu er­setzen, und man benutzt sie nur höchst selten, denn sie verlangt viel Zeit und ermöglicht erst spät ein brauchbares Kesultat, was sie in Städten, wo sehr viele Prüfungen zu gleicher Zeit bei be­anstandeter Milch auszuführen wären, zur allgemeinen Untersuchung unbrauchbar macht. Sie erfordern zudem mehr weniger zusammen­gesetzte Apparate und Reagentien, dabei viel Gewandheit in che­mischen Arbeiten, die in der Regel nur Chemikern von Fach eigen ist. Nur wenn die practischen Methoden nicht zum erwünschten Ziele führen, was bei deren Unzulänglichkeit häufig der Fall ist, wird man die ganze chemische Zerlegung benützen.
Fes er führt sie wie folgt aus: Eine gewisse Partie Milch, ungefähr 10 Cubikccntimeter, kommt zu einer in einer taxirten Porcellanschalc befindlichen, bekannten Menge feinen reinen Glas­pulvers (das etwa das 2—ofache Volumen der Milch beträgt) und wird hierauf gewogen. Das Ganze kommt nun, von Filtrirpapier bedeckt, auf ein Wasser- oder Luftbad und wird sorgfaltig ge­trocknet, so lange, bis das Gewicht nicht mehr abnimmt. Der Gewichtsverlust nach beendetem Austrocknen rührt vom verdampf­ten Wasser her; in der Schale bleiben bei der bekannten Menge Glaspulver' die Trockenstoffe der Milch (Milchzucker, Käsestoff, Fette und Salze). Der Inhalt des Schälchens wird fein zerrieben und mit Aether ausgelaugt. Der Aether nimmt der Mischung nur das Butterfett. Er ist so lange anzuwenden. Ms neuer Aether nichts mehr löst, oder nach dem Abnehmen von Milchpulver auf einer Glasplatte ohne Rückstand verdunstet. Das mit Aether be­handelte Milchpulver wird auf dem Wasserbade gut getrocknet und hernach gewogen; der durchs Extrahiren mit Aether bedingte Gewichtsverlust ergibt die Menge der Fette. Das übrigbleibende Milchpulver auf gleicher Weise mit starkem Weingeist (Alkohol von 0,80 spec. Gewicht) behandelt, verliert seinen Milchzucker und ei­nen kleinen Antheil seiner Salze, die beim Trcyknen desselben aus dem Verluste bestimmt werden oder auch durch Verdunsten der weingeistigen Auszüge direct gewogen werden können. In letzterem Falle bleiben bei Einäscherung des Verdunstungsrück­standes die löslichen Salze allein übrig und lassen den verbrann­ten Milchzucker gesondert berechnen.
Nach der Alkoholberechnung bleiben im Milchpulver der un­löslich gewordene Käsestoff und die unlöslichen Salze, welch' letz­tere beim Einäschern des Rückstandes mit dem in Arbeit gebrach­ten Glaspulver in der Glühschale übrig bleiben. In einer frischen
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300nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Milchproben.
Partie Milch kann zur Controle der Salzgehalt der Milch, resp. die Aschcnmenge ermittelt werden und durch Wasserbehandlung der lösliche und unlösliche Antheil der Asche. Statt Glaspulver nimmt man auch Gyps (Haidlen'sches Verfahren), Schwerspath, was die Operation etwas verändert. Gepulverter Bimsstein kann Glaspul­ver völlig ersetzen, beide aber sind dem Gyps und Schwerspath weitaus vorzuziehen.
Die physikalischen Milchuntersuchungsmethoden sind leichter und schneller auszuführen als die chemischen. Sie beruhen auf Anwendung von Messinginstrumenten zur Ermittlung eines bestimm­ten physikalischen Characters der Milch: Zur Bestimmung der Schwere, der Undurchsichtigkeit, des Rahmgehaltes und des Ver­haltens zum polarisirten Lichte. Die bekanntesten hierher gehöri­gen Proben sind:
1)nbsp; Die Areometerprobe in Verbindung mit Rahmmessungen.
2)nbsp; Die optische Milchzuckerprobe.
3)nbsp; Die optische Butterprobe von Donne, Vogel und And.
I. Di e Areometerprobe und die Rahmmessungen.
Die Areometerprobe ermittelt annähernd richtig das speeifi-sche Gewicht der Milch, zu welchem Zwecke jetzt ziemlich allge­mein ein speciell für die Milch eingerichteter Dichtigkeitsdurch­messer von Quevenne (Lactodensimeter) verwendet wird.
Die mittlere speeifische Schwere der Kuhmilch beträgt bei 15quot; Celsius circa 1,031 (Wasser = 1,000); sie schwankt übri­gens zwischen 1,026 bis 1,041; also ein ziemlicher Spielraum für einen betrügerischen Verkäufer und es bleiben bei normal schwere­rer Milch kleine Wasserzusätze unentdeckbar. Aber abgesehen von diesen weiten Gränzen des speeifischen Gewichts der Milch ist noch der Umstand sehr bedenklich und zu beachten für die Güte der Schwerprobe, dass Milch beim Abrahmen — weil das leichtere Fett wegkommt, die schwereren Milchbestandtheile aber bleiben, — schwerer wird, als sie war und nur durch nachfolgenden bestimm­ten Zusatz von Wasser wieder auf das ursprüngliche Gewicht ge­bracht werden kann. In diesem Fall deckt eine Milchverschlech-teruug die andere und das Areometer ermittelt keine von beiden, wenn nicht zugleich eine Rahmbestimmung gemacht wird, was dann längere Zeit erfordert und auch nicht in allen Fällen zu einem über alle Zweifel erhabenen Resultate führt.
Das speeifische Gewicht der Milch gründet sich auf die Menge der in der Milch vorkommenden theils gelösten, theils blos sus-pendirten Bestandtheile, wird aber nicht durch den einen oder an­deren allein bestimmt, sondern von der ganzen Mischung, und in anderen Fällen ändert sich unbegreiflicher Weise das speeifische Gewicht kaum, wenn in zweierlei Milchsorten bei gleichen Mengen der übrigen Bestandtheile z. B. der Buttergehalt, der Gehalt des leichtesten Milchbestandtheils oft um das mehrfache abweicht.
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Milchproben.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 30 L
Versuche Qua venue's ergeben, dass verschiedene Milchsor­ten oft sehr abweichende Mengen Rahms von ungleicher Güte ab­scheiden und noch, der Grosse der Rahmabscheiduug nicht ent­sprechend, verschieden fettreiche, abgerahmte Milch hinterlassen; ebenso erhellt aus sorgfältigen und in grosser Zahl angestellten Versuchen, dass:
a)nbsp; Das spec. Gewicht der Milch sehr schwankend sei.
b)nbsp; Das Abrahmen und der Wasserzusatz das ursprüngliche Gewicht der Milch wieder herstellen,
c)nbsp; Der Buttergehalt in keiner solchen Beziehung zum speci-fischen Gewicht der Milch stehe, dass ein höherer Gehalt an But­ter das spec. Gewicht in berechenbarer Weise vermindern.
d)nbsp; Dass abgerahmte Milch hie und da so schwer als gute Milch und zugleich auch wenigstens gleich rahmreich sei.
e)nbsp; Die Rahmabscheidung erfolgt bei verschiedener Milch sehr ungleich, was die erhaltene Menge betriift. Der abgeschiedene Rahm hat sehr verschiedene Güte und die abgerahmte Milch wird nicht der abgeschiedenen Rahmmenge entsprechend schwer und fettärmer.
Das sind die Punkte, welche die Lactodensimeterproben, über­haupt alle Areometerproben, auch wenn sie mit Rahmmessungen verbunden weiden, in ihrem Werth beeinträchtigen und die mah­nen müssen, auf ihre Ergebnisse allein nicht so viel Gewicht zu legen, denn sehr häufig wurde durch sie ein polizeiliches Ein­schreiten bei Verkäufern guter Milch veranlasst, während solche noch mit schlechter Milch empfohlen wurden.
Grosse Verdünnungen mit Wasser werden mit der Areome-terprobe freilich ermittelt, umsomehr, wenn die Angaben, dass man ganze oder abgerahmte Milch der Untersuchung unterstellt, richtig sind oder Anhaltspunkte dafür durch eine Rahmmessung hat.
Die Areometerproben verfehlen ihren Zweck aber dann, wenn der Dichtigkeit der Milch künstlich nachgeholfen wurde, sie nur allein zur Verwendung kommen und die künstlichen Mischungsän­derungen der Milch keine Beachtung finden.
Auch auf grössere Rahmausscheidnngen wirken gewisse Fäl­schungen und schon nur mit Wasser verdünnte Milch scheidet den Rahm schneller, lockerer und in höherer Schicht ab. Noch mehr Kleienwasser, das die Milch zugleich dichter und undurchsichtiger macht.
Die Milchverkäufer kennen jetzt die Lactodensimeterprobe recht gut und mit ihrer Anwendung wird die Milch erst regulirt und gefälscht, so dass die Milchinspectoren durch die Areometer-probe getäuscht werden müssen.
Der Lactodensimeter (Milchdichtigkeitsmesser) ist eine ge­wöhnliche Senkwage aus Glas gefertigt und ist speciell für Milch­untersuchungen an seiner Scala in Grade getheilt. Bei 30 Graden (spec. Gew. = 1,030), wo der Theilstrich verlängert ist, ist die Grenze, unter die der Areometer bei guter Milch nicht einsinken
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302nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Milchproben.
soll. Rechts von der Scala stehen die Worte nonecreme (nicht ahgerabmt), was andeutet, dass bei Prüfung von ganzer Milch die EintheiluDg rechts neben der Scala gilt. Man liest dann auf die­ser Seite Bezeichnungen von „reinquot; zwischen den Graden 29 mit 33, dann für je 4 Grade aufwärts Vio? 2/ioj '/ioraquo; 4/io und 5/i0, was Wasserzusatz andeutet; '/io Wasser z.B. wird angedeutet beim Ein­sinken des Instrumentes in ganzer Milch vom 26. — 29. Grad.
Auf der linken Scala befinden sich dieselben Angaben für abgerahmte Milch, die aber ungefähr 4 Grade tiefer liegen, als die entsprechenden der andern Seite, da abgerahmte Milch um soviel bei vollständigem Abrahmen schwerer werden soll.
Bei der Anwendung des Instrumentes senkt man dasselbe vorsichtig in die Milch und lässt es ruhig schwimmen, bis es ruhig steht und notirt den Grad, bis zu welchem es einsinkt.
Tabellen, eine für abgerahmte und eine für ganze Milch, las­sen nach der Temperatur der Milch, die mit einem Thermometer ermittelt werden muss, den wahren Diebtigkeitsgrad der Milch erst berechnen.
Das Cremometer von Chevalier ist eine cylindrische, oben offene Röhre, die eine Milchschicht von den erfahrungsgemäss be­sten Dimensionen zur Rahmabscheidung fasst. Nach 24stündigem Stehen der Milch im Cremometer an einem kühlen Orte löst man die gebildete Rahmschicht ab, die an der von oben nach unten eingetheilten Röhre ersehen werden kann. Gute Milch soll 10—14 Rahmprocente liefern. Man kann nun den Rahm abnehmen und die erhaltene abgerahmte Milch noch einer Areometerprobe unter­stellen.
11. Die optische Milchzuckerprobe.
Diese bestimmt den Milchzucker mit einem kleinen Polarisa­tionsapparat (Polarimeter oder Sacharometer von Vernois und Becquerel) in den aus der zu untersuchenden Milch dargestellten Molken. Aus dem Grade der vorhandenen, vom Milchzucker be­dingten Eigenschaft, das Licht zu polarisiren, wird der Gehalt an Milchzucker gefunden. Dieses kostspielige Instrument fand keinen Eingang in der practischen Milchpolizei und mit Recht, da der Milchzuckergehalt den grössten physikalischen Schwankungen un­terworfen ist und deshalb für diese Probe dasselbe gilt, was von chemischen Einzelanalyseu gesagt wurde.
III. Die optische Butterprobe.
Diese Art von Proben gründen sich auf die Messung der Un-durchsichtigkeit der Milch. Diese letztere hängt von der Menge und Grosse der in der Milch suspendirten Butterkörperchen ab. Donnc kam zuerst darauf, diese Eigenschaft der Milchkörperchen für eine Probe zu verwenden. A. Vogel in München änderte sein
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Milchproben.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;30,deg;)
Verfahren sebr sinnreich ab und veranlasste die Herstellung eines Apparates, den P e s er gelegentlich einer Prüfung seiner Angaben ver­besserte. Zur Probe nach Donne benutzt man dessen Galactoscop. Es besteht aus einer Art Lorgnette oder zwei in einander gescho­benen Röhren, die an beiden Enden mit Glasplatten abgeschlossen sind. Nachdem letztere einander genäliert sind, füllt man den am Instrumente angebrachten Trichter mit Milch, bringt das Ganze hinter eine Kerzenflamme und entfernt nun die zwei Gläser soweit von einander, bis so viel Milch zwischen beiden ist, dass die am Apparate befindliche Flamme unsichtbar wird. Je geringer die Ent­fernung der beiden Gläser, die herzustellen ist, bis das Auge das einen Meter vom Instrumente entfernte Licht (seine Contour) nicht mehr zu erkennen vermag, um so besser ist die Milch, da sie viele Butterkügelchen enthält, die ihre grössere Undurchsichtigkeit be­dingen. Die eine Röhre steht fest, die andere ist aber verrückbar und steht zu diesem Zwecke mit einer Stellschraube in Verbin­dung, deren Gänge so eingerichtet sind, dass sie durch jede Umdre­hung der beiden Gläser sieb um einen Millimeter weiter entfernen, je nach der Drehung (umgekehrt) sich nähern.
Am Einschiebrohr ist eine Scala mit 50 Th eil strichen, deren jeder einem Millimeter gleichkommt. Die Güte der Milch wird durch diese Grade angegeben. Dieselbe Milch ergibt immer dieselbe Ziffer; und jede Verdünnung der Milch mit Wasser, wodurch die Butterkörperchen auf einen grösseren Raum sich vertheilen, wird angezeigt, dann nun müssen die Glasplatten, der Verdünnung ent­sprechend, weiter entfernt werden. Gute Milch soll ungefähr die Ziffer 30 ergeben.
Eine Commission der Pariser Academie, welche das eben an­gegebene Verfahren der optischen Probe Donne's zu prüfen hatte, gab folgendes Urtheil über ihren Wertli ab:
a)nbsp; Das Instrument von Donne zeigt schneller und genauer als die bisher üblichen Instrumente an, welche von zwei verschie­denen natürlichen oder mit Wasser verdünnten Milchsorten eine grössere Menge Rahm enthalte.
b)nbsp; Das Instrument kann den Oeconomen sehr nützlich wer­den, da es sie in den Stand setzt, bis auf einen gewissen Grad den Einfluss der Fütterung auf die Butterbildung bei den Kühen zu studiren.
c)nbsp; Durch Bestimmung des Grades, den eine gute natürliche Milch gibt, ist es leicht, einen Anhaltspunkt für die Werthbestim-mung einer andern Milch zu erhalten, ob sonach die geprüfte Milch die erforderliche Menge Rahm enthalte.
Die Commission kennt kein Mittel, die Dichtigkeit und Un­durchsichtigkeit der Milch zu erhöhen, wobei die angewandten Mittel nicht allsogleich durch ihre Abscheidung, ihren Geschmack oder Geruch erkannt werden könnten. Gibt es ein solches Mittel oder wird eins gefunden, so genügt das Lactoscop nicht mehr zur Ausmittlung der Fälschung.
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304nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Milchproben.
Die Donne'sebe Probe verschaffte sich trotz dieser Empfeh­lung keinen Eingang in der Praxis und blieb vom Anfange an un­populär, was wohl im hohen Preise und der leichten Zerbrechlich­keit des Instrumentes lag.
A. Vogel hat erst vor Kurzem das Princip des Verfahrens von Donne, die Messung der Uudurchsichtigkeit der Milch, neuer­dings empfohlen und den sehr complicirten Apparat Donne's so umgeändert, dass er sehr wenig kostet und sich bequemer zur Anwendung eignet. Nach ihm kommt die zu untersuchende Milch in kleinen Partien mit einer bekannten Menge Wasser zusammen, bis letzteres zwischen zwei in einer gewissen Entfernung (5 Milli­meter) sich befindlichen, feststehenden Glasplatten so undurchsichtig wird, dass eine vor dem Instrumente befindliche Licbtflamme mit ihren Umrissen durchs Instrument hindurch unerkennbar wird. Der Verbrauch an Milch zur Beendigung der Probe soll nach einer von Vogel veröffentlichten Tabelle sofort den procentischen Gehalt der Milch an Butter ersehen lassen und hiernach resultire in wenigen Minuten genau dasselbe, wozu die richtige chemische Analyse vieler Stunden bedarf.
Zur Milchprobe Vogel's gehören neben Wasser und einer Stearinkerze folgende Erfordernisse: Ein Milchglas, das bis zu ei­nem Querstrich 100 Cubikcentimeter markirt, dann ein Probeglas mit festgestellten parallelen, oben offenen Glasplatten, genau 1/2 Centimeter von einander entfernt, und endlich eine graduirte Pipette mit '/j Cubikcentimetergraden.
Die Ausführung seiner Methode beschreibt Vogel folgender-massen:
Man füllt das Mischglas genau bis an den Strich 100 Cent, mit gewöhnlichem reinem Brunnenwassers, saugt in die fein gra­duirte Pipette die zu untersuchende Milch bis über den Nullstrich und verbindert das Wiederausfliessen derselben, indem man das obere Ende rasch durch den an die Lippen gebrachten Zeigefinger verschliesst. Nachdem man durch leises Oeöheu des Fingers die Milch bis zum Nullstrich entleert hat, hält mau die mit Milch ge­füllte Pipette in das Mischglas und entleert vor allem 6 Cc. Milch in die 100 Cc. Wasser. Weniger wie 3 Cc. braucht man bei ge­wöhnlicher Kuhmilch fast nie. Will man aber einen wirklich guten Rahm untersuchen, so darf man für's Erste nicht mehr als '/i Cc. dem Wasser beimischen. Hierauf schüttelt man das Mischglas, welches man mit dem Finger geschlossen hält ein paar Mal, giesst etwas aus demselben in das Probeglas und siebt nun durch letz­teres nach dem Lichte. Ist der Lichtkegel noch zu erkennen, so giesst man die herausgenommene Probe wieder zurück in das Mischglas und setzt einen weiteren Cc. Milch zu, nimmt nach eini­gem Durchschütteln wieder etwas heraus in das Probeglas und sieht von Neuem nach dem Lichte. Bei einiger Uebung lernt man bald den Zeitpunkt kennen, wo das Licht dem Verschwinden nahe ist und setzt dann immer nur 1I-, Cc. zu. Ist die Contour des
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Milchproben.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 3Q5
Lichtkegels auf keine Weise mehr za erkennen, so ist die Probe beendet. Man addirt alsdann die verbrauchte Milch und weiss nun, wieviel Procent von einer Milch nöthig sind, um eine Wasser­schichte von 1I2 Centimeter Dicke vollständig undurchsichtig zu machen.
F. Hoppe-Seyler hat nach dem Archiv für pathologische Anatomie (1863. Band 27. pag. 394) die Vogcl'sche Probe be­deutend abgeändert und einfacher und sicherer gemacht. Er lässt 5 Cc. der Milch zu 95 Cc. Wasser fliessen und gibt von der Mi­schung 5 Cc. (die also 0,25 Cc. Milch enthalten) in ein Glaskäst­chen, dessen Gläser 1 Centimeter von einander abstehen; dazu setzt er nun aus einer Burette so lange Wasser zu, bis das Licht einer etwa 1 Meter entfernten Kerze eben durchschimmert, wenn er das Glaskästchen bei verfinstertem Zimmer ganz dicht vor das Auge hält. Man könnte auch noch aus einer Burette zu 5 Cc. Milch gleich die hinreichende Menge Wasser zufliessen lassen, ohne vorerst eine Probe der verdünnten Milch zu nehmen.
Feser's Prüfung der Vogel'schen Probe.
Fes er führte zu einer Abänderung des Verfahrens und zur Herstellung eines anderen Apparates, der mit dem Greiner'schen zur Anwendung kam. Er verschaffte sich zwei farblose, überall 2 Millimeter dicke, 16 Centimeter hohe und ebenso breite Glasplatten, die durch eoncentrirte Schellacklösung so befestigt wurden, dass nach dem Trocknen des Schellacks die Glasplatten nach genauer Mes­sung 4'/;, Millimeter Abstand hatten und der freie Raum zwischen den Glasplatten 10 Centimeter au Höhe und gleichviel an Breite betrug. Dieses Probeglas ist an allen Stellen gut verschlossen und hat nur am oberen Rande zu einer Seite eine d'/j Millimeter weite und 1 Centimeter breite Oeffnuug, die in das Innere des Apparates führt. Bekommt das Glas durch ein Postament noch einen festen Standpunkt, so ist seine Einrichtung mit allen Erfor­dernissen gegeben. Statt eines Mischglases hat er eine kurze Ku­gelpipette, die bis zur Marke 25 Cc. Flüssigkeit fasst, benützt und für die Abmessung der Milch eine Pipette mit Cubikmillimetergra-den angewendet.
Bei den vielen folgenden mit diesem Apparate vorgenomme­nen optischen Milchuntersuchungen, denen in vielen Fällen das Resultat mit dem Greiner'schen Instrument zur Seite steht, wurde auf folgende Weise verfahren:
Durch die Kugelpipette wurden 25 Cubikc. reines Brunnen­wasser in das Probeglas gebracht, das dadurch etwa 3'4 voll wurde. Das Probeglas kam dann in die linke Hand und wurde von dieser von oben her ergriffen; mit der rechten Hand wurde hierauf die Milchpipette bis zum Nullpunkte mit Milch gefüllt und aus dieser Anfangs ^2 Cc., dann 2/1„ Cc. später nur tropfenweise die Milch durch die Oeffnung in den Apparat gebracht. Nach jedem Zusatz
Kraus, Path. u. Therap. der Haussäugethiere.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;20
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306nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Milchproben.
wurde der Inhalt des Probeglases, das zugleich Mischglas ist, gut umgeschüttelt. Dies ist sehr leicht, wenn durch Andrücken des Zeigefingers der linken Hand, die den Apparat ohnedies hält, die Oeffnuug oben luftdicht versclilossen wird. Die milchhaltende Pi­pette wird während des ganzen Vorganges nicht entleert, also auch nicht neu gefüllt, sondern wird bei der Prüfung jedes Zusatzes im Probemilchglas vor dem Lichte gut geschlossen gehalten, so dass ohne Addition bei Endignng der Probe die Zahl der verbrauchten Cubikmillimeter Milch aus dem Milchentgang der Pipette sofort er­halten wird.
Bei nur einiger Hebung ist in einem Zuge eine Milchprobe beendet, sicher in der Hälfte der Zeit, die die Vornahme mit dem Greiner'schen Instrunieut erfordert. Beim Greiner'schen Apparat ist die Milcbpipette iür jeden neuen Zusatz zu füllen; die Pipette selbst ist bei einem ersten von mir bezogenen Apparat für die Ad­dition der verbrauchten C. C. Milch sehr unpractisch mit Ziffern bezeichnet, denn diese finden sich verkehrt gestellt.
Kommt mit dem Greiner'schen Apparate sehr gewässerte oder überhaupt butterarme Milch zur Probe, so ist für die Vornahme vie­ler Untersuchungen schon zu viel Zeit erforderlich, denn zur Be­endigung derselben ist solche Milch in vielen Absätzen, auch bei grösster Uebung zuzusetzen; das dann nüthige Hin- und Herschüt­ten vom Probeglas ins Miscbglas und zurück (Probiren) ist eben­falls sehr lästig und muss sehr vorsichtig erfolgen, wenn kein Verlust der Mischung eintreten soll. Das Probeglas ist schwer rein zu halten und sehr zerbrechlich.
So weit die Uebelstände, die vom Techniker herrühren und die Fese r's Apparat beseitigt!
Durch die Hand von Laien ausgeführt, können die Proben zu den grössten Irrthümern führen und auch der Sachverständige wird Fehler machen müssen, wenn er auf die erhaltenen einseiti­gen Ergebnisse hin einen richterlichen Ausspruch veranlasst. Dem Richter dient eben nur ein bestimmtes, über alle Zweifel erhabenes Gutachten für diesen Zweck. Dasselbe kann durch die meisten Milchproben, besonders bei geringen Fälschungen mit Wasser oder Abrahmen, nicht abgegeben werden.
Dabei sei man vorsichtig und gebe in zweifelhaften Fällen ein positives Gutachten für Betrug erst dann ab, wenn auch die chemische Untersuchung und die ganze Analyse, sowie die Berück­sichtigung der physiologischen Schwankungen der Milchmischung eine Fälschung ergibt. Nur grössere Fälschungen mit Wasser kön­nen mit der Aräometerprobe gut ermittelt werden — um so siche­rer, wenn der Rahmgehalt berücksichtiget wird und die Voraus­setzung richtig ist, dass keine weitere Fälschung statt hatte, was im Falle des Verdachtes nur eine chemische oder mikroscopische Untersuchung ergibt.
Bei dem jetzigen Stande der Sache gibt der Aräometer noch das beste Instrument für in kurzer Zeit vorzunehmende Untersu-
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Milchproben.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;307
chungen ab und wird man besonders dann wenig riskiren, wenn man einen vermutheten geringen Wasserzusatz, der eben in den meisten Fällen den Zweifel bedingt, einfach übersieht.
Für ganze Milch schlägt Fes er als niedersten Greazgrad die Zahl 26 des Quevenne'schen Milcharäometers vor; für aogerahmte Milch den 29. Grad desselben Instrumentes, also jene Stellen, die nach Quevenne schon '/io Wasserzusatz anzeigen sollen!
Diese Vorsicht wird wohl viele Fälschungen übersehen las­sen, aber auch sicher verhüten, dass ein Unschuldiger angeklagt wird. —
Gebraucht man ferner zur Ergänzung der Aräometerprobe die optische Butterprobe für eine schnelle, annähernd richtige Rahm­bestimmung — statt des erst spät zum Ziele führenden (Jrenome-ters — so wird die Feststellung der Werthverhältnisse einer Milch, aus ihrem Gewichte und Rahmgehalte erhalten, für die gewöhnlichen schnell vorzunehmenden Untersuchungen genügen und bedeuten­dere Fälschungen der Milch durch Wasserzusatz und Abrahmen einer an und für sich schlechten Milch gefunden werden. Mehr verlange man für den allgemeinen Zweck mit jeder praetischen Untersuchungsmethode nicht, und man stelle an diese keine Anfor­derungen, denen sie zu keiner Zeit entsprechen werden und auch die chemische Analyse nicht genügen wird.
Ein Spielraum zur Fälschung wird für den betrügerischen Verkäufer immer bleiben und bis zu einer gewissen Grenze blos verfälscht, wird dem Untersuchenden ohne andere Anhaltspunkte keine Beurtheilung hierüber möglich sein; in solchen Fällen geiie man mit der Untersuchung zur Milchquelle, in den Stall oder auf die Weide und untersuche die unzweifelhaft ganze, reine Mischung von milchendem Thiere weg.
Schliesslich sei noch bemerkt, dass die neuen Modificationen der Vogel'schen Probe, besonders die Hoppe-Seyler'sehe für einen häufigen, praetischen Gebrauch nicht vollkommen geeignet sind. Feser's Instrument genügt den Anforderungen der Praxis und der doch nur untergeordneten Stellung der optischen Probe als Ergänzung der Aräometeruntersuchung vollkommen.
Neubildungen des Euters.
sect;.68. Der Krebs kommt als Faser- und Medullarkrebs im Euter der Hündinnen vor, von wo aus er sich dann secundär in anderen Organen ablagert; auch Fibroide linden sich im Euter dieser Thier-gattung. Bindegewebsneubildungen gehen vom Bindegewebe des Euters aus und führen zur Verödung der Drüse.
Kleine Bindegewebsknötchen bilden sich nach Roll's Erfah­rungen im Milchcanale der Zitzen, und sind schon beim stärkeren Herabstreifen über diese letzteren zu fühlen. Sie hindern beim
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308nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Chankeikrankheit.
Melken den Abflnss der Mileh; welche dann nur in einem Strahle hervorquillt. Die Beseitigung dieser Knötchen geschieht mittelst einer in die enge Oelfnung der angespannten Zitze eingeführten engen Canüle oder einer dünnen oft'enen Federspule, mittelst deren man diese Excrcscenzeu loszustossen sucht, worauf der Gang durch einige eingelegte dünne Darmsaiten offen erhalten wird.
Chankerkrankheit, Cliankerseuehe, Beschälseuche.
sect;. 69. Die Krankheit kömmt bei Pferden und Schafen, bei letztern zuweilen seuchenartig über ganze Landstriche verbreitet, vor, nicht selten herrschen Chankcrkrankhciten und Rotz zu gleicher Zeit unter den Pferden und der Complication mit letzterem Leiden scheint die Beschälseuche den Ruf ihrer besonderen Bösartigkeit zu verdanken. Weder schlechte Wartung noch Fütterung scheinen die Krankheit hervorzurufen, da sie bei den bestgepflegten, ge­sunden, feinrayigen Thieren beobachtet wird; ob gewisse, mias­matische oder Witterungsverhältnisse auf die Entstehung der Krankheit einen Emfluss üben, weil die Krankheit eben in sehr ent­fernten Gegenden gleichzeitig in Verbindung mit anderen catarrha-lischen Leiden z. B. der sogenannten Druse der Pferde vorkömmt, ist dennoch mehr als zweifelhaft. Die ursprüngliche Entwickelung der Krankheit scheint bei den weiblichen Thieren stattzufinden und wird dann mittelst eines an dem Secrete der Scheide, der Vorhaut und der Eichel haftenden Contagiums beim Belege weiter ver­breitet, was sich schon daraus ergibt, dass Wallachen und Füllen von ihr nicht befallen werden.
Erscheinungen. Bei den weiblichen Thieren stellt sich zunächst gesteigerte Eöthe, Geschwulst und vermehrte Schleim­absonderung der Scheide ein; dieselbe ist anfänglieh eine farblose, eiweissähnliche Flüssigkeit, welche später trübe, dick, eiterähnlich wird und zu Krusten vertrocknet, die den Wurf verkleben. Auf der entzündeten Schleimhaut meist in der Nähe des Kitzlers ent­wickeln sich linsen- bis erbsengrosse Blasen, welche mit Serum gefüllt sind, dann bersten und Geschwüre bilden, die sich rasch mit einer Kruste bedecken, unter der das Geschwür mit Zurück­lassung einer weisslichen Narbe heilt, oder aber die Geschwüre greifen um sich, und bedecken sich zuweilen mit diphtheriti-schen Membranen. Diese Diphtheritis der Scheide pflanzt sich zuweilen bis in die Höhle des Uterus fort; aber trotzdem erfolgt nicht selten spontane Heilung, wenn auch nach längerer Zeit unter einem copiösen, purulenten, mitunter jauchigen Scheiden-und Gebärmutterfluss, dem diphtiieritische Fetzen beigemischt sind. Die Geschwüre heilen unter Verminderung des Ausflusses mit strahligen, constringirenden Narben, in manchen Fällen bleibt lange Zeit ein Schleimablluss aus der Scheide zurück.
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Chankerkrankheit.
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Bei männlichen Thieren, besonders Vaterpferden, ent­wickelt sich ganz derselbe Vorgang auf der Eutheniiaut. Auch hier findet Bläschen- und Geschwürsbildung statt, die Vorhaut ist hiebei sehr bedeutend ödematös geschwollen. Die Heilung der Geschwüre erfolgt bei den männlichen Thieren noch schneller, als bei den weiblichen. Ueberhaupt ist bei gesunden, kräftigen Pfer­den eine vollkommene Genesung bald zu erwarten, hingegen stellt sich bei heruntergekommenen, früher kränklichen Thieren, insbe­sondere Stuten bisweilen Entzündung der Ly inphgefässe, des Euters, der hinteren Extremitäten und der Lymphdrüsen dieser Theile ein; es entwickeln sich schliesslich Hautwurm und Rotz; zu Eückenmarksleiden, zu Lähmungen einzelner Körpertheile, der Nachhand des Hintertheilcs kommt es aber im Verlaufe der Chan-kerseuehe nur sehr selten.
Prognose. Wird das Leiden zeitig erkannt, sind dieThiere jung und lu-äftig, so bleibt es örtlich und die Heilung unterliegt keinen Schwierigkeiten; cie Geschwüre vernarben durch Fleisch-wärzchenbilduug, es wird ein gutartiger Eiter abgesondert, wäh­rend die Bildung neuer Bläschen und Geschwüre unterbleibt, die Anschwellungen verschwinden und der Habitus gewinnt wieder seinen Turgor. Sobald sich aber ein allgemeines Leiden des Lymph­systems entwickelt, wird ihre Heilung schwierig und ungewiss; noch ungünstiger ist die Prognose, wenn sich Lähmungen einge­stellt haben.
Nach Veith starben von 130 kranken Stuten 56, und 47 mussten als unheilbar im abgezehrten und gänzlich gelähmten Zu­stande vertilgt werden, während die übrig gebliebenen noch kei­neswegs als vollkommen geheilt betrachtet werden können.
Die Behandlung erfordert Frottiren der Haut, grösstmög-liche Reinigung der afficirten Theile, den örtlichen Gebrauch von lauwarmen, schleimigen, aromatischen Decocten unter Zusatz von Eichenrinde, Essig, Bleiessig, Alaun; wo es möglich ist, werden die Geschwüre mit Höllenstein und Kupfervitriol geätzt.
Man hat zum innerlichen Gebrauche die Schlaugenwurzel, Arnica, Eisen- und Mineralsäuren empfohlen; ist das Uebel ein örtliches geblieben, so reichen die angeführten topischen Mittel hin, um es in einigen Wochen zu beheben, hat sich aber eine Dyscrasie entwickelt, oder sich gar das Leiden mit dem Haut-wurm, Rotz complicirt, haben sich Rückenmarkskrankheiten ent­wickelt, dann ist jede wie immer geartete Medication vergeblich. Die Thierärzte sind bei der genaueren Untersuchung der Nasen­höhle rotzkranker Pferde, durch Ausbrausen des Secrets der Rotz-geschwüre am meisten der Infection ausgesetzt. Es ist daher, wenn das Gesicht des Untersuchenden (besonders Augen, Nase) verunreinigt wurde, die wiederholte genaueste Reinigung nothwen­dig; eben so sorgfältig muss die Verunreinigung von Wunden oder von der Oberhaut entblösster Hautstellen mit dem Nasenausfluss rotziger oder mit der Jauche aus den Geschwüren wurmiger Pterde,
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310nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Chankerkrankheit.
sowie mit dem Blute etc. dieser TLiere vermieden werden, und wenn solches vorkommen sollte, ist wie mit den Verletzungen wie beim Milzbrande zu verfaliren.
Der k. k. Landestbierarzt Dr.Mareseh in Prag ist auf Grund zahlreicher, im Jahre 1862 und 1863 im Piseker- und Budweiser-Ereise Böhmens während des Herrscheus der Chankerseuche da­selbst gemachten Beobachtungen zu nachstehenden Resultaten gelangt:
Die Chankerkrankheit beim Hengste hat unzweifelhaft ihren Sitz immer und zuerst in der Harnröhre und besteht in einer spe-eifischen Entzündung ihrer Schleimhaut, welche entweder hier lo-kalisirt bleibt, oder aber nach einiger Zeit und unter gewissen Umständen seeundäre Zufälle nach sich zieht.
Da jedoch die Affection der Schleimhaut der Harnröhre nur an dem kleinen Punkte ihrer Ausmündung gesucht und beurtheilt werden kann, so geschieht es, dass sie je nach der Dauer und dem Grade entweder gar nicht gesehen oder aber durchaus über­sehen wird, zumal man aus der Theorie gewöhnt ist, die Krankheit in grossartigen Dimensionen zu finden. Bei Stuten, wo doch das Innere des kranken Organes frei vor den Augen liegt, sind zu­weilen die Veränderungen der Scham- und Scheidenschleimhaut, selbst nach schon lange Zeit stattgefundener Infection so gering­fügig, dass es selbst dem Practiker schwer fällt, über den Bestand der Krankheit das Ja oder Nein auszusprechen, und es ist ganz erklärlich, dass man, um gewissenhaft zu sein, nicht selten zu dem Ausspruche „verdächtigquot; seine Zuflucht nehmen muss. Die Schleimhautaffection prägt sich oft erst nach längerer Zeit deutlich aus, oder erst durch das Hinzutreten von Folgezuständen erlangt man Gewisshcit über die wirklich vorhandene Krankheit. Darin liegt auch der Grund, dass atmosphärische Einflüsse als Entste­hungsanlässe der Chankerseuche geltend gemacht werden konnten, da der betreffende Deckhengst wegen Mangel an offen zur Schau getragenen Symptomen für gesund gehalten wurde; und ferner, dass die Chankerkrankheit in zwei verschiedene Krankheiten — Chanker- und Lähmungskrankheit gesondert wurde, indem es vor­kommen kann, dass während des Eintretens der Lähmnngserschei-nungen sowohl bei Hengsten als auch bei Stuten die locale Krank­heit sehr leicht übersehen wird.
Dass auch bei Hengsten bei dem Auftreten der Krankheit in der Harnröhre der hiedurch erzeugte Reizungszustand in dem Benehmen der Thiere sich kundgibt, ist eine ausgemachte Sache, es werden jedoch die darauf Bezug nehmenden Krankheitszeichen bei der Nichtbeachtung oder absichtlichen Verschweigung von Seite der Hengsthälter nicht oft sichergestellt werden können.
Die Chankergeschwüre nun gehören bei den Hengsten eben so wenig zu den constanten Merkmalen der Chankerseuche, wie
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Chankerkrankheit.
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bei den Stuten, und wenn gleich dieselben manchmal, wiewohl im Ganzen selten und nur vereinzelt angetroffen werden, so kann doch keineswegs von ihrem Vorhandensein die Diagnose abhängig ge­macht werden.
Dass auch alle übrigen Folgezustände, wie sie bei den von der Chankerkrankheit ergriffenen Stuten beobachtet wurden, bei Hengsten sich einstellen können, ist hinlänglich bekannt; dass aber den angeführten Beobachtungen zu Folge das ursprüngliche Leiden bei Hengsten viel mehr maskirt ist, als bei den Stuten, mag wohl in der verschiedenen Beschaffenheit der betreffenden Organe seine Erklärung finden. Wo ist aber ia solchen Fällen der ver­borgenen Chankerkrankheit beim Hengste ein sicheres Kriterium für dieselbe?
Hat ein Hengst durch denBelegact die Stuten wirklich chan-kcrkrank gemacht, so ist doch nicht anders anzunehmen, als dass er, indem er einen Krankheitsstoff einem anderen Organismus mit­theilt, die denselben procluclrende Krankheit auch in sich selbst bergen muss. Unter solchen natürlichen Folgerungen soll die Scham der Stute den Spiegel abgeben, in welchem die Krankheit des betreffenden Beschälers geschaut werden muss. Der Befund bei der Stute ist daher bei Entscheidungen über den Zustand des zugelassenen Hengstes auch für sich allein als massgebend zu be­trachten. Es ist bis jetzt noch immer vorgekommen, dass an­scheinend ganz gesunde Hengste, welche in einer Beschälperiode Erkrankungen unter den Stuten veraulasst haben, in dem darauf­folgenden Jahre durch den Beschälact den Krankheitsstoff neuer­dings und in noch grösserem Masse ausstreuten.
Wie lange die Krankheit auf die Harnröhrenschleimhaut ge­bunden bleibt und von welchen Umständen das Auftreten der se-eundären Zufälle abhängt, kann nicht mit Bestimmtheit beantwortet werden.
Es ist nicht anzunehmen, dass in der Zwischenzeit von einer Beschälperiode zur anderen die locale Krankheit bei einem Hengste erloschen ist, wenn er neuerlich anzustecken vermag, wiewohl kaum bezweifelt werden kann, dass während der eintretenden Ruhe nach Ablauf der Beschälzeit ein Stillstand des Krankheitspro-cesses eintritt, durch die fortgesetzte Begattung aber das Uebel von Neuem geweckt wird.
Auf das Hinzutreten der Folgezustände scheint das Alter, die Rasect;e, die Körperconstitution und die Behandlung des Thieres überhaupt Einfluss zunehmen. Alte, herabgekommene, schlecht gepflegte und schlaffe Hengste leisten dem Fortschreiten der Krank­heit einen geringen Widerstand.
Gestützt auf meine Erfahrungen, möchte ich behaupten, dass die seeundären Erscheinungen beim Hengste nie vor mehreren Wochen, sehr häufig erst nach einer neuerlich durchgemachten Beschälzeit, ja in einzelnen Fällen vielleicht noch später nach dem Entstehen des ursprünglichen Leidens sich einzustellen pflegen.
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312nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Chankerkrankheit,
Die obigen Andeutungen sind in Beziehung auf die Vorbau-ungsmassregeln von der grössten Wichtigkeit. Allerdings ist in meinem Wirkungskreise jedesmal, wenn nur irgend eine kranke Stute ermittelt wurde, der Hengst, von dem sie gedeckt war, selbst wenn er auch gesund schien, von dem weiteren Beschälen ausgeschlossen worden; aber die zu diesem Behüte den Privatheng­sten entzogene Befugniss bot keine sichere Garantie für die fernere Nichtverwcudung solcher Hengste, da die Hengsthälter eiuestheils von Gewinnsucht angelockt, andernthcils ein Kranksein ihres Heng­stes, weil nicht sichtbar, für nicht möglich haltend, trotz jeden Ver­botes und aller Strafen von ihrem heimlichen Treiben nicht ab­lassen, oder durch den Abverkauf der betreffenden Hengste selbst zur Verschleppung der Krankheit in andere Gegenden Anlass ge­ben können.
Als eine dringende Massregel ist daher zu bezeichnen, dass nicht nur anerkannt ehankerkranke Hengste, sondern auch solche, welche zwar äusserlich noch keine Krankheitsmerkmale zeigen, jedoch erwiesener Massen die Krankheit durch den Belegact den Stuten beibringen, somit selbst nicht frei von der Krankheit sein können, für immer von dem Beschälgeschäfte fern gehalten, und um diesen Zweck vollständig zu erreichen, der Castration unter­worfen werden.
In weiterer Consequenz wäre diese Massregel auch schon dann ohne Rücksicht auf etwa vorhandene Chankermerkmale in Anwendung zu bringen, wenn es vorkommt und sichergestellt wird, dass ein Hengst eine zur Zeit der stattgefundenen Begattung schon cliankerkrank gewesene Stute gedeckt hat. M are seh hält dafür, dass bei Berücksichtigung dieser Vorschläge die in die Natio-nalöconomie so tief eingreifende Calamität bedeutend herabgemin­dert würde und die etwa jeweilig ausgebrochene Seuche bei der Handhabung der sonst gebotenen veterinär-polizeilichen Massregeln zu einer grösseren Verbreitung nicht gelangen, auch von keiner langen Dauer sein könnte.
Die veterinär-polizeilichen Massregcln, um die Weiterverbrei­tung der Besehälkrankheit zu verhüten, sind in Thierseuchen Nor­male vom Jahre 1859, Z. 32502 enthalten.
sect;. 70. Sicherungs- und Tilgungsmaassregeln.
1)nbsp; Selbst zuZeiten, wo von dem Herrschen der Seuche nichts bekannt ist, sollen alle zum Belegen vorgeführten Stuten, im Beisein des Ortsvorstandes besichtiget, und alle zu alten, ca-chectischen, dann alle jene, welche einen Ausfluss aus der Scheide zeigen, welcher ein anderes Ansehen als jener der bloss rossigen Stuten hat, unnachsichtlich vom Beleggeschäfte ausgeschlos­sen werden.
2)nbsp; Ebenso soll die ßuthe des Beschälbengstes wieder-
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Chankerkrsnkheit.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;3!. 3
holt besichtigt werden; sobald sich an ihr Bläschen, Excoriationen oder Geschwüre zeigen, muss derselbe so lange vom Beschälen ausgeschlosen bleiben, bis vollständige Heilung eingetreten ist.
3)nbsp; Die PferdezUchter sind im geeigneten Wege über die Kennzeichen dieser Krankheit zu belehren, damit sie dieselbe sogleich beim Beginne zu erkennen im Stande seien.
4)nbsp; Sobald ein, dieser Krankheit verdächtiger Fall bei den Zuchtpferden vorkommt, hat der Eigenthümer sogleich durch den betreffenden Ortsvorstaud die Anzeige hievon an das k. k. Bezirks- (Stuhlrichter-) Amt zu machen, welcher dann ungesäumt die weiteren Erhebungen zu pflegen und die geeigneten Massre­geln einzuleiten hat.
5)nbsp; Damit die Krankheit nicht in andere Bezirke verbreitet werde, ist der Verkauf von Zuchtpferden aus dem verseuchten Bezirke in gesunde, für die Dauer der Seuche einzustellen.
G) Kommt die Krankkeit in einem Bezirke in grüsserer Aus­breitung vor, so ist daselbst das Belegen sowohl durch ärarische als Privatbeschälcr einzustellen. Wird ein Hengstbesitzer einer Uebertretung dieses Verbotes erwiesen, so wird derselbe nach sect;. 400 des Strafgesetzes behandelt.
Die mit einer ansteckenden Krankheit behafteten und betre­tenen Privatbeschäler sind in Contumaz zu stellen und zu be­handeln.
7) Die mit der Krankheit behafteten Pferde sind abgeson­dert von den gesunden unterzubringen, von besonderen Wärtern zu besorgen, mit eigenen Stall- und Putzgeräthen zu versehen, und, falls sich ihr Zustand nicht schon als unheilbar herausstellt, thierärztlich zu behandeln.
8)^ Um über den Stand der Erkrankungen in steter genauer Kenntniss zu sein, ist wenigstens von 8 zu 8 Tagen eine Revision des Pferdestandes der verseuchten Ortschaften vorzunehmen.
9)nbsp; Pferde, welche mit der sogenannten gutartigen Be­schälseuche behaftet befunden werden, dürfen selbst in dem darauf folgenden Jahre nur dann bedeckt werden, wenn sie vorher thierärztlich untersucht und hiebei gesund befunden wurden. Sie sind desshalb nach ihrem Nationale aufzunehmen und bis zur stattfindenden Eevision in Evidenz zu halten.
10)nbsp; nbsp; Mit der bösartigen Chankerseuche behaftete Zuchtpferde sind, falls sie selbst wieder hergestellt werden soll­ten, bleibend von der Nachzucht auszuschliessen, und an der linken Seite des Halses durch den Brand N kenntlich zu machen.
11)nbsp; Entwickelt sich aus derBeschäikrankheit der Rotz oder
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314nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Chankerkrankheit.
Wurin; so sind die betreffenden Pferde nach den Vorschriften der Absätze 2 und 3 des sect;. 72 zu behandeln.
12) Das Verfahren mit den Cadavern der umgestandenen oder vertilgten Pferde, das Vorgehen bei der Reinigung der inficirten Stallungen und Geräthe, hat nach Absatz 7 bis 9 des sect;. 72 zu geschehen.
Preussen. Allerhöchste Ordre vom 22. Sept. 1840.
1)nbsp; Ein Pferd, welches an der Beschälkrankheit leidet, der­selben verdächtig ist, oder innerhalb der letzten 3 Jahre daran gelitten hat, darf nicht zum Begattungsacte zugelassen werden.
2)nbsp; Jedes von der Beschälkrankheit befallene oder derselben verdächtige Pferd ist sofort nach der Entdeckung des Uebels von seinem Besitzer der Ortspolizei-Behörde und von dieser dem Land-rathe anzuzeigen, welcher dafür zu sorgen hat, dass ein jedes an der Beschälkrankheit wirklich leidende, oder innerhalb der letzten 3 Jahre daran krank gewesene Pferd an einer Seite des Halses, welche der Besitzer zu bestimmen hat, mit einem Brandzeichen versehen werde, welches durch die Buchstaben B. K. die Krank­heit, und durch die beiden letzten Ziffern der Jahreszahl die Zeit bezeichnet, in welcher das Pferd an der Krankheit gelitten hat.
3)nbsp; An der Beschälkrankheit leidende, oder derselben ver­dächtige Pferde dürfen gar nicht, von derselben, geheilte Pferde aber, mit Ausnahme solcher Hengste, welche nach ihrer Krankheit castrirt sind, während der ersten 3 Jahre nach der Heilung nicht über die Grenzen des landräthlichen Kreises hinaus weggeführt werden, in welchem sie erkrankt sind.
Innerhalb des Kreises ist der Wechsel in dem Aufenthaltsorte erkrankt gewesener Pferde auch während der ersten 3 Jahre nach der Heilung zulässig, muss aber von dem bisherigen Besitzer je­desmal der Ortspolizei-Behörde des bisherigen Aufenthaltsortes und durch diese dem Kreislandrathe angezeigt werden.
4)nbsp; Sobald ein landräthlicher Kreis von der Regierung alsin-ficirt oder als bedroht von der Beschälkrankheit betrachtet wird, ist diess durch das Amtsblatt bekannt zu machen.
Von dem Tage an, wo diese Bekanntmachung erscheint, dür­fen in einem solchen Kreise auch anscheinend gesunde Pferde zum Begattungsacte nicht zugelassen werden, wenn die Besitzer nicht bei Hengsten ein nicht über 14 Tage, und bei Stuten ein nicht über 4 Tage altes Gesundheitsattest eines approbirten Thierarztes aufzuweisen haben.
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Cliankerkrankheit.
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Ministerial-Verfügung- vom 1. Novbr. 1851. Dabei bestimme ich zugleich, dass in amtlichen Verhandlungen die bisher unter der Benennung der Beschälkrankheit begriffene; schwere und lang­wierige Krankheit mit diesen Namen auch fernerhin zu bezeichnen ist, die gutartige Form, aber auch zum Unterschiede „Beschäl-Ausschlagquot; oder „Bläschen-Ausschlag der Gescblechtstlieilequot; ge­nannt werde und dass die Bestimmungen der Verordnung vom 22. September 1840 nur auf die eigentliche Beschälkrankheit, nicht aber auf den Beschäl-Ausschlag anzuwenden sind.
Bei dieser letzteren Krankheit genügt es, die mit derselben behafteten Thiere während der Dauer des Uebels von 4 bis 4 Wo­chen nach erfolgter Heilung von der Begattung auszuschliessen.
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Die Kraiiklieiten der Respirationsorgane.
Krankheiten der Nasenhöhle.
a) Das Nasenbluten (Haemorrhagia narium, Rhynor-rhagia, Epistaxis).
sect;. 1. Es besteht in tröpfelndem oder rieselndem Ausfliessen von zuweilen liellrotliem. oft auch dunklem, schaumlosem oder mit Schleim gemengtem Blute aus den Capillarien der Nasenhöhlen­schleimhaut. Gewöhnlich fiiesst das Blut nur aus einem Nasen-loche, in sehr seltenen Fällen aus beiden zugleich.
Das Nasenbluten wird im Ganzen nicht sehr häufig, am mei­sten aber bei Pferden beobachtet, die übermässig, namentlich bei heisser Witterung laufen müssen, oder es kommt im Gefolge von Gehirncongestionen und mechanischen Stauungen des Blutes vor, oder es können auch Neubildungen in der Nasenhöhle, wie Poly­pen, Krebse etc., diphtheritische Geschwüre die Ursache der Nasen­blutung abgeben. Veränderte Blutbeschaffenheit, wie selbe durch Anthrax und Scorbut bedingt ist, kann ebenfalls zu häufigen, mit­unter profusen Blutungen aus der Nase führen. Bisweilen ist ein, wenn auch geringes aber häufig sich wiederholendes Nasenbluten ein Vorläufer von llotzgeschwüren.
Die Prognose richtet sich je nach der Ursache des Leidens und ist im Allgemeinen günstig.
Leichte Blutungen stillen sich von selbst und erfordern aus-ser Euhe keine weitere Behandlung. Heftige Blutungen erfordern, wenn Congestionen zum Kopfe zugegen sind, nach Umständen ei­nen massigen Aderlass, kalte Umschläge auf den Kopf; zuweilen reicht man mit Einspritzungen von kaltem Wasser, Alaun, Eisen­vitriollösung u. dgl. aus. Sind Polypen, Krebse, Geschwüre in der
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Chronischer Nasenschleirahaut-Catarrh.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 317
Nase zugegeu, so kehrt die Blutung häufig wieder und ihr Eiutritt könnte nur durch eine Entfernung oder Heilung dieser Zustände gehindert werden.
b) Catarrh der Nascnschleimhaut (Strengel, Coryza).
a. Acuter Catarrh.
sect;. 2. Der Catarrh kommt am häufigsten bei Pferden vor. Nass­kaltes Wetter, schneller Umschlag der Witterung und dadurch be­dingter Temperaturwechsel, überhaupt Erkältungen, namentlich bei jungen verweichlichten Thieren sind im Stande, den Catarrh her­vorzurufen. Epizootisch kommt der Nasencatarrh manchmal im Frühjahre und Herbste vor, und zeigt dann selbst eine contagiöse Verbreitung. Nasencatarrhe können übrigens auch Vorläufer ande­rer Krankheiten bilden.
Erscheinungen. Röthungund Lockerung der Nascnschleim­haut, verminderte Fresslust, erhöhte Hauttemperatur, anfangs un­terdrückte, später vermehrte Secretion einer wasserhellen, dünnen Flüssigkeit, welche allmälig durch die Beimengung von Epithelial-zellen dicker und zäher wird, sich trübt, ein eiterälmliches Anse­hen erlangt, und an den Rändern der Nasenlöcher zu Krusten ver­trocknet. Die Schleimhaut insbesondere an der Scheidewand ist dabei geschwollen, selbst ödematös. Der Ausfluss nimmt an Quantität allmälig ab, erlangt eine normale Beschaö'enheit und innerhalb lü —14 Tagen ist gewöhnlich der Krankheitsverlauf beendet, jedoch sind Eecidive nicht selten. Empfindlichere Thiere zeigen während der ersten Tage Betäubung, Verminderung der Fresslust, Steige­rung der Körpertemperatur u. dgl.
Catarrhe der Augenlidbindehaut, des Kehlkopfes, der Rachen­höhle und der Luftsäcke compliciren sich oft genug mit dieser Krankheit, die bei längerer Dauer oder öfterer Wiederholung gerne in den chronischen Catarrh übergeht.
Behandlung. Bei leichteren Graden reicht man mit einem gehörigen diätetischen Verfahren, Beseitigung der Krankheitsursa­chen aus; in höheren Graden wird die Eiuathmung von aromati­schen Dämpfen die innerliche Verabreichung kühlender, salziger Abführmittel uöthig.
b. Chronischer Catarrh.
Länger andauernder oder häufig sich wiederholender acuter Catarrh führt zum chronischen Catarrh — zum bedenklichen Nasenausflusse; er greift gewöhnlich auf die Stirn- und High-morshöhle über. Die ätzende Beschaffenheit des eiterigen Aus­flusses bedingt kleine von scharfen Rändern umgebene Geschwüre (Erosionsgeschwüre) auf der Schleimhaut der Nase. Hält die Krankheit fortdauernd in gleichem Grade an, so bilden sich Schleim-
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318nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten der Nasenhöhle.
hautverheertmgen und Polypen. Die Pferde müssen wegen der Ansteckungsgefahr durch allmälige Bildung des Eotzes vernichtet werden, und die Prognose des chronischen Catarrhs ist daher in den meisten Fällen eine ungünstige.
Die Behandlung bestellt örtlich im Einathmen von aromati­schen Dämpfen der Theer- und Chlordämpfe, Catheterismus der Luftsäcke, in geringeren Fällen Trepanation der Stirn- und High-morshöhle und Injection adstringirender Lösungen in höherem Grade der Krankheit. Zum innerlichen Gebrauche empfehlen sich dann Schwefel und Spiessglanzpräparate, so der rohe Spiessglanz in Verbindung mit Terpentin, Bleizucker, bittere, aromatisch-bittere und gewiirzhaftc Mittel. Injection adstringirender Lösungen, vor­züglich Zinkvitriollösung 20 Gran auf 12 Loth aq. dest. Vorerst ist für reine, frische Luft, kräftige Nahrung, Reinigen der Haut besonders zu sorgen. Um der Weitererzeugung der Krankheit vor­zubeugen, sollten die kranken Pferde mit anderen nicht gemein-schaftlicli untergebracht oder verwendet werden.
Der chronische Catarrh der Nasenschleimhaut wird auch bei Schafen manchmal beobachtet, er läuft unter ähnlichen Erscheinun­gen einher, wie sie eben beim Pferde geschildert werden, und be­fällt gewühulich schwächere Thicre, die nach wochen- und monate­langer Dauer der Krankheit zu Grunde gehen. Bei Pferden zeigt sich ein reichlicher, eiterähnlicher Nasenausfluss bei wenig ge­schwellter und gerötheter Nasenschleimhaut ohne Formveränderung der äusseren Nasenknochen, ohne Veränderungen im Maule, in .den Lungen; aromatische Inhalationen und Einspritzungen von Zinkvitriollösungen sind beim chronischen Nasenausfluss in der Regel nutzlos, zuweilen greift man erfolgreich zur Trepanation der Stirn- und grossen Kieferhöhle.
c. Die gutartige Druse (Adenitis equorum. Morbus glandulosus. Scrophula equina)
ist ein acuter Nasencatarrh mit seeundärer acuter Entzündung der Lymphdrüsen im Kehlkopfe; sie kommt in dieser Art nur beim Pferde vor, dessen Drüsensystem ausserordentlich empfindlich ist. Die Ursachen der Adenitis sind im Allgemeinen jene, welche den Nasencatarrh hervorbringen; junge Thiere sind für diese Er­krankung eher disponirt. Sowie der Catarrh, so kann auch die Druse zuweilen eine seuchenartige, contagiöse Verbreitung erlan­gen. — Zu den Erscheinungen des Nasenhöhlencatarrhs gesellen sich Rötlumg und Schwellung der Augenlidbindehaut, Catarrh des Kehlkopfes, der Luftröhre oder der Bronchien, oder es treten auch Entzündungserscheinungen der Schlingwerkzeuge auf. Einige Tage nach Eintritt der ersten Krankheitssymptome, zu denen stets Fie­berbewegungen hinzutreten, entwickelt sich eine Geschwulst im Kehlgangc (Drüsenanschwellung), dieselbe ist sehr schmerzhaft und oft so bedeutend, dass sie nicht nur über den ganzen Kehl-
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Die bedenkliche Druse.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 319
gang, sondern nach beiden Seiten bin über denselben hinaus sich erstreckt. Die Geschwulstbildung kann je nach dem Character des Fiebers langsam oder schnell einherschreiten, sich entweder zer-theilen, oder in Abscessbildung übergehen. Oft kann auch Ent­zündung und Vereiterung der Leistendrüsen mit auftreten.
Die Prognose ist bei der gewöhnlichen Form der Druse eine günstige.
Die Behandlung beschränkt sich darauf, den Kehlgang warm zu halten, durch einen dichten Woll- oder Pelzlappeu und die Geschwulst mit Fett oder grauer Quecksilbersalbe einzureiben. Gelingt es auf diese Weise nicht, die Drüsenanschwellung zum Weichen zu bringen, so beschleunige man den Eintritt der Eite­rung durch Umschläge und überlasse die Eröfihung des Abscesses entweder der Natur oder eröffne denselben mit dem Messer, wenn er eine bedeutende Ausdehnung erreichen sollte, drückt man den Eiter aus und reinigt fleissig die Abscesshöhle. — Tritt Verhärtung der Druse ein, so reibe man eine Quecksilbersalbe, der man etwas Jod beisetzt (20—30 Gran) auf die Geschwulst ein. — Regelung der Diät ist hier wie bei dem Catarrh selbstverständlich, sehr nö-thig; man reiche den Thieren ein leicht verdauliches Futter, lasse sie Steinsalz lecken, reinige und lüfte oft die Stallung.
Zürn reicht den Thieren innerlich: Rad. Hellen. (Alaunwur­zel), Sem. foenic. (Fenchelsame), fior. Sulfur. (Schwefelblume), An­timon, crud. (rohen Antim.), (aa. Drachm, duas) Baec. Junip. unc. jv., (Wachholderbeeren 8 Loth). Das Ganze zu einem Pulver ge­mischt dreimal täglich 1 Esslöffel voll. Bei verhärteter Druse gibt er folgendes: Galb. depur. (gereinigtes Mutterharz), Ammou. hydrochlor. depur., gereinigten Salmiak aa. unc. j (von jedem 2 Loth), flor. sulphur. (Schwefelblume) unc. duas (4 Loth), Rad. Hellen. (Alaunwurzel), Bacc. Junip. (Wachholderbeeren), Rad. li-quirit. (Süssholzwurzcl, Rad. Alth., Eibischwurzel) aa. unc. jji (von jedem 5 Loth) zu einem Pulver gemischt 4stündlich 1 gehäuften Esslöffel voll. Injectionen von Zinkvitriollösungen in beide Nasen­höhlen und die Solutio arsen. Fowl, innerlich (3 Drachm.) werden ebenfalls nicht selten angewendet.
d. Die bedenkliche Druse (Adenitis equina chronica)
ist ein chronischer Drüsencatarrh in Verbindung mit einer harten und schmerzhaften, beweglichen, festsitzenden, meist einseitigen Anschwellung der Keblgangslymphdrüsen. Der Ausfluss aus der Nase verliert dabei seine eiterige Beschaffenheit, wird schleimig zähe, klebend grünlichgrau. Die Nasenschleimhaut verliert ihre Röthe, entfärbt sich und wird von braunrothen Adern durchzogen. In dieser Gestalt wird die Druse wegen ihrer zweifelhaften Heil­barkeit bedenkliche Druse genannt. Tritt zu diesen Erscheinungen noch Geschwürsbildung in der Nasenhöhle hinzu, so haben wir es dann mit der
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320nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten der Nasenhöhle.
e. verdächtigen bösartigen Druse
zu thuu, so genannt wegen des Verdachtes des wahrscheinlichen Uebergangcs in Rotz.
Die Ursachen der bedenklichen unter Umständen ver­dächtigen Druse sind jene des chronischen Nasencatarrhs.
Die Prognose ist immer zweifelhaft, eine vollständige Heilung nur sehr selten. Es tritt zeitweilige Besserung ein, der wieder eine Verschlimmerung folgt. Aussei- den bei dem chronischen Catarrh angetührten Mitteln kommen hier scharfe Einreibungen mit Quecksil­bersalbe, Jodsalbe (3 gr. Jodkali, 3 gr. reines Jod, 2 Lth. Schweine­fett), Cantharidensalbe mit Euphorbium-Harz in die Kehlgangs­drüse, Einspritzungen mit Taniulüsungen 20 gr., Tanin auf 8 Lth. aq. dest. in Gebrauch; auch ist das Ziehen eines Eiterbandes durch dieselbe versucht worden. Innerlich wird zuweilen die Solut. ars. Fowl, in steigender Dosis von 3—6 Drachm, benützt, ob mit Er­folg ist mehr als zweifelhaft, indessen steht dem Versuche mit die­sem Mittel bei einiger Vorsicht nichts entgegen.
Zürn gibt den Thieren innerlich: Herb. Conii (Schirlings-lingskraut) dr. tres (3 Quentchen), Herb. Digital. (Fingerkraut), dr. sex (G Quentch.), fer. Sulph. (Eisenvitriol 2 Loth) Liehen island. (Island. Moos) unc. v (10 Loth), Liquirit. (SUssholzwurzel) unc. jv (8 Loth). Zu einem Pulver gemengt vierstündl. 1 Esslöffel voll.
Spinola wendet folgendes Mittel an: Hydrarg. bichlor. cor-ros. (Sublimat) drachm, vj — unc. j ((! Quent. — 2 Loth), Herbae Conii mac. (Schierliugskraut) unc. jv—vj (8—12 Loth). Pad. Gent. (Enzianwurzel), Sem. foenic. (Fenchelsamen), aa. unc. x (von je­dem 20 Loth). Das Ganze wird zu einem Pulver gemengt und in 24 gleiche Theile getheilt. Davon gibt man am 1. Tage 1, am 2.. 3. Tage 2, am 4. Tage 3 Pulver; den 5. setze mau aus, den 6., 7. und 8. Tag sind jedesmal 3 Pulver zu geben. Den 9. Tag wird wieder ausgesetzt, den 10. —- 12. Tag werden die letzten 3 Pulver verabreicht. Vorher sind harntreibende Mittel zu geben (?V).
Die bedenkliche (verdächtige) Druse wird in Oesterreich, Sach­sen und der Schweiz als Hauptmangel der Pferde, Esel und Maul­esel mit einer Gewährszeit von 15 und 20 Tagen betrachtet.
Gerlach meint, es wäre in staatsthierärztlicher Richtung zweckmärsig, den rotzverdächtigen Krankheitszustaud von der ent­schiedenen Rotzkrankheit getrennt zu halten. In der Bezeichnung „verdächtigquot; liegt schon eine gewisse Unsicherheit und die Mög­lichkeit eines Andersseins; ausserdem ist aber auch die Möglich­keit einer Heilung selbst einer Naturheilung bei der aufkeimenden Rotzkrankheit durch die Erfahrung in vereinzelten Fällen nachge­wiesen, so lange nun diese Möglichkeit vorliegt, darf die Rotz-kraukheit als solche nicht festgestellt werden, Aveil damit nach den bestehenden polizeilichen Vorschriften zugleich das Thier zum Tode verurtheilt ist. Durch diese Trennung der verdächtigen Druse von dem Rotz ist zugleich ein hinlänglicher Grund gegeben, jene
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Acuter Rotz.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;331
auch als besonderen Gewährsmaugel neben der Eotzkraukheit auf­zustellen, zumal der verdächtige Zustand der entschiedenen Rotz­krankheit ganz in der Regel vorangeht, mehrere Wochen und Mo­nate fortzudauern pflegt, ehe letztere sicher erkennbar geworden ist, und von dem Käufer leichter übersehen werden kann als der Rotz selbst. Hiebei kommt nun noch ein besonderer Vortheil in Betracht, der darin besteht, dass die Gewährszeit des Rotzes be­deutend abgekürzt werden kann, wie es das Interesse des Verkäu­fers erheischt, wenn die verdächtige Druse mit einer Gewährszeit daneben steht, und dass eine kurze gefahrlose Gewährszeit für die verdächtige Druse den Käufer viel mehr schützt, als eine sehr lange für den Rotz.
f. Der Rotz oder Wurm
unterscheidet sich nach seiner Dauer und seinem Wesen in den acuten und chronischen Rotz.
1) Acuter Rotz (Coryza typhosa), Rotzbräune.— Acuter
Rotzwurm.
Man versteht darunter die viel häufiger nicht durch acute Tuberculose hervorgerufene Form, die sich wohl dem chronischen Rotze hinzugesellen, aus der sich jedoch die letztere Form niemals entwickeln kann.
Erscheinungen. Die Krankheit befällt in der Regel be­reits anderweitig kranke Thiere und beginnt stets mit heftigem Fieber, in dessen Gefolge sich eine intensive Entzündung der Na­senschleimhaut einstellt. Aus der Nase fliesst eine gelblich zähe, manchmal blutig gestriemte Flüssigkeit in reichlicher Menge aus. Die Kehlgangslymphdrüsen schwellen auf der einen oder auf bei­den Seiten an, je nachdem die Schleimhaut blos einer oder beider Nasenhöhlen ergriffen ist. Durch die verschwollenen Nasengänge wird das Athmen bedeutend erschwert, so dass selbst Erstickungs­gefahr für das Thier eintreten kann, um so mehr als der Entzün-dungsprocess sich auch über den Kehlkopf ausbreitet. Die Lymph-gefässe an den Seitentheilen des Gesichtes sind mit afficirt; es bildet sich eine schmerzhafte, den Vorderkopf einnehmende Ge­schwulst heran. Auch das Schlingen scheint erschwert zu sein. Später stellen sich auf der Schleimhaut verschiedene grosse, weiche Knoten in grosser Anzahl ein, die rasch zusammenfliessen, und Infiltrate der Schleimhaut darstellen. Diese Infiltrate necrosiren sammt der Schleimhaut zu einer blutig gefärbten Schorfe, welche nach deren Abstossung diphtheritische Geschwüre hinterlässt. Die Haut ist heiss, die Harnsecretion verlangsamt; der Nasenausfluss wird stets missfarbiger, es treten übelriechende Durchfälle ein, und die Thiere gehen nach 8—12 Tagen zu Grunde.
Kraus, Path. u. Therap. der Haussäugethiere.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 21
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322nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten der Nasenhöhle.
Pathologische Anatomie. Die Lymphdrüsen im Kehl­gange und auch an den Stellen der allgemeinen Hautdecke, wo sich Oedeme gezeigt haben, sind von gelblichen, salzigen Ergies-sungen umgeben, die Lymphdrüsen selbst speckartig schwarz mar-morirt, manchmal bräunlichen Eiter enthaltend. Auf der Schleim­haut des Kehlkopfes diphtheritische Geschwüre, die Schleimhaut der Nasenhöhle stark geschwollen, hoch geröthet, von zahlreichen von Blut strotzenden Venen und Blutextravasaten durchzogen; hie und da trifl't man dicke Schichten geronnenen faserstoffigen Exsu­dats und bis auf die Scheidenwandknorpel dringende Geschwüre. Die Lungen sind mit Blut überfüllt, zuweilen an einzelnen Stellen wirklich entzündet; oft finden sich daran kleine Abscesse. Die Milz geschwellt, erweicht, ist oft von Abscessen durchzogen Der Nahrungsschlauch ist seiner ganzen Länge nach hyperämiseh und zeigt häufig Follicularverschwärungen. Das Herz ist dunkel, welk; unter seiner serösen Haut finden sich zahlreiche Ecchymo-sen. Oft kömmt auch seröser Erguss in der Hirnhöhle vor.
Eine Behandlung ist bei ausgesprochenen Fällen von acu-tem Rotz völlig fruchtlos.
2) Chronischer Rotz (Ozaena maligna, Morbus humidus, Ca-chexia lymphatica contagiosa).
Den ersten Grad dieser Krankheit, die verdächtige Druse, haben wir bereits oben geschildert. Der Rotz selbst ist eine chro­nische nur dem Pferdegeschleclite eigenthümliche, entweder ursprung­lich entstandene oder durch Ansteckung erworbene Krankheit, wel­che in ihrem späteren Stadium durch acute Tuberkelbildung tüdt-lich werden kann.
Die Krankheit tritt ursprünglich bei herabgekommenen geschwächten Pferden auf. Der Träger des Contagiums ist in der Regel der Nasenausfluss, womit die kranken Thiere ihren Standort, das Futter, die dazu benutzten Geräthe, nebenstehende Pferde, kurz alles besudeln, wohin sie nur kommen. Ausser an dem Nasenausflusse soll das Contagium auch an dem Blute, dem Harne, Speichel und Schweisse haften. Ob sich dasselbe auch in flüchtiger Form verbreiten könne, ist nicht festgestellt. Träger des Rotzcontagiums auf eine exeorirte Hautstelle des Pferdes gebracht, können den Hautwurm, eine durch Aufnahme der Rotzjauche her­vorgerufene Lymphgefäss- und Venenentzündung und umgekehrt der Inhalt der Wurmbeulcn auf die Nasenschleimhaut übetragen den acuten Rotz hervorrufen.
M. Decroix hat 3 Impfungen mit dem Auswurfe aus der Nase vom acuten und 5 Impfungen mit jenem von dem chronischen Rotze angestellt; nur in 6 Fällen ist der Versuch gelungen, die
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snbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Chronischer Rotz.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;303
erste Wirkung trat immer unmittelbar an der Impfstelle selbst auf; die Impfstiche wurden zu Geschwüren; in zwei Fällen hatten sich auch Wurmknoten an mehr oder weniger entfernten Stellen gebil­det; von diesen beiden Fällen des allgemeinen Wurmes war der eine mit Rotz complicirl und hatte den Tod des Thieres zur Folge; der andere heilte aber innerhalb zwei und einem halben Monate. Diese Erfahrungen berechtigen zu dem Schlüsse, dass, entgegen der Meinung der Professoren an der Lyoner Schule; der acute und chronische Eotz auch auf Fleischfresser durch Impfung übertrag­bar ist.
Erscheinungen. Bezüglich der Erscheinungen des ersten Grades der Krankheit verweisen wir auf das, was wir bei der ver­dächtigen Druse gesagt haben. Bei dem ausgebildeten Rotze brei­ten sich die Geschwüre immer mehr und mehr aus, in der Regel, auch in der anderen Nasenhöhle, zugleich gehen sie tiefer, legen Knorpel und Knochen bloss, erzeugen Knochenfrass, wodurch ein übelriechender, missfarbiger, mit Blutstriemen und Knochenstück-chen untermischter Nasenfluss eintritt. Damit steht eine Auftrei­bung der Nasenknochen und der Umstand, dass die erst unem­pfindlich gewesenen Kehlgangsdrüsen wieder schmerzliaft werden, in Verbindung. Endlich erzeugen sich Wurmbeulen, Zehrfieber, ein sehr plätscherndes oder schnaufendes Athmen und der Tod tritt ein. Der Verlauf ist im Allgemeinen sehr protrahirt. Das Allge­meinbefinden der Thiere kann selbst Monate lang ungestört blei­ben, es ist kein Fieber zugegen. Die Fresslust unbehindert; das Aussehen durchaus nicht verändert. Erst wenn die Lungenaffec-tionen sich einstellen, magern die Thiere ab, fangen an zu fiebern, bekommen Athembeschwerden, Husten und zeigen ein rauhes, struppiges Haar.
Pathologische Anatomie. Im Beginne der Krankheit finden sich auf der Schleimhaut beider, häufiger jedoch einer Na­senhöhle hanfkorn- bis erbseugrosse Knötchen, welche aus einer gallertigen, gelblichweissen, anfangs weichen, dann derber, brüchig und käseähnlich werdenden Masse bestehen. Der auf der Nasen-schleimhaut stets vorhandene Catarrh ist um diese Knoten herum am stärksten. Die Umgebung der letzteren bisweilen von Blutex-travasaten durchzogen, gewöhnlich ödematös oder durch Neubil­dung von Bindegewebe verdickt. Die Knoten erweichen von ihrem Innern aus, enthalten eine weissgelbliche, dicke Flüssigkeit, den Rotzeiter, brechen endlich auf und bilden in der Schleimhaut die sogenannten Rotzgeschwüre, welche nach und nach zusammen-fliessen, bis zur völligen Zerstörung der Schleimhaut führen, im­mer mehr in die Tiefe greifen und endlich durchbohrende Ge­schwüre bilden. Manchmal geht die Tuberkulisirung der Schleim­haut sehr rasch vor sich, die Thiere gehen schnell zu Grunde. — Fälle, die dem acuten Rotze beigezählt werden können.
Die Kehlgangslymphdrüsen sind stets vergrössert und infiltrirt, die Auskleidung der Stirn und Highmorshöhle ver-
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324nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten der Nasenhöhle.
dickt, hyperämisch von Bindegewebswucherungen besetzt, die Höhle selbst mit gallertigem Exsudate erfüllt. Bei langer Dauer der Krankheit zeigen sich auch diphtheritische Geschwüre im Kehl­kopfe.
Eines der häufigsten Vorkommnisse dieser Krankheit ist Tuberkulose der Lungen, die bei mehr als 2 Dritteln der befallenen Thiere nachzuweisen ist.
Die Verabreichung kühlender, abführender Salze zeigt oft gute Wirkung. Eines der gebräuchlichsten Mittel beim Rotze ist der Spiessglanz und seine Präparate; auch Sublimat, schwefelsau­res Ammoniakkupfer, Chlorkalk, die Canthariden, Balsamica, Thier-kohle, wurden beim Rotze wiewohl meistens mit nur geringem oder gar keinem Erfolge in Anwendung gezogen. Specifisch sollen die Wallnussblätter als Abguss in grösseren Quantitäten dienen (?). Wohlthuende Wirkung äussern die Einathmungen von aromatischen Dämpfen.
Rp. Antimon crud. unc. duas, Bacc. Junip. pulv., Rad. Gen­tian, pulv., Rad. Tormentill. pulv. aa. unc. duas et semis, Herb, conii macul. pulv. drachm, duas. Olei therebinth. drachm, j et se­mis. Rad. Alth. pulv. et aq. font. q. s. ut f. Ellect.
Nimm: Antimon, rohen, 4 Loth, Wachholderbeerenpulver, En­zianwurzelpulver, Tormentillwurzelpulver von jedem 5 Loth Schier­lingkraut gepulvert, 2 Quentchen, Terpentinöl 3 Loth, Eibischwur­zel-Pulver und Wasser genug zur Latwerge. Vierstündlich ein hühnereigrosses Stück z. g.
Rp. Pulv. Cantbarid. grana jv, Rad. Zingiber. pulv. drachm, j, Rad. gent. pulv., Semin Carvi pulv. aa. drachm, duas. Mel. crud. q. s. ut f. pill. Nr. 1.
Nimm: Cantharidenpulver 4 Gran, Ingwerpulver 1 Quentchen, Enzianpulver, Kümmelsamenpulver, vou jedem 2 Quentchen, Honig genug zu einer Pille. S. Jeden Tag eine solche Pille.
Nach 5, 10 oder 14 Tagen wird die Dosis der Canthar. ver­stärkt bis auf 6 Gr. und so fort wird mit dem Mittel gestiegen; doch muss man alle 10—14 Tage 4—6 Tage aussetzen. Nachdem noch einige Wochen damit fortgefahren ist, gibt man schliesslich noch eine Pille von 10—12 Gran Canthariden, 2l/j Drachm. Ingwer und Enzianpulver und 1 Drachm. Kümmelsamenpulver.
Oertlich auf die Nasenschleimhaut lässt man die salzsauren, Salpetersäuren Räucheruugen, Chlorkalkauflosuugcn oder Höllen­stein einwirken. Auch das Kohlenpulver in die Nasenhöhle ge­bracht, soll gute Dienste leisten. Gegen die Wurmgeschwüre ist auch Arsenik in Gebrauch gezogen worden.
Rp. Arsenic, alb. drachmam j, Rad. Consolid. pulver., Alum, crud. pulv. aa. drachm, duas, Aqua font. q. s. ut fiat pasta.
Nimm: Weissen Arsenik l% Quentchen, Schwarzwurzpulver, Alaun gepulvert, vou jedem 1 Quentchen, Wasser genug zu einer Pasta. D. S. Auf die Geschwüre zu streichen.
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Sicherungs- ndd Tilgungsmassregel.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 325
Verordnungen zur Hintanhaltung der Entstehung und der Verbrei­tung von Rotz und Wurm in Oesterreich, Preussen, Sachsen und
Hannover.
I. Oesterreich.
Sicherungsmassregeln.
Zur thunlichsten Hintanhaltung der Selbstentwickelung des Rotzes und Wurmes trägt eine sorgfältige Pflege und Wartung, und eine rationelle Bchaudlnng jeder vorkommenden Erkrankung, namentlich aber der sogenannten Drüsenkrankheiten das Wesent­lichste bei.
Zur Hintanhaltung der Ansteckung durch rotzige oder wur­mige Pferde sind nachstehende Vorschriften genau zu befolgen:
1)nbsp; Kein, anscheinend auch noch so unbedeutender Nasenaus-fluss, namentlich wenn gleichzeitig Anschwellungen der Kehlgangs-Lymphdrüsen zugegen sind, darf gering geachtet, sondern soll stets der thierärztlichen Untersuchung zugeführt und es sollen, be­vor derselbe nicht aufgehört hat, die damit behafteten Pferde mit anderen gemeinschaftlich nicht verwendet werden.
2)nbsp; Auf Pferdemärkten müssen die Pferde durch Sachverstän­dige beobachtet und untersucht werden; entschieden rotzige und wurmige sind sogleich zu tödten, verdächtige zu separiren, und die bei ihnen gebrauchten Geräthschaften vorschriftsmässig zu be­handeln.
3)nbsp; Die Ortsbehörden haben auf die Pferde der Fuhrleute und Pferdeverleiher ihr besonderes Augenmerk zu richten, und öftere Revisionen durch Sachverständige unvermuthet vornehmen zu lassen.
4)nbsp; Den Gastwirthen ist es zur Pflicht zu machen, auf die bei ihnen einzustellenden Pferde ein genaues Augenmerk zu halten, kein verdächtiges Pferd aufzunehmen, sondern sogleich von dessen Ankunft der Ortsbehörde Anzeige zu erstatten. Sie sind zu ver­pflichten, wenigstens wöchentlich die Futterbarren, Raufen u. dgl. in ihren Ställen auswaschen zu lassen, und sind rücksichtlich der Befolgung dieser Vorschrift genau zu überwachen.
Tilgungsmassregeln.
Bei dem Ausbruche der Rotz- oder Wurmkrankheit sind nach­stehende Massregeln durchzuführen:
1) Jeder Eigenthümer eines, der Rotz- oder Wurmkrankheit verdächtigen Pferdes ist verpflichtet, von dem Ausbruche der Krank­heit unverzüglich die Anzeige zu erstatten, und hat sich bis zum
A
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3'26nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten des Nasenhöhle.
Eintreffen der Commission alles Zusammenspannens und Austrei­bens desselben mit eigenen oder fremden Pferden zu enthalten.
2)nbsp; Wird bei der vorgenommenen Untersuchung das Pferd mit ausgesprochenem Kotze behaftet befunden, so ist es unverzüglich zu vertilgen; wurmkranke dürfen bei geringerer Entwickelung der Krankheit einem Heilversuche unterzogen werden; in hohem Grade wurmkrauke Pferde sind jedoch gleichfalls der Vertilgung zuzu­führen.
3)nbsp; Der Kotz - oder Wurmkrankheit nur verdächtige Pferde dürfen abgesondert gestellt und bis zur Entscheidung ihres Zu-standes, jedoch stets nur unter polizeilicher Aufsicht thierärztlich behandelt werden. Sie müssen jedoch von eigenen Wärtern be­sorgt und mit eigenen Futter- und Stallgeräthen, welche bei an­deren Pferden nicht verwendet werden dürfen, versehen werden.
4)nbsp; Die mit Kotz- oder Wurmkrauken in Berührung gestande­nen oder in denselben Stallungen untergebrachten Pferde müssen auf das Genaueste untersucht, abgesondert gestellt, und wenn sie auch anscheinend noch gesund befunden werden, doch durch 15 Tage beobachtet werden, sie dürfen erst dann, wenn sich während dieser Zeit verdächtige Krankheitserscheinungen nicht entwickelt haben, zum freien Verkehre zugelassen werden. Zeigen sich je­doch Symptome des beginnenden Rotzes oder Wurmes, so sind sie bis zur sicheren Entscheidung ihres Zustandes zu contumaciren. In so lange solche, der geschehenen Ansteckung verdächtige Pferde anscheinend noch gesund sind, wovon sich durch mehrmals in der Woche vorzunehmende Untersuchungen die Ueberzeugung zu ver­schaffen ist, dürfen sie zu Dienstleistungen in, oder in der Nähe der Ortschaft verwendet werden, jedoch ist eine weitere Entfer­nung derselben von ihrer Heimath, oder die Vornahme von Keisen mit ihnen nicht zu gestatten.
5)nbsp; Wird die Kotz- oder Wurmkrankheit bei Pferden, ausser ihrem Heimathsorte constatirt, so ist von diesem Ergebnisse der heimatlichen Behörde des Pferdebesitzers die Mittheilung zu ma­chen, damit diese in der Lage sei, die übrigen etwa noch vorhan­denen Pferde dieses Eigenthümers der Untersuchung unterziehen, und nach Massgabe des Befundes das Geeignete veranlassen zu können.
6)nbsp; Sind in einer Ortschaft mehrere Kotz- oder Wurmfälle vor­gekommen, so ist eine Revision des gesammten Pferdestandes der­selben vorzunehmen, um zur Kenntniss des Grades der Verbreitung der Krankheit zu kommen, und die nothwendige Separation und die Einleitung der übrigen allgemeinen Seuchenvorschriften veran­lassen zu können.
7)nbsp; Die Cadaver der an Kotz oder Wurm gefallenen oder des­halb vertilgten Pferde sind sammt der, durch Kreuzschnitte un­brauchbar gemachten Haut nach Vorschrift zu verscharren.
8)nbsp; Die Reinigung der inficirten Pferdestallungen hat folgen-dermassen vorgenommen zu werden:
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Sicherungs- und Tilgungsmassregel.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 327
a.nbsp; nbsp; Grosse Stallungen sind nur auf 7 bis 8 Fuss Höhe neu zu weissen. Ist in einem grossen Stalle nur ein Pferd mit Rotz oder Wurm behaftet gewesen, so ist bloss das Weissen des Stand­ortes und der beiderseits zunächst anstossendcn Stände vorzuneh­men. Kleinere Ställe, mit wenigen Pferdeständen sind ganz zu weissen, die grösseren aber nur dann, wenn einige Fälle von Rotz oder Wurm in ihnen vorgekommen sind, oder das erkrankte Thier seinen Standort öfters gewechselt hat.
b.nbsp; nbsp; Die Futterbarren, Standsäulen, Streitbäume und alle be­weglichen sowie unbeweglichen Gegenstände überhaupt, die mit dem kranken Thiere in Berührung kamen, sind mit siedend heis-sem Wasser, später, nachdem sie an der Luft getrocknet wurden, mit siedend heisser Lauge abzubrühen und abzureiben.
c.nbsp; nbsp; Die Tränkgeschirre jedoch, wenn sie sich in schlechtem Zustande befinden, dann, unter allen Verhältnissen die Bürsten, Kartätschen, Halftern und Stricke, welche bei dem erkrankten Thiere in Gebrauch kämet, sind zu verbrennen.
d.nbsp; nbsp; Ebenso hat sich auch die Reinigung bei allen eisernen Geräthen auf den sub b. angegebenen Vorgang zu beschränken^
e.nbsp; nbsp;Der Boden ist, wenn er gepflastert ist, mit siedend heis-sem Wasser und Lauge zu übergiessen, dann gehörig zu verrei­ben und mittelst stumpfer Stallbesen zu reinigen, wobei der Sand zwischen den Steinen bei Ziegel- oder Kiespflasterung entfernt und durch neuen ersetzt werden muss.
f.nbsp; nbsp; Bei lehmigem oder sonstigem ungepflastertem Boden ist die Erde wenigstens auf einen halben Fuss Tiefe auszuheben, und durch eine frische Lage zu ersetzen.
g.nbsp; nbsp; Die Räucherungen in den gereinigten Ställen können nach Entfernung der, in denselben etwa befindlichen Pferde mit ange­zündetem Stangenschwcfcl vorgenommen werden.
h. Der gereinigte Stall ist gehörig zu lüften und durch 8 Tage offen und leer zu lassen.
i. Bestehen die Stallungen, in welchen Fälle von Rotz- oder Wurmkrankheit vorgekommen sind, aus einem nicht zu reinigenden Materiale, z. B. aus Ruthengeflechten, so sind sie niederzureissen, und sammt dem darin befindlichen Miste und der auszuhebenden Erde auszuführen, und an einem abseitigen Orte theils zu verbren­nen, theils gehörig zu verscharren.
9)nbsp; Alle inficirten Pferderüstungssorten und Geschirre sind zu verbrennen.
10)nbsp; War in einer Ortschaft der Rotz oder Wurm in grösserer Verbreitung herrschend, so darf die Seuche erst dann als beendet erklärt werden, wenn 15 Tage lang nach dem letzten Todes- oder Genesungsfalle eine neue Erkrankung nicht weiter vorgekommen ist, bei der vorgenommenen Schlussrevision an keinem Pferde Er­scheinungen einer verdächtigen Krankheit sich gezeigt haben, und zugleich die Reinigung sämmtlicher inficirter Stallungen been­det ist.
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328nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten der Nasenhöhle.
Massregeln zur Sicherung der Wärter rotziger oder wurmiger Pferde vor Ansteckungsgefahr.
Um die Ansteckungsgefahr für das, bei der Wartung rotz-und wurmkranker Pferde beschäftigte Personale thunlichst hintan-zulialten, sind nachstehende Vorsichtsmassregeln zu beobachten:
1)nbsp; Die Wärter solcher Thiere sind über die Gefahr einer An­steckung zu belehren und zu warnen, dass sie sich das Rotzgift nicht etwa einimpfen, wozu offene oder mit einer zarten Oberhaut bedeckte Stellen des Körpers besonders geeignet sind.
2)nbsp; Leute, welche mit Hautabschärfungen, Wunden, Geschwü­ren oder Schrunden, besonders an den Händen oder im Gesichte behaftet sind, dürfen zu diesem Dienste gar nicht verwendet wer­den, und es ist den, zu Wärtern solcher Thiere bestimmten Leu­ten einzuschärfen, dass sie in dem Falle, wenn sie sich zufällig eine derartige Verletzung zuziehen, sich um die Ablösung von dem Wartgeschätte zu melden haben.
3)nbsp; Zumeist haben sich die Wärter zu hüten, dass sie den aus der Nase des kranken Thieres ausfliessenden Schleim mit der blossen Hand abwischen, und so auf das Auge, die Nase, den Mund oder ähnliche Körperstellen übertragen, oder dass ihnen der­selbe beim Ausbrausen oder Husten des Pferdes in das Gesicht gespritzt werde.
4)nbsp; Eine ähnliche Vorsicht haben die Wärter auch rücksicht­lich anderer Absonderungsstoffe, ja überhaupt aller Säfte und fest­weichen Theile rotz- oder wurmverdächtiger Pferde zu beobachten, da alle diese Träger des Ansteekungsstoffes sein können.
5)nbsp; Gleicher Weise haben sie sich vor jeder mittelbaren Ue-bertragung des Rotzgiftes sorgfältigst in Acht zu nehmen, wie sie z. B. durch Benützung der Pferdedecken für den eigenen Gebrauch oder durch längere Berührung von, mit den thierischen Stoffen impräguirten Gegenständen mit dem eigenen Leibe herbeigeführ; werden könnte.
6)nbsp; Wenn dem kranken Thiere Salben u. dgl. applieirt wer­den sollen, so soll diess nie mit der blossen Hand, sondern stets mittelst einer Rinds- oder Schweinsblase geschehen.
7)nbsp; Die Wärter sollen sich in dem Krankenstalle nie länger als unumgänglich nöthig aufhalten, dürfen nicht in demselben schlafen, und müssen nach jeder, bei einem verdächtigen Pferde vollführten Dienstleistung sich sorgfältigst reinigen, besonders die Hände mit Lauge oder mit verdünnter Salz- oder Essigsäure waschen.
8)nbsp; Eine besondere Sorgfalt muss darauf gewendet werden, in dem Krankenstalle jederzeit eine möglichst reine Luft zu er­halten; die Ställe dürfen daher nicht überfüllt, sie müssen oft und ausgiebig gelüftet, die Excremente der Thiere aus denselben bal­digst entfernt und die Streu häufig erneuert werden.
9)nbsp; Die Wärter haben sich in Acht zu nehmen, dass sie die,
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von den rotzkranken Thieren ausgeathmete Luft nicht unmittelbar einathmen.
10)nbsp; Im Uebrigen sollen die Wärter gesundbeitsgemäss leben, auf gehörige Reinlichkeit der Haut sehen, sich nach Thunlichkeit öfter waschen und baden, viel in freier Luft sich aufhalten und gut nähren.
11)nbsp; Nach vollendeter Wartung sollen die Kleider und das Bettzeug des Wärters gereiniget werden.
12)nbsp; Wenn bei einem Wärter eine noch so kleine Stelle der Haut, namentlich an den Händen oder dem Gesichte sich entzün­det und zu schwären beginnt, oder wenn sich die Erscheinungen allgemeinen Unwohlseins einstellen, so soll derselbe ungesäumt ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen.
Dieselben Vorsichtsmassregeln sollen auch die behandelnden Aerzte oder Thierärzte in Anwendung bringen, und auch die Sec­tion eines derartigen Cadavers nie vor dem vollständigen Erkalten desselben vornehmen.
II. Preussen.
Regulativ vom 8. August 1835.
sect;. 119. Rotz- oder wurmverdächtige oder daran leidende Pferde sind, bei Vermeiduug einer Geldstrafe von 5 Thlrn. oder Stägigem Gefängnisse, der Polizeibehörde anzuzeigen, erstere abzu­sondern, wirklich rotz- oder wurmkranke Pferde aber sogleich zu tödten und die mit ihnen in Gemeinschaft gewesenen Pferde von anderen abzusondern und zur Observation zu stellen.
sect;. 120. Sämmtliche mit den rotz - oder wurmkranken Thie­ren in Berührung gewesenen und durch die Auswurfsstofie verun­reinigten Gegenstände müssen vorschriftsmässig gereinigt oder ver­nichtet werden.
sect;. 121. Jedem Pferdebesitzer liegt die Pflicht ob, sich und seine Knechte, Kutscher und Pferdewärter mit den Zeichen der Rotz- und Wurmkrankheit bekannt zu machen und in zweifelhaf­ten Krankheitsfällen, die mit Rotz oder Wurm Aehnlichkeit haben, einen approbirten Thierarzt oder Physikus zu Rathe zu ziehen.
Die Wärter solcher Pferde sind mit den zur Verhütung der Ansteckung erforderliehen Vorsichtsmassregeln bekannt zu machen, und dürfen namentlich keine Verletzungen im Gesichte und an den Händen haben.
Circular-Verfügung vom 20. April 1855.
1) Die Thierärzte haben solche Pferde, welche mit Rotz- und Wurmkranken in Berührung gekommen und dadurch verdächtig
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330nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten der Nasenhöhle.
geworden sind, wiederholt und so oft zu untersuchen, bis die Krankheit offenbar geworden, und die Gesundheit der Thiere aus-ser Zweifel gesetzt ist.
2)nbsp; Die Untersuchii.ngen müssen möglichst bei Sonnenlicht und mit Hilfe eines Spiegels zur helleren Beleuchtung der höheren Theilc der Nasenhöhle vorgenommen werden.
3)nbsp; Die Thierärzte haben ein Verzeichniss aller nach obiger Bestimmung von ihnen untersuchten Pferde anzulegen und in dem­selben, ausser dem allgemeinen Zustande des Pferdes, insbeson­dere die Beschaffenheit der Nasenschleimhaut und der Ausflüsse aus derselben, der Ganaschendrüsen und der Haut genau anzu­geben.
4)nbsp; Bei jeder folgenden Untersuchung eines Pferdes sind die seit der letzten Untersuchung eingetretenen Veränderungen in dem Zustande desselben in die betreffenden Rubriken einzutragen.
5)nbsp; Nach den Ergebnissen dieser Liste ist entweder die Ab­sperrung resp. Tüdtung der betreffenden Thiere anzuordnen oder, wenn diese aufgehört haben, verdächtig zu sein, die freie Dispo­sition dem Eigenthümer zu gestatten.
Circular-Verfügung vom 26. Juli 1855.
Dabei hat die Königl. Regierung dafür zu sorgen, dass die Thierärzte nicht häufigere Untersuchungen der verdächtigen Thiere anstellen, als zur Erreichung des Zweckes unumgänglich nöthig sind, wozu in der Regel die Wiederholung der Untersuchung von 14 zu 14 Tagen, in vielen Fällen von 4 zu 4 Wochen genügen wird.
Circular-Verfügung vom 26. April 1856.
. . . Demzufolge gebühren den Kreisthierärzten Diäten und Reisekosten aus der Staatskasse nur für die ausserhalb ihres Wohn­ortes aufquot; Anordnung der vorgesetzten Behörde ausgeführte erste Untersuchung, auf Grund deren die Krankheit oder Verdächtigkeit eines Pferdes constatirt resp. die Absperrung eingeleitet werden soll. Die zum Zwecke der Freigebung des Thieres etwa nothwen-digen folgenden Untersuchungen sind, falls nicht besondere Gründe für ein Einschreiten von Amtswegen vorliegen, von den Anträgen der Besitzer abhängig zu machen und in der Regel auf deren Ko­sten auszuführen.
Ministerial-Verfügung vom 10. Juli 1856.
.....Hiebei ist noch besonders darauf zu achten, dass in
den Fällen, wo das Ergebniss der ersten amtlichen Untersuchung als ein zweifelhaftes hingestellt wurde, wo aber etwa der Eigen­thümer die dann unter den gesetzlichen Cautelen gestattete Wei-
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Sicherungs- und Tilgungsmassregel.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 33 L
terbehandlung des Pferdes durch einen approbirten Thierarzt (event. den Kreisthierarzt) nicht leiten lassen will oder kann, in Gemäss-heit der Bestimmung vom 6. Decbr. 1840 eine Behandlung über­haupt nicht zulässig und dann die Tödtung des verdächtigen Thie-res sofort anzuordnen ist.
Das Abhäuten rotzkranker Pferde ist nicht untersagt.
Ministerial-Verfügung vom 9. April 1861.
2)nbsp; Das Abhäuten und die sonstige Ausnutzung der wegen Eotzkrankheit getödteten Pferde ist nur in den Abdeckereien ge­stattet, jedoch müssen die Abdecker dabei die nothige Vorsicht zur Verhütung jeder Ansteckungsgefahr bei Menschen und Thieren in Anwendung bringen. Namentlich sollen sie darauf sehen:
a.nbsp; dass die Personen, welche zu diesem Geschäfte verwendet werden, keine offene Verletzungen au den Händen haben;
b.nbsp; dass die Cadaver der Pferde völlig erkaltet sind, ehe das Abhäuten an ihnen vorgenommen wird;
c.nbsp; dass die Häute sogleich auf einem der Zugluft ausgesetzten Boden zum Trocknen aufgehängt und nur nachdem sie we­nigstens 14 Tage im Sommer und 4 Wochen im Winter ge­hangen haben, verkauft werden, oder wenigstens 24 Stun­den hindurch in Kalkwasser gelegt und dann erst an den Gerber abgegeben werden;
d.nbsp; dass etenso die Sehnen zum Leimsieden nur im trockenen Zustande, Fleisch und Fett aber nur im ausgekochten oder geschmolzenen Zustande verwendet werden.
3)nbsp; Diejenigen Pferde, welche an der Rotzkrankheit gestor­ben, sowie diejenigen, welche nicht von Abdeckern nach obiger Vorschrift getödtet sind, dürfen nicht abgehäutet oder anderweitig ausgenutzt werden, sondern sollen, nachdem ihre Haut an mehre­ren Stellen zerschnitten ist, mit der Haut in einer wenigstens 6 Fuss tiefen Grube vergraben werden.
Anhang.
Anweisung zum Desinfectionsverfahren.
(Auszug.)
sect;• 10. 3) Diejenigen Personen, welche mit Kranken nur kurze Zeit zusammen gewesen sind, thun wohl, sich Hände und Gesicht mit Seifenwasser zu waschen.
Bei geföhrlichen ansteckenden Krankheiten ist statt des Sei­fenwassers eine gehörig verdünnte Chlornatron- oder Chlorkalkso-lution zu nehmen, oder in Ermangelung derselben, ein Gemisch aus Wasser mit Essig oder mit Seifensiederlauge.
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332nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten der Nasenhöhle,
sect;. 11.
7) Ställe, in welchen sich Thiere befunden haben, welche an Krankheiten litten; die ('en Menschen Gefahr bringen, werden nach Beschaffenheit der Krankheit 24 bis 72 Stunden hindurch mit Chlor­gas stark geräuchert und nachher ebenso lange gelüftet.
Sodann ist das darin befindliche Holz- und Eisenwerk mit starker Chlorkalksolution zu überstreichen und nach einigen Stun­den mit Wasser abzuwaschen. Ist Putz und Holzwerk bereits schadhaft, oder wegen der Gefährlichkeit der Krankheit auf dem angegebenen Wege eine genügend sichernde Eeinigung derselben nicht zu erwarten, so ist die Erneuerung beider erforderlich.1
Das Holzwerk und andere werthlose Gegenstände, an wel­chen Ansteckungsstoff haften könnte, sind alsdann durch Feuer zu vernichten; das daran befindliche Eisenwerk kann nach dem Aus­glühen wieder in Gebrauch gezogen werden.
sect;. 12. Leinene Kleidungsstücke (Decken) werden 12 bis 24 Stunden mit verdünnter Seifensiederlauge eingeweicht und sodann mit Seifenwasser gründlich ausgewaschen.
Wollene Decken werden 12 bis 24 Stunden mit Chlorgas ge­räuchert, hierauf gespült und zuletzt mit Seife gewaschen oder noch besser gewalkt.
Bei lackirtem Leder genügt das blosse Abwaschen mit Seif­wasser. Kleidungsstücke aus nicht lackirtem Leder werden mit schwacher Chlorkalksolution gewaschen und sodann, wenn sie bei­nahe trocken geworden, mit Oel oder Fett eingeschmiert.
Instrumente, Ess- und Triukgeschirrc u. s. w., insofern sie von Metall, Töpfergut u. s. w. sind, werden mit Seifenwasser oder Seifensiederlauge abgewaschen und zuletzt abgetrocknet.
Die verunreinigten metallenen Instrumente hält man einige Zeit ins Feuer. Holzwerk an denselben muss mit Seifensiederlauge oder mit Chlorkalksolution abgewaschen werden.
11. Bei der Tollwuth.
Für die Desinfection der durch das Gift der wuthkranken Thiere verunreinigten Gegenstände ist in allen Fällen das für die gefährlicheren Krankheiten angeordnete Verfahren zu beobachten. Die Lagerstätten, Fress - und Saugnäpfe , Ketten, Stricke, Holz, wovon sie genagt, und Alles, was sie begeifert, ist jenem Verfah­ren zu unterwerfen oder besser ganz zu vernichten. Grosse Mas­sen Geifer sind mit Salpetersäure oder Seifensiederlauge zu Uber-giessen. Die Ställe sind nach sect;. 11. 7. zu desinficiren.
12. Bei dem Milzbrande.
Die Ställe, in denen milzbrandige Thiere standen, sind in ih­ren einzelnen Theilen mit Sorgfalt zu desinficiren, die zurückge­bliebenen Excremente der Thiere wegzuschaffen und zu vergraben,
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das Lagerstroh zu verbrennen. Die Stellen, welche durch Ader­lassblut u. s. w. verunreinigt wurden, sind erst mit Wasser zu rei­nigen und dann mit Salpetersäure oder unverdünnter Seifensieder­lauge zu übergiessen. Der Putz und das Holzwerk in den Ställen ist jedenfalls zu erneuern.
Decken, Stallutensilion und anderweitige Geräthe, welche bei der Kur gebraucht worden sind, müssen besonders strenge desin-ficirt werden.
Auch die mit der Wartung von dergleichen Thieren beschäf­tigt gewesenen Personen haben sich selbst und ihre etwa verun­reinigten Kleidungsstücke der Desinfectiou zu unterwerfen.
13. Bei dem Rotze und Wurme.
Die Desinfection der Ställe und ihres Inhalts, der Stalluten­silien, Decken, Geschirre u. s. w. ist strenge, wie beim Milzbrande, auszuführen, Putz und Holz werk in den Ställen jedenfalls zu er­neuern.
Die Personen, welche dergleichen Thiere vor der Tüdtung gewartet, haben sich und ihre Kleider zu desinficiren.
IIL Hannover.
Gesetzsammlung von 1843.
Auszug.
sect;. 1. Jedes der Rotz- oder Wurmkrankheit verdächtige Pferd ist abgesondert aufzustellen, und es ist der Obrigkeit sofort davon Anzeige zu machen.
sect;. 2. Die Obrigkeiten haben das kranke Thier schleunigst durch einen Thierarzt untersuchen zu lassen.
sect;. 3. Erklärt dieser das Pferd für rotzkrank oder für un­heilbar wurmkrank, so ist dasselbe sofort zu tödten und an einem abgelegenen Orte vorschriftsmässig zu verscharren.
sect;. 4. Ist der Thierarzt nach der ersten Untersuchung über den Charakter der Krankheit zweifelhaft, so ist die Untersuchung von Zeit zu Zeit zu wiederholen, und von dem jedesmaligen Er­gebnisse der Obrigkeit Anzeige zu machen.
sect;. 5. Zeigen sich in einem Orte Spuren des Rotzes, des Wurmes oder des Grindes, so hat die Obrigkeit sämmtliche Pferde des Ortes und der benachbarten Gemeinden durch einen Thierarzt untersuchen zu lassen, und die erforderlichen Anordnungen zu treffen.
sect;. fi. Die des Rotzes, des Wurmes oder des Grindes ver­dächtigen oder mit einer dieser Krankheiten behafteten Pferde dür­fen weder veräussert, noch von einem Orte zum andern transpor-tirt, noch auf gemeinschaftliche Weiden getrieben oder sonst mit andern Pferden in Berührung gebracht werden.
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33-inbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten der Nasenhöhle.
sect;. 7. Pferde, die mit einem rotz- oder wurmkranken in Be­rührung gekommen sind, werden sechs Monate lang, von dem Tage an, wo sie von dem kranken Pferde getrennt worden, in je­dem Falle als verdächtig angesehen, und finden daher auf sie die Vorschriften des sect;. 6 Anwendung.
sect;. 8. Die Ställe, in welchen rotz- oder wurmkranke Pferde gestanden haben, sind zu desiuficiren, bevor sie ftir andere Pferde wieder benutzt werden.
Landdrostei-Verordnung vom 12. Januar 1855.
1)nbsp; Jeder Thierarzt muss von dem Vorkommen einer Seuche oder ansteckenden Krankheit unter den Thieren, insbesondere auch von dem Rotze, bei Verlust der Praxis, der Obrigkeit sofort An­zeige machen.
2)nbsp; In den Gemeinden, in welchen bis zum 1. Juni d. J. ein rotziges Pferd angetroffen worden ist, sollen nur die Pferde zum Weidegange zugelassen werden, von denen der von der Obrigkeit zu designirende Thierarzt bescheinigt hat, dass sie des Rotzes, des Wurmes und des Grindes nicht verdächtig sind.
3)nbsp; Auch die Geschirre der rotzkrank befundenen Pferde sind zu verscharren oder zu vernichten.
4)nbsp; Die Reinigung der Ställe ist auch in den Fällen vorzu­nehmen, wenn ein rotzkrankes Pferd nur kurze Zeit auf der Reise darin aufgestellt gewesen ist.
Landdrostei-Verordnung vom 18. September 1860.
Die Bestimmung, ob die bei dem Rotze, dem Wurme oder dem Grinde bei den Pferden vorzunehmende thierärztliche Unter­suchung zu wiederholen ist, kann nicht dem Ermessen des Thier-arztes überlassen werden; vielmehr wird, nachdem derselbe von dem jedesmaligen Ergebnisse der Untersuchung der Obrigkeit vor-schriftsmässige Anzeige gemacht hat, von der letzteren jedesmal schriftlich Anordnung zu treffen sein, ob die Untersuchung wieder­holt werden soll.
IV. Sachsen.
Ministerial-Vcrordnung vom 30. März 1855.
Die Bestimmungen sind im Wesentlichen dieselben wie in Preussen. Besonders zu bemerken ist: sect;. 8. Pferde, welche
a.nbsp; mit einem rotz- oder wurm verdächtigen Pferde zusammen­gestanden haben, an welchen sich aber noch keine Krankheitser­scheinungen zeigen, oder welche
b.nbsp; zur Zeit der Erkrankung eines Pferdes am Rotz oder ei­nem rotzverdächtigen Zustande, ohne mit dem letzteren in Beruh-
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Sicherungs- und Tilgungsraassregel.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 335
rung gekommen zu sein, in einem und demselben Gehöfte sich befunden haben, sind, von der vorgeschriebenen Anzeige an ge­rechnet, sechs Wochen lang einer besondern veterinär-polizeilichen Controle durch den Bezirksthicrarzt zu unterwerfen, ohne dass je­doch bis zum etwaigen Auftreten verdächtiger Krankheitserschei­nungen eine sonstige Beschränkung in der Benutzung eintritt.
Der Rotz ist mit Kecht in allen Gesetzen unter den Haupt­mängeln angeführt und zwar bei Pferden, Eseln und Maulthieren in Oesterreich und Sachsen mit einer Gewährszeit von 15 Tagen, in Preussen, Bayern, Baden und Würtemberg 14 Tagen, in der Schweiz von 20, in Hannover 3 Monaten, in Frankreich von 9 Tagen.
Neben der verdächtigen Druse als Gewährsmangel meint Ger lach sind 15 Tage vollkommen genügeud, ohne dieselbe aber nicht; im letzteren Falle würde sich eigentlich gar keine ange­messene Zeit zur Sicherung des Käufers ohne Gefahr für den Ver­käufer feststellen lassen, weil die Wechselfälle in der Entwickelung zu mannigfaltig sind; während die Krankheit in einigen Fällen sich in wenigen Wochen zum höchsten Grade entwickelt, verbleibt sie in anderen monatelang im Stadium der verdächtigen Druse. Wurm und Rotz sind nur der Form nach verschieden, ihre Iden­tität ist zweifellos und auch erwiesen, dass sie sich mit einander compliciren und dass durch Einimpfung der Rotzkrankheit die Wurmkrankheit et vice versa die Rotzkrankheit erzeugt werden kann; dieselbe hat somit eben so viel Recht unter den Gewährs­mängeln zu stehen, wie der Rotz, wird aber dennoch in mehreren Gesetzen vermisst. Oesterreich hat für die Wurmkrankheit eine Ge­währszeit von 20 Tagen festgesetzt, also eine längere als für den Rotz, weil der Wurmkrankheit kein so entschieden verdächtiger Zustand vorhergeht, als dem Rotze und die Gewährszeit der ver­dächtigen Druse eben nur der Rotzkrankheit zu Gute kömmt. Hier­nach erscheint es allerdings für den Käufer wünschenswerth, die Gewährszeit weiter hinaus zu stellen, als bei der Rotzkrankheit; indessen hat dies wie Ger lach richtig bemerkt, auch seine be­denkliche Seite, weil der Wuriri in einer erheblich längeren Ge­währszeit in Folge einer Ansteckung nach der Uebernahme sehr wohl zur Ausbildung gelangen kann. Es liegt somit in der Natur der Sache, dass die Sicherheit des Käufers bei der Wurmkrankheit nicht in gleichem Grade herzustellen ist, wie bei der Rotzkrankheit durch Gewährleistung für die verdächtige Druse. Gcrlach ent­scheidet sich deshalb für eine Gewährszeit wie beim Rotz (15 Tage) und würde nur eine Verlängerung bis höchstens 20 Tage gutheissen können.
g. Croup der Nasenschleimhaut.
Die Erscheinungen des Croups der Nasenschleim-haut sind die eines heftigen Strcngels der Adenitis; der Verlauf
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336nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten der Nasenhöhle.
führt in der Hegel zur Genesung, bisweilen jedoch entwickelt sich daraus acuter Kotz. Die Contagiosität dieser Krankheit ist zwei­fellos.
Die Behandlung besteht in dem häufigen Einathmen von Wasserdämpfeu, dem Befeuchten der Geschwüre auf der Nasen­schleimhaut, an den Lippen und an den Nasenflügeln mit Höllen-steinlösung (10 bis 15 Gran auf 1 Loth Wasser) oder mit Kupfer­oder Ziukvitriollüsung; in Einreibungen der Kehlgangslymphdrüsen mit grauer Quecksilbersalbe für sich oder mit Zusatz von Jod, in der sofortigen Spaltung der längs der Lymphgefässe sich bildenden Ab-scesse. Eine innerliche Behandlung ist nur bei stärkerem Fieber ge­wöhnlich aus einigen Salzgaben bestehend, erforderlich. Bisweilen geht diese Krankheitsform beim Rinde mit conscnsueller Hirnrei­zung einher und führt dann den Namen Kopfkrankheit, bös­artiges Catarrhfieber des Rindes, Catarrhus sinuum frontalium, der Verlauf der Krankheit ist stets acut.
Die Prognose ist ungünstig, mehr als die Hälfte der er­griffenen Thiere unterliegt.
In diätetischer Beziehung ist ein warmer, trockener Aufent­halt erforderlich, sowie Vermeidung jeder Erkältung, überstandenes angesäuertes Wasser und leicht verdauliches Futter. In therapeu­tischer Hinsicht empfehlen sich kalte Umschläge auf den vom Haarwuchsc befreiten Kopf, Aderlässe bei kräftigen Thieren, häu­figes Abfrottircn der Haut, ein Eiterband durch den Triel, Einath­men von Wasserdämpfen. Für den innerlichen Gebrauch sind an-tiphlogistische Salze, der Brechweinstein und Salmiak in schleimi­gen Abkochungen oder aromatischen Aufgüssen angezeigt. Durch­fälle sind entsprechend zu behandeln.
In der Rccouvalescenz können bittere und aromatische Mit­tel Anwendung finden. Bei Eiteransammlung in den Horn-zapfeu, die sich durch fortdauernde Hitze der Hörner, Schmerzens-äusserung bei dem Schütteln des Kopfes zu erkennen gibt, kann das Horn der kranken Seite 2 bis o Zoll von der Spitze entfernt, abgesägt und täglich einigemal durch eine eingeführte Sonde dem Eiter Ausfluss verschafft werden.
Krankheiten des Kehlkopfes und der Luftröhre.
sect;. 3. Krampfhusten, Keuchhusten, Tussis couvulsiva
ist ein bis jetzt nur bei Hunden epizootisch beobachtete Krankheit, die sich durch periodisch wiederkehrende, mehrere Monate dauernde, schmerhafte, mit Brechneigung oder wirklichem Erbrechen endende Hustenanfalle, kundgibt.
Der Krampfhusten beginnt unter Zufällen des Catarrhs, welch letzterer oft durch die ganze Dauer der Krankheit anhält. — In den Intervallen befinden sich die Thiere wohl. Die Anfälle kom-
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Krankheiten des Kehlkopfes und der Luftröhre.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 337
meu täglicli einigemale, besonders am Abend, die Krankheit dauert Wochen, manchmal Monate lang'. Jabreszeit und Witterung schei­nen hierauf viel Einfluss zu üben.
Die Ursachen des Krampl'hustens sind nicht bekannt, es ist nur wabrscheinlich, dass atmosphärische Einflüsse dabei von Wich­tigkeit sind.
Die Prognose ist eine günstige.
Die Behandlung erfordert warmes Verhalten der Thiere, eine milde kräftige Nahrung. Gleich beim Auftreten der Krankheit er­weisen sich Brechmittel nützlich: Brechweinstein, Brechwurzel, Bilsenkraut, Tollkirschcuextract, Goldschwefel, Stinkasand.
sect;. 4. Acuter Catarrh des Kehlkopfes und der Luftröhre Kehle, Kehlsucht der Pferde, Laryngitis et Tra-
cheitis.
Eine bei allen Hauslhicren, vorzüglich aber beim Pferde und Hunde vorkommende Krankheit, die in Folge von Erkältungen, grosser Anstrengungen, raschen Temperaturwechsel, Einathmen von Staub oder reizenden Dämpfen oder Substanzen aufzutreten pflegt.
Symptome. Kurzer, stossweiser, erst trockener, dann lok-kerer Husten, gerötbete und aufgelockerte Nasenschleimhaut, leichte Fieberzufälle, Empfindlichkeit der Kchlkopfgegcnd gegen Druck. Die Krankheit endet entweder in Genesung innerhalb kurzer Zeit, oder sie wird chronisch.
Die Behandlung beschränkt sich auf warmes Verbalten, Ver­meidung von Erkältungen, warme Einhüllungen des Halses, feucht-warme Umschläge auf die Kehlkopfgegend, öfteres Einathmen von Wasserdämpfen.
Innerlich wendet man den Goldschwefel und Salmiak an, ausserdem schleimige aromatische Mittel.
sect;. 5, Der chronische Kehlkopf- und Luftröhrencatarrh
ist meistentheils Folge wiederholter acuter Anfälle oder eines län­gere Zeit dauernden acuten Catarrhs.
Die anatomische Untersuchung zeigt dabei eine Verdickung oder Erweichung der Schleimhaut, die Follikel derselben ragen stecknadelkopfgross hervor, oder stellen kleine scharfbegränzte Geschwürchen dar. Die Schleimhautoberfläche ist mit einer zähen, graulichweissen oder gelblichen, schleimigen oder eiterähnlichen Schichte bedeckt, das unterliegende Bindegewebe ist infiltrirt.
Die Erscheinungen während des Lebens sind folgende: Schmerz in der Kehlkopfgegend b^i angebrachtem Drucke häufiger, entwe­der rauher, schmerzhafter, trockener oder lockerer, mit Auswurf verbundener Husten, rauhe, scharfe Athmungs- oder Rasselgeräu­sche, Erschwerung des Athmens bei der Bewegung. Fieberer-Kraus, lJath. n. Therap. der llixussüugeUiicrenbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 22
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338nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten der Bronchien.
scheiuuiigen sind gewöhnlich nicht zugegen, die Fresslust ist un­gestört und die Ernährung nicht beeinträchtiget. Der Verlauf ist ein langwieriger, vollkommene Genesung selten.
Die Behandlung ist ähnlich wie hei dem chronischen Nasenca-tarrh.
sect;. 6. Der Croup, die häutige Bräune.
Angina membranacca seu crouposa, polyposa, seu Laryngo-tracheitis exsudativa
charakterisirt sieh durch plastische (croupöse) Exsudationen auf der Schleimhaut des Kehlkopfes, deren rasche Bildung Erstickungs­gefahr bedingt. Die Schleimhaut des Kehlkopfes erscheint zottig und ist lebhaft injicirt. Das submueüse Bindegewebe ist oede-matös.
Diese Krankheit kömmt im Ganzen bei unseren Hausthiereu selten vor, am meisten beim Pferde und Binde.
Erscheinungen. Der Croup beginnt gewöhnlich plötzlich, bisweilen gehen ihm leichte Fieber- und catarrhalische Erscheinun­gen voraus. Es stellt sich ein heftiger, bellender oder kreischen­der, schmerzhafter Husten mit Athmungsbeschwerden ein, das Ath-men wird pfeifend, schnarchend oder röchelnd; die Thiere sind ängstlich5, zittern, gerathen jeden Moment in Erstickungsgefahr; der Puls wird beschleunigt, klein, die oberflächlichen Hautvenen und Halsgefässe schwellen an. Unter steigender Verschlimmerung gehen die Thiere entweder in kurzer Zeit durch Erstickung zu Grunde, indem der Lufteintritt gehindert wird, oder es werden nach 2—3 tägiger Dauer der Krankheit die cioupösen Gerinnun­gen beim Husten ausgeworfen und die Genesung tritt bald ein.
Die Prognose ist im Allgemeinen ungünstig u. z. um so mehr, wenn sich Lungenentzündung beigesellt.
Behandlung. Aderlässe, Einathmungen von Wasserdäm­pfen, Quecksilber- oder scharfe Einreibungen in der Kehlkopfge­gend, reizende Klystirc, innerlich Calomel oder Brechweinstein. Bei Erfolglosigkeit dieser Mittel kann der Luftröhrenschnitt ge­macht werden.
Krankheiten der Bronchien.
sect;. 7. Der acute Bronchialcatarrh, Bronchitis
kommt am häufigsten hei Pferden vor, und befallt zumeist ver­weichlichte für Tempcraturwechsel empfindliche Thiere.
Ursachen. Fremde in die Bronchien gelangende Körper, Erkältungen und das Kiuathmcn scharfer Dämpfe oder Gase. In feuchten Jahreszeiten und bei auffallend schädlichen atmosphärischen Einflüssen kann sich der Bronchialcatarrh zu einer Epizootic aus-
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Krankheiten der Bronchien.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 339
breiten. Treten dann auch gleichzeitig Brustfell- und Lungen­entzündungen hiezu, so fasst man die ganze Gruppe dieser Krank-heitserscheiuuugen unter dem Namen Influenza zusammen.
Der Bronchialcatarrh ist auch der Begleiter anderer Krank­heiten.
Pathologische Anatomie. Die Bronchialschlcimhaut ist anfangs geröthct trocken, später gleichmässig gesättigt rotbbraun geschwellt, aufgelockert, leicht zerreisslich, von den unterliegenden Stratum abschälbar, an ihrer Oberfläche mit einem zähen durch abgestossencs Epithel getrübten, eiterähnlichen Schleün überzogen; in höherem Grade ist die Höhle der Bronchien durch croupöse Pfropfe verstopft.
Erscheinungen. Die Krankheit, die entweder primär auf­tritt oder Nasen- und Luftröhrencatarrh zu Vorläufern hat, zeigt folgende Symptome: Beschleunigtes Athmen, Empfindlichkeit des Kelilkopfes, trockenen, schmerzhaften Husten, der später locken und rasselnd wird, und einen zähen, eiterälmlichen Auswurf mit sich bringt.
Die Percussion weist in der Regel keine Sehall­veränderung nach. Die Auscultation ergibt bei geringerem Grade unbestimmtes oder rauhes Bläscheu-Athmen, das bei höhe­ren Graden in Schnurren, Pfeifen und Zischen übergeht. Bei An­häufung von Flüssigkeit im Kehlkopfe und der Trachea wird das Easselu bisweilen so stark, dass es die Respirationsgeräusche deckt.
Die Bronchitis dauert gewöhnlich 1—3 Wochen, oder sie wird auch in manchen Fällen chronisch. Tödtlich wird sie nur dann, wenn sich der Process auf die feineren Bronchien ausdehnt, im­mer aber hinterlässt sie Neigung zur Wiedererkrankung.
Bekommt die Krankheit eine seuchenartige Verbreitung, so complicirt sie sich mit Magen- und Darmcatarrh und wird dadurch der Ausgang in Genesung weniger häufig. Ausscr den angeführten Erscheinungen zeigt sich noch bei dem Thiere Appetitmaugel, Tro­ckenheit im Munde, dicker Zungenbeleg, auch Kolikanfälle treten hinzu. Anfangs Obstipation, später Durchfall.
Höhere Grade der Bronchitis bezeichnet man mit dem Namen Catarrhalfieber.
Behandlung. Man sorge für warmes Verhalten der Thiere, für eine reichliche Streu, Vermeidung von Temperaturwechsel, Schonung und Ruhe der Kranken, Verabreichung leicht verdau­lichen Futters, Uberstandcnen Wassers, für öfteres Frottiren des Körpers bei ungleicher Vertheilung der Hauttemperatur nach vor­heriger Bespritzung mit Camphergeist oder Terpentinöl.
Bei dem einfachen Bronchialcatarrh sind gewöhnlich Einath-mungen von Wasserdämpfen, feuchtwarme Umschläge, der inner­liche Gebrauch der Mittelsalze, des Salmiaks, des Goldschwefels und Breehweinsteins in Verbindung mit schleimigen oder leicht aromatischen Mitteln ausreichend. In den höheren Graden des-
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340nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten der Bronchien.
selben muss man zu Aderlässen, Mercurial-, reizenden scharfen Einreibungen in die Brustwandungen zur innerlichen Verabreichung des Calomels Zuflucht nehmen. Der zuweilen sich aufallsweise einstellende Husten erfordert Einreibungen von Bilsenkrautöl in der Kehlkopfgegend.
Bei Complication mit Danncatarrh sind Aderlässe schädlich und dürfen nur in sehr dringenden Fällen bei kräftig gebauten Tbicren angewendet werden.
Salmiak und Brechweinstein bei grosser Hinfälligkeit der Kranken in Verbindung mit Terpentinöl oder Campher, die Mittel­salze in kleineren Gaben nach Erforderuiss Klystire und reizende Einreibungen sind hier angezeigt.
Rp. Extracti Belladounae gr. tria. Sacch. albi drachm, unam. M. f. pulv. Div. in dos. aeq. sex.
L)S. Dreimal des Tages ein Pulver.
Nimm: Belladonna-Extract drei Gran, weissen Zucker ein Quentchen. Mische es genau, tbeile es in sechs Theile. Gib und bez. wie nebenstehend.
Bei sehr hartnäckigem krampfhaftem Husten:
Kp. Morphii nmriat. gr. nnum; Sacch. albi drachm, unam. M. exaetissime, f. pulv. Div. in dos. aeq. Nro. octo.
DS. Dreimal des Tages ein Pulver zu geben.
Nimm: Salzsaures Morphium einen Gran, weissen Zuckers ein Queutcben. Mische es sehr genau, theile es in acht gleiche Theile. Gib vud bez. wie nebenstehend.
sect;. 9. Die Staupe der Hunde
auch Huudeseuche, allgemeine Hundekrankheit, Hundesueht, Laune, Catarrhalfieber, Hunderotz, Hundepest genannt. Febris catarrha-lis epizootica canum, Febris catarrhosa s. maligna; Coryza canum maligna.
Schon die Vielfältigkeit in der Benennung dieser Krankheit weist auf die Verschiedenartigkeiten der Ansichten der Autoren über dieselbe. Roll tasst die Krankheit als einen weit verbreite­ten bis in die feinsten Bronchialästchen sich erstreckenden Catarrh — als catarrhalisclie Pneumonie — auf, der sich gewöhnlich Darm-catarrbe, nervöse Erscheinungen und nicht selten ein pustulöses Exanthem beigesellen. Her twig nennt die Staupe in ihrer ein­fachsten Form ein catarrbalisch-nervöses, oft mit gastrischen und Entziindungszufällen coinplicirtes Leiden, und trennt die Krankheit je nach dem Ueberwicgen des einen ocler anderen Syinptomes in verschiedene Formen. Nach Spinola ist die Staupe eine nervöse, catarrhalisch-lymphatische, fieberhafte, ansteckende Krankheit, die durch die inannigfaclien Veränderungen, die sie eingeht, in ver­schiedener Gestalt auftritt. Aus den Definitionen sämmtlicher Au­toren ist, wie wir sehen, ersichtlich, dass die Staupe in ihrer ein­fachen Form ein Brouchialcatarrb ist.
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Staupe der Hunde.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 341
Die ötaupc ist eine der iiänfigsten und zugleich eine der ge-fährlicbriten Krankheiten junger Hunde.
Als Gelegenheitslirsache betrachtet man in der Kegel Erkäl­tung, es ist jedoch sehr wahrscheinlich, dass diese allein die Staupe nicht erzeuge, sondern dass ein Zusammenwirken von mehreren Ursachen dazu erforderlich sei und hierbei vorbereitende Einflüsse thätig sind, ebenso wie bei anderen Seuchenkrankheiten. Die ^rage über ihre Contagiosität ist noch nicht endgültig entschieden. Die hierüber angestellten Versuche haben zu sehr verschiedenen Resultaten geführt.
Spinola und Roll gestehen die Contagiosität der Staupe zu. Die Infection seheint durch die von den kranken Thiercn aus-geathmete Luft und durch das Kasensecret vermittelt zu werden. Aussei- den Hunden werden auch Katzen und nach Einigen auch Afl'en von der Staupe befallen. Manche Hunderagen scheinen eine grössere Disposition zum Erkranken an der Staupe zu besitzen, verweichlichte und verzärtelte Thiere werden eher befallen als andere.
Pathologische Anatomie. Bald sind nur die Luftwege atticirt, insbesondere die Nasenschleimhaut hoch- selbst violett ge-röthet, schwärend und an verschiedenen Punkten wie angenagt, und die Windungen in den Nasenhöhlen mit einer eiterartigen Flüssigkeit angefüllt; bald sind auch je nach den Complicatiouen in der Brusthöhle und im Verdauungscanale Entzündungsspuren vorhanden. Die Hirnhäute besonders an der Basis und die Adergeflechte strotzen manchmal vom Blute; helles oder bluti­ges Exsudat auf der Serosa; die Hirnsubstanz, wohl auch das Kückenmark finden sich öfters erweicht. Der Körper der umge­standenen Thiere ist bedeutend abgemagert, die Muskulatur bleich und wie die Parenchyme anämisch.
Erscheinungen. Als Vorboten treten Traurigkeit, Mattig­keit, Verkriechen, Suchen warmer Orte, gespannter Gang, Neigung zum Erbrechen auf, bis sich der Bronciiialcatarrh einstellt. Es findet häufiges Niessen statt, die Nasenspitze ist trocken, warm, die Nasenschleimhaut sondert wasserhelle Flüssigkeit ab und ist, sowie die Bindehaut der Augen höher geröthet. Letztere trübt sich im Verlaufe der Krankheit, ja ist bisweilen mit kleinen Ge­schwüren besetzt. Die Augen sind etwas lichtscheu, das Athmen ist schnaufend, die Abneigung gegen Nahrung nicht immer wahr­zunehmen. Die Thiere werden durch einen trockenen schmerzhaf­ten Husten geplagt. Lässt das Fieber nach und wird der Husten lockerer und weniger schmerzhaft, so tritt unter Nachlass aller Erscheinungen Genesung ein. Hat sich jedoch der Entzündungs-process bis in die feinsten Bronchialverzweigungen erstreckt, so wird der Nasenausfluss klebrig gelblich, verstopft die Nasenlöcher, die Augen thränen sehr stark und sind von Schleim verunreiniget; das Athmen wird kurz, stöhnend, der Husten sehr schmerzhaft, das Fieber hochgradig. Häufig gesellt sich dann Entzündung der
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342nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten der Bronchien.
Schlingwerkzeugc, Catarrh des Magens und Darmes mit Neigung zum Erbrechen oder mit wirkliebem Erbrechen eines zähen, gelb­lich grünen Sehleimes, völlige Appetitlosigkeit, bisweilen Durchfall, durch welchen flussiger, mitunter blutiger, mit vielem Sehleim ge­mengter Koth entleert wird, hinzu. Um diese Zeit zeigen die Thiere eonvulsivische Bewegungen, Zuckungen im Hinterkiefer, beträchtliches Spcichelkauen und epileptische Zufälle oder Kreis­drehen, springende veitstanzähnliche Bewegungen, wobei in man­chen Fällen unwillkürliche Stimmlaute ausgestossen werden (Bell­krampf), mitunter selbst furibunde Delirien, oder schlafsüchtige Zufälle, sowie Münischsein, wenn sie geweckt werden, so dass sie selbst beissen (Krampfwuth). Oft tritt Lähmung ein, die in man­chen Fällen, wenn auch noch das Leben gerettet wird, nicht zu beseitigen ist. Eine nicht seltene Verbindung der Staupe ist ein pustulöser Ausschlag an den weniger behaarten Körpertheilcn: an der inneren Schenkelfläche, an der unteren Seite der Brust, am Bauche etc. Er beginnt mit flohstichähnlichen Flecken, die dem Gefühle als Knütchen sich darstellen und in 24 — o() Stunden zu grossen, mit trüber eiteriger Lymphe gefüllten und mit einem ro-•hen Hofe umgebenen Bläschen (falsche Pocken, Hundepoeken) isich ausbilden, bald platzen, zusammenschrumpfen und einen Schorf bilden, nach dessen Abfall ein blassrother Fleck zurückbleibt. In den gewöhnlichen Fällen wiederholt sich der Ausschlag mehrere Male (macht Nachschübe). Erscheinen die Pocken in grosser An­zahl, so ist die Hautansdünstung von eigenthümlich widrigem Ge­rüche. Die Contagiosität der Lymphe, wie sie von mehreren Thier-ärzten angenommen ist, scheint nach den bisherigen Beobachtun­gen noch sehr bezweifelt werden zu müssen, wenigstens haben vielfach von Spinola (au Hunden, Ferkeln und Schafen) ange­stellte Versuche keine bestätigenden Resultate geliefert. Nach Langenbachcr's Beobachtungen ist der Pustelaussehlag auf Menschen übertragbar und ruft unter heftigem Jucken eine Eruption ven Bläschen hervor.
Die Krankheit dauert in ihrer leichteren Form gewöhnlich 5 —10 Tage, beim Hinzutreten der eben beschriebenen Complieatio-nen dehnt sich der Krankheitsproeess auf Wochen aus.
Die Prognose hängt von dem Grade der Heftigkeit und besonders von den Complicationen ab, welche die Krankheit ein­geht, mir beider einfachen Form der Staupe ist der Ausgang ein günstiger.
Behandlung. Die Vorbauung gegen die Seuche besteht darin, die Thiere nicht zu verweichlichen und zu verzärteln, ihnen den häufigen Aufenthalt in freier Luft zu gestatten; junge Hunde sollen nicht allzufrüh vom Euter entfernt werden, dann aber an Fleisehnahrung gewöhnt und vor Erkältungen jeder Art geschützt werden.
Bei der catarrhalischcn Form des Leidens und bei geringem Grade desselben genügt meistentheils ein zweckmässiges diäteti-
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Staupe der Hunde.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 343
sches Verfahren. Die Verabreichung eines Brechmittels kann oft der weiteren Entwickelnn^ der Krankheit Schranken setzen. Hert-wig empfiehlt für diesen Fall folgende Mixtur: Tart. stibiat. (Brech­weinstein) 2—4 Gran in 2 Loth reinein Wasser aufgelöst, dem mau 20 Gran Brechwurzclpulvcr beimengt. Von dieser Mixtur wird die eine Hallte gleich, und sollte davon kein Erbrechen erfolgen in einer Viertelstunde die 2. Hälfte gegeben. Waldinger empfiehlt statt dieser Mixtur ein Gemenge von 1 Gran gepulverter weisser Messwurz mit 10 Gran Zucker auf einmal zu geben.
Die weitere Behandlung muss sich nach dem Stadium, dem Grade und den Complicationen richten. Bei stärkerer Entwicke-lung des Catarrhs der Luftwege eignen sich Salmiak und Gold­schwefel. Man gibt von ersterem 1/2 Lotb mit ebenso viel Süssholzsaft in 6—8 Loth Wasser gelöst u. z. einen Esslört'el voll alle 2 Stunden. Den Goldschwefel reicht mau in Pillen oder Latwergen in Verbin­dung mit Wachholderbeercn, x\nis, bei bedeutender Schwäche mit Baldrian oder Engelwurzpulver. Bei heftigen Entzündungen gibt mau Calomel 2—4 Gran pro dosi, täglich '6—4nial, bis grünliche Stuhlentleerungen erfolgen, sodann setzt mau mit dem Mittel aus.
Aeusscrlich applicirc man scharfe Einreibungen am Halse, das Liniment, volatile, bei Lungenentzündungen au der Brust, ja man kann selbst Aderlässe macheu: bei gastrischen Erscheinungen ohne Diarrhöe reiche man Brechweinstein nach obiger Angabe. Bei heftiger Diarrhöe ist Rhabarber, Opium, Dowerische Pulver 4 —10 Gran auf einmal am Platze. Bei grosser Erschlafiung der Gedärme ist ein Chinadecoct von Nutzen oder salpetersaures Sil­ber '/s—1 Grau in 2 Loth Wasser, täglich 2—Smal. Zeigen sieh nervöse Erscheinungen, so verlangen sie die Anwendung erregen­der Mittel innerlich und äusserlich, mau zieht Eiterbände, macht reizende Einreibungen von Camphergeist oder Terpentinöl. Inner­lich gibt man Aufgüsse von aromatischen Kräutern oder auch von Baldriauwurzel und Angelica mit Zusatz von Hirschhornsalz, Ter­pentin, Campher; die Brechwurz und ihre Präparate zeigen sich von guter Wirkung. Man gibt am besten eine Abkochung von 10 Gran Brechwurzelpulver in (5 Loth Wasser, hiervon alle 3 Stun­den 1—2 Esslöffel. Auch kleine Gaben von Opium, Belladonna­wurzel 1—3 Gran auf einmal werden ebenfalls mit Erfolg ange­wendet. Selbst die Krähenaugen im Decoct sind empfohlen worden.
sect;. 10. Chronischer Bronchialcatarrh, Bronchitis chronica.
Er kömmt als eine nicht seltene Krankheit entweder in Folge eines acuten Catarrhs oder in Begleitung anderer Krankheiten der Respiratiousorgane (besonders bei Schafen als Complication der Fäule) vor.
Pathologische Anatomie. Die Schleimhaut der Bron-
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Krankheiten dor Bronchien.
einen ist braunroth gefärbt, verdickt, mit Bindegevvebswueherungea besetzt, mit einem rahmähnlichen Secrete bedeckt, niclit selten sind die erweiterten Bronchien von diesem Secrete verstopft.
Erscheinungen. Die Krauken haben einen mehr weniger lockeren Husten, durch welchen eiteriger, übel riechender Schleim herausbefördert wird. Der Ernährungszustand leidet Anfangs nicht, wenn aber in Folge längerer Dauer der Krankheit sich Athmungs-beschwerden einstellen und sieh Lungenemphysem entwickelt, be­kommen die Thiere bald ein eaehectisches Aussehen und gehen entweder an Abzehrung oder in Folge von Lungenödem zu Grunde.
Behandlung. Einatliniung balsamischer Dämpfe, innerlich Balsamica, Bleizucker, ableitende Mittel.
Der chronische Broneliialcatarrh führt sehr häufig, wie auch oben angedeutet wurde, zur Bronchienerweiterung (Bron-eheetasie), gegen die es keine directe Behandlung gibt; selbe fällt mit jener des chronischen Hronchialcatarrhs zusammen.
Von dieser Krankheit befallene Binder werden am zweck-mässigsten geschlachtet.
Pillwax empfiehlt für Hunde nachstehende Formeln bei vor­waltendem Catarrh der Respirationsorgane:
Nimm: Bittersüsstinctur ein hal­bes Loth. G. u. bez. wie nebenstehend.
Tropfen zu geben. Oder:
2.nbsp;Rp. Sal. ammon. depur. drachm.
unam.
Fulv. rad. Liqu. une. unam. M. f. p. D.S. 3—4mal des Tages
1 Cafleelöffel voll zu geben Oder:
3.nbsp;Rp. Ammon. chlor, dcp. drachm.
unam. Pulv. sem. Foeniculi drachm.
duas — rad. Liquirit. drachm, sex. M. f. p. Detur in Charta. S.
Wie Nr. 2 zu gebrauchen. Oder:
4.nbsp; Rp. Ammon. chlor, dep. drachm.
wuam
Pulv. Foeniculi aquaf. unc. se­mis.
M. f. pulv. DS. 3mal des Tages 1li Kaffeelöffel voll zu geben.
5.nbsp; Rp. Florum sal. ammon. mar-
tial, drachm, semis
Nimm;
Gereinigten
Salmiak ein
Quentchen. Süssholzwurzelpulv. zwei Loth. Mische es zum Pulver. Gib u.
bez. wie nebenstehend. Oder: Nimm: Salmiak ein Quentchen Fenehclsamenpulvcr ein hal­bes Loth Süssholzwurzelpulver ein u. ein halbes Loth. Mische es zu Pulver, gib es in Papier. Bez. w. nebensteh.
Nimm: Salmiak ein Quentchen Fenchelsameupulver ein Loth. Mische es zum Pulver, gib u. bez. wie nebenstehend.
Nimm : Eisensalmiak ein halbes Quentchen
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Staupe der Hunde.
;i45
Pulv. rad. Euulac
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;— aithaeae ana drachm, tres.
M. f. p. D. in eharta. S. omal des Tages '/j,—1 Kaffeelöffel voll zu geben.
Oder:
6.nbsp; Kp. Ammonii chlornti f'crr.
scrap, unum Extract! Hyoscyami scrap, sein. Pulv. rad. Liquirit. dr. unani. M. f. p. Div. in dos. aeq. octo. DS. omal d. Tages 1 Pulv. zu
geben. Oder:
7.nbsp; Rp. Stihii snlfnrati aurantiaci
scrup. unnm Pulv. rad. Liquirit.
—nbsp; nbsp; bacc. Juniperi ana unc. semis.
M. f. p. DS. Wie Nr. 5 zu ge­brauchen.
8.nbsp; Kp. Tinct. Opii simpl. Tinct. Eatanhiacnbsp; nbsp; nbsp; nbsp;
ana drachm, uuam. MDS. Alle drei Stunden 5 bis
10 Tropfen zu geben. Oder:
9.nbsp; Ep. Opii pari gr. tria
Pulv. rad. Katanhiae drachm.
unam. M. f. p Div. in dos. aeq. sex. DS. Dreimal des Tages ein Pulver zu geben. Oder:
10.nbsp; Ep. Tannini puri gr. sex Alumin. crudi drachm, semis Pulv. gummosi drachm, unam. M. exaete, f. pulv. Div. in dos.
aeq. nro. sex. DS. Wie Nr. 8 zu gebrauchen.
Alantwurzelpulver Eibisch wnrzelpulver
von jedem drei Quentchen
Mische es zum Pulver
gib u.
bez. wie nebenstehend.
Nimm: Eisensalmiak zwanzig Gr.
Bilsenkraut-Extract zehn Grau.
Süssholzwnrzelpulver cinQuent-
chen.
Mische es zum Pulver, (heile es in 8 gleiche Thcile, gib tu bez. wie nebenstehend.
Nimm: Goldschwetel 20 Gran Süssholzwnrzelpulver Wachholderbeercnwurzel von jedem ein Loth. Mische es zum Pulver, gib u. bezeichne wie nebenstehend.
Nimm: Einfache Mohnsamen-Ea-tanhiatinetur
von jedem ein Quentchen. MGB. AVie nebenstehend.
Nimm: Opiumpulver drei Gran Eatanhiawurzelpulver 1 Quent­chen. Mische es zum Pulver, theile
es in sechs gleiche Theile. Gib u. bez. wie nebenstehend.
Nimm: Tannin sechs Gran
Hohen Alaun ein halbes Quent­chen
Gummihaltiges Pulver ein Quentchen.
Mische es genau, theile es in sechs gleiche Theile.
Gib u. bez. wie nebenstehend.
Bei sich bildenden Geschwüren der durchsichtigen Hornhaut:
11. Rp. Tinct. Euphrasiac gutt. Nimm: Euphrasiatinctur zwanzig vigintinbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Tropfen
Aq. destill, unc. duas.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Destill. Wasser vier Loth.
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^46nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten des ßriisfl'elles.
MDS. Alle ö — 4 Standen 10 MGB. Wie nebenstehend, bis ^0 Tropfen auf die ge-schwüiige Hornhaut zu träu­feln. Oder: 12.Ep.Sacch.Satumiscrap, unum Nimm: Bleizucker zwanzig- Gran Aq. destill, nnc. tresnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Destill. Wasser sechs Loth
Tinct. Opii simpl. scrap, unum.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Einfache Opiumtinctur zwan-
MDS. Wie Nr. 11 zu gebrau-nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;zig Gran.
eben.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; MGB. Wie nebenstehend.
Krankheiten des Brustfelles. sect;. 11. Brustwassersucht, Hydrothorax s. Hydrops pectoris
ist eine Ansammlung von seröser Flüssigkeit iu der Brusthöhle.— Die Brustwassersucht ist gcwölinlich Folge anderer Krankheiten, oder eine Theilerscheinung allgemeiner Wassersucht. Sie kommt am häufigsten hei Schafen und Hunden vor. Idiopathisch soll nach Kreutzer der Hydrothorax bei Pferden resp. Fohlen gemeinen Schlages, die Tag und Nacht auf feuchten Weiden verweilen, vor­kommen.
Er s cli e in un ge n. Der Hydrothorax gibt sich durch trockene Haut, seltene Urinentleerung, grosses Verlangen nach Getränken, linsten, Athmungsbeschwerden, endlich durch Schwappen in der Brust, Oedemc der Unterhrust und der Schenkel, kleinen, schwa­chen, zuweilen ungleichen Puls zu erkennen.
Die Prognose richtet sich dem Gesagten zu Folge nach der Krankheit, quot;die zur Entstehung des Hydrothorax Veranlassung gehoten und ist in der Kegel ungünstig.
Die Behandlung heruht auf der Entfernung der zu Grunde liegenden Ursache. Die Einleitung der Eesorption der ergossenen Flüssigkeit durch Bethätigung der llarnsccretion vermittelst der Verabreichung von Wachholderbecren, Terpentinöl, Meerzwiebel, Fingerhutkraut, Weinstein, spanischen Fliegen, oder durch Steige­rung der Darmsccretion durch die Mittelsalze, das Calomel oder drastische Purganzen, wie Aloe, Croton, ist vor Allem wichtig. Bei höheren Graden der Athemnoth wird die Function der Brust­höhle vorgenommen. Ausserdem muss der Kräftezustand durch eine gute leicht verdauliche Nahrung gehoben werden.
Franzosenkrankheit. #9632;
sect;. 12. Perlsucht, Tuberkelsucht, Stiersucht, Zäpfigkeit, Geilsucht, Monatreiterei, Drüsenkrankheit, Traubenkrankheit, Lustseuehe. Tu­berculosis serosa s. glandnlaris boum. Cachexia boum sarcomatosa
s. tuherculosa.
Diese Krankheit wird als Hanptrepräsentant der ehr on i-
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Franzosenkrankhcit.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 347
sehen Tuberkulose aufgefassf, und ist somit denHeubildungeii beizuzählen; sie kommt sowohl bei männlichen und weiblichen Rindern in jedem Alter vor, ist aber viel häufiger bei Kühen im mittleren Alter vorherrschend und dann mit der Stiersucht ver­bunden. Die Franzosenkrankheit gehört unter die unheilbaren erblichen Leiden, bisweilen kommen schon Kälber mit der Krank­heit behaftet zur Welt.
Bei dem im halbwilden Zustande lebenden Kindvieh kennt man die Krankheit bis jetzt nicht und scheint selbe in den Step-penländern überhaupt fremd. In Niederungsgegenden mit üppigem Graswuchse und bei Vieh, das zu reichlich mit erschlaffenden reiz­losen Nahrungsmitteln gefüttert wird mit (Brüh- und Siedetütter von Kartoffem, Rüben, Trauben, Oclkuchen, Spülicht) soll die Krankheit hauptsächlich auftreten. Ausserdem beschuldigt man den Geuuss eines Futter aus nassen Überschwemmten Weiden, Mangel an Bewegung bei der Stallfütterung, Aufenthalt in engen, dumpfi­gen, überfüllten Stallungen etc. Auch die Nichtbefriedigung des Geschlechtstriebes und bei an Stiersucht leidenden Tliiereu, die fruchtlose Begattung und der Nichteintritt der Trächtigkeit sollen veranlassende Momente sein.
Pathologische Anatomie. Der Sectionsbefund weist gewöhnlich Tuberkel in allen 3 Stadien nach. Man findet auf dem verdickten trüben Lungen und dem Brustfelle, zuweilen auch auf dein Herzbeutel und Bauchfelle baumzweigähnlichc, netzförmig verästelte und vielfach verschlungene Bindegewebsneubildungen oder erbsen-bis wallnussgrosse Geschwülste oder flächenartig ausgebreitete Platten von gelblichgrauer Farbe, aus denen sich eine trübe, viel Eiweiss haltende Flüssigkeit auspressen lässt, im späteren Stadium zeigen diese Geschwülste auf dem Durchschnitte ein käseähnliches Aussehen; endlich trifft mau auch auf solche, die sich bereits im Zustande der Verkreidung befinden, oder eine wahre Verknöche­rung zeigen.
Die Krankheitserscheinungen unterscheiden sich in nichts von denen der übrigen chronischen Lungenkrankliciten und treten erst dann auf, wenn die Taberkulisimng der Lunge weit vorgeschrit­ten ist. Im Anfange, wo die Ernährung des Thieres noch nicht leidet, belegt man die Krankheit mit dem Namen „fette Franzo­senquot;; später wo sich ein trockener beängstigender Husten ein­stellt, Athmungsbeschwerden eintreten und bei abnehmenden Kräf­ten das Thier sichtlich abmagert, nennt man die Krankheit „ma­gere Franzosen.quot;
Die Prognose ist immer ungünstig, der Verlauf dehnt sich über Monate, oft Jahre hinaus.
Man kann dieser Krankheit ebenso wie bei vielen anderen leichter vorbauen, als dieselbe heilen; das erstere geschieht am zweekmässigsten durch Vermeidung aller die Krankheit bedingen­den Ursachen.
Die Anwendung von Arzneien ist bei constatirter
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348nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten des Brustfelles.
Krankheit ganz fruchtlos, und es ist daher in einem solchen Falle, die Scmachtnng der Thicre in jenem Stadium, wo noch keine Abmagerung eingetreten ist, das einzige Mittel, grösseren Schaden zu verhüten.
Die Franzosenkrankheit begründet einen der Hauptmängel hei Rindern mit einer Gewährszeit von 30 Tagen in Oesterreich' von 28 Tagen in Bayern, Hessen, Baden und (JO in Würtcmberg, von 50 Tagen in Sachsen, von 20 Tagen in der Schweiz, von nur 8 Tagen in Preussen.
Gerlach meint die kürzereu dieser Gewährszeiten hätten ei­gentlich keinen reellen Zweck, sie seien nur für die Fleischer be­rechnet und datiren aus den Zeiten, wo die Krankheit für syphili­tisch und das Fleisch für ungeniessbar gehalten wurde, wo der Fleischer noch das Messer wegwarf, mit welchem er schlachtete. Nach gegenwärtigen Erfahrungen ist das Fleisch geniessbar, so lange nicht Abzehrung eingetreten ist; bei einem, seinem Ernäh­rungszustände nach noch schlachtbaren Thiere wird daher der Er­lös durch das Vorhandensein der Knoten an den serösen Membra­nen nur wenig beeinträchtiget. Schlachtet der Metzger ein bereits ganz abgezehrtes Kind, so ist dies ein Verstoss gegen die Markt-und iSanitätspolizei, er kann für einen solchen Fall keinen Schutz beanspruchen; demnach bedarf es keiner Gewährszeit für den Flei­scher, es sei, meint Gcrlach, auch Thatsachc, dass dieselben das Fleisch verwerthen und die Gewährszeit nebenbei benützen, um einen Theil des Kaufpreises zurückzueipressen. Ganz anders ist die Sache in dem gewöhnlichen Handelsverkehr; da würde es nach Gerlach's Dafürhalten ganz sachgemäss sein, die Gewährs­zeit auf 3 Monate (mit der Klausel, dass bei den au Metzger zum Schlachten verkauften Rindern keine Gewähr für dies Leiden Statt finde) festzusetzen, weil die der Entwickelung einer chronischen Krankheit verdächtigen Rinder aus naheliegenden Gründen ausran-girt und als Handelsartikel aus einer Hand in die andere wandern, und gerade die ärmere Klasse die billigeren Kühe kauft, um sie noch weiter zu nützen. Indirect würde hierdurch noch der Vor-theil hervorgehen, dass der Züchter veranlasst wird, die Vererbung (die nach den bisherigen Erfahrungen wohl in 3ji der Fälle die Ursache des Leidens ist) mehr zu beachten und zu verhüten. Eine Entwickelung der Krankheit bis zum Grade der Abzehrung findet in der Zeit (von 3 Monatenquot;) nicht Statt, der Verkäufer kann also durch dieselbe nicht gefährdet werden.
.- Neubildung von Fett
findet sich bei Hunden häufig in der Umgebung des Herzens, auch bei Pferden kommen wiewohl selten, gestielte Fettgeschwülste ^or.
Krebs des Brustfelles. Man hat ihn in Form des Markschwammcs bisher auch nur
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Brustfellentzündung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 349
bei Hunden und zwar in jenen Fällen, wo auch andere Organe krebsig degenerirt waren, angetroffen.
sect;. 13. Die Brustfellentzündung, Pleuritis
ist eine bei allen Hausthieren, am häufigsten bei Pferden vorkom­mende Krankheit, die entweder primär in Folge von Erkältung, übermässiger Anstrengungen oder ohne nachweisbare Ursache auf­tritt, öfter secundär anderen Krankheiten, namentlich denen der Lunge sich beigesellt. Manchmal tritt die Pleuritis seuchenartig auf und wird dann als eine Form der Pferdeinfluenza beschrieben.
Pathologische Anatomie. In der Brusthöhle viel trübe, seltener blutige, molkige, eiterige Flüssigkeit, die sich am Grunde des Brustraumes ansammelt und bei fortgesetzter Exsudation höher und höher steigt. Damit ist öfters plastisches Exsudat in Verbindung, das sich in Schichten von verschiedener Dicke sowohl auf die Kippen- als Lungenpleura abgelagert hat und dieselben mit einander verklebt; zuweilen umschliessen sie mit Serum oder Eiter gefüllte Räume. Frisch sind diese Ergüsse gelblich, weich und gallertartig, bald aber organisiren sie sich, werden fester, durch neugcbildete Gelasse geröthet und geben zu Pseudoplasmen Anlass. Die Brusthaut selbst ist geröthet, die Blutgefässe netz­förmig, die Pleura minder glatt aufgelockert, verdickt, mürbe, von den unterliegenden Theilen abtrennbar. Die Lungen zusammenge­fallen, luftleer, die Substanz derb, zähe, blass, wenn die Exsudate beträchtlich sind oder länger bestanden haben, zurückgedrängt, blutleer. Im Herzbeutel ähnliche Exsudate, das Herz schlaf welli, mürbe, die erweiterte rechte Herzkammer sehr blutreich.
Erscheinungen. Die Brustfellentzündung beginnt gewöhn­lich mit einem Fieberschauer, worauf die übrigen Erscheinungen des Fiebers, Abgeschlagenheit, Verringerung der Fresslust, Steige­rung des Athmens, des Pulses u. s. w. sich einstellen. Die Athem-hewegungcn sind im Beginne kurz, oberflächlich und häufig, ihre Frequenz wächst mit der Menge des angesammelten Exsudates, bei einseitigem Ergüsse wird die kranke Hälfte weniger bewegt als die gesunde. Die Thiere stehen mit weit auseinandergesetzten Vorderfüssen, gesenktem oder aufgestütztem Kopfe, bei grosser Athemnoth mit weit aufgesperrten Nasenflügeln und zeigen ein heftiges Spiel der Bauchmuskeln, denen wegen Lähmung des Zwerchfelles und der Zwischenrippen-Muskeln beinahe ausschliess-lich das Athmungsgeschäft zufällt. Grössere llausthiere stehen in der Regel, kleinere legen sich auf die kranke Seite.
Ergebnisse der Percussion und Auscultation. Ist die Lunge durch das Exsudat bedeutend comprimirt, so
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350nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten des Brustfelles.
erliält man einen tympanitischen Schall. Am Boden der Brust­höhle, wo die ergossene Flüssigkeit zumeist angesammelt ist, wird der Öchall gedämpft und leer, er steigt im Verlaufe der Krank­heit mit dem Exsudate nach aufwärts und fällt mit der Abnahme der Exsudatsmenge. Der Widerstand, den man bei der Percussion erfährt, ist ein bedeutenderer als bei der Infiltration der Lunge. Im Beginne der Krankheit stellt sich ein Reibungsgeräusch ein, das beim Ein- oder Ausathmen zuweilen bei beiden Athmungs-bewegungen vernehmbar ist, und so lange andauert, als die Lunge an der Brustwandung anliegt. Ist ein Lungenstück durch ange­sammeltes Exsudat völlig luftleer geworden, so hört man an die­ser Stelle bronchiales Athmcn, solches ist auch vorhanden, wenn die Lunge nach Resorption des Exsudates comprimirt bleibt. Durch Auflegen der Hand an die kranke Brusthälfte kann das Reibungs­geräusch beim Beginne und am Ende der Krankheit bisweilen deutlich gefühlt werden. Wichtig ist auch die durch grössere Er­güsse bedingte Lageveränderung der angrenzenden Organe. Durch Exsudate auf der linken Seite wird bei kleinen Haustliieren das Herz stets nach der rechten Seite gedrängt, bei grösseren nur dann, wenn sie sehr massenhaft sind.
Der Verlauf der Brustfellentzündung ist je nach der Höhe der Erkrankung bald ein rapider, bald ein langsamer: leichtere Fälle verlaufen rasch und günstig, bei Vorhandensein bedeuten­der Exsndationen wird der Krankheitsgang schleppend, und der Ausgang ist dann verschieden. Genesung tritt, wenn auch die Resorption des Exsudates langsam vor sich geht, dann ein, wenn die Fiebererscheinungen nachlassen und keine neuen Nachschübe kommen. Im anderen Falle siechen die Thiere langsam hin; sie werden cachectisch; es treten oft Folgekrankheiten hinzu, nament­lich entwickelt sich bei Pferden oft der Rotz.
Behandlung. Im Beginne einer Brustfellentzündung mache man von einer energischen Autiphlogose mittelst Aderlässen, küh­lender Salze, Brechweinstein, Leder- oder Gillwurzelstecken, schar­fer Einreibungen in die Brustwandungen, bei Rindern auch Annähern einer glühenden Schaufel an dem Thorax Gebrauch (Roll). Sind die Exsudate reichlich und erfolgt die Aufsaugung langsam, so sind Wachholderbeeren, Fingerhutkraut, roher AVeinstein, das Ter­pentinöl, bei Verfall der Kräfte nebst diesen letzteren der Cam-pfer und ätherisch-ölige Mittel angezeigt. Bei sehr langsamer Ab­sonderung des reichlich angesammelten Exsudates bei fortwährend dadurch verursachter Compression der Lunge ist der Bruststich zu versuchen. — Vortheilhaf't ist es den Thieren die allenfalls noth-wendigen Arzneimittel mit dem Getränke beizubringen. Immer je­doch richte man sein Augenmerk hauptsächlich auf ein äusserlich ableitendes Verfahren, dasselbe ist bei der Pleuritis von grösster Wichtigkeit und macht oft sogar die Hauptsache der ganzen Be­handlung aus. Was den Ort der Application von Fontanellen be-
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Lungenblutnng.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;351
trifft, so werden dieselben bei Pferden am liebsten an die Brust applicirt.
Krankheiten der Lungen.
sect;. 14. Lungenblutung, Bluthusten, Blutsturz, Haemorrhagia pulmonum. Haemoptysis, Pneumorrhagia
kommt bei unseren Hausthieren am Läufigsten beim Pferde vor und besteht in einem durch Husten vermittelten Auswurfe eines flüssigen, gewöhnlich hellrothen, schaumigen Blutes (Bluthusten), oder in heftigem Hervorströmen von unvermisclitem Blute (Lun-genblutsturz) aus den Lungen durch die Luftrühre und Nase, oder bei dem Rinde und den kleinen Thiercn auch durch das Maul, welcher Vorgang von grossen Athembescbwerdea innerer Angst und Unruhe, Pulsfrequenz, bei Hunden auch wohl von Würgen und Erbrechen begleitet zu sein pflegt.
Die Ursachen der Lungenblutungen sind sehr verschieden und liegen bald in starken Cougestivzuständcn der Lunge, wie sie sich besonders nach heftigen Anstrengungen einstellen, in Ent­zündungen derselben, in Zerstörung von Lungengefässen durch tuberkulöse Cavemen, durch Lungenhrand oder mechanische Ge­walt. Veränderte Blutmischung, wenn sie beim Typhus und An­thrax vorkömmt, begünstigt die Lungenblntuug im hohen Grade. Ausserdem sieht man nach stattgehabter Bronchitis oder heftigem Lungencatarrhe im blenorrhoischcn Stadium nicht selten Blutaus­wurf oder vielmehr eine Vermengung des ausgehusteten Schleimes mit Blut eintreten.
Die Prognose ist in den meisten Fällen mit Vorsicht aus­zusprechen, da diese Blutung nicht selten von schweren Krauk-heitszuständen bedingt wird, und da andererseits (wenn ihr auch keine gefahrbringenden Veränderungen der Lungen oder des Her­zens zum Grunde liegen) namentlich bei Schweinen, sie leicht durch chemische Zersetzung des in den Bronchien ergossenen Blutes, durch die Berührung mit der atmosphärischen Luft und hierdurch hervor­gerufene sogenannte faulige Lungenentzündung von grösster Be­deutung werden kann. Ferner kann diese Art der Blutung wiederkehren, habituell werden und einen ungünstigen Ausgang nehmen. Günstiger gestaltet sich allerdings die Prognose, wenn die Blutung bei kräftigen Thieren als Folge einer allgemeinen oder localen Plethora, oder bei Bronchitis und Lungencatarrh auftritt. Dagegen sind alle hochgradigen Blutverluste ungünstig zu beur-theilen, indem man nie direct auf die Sistirung derselben hinwir­ken kann, und die Thiere oft schon, bevor noch die Menge des verlorenen Blutes gefahrbringend ist, durch das Abhalten der atmo­sphärischen Luft an Erstickung zu Grunde gehen.
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352nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten der Lungen.
Behandlung. Zur directen Stillung der Lungenblutung lässt sich aussei- vollständiger Ruhe, einem kühlen Verhalten und ei­ner Darreichung von kaltem Wasser nichts weiter thun. Bei acu-ten auf Plethora beruhenden Blutungen zeigt sich ein Aderlass, die Verabreichung von kühlenden Salzen oft nützlich. Ist die Blu­tung von allgemeinen Erscheinungen eines asthenischen Zustandes begleitet, so sind Säuren oder pflanzliche Adstriugentien, grosse Gaben von Eichenrindedecoct innerlich mit Erfolg anzuwenden, bei grosser Aufregung des Gefässsystemes ist auch die Digitalis zu versuchen.
Von Wichtigkeit ist die prophylactische Behandlung; sie ist durch Ruhe, nährende nicht erregende Diät, Grünfutter bei Pfer­den, namentlich Mohrrüben und im Frühjahre junge Disteln, Dar­reichung von bitteren tonisirenden Mitteln, kleinen Gaben Eisen einzuleiten, wird jedoch nur in wenigen Fällen mit Glück durch­geführt werden können, da die organischen Veränderungen der Lungen und des Herzens nicht beseitigt werden können und der öconomische Vortheil der Thicre dadurch verloren, geht.
Lungenentzündung.
Man unterscheidet zwei Formen der Lungenentzündung, je nachdem der Process im Lungengewebe selbst, oder in dem die einzelnen Lungenläppchen verbindenden Bindegewebe auftritt. Die erstere Form nennt man die croupüse; die letztere, die stets chro­nisch verläuft, iuterstitielle.
sect;. 15. Die eigentliche gewöhnliche Lungenentzündung. Pneumonia crouposa s. parenehymatosa phlegmonosa.
Sie befällt als eine der häutigsten Krankheiten unserer Hausthiere zumeist das Pferd und den Hund; das Rind unterliegt häufiger der interstitiellen Form der Lungenentzündung. Als An­lage ist gut genährter Zustand und Vollblütigkeit namentlich zu erwähnen; Thiere, die schon brustkrank waren, verfallen der Krank­heit leichter.
Die Ursachen sind Erkältungen jeder Art, angestrengtes Laufen, besonders gegen den Wind oder bei starker reiner Win­terkälte, scharte Einathmungsstoffe, stark ammoniakalische Stall­luft, das Einathmen scharfen Staubes oder Rauches', fremde Kör­per, besonders in Folge des Einschüttens von Arzneien, eindrin­gende Verwundungep, Zuweilen tritt die Pneumonie auch als eine Art Influenza seuchenartig auf.
Seeundär entwickelt sich die Lungentzündung aus anderen Krankheiten, z. B. chronischen Lungenkrankheiten, dann im Typhus, bei den Pocken, Blutzersetzung, Eiterresorption, Gehirn- und Rü-ckenmarkskrankheiten, Rotz bei Pferden und nach ausgedehnten
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Lungenentzündung-.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 353
Verbrennungen, wenn ein grosser Tlieil der Haut functionsunfahig wird.
Pathologische Anatomie. In der ersten Zeit der Krankheit ist das Lungengewebe mit Blut überfüllt, rothbraun, es knistert noch beim Darüberstreicben und schwimmt auf dem Wasser: die Bronchien enthalten einen blutigen Schleim (Zustand der entzünd­lichen Anschoppung). Etwas später hat Exsudation in das Ge­webe stattgefunden, man sieht lockere Ausschwitzungen, Gerinn­sel, Verwachsungen mit den Nachbartheilen. Die Lungen aufge­trieben, fest, schwer, rothbraun gefärbt (rothe Hepatisation), und nach dem Zurücktreten der Hyperämie graugelblich (graue Hepatisation). Im Wasser sinken solche Lungen unter, sie erscheinen blass, zähe, derb. Erfolgt in diesem Stadium der Tod des Thieres nicht, so sind die weiteren Veräuderuugen ver­schieden. Die Zellen gehen manchmal die fettige Umwand­lung ein, und werden dann theils resorbirt, theils mit dem Auswurfe entfernt, während wieder Luft in die Lungenbläschen eintritt: oder es nimmt die Bildung der Eiterzellen zu, die Lun-gcnzellen sind von einer eiterigen Flüssigkeit angefüllt, ein Zu­stand, den man als eiterige Infiltration bezeichnet. Ein die Fett­umwandlung eingegangenes Lungenstück ist weich, aber brüchig, ergiesst auf der Schnittfläche eine trübe, emulsionsartige Flüssig­keit. Ein eiterig infiltrirtes Lungenstück ist mürbe, sehr leicht zer-reisslich, auf dem Durchschnitte röthlich, gelb, oder grau gefärbt mit einer rahmälmlichen über die Schnittfläche emporquellenden Flüssigkeit durchtränkt.
Erscheinungen. Der Ausbruch der Pneumonie beginnt mit heftigen Fiebererschcinungen, kurz vorübergehendem Frost­schauer, und nachfolgender Hitze, die besonders am Grunde der Ohren und Horner wahrnehmbar ist: die Fresslust ist vermindert oder aufgehoben, das Wiederkauen eingestellt, der Durst in der Regel vermehrt. Die Schleimhäute erscheinen höher geröthet, das Flotzmaul trocken und rissig; alle Secretiouen vermindert. Die Thiere verhalten sich ruhig, stehen mehr oder weniger betäubt, wie in sich gekehrt, mit gesenktem Kopfe, ausgespreizten Vorder-fussen, die Hinterfüsse sind mehr einander genähert; der Gang ist bei der Bewegung sehr gezwungen, schmerzvoll, steif, schwankend und die Schritte kurz. Das Emporheben des Kopfes verursacht den Thieren Schmerz, weshalb sie häufig stöhnen. Die Respira-tionsbeschwerden sind bedeutend, das Athmen ist beschleunigt, ge­schieht 35 bis 50 Mal in einer Minute, kurz, erschwert, augestrengt, mit Heben der Flanken und deutlich sichtbarer Rippenbewegung und erweiterten Nasenlöchern verbunden, die ausgeathmete Luft ist sehr warm, die Neigung zum Husten gross, der Husten ist kurz, trocken und schmerzhaft; im hohen Grade der Krankheit wird er von dem Kranken zu unterdrücken gesucht, weshalb er nur oft abgebrochen gehört wird. Der Puls ist klein und beschleu-
Kraus, Path. u. Therap. der Haussiiugethiorc.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;23
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354nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten der Lungen.
nigt, die Haut lieiss und trocken, besonders am Rumpfe, während die Extremitäten manelimal kalt sind.
Die Pferde legen sich nicht, wohl aber die übrigen Thiere, doch bei noch nicht zu grosser Entzündung immer auf kurze Zeit auf die kranke Seite, Hunde und Schweine sitzen, und strecken die Zunge vor. — Her Abgang des Kothes erfolgt selten und er ist trocken, kleinballig. Auch Harn wird selten und in geringer Menge abgesetzt, er ist durchsichtig, aber dunkel gefärbt, die Milch wässerig. Das aus der Ader gelassene Elut gerinnt bald zu einem festen Kuchen. Die anfangs geringe Nasenschlcimabsonderung wird nach und nach gelblich, oder ist mit Blutstriemen oder Ei-terpartikelchen gemischt und legt sich an den Nasenflügeln als braune Krusten an.
Ergebniss der Percussion und Auscultation.
Im Beginne der Krankheit so lange die Lungenzellen noch nicht mit Exsudat angefüllt sind, ist der Percussionsschall unver­ändert. Stellt sich Hepatisation eines Lungenabschnittes ein, so gibt die Brustwand einen desto gedämpfteren und leereren Percussionsschall, je tiefer die Hepatisation in die Lungensub­stanz reicht; da wo der Entzündungsproccss noch nicht so weit vorgeschritten ist, wird liäulig ein tympanitischer Schall vernom­men. Verläuft innerhalb der hepatisirten Stelle ein grösserer Bron-chialast, so werden bei der Auscultation entweder bronchiales Ath-men oder consonirende Rasselgeräusche, welche, sobald die in den Bronchien angesammelte Flüssigkeit entfernt ist, dem bronchialen Athmen Platz machen, gehört werden. Je weiter das in der in-filtrirten Partie verlaufende Bronchialrohr, je ausgedehnter die He­patisation ist, je heftiger die Athcnibewegungeu, je dünner die Brustwandungeu sind, desto stärker ist das Broncliialathmen. Die nicht infiltrirten Lungcntheilc können an der entsprechenden Tho­raxwand bald verschieden starkes Bläschen-, bald unbestimmtes Athmungs-, bald gross- oder klciublasiges Kasselgeräusch geben. In der gesunden Lunge ist, falls eine ausgebreitetere Hepatisation in der anderen zugegen ist, häufig ein verschärftes Athmen wahr­nehmbar.
Bei dem Zcrfliesscn des Infiltrates wird der Percussionsschall wegen des Wiedercinstiömens der Luft wieder voll und hell. Bei der Auscultation werden feuchte Rasselgeräusche hörbar, welche selbst nach dem Verschwinden der übrigen Krankhcitserscheinuu-gen noch durch längere Zeit andauern.
Der Verlauf der Lungenentzündung ist dem Angeführten zu Folge ein sehr verschiedener. Doit, wro z. B. keine Hepatisa­tion, oder wo diese nur gering ist, kann die Genesung in 10—14 Tagen eintreten. Ist jedoch die Hepatisation über einen grossen Theil der Lunge ausgebreitet, so ist der Verlauf ein längerer und
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Lungenentzündung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 3ö5
die Krankheit kann sieh bis zum Wiedereintritte der vollkomme­nen Genesung über einen Zeitraum von 6 Wochen ausdehnen. Manchmal kommt es durch ausgedehnte Eiterung zur Abscessbil-dung in der Lunge; sind die Abscesse klein, so kann Vernarbung derselben erfolgen, sind dieselben jedoch gross und ausgebildet, so tritt in der Hohe der Krankheit Lungenbrand ein.
Bezüglich der Prognose muss im Allgemeinen bemerkt werden, dass die Lungenentzündung als eine den Fortbestand des Lebens in hohem Grade gefährdende Krankheit anzusehen ist. Beim Pferde unterliegen wenigstens l50/0 der Erkrankten.
Der Tod erfolgt bei der Lungenentzündung entweder durch Aufhebung der Lungenfunction bei sehr umfangreicher Hepatisa-tion, oder durch rasches, eiteriges Zerfliessen der Infiltrate, oder in Folge der sich während ihres Verlaufes einstellender Complica-tionen oder Ausgänge, worunter besonders Lungenödem, Croup des Kehlkopfes und der Luftröhre, Lungenbrand, Blutgerinnungen im Herzen und in den Lungenartcrien, dann das Tuberkulisiren des Exsudates und die Bildung von Lungeuabscessen zu nennen sind.
Behandlung. Die Kranken sind in einem massig warmen, reinlichen Stalle zu belassen und massig zu bedecken. Die Be­handlung richtet sich nach dem Stadium der Krankheit. Bei kräf­tigeren, gut genährten Thieren kann man im Beginne der Krank­heit einen ergiebigen Aderlass machen; beim Pferde und Rinde von 6—12 Pfd. auf eiumal, beim Schweine 1—2 Pfd., Ziegen und Schafen Vlaquo;—Vj Pfd., und beim Hund 4—10 Loth. Von Leder­steeken und Gillwurzelsetzcn kann man sich, wie von scharfen Einreibungen in die Brustgegend nur im Beginne der Krankheit einigen Nutzen versprechen. Eöll hat wenigstens bei Pferden weder vom Lederstecken noch scharfen Einreibungen jemals einen wesentlichen Erfolg gesellen und wendet sie demnach auch nicht mehr an. Innerlich reicht man kühlende Salze, Salpeter, Glauber­salz in Verbindung mit schleimigen aromatischen Mitteln, auch Süssholz und andere zuckerstofi'haltige milde Mittel sind ange­zeigt; Ep. Ammon. muriatic. 3jjgt; Kali nitric. 5jj|^ Rad. liquirit. Sem. foenicul. Sem. anis aa. 5j)j, Natr. sulph. libram |i. M. f. p.
Nimm: Salmiak 4 Loth, Salpeter 5 Loth, Süssholzwurzel, Fenchelsamen, Anis, von jedem (i Lofb, Glaubersalz lj2 Pfund.
Mache es zu Pulver. Gieb und bezeichne: Stüudlich einen gehäuften Esslöffel voll.
Oder: Ep. Tart, stibiat. 3jj. Kali sulphuric. 5jv. Sem. anis. Herb, hyoseyam. aa. 5jjj- M. f. p.
Nimm: Brechweinstein 2 Quent, schwefelsaures Kali 8 Loth, Anis, Bilsenkraut, von jedem 6 Loth.
Mache es zu Pulver. Gieb und bezeichne: Stündlieh einen Esslöffel voll.
23 *
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356nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Kranklicitep der Lungen.
Bei sehr heftigem Fieber reicht man Fingerhutkraut oder dessen Extract. Im Stadium der Hepatisation verbinde man mit dem Brechweinstein, Digitalis, Pottasche, Salmiak oder Goldschwe­fel; auch etwa auftretende Durchfälle bilden keine Gegeuanzeige zur Verabreichung des Brechweinsteins, man verbindet ihn nur dann mit schleimigen Mitteln. Kleinereu Hausthicren reicht man bei sehr schmerzhaftem Husten Opium, Bilseukrautextract, grössere Thiere lässt man Einathmmigeu von Wasser dämpfen macheu. Wird in diesem Stadium der Druck auf die Lunge sehr bedeutend, und die Athemnoth dadurch gefahrdrohend, so ist auch jetzt noch ein Aderlass angezeigt. Bei grosser Hinfälligkeit der Thiere gebe man Reizmittel, nuter diesen vorzüglich Campher. Terpentinöl, doch räth Roll bei Pferden keinen Campher zu gebrauchen, da sich nach dessen Anwendung bei diesen Thiereu gerne heftiger Magen-catarrh entwickelt.
Im Stadium der Lösung der Infiltrate empfehlen sich Sal­miak, Goldschwefel in Verbindung mit Wachholderbeeren etc., fer­ner gegen das Ende hin gute Fütterung, bei Pflanzenfressern, Grüntutter.
Gegen Lungenabscesse verfahre man im Beginne ihrer Bildung, wie eben angegeben wurde, später tritt eine ähnliche Behandlung ein, wie beim chronischen Bronchialcatarrh.
Gegen Lungenbraud bleibt alle Behandlung fruchtlos, ebenso gegen das Tuberkulisiren des Exsudates.
Die im Verlaufe der Lungenentzündung auftretenden, ver­schiedenen Zufälle und Erscheinungen erheischen ein symptomati­sches Verfahren. Gegen die Diarrhöe kämpft man mit Bieizueker und Opium an, Stuhlverhaltung bekämpft man mit Klystiren.'
Lungenseuclie des Rindes.
Pneumonia interstitialis boum, Pleuropneumonia exsudatoria con-tagiosa. Morbus pulmonalis pecorum typhoides.
sect;. 16. Die Lungenseuclie ist nach Roll eine interstitielle Lungen­entzündung in Verbindung mit ausgebreiteter seeundärer Brustfell­entzündung; sie tritt in der Regel seuchenartig enzootisch auf und soll nach Spinola die Thiere nur einmal im Leben befallen. Die Lungenseuclie gehört unstreitig zu den verderblichsten Seuchen-krankheiten des Kindes, sie ist unsere heimische Kinderpest. Nach Versuchen einer französischen Commissioiiraquo; kann angenommen wer­den, dass bei dem Zusammenstehen gesunder und kranker Thiere ungefähr 2(),,/„ der ersteren der Ansteckung widerstehen und 23l,/o der Erkrankten unterliegen. Nimmt man zu den Verlusten, die durch den tödtlichen Ausgang der Seuche veranlasst werden, noch
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Lungenseuche.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;357
jene hinzu, die durch das Schlachten der unheilbaren Kranken er­wachsen, so ist die Verlustziffer mit 60n/o in der That nicht zu hoch gegriffen.
Ursachen. Es gibt auch kaum einen schädlichen Einfluss, dem man nicht die Entstehung dieser Krankheit zugeschrieben hätte; schlechtes Futter, Unreinlichkeit in der Haltung, insbeson­dere in Stallungen, schneller Futterwechsel, Erkältungen etc. etc. Avurden in dieser Beziehung beschuldigt. Da jedoch in vielen Fäl­len die Lungenseuche auftritt, wo der Zusammenhang mit solchen Verhältnissen durchaus nicht nachgewiesen werden kann, so muss als Ursache der Entstehung und Verbreitung der Lungenseuche ein theils flüchtiger, thcils an den Exsudaten der Lungen haften­der Ansteckungsstoff angenommen werden. Die Annahme jedoch, dass diese Krankheit nur durch Ansteckung entstehe, und nicht auch ursprünglich bei uns auftreten könne, widerspricht voll­kommen den in dieser Hinsicht gemachten Erfahrungen, denn bei­nahe alljährlich wird die Lungenseuche auch an Orten nachge­wiesen, wo trotz der umfassendsten sorgfältigsten Erhebungen eine Einschleppung nicht cohstatirt werden kann. Es müssen demnach in unseren Gegenden die Ursachen zur Entstehung der Seuche gegeben sein und es zählt demnach die Lungenseuche nicht zu den reinen Contagieu, sondern zu den contagiösen Epizootien.
Pathologische Anatomie. Die pathologischen Verände­rungen werden je nach dem Stadium der Krankheit verschieden sein, und wird man in der Lunge und Brusthöhle dieselbe zunächst zu suchen haben.
Die erste Veränderung, die man in Folge der Lungenseuche-Infection in den Lungen vorfindet, besteht in der Ansammlung ei­nes flüssigen gelblichen Exsudates in das Zellgewebe zwischen den Lungenläppchen, wodurch diese etwa strohhalmdick von einander getrennt und das Zellgewebe selbst aufgetrieben erscheint.
Liegt die ergriffene Lungenpartie dicht an der Oberfläche, so ist an dieser Stelle das Lungenfell getrübt, mit dünn faser­stoffigen Gerinnseln beschlagen. Während der Krankheitsprocess weiter fortschreitet, scheidet sich faserstoffiges, eiweissreiches Exsudat allmälig in das interstitielle Bindegewebe in vermehrter Menge aus, wodurch dasselbe so wie durch die gleichzeitig be­ginnende Bindegewebsneubildung verdickt und starr wird. Das sehr hyperämische Lungenparenehym wird dadurch zusammenge-presst und die Lunge luftleer; die erkrankte Lunge erreicht dann nicht selten ein Gewicht von 20—50 Pfund, ist fest und derb, kni­stert beim Durchschnitte nicht und zeigt ein sehr schönes gelblieh-roth marmorirtes Ansehen von cliaracteristischem Gepräge. Da der Krankheitsprocess in der Folge bis auf die Oberfläche über­greift, so ist auch gewöhnlich Brustfellentzündung zugegen.
In der Brusthöhle ist eine oft enorme Menge von Flüssigkeit angesammelt, die nach dem Erkalten zum Theile gerinnt. Das er­gossene Exsudat kann verschiedene Veränderungen erleiden, bei
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3f-)8nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten der Lungen.
leichteren Fällen kann es resorbirt werden, wiewohl diese Fälle ziemlich selten sind, gewöhnlich kommt es zur Bindegewebsneu-bildung; das Exsudat tuhcrkulisirt oder verkreidet, das betreftende LungenstUck wird functionsimfähig. Manchmal kommt es zu reich­licher Eiterung, die den Ausgang in Brand einleitet; der üble Ausgang der Krankheit wird hauptsächlich durch die massenhaf­ten Ergüsse in die Brusthöhle beschleunigt, denn durch diese bleiben auch nach abgelaufenem Krankheitsprocesse Athmungsbe-schwerden zurück, die mit ihren Folgen auf den Ernährungszu­stand der Thiere einen schädlichen Einfluss nehmen.
Erscheinungen. Bei dem schleichenden Verlaufe dieser Krankheit beginnt dieselbe meist mit ganz unscheinbaren Zufällen. Die Lungenseuche macht im Anfange nach geschehener Ansteckung so geringe Fortschritte, dass die unbedeutenden Krankheitserschei­nungen derselben oft übersehen werden.
Von dem Momente der geschehenen Ansteckung bis zum Auf­treten unmerkbarer Kraukheitserscheinungen kann ein verschieden langer Zeitraum von wenigen Wochen bis zu 3 — 4 Monaten ver­gehen. Während dieser Zeit ist kein Fieber zugegen.
Von den Zufällen nun, welche den offenbaren Ausbruch der Krankheit begleiten, ist besonders der Husten auffallig, welchen die Thiere vorzüglich des Morgens, wenn beim Oeffheu der Thü-ren kalte Luft in die Ställe dringt, oder beim Austreiben auf die Weide oder beim Aufstehen und beim Tränken hören lassen. Es hat dieser Husten zwar sein Eigenthümliches, doch lässt er sich ebenso schwer beschreiben, als er nichts Charakteristisches hat, wodurch er von dem Husten, der bei anderen Lungenkrankheiten vorkömmt, unterschieden werden könnte. Der Husten erfolgt in einzelnen Stössen, ist trocken, mehr kurz, mehr oder weniger helltönend, schmerzhaft. Später wird er unter Zunahme der He-patisation der Lunge keuchender und dumpfer und bei eintreten­der Genesung rauh und kräftig-. Hin und wieder ist im Beginne auch eine massige Beschleunigung des Athmens vorhanden und ein leises Stöhnen bemerkbar. Die Fresslust und Milchabsonderung ist vermindert, das Haar rauh und glanzlos, zuweilen ist ein wässeriger, schmieriger Ausfluss aus der Nase vorhanden.
Um diese Zeit wird eine physikalische Untersuchung der Brustorganc schon die fortschreitende Veränderung in der Lunge mit Sicherheit nachweisen lassen. Haben diese Erscheinungen einige Zeit angedauert, so tritt die Krankheit ins zweite fieber­hafte Stadium. Der Puls wird beschleunigt, das Flotzmaul trok-ken, die Ohren bald kalt, bald heiss, und auch die Temperatur des übrigen Körpers wechselt. Die Fresslust und das Wieder­käuen verliert sich gänzlich, Heu wird noch am liebsten aufge­nommen. Auch das Getränk versagen die Thiere, sie trinken in öfteren, durch Husten unterbrochenen Absätzen, die Milchsecretion ist nun gänzlich eingestellt.
Die Kranken stehen auffällig leidend und traurig mit ge-
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Lungenseuche.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 359
senktem Kopfe, gekrümmtem Rücken, mit weit aus einander ge­stellten Vordertüssen und legen sieb entweder gar nicht, oder nur auf kurze Zeit mit untergeschlagenen oder nach vorne gestreckten Füssen auf das Brustbein, ihr Gang ist midisam und schleppend. Das Athmen wird sehr beschleunigt, so dass die Zahl der Athem-züge um das Doppelte und auch Dreifache steigt und wird sehr angestrengt vollzogen mit aufgesperrten Flanken und geringer Be­wegung der Rippen. Bei einem angebrachten Drucke erscheint die Empfindlichkeit der Brust sehr bedeutend. Die Auscultation und Percussion gibt dieselben Resultate wie bei der Lungen- und Brustfellentzündung.
Hat die Krankheit diese Höhe erreicht, so führt sie meist unaufhaltsam zum Tode. Das Athmen wird noch mühevoller und ängstlicher von Stöhnen und Aechzen begleitet, die Thiere beben am ganzen Körper, und die ausgeafhmete Luft ist oft übelriechend, der Husten quälend und schmerzhaft; aus der Nase und aus den Augen fliesst eiterige Flüssigkeit, die Haut wird trocken, das Haar immer matter, glanzloser und struppig, der Puls klein, schwach, äusserst beschleunigt, der Herzschlag pochend, der Mistabsatz wenn nicht verhalten, so doch mehr weniger unterdrückt, die Thiere sind im höchsten Grade abgestumpft, unempfindlich, sie liegen meist auf der Seite mit ausgestrecktem Halse und offenem geifern­dem Maule und sinken, wenn sie aufstehea wollen, laut stöhnend wieder zusammen. In der Regel werden sie, nachdem sich colli-quative, übelriechende Durchfälle eingestellt haben, zum Gerippe abgemagert, 2 bis 3 Wochen nach dem Eintritte in dieses Sta­dium, wenn nicht durch Erstickung das lethale Ende früher herbei­geführt wurde.
Verlauf. Bei jungen kräftigen Thieren ist der Verlauf im Allgemeinen viel stürmischer.
Die Dauer der Krankheit hängt von dem früheren oder spä­teren Eintritt des Fiebers ab und kann sich daher von einigen Wochen bis zu ö — 4 Monate erstrecken. Vollständige Genesung tritt selten ein, die zurückbleibenden Exsudate und Verwachsungen der Lunge mit der Brustwand, das öftere Husten beeinträchtigen den öconomiscuen Werth der Thiere, da sie Störungen der Ernäh­rung bedingen. Der tödtliche Ausgang ist sehr häufig, wie das oben angegebene Percentualvcrhältuiss beweist.
Behandlung. Es liegt in der Natur der Krankheit und in den umfangreichen pathologischen Veränderungen, welche die­selbe in den Lungen in der Regel bis zu ihrem offenbaren Aus­bruche bereits veranlasst hat, dass alle Heilversuche in der Haupt­sache (vollständige Heilung herbeizuführen) scheitern und auch wohl nie darauf gerechnet werden könne, dass es überhaupt der Kunst gelingen werde, ein befriedigendes Heilverfahren ausfindig zu machen.
Die Behandlung trennt sich in eine prophylactische und cu­rative. In ersterer Beziehung wahre man die Thiere vor den oben
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3G0nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten der Lungen.
genannten schädlichen Einflüssen, man vermeide jeden Verkehr mit solchen Orten, in denen die Seuche herrscht.
Die zweifelhaften oder ganz erfolglosen Resultate, welche alle präservativen Methoden gehabt haben, führten, nachdem die Ueberzeugung von der Ansteckungsfähigkeit der Lungen­seuche immer allgemeiner geworden, und es durch die Erfahrung immer mehr bestätigt wurde, dass durchgeseuchte Rinder gegen fernere Ansteckung geschützt waren, auf die Idee, in der künst­lichen Impfung ein Schutzmittel gegen die Lungenseuche auf­zufinden.
Inwiefern nun die Impfung, die mit dem flüssigen Exsudate aus dem intcrlobulärcn Zellgewebe, wie es sich bei beginnender Hepatisation vorfindet an der Rückseite der Schwanzspitzc vorge­nommen wird, sicher Gewähr leistet, darüber sind die Ansichten sehr verschieden. Die Erfolge, die durch die Impfung erzielt wur­den, sind so widersprechender Natur, dass man in dieser Bezie­hung noch zu keinem gedeihlichen Resultate gelangt ist. Spinola bezeichnet im Allgemeinen die Erfolge der von ihm angestellten Versuche als günstige, wiewohl auch ihm ungünstige Resultate be­kannt sind. Roll, den die Gelegenheiten zu Impfversuchen im Grossen mangelten, kann kein massgebendes Urtbeil abgeben, schliesst sich aber nach den veröffentlichten Thatsachen jenen an, die über die Wirksamkeit dieses von vielen Seiten warm empfoh­lenen Schutzmittels bescheidene Zweifel hegen. Dort, wo die Lun­genseuche herrscht, und man also jedenfalls nicht fürchten muss, damit zu schaden, kann dieselbe versucht werden.
Als prophylactisches Mittel wird von Pierer eine Abkochung von Eichen- oder Weidenrinde mit Stengel und Beeren des Waeh-holders und Aschenlauge empfohlen und zwar täglich zweimal zu #9632;/z — 1 Pfund (?quot;?) den Thiercn gereicht.
Was nun die curative Behandlung betrifft, so sollen die kran­ken Thiere in massig warmen, reinen, vor Zugluft geschützten Stallungen untergebracht werden.
In der ersten Zeit der Krankheit, dem Congcstivzustande, ist bei kräftigen, wohlgenährten Thieren bei starkem, vollem Pulse ein Aderlass von G—12 Pfund von grossem Nutzen. Aeussere Haut­reize und ableitende Mittel, wie Eiterbänder in dem Triel oder an die Brustwandung, das Nicswurzelstccken am Triel, selbst die Anwendung des Glüheisens, scharfer Einreibungen z. B. der Brech­weinsteinsalbe in die Brustwandungen sind in der Regel von gu­tem Erfolge; auch fleissig gewechselte kalte Umschläge auf die Brust werden empfohlen; öfteres Frottiren der Haut soll immer stattfinden. Für den innerlichen Gebrauch eignen sich bei kräftigen Thieren grössere Gaben von Glaubersalz mit Brechwein-stein oder Pottasche in schleimigen Absuden, v^n Leinsamen, Kleinqueckenwurzeln, Malven, gemischt mit Gerstenmehl oder auch von gelben Runkelrüben oder anderen nährenden Wurzeln unter Zusatz von Digitalis. Bei schwächlichen oder cachectischen Thie-
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Lungenseuche.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;3G1
ren kann nach Roll die Anwendung des Theerwassers (zu '/s Seidel des Morgens und Abends), des Eisenvitriols (zu '/a Loth in Wasser gelöst, drei- bis viermal des Tages), des Alauns, Tannins, der Mineralsäuren empfohlen werden.
König betrachtet das Eisenvitriol täglich eine Unze in zwei Dosen als ein wahres Specificum (?) bei Thieren schwächlicher Constitution.
So lange Fieber vorhanden ist, kann bei kräftigeren Thieren der Brechweinstein oder die Pottasche gegeben werden, ein Ader-lass ist im späteren Verlaufe der Krankheit höchstens bei drohen­der Erstickungsgefahr anzuwenden; bei grosser Schwäche und Hinfälligkeit ist der Eisenvitriol mit Salmiak oder bitteren und erregenden Mitteln nützlich. In der Reconvalescenz sind Salmiak, Goldschwefel, Schwefelblumen mit Wasserfenchel, Anis, Wachhol-derbeeren empfehlenswerth.
Ep. Natr. sulphuric, 'tfjp. Nimm: Glaubersalz l1^ Pfund.
Gieb und bezeichne: In Wasser gelöst und in 2 Tagen zu verbrauchen.
Ep. Ferr. sulphuric. J]v. Divid. in part, aequal. Nr. xvi.
Nimm: Schwefelsaures Eisen, 8 Loth, theile es in 16 gleiche Theile.
Bezeichne und gieb: täglich 4—6 solche Pulver, in lauem Wasser gelöst zu reichen.
Ep. Decoct, e. sem. lin. sjj. Libr. jj i. q. solv. Ferr. sulphu­ric. sect;jv.
Nimm: Leinsamenabkochung, aus 4 Loth Samen, dann löse Eisenvitriol 8 Loth.
Gieb und bezeichne: In 2 Tagen auf Gmal zu verabreichen.
Welche Massregeln sind gegen die Verbreitung der Lungenseuche zu ergreifen?
Spinola beantwortet diese Frage auf folgende Weise: Die Mittel zur Tilgung resp. zur Beschränkung der Lungenseuche und daher zur Vermeidung der durch dieselben herbeigeführten Ver­luste beruhen auf der Kenntniss der Ursachen und der Natur die­ser Krankheit. Obwohl in seltenen Fällen die ursprüngliche Ent­stehung dieser Krankheit, daher auch das Vorhandensein der Ur­sachen ihrer spontanen Entwickelung nicht geleugnet werden kann, so erfolgt doch in der Eegel der Ausbruch in einem Viehstande durch Ansteckung oder Einschleppung des Contagiums; dieses Con-tagium nun ist flüchtig und scheint durch längere Zeit seine Keim­kraft behalten zu können; es wird entweder unmittelbar durch kranke Thiere auf gesunde oder mittelbar durch Zwischenträger: Theile von kranken Rindern wie Excremente, Häute etc. oder durch Dinge,
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362nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten der Lungen.
die mit den kranken Thieren in näherer Berührung waren, durch Futter etc. selbst durch Menschen übertragen. Die durch die Ue-bertragung des Contagiums entstandene Krankheit verläuft lang­sam, ist schwer heilbar und für das Rind sehr gefährlich. Wie bei jeder andern verderblichen Krankheit muss daher auch hier das Mittel zur Tilgung derselben in der Vernichtung resp. Schlachtung der kranken und verdächtigen Thiere gesucht werden und diese wird wieder seine wichtigste Stütze in einer entsprechenden Assecuranz finden, die übrigen gegen diese Seuche angeführten Mittel: Qua-rantaine, Grenzsperre, Ausstellen von Gesundheitszeugnissen, Be­aufsichtigung der Viehmärkte und Impfung sind von geringer Wich­tigkeit; denn 1) die Quarantaine für einzuführendes fremdes Vieh wäre wegen ihrer langen Dauer, da die mittlere Dauer der Krank­heit 2 Monate beträgt, schwer durchzuführen, 2) die Grenzsperre wäre nur in Ländern mit geringerer Viehproduction oder mit ge­ringerem Viehstande als zum Consum erforderlich, anzuwenden, sie wäre kostspielig und würde den Schmuggel begünstigen; 3) das Ausstellen von Gesundheitszeugnissen wäre nicht verlässig, da die Krankheit erst im Entstehen oder erst auf dem Transporte entstanden sein könnte; 4) die Aufsicht über die Viehmärktc wäre nicht ge­nügend, wegen der schweren Erkennbarkeit der Krankheit im Be­ginne oder sie wäre nicht durchführbar, weil, wenn die Krankheit erkannt würde, doch alle Thiere confiscirt werden müssten und 5) die Impfung, deren Nutzen, obwohl sie als ein vorzügliches Mittel zur Abwehr und Tilgung der Lungenseuche gerühmt wird, noch nicht mit Sicherheit nachgewiesen ist, würde höchstens ei­nen localen Wirksamkeit gewähren. Es bleibt daher nur das Schlachten der Kranken und Verdächtigen als das sicherste Mittel zum möglichen Schütze gegen die Weiterverbreitung der Krankheit. Die Anwendung dieses Mittels würde aber durch eine Assecuranz, gleichviel ob privat oder vom Staate unterstützt, freiwillig oder gezwungen, sehr gefördert werden, wenn nur die Abhaltung einer Contumaz für neu angekauftes, fremdes Vieh zur Pflicht, davon der Entschädigungsanspruch abhängig gemacht und nie die volle Entschädigung gewährt würde, damit keine Veranlassung zu Miss­bräuchen gegeben wäre.
J. Graeves spricht sich über die Ursachen, die Natur und die Behandlung der Lungenseuche folgendermassen aus: Es gibt bisher weder eine bestimmte Fütterungsmethode, noch auch eine Art der Stalllüftung, welche einen sicheren Schutz gegen die Lun­genseuche gewähren würde; ebenso hat sich bisher die Impfung als nutzlos erwiesen und es bestätigt sich, was Professor Simond schon vor 12 Jahren in zwei weitläufigen und wissenschaftlichen Berichten dargethan hat, dass die Impfung ähnlich einem Eiter­bande als Ableitungsmittel wirke; alle angewendeten Arzneimittel der verschiedensten Art haben eine geringe oder gar keine Wir­kung gegen die Krankheit. Auch in Bezug auf die Ansteckungs­fähigkeit ist die Sache bisher noch nicht ganz klar festgestellt.
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Lungenseuche.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;363
Man sieht in den bestgehaltencn Ställen, in welchen alle Sorgfalt angewendet wird, die Senchc zum Ausbruche kommen, während Pachtgüter, wo nie eine Stallreinigung vorgenommen wird, wo eine Absperrung ganz unmöglich ist, wo das schlechteste Futter verabreicht wird, ganz verschont bleiben. Diese Beobachtungen haben in dem Verfasser den Gedanken angeregt, dass die Ursache der Lungenseuche in dem Einathmen eines besonderen Giftstoffes (virus), einer scharfen pesterzeugenden Materie liege, welche in der atmosphärischen Luft sich befindet; ob sie von dem Boden ausgedampft wird, oder unter gewissen Verhältnissen durch eine chemische Umwandlung in der Luft sich entwickle oder endlich als Keimsporen oder Infusionsthierchen in der Luft sich befinde, hat die Wissenschaft bisher nicht ermittelt. Diese Substanz bringt zuerst eine Reizung der so feinen und empfindlichen Haut der Lungenzellen hervor, welche sich erst später auf das Zwischen­bindegewebe fortpflanzt; sie wirkt in grosser Menge derart, dass sehr rasch seröse Ergüsse und Exsudationen entstehen, welche in kürzester Zeit jene bösartigen Schwellungen und Verhärtungen hervorrufen; in geringer Menge aber ist ihre Wirkung abgeschwächt und dadurch kommen die in Heilung ausgehenden Fälle zu Stande. Diese Ansicht finde eine Bestätigung darin, dass alle Länder, in denen die Lungenseuche herrscht, einen flachen, marschigen, schlammigen Boden haben, von welchem nur in die unteren Schich­ten der Luft jenes feine und verderbenbringende Gift aufsteigt.
Sicherungsmassregel in Oesterreich.
Da die Seuche in den meisten Fällen epizootischer oder en-zootischer Natur ist, so kann ein zweckmässiges diätetisches Ver­halten des Viehes die Entwiekeluug derselben häufig hiutanhalten.
Gegen die Einschleppung des Ansteckungsstoffes schützt die genaue Befolgung der in den sect;sect;. 3 bis 7 des Seuchennormales vorgeschriebenen Massregeln, deren Durchführung von Seite der Ortsvorstände dann um so strenger zu überwachen ist, wenn be­reits in der Nähe die Lungenseuche zum Ausbruche gekommen ist. In einem solchen Falle ist auch der Verkehr mit dem verseuchten Orte auf das Notwendigste zu beschränken, und insbesondere das Betreten der Eindviehstallungen in demselben zu vermeiden.
Das Weiden des Ortsviehes darf nur an solchen Plätzen ge­stattet werden, denen das Hornvieh der verseuchten Ortschaft sich nicht nähern kann.
Das Abhalten von Hornviehmärkten darf bei dem Herrschen dieser Seuche innerhalb des Umkreises von 3 Stunden um den Seuehenort nicht gestattet, und zu denselben durchaus kein Vieh aus diesen letzteren zugelassen werden.
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364nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten der Lungen.
Veterinär-polizeiliche Massregel bei ausgebrochener Lnngenseuche.
Ist von Seite eines Ortsvorstandes die Anzeige über den Aus­bruch der Lungcnseuche erfolgt, und dieselbe von Seite der dele-girten Seuchen-Commission als solche wirklich constatirt worden, so sind nach der vorscbriftsmässig vorgenommenen Aufnahme des Viehstandes nachstehende Massregeln anzuordnen und ihre Durch­führung auf das Genaueste zu überwachen.
1)nbsp; Die noch gesund scheinenden Stücke sind von den kran­ken abzusondern, und letztere ärztlich zu behandeln. Bei den Ab­theilungen sind besondere Wärter zuzutheilen. Jene der Kranken dürfen mit dem gesunden Rindviehe nicht früher wieder in Berüh­rung kommep, als bis sie sich gründlich gereiniget und ihre Klei­der gewechselt haben.
2)nbsp; Das anscheinend gesunde Vieh darf nur auf Weideplätze getrieben werden, welche nicht in der Nähe jener der angrenzen­den Ortschaften gelegen sind, und es muss jede Vermischung des­selben mit fremdem Viehe sowohl, als mit dem einheimischen kran­ken strenge hintangehalten werden.
3)nbsp; Kommen Erkrankuugsfälle unter dieser Heerde vor, so sind die Kranken sogleich auszuscheiden und in die Krankeuställe zu transportiren.
4)nbsp; Das trockene Futter, welches in oder über den Ställen, in welchen erkranktes Vieh sich befindet, aufbewahrt wird, soll wo möglich für gesundes Vieh nicht verwendet werden.
5)nbsp; Rindvieh, Dünger, Rauhfutter darf aus einem Orte, wo die Lungenseuche herrscht, weder verkauft, noch unter einem anderen Verwände über die Grenze der Ortschaft gebracht werden; ebenso wenig ist das Einbringen von Rindvieh während der Seuchendauer zu gestatten.
6)nbsp; Viehmärkte dürten in den Seuchenorten nicht abgehalten werden, und Viehtriebe dieselben nicht passiren.
7)nbsp; Das Herumschweifen der Hunao, Schweine und des Ge­flügels ist in dem Seuchenorte thunlichst hintanzuhalten.
8)nbsp; Das Ausführen und Verscharren der Cadaver, die Behand­lung der Häute, Hörner, Klauen, Knochen und des Unschhttes, und die Reinigung der Ställe und der bei den Kranken in Ver­wendung gewesenen Geräthe hat nach den Vorschriften der sect;sect;. 28, 29, 30 und 31 des Seuchennormales zu geschehen.
9)nbsp; Die Anwendung der Keule ist bei der Luugenseuche ge­setzlich nicht geboten und es wird für die, derselben etwa unter­zogenen Stücke ein Ersatz von Seite des Aerars nicht bewilliget. Da jedoch erfahrungsgemäss bekannt ist, dass die, durch die Lun­genseuche veranlassten Verluste höchst bedeutende sind, indefa ein grosser Theil der Erkrankten theils während des Krankhehsver-laufes, theils in Folge von Nachkrankheiten eingeht, da ferner die
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Lungenseuche.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;J3ß5
Seuche bei ihrem langsamen Fortschreiten bisweilen Monate lang in Stallungen sieh fortsclileppt und den freien Verkehr vielseitig hindert, so ist den Viehbesitzern, in deren Ställen die Luugenseuche ausbricht, zu gestatten, und selbst anzurathen, die noch nicht kran­ken, aber bereits verdächtigen Stücke an Fleischhauer als Schlacht­vieh zu verwerthen, wobei jedoch strenge darauf zu sehen ist, class dieselben nicht etwa als Nutzvieh bintangegeben uud verwen­det, sondern sogleich geschlachtet und einer ordentlichen Fleisch­beschau unterzogen werden.
Bei dem etwa veranlassten Abtriebe solchen Schlachtviehes in grössere Städte sind die in dem sect;. 24 vorgezeichneten Directiven genau zu beobachten. Die der Schlachtung unterzogenen, noch gesunden Rinder sind in der Kapportstabelle in der Eubrik: „er­schlagen verdächtigquot; aufzuführen.
10)nbsp; Offenbar kranke Stücke dürfen weder zum Genüsse ge­schlachtet, noch die Milch und Butter von denselben genossen oder verkauft werden.
11)nbsp; Die Vornahme der sogenannten Schutzimpfung der Lun­genseuche nach Dr. Willems Methode an den anscheinend noch gesunden Rindern ist stets von der Zustimmung des Eigenthümers abhängig, und es darf biebei keinesfalls imperativ vorgegangen werden, da für die hiedurch etwa herbeigeführten Verluste von Seite des Aerars ein Schadenersatz nicht geleistet wird.
P r e ii s s e n.
Viehseuchenpatent vom 2. April 1803. Cap. IV. sect;sect;. 130—147.
sect;. 145. Das an der Lungenseuche erkrankende Vieh muss mit den Buchstaben L. K. an den Hörnern gebrannt werden.
sect;. 141'. Die polizeilichen Massregeln bei der Lungenseuche bestehen nach Endschaft der Seuche noch 8 Wochen hindurch fort; der Verkauf des Rindviehes bleibt noch bis 4 Wochen nach diesem Termine untersagt.
Ministerial-Verfügung vom 28. August 1847.
......Das Schlachten des an der Lungenseuche erkrank­ten Viehes ist unter folgenden Beschränkungen gestattet:
1)nbsp; das Schlachten lungenseuchenkranker Rinder muss an dem Orte der Seuche selbst erfolgen;
2)nbsp; das Fleisch darf erst nach völligem Erkalten ausgeführt werden;
3)nbsp; die Lungen müssen an dem Seuchenorte zurückbehalten und vergraben werden, und endlich
4)nbsp; dürfen die Häute nicht im frischen Zustande, sondern erst
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366nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten der Lungen.
nachdem sie getrocknet sind, aus den von der Seuche heimge­suchten Ortschaften ausgeführt werden.
In der M.-Verf. vom 8. Sept. 1853 wird die Eegiernng zu Düsseldorf ermächtigt, die Einführung von Vieh aus den holländi­schen Provinzen, in welchen die Lungenseuche herrscht, nicht zu
gestatten.
Meckleubiirg-Schwerin.
Verordnung betreffend die Lungenseuche des Eindviehes.
sect;. 1. Bestätigt sich durch die Untersuchung die Krankheit oder der dringende Verdacht derselben, so sind die getödteten Thiere an einem abgelegenen Orte mit Haut und Haaren vier bis fünf Fuss tief in die Erde zu vergraben.
Ganz ebenso ist mit den an der Lungenseuche erkrankten, oder derselben verdächtigen Thieren zu verfahren, welche der Krankheit unterlegen sind, und zwar ebenfalls nach vorausgegan­gener thierärztlicher Oeffnung und Prüfung des Vorhandenseins der Krankheit, sofern es dieser Ermittelungen zu der Feststellung des letzteren noch bedarf.
5)nbsp; Erhält die Ortsobrigkeit von dem zugezogenen Thierarzt kein bestimmtes Gutachten, oder scheint ihr dasselbe nicht hinrei­chend sicher und zuverlässig zu sein, so hat sie den nächsten Kreisphysikus und nach Befinden noch einen zweiten Thierarzt zuzuziehen, um die Frage von dem Vorhandensein der Lungen­seuche mit der möglichsten Sicherheit festzustellen.
Erkrankte Thiere, an welchen das Vorhandensein der Krank­heit in dem Grade zweifelhaft bleibt, dass zu ihrer Tödtung nach Nr. 1 noch nicht geschritten werden kann, sind in strenger Ab­sonderung von dem gesunden Vieh zu erhalten, und von dem Thier-arzte fortgesetzt zu beobachten.
6)nbsp; Die Ortsobrigkeit ist verbunden, über das Vorhandensein oder den Verdacht der Lungenseuche und über die ergriffene Mass­regel sofort an Unser Ministerium, Abtheilung für Medicinalange-legenheiten, Bericht zu erstatten; desgleichen den Ausbruch der Seuche den Feldnachbaren anzuzeigen, und an den Grenzen, wo öffentliche Wege hindurchführen, Warnungstafeln mit der Bezeich­nung „Lungenseuclu;' aufzustellen.
7)nbsp; Die concessionirten Thierärzte sind verpflichtet, auch dem zuständigen Kreisphysikus Anzeige davon zu machen, wenn der Lungenseuche verdächtiges oder von derselben befallenes Rindvieh zu ihrer Beurtheilung oder Behandlung gestellt worden ist; des­gleichen von den zur Verhinderung der Weiterverbreitung der Krankheit ergriffenen Massregeln.
Nicht minder sind die Kreisphysici und die Thierärzte ver­bunden, jeden zu ihrer Kenntniss gelangten Verdacht oder Aus-
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Lungenseuche.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;367
bruch der Lungenseuclie oline Verzug Unserem gedachten Ministe­rium unmittelbar anzuzeigen.
sect;. 2. 1) Alles Rindvieh, welches etwa die Lungenseuche überstanden hat, oder mit erkranktem Rindvieh in Berührung ge­kommen ist, mit solchem in demselben Stalle gestanden, auf der­selben Weide, in derselben Koppel gewesen und dergleichen, ist als verdächtig zu betrachten, von dem Thierarzte ebenfalls an­dauernd zu beobachten und darf mit gesundem Rindvieh in kei­nerlei Berührung gebracht werden.
a)nbsp; Die Verdächtigkeit dauert, von dem letzten Erkrankungs-jalle an, mindestens sechs Monate.
b)nbsp; Die Bollen, welche sich unter solchem verdächtigen Vieh befinden, oder bei verdächtigen Kühen gebraucht worden sind, dürfen eben so lange nicht zu gesunden oder unverdächtigen Kü­hen zugelassen werden.
c)nbsp; Die Benutzung von Weiden, Triften und Strassen, auf welchen erkranktes Vieh getrieben worden, für gesundes Rindvieh, ist thunlichst zu vermeiden.
2)nbsp; Ein Ort,quot;an welchem die Lungenseuclie zum Ausbruche gekommen, und nach Befinden dessen gesammte Feldmark, ist von der Ortsobrigkeit gegen alle Aus- und Durchführung von Rindvieh, desgleichen gegen die Ausführung der rohen Theile von gefallenem oder geschlachtetem Rindvieh, sowie gegen die Einführung von Rindvieh, mit Ausnahme des uothwendigen Schlachtviehes, welches sogleich geschlachtet wird, bis auf Weiteres gäuzlich abzusperren.
Die näheren Modalitäten, die angemessene Ueberwachung und die Dauer dieser Absperrung unterliegen dem Ermessen des gedachten Ministeriums.
3)nbsp; Bei einer weiteren Verbreitung der Seuche im Lande wird Unser Ministerium den Umständen nach, das Beziehen der Vieh-märkte mit Rindvieh entweder überhaupt oder in einem beschränk­ten Umfange, desgleichen allen Transport von Rindvieh und rohen Thcileu von geschlachtetem oder gefallenem Rindvieh im Lande oder in gewissen Gegenden desselben zeitweilig untersagen.
sect;. 3. 1) Für dasjenige getödtete Rindvieh, welches nach dem Erachten des Thierarztes mit der Lungenseuche behaftet war, wird, ohne Rücksicht auf die Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit der Genesung, dem Eigenthüiner kein Ersatz geleistet.
2) Hat dagegen das Ministerium zur gänzlichen Unterdrückung der Krankheit an einem Orte im Einvernehmen mit dem engeren Ausschusse der Ritter und Landschaft, auch das von der Krank­heit noch nicht ergritiene Rindvieh dieses Ortes tödten und mit demselben nach sect;. 1, Nr. 4 verfahren lassen, so erhält der Eigen-thümer dafür Ersatz in folgender Weise:
a) Der Ersatz soll in zwei Drittheilen des Werthes der ge-tödteten Thiere, nach einem zwischen Unserem Ministerium und dem engeren Ausschüsse der Ritterschaft und Landschaft zu ver­einbarenden Durchschnittspreise der betreffenden Heerde bestehen.
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368nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten der Lungen.
b) Zu der Aufbringung- der hierzu erforderlichen Mittel soll eine verhältnissmassige Abgabe von allem Rindvieh erhoben wer­den, welche im Einvernehmen mit dem engeren Ausschusse der Ritter und Landschaft von Uns ausgeschrieben wird. Dabei ist die betreffende Summe, der in Frage stehende Fall mag sich in Unserem oder in dem Grossherzogthum Mecklenburg-Strelitz er­eignet haben, allemal auf das gesammte Rindvieh beider Landes-theile nach der Kopfzahl zu repartiren.
3)nbsp; Das Anrecht auf Ersatz fällt jedoch hinweg:
a) Wenn der Besitzer oder Inhaber des getödteten Viehes, die im sect;. 1, Nr. 2 vorgeschriebene Anzeige, oder eine der sonsti­gen in den sect;sect;. 1, 2, 5 vorgeschriebenen Vorsiehtsmassregeln zur Verhinderung der Weiterverbreitung der Krankheit unterlassen, be­ziehungsweise überschritten hat, und anzunehmen ist, dass seine Unterlassung oder Ueberschreitung zu der Weiterverbreitung der Krankheit mitgewirkt hat.
b) Wenn der Besitzer oder Inhaber des getödteten Viehes aus dem Auslande oder durch dasselbe, den bezüglichen bekannt gemachten landesherrlichen Verordnungen zuwider, in dem Zeiträume eines Jahres vor dem Ausbruche der Lungenseuche unter seinem Vieh, Rindvieh eingeführt hat.
In der Ermittelung dieser Umstände hat der, welcher den Ersatz anspricht, nachzuweisen, zu welcher Zeit und woher er das fragliche Vieh bezogen hat.
Vermag er solchen Nachweis nicht zu liefern, so hat er kei­nen Ersatz anzusprechen.
4)nbsp; Ansprüche auf anderweitige Entschädigung, ausser dem gedachten Ersätze, stehen dem Eigenthümer nicht zu, daher auch nicht wegen der Entbehrung seiner Nutzung bis zu der gestatteten Wiederanschaffung von Rindvieh.
sect;.4. 1) Die Kosten der in sect;. 1, Nr. 3, 4, 5, vorgeschrie­benen Massnahmen sind von der betreffenden Ortsobrigkeit zu tragen.
2) Die Kosten der in sect;. 2, Nr. 2 vorgeschriebenen Absper­rung und ihrer Ueberwachung, desgleichen die Kosten der sect;. 3, Nr. 2 bezeichneten Vorkehrungen sollen nach sect;. 3, Nr. 2 b be­nommen werden.
sect;. 5. 1) Die von krankem, oder als verdächtig abgesonder­tem Vieh benutzten Weiden und Koppeln dürfen mindestens erst nach drei Monaten von der letzten derartigen Benutzung an, wie­der mit gesundem Rindvieh besetzt werden.
2) Die Ställe und sonstigen Locale, in welchem krankes oder verdächtiges Vieh gestanden, dürfen nur unter den nachfol­genden Voraussetzungen wieder für gesundes Rindvieh benutzt werden:
a)nbsp; das in sect;. 1, Nr. 2 d erwähnte Futter und
b)nbsp; aller Dung muss aus denselben entfernt und so verwendet werden, dass kein Rindvieh damit in Berührung kommt;
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Lungenseuche.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;369
c)nbsp; der Erdboden, auf welchem das Vieh gestanden, muss angemessen ausgegraben werden;
d)nbsp; die Wände, Ständer, Krippen, Raufen, hölzernen und stei­nernen Fussböden u. s. w. sind mit kochend heissem Wasser gründ­lich zu reinigen, und demnächst mit einem Gemisch von Chlorkalk und Wasser mehrmals zu überstreichen. Das betrefiende Eisen­zeug ist auszuglühen;
e)nbsp; von dem Zeitpunkte der vorgeschriebenen Reinigung an müssen mindestens drei Monate verflossen und die Locale wäh­rend dieser Zeit durch Oeffnung der Thüren, Fenster, Klappen u. s. w. häufig gelüftet werden sein;
f)nbsp; die Ortsobrigkeit, oder, wo diese selbst das Local für ihr Vieh benutzt, eventuell das Ministerium, muss sich von der genü­gend erfolgten Beschaffung der gedachten Vorkehrungen überzeugt haben.
3)nbsp; Die Vorschriften unter Nr. 2 d. e. f. sind auf alle anderen Gegenstände, Geräthe, Stricke, Geschirre, Werkzeuge u. s. w., au welchen der Ansteckungsstoff von dem erkrankten oder verdäch­tigen Viehe haften kann, angemessen anzuwenden.
4)nbsp; Ist der Besitzer in der Ausführung der Vorschriften Nr. 2, 3, säumig oder nachlässig, so ist die Ortsobrigkeit, beziehungsweise das Ministerium, berechtigt dasselbe auf seine Kosten ausführen zu lassen.
sect;.6. 1) Wer die vorgeschriebenen Anzeigen oder eine der sonstigen, in den sect;sect;. 1, 2, 5, verordneten Vorsichtsmassregeln zur Verhütung der Weiterverbreitung der Seuche unterlässt, beziehungs­weise überschreitet, verfallt, neben den etwaigen sonstigen Nach­theilen, sect;. 3, Nr. 3 a. in eine nach den Umständen zu bemesseude polizeiliche Strafe von zehn bis hundert Thaler, aushülflich ver-hältnissmässigem Gefängnisse.
2) Die Ortsobrigkeiten, welche es an der Erfüllung ihrer be­treffenden Obliegenheiten fehlen lassen, haben dieserhalb, Nr. 1, das Einschreiten des Fiscals gegen sie zu gewärtigen.
Schwerin, am 1. Juli 1857. Gegeben durch Unser Staatsmi-nisterium Friedrich Franz, Graf v. Bülow, von Schrötter, v. Brock.
Hannover.
Gesetz vom 23. August 1855.
Gültijj für OstlViesland.
sect;. 1. Jeder Eigenthümer von Rindvieh ist bei Vermeidung einer Ordnungsstrafe von 10 — 50 Thlrn. verpflichtet, von Erkran­kungen desselben, welche auch nur entfernt den Verdacht der Lun-#9632;quot;genseuche erregen, sofort dem Ortsvorstehcr Anzeige zu macheu, auch das erkrankte Stück, ohne Unterschied, ob dasselbe auf der Kraus, Path. u. Therap. der Haussäugethiere.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 24
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Krankheiten der Lungen.
Weide oder im Stalle erkrankt ist, augenblicklich von allem übri­gen Vieh dergestalt abgesondert in einem eigenen Stalle zu hal­ten, dass eine Communication mit gesundem Vieh nicht statthaben kann.
Der Ortsvorsteher hat die erfolgte Anzeige sofort dem Amte zu berichten.
In den Bezirken der Städte ist die Anzeige sofort an den Magistrat zu bringen.
sect;. 2. Nach erhaltener Anzeige hat die Obrigkeit ohne Ver­zug einen Thierarzt mit der Untersuchung des verdächtigen Vie­hes zu beauftragen.
sect;. 3. Erklärt der Thierarzt das erkrankte Vieh für von der Lungenseuche befallen, so ist dasselbe nach vorhergegangener Ta­xation zu tödten.
Ergibt die Untersuchung zwar nicht die Gewissheit des Vor­handenseins der Lungenseuche, aber doch den dringenden Ver­dacht derselben, so ist die Obrigkeit befugt, die Tödtung des ver­dächtigen Viehes anzuordnen.
Das getödtete Vieh ist durch den beauftragten Thierarzt zu obduciren.
sect;sect;. 4—15. (Auszug.) Die Taxation geschieht durch drei Taxatoren, die für jeden Amtsbezirk oder auch für kleinere Di-stricte von der Obrigkeit zu ernennen sind.
Das getödtete Vieh mit Ausnahme der Kälber unter 6 Mo­naten, wird mit 4/5 seines vollen Werthes, welchen es, abgesehen von der vorhandenen Lungenkrankheit, hat, vergütet.
-Ergibt die Obduction, dass das Thier von der Lungen-seuche nicht befallen war, so wird der volle Taxwerth nach Abzug des Werthes der dann noch zu verwerthenden Theile des getödte-ten Stückes vergütet. In diesem Falle erfolgt die Vergütung auch für Kälber unter 6 Monaten.
Aus dem Auslande eingeführtes Vieh kann zeitweilig von dem Schadenersatze ausgeschlossen werden.
Zur Bestreitung der Entschädigungskosten wird sämmtliches, über G Monate altes Hornvieh der Provinz einer Steuer unterworfen.
Zur weiteren Ausführung dieses Gesetzes erging die Verfü­gung der Landdrostei zu Aurich vom 10. Sept. 1855.
sect;. 1. Neben der vorgeschriebenen Tödtung des verdächtigen Viehes ist zugleich eine Absperrung des Ortes, wo die Seuche aus­gebrochen ist, von der Obrigkeit anzuordnen, jedoch bleibt es der­selben überlassen, unter Berücksichtigung der Localität, die Aus­dehnung, in welcher die Sperre zur Anwendung kommen soll, zu bestimmen.
sect;. 2. Uebrigens gelten hinsichtlich der Absperrung folgende nähere Vorschriften.
1) Es darf weder Vieh verkauft oder gekauft, noch sctast unter irgend einem Verwände hinein- oder herausgebracht werden;
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Lungenseache,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 371
auch rauhe Fourage, Stroh, Mist darf nicht verkauft and über die Grenze gebracht werden.
2)nbsp; Der Ort, sowie Wege und Triften und Hütunggplätze incl. des Raumes von 500 Schritten um dieselben sind für alles Durch­treiben fremden Viehes gesperrt, gleichviel, ob die Seuche zur Weidezeit existirt oder ob das Vieh im Stalle gehalten wird.
3)nbsp; Tritt die Seuche ein, während das Vieh auf dem Stalle gehalten wird, so ist zunächst das Gehöft; auf welchem sie aus­bricht, dadurch abzusperreu, dass kein Vieh desselben die Grenzen überschreiten darf.
4)nbsp; Viehmärkte dürfen in verseuchten Orten nicht stattfinden.
5)nbsp; Bricht die Seuche während der Weidezeit aus, so müssen für die somit verdächtige Heerde besondere Hiitungsplätze, Trän­ken, Triften angewiesen werden und muss dieselbe von allen üb­rigen Heerden durch eineii Zwischenraum von 500 Schritten ge­trennt und die Grenze mit Strohwischen abgesteckt werden.
6)nbsp; nbsp;Können derartige Einrichtungen nicht getroifen werden, so muss die verdächtige Heerde zu Hause gehalten werden.
7)nbsp; Jedes auf der Weide erkrankende Thier muss von dem Hirten dem Eigenthümer gemeldet und bis zur erfolgten thierärzt-lichen Untersuchung zu Hause gehalten werden.
8)nbsp; Aus der verdächtigen Heerde darf kein Stück Vieh ge­schlachtet werden, ohne dass zuvor der Aufseher und der be­auftragte Thierarzt davon Kunde erhalten und letzterer nach vor­gängiger Untersuchung des Stückes das Schlachten desselben und die Benützung des Fleisches und der sonstigen Theile für unbe­denklich erklärt hat.
sect;. 9. Zur Ueberwachung der Absperrung wird ein beeidigter Aufseher bestellt, welcher Folgendes durchzuführen hat:
1)nbsp; Derselbe hat ein Verzeichniss anzulegen von dem auf je­dem Gehöfte des abgesperrten Ortes vorhandenen Vieh, sowohl nach Zahl, als nach Abzeichen. Jedem Stücke Rindvieh wird eine Nummer angebrannt.
2)nbsp; Von dem in duplo anzufertigenden Verzeichnisse erhält eines die Obrigkeit, das andere behält der Aufseher.
3)nbsp; Derselbe ist wie der Eigenthümer des Viehes verpflichtet, von jeder Erkrankung sofort dem Ortsvorsteher Anzeige zu machen.
4)nbsp; Er muss für vollständige Absonderung des erkrankten Viehes sorgen.
Neben dem Aufseher hat ein bestellter Thierarzt alle 8 Tage sämmtliche Ställe nachzusuchen, den Gesundheitszustand des gan­zen Rindviehstandes zu prüfen und darüber an die Obrigkeit Be­richt zu erstatten. Der Aufseher hat den Thierarzt stets bei die­sem Geschäfte zu begleiten und demselben sein Verzeichniss zur Einsicht und Controle vorzulegen.
sect;. 5. An der Seuche gestorbenes oder getödtetes Vieh muss soweit als möglich von des Nachbars Grenze mit Haut und Haaren 6—8 Fuss tief vergraben werden.
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372nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten der Lungen.
sect;. 6. Der Mist von den erkrankten Thieren muss an einen für Rindvieh nicht zugänglichen Platz geschafft oder am besten frisch untergepflügt werden. Utensilien, die beim Fortschaffen des Mistes oder des todten Viehes gebraucht wurden, dürfen bei dem gesunden Vieh nicht weiter benutzt werden. Auch ist für die er­krankten Thiere besonderes Geschirr zum Tränken zu benutzen.
sect;. 7. Der Platz, wo das erkrankte Vieh gestanden hat, ist zu reinigen.
Der Mist ist herauszuschaft'en; in ungepflasterten Ställen ist die Erde 2 Fuss tief auszugraben und durch neue zu ersetzen; Steinpflaster ist gut zu reinigen und mit Kalkmilch zu übergiessen; Holzkrippen und anderes Holzwerk des Stalles sind mit Lauge ab­zuscheuern und dann mit Chlorkalkmilch wiederholt zu bestreichen; Steinkrippen sind auszuhauen und in ihnen Kalk zu löschen, der 8 Tage darauf stehen bleibt; Wände, an denen die Kranken stan­den, werden abgekratzt und mit frischem Kalke oder Lehm besetzt. Ein solcher Platz wird wenigstens 14 Tage nach erfolgter Reini­gung nicht mit Vieh besetzt.
sect;. 8. Die Seuche soll als erloschen angesehen werden, wenn 12 Wochen seit dem letzten Erkrankuugsfalle verflossen sind.
sect;sect;. y—11. Erst dann hört die Sperre auf, nachdem vorher noch die Ställe, in welchen krankes Vieh gestanden, gründlich des-inficirt sind.
Sachsen.
Ministerial-Verordnung vom 26. März 1856.
Auszug.
sect;. 1. Von dem Ausbruche der Seuche ist sofort Anzeige zu machen.
Wenn die Krankheit in demselben oder in einem andern Orte bereits constatirt ist, so ist jeder Viehbesitzer auch schon dann zur Anzeige verpflichtet, wenn in seinem, bisher krankheitsfreien Viehstande Erscheinungen (Husten, verminderte Fresslust u. s. w.) hervortreten, welche den Ausbruch der Lungenseuche befürchten lassen.
sect;. (i. Alle kranken Thiere sind unbedingt im Stalle zu hal­ten. Dasselbe hat auch in der Regel mit den zur Zeit noch ge­sunden, aber doch schon verdächtigen Thieren zu geschehen. Eine Ausnahme hiervon ist nur im Falle und zur Zeit des Weideganges statthaft. Dabei dürfen jedoch die verdächtigen Thiere mit anderen, noch gesunden Viehständen nicht zusammentreffen, sondern müssen von letzteren stets in einer Entfernung von mindestens 200 Schrit­ten gehalten und, so weit tlmnlicb, auf anderen Wegen als die zur Zeit noch gesunden Thiere getrieben werden.
sect;. 7. Das infleirte Gehöft ist bis zum Erlöschen der Krank-
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Lungenseuche.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;373
heit dergestalt zu sperren, dass kein Stück des betreffenden Vieh­standes veräussert und aus dem Gehöfte entfernt werden darf.
Dieselbe Sperre kann von der Obrigkeit für den ganzen Ort angeordnet werden, sobald Fälle der Lungenseucbe in mehr als einem Geböfte desselben vorkommen.
So lange dies nicht geschehen, bleibt zwar der Verkauf und überhaupt die Entfernung von Vieh aus den krankheitsfreien Ge­höften auch über den Ort hinaus gestattet, ist aber in jedem ein­zelnen Falle von der vorrangigen, durch ein Zeugniss, welches eine genaue Beschreibung des betreffenden Viebstückes enthalten muss, zu bescheinigenden Genehmigung des Bezirksthierarztes ab­hängig.
sect;. 8. Das Schlachten ist mit Ausnahme der Thiere, bei de­nen bereits Colliquationen eingetreten sind, unter tolgenden Be­dingungen gestattet:
a)nbsp; das Ausschlachten darf nicht eher erfolgen, bis der Be-zirksthierarzt dazu die Erhmbniss gegeben hat: dasselbe darf
b)nbsp; nur in dem Gehöfte selbst und muss entfernt von den Stallungen geschehen;
c)nbsp; die Brustorgane sind stets unbenutzt zu lassen und vor-schriftsmässig zu verscharren;
d)nbsp; das frische Fleisch darf zum Genüsse nicht eher verwen­det, noch ausserhalb des Gehöftes verkauft oder verschenkt wer­den, als nach Verlauf von 24 Stunden, von dem Schlachten an ge­rechnet;
e)nbsp; der Verkauf oder das Verschenken solchen Fleisches über den betreffenden Ort hinaus ist unbedingt verboten.
Diesem Verbote unterliegt das eingesalzene oder geräucherte Fleisch von dem Zeitpunkte au nicht mehr, wo dasselbe auf die eine oder die andere Weise zum Genüsse vorbereitet ist.
sect;. 9. Die Häute sind nur getrocknet, und zwar erst nach Aufhebung der Sperre, zu verkaufen. Der Dünger ist nur mit Pferden oder mit dnrehgeseuchten Rindern auszufahren und sofort unterzuackern. Wenn dies nicht geht, ist er zu verscharren.
Rauchfutter, welches über Stallungen aufbewahrt ist, in wel­chen an der Lungenseucbe erkanktes oder verdächtiges Vieh ge­standen hat, und welche weder gewölbt, noch mit andern, das Durchdringen des Anstcckungsstoft'es abhaltenden, namentlich gut verschalten Decken versehen sind, darf weder verkauft oder ver­schenkt, noch an nicht durchgeseuehtes Rindvieh verfüttert werden.
Ob derartiges Futter in dem betreffenden Gehöfte vorhanden sei, ist gleich bei der ersten Untersuchung von dem Bezirksthier-arzte zu erörtern und sodann zu begutachten, in wie weit das vor­gefundene dem oben ausgesprochenen Verbote zu unterliegen habe.
sect;. 10. Sobald die Seuche als erloschen zu erachten ist, was in jedem einzelnen Falle von dem, der Ortspolizeibehörde anzu-zeigenc^m Ausspruche des Bezirksthierarztes abhängt, ist eine gründliche Desinfection der Stallungen und Utensilien auszuführen.
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374nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten der Lungen.
sect;. 11. Das Abhalten von Viehmärkten ist an allen Orten, wo die Lungenseuche herrscht, unbedingt verboten; auch kann der Durchtrieb von Rindvieh durch solche untersagt werden.
Eine Vcrfüguug des königl. preuss. Ministeriums der geist­lichen etc. Angelegenheiten vom 5. Juli 18G5 gestattet den Ab­deckern nicht nur die Haut der ihnen überwiesenen lungensüchti­gen Thiere, sondern auch alles, was sich an diesen verwerthen lässt, zu ihrem Nutzen zu verwenden. Da aber die Gefahr einer Ansteckung nicht von denjenigen Cadavern der an der Lungen­seuche gefallenen Thiere, sondern vielmehr von dem unvorsichti­gen Transport solcher Cadaver auf der Landstrasse und durch be­wohnte Orte, wenn entweder aus der Nase, dem Munde etc. der todten Thiere Feuchtigkeiten (Schleim, Blut, Jauche) abfliessen und auf den Weg fallen oder wenn dem Abdeckerkarren Kindvieh be­gegnet und derselbe von diesem berochen wird, so genügt es zur Verhütung der möglichen Weiterverbreitung der Seuche nicht, dem den Abdeckern zu gewährenden Nachlass in der Ausnutzung lun-gensüchtiger Thiere lediglich das Verbot des Verkaufs von Luder zum Füttern der Hunde hinzuzufügen, sondern die Abdecker sind ausserdem mit einer besonderen den vorsichtigen Transport der Cadaver bestimmenden Instruction zu versehen.
Die königl. preuss. Regierung, Abtheilung des Innern, hat unter dem 19. October d. J. ein Reglement, betreffend die Aus­nutzung der Cadaver der an der Lungenseuche gefallenen Rinder, erlassen, das folgende Bestimmungen enthält:
1)nbsp; Die sect;sect;. 10, 11, 12 und 16 unserer Verordnung vom 2. October 1815 werden aufgehoben.
2)nbsp; Nicht nur das Abledern, sondern auch die Ausnutzung der Cadaver von an Lungenseuche gefallenem (nicht geschlachtetem) Viehe wird den Abdeckern unter den nachstehenden Bedingungen gestattet.
3)nbsp; Der Trausport der Cadaver zur Abdeckerei muss in den Jahreszeiten, in denen das Vieh ausgetrieben wird, zur Nachtzeit in den Stunden von 9 Uhr Abends bis 4 Morgens erfolgen.
Im Falle der Transport des Cadavers hei Tage nicht zu ver­meiden sein sollte, so darf der Abdecker mit demselben nirgends anhalten. Ihm begegnenden Thieren muss er, wenn der Raum es gestattet, ausweichen, oder, wo letzteres nicht geschehen kann, sie durch Knallen mit der Peitsche vom Wege abhalten.
4)nbsp; Die Abdecker sind verpflichtet, jedem Viehcadaver, wel­chen sie abholen, vor dem Aufladen desselben auf den Karren und während des Transports einen ledernen Beutel dergestalt über Maul und Nasenöffnungen zu befestigen, dass kein Abfluss von Schleim, Blut oder anderen Flüssigkeiten auf den Weg erfolgen kann.
Ausserdem muss der ganze Cadaver auf dem Karren mit ei-
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Lungenseuche.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;375
ner dichten Leinwand bedeckt und letztere so um das Hintertheil herumgelegt werden, dass auch von diesem Theile aus keine Ab­fälle irgend einer Art erfolgen können.
5)nbsp; Ist an einem Cadaver auf dem Grundstücke des Viehbe­sitzers die Obduction gemacht worden, so müssen sämmtliche Ein­geweide auf diesem Grundstücke an einem geeigneten Orte tief vergraben, und es darf nur der leere Körper, vollständig wieder zugenäht und in obiger Weise bedeckt, mitgenommen werden.
Die Ausnutzung der nicht obducirten Cadaver in der Ab­deckerei ist ebenfalls nur nacli der daselbst erfolgten Vergrabung der Eingeweide gestattet, und selbe muss sofort nach der Ankunft der Cadaver auf der Abdeckerei vorgenommen werden.
6)nbsp; Zuwiderhandlungen gegen diese Bestimmungen sollen mit einer Geldstrafe von 2 bis 10 Thlrn. oder verhältnissmässiger Ge­fängnisstrafe geahndet werden.
7)nbsp; nbsp;Bezüglich des Schlachtens an der Lungenseuche erkrank­ter Rinder behält es sein Bewenden bei den bereits eingeführten Bestimmungen der Verfügung des Ministeriums des Innern vom 28. August 1847 und des Ministeriums der geistlichen, Unterrichts­und Medicinal - Angelegenheiten vom 29. April 1850, nach wel­chen das Schlachten an der Lungenseuche erkrankter Rinder unter folgenden Bedingungen gestattet ist:
a)nbsp; das Schlachten muss am Seuchenorte selbst erfolgen;
b)nbsp; das Fleisch darf erst nach völligem Erkalten ausgeführt werden;
c)nbsp; die Lungen müssen am Seuchenorte zurückbehalten und dort vergraben werden;
d)nbsp; die Häute dürfen nicht im frischen Zustande, sondern erst nachdem sie getrocknet sind, aus den von der Seuche heimge­suchten Ortschaften ausgeführt werden.
Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmungen a — d ziehen gleichfalls die ad 6 angedrohten Strafen nach sich.
Emphysema piilmouum. sect;. 16. Bläschenemphysem, Emphysema pulmonum vesiculare.
Man begreift darunter eine übermässige Ausdehnung der Lungenbläschen, wobei dieselben zu grüsseren lufthaltigen Blasen zusammenfliessen. Das Lungenemphysem entwickelt sich am häu­figsten beim Pferde nach chronischen Bronchialcatarrhen, ferner nach Krankheiten, wo ein Theil oder die ganze Lunge für die Luft unwegsam wird, nach Lungenentzündungen, Tuberkulose bildet sich ein Emphysem in der gesunden Lungenpartie, das dann vi-carirend genannt wird. Emphysematöse Lungen fallen beim Er-
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376nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten der Lungen.
öffnen der Brusthöhle nicht zusammen, sind weich und blässer als normale Lungen. Beim Einschneiden sinken sie unter einem schwachen Knistern zusammen, sie sind blutarm, trocken und zähe.
Das Emphysem veranlasst in höhereu Graden beim Pferde die Erscheinungen des Dampfes, die sich oft zu einer sehr heftigen Athemnoth steigern, durch die mangelhafte Oxydation des Blutes entsteht eine veränderte Blutmischung, in deren Gefolge ein cachectischer Zustand sich einstellt. Das Emphysem wird mit Sicherheit durch die Percussion nachgewiesen, der Schall ist bis an die letzten Rippen gleichmässig voll und hell. Die Auscultation ergibt Rasseln, Pfeifen und Schnurren.
Der Verlauf ist chronisch, eine Behandlung zwecklos.
Interlobuläres Emphysem (Emphysema pulmonum inter-
lobulare).
Hier sind die Lungenbläschen zerrissen und in das Zellge­webe zwischen die Lungenläppchen ist Luft getreten und hat sich unter der Pleura verbreitet. Auch dieses kommt meist bei Pfer­den vor.
Verwundungen der Lunge in Folge von Traumen sind nicht selten und meistens sehr gefährlich.
Dämpfigkeit oder Dampf, Asthma.
Engbrüstigkeit, Herzschlägigkeit, Haarschlechtigkeit, Bauehbläsig-keit. Bauchschlagen, Lungenpfeilen, Hartschnaufen, Kurzathmig-
keit.
sect;. 17. Diese Krankheit kann durch die verschiedenartigsten Störungen und Veränderungen der Respirations- und Kreislaufsor­gane, sowie durch Zustände der Hinterleibsorgane, die den Erust-raum bergen, hervorgerufen werden, sie ist demnach nicht als selbststäudige Krankheit, sondern im pathologischen Sinne als ein Symptom oder vielmehr als Symptomencomplex anderer krankhafter Zustände aufzufassen.
Ob es einen rein nervösen Dampf gebe, oder ob die dahin gezählten Fälle nicht etwa in übersehenen organischen Verände­rungen ihren Grund hatten, muss vorläufig unentschieden bleiben. Die Dämpfigkeit ist eine chronische, fieberlose, schwer heilbare oder völlig unheilbare Krankheit.
Der Dampf kommt bei allen unseren Hausthieren vor, und nur irrthümlich hat man ihn als ein dem Pferde eigenthlimliches Leiden hingestellt, wiewohl nicht geläugnet werden kann, dass das Pferd dieser Krankheit am häufigsten unterworfen ist, wovon die Ursachen im Dienstgebrauche dieses Thieres zu suchen ist.
Erscheinungen. Das Athmen ist beschleunigt und unre-gelmässig, so dass nicht selten nach einem langen tiefen Athem-
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Lungenseuche.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 877
zuge mehrere kurze folgen. Die Atlimungsmnskeln bewegen sich mit Anstrengung, die Rippen werden sichtlich gehoben, die Bewe­gung der Flanken ist hervortretender, stärker, erscheint mehr als eine wogende — Flankenschlagen. Durch das stärkere An­ziehen der Kippen bildet sich längs der falschen Rippen eine Vertiefung — Dampfrinne. —
Beim Ausathmen lassen sich namentlich bei hochgradigem Dampfe zwei Tempos unterscheiden, das erstere bei Senkung der vorderen, das zweite bei Senkung der hinteren Rippe, wodurch das Athmen doppelschlägig erscheint. Das Respirationsge­räusch ist vom normalen abweichend, summend oder blasend, in anderen Fällen pfeifend. Der Herzschlag selbst in der Ruhe auf­fallend verstärkt; sind Herzfehler die Ursache des Dampfes, dann ist der Herzschlag pochend (Herzschlägigkeit). In der Regel lei­den die Thiere auch entweder an einem trockenen, rauhen Husten (trockener Dampf), oder an einem lockeren, feuchten Husten (feuchter Dampf), in welch' letzterem Falle auch ein Nasenausfluss vorhanden ist. Dampfige Pferde liegen wenig und mehr mit un­tergeschlagenen Füssen nicht flach auf der Seite. Diese Erschei­nungen, die im Zustande der Ruhe und bei niederem Grade der Krankheit nur unbedeutend ausgeprägt sein können, nehmen, wenn das Thier bewegt wird, oder bei höheren Graden der Krank­heit an Heftigkeit zu, so dass das Athmen nach wenigen Minuten der Bewegung im Trabe, unter starkem Bauchschlagen, weit auf­gerissenen Nasenlöchern, bis zu 00 und mehr Zügen gesteigert und dabei in den meisten Fällen mehr oder weniger hörbar wird, in­dem es von einem keuchenden, schnaufenden, in gewissen Fällen sogar von pfeifendem, giemendem, röchelndem und seihst schnar­chendem Geräusche begleitet ist (Pfeifendampfj Hartschnaufigkeit).
Der pfeifende Ton wird beim Einathmen erzeugt. DieAthem-noth kann einen so hohen Grad erreichen, dass drohende Erstik-kungsgefahr eintritt, dabei gerathen die Thiere in heftigen Schweiss, wie denn überhaupt dampfige Pferde leicht schwitzen. Höhere Grade der Dämpfigkeit, und wenn sie schon länger bestanden hat, sind mit mehr oder weniger Magerkeit, aufgeschürztem Hinterleib, eingezogenen, trockenen Flanken, glanzlosen, struppigen Haaren (Haarschlechtigkeit), besonders in der Flanken- und Unter­rippengegend verbunden.
Die Dämpfigkeit ist wie oben bemerkt, eine chronische Krank­heit und in niederen Graden, sowie bei mehr ruhigem Dienste der Thiere äussert sie keinen besonders schädlichen Einfluss auf die Ernährung. In höheren Graden jedoch und bei angestrengtem Dienste, namentlich schnellen Laufen, führt sie zu mancherlei Störun­gen in der Ernährung und befördert die Entwickclung allgemeiner ca-chectischcr Leiden, oder es bilden sich örtliche, namentlich entzünd­liche Affectionen der Brustorgane aus, die leicht einen tödtlichen Aus­gang nehmen, oder endlich, es kann in seltenen Fällen der Erstick­ungstod folgen. Da a-ker die Dämpfigkeit stets nur ein Symptom von
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378nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten der Lungen
anderen Krankbeitszuständen ist, so kann sie an und flir sich, jene wenigen Fälle allenfalls ausgenommen, wo sie durch Hemmung des Atlimungsprocesses zur Erstickung führt, nicht tödtlich wer­den, sondern wo dieser Ausgang eintritt, ist es entweder Folge der Grundkrankbeit, oder anderer zufälliger hinzugetretener Krank­heiten. In den allerseltensten Fällen wird bei hochgradiger Däm­pfigkeit das natürliche Lebensende abgewartet, sondern es wer­den die Thiere wegen Unbrauchbarkeit schon früher getödtet.
Ursachen. So verschieden auch die Ursachen des Dampfes sein mögen, das Eine haben doch alle miteinander gemein, dass durch sie eine genügende Erneuerung der Lungenluft durch Athem-bewegungen behindert ist. Es werden demnach bald anatomische Veränderungen der Nasen- und Racbenhöhle, wie namentlich Polypen, Sarkome und Krebse, chronische Catarrhe, Verdickungen und Wu­cherungen der Keblkopfschleimhauf, polypöse Wucherungen da­selbst und auf der Luf'tröhrenschleimhaut, Bronchialectasieen, na­mentlich interstitielle Pneumonieen mit ihrem Ausgange in Lungenin-duration, Lungenabscesse, Lungenemphysem, tuberkulisirende Infil­trate, pleuritische Ergüsse, excentrische Btynertrophie des Herzens und endlich jene colossalen Erweiterungen des Magens und Darm-canals, wie sie bei manchen Pferden angetroifen werden, die Ur­sachen des Dampfes abgeben.
Pferden mit schmaler Brust, engem schwachem Baue des Brustkastens, sowie Pferden gemeinen Schlages hat man eine be­sondere Anlage zur Dämpfigkeit zugeschrieben, indessen ist wie gesagt, der Dampf nur ein Symptom, und es ist daher in dieser Beziehung von einer Anlage nicht zu sprechen.
Als Gelegenheitsursachen des Dampfes können schnelles Lau­fen, besonders mit vollem Magen, Fütterung mit schwer verdau­lichem oder leicht säuerndem Futter (?), starkes Besetzen des Zügels, besonders bei Pferden mit engem Baue des Kehlganges angesehen werden. Diese schädlichen Einflüsse werden aber nur bei öfterer Wiederkehr und längerer Dauer die Dämpfigkeit erzeugen.
Die Prognose hängt lediglich von der Erkeuntniss der Ur­sachen (der Grundkrankheit) und der Möglichkeit sie zu entfernen ab, doch ist die Vorhersage im Allgemeinen schlecht. Bei der Dämpfigkeit niederen Grades, und wo sie nicht auf beträchtlichen organischen Veränderungen beruht und noch nicht lange dauert, lässt sich wenigstens Besserung erzielen; bei bereits lange beste­hender Dämpfigkeit ist jedoch die Prognose unter allen Umständen ungünstig und zählt das Leiden mit Recht zu den unheilbaren.
Von einer Radicalcur kann bei der Dämpfigkeit im Allge­meinen nicht weiter die Rede sein, sondern nur von einer Fal-liativcur. Entfernung der Ursachen, Heilung der Grundkrank­heit, würde die erstere erfordern'; Abhaltung aller Einflüsse, welche verschlimmernd einwirken, gebietet die letztere.
Der Dampf begründet einen der Hauptmängel der Pferde und Lastthiere mit einer Gewährszeit von 15 Tagen in Oesterreich, 28
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Lungenseuche.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;r579
Tagen in Preussen, 14 Tagen in Bayern, Sachsen, Baden und Würtemberg, von 20 Tagen in der Schweiz.
Gerlach meint, die geringste dieser Gewährszeiten sei noch zu lang, da Pferde in 3 Wochen und noch früher schon dämpfig geworden sind; ein Zeitraum von 10 Tagen erscheine als der an­gemessenste. Zu rügen ist auch, dass mehrere Sachverständige die Feststellung der Dämpfigkeit von der besonderen Art der Athem-beschwerde z. B. von dem Ziehen mit dem Bauche, der Bildung der Dampfrinne au den kurzen Kippen, von der Bewegung des Afters u. s. w. abhängig machen. Jede Athembeschwerde, die fie­berlos und chronisch ist, muss pro foro als Dämpfigkeit aufgefasst werden, gleichgültig wie die Athembeschwerde sich äussert und wo sie ihren Sitz hat.
Neubildungen.
Neubildung von Bindegeweben ist bei Pferden an den Lun­genspitzen in Folge vorausgegangener iutcrstitieller Entzündung häufig zu finden. Bindegewebsgeschwülste in der Gestalt von Fibroiden sind in den hinteren Lungenabschnitten bei Pfer­den häufig beobachtet worden. Concremente finden sich häufig bei Rindern, die an Lungentuberkulose litten. Pigmentbildung kommt bei Hausthieren verhältnissmässig selten vor.
Lungentuberkel.
Sie finden sich bei allen Hausthieren, am häufigsten bei Pfer­den, dann bei Rindern, insbesondere bei solchen, die zur Milchproduc-tion benutzt werden, vor. Tuberkel entstehen entweder unbemerkt, und geben ihre Gegenwart erst, wenn sie in grosser Menge vor­handen sind, oder wenn das Lungengewebc durch ihre weitere Umänderung bereits zerstört wird, zu erkennen, oder sie entwickeln sich aus einer entzündlichen Infiltration der Lunge und sind dann als Folgekrankheit der Lungenentzündung zu betrachten.
Die Bildung des Tuberkels, die Ursachen desselben sind ver­schiedene Metamorphosen, wurden bereits im allgemeinen Theile behandelt.
Tuberkel finden sich bei Pferden in allen Formen und Sta­dien vor. -
Beim Rinde tritt der Tuberkel in der Gestalt eines erbsen-, hasel- oder wallnussgrossen brüchigen Knotens vor, der häufig in den Zustand der Verkreidung übergeht.
Bei Hunden ist Lungentuberkulose ziemlich selten.
Erscheinungen. Einzelne Tuberkel in der Lunge sind völlig symptomenlos, erst wenn sie in grösserer Menge auftreten, verursachen sie einen quakernden Husten, der entweder trocken oder bei gleichzeitigem Vorhandensein vonCatarrh feucht ist; dabei wird das Athmcn mehr oder weniger beschwerlich. Der Emäh-
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380nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten der Lungen.
rongszustand der Thiere bleibt lange unberührt, erst wenn die Krankheit eine bedeutende Ausdehnung gewonnen hat, fangen die Thiere an abzumagern, und verfallen in ein unvermeidliches Siech-thuiti. Die Diagnose der Lungentubcrkel während des Lebens ist wegen Aehnlichkoit der Symptome mit jenen anderen Krankheiten sehr schwierig.
Tritt die Tuberkelbildung beim Pferde acut auf, so stellt sich stets ein heftiges Fieber ein und man kann bei Pferden, die an Rotz leiden, mit ziemlicher Gewissheit den Eintritt dieses Processes diagnosticiren.
Die Behandlung der Lungentuberkulose ist gegen die ein­zelnen Symptome gerichtet, bei Rindern beugt man durch die Schlachtung bei erstem Auftreten der Krankheit weiterem Scha­den vor.
Cysten finden sich auch häufig in der Lunge des Rindes vor, sie enthalten einen trüben grünlichen Inhalt; treten sie in grosser Menge auf, so verursachen sie Schwund des Lungenpa-renehyms.
Krebs in der Lunge beim Hunde tritt als Theilerscheinung allgemeiner Krebscacbexie auf.
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Krauklieiten der Kreislairfsore
raquo;quot;•
ne
Krankheiten des Herzens und Herzbeutels. sect;. 1, Herzbeutelwassersuclit (Hydrops pericardii).
Fast immer tritt diese Form als secundäres Uebel auf, gesellt sieh zu organischen Herzfehlern, oder erscheint als Glied der Brust-und allgemeinen Wassersucht. Die Krankheit kommt meist bei Hunden und Schafen vor. Die Ansammlung des Wassers geschieht allmälig ohne Schmerz. Das vergossene Serum hemmt Circulation und Respiration, der Puls wird daher klein, schwach und unregel-mässig. Es stellen sich Oedeme, Athemnoth ein, und unter Ver­nichtung der vegetativen Functionen tritt der Tod ein.
Die Prognose ist fast immer ungiiustig.
Die Behandlung erfordert bald harntreibende, bald dra­stische (?), bald hautreizende Mittel.
sect;. 2. Herzklopfen, Palpatio cordis, Cardiopalmus.
Eine nervöse Affection, die zuweilen Pferde ohne nachweis­bare Ursache befällt, bei welcher sich heftiges, besonders am Klicken fühlbares Pochen einstellt und mit einer Erschütterung des Rum­pfes verbunden ist. Die Herztöne werden dabei selbst au Stellen der Brust, wo sie sonst nicht fühlbar sind, deutlich ge­hört. Abnorme Herzgeräusche fehlen. Das Herzklopfen verschwin­det gewöhnlich nach einigen Tagen und erfordert hauptsächlich Ruhe und innerlich die Darreichung von beruhigenden und kühlen­den Mitteln.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; _
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3,S2nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten des Herzens und Herzbeutels.
sect;. 3. Herzatrophie.
Sie kömmt bei Hausthieren selten vor, ist entweder partiell oder total, dabei ist die Muskelsubstauz mürbe, von dichterer Con-sisteuz und dunkel gefärbt. Die Verkleinerung des Herzens kömmt vor in Folge von Druck, den das Herz einkapselnde Exsudatmas­sen oder flüssige Exsudate auf dasselbe ausüben. Ausserdem findet mau das Herz auch nach langwierigen, erschöpfenden Krankheiten atrophisch. Man unterscheidet auch die Herzatrophie in die ein­lache mit unverändertem Fortbestande der Weite der Herzhöhlen und Ostien, in die concentrische, mit Verkleinerung, und in die exeentrisehe, mit Vergrösserung des Umfanges des Herzens.
sect;. 4. Herzübernähruug, Hypertrophie.
Sie ist entweder partiell oder total und kömmt bei Weitem häufiger in der linken als in der rechten Herzhälfte vor, der hy-pertrophirte Theil ist dunkler gefärbt, aber die Textur gewöhnlich unverändert. Auch die Hypertrophie kann eine einfache, con­centrische oder exeentrische sein.
sect;. 5. Herzerweiterung, Dilatatio cordis.
Man unterscheidet cine active Erweiterung, die mit der ex-centriseben llerzhypeitrophie zusammenfällt. Die passive Erwei­terung besteht in der Erweiterung meist nur eines Theils des Her­zens; die Dicke seiner Wandungen ist verringert, die Muskelsub­stauz bald normal, bald mürbe, leicht zerreisslich, blassgelb, auch fettig entartet. Die Herzerweiterung betrifft in der Regel das rechte Herz. 1 Die Gestalt eines hypertrophirten Herzens ist verän­dert, gewöhnlich länglich, kegel- oder walzenförmig, selten breit und rundlich.
Die Ursachen sind folgende:
1)nbsp; Klappenfehler oder Verengerung der Ostien, wo­durch Anhäufung des Blutes in einer Kammer und dadurch bei stärkerer Muskelthätigkeit auch Hypertrophie entsteht.
2)nbsp; Hindernisse des Lungenblutlaufes.
3)nbsp; Ueb er massige Functionirung des Herzens, wie sie namentlich bei Pferden in Folge übermässiger Anstrengung vorkömmt.
4)nbsp; Texturveränderungen des Herzens.
5)nbsp; Hindernisse des Blutlaufes in der Aorta.
Die Entwickelung der Herzhypertrophieen und Herzerweite­rungen ist immer chronisch und erreicht manchmal einen enormen Umfang. Sie führt durch Lähmung der Muskelsubstanz zum Tode. Die Herzhypertrophie bedingt in höherem Grade Athemnoth, die wir beim Dampf als Herzsehlägigkeit oder Herzschleeh-tigkeit angeführt haben. Bei Hunden entwickeln sich Eerzhy-
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Herz- und Herzbeutelentzündung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 383
pertrophieen im Gefolge von Herzbeutelentzündung und Klappen­fehlern.
Die Therapie richtet sich einerseits auf die Entfernung der Ursachen, andererseits auf Mässigung der Herzaction durch Digi­talis, Aconit in Verbindung mit Metallsalzen und findet fast nur bei Hunden Anwendung, da andere gcniessbare Hausthiere besser geschlachtet, Pferde aber in der Regel als untauglich beseitigt werden.
sect;.6. Bindegewebsneubildungen. Am Herzbeutel kommen Bindegewebsneubildungen als Seimenflecke, dann als dentritische (baumförmige) Vegetationen, strangförniige Anlieftungen als schwü­lige Massen und auch als Sarcome vor. Im Herzen selbst finden sich Bindegewebsneubildungen als Verdickungen der inneren Herz-auskleidung und der Klappen als warzige Wucherungen auf den­selben, als sehnige Schwielen an verschiedenen Stellen nach Ent­zündung des Herzfleisches mit gleichzeitigem Schwunde desselben vor. Gurlt erwähnt auch der Knochenncubildung im Herzen. Neubildung von Fett wird häufig als wuchernde Entwickelung des schon im normalen Zustande um das Herz und die grossen Ge-fässe vorhandenen Fettes, das dann bei Hunden nicht selten in grossen Klumpen angehäuft ist, ja bisweilen das ganze Herz in einen Fettpolster einhüllt, angetroffen. Bisweilen atrophirt hier­durch das Herzfleisch, so dass dann ein Theil der Herzwand fast ganz aus Fettgewebe zu bestehen scheint, während der übrige Theil des Herzfleisches erbleicht, schlaff und brüchig ist. Dieser Zustand kömmt gewöhnlich bei Hunden in Folge allgemeiner Fett­leibigkeit vor. Bei Ausbreitung über einen grösseren Herzabschnitt führt die Fettdegeneration zur Lähmung.
sect;. 7. Herz- und Herzbeutelentzündung. Garditis und
Pericarditis.
Beide Entzündungen kommen selbstständig bei Pferden sel­ten vor, sondern häufiger in Verbindung mit der Entzündung der Brusteingeweide, namentlich bei Pleuritis, wo der Herzbeutel leicht mit ergriffen wird; dagegen sind sie beim Rinde häufig idiopathisch und werden durch spitze Körper, Nägel, Nadeln u. dgl., welche von der Haube aus allmälig das Zwerchfell, dann den Herzbeutel durchbohren und gewöhnlich auch bis in die rechte Herzkammer eindringen, hervorgerufen.
Pathologische Anatomie. Herz und Herzbeutel finden sich bald allgemein, bald stellenweise durch Gefässinjection dun­kel geröthet, wobei das Herz selbst stark zusammengezogen, die Venen vom Blute strotzend und die Lungen mit dunklem Blute erfüllt, schwarzroth erscheinen. Ausserdem findet sich im Herz­beutel Erguss von blutigem Serum. In anderen mehr chronisch verlaufenden Fällen findet man an der Oberfläche des Herzens so­wie im Herzbeutel plastische Ausschwitzung, die seröse Haut er-
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384nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten des Herzens und Herzbeutels.
scheint rauh, wie mit einer klebrigen Schmiere überkleistert. Die im Herzbeutel sich vorfindende Flüssigkeit ist mehr oder weniger getrübt, seltener flockig. War der Herzbeutel der Sitz der Ent­zündung allein und litt er vorzugsweise in seiner äusseren Haut­platte, so werden die plastischen Ausschwitzungen nach der inne­ren Seite wohl gänzlich vermisst und finden sich mehr auf der äusseren Seite des Herzbeutels abgelagert. Im Herzbeutel selbst findet sich ein grösserer Erguss von gelblichem, gelbröthlichem Serum. Nach der chronischen Herzentzündung sind Ausschwitzun­gen, Verdickung des Herzens, mehr oder weniger feste Verwach­sung mit dem Herzbeutel, dem Mittelfell, Verkleinerung des Her­zeus, Eiterung (Abscessc) im Herzen der gewöhnliche Befund. Nicht selten sind Herz und Herzbeutel sammt dem Mittelfell so entartet, dass sie gleichsam einen festen Klumpen darstellen, in welchem die einzelnen Theile kaum zu erkennen sind. Das Herz-fleisch ist bleich, mürbe und weich. Dem Verlaufe und der Dauer nach zeigt die Herzentzündung erhebliche Abweichuugen, so dass wir eine acute und eine chronische unterscheiden können. Erstere kommt bei allen unseren Haustbieren vor, letztere ist vorzugsweise beim Rinde beobachtet worden.
Erscheinungen. Zuverlässige Zeichen einer acuten Herz­entzündung kennen wir nicht, im Allgemeinen tritt sie unter den Erscheinungen einer Brustentzündung auf7, wie sie denn überhaupt, wie schon oben erwähnt, mit der Entzündung der Brusteingeweide vorkömmt. Gewöhnlich beginnt die Krankheit mit sehr heftigem Fieber, das Athmen ist beschleunigt und sehr erschwert, wiewohl die physikalische Untersuchung der Brust kein Leiden der Ath-mungswerkzeuge nachzuweisen im Stande ist.
Der Herzschlag ist pochend, der Puls sehr beschleunigt, klein, hart, kaum fühlbar. Körpertemperatur sehr wechselnd, die Füsse eisig kalt, die übrigen Theile des Körpers in Transpiration. Der Blick Angst verrathend, das Auge vorstehend, der Gang schlep­pend, die Se- und Excretion unterdrückt, auch bekommen die Thiere Schwindelanfälle. Sobald die Oberfläche des Herzens mit geronnenem Exsudate beschlagen ist, wird beim Anlegen des Oh­res in der Herzgegend ein mehr oder weniger scharfes Reibungs­geräusch vernehmlich, welches bisweilen auch der aufgelegten Hand fühlbar wird und mit den Herzbewegungen zusammenfällt. In je­nen Fällen von Herzentzündung, die durch das Eindringen fremder Körper in das Herzfleisch entstanden sind, zeigen die Thiere beim Eintritt der Krankheit Störungen der Fresslust und der Ver­dauung.
Die chronische Herzentzündung hat einen unmerkli­chen Anfang und einen schleichenden Verlauf, erst wenn die Ver­änderungen im Herzen und Herzbeutel zu Functionsstörungea ge­führt haben, und die Thiere zu kränkeln beginnen, wechselnde Fresslust, zeitweises Frösteln zeigen etc., wird die Krankheit wahr­genommen, doch in den meisten Fällen nicht erkannt, und mit
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Chronische Herzentzündung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 385
anderen Zuständen verwechselt, bis sich nach und nach die oben geschilderten Erscheinungen einstellen, die mit einiger Wahrschein­lichkeit auf die wahre Erkrankung schliessen lassen.
Ursachen. Wo nicht mechanische Verletzungen die Ent­zündung veranlassten, sind die näheren Ursachen noch unbe­kannt, und sie können ;m Allgemeinen nur in Schädlichkeiten gesucht werden, die rheumatische Entzündungen zu veranlas­sen vermögen. Die acute nicht zur vollständigen Zertheilung gelangte Herzentzündung mag in vielen Fällen Grund zur chroni­schen legen. Die Prognose sowohl der acuten als chronischen Herzentzündung ist ungünstig; wenn von Fällen geheilter acuter Herzentzündungen gesprochen wird, so können diese Fälle nur zu den leichteren gezählt werden. Die durch mechanische Verletz­ung entstandene Herzentzündung verläuft unter zeitweiliger Bes­serung chronisch, und schliesslich unterliegen die Thiere unter den Erscheinungen allgemeiner Cachexie.
Behandlung. Die acute Herzentzündung fordert im Allge­meinen ein entzündungswidriges Verfahren, und da sie, wie er­wähnt, unter den Erscheinungen einer Brustentzündung auftritt und gewöhnlich auch als solche diagnosticirt wird, so weicht die Be­handlung von jener der Brustentzündung weiter nicht ab. Ergie­bige Aderlässe, äussere Ableitungsmittel, innerlich kühlende und abführende Salze, besonders auch Calomel sind angezeigt. Bei der chronischen Herzentzündung ist jede Behandlung fruchtlos, am besten ist's, wenn man das Thier schlachtet.
Die Endocarditis, die im Leben bei Thieren noch nicht diagnosticirt wurde, verläuft unter ähnlichen Erscheinungen wie die Peri- und Myocarditis, und erfordert dasselbe Heilverfahren.
Krankheiten der Gefässe.
sect;.8. Arteritis. Die Entzündung der Arterien ist bei den Thie­ren gewöhnlich eine seeundäre Erscheinung, veranlasst durch Ver­stopfung des Lumens mittelst Fibringerinnsels durch Embolie, Ver­wundung der Arterienhäute: ihre Erkennung im Leben ist beim Thiere äusserst schwierig, daher sie in den seltensten Fällen Ge­genstand der Behandlung wird.
sect;. 9. Pulsadergeschwulst. Aneurysmcn sind häufig bei Pferden in den vorderen Gekrösarterien und ihren Aesten beob­achtet worden, und dürfen in dem anhaltenden Zuge, den die an einem langen Gekröse herabhängenden Därme auf die Gekröswur-zel ausüben, ihre Erklärung finden.
sect;.10. Venenentzündung (Phlebitis). Je nach der Verschie­denheit der Organe, denen die entzündeten Venen angehören, wer­den auch die Zufälle verschieden sein, die sich aus einem solchen Kraus, Path. u. Therup. der Haussaugethiere.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 25
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386nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten der Geiasse.
Zustande ergeben. Die oberflächliche Lage der Venen, die sie Ver­letzungen und anderen Schädlichkeiten zagänglicher macht, scheint die Ursache der viel häufigeren Entzündung der Venen als der Arterien zu sein. Eine grosse ünrcgelmässigkeit des Pulses beim Fehlen anderer Krankhcitserschemungen und ein eigenthümliches Lahmgehen, wenn die Entzündung Gefässe betrifft, welche die Schenkel mit Blut versehen, werden gewöhnlich als allgemeine Zeichen der Gefässentzündung angesehen; doch kommen gleiche Erscheinungen auch bei anderen Krankheiten vor und trüben somit die Diagnose ausserordentlich. Als Ursachen der Gefässentzündung sind theils mechanische Einwirkungen, theils solche zu betrachten, die unmittelbar die Gclässwände auf chemische oder mechanische Weise zu reizen vermögen; daher denn auch die Beimischung von fremdartigen Stoffen zum Blute, mögen sie in von aussen in dasselbe eingebrachten Substanzen bestehen, oder durch Eesorption von Krankheitsproducten (Eiter, Jauche) in das Blut oder innerhalb der Biutgefässe selbst in die Blutbahn, wie Faserstoffgerinnsel, ge­langt sein. Zufälliges Eindringen von Luft in die Getasse mag auch oft Ursache der Entzündung sein.
Der Verlauf einer Venenentzündung ist sehr verschieden. Bei massigem Grade der Entzündung können die in den Venen vorhandenen Gerinnungen zu einem Strange schrumpfen, oder das Gerinnsel schwindet durch Erweichung, so dass die Venen theil-weise für das Blut wieder durchgängig wird, in anderen Fällen ent­stehen in Folge des Lossreissens erweichter Gerinnsel metastatische Herde; endlich kann das in den Venen gesetzte Exsudat brandig werden, nur in dem Falle, als die Vene ober- oder unterhalb der jauchigen brandigen Stelle verstopft ist und die Eiterherde nach Aussen entleert werden — kann Heilung eintreten, im ungünstigen Falle entsteht Pyämie. Die am häufigsten bei den Hausthieren der Entzündung unterworfenen Venen sind die innere Haut- oder Rosenvene (Schrankader), die Drosselvene (nach Aderlässen) die Nabelvcncn, die Gebärmuttervenen nach dem Wurfgeschäfte. Die chronische Venenentzündung wird öfter an den Fessel- und Schien­beinvenen der Pferde beobachtet, welche an wiederholter Hufent-zündung geütten haben oder sich streifen. •
sect;. 11. Entzündung der Nabelvene, Phlebitis umbilicalis.
Diese Krankheit ist vorzugsweise bei Lämmern und bei Käl­bern beobachtet worden. Sie befällt die Thiere in den ersten Ta­gen nach der Geburt und besteht in einer Entzündung der Nabelvene (Nabelstrang) und einer dadurch vcranlassten äusserlich sichtbaren schmerzhaften Geschwulst am Nabel, die, an Umfang zunehmend, nach 3—5 Tagen in der Mitte eine Oeffnung entdecken lässt, aus welcher eiterige Flüssigkeit sickert. Das Allgemeinbefinden der Thiere ist dabei mehr oder weniger ergriffen; sie vermeiden das gewöhnliche Recken, welches sowohl Lämmer wie Kälber beim
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Entzündung der Nabelvene.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;387
Aufstehen zu thun pflegen, gehen gespannt, liegen viel, sind trau­rig, der Appetit ist vermindert, dabei speicheln sie viel aus dem Maule; die Thiere werden zuweilen völlig steif und scheuen dann jede Bewegung, in welchem Falle eine Verwechslung mit der Lähme leicht möglich ist, eine Krankheit, die übrigens gleichzeitig in der­selben Heerde sich zeigt, und wohl als Complication mit der Na-belvenenentzündung vorkommen kann. Bei Kälbern besteht die Eiterung einige Zeit fort; nach 3 bis 5 Wochen hört der Ausfluss auf, die Oeffnung schliesst sich und die Thiere genesen. Sie blei­ben dabei aber im Wachsthum zurück, erholen sich nur langsam und bleiben leicht das ganze Leben hindurch Schwächlinge, daher man denn auch Kälber mit Nabelgeschwülsten nicht aufzuziehen pflegt. In anderen Fällen nimmt die Krankheit bei Kälbern nicht diesen günstigen Verlauf und endet, unter gleichen Zufällen, wie bei Lämmern, tödtlich.
Gewöhnlich setzt sich bei Lämmern die Entzündung in der Vene entlang, bis zur Leber fort und bildet hier einen Abscess durch Eiterresorption; es kann auch Lungen- und Bauchfellent­zündung entstehen, an der die Thiere nach einigen Tagen zu Grunde gehen.
Sectiousbefund, In der Regel findet man daher neben Exsudationen am Bauchfelle, in der Leber und in den Lungen, die Nabelvene in ihren Wänden verdickt, ihrer ganzen Länge nach mit plastischer Ausschwitzung erfüllt, zwischen welcher kleine Ei­terherde eingebettet sind.
Ursachen. Ueber die Ursachen der Nabelentzündung ist nichts Gewisses bekannt; das ist gewiss, dass die Krankheit in manchen Jahren häufiger vorkommt, in anderen wieder ganz fehlt, dass manche Schäfereien von der Krankheit arg heimgesucht wer­den, andere gar nicht. Man hat daher die Wirksamkeit verbrei­tender Einflüsse zur Erklärung der Krankheit annehmen müssen, diese hat man nun namentlich bei Lämmern in starker Schlämpe-fütterung der Mutterthiere auffinden wollen, in Folge dessen die Jungen plethorisch zur Welt kommen und die Anlage zu dieser Erkrankung mitbringen. Allein auch diese Erklärung ist nicht aus­reichend.
Verlaufund Ausgang. Wenn man frühzeitig genug das üebel erkannt hat und keine anderweitige Complication (nicht Le­ber- oder Bauchfellentzündung) besteht, so wird in der Mehrzahl der Fälle Heilung erzielt. Kälber erliegen den Leiden seltener als Lämmer.
Die Behandlung der Krankheit ist mehr chirurgischer Art und zielt darauf hin, dem Eiter Abfluss zu verschaffen. Bei steifem Gange der Thiere gebe man Kälbern kleine Dosen Brechweinstein 6 Gran täglich, Lämmern 1 Gran in Auflösung. Auch kann man statt Brechweinstein Calomel versuchen. Hartleibigkeit bekämpfe man mit Klystiren. Sollte die äussere Geschwulst in Brand über-
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388nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten der Gefösse.
zugeben drohen, so versuche man aromatische Infusa mit oder ohne Essig, Camphergeist u. s. w.
sect;. 12. Entzündung der Lymphgefässe, Lymphangioitis.
Die Entzündung der Lymphgefässe tritt bald acut, bald chro­nisch auf. Sie entsteht theils durch örtliche Ursachen: Quetschung, Druck, durch öfteres Reiben und andere mechanische Momente und ganz vorzüglich durch Mittheilung benachbarter Krankheits-processe, besonders durch Aufnahme von Krankheitsproducten aller Art in die Saugadern, und auch durch Aufnahme inficirender Stoffe, wie besonders des Leichengiftes, des Virus syphiliticum, Pocken­eiters, der Locbien, des Rotz- und Wurmgiftes und der Krebs-jauche. Bei Thicren ist vorzüglich das Pferd zu Lymphgefässent-zündungen geneigt, und hier tritt das den Einhufern eigenthümliche Verhältniss ein, dass einfache acute Nasencatarrhe sich mit Ent­zündungen der Lymphgefässe und Lymphdrüsen vergesellschaften. Es weist dies darauf hin, dass entweder bei den Einhufern die Schleimhaut der Luftwege reicher an Lymphgefässen ist, oder die Lymphgefässe der Luftwege, welche sich in der Schleimhaut be­finden, an ihren Anfängen mit den Ausläufern der Bindegewebs-körperchen der Schleimhaut in Verbindung stehen, wodurch eine Fortleitung pathologischer Säfte leichter stattfinden kann. Bei dem Allen macht sich aber eine besondere Disposition der Ein­hufer zu Lymphgefässentzündungen in besonderer Weise geltend, indem beim Rotz, besonders beim Hautrotz die ausgedehntesten Lymphgefässentzündungen vorkommen.
Pathologische Anatomie. Entzündete Lymphgefässe er­scheinen in ihrer äussercn Haut injicirt, ihre Wandungen überhaupt ecchymosirt, geschwellt, verdickt, im Anfange mürbe und leicht zerreisslich, später zähe; ihre Höhle ist erweitert und mit Gerinn­sel oder Eiter angefüllt. Das umgebende Bindegewebe ist stark injicirt, nicht selten von Blutextravasaten durchzogen, serös oder eiterig infiltrirt, gewöhnlich stellenweise von Abscessen durchsetzt, die bisweilen mit der Höhle der vereiterten Lymphgefässe com-municiren; die Lymphdrüsen, zu welchen die entzündeten Lymph­gefässe hinziehen, sind in der Regel geschwellt, bisweilen ent­zündet.
Erscheinungen. Längs der entzündeten Lymphgefässe entstehen schmerzhafte, durch Knoten unterbrochene Stränge, die von einer ödematösen Schwellung des angrenzenden Bindegewebes umgeben sind. Bisweilen ist bei diesem Zustande Fieber vorhan­den, das einige Zeit andauert. In manchen Fällen erfolgt Lösung der Entzündung; die Anschwellung verliert sich, es tritt der Normal­zustand ein. Manchmal schrumpft die Gerinnung im Lymphgefässe, dasselbe schliesst sich und es bleiben ein oder mehrere harte, le­benslänglich dauernde und nicht schmerzhafte Knoten zurück. Häufig ist der Ausgang in Eiterung; es bilden sich längs des ent-
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Darrsucht.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 389
zündeten Stranges zahlreiche Abscesse, die nach ihrer Eröfinung eine gelbliche, missfarbige, jauchige Flüssigkeit ergiessen und die sogenannten Wurmgeschwüre bilden, die entweder vernarben, oder durch ihre Ausbreitung auch benachbarte Lymphgefasse in das Bereich der Erkrankung ziehen.
Der geschilderte Vorgang wiederholt sich und die Thiere ge­hen unter cachectischen Erscheinungen zu Grunde; manchmal ent­wickelt sich acuter Rotz.
Der Hautwurm gehört zu den Hauptfehlern mit einer Gewährs­zeit von dreissig Tagen.
Behandlung. Im entzündlichen Stadium mache man Ein­reibungen von grauer Quecksilbersalbe. Abscesse werden gespal­ten, die sich bildenden Geschwüre mit Höllenstein- oder Kupfervi­triollösung touchirt, mit rother Präcipitatsalbe bestrichen, mit Sublimatlösung belegt, oder je nach Umständen mit dem Glüheisen gebrannt. Innerlich empfiehlt sich die Fowler'sche Lösung. Bei grösserer Ausbreitung des Leidens ist jede Behandlung fruchtlos.
Darrsucht.
sect;. 13. Scrophelkrankheit, Bauchscropheln, Meseraische Scropheln, Atrophia meseraica, Scrophulae abdominales, Atrophia scrophulosa,
Tabes glandularis.
Die Darrsucht ist ein chronisches Leiden der Mesenterialdrü-sen, das vorzüglich bei Füllen, aber auch bei anderen Hausthieren vorkömmt und ein langwieriges Dahinsiechen bedingt; der Unter­schied zwischen tuberkulöser und scrophulöser Dy scrasie der Thiere ist nicht sicher gestellt, daher mag es kommen, dass einige Autoren die Darrsucht als ein tuberculoses Leiden auffassen. Wir reproduciren im Nachfolgenden Spinola's Ansicht über diese Streitfrage:
Der Erweichung, meint er, scheinen jene Tuberkeln vorzugs­weise zu unterliegen, welche ihren Sitz in Organen haben, die der Luft von Aussen zugänglich sind, daher von allen Tuber­keln, die in den Lungen am gewöhnlichsten und so gewöhnlich sind, dass man unter tuberculöser Schwindsucht, gemeinhin die der Lungen versteht. Der in den Lymph - (Mesenterial -) Drüsen der jungen Thiere abgesetzte Tuberkelstoff bildet sich oft nicht voll­ständig zu Tuberkeln aus, sondern stellt vielmehr eine zähe, gal­lertige, nicht bröckelige, sondern speckige Masse dar, in Folge des­sen die vergrösserten und durchweg infiltrirten Drüsen, auf der Schnittfläche gelbem Speck sehr ähnlich sehen. Diese Fälle sind es nun insbesondere, welche man als Scropheln von den echten Tuberkeln unterschieden hat; der Umstand aber, dass im ferneren Verlaufe der Krankheit, wenn sonst die Thiere wegen der gestör-
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390nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Darrsucht.
ten Ernährung nicht schon früher zu Grunde gehen, die sogenannte Scrophelmaterie später gewöhnlich denselben Umwandlungen, wie die Tuberkeln, unterliegt, sowie dass oft in einem und demselben Individuum, ja sogar in einer und derselben Drüse (Bronchialdrüse z. B.) alle Uebergäuge von dieser speckigen Masse zur käsigen, brüchigen etc. überhaupt echten Tuberkelsubstanz gefunden wer­den, — lässt die Besonderheit der Scrophelmaterien in gerechten Zweifel ziehen, dieselbe vielmehr als identisch mit der Tuberkel­substanz erscheinen.
Den Saugfüllen wird eine besondere Anlage zugesprochen, und es ist sicher, dass manche derselben bereits mit dem Keime dieser Krankheit geboren werden. Als äussere Schädlichkeiten werden für Füllen besonders schlechte Muttermilch, schlechte Stal­lungen, Vernachlässigung in der Pflege, zu zeitliche Verabreichung kräftiger und reizender Futterstoffe angesehen; bei erwachsenen, gewöhnlich schon älteren Thieren scheinen ungünstige, den Er-nährungsprocess beeinträchtigende Aussenverhältnisse, organische Veränderungen wichtiger Organe, besonders chronische Darmlei­den, die Entstehung dieses Zustandes zu veranlassen.
In vielen Fällen lässt sich kein nachweisbarer Zusammenhang zwischen der Krankheit und irgend einer Schädlichkeit auffinden.
Pathologische Anatomie. Die kranken Gekrösdrüsen erreichen die Grosse einer Wallnuss, eines Hühnereies, und sind, wie bereits oben erwähnt, weich, speckig, röthlichgrau. Dringt der Process gegen den Banchfellüberzug vor, so entwickelt sich Entzündung desselben, in Folge deren eine Verklebung, später eine Verwachsung mit den anliegenden Darmschlingen stattfindet, in welche der Eiter nach Durchbohrung der Darmwandung sich ergiesst, und zu einer tödtlichen Bauchfellentzündung die Veran­lassung geben kann. Häufig sind nicht nur die Mesenterialdrü-sen, sondern auch die Bronchial-, Leisten- und Achseldrüsen auf eine ähnliche Weise entartet. Die Darmschleimhaut ist im Zu­stande eines acuten oder chronischen Catarrhs.
Erscheinungen. Die Thiere verlieren ihre Munterkeit, der Leib ist aufgeschürzt, das Haar glanzlos, struppig; Fieber, Appetitmangel, verzögerte Mistentleerung oder Durchfälle, Athem-beschwerden sind vorhanden. Die Kräfte schwinden, es tritt hoch­gradige Abmagerung ein, und unter colliquativen Entleerungen er­folgt der Tod.
Der Verlauf ist aber auch manchmal höchst acut, kurze Zeit nach dem Auftreten der ersten Krankheitserscheinungen erfolgt das ungünstige Ende.
Gar nicht selten complicirt die Darrsucht die sogenannte Füllenlähme, welche in einer eiterigen Entzündung des Vor­derknie -, Sprung-, Bug- und Oberschenkelgelenkes mit nachfolgen­der Caries der Gelenksenden und Bildung von Fistelgängen, Eiter­senkungen besteht.
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Darrsucht.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 39 L
tenbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Auch mit Bronchialcatarrhen, Lungen- und Halsentzündungen
ienbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;findet sich die chronische Darrsucht vergesellschaftet.
)enbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Die Prognos e ist höchst ungünstig.
igt;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Die Behandlung muss sich hauptsächlich auf ein cntspre-
r-nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; chendes diätetisches Verhalten, sowohl der Jungen, als auch der
nnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Mutterthiere beschränken. Innerlich werden die Verdauung be-
1-nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; fördernde Mittel verabreicht; bittere , aromatische, gewürzhafte Substanzen, denen man Spiessglanz und Eisenpräparate zu-
'gt;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; setzen kann. Im Uebrigen beobachte man ein symptomatisches
enbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Verfahren, n
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Krankheiten des GeMrns.
Die Wuthkrankheit, Tollkrankheit, Tollheit, Tollwuth.
sect;. 1. Hundswuth, Wasserscheu, Rabies, Hydrophobia, Lyssa.
Es ist eine schwierige Aufgabe, die Wuthkrankheit bestimmt zu definiren. Die Erscheinungen und der Verlauf bieten nämlich, was die Thiergattung, die Individualität und das Temperament des Thieres betrifft, so viele Verschiedenheiten, dass sich die Krankheit schwer in einem präcisen Bilde zusammenfassen lässt. Nur ganz allgemein lässt sich der Begriff dahin geben, dass sie eine hauptsächlich durch psychische Störungen und Affection des motorischen Apparates sich kundgebende acute, mit zeitweisen Paroxysmen verlaufende (und tödtlich endende) ansteckende, zu­weilen seuchenartig auftretende Krankheit darstelle, die bei dem Mangel constanter, anatomischer Veränderungen als eine funetio-nelle Erkrankung des Nervensystems angesehen werden muss und ursprünglich nur den Hund und seine Geschlechtsverwandten nach einigen Autoren auch die Katzen befällt, von diesen aus jedoch durch einen Ansteckungsstoff' auf andere Thierc und auch auf den Menschen übertragen werden kann *). Die Wuth ist wegen ihrer Gefährlichkeit für das von ihr befallene Thier und wegen des Um-standes der leicht möglichen Uebertragung auf andere Geschöpfe in jeder Hinsicht die wichtigste Krankheit des Hundes.
Man hat hin und wieder von Prodromen der Wuth gespro­chen, die als besondere Merkmale der Krankheit vorhergehen sol­len, ohne ihr selbst anzugehören, allein solche Prodromalzeichen
•) Der im lt;J. 1865 zu Wien versammelte thierärzfliche Congress sprach sich über die Krankheit dahin aus, dass er in derselben eine selbstständige speeifische Krankheit erblicke, die ein eigenthümliches Gift erzeuge, das auf Menschen und Thiere übertragbar sei.
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Wuthkrankheit.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 393
gibt es in der That nicht, und wenn man etwa bei Hunden, die später als wuthkrank erkannt wurden, Anfangs Traurigkeit, Mat­tigkeit, Appetitlosigkeit etc. bemerkt hat, so waren diese Erschei­nungen ganz gewiss schon Symptome der Wuthkrankheit selbst. Es muss im Gegentheil ausdrücklich hervorgehoben werden, dass die Wuth in vielen Fällen mit ganz unscheinbaren Zeichen auftritt, dass ihre erste Periode unmerklich vorübergeht und doch der Ansteekungsstoff in aller Bösartigkeit entwickelt wird. Ausserdem haben aber auch die genannten Erscheinungen an und für sich schon desshalb keinen diagnostischen Werth, weil diesel­ben auch Vorläufer anderer Krankheiten bilden können.
Aetiologie. Die Wuthkrankheit entwickelt sich bei dem Hunde entweder selbstständig oder in Folge von Ansteckung. Die letztere Art der Entstehung ist durch unzählige Unglücksfälle und durch zahlreiche Versuche sicher gestellt. Hingegen hat es nicht an Autoren gefehlt, welche die spontane Entwickelung der Wuth in Abrede stellten.
Allein wenn man die allgemeine Verbreitung der Krankheit in gewissen Jahren berücksichtiget, während in vielen anderen Jah­ren nur sporadische oder gar keine Wuthfälle beobachtet werden, so lässt sich die ursprüngliche (miasmatische) Entwickelung der Krankheit nicht zurückweisen, und es ist dadurch zugleich erwie­sen, dass die Wuth eine Seuchenkrankheit sei.
Die Wuth hat ihre Ausläufer in sporadische Krankheitsfälle, wie jede andere Seuchenkrankheit, welcher Umstand in der Con-tagiosität der Krankheit seine genügende Erklärung findet. Es beschränkt sich jedoch die spontane Entwickelung nur auf das Hundegeschlecht.
Für die Annahme einer besonderen Anlage gewisser Thier-gattungen sprechen keine bestimmten Thatsachen. Einige wollen indess gefunden haben, dass gewisse Ra^en der Hunde, wie die kleinen englischen, die Pintscher, Pudel, Spitze, die Wolfs- und Tigerhunde, dann überhaupt solche, welche von reizbarem Tempe­ramente sind und sich auch sonst bissig zeigen, ferner Männchen in überwiegendem Verhältnisse zu Weibchen, jüngere, verzärtelte, zu üppig genährte Hunde, Bastarde, endlich solche Thiere, die wenig Bewegung machen, am ehesten spontan von der Hundswuth ergriffen werden. Doch sind wie gesagt, alle diese Beobachtungen sehr zweifelhaft. Als Gelegenheitsursache hat man grosse Hitze im Sommer und strenge Kälte im Winter angegeben, doch fehlen auch da bestimmte Beweise, da im Gegentheile die Krankheit nicht nur Sommer und Winter^ sondern auch im Frühjahr und Herbste erscheint, und sogar in manchen Jahren mit geringer Sommer­wärme weit häufiger beobachtet worden ist, als in sehr heissen und sehr kalten Jahren. Eine andere Ursache soll der Mangel an gutem Trinkwasser oder überhaupt an Getränk sein. Wenn gleich dem Hunde zu seiner Erhaltung das Getränk fast nothwendiger zu sein scheint, als den pflanzenfressenden Thieren, so ist doch
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394nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten des Gehirns.
der Mangel an demselben wahrscheinlich nicht an dem Entstehen der Wutlikrankheit Sclnikl; denn man sieht sehr häufig die Krank­heit bei Hunden auftreten, welche beständig frisches Wasser in Ueberfluss hatten, während sie dagegen bei den an der Kette lie­genden Bauernhundeii, die im'Sommer, wo der Besitzer vom Mor­gen bis zum Abend auf dem Felde ist, oft mehrere Tage Mangel an Getränk erleiden, nicht gerade häufiger beobachtet wird.
Ob gewisse Gegenden und Klimate die Entwickelung der Krankheit begünstigen oder entgegengesetzt beschränken, ist noch nicht hinreichend erwiesen, doch scheint diess der Fall zu sein, da beispielsweise im Orient trotz sehr mangelhafter Veterinär - polizei­licher Aufsicht die Wuth unter den Hunden verhältnissmässig nur äusserst selten vorkömmt*).
Von vielen wird unbefriedigter Geschlechtstrieb männlicher Hunde, der sich oft bis zur Raserei steigern kann, als Grund zur Entstehung der Wuth nicht mit Unrecht angegeben.
Vorhergegangene Krankheiten, Besonderheiten der Ernährung und Lebensweise hat man ebenfalls bei der Ermittelung der Ur­sachen der Wuth in nähere Erwägung gezogen, ohne zu einem bestimmten Resultate zu gelangen, obschon die Staupe und andere Zustände nach Hertwig in einer besonderen ursächlichen Bezie­hung zur Wuth zu stehen scheinen und die plötzlichen und an­dauernden Veränderungen der Gewohnheiten mancher Hunde ge-wiss einen wichtigen Einfluss auf die Entstehung der Wuth aus­üben. Von atmosphärischen Schädlichkeiten lassen sich auch keine mit Bestimmtheit erweisen, indem ein besonderer meteorologischer Character, der durch das Vorkommen der Hundswuth im Grossen ausgezeichneten Jahre, welche sich doch durch das ganze Mittel­alter (zum Theil auch durch das Alterthum) bis auf unsere Tage verfolgen lassen, bis jetzt nicht genau darzustellen ist.
Wie bei allen Krankheiten mit vorzugsweisem Ergriffensein des Nervensystems, so sehen wir auch bei der Wuth, den zwei Richtungsweisen, in welchen die krankhaften Affectionen dieses Systems sich zu erkennen geben, entsprechend, dieselben unter den Erscheinungen der gesteigerten oder verminderten Nerven-thätigkeit als Exaltation oder Depression sich äussern.
Diese zwei verschiedenen Zustände lassen sich bei allen un­seren Hausthieren im Verlaufe der Wuth deutlich wahrnehmen und nachweisen, doch bieten sie in gegenseitigem Verhalten mannig­fache Abweichungen. Gewöhnlieh zwar beginnt die Krankheit unter den Erscheinungen der Exaltation, und wird dieser Zustand allmälig in den entgegengesetzten, der Depression und Paralyse
*) Im VViederspruchc mit dieser bis jetzt geltenden Ansicht ist die von Achmed Efl'ondi, Professor der Veteriniirschule in Constantinopel beim letzten thienirztlichen Congress gemachte Aeusserung, dass die Hundswuth seit undenklichen Zeiten im Orient vorkomme.
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Wuthkrankheit.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;395
binübergeflihrt; doch häufig sehen wir auch beide Zustände in Ab­wechslung vorkommen, wenngleich einer von beiden der vorherr­schende ist. Nicht selten tritt die Krankheit gleich vom Hause aus unter den Erscheinungen der Depression und Paralyse auf, und behauptet sich unter diesen bis zum tödtlichen Ende. Fälle der letzteren Art sind besonders bei Hunden häufig und gründet sich hierauf die Eintheilung in „stillequot; und „rasendequot; Wutb. Wir wer­den im Folgenden zuerst jene Erscheinungen aufführen, die der „rasenden Wuthquot; in ihren drei Stadien, nämlich: 1) Im Stadium der sogenannten Verstimmung, 2) des Irrsinns (Delirium), 3) der Lähmung eigen sind.
Zuerst bemerkt man, dass die Hunde entweder scheinbar mehr munter, freundlicher, dienstwilliger oder auch empfindlicher, bei ihren Verrichtungen mehr heftig und zum Zorne geneigt, un­ruhig, oder auch im Gegentheile träge, faul und verdriesslich sind. In den meisten Fällen bleibt die zu einer Zeit bemerkbare Art der Verstimmung nicht während der ganzen Krankheit dieselbe, sondern sie wechselt von Zeit zu Zeit. Die in den Stuben gehal­tenen Hunde gehen von einer Stelle zur andern, legen sich bald in ihren Korb, bald wieder auf den blossen Fussboden, krümmen sich mit dem Leibe zusammen, als ob sie schlafen wollten, stehen aber bald wieder auf, nehmen eine andere Stellung an und wech­seln so beständig. Sie beriechen ihnen bekannte Gegenstände forschend, sehen dieselben und ebenso auch die ihnen bekann­ten Personen mehr stier an, belecken kalte Gegenstände, neh­men ungeniessbare Dinge in das Maul, zerkauen oder zernagen und verschlucken dieselben oder lassen sie auch wieder fallen. Manche belecken auch ihren eigenen Urin (was als ein sehr bestimmtes Merkmal der Krankheit gelten soll), und selbst ih­ren eigenen Koth. Hunde, welche im Stalle oder an der Kette liegen, sieht man häufig ihr Lagerstroh sich mit den Vorder-flissen unter den Leib zusammenkratzen, zuweilen auch das­selbe beissen und es mit den Zähnen heftig schütteln. Stuben­hunde gehorchen im Beginnet der Krankheit ihrem Herrn mit Unlust. Bei Hof- und anderen im Freien gehaltenen Hunden tritt eine auffallende Scheue, Widerspenstigkeit und Unruhe hervor. Das äussere Ansehen der Hunde ist um diese Zeit noch wenig oder gar nicht verändert, bei einzelnen ist Mattigkeit, eine massige Beschleunigung des Athems, stärkere Injection der Bindehaut, Er­weiterung der Pupille, eine leichte Vermehrung der Absonderung der Nasenschleimhaut zugegen. Hunde, welche in Folge von An­steckung durch den Biss eines bereits tollen Hundes krank wur­den, zeigen eine besondere Empfindlichkeit der Bissstelle, auf die man durch das häufige Belecken derselben aufmerksam gemacht wird. Bei fast allen mit der rasenden Wuth behafteten Hunden findet sich bald früher, bald später, jedoch gewöhnlich in den er­sten 2—3 Tagen, eine Neigung zum Entweichen aus dem Hause des Herrn.
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396nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten des Gehirns.
Es beginnt damit das zweite Stadium — das Stadium der eigentlichen Wuth. Stubenhunde drängen sich desshalb mehr als gewöhnlich zur Thüre und laufen, ohne dass sie einen bestimmten Zweck haben, in den Strassen umher oder selbst ins Freie; dabei legen sie nicht selten in kurzer Zeit sehr beträchtliche Strecken zurück. Kettenhunde oder sonst wie eingesperrte Hunde zerreissen die Kette, zerfressen einen Theil der Thtir, reissen Bretter oder Latten von der Umkleidung des Stalles los und suchen dadurch ebenfalls ins Freie zu gelangen. Nach etwa 24 Stunden oft auch trüber kehren die meisten zurück, und dabei zeigen manche gleich­sam ein Bewusstsein ihres durch das Weglaufen begangenen Ver­gehens; denn sie schleichen sich furchtsam in das Haus, thuen freundlich gegen die Angehörigen und verkriechen sich dann.
Ebenso zeigen diese Hunde in den allermeisten Fällen gleich vom Anfange der Krankheit an und während des ganzen Verlaufes derselben eine Neigung zum Beissen. Diese Neigung ist jedoch nicht fortwährend gleichmässig rege und auch nicht durch alle äusseren Umstände gleichmässig hervorgerufen. Einzelne Hunde sind gleich vom Eintritte der Krankheit an gegen Menschen, gegen Hunde und andere Thiere, selbst gegen leblose Dinge sehr heftig, beisssüchtig und springen beissend auf Alles los, was sich in ihrer Nähe bewegt; sie beissen selbst wiederholt in ihnen vorgehaltenes Eisen so heftig, dass sie sich die Zähne ausbrechen, das Zahn­fleisch und die Lippen blutig verletzen; Holzwerk an den Thüren und Wänden zernagen sie andauernd und reissen grössere Stücke davon los; das Lagerstroh schütteln sie wüthend mit den Zähnen untereinander, mitunter so heftig fortgesetzt, dass ihnen derAthem dabei zu kurz wird und sie dann erschöpft auf eine Zeitlang inne­halten müssen; manche beissen selbst heftig in den eigenen Kör­per, besonders in die hinteren Theile desselben. Bei manchen Hunden scheint die Beisssucht sogar das erste deutlich bemerk­bare Symptom zu sein. In anderen Fällen findet sich diese Sucht erst etwa am zweiten, dritten Tage der Krankheit, und sehr oft auf eine viel mildere Weise,laquo;indem die Hunde, nur kurz schnappend, auf einen Gegenstand losspringen oder gleichsam nur im Vorübergehen nach demselben beissen. In den allermeisten Fällen beissen die tollen Hunde auf Menschen weniger heftig und weniger tief als die erzürnten gesunden Hunde, und sehr oft schei­nen die ersteren, namentlich wenn sie ihnen bekannte Personen beissen, sogleich wieder ihr unpassendes Benehmen zu fühlen; denn sie drücken die Kinnbacken nur sehr massig zusammen und lassen den Gegenstand gleich wieder los, so dass in solchen Fällen oft nur sehr oberflächliche Quetschungen oder nur kleine Ritzen von den Zahnspitzen entstehen. Am meisten wird die Beisssucht der tollen Hunde durch andere Hunde, durch Katzen, durch Fe­dervieh, weniger durch andere grössere Thiere und am wenigsten durch Menschen erregt.
Ein sehr wichtiges und in den allermeisten Fällen fast ent-
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Wuthkrankheit.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 397
scheidendes Zeichen der Krankheit ist die Veränderung der Stimme und der Art des Bellens der mit der rasenden Wuth behafteten Hunde. Die Stimme wird ein wenig niedriger im Tone und dabei rauh, zuletzt auch wohl, wenn die Hunde sehr viel gebellt haben, ganz heiser. Die Art des Bellens ist eigenthümlich, indem die tollen Hunde nicht immer, so wie die gesunden, jeden einzelnen Laut oder Anschlag von dem anderen abgesondert hören lassen, sondern sie schlagen mit einem Laute an und ziehen die Stimme fast heulend einen Moment fort und ein wenig in die Höhe, so dass das Ganze ein Mittelding zwischen Bellen und Heulen ist. Nur in der ersten Zeit können die tollen Hunde, wenn sie stark gereizt werden, noch einige einzelne abgesonderte Laute bellend hervorbringen. Manche dieser Patienten bellen oder heulen selbst ohne äussere Veranlassung sehr häufig, und zwar am meisten, wenn sie in einem geschlossenen Räume eingesperrt sind, nicht selten aber thun sie dies auch bei dem Gehen oder Stehen im Freien; andere bellen nur selten von selbst, und andere lassen ihre Stimme nur dann hören, wenn sie gereizt oder geschlagen werden. Die angedeutete Veränderung der Stimme und des Bellens ist im All­gemeinen so eigenthünilich, dass sie fast Jedem, der sonst mit der Stimme eines Hundes bekannt ist, auffällt, und dass fast Jeder, der dieses Zeichen einmal kennen gelernt hat, hieraus mit ziem­licher Sicherheit aut das Dasein der Wuthkrankheit schliessen kann. Indessen gibt es auch wiewohl nur selten Fälle, wo das in Rede stehende Symptom fehlt, und die wuthkranken Hunde fast während der ganzen Krankheit so bellen, wie gesunde Hunde, desshalb müssen auch die übrigen Erscheinungen wohl berücksichtiget wer­den; umsomehr als die Stimme auch bei einigen anderen Krank­heiten, namentlich bei Halsentzündungen, bei fremden Körpern im Schlünde, bei Krämpfen etc. verändert ist. Auffallend ist die grosse Verminderung der Empfindlichkeit am ganzen Körper der kranken Thiere, denn man kann sie schlagen, stechen, selbst wie Hert-wig erwähnt, brennen, ohne dass sie einen Laut des Schmerzes von sich geben. Manche tollen Hunde werden von Zeit zu Zeit schlaftrunken, schrecken aber leicht auf, und sehen sich befremdet um. Sind sie jedoch durch Herumschweifen müde geworden, so schlafen sie zuweilen durch mehrere Stunden, sind jedoch leicht zu erwecken und beissen sogleich wieder.
Man bemerkt an dem Thiere die Bildung von Runzeln über den Augen und auf der Stirne, wodurch sie ein mürrisches Aus­sehen bekommen. Einzelnen schwillt der Kopf ganz oder zum Theile an (?). Die meisten bekommen während der Krankheit ein rauhes, struppiges Ansehen, und tnagern in kurzer Zeit auffal­lend ab.
Die Kranken verschmähen regclmässig ihre gewöhnliche Nah­rung und zeigen eine abnorme Gier nach dem Genüsse eckelhaf-ter, unverdaulicher Speisen.
Wasserscheu wurde bei tollen Hunden nicht beobachtet.
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398nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten des Gehirns.
Bei Gelegenheit findet man, dass die tollen Hunde, wie auch sclion erwähnt wurde, ihren eigenen Urin belecken, viele von ihnen sogar 'gierig Wasser saufen, und man hat auch schon P'älle beo­bachtet, dass tolle Hunde Flüsse durchschwammen. Viele an der rasenden Wuth leidenden Hunde erbrechen häufig eine schäumige, graubraune Flüssigkeit, bei den meisten sind Schlingbeschwerden zugegen.
Das Maul der rasend tollen Hunde ist in der Regel in den meisten Fällen mehr trocken als im gesunden Zustande, und auch ganz ohne Schaum und ohne Geifer; zuweilen wird sogar die Oberfläche der Lippen und der Zunge ganz trocken, spröde und rissig, es ist dies ein richtiges unterscheidendes Merkmal der Wuth von der Epilepsie, in der stets ein starkes Speicheln vorhan­den ist.
Der Gang der wuthkranken Hunde hat in der ersten Zeit gar nichts Abweichendes von dem Gange der gesunden Hunde; je länger aber die Krankheit dauert, um desto schwächer zeigen sich die Patienten am Hintertheile des Körpers, so dass sie beim Gehen wanken, und zuletzt grössteutheils oder ganz gelähmt am Hintertheile erscheinen. Ein Irrthum ist es übrigens, wenn be­hauptet wird, dass die tollen Hunde nur geradeaus laufen; denn man sieht häufig, dass sie bald rechts, bald links vom Wege ab­irren, nur wenn sie verfolgt werden, rennen sie geradeaus. Die Ruthe tragen die Hunde in der ersten Zeit der Krankheit sowie gesunde Hunde, erst im Stadium der Schwäche lassen sie dieselbe schlaff herabhängen, ziehen auch wohl dieselbe zwischen die Hin­terbeine. Die kranken Thiere äussern eine grosse Empfindlich­keit gegen das Licht, und die Augen haben einen eigenthümlichen, unheimlichen Glanz.
Dieses Stadium dauert höchstens 3 bis 4 Tage und geht nach und nach in das dritte Stadium der Lähmung über. Die Pa-roxysmen werden schwächer, die freien Zwischenräume weniger ausgesprochen. Die Abmagerung nimmt rasch zu, die Thiere er­halten durch ihr struppiges Haar, die eingefallenen Flanken, die matten, zurückgesunkenen Augen, die getrübte Hornhaut, das meist offenstehende trockene Maul mit hervorhängender Zunge ein un­heimliches und eckelhaftes Aussehen. Die Schwäche im Hinter­theile nimmt mehr und mehr zu, es tritt allmälig Lähmung des­selben ein, die Thiere gehen schwankend, mit nachgezogenen Hin-terfüssen, oder liegen beständig wie schlafsüchtig, erheben sich nur mit dem Vordertheile, besonders wenn sie gereizt werden, wo sie noch beissen oder wenigstens herumschnappen. Ihre Stimme wird heiser, das Athmen angestrengt, der Puls beschleunigt und unregelmässig, die Pupille ist erweitert; nach dem Eintritte von Convulsiouen gehen die Thiere meist soporös am 5. bis 6. Tage zu Grunde.
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Wuthkrankheit.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 399
Die stille Wutb.
Auch bei dieser Form der Krankheit bemerkt man zuerst, dass die damit behafteten Hunde ihr Benehmen auf irgend eine Weise verändern; doch findet man im Allgemeinen, dass sie we­niger aufgeregt, sondern im Gegentheile mehr still, ja sogar ganz traurig werden. Das auffallendste Zeichen der stillen Wutb ist eine Erschlaffung oder unvollständige Lähmung derjenigen Mus­keln, welche den Unterkiefer in der Richtung von unten nach oben anziehen und jener, welche die Zunge bewegen. Der Unterkiefer hängt weit herab, so dass die Thiere am Fressen und Beissen ge­hindert sind, es fliesst oder fällt ihnen Alles nach kurzer Zeit wie­der aus dem Maule heraus, desshalb fliesst den Thiereu nicht sel­ten Speichel aus dem Maule und man sieht bei dieser Form manch­mal ein wirkliches Geifern. Die Neigung zum Beissen ist bei den von der Wutb befallenen Hunden an und für sich gering und wird überdiess durch die Lähmung des Unterkiefers sehr erschwert, aus diesem Grunde sind solche Thiere im Allgemeinen wenig zu fürchten.
Auch der Trieb zum Fortlaufen ist bei solchen Thieren viel geringer.
Die Stimme ist zwar bei ihnen in gleicher Weise verändert wie bei den rasenden Hunden, allein sie bellen weniger. Im Uebri-gen stimmen alle anderen Erscheinungen der stillen Wuth mit je­ner der rasenden überein.
Betrachten wir nun nach geschilderten Krankheitssympto­men das Contagium. Die normal entwickelte Krankheit erzeugt ein Contagium, das sich bis zum Ende des Thieres fortbildet und selbst noch einige Zeit nach dem Tode wirksam bleibt; im vollkommen erkalteten Zustande des Cadavers scheint es seine Wirksamkeit verloren zu haben. Es ist fixer Natur und ist am concentrirtesten in dem Speichel und im Blute enthalten, haftet aber auch au allen Se- und Excreten und wird gewöhnlich durch den Biss wuthkranker Thiere übertragen, und in die­ser Hinsicht sind gerade die blos oberflächlichen, nicht stark blu­tenden Verletzungen der Haut (Ritzen) am gefährlichsten, indem aus grösseren Verwundungen der inficirende Speichel durch die entstehende Blutung leichter weggespült wird, auch andererseits, da sie leicht auffindbar sind, eher einer Behandlung unterzogen werden. Ob auch von der unverletzten Haut und Schleimhaut der Ansteckungsstoff aufgenommen werden kann, ist zwar sehr un­wahrscheinlich, doch ist es noch nicht bestimmt erwiesen. Das Wuthgift ist auf alle warm blutigen Thiere übertragbar. Nicht jedes Individuum jedoch, in welches das Contagium eingeführt wird, verfällt in die Wutb, es scheinen hierauf mannigfaltige Ver­hältnisse Einfluss zu üben, theils die Körperbedeckung, an der bei dem Bisse das Vehikel des Contagiums hängenbleibt, die grössere oder geringere Blutung, durch welche das Contagium wieder aus
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400nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten des Gehirns.
der Wunde herausgescbwemmt wird, der grössere oder geringere Nervenreichthum der gebissenen Stelle etc.
Der Umstand, dass in manchen Fällen selbst der in die Wunde geratbene Geifer eines wütbenden Hundes die Ansteckung nicht veranlasste, während ein anderes Mal die geringste Hautver­letzung zur Aufnahme des Contagiums hinreichte, und die Wuth-krankheit erzeugte, sowie die wiederholt gemachte Beobachtung, dass einzelne wüthende Hunde durch ihren Biss beinahe alle Ver­letzten ansteckten, während diess bei anderen nicht der Fall war, scheint die Annabme einer verschieden starken Intensität des Con­tagiums zu rechtfertigen. Dass das Contagium an Fleischfressern leichter haftet, als an Pflanzenfressern, wurde schon Eingangs er­wähnt. Es ist übrigens sicher, dass noch viele andere nicht näher bekannte Factorcn die Wirksamkeit des Contagiums abzu­schwächen, oder das einzelne Individum für die Aufnahme des­selben widerstandsfähiger zu machen geeignet sind.
Bei den inficirten Thieren jedoch, welche eine Prädisposition zur Wuth besitzen, kommt die Krankheit um so leichter zum Aus­bruche, je mehr die Thiere Einflüssen ausgesetzt sind, die eine be­sondere Aufregung mit sich bringen, wie dies öfter nach heftigem Zorne, erregtem Geschlechtstriebe etc. beobachtet wird; selbst Tem-peraturverhältnissc, Erkrankungen und andere Zustände scheinen auf die Entwickelnng der Wuth von Einfluss zu sein. Diese Incu-bationszeit, d. h. die Periode von dem Augenblicke der stattge-fundenen Verletzung ist verschieden lang und das Contagium ist bis dahin latent. Bei Hunden bricht die Wuth gewöhnlich inner­halb 6 — 7 Wochen nach stattgefundener Ansteckung aus, obwohl auch Fälle bekannt sind, wo sie einerseits erst nach mehreren Monaten, andererseits schon nach wenigen Tagen zum Ausbruche kam; bei Pferden schwankt die Incubationsdauer zwischen 3 Tagen bis 14 Wochen, bei Rindern zwischen 9 Tagen und mehreren Mo­naten, bei Schafen und Ziegen zwischen einigen Tagen und meh­reren Monaten, bei Schweinen zwischen 9 Tagen und mehreren Wochen oder Monaten nach geschehenem Bisse.
Was die Verbreitung der Wuth in den verschiedenen Zonen betrifft, so scheint dieselbe im Allgemeinen sowohl im Süden als auch im hoben Norden eine seltenere Erscheinung zu sein, dadurch ist auch theilweise die Annahme widerlegt, dass grosse Hitze oder strenge Kälte als Gelegenheitsursachen der Wuth angesehen wer­den. Was den Einfluss der Jahreszeiten auf die Entstehung der Krankheit betrifft, so bat sich nach statistischen Forschungen her­ausgestellt, dass dieselbe zumeist in den Frühlings- und Sommer­monaten auftrete. Ob etwa auch ein jäher Temperaturwechse! auf die Entstehung von Einfluss sei, ist nicht bekannt. Auf die Ver­breitung scheint die Sommerwärme wohl einen Einfluss zu haben., und diess aus dem Grunde, weil die Heerden im Sommer sich mehr auf der Strasse aufhalten als im Winter, und durch die ge-
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Wuthkrankheit.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;401
genseitige Berlihrung die Möglichkeit einer Infection leichter ge­boten ist.
Die Hundswuth zeigt in vielen Jahren ein epizootisches Auf­treten, es werden nämlich schon seit Jahrhunderten von Zeit zu Zeit Perioden beobachtet, in denen diese Krankheit unverhäitniss-jnässig häufig zur Beobachtung gelangt.
Wie bei allen anderen Seuchen wissen wir auch hier für diese Erscheinung keinen Grund anzugeben.
Der Verlauf der normal ansgebrochenen Krankheit ist ein äusserst rapider, der Tod tritt längstens im Verlauf von 8 bis 10 Tagen ein. Die Prognose ist demnach immer eine im höchsten Grade ungünstige.
Pathologische Anatomie. Die Sectionsergebnisse bieten so unbestimmte, so wenig charakteristische Daten, dass es in den allermeisten Fällen sehr schwer wird, aus dieser allein die Diagnose auf das Vorhandensein der Wuth mit Sicherheit zu stellen.
Die wichtigsten Erscheinungen au den Cadavern sind fol­gende: Die Muskeln des ganzen Körpers dunkelroth, das Gehirn, das verlängerte Mark und Eiickcnmark, wie auch die Hüllen des­selben sehr blutreich, die Consistenz und Farbe dieser Theile normal. In gleicher Weise ist eine bedeutende Hyperämie der Leber, Milz, der Nieren, des Unterhautbindegewebes vorhanden.
Am auffälligsten treten die Veränderungen im Magen auf; die Schleimhaut desselben, besonders an den Falten geschwellt, von Extravasaten durchzogen und häufig von hämorrhagischen Erosio­nen besetzt. Zunge, Kehldeckel, Luftröhre lebhaft geröthet, sämmt-liche Speicheldrüsen etwas geschwollen, gelblich gefärbt. Im Ma­gen und in den Gedärmen findet man oft fremdartige ungeniess-bare Substanzen.
Die Wuthkrankheit kann mit folgenden Krankheiten verwech­selt werden:
1)nbsp; Fallsucht, bei der jedoch die Krämpfe mit völliger Be-wusstiosigkeit mit Schäumen und Geifern aus dem Munde zugegen sind.
2)nbsp; nbsp;Magen- und Darmentzündung veranlasst dadurch einige Aehnlichkcit mit der Wuthkrankheit, dass die Thiere dabei im Anfange etwas unruhig sind, einen ängstlichen, Schmerz aus­drückenden Blick haben, oft mit dem Orte und mit ihrer Lage wech­seln, uud dass sie zuweilen brechen, auch wohl in einzelnen Fällen Gras oder selbst ungeniessbare Dinge verzehren. Dagegen fehlen die charakteristischen Merkmale der Wuthkrankheit, besonders in der Stimme, die Beisssucht, die Neigung zum Fortlaufen u. s. w., und im weiteren Verlaufe der Krankheit zeigen die Thiere Fieber, kurzes, ängstliches Athmen, Schmerz bei der Berührung des Lei­bes, langsamen, gespannten Gang und gewöhnlich auch grossen Durst. Die Section zeigt dann in jedem Falle die Zeichen der Entzündung in den genannten Theilea sehr deutlich.
Kraus, Path. u. Thcrap. der HaussüugctUcre.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;26
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402nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten des Gehirns.
3)nbsp; Halsentzündung unä Bräune. Die Unterscheidung dieser Krankheit von der Wuthkrankheit ist in der Regel dadurch leicht zti erlangen, class Beisssucht, Neigung zum Fortlaufen, heu­lendes Bellen und Herabhängen des Unterkiefers fehlen, dagegen aber die Thiere bei dem Berühren oder Drücken der Umgegend des Kehlkopfes Schmerz zeigen, und leicht zum Husten erregt werden und Schlingbeschwerden haben.
4)nbsp; nbsp;Fremde Körper im Maule oder in der Rachen­höhle o.der im Schlünde können auch einige Zufälle veran­lassen, welche mit einzelnen .Symptomen der Wuthkrankheit Aehn-lichkeit haben, und zwar besonders starkes Speicheln aus dem Maule, Offenstehen des letzteren, gänzliches Versagen von Futter und Getränk, unruhiges Benehmen, stierer Blick.
Indessen ist die Unterscheidung hier nicht schwer, da der fremde Körper leicht gefühlt werden kann, und alle Erscheinungen nach Entfernung des fremden Körpers verschwinden.
Auch Bandwürmer, namentlich das baiidwunnähnliche Fünf­loch in den Stirnhöhlen können ähnliche Erscheinungen wie die der Hundswuth hervorbringen.
Wie bereits erwähnt, kann sich in Folge des Bisses wlithen-der Hunde bei allen Hausthieren die Wuth entwickeln. Die Er­scheinungen sind im Allgemeinen dieselben, wie wir selbe bei der Hundswuth geschildert haben, je nach dem Naturell und der Thicr-gattung treten einige Verschiedenheiten auf.
Wuthkranker Pferde bemächtigt sieh eine gewisse Un­ruhe und Aengstlichkeit: die Thiere sind schreckhaft oder auch zornig, Hengste und Stuten zeigen sehr gewöhnlich aufgeregten Geschlechtstrieb und Harndrang; Zittern und Sehnenhüpfen an ver­schiedenen Körpertheilen, eine juckende Empfindung an den ver­narbten Bisswunden und anderen Stellen der Haut, grössere Em­pfindlichkeit gegen den Lichtreiz, wenig oder gar keine Fresslust, und Schlingbeschwerden sind constante Erscheinungen. Nach und nach treten die Anfälle deutlicher hervor, die Thiere zeigen sich wüthend, schlagen mit den Hinterfüssen, beissen in die zunächst befindlichen Gegenstände mit grosser Heftigkeit und ergreifen und zerfleischen selbst die (juckenden) eigeneu Körportheile: das Ath-men ist beschleunigt, der Blick stier, die Pupille erweitert, die Stimme heiser, widrig, einem gellenden Geschrei ähnlich; der Ge­schlechtstrieb ist in hohem Grade autgeregt. Befinden sich die Pferde in einem freien Räume, so laufen und springen sie umher, zugerittene Pferde sehr gewöhnlich in Galloppbewegung; ganz im Freien laufen sie ebenso davon wie die Hunde. Die Dauer eines solchen Anfalles ist zwar sehr verschieden, doch erfolgt meistens bald eine Remission, in welcher die Pferde ermattet und kraftlos wieder mehr oder weniger zum Bewusstsein gelangen und ein ru­higes Verhalten zu erkennen geben. Die späteren Anfälle sind auch hier stets weniger heftig als die ersten. Bald tritt ein auf­fallendes Zusammensinken der Körperfülle, Einfallen der Flanken,
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Wutlikranklieitnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 403
Aufschürzung des Bauches ein, das Haar wird glanzlos und strup­pig-, ebenso bleiben nun auch Störungen in der Bewegung, nament­lich Schwäche im Hintertheile nicht ans, die bis zur wirklichen Lähmung sich steigert. Dem Eintritte der vollständig- erfolgten Lähmung des Hintertheiles pliegt bald der Tod unter Convulsio-nen, mitunter selbst noch unter heftiger Tobsucht, nach ßiuer Krankheitsdauer von 4—6 Tagen zu folgen.
Wut hen de Rinder zeigen *m Ganzen dieselben Erschei­nungen, wie wüthende Pferde, nur dass bei ihnen Beisssueht in seltenen Fällen eintritt.
Die an der Wuth erkrankten Schafe lassen im An­fange Unruhe, Schwerfälligkeit in der Bewegung-, Appetitlosigkeit, und sehr gewöhnlich eine jackende Empfindung in der Haut, na-mentlich am Hintertheile und aufgeregten Geschlechtstrieb wahr­nehmen, bald aber ändern sie ihr natürliches furchtsames Bencb-men, stossen mit den Hörnern, beissen leblose Gegenstände an, stampfen mit den Füssen; dabei speicheln sie aus dein-Manie und blocken mit viel heiserer Stimme; der Blick ist glotzend, die Con­junctiva injk-irt, die Mistexcretion unterdrückt, Solche Paroxysmen wechseln in unbestimmter Zeit mit ruhigen Intervallen. Die Schafe magern ebenfalls srlmell ab, schwanken beim Geben, zit­tern, werden im ferneren Verlaufe am lliutertlicile gelähmt, und wie aus dem zunehmenden Geifern aus dem Maule zu scliliessen, scheint auch der Schlundkopf paralytisch ergriffen und hiermit die Schlingbeschwerden zusammenzuhängen. Unter Convulsionen ge­hen die Thiere in wenigen Tagen zu Grunde. Ganz gleich ver­hält sich die Wuth bei Ziegen, bei denen jedoch die Beisssueht constant stärker entwickelt ist.
Die an der Wuth erkrankten Katzen bieten beinahe genau dieselben Erscheinungen Mie die Hunde, nur dass die Beiss­sueht bei ihnen in noch höherem Grade auftritt.
Bei Schweinen beginnt die Krankheit mit Mangel an Fress-lust. Schreckhaftigkeit, einem heftigen heisern Grunzen; sie reiben sich an den gebissenen .Stellen stark, haben eine grosso Gier Menschen anzufallen und zu beissen, ja selbst ihre eigenen Jun­gen sind vor ihnen nicht sicher. Sie geifern, knirschen mit den Zähnen, schnappen in die Luft und ziehen besonders die Vorder-füssc krampfhaft zusammen mul wühlen im Streustroh herum. Auch tobsüchtige Zufälle werden bemerkt. Lähmung tritt sehr bald ein, und gegen den G.—7. Tag hin verenden sie.
Wüthende Raubthiere verlassen ihren gewöhnlichen Auf­enthalt, dringen in menschliche Wohnungen, fallen Alles, was ih­nen in den Weg kömmt, kühn an.
Von einer Behandlung- kann natürlich bei der Wuth keine Rede sein, alle versuchten Mittel blieben erfolglos, es kann daher nur ein veterinär-polizeiliches Verfahren Platz greifen,
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404nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten des Gehirns,
Sicherungs- und Vorbauungsmassregeln.
Um den Ausbruch der Wutlikrankheit tlmnliehst zu verhüten, sind nachstehende Vorsichtsmassregeln zu beobachten:
1)nbsp; Die Anzahl der nicht benöthigteu Hunde ist tbunlichst zu beschränken, und es sind in dieser Beziehung die in jedem Kron­lande, über das Halten von Ilumlcn, und über die Vertilgung von herrenlosen und überflüssigen Hunden bestehenden polizeilichen Vorschriften strengstens zu befolgen.
2)nbsp; Jeder Eigenthümer eines Hundes oder eines anderen Haus-thieres ist im allgemeinen Interesse verpflichtet, die thunlichstc Vorsicht wegen des etwaigen Ausbracbes der Wuth zu pflegen.
3)nbsp; nbsp;Die Mittel, das Tollwerden der Hunde bintanzuhalten, sind folgende, und sie sind, weil die Hunde zu jeder Jahreszeit wüthend worden können, nie aussei- Acht zu lassen:
a.nbsp; Die Hunde müssen genug zu fressen und zu trinken haben.
b.nbsp; Sie dürfen, besonders im Sommer, nicht faules oder stin­kendes Fleisch, Blut, Fett oder derlei Nahrung bekommen.
e.nbsp; Das lirot, mit welchem sie gefüttert werden, darf nicht nn-ausgebacken, oder noch warm oder schimmelig sein. Sehr zuträg­lich ist ihnen gesalzenes Brot.
d. Eine naturwidrige Nahrung, besonders Gewürze in dersel­ben, und der Genuss von heissen Speisen, ist ihnen schädlich. Da­gegen sind Knochen ein für sie nothwendiges Nahrungsmittel.
c.nbsp; Die Hunde müssen immer reinlich gehalten, fleissig ge­kämmt, gestriegelt und gewaschen, zottige Hunde sollen wenigstens zweimal im Jahre geschoren werden.
f.nbsp; Im Sommer lasse man sie oft im Wasser herumschwimmen.
g.nbsp; Ihre Ställe müssen oft gereinigt und mit frischem Stroh versehen werden.
h. Im Winter sind die Hunde in mit Stroh wohl versehenen Ställen vor Kälte, Wind und Nässe zu verwahren , und immer mit reinem Wasser zu versehen, worauf bei strenger Kälte um so mehr zu achten ist, als das Trinkwasser leicht gefriert.
i. Es ist den Hunden schädlich, lange Zeit unter oder neben dem heissen Ofen, oder nahe dem Feuer, oder gar den Sonnen­strahlen unmittelbar ausgesetzt zu liegen.
k. Im Sommer bcnöihigen die Hunde vorzüglich reines und frisches Wasser. Zu dieser Zeit muss man dafür sorgen, dass sie stets hinlänglich trinken können.
1. Man darf Hunde nicht muthwillig reizen oder anhetzen oder im Trinken hindern.
Wird Jemand in Folge von Reizen oder Anhetzen der Hunde beschädiget, so verfällt der Schuldige in die Strafe des sect;. 3U2 des Strafgesetzbuches, welcher lautet:
„Kommt bei der Untersuchung einer von einem Thiere zuge-„fügten Beschädigung hervor, dass Jemand durch Anhetzen, Keizen
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Sicherungs- und Vorbauungsmassregeln.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 405
„oder was immer für absichtliches Zntlum den Vorfall veranlagst „hat, so macht sich der Thätcr einer üebertretung schuldig und „ist mit Arrest von einer WücIic, der nach Umständen zu verschär-„fen ist, zu bestrafen.quot;
m. Brünstige und läufige Hunde muss man bei Zeiten sich begatten lassen.
n. Man soll nie die Hunde aufsichtslos herumlaufen lassen, weil sie sich dadurch mit anderen Hunden lierumzubcissen Gele­genheit bekommen, selbst bissig und zornig werden, weil sie aus Hunger und Durst schädliche Substanzen verzehren, vorzüglich aber, weil der Eigenthümer ausser Stande ist, auf seinen Hund Acht zu haben.
o. Bissige und zornige Hunde sind dort, wo sie noting sind, an Ketten zu legen, im Allgemeinen aber so zu verwahren and zu besorgen, dass von ihnen Niemand beschädiget werden kann. Die Vernachlässigung dieser Vorsicht unterliegt der Strafe des sect;. 391 des Strafgesetzes, welcher lautet:
„Jeder Eigenthümer eines Hausthieres von was immer für „einer Gattung, von welchem ihm eine bösartige Eigenschaft be­gannt ist, muss dasselbe sowohl bei Haus, als wenn er ausser „dem Hause davon Gebrauch macht, so verwahren oder besorgen, „dass Niemand beschädiget werden kann. Die Vernachlässigung „dieser Vorschrift ist eine üebertretung und auch ohne erfolgte „Beschädigung mit einer Strafe von fünf bis fünfundzwanzig, bei „wirklich erfolgtem Schaden aber von zehn bis fünfzig Gulden zu „belegen.quot;
4)nbsp; Wenn aber trotz alldem an einem Hunde Erscheinungen von Krankheit bemerkt werden, so ist er mit desto grösserer Sorgfalt zu beobachten und desto vorsichtiger zu behandeln, weil es der Anfang der Wuthkrankheit sein kann, die schon in ihrem Beginne ansteckend wirkt.
Daher ist der Hund sodann unter steter Aufsicht zu halten, übrigens von Menschen und Thieren abzusondern, und ist ihm die Nahrung und das Getränke aut solche Weise zu geben, dass er dabei Niemanden beissen kann.
Kinder dürfen zu solchen Hunden bei sonst schwerer Strafe niemals gelassen werden.
5)nbsp; Werden die Erscheinungen des Krankseins auffallender und bedenklicher, bemerkt man, dass der Hund trauriger und mür­risch wird, langsam von einer Stelle zur anderen schleicht, sich verkriecht, besonders aber, dass sein Benehmen von seinen ge­wohnten Eigenschaften abweicht, dass er gegen ihm sonst ver­traute Personen sich feindlich und Neigung zum Beisseu gegen jeden Gegenstand zeigt, so lege man ihn bei Zeiten, wenn er auch noch Wasser trinkt, an eine Kette, damit er sich nicht losreissen könne, sperre ihn ab, und hüte sich, sich ihm zu nähern; denn es ist dann nicht mehr zweifelhaft, dass die Wuth bei ihm auszubre­chen droht.
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401)nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten des Gehirns.
6)nbsp; Nur bis dahin ist es dem Eigenthttmer erlaubt, den Hund ,im Hause oder in der Wohnung zu behalten, und auch diess nur unter der Bedingung, dass die Räumlichkeiten so beschaffen sind, um den kranken Hund gehörig verwahren zu können. Treten die unter 5 gedachten ErscheinoDgen ein, und wie eben bemerkt, bei dein Mangel gehöriger Bewahrungsmittel noch früher, so hat der Eigenthttmer oder sonst Jedermann, der von einem wuthverdächti-gen oder wuthkranken Hunde oder derlei anderen Thieren Kennt-uiss hat, bei schwerster Verantwortung unverzüglich die Anzeige an die Ortssicberheitsbehörde zu machen.
7)nbsp; nbsp;Wer diese Anzeige unterlässt, verfällt in die Strafe des sect;. 387 des Strafgesetzes, welcher lautet:
„AVer einen Hund oder sonst ein Tliicr, an welchem Kenn­zeichen der wirklichen AVuth oder auch nur solche wahrzunehmen „sind, die vermuthen lassen, dass die Wuth erfolgen könne/ anzu­zeigen unterlässt, ist einer Uebertretung schuldig, und zu Arrest, „bei wirklich erfolgtem Ausbruche und Beschädigung von Menschen „und Thieren aber zum strengen Arreste von drei Tagen bis zu „drei Monaten zu verurtheilen. Ist aber hieraus der Tod oder die „schwere körperliche Beschädigung eines Menschen erfolgt, so ist „die Unterlassung der Anzeige nach sect;. 335 zu ahnden.''
Der sect;. 335 bestimmt für hieraus hervorgehende schwere kör­perliche Verletzungen Arrest von einem bis zu sechs Monaten, für hieraus erfolgten Tod eines Menschen die Strafe von strengem Ar­rest von sechs Monaten bis zu einem Jahre.
Uchrigens bleibt der Eigenthttmer für jeden, durch wüthende Thiere verursachten Schaden ersatzpflichtig.
8)nbsp; Da aber die Wuthkrankbeit sich nicht immer durch Vor­boten zu erkennen gibt, sondern bisweilen auch ohne alle aullal­lenden Vorzeichen ausbricht, da ferner ein bereits wuthkranker Hund oder ein anderes wuthkrankes Thier im Orte selbst ausreis-sen, oder aus einem anderen Orte herkommen kann, so sind die Orts-vorstehcr und Lehrer zu verpflichten und die Geistlichkeit aufzu­fordern, die Gemeindeglieder über die Kennzeichen der zunehmen­den und völlig ausgebrochenen Wuth zu belehren, zu welchem Zwecke sie sich der, mit dem Erlasse vom 26. Mai 18ö4 (Reichs­gesetzblatt vom Jahre 1854, XLVI1. Stück, Nr. 132) hinausgege­benen Belehrung, in welcher in den 'sect;sect;. 12 und 13 die Zeichen der ausgebrochenen Wuth geschildert sind, zu bedienen haben. Aebnliche Belehrungen sind auch bei sich darbietender Gelegen­heit durch das ärztliche und fhierärztliche Personale zu ertheilen.
!)) Da Hausthiere jeder Gattung von einem wttthenden Hunde oder einem anderen Thiere gebissen, oder von dessen Geifer befleckt worden sein können, ohne dass der Eigenthttmer derselben etwas davon weiss, so hat er, sobald ein solches Thier erkrankt, auf die ersten Zeichen der Wuth (aufgeregtes Benehmen, Grimm und Wuth veirathende, cigenthümlich heisere Stimme, feindliches Benehmen gegen Individuen und Gegenstände, Sucht zu verletzen), aufmerk-
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Massregeln bei alisgebrochener Krankheit.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 407
sam zu sein, und, wenn sie ihm verclächtig werden, dasselbe von Menschen und Vieh abzusondern, und eine zweckmassige Behand­lung einleiten zu lassen.
Treten jedoch bedenklichere Erscheinungen ein, so ist unver-weilt, bei sonst schwerer Verantwortung (sect;. 387 des Strafgesetzes) die Anzeige an die Sicherheitsbehörde des Ortes zu machen, und das erkrankte Thier entweder sogleich selbst oder über Anordnung der Behörde tödten zu lassen.
10) Der Genuss der Milch oder des Fleisches, sowie der Ge­brauch der Abfälle solcher verdächtiger oder erkrankter Thiere ist strengstens verboten.
Massregeln bei ausgebrochener Krankheit.
Die Verpflichtung der unverzüglichen Anzeige an die Sicber-heitsbehörde und der zu veranlassenden Tödtung tritt selbstver­ständlich um so mehr ein, wenn es dem Eigcnthümcr eines Hun­des oder eines anderen Thieres bekannt ist, dass dieses oder der Hund von einem wtithenden Thiere gebissen worden ist.
Rücbsichtlich der wiithenden und der von ihnen gebissenen Thiere sind nachstehende Vorschriften genau zu befolgen :
1)nbsp; Ein wuthverdächtiger oder wüthender, oder von einem wuthkranken Thiere gebissener Hund, sowie jedes andere wüthende oder wuthverdächtige Thier, ist nur dann sogleich zu tödten und gehörig zu verscharren, wenn voraussichtlich noch kein Mensch von ihm gebissen worden ist.
2)nbsp; Wurde jedoch von einem wuthkranken oder verdächtigen Thiere ein Mensch bereits beschädiget, so ist nur das anerkannt wuthkranke Thier zu vertilgen, das der Wuth nur verdächtige aber nicht sogleich zu tödten, sondern mit gehöriger Vorsicht zu beob­achten, um ermitteln zu können, ob der Verdacht, dass es wlithend ist, sich bestätiget oder nicht, und ist es erst im bejahenden Falle zu vertilgen.
3)nbsp; Wenn ein wuthverdächtiges oder wüthendes Thier im Orte selbst ausreisst oder von einem anderen Orte herkommend bemerkt wird, so ist diess sogleich der Sicherheitsbehörde anzuzeigen, und von dieser im Orte und der Umgegend öffentlich bekannt zu ma­chen, damit Jedermann sich hüten könne. In einem solchen Falle ist vor Allem auf die Kinder Acht zu haben.
Hunde und andere Thiere sind nicht aus dem Hause zu las­sen und einzusperren, herrenlose Hunde aber zu erschlagen.
Das wüthende oder verdächtige Thier aber ist mit gemein­schaftlicher Hilfe unter Beobachtung der nöthigen Vorsicht einzu-fangen, und das als wirklich wnthend erkannte zu tödten.
Das der Wuth nur verdächtige Thier ist hingegen wo mög­lich zu schonen, um es vorerst unter der gehörigen Vorsicht beo­bachten, und um ermitteln zu können, ob es wuthkrauk ist oder
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408nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten des fiehirnB.
nicht, was hier um so nothwendiger erscheint, als man noch nicht weiss, ob von ihm ein Mensch oder Thier beschädiget worden ist.
Es werden daher jedenfalls von der Sicherheitsbehörde ge­naue Erkundigungen einzuziehen sein, woher das Thier gekom­men, wer der Eigentiüimer desselben ist, ob etwa von ihm ein Mensch oder Thier in oder ausscr dem Orte angefallen oder ver­letzt worden sei u. s. f.
Ucbcrdiess soll bei der Kundgebung an die Nachbarschaft die Gegend, nach welcher das Thier ausgerissen, oder von woher es gekommen ist, dann dessen Ra^e, Grosse, Farbe und andere Merkmale bezeichnet werden, damit auch dort die obengedachte Nachforschung gepflogen und weiterem Unglücke thunlichst vorge­beugt werden könne.
4)nbsp; Das sonach getödtete oder umgestandene Thier ist sammt der, durch Kreuzschnitte unbrauchbar gemachten Haut an einem entlegenen Orte tief in die Erde zu verscharren und nicht etwa in das Wasser zu werfen.
Die Hundshütte, das Fress- und Tränkgeschirr, wenn es von Holz ist, das Stroh und Alles, worauf sonst das Thier gelegen, und was von seinem Geifer beschmutzt worden sein kann, ist zu verbrennen.
Der Boden des Zimmers oder Stalles, in welchem sich das Thier befand, muss mit siedendem Wasser überbrüht und mit un­gelöschtem aKalke oder mit unausgelaugter Asche gereiniget werden.
Ebenso sind die unteren Theile der Wände des Zimmers oder Stalles, so weit das Thier sie erreichen konnte, abzukratzen und sind frisch zu weissen.
Die Kette, an welcher es gelegen, sowie andere mit ihm in Berührung gekommene eiserne Geräthe müssen ausgeglüht, und ebenso auch mit den Werkzeugen, mit denen es getödtet wurde, verfahren werden.
5)nbsp; Sind andere Hausthierc von einem wüthenden oder weth-verdächtigen Hunde oder anderen Thiere gebissen worden, so Sind sie sogleich an der Oberfläche des Körpers genau zu untersuchen, insbesondere aber an den Ohren, Füsscn, dem Schweife und der Schnauze. Die Verletzten sind sogleich von der Heerde abzuson­dern, unter Aufsicht zu halten, und unverzüglich der thierärztlichen Behandlung zu unterziehen, wenn der Eigenthümer sich nicht zur allsogleichen Tödtung entschliesst.
Dergleichen gebissene Binder und Pferde dürfen während 4 Monaten, und das andere Schlachtvieh während einer Zeit von 3 Monaten nach dem Bisse nicht verkauft werden.
Die Verwendung gebissener Pferde und Rinder zur Arbeit darf nur in der nächsten Nähe der Ortschaft, keineswegs aber die Vornahme von Reisen mit denselben gestattet werden.
Bei dem Auftreten der ersten Erscheinungen der Wuth sind solche Thiere sogleich zn tödten, und sammt der zerschnittenen
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Massregcln bei ausgebrochener Krankheit.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;409
Haut zu rerscharren, nnd die Reinigung des Stalles, sowie die Vertilgung der, bei den kranken Thieren in Gebrauch gewesenen Geräthe jeder Art nach Punkt 4 dieses Paragraphes einzuleiten.
Cgt;) lieber die erste Hilfeleistung bei einem, von einem wüthen-den Thiere gebissenen Menschen, haben die Gemeindevorsteher, Lehrer und Aerzte bei jeder sich darbietenden Gelegenheit die Gemcindeglieder im Sinne der sect;sect;. 21 und 22 der angezogenen Be­lehrung vom Jahre 1854 zu unterrichten, sich selbst aber, falls bei einem Gebissenen die Wasserscheue zum Ausbruche käme, nach den sect;sect;. 23, 24 und 25 dieser Belehrung zu benehmen.
P r e u s s e n.
Regulativ vom 8. August 1835.
sect;. 93. Ist bei einem Hunde die Wuth auch nur im gering­sten Grade eingetreten, so muss derselbe, wenn er auch keinen Menschen gebissen hat, sogleich und ohne Weiteres getödtet wer­den. Insbesondere liegt diese Verpflichtung dem Eigenthümer oder demjenigen, der ihn unter Aufsicht hat, bei Vermeidung der durch das Edict wegen Tollwerdens der Hunde vom 20. Februar 1797 sect;. 2 seq. festgesetzten bedeutenden Geld- oder Freiheitsstrafe ob.
sect;. 94. Zugleich muss der Polizeibehörde bei Vermeidung ei­ner Geldstrafe von 5 Thalern oder achttägiger Freiheitsstrafe un­gesäumt von dem stattgefundenen Ausbruche der Wuth und dem, was hinsichtlich des Hundes geschehen ist, Anzeige gemacht werden.
sect;. 95. Hat aber ein toller oder auch nur verdächtig schei­nender Hund bereits Menschen gebissen, so hat der nächste An­gehörige oder Bekannte, oder wer zuerst davon unterrichtet ist, bei Vermeidung einer Geldstrafe von 10 Thalern oder 14tägiger Freiheitsstrafe, den nächsten Arzt oder Chirurg sofort davon in Kenntniss zu setzen, der Hund selbst aber muss, wenn es möglich ist, ihn ohne Gefahr einzufangen, zur Aufklärung der Sache und zur Beruhigung der gebissenen Personen, nach Anordnung der da­von in Kenntniss zu setzenden Polizeibehörde und unter Aufsicht von Mcdicinalpcrsonen, in einem sicheren Behältnisse eingesperrt werden, bis er entweder ganz gesund wird oder stirbt.
sect;. 97. Sobald ein toller Hund getödtet worden oder von selbst crepirt ist, muss das Cadaver, unter Vermeidung aller Be­rührung mit blossen Händen, mit Haut und Haaren au einem ab­gelegenen Orte in eine wenigstens C Fuss tiefe Grube geworfen, eine Hand hoch mit Kalk überschüttet und sodann mit Erde und Steinen bedeckt werden.
sect;. 98. Die Werkzeuge, mit denen man das Cadaver berührt hat, so wie alles andere, was mit dem tollen Hunde in Berührung
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410nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten iles Gehirns.
gekommen oder mit Geifer, Blnt n. s. w. von demselben besndelt worden ist, müsscu uacli Vorschrift der Desinfections - Instruction behandelt werden.
Dasselbe nmss gesclieben mit dem Stalle, in welchem sich der Hund befunden hat, und darf in den vorschriftsmässig gerei­nigten Stall vor Ablauf von 12 Wochen kein anderer Hund ge­bracht werden.
sect;. Ü9. Hunde, von denen man weiss, oder bei denen man auch nur die begründete Besorgniss hat, dass sie von einem tollen Hunde gebissen sind, müssen sofort getödtet und mit der nöthigen Vorsicht verscharrt worden. Eigenthümer von Hunden, welche hiergegen handeln oder einen solchen Hund, von dem sie wissen, dass er von einem tollen Hunde gebissen ist, einem Andern über­lassen, verfallen in die sect;. 93 gedachte Strafe.
sect;. 100. Jiei Vermeidung derselben Strafe ist das Kuriren so­wohl der tollen, als auch der von tollen gebissenen Hunde jedem Nichtarzte sireng untersagt.
Knrversucho von Aerzten oder approhirten Thierärzten dürfen nur in besonderen Fällen mit Erlaubniss und unter Aufsicht der Polizeibehörde, bei Beobachtung der nöthigen Sicherheitsmassre­geln unternommen werden.
(sect;. 101 enthält im Wesentlichen gleiche Bestimmungen in Beziehung auf wuthkranke Katzen, Ftlchse und Wölfe.)
sect;. 102. Sind Pferde, Rindvieh, Schafe, Ziegen oder Schweine von einem tollen Hunde oder einem anderen wuthkranken Thiere gebissen worden, so muss, um das Entstehen der Wuth zu verhü­ten, bei Vermeidung einer Geldstrafe von 5 Thlrn. oder Stägiger Freiheitsstrafe, eine thierärztliche Behandlung sobald als möglich nachgesucht, und dieselbe unter genauer Beobachtung der erforder­lichen Vorsichtsmassregeln und namentlich in einem abgesonderten Baume eingeleitet werden.
sect;. 103. Dergleichen gebissenes Vieh darf während 4 Monate und das andere Schlachtvieh während einer Zeit von 3 Monaten nach dem Bisse weder verkauft noch geschlachtet, auch die Milch während dieser Zeit weder für Menschen noch Thiere benutzt wer­den. Ist die Zeit, zu welcher das Vieh vom tollen Hunde gebis­sen ist, nicht auszumitteln, so kommt es auf den Zeitpunkt an, wo das erste Vieh erkrankt ist, dergestalt, dass von demselben die Vorsichtsmassegeln noch i) Wochen lang beobachtet werden.
Eine üebertretnng dieser Vorschrift soll mit einer Geldstrafe von 10—20 Thlrn. oder mit einer Freiheitsstrafe von 8—14 Tagen geahndet werden.
sect;. 104. Ist die Wutiikrankheit bei einem Pferde, Rinde, Schafe, bei einer Ziege oder einem Schweine wirklich ausgebro­chen, so muss das kranke Thier sogleich getödtet, der Polizeibe­hörde davon Anzeige gemacht, und das Cadaver, nach Vorschrift des sect;• 105, vergraben werden.
sect;. 105. Beim Fortschaffen der crepirten oder getödteten .toi-
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Massregeln bei ausgebrochener Krankheit.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 41 1
leu Thierc muss die Zeit vermieden werden, wo grosser Verkehr auf den Strassen stattfindet, oder wo das Vieh aus- und eingetrie­ben wird, dabei auch verhütet werden, dass kein Geifer, Blut u. dergl. von den Cadavcrn auf die Strasse falle.
Katzen und Hmule nuissen von dem Stalle, in welchem ein tolles Tliicr oder dessen Cadaver sich befindet, auf eine zuverläs­sige Weise abgehalten werden, weshalb auch derjenige, welcher das Thicr fortschafft, beim Abholen desselben keinen Hund mit­bringen darf.
Die Cadaver dürfen weder abgezogen noch geöffnet werden, wenn letzteres nicht etwa von einem Arzte oder approbirten Thier-ar/.tc mit der angemessenen Vorsicht geschieht Auch darf der­jenige, welcher das Vergraben besorgt, nichts von dem Cadaver .mitnehmen.
Dasselbe ninss in eine mindestens 6 Fuss tiefe Grube ge­worfen, eine Hand hoch mit Kalk überschüttet und mit Erde und Steinen bedeckt werden.
sect;. 106. Das Reinigen der Ställe u. s. w. geschieht nach Vor­schrift der Desinfections-Instruction.
Vom Tage der geschehenen Reinigung an darf erst nach 14 Tagen anderes Vieh wieder in den Stall gebracht werden.
Ministerial-Verfiiguiig vom 15. Juli 1837.
Auf Veranlassung einer Anfrage des etc., „ein wie langer Zeitraum zur Beobachtung eines Hundes er­forderlich ist, der von einem der Wuth verdächtigen Hunde gebissen worden, um denselben als unverdächtig erklären und, wenn er unter polizeiliche Aufsicht genommen ist, sei­nem Eigenthümer zurückgeben zu könnenquot;, wird in der Anlage eine gutachtliche Aeusserung des Königlichen Curatoriums für die Thierarzpeischul-Angelegenheiten mitgetheilt, der gemäss die Dauer der Contumaz auf den Zeitraum von min­destens 12 Wochen auszudehnen ist.
11 a n n o v e r.
Bekanntmachung des Ministers des Innern vom 18. April 1864.
sect;. 1. Sobald die Wutlikrankheit eines Hundes oder sonstigen Hausthieres ermittelt und zur Kenntniss der Behörde gekommen ist, hat dieselbe dessen sofortige Tödtuug zu veranlassen: auch hat dieselbe dafür Sorge zu tragen, dass Hunde oder sonstige Hausthicrc, welche durch irgend einen Umstand der Tollwutb ver­dächtig sind, von den Besitzern entweder getödtet, oder doch so lange vollständig abgesperrt und gesichert werden, bis nach dem Urtheile des von der Obrigkeit zuzuziehenden Thierarztes keine Ge­fahr der Krankheit mehr vorhanden ist.
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412nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten des Gehirns.
Die Absperrung solcher Hunde, welche mit einem wnthhran-ken Hände in Berührung gekommen sind, soll sich regelmässig auf einen Zeitraum von mindestens 16 Wochen, vom Zeitpunkte der Bekanntmachung gerechnet, erstrecken.
sect;. 2. Wenn ermittelt wird, dass ein wuthkranker oder der Wuthkrankhcit verdächtiger Hund ausserhalb des Hauses frei um­her gelaufen ist, so hat die Obrigkeit in denjenigen Districtcn oder Gemeinden, welche dadurch gefährdet erscheinen, die erforderlichen Sicherheitsmassregeln zu treffen, welche nach der Grosse der Ge­fahr im einzelnen Falle bemessen werden müssen. Sind nicht etwa strengere Massregeln durch die Umstände geboten, so hat die Ob­rigkeit anzuordnen, dass alle in dem gefährdeten Districte vorhan­denen Hunde, welche nicht mit vollständig sichernden Maulkörben versehen sind, eingesperrt gehalten werden müssen.
Diese Sicherungsraassregel ist regelmässig auf die Dauer von 7 Wochen zu erstrecken.
Polizei - Strafgesetzbuch.
sect;sect;. 133 und 134. Geldbusse bis zu 25 Thlrn. oder Gefäng-niss bis zu 14 Tagen verwirkt, wer sein wuthkrankes oder der Wuth verdächtiges oder von einem der Wuth verdächtigen Thiere angefallenes Thier nicht sofort, nachdem er davon Kenntniss er­halten, tüdtet oder sichert, und der Ortsbehörde nicht sofort davon Anzeige macht.
Sachsen.
Ministerial-Verordnung vom 30. August 1853.
1. Alle Hunde und Katzen, welche von einem tollen oder der Tollwuth dringend verdächtigen Hunde gebissen worden sind, sind sofort zu tödten und vorschrittsmässig zu verscharren.
Die Behandlung gebissener Hunde ist nicht gestattet.
2-. Die Einsperrung aller Hunde von dem Tage an, an wel­chem der tolle Hund an dem betreffenden Orte sich gezeigt hat, muss unter gehöriger Controle der Obrigkeit und des Bezirksthier-arztes zwölf Wochen andauern.
sect;. 2. Epilepsie — Fallsucht
ist eine periodisch sich äussernde, fieberlose Krankheit des Ge­hirns, welche in ihrem höheren Grade mit Bewusstlosigkeit der von ihr Befallenen verbunden ist, und überdies mit vorzüglich klonischen, zum Theil auch tonischen Krämpfen aller Muskeln ein­hergeht. Die Hunde leiden weit häufiger an der Fallsucht als
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Falhucht.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;413
andere Thiere und zwar meistens in der Jugend, wo die Epilepsie eine Complication der Staupe bildet.
Die Ursachen der Epilepsie sind zum Tlieile bekannt, in manclien Fällen aber gar nicht zu ermitteln. Oft entsteht sie na­mentlich bei jungen Hunden zur Zeit des Zahnwechsels, in anderen Fällen nach Erkältungen, nach dem Genüsse schwerverdaulicher Substanzen, nach zu starker Ucberlnlluug des Magens, bei Anhäu­fung von Eingeweidewürmern' im Magen und Danncanale, wie es scheint, auch durch Würmer in der Stirnhöhle (Pentastoma taenoi-des), durch Gemüthsaffecte, durch zu heftigen, oft befriedigten Ge­schlechtstrieb.
In der Mehrzahl der Fälle mögen jedoch Gehirnkrankheiten die Ursache der Fallsucht abgeben; dagegen fehlen bis jetzt Bei­spiele von psychischer Ansteckung, Nachahmung, obwohl von Spi-nola einige Fälle vorliegen, die den Anschein davon tragen sollen.
Erscheinungen. Der Anfall tritt plötzlich ein, nach einem kaum nennenswerthen Schwanken oder Wiegen des Körpers stür­zen die Thiere, Hnude und Schweine gewöhnlich unter Aufschreien, Pferde unter Stöhnen bewusstlos zusammen. In anderen Fällen geben dem Anfalle resp. dem Niederstürzen erst einige Vorboten voran; namentlich Pferde, wenn sie in Bewegung sind, bleiben stehen, verrathen Unruhe, sehen sich stier um, fangen au zu zit­tern und zu taumeln, spreitzen die Beine auseinander, um den schwankenden Körper zu stützen. Es erfolgen Zuckungen am Kopfe, Halse und den Extremitäten; die Thiere stürzen zusammen, verdrehen die Augen, knirschen oder Jdappcrn mit den Zähnen, schlagen mit den Füssen herum, aus dem Munde tritt Speichel und Geifer. Alle Empfindung ist erloschen, das Bcwusstsein ge­schwunden, das Athmen ist kurz, beschleunigt, hörbar, keuchend und röchelnd, krampfhaft beengt (bei Hunden), häufig von Schreien und (bei Schweinen) von quikenden Lauten begleitet. Die Herz-und Arterienschläge sind unregelmässig in der Aufeinanderfolge und meistens zugleich verlangsamt. Der Puls ist klein und sinkt oft unter die Hälfte der Kormalzahl. Harnen und Excremente ge­hen gewöhnlich unwillkürlich ab. Pferde gerathen in starken Schweiss. Nachdem der Anfall einige Zeit, wenige Minuten bis 1/4 oder Vj Stunde gedauert hat, wiref das Athmen nach und nach freier, die Thiere werden ruhiger, Bcwusstsein und Empfindung kehren langsam wieder. Die Thiere erheben sich vom Boden, aber bleiben je nach der Dauer und Heftigkeit des Anfalles noch einige Zeit matt, abgeschlagen, verstört.
Solche Anfälle kehren zu verschiedenen Zeiten, mitunter in scheinbar regelmässigen Zwischenräumen wieder, bald öfter, täg­lich, sogar mehrere Male des Tages, oder nach einigen Tagen, bald seltener, nach mehreren Wochen oder Monaten. Die Wieder­kehr der Anfälle seheint zwar von der Krankheit allein abhängig sein zu können, doch wird sie in vielen Fällen durch körperliche und Gemüthsaifeete hervorgerufen. Ob und inwiefern bei der
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4!4nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten des Gehirns.
habituellen Epilepsie der Mondwechsel auf eine rythmische Wie-derkehr der Anfälle bei unseren Hausthieren von Einfluss sein könne, ist noch unentschieden, dagegen aber scheint die Jahres­zeit namentlich bei Ilunden auf die Wiederkehr der Anfalle einen Einfluss zu nehmen. Die Dauer der Epilepsie ist verschieden, manchmal führt sie in wenigen Tagen zum Tode: gewöhnlich dehnt sie sich jedoch aber auf Monate und Jahre aus.
Pathologische Anatomie. Die bei epileptischen Thieren unternoiiinicncn Sectionen haben bis jetzt zu keinem constanten Ergebnisse geführt: in mehreren Fällen sind zwar Veränderungen theils am Gehirn selbst, theils an den Schädelknochen, in anderen Fällen aber ist das Gehirn ganz gesund gefunden worden, so dass es noch unentschieden bleiben muss, ob jene Abweichungen als Ursachen oder nicht vielmehr als Folgen der Epilepsie zu betrach­ten sind. In acuten Fällen sind oft Traussudationeu im Gehirne gefunden worden.
Die Prognose ist im Allgemeinen ungünstig, nur wo die Entstehung der Epilepsie auf bekannten Ursachen beruht, kann der Ausgang ein günstiger sein.
Die Behandlung muss vorzugsweise ihr Augenmerk ad die Entfernung der Ursachen richten. Bei schwerem Zahndurch­bruch mache man Einschnitte in das Zahnfleisch und lasse reich­lich nachbluten. Man sorge für leichte Stuhlentieerung durch salzige Abführmittel; sind Darmwürmer vorhanden, so müssen die­selben entfernt werden; man gibt den Thieren zu diesem Zwecke Ivicinusöl, Calomel mit Jalappa und Gummigutt. Bei Vorhanden­sein des bandwurmähnlichen Fünflochs in der Stirnhöhle empfiehlt H er t w i g Trepanation der Stirnhöhle und Einspritzungen mit Theer-wasser.
Gegen Verdauungsstörungen reiche man bittere Mittel; auch Brechmittel sind namentlich bei Hunden in einigen Fällen wirksam gewesen. Fontanelle im Genick können versucht werden. Gegen die in unbekannten Ursachen ruhende Epilepsie hat man Höllen­stein, Kupfervitriol, Zinkblumen als Specilica angerühmt. Alle diese Mittel leisten in der Kegel gar nichts.
Die Epilepsie (fallende Sucht) begründet in Bayern und Sachsen bei Pferden einen der Hauptmängel mit einer Gewährs­zeit von 14 und 15 Tagen. In Bayern, Baden und Würtemberg auch bei Bindern mit 40 und quot;28 Tagen Gewäbrshaft.
Nach erfolgter Wirkung vorausgeschickter Purganzen oder des angewendeten Brechmittels zur Beförderung der Resorption des in das Gehirn und seine Kammern ergossenen Serums em­pfiehlt Pill wax bei der Epilepsie der Hunde nachstehende For­meln:
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Fallsucht.
#9632;11.5
1.nbsp; Rp. Tinct. ßryouiae drachm.
dnas.
DS. Alle vier Stunden 5 — 10 Tropfen rein oder mit etwas Wasser geinengt zu verab­reichen.
Oder:
Nimm: Zaunrübenfinctur ein hal­bes Loth. Gß. Wie nebenstehend.
2.nbsp; Rp
fol. Digital, purp. gr. unura — gr. duo Calomelanos laevig. gr. duo
Nimm: Fingerhutkrautpulver ein bis zwei Gran Versüsstes Quecksilber zwei Gran
Weissen Zucker ein Quent. Mische genau, theilc es in 8
gleiche Theiie. Gib u. bez. wie nebenstehend.
Nimm: Zinkblumen zwanzig Gr. Baldrianwurzel - Pulver ein Loth. Mische es zu einem Pulver. Gib u. bez. wie nebenstehend.
Nimm; Schwefelsaures Kupfer­oxyd-Ammoniak einen Gran Destill. Wasser vier Loth Kirschlorbeerwasser
ein Quentchen. M6B. Wie nebenstehend.
Sach. albi drachn M. i'. pulv. div. in
octo. DS. 3—4 Mal des
Pulver zu geben.
. unara. dos. acq.
Tages ein
. Rp. Flor Zinci serup. umim Pulv. rad. Valerianae unc. semis.
M. f. pulv. DS. Dreimal des Tages einen halben Kaffee­
löffel voll
amp;quot;#9632;
ben.
4.
Rp.
Sulfid.
Cupri
ammon. gr.
onom Aq. destill, unc. duas — Laurocerasi dr. unam. MDS. Dreimal des Tages einen
halben geben.
Kaffeelöffel voll zu
s Rp
Tinct. Belladonnae gutt.
Nimm: Tollkirschenkrauttinctur
zehn — zwanzig Tropfen. Dest. Wasser 1-2 Loth. MGB. Wie uebenstehend.
Nimm: Stechapfeltinetur 10 Tr. Destill. Wasser ein Loth. MGB. Wie Nr. 4.
decem — viginti Ad. dest. unc. semis —unam. MDS. Wie Nr. 4.
i. Rp. Tinct. Stramonii gutt. de­cem Aq. dest. unc. semis. MDS. Wie Nr. 4.
(. Rp. Tinct. Belladonnae (oder statt dieser) Tinct. Stramonii gutt- decem
— viginti Aq. dest. unc. unam Tart. stibiati gr. unum. MDS. Dreimal des Tages einen halben bis einen ganzen Kaffeelöffel voll zu geben.
Nimm: Tollkirschenkrauttinctur (oder statt dieser) Stechapfeltinctur 10—20 Tr.
Destill. Wasser zwei Loth. Brechweinstein einen (Iran. MGB. Wie nebenstehend.
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Krankheiten des Gehirns.
8. Rp. Nnc. voDiic. rasp. gr. sex Coque s. q. aq. font. p. '^lior. In colatura mic. trium solve: Tart. emet. gr. unum. MDS. Wie Nr. 7.
Nimm: Geraspelte Krähenaugen sechs Gran Koche sie mit der nöthigen Menge Wassers durch l/j Stunde. Der durchgeseihten Flüssigkeit im Gewichte von sechs Loth setze hinzu: Brechweinstein einen Gran. MGB. Wie Nr. 7.
Nimm: Höllenstein einen Gran Baldrianwasser vier Loth. MGB. Wie nebenstehend.
9.nbsp; Kp. Argenti nitrici gr. unum
Aq. Valcrianac une. duas.
MDS. 2-3 Mal des Tages'/i
bis 1 Kaffeelöffel voll z. g.
10.nbsp; Ep. Argcnfi nitr. gr. unum
Aq. destill, uuc. duas Extr. Valcrianac gr. sex. MDS. Wie Nr. 9.
Nimm: Höllenstein einen Gran Destill. Wasser vier Loth Baldrian-Extract sechs Gran MGB. Wie nebenstehend.
sect;. 3. Chronische convulsivische Krämpfe. (Zuckungen, Veitstanz.)
11.nbsp; Ep. Tinct. nuc. vom. drachm.
unam. DS. 3—4 Mal des Tages fünf Tropfen zu geben.
12.nbsp; Ep. Extraeti Nuc. vom. Tart. stib.
ana gr. unum Aq. destill, une. tres. MDS. 3 Mal des Tages '/s-l Katfeelöffel zu gehen (bei mittelgrossen Hunden).
13.nbsp; Ep. Extr. Nuc. vom. gr. unum Flor. Zinci scrap, unum Pulv. rad. Valcrianac drehm.
tres. M. f. pulv. DS. Dreimal des Tages eine grosse Messer­spitze voll zu geben.
Nimm: Krähenaugentinctur ein Quentchen. Gib u. bez. wie nebenstehend.
Nimm: Krähenaugenextract Brechweinstein von jedem einen Gran Destiil. Wasser sechs Loth. MGB, Wie nebenstehend.
Nimm: Krähenaugenextract einen Gran Zinkblumen zwanzig Gran Baldrianwurzelpulver drei Quentchen. Mische es zu einem Pulver. Gib und bez. wie nebenste­hend.
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417 sect;.4. C a t a 1 e p s i e.
Man versteht darunter eine Erstarrung der unwillkürlichen Muskeln im contrahirten Zustande; die Theile bleiben dabei bieg­sam, wenn man auf sie einwirkt, aber aller Willenseinfluss der Thiere auf die Bewegung ist verloren. Die Krankheit wurde bis­her nur bei Pferden und Hunden beobachtet. Die Thiere verhar­ren in der ihnen gegebenen Stellung oft stundenlang, man kann ihnen beliebig künstliche Stellungen geben, ohne dass sie, selbst wenn man ihnen mit Schlägen droht, dieselbe ändern. Im Uebri-gen sind die Functionen nicht wesentlich gestört. Die Patienten zeigen einen trüben matten Blick, die Sinnesempfindlichkeit be­steht, wie es scheint, ungestört; Appetit zur Nahrung und zum Getränke ist wohl vorhanden, allein die Thiere nehmen beides weniger begierig auf.
Dieser Zustand entsteht in den meisten Fällen plötzlich, dauert aber gewöhnlich durch zwei oder selbst durch mehrere Wochen fort; er ist in der Regel nicht tödtlich, wird diess aber in einzelnen Fällen dadurch, dass die Thiere Futter und Getränk nicht gehörig aufnehmen und in Folge dessen nach und nach gänz­lich entkräften, so dass sie dann an Abmagerung und Erschöpfung zu Grunde gehen. Die Heilung ist deshalb nicht mit Sicherheit im Voraus zu bestimmen.
Ursachen der Catalepsie sind Erkältungen, heftiger Schreck und Beängstigung, Ueberladung des Magens mit schwer verdau­licher Nahrung u. s. w.
Behandlung. Hertwig empfiehlt bei denjenigen Fällen, in denen die Ursachen nicht erkannt und folglich auch nicht auf deren Beseitigung hingearbeitet werden kann, 2—3 Tage hintereinander drastische Abführmittel, um eine Ableitung von dem Gehirne zu erzeugen. Man gibt den Thieren Pillen von Calomel und Gummi-gutt, zu 2—5 Gran oder Crotonöl zu 1—5 Tropfen in Emulsionen. Innerlich kann man ausserdem späterhin gelind erregende Mittel, wie namentlich das Ammonium carbonicum, Campher und kleine Gaben von Nux vomica anwenden, äusserlich aber den Campher­spiritus, den Salmiakgeist, das Stein- oder Terpentinöl einreiben und in hartnäckigen Fällen am Genicke ein Haarseil ziehen, oder auch mit dem glühenden Eisen 2—4 Punkte brennen. Die Nah­rung muss massig sein und die Thiere im Ganzen mehr kühl ge­halten werden.
sect;. 5. Schwindel, Vertigo.
Der Schwindel charakterisirt sich durch einen eigenthümlichen Zustand, in welchem der Gang des Thieres unsicher, schwankend und taumelnd wird; es tritt eine Neigung zur Kreisbewegung ein. Der Zustand scheint ähnlich wie beim Menschen durch die Empfin-
Kraus, Path. u. Therap. der Haiissiiugethiertu-'nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;27
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418nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten des Gehirns.
dung einer Scbeinbewegung hervorgerufeu zu werden; er wird hauptsächlich bei Pferden beobachtet.
Ursachen. Der Schwindel wird gewöhnlich durch Gehirn­hyperämie bedingt, kommt daher namentlich bei jungen vollblüti­gen Thiercn vor; feiner begegnen wir diesem Leiden bei allen jenen Zuständen, welche eine Störung der Blutvertheilung im Ge­hirne nach sich ziehen, als bei Erkrankungen der Hirngefässe, bei Herzkrankheiten und Lungenaü'ectionen.
Als veranlassende Gelegenheitsursachen gelten: Einwir­kung von Sonnenstrahlen auf den Vorderkopf, sogenannter Son­nenstich, enge Zäumungs- und Arbeitsgeschirre, die einen bedeu­tenden Druck auf die Halsgefässe, besonders auf die Jugularvene ausüben; zweifelhaft ist es, ob, wie einige angeben, übermässige, erhitzende Fütterung den Schwindel hervorzubringen im Stande sei. Nicht ohne Einfluss auf die Entstehung des Schwindels scheint der Aufenthalt in dumpfigen Stallungen zu sein.
Erscheinungen. Der Anfall erfolgt plötzlich, meist im Freien, während des Zuges. Die TMere bleiben plötzlich stehen, schütteln mit dem Kopfe, zittern, taumeln, schwanken, drängen nach rückwärts oder zur Seite, oder sie lehnen sich an die Deich­sel, an das nebenstehende Pferd, oder laufen auch eine Strecke gerade aus, oder im Kreise herum. Alle Muskeln sind dabei in zitternder Bewegung begriffen, die Thiere verrathen eine innere Angst, die aber nur kurze Zeit dauert und unter einem reichlichen Schweissausbruche zu schwinden scheint. Der Anfall hält nur ei­nige Minuten an, ist er vorüber, so sind die Thiere abgespannt und matt. Manchmal stürzen die Pferde auch zusammen.
Die Wiederkehr solcher Anfälle erfolgt in unbestimmten län­geren oder kürzeren Zwischenräumen, am meisten kommen selbe in den heissen Frühjabrstagen vor.
Die Prognose richtet sich nach der veranlassenden Ursache und ist daher im Allgemeinen unbestimmt.
Behandlung. Während des Anfalles stütze man das Thier, dass es nicht stürze, und wende kalte Begiessungen auf den Kopf an. Ausser dem Anfalle richte man die Behandlung gegen das Grundübel.
sect;. 6. Stätigkcit oder Stützigkeit der Pferde.
(Pcrtinacia s. Mania periodica).
Ueber die Natur der Stätigkcit sind die Autoren getheilter Meinung; die Einen nämlich wie Roll und Spinola fassen die­selbe in streng pathologischem Sinne als wirkliches Leiden auf, während Andere, so z. B. Gerlach in der Stätigkcit nur eine Un­tugend des Thieres erblicken wollen.
Mag das Letztere auch unstreitig manchmal der Fall sein, so
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Stätigkeit.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 419
viel ist doch gewiss, dass die Stätigkeit sehr häufig pathologischen Ursprungs sein müsse, da stätige Pferde oft dumkoilerig werden.
Man bezeichnet demnach mit dem Namen Stätigkeit ein vor­zugsweise bei Pferden vorkommendes Uebel, welches sich gewöhn­lich nur periodisch während der Dienstverrichtung unter den Er­scheinungen einer hartnäckigen Widersetzlichkeit und Unfolgsam-keit äussert, so dass die Pferde bei guter Fütterung und entspre­chender Behandlung den billigen und gewöhnlichen Anforderungen ohne bestimmte Veranlassung trotzen, plötzlich stehenbleiben, nicht vorwärts wollen.
Aetiologie. Die Stätigkeit ist in vielen Fällen den Thie-ren angeboren, in anderen können fehlerhafte Aufziehung, rohe Behandlung, Ubermässige Arbeitsaufbürdung, unpassende, unzweck-mässige Arbeits- und Zäumungsgeräthe dieselbe hervorrufen.
Erscheinungen. Stätige Pferde zeigen beim Anlegen der Geschirre, beim Putzen ohne wahrnehmbare äussere Veranlassung eine standhafte Widersetzlichkeit. Beim Gebrauche bäumen und überschlagen sie sich, oder gehen nach rückwärts, ohne auf vor­handene Hindernisse zu achten, manchmal springen sie zur Seite oder rühren sich trotz Anrufen und Schlägen nicht von der Stelle, bei stärkerer Züchtigung werfen sie sich zu Boden, wälzen sich und schlagen mit aller Kraft aus. Dabei bemerkt mau dann am Thiere selbst einen stieren, glotzenden Blick, unregelmässigen Puls, Schwellung der Blutgefässe am Kopfe und Hals, übrigens aber keine besonderen krankhaften Erscheinungen. In solcher Wider­spenstigkeit beharren die Pferde bisweilen nur kurze Zeit, wenige Minuten, oft aber auch länger, bevor sie zum Weitergehen veran-lasst werden können. Diese Anfälle wiederholen sicli in unbe­stimmten Zeitabschnitten, entweder ohne jede Veranlassung, oder es ist auch zuweilen ein veranlassendes Moment vorhanden. So z. B. das Begegnen mit anderen Pferden, die Passage bei Scheide­wegen, das Vorbeigehen an Wirthshäusern, wo gewöhnlich Aufent­halt genommen wird etc. In den Intervallen sind die Thiere willig und folgsam.
Prognose. Ausgebildete Stätigkeit ist unheilbar und beein­trächtigt wohl nicht das Leben, aber die Gebrauchsfähigkeit der Thiere im hohen Grade, unter Umständen lässt sich dieser Fehler, Jedoch wenn er nicht bedeutend ist, durch eine angemessene Be­handlung verbessern.
Die Stätigkeit ist in den meisten Fällen als eine rein tunc-tionelle Störung des Bewusstseins zu betrachten; constante anato­mische, ihr zu Grunde liegende Veränderungen des Gehirns sind nicht nachgewiesen. Eine mediciuische Behandlung der Stätigkeit kann dem Angeführten zu Folge nicht eingeleitet werden.
Die Stätigkeit (die wahre) begründet in Oesterreich,- Preussen und Sachsen einen der Hauptmängel der Pferde mit einer Ge­währshaft von 30, 4 und 5 Tagen.
Ger lach unterscheidet die Stätigkeit, die sich von angebor-
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420nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten des Gehirnraquo;.
ner Bosheit der Pferde bloss durch die Frömmigkeit, Zutraulich­keit und Freundlichkeit der Thiere im Stalle, oder wenn sie vom Sattel befreit oder vom Wagen entfernt sind, unterscheiden lässt, in eine absolute, die unter allen Verhältnissen bei jeder Dienstver­richtung sich zeigt und in eine rein relative, die nur unter gewissen Umständen auftritt. Diese letztere Form ist wohl gar nicht anzu­nehmen, da sie nach Entfernung jener Umstände, unter denen sie aufzutreten pflegt, durch Abrichtung und Uebung verschwindet. Die erstere Form, wo das Pferd zu allen menschlichen Diensten und Verrichtungen vollständig unbrauchbar ist, ist selten, da sich stätige Pferde in der Kegel doch noch zu irgend einer Dienstlei­stung oder Beschäftigung verwenden lassen. Wenn man unter Stätigkeit eine bei ordnungsmässiger Behandlung und Abwesenheit jedes Krankheitszustandes vorhandene, chronisch andauernde Wi­derspenstigkeit in den gewohnten und gewöhnlichen Dienstleistun­gen versteht, so kann man drei Hauptformen der Stätigkeit bei Pferden annehmen, bei welchen stets die Erscheinungen einer hef­tigen inneren Aufregung und böser Wille mit der grössten Auf­merksamkeit und Empfindlichkeit während der Gebrauchszeit zu­gegen sind, während ausser derselben die Pferde Ruhe, Freund­lichkeit und Zuneigung besonders gegen ihren Pfleger, wenn nicht natürliche, angeborene Bosheit mit der Stätigkeit verbunden ist, zeigen. Alle 8 Formen sind selten bei alten, häufiger bei jungen Thieren und nur selten treten sie periodisch in grösseren oder kleineren Zwischenräumen auf.
Das Strangschlagen der Pferde, nämlich das Ausschla­gen mit den Hinterfüssen bei Berührung des Hintertheiles mit den Strängen wird öfter mit der zweiten Form der Stätigkeit verwech­selt, von der es bloss eine Erscheinung ist. Es findet sich das Strangschlagen bei rossigen Stuten und bei schlecht behandelten Pferden und verliert sich meist durch Angewöhnung an den Wa­gen und einer besseren Behandlung der Thiere. In den Fällen, wo es fortbesteht, sich steigert, chronisch wird, entwickelt sich aus ihm die Stätigkeit.
sect;. 7. Dummkoller, Amentia, fatuitas.
Der Dummkoller ist ein chronisches, fieberloses Gehirnleiden, das sich durch gestörte, willkürliche Bewegung, durch behinderte Sinnesthätigkeit zu erkennen gibt, dabei ist die Empfindlichkeit und ßeizempfänglichkeit in der Regel vermindert, kann jedoch bei intercurrirender Hirnreizung auch gesteigert sein.
Aetiologie. Manchen Pferden schreibt man eine besondere (angeborene) Anlage zum Dummkoller zu, so namentlich Niede­rungspferden mit schmalem Schädel und Rammskopfe, was jedoch bezüglich der letzteren in der Erfahrung nicht die nöthige Bestäti­gung gefunden hat. Dagegen stellt sich heraus, dass in Gegenden,
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Dunsmkoller.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 421
wo die Pferde ein schweres Futter erhalten, der KoJler verhältniss-mässig häufiger vorkommt.
Auch die allgemein angenommene Behauptung der Verer­bung der Krankheit von dummkcüerigen Eltern auf die Füllen darf nur mit Vorsicht aufgenommen werden.
Das mittlere Lebensalter disponirt am meisten zum Dumm­koller; bei Füllen kommt derselbe höchst selten vor. Wallachen verfallen demselben verhältnissmässig mehr als Hengste und Stuten.
Die nächste Ursache des Dummkollers ist eine bedeutende Transsudation in den Ventrikeln ; alle jene Einflüsse also, welche durch Störung der freien Circulation des Blutes im Gehirne und durch Stauung in den Venen den Druck des Blutes auf die Gefass-wandungen im Gehirne steigern, werden zur Entstehung der Krank­heit Veranlassung geben. Hiezu sind zu zählen: schwerverdau­liche, namentlich erhitzende Nahrung, dann übermässige Ruhe bei Aufenthalt in dunstigen, zu warmen Ställen, Einwirkung grosser Hitze, besonders anhaltende Sonnenhitze; ferner alle die Circula­tion in den Venen hemmende Einflüsse, wie enge Geschirre, zu starkes Aufsetzen der Zügel, zu fest angelegte Kopfriemen etc., besonders zur Zeit, wo die Pferde mit dem Zalmwechsel beschäf­tigt sind; daher dann in dieser Periode die ersten Anfange des Kollers zu suchen sind. Ferner kann derselbe hervorgehen aus nicht zur vollständigen Zertheilung gelangten Hirn- und Hirnhaut­entzündungen, Erkrankungen der Leber und des Magens, wie end­lich auch übermässig gesteigerter und unbefriedigter Geschlechts­trieb, sowie Krankheiten der Eierstöcke als Ursachen des Kollers auftreten können.
Pathologische Anatomie. Der Sectionsbefund beim Dumm­koller besteht in den meisten Fällen in einer beträchtlichen Ver­mehrung des Kammerwassers im Gehirne. Diese Vermehrung kann 2—2ll-i Loth betragen, wodurch begreiflieber Weise eine Er­weiterung der Kammern, eine Abplattung der Seh- und Streifen­bügel, durch partielle Atrophie der Theile erzeugt, beobachtet wird; in Folge dieses Druckes auf die Sehhügel entsteht beim Leben schon amaurotische Blindheit. Dabei ist vielfach eine Verdickung des Ependymas, eine Erweiterung der Höhlen der Riechkolben, Spuren überstandener Gehirnentzündungen, Trübung der Dura ma­ter, ferner Pachionische Granulationen auf der Arachnoidea, Er­weiterungen der Venen, an der Oberfläche des Gehirns und Vermeh­rung ihrer Schlängelungen beobachtet worden. Häufig werden auch bei Thieren, die mit Dummkoller behaftet waren, auf das Gehirn drückende Knochenauswüchse der inneren Schädeltafel, Verdickun­gen und Knochenneubildungen der harten, Exsudationen der wei­chen Hirnhaut, Neubildungen an den Adergeflechten und im Ge­hirne, Gehirnerweiterung u. s. w. gefunden.
Auch Oedem, acute Entzündung, selbst Brand der Liegen,
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4.22nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten des Gehirns.
sind bei der Section solcher Thiere zum Vorschein gekommen, ebenso sind Verändernngen der Leber beobachtet worden.
Erscheinungen. Die Thiere achten nicht mehr auf ihre Umgebung, sind in sich gekehrt, schläfrig, senken den Kopf oder stützen ihn auf einen festen Gegenstand. Die Augen sind meist halb geschlossen. Während das Thier sonst lebhaft war, und seine grosse Aufmerksamkeit durch ein lebhaftes Ohrenspiel, selbst bei dem leisesten Geräusche, anzeigte, werden jetzt die Ohren nach rückwärts gelegt, in welcker Lage sie meist verharren, was dem Thiere bei den nun halb geöffneten Augen ein exquisit dummes Aussehen verleiht. Es scheint in der That auch hier ein Grad von Schwerhörigkeit zu bestehen, da die Thiere Geräusche, die in ihrer unmittelbaren Nähe entstehen, kaum beachten. Die Thiere hören nicht mehr auf den Zuruf ihres Wärters, zeigen sich sehr oft bissig und werden Schläger. Im höheren Grade des Zu-standes kann man dein Thiere jede Stellung z. B. die mit den Vorderfüsscn gekreuzte geben, und es behält diese Stellung bei, bis es umzufallen droht.
Die Bewegung zeigt sich nicht minder gestört, als das Ver­halten im Stande der Ruhe. Alle Actionen sind plump und unbe­holfen. Die Thiere drängen in die Zügel oder zur Seite. Das vor­dem zu den schwierigsten Evolutionen geschickte Reitpferd ist jetzt ein plumpes, unbehülfliches Thier geworden, dessen Bewegungen nur durch die rohesten Ilülfeleistungen von dem Willen des Reiters regiert werden können. Namentlich sind die Thiere nicht zum Zu­rückgehen zu bewegen. Versucht man es, sie zurückzuziehen, so sind sie wie angenagelt. Im Beginne des Leidens und bei einem niederen Grade desselben treten diese Erscheinungen erst bei län­gerer Bewegung ein. Die Empfindlichkeit ist herabgesetzt, die Thiere erdulden mechanische Verletzungen aller Art, ohne darauf zu reagiren, doch ist nicht selten, besonders bei intercurrirender Hirnreizung die Empfindlichkeit auch eine gesteigerte
Bei der Futteraufnahme benehmen sich die Kranken sehr un­geschickt. Sie fahren häufig rasch mit dem Maule in das Körner-futter, nehmen ein Maul davon, machen einige Kaubewegungen, halten dann mit denselben längere Zeit ein und setzen das Kaaen erst nach einer Weile wieder fort. Ganz genau verhalten sie sich beim Heufressen, und beim Saufen stecken sie den Kopf tief ins Wasser hinein.
Der Puls und die Athembewegungen sind gewöhnlich vermin­dert, letztere erfolgen in unregelmässigen Zwischenräumen. Der Absatz der Excrcmente ist verzögert.
Der Verlauf des Dummkollers ist in der Regel ein lang­wieriger. Unter günstigen äusseren Umständen, und wenn die Krankheit noch keinen hohen Grad erreicht hat, können diese Thiere noch Jahre lang im langsamen, Zuge verwendet werden. Beim er­wachenden Frühjahre zeigen sich in vielen Fällen Verschlimme­rungen, und ganz besonders sind es die ersten heissen Tage im
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Dummkoller.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 423
Mai, wo dummkollerige Pferde von tobsüchtigen Paroxysmen heim­gesucht werden.
Rasender Koller. Die Thiere benehmen sich während ei­nes solchen Anfalles unbändig, wie rasend, steigen im Stalle auf, reissen Riemen und Halfter ab, überschlagen sich, renneu bewusstlos an ihnen entgegen stehende Gegenstände und gehen beim Ge­brauch in der Regel durch, schlagen um sich, zertrümmern Wagen und Geschirre. Solche Anfälle dauern gewöhnlich '/.j—'/a Stunde, nach deren Ablauf sie wieder in völligen Stumpfsinn verfallen. Im Winter tritt eine Besserung des Zustandes dummkolleriger Pferde ein.
Der Tod erfolgt entweder durch Lungenödem, Lungenentzün­dung, chronischen Rotz, indem dummkollerige Pferde ganz beson­ders zur Selbstentwickelung des Rotzes disponiren, oder das Trans-sudat wächst in den Kammern in dem Masse, dass der Hirndruck zur Hirnlähmung führt, wobei meist halbseitige Lähmungen dem Tode vorangehen, oder es tritt Gehirnentzündung ein.
In jenen Fällen, wo Heilung beobachtet wurde, bestand wohl keine bedeutendere Exsudation im Gehirne, sondern man hatte es mit einer chronischen Blutfülle der Hirnhäute oder des Gehirns zu thun.
Die Prognose ist, was vollständige Heilung betrifft, immer ungünstig.
Behandlung. Das Meiste leistet beim Dummkoller eine diätetische Behandlung. Man stelle solche Pferde in einen kühlen luftigen Stall, reiche ihnen zur Nahrung weiches, saftiges Futter, im Winter Mohrrüben und Kartoffeln, angefeuchtete Kleien, Oel-futtertrank, bei wenig Heu und Körnern, im Sommer Grünfutter. Massige Verwendung und Schonung solcher Thiere ist natürlich dringend angezeigt, wenn dieselben längere Zeit einigermassen dem Dienstgebrauche erhalten bleiben sollen. Im Sommer lasse man solche Pferde an schattigen, luftigen Orten im Freien.
Eine medicinische Behandlung ist nur im Beginne der Krank­heit und in Tobsuchtsanfällen angezeigt. Bei letzteren sind ein Adcrlass, kalte Umschläge, wo möglich Eis auf den Schädel, kalte Begiessungen, scharfe Einreibungen an der inneren Fläche der Hinterschenkel empfehlenswerth.
Innerlich reicht man Purganzen, grössere Gaben antiphlogisti-scher Salze in Verbindung mit Brechweinstein, Aloe mit Calomel, Crotonöl. Auch Tabakklystire wurden angewendet. Bei hohem Grade von Abstumpfung sollen sich Einspritzungen von Niesswur-zeltinctur oder mit Wasser verdünnten stinkenden Hirschhornöl in die Venen (??), sowie der innerliche Gebrauch der Niesswurzel, bei Lähmungen der Gebrauch von Krähenaugen wirksam zeigen. Bei sehr herabgekommenen Thieren gibt man bisweilen erregende Mit­tel. Terpentinöl, Campher, Baldrian.
Nach den österreichischen Gesetzen ist der Dummkoller ein Hauptfehler mit einer Gewährszeit von 30 Tagen.
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Krankheiten des Gehirns.
Eine dem Dummkoller in den Erscheinungen ähnliche, dem Wesen nach aber verschiedene Krankheit, wird beim Rinde nnd Schweine beobachtet, die sogenannte Dummheit oder Dummkrankheit. Es ist diess jedoch keine eigentliche Gehirn­krankheit, sondern nur von Zuständen der Hinterleibsorgane ab­hängiges Leiden. Auch hier werden Purgirmittel angewendet.
sect;. 8. Kalbefieber, Schlafkrankheit, typhöses Milchfieber.
Das (nervöse paralytische) Kalbefieber ist nach Roll eine nur bei Kühen und Ziegen innerhalb der ersten Tage nach dem Werfen auftretende Krankheit, die sich durch Verdauungsstörungen und plötzlich auftretende Lähmungserscheinungen zu erkennen gibt.
Ursachen. Die Krankheit befällt vorzüglich gut genährte, kräftige Kühe, welche eben geboren haben, dann auch solche, bei denen die Geburt ungewöhnlich leicht von statten ging. Thiere, die niemals von der Krankheit befallen waren, disponiren leichter zu einer Wiedererkrankung, sonst machen Alter und Rasect;e keinen Unterschied.
Die Krankheit tritt zu jeder Jahreszeit, am häufigsten jedoch im Sommer auf. Manchmal nimmt sie einen epizootischen Charak­ter an.
Erscheinungen. Die Krankheit wird durch einen Frost-antall eingeleitet, dessen Intensität erst nach einiger Zeit nachlässt, aber eine Temperaturverminderung des ganzen Körpers im Gefolge hat. Die Thiere hören auf zu fressen, und nur die Trinklust ist noch einige Zeit rege; sie leiden durch die ganze Zeit der Krank­heit an Verstopfung. Der Fäcalabsatz stellt sich erst beiNachlass der Krankheit ein, der Harnabsatz ist beinahe ganz aufgehoben, und auch die Milchsecretion wird entweder ganz unterdrückt, oder auf ein geringes Quantum beschränkt. Die Schleimhaut des Mau-les ist blass mit zähem, schaumigem Speichel bedeckt. Der Blick ist matt, die Pupille erweitert, das Auge.halb gebrochen. Der Puls klein, unregelmässig, der Herzschlag pochend, das Athmen ge­wöhnlich im Anfang unverändert, manchmal mit einer stärkeren Flankenbewegung einhergehend, erst bei weiterem Vorschreiten der Krankheiten wird das Athmen gestört, die Thiere liegen auf der rechten Seite mit zurückgebogenem Kopfe; die Kranken wälzen sich bisweilen von einer Seite auf die andere, vermögen sich jedoch nicht aufzurichten und stöhnen, wenn sie dazu angetrieben werden. Diese Hinfälligkeit und die Lähmungserscheinungen nehmen rasch zu, der Hintertheil verliert die Empfindung, auch der Schlundkopf wird oft gelähmt. Die Krankheit verläuft acut, dauert 1—2 Tage. Entweder nimmt die Schwäche und Erschöpfung zu, der Puls wird klein, der Hinterleib aufgetrieben und die Thiere gehen nach und nach zu Grunde, oder es tritt Entleerung von Fäcalmasse und Ham ein, die Temperatur des Körpers hebt sich wieder, der Puls wird
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Nervöses Kalbefieber.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 425
voller, die Fresslust erwacht, die Milchsecretion stellt sich wieder ein; die Thiere genesen. Bisweilen bleibt ein lähmungsartigerZu­stand des Hintertheiles zurück.
Die Section bietet durchaus keinen charakteristischen, dec Erscheinungen im Leben entsprechenden Befund, und es muss daher nur eine functionelle Störung des Gehirns und Rücken­markes als Ursache der Krankheit angenommen werden.
Die Prognose des Kalbefiebers ist im Allgemeinen ungün­stig, nur niedere Grade der Krankheit lassen Heilung zu.
Behandlung. Nach Roll empfiehlt sich der Gebrauch der auf den Darmcanal wirkenden Mittel des rohen Weinsteins, des Glaubersalzes in Verbindung mit Brechweinstein, auch werden die Aloe, Krähenaugen (nach Kühne eine Abhochung von 2 Loth Krähenaugen, 1 Loth Brechweinstein, ein Pfund Glaubersalz und 8 Loth Kochsalz in einer Mass Wasser stündlich oder halbstündlich eine halbe Flasche als Einguss) empfohlen, ferner die Verabrei­chung von reizenden Klvstiren, bis ergiebige Darmentleerungen erfolgen. Bei zunehmender Schwäche und Lähmung sind ätherisch­ölige, campher- und weingeisthaltige Mittel angezeigt. Die Thiere werden in warme Stallungen gebracht, öfters frottirt, in Wolldecken eingehüllt, bei stärkerem Durst reicht man ihnen schleimiges, lau­warmes Getränk.
sect;. 9. Gehirn- und Gehirnhautentzündung.
Encephalitis, Meningitis, Inflammatio cerebri, cerebritis.
Beide Krankheitsformen kommen gewöhnlich mit einander ver­bunden vor und können beim Leben des Thieres mit Gewissheit nicht von einander unterschieden werden, es können daher in practischer Beziehung beide Krankheiten gleichzeitig abgehandelt werden. Unter den Hausthieren sind es die Pferde, Rinder und Hunde, die von diesen Krankheitsformen zumeist befallen werden. Die Entzündung entwickelt sich nicht immer vollständig, sondern es ist die Krankheit mehr als ein in Folge stattgehabter Hirnrei­zung herbeigeführter Congestiyzustand (Hyperämie) zu betrachten. In diesem Falle ist auch ein Ausweg in Genesung möglich, wäh­rend die Gehirnentzündung selbst gewöhnlich mit dem Tode endet.
Ursachen. Die Krankheit kömmt entweder primär oder seeundär vor, Anlagen zur Erkrankung haben vorzugsweise junge, kräftige, vollblütige Pferde und junge Hunde während des Zahn­wechsels. Gelegenheitsursachen geben mechanische Einwirkungen, Verletzungen, die den Kopf treffen, heftige Erschütterungen ip Folge von Sturz auf den Kopf, anhaltende Einwirkung von Son­nenhitze auf den Kopf, heftige Bewegung, dunstige Stallluft, der Genuss kräftiger, erhitzender, schwerer Nahrung, betäubender Pflan­zen, festes Anliegen der Halsbänder, Kopfriemen, der Gebrauch
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42rinbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten des Gehirns.
enger Kummete. Endlich sind als veranlassende Momente alle jene Umstände zu betrachten, die den Rückfluss des Blu­tes aus dem Gehirn vorhindern. Bei dem Rinde und Schafe soll den neueren Untersuchungen zufolge auch das Einwandern von Bandwurmlarvcu in das Gehirn zur Entzündung dieses Organs Veranlassung geben. Sceundär tritt die Gehirnentzündung in Folge aenter Exantheme typhöser Processe etc. auf.
Pathologische Anatomie. Die Entzündung der wei­chen Hirnhau t characterisirt sich durch Schwellung und Trü­bung dieser Membran, die mehr oder weniger injicirt ist und au ihrer Oberfläche von einem gelblichgrauen Exsudate belegt ist, wodurch die Gehirnwindungen aneinander kleben. Die darunter gelegene Rindensubstanz des Gehirns ist gewöhnlich hyperämisch von Extravasate durchsetzt und im Zustande der rothen Er­weichung. Eiteriges Exsudat findet sich oft zwischen Spinnwe­ben- und weicher Hirnhaut. In den Seiteukammern findet sich ein bedeutender seröser Erguss. Bisweilen nehmen die faserstoffigen Exsudatmassen das Ansehen von Tuberkeln an, — tuberculöse Hirnhautentzündung. Bei Entzündung der harten Hirnhaut findet man diese Membran gefässrefeh von Extravasaten durchsetzt und erweicht. In Folge der Entzündung kömmt es zu namhaften Verdickungen der harten Hirnhaut, zu Verwachsungen derselben mit den Schädelknochen, zu Knochennenbildungen und zur Verei­terung dieser Membran.
Bei der Entzündung des Gehirns selbst findet man An­fangs die Erscheinungen der Hirnhyperämie, nämlich stärkere In­jection der auf der Oberfläche des Gehirns verlaufenden kleinen Gefässe, capilläre Extravasaten, Trübung, leichte Zerreisslichkeit der Gefässe, die weisse Substanz des Gehirns erseheint grauröth-lich, die graue braunroth bis violett. Bei dem höheren Grade der Entzündung kömmt es zur Bildung von Extravasaten, wodurch der Entzündungsherd eine röthliche Färbung erhält. Im weitereu Ver­laufe schwellt die Hirnsubstanz, wird feuchter, breiig weich, von capillaren Extravasaten durchzogen — ein Zustand, den man mit dem Namen rothe Erweichung bezeichnet. Ein solcher Heerd besteht aus erweiterten Capillaren, fettig degeuerirten Nervenfasern und Nervenzellen, Eiter- und Fettkörnchcnzellen, Faserstoflexsudat und extravasirtes Blut.
In Folge der rothen Erweichung erfolgt entweder der Tod, oder es bleiben wenigstens für die übrige Lebenszeit dauernde Functionsstörungen des Gehirns zurück, bedingt durch weitere Veränderungen in der erweichten Partie. Es ändert nämlich die rothe Hirnpartie nach und nach ihre Färbung und verwandelt, sich in eine graue oder weisse, zähe oder molkenähnliche breiige Masse, die aus fettig entarteter Nervensubstanz, gelben oder rötblichen Pigmenlkörnern, Eiterzellen, in unverändertem und fettig degene-rirtem Zustande und Exsudatstreifen besteht, deren Umgebung ge-
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Gehirn- und Gehirnhautentzündung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 427
wohnlich serös infiltrirt oder von capillaren Blutungec durchsetzt erscheint, — weisse oder graue Gehirnerweichung.
Eine weitere Metamorphose, wie sie häufig bei au Dumm­koller umgestandenen Pferden angetroft'en wird, ist die sogenannte, gelbe Erweichung, es zeigt der Hcerd eine hell- oder schwefel­gelbe Färbung, eine verminderte, brei- oder sulzartige Consistenz und massige Schwellung. Ausser den bereits bei der rothcn Er­weichung angeführten Elementen finden sich hier zahlreiche neue Zellen und ein feinsandiges Bindegewebe. Nimmt die Bildung von Eiterzellen überhand, so tritt eine eiterige Erweichung des Gehirns ein, es kommt zur Bildung von Gehirnabscesscn. Die Entzündung der Hirnhäute ist bei unseren Hausthieren weit häu­figer, als die Entzündung der Gehirnmasse selbst.
Erscheinungen. Die Erscheinungen sind im Beginne der Krankheit die der Hirnreizung. Diese Reizungserscheinungen bestehen entweder fort oder lassen nach und reeidiviren. Sie zeichnen sich durch grosse Unruhe, Hauen, Schlagen, Steigen der Thiere bei bedeuten­der Pulsfrequenz und starker Röthung der sichtbaren Schleimhäute aus. Nachdem diese Erscheinungen 12 — 48 Stunden angehalten haben, oder wenn auch in seltenen Fällen ohne Vorausgehen die­ser Reizungserscheinungen stellt sich ein Zustand von Stumpfsinn und Bewusstlosigkeit ein. Die Thiere stehen mit herabhängendem oder aufgestütztem Kopfe da und zeigen eine ausscvordcntliehe Schwerbeweglichkeit, sie sind wie angenagelt, oder sie liegen wohl gar betäubt und regungslos da. Durch Zuruf sind sie bis­weilen kurze Zeit zur Besinnung zu bringen, verfallen jedoch bald wieder in den früheren Zustand der Betäubung. Ist es möglich, sie in Bewegung zu versetzen, so schreiten sie mit schwerem, ge­senktem Kopfe taumelnd einher, und gehen wie blind auf jeden Widerstand los. Bisweilen sind Drehbewegungen nach der einen oder nach der anderen Seite vorhanden, oder sie drängen nacTi der Seite, schwanken hin und her und haben beständig die Nei­gung, eine bestimmte Bewegungsrichtung zu verfolgen, kommen sie auf ein nicht zu bewältigendes Hinderniss, so bleiben sie wie angewurzelt stehen. Zuweilen laufen sie im Kreise herum, und wenn ihnen kein Hinderniss entgegenstellt oder gestellt wird, stun­denlang. Tage lang. Dabei finden wir die Pupille erweitert, die Pulsfrequenz bedeutend, selbst bis auf einige 30 Schläge herabge­setzt, die Empfindlichkeit der Haut autfällig vermindert. Die Fut­teraufnahme wird entweder versagt oder sie geschiebt unrcgelmäs-sig, absatzweise. Das Thier vergisst sich beim Fressen und hält oft lauschend, horchend minutenlang das Maul in die Krippe, ohne zu fressen, oder vergisst während des Fressens das Kauen und be­hält längere Zeit, ohne zu kauen, das Futter im Maule. In ähnlicher Weise benimmt sich das Thier beim Saufen. Das Athmen ist tief und langsam.
Während des Verlaufes stellen sich zu unbestimmten Zeiten Tobsuchtsparoxysmen ein, nach deren Ablauf die Erscheinungen des
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Krankheiten des Gehirns.
Stumpfsinnes vorherrschen; und so erfolgt in der Regel der Tod nach 3 bis 8 Tagen, oder wir beobachten den Uebergang in Dumm­koller, halbseitige Lähmung, Schwindel, die nach kürzerer oder längerer Zeit gleichfalls den Tod nach sich ziehen.
Behandlung. Im Stadium der Hyperämie mache man ei­nen ausgiebigen Aderlass, heim Pferde oder Rinde ca. 8—10—12 Pfund, am besten an der Drosselvene, reiche sodann kühlende ab­führende Salze: Salpeter, Glaubersalz, Doppelsalz, in Verbindung mit Aloe, Brechweinstein und Calomel. In den meisten Fällen ist jedoch das Schlingen behindert und da mass man sich bloss auf eröffnende Klystire, wohin auch die mit kaltem Wasser gehören, beschränken. Ausserdem ist die fortgesetzte Anwendung kalter Ueberschläge auf den Kopf, oder kalter Begiessungen angezeigt. Das Anlegen eines Fontanells in der Schaufelknorpelgegend er­weist sich nach Spinola als nutzbringend, aus dem Grunde, weil bei diesem Leiden auch leicht Lungenentzündung entsteht. Aeusserliche Ableitungsmittel im Genicke, wie scharfe Einreibun­gen, Haarseile sind im Beginne der Krankheit nicht angezeigt, sondern später im Verlaufe der Krankheit. Ueber den Ort der Application der äusscren Ableitungsmittel ist man nicht einig. Ei­nige vermeiden die innere Fläche der Hinterschenkel gern, andere empfehlen den oberen Halstheil oder die Stirn.
Bei höherem Grade der Betäubung nimmt man zu erregenden Mitteln seine Zuflucht. Arnica, Engelwurzel, Baldrian; bei grosser Aufregung reiche man Belladonna oder Opium. Man halte die Kranken in kühlen, luftigen, dunklen Stallungen; im Sommer ist der Aufenthalt im Freien zu empfehlen, reiche ihnen frisches kal­tes Getränk; zeigen die Thiere später wieder Fresslust, so gebe man ihnen leicht verdauliches Futter, am besten Grünfutter.
sect;. 10. Schlagfluss, Blute rguss im Gehirne, Schlaglähraung,
Apoplexia,
Der Bluterguss ins Gehirn ist verhältnissmässig bei Thieren selten, am häufigsten noch hei Rindern und Schafen, bei den letz­teren tritt die Apoplexie sogar seuchenartig auf. Man versteht unter Apoplexie das plötzliche Eintreten von theilweiser oder voll­kommener Functionsunfähigkeit des Gehirns.
Die wichtigste Ursache der Apoplexie bei Thieren sind Gewebserkrankungcn des Gehirns, sodann werden Apoplexien in Folge äusserer mechanischer Insulte beobachtet, oder es bildet die Hiniapoplcxie einen Ausgang der Gehirnhyperämie, daher das Auf­treten des Schlagflusses, bei Einwirkung grosser Sonnenhitze, bei Aufenthalt in überfüllten dunstigen Stallungen, nach grosser kör­perlicher Anstrengung, beim Uebergenuss eines üppigen Futters.
Was den Hirnschlagfluss als HeerdekranRheit betrifft, so will Spinola die Beobachtung gemacht haben, dass dieselbe bei
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SchlagOuas.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;429
Schafen dann in dieser Form auftritt, wenn mit ihnen Kartoffelfel­der zum Ausweiden betrieben wurden, während von anderen der Betrieb üppiger Stoppelweiden oder der Genuss eines nach frischer Gypsung gewonnenen Klees beschuldigt wird. Der Zusaramenhang ist jedoch ziemlich unklar, wenn man nicht anders annehmen will, dass in den beiden ersten Fällen, nämlich dem Weiden des Viehes, miasmatische Ausströmungen des Bodens die Krankheitsursachen abgeben. ^Das seuchenartige Auftreten des Hirnschlag-flusses wird übrigens bei Schafen und Rindern durch die apoplectische Form des Milzbrandes gedeckt.
Dass Hirnapoplexie bei Thiereu im Ganzen eine seltene Er­scheinung ist, erklärt sich aus dem Umstände, dass dieser Zustand mehr dem höheren Alter angehört, was bei unseren Hausthieren nur in den wenigsten Fällen abgewartet wird, da man die Thiere aus öconomischen Rücksichten früher tödtet.
Sectionsbefund. Die Gehirnblutung tritt entweder als capillare Blutung oder als apoplectischer Heerd auf. Bei der er-steren finden sich an einer oder mehreren verschieden grossen Stellen dunkelrothe oder schwärzliche, mehr oder weniger dicht laquo;teilende Flecke, zwischen denen die Gehirnsubstanz entweder normal oder gelblich oder röthlich im Zustande der rothen Erweichung ist. Sie findet sich entweder im Innern des Gehirnes, besonders in dem Grosshirne (beim Pferde) oder auf der Oberfläche desselben, dabei ist die weiche Hirnhaut entzündet. Bisweilen treten kleine Extra-vasate dichter aneinander, die betroffene Gehirnpartie erscheint dann lichter oder dunkler gesättigt braunroth, brüchig oder er­weicht, breiähnlich (hämorrhagischer Infarct), ein Zustand, der je­nen Fällen zu Grunde zu liegen scheint, bei denen nach längerer Andauer der Erscheinungen des Schlagflusses endlich Genesung eintritt. Durch Zerreissung grösserer Gefässe oder einer grösseren Anzahl kleinerer bildet sich der apoplectische Heerd.
Blutungen in die Gehirnrinde erfolgen meistens nach der Einwirkung mechanischer Gewalt auf den Schädel; die betroffene Partie stellt dann gewöhnlich einen blutigen Brei dar, welcher nebst dem Extravasate zertrümmerte Nervensubstanz enthält. Tritt in solchen Fällen nicht rasch der Tod ein, so wird der nach und nach erweichende Brei verflüssigt, und kann allmälig selbst resor-birt werden; an der Stelle des früheren Extravasates findet sich eine gelb pigmentirte, mit der verdickten und gefässreicheren wei­chen Hirnhaut zusammenhängende Platte, unter welcher die Ge­hirnsubstanz geschwunden ist. Auch in die weiche Hirnhaut er­folgen häufig bei Einwirkung mechanischer Gewalt, Blutungen u. z. entweder in das Gewebe derselben oder zwischen diesem und die Gehirnmasse oder die Spinnwebeuhaut. Sind diese Blutungen be­trächtlich, so können sie durch den Druck, den sie auf das Gehirn ausüben, den Tod herbeiführen.
Erscheinungen. Oftmals gehen Vorboten voran, gewöhn­lich sind es die Erscheinungen der Hirnhyperämie, Schwindelan-
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430nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten des Gehirns.
fälle, Unrulie oder Abgestumpf'tsein, Muskelzuckungen etc. Tritt eine bedeutende Hirnblutung ein, so stürzen die Thiere zusammen und sind sofort todt, oder sie liegen bewusst- und empfindungslos ohne Bewegung oder mit krampfhaften Zuckungen da. Die Kör­pertemperatur ist vermindert, die Schleimhäute sind geröthet, die Angcn sind verdreht, die Pupillen erweitert, starr, das Athmen schnarchend, tief, der Puls ist aussetzend, der Herzschlag ist bald schwach, bald stark fühlbar, Mist und Harnentleerung erfolgen un­willkürlich. Unter diesen Zuständen gehen entweder die Thiere zu Grunde, oder die Thiere erholen sich langsam und es blei­ben Lähmungen zurück, besonders der Ohrenmuskeln, der Au­genlider, der Lippen, der Sehnerven. Diese Lähmungen können gänzlich verschwinden, oder sie werden bleibend, in welchem Falle die Tödtung des Thieres nothwendig werden kann. Manchmal er­folgen erneuerte und umfangreichere Blutungen in die Gehirnsubstanz, und fuhren nach längerer oder kürzerer Zeit den Tod des Thie­res herbei.
Die Prognose ist immer ungünstig, zum Mindesten höchst zweifelhaft, denn in der Mehrzahl der Fälle führt die Apoplexie unmittelbar zum Tode und ist dies nicht der Fall, so hinterlässt sie doch meistens solche Nachwehen, welche die Tödtung des Thieres nothwendig machen.
Behandlung. Bei dem schnell tödtllchen Ausgange und dem geringen Erfolge, den eine Behandlung verspricht, wird der Schlagflass bei Thieren selten Gegenstand ärztlicher Behandlung, und gebührt bei den schlachtbaren Hausthieren dem Abschlachten jedenfalls der Vorzug. Bei dem Schlagflusse, wenn er als selbst­ständige Krankheit auftritt und nicht etwa Complicationen eines anderen Leidens, wie etwa des Milzbrandes ist, muss man sich zumeist auf äusserliche Mittel beschränken, da die Thiere nicht schlingen können. Man bringe die Kranken an einen luftigen Ort, befreie sie von drückendem, beengendem Geschirre oder Geräthe und mache vor Allem einen der Constitution des Thieres entspre­chenden Adcrlass, auf den in eine höhere Lage gebrachten Kopf applicire man kalte Umschläge, an den Hinterschenkeln kann man scharfe Einreibungen macheu und auch reizende Klystire an­wenden.
Erholt sich das Thier unter dieser Behandlung und kann es schlingen, so verabreiche man kühlende Salze, welche die Darm­entleerungen befördern. Einen zunehmenden Kräfteverfall begegne man mit milden Reizmitteln, Arnica, Baldrian. Zurückbleibende Lähmungen erfordern eine eigene Behandlung.
S-
11. Drehkrankheit, Uydroceiihalus hydatideus.
Sie kömmt vorzugsweise bei Schafen, manchmal auch bei Rindern vor und äussert sich in einer Störung der Gehirnfunctioneu
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Drehkrankheit.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;431
besonders der willkürlichen Bewegung, sie führt bei längerem Be­stände zu hochgradiger Anämie und Abmagerung des Thicres, das unter cachectischen Erscheinungen zu Grunde geht. In der Heg?) sind es junge Lämmer, die von der Krankheit befailcn werden, grössere Thiere bleiben verschont.
Ursachen. Erst in der neuesten Zeit wurde in die Eut-stehungsweise der Krankheit einige Aufklärung gebracht. Es ist nämlich durch Experimente als unzweifelhaft erwiesen, dass das Einwandern von Bandwurmbrut in den Organismus der Wieder­käuer die Krankheit hervorbringe. Bringt man die reifen Glieder von Taenia (Juenurus in den Magen der Schale, so wird sich nach län­gerer oder kürzerer Zeit die Drehkrankheit erzeugen. Es er­eignet sich häufig, dass Schäferhunde das Gehirn drehkranker Schafe verzehren. Im Magen des Hundes wird die Blase des Coe-uurus verdaut, während die von der inneren Fläche der Blase sprossenden Bandwurmköpfe der Verdauung widerstehen, mittelst Hakenkranz und Saugnäpfen an einer beliebigen Stelle der Magen­oder Darmschleimhaut sich festsetzen und nun durch Wachsthum an ihrem Schwänzende Glieder treiben, die anfangs geschlechtslos sind, später jedoch in ihrem Inneren Hoden und Eierstöcke ent­wickeln und so geschlechtsreif werden. Hat der Bandwurm eine gewisse Länge erreicht, so lösen sich zeitweilig die letzten reifen Endglieder ab und werden mit dem Darminhalt entleert. Diese Glieder gelangen so auf die Halme der verschiedenen Gras- und Kleearten, bewegen sieh auf diesen weiter und gehen schliesslich zu Grunde. Durch Fäulniss zerstört, werden die Eier, da sie eine harte der Verwesung trotzende Schale besitzen, frei und haften nur isolirt an den Grashalmen, wo sie von den Schafen zugleich mit dem Grase gefressen werden, in den Magen gelangen, wo sie durch den Verdauungsprocess ihre kalkige Schale einbiissen. Die hierdurch frei gewordenen, mit sechs Häkchen versehenen Embryo­nen durchbohren die Wandungen der Darmgefässe und gelangen auf der Blutbahn ins Gehirn, wo sie sich zu Hirnblasenwürmern entwickeln. Spinola hält es nach einer reichen, gemachten Be­obachtung gerade nicht für unwahrscheinlich, dass auch in der Raehenhöhle einige Eier kleben bleiben und die Embryonen von hier aus ihre Wanderung ins Gehirn antreten. Die festere Be­schaffenheit der Gewebe älterer Thiere scheint dem Eindringen der Bandwürmerbrut hinderlich zu sein. Diejenigen Embryonen, die sich in anderen Organen einkeilen, gehen zu Grunde.
Sect ion she fund. Bei der Section der an der Drehkrank­heit zu Grunde gegangenen Thiere findet man die Zeichen der Meningitis und Encephalitis in dem entschiedensten Grade. Die Spinnwebenhaut ist getrübt, die Hirnhäute sind verwachsen, das Gehirn ist blutreich etc. Die Parasiten findet man entweder frei auf der Oberfläche des Gehirns, oder mehr oder weniger tief in die Gehirnsubstauz eingedrungen, in der Form zahlreicher Bläschen
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432nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten des Gehirns.
von der Grosse eines Stecknadelkopfes bis zu der einer Erbse vor, welche innerhalb einer structurlosen Wandung ohne Spur einer Kopfanlage eine klare, wasserhelle Flüssigkeit enthalten.
Dieser Befund wurde in der Regel bei künstlichen Fütterungs-versuchen mit Proglottiden, gewöhnlich 2 — 3 Wochen nach dem vorgenommeneu Experimente angetroffen. Waren die reactiven Erscheinungen minder heftig, gingen desshalb die Thiere nicht nach so kurzer Zeit zu Grunde, so vergrössern sich die Blasen, an verschiedenen Stellen treten Trübungen an der Blasenwand hervor als Andeutungen der späteren Kopfanlagen, aus denen sich nach und nach zahlreiche Täuienköpfe entwickeln. Währenddem wächst die Blase fort und fort und kann die Grosse eines Hühner­eies erreichen. Je weniger Blasen sich entwickeln, eine um so bedeutendere Grosse erreichen dieselben. Sie dringen allmälig tiefer in das Gehirn ein, indem sie durch Druck die Gehirnsub­stanz zum Schwinden bringen, Gehirntheile comprimiren, verschie­ben, wodurch die Erscheinungen der Drehkrankheit hervorgerufen werden.
Bisweilen ist die nächste Umgebung der Coenurusblase Sitz einer reactiven Entzündung, wobei sie bald im Zustande der rotheu Erweichung angetroffen wird, bald umgibt die Coenurusblase ein gelbes, eiterähniiches oder faserstoffiges Exsudat; dringen die Cocnurusblasen bis zum Schädeldache vor, so führen sie allmälig zur Usur des Knochens, das Schädeldach wird an der entsprechen­den Stelle bisweilen so enorm verdünnt, dass es dem Fingerdruck nachgibt, oder die Knochensubstanz schwindet complet an der Druckstelle, so dass die Coenurusblase nur von der äusseren Haut bedeckt wird. Bei längerem Bestehen dieses Zustandes kommt es zu hochgradiger Anämie und Abmagerung des Wohnthieres. In der Leber, in der Milz, in den Lungen, dem Herzen, in dem intermuskulären Bindegewebe findet man eine grosse Anzahl Bläs­chen von der Grosse eines Hanfkornes bis zu der einer Erbse. Ihr Inhalt ist gelblich, grünlich, schmierig, und ist das Residuum des verirrten, abgestorbenen, fettig degenirten Scolex.
Erscheinungen. Sie sind je nach der Menge der im Ge­hirn zur Entwickelung gelangten Blasenwürmer verschieden. Bei einer zahlreichen Einwanderung treten die Zeichen einer diffusen Hyperämie und reactiven Meningitis auf. Die Thiere werden un­ruhig, laufen zwecklos hin und her, zeigen eine gesteigerte Haut­temperatur, bedeutende Pulsfrequenz, besonders heissen Kopf, starke Injection der Augenbindehaut, senken den Kopf oder schüt­teln ihn beständig, oder neigen ihn auf die Seite, bisweilen stür­zen sie zusammen und bekommen die heftigsten epileptischen Krämpfe. Futter und Getränk wird verschmäht, später liegen sie bewusstlos am Boden, mühsam athmend und gehen in diesen Zu­ständen innerhalb 0—8 Tagen zu Grunde. Gelangen nur wenige Embryonen ins Gehirn, so gestalten sich die Erscheinungen anders.
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Drehkrankheit.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;433
Die Zeichen der Hirureizung- die den Uebertritt der Embryonen in das Gehirn auch hier snzeigeu, dauern nur einige Tage in gleicher Intensität, lassen dann nach, so dass die Thiere nach 8 —14 Ta­gen anseheiueud wieder vollkommen gesund sind. Erst mit dem Heranwachsen der Bandwurmbrat zu grösseren Blasen, treten voi; Neuem Krankheitszeichen auf, Erscheinungen, die begreiflicherweise durch alle die Momente gesteigert werden müssen, die einen ver­mehrten Zufluss von Blut zum Gehirn veranlassen, als der Auf-entbalt in einem dunstigen Stalle, die Darreichung eines gutnäh­renden Futters, die intensive Einwirkung der .Sonnenstrahlen.
Haben die Coenorusblasen innerhalb Monaten eine gewisse Grosse erreicht, wirkten gleichzeitig die angedeuteten Schädlich­keiten, welche so leicht eine Himbyperämie veranlassen, auf die Thiere ein, so beginnen die Schafe allmälig stumpfsinnig zu wer­den, sie stehen mit gesenktem Kopfe an der Wand, oder sie ha­ben das Maul an der gefüllten Krippe und fressen nicht, oder un­terbrechen sich ohne allen Grund beim Fressen, oder bleiben hin­ter der Heerde zurück wie angewurzelt stehen. Entwickeln sieh die Blasen tiefer in die Ilirnsubstanz hinein und werden beson­ders die Basalganglicn, die Hirnschenkel afficirt, so treten die charakteristischen Drehbewegungen ein.
Die Schafe drehen sich dann meist nach jener Seite, wo die Blase liegt, kürzere oder längere Zeit im Kreise herum (Dreher). Sitzt die Wurmblase in der Nähe des verlängerten Markes am kleineu Gehirne, so wird der Kopf in der Kegel hoch gehoben, der Gang ist dabei taumelnd, die Thiere fallen nach einer Seite oder schla­gen nach rückwärts um (Segler). Sitzen die Blasen vorn im Ge­hirne, so wird der Kopf gesenkt gehalten und die Thiere überstür­zen sich nach vorne (Würflei). Hat sich durch Compression der Coenurusblase eine weiche Stelle am Schädel gebildet, so bedarf es nur eines Druckes auf dieselbe, um die gedachten Erscheinungen hervorzurufen. Vermehrt man den Druck, so stürzen die Thiere bcwusstlos zusammen und verfallen in Lettige allgemeine Krämpfe. Sind die Erscheinungen der Drehkrankheit in dieser Weise ausge­bildet, so werden die Thiere in der Regel geschlachtet. Geschieht diess nicht, so nimmt die Betäubung mehr und mehr zu, die höch­sten Grade der Abmagerung treten ein, und die Thiere sterben nach mehrmonatlicher Dauer des Zustandes unter Erschöpfung und Bewusstlosigkeit.
Die Prognose ist stets ungünstig, denn die Krankheit ist unheilbar, es wird daher die Vorbauung der Krankheit das Wichtigste sein, da die Behandlung wohl in manchen Fällen das ungünstige Ende hinauszuschieben, aber nicht abzuwenden vermag.
Die prophylactischen Massregeln müssen alle darauf hinaus­zielen, die Aufnahme der Baudwurmbrut hintanzuhalten. Die in dieser Beziehung vorgeschlagene, durch das gauze Jahr währende trockene Stallfütterung, stösst aus öconomischen Rücksichten auf Kraus, Path. u. Thcrap. der Haussäugethiere.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;28
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434nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten des Gehirns.
zu viel Schwierigkeiten und ist mithin nicht leicht durchführbar. Man hat ferner vorgeschlagen, die Schäferhunde abzuschaffen, oder ihnen die Köpfe drehkranker Schafe nicht zum Frasse vor­zuwerfen und ihnen alljährlich cinigemale die Bandwürmer abzu­treiben, um so der Entwickelung des Bandwurmes entgegen zu treten. Die strenge Durchführung der letzteren Massregel könnte die Häufigkeit der Drehkrankheit wenigstens vermindern, wenn auch nicht gänzlich verhüten, da nicht blos Schäferhunde, sondern auch andere Hunde, Füchse und Wölfe die Bandwurmbrut auf die Weiden absetzen können. Zweckmässig ist es, nach Spinola, den Lämmern im Monat Juli (der gewöhnlichen Zeit der Aufnahme der Bandwurmbrut) bittere, wurmwidrige Mittel zu verabreichen, um die Wurmembryonen noch im Magen zu tödten (quot;?), bevor sie ihre Wanderung angetreten haben.
Behandlung. Gegen die im Anfange der Krankheit auf­tretende Hirnreizuug leite man ein antiphlogistisches Verfahren ein, kalte Umschläge auf den Schädel, Aderlässe, innerlich kühlende Salze. Alle diese Mittel dienen jedoch nur dazu, um ein rasches Zugrundegehen des Thieres zu verhüten. Bei ausgemitteltem Sitze des Blasenwurmcs hat man die Trepanation des Schädeldaches behufs Entfernung der Wurmblase, oder falls der Knochen atro-phirt wäre, Entleerung des Inhaltes der Blasen mittelst des Troi-carts vorgeschlagen. Da aber in solchen Fällen bereits eine bedeutende Atrophie des Gehirnes zugegen ist, und nach dem Ausziehen der Wurmblase in der Höhle schnell seröse Exsu­dation erfolgt, so ist der Succes der im Uebrigen nicht schwie­rigen Operation ein problematischer, die Thiere gehen früher oder später doch zu Grunde. Ausser dieser operativen Behandlung sind noch andere Verfahrungsweisen empfohlen worden, die aber ins-gesammt, wie schon die Natur der Krankheit von selbst ergibt, keinen Erfolg versprechen. Es gehören hierher: Das Brennen des Schädels, das Aufstreuen von Chlorzink und Bedecken mit einem Pechpflaster, die innerliche Anwendung von Digitalis und Bella­donna u. dgl. m.
Die Drehhrankheit der Rinder hat genau in derselben Ur­sache ihren Ursprung und verläuft unter gauz ähnlichen Erschei­nungen wie jene der Schafe, nur dass die Krankheit hier erst bei ein - bis zweijährigen und auch älteren Thiercn vorkömmt.
sect;. 12. Neubildungen im Gehirn.
Krebsbildung bei Thieren in den Schädelknochen ist viel­fach beobachtet worden, besonders in den Knochen der Augen­höhle, doch ist weder die Existenz des Krebses der harten Hirn­haut, noch die des Gehirncarcinoms durch verlässliche Beobach­tungen festgestellt.
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Neubildungen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 435
Die fibroplastischen Geschwülste als Pachioui-sche Granulationen auf der harten Hirnhaut und Spinmveheu-haut sind bei Thieren nicht selten , sie gehen von letzteren aus, und wuchern entweder nach dem Gehirne oder dem Schädeldache zu; im letzteren Falle rufen sie durch Druck partielle Knochenusur im Schädeldache und auf diese Weise der Pachionischen Gruben hervor. Die Kleinheit dieser Goschwülste ist die Ursache, dass sie trotz der grossen Anzahl, in der sie bisweilen angetroffen wer­den, dennoch keine Kranhheitserscheimmgen hervorrufen. Pei Pfer­den treten sie als rnndliche, dichte, gestielte Knötchen der Spinn­webenhaut auf. Sie sind hier in der Grosse eines Mohnsamens bis zu der einer Erbse, angetroffen worden. Auch hier durchboh­ren sie allmälig die harte Hirnhaut und erreichen endlich die Glas­tafel, in der sie ihrer Grosse entsprechende Gruben durch Druck erzeugen. Der feine Bau dieser kleinen fibroplastischen Geschwülste zeigt eine dendritische Anordnung der Bindcgewebsbündel.
Beim Pferde ist mehrfach die Perlgeschwulst das soge­nannte Cholestcatom beobachtet worden, manchmal in nicht unbeträchtlicher Grüsse, meist aber als stecknadelkopf- bis erbsen-grosse, perlmuttcrälmlich glänzende Knötchen, theils im Zusammen­hange mit den Basalganglien des Gehirns. Es besteht aus einer biude-gewebigen Hülle, die in ihrem Innern grüssere, runde, sogenannte epidermoidale Zellen und Gallenfett in rhombischen Tafeln, die treppenfürmig übereinander geschichtet sind, enthält. Die Ge­schwulste sind auf dem Durchschnitt perlmutterglänzend und zei­gen macroscopisch concentrirte Lagen.
Fibroide finden sich bisweilen an den Adergeflechten der Seitenkammern bei Pferden in ziemlicher Grosse, nicht minder auch bei diesem melanotisehe Geschwülste, theils an dem Plexus, theils an der unteren Fläche des kleinen Gehirns vor.
Cysteu mit Flüssigkeit oder mit Haaren gefüllt, sind häufig bei Pferden beobachtet worden. Sie stellen hier entweder kleine, stecknadelkopf- bis erbseugrossc Blasen dar; die mit einer wasscr-klaren Flüssigkeit gefüllt sind, oder sie erreichen die Grosse eines Taubeneies und sind dann bald mit einer trüben Flüssigkeit, bald mit einer breiigen Masse angefüllt. Trübung und Consistenzzu-nahme des Cysteninhaltes werden durch Beimischung epithelialer Zellen, welche Producte der Innenwand sind, erzeugt.
Alle diese Neubildungen werden, wenn sie eine gewisse Grosse erreichen und durch Druck die benachbarten llirntheilc behelligen, je nach der Natur und physiologischen Bedeutung der gedrückten Hirnpartie, und je nach dem Grade des Druckes Lähmungen oder paretische Zustände im Bereiche scusorieller, sensitiver und moto­rischer Nerven hervorrufen.
Immer werden sich diese Krankheitserscheinungen ganz all-
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43ßnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten des Gehirns.
mälig entwickeln, am seltensten dürften hier Störungen _der gei­stigen Sphäre beobachtet werden, wenn nicht consecutiv diffuse Hyperämieen der Meningen, Hirnödeme, allgemeine Hirnatrophie oder ausgedehnte Erweichungen in der Umgebung der Afterbil-dungen erzeugt wurden. Kleinere Afterbildnngeu veranlassen selbst in grosser Zahl keine ausseien Erscheinungen und haben deshalb streng genommen, kein klinisches, sondern nur ein anatomisches Interesse. Bei den Gehirnkrebsen gesellen sich zu den Erschei­nungen örtlich gestörter Hirnfnnctionen noch die der allgemeinen Krebscachexie und bisweilen Schmerzen in einer dem Sitze der Gesehwulst entsprechenden Schädelpartie.
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Krankheiten des Rückenmarkes und seiner Hüilen.
sect;. 1. Der Starrkrampf, Maulsperre, Maulklemme, Todtenkrampf,
Hirschkrankheit, Tetanus.
Der Starrkrampf bestellt in einer vorzugsweisen tonischen Muskelcontraction, die plötzlich paxoxysmusweise oder in alimäliger Verbreitung eintritt, sich über fast sämmtliche Muskeln verbreiten kann und anhaltend wird. Der Tetanus ist bei allen Hausthieren ganz vorzüglich aber bei Pferden nnd Lämmern beobachtet worden.
Aetiologie. Man unterscheidet zwei Formen des Starr­krampfes, den traumatischen und den rheumatischen. Die erstere Form wird hauptsächlich durch Quetsch- und Kisswuudcn, bei denen Nerven verletzt worden sind, von welchen sich der Rei­zungszustand zum Kückenmark fortgepflanzt, veranlasst. Man hat die Erfahrung gemacht, dass sich der Starrkrampf häutiger nach ganz unbedeutenden Verwundungen einstellt, als nach grösseren Verletzungen; er stellt sich auch nicht unmittelbar nach geseliche-nem Insulte, sondern erst später bei beginnender oder vollendeter Vernarbung ein. Hufverletzungen beim Beschlagen, Nagelstiehe und Nageltritte, Sattel - und Geschirrdrücke, Operationen, unter diesen besonders die Castration, das Euglisiren etc. pflegen den Tetanus hervorzurufen. Das zweite veranlassende Moment des Starrkrampfes ist Erkältung, dass jedoch auch andere nicht gekannte Schädlichkeiten aussei- der Verletzung zum Entstehen des Tetanus mit beitragen müssen, erhellt schon aus dem Umstände, dass der Starrkrampf zu manchen Zeiten sehr häufig zu anderen ausseist selten nach den genannten Schädlichkeiten eintritt: man muss demnach eine besondere Disposition annehmen, die theils durch gewisse Ausseneinflüsse (des Klimas, der Witterung) erst verbreitet wird, theils aber in der Individualität selbst liegen mag. So ist es zunächst Thatsache, dass der Starrkrampf in gewissen
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438nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten des Rückenmarkes.
Gegenden vorzugsweise vorkömmt, in anderen selten oder nie; im Allgemeinen ist er dort zu Hause, wo ein greller Wechsel von Tageshitze zur nächtlichen Kühle stattfindet, daher in Küstenge­genden, in sumpfreicl-.en Ländern, namentlich in heissen Klimaten.
Ers chcinugen. Der Starrkrampf zeichnet sich durch die Auffälligkeit der Erscheinungen besonders aus. Die Krankheit be­ginnt oft auch mit eiuem Krämpfe in der Nachhand, oder er be­ginnt mit einer Steifigkeit im Gelenke, dabei findet Verziehung des Schweifes nach einer Seite und ein gespreizter unbehilflicher Gang statt.
Bisweilen fängt jedoch die Krankheit gleich mit verbreiteten tonischen Krämpfen an. Beim traumatischen Starrkrämpfe ist ent­weder die verletzte Stelle der Ausgangspunkt der Krämpfe, von welcher innerhalb weniger Tage er sich, wenn er partiell auftritt, über fast alle Muskeln des Stammes und Halses verbreitet, der Körper wird steif, unbeweglich, die Thicre erhalten einen ganz eigenthüm-lichen Habitus, den man nicht unpassend mit ,,sägebockartigquot; bezeichnet (daher rührt auch der Name Hirschkrankheit).
Pferde, die vom Starrkrämpfe befallen sind, stehen mit geho­benem Kopfe, gestrecktem selbst übergebogenem, mitunter seitlich verzogenem Halse, weit auseinander gestellten Vorder- und Hinter-fussen, gebogenem, seitlich verzogenem Schweife. Die Ohren stehen steif, das Auge ist stier, mehr in die Höhle zurückgesunken und die Nickhaut hervorgetreten; die Nasenlöcher sind weit geöffnet, die Brust durch die Spannung der bretfharten Muskeln wie zusammengedrückt, der Bauch straff und gespannt, die Schenkel sind unbeweglich in den Gelenken, steif und fest auf den Boden gestemmt, die Thiere bewegen sich entweder gar nicht, oder sie gehen wie auf Stelzen. Das Niederlegen ist den Thieren unmöglich, sie fallen vielmehr um, wenn sie es versuchen sich zu legen, und können sich dann nicht mehr erheben. Liegend ragen die Beine steif vom Beden ab. Kleine Thiere, wie Schafe lassen sich jede beliebige Lage geben, wie wenn sie aus Holz gaschnitzt wären. In den meisten Fällen ist auch Kinnbackenkrampf (Trismus) zugegen. Die Be­wegung des Hinterkiefers ist nämlich behindert oder gänzlich auf­gehoben, und derselbe entweder in einiger Entfernung vom Vor­derkiefer mehr oder weniger unbeweglich festgestellt, oder auf diesen gestemmt, so dass im ersteren Falle die Zähne einen Zwi­schenraum von 1—2 Finger breit lassen, im zweiten aber fest auf einander stehen, und in Folge dessen das Maul geschlossen ist (Maulsperre, Maulklemme). In Folge dessen sammelt sich der Speichel der Mundhöhle und fiiesst dann zu beiden Seiten des Maules ab. Die Zunge ist manchmal zwischen die Zähne einge­klemmt.
Im Beginne der Krankheit ist das Athmen unbehindert, spä­ter jedoch wird es immer beschwerlicher und kürzer, bei höherer Entwickelung des Leidens steigt die Zahl der Athemzüge auf 50 —60, in welchem Falle die physikalische Untersuchung des Brust-
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Starrkrampf.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;439
kastens die Zeichen eines verbreiteten Catarrhs, eines Lungen-ödems und selbst einer entztindlichen Infiltration der Lunge nach­weist. Der Puls zeigt aucli bei der höchsten Eutwickclung des Tetanus keine vermehrte Frequenz, nur eine grössere Härte.
In?olange kein Trisraus besteht, ist Fresslust vorhanden, und wird auch Futter und Getränk aufgenommen, aber schon nie­dere Grade der Maulsperre machen die Futteraut'nahme unmöglich, höchstens können Mehlgetränke aufgenommen werden. Der sich im Maule ansammelnde Geiter zersetzt sich, führt zur Erweichung und Abstossung des Maulepithels und erzeugt soMaulgeschwiire und Entzündung der Sehleimhaut. Der Grad der tetanischen Muskel-starrbeit lässt Nachlässe und Vcrschliiumerungen erkennen, welche von der Anwesenheit oder dem Mangel stärkerer Sinnesreize ab­zuhängen scheinen. Wenigstens steht so viel fest, dass Bube, Dunkelheit, sorgliches Fernbalten lärmender Geräusche, quälender Curversuche diese Verschlimmerungen der Muskelkrämpfe entschie­den seltener machen; doch halten meistens die Krämpfe in gleicher Intensität durch längere Zeit an, und nur bei plötzlichem Heran­treten an das Thicr, bei lautem Zurufe, bei Einwirkung eines sehr grellen Lichtes verschlimmern sieh die Anfälle merklich.
Das Bewusstsein der Thiere bleibt auch bei den höchsten Graden von Tetanus ungestört; die Reizbarkeit ist jedoch erhöht, die Thiere zeigen eine unverkennbare Angst und Aufregung.
Dauer und Verlauf. Der Starrkrampf endet gewöhnlich tödtlich, besonders der traumatische in manchen Fällen schon nach 2 — 3 Tagen, gewöhnlich aber in 6 — 8 Tagen. Das Ath-men wird dann im höchsten Grade mühsam, der Leib ist hoch aufgeschürzt, der Puls unfühlbar, die Extremitäten sind kalt, die Haut des Stammes heiss, mit reichlichem Schweisse bedeckt. Der Trismus duldet jetzt kaum noch die Entfernung der Schneidezähne in der Breite eines Messerrückens. Nur in seltenen Fällen tritt Genesung ein; sobald sich die Krankheit aber IG—18 Tage hinaus­verzieht, ist der Ausgang in der Regel günstig.
Der Sectionsbefund ist durchaus nicht constant, häufig findet man nur unbedeutende Hyperämie des Rückenmarkes, bis­weilen erscheint es jedoch mehr oder weniger bleich, weiss, serös, durchfeuchtet, oder an unscheinbaren Stellen zu einem grauröth-lichen Breie erweicht, der durch capillare Blutungen eine rotbe Farbe erhält (rothe Erweichung), oder es ist das Rückenmark von mehr oder weniger zahlreichen capillaren Blutungen durch­setzt, was besonders bei mechanischen Einwirkungen auf die Wir­belsäule der Fall ist. Im Subarachnoidalsackc findet sich eine grössere Menge gelblichröthlicheu Serums. Gehirn- und Rücken­markshäute und das Gelnrn seihst blutreich.
Das Blut erscheint dunkelgefärbt, flüssig oder zu einem locke­ren Kuchen geronnen, die Muskulatur ist bläuliclibraun, mürbe, wie gekocht; die Lungen befinden sich entweder im Zustande einer hochgradigen Hyperämie, oder sie s';nd ödematös, häufig auch an
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440nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten des Rückenmarkes.
ihren vorderen unteren Partien hepatisirt, die Harnblase ist con­stant, bedeutend ausgedehnt, mit sediraentirendem Harne erfüllt, ihre Schleimhaut stark catarrhalisch, von Blutextravasaten durch­zogen.
Die Prognose ist im höchsten Grade bedenklich, je stür­mischer die Erscheinungen auftreten, desto gewisser ist der lethale Ausgang.
Behandlung. Bei der noch fehlenden Einsicht in die Na­tur und das Wesen des Starrkrampfes entbehrt auch die Behand­lung rationeller Indicationcn, dazu kommt noch, dass erfahrungs-gemäss der Starrkrampf bei einem zweckmässigen diätetischen Verfahren ebenso oft Heilung zulässt, als bei Darreichung inner­licher Mittel- Man bringe die Thicrc in einen kühlen, vor grellem Sonnenlichte geschützten Stall, vermeide jedes Geräusch in ihrer Nähe, bedecke sie, wenn sie stark schwitzen, setze ihnen Trink­wasser vor, in welchem die Kranken gerne mit dem Maule spielen, gebe ihnen öfters Mehl und Kleientränke, frottire sie oder bespritze sie mit Camphergeist oder Terpentinöl; bei an­dauernder Verstopfung applicire man Klystire von Seifen- oder Tabakabkochung. Bei sehr kräftigen Thiercn mache man im Beginne Aderlässe, kalte Douchcn, Eisüberschläge auf die Wirbel­säule.
Die Darreichung innerlicher Mittel wird durch die Maul­klemme gewöhnlich vereitelt. Waldinger empfiehlt die Dar­reichung von 2 Loth Salpeter und einem Loth Campher. Stütz empfiehlt das Opium mit Laugensalz, in steigenden Dosen. Haus­mann bediente sich des Stechapfelextractes. Ebenso sind Niess-wurzel, drastische Purgirmittcl, Blausäure, Cyancalium, das alkoh. Extract des indischen Haufes, warme und kalte, wie auch Mist-und Dampfbäder versucht, Einreibungen von Phosphoröl und an­deren Reizmitteln längs der Wirbelsäule und am Kinnbacken als heilsam empfohlen worden, allein alle diese Mittel führen in den meisten Fällen nicht zum Ziele, auch die angerühmten Nareo-tisirungen, mittelst Aether und Chlorofonncampher sind wirkungslos.
Bei Hengsten soll manchmal die Castration vöu Erfolg ge­wesen sein. Beim traumatischen Starrkrampf wende man seine Aufmerksamkeit der Wunde zu, oder falls derselbe zur Zeit der Vernarbung der Wunde eintritt, so starrificire mau die Narbe.
Der Starrkrampf des Rindes lässt eine günstigere Prognose zu als heim Pferde. Richter empfiehlt den Rindern Salpeter und Campher im Baldrianaufgusse zu reichen.
Bei Hunden ist ebenfalls der Ausgang nicht so ungünstig als bei Pferden.
Unter den Schafen befällt der traumatische Starrkrampf am häufigsten Lämmer nach der Castration, auch hat man denselben nach Pockeneinimpfen beobachtet. Feuchtkalte Witterung scheint das Auftreten des Tetanus zu begünstigen und auf den Verlauf von schlimmer Wirkung zu sein. Bezirksveterinärarzt Gier er in
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Lähme.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;441
TUrkheim will beim Tetanus der Pferde äusserst günstige Resul­tate durch folgende dir erreicht haben: er gibt eine Latwerge mit Sal. Glaub., tart. stibiat. et calomel mit dem nöthigen Mehl und Was­ser bereitet, täglich omal, der ganze Körper wird mit wollenen Decken umhüllt, unter diese unmittelbar auf die äussere Körper­oberfläche Heusamendärapfe applicirt und zur Abwechslung lässl er den ganzen Körper mit gesättigter Holzaschenlauge, was vor­zuziehen, oder aber auch mit heissem Wasser infundirte Heusamen (in nur kurzen Pausen) derart anhaltend fomentircu, dass Patient Tag und Nacht gleichsam ununterbrochen im Dampfbade sich befindet; endlich wird noch besonderer Nachdruck darauf gelegt, dass aller und jeder Luftzug im Stalle ängstlich verhütet werde.
Die Lähme. Die krampfhafte Lämmerlähme.
sect;. 2. Tetanus agnorum, pulorum s. lactantium.
Wegen theilweiser Aehnlichkeit der Erscheinungen im Ver­laufe der Lähme mit jenen des Starrkrampfes wollen wir diese Krankheit hier abhandeln, wo wir auch zugleich bemerken müssen, dass die meisten Autoren die Lähme als einen acuten Gelenks­rheumatismus auffassen. Gleisberg bezeichnet die Krankheit als eine sieh selbstständig entwickelnde, entzündliche Ernährungs­störung, die mit Fieber verbunden ist, und gemeinhin als acuter Gelenksrheumatismus bezeichnet wird. Spinola hält die Lähme für einen auf scrophulösem Boden wurzelnden Rheumatismus.
Die Lähme tritt am meisten bei jungen Thiercn auf: man unterscheidet in dieser Beziehung eine Füllen-, Kälber- und Lämmerlähme; sie gehört zu den wichtigsten und verderblich­sten Krankheiten der Säuglinge und rafft durchschnittlich bis 50 vom Hundert der jungen Zucht fort.
Bei den älteren Thieren gestaltet sich das Leiden mehr in seiner reineren und einfacheren Form als ..rheumatische Ge-lenksentzü ndungquot; und ist dadurch in mancher Hinsicht von jener der Säuglinge verschieden. Die noch zarte Constitution und grössere Hinfälligkeit dieser lassen manche Erscheinungen auftre­ten, die bei älteren Thieren fehlen, desshalb ist es auch gerecht­fertiget, die sogenannte Lähme von der Gelenksentziindung der älteren Thiere gesondert zu betrachten.
Aetiologie. Als veranlassende Ursachen beschuldigt man vorzüglich Kränklichkeit der Mutterthiere, unpassende zu kräftige Fütterung derselben, insbesondere die Verabreichung von gewissen, vorzugsweise nahrhaften Futterarten, wohin namentlich die Legu­minosen zu zählen sind. Die zu üppige Nahmng äussert ihre Wir­kung auf die Erzeugung eines an plastischen, eiweisshaltigen Be-standtheilen überreichen Blutes, und eine für die Jungen zu sub-
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442nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten des Rückenmarkes.
stanziclle Mich. Weiter zählt man zu den schädlichen Momenten den Betrieb moosiger, sumpfiger Weiden, den Genuss verdorbenen Trinkwassers, und — was bei der Entstehung der Lähme von höchstem Belange zu sein scheint — Erkältungen der verschie­densten Art, denen die jungen Thiere ausgesetzt werden; doch ist wie bei allen seuchenartigen Krankheiten, so auch hier der Grund­satz geltend, dass ein einzelner Einf'luss zur Erzeugung der Lähme nicht ausreichend ist.
Sectionsbetund. Verdickmig der Gelenke, seröse Infil­tration der Umgebung, Eiterausammlung in den Gelenkshöhlen, Zer­störung der Geienkskapsel, eiterige Infiltration der begrenzenden Gewebe. Eitersenkung, Necrose der Gelenksknorpel, Caries der Knochen. Neben diesen sieh nur auf die Gelenkskranheit bezie­henden Resultaten findet man Zeichen der Pyämie, lobuläre embo-liscbe Herde in den Lungen, der Leber, Milz und den Nieren, diffuse Pleuritis und Peritonitis mit etwaigen Exsudaten, zuweilen lobuläre Pneumonie, Vereiterung der Gekröse- und einzelnen Lymph­drüsen an verschiedenen Körperstellen. Im Rückenmarke findet man jedoch keine erheblichen Veränderungen.
Erscheinungen. Den örtlichen Erscheinungen an den Gelen­ken gehen stets mehr oder weniger auffallende allgemeine Krankheits-erschcinuugen vorher: beträchtlicher sind dieselben in der Regel bei Füllen und Lämmern als bei Kälbern und Ferkeln. Diese all­gemeinen Erscheinungen bestehen in mangelndem Appetit, vermin-derter Sanglust, fehlender Munterkeit, Trägheit, vielem Liegen, Un­lust sich zu bewegen, steifer, gespannter Haltung des ganzen Kör­pers. Die Thiere sind nur mühsam zum Aufstehen zu bewegen, der Rücken ist gekrümmt, der Hals krampfhaft verdreht, ebenso stellen sich krampfhafte Verdrehungen der Extremitäten ein. Die allgemeine Steifheit der Thiere hindert das Sauggeschäft der jun­gen Thiere, und macht es ihnen bei höherem Grade des Leidens ganz unmöglich.
Neben diesen zunächst autfallcnden Erscheiuur.gen stellen sich auch noch Störungen in dem Bereiche der Verdauung ein: Hartleibigkeit oder selbst Verstopfung, belegte, trockene Zunge oder schleimiges Maul. Bei Füllen verbinden sich diese Zufälle noch gerne mit catarrhalisch-lymphatischen Affectioncn, welche sich durch Angeschwelltsein der Kehlgangsdrüsen, Träufeln der Augen, Schleimfluss aus der Nase und mitunter auch durch Husten zu erkennen geben. Bei Kälbern tritt auch gerne noch Verdunkelung der Hornhaut hinzu.
Im ferneren Verlaufe der Krankheit gesellen sich zu die­sen Erscheinungen deutliche Fieberzustände, in Folge dessen die jungen Thiere sehr hinfällig werden; namentlich tritt diese Hin­fälligkeit bei Lämmern zum Vorschein. Mit diesen Zufällen ver­einigen sieh krampfhafte Erscheinungen, die b ei Lämmern sich selbst bis zum Tetanus steigern. Es kann unter die­sem Unistande schon der Tod erfolgen, bevor noch das Gehirn-
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Lähme.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 443
leiden sich ausgebildet hat; diess ist auch die Ursache, warum einige Autoren, wie Roll, die Lamm erlähme als gesonderte Krankheit dem Tetanus anreihen.
Wo das Allgcmeinleiden nicht mit so grosser Heftigkeit aut­tritt und sich nicht so stürmisch entwickelt, da entwickelt sich auch bald die Geleuksaffection: ihren Eintritt zeigt ein auffälliges Hin­ken an einem oder mehreren Füsscn an. Bald darauf stellt sich an einem oder mehreren Gelenken zugleich schmerzhafte, lieisse, ge­spannte Geschwulst ein, die entweder nur das Gelenk und dessen Umgebung befällt, oder den ganzen Schenkel einnimmt, und in diesem Falle durch ein entzündliches Ocdcm der Unterbaut bedingt ist. Die grösste Frequenz des Befallenwerdens bieten Vorderknie und Sprunggelenk dar. Nicht so häufig wird das Bug- und Ober-schenkelgelonk, am seltensten die Fessel-, Krön- und llufgelcnke befallen. Das Fieber nimmt nach dem Auftreten jener Geschwülste nicht ab, sondern vermehrt sogar zuweilen seine Intensität, nament­lich dann, wenn Catarrhe der Magen- und Darmschleimhaut, der Luftwege das Gelenkleiden compliciren. Erreichten die Erschei­nungen nur einen massigen Grad, wurde nur eins oder nur wenige Gelenke befallen, und erhielten sich die Fiebererscheinungen auf einer gewissen Höhe, so erfolgt in 4—6 Wochen Genesung, d. h. das Allgemeinbefinden der Thiere kehrt wieder zur Norm zurück, und es bleibt als Residuum der örtlichen Hergänge eine Anschwel­lung der früher entzündeten Gelenke zurück, die häufig nach län­gerem Bestehen complet schwindet. Genau wie der Gelenkrheu­matismus des Menschen ist auch die Gelenksseuche säugender Thiere durch eine grosse Recidivfähigkeit ausgezeichnet. Rück­fälle sind demnach auch hier aussergewöhnlich häufig, indem nach scheinbarer Besserung, bald wieder neue Geschwülste an einem oder mehreren Gelenken auftreten, wobei die Thiere alsbald ab­magern, in einen cachectischeu Zustand verfallen, dem sie meist rasch erliegen. Bildet sich Vereiterung der Gelenke, so tritt Tod durch Pyämie ein, doch mitunter beobachtet man schon 1—2 Tage nach dem Auftreten der Gelenksentzündung unter sehr heftigen Fiebererscheinungen einen tödtlichea Ausgang. Dieser kann hier nur durch ein acutes Gehirnödem veranlasst werden, da demselben gewöhnlich nervöse Erscheinungen vorausgehen.
Die Behandlung trennt sich in eine prophylactische und curative; in erstem Beziehung vermeide man wo möglich bei den Thieren alle oben angegebenen veranlassenden Schädlichkeiten; doch ist dieses beim seuchenartigen Auftreten der Krankheit meist trotz aller Vorsieht nicht möglich, weil wie oben bereits ange­deutet, auch ungekannte Einflüsse beim Entstehen der Krankheit einwirken.
Da man die Erfahrung gemacht hat, dass die Lähme bei Lämmern im Winter und Frühjahre viel häufiger als im Sommer aufzutreten pflegt, so wäre die Verlegung der Lammzeit auf die Sommermonate ein Umstand, der dem Auftreten der Seuche ent-
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444nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten des Rückenmarkes.
gegenarbeiten könnte. Gegen die im Beginne der Krankheit auftre­tende Verstopfung sind Abführmittel angezeigt, man gibt solche (Glaubersalz und Bittersalz) am besten den Müttern, bei mehreren Tage oder Wochen alten Thiercn, aber auch diesen selbst; nach Spinola empfiehlt sich zu diesem Zwecke der BrechWeinstein, 1—2 gr. pr. Tag in schwachem Camillen- oder FliederÜiec, oder auch in Verbindung mit Glaubersalz. Bei Lämmern hat man fol­gende Mischung empfohlen: Brechweinstein 1 Scrupel, Salmiak 2 Loth, Glaubersalz 4 Loth, in einer Maass Fliederthee gelöst, davon 1 Thee- bis Esslöft'cl voll im Tag. Ferner Glaubersalz l/2 Loth, Schwefel und Rhabarber von jedem 1 Quentchen, Morgens und Abends, der eine Theil in Camillenthee.
Auch Klystire sind gegen die Hartleibigkeit von Nutzen. Ist Durchfall vorhanden, so sind bittere und narcotische Mittel am Platze, Opium oder Bilsenkrautextract mit kohlensaurer Magnesia und einem Zusätze von Rhabarber und Enzian; gegen Krämpfe ist Opium angezeigt, dann die Brcchnuss in folgender Formel: wäs­seriger Brechnussextract 3—6 Drachmen, auf 2 Pfd. Wasser täg­lich oinal einen Esslöffel voll. Bei heftigen Durchfällen versuche man Höllenstein, den blauen Vitriol. In den Hinterleib sind Ein­reibungen von erwärmtem Oelc, Camphcrlinhnent etc. zu machen. An die Mütter verfuttert man geröstete Körner und reicht ihnen ausserdem eine Leke von Gyps oder Kreide, mit bitteren Mitteln. Bei grosser Schwäche der Patienten hat man auch den Campher, Baldrian, Calmus etc. empfohlen. Campher ','.gt; — 1 Loth, abgerie­ben mit Eigelb, Baldrianinfusum 2—3 Pfund. Täglich 3maJ einen Thee- bis Esslöffel voll.
Gegen die Gelenksansehwellungen sind Einreibungen von Campherspiritus, sowie Umwickelungen mit Flauellbinden zu­nächst in Gebrauch zu ziehen. Schärfere Mittel, wie Spaniscliflie-gensalbe, werden erst später angewendet, doch dürfte die Jod-tinetur den Vorzug verdienen. Bei Anschwellungen mit deutlich ausgesprochener Metastase passen Haarseile, welche man an den leidenden Schenkeln, an den Schultern oder Hüften zieht. Bei schon in Eiterung übergegangenen Gelenksanschwellungen wird von einer fortzusetzenden Behandlung besser Abstand genommen; bei Lämmern sind auch Bäder, kalte und warme in Anwendung ge­bracht worden.
Wetzkrankheit.
g. 3. Gnubber-, Traberkrankheit, Schrnckigsein
ist eine bei Schafen, manchmal auch bei Ziegen vorkommende, chronische, fieberlose Krankheit, die sich durch Störungen der Em­pfindung und der Bewegung in den vom Rückenmarke aus inner-
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VVetzkrankheit.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;445
virteu Körpcrtheilen, numeutiich dem Kreuze charakterisirt. Die Krankheit befällt die Schafe (überwiegend die Widder) zwischen dem 2. bis 3. Lebcnsjahi-e und führt unter immer deutlicher her-vortretenrlen Lähmuugszufällen durch Abmagerung und Erschöpfung zum Tode.
Aetiolog-ie. Seit der Veredelung- derScliafzucht in Deutsch­land, die ja besonders in dieses Jaliriuuidcrt fällt, ist diese Krank­heit bei uns bekannt geworden, und gewiss hängt sie mit der durch die Kreuzung spanischer Schafrasect;en mit unserem Laudschafe erzeug­ten schwachen Constitution zusammen, die besonders jene hybriden Formen auszeichnet, die man als veredelte Schafe bezeichnet und die das Product jener Kreuzung sind. Zu üppiges Futter, der Ge-nuss gewisser Pflanzen, der Kanuneulaeeen, des Huflattigs, des Fingerhutkrautes, plötzlicher Wechsel in der Fütterung-, der Auf­enthalt in hcissen dunstigen Stallungen, übermässiges oder zu früh­zeitig zugelassenes Bespringen bei den Widdern sind als Gelegen-heitsursacheu anzusehen. Abkömmlinge traberkranker Thiere sind zur Erkrankung- leicht disponirt. In manchen Gegenden tritt die Krankheit als Ortsseuche auf, feuchte, den Ueberschwemmuigen ausgesetzte, niedrig- gelegene Gegenden sind der Entwickelung der Wetzkrankheit günstig.
Der Sectionsbefund ergibt Anämie und weisse Erweichung; des Rückenmarkes, besonders in seinem Lendentheile, Hydrämie undCachexie; man findet das Blut wässerig, biass, seröse Ergüsse in den Körperhöhlen, hochgradigen Muskel- und Fettschwuud. Min­der constant sind Veränderungen in der Haut in Folge des Gnub-berns und Wetzens. Au jenen Stellen, wo sicli die Thiere am stärksten und anhaltendsten gerieben haben, findet mau nicht sel­ten bohnen-, wallnuss-, hühnereigrosse Geschwülste, die aus einem dichten Bindegewebe bestehen.
Erscheinungen. Anfangs bemerkt mau an den Thieren ein scheues, verlegenes Benehmen, Schwäche bei der Bewegung, Furcht vor dem Springen, Zittern und üeberbeugen des Kopfes, wenn man die Thiere aufhebt, Zusammenknicken in den Füssen, wenn man sie zur Erde springen lässt: Senken der Ohren, leichtes Zittern derselben beim plötzlichen Auflaileu der Sonnenstrahlen auf den Kopf. Nachdem diese Erscheinungen 2—3 Wochen bestanden, und inzwischen die Schreckhaftigkeit (Schruckigsein) noch auffäl­liger geworden, werden die Thiere mit der weiteren Ausbildung der Krankheit trauriger (Bökc), zeigen nicht mehr die früher an ihnen gewohnte Kampflust, der Gang wird immer unsicherer und schwankender, und in kurzer, trabartiger Bewegung mit dem ge­schwächten Hintertheile (daher „Traber, Kreuzdreher'). In dem­selben Verhältnisse wie die Unsicherheit der Bewegungen, das Hin- und Herschwanken mit dem Hintertheile mit zunehmender Läh­mung- immer stärker wird (Kreuzschläger), nimmt auch die Schreck­haftigkeit zu, ist oftmals so gesteigert, dass die Kranken beim Herannahen des angehetzteu Hundes .:0 consternirt sind, dass sie
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446nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten des Rückenmarkes.
leicht zusaiumenstiirzen und einiger Zeit bedürfen, bevor sie sich wieder zu erheben vermögen (Fallsucht). Dabei zeigt sich con­stant Entfärbung der Wolle in der Lendengegend und in vielen Fällen tritt Juckempfindung in der Haut der Kreuzgegend hinzu, so dass sich die Schafe hier reiben, scheuern und begnubbern (da­her Gnubber und Wetzer) und die Haut in Folge dessen kahl und selbst blutig wird. Das Blöken wird immer mehr und mehr ein heiseres und artet zuletzt so zu sagen in ein blosses Knurren aus. Die Fresslust verliert sich vollständig, und mit der allmäligen Stei­gerung der Kreuzschwäche zur vollständigen Lähmung halten die Erscheinungen der Abmagerung gleichen Schritt. Aus Maul und Nase fliesst ein übelriecheader, mehr oder weniger missfarbiger Schleim; die Schleimhäute, namentlich die Conjunctiva erscheinen bleich, die Thicre sind in Folge der zunehmenden Lähmung fast unvermögend sich fortzubewegen, bis endlich der Tod unter den Zeichen der grössten Erschöpfung und Abzehrung erfolgt.
Die Prognose ist absolut ungünstig und die Behandlung ganz fruchtlos, alle vorgeschlagenen Mittel, als: die äusserliche Anwendung von Hautreizen, das Einspritzen von Terpentinöl in das Unterhautbindegewebe, der Gebrauch von Bädern, die Verab­reichung von Campher und Phosphor haben sich als ganz vergeb­lich erwiesen.
Eine ähnliche Krankheit wurde von Strauss bei Pferden beobachtet (Juckkrankheit), doch nicht als selbstständi ges, sondern als begleitendes Leiden bei der Lähmungskrankheit der Zuchtpferde, die wir in Folgendem behandeln wollen.
sect;. 4. Lähmuiigskrankheit der Zuchtpferde.
Die Lähmungskraukhcit ist eine chronische fieberlose Krank­heit der zur Zucht verwendeten Pferde beiderlei Geschlechtes, die sich durch allmälig fortschreitende, entweder totale oder partielle Lähmung, besonders der hinteren Extremitäten kundgibt, und bei der es häufig zur Bildung von Geschwüren der männlichen und weiblichen Geschlechtstheile kömmt. Zugleich wird eine übermäs-sige fortdauernde Geschlechtsaufregung bei den Thieren beobachtet.
Actiologie. Eine vorwaltende Anlage zu dieser Krankheit sollen Ragenpferde haben, die unter solchen Verhältnissen aufge­zogen werden, welche zur Verweichlichung der Thiere führen. Ue-bermässig gefütterte, zur Arbeit wenig oder gar nicht angehaltene Pferde, die sieh in engen dunstigen Stallungen aufhalten, sollen zur Krankheit disponiren; ferner wir'l der zu häufig wiederholte Begattungsact als veranlassendes Mom. ut angesehen. Allein alle diese Umstände sind nicht ausreichend, die Entstehung der Krank­heit genügend zu erklären, wir müssen vielmehr gestehen, dass wir .bezüglich der Aetiologie dieser Krankheit noch sehr im Un­klaren uns befinden.
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Lähmungskrankheit der Zuchtpferde.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 447
Was nun die von Einigen aufgestellte Ansicht bezüglich der üebertragung der Lähmuugskrankheit betrifft, so ist die Erklärung darin ^u suchen, dass die Lähmuugskrankheit sich manchmal zu der Chankerseuchc auch hinzugcsellt, dass diese durch Üebertra­gung des Chankereiters auf andere Thiere weiter fortgepflanzt wer­den kann.
Die Entwickelung der eigentlichen Lähmungskranklieit ist mit der Schankerseuche in durchaus keinem nothwendigen Zusammen­hange, sondern als eine Affection des Rückenmarkes zu betrachten.
Der Sectionsbefund ergibt enormen Schwund des Fettes und der Muskeln, eine allgemeine Blutleere und seröse Beschaffen­heit des Blutes, eine auffallende Durchfeuchtung des Rückenmarkes und Gehirns, Trübung und Schwellung der weichen Rückcumarks-und Spinnwebenhaut. Längs den Hauptnerven der gelähmten Ex­tremitäten zeigen sich in der Regel namhafte Infiltrationen des Bindegewebes mit gallertartigem gelbem Exsudate. Bei Hengsten ist häufig das Bindegewebe des Schlauches und Hodens serös in-filtrirt oder sclerosirt, die Scheidehaut des Hodens verdickt, Sa­menstrang und Hoden von kleinen Abscessen durchzogen, bei Stu­ten die Scheide mit Erosions- oder diphtheritischen Geschwüren bedeckt und im Zustande eines intensiven Catarrhs nach den ver­schiedenen Complicationen sind auch die Erscheinungen des Rotzes, Hantwurmes, der Lungentuberkulose etc. nachzuweisen.
Erscheinungen. Bei Hengsten beginnt die Krankheit meist mit Nachlassen der Fresslust, auffallender Traurigkeit und Nieder­geschlagenheit. Das Uriniren wird schmerzhaft, häufig, der ent­leerte Harn wird nur in kleinen Quantitäten abgesetzt. Die Thiere magern rasch ab, besonders in der Lendengegend, der Geschlechtslrieh ist sehr gesteigert, Schmerzhaftigkeit der Leu-dengegend wird beobachtet. Der Tod erfolgt entweder unter den höchsten Graden der Entkräftung, oder es gesellen sich im weiteren Verlaufe noch Lähmungen einzelner Körpertheile, oder die Erscheinungen des Rotzes oder Hautwurmes hinzu. Oder die Läh­mung war das Einleitende, Kreuzschwäche ging in Lähmung der Nachhand über, worauf erst Abmagerung und gestörte Verdauung folgen.
In manchen Fällen beobachtet man Lähmungen am Kopfe, an den Lippen, an den Ohren etc. Eigenthümlich ist eine Hypertrophie des Unterhautzellgewebes und des Fettes als Vor­läufer der Lähmungskrankheit. Auch der Hode entzündet sich zuweilen und es bilden sich in ihm Abscesse. Die vorkommenden Ruthengeschwüre sind, wie bereits oben erwähnt, der Lähmuugs­krankheit nicht eigen, sondern sie stellen eine Complication der Lähmungskrankheit mit der Chankerseuchc dar. Bei Stuten leitet ein krankhaft gesteigerter Geschlechtstrieb die Lähmungskrankheit ein. Die Schleimabsonderung aus der Scheide ist hier sehr co-piös, die Schamlippen schwellen an. Dazu gesellen sich nun Er-
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448nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten des Rückeiuuarkes.
Bcbeinungen der Schwäche der Nacbband, die allmälig in Lähmung Ubergehen, die Thiere werden so schwach, dass sie nicht mebr im Stande sind, sicii auf dem Hintertheile zu erhalten. Sie knicken in den Sprunggelenken und Fesseln ein, viele stürzen zusammen, und vermögen sich nur mit Anstrengung zu erheben. Endlich tritt ein gänzliches Unvermögen, sich auf den Fttssen zu erhalten, ein. Nun nimmt die Abmagerung rasch Überhand, der Bauch wird auf-gesebürzt, die Kippen treten hervor, Schultern und Hinterbacken magern oxcessiv ab, die Thiere liegen sich auf. Es kommt zu Lähmungen der Ohren und der Lippen; an der Scham entwickeln sich Geschwüre, bald cätarrbalischer, bald diphtheritiseber Natur, und die Thiere geberaquo;) an Erschöpfung zu Grunde, öderes entwickelt sich im weiteren Verlaufe der Kotz, der Hautwurm.
Der Verlauf der Krankheit ist entweder acut, die Thiere erliegen derselben binnen wenigen Tagen, oder aber erstreckt sich das Leiden, wenn die Thiere nicht früher getödtet werden, auf Wochen und Monate. Die Prognose ist sehr ungünstig.
Die Behandlung der l-ereits entwickelten Lähmungskrank­heit ist eine fruchtlose. Die Darreichung von Schwefel und Spiessglanz, des Brcchwcinsteius, der bitteren aromatitischen Mittel, des Camphers und Eisens vermag an dem Krankheits­verlaufe und dem ungünstigen Ausgange wenig zu ändern. In dei- Hauptsache wird die Behandlung darin übereinkommen, dr.ss sie mehr eine das Nervensystem erregende sein müsse. Es werden daher ätherisch-ölige Mittel vor Allem Platz finden. Aeusserlioh verwende man reizende Einreibungen auf die gelähmten Körper-theilc oder Fontanelle und Haarseile, auch das Glübeisen ist hier angezeigt. Bei Hengsten soll sich im Beginne der Krankheit tie Castration günstig erwiesen haben.
Spinola spricht jedoch auch diesem Verfahren allen Wertb ab. Bei Pferden, Hunden, bei diesen nicht selten als Nachkrank­heit der Staupe oder in Folge übermässig befriedigten Geschlechts­triebes, feiner bei Sehweinen, Rindern kommt ein Lähmungszustand beider Hiuterschenkel — die sogenannte Kreuzlähme — vor: sie ist in den meisten Fällen ein Symptom der verschiedenartig­sten, theils acuter, theils chronischer, fieberhafter und fieberloser Krankheiten und ebenfalls als eine Affection des Rückenmarkes anzusehen.
sect;. 5. Entzündunff des Rückenmarkes.
Die Entzündung des Rückenmarkes und seiner Häute tritt entweder spontan auf, oder sie wird durch mechanische Einwirkung, durch Erkältung, durch Ueberanstrengung hervorgebracht; couse-cutiv beobachtet man sie in der Nähe apoplcctischer Herde und bei Caries der Wirbel. Die Krankheit charakterisirt sich entweder durch Krämpfe (Starrkrampf) oder durch Lähmungen.
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Rückenmarksemzündung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;449
Die Diagnose am Leben ist bei Thieren ungemein scbwie-rig, wenn nicht geradezu unmöglich.
Die Entzündung ist gewöhnlich auf kleinere Particeu des Rückenmarkes beschränkt, die in frischen Fällen blutreich ecchy-mosirt, manchmal röthlichgelarbt erscheinen; auch die ivückeumarks-häuto befinden sich im Zustande der Hyperämie.
Was die übrigen Veränderungen betrilft, so wiederholen sich hier dieselben Erscheinungen, wie wir sie bei der Gehirnentzün­dung erwähnt haben.
Die Behandlung der Eückenmarksentzünduug fällt mit je­uer der EntzUuduug des Gehirns zusammen.
Kraus, FaÜi. u. Therap. der HauasiiugetUiere.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;2y
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Die Krankheiten der Haut, der Muskeln, Seimen und
Gelenke.
Bevor wir an die Besprcclmng der Krankheiten der allge­meinen Decke gehen, wollen wir zuerst den Bau der von ihr er­zeugten Horngebilde als der Oberhaut, der Haare, Krallen, Klauen, Hufe und Hörner mit Bücksicht auf den heutigen Standpunkt der Physiologie des Hautorganes in bündiger Kürze wieder geben. Es ist zumeist Gurlt's Verdienst, so manches Dunkle und Unrichtige in diesem Abschnitte der Physiologie aufgeklärt zu haben, und es dürfte durch eine klarere Einsicht in die Structur des Hautorganes und ihrer Adnexa das Verständniss der Krankheiten derselben we­sentlich gefördert werden.
Physiologie der von der Haut erzeugten Horngebilde. Oberhaut, Epidermis.
sect;. 1. Die Oberhaut ist flio äussere, der Atmosphäre ausgesetzte Schichte der Haut und wird von der Lederhaut erzeugt, weshalb sie auch genau die For­men jeuer wiedergibt, doch so, dass die Oberhaut Höhlungen enthält, wo die Lederbaut Erhabenheiten besitzt und umgekehrt. Au den Hautstellen, wo hornige Kapseln, Cylinder oder Platten vorkommen, fehlt die Oberhaut, weil sie durch diese ersetzt wird. Sie ist bei den Einhufern und dem Rinde in der Regel grau-schwarz oder schwarz, daher scheint die rothe Lederhaut nicht roth durch; nur bei weissgebnrenen Schimmeln und Isabellon-Pferden ist sie farblos, ebenso bei weissen Schafen and Schweinen, weshalb bei ihnen die Haut äusserlich röthlich erscheint. 1st aber die Wolle bei Schafen braun oder schwarz und sind es die Borsten bei Schweinen, so ist auch die Ober­haut grau-schwarz oder schwarz. Bei den Fleischfressern ist sie meist grau und an den Sohlenballen oft dunkelschwarz. An dem grösseren Theile der Haut ist die Oberhaut mit Haaren bedeckt, nur an der Oberlippe des Kin­des, an der Nase und dei.-Sohlenballen der Fleischfresser ist sic g mz frei von Haaren.
Bei den Hausthieren ist die Oberhaut gewöhnlieh sehr dünn, nur an den Sohlenballen des Hundes ist sie viel dicker, weil sie aus einer grösseren
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Epidermis.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 451
Zahl von Lamellen besteht. An den haarlosen oder dünnbehaarten Haut­stellen (wie an den äusseren Geschlechtstheilen) sind theüs für das unbe­waffnete Auge, theils schon durch die Lupe kleine Grübchen sichtbar, wel­che die äusseren Mündungen der Schweisscauälchen und der Ausluhrungs-gänge der Talgdrüsen sind, die an den dicht behaarten Stellen durch die Haare verdeckt werden.
Durch das Microscop betrachtet, erscheint ein Durchschnitt der Ober­haut aus einer verschiedenen Zahl von sehr dünnen, über einander liegenden Lamellen zusammengesetzt, von welchen die innerste an der Lederhaut die jüngste und die äusserste die älteste ist. Diese innerste tiefste Schicht, wel­che früher für ein besonderes Gewebe gehalten und Malphigi'sche oder Schleim-netz genannt wurde, besteht aus sehr kleinen, weichen, runden oder mehr­eckigen Zellen mit deutlichen Kernen. Die Zellen sind hier noch fast gar nicht abgeplattet und es kommen hier auch Kerne ohne Zellen vor. Sie entstehen aus dem, von den Gelassen der Lederhaut erzeugten und an der vom Körper abgewendeten Fläche der Lederhaut abgelagerten Hornstoff und diese Zellen kommen auch an der inneren Fläche der Canälchen von den Schweiss- und Talgdrüsen und an den Haarscheiden vor.
Die mittleren Schichten, welche den grösseren Theil der Oberhaut aus­machen, bestehen aus zusammenhängenden, mehreckigen Zellen, die aber schon so abgeplattet sind, dass sie dünne Schüppchen oder Blättchen dar­stellen , wovon jedes einen an beiden Flächen hervorragenden Kern hat. Diese Schichten sind schon bedeutend fester und der Hornstoff in ihnen ist trockener als die tiefste Schichte, aus der jene hervorgegangen sind. Die äussersten Lagen der Oberhaut sind am festesten und bestehen aus Zellen, die sich in unregelmässige, rundliche, oder eckige, platte Schüppchen , an welchen die Kerne nicht mehr deutlich sind, verdichtet haben. Man nennt auch diese obersten (äussersten) Schichten insbesondere Oberhäutchen (cuti-cula) und dieses lösst sich beständig, jedoch im Frühjahre und Herbste am reichlichsten, in unregelmässigen Stückchen ab, wie diess der von den Pferden abgebürstete weisse Staub zeigt.
Haare, Pili s. Crines.
sect;.2. Die Haare sind fadenförmige, hornige Gebilde der Haut, welche von ihnen an den meisten Stellen des Körpers bedeckt wird. Da sie an Gestalt, Dicke, Länge und Farbe bei verschiedenen Thieren und selbst bei einem Thiere verschieden sind, so haben sie auch verschiedene Namen erhalten, nämlich: Wolle, Borsten, Deckhaare, Tasthaare u. s. w. Man unterscheidet an jedem Haare den Haarschaft und die Haarwurzel.
Der Haarschaft (Truncus s Scapus pili) ist der über die Haut hinaus­ragende Theil des Haares und er endigt bei unbeschädigten Haaren mit ei­ner mehr oder weniger dünnen Spitze, welche bei den meisten Haaren ein­fach und nur bei den ausgebildeten Borsten des Schweines in mehrere Theile gespalten ist. Die abgeschnittenen oder abgebrochenen Spitzen bilden sich nie wieder, weil die Verlängerung des Haares nur von der Haarzwiebel aus­geht. Der Haarschaft ist an den über die Haut verbreiteten Deckhaaren cy-lindrisch, bei den Wollhaaren des Schafes und bei dem Flaum der Ziege platt, daher sind diese letzten auch spiralförmig gedreht oder wellenförmig geschlängelt. Die Schweif- und Mähnenhaare des Pferdes, die Tasthaare derselben und der Fleischfresser, sowie die Borsten des Schweines sind zum Theil rundlich, zum Theil stumpfeckig. Die dicksten Haare sind die Borsten des Schweines, die Tasthaare der Fleischfresser, die Mähnen- und Schweif­haare der Einhufer; die letzten sind auch zugleich die längsten. Am dünn­sten ist die Wolle des Schafes und der Flaum der Ziege.
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452nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Physiologie des Hautorganes.
Die Haarwurzel (Radix pili) ist der in der Lederhaut steckende Theil des Haares und bei dünner Lederhaut reicht sie über diese hinaus bis in das ünterhautzellgewobe und Fett, die starken Tasthaare dringen bis in die Mus­keln ein. An dem tiefsten Theile der Haarwurzel belindet sich die Haar­zwiebel (Bulbus pili) oder der Haarknopf, welches eine weiche, mit Fäser-chen versehene Anschwellung ist, die am Ende ausgehöhlt ist und eine noch weichere Substanz, welche Haarkeim (Pulpa pili) genannt wird, aufnimmt.
Bei der microscopischen Untersuchung eines dünnen, in der Richtung der Haare gemachten, senkrechten Abschnittes der behaarten Haut sieht man die Haarwurzel von einem lunglichen Sackchen umgeben, welches an der freien Fläche der Oberhaut eng aber oll'en, an der Zellgewebeseite der Le­derhaut geschlossen und etwas erweitert ist. Dieses Haarsäckchen oder der Haarbalg (jFolliculus pili) besteht aus einer durchsichtigen gefässreichen Haut, welche auf der inneren, seiner Hohle zugekehrten Seite mit der von oben eingestülpten Oberhaut ausgekleidet ist, und diese hat den Namen VVurzel-scheide. Sie umgibt die Haarwurzel mehr oder weniger eng und verbindet sich auch mit ihr so, dass sie bei dem Herauswachsen des Haares aus der Wurzelscheide immer losgerissen und darunter von Neuem damit verbunden wird, wodurch das Haar in seinein Umfange quer und spiralförmig verlau­fende feine Streifen erhält. An den Haaren, die noch im Wachsen sind und bei denen, die nicht gewechselt werden, erhebt sich von dem Boden des Haarbalges ein kurzer, gefässreicher und mit Nerven versehener, kegelför­miger Körper, der Haarkeim {Blastema pili), welcher in die Höhle der Haar­zwiebel hineinragt und die Hornsubstanz absondert, aus welcher das Haar entsteht. Bei den fertigen Deckhaaren aber, welche gewechselt werden, ist die Haarzwiebel nach unten verschmälort, der Haarkeim und die Wurzel­scheide nicht mehr damit verbunden. In die Höhle der Wurzelscheide mün­den in der Nähe der Oberhaut die zwei Ansführungsgängc von Talgdrüschen, seltener von nur einer und sie ergiessen hier wahrscheinlich eine fettige Substanz, die das Haar einölt, und dasselbe gegen das Austrocknen und ge­gen das Eindringen des Wassers schützt. An den Tasthaaren ist das Haar­säckchen noch von einer weissen, festen, fibrösen Haut, welche ein Tröpf­chen Blut einschlicsst, umgeben.
Das Haar besteht im grössten Theile seiner Länge aus zwei Substan­zen, nämlich aus der Rinde und dem Marke.
Die Rinde oder Rindensubstanz (Substantia corticalis) ist die äusscre, reicht über das ganze Haar, und ist an der Spitze allein vorhanden, weil hier das Mark fehlt. Sie besteht aus sehr dünnen, fest zusammenhangenden Hornfasern, die in der Längenrichtung des Haares verlaufen, aber nicht die Länge der Haare haben, sondern aus mehreren nach und nach aus der Haar­zwiebel herangewachsenen Fasern zusammengesetzt sind, in der Haarwurzel sind diese Fasern blasser, weniger fest zusammenhängend und sie gehen in der Haarzwiebel sogar pinseiförmig auseinander. Die äussere Fläche der Rinde enthält auch die oben genannten quer oder spiralförmig verlaufenden feinen Streifen.
Das Mark oder die Marksubsfanz (Subslantia medullaris), besteht aus unregelmassigen Klümpchen von kleinen Zellen und ist in weissen Haaren ungefärbt, in farbigen von der Farhe der Rinde. Es bildet meist eine zu­sammenhängende Centralsäule des Haares, zeigt aber oft stellenweisse Un­terbrechungen, wobei das Haar wie gegliedert erscheint, und bisweilen fehlt es ganz und dann ist das Haar hohl. An der Spitze fehlt die Marksubstanz immer und bei den ausgebildeten Borsten geht sie von der Theilungsstellc des Schaftes in jeden Theil über, daher ist die Theilung der Borste nicht auf mechanische Weise erlolgt.
Ueber die Entstehung der Borsten beim Schweine hat Simon Folgen­des ermittelt. Zuerst zeigen sich in der Lederhaut die aus deutlichen Ele-
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Klanen und Hufe.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 453
mentarzellen bestehenden Haarsacken, bei Embryonen ron 2 Zoll Läng-e. An der inneren Fläche des Hanrsäckchens belinden sich Pigmentzellen, die wahr­scheinlich der künftigen Wurzelscheide angehören; sie kommen aber nur in solchen Haarsacken vor, welche farbige Haare erzeugen und fehlen in denen, die weisse Haare hervoibringen. Später bilden sich an den Haarsäckchen die Talgdrüschen, gewöhnlich nur eines an jedem Säckchen und bei dtm schon 5 Zoll langen Embryo ist noch keine Spur von Haar vorhanden. Von jetzt an kommen aber die, ersten Haarbildungcn vor und zwar so, dass im Grunde des Haarsäckchers ein Häufchen von Zellen entsteht, die bei den weissen Ilaaren farblos, bei dunklen schwarz sind. Diese Zellen werden durch später entstandene immer mehr gehoben, die oberen strecken sich in die Länge und bilden vereinigt die Haarspitze, dann den übrigen Theil des Haarschaftes und zuletzt erst bildet sich die Wurzel aus. Ist das Haar nach und nach länger geworden als der Haarsack, indem der^Nachwuchs immer am Grunde des Haarsäckcheus stattfindet, so tritt die Spitze durch die offene Mündung des Haarsackes an der Oberfläche hervor; sie ist aber an der freien Hau((!äche noch nicht zu sehen, weil ein dünnes, vom Nabel des Em­bryo ausgehendes Häulchen über die ganze äussere Fläche der Oberhaut ausgebreitet ist und die hervorgewachsouen Haare zwischen sich und der Oberhaut einschliesst, wo die Haare in Schlingen oder wie Peitschen liegen. Endlich wird auch dieses Häutchen durchbohrt oder aufgehoben, und nun sind die Ilaare an der Ilautoberlläche frei. Hei den Schweinen liegen die Haarsäckchen immer zu dreien bei einander: daher besteht die fertige Borste aus mehreren Haaren.
Klauen des Schweines, der Wiederkäuer und die Hufe der Ein­hufer, Ungulae.
sect;. 3. Obgleich die Klauen der Wiederkäuer und des Schweines von den Hufen der Einhufer durch die Form sich unterscheiden, so sind sie doch im Wesentlichen ihres Baues und auch darin ähnlich, dass sie das Klauenglied oder Hufbein, mit Ausnahme der Gelcnksfläche, ganz einschliessen. Am Hule der Einhufer ist aber der keillörmige Strahl vorhanden, welcher an der Klaue der übrigen Thiere fehlt, sonst bestehen beide aus der Wand und der Sohle. Die freie Fläche der Wand hat schwache, bogenlörmige Wulste, welche von der Verbindung mit der Oberfläche der Haut am oberen Rande herröhren. Die dem Hufbeine zugewandte Fläche hat unter dem oberen Rande eine Furche, mit vielen kleinen, trichterförmigen Löchern; die Furche wird von der wulstigen Lederhaut ausgefüllt, die konischen, papillenförmigen Fortsätze sind in den Löchern und in den von ihnen ausgehenden Röhrchen enthalten. Der übrige Theil dieser Wandfläche hat so viel hornige, wie die Lederhaut häutige Blättchen besitzt, denn beiderlei Blättchenquot; wechseln in der Verbin­dung ab.
Die obere Fläche der Sohle und des Strahles hat nur die kleinen Lö­cher zur Aufnahme häutiger l'apillen der Lederhaut, welche das Hufbein überzieht. Die microscopische Textur der Hornkapsel wird an dünnen, senk­rechten Längenschnitten und an dünnen Querschnitten deutlich. Es zeigen sich eben so viele dünne Röhrchou, wie der Lederhautüberzug des Huibeines häutige Papillen hat. Diese Röhrchen fangen in der Wand am oberen Rande an, laufen in der Richtung der Wand und endigen offen am unteren oder Tragerande. In der Sohle und im Strahl fangen sie von der oberen Fläche an, gehen in schiefer Richtung nach vorne und unten und endigen ebenfalls offen an der unteren Fläche. Jedes Röhrchen bestellt aus concentrischen Lagen von Horusubstanz, und ist mit dem nächsten durch Zwischensubstanz, in welcher Pigmentzellen enthalten sind, verbunden. Aus solchen Hornröhr-
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454nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Physiologie des Hautorganes.
chen mit Zwischensubstanz sind auch die sogenannten Hornwarzen der Ein­hufer zusammengesetzt.
Die ganze Hornsubstanz besteht aus innig verschmolzenen Zellen, de­ren Kerne als kleine Punkte sichtbar bleiben, und im farbigen Home kom­men auch in Streifen liegende, verhornte Pigmentzellen vor. Die Hornblätt­chen der Wand und Eckstreben bestehen nur aus der punktirten Hornsub­stanz. Die Klauen und Hufe wachsen wie die Krallen in zwei Richtungen, wobei der häutige Ueberzug des Hufbeines die Form des Hufes bestimmt, weil aus seinen Gelassen die Hornsubstanz hervorgeht, und an den freien Flächen die Hornzellen gebildet werden.
sect;. 4. Hörner der Wiederkäuer, Cornua.
Die Hörner schliessen die knöchernen Fortsätze der Stirnbeine ein, daher sind sie, soweit diese reichen, hohl, der darüber hinausgehende Theil der Hörner ist solid. Form und Stellung derselben sind ebenfalls durch diese Stirnzapfen bedingt, daher sind die Hörner bei den verschiedenen Thier-gattungen auch verschieden. Die freie Fläche ist mit ringförmigen Wülsten versehen, welche von der Verbindung mit der Oberhaut, die sich von der umgebenden Haut an sie anlegt, herrühren. Die der Höhle zugewandte Fläche ist mit feinen Längenstreifen und Rinnen versehen.
An einem dünnen C^uerabschnitte des soliden Theiles des Börnes sieht man unter dem Microscope zarte, wellenförmige, concentrische Linien, von welchen eine Anzahl dichter vereinigt ist, wodurch ein Band mit stumpf-zackigen Rändern (einem concentrischcn und einem excentrischen Rande) entsteht, das sich von dem nächst anliegenden Bande leicht trennen lässt. An dunkelfarbigen Börnern werden diese Bänder von verhornten Pigment­zellen quer durchsetzt.
Die gefässreiche Lederhaut des Stirnzaplens erzeugt das Cytoblastem, aus welchem sich die Horn- und Pigmentzellen bilden und von dieser Leder­haut gehen an der Spitze des Stirnzaplens noch Fortsätze in den soliden Theil des Homes, welcher daher kleine Höhlen in der Mitte besitzt.
Die Krankheiten der Haut.
sect;. 5. Kleinflechte, Mehlflechte, Kleiaausschlag, Pityriasis, Herpes
furfuraceus.
Die Kleinflechte ist eine vorzugsweise bei Pferden am Grunde der Mähne und des Schopfes, an den Seitentheüen des Halses und unter dem Schweife, bei Rindern am Triel, im Nacken vor­kommende Hautkrankheit, die sich dadurch charakterisirt, dass sich bei den Thieren an den genannten Stellen eine reichliche Menge kleinartiger, weisser oder weissgrauer über einander ge­schichteter Schuppen ansammelt, wobei sich die Haut verdickt an­fühlt. Die Epidermis verliert ihre Glätte und wird rauh. Nach Entfernung der Schuppen erscheint die Haut trocken, hart, rissig und heller gefärbt. Die Thiere werden,durch heftiges Jucken an dieser Stelle zum fortwährenden Reiben veranlasst, so dass die Haut wund gerieben werden kann. Manchmal breitet sich die Hautkrankheit über den ganzen Körper der Thiere aus.
IB
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Schuppenflechte.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 455
Als Ursache bezeichnet man gewöhnlich Unreinlichkeit, doch scheint diese nur ein Nebeneinfluss zu sein, und das Uebel einen anderen Ursprung- zu haben. Nach Ger lach sollen Milben (Der-matodectes) die Ursache bei Pferden abgeben; meist sind jedoch bei den gleichen Ausschlagsformen der übrigen Theile bis jetzt die Milben von anderen nicht gefunden worden.
Im Frühjahre wird die Krankheit häufiger als in anderen Jahreszeiten beobachtet.
Hat das Leiden nur einen massigen Grad erreicht, so weicht es leicht der Behandlung. Diese besteht in der Anwendung von Waschungen mit Seifen- oder Potasclieulösung. Bei länger dauern­dem Bestände des Uebcls Einreibungen mit Schmierseife und nach­folgendem Waschen mit lauwarmem Wasser; ist jedoch die Haut sehr empfindlich, so verwendet man besser fette Gele. Bei Aus-schwitzung von Exsudat in Folge starken Reibens sind adstringi-rende Flüssigkeiten angezeigt. Innerlich kann man bei gleichzei­tig vorhandener Verstopfung Abtührmittel.geben. Das Leiden ist nicht ansteckend; zuweilen aber, besonders wenn es eine weitere Verbreitung erlangt, sehr hartnäckig.
Bei schlecht gehaltenen und dürftig genährten Pferden kömmt bisweilen unter dem Einflüsse einer uasskalten Witterung die Kleienflechte in seuchenartiger Verbreitung vor, und wird dann (besonders bei Schafen) mit dem Namen Hungerräude bezeichnet. Die gewöhnlich sehr hcrabgekommeuen, mit verschiedenen chroni­schen Leiden behafteten Thiere zeigen eine welke, trockene, mit kleienartigen Schuppen bedeckte, spröde Haut, die Haare oder die Wolle sind glanzlos und spröde, fehlen an manchen Stellen und gehen leicht aus.
sect;. 6. Schuppenflechte — Schuppenausschlag, Psoriasis s. Herpes
squamosns.
Die Schuppenflechte bildet auf der Haut grössere, ziemlich breite und dicke, mit blossem Auge deutlich sichtbare Schuppen bis zur Grosse eines Silbergroschens; diese Schuppen verdicken sich, drängen sich über einander und bilden dann verschiedene grosse, rundliche Stellen; unter denselben ist die Haut verdickt, (rocken und geschwellt, reibt man die Schuppen ab, so ergiesst sich darunter eine klebrige, zu Krusten vertrocknete Flüssigkeit. Die Schuppenflechte kömmt am häufigsten an den Augenbogen, den Schultern, Lenden, an der hinteren Fläche der Fesseln, an der Beuge der Sprunggelenke und in der Umgebung der Scham vor. Bei Pferden wählt die Schuppenflechte vorzugsweise die Mähnen zu ihrem Lieblingssitz. An den aufgeriebenen Stellen ist die Em­pfindlichkeit bei den Thieren sehr gesteigert: schon bei der blos-sen Berührung derselben sträuben sich die Thiere standhaft und wollen es nicht dulden. Die Psoriasis ist bei Pferden unter dem Namen „bösartige Mähnenflechtequot;, „bösartige Mähnenkrätze-', „Mäh-
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456nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten der Haut.
nengrind-' bekannt. Die Schuppenflechte ist ein hartnäckiges Lei­den, das selbst Monate lang anhalten kann, und wenn auch zeit­weilig Besserung eintritt, so beobachtet man eben so häufig Rückfälle.
Manchmal ist bei diesem Leiden auch das allgemeine Be­finden der Thiere gestört: dauert das Uebel sehr lange, so leidet der Ernährungszustand in merklicher Weise, die Thiere verlieren die Fresslust, die Haut wird trocken, spröde, bekömmt Schwaden und Risse, die Haare verlieren ihre Geschmeidigkeit und ihren Glanz, und fallen mit der Zeit gänzlich aus.
Ist die Schuppenflechte nicht sehr ausgebreitet, so heilt sie leicht, wenn sie aber über den ganzen Körper sich erstreckt, so widersteht sie hartnäckig dem Heilverfahren.
Behandlung. In leichteren Fällen reicht man mit einer sorgfältigen Pflege und Reinigung der Haut durch Waschungen mit einer schwachen Auflösung von Schwefelleber oder Seifenwas­ser und einer Einreibung von grauer Quecksilbersalbe aus. Bei intensiverem Auftreten des Leidens muss man eine Lösung von Aetzkali oder Seifensiederlauge, Einreibungen von Theer, Schwe­felsalbe, Hirschhornji] anwenden. Innerlich sind von Zeit zu Zeit Abführmittel, die Former'sche Solution (bei Hunden 5—10 Tropfen 2mal täglich, bei grösseren Tliieren das Doppelte) angezeigt. Die Cur verlangt ferner Regelung der Diät durch milde Pflanzennah­rung und Bewegung in irischer, freier Luft.
sect;. 7. Fleien- oder Schuppengrind, Porrigo, Borkenaus­schlag,
ist ein mit den eben beschriebenen Aussclilagsformen verwandtes Leiden, das vorzugsweise durch vollendete Borkenbildung und auch noch dadurch von der Kleien- oder Schuppenflechtc sich unter-scheidet, dass es nicht mit gänzlichem Ausfallen der Haare be­steht. Das Bedecktsein der Ausschlagstellen mit einer dünneren oder dickeren Borkenlage bildet das Charakteristische des Kleien­grindes und ist als das Product einer längere Zeit bestehenden Abschuppung der Epidermis bei gleichzeitig vorhandener Ausschwitz­ung an der Hautoberfläche anzusehen, wodurch ein Verkleben der Schuppen untereinander bedingt wird, und als Folge hiervon die Borkenbildung stattfindet. Je nachdem die Abschuppung oder Ausschwitzung vorwaltet, sind auch die Ausschlagsstellen mehr trocken oder feucht, im letzteren Falle wird auch eine deutliche Pustelbildung wahrgenommen, wodurch der Kleiengrind sich mehr dem Ernstengrin d annähert.
Der Kleiengrind gehört zwar zu den gefahrlosen Ausschlä­gen, ist jedoch dadurch, dass er von Pilzbtldung begleitet wird, zu den ansteckenden Ausschlägen zu zählen, nach Gerlach soll ihm sogar eine Milbenart (Symbiotes) zukommen. Auch der Kleien­grind kann, wenn er eine grössere Ausbreitung erlangt, ein hart­näckiges Uebel werden.
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Schuppengrind.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 457
Sein Sitz ist derselbe, wie jener der früher genannten Aus­schlagsformen. Je nach dem Sitze des Leidens unterscheidet man einige Formen desselben.
Der Kleiengrind des Angesichtes befiült hauptsächlich das Pferd zur Sommerszeit und nimmt gewöhnlich die wcissen Abzeichen am Kopfe ein und ist durch festes Aufsitzen der weis.?-grauen an der Oberfläche vielfache Risse und Sprünge zeigenden Borken von den übrigen Formen des Kleiengrindes ausgezeichnet. Die Haare sind an den Gcsichtsstellen theils ausgefallen, theils ragen sie einzeln aus den Borken hervor. Nach einer 4 — Gwö-chentlichen Dauer fallen die Borken gewöhnlich von selbst ab.
Der Kleiengrind, der Kötlie und der Fessel, die Schuppen­flechten— oder Räudemauke, Köthengrind, Fussräude (nicht zu verwechseln mit der echten Räude oder Mauke) hat wie der Name sagt, seinen Sitz in der Köthe, dem Köthenzopf, weicher Tlieil mehr oder weniger angeschwollen, reichlich mit über einander ge­schichteten, zur Borke verbundeneu Schuppen bedeckt erscheint. die Haare sind in den sich bildenden Hauttalten ganz, in der Um­gebung zum Theil ausgefallen. In der Tiefe der Hautfalten kommt es gern zur Risse- oder Spaltenbildung und Absonderung einer klebrigen Flüssigkeit, wodurch die Haut wund erscheint, schmerzt und der Gang ein gespannter wird. Der Ausschlag ist mehr oder weniger von Jucken begleitet, wodurch die Thiere zum Reiben, Stampfen mit den Füssen veranlasst weiden. Die Heilung erfolgt sehr langsam und nach erfolgter Abstossuug der Borken bleibt die zugleich nur dünn mit Haaren besetzte Haut verdickt und spröde.
Der Kleiengrind des Vorderkniees und Sprunggelenkes gemeinhin Raspe genannt, ist im Allgemeinen mit der Köthe identisch, nur der Sitz des Uebels bildet den Unterschied. Die Risse und Faltenbildung der Haut, durch Bewegung begünstigt, ist hier noch deutlicher hervortretend. Die Ausschwitzung ist bei der Raspe eine reichlichere, da die Thiere durch ein hefti­ges Jucken zum fortwährenden Scheuern und Reiben veran­lasst werden: dadurch wird die Haut wund gerieben, entzündet sieh, es kommt in der Tiefe zur Bildung einer übelriechenden Flüs­sigkeit, die das Haar verklebt und wegäzt. Kömmt es, was nicht selten ist, zur Ulceration, so laufen die Schenkeln an, werden sehr schmerzhaft, so dass die Thiere dadurch selbst lahm werden. In diesem Grade ist die Raspe ein sehr gefürchtetes Uebel.
Aetiologie. Man hat bei Entstehung dieser Krankheit Pfer­den gemeiner Rage eine besondere Anlage zugeschrieben, und in der Unreiulichheit ein veranlassendes Moment zu finden geglaubt: mag man letzteres als einen Nebeneinfluss gelten lassen, das er-stere ist nicht richtig, da auch veredelte Pferde von der Krankheil (freilich seltener) befallen werden, allein gerade in der mit der Veredlung gebotenen grösseren Reinlichkeit und Pflege ist aller Wahrscheinlichkeit nach das seltenere Vorkommen des Leidens
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458nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten der Haut.
bei veredelten Pferden zu suchen. Die Krankheit scheint jeden­falls inneren Ursprunges zu sein, und wird ihr Auftreten durch äussere Fahrlässigkeiten, wie Unreinlichkeit, feuchte Witterung wohl begünstiget, aber nicht aussehliesslich bedingt.
Welches Bcwandtniss es mit der von einigen, wie z. B. He­ring und Gerlach bei der Fesselräude vorgefundenen Milben habe, ist nicht ganz sicher gestellt, es bleibt immerhin fraglich, ob nicht eine Verwechslung mit der echten Eäude stattgefunden habe, oder ob nicht eine zufällige Uebertragung der Schma-rotzerthiere angenommen werden kann.
Bezüglich der Behandlung gilt das oben Erwähnte: kommt es zur Absonderung von Eiter, so ist Reinhaltung, öfteres Auswa­schen und Ausspülen angezeigt.
sect;. 8. Der Knötehenausschlag, Schwindflechte, Liehen.
Eine am häufigsten bei Pferden im Frühjahre oder Herbste zur Zeit des Haarwechsels vorkommende Flechtenart. Es bilden sich am Halse und an der Schulter kleine, flache hirsekorn-linsen-grosse, dicht neben einander stehende, heftig juckende Kuötehen, aus denen sich beim Reiben etwas Blut entleert, an den mit Knüt-chen besetzten Stellen fallen die Haare zum Theile aus, es ent­stehen dadurch bis kreuzergrossc Flecke mit mattem, bleichem Grunde; diese Flecke bleiben ö—(J Wochen ohne besonders merk­bare Veränderung stehen, nur dass sie inzwischen mit kleinen zarten Schlippen besetzt erscheinen, worauf sie sich unter Rückkehr der normalen Hautbeschaffenheit und Wiederersatz der verloren ge­gangenen Haare verlieren. Die Krankheit hat einen sehr gelinden Verlauf. Die Behandlung besteht in öfterem Waschen der Flecke mit Seifenwasser, oder in intensiveren Fällen mit Seifensiederlauge oder einer Pottaschelösung.
sect;. 9. Die Glatzflechte, Herpes decalvans s. tonsurans.
Diese Krankheit unterscheidet sich von dem Knötehenaus-schlage durch grösseren Umfang der Flechtenstellen und durch deutliche Schorfblättchenbildung. Die Flechten stellen scharf um­schriebene, runde oder unregelmässig gestaltete, gewöhnlich am Halse des Pferdes sitzeude Flecke vor, deren Haut dunkler pig-mentirt trocken erscheint, jedoch nicht verdickt ist. Diese Flecke sind vom Ilaare entblösst und verursachen dem Thiere heftigen Juckreiz, der sie zu immerwährendem Reiben und Scheuern ver-anlasst; in Folge dessen bluten die Stellen, das vertrocknete Blut bildet Krusten, welche die Flecken bedecken.
Beim Pferde und Hunde haben diese Flechtenstellen eine mehr uuregelmässige, bei Rindern ab-er eine kreisrunfle Gestalt. Die Krankheit wird in manchen Fällen durch Pilzbildung be­dingt.
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Fsttflechte.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;45^
Flir die Cur eignen sich Waschungen mit Schwefelleberlö­sung, Einreibungen von reizenden Salben, Waschungen mit Scifen-wasser. Das Uebel ist jedoch sehr hartnäckig und widersteht oft jeder Behandlung. .
sect;. 10. Fettflechte, Herpes unguinosus.
gewöhnlich auch, aber unrecht Fetträude genannt, ist eine in jeder Jahreszeit und bei Hunden jeder Rage, besonders aber bei solchen, die reichlich mit fetter Nahrung gesättiget werden, vor­kommende Krankheit, die am liebsten die Seitentheile des Halses, den Kücken, das Kreuz und die Hinterbacken einnimmt und sich auf folgende Weise charakterisirt. — Es entsteht bei gelindem und gewöhnlich nur einige Stunden bestehendem Fieber, Brech­neigung, zuweilen wirkliches Erbrechen an irgend einer Stelle; meistens jedoch am Halse, auf dem Rücken, auf dem Kreuz und auf den Hinterbacken bei entzündeter Haut kleine linsen- bis erb-sengrosse Knötchen oder Bläschen, welche schnell bersten niid eine blassgelbliche, klebrige und fettig aussehende Flüssigkeit aus­sickern; nach kaum 24 Stunden fallen die meisten Haare aus, die Oberhaut verschwindet, und man sieht nur eine kahle, dunkel-rothe, mit jener fettig glänzenden Feuchtigkeit bedeckte, heisse und sehr empfindliche Hautfläche, welche fast immer eine gresse Aehnlichkeit mit einer Verbrühung zeigt. Wegen der grossen Em­pfindlichkeit und Spannung der Haut haben viele Hunde, je nach dem afficirten Theile eine steife Haltung des Halses oder auch eine mangelhafte Bewegung des einen oder des anderen Fusses. Nach den ersten 24 Stunden findet sich ein Jucken in der leiden­den Stelle ein, und die Thiere suchen sich an derselben zu be­lecken, zu benagen oder zu reiben und thun dies nicht selten in dem Grade, dass die Stelle blutig wird.
Durch diese fortwährenden Reizungen wird das Uebel oft sehr in die Länge gezogen und es hinterlässt zuweilen eine kahle Stelle; ohne sie dauert es gewöhnlich gegen 14 Tage, und bei einer zweckmässi-gen Behandlung erfolgt die Heilung in weniger als 8 Tagen, und bald darauf wachsen auch wieder die Haare vollständig nach. Ansteckend ist dasselbe nicht. Die Fettflechte kömmt auch bei Pferden vor, und ist das Uebel hier hartnäckiger als bei Hunden , es gesellen sich chronische Catarrhe der Respiration und Verdauungsorgane hinzu. Bei längerem Bestehen der Krankheit kann sich auch Haut­rotz daraus entwickeln. In einigen Fällen soll die Fettflechte durch die Anwesenheit von Sarcoptes oder Dermatodectes cqui erzeugt wor­den sein. In diesem Falle führt sie leicht zur Verwechslung mit Krätze. Die Cur besteht darin, dass man den Hund auf magere Diät setzt und namentlich ihm für die Dauer der Krankheit das Fleisch ganz entzieht; ferner dass man ihm durch ein Paar Tage nach einander ein Abführmittel, am besten Calomel oder Gummi-gutt 3—5 Gr. verabreicht; äusserlich wird eine Salbe von 1j2 bis
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4R0nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten der Haut.
1 Drachme Präcipitat mit einem Fett eingerieben laquo;nd Waschungen mit Seifenwasser vorgenommen.
Bei Pferden wendet man die Schmierseife, Quecksilber- und Cantharidensalbe, nach Umständen unter Zusatz von Hirschhornöl an, ferner Wasclumgen mit Scifensiedcrlauge.
sect;. 11. Die trockene rothe Flechte.
Sie tritt zumeist bei Hunden in Form von sehr feinen, kleinen Kügelchen auf, die ganz eng zusainmensitzen, ein rothes Aussehen haben, und bald kleinere, bald grössere Flecke von unregelmässi-per Form bilden; am deutlichsten sieht man sie an der feinen Haut des Bauches und an der inneren Pläclie der Hinterschenkel, jedoch ist keine Stelle am Körper ganz frei von iiinen. Diese Knötchen sind mit einem sehr heftigen, in der Nacht gewöhnlich noch stärker hervortretenden Jucken begleitet, welches die Thiere zwingt, sich fortwährend zu kratzen und zu reiben. Das Allge-meinbefinden ist dabei nicht gestört.
Das Leiden ist ausserordentlich hartnäckig, dauert Monate, selbst Jahre lang. Uebcr die Ursache der Krankheit ist nichts Näheres bekannt; weisse und bunte Hunde, ferner Wachtelhunde sollen diesem Leiden mehr unterworfen sein. Die Heilung ist schwer zu erzielen. Innerlich reicht man den Hunden 5 —10 Gr. Spiessglanz oder Via — 1/raquo; Gr. Sublimat; äusserlich wäscht man die Thiere mit einer Sublimatlösung von 1 Gr. auf eine Unze Wasser oder mit einer Auflösung von Schwefelleber. Dabei muss die Diät mager sein. Die Thiere sollen viel Bewegung in freier Luft machen.
sect;. 12. Die feuchte Flechte, Herpes humidus s. exsudatorius,
charakterisirt sich dadurch, dass die Flechtenstellen mit einer fett­artigen Aasschwitzung bedeckt sind, wodurch dieselben ein glän­zendes Aussehen erhalten. Die Flechtenstellen haben eine runde Gestalt von 1 — 2 Zoll Durchmesser, manchmal fliessen mehrere solche Flecke zusammen und es entsteht eine kranzförmige grös­sere Flechte. Spinola hat Fälle beobachtet, wo bei Pferden die Flechte über den ganzen Körper zerstreut war, und die Thiere dadurch ein tiegerähnliches Aussehen erhielten. Eine Abart der feuchten Flechte ist
sect;. 13. die fressende Flechte der Hunde, Herpes rodens.
Sie ist eine viel seltenere Krankheit als die sämmtlichen übrigen Hautkrankheiten. Sie erscheint in Form von kleinen Bläschen, welche schnell platzen, eine röthliche Flüssigkeit ent­leeren, dann in kurzer Zeit sich vereinigen, und ein gemein­schaftliches Geschwür bilden, welches nur allein in dem Hautge-
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Juckauaschlag.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;4ül
webe sitzt und sich durch allmäiige Auflösung seiner Ränder im­mer weiter verbreitet. Dabei besteht ein heftiges Jucken, in Folge dessen sich die Hunde die kranke Stelle oft blutig reiben; das Ucbel ist sehr hartnäckig. Wie bei den meisten Hautkrankheiten, so ist auch hier Unreinlichkeit eine wichtige Gelegenheitslirsache. Die fressende Flechte soll ansteckend sein (?). Die' Behandlung be­steht in Waschungen tnit Aetzkalilösung, Betupfen mit Höllenstein, Anwendung des Creosots, 'A, Drachme auf 'j-, Unze Wasser, Ein­reibung der weissen Präcipifatsalbe.
sect;. 14. Der Juckausschlag, das Hautjucken, Prurigo.
Mit diesem Namen bezeichnet man eine Ausschlagsform, die sich durch das Auftreten zerstreut sitzender, bald kleinerer und weicher, bald grösserer und derber ein heftiges Jucken verursa­chender, an einzelnen oder mehreren Körperstellen entstehender Knötchen charakterisirt.
Der Juckausschlag kömmt nur bei Pferden und Rindern vor und hat viel Aehnlichkeit mit der trockenen rothen Flechte der Hunde. Die Krankheit entwickelt sich angeblich bei vernach­lässigter Hautpflege, bei mangelhaftem Striegeln, nach dem Ge­nüsse eines kräftigen erhitzenden Futters bei verhältnissmässig vieler Ruhe; beim Uebergange vom dürftigen zum reichen Futter; allein in den meisten Fällen ohne nachweisbare Ursache. In Folge des heftigen stets anhaltenden Juckreizes werden die Thiere zum fortwährenden Reiben und WTetzen vcranlasst, so dass sich die Knötchen mit Blutkrusten bedecken; die Haut verdickt sich, an den Aussehlagsstellen werden die Haare gänzlich abgerieben; beim Pferde geschieht das namentlich au der Mähne vom Schweisse, beim Rinde am Halse. Das Hautjucken besteht bald längere, bald nur kürzere Zeit, gewöhnlich unter zeitweisen Verschlimmerungen und Nachlässen, und scheint von einer mehr angeregten oder ver­minderten, insbesondere scharfen Hautausdünstung abzuhängen; es kehrt gerne zu gewissen Zeiten, namentlich zur Zeit des Abhaarens, daher gegen das Frühjahr, wieder.
Man hat sich durch das constante Auftreten des Juckausschla­ges beim Rindvieh zur Frühjahrszeit veranlasst gefunden, das Lei­den mit dem Namen „Frühlingsausschlagquot; zu belegen.
Das Hautjucken wird auch symptomatisch bei anderen Krank­heiten oft in der Reconvalescenz beobachtet. Beim Mastvieh wird das Auftreten des Juckausschlages als willkommene Erscheinung einer gelungenen Mästung begrüsst.
Behandlung. Bei vernachlässigter Hautpflege richte man sein Augenmerk auf öftere Reinigung der Thiere. Ist zu reichliches Futter die Ursache, so setze man die Thiere auf eine knappere Diät. Innerlieh empfehlen sich salzige Abführmittel, bei Pferden Aloe mit nachfolgender Verabreichung von Salzen. In hartnäcki­gen Fällen sollen beim Pferde Pillen aus Schwefel und Theer,
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402nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten der Haut.
beim Rinde das Theerwasser sich wirksam erweisen (Haubner). Aensscrlich sind Waschungen mit gemeiner Seife, Seifensieder­lauge, Einreibungen mit grüner Seife, Theer, mit einer Mischung aus Terpentinöl und grüner Seife oder Fett, mit Cantharidensalbe angezeigt, auch ist das Aetzen der am meisten juckenden Stellen mit Höllenstein zu versuchen und stark nässende Hautstellen zeit­weise mit Blei- oder Kalkwasser, selbst mit Sublimatlösung zu waschen.
Bei sensiblen Thieren sind auch narcotische Mittel, Abko­chungen von Tabak, Einreibungen von Fett, mit Opium oder Chloro­form (4 Tbeile auf 8 Tbeile Fett) am Platze. Auch das Bekleistern der Juckstellen mit Collodium soll sich nach Spinola bei zarten Hunden von Erfolg erweisen.
sect;. 15. Der Nesselausschlag, Urticaria.
An verschiedenen Körperstellen bilden sich flache, umschrie­bene, in dem Gewebe der Haut sitzende harte Anschwellungen (Hauthügeln, Quaddeln) von Erbsen- bis Nussgrösse und darüber, die, wenn sie zusammenflicssen, grössere, glatte Geschwülste bil­den, denen ein seröses Exsudat zu Grunde liegt.
Die Ursachen des Auftretens sind ganz unbekannt: der Nes­selausschlag erscheint entweder plötzlich obne jegliche Vorläufer, oder aber es gehen seinen Ausbrüchen leichte Fieberbewegungen, Appetitlosigkeit, Abgeschlagenheit voran, gewöhnlich verliert er sich innerhalb 2—4 Tagen, nur bei tieferen Infiltrationen verzögert sich der Verlauf, so dass der Ausschlag längere Zeit fortbestehen kann, oder es kommen frische Nachschübe. Spinola unterschei­det auch desshalb einen acuten und chronischen Nesselausschlag und bezeichnet letzteren mir: dem Namen „Nesselsuchtquot;, während er den acuten Ausschlag „Nesselfieberquot; benennt. Die Quaddeln er­scheinen zuweilen auch auf der Naseuschleimhaut, bei weiblichen Thieren mitunter auch auf der Schleimhaut der Schamlefzen. Wenn der Ausschlag längere Zeit besteht uud die Quaddeln eine ziem­liehe Grosse erlangen, so schwitzen sie mitunter eine gelbliche, klebrige Feuchtigkeit aus, am gewöhnlichsten geschieht diess bei den ..Nesselbeulenquot; im Knie „Sprunggelenksbeuge.quot;
Der Nesselausschlag befällt am häufigsten, allein nicht aus-schliesslicb Pferde, als veranlassende Ursachen werden kräftiges, mehliges Futter, Futterwechsel, das Füttern mit frischem Roggen und Heu uud sehr wahrscheinlich auch der Genuss gewisser Pflan­zen und Futterarten insbesondere des Buchweizens (Polygonum fagopyrum) angenommen.
Behandlung. Leichtere Fälle bedürfen gar keines curati-ven Verfahrens, bei intensiverem Fieber sind Aderlässe und Ver­abreichung von Purgirmitteln in Form von kühlenden Salzen an­gezeigt; bei Schweinen mache man kalte Begiessungen.
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sect;. 1(5. Der Eothlauf, die Rose, Erysipelas.
Der Kothlauf gibt sich durch eine oberflächliche, gelblichrotlie, rosenfarhige, glänzende, weniger erhabene als ausgebreitete, nicht scharf begrenzte, schmerzhafte, meistens juckende Anschwellung der Haut zu erkennen, die gewöhnlich von einem entzündlichen oder gastrischen Fieber begleitet ist. Es ist selbstverständlich, dass wegen der mit Haaren besetzten und zum Theile dunkel ge­färbten Haut unserer Hausthiere nicht immer alle, eben angegebene Zeichen zum Vorscheine kommen.
Der Rothlauf kommt unter den mannigfaltigsten Complicationen vor, und man hat desshalb nach diesen Verschiedenheiten, nach dem Sitze der Rose mehrere Arten derselben angenommen, die alle Körperstellen befallen können; doch ist der Kopf sein Lieblings­sitz; sein Vorkommen wird bei Rindern und Schafen beobachtet.
Die Ursachen, Erscheinungen, den Verlauf und die Behand­lung wollen wir bei den einzelnen Fällen des Rothlaufes näher würdigen.
sect;. 17. Die hitzige Kopfkrankheit, Erysipelas capitis.
Die Krankheit beginnt mit Frost, nachfolgender Hitze, be­schleunigtem Puls, mühsamen Athmcn: Traurigkeit, verlorener Fresslust, Verstopfung, gelblichroth oder bläulichroth gefärbter Na­senschleimhaut und Bindehaut. Innerhalb 2—3 Tagen entwickelt sich eine brennende, schmerzhafte Anschwellung des Vorkopfes, welche sieh über Nase, Stirn, Augen und noch weiter verbreitet, und wobei die Augen durch die starke Geschwulst der Augenlider und sehr aufgelockerte Conjunctiva mehr geschlossen sind und stark thränen. Aus der Nase trieft eine röthliche, später und in den gefäilichcren Fällen selbst jauchige Flüssigkeit und aus dem Maule ein zäher Geifer. Das Athmen erscheint nun schnaufend, das Schlingen ist sehr erschwert oder auch unmöglich; bei den jüngeren Thieren sind auch die Kehlgangsdrüsen in der Regel ge­schwellt.
Verkühlung, namentlich feuchte Kälte, zu reichliche Nahrung, dann Momente, welche die Hautfunction überhaupt zu stören ver­mögen, können als Gelegenheitsursaehen angesehen werden.
Im weiteren Verlaute erheben sich auf der Kopfauschwelluug mitunter auch kleinere oder grössere Blasen, die eine gelbliche Flüssigkeit enthalten, entweder bald platzen, oder in schlimmen Fällen geschwürige Stellen zurücklassen. Auch an anderen Kör­perstellen aussei- dem Kopfe entstehen solche Rothlaufgeschwülste, namentlich an den Schenkeln. Unter Abschilferung der Epidermis und theilweisem Ausfallen der Haare erfolgt in einem Zeiträume vo'n 5—7 Tagen Besserung, oder es hat die Krankheit schon früher nach 48 Stunden einen tödtlichen Verlauf genommen, indem ent­weder Hirneutzündung oder in Folge der Verjauchung Pyämie sich hinzugesellt.
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4G4nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten der Haut.
Ursachen. Junge Pferde zeigen besonders um die Zeit des Zahüswcclisels eine besondere Disposition zur Kopfrose.
Der Verlauf ist wie oben gesagt, wenn sich nicht Hirnent-züudung oder Brand hinzugesellt, günstig.
Die Behandlung besteht äusserlich im Warmhalten der lei­denden Theile, Einwicklungen in Werg, Umwickclungen mit Bin­den, nachdem man den leidenden Theil früher mit geriebenen Roggen- oder Bohnenmehl bestreut hat. Bei bläulicher Röthe der Rothlaufstellen ist ein geringer Zusatz von Campher angezeigt.
Wo der Eintritt von Brand droht, empfehlen sich zur Ab­schaffung der brandigen Theile warme Breiumschläge, (ein gutes Hausmittel soll Kafergrützbrei mit einem Zusatz von Sauerkohl sein), ferner Umschläge von Holzessig, bei Ansammlungen von Jauche unter der Haut sorge man durch Einstiche für dessen Abfluss.
Innerlich sind ableitende Mittel angezeigt. Die allenfalls hin­zutretende Hirnentzündung erfordert das ihr zukommende Heilver­fahren. Bei Halsentzündungen mit Schlingbeschwerden steht die Anwendung des Brechweinsteins in erster Reihe.
Auch bei Schafen tritt die Kopfrose im Frühjahre nach der Schur gerne auf, nur dass die Erscheinungen hier nicht so ge­fahrdrohend sind, wie beim Pferde.
In 8—14 Tagen tritt gewöhnlich Genesung ein. Lecken von Koch- oder Glaubersalz und Wachholderbeeren zeigt sich bei Scha­fen wirksam.
sect;. 18. Die Euterrose, Erysipelas mammarum.
Die Euterrose charakterisirt sich örtlich durch die dem Roth­laufe oben angegebenen zukommenden Symptome, welche bei der gewöhnlich hellen Hautfarbe und dem Unbehaartsein des Euters gerade hier deutlicher als bei dem Sitze des Rothlaufes an ande­ren Körperstellen wahrzunehmen sind. Sie ist nicht mit der phleg-monösen Euterentzündung (Mastitis) zu verwechseln und leiciit von dieser dadurch zu unterscheiden, dass die Anschwellung nar die Haut trifft, wovon man sich durch das Gefühl (Zusammenfallen der Haut) bald überzeugt. Es kann aber auch die superfjielle Entzündung beim Rothlaufe sich steigern, und auf die Drüse sich fortpflanzen, dann ist die Unterscheidung allerdings schwieriger.
Der gewöhnliche Sitz des Rothlaufes ist die hintere Fläche des Euters, häufiger leidet eine Hälfte desselben; bei Schafen scheint letzteres als Regel zu gelten.
Die Ursachen sind kräftige Stallfütterung, grosse Milchergie­bigkeit, namentlich starker Milchzuschnss zum Euter zur Zeit des Kalbens. Verkühlungen, welche das Euter treffen, geben die ge­wöhnlichsten Gelegenheitsursachen ab, so z. B. wenn die Kühe feuchtes, kühles Lager haben und es au der nöthigen Streue fehlt.
Bei richtiger Diagnose und einer zweckmässigen Behandlung
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Krustengnnd.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 4O5
ist die Prognose günstig, bei Hinzutreten von Brand, wie dies bei Schafen als Heerdekrankheit beobaclitct wurde (Haubner), ge­staltet sie sich jedoch ungünstig.
Bei der Behandlung hat mau besonders auf eiu warmes Ver­halten der Thiere übe.quot;haupt zu sehen, ücrtlich wende man Be-puclerungen von Bohnen- oder Roggenmehl und bei der Blatterrose (phlegmonösem Kothlauf) von Kohlcnpulver und schwachem Zu­satz von Bleiweiss an, oder man bediene sich der warmen, trocke­nen Kräuterumschläge, Bei Wundsein sind Bähungen von lau­warmen Camillenthee mit Zusatz von Bleiwasser angezeigt. Bei drohendem Brande aromatische Bähungen mit Zusatz von Holzes­sig oder Campherspiritus; innerlich sind angezeigt: Glaubersalz mit Schwefel oder Brechweiustein. Abführmittel sind bei deutlich hervortretenden gastrischen Complicationen am Orte, und sollten bei gut genährten Thieren nie verabsäumt werden. Magere Diät unterstützt die Cur. Trockene Streu und Lager sind nothwendig, um das Euter vor Feuchtigkeit und Verkühlung zu schützen.
sect;. 19. Der Grind, Pustelflechte, Krustengrind, Impetigo,
stellt eine chronische Hautkrankheit dar, die sich durch die Eut-wickelung von Pusteln ciiarakterisirt, die auf einem entzündeten Boden meistens dicht neben einander gedrängt entstehen, bald platzen, anfangs eine dicke, lymphatische, oder mit Blut und Faserstoffgerinnungen gemischte, später eiterige Flüssigkeit ent­halten, die an der Luft zu dicken, gelben, gelbbraunen, bernstein­ähnlichen Krusten oder Schorfen vertrocknet. Diese Krusten zei­gen vielfache Hisse und Zerklüftungen, sitzen fest auf der Haut, von der sie ohne Blutung nicht so leicht entfernt werden können und bedecken nicht selten tief in das Gewebe der letzteren grei­fende Geschwüre.
Man hat den Grind nach der Bsschafl'euheit der Borken, nach den Körperstellen, die er am liebsten einnimmt u. s. w. verschie­den benannt, ohne dass sich besondere Dift'erenzen in der Ent-wickelung der Hauteruption, ihres Inhaltes bei den verschiedenen Arten nachweisen lassen, deshalb haben diese Eintheilungen auch keinen practischen Werth. Als eine Eigenthümliehkcit des Grindes, der nebenbei erwähnt, bei allen unseren Hausthieren vorkömmt, muss hervorgehoben werden, dass er am häufigsten am Kopfe, sehr selten am Halse seinen Sitz hat, und dass die Schorfe sich so lange wieder erzeugen, als die Haut ihre krankhafte Beschaffen­heit nicht verloren hat: man hat deshalb als die wahrscheinlichste Ursache dieser Hautkrankheit eine fehlerhafte Blutbeschaffenheit angenommen und den äusseren Schädlichkeiten nur eine unterge­ordnete Bedeutung zugeschrieben; zu letzteren zählt man Unrein-lichkeit der Ställe, vernachlässigte Pflege des Hautorganes der Thiere, feuchte Localitäten, plötzlichen Futter - und Weidewechsel, fehlerhafte Ernährungsweise; Reibung und Druck durch das Riem-Kraus, Path. u. Therap. der Haussiiugethiere.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 30
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46(1nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten der Haut
zeug, Amitzungeu der Haut durch Kalk, scharfe Stoffe, Säuren. Die weisse Haut soll übrigens mehr zum Grind incliniren, wesshalb er auch am häufigsten Schafe, Lämmer befällt, uud bei Pferden gewöhnlich au den weissen Abzeichen (Blässe, Schnippe) beobach­tet wird.
In der Regel ist der Grind eine lang dauernde Krankheit, die den meisten Mitteln und selbst der besten Pflege und Wartung trotzt, und geheilt sehr gerne reeidivirt. Manche Formen hält Roll für eontagiüs.
Von den verschiedenen Arten erwähnen wir hier:
a)nbsp; den Kopfgrind (Impetigo capitis, eschara cap.quot;), er findet sich insbesondere auf dem Scheitel uud der Stirne des Pferdes, von wo er sich nach dem Genicke, dem oberen Halstheil oder nach dem Gesichte hin ausbreiten kann.
b)nbsp; Der Hals- oder Mähnengrind (Impetigo colli). Am häufig­sten am Mähnenkamme des Pferdes; auf den Seitentheilen des Halses und in der Gegend des Schopfes entwickeln sich erbsen-grosse, mit einer gelblichen, eiterigen, klebrigen Flüssigkeit gefüllte Pusteln, die sich bald mit gelbbraunen Krusten bedecken, welche durch die fortdauernde Exsudation aus der infiltrirten und grubig vertieften Lederhaut an Dicke und Umfang stetig zunehmen. Das Uebel erscheint gern im Frühjahre und Vorsommer und reeidivirt nach eingetretener Heilung sehr leicht.
c)nbsp; Der Maul- oder Lippeugrind, Lippenschorf (Impetigo la-bialis). Wie schon aus der Bezeichnung erhellt, findet sich diese Impetigoart am häufigsten um das Maul herum, seltener am Kopfe saugender oder eben entwölinter Kälber, Schaf- und Ziegenlämmer, Ferkel. Sie besteht aus kleinen, linsen- bis erbsengrossen, auf entzündetem Hautgrundc sich entwickelnden Pusteln, welche ent­weder einzeln stehen, oder zusammengedrängt confluiren und zu gelben oder schwarzbraunen Krusten vertrocknen, unter welchen die Lederhaut die bereits geschilderte Beschaflenheit darbietet; der Ausschlag erstreckt sich nicht selten über die Lippenränder nach innen gegen die Mundhöhle zu, oder nach Aussen über das Gesicht. Der Lippengrind der Pferde entsteht zumeist bei solchen, die weissmäulig sind und stellt kleine, flache, dicht gedrängte, gelbliche Schorfe dar, die auf einer infiltrirten, zerklüfteten Haut aufsitzen.
Haubner führt auch eine Impetigoart der Schweine, unter dem Namen „Russ der Ferkelquot; an, die sich durch dicke, schwarze Borkenbildung bei fetter, verdickter Umgebung charakterisiren soll; auch bei dieser Art soll unter den Schorfen die Absonderung einer eiterähnlichen Flüssigkeit bis zur vollständigen Heilung, resp. Schwinden der Infiltration der Haut fortdauern.
Alle diese Formen belästigen die Thiere in hohem Grade, verursachen Jucken und mehr weniger heftige Schmerzen, die, da sie in der Regel lange dauern, oft der zweckmässigsten Behand­lung, Pflege uud Wartung Trotz bieten, das Allgemeinbefiudeu stü-
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Mauke.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 467
ren, beim Maul- und Lippengrind das Saugen und die Nahrungs­aufnahme behindern, wesshalb es besonders bei grosser Ausdeh­nung des Ausschlages und bei längerer Dauer nicht selten zur Abmagerung und Abzehrung kömmt.
Behandlung. Vor allem muss auf reinliche, trockene Ställe, auf eine geregelte Ernährungsweise geachtet werden; leichte Fälle heilen schon, wenn die Krusten mit reinem, nicht ranzigem Oal oder Fett bestrichen werden, (nachdem die in der Umgebung der Schorfe stehenden langen Haare abgeschnitten wurden), wodurch diese erweicht werden und abfallen; in anderen Fällen müssen die Schorfe auf diese Weise entfernt und sodann die wunden Haut­stellen mit aromatischen Aufgüssen, Kalkwasser, schwachen Lö­sungen von Alaun gewaschen werden; führen diese nicht zum Ziele, so dürften die austrocknenden und gelinde adstringirenden Salben mit flor. zinci, acet. plumbi, sulf. cupri, dann die Präcipitat-salben und in hartnäckigen, veralteten Fällen Aetzmittel, Höllen­stein, Aetzkali- und Sublimatlösungen mit Nutzen in Anwendung gebracht werden. Auch können die wunden Hautstellen mit Aschen­lauge gewaschen, mit Terpentinöl, Theer, Sehmierseife, stinkendem Hirschhorngeiste bestrichen werden, diese Mittel haben noch den Vorthcil, dass sie die Schmarotzer, durch welche die leidenden Partieen besonders belästiget werden, von den Thieren ferne halten.
Innerlich sind in frischen Fällen Purgirmittel (Glaubersalz, Bittersalz) zuweilen nicht ohne Nutzen; bei langer Dauer des He­bels, bei lierabgekommenen, schwächlichen, noch säugenden Thie­ren schaden sie sicher mehr. Man hat auch den innerlichen Ge­brauch des Schwefels, des Schwefelspiessglanzcs und anderen Au-timonialpräparate besonders da empfohlen, wo man die Hautkrank­heit mit einem inneren (scrophulösen) Leiden in einen Causalnexus bringen zu können glaubte, indessen wird man mit diesen allein nicht viel ausrichten und die örtliche Behandlung, verbunden mit einer entsprechenden, die Kräfte berücksichtigenden Diät bleibt in allen Fällen die unbedingt uothwendige, und allein richtige.
sect;. 20. Die Mauke des Rindviehes, Träberausschlag.
Die Mauke des Rindviehes ist eine erst in der neueren Zeit, seit Einiuhruug der Kartoffel- und Stallfütterung häufig vorkom­mende Krankheit. Wenn auch nicht in Abrede zu stellen ist, dass bei jeder kräftigen Fütterung (Träberfütterung) die Krankheit beim Stall- und Mastvieh auftreten kann, so ist den Kartoffeln in dieser Beziehung eine beinahe speeifische Wirkung zuzuschreiben: wenigstens erlangt sie bei irgend einer anderen Fütterung niemals eine solche AusbioJfüng; doch zeigen sich nicht alle Arten der Kartoffelfütterung in gleichem Grade nachtheilig. Die Fütterung von rohen Kartoffeln, insbesondere der Kartoffelschalen, hat weit eher die Krankheit zur Folge, als die der Abfälle bei der Kar-
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468nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten der Haut.
toffelstärkefabrication, und diese wieder mehr als die Kartoffel-branntweinschleinpe; auch ist der Einfluss der Kartoffelfütterung nicht in allen Jahren, und noch viel weniger zu allen Jahreszeiten gleich gross. In Jahren wo das sogenannte Durchwaschen der Kartoffeln stattfindet, ist die Mauke sehr gewöhnlich. Das schäd­lich Wirkende soll nacii Spinola's Ansicht das Solanin sein, und es würde durch den Umstand, dass das Solanin in den Keimen vorzugsweise enthalten ist, zu erklären sein, wie die Kartoffeln im Frühling ihre schädliche Wirkung am meisten zu äussern im Stande sind, so wie auch dass die Kartoffelsehalen besonders geeignet sind, die Mauke zu erzeugen.
Auch bei Schweinen soll sich, wenn sie mit Kartoffelsehalen gefüttert werden, ein rothlaufartigcr Ausschlag einstellen. Aussei-der Kartoffelf'Utterung und kräftiger Stallfütterung überhaupt ist Unreinlichkeit der Stallungen, Mangel an Streu als Ursache anzu­klagen. Man bat ferner hauptsächlich in Berücksichtigung des häufigen Auftretens der Krankheit an den Hinteifüssen, andauernde Durchnässung, durch den in Folge der Schlempefütteruug häufig abgehenden Harn als Gelegenheitsursache beschuldigt, doch würde diess nur bei Kühen Geltung haben, es verfällt aber dieser Be­schuldigungsgrund durch die constatirtc Thatsache, dass die Mauke auch bei Mastochsen, bei denen von einem Bespritzen der Schen­kel nicht die Bede sein kann, beobachtet wird.
Erscheinungen. Ueber Trübungen im allgemeinen Befin­den tritt anfangs als anfiälligstcs Symptom bei den Thicren ein gespannter Gang ein. Nacli 1 — 2 Tagen erscheinen die Füsse über den Fesseln augeschwollen, das Haar an denselben wie auf­gebürstet, die Thiere werden zum Hin - und Hertrippeln und Kei-ben der Füsse veranlasst, an denen man nach einigen Tagen platzende und dann eine klare, gelbliche, eigenthümlich riechende Flüssigkeit ergiessende Bläschen wahrnehmen kann. Die allmälig trocknende Flüssigkeit bildet nach und nach einen Schorf von be­deutender Dicke, so dass die leidende Stelle ein borkenähnliches Aussehen erlangt. Die Haut bekommt Bisse und Spalten, aus de­nen Feuchtigkeit schwitzt, wodurch dem ganzen Schenkel ein ge­schwüriges Aussehen verliehen wird. Unter Abschilfcrung der Oberhaut tritt in leichteren Fällen gewöhnlich in einem Zeitraum von 14 Tagen Genesung ein, kommt es jedoch zur Geschwürsbil­dung, so kann sich der Verlauf über Monate hinausschleppen und der Ernährungszustand der Thiere leidet dann in sehr merklicher Weise.
Behandlung. Vor allem sind die Eingangs erwähnten Schädlichkeiten zu beseitigen. So lange die Haut entzündet ist, sind lauwarme Bähungen anzuordnen, und dulden die Thiere keine Umschläge, indem sie dieselben, namentlich au den Hinterfüssen, wegzuschleudern pflegen, bediene man sich des einfachen und sehr zweckmässigen Mittels eines aus Leinkuchen oder Leinsamen be­reiteten Breies, womit man die Ausschlagsstellen dick überkleistert.
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Manke der Pferde.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 469
um so die Borken zu erweichen und schmerzlindernd auf die Füsse und Schrunden der Haut zu wirken, überhaupt die Haut geschmei­diger zu machen sucht. Diese Ueberkleisterungen werden so lange fortgesetzt, bis die Abstossung und Abtrocknung erfolgt ist. Ein Zusatz von Oel zu dem Brei ist empfehlenswerth. Audi die Bestrei­chung der Stellen mit einer Mischung von Oel mit Kalk ist ange­zeigt, als zweckdienlich erweisen sich ferner Austriebe von Theer. Manchmal wird es nothwendig, die Geschwürsstellen mit Kupfer­vitriol zu ätzen.
Die mit der Mauke complicirten Zustände und die darauf sich entwickelnden Folgenübel sind dem ihnen entsprechenden Heil­verfahren zu unterziehen.
sect;. 21. Mauke der Pferde, Paronychia impetiginosa.
Die Mauke der Pferde ist ebenfalls eine örtliche, als ein Aus­schlag auf der Köthe sich charakterisirende Krankheitsform, die vorzüglich bei jungen schlaffen Pferden vorkömmt und bisweilen eine epizootische Verbreitung erlangt.
Ursachen. Nasskalte Witterung, Schneewasser, Unreinlich-keit, sind nach der gewöhnlichen Annahme diejenigen Momente, die zumeist geeignet sind, die Krankheit hervorzurufen, ferner wird durch die Farbe der Haut die Anlage gesteigert, da es eine bekannte Erscheinung ist, dass Thiere mit weissen Füssen verhält-nissmässig häufiger an der Mauke leiden, Pferde, die überhaupt katarrhalisch afficirt sind, dann solche, die an Drüsen leiden, ver­fallen leichter in die Krankheit; weiter wird durch eine kräftige Fütterung die Anlage erhöht. Die Mauke kömint zumeist im Spät­herbste und Winter vor, namentlich wenn die Wege mit einem mit Schnee gemengten Schmutze bedeckt sind. Dass nicht dem Schnee an und für sieh, vielmehr dem mit Strassenkoth veruneinigtem Schnee die Schädlichkeit in erhöhtem Grade zukommt, ist daraus ersicht­lich, dass auf dem flachen Lande, wo sich der Schnee leichter rein und unvermischt mit Unrath erhält, die Mauke seltener vorkömmt, als in grossen Städten.
Erscheinungen. Anfangs macht sich ein mächtiges Fieber und leichte Anschwellung der Drüsen im Kehlgange bemerkbar, womit sich in der Köthe erhöhte Wärme und Geschwulst und bei Weissfüssigen erysipelatöseßöthe, sowie öfteres Heben der leidenden Füsse mit dem Ausdrucke des Schmerzes und gespannter Gang vergesellschaftet. 24 — 48 Stunden später sieht man eine Menge kleiner Bläschen in der Köthe und deren Umgebung, die eine gelb­liche mehr weniger schmierige, hornartig riechende Flüssigkeit secerniren; manchmal werden diese Bläschen ihrer Kleinheit we­gen übersehen, und scheint dann die Lymphe durch die scheinbar erweiterten Hautporen zu sickern. Um diese Zeit ist der Sciimerz sehr heftig; die aussickernde Flüssigkeit ist scharf, ätzt die Ober­haut auf und greift auch zuweilen die Cutis an und veranlasst
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470nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten der Haut.
oberflächliche Geschwüre in der Köthe: solche Geschwüre sondern dann eine braune, sehr übelriechende jauche ab, die ihre ätzende Beschaffenheit in der ganzen Umgebung geltend macht, es greifen auch die Geschwüre gerne in die Tiefe, und es bleibt dann nicht immer bei der blossen Zerstörung und Absterbung der Haut, son­dern auch Sehnen, Bänder, Kapseln und Knochen können ergriffen werden; durch das Herabfliessen der Jauche wird nicht selten das Saumband des Hufes gelöst, dieselbe dringt bis zum Fleischstrahl und kann so selbst brandige Zerstörung innerhalb der Ilorn-kapsel anrichten, so dass es zur Lösung der Hornschuhe kommen kann. Wir haben es dann mit der sogenannten bösartigen Mauke zu than. Nimmt die Zerstörung keine so gefahrvollen Dimensionen an, und hört endlich die Absonderung der Geschwürs­flächen auf, so bleibt doch Verdickung des Fesseis, dessen Haut mit aufgesträubten Ilaaren bedeckt, und dessen Epidermis in be­ständiger Abschuppung begriffen ist, zurück, ein Zustand, der mit dem Namen trockener Straub- oder Kugelfuss, Elephantenfuss, bezeichnet wird. In anderen Fällen, wo es nicht zum Platzen der Haut kommt und keine Geschwüre sich bilden, schuppt sich nur die Oberhaut unter Bildung von Schuppen und Schorfblättchen und tbeilweisem Ausfallen der Haare ab, und es hinterbleibt eine kahle aber gesunde Haut, auf der sich die Oberhaut bald wieder erzeugt und neues Haar hervorsprosst (gutartige Mauke).
Der Verlauf dehnt sich bei der gutartigen Form aut einen Zeitraum von 15—18 Tagen aus, kommt es jedoch zur Geschwürs­bildung, so dauert die Krankheit 4—5 Wochen und endet entwe­der mit dem Tode oder mit Zurücklassung der oben geschilderten Zustände.
Dem Gesagten zu Folge ist auch die Prognose verschieden, günstig dann, wenn keine Geschwüre sich bilden, bedenklich oder gar ungünstig, wenn Gescbwürsbildung auftritt.
Behandlung. Bei der frisch entstandenen Mauke ist die grösste Rein- und Troekenhaltung der Fessel angezeigt.
Bei Gegenwart von Entzündungserscheinungen, Geschwulst, grosser Schmerzhaftigkeit, erhöhter Temperatur werden die Fessel, respective die nässenden Stellen, Risse und Schrunden zweckmäs-sig mit frischem nicht ranzigem Leinöl oder Baumöl, mit frischer nicht gesalzener Butter, Schweinfetten, mit einer Gerat- oder Blei­essigsalbe bestrichen, sodann mit Werg eingehüllt und warm ge­halten. Kommt es zur Seeretion einer blutigen, übelriechenden, schmierigen Jauche an den ergriffenen Partieen, so räth Roll, diese mit gebranntem Alaun zu bestreuen oder mit Terpentinöl, selbst auch mit Cantharidensalbe zu bestreichen. Haben sich Haut­geschwüre gebildet, so werden mehr weniger concentrirte Lösun­gen von Sulfas cupri, Argentum nitricum, von Sublimat gute Dienste leisten; auch die rothe Präcipitatsalbe wird empfohlen.
Rp. Alum, crudi dr. duas, cupri sulf. dr. sex, aquae font, unc. quinque; admiscc Tct. aloes unc. sex. D. S. Aeusserlich.
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Mauke der Pferde.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;471
Rp. Aquae vulnerariae Tliedenii (Theden's Schusswasser), Tel. aloes, Tct. arnicae aa. unc. imam, Creosoti dr. duas. M. D. S. Mit einem schleimigen Umschlag oder einer Lemsanionabkoclmug anzuwenden.
Die interne Behandlung wird sich auf die Anwendung von solvirenden und solchen Mitteln zu beschränken haben, die geeig­net sind, das vorhandene Fieber, die grosse Schmerzbaftigkeit zu massigen. Die Anwendung der Antimonial -, Quecksilber- und Ar­senikpräparate, die noch heute bei vielen Thieriirzten in veralteten Fällen beliebt ist, dürfte ebenso wenig zweckdienlich sein als das von mancher Seite empfohlene Einlegen und Unterhalten von Ei­terbändern.
Ilaiitkranklieiten durch Schmarotzer bedingt.
sect;. 22. Von den Parasiten, die in der Haut unserer Haus-säugethiere sich einnisten und merkbare Krankheitsersehcinungen veranlassen, müssen die Bremsenlarven, die Läuse, die Zecken, die Kratz- oder Käudemilbe besonders hervorgehoben werden.
I.nbsp; nbsp; Die Bremsenlarve ruft die sogenannten Dasselbeulen her­vor, wie wir diess bereits ausfuhrlich im allgemeinen Theile be­sprochen haben, in der Regel ist zu ihrer Heilung kein besonderes therapeutisches Verfahren nothwendig.
II.nbsp; nbsp; Die Läuse und Haarlinge finden, sich bekanntlich auf der ganzen Haut unserer Hausthiere, am meisten aber am Halse, Rücken, an der Schwanzwurzel, am Nacken, am Grunde der Hör­ner, beim Hunde in der Gegend des Kehlkopfes, beim Pferde am Grunde der Mähnen. Die Haarlinge finden sich auf den Hunden seltener als die Läuse und scheinen bei diesen keine besonderen Stellen auszuwählen.
Durch das Einbohren des Rüssels belästigen diese Parasiten je nach ihrer Menge die Tliiere bedeutend, verursachen Jucken, mehr weniger heftige Schmerzen, bei Hunden halbkahle Stellen, welche jedoeü unmittelbar an der Haut immer noch mit kurzen Haarstummeln versehen sind und hierdurch auf das Dasein dieser Insecten schliesscn lassen. Nicht selten geben diese Parasiten durch das beständige Kratzen, Scheuern und Gmibbern der Thiere zu dem sogenannten Scheuer- und Beisseexanthcm (kleinere oder grössere blutige Hautaufschürfungen, die sich mit Schorfen be­decken) Veranlassung.
Die Beseitigung der Läuse und der Haarlinge erfordert vor Allem ein reines Lager, öfteres Wechseln des Lagersfrohes, häu­figes Bürsten und Striegeln, wieib^Uoltes Waschen mit kaltem Wasser, Seifenwasser, kurz eine besondere Pflege der Haut, eine nahrhafte Kost bei schwächlichen, herabgekommenen Thieren. Oerüich pflegt das Einreiben der Haut mit fetten Oclcn, Fischthran oder einer Mischung dieser mit Weingeist, wiederholten Waschun-
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472nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten der Haut.
gen mit einem Anfguss von Anis- oder Petevsiliensamen (bei Hun­den 2 Loth auf 6 Unc. Collat.), Aschenlauge, worauf dann feine Biu'her.ascbe mit einer Bürste eingerieben wird. Nützlich er­weisen sicli auch Abkochungen von Tabak mit Essig (Tabak 2 Loth — Wasser und Essig von jedem 12 Loth). Haubner em­pfiehlt Einreibungen eines aus Sabadilsamen, Stephanskörnern, weisser Niesswurzel und Anissamen bereiteten Pulvers. Auch Wa­schungen mit einer Sublimatlösung (Wasser 12 Loth — Sublimat lj., Quentchen) und das Bestreicben mit grauer Quecksilbersalbe sollen nützlich sein. In allen diesen Fällen muss man aber darauf aebten, dass die Thicre die eingeriebenen Stellen nicht belecken, da hierdurch leicht üble Zufälle veranlagst werden können; bei Munden lässt sich diesem durch Anlegen eines Maulkorbes leicht begegnen. Bei Hunden hat man in neuerer Zeit das Persische Insectenpulver (wenigstens 8—10 mal täglich) auf die früher etwas nassgemachte Haut mit gutem Erfolge gestreut.
III.nbsp; nbsp; Ixodes Ricinus, Zecke, kommt vorzüglich bei Hunden häufig vor, diese Schmarotzer hängen sich den Thieren an und saugen sieh mit Blut voll, verursachen eine geringe Reizung und Schmerz, jedoch eine geringere als die anderen Parasiten, weil sie lange Zeit an einer Stelle sitzen bleiben. Um sie zu entfer­nen, kann man die Stellen, wo sie sich festgesetzt haben, mit grauer Quecksilbersalbe, mit Aloetinetur, mit Terpentin- oder mit stinkendem Theeröl bestreichen, worauf sie bald loslassen und zu Grunde gehen: manche Thierärzte glauben, man könne sie auch abschneiden, worauf der zurückbleibende Kopf vertrocknet und herauseitert (Hertwig), jedenfalls ist das schon eine mühsamere Operation; und es ist schon, wenn man zu obigen Mitteln nicht greifen will, gerathener, die Zecken vorsichtig durch einen allmä-lig verstärkten Zug, damit der Kopf nicht abreisst, auszuziehen.
IV.nbsp; nbsp; Die Haarsackmilbe, Acarus folliculorum ruft bei Hunden einen pustulösen Hautausschlag hervor, der sich nicht selten über die ganze Körperoberfläche verbreitet.
V.nbsp; nbsp; Wie wir schon im allgemeinen Theile ausführlich darge-than, finden sich nach Fürstenberg bei unseren nutzbaren Haus-säugethieren drei Gattungen Räudemilben, nämlich: Sarcoptes, Dermatophagus (Symbiotes nach Gerlach) und Dermatocoptes, (Dermatodectes nach Ger lach).
sect;. 23. Beim Pferde kommen alle drei genannten Gattungen vor, deren Einbohren in die Haut dieses Thieres die Pferderäude, Krätze oder Schabe verursacht.
1) Die Sarcoptes - Krätze wird hervorgerufen durch die der Krätzmilbe des Menschen ähnliche Sarcoptes equi. Nach Ueber-tragung dieser Milbe beginnt gewöhnlich zuerst am Kopfe, am Halse oder den Schultern mit der Bildung kleiner Knötchen der Ausschlag, bald darauf fallen die Haare aus und die so gebildeten schütterbehaarten oder ganz kahlen Stellen bedecken sich mit einer
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Pferderäude.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;473
dünnen und lockeren Krustenschichte, unter welcher sich die Haut durch Infiltration verdickt und besonders am Halse in quer und dicht neben einander liegende Falten legt. Das Thier wird hierbei durch ein äusserst lästiges Jucken beunruhiget, weshalb es gezwungen ist, die krätzigen Partieen fortwährend zu kneipen, beissen und zu scheuern, wodurch es zur Bildung von Hautauf­schürfungen, Quetschungen, Vereiterungen, Geschwürs- und Schorf-bilduugen der Haut kämmt. Die krätzigen Stellen vergrössern sich immer mehr, wodurch ursprünglich getrennte Erätzheerde mitein­ander confluiren (wobei jedoch der Entwicklungsgrad des Exan-thems ein sehr verschiedener ist) und so geschieht es, dass das Pferd ziemlich bald vom Kopfe bis zu den Füssen krätzig gewor­den ist. Durch die unaufhörliche Beunruhigung der Thiere wird ein cachectischer Zustand herbeigeführt, dem sie in der Regel er­liegen, wenn sie nicht bei Zeiten durch eine zweckentsprechende Behandlung ganz oder theilweise von dem lästigen Uebel befreit werden, oder durch die Entwicklung von Rotz und Wurm nicht früher schon ihre Vertilgung nothwendig wurde.
Auf welche Weise die Sicherstellung der Diagnose gewonnen wird, dürfte zur Genüge aus dem über die Sarcoptesmilbe im all­gemeinen Theile Gesagten hervorgehen.
2) Die Dermatodectes-Krätzc, Dermatodectes equi, charakteri-sirt sich nicht durch die Natur und Beschaffenheit des Exanthems, sondern durch die Localität der Haut, die die Milbe mit Vorliebe zu ihrer Brutstätte wählt und an welcher sie besonders gerne haf­tet, weil sie wegen der Behaarung, Lage und Construction einen vorzüglichen Schutz vor äusseren Angriffen beim Putzen, Reiben des Pferdes verleiht. Diese Stellen sind die Schwanzwurzel, die Mähne, der] Haarschopf, der Kehlgang, die Brustbeingegend, die innere Schenkelfiäclie und die Umgebung des Schlauches. An ei­ner oder der anderen dieser hier namhaft gemachten Stellen be­ginnt der Räudeprocess, den Gerlach wie folgt in drei Stadien theilt.
Im I.Stadium zeigen sich Knötchen, die jedoch in der Mähne nicht deutlich zu erkennen sind, so wie leichte Abschilfcrung in grossen Schuppenblättchen. An Hautstellen, wo die Milben wenig-geschützt sind, durch das Striegeln, Bürsten u. s. w. beunruhigt und die Schuppen abgeputzt werden, wandern die Milben bald aus, und so bilden sich an verschiedenen Körperstellen kleine, rund­liche kahle Stellen, in denen die weitere Abschuppung aufhört und die Haare bald wieder zum Vorscheine kommen. Ist die Mil-bencolonie hier vor äusseren Angriffen gesicherter, so tritt das 2. Stadium ein, in welchem die Hautschuppen unter einander ver­kleben und eine lockere Decke bilden, die Haut sich zu verdicken beginnt und die Deckhaare so gelockert erscheinen, dass man sie büschelweise mit einer zusammenhängenden Schuppenschicht ab­nehmen kann. Hieran schlicsst sich nun das 3. Stadium, welches sich durch Verdickung, Schrumpfung und Runzelung der Haut,
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474nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten der Haut.
durcli Bildung von Borken, Scborfen und Schrunden, selbst Infil­tration und Geschwüren im Unterhautzellgewebe auszeichnet. Die einzelnen räudigen Partieen zeigen in der Regel ganz verschiedene Stadien, alle haben aber eine bestimmte scharfe Abgrenzung, zwi­schen welcher die benachbarte Haut ganz gesund ist. Diese letz­tere Eigenthlimlichkeit ist bei der Sicherstellung der Diagnose von wichtigem Belange.
3) Die dritte Räudeform der Pferde, die Fnssräude der Pferde, Symbiotcs - Krätze, wird durch Dermatophagus, Symbiotes equi erzeugt. Sie kennzeichnet sich vorzüglich durch ein äusserst lä­stiges Jucken an den Beinen und speciell au der Köthe des Pfer­des, das diese Thicre durch ein fortwährendes Wetzen der Füsse an einander, durch unruhiges Stampfen zu erkennen geben. Auch hier stellt sich, wie Gerlach angibt, an der Köthe eine reichliche Abschuppung der Epidermis, Ausfallen der Deckhaare und bei meist langer Dauer des Exanthems nach Monaten Verdickung der Haut, Krustenbildung und selbst eine papillare Wucherung der Leder- und Oberhaut ein.
Von der Köthe, wo die Symbiotesmilben primär ihren Sitz nehmen, wandern sie nach aufwärts, ohne aber über das Vorder­knie- und Sprunggelenk hinaufzukommen.
Die Verbreitung des Exanthems von einem Fusse auf den gleichnamigen der anderen Seite ist durch das Reiben der Vorder­oder Hinterfüsse an einander sehr erleichtert und kömmt häufig vor, seltener jene von einem Vorderfasse aut den Hinterfuss;; nicht so leicht möglich ist wegen des mehr verborgenen Sitzes des Exanthems die Ansteckung eines Pferdes durch ein anderes.
sect;. 2-1. Die Räude, Krätze des Rindes, a. Dermatodectes bovis.
Ger lach hat diese Parasiten in Krusten, welche von räu­digen Rindern stammten, gefunden, und das Vorkommen dieser Krätzform bei Rindern aussei- allen Zweifel gestellt. Die Haut der in grosser Ausdehnung über den Körper von dem Exanthem befallenen Thiere ist mit '/a—3/4 Zoll dicken Krustcnlagen bedeckt, unter welchen es nicht selten zur Bildung von kleineren oder grös-seren Geschwüren kömmt. Spinola meint, dass diese Form be­sonders an den Schultern, den Seiten des Rückgrats, in der Flan-kengegend, auf den Hinterbacken, bei den unter Putz und Striegel und auf kräftiger Stalltütterung stehenden Thiercn, insbesondere in den Augengruben und am Ohrengrundc, in den Steissgruben und an der Schwanzwurzel, dem Euterspiegel ihren Anfang nehme und von da sich weiter verbreite.
b. Steissräudc des Rindes, die Symbiotes - Krätze. Sie verhält sich analog der Fussräudc des Pferdes, ä. h. wie
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Schafräude.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 475
diese ihren Sitz an der Köthe hat, so ist der Lieblingsaufenthalt der Symbiotcs bovis die Schweifwurzel, woselbst sich reichliche, ein massiges Jucken bewirkende Schuppen bilden, worauf die Haare erbleichen (?), trocken werden und ausfallen; unter den mehlarti­gen Schuppen kömmt es zur Bläschen- oder Pustelbildung, avs welcher durch Vertrocknen sieh Krusten entwickeln, die der Sitz zahlreicher Milben sind. Zumeist bleibt das Exanthem durch Jahre lang auf die Sehwanzwurzel und die Grube neben dem After be­schränkt, nur bei nachlässiger Hautpflege pflegt es von da nach auf- und vorwärts über den Rlicken bis zum Halse, nach abwärts bis zum Euter und die innere Hinterschenkelfläche sich auszu­dehnen.
c. Die Schafräude, Schafkrätze, Scabies ovis.
Bei Schafen ist dies Exanthem von grosser Bedeutung, weil es einerseits durch das dichte Beisammengellen und Beisammen­liegen dieser Thiere leicht als Heerdekrankheit auftritt und ande­rerseits durch das beständige Reiben, Wetzen und Gnubbern die Wollnutzung sehr beeinträchtiget werden kann. Nicht übersehen darf es werden, dass die zartere Organisation dieser Thiere, wenn nicht bald eine zweckentsprechende Behandlung eingeleitet wird, ein schnelles Eintreten cachectiseher Zustände begünstiget.
Im Beginne ist das Leiden bei Schafen nicht so leicht zu er­kennen, besonders wenn die Thiere in vollem Vliesse sind. Es bilden sich Knötchen (Papula), welche sich in Pusteln umwandeln, die durch das Reiben, Kratzen und Begnubbern (gegenseitiges Kratzen), bald mit gelbbräunlichen Krusten bedecken. Die Wolle an der ergriffenen Stelle verklebt und entfärbt sich, wird bleich, zottig und fleckig (?), durch das immerwährende Reiben verwor­ren, löst sich von der Haut ab und hinterlässt einen nackten Fleck, welcher jedoch wegen der Wollbedeckung erst bei dem Scheiteln der Wolle wahrgenommen wird. Unter den Borken finden sich in den Krätzgeschwüren zahlreiche Milben, gewöhnlich auf dem Rücken vom Schweife an bis zum Halse und an den Schultern, besonders bei Schafen in vollem Vliesse: weniger zahlreich sind sie bei geschorenen Thieren, auch bei herangewachsenen Lämmern sollen sie reichlicher angetroffen werden.
Selbstverständlich muss die Krankheit im Herbste und Win­ter, wo die Schafe mehr in den Stallungen gebalten werden und eine lange Wolle besitzen, an In- und Extensität zunehmen, jeden­falls tritt sie glimpflicher auf beim Weidegange und nach der Wollschur.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; #9632;raquo;
Der Juckreiz der räudigen Schafe ist oft sehr bedeutend und sie geben diese schmerzhafte Empfindung durch Wenden des Kopfes, Bebbern mit den Lippen, Kneipen mit den Zähnen, und Kratzen mit den Hinterfiissen zu erkennen. Das Exanthem entwickelt sich in der Regel an jenen Hautstellen, au welchen die Uebertragung,
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470nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten der Haut.
resp. die Ansteckung stattgefunden hat, bei häufiger gegenseitiger Verpflanzung, wie dies in räudigen Heerden der Fall ist, aber an den verschiedensten Körperstellen, wodurch das Uebel rasch zu­nimmt und leicht schädliche Rückwirkungen auf das Allgemeinbe­finden der Schafe übt: nicht selten gesellt sich zur Räude ein bleichsüchtigcr, hydrämischer oder anämischer Zustand, der leicht zum Tode des Thieres führt.
d. Die Krätze der Schweine, Scabies suis,
kömmt wohl nicht sehr häufig vor und wird durch Sarcoptes suis hervorgerufen; der Ausschlag kann an jedem Körpertheile des Thieres vorkommen, jedoch soll er vorzüglich die Augengruben und die inneren Schenkelflächcn lieben. Nach Veborg hat die Krätze beim Schweine mit der Sarcoptes-Räude der Pferde die meiste Aehnlichkeit. Sehr selten soll der Rüssel befallen werden, wahr­scheinlich wird durch das Wühlen das Einnisten der Milben ver­hindert. Spinola hat die Milben des Wildschweines auf unsere Hausschweine übertragen und beobachtet, dass die ersten Verän­derungen auf der Haut in kleineu röthlichen bald vereinzelt, bald gedrängt stehenden Knötchen bestehen, die sich meistentheils zu Bläschen umbilden, welche bald platzen, in der Regel aber früher aufgerieben werden; die Haut an der Krätzstelle erscheint mit nässenden Flecken oder blutrünstig und mit einer gelblichen, kleb­rigen Ausschwitzung bedeckt, die wie kleine Fettaugen auf der Haut hervortritt: dabei verlieren die Borsten ihren Glanz, sitzen nur lose in der Haut und fallen bald darauf aus. Bei sehr hefti­gem Reiben wird letztere nicht nur kahl und rund, sondern es kommt durch die schwartige Beschaffenheit begünstiget selbst vor, dass sie mit Quaddeln besetzt erscheint, wovon einzelne eitern, so dass die Haut ein ganz geschwüriges Aussehen bekömmt, un­eben und höckerig aussieht. Später beginnt die Borkenbildung und gibt nun neben der Falten-, Risse- und Schrundenbildung die wichtigste Veränderung der Haut ab. Mit der Ausdehnung der Räude über sehr grosse Stellen des Körpers nimmt natürlich der Juckreiz zu und mit diesem tritt Abmagerung und selbst ein Hu­sten (?) auf; die Kranken bekommen ein cachectisches und da­durch, dass sie Borsten verloren, zu Gerippen abgemagert sind, die hohlen Augen eitrig erscheinen, ein widriges, ekelhaftes Aussehen.
e. Die Hundekrätze, Hunderäude, Scabies canis,
charakterisirt sich ebenfalls durch die Bildung kleiner Bläschen, welche sich bald in oberflächliche Geschwürchen umwandelt., die bald vertrocknen. Die Oberhaut der räudigen Stellen schuppt sich wiederholt ab, die Haare fallen aus, es gesellt sich Jucken und im weiteren Verlaufe Verdickung der Haut hinzu.
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Hundekrätze.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 477
Das Exanthem mindert sich zuweilen an einer Stelle, um sich an einer anderen desto mehr zu verbreiten und besteht auf diese Weise Jahre lang, ja bis aus Lebensende der Thiere, das aber, da sie durch das fortwährende Jucken, durch den Kräfte­verlust bald herabkomraen und abmagern, in nicht langer Zeit herbeigeführt wird.
Der Ausschlag beginnt gewöhnlich am Kopfe und verbreitet sich sehr schnell über die Hautoberfiäche.
Man hat verschiedene Arten der Hunderäude, die rothe, trockene, nasse, gemeine, grosse, schwarze u. s. w. angeführt. Diese Unterscheidungen bezeichnen eben nichts anderes als die verschiedenen Stadien (Knütchen-, Bläschen-, Schuppen-, Krusten-und Borkenbildung), die das Exanthem von seiner Entwickelung bis zur vollkommenen Ausbildung durchmacht, oder sie beruhen auf Verwechselungen der Krätze mit anderen Exauthemen, beson­ders Flcchtenausschlägon der Hunde.
sect;. 25. Der Verlauf der Räude ist im Allgemeinen ein pro-trahirter, aus dem Wesen des Ucbels wird es klar, dass spontane Heilungen nicht leicht möglich sind. Wird das Exanthem zeitlich entdeckt, und ist es auch auf kleine Hautstellen beschränkt, so kann die Heilung wohl durch eine zweckentsprechende Behand­lung in kurzer Zeit erfolgen, schwierig ist sie und jedenfalls lange dauernd, wenn der Ausschlag auf grosse Hautstellen verbreitet, wenn er mehrere Thiere eines Stalles oder gar einer Schafheerde er-griften hat, — wie dies bei gemeinschaftlichem Weidegange, bei im Grossen gehaltenen Hundemeuten u. s. w. nicht selten geschieht.
Bei zweckmässiger örtlicher Behandlung ist die Räude eine gefahrlose und in einem Zeiträume von ] — 3 Wochen sicher heil­bare Krankheit, die aber auch nach der Beschaffenheit der Con­stitution, nach Pflege und Wartung früher oder später zu cachec-tischen Leiden und endlich zum Tode des Thieres fuhren kann: ihre Dauer ist deshalb verschieden, sie kann sich auf Wochen, Monate, ja Jahre laug erstrecken. Bei Katzen soll die Dauer am kürzesten sein, es mag dies mit der Reinlichkeitsliebe dieser Thiere und damit zusammenhängen, dass ihre Haut Verunreinigungen, ohne Durchfall zu erzeugen, nicht leicht verträgt (Spinola).
sect;. 2(5. Die Prognose wird daher von der Ausdehnung des Lei­dens von seiner Dauer, von dem Kräftezustaude des Thieres, von den öconomischen Verhältnissen, unter welchen es lebt und ob diese die Absonderung der Thiere die nothwendige Pflege, War­tung und Behandlung ermöglichen, abhängen. Nicht ohne Einfluss auf die Vorhersage ist die Species; bei Katzen soll sie im Allge­meinen am ungünstigsten sein; Schafe unterliegen leicht der inve-terirten Räude.
sect;.27. Behandlung. Die erste Indication bei der Räude ist selbstverständlich die Entfernung der veranlassenden Ursache id est Entfernung oder Tödtung der Milben, wozu entweder mechanische
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4Tynbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten der Haut.
oder chemische Mittel in Anwendung gebracht werden; in der Re­gel führt nur eine Combination beider zum gewünschten Erfolge. Zu den erstcreu gehört starkes Bürsten, Reiben mit Strohwischen, Steinstaub, Ziegelmehl: zu den letzteren die Alkalien und Aetzmit-tel, Sublimat, Arsenik, die Säuren, die empyreumatischen und thie-rischen Oele: Terpentinöl, Theer, Hirschhornöl, Creosot u. s. w. Man kann sich dieser Mittel in verschiedener Form: als Salben. Fomente, Waschungen etc. bedienen; die flüssige Form ist jeden­falls die verwendbarste, bei starkem, langem Haarwuchse, bei Schafen sogar die zweckmässigste, sicherste. Bei allgemein über den Körper verbreitetem Ausschlage verdienen die Waschungen den Vorzug vor den Salben, oder man wendet die letztere in halb­flüssiger Form durch Beimengung der Oele als sogenannte Balsame an, besonders in Fällen, wo die Thiere kahl sind, namentlich im Winter, indem ihnen durch letztere mehr Schutz gegen Erkältungen gewährt wird.
Die örtliche Cur muss mit einer besonderen l'flege der nicht afficirten Ilautstellen, mit grosser Reinlichkeit der Localitäten, des Lagerstrohes Hand in Hand gehen; kräftige, leichtverdauliche Nah­rung, eine warme Lufttemperatur, massige Bewegung in freier Luft unterstützen wesentlich bei Hunden und Pferden die Behandlung. Kranke Schafe und Hunde müssen in jeder Hinsicht von gesunden und nach erfolgter Heilung die Genesenen noch separirt bleiben. Die Verabreichung von innerlichen Heilmitteln ist ganz zwecklos.
Die Auswahl der angegebenen äusserlichen Heilmittel hängt von dem Stadium des Exanthems und von der Dauer der Krank­heit ab: inveterirte Fälle erheischen immer concentrirtere Lösungen der scharfen und ätzenden Heilmittel, während frische, begrenzte Eruptionen oft der richtigen Anwendung der schwarzen Seife wei­chen; immer müssen vor Allem die räudigen Stellen von den an­haftenden Haaren befreit, sodann nachdrücklich abgerieben und das unmittelbar darauf aufgetragene Mittel gut in die Haut einge­rieben werden. Zum Aufreiben der Räudestellen bedient man sich guter Bürsten, Striegeln, ja zuweilen auch eines weichen Sand­oder Ziegelsteines, mit deren Hilfe man die anzuwendenden Mittel tüchtig einreibt. — Bei Fferden und Rindern werden in frischen Fällen, wo das Exanthem noch nicht sehr um sich gegrifien hat, Einreibungen mit der Schmierseife, Kien- oder Terpentinöl, Theer, stinkendem llirschhomöl, Oreosotsalbc (1 Theil auf 20 Theile Schweinefett), Schwefelsalbe, concentrirter Schwefelleberlösung, verdünnter Schwefelsäure (1 Theil concentrirter Säure auf 24 Th. Wasser); — Abkochungen von Tabak, mit gleichzeitigem starkem Frottiren der Haut mit Erfolg angewendet. Bei werthvollen Thie-ren räth Spinola die graue Quecksilbersalbe mit schwarzer Seife und Terpentinöl oder Quecksilberseite mit einem Zusätze von stin­kendem Thicröl.
In veralteten und hartnäckigen Fällen hat man auch die Gan-tharidcnsalbe oder Cantharidenpulver mit einem Zusätze von ge-
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Behandlung der Riiude.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 479
meinem Kalk, Chlorkalk, Alkalien, mit Nutzen gebraucht; jedoch müssen diese Substanzen nicht auf die kranken ilautpactieen beschränkt bleiben, sondern auch auf die normalen ausgedehnt werden, auch lässt man in der Kegel die Öalben und Pulver meh­rere Tage auf der Haut sitzen und wäscht sie erst dann mit Asciien-lauge oder einer Tabakabkochung ab, und wiederholt dieses Ver­fahren so lange, als die Thiere das lästige Jucken empfinden, wps diese durch fortwährendes Reiben und Scheuern kundgeben. All­gemeine Waschungen werden dann vortheilhaft die Cur beschlics-sen. Fritscher empfiehlt eine Salbe bestehend aus je 2 Loth Quecksilbersalbe und Schwcfelblumen, I1/., Loth Hanföl und 4 Loth Hirschhornöl, mit welchem Gemische die Pferde auf einmal über den ganzen Körper gut eingerieben und warm zugedeckt werden. Nach 2 Tagen lässt er die auf den Haaren noch klebende Salbe mit Strohwischen wieder verreiben und so bis zum 10. Tage fort­fahren, worauf am 11. Tage endlich das Thier mit Lauge und Seife abgewaschen wird. Wenn wider Erwarten das Uebcl durch diese Procedur nicht beseitiget ist, so wird sie am anderen Tage wie­derholt und auf ganz gleiche Weise durchgeführt. —
Roll bedient sich bei der Behandlung der Pferdekrätze eines Liniments aus Holztheer, Schwefelblumen je ein halbes Pfund, Schmierseife und Weingeist je 1 Pfund, welches mittelst einer Bürste jeden 2. Tag eingerieben wird. Bei empfindlicher Haut setzt er noch '/i Pfd. gepulverter Kreide hinzu und lässt vor der ersten Einreibung die kranken Thiere mit Seife reinigen, die vor­handenen Krusten mit Oel erweichen und abwaschen.
Auch hat man sich in hartnäckigen Fällen des zusammenge­setzten Schwefelbalsams (aus Leinöl, Schwefel, Zink- oder Kupfer­vitriol bestehend), dem man etwas Terpentinöl zufügt und auch einer Mischung von 6 Theilen Leinöl, 2 Thcilen Terpentinöl und einem Theile Cantharideupulver bedient. Da, wo die Kosten nicht in Betracht kommen, ist auch eine Abkochung des echten persi­schen Insectenpulvers mit Photogen digerirt, oder mit Leinöl ge­kocht, empfohlen worden. Im Sommer wird die Cur durch das Schwemmen der Thiere in Flüssen bestens unterstützt.
Bei Schafen, wo die Conserviruug der Wolle in Betracht kömmt und das Uebel meistens über eine ganze oder den grössten Theil der Heerde verbreitet, herrscht, ist eine Einzclnbehandlung mittelst der Schmiercur nicht leicht durchführbar, weshalb es, um durch Uebersehen die Krankheit in der Heerde nicht stationär zu machen, am zweckmässigsten erscheint, die ganze Heerde einer gemeinsamen Badecur zu unterziehen, hiezu dient die Walz'sche Lauge als das vortheilhafteste und billigste Mittel. Dieses wird bereitet: 4 Theile frisch gebrannter Kalk werden in Wasser ge­löscht und 5 Theile Potasche oder 60 Theile Buchenasche zuge­setzt, dann soviel Rindsharn zugefügt, dass ein Brei daraus wird, worauf noch (5 Theile stinkendes Thieröl und 8 Theile Thcer bei­gemengt werden und endlich das Ganze mit 20ü Theilen Rindsharu
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480nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten der Haut.
und 800 Tbeilen Wasser gut zusammengeriihrt und verdünnt wird. Zeigt sich diese Lauge zu schwach, so wird von dem Kalk und der Potasche der 4. Theil mehr genommen und ausserdem können noch 4 Pfund gepulverten Stangenschwefels beigefügt werden, statt des Wagentheers kann mau sich auch des Steinkohlentheers be­dienen. Für eine Heerde von 200 bis 250 Stück ist die Hälfte obiger Gewichtstheile auf Pfunde gebracht hinreichend. — Ger­lach empfiehlt als Vorbereitung ein Bad aus 2 Theileu Potasche und einem Theile Kalk auf 50 Theile Wasser und als eigentliches Käudebad eine Abkochung von Tabak (1 zu 20).
Die Walz'sche Lauge muss in einer Temperatur von 40deg; R. verwendet werden, und wird die Wäsche selbst am besten an son­nigen, warmen Tagen ausgeführt und zwar in der Weise, dass, nach vorhergegangenem Aufkratzen (!) der räudigen Stellen das Schaf durch 2—3 Menschen, wovon, nachdem dem Thiere die Rü­ckenlage gegeben, der eine die llinterfüsse, der andere die Vor-derfüssc desselben ergreift, in die in einer hinlänglich geräumigen Wanne (Kübel) enthaltenen Lauge untergetaucht wird, während der dritte es inzwischen beim Kopfe ergriffen und mit den Händen die Augen desselben bedeckt hat, damit diese vor dem Eindringen der Flüssigkeit bewahrt werden: nachdem das Thier 1—3 Minuten laug in der Flüssigkeit erhalten worden, wird es an zwei andere in Bereitschaft stehende Personen übergeben, welche es in eine in der Nähe stehende leere Wanne heben, es dort auf die Füsse stellen und nun unter Reiben und Kratzen über den ganzen Kör­per die an die Haut gedrungene Flüssigkeit noch mehr mit der­selben in nachdrückliche Berührung zu bringen, in dieselbe einzu­reiben, so wie gleichzeitig die in der Wolle hängen gebliebene Flüssigkeit auszudrücken und in der Wanne zum ferneren Gebrauch wieder aufzusammeln suchen. Von diesem nachdrücklichen Reiben und Kratzen der Haut nach dem Bade hängt wesentlich der Erf 3lg der Wäsche mit ab, und ist dieseProcedur daher nicht zu übereilen; dess-halb es erforderlich ist, dass zu diesem Behufe zwei leere Wannen oder Kübel nebst der erforderlichen Bedienungsmannschaft aufgestellt wer­den. Hauptsache ist dabei, dass das Bad möglichst in der angegebe­nen Temperatur erhalten werde, behufs dessen heisse Lauge vorräthig gehalten und von Zeit zu Zeit dem Bade zugefügt werden muss. Nach dem Bade sind die Schafe warm zu halten; wo daher die Jahreszeit den Aufenthalt im Freien nicht gestattet, sind sie in Ställen bei geschlossenen Thüren bis zum erfolgten Abgetrocknet­sein zu placiren. Ausserdem hat mau bei säugenden Mutterscha­fen dafür Sorge zu tragen, dass sie nicht gleich und erst dann zu ihren Lämmern gelassen werden, nachdem ihnen zuvor das Euter mit Wasser abgewaschen worden ist. Nicht minder ist zu beach­ten, dass die Wäscher selbst nach jedesmaligem Gewaschenseiu eines Schafes sieh die Hände in dazu bereit stehendem kaltem Wasser abspülen; je schärfer die Lauge ist, desto nöthiger ist diese Vorsicht. Im günstigsten Falle kann eine solche Wäsche
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Behandlung der Räude.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 481
zur Heilung- ausreichen, gewöhnlicher aber wird eine zweite 6—8 Tage nach der ersten zu wiederholen sein: bei inveterirter Räude wird selbst eine dritte Wäsche erforderlich werden können. Bei voller Wolle und im Winter macht diese dir wohl grosse Schwie­rigkeiten, indessen ist die Möglichkeit einer vollkommenen Heilung nach Spinola nicht ausgeschlossen, wenn die Wolle noch oben­drein in Zwischenräumen von 2 Zol! von Stelle zu Stelle über den Körper gescheitelt wird, um so das Mittel sicher überall mit der Haut in Berührung zu bringen und so jede einzelne räudige Stelle aufkratzen zu können.
Die von Tessier empfohlenen zusammengesetzten Arsenik­bäder (.-} Pfund arsenige Säure, 20 Pfd. Eisenvitriol, mit 190 Pfd. Wasser auf 2I3 eingekocht und nach Ersatz des verdunsteten Wassers noch einmal aufgekocht), sowie die von Co gnat ange­gebenen Arsenikbäder (7 Grammen Arsenik in 1 Liter Wasser), verdienen obwohl sie von den französischen Thierärzten häufig an­gewendet werden, wegen der ans dieser Manipulation für die die Cur ausführenden Thierärzte und Wärter, wie auch für die kran­ken Schafe leicht rcsultirenden Gefahren durchaus keine Beach­tung. —
Bemerken müssen wir noch, class den Erfahrungen praktischer Thierärzte zufolge nach dem Gebrauche der Walz'schen Lauge das Wachsthum der Wolle oft auffallend befördert wird. —
Bei den Hunden beginnt man die Cur sehr zweckmässig mit einer gründlichen Seifenwasserabwaschung, die mit Zuhilfenahme einer Bürste ausgeführt wird. Auch das Waschen mit einer Auf­lösung von Pottasche (2 Loth auf 1 Pfund Wasser) oder von Sal­peter in derselben Stärke oder einem Gemenge von Schiesspulver, 1 Loth, Kochsalz 8 Loth, Branntwein '/a Pfund — oder endlich von Pottasche und Salpeter (von jedem 4 Loth), Wasser und Brannt­wein (von jedem 8 Lothi gut zusammengerieben. Die Waschungen müssen täglich 1—2mal vorgenommen werden. Man empfiehlt auch eine Abkochung von weisser Niesswurz (1 Loth zu 1 Pfund Co-latur) oder von Tabak (I Loth zu 1 Pfund) täglich einmal durch 5—6 Tage angewendet. Bei kalter Witterung ist es vorzuziehen, die eben genannten Mittel in Salbenform in Verbindung mit Schwefel oder Schwefclleber, grüner Schmierseite oder Fisch-thran anzuwenden. Auch die sogenannte oxigenirte Salbe, die aus einer Drachme Salpetersäure besteht, wird als wirksam gerühmt. — Die Salben werden hi der Regel durch 3—4 Tage täglich einmal auf die räudigen Stellen aufgetragen, worauf eine tüchtige Abwaschung stattzufinden hat. — Der Sicherheit halber pflegt man diese Einreibungen nach 8 Tagen zu wiederholen. — Auch der Theer und das mit Kalkwasser verdünnte stinkende Thieröl pflegen sehr wirksam zu sein, sind aber bei Stubenhundeu wegen des üblen Geruches nicht zu empfehlen. Ist die Krätze nur auf kleine Stellen beschränkt, so kann auch die graue Mercurial-salbe benutzt werden, jedoch nur einen Tag um den anderen und Kraus, Path. u. Thcrap. der Haussüugethiere.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;31
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482nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten der Haut.
im Ganzen etwa dreimal, worauf man durch acht Tage pausirt. Beobachtet man diese Vorsicht nicht, oder lecken sich die Hunde, so entstellt leicht Speichelfluss, Appetitlosigkeit, grosse Schwäche, die selbst den Tod zur Folge haben kann (Hertwig).
Die Schweinekrätze soll nach Ger lach durch Laugenbäder und Einreibungen von Creosotsalbe beseitiget werden.
Veterinär-polizeiliche Mass reg ein.
sect;. 28. Die Räude entsteht bekanntlich nur durch Uebertra-gung von Krätzmilben oder ihrer Eier, also stets durch Ansteckung. Diese wird aber in hohem Grade durch Vernachlässigung der Thiere in der Haltung, dann durch Versäumen des Putzens der Haut der Pferde begünstiget, da unter solchen Verhältnissen die zufällig übertragenen Milben sich ungestört fortpflanzen und ver­mehren können, und durch ihr Einbohren unter die Epidermis zur Entwickeluug und zum Fortschreiten der hervorgerufenen Haut­krankheit Veranlassung geben.
Die auf krätzkranken Thieren sich aufhaltenden Milben und Milbeneier werden theils unmittelbar auf nebeubetindliche Thiere, theils auf Stall- und Putzgeräthe, Decken u. s. w. abgestreift und gelangen im letzteren Falle von diesen Gegenständen aus auf an­dere, damit in Berührung kommende Thiere. Es wird hierdurch begreiflich, dass ein einziges räudiges Thier, eine ganze Heerde, unter welcher es sich befindet, anzustecken vermöge.
Da mithin die Krankheit allein auf contagiösem Wege ent­steht und sich ausbreitet, so sind zu ihrer Hintanhaltung und Til­gung alle jene Massregeln einzuleiten, welche gegen ansteckende Krankheiten überhaupt geboten sind.
1) In Rücksicht der Verhütung der Pferderäude sind jene Vorschriften genau zu befolgen, welche durch die Absätze 2, 3 und 4 des sect;.71 des Seuchen - Normales bezüglich der Hintanhaltung der, durch rotzige und wurmige Pferde drohenden Ansteckungsge­fahr vorgezeichnet wurden, inbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 2) Mit Krätze behaftete Pferde sind sogleich vollständig zu
separireu, und einer zweckmässigen thierärztlichen Behandlung zu unterziehen: die mit ihnen in Berührung gestandenen Thiere aber wenigstens durch 15 Tage unter den, in dem Absätze 4 des sect;. 72 vorgeschriebenen Modalitäten zu beobachten. Neu angekaufte Schafe sollen vor Ablauf von 10 Tagen nicht in die Heerde ge­bracht werden.
3)nbsp; Bricht die Räude in einer Schafheerde aus, so ist die ganze Heerde als angesteckt zu betrachten, und der thierärztlichen Behandlung zu unterziehen.
4)nbsp; Der Austrieb solcher Heerden auf die Weide darf nur un­ter der Bedingung gestattet werden, dass dieselbe von aller frem­den Schafheerden, dann von Wegen und Weideplätzen, welche letz­tere betreten, wenigstens auf 200 Schritte ferne gehalten werden.
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Finnenkrankheit.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 483
5)nbsp; Der Ausbruch der Seuche ist deu angrenzenden Ortschaf­ten unverzüglich bekannt zu geben.
6)nbsp; Der An- und Abverkauf von Schat'vieh im Seuchenorre ist für die Dauer der Seuche strengstens zu verbieten.
7)nbsp; Das Schlachten räudiger Schafe an Ort und Stelle für den eigenen Bedarf ist gestattet. Das Austreiben von Schafen aus Or­ten, in welchen die Räude herrscht zur Schlachtbank, ist jedoch verboten.
8)nbsp; Räudige Schafe, die in einen cachectischen Zustand ver­fallen, und als unheilbar erkannt werden, können über ßeschluss der Seuchencommission getödtet werden, ohne dass von dem Ei-genthümer irgend ein Schadenersatz hiefür verlangt werden kann.
9)nbsp; Die Wolle und die Häute räudiger Schafe sind an einem abgesonderten Orte mindestens durch 6 Wochen zu lüften, und dürfen nur über vorläufige Bewilligung des k. k. Bezirksamtes nach auswärts transportirt werden.
10)nbsp; Die Reinigung der inficirten Ställe und Geräthe ist nach Vorschrift der sect;sect;. SO und 31 vorzunelimen.
Die Schafräude gibt als ein Hauptfehler mit einem für die Wandlungsklage bestimmten Zeiträume von 8 Tagen in Oester-reich, 14 Tagen in Bayern und Baden, 15 Tagen in Würtemberg, und 2!raquo; Tagen in Nassau. Gerlach glaubt, dass durch die Auf­nahme der Räude unter die Gewährsmängcl nur solche Schäfereien getroffen werden, unter denen diese Hautkrankheit stationär ist (wie in vielen Wirthschaften und ganzen Districten im Hannover­schen) und von den Schäfern durch Schmieren an Stellen der auf­keimenden Räudeknötchen bis zu einem gewissen Grade niederge-balten wird. Diese sogenannten Schmierschäfereien aber, bei de­nen es lediglich von der Aufmerksamkeit des Hirten abhängig ist, ob die Heerde 7/g oder nur '/;! Wolleertrag liefert, müssen eben vom Gesetze getroffen werden, weil sie polizeiwidrig sind, seitdem die Wissenschaft gezeigt hat, dass die Räude lediglich von den Mil­ben abhängt, nur durch Ansteckung entsteht und heilbar ist.
sect;. 29. Die Finnenkrankheit,
Cachexia telae cellulosae hydatigena (Veith).
In neuester Zeit ist man zur Ueberzeugung gekommen, dass Glieder oder Eier des Menschenbandwurmes, die die Schweine mit dem Futter verzehren, die Entwickelung der Finnenkrankheit be­dingen. Diese Ansicht, meint Roll wird durch die Thatsache be-stättiget, dass die Finnen vorzugsweise bei Schweinen vorkommen, die in der Nähe von Aborten untergebracht sind, während sie bei Wildschweinen und Hausschweinen, die mit Eiebeln, Buchein ge-näbret werden, oder Weiden besuchen, ausseist selten angetroffen werden.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; -
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484nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten der Haut.
Symptome. Mattigkeit, Mangel an Fresslust, heiseres Grun­zen, teigige Geschwulst unter dem Hinterkiefer und des Rüssels, Blässe der Maulsclileimhaut, Ubier Geruch der ausgeathmeten Luft, Anschwellung des Halses, Erschwerung des Athmens, leichtes Aus­fallen der Borsten sind diejenigen Erscheinungen, die der Finnen­krankheit eigenthümlich sein sollen. Es ist aber einleuchtend, dass diese Symptome auch anderen Krankheiten zukommen und desshalb nicht als pathognomische Zeichen der Finnen angesehen werden küiineu. Ja die Erfahrung lehrt, dass selbst diese Zeicheri sich wohl erst bei hohem Grade der Krankheit einstellen und des­halb die Diagnose erst nach dem Tode sicher gestellt werden kann, wo man in dem Unterhautzeilgewebe, im Bindegewebe zwi­schen den Muskeln, im Herzfleische, im Schlünde, in der Zunge, in der Gehirumasse, in der Leber, in der Milz kleine gelbliche, weisse, hirsekorn- bis erbsengrosse Bläschen findet, in welchen der Blasenwurm (Cysticercus L'ellulosac s. Hydatis Finna) eingekapselt liegt, und zwar oft in solch' enormer Menge, dass die Thiere in Folge der Behinderung der Function des betreffenden Organes zu Grunde gehen; in anderen Fällen scheinen die massenhatten Fin­nen dem Thierkörper soviel Säfte zu entziehen, dass derselbe der Abzehrung und Erschöpfung erliegt. —
Da beim Leben des Thieres die Diagnose der Krankheit nicht so leicht möglich ist, so kann von einer rationellen Behand­lung und einer Heilung des Leidens selbstverständlich keine Rede sein und die Oeconomen haben nur die Aufgabe, um ihre Schweine vor den Finnen zu bewahren, sie reinlich zu halten und alle Gele­genheiten fernzuhalten, durch welche diese Thiere zur Bandwurm­brut des Menschen kommen könnten. Die gerühmten Antimonia-lien, Kupferpräparate, Bleizucker u. s. w. sind ganz erfolglos.
Das Fleisch finniger Schweine auszuschroten, ist in Oester-reich verboten und zwar mit Recht, weil die in denselben enthal­tenen Finnen selbst durch Kochen nicht getödtet werden, und der Genuss finnigen Fleisches beim Menschen zur Entstehung des Band­wurmes Veranlassung gibt.
Die Finnen sind in den meisten speciellen Währschaftsge-setzen aber mit weit auseinander gehenden Gewährszeiten aufge­nommen u. z. in Oesterreich, Preussen, Bayern, Kurhessen, Gross-herzogthum Hessen, Waldeck, Canton Tessin und Graubündeu 8 Tage.
In Solothurn........nbsp; nbsp; 15 Tage.
nbsp; nbsp; Sachsen-Coburg-Gotha ....nbsp; nbsp; 21 Tage.
„ Baden.........nbsp; nbsp; 28 Tage.
nbsp; nbsp; St. Gallen, Appenzell ....nbsp; nbsp; 30 Tage.
nbsp; nbsp; Würtenberg und Schaffhausen .nbsp; nbsp; 31 Tage.
„ Wallis.........nbsp; nbsp; 40 Tage.
„ Thurgau.........nbsp; nbsp; nbsp; 2 Monate.
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Muskelentzundung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;485
Gerlach ist der Ansicht, dass der Entwickelungsgang bis zur Reife der Finnen, d. h. wo dieselben einen ausgebildeten Kopf haben, der etwa wie ein Stecknadelkopf grosser weisser Punkt durch das mit Serum gefüllte Bläschen scheint, eine längere Zeit als 2 Monate erfordert und eine etwaige Abzehrung erst längere Zeit nach der Reife der Finnen eintritt, wesshalb eine Gewährs­zeit von 60 Tagen diejenige sei, welche den Verkäufer nicht ge­fährdet und dem Käufer einen solchen gesetzlichen Schutz gewährt, der der Natur der Krankheit zulässig ist.
Krankheiten der Muskeln und Sehnen. sect;. 30. Die Muskelentzündung, Myositis.
Die Muskelentzüadung ist sehr häufig die Folge äusserer Ur­sachen u. z. von Verwundung, Zerreissung, Dehnung und Zerrung, Erschütterung, Erkältung: ausserdem entsteht sie eben nicht selten aus einem Innern Momente z. B. Pyämie, endlich entwickelt sie sich durch Entzündungen von benachbarten Gebilden her.
Ihre Kennzeichen sind: 1) Injection und Röthe verschiedener Intensität; 2) Exsudation als eine seröse oder gallertartige, faser-stoffige, oder eiterige Infiltration oder Erguss, welcher die Räume zwischen den auseinander gedrängten Bündeln und Fasern ein­nimmt. 3) Mit dem Erscheinen des Exsudats eine Entfärbung zum Blassröthlichen, Fahlen. 4) In Bezug auf Consistenz ist die Ge-websmasse des Muskels weich, morsch, leicht zerreisslich. Als Ausgänge und Folgen sind zu beachten: Mit der Resolu­tion ergibt sich a) eine Abmagerung des Muskels, nach ausgebrei­teter Entzündung, Abmagerung des ganzen Gliedes, Atrophie, b) Es bleiben Anhäufungen von Bindegewebe zurück, welche das zu Grunde gegangene Muskelfleisch mehr weniger vollständig sub-stituiren. c) Vereiterung. Der Eiter fliesst unter Schmelzung der Muskelfasern in einen Herd zusammen, dessen Wände aus zerfal­lendem Muskelgewebe- bestehen; mehrere Herde können sich zu einem grösseren vereinigen, oder ein Muskelkörper vereitert gleich­förmig von allen Punkten her. Greift der Eiter über den Muskel hinaus, so kommt es zuweilen zu einer Entleerung des Eiterher­des nach aussen, oder dieser wird durch eine Bindegewebsneubil-dung abgekapselt, wo der Eiter zuweilen verdickt, verkreidet ist. Der Eiter in solchen Abscessen führt nicht selten zur Pyämie, zu Caries der Knochen im Bereiche der bezüglichen Ursprungssehne des Muskels.
Zum besseren Verständnisse führen wir hier die von Spinola einigemale bei Pferden beobachtete Entzündung der Lenden­muskeln, Psoitis rheumatica an, dieselbe war immer von hochgradigem Fieber begleitet. Die Thiere bewegen sich nur müh­sam und verursacht ihnen insbesondere das Wenden grosse Be-
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486nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten der Muskeln und Gelenke.
schworden, sie gehen steif mit dem Hintertheile in knrzen Schritten, krünimen den Rücken nach oben und äussern heftigen Schmerz beim angebrachten Druck in der Lendengegend.
Später steher. sie mit dem Hintertheile fest, unbeweglich, gleichsam wie angenagelt und sind schwer oder gar nicht zum Herumtreten zu vermögen; die Thiere legen sich nicht. Bald tritt zu diesen Erscheinungen Anschwellung der Schenkel, zuerst an den Hinterschenkeln, später auch au den vorderen, die so bedeu­tend wird, dass sie jede Bewegung mehr und mehr behindert. Unter Zunahme des Fiebers sterben die Tbiere am 5. — 7. Tage. Selten tritt Genesung ein. Es steht diese nur zu erwarten, wenn die Geschwulst am Schenkel nicht sehr bedeutend ist; Steif­heit und Schwerbeweglichkeit im Hintertheile bleiben noch länger zurück und beschränken den Gebrauch der Genesenden.
Nach dem Tode findet man die Lcndenmuskeln dunkelroth, fast schwärzlich gefärbt, mürbe, die Nierenkapsel, sowie den an­grenzenden Bauchfelltheil entzündet und in dem umgebenden Zell­gewebe plastische Exsudation. Die Geschwülste an den Schenkeln bestehen in einer serösen Infiltration in das Zellgewebe.
lieber die Ursachen ist nichts Positives bekannt; Spinola meint, dass die Krankheit ursprünglich in einem Rheumatismus der Lendenmuskeln bestehe. Dass aber auch starke Anstrengungen, Dehnungen, vielleicht selbst Zerreissung einzelner Fasern der Len­denmuskeln beim Ziehen, Springen etc. die Ursachen abzugeben vermögen, ist nicht in Abrede zu stellen.
Die Prognose ist immer zweifelhaft und hängt theils von dem Grade und der Heftigkeit, der günstige Ausgang aber nicht minder von der richtigen Erkennung der Krankheit ab.
Die Behandlung wird zunächst eine antiphlogistische sein, daher Aderlässe, Salpeter, Tart. stibiatus, Glaubersalz in abführen­den Dosen in Anwendung kommen müssen. Die Anschwellungen der Schenkeln erfordern Frictionen und Um Wickelungen, Einrei­bungen von Mercurial- und Jodsalben, Campherlinimenten u. s. w.
sect;. 31. Die Entzündung der Sehnen bedingt in derRegel eine Verdickung der Sehne, die sich meistens bei Pferden an den Beuge sehnen des Schienbeines als eine begrenzte, mehr weniger harte indolente Geschwulst, Sehnenklappe, darstellt. Die Sehnenentzün­dung wird durch starkes Springen, schweres Ziehen, durch Er­kältung u. s. w. veranlasst.
sect;. 32. Die Entzündung der Sehnenscheiden hat gewöhnlich ein seröses oder plastisches Exsudat im Gefolge, das entweder resor-birt oder zur Verwachsung der Scheide mit der Sehne führt, oder aber die Sehnenscheide verdickt, beim chronischen Verlaufe der Entzündung: es sammelt sich eine seröse Flüssigkeit in ihrer Höhle, in welcher durch Schwund ihrer Stiele freigewordenen Vegetatio­nen schwimmen (Sehnenscheidengallen).
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Muskelrheumatismus.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 487
sect;. 33. Der Muskel- und Gelenkrheumatismus.
Leblane bat eine practisch wichtige Abhandlung in der „Recueil de Medecine veterinaire-' über die rheumatische Affec­tion unserer nutzbaren Haussäugethiere niedergelegt, die wir hier wiedergeben wollen.
Der Rheumatismus tritt bei Thieren unter verschiedenen Formen auf und hat seinen Sitz in den Muskeln, in dem fibrö­sen Gewebe und in den serösen Häuten, die die Köiperhöhlen und Gelenke auskleiden. Am öftersten ergreift er das Rind, das Pferd, den Hnnd und endlich das Schwein; beim Schafe wurde noch kein Fall von ausgesprochenem Rheumatismus beobachtet. Meist tritt er als Muskel- und als Gelenkrheumatismus auf und nur beim Pferde erscheint er noch als Synovilis rheumatica. Alle 3 Formen haben gemeinschaftliclie Charaktere: Entzündung, Neigung zur Ortsveränderung und Veränderung des Gewebes, sie können für sich vorhanden sein oder es kann auch der Muskelrheumatis-mus gleichzeitig mit der rheumatischen Gelenksentzüudung und mit der Synovitis rheumatica vorkommen; besonders tritt aber letztere gerne mit der Entzündung der serösen Häute der Körperhöhlen auf. Der Rheumatismus findet sich besonders häufig bei jungen Thieren, er ist nicht selten heftig und lässt für das Leben der Thiere oder doch für ihre fernere Brauchbarkeit fürchten.
Der Muskelrheumatismus wird bei den Einhufern, beim Rinde und beim Hunde beobachtet. Bei den Einhufern, beim Pferde und Maulthiere tritt er acut oder chronisch auf und besonders ist letz­terer für die Wiederherstellung der Brauchbarkeit des Thieres zu fürchten. Er fixirt sich meist an den Gliedmassen, seine Erschei­nungen werden bald mehr bald weniger intensiv nach der äusse-ren Temperatur und der Feuchtigkeit der Luft, selten ist er von Fieber oder Mangel an Fresslust begleitet und befällt meist junge Thiere, die an unregelmässiger Drüse litten, oder ältere Thiere nach vorausgegangener Verkühlung. Im x^llgemeinen ist er beim Pferde selten und wird besonders nach starken Verkühlungen von Hautödem oder Lungenbrustfellentzündung begleitet. Die kranken Thiere gehen durch einige Tage an einem Hinterfusse, dann an einem Vorderhisse im Schritte kaum merklich, im Trabe aber auffallend krumm und zeigen Schmerz an der erkrankten Stelle, die wärmer und geschwollen ist. Gewöhnlich befällt der Muskelrheumatismus die Muskeln der Schulter, des Halses, der Lende und der Rippen­wandung, ausnahmsweise die Muskeln des Oberarmes und des Schenkels. In der Regel ist er nicht complicirt, ausnahmsweise mit mehr oder weniger heftigen Erkrankungen, wie sie durch die Veränderungen der Atmosphäre bedingt werden. Die Genesung erfolgt meist mit der Witterungsveränderung; aber die Krankheit wird auch chronisch mit bei günstiger Witterung ab-, bei ungün­stiger zunehmenden Erscheinungen, im letzteren Falle bedingt sie wichtige Veränderungen des Muskels, zumeist Atrophie dessel-
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Krankheiten des Muskeln und Gelenke.
ben. Die Behandlung richtet sich nach der Dauer und Ursache der Krankheit: Ruhe des Thieros, gutes Futter, Haarseil an der Brust, reizende Einreibungen und endlich die innerliche Ver­abreichung von Acct. potassae in grossen Gaben bewirken in der Regel die Genesung.
Beim Rinde tritt der Muskelrheumatismus häufiger als beim Pferde, meist sehr heftig mit Fieber und mit inneren Erkrankun­gen: Enteritis und Pneumonie oder mit anderen rheumatischen Krankheitsfornicn auf, besonders bei feuchter Witterung und bei jungen zum Zuge verwendeten, den Witterungsunbilden ausgesetz­ten oder in schlechte Stallungen eingestellten Ochsen, bei welchen er dann gewöhnlich, wenn er auch local auftritt, allgemein wird. Er befällt gewöhnlich die Lenden und die Schulter und äussert sich durch Traurigkeit des Thieres, Aufsträuben der Haare, heisse Haut, beschleunigtes Athmen, heftiges Fieber und starken Schmerz beim Drucke auf die Lenden. Ist die Schulter ergriffen, so erheben sich die Thiere beim Aufstehen zuerst mit dem Hintertheile, ist die Lende ergriffen, so geschieht dieses zuerst mit dem Vordcrtheile: der Urin wird sparsam und dunkel gefärbt, der Mist verzögert ab­gesetzt. Wird die Krankheit allgemein, so können sich die Thiere nicht bewegen und die Muskeln sind gespannt und schmerzhaft und in diesem Falle ist häufig gleichzeitig- eine Entzündung an einem Organe oder des Rand - Apparates der Gelenke zuge-gegen. Die örtliche Krankheit fixirt sich häufig an einem Theile, dauert länger und wird leicht chronisch, wo die Thiere dann schwach und mager werden, die Muskulatur atrophirt und die Ge­lenke schwellen an. Werden die Muskeln von solchen Thieren ge­nauer untersucht, so erscheinen die einzelnen Muskelbündel durch eine gelatinöse Masse verklebt.
Bei der acuten Form sind die Thiere vor Erkältung zu schützen, in einen gut geschlossenen Stall zu stellen, es ist ein Aderlass selbst wiederholt zu machen und innerlich sind die Hautsecretion erregende Mittel anzuwenden, beim allgemeinen Rhenmatistnus zieht man ein Haarscil am Triel und verabreicht ein Brechmittel, die chronische Form ist fast unheilbar und solche Thiere sind zu sehlachten.
Beim Hunde tritt der Muskelrheumatismus bei älteren Thie­ren. bei Jagdhunden nach starker Verwendung im kalten Wasser und bei an feuchten Orten gehaltenen Trieben auf. Auch hier ist er acut oder chronisch und ergreift die Brust, die Lenden, sehr selten die Glieder. Die Thiere zeigen bei der acuten Form die ergriffenen Muskeln gespannt, heiss und sehr schmerzhaft, sie heulen ohne Ursache auf und suchen jede Bewegung zu vermei­den; diese Form ist sehr häufig mit Verstopfung oder Enteritis complicirt und in der Regel genesen die Thiere bei dieser Form schnell. Bei der chronischen Form sind dieselben Erscheinungen, aber schwächer vorhanden, die Genesung erfolgt hier selten. Die Behandlung besteht bei der acuten Form im Warmhalten der Thiere, in der Anwendung von Blutentleerungen, schmerzstillenden Einrei-
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Muskelrheiiraatismus.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;489
hnngen und in der Verabreichung von Purgirraittein, bei der chro­nischen Form ohne Blutentleenuigen in der Anwendung der Warme, reizender oder schmerzstillender Einreibungen und in der Verab­reichimg von Acet. potassae in grossen Gaben. Pill wax empfiehlt für Hunde folgende Formeln:
Rp. Spirit. Formicarum unc. unam. Spirit, camphorati drachm, duas. Tinct. Opii simpl. dr. unam.
MDS. Zur Einreib, der schmerzhaften Stellen.
Nimm: Ameisengeist zwei Loth. Camphergeist ein halbes Loth, einfaelie Opiumtinctur ein Quentchen.
Rp. 01. Hyoscyami coeli unc. semis. Morph. acet. gr. qua-tuor. M. f. linimentum.
DS. Wie oben zu gebrauchen.
Nimm: Gekochtes Bilsenkrautöl ein Lotb, essigsaures Mor­phium vier Gran. Mache es zur flüssigen Salbe.
Rp. Chloroformii drachm, unam. 01. Hyosc. cocti unc. semis. Mf. linimentum.
DS. Wie das Vorige.
Nimm: Chloroform ein Quentchen, gekochtes Bilsenkrautöl ein Loth. Mische es zum Liniment.
sect;. 34. Die Synovitis rheumatica kommt nur bei den Einhufern und fast immer in Folge von Entzündung der Pleura und des Pericar-diums vor, selten verbindet sie sich mit dem Muskel- oder Gelenk­rheumatismus. Die Länge der Sehnen der die Füsse bewegenden Muskeln bei den Einhufern, der Gefässreiclithum und die leichte Entzündbarkeit der jene umgebenden Synovialhaut an der Sehnen­scheide vom Knie bis zur Sohle bedingen das häufige Auftreten dieser Krankheit bei dem Pferde, die örtlich und wechselnd, aber auch allgemein und den Tod des Thieres bedingend sein kann. Bei Pleuropneumonie des Pferdes sieht man oft, dass das Thier einen Fuss, meist einen Vorderfuss schont, fährt man nun mit der Hand an der hinteren Seite des Fusses herab, so findet man in der Nähe des Fesseis eine harte und schmerzhafte Geschwulst: die Affection ergreift dann gewöhnlich den anderen Vorderfuss und endlich einen oder beide Hinterfüsse. Bleibt die Krankheit am Vorderfusse, so wird dieser Fuss nach vorne gestellt, die schmerz­hafte Anschwellung nimmt bald ab, bald zu und das Krummgehen des Thieres, das momentan verschwunden war, kehrt wieder. Die Krankheit verschwindet, wenn sie beide Vorderfusse ergriffen hat, gewöhnlich nach 4 — 6 Wochen oder sie befällt alle 4 Füsse und das Thier geht unter grossen Schmerzen innerhalb einiger Tage zu Grunde, oder dieselbe wird chronisch, verschwindet, um bei Witterungswechsel oder Anstrengung wieder zu erscheinen, ergreift die Scheiden bis an das Endglied und macht das Thier zur Ver­wendung untauglich. Die Krankheit tritt nach Lungonbrustfell-, Brustfell-, selten nach Herzbeutelentzündung auf, sie verbindet sich aber mit Entzündung der Endgelenke des Fusses, mit Endocarditis und mit der Nierenentzündung. Die Veränderungen, die man am Ca-
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490nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten der Muskeln und Gelenke.
daver findet, sind ausser den Veränderungen der inneren Organe: Injection der Synovialliaut; Kindickung der Synovia, Verdickung und Verwachsung der Haut mit den Sehnenscheiden, Verklebung der Sehnen in grosser Ausdehnung unter einander. Die Behand­lung muss im Beginne energisch sein und besteht in Verminderung des Futters, man gibt im Sommer Grün-, im Winter Rübenfutter und macht überall, wo die Krankheit auftritt, flüchtig scharfe Ein­reibungen und verabreicht innerlich Sulf. sodae oder Nitrum in kleinen Gaben; die übrige Behandlung richtet sich nach der inner­lichen Krankheit; bei der chronischen Form kann noch das Strich­oder Punktfeuer Genesung bewirken.
Der Gelenkrheumatismus kommt beim Rinde und l'forde vor, selten beim Schweine und Hunde und nie beim Schafe. Die Krank­heit ist meist von Fieber und von Mangel an Fresslust begleitet, die Thiere schonen den kranken Fuss, das ergriffene Gelenk ist geschwollen, die Umgebung beim Befühlen heiss und schmerzhaft; die Krankheit tritt bei verschiedenen Thierguttungen in verschie­dener Form auf.
Beim Pferde unterscheidet man den allgemeinen und den örtlichen; ersteren beobachtet man bei Füllen in gewissen Jahren fast epizüotisch, wahrscheinlich durch klimatische Einflüsse, Witte-rungsweebsei und Feuchtigkeit der Ställe bedingt. Die Thiere hinken, sind traurig, zeigen verminderte Fresslust und Injection der Schleimhäute, es zeigt sich ein oder mehrere Gelenke ergrif­fen; besonders an dem unteren Theil der Gliedmassen, es bilden sich um die ergriffenen Gelenke bald Eiterherde, die durchbre­chen, mit Gelenkschmiere gemengten Eiter entleeren, worauf die Thiere unter pyämischen Erscheinungen nach einigen Tagen oder auch nach einigen Wochen zu Grunde gehen. Bricht die Geschwulst um das Gelenk nicht auf, so wird sie kleiner, verschwindet end­lich oder es bleibt Wassersucht des Gelenkes zurück. Die Krank­heit verbindet sich gerne mit seeundärer Bauchwassersucht, mit Vergrössenmg der Mesentcrialdriisen und der Bronchialdrüsen. Bei der Section findet mau um die Gelenke bis in die umgebenden Muskeln eine sulzige Masse oder Eiterherde, die Gelenkskapsel geröthet, die Gelenkschmiere mit Eiter gemengt, die Bänder und Knorpel erweicht, verdickt, theilweise abgerieben, die Gelenksen­den der Knochen verdichtet, schwammig, geröthet, das Bauchfell an mehreren Stellen entzündet, in der Bauchhöhle Flüssigkeit, die Gekrösdrnsen vergrössert, roth oder grau gefärbt, mit Eiterherden durchsetzt, die Harnleiter und Harnblase entzündet, sehr selten in den Nieren zerstreute Abscesse, Exsudat im Brustfelle und im Herzbeutel, einzelne Theile der Lunge hepatisirt, die Thymus wei­cher mit kleinen Eiterherden durchsetzt.
Bei der Behandlung ist vor Allem eine Veränderung der Muttermilch zu erzielen durch Verabreichung kühlender Nahrung an die Mutter, dann sind die Füllen an einen trockenen, warmen Ort zu bringen. Nimmt trotzdem die Krankheit zu, so macht man
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Muskelrheumatisraiis.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 491
Blutentleerungen, verabreicht Pnrganzen und wendet örtlieli bei sclinierzliaften Anschwellungeo erweichende und bei schmerzlosen zasammenziebende Jlittel an; bei chronischer Gelenksentztindung, bei verhärteter Geschwulst um die Gelenke oder bei Gelenkwas­sersucht sind resolvirende Mittel und das Glülieisen anzuwenden. Der örtliche Gelenksrheumatismus ist bei den Einhütern, besonders bei gutgenährten weniger häufig und gefährlich, er entsteht durch dieselben Ursachen wie der Muskelrheumatismus, er ergreift ge­wöhnlich ein Gelenk, besonders das Schulter-, Ellbogen-, Knie- und Fesselgelenk und complicirt sieh gerne mit Muskelrheumatismus, mit Pleuritis und Pericarditis.
Beim Rinde kommt der Gelenksrheumatismus bei jungen Thieren und bei Melkkühen, aber auch bei stark arbeitenden Ochsen in überfüllten Stallungen und bei sehr nahrhaftem Fut­ter vor. Bei jungen Thieren, bei Kälbern von (i Monaten bis zu einem Jahre wird die Krankheit nicht selten beobachtet: sie tritt acut oder chronisch auf. Im ersten Falle sind die Erschei­nungen sehr heftig und die Krankheit gefährlich, im anderen Falle ist sie fast gefahrlos. Die Erscheinungen und die Ver­änderungen sind wie heim Gelenkrheumatismus der Füllen, eben­so sind die Ursachen dieselben, nur sind beim Rinde die Com-plicationen seltener. Die Behandlung der acuten Form ist wie beim Gelenksrheumatismus der Füllen, nur verabreicht man inner­lich mit gutem Erfolge Sulf. Sodae, bei der chronischen Form sind bei erfrischender Nahrung leichte Aderlässe, innerlich Crernor tar-tari, endlich erweichende, später sogar reizende Mittel, seihst das Glüheisen auf die kranken Gelenke anzuwenden. Bei Arbeitsoch­sen und Melkkühen ist die Krankheit acut oder subacut. Zur kal­ten und feuchten Jahreszeit tritt die acute Form meist am Knie­oder Fesselgelenke mit Hitze, Schmerz und Geschwulst auf, in der Umgebung des Gelenkes wird das Zellgewebe intiitrirt, dieThierc gehen krumm und liegen häufig; bei der subacuten Form wird die Geschwulst um die ergriffenen Gelenke hart, wenig schmerzhaft, macht die Thiere arbeitsunfähig und bei beiden Formen tritt Ab­magerung ein. Die Krankheit complicirt sich oft mit Muskelrheu­matismus und Enteritis. Die Veränderungen sind, wenn die Thiere bei der acuten Form umstehen: Infiltration des das Gelenk umge­benden Zellgewebes, Injection der Gelenkkapsel, dunklere Färbung der Gelenkschmiere mit den Erscheinungen der Enteritis; und wenn die Thiere bei der subacuten Form geschlachtet wurden: Verhär­tung des Zellgewebes um die Gelenke, Infiltration der Gelenks­bänder, der Kapsel und Knorpel, Hypertrophie der Gelenksenden, Verminderung der Gelenksschmiere uud unvollkommene Anchylose. Die Behandlung besteht bei der acuten Form im Warmhalten, im Verabreichen einer erfrischenden Nahrung, in einem Aderlasse und in der Verabreichung eines Brechmittels; bei der subacuten Form in der Anwendung des Glüheisens und in der innerlichen Verab­reichung von Salpeter.
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492nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten der Gelenke.
Beim Schweine ist der Gelenkrheumatismus aeut oder chro­nisch. Die Krankheit tritt bei Thieren aus schlechten Stallungen am Knie- und Fesselgelenke auf, bei der acuten Form beobachtet man oft Fieber und Mangel der Fresslust und bei Complicationen mit Pleuresien den Eintritt des Todes; bei der chronischen Form magern die Thiere sehr ab und müssen endlich geschlachtet wer-der. Die Erscheinungen und Veränderungen sind wie beim Rinde, die Genesung erfolgt bei der acuten Form in warmen Ställen, bei erfrischender Nahrung und reizenden Einreibungen auf die Gelenke, bei der chronischen Form ist jede Behandlung fruchtlos.
Beim Hunde kommt der Gelenksrheumatismus manchmal vor, jedoch wurde die Krankheit noch nicht genau beobachtet. Beim Schafe, besonders bei jungen Thieren hat Chambert eine Krank­heit als Gelenksrheumatismus beschrieben, die aber Rhachitis ge­wesen zu sein scheint.
sect;. 35. Neubildungen.
Bindegewcbsneubildungen kommen nach Entzündungen in Muskeln und Sehnen häufig vor. Fettgewebsncubildungen werden neben Muskelatrophie an gelähmten Extremitäten gefunden, bei gemästeten Thieren ist die Atrophie und fettige Entartung der Muskeln die Folge der allgemeinen Fettsucht. Die Sehnen hat Roll nicht selten in eine dichte Knochensubstanz umgeändert ge­funden: den Medullarkrebs der Muskeln aber häutig bei Hunden, die an allgemeiner Krebscachexie litten, beobachtet. Bei Pferden, namentlich bei Schimmeln soll auch die Melanosenbildung in den Muskeln nicht selten vorkommen und zum Verfall und Verjauchung führen. Der Rotztuberkel wird primär bei Einhufern gefunden.
Krankheiten der Gelenke.
sect;. 36. G e 1 e n k s - E n t z ü n d u n g.
Sie tritt ursprünglich in der Synovialhaut und jder tibrösen Gelenkskapsel aut; zu den Veränderungen, welche diese beiden erleiden, treten im Verlauf auch jene hinzu, welche die Gelenks­knorpel und die knöchernen Gelenksenden eingehen.
Die Synovialhaut erscheint injicirt und geröthet. von innen angesehen, gleicht sie zuweilen einem sammtähnlichen rothen Filze, sie ist trübe (undurchsichtig) gewulstet und gelockert. Die Trü­bung rührt von seröser Infiltration her, sie ist desshalb leichter zerreisslich und von den unterliegenden Geweben leichter abstreif­bar: die Gelenksfransen erscheinen verlängert und so wie die Ober­fläche der Geleuksknorpel hochgeröthet. In der Gelenkshohle sind vorwiegend seröse oder vom Fibringerinnsel trübe, flockige faser-stofthaltige an der Synovialmembran an den Gelenksknorpeln an­klebende Exsudate oder eiterige Ergüsse, die selbst zur Perfora-
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Gelenksentzündung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;493
tion des Gelenkes flibren können, entbalten. Die chronische Ent­zündung ist einerseits häufig durch die grosse Menge des Ergusses mit Erweiterung und nahmhafter Verdickung der Gelenkskapsel ausgezeichnet, anderseits findet man die Synovialhautmit kolbigen oder verästigten (dendritischen) Excreszenzen mehr oder weniger dicht besetzt. Nebst dem Ausgange in vollkommene Genesung, bleibt
a)nbsp; ein seröser Erguss mit entsprecbender Erweiterung der Gelenkskapsel, (Gelenkswassersucbt, Hydropsarticuli) Wulstung der­selben Infiltration und Hypertrophie des umgebenden Bindegewe­bes mit Vegetation auf der Synovialhaut. Gelenkssteifigkeit für immer zurück.
b)nbsp; Es tritt ulceröse Zerstörung der Gelenkskapsel in Form eines acuten Zerfalles in grosser Ausbreitung oder allmähliger Per­foration an einer oder mehreren Stellen mit Destruction der Bein­haut und zu Caries führenden Jaucheherden, die sich mittelst fistu­löser Gänge nach aussen entleeren.
c)nbsp; Die knöchernen Gelenksendeu participiren wohl selten an der Gelenksentzündung. Bei ausgebreiteter Jauchung in der Ge­lenkskapsel oder bei Atrophie der Knorpel werden die knorpeligen Gelenksüberzüge lose und mit Abstossung derselben die jauchen­den Gelenkenden biosgelegt, wodurch Beinhautentzünduug und Ca­ries der Knochenenden herbeigeführt wird.
d)nbsp; Bei leichten Exsudationen in der Synovialkapsel finden sich die Knorpel normal, nach längerem Contacte mit dem Ergüsse werden sie trübe und allmählig (durch Fettbildung in der Inter-cellularsubstanz) filzig. Zuweilen erleiden sie in der Jauche eine Alteration, sie nekrosiren zu einer leicht abstreifbaren pulpösen Masse-; diesem Zerfall geht bisweilen eine Entwicklung zu einem Maschenwerke voran, dessen Räume die stark aufgeblähten zer­fallenden Zellen enthalten.
e)nbsp; Bei chronischen Entzündungen, zumal jenen, wo die Sy­novialhaut zu denditrischen Vegetationen auswächst, erleiden die Knorpel eine Spaltung und sofortige Zerfaserung, wobei die Zellen sich zu grossen Mutterzellen entwickeln; sie werden in diesem Zu­stande gewöhnlich atropbirt, so dass das knöcherne Gelenkende blcsgelegt und durch Reibung abgenützt wird. Manchmal wachsen die Gelenkknorpel in Form von glatten oder knorrigen Wällen oder Wülsten (Hypertrophie) aus.
f)nbsp; Tritt der Tod nicht durch Pyämie oder Abzehrung ein, so können die Gelenksknorpeln an einzelnen Stellen untereinander oder mit der Synovialhaut verwachsen oder es verschmelzen nach Zerstörung der Knorpel die einander berührenden Knochen unmit­telbar mit einander; wo dann eine mehr weniger vollständige An-kylose in normaler oder luxirter Stellung der Gelenksenden er­folgt, wie dies nicht selten an dem Kronen- und Hufgelenke der Pferde gefunden wird.
Aetiologie. Besonders disponirt sind Pferde mit schwa-
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404nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten der Gelenke.
cliem Gliederbaue, nach vorausgegangenen rheumatiseben Krank­heiten, Die ilberstandene Gelenksentzündung gibt eine vorherr­schende Anlage zur Wiederkehr. Manche Dienstleistungen affici-reu manche Gelenke besonders. Uebrigens sind als Gelegeuheits-ursachen Stösse, Verstauchungen, ErseliUtterungen, Erkältungen, Metastasen etc. zu nennen.
Symptome. Mögen auch die Zufälle nach der Veranlassung in Etwas abweichen, so wird doch immer Schmerz bei der Berüh­rung und Bewegung und mehr weniger gesteigerte Wärme des kranken Gelenkes und unter Umständen auch Fieber vorhan­den sein.
Die Beha ndlung erfordert, nächst Schonung, massiger Fütterung und zuweilen einer allgemeinen Behandlung, örtlich bald kalte Bähungen und Anstriche, später zertheilende Kräuterabko­chungen mit Essig, Bleiextract, Campherseife, bald schmerzstil­lende, bald mehr nach Aussen ableitende, reizende örtliche Mittel; auch das Haarseil, selbst die Anwendung des Glüheisens bei tiefer Lage des Gelenkes, insbesondere auch bei der Kniescheiben-Gelenksentzündung des Rindviehes kann nothwendig werden.
Der Lämmerlähme einer Gelenkskrankheit der Säuglinge ha­ben wir bereits ausführlich Erwähnung gethau.
sect;.37. Neubildungen.
Biudegewebs-Neubildung kommt in den von der Synovialmem-bran, zuweilen auch aus den in Umstaltung zu faserigen Bindege­webe begriffenen Gelenksknorpeln stammenden denditrischen Ve­getationen vor, in Formen, die wir bereits angedeutet haben. Jene Wucherungen, die sich als kolbige, erbsen- bis haselnussgrosse Anhänge der Gelenksfransen darstellen, gelangen öfters durch Schwund ihres Stieles als freie Körper sogenannte Gelenksmäuse in die Gelenkshöhle.
sect;.38. Blutung.
Ausser den durch die verschiedenen traumatischen Einwir­kungen gesetzten kommen auch spontane Blutungen in das Ge­webe der Muskeln — bald grössere oder kleinere Muskelapoplexien — beim Typhus, Anthrax Scorbut vor.
sect;. 39. Hypertrophie und Atrophie.
Die Hypertrophie kommt in willkürlichen Muskeln als eine krankhafte, die Function erschwerende, höchst selten, vor. Die Bedingung ihres Entstehens ist eine durch verschiedenanige Rei­zung angeregte verstärkte Thätigkeit.
Die Atrophie willkürlicher Muskeln kommt im Gefolge ver­schiedener Krankheiten in Folge von Druck und Zerrung durch
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Gelerksentzündung-.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 495
vergrösserte Organe und die verschiedenartigsten Geschwülste, von Unthätigkeit wegen mechanischer Behinderung z. B. bei Ankylosen oder von Lähmung vor.
Der atrophisclie Muskel ist dünn, blass, die Quer- und Liings-streifung wird undeutlich und verschwindet endlich völlig. Der Sarcolemma verschmächtigt sich hiebei gleichförmig oder an einzel­nen Stellen, so dass er ein varicöses Ansehen erlangt, endlich zer­fällt er dem Anscheine nach zu einem Bündel Bindegewebs-Fibril-len, oder er verschwindet vor der Resorption seines Inhaltes, wel­cher in Zügen einer freien feinkörnigen Masse zurückbleibt (Ro-kitansky).
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Constitutioiielle Kranklieiten.
Die constitutionellen Krankheiten, auch Krankheiten des Blu­tes genannt, werden in acute und chronische Infectionskrankheiten, und schliesslich in allgemeine Ernährungsanomalicn, welche nicht von einer Infection abhängen, eingetheilt.
Obwohl bei vielen hierher gehörigen Krankheiten unzweifel­haft Veränderungen in der Blutinischung vorhanden sind, wie beim Typhus, Anthrax, bei den Pocken u. s. w., so ist es denn doch noch nicht gelungen, nachzuweisen, worin diese Veränderung der Blutmischung besteht, und ist überhaupt das Wesen und die Ent­stehungsweise dieser Krankheiten noch nicht klar genug beleuchtet.
I. Acute Infectionskrankheiten.
Anthrax, Milzbrand, Milzseuehe, Sumpffieber, Brandbeulenseuche, Pesttieber, Typhus carbnnculosus.
sect;. 1. Anthrax oder Milzbrand ist die Bezeichnung für eine epi- und enzootische, unzweifelhaft contagiöse Kraukheitsforii, die sich vorzüglich bei den Uerbi- und Omnivoren entwickelt und auch auf den Menschen übertragbar ist.
Nebst dem in der Regel sehr schnellen Verlaufe charakteri-sirt sich der Milzbrand durch die Bildung eines krankhaften Pro-duetes, das im Unterhautzellgewebe und in den verschiedensten inneren Körpertheilen abgesetzt wird, weshalb dieses Leiden unter mannigfachen Varietäten auftritt. Hervorgehoben muss werden, dass die Milz, wenn sie auch constant geschwellt und vergrössert, dennoch nicht in allen Fällen brandig erscheint, wie dies von älteren Thierärzteu vielfach behauptet wurde, wes­halb sie diesen Krankheiten auch den Namen Milzbrand beilegten. Alle Milzbrandformen haben ferner das Gemeinsame, dass sich das
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Milzbrand.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 497
gallert oder theerartige, schwarte, mit Kohlenstoff überladene Blut (daher auch die Bezeichnung Anthrax, avliqag) in den grossen Körpervenen, besonders des Hinterleibes anhäuft, dass grosse Nei­gung zu Exsudaten und Transsudaten vorhanden ist, die beträcht­liche Quantitäten Blutserum in sich einschliessen, und sehr häufig brandig zerfallen, und so das Leben der Thicre im hohen 6rade gefährden.
ßöll zählt auch den sogenannten Pferdetyphus, den er an kranken Pferden zu beobachten Gelegenheit hatte, den Authraxfor-men bei; der rücksichtlich seiner Erscheinungeli und seines Verlau­fes grosse Analogie mit gewissen Milzbrandarteu anderer Haus-thiere zeigt.
sect;. 2. Aetiologie. Der Milzbrand gehört unstreitig zu den contagiösesten Thierkrankheiten, der unter allen Climaten, unter allen Breiten- und Längengraden, ohne Rücksicht auf die Bodenbeschaf­fenheit, zu allen Jahreszeiten bald sporadisch, bald epi- oder en-zootisch herrscht.- Durch meteorologische Verhältnisse, durch An­steckung und Verschleppung verbreitet er sich zuweilen über grosse Länderstriche: plötzlich eintretende grosse Kälte soll jedoch die Weiterverbreitung des Anthrax beschränken, hohe Temperaturgrade aber das Vorkommen desselben bis zur seuchenartigen Verbreitung fördern.
Primär entwickelt sich der Anthrax nur bei den Pflanzenfres­sern und den Schweinen, am häufigsten kömmt er bei Rindern, Schweinen, Schafen, seltener bei Pferden vor. Unter dem Wilde, Hirschen und Rehen, richtet er, wie Roll angibt, zuweilen grosse Verheerungen an. — Fette, gut genährte Tliiere werden leichter befallen, als hcrabgekommene. Alter amd Geschlecht scheinen keinen Unterschied in der Disposition zur Entwickelung des An­thrax zu begründen.
Zu den äusseren Schädlichkeiten sind insbesondere feucht­warme, schwüle Witterung, stark elcctrische, gewitterschwangere Luft, häufiger Regen nach vorausgegangener Dürre, rascher Tem-peraturwechsel, besonders wenn auf heisse Tage kühle Nächte folgen, wie dies in waldigen und felsigen Gebirgsthälern häufig der Fall ist, zu zählen; ebenso wird mit Recht das Lagern der Thiere auf unbeschatteten, der Sonnenhitze ausgesetzten Orten, so wie eine dunstige mit Kohlenwasserstoff und anderen schädlichen Gasarten geschwängerte Atmosphäre, sowoid in Stallungen als auf Weiden und Horden, wo Sümpfe und Moore austrocknen, als hau fige Ursache des Milzbrandes angegeben. Ferner soll lockerer, warmer, humusreicher, viele organische Stoffe enthaltender und kalkhaltiger Boden, dessen Uutergrund leicht durchlassend ist, der das Wachsthum der Pflanzen durch Hitze und Dürre behindert, durch eintretenden Regen auch wieder sehr regsam wird (Malaria-Terrain), zum Milzbrand Veranlassung geben.
Auch in jenen Gegenden, wo der Boden salinische Bestand-Kraus, Path. u. Therap. der Haussäugethiere.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;32
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498nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Constitutionelle Krankheiten.
theile, besonders Sulphate enthält, die die Zersetzung der or­ganischen Bestandtheile begünstigen, wo Gyps und Mergel als Düngungsmittel häufig in Gebrauch gezogen werden, wo schäd­liche Dünste aus der Atmosphäre sich niederschlagen, wo die Thiere aus stehenden Teichen oder mit fauligen Stoffen verunrei­nigtes Wasser zu saufen angewiesen sind, und wo sie überhaupt Maugel an Wasser haben, kömmt es häufig genug zur Entwicke-lung nnd zur seuchenartigen Ausbreitung dieser bösartigen Thier-krankheit.
Multriges, moderiges, durch zu festes Aufeinanderliegen er­hitztes, verschimmeltes Futter, geben ebenso zur Entstehung und Weiterverbreitung des Milzbrandes Veranlassung, wie üppige, er­hitzende, die Verdauung störende Fütterung, namentlich üppig ge­wachsenes Wicken-, Klee-, Lucerne- und Esparsetfutter, besonders nach vorausgegangener kümmerlicher Ernährung auf trockener, versengter Weide; ebenso wird die schlecht geleitete Körner-, Schlempe-, Treberfutterung, sowie der Genuss schimmliger Knolleu-und Wurzelgewächse beschuldiget.
Gewöhnlich müssen aber mehrere der genannten Ursachen zusammenwirken, um den Anthrax zu erzeugen, und Roll meint, dass vorzugsweise die Bodenbeschaffenheit, von welcher die Qua­lität der auf ihr wachsenden Futterstoffe und des Trinkwassers ab­hängig ist, dann bei epizootischer Verbreitung überdies ein eigenes Miasma als vorzüglichstes Agens wirke.
Der Anthrax erlangt unter den genannten Verhältnissen nicht selten eine grosse Ausbreitung, die durch den im Verlaufe sich entwickelnden Ansteckuugsstoff, welcher sowohl flüchtiger als fixer Natur ist, vielfach befördert wird. Der flüchtige Ansteckungssloff ist an die Haut- und Lungenausdünstung der lebenden Thiere und an die Exhalationen der Cadaver gebunden, während die Träger des fixen Contagiums alle Theile des kranken Thierkörpers, be­sonders aber das Blut, Fleisch, Fett, die Krankheitsproducte, die Haut und Haare desselben sind.
Das Milzbrandcontagium trotzt durch lange Zeit den äusseren Einflüssen und Einwirkungen, als der Luft, Wärme, Feuchtigkeit im hohen Grade, und es ist gar nicht selten, dass Häute, Koss-haare. Wolle, Unschlitt, das von milzbrandkranken Thieren her­rührt, selbst wenn sie schon theilweise verarbeitet waren, noch eine Ansteckung vermitteln.
Am häufigsten wird die Ansteckung wohl bedingt durch das Beisammenstehen gesunder und kranker Thiere in den Stallungen, durch das Lecken und Wälzen in den Excrementen kranker, durch den Genuss des rohen Fleisches unigestandener Thiere.
Bei den Menschen wird die Uehertragung durch der. Genuss des Fleisches, der Milch u. s. w. kranker Thiere, durch unvorsich­tige Manipulation, sowohl bei der Wartung und Behandlung der­selben, wie auch beim Transporte, Abhäuten, Verscharrer. der Ca­daver am leichtesten und gewöhnlichsten bewerkstelliget.
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Milzbrand.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 499
Das Anthraxcontagium, das sieh während des Krankheitsver­laufes entwickelt, hat bei den verschiedenartigen Thiergattungen eine ungleiche Bedeutung; es ist nicht von gleicher Intensität und wird von Pferden und Kindern leichter übertragen als von Schafen, wie dies vielfache Unglücksfälle dargewiesen haben, auch die Em­pfänglichkeit zur Aufnahme einerlei Gattung des Contagiums ist bei den verschiedenen Thieren eine verschiedene.
Seit fast dreissig Jahren entwickelt sich der Milzbrand (wie Feldmann in Virchow's Archiv erwähnt) unter den Rindern der Lüneburger Haide nur sporadisch, während er bei den Schweinen entweder enzootisch oder epizootisch auftritt und nur ausnahmsweise sich sporadisch zeigt Es ist deshalb als nahe zutreffend anzuneh­men, class, wenn ein Rind an Anthrax erkrankt, hundert Schweine von dieser Krankheit befallen werden, mithin unendlich vielfache Gelegenheit zur Infection geboten sein müsste, um so mehr, da der grosste Theil der crepirten Schweine zerlegt und ausgebraten wird.
Feld mann kennt Gegenden, wo in der Regel gemästete Schweine, welche am Milzbrand erkrankten, geschlachtet und ohne Nachtheil von mehreren hundert Menschen gegessen werden, wie dieses amtlich documentirt ist und kein Fall unzweifelhaft constatirt, dass die Anthraxbräune, der brandige Rothlauf oder eine sonstige Form des Milzbrandes der Schweine auf eine andere Thiergattung oder gar auf den Menschen übertragen wurde. Von den Menschen wird das Fleisch dort allerdings nur gekocht oder gebraten ge­gessen, Hunde und Katzen haben jedoch, beim Schlachten der Schweine, von Abfällen regclmässig gefressen, ohne dass eines die­ser Thiere erkrankte. Schweine aber, denen nur das blutige Was­ser, in welchem das kranke Fleisch abgewaschen war, in's Futter geschüttet wurde, erkrankten stets.
Wir haben diese Beobachtungen Feldmann's nur aus dem Grunde an dieser Stelle reproducirt, weil sie eben den Beweis lie­fern, dass sowohl die Art resp. Intensität des Contagiijms als auch die Empfänglichkeit für dasselbe bei den verschiedenen Thiergat­tungen nicht gleich ist. Auch die Localisation des Milzbrandpro-cesses kömmt dabei wesentlich in Betracht.
Das Incubationsstadium des Milzbrandes ist nicht immer gleich, es erstreckt sich bisweilen nur auf 24 Stunden, in anderen Fällen auf 3—4, ja auch 14 Tage, und hängt wahrscheinlich von der Art des aufgenommenen Contagiums ab. —
sect;. '). Die Symptomatologie des Milzbrandes zerfällt je nach der Art der Einwirkung des Contagiums, theils in die Form, in wel­cher derselbe als Krankheit des Blutes verläuft, theils in jene, welche sich durch ihre Localisation auf inneren Organen oder der der Hautoberfläche charakterisirt. Es muss jedoch hervorge­hoben werden, dass die eine bestimmte Form nicht immer eine ihr gleichartige, bei einem zweiten Thiere, das sich durch Ansteckung
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Constitutiouelle Krankheiten.
inficirte, hervorrufen muss, dass vielmehr aus der einen Form die andere hervorgehen kann.
Der Verlauf der verscliiedenen Anthraxforraen ist auch we­sentlich verschieden, jener der sogenannten Milzbrandfieher, in welchen das Nerven- und Getässsystem vorzugsweise ergriffen erscheint, ist ungleich rapider und kann bloss einige Stunden dauern, während die anderen Formen, protrahirter sind und zur Carbunkelbildung fuhren.
sect;.4. Pathologische Anatomie. DerSectionsbefund ist eben­falls je nach der Localisation ein wechselnder. Als ziemlich con-stante Erscheinungen können folgende angenommen werden. Un­vollkommene oder gar fehlende Todtenstarre, hingegen bald ein­tretende Fäulniss; dunkles, schmieriges, theerähnliches Blut in allen, sowohl den grössteu als kleinsten Gelassen, welches ausge­breitete Leichentränkungen bald nach dem Tode veranlasst, so dass die innere Hautfläche ganz vom Blute durchdrungen ist. Be­deutende Hyperämie des ünterhautbindegewebes, der serösen und Schleimhäute und der Parcnchyme, häufige Blutextravasate im Bindegewebe, im Parcnchyme und der Muskulatur, so dass die Gewebe dadurch vollkommeu zertrümmert werden. Das Fleisch ist mürbe, wie halb gekocht, dunkelfarbig, hie und da, wo Car-bunkel sich gebildet haben, dunkelschwarz; acute, gewöhnlich be­deutende Geschwülste der Milz, deren Parenchym häufig zu einem violetten, schwärzlichen Brei zerflossen und deren Kapsel geborsten ist. Die Organe der Bauch- und Brusthöhle durch dun-kelrothe Flecke verändert. Unter der Haut gelblichrothe, sulzige, von Blutextraväsateu durchzogene Exsudate (Anthraxcarbunkelj. Fett allenthalben gelbsulzig. Um die grossen Gefässe, in der Bauchhöhle, besonders um die Nieren, dann im subserösen Binde­gewebe der Brust- und Bauchhöhle brandige Hcerde, Emphyseme.; die Gekrösdrüsen blutig iniiltriit. geschwellt. Aus den natürlichen Oefluungen dringt blutiger Schaum hervor. Aussei- diesen Verän­derungen stellen sich nach den verschiedenen Varietäten noch man­cherlei pathologische Veränderungen der übrigen Organe heraus.
Po He n der fand im Rindsblute an Milzbrand verendeter Thiere 16—24 Stunden nach dem Tode die Blutflüssigkeit was­serhell, die Blutkörperchen bedeutend dunkler gefärbt, als im ge­sunden Zustande, zum Theil weniger elastisch und glatt, kleiner als im gesunden Blute, und von unregelmässig platter, eckiger, verschiedentlich gebogener und gekrauster, höckeriger und ge­zackter Gestalt.
Brau eil fand in solchem Blute auch Vibrionen, erst bewe­gungslos, am dritten Tage oder später nach dem Tode aber in steter Bewegung: doch gehören sie dem Milzbrände nicht aus-schliesslich an, charakfensiren ihn aber deshalb, dass sie sich nicht erst nach dem Tode bilden.
sect;.5. Prognose. Sie ist im Allgemeinen eine sehr ungünstige,
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Milzbrand.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 501
wiewohl einige Fälle mit protrahirtem Verlaufe auch in Genesung übergehen können. Die sogenannte apoplectische, fulminirende Form, sowie die spinale, bei weicher der krankhafte Process in den Nervencentreu localisirt ist, bieten unter allen Formen den allerungünstigsten Verlauf. Der Tod erfolgt hier in 12 — 48 Stun­den in Folge einer Lähmung. Günstiger gestalten sich jene For­men, wo die Localisation nicht in lebenswichtigen Organen, also beispielsweise in und unter der Haut sich befindet. Was die Thier-gattung betrifft, so ist der Anthrax der Schafe der gefährlichste, beim Rinde verläuft er gutartiger als beim Schweine und Pferde.
sect;. (5. Behandlung- Wiewohl eine jede Form des Milzbrandes derlei Eigenthümlichkeiten bietet, dass auch gegen gewisse Zu­stände besondere Mittel angezeigt sind, so lässt sich dennoch im Allgemeinen das Heilverfahren bei allen Milzbrandformen zusam­menfassen.
Die Erfüllung der Causalanzeige ist von höchster Wichtigkeit, indem sie oft jede weitere Entwickelung abhält, daher wir nament­lich, bis die veranlassenden Ursachen noch erkannt worden sind, einen Wechsel des diätetischen Verhaltens in Stallung und Nah­rung vorzunehmen nötliig haben Man bringt die Thiere in ge­räumige luftige, mit reiner Streu versebene Stallungen, in welchen man eine massige Kühle zu erhalten sucht, reicht ihnen oft fri­sches Brunnenwasser zum Getränke und zur Nahrung frisches mit Salzwasser befeuchtetes Grünfutter in geringer Menge.
In den meisten Fällen ist im Beginne der Krankheit unver­züglich ein Aderlass angezeigt, wenn die Thiere gut genährt und kräftig sind; wenn es jedoch bereits zur Carbunkelbildung gekom­men ist, so ist der Aderlass geradezu schädlich: für den innerlichen Gebrauch empfehlen sich Glaubersalz, Salpeter, Weinstein, das Darreichen von unreifem Obst, Ebereschenbeeren, rohe Kartoffel und Kartoffelkraut, Sauerampfer, sauere Milch, der Genuss von reinem oder eisenhaltigem Wasser oder beim Kindvieh des durch Sauerteig, Essig, Salzsäure gesäuerten Wassers, zur Beförderung der Hautausdünstung verbindet man mit diesem Mittel aromatische Pflanzenstoffe, Campher, Terpentinöl. Oefteres Baden oder Be-giessungen mit kaltem Wasser erweisen sich als sehr nützlieh. Chlorwasser oder Chlorkalk und Arseniklösungen sollen mit gutem Erfolge angewendet worden sein (Rp. Tinct. Fowler, gutt. vj täg­lich für ein Schaf. — Nur sechs Tropfen Fowl. Tinctur, in Wasser verdünnt, für ein Schaf täglich). Schweinen und Hunden, die von Abfällen Milzbrandkranker gefressen haben, reicht man ein Brech­mittel, 10—15 Gran der weissen Niesswurz. Schweine pflegt man auch, um sie in kühler Temperatur zu erhalten, in die Erde ein­zugraben, oder begiesst sie so lange mit frischem Wasser, bis sie Schüttelfrust bekommen.
Stick er und Schönger haben auch das siedende Wasser mit grösstem Nutzen der Art gebraucht, dass sie längs des Rück-
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Constitutionelle Krankheiter.
grates Rindern 3 — 4 Mass siedendes Wasser aufgössen, oder in solches ein grosses Tuch eintauchten, es über den Rücken legten und noch einige Mass kochenden Wassers daraut gössen. Werden darauf die Thicre seiir unruhig, so ist viele Hoffnung zur Heilung da; manchmal tritt schon binnen 2 Stunden Besserung ein. Zeigen sich die Thiere aber wieder von Neuem ergriffen, so werden auch die Begiessungen wiederholt! Ist man genöthigt, es öfter zu thun, so wählt man dafür die am wenigsten afficirten Stellen.
Sind die Thiere sehr abgestumpft, zeigt die Krankheit einen zögernden Verlauf, so nimmt man zu erregenden Mitteln die Zu-fluclit. Campher, Branntwein, Terpentin oder Hirschhornöl, Calmus, Baldrian und Engelwurz, Schwefelleber sind dann angezeigt, auch Haarseile, Stecken von Gelbwurzel und scharfe Einreibungen sind empfehlenswerth.
Beim ödematösen und emphysematischen Milzbrande hat Falko mehre Male mit grösstem Nutzen mit heisseu Eisenstäben die besonders ergriffenen Theile frottirt und dadurch zugleich den krankhaften Inhalt nach den vorher scariticirten Stellen hingeführt. Wallraff hat dabei von keinem Mittel Nutzen gesehen. Beulen und Carbunkeln sind durch grösscre Längeneinschnitte zu öffnen und am besten mit concentrirten Mineralsäuren zu cauterisiren, oder in sie ein Eiterband zu legen, das noch uaclidrücklich geschärft wird, wenn keine befriedigende Reaction eintritt.
Als Vorbauungsmittel dient bei enzootischer Verbreitung der Seuche eine äusserst sorgfältige Pflege der Thiere, Verabreichung eines leicht verdaulichen, saftigen Futters, also Fütterung mit Rü­ben, Krautblättern, Kartoffeln, gutes, etwas gesäuertes Trinkwas­ser, kühles Verhalten im Stalle, Vermeidung Ubermässiger An­strengungen, besonders in heisser Jahreszeit, öfteres Baden und Schwemmen.
Die Untersuchungen Davaine's über den Milzbrand wurden bei der Preisvertlicilung durch die französische Academic vom Be­richterstatter in folgenden Sätzen zusammengefasst:
Da vain e fand im Blute milzbrandkranker Thiere eigenthüm-liche, microscopische vibrionenartige Körperchen, denen man den Namen „Bacteridienquot; gab. Diese Körperchen sind nicht zu ver­wechseln mit anderen, der Form nach ähnlichen, die im Blute und anderen thierischen Substanzen durch Fäulniss entstehen. Wesent­liches Merkmal der Bacteridien ist es, dass sie sich nur während des Lebens beim niilzbrandigen Thiere bilden, jedoch nach dem Tode durch Fäulniss verschwinden.
Man wusste bereits, dass das Blut milzbrandiger Thiere die Krankheit beim Impfen zu übertragen im Stande ist; aber neu ist es, was Davaine entdeckte, dass die Bacteridien hierbei eine Hauptrolle spielen.
Davaine nahm frisches, bacteridienhaltiges Blut rail^brand-kranker Hammeln, impfte damit eine grosse Zahl kleiner Säuge-thiere, Kaninchen, Meerschweinchen, Ratten und Mäuse, und stellte
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Milzbrand.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;503
fest, dass dieses Blut, den Milzbrand übertragen kann, so lange es Bacteridien enthält, und dass es sicher diese Eigenschaft verliert, sobald die Bacteridien durch Fäulniss verschwunden sind. Es er­gab sich unter Anderem, dass alle mit dem bacteridienhaltigen milzbrandigem Blute geimpften Tbiere im Verlauf von zwei Tagen starben, wobei ihr Blut in der letzten Zeit ihres Lebens Bacteridien erkennen liess, die sich in ungeheurer Zahl vermehrt hatten. Das Blut des kranken Thieres wird erst dann fähig, die Krankbeit zu übertragen, wenn sich die Bacteridien darin gezeigt haben. Diese Uebertragung des Milzbrandes von einem Thiere zum andern ist unbegrenzt, vorausgesetzt, däss man es mit bacteridienhaltigem Blute zu thun hat.
Aus diesen zahlreichen Versuchen kann man folgerichtig den Schluss ziehen, dass die Bacteridien die Vermittelung der Ueber­tragung bewirken, oder wenigstens, dass diese Körperchen die un­umgängliche Bedingung der Einimpfung oder der Entwickelung des Milzbrandes constant begleiten.
Impft man daher trächtige weibliche Thiere, so entwickeln sich die Bacteridien nur im Blut der Mutter, nicht aber in dem des jungen Thieres (des Fötus). Das Blut der Mutter ist also allein nicht im Stande, die Krankheit zu übertragen. Andererseits wirkt bei Thiereu, die vom Milzbrand verschont bleiben, wie bei Hunden, Vögeln, das geimpfte Blut, wenn es auch Bacteridien ent­hält, durchaus nicht ein auf das Blut dieser Thiere.
Seit langer Zeit hat man eine Verwandtschaft des Milzbran­des und der Pustula maligna des Menschen angenommen. Da-vaine zeigte, dass die Annahme auf Wahrheit beruht, und bewies, dass die Pustula maligna (Brandblatter) des Menschen durch Infu­sorien bedingt ist, welche nicht allein in der Form denen des Milz­blutes gleichen, sondern wie diese, die Eigenthümlichkeit besitzen, alle Erscheinungen und Wirkungen des Milzblutes hervorzurufen. Davaine untersuchte (3 Fälle von Pustula maligna beim Menschen ; er fand jedesmal Bacteridien in der Pustula, und in drei Fällen, wo er diese Bacteridien Thieren einimpfen konnte, übertrug er die Brandblatter-Krankheit auf dieselben, so dass sie wie durch das Milzblut, sterben mussten.
Die Wirkung des Contagiums oder die Uebertragung des Milzbrandes durch Bacteridien kann auf verschiedene Weise vor sich gehen: entweder durch Wunden und Inoculation, oder durch die Aufnahme von Nahrungsmitteln, oder durcli Absorption von Blut, das zu Staub geworden ist. Immer sind es die Bacteridien des frischen oder getrockneten Blutes, welche das einzige bemerk­bare Agens des Contagiums ausmachen. Endlich ergiebt sich noch, dass man, 'was besonders für die Pustula maligna gilt, jetzt ein Kennzeichen besitzt, diese mit Sicherheit von anderen Brandkrank­heiten (gangränösen Afl'ectionen) zu unterscheiden, insofern, als es sich um Bacteridien handelt, die sich durch Inoculation reprodu-ciren und vermehren lassen.
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Constitutionelle Krankheiten.
Prof. Dr. Bran ell in Dorpat hat Milzbrandblut von Thieren wiedorliolt verwendet um Inipfversuclie an Füllen, Schafen, Kanin­chen, Schweinen, Katzen, einem Fuchs auszuführen und gelangte zu folgenden Resultaten.
1)nbsp; Im Blute aller, am spontanen und durch Impfung erzeug­ten Milzbrand gestorbenen, so wie auch im Blute der am Milz­brand sichtlich erkrankten Thiere, finden sich die schon früher von ihm beschriebenen, dem Milzbrand eigenthümlichea Veränderungen, und unter diesen auch stets die stäbchenförmigen Körperchen.
2)nbsp; Es gibt Pferde (Füllen), welche längere Zeit eine Immu­nität gegen das Milzbrand-Contagium bewahren.
3)nbsp; Schweine scheinen keine Empfindlichkeit für das ihnen eingeimpfte, von Herbivoren stammende, Milzbrandcontagium zu haben.
Die Resultate der an Schweinen ausgeführten Versuche stim­men nicht mit der Ansicht überein, dass Schweine eine sehr grosse, ja, wie Einige meinen, die grösste Empfänglichkeit für das Milz­brandcontagium besitzen. Diese Ansicht stützt sich aber auf Beo­bachtungen an Schweinen, welche in Folge innerlichen Genusses von Fleisch, Blut, etc. an Milzbrand gestorbeuer Thiere inficirt wurden, nicht auf Impfversache und bleibt daher der Zukunft die Erklärung der widersprechenden Facta vorbehalten, dass nämlich das Milzbrandcontagium eudermatisch angewendet bei Schweinen keine Wirkung hat, wohl aber, wenn es mit der Schleimhaut des Darmrohrs in Berührung kommt, in welchem thierische Gifte in der Regel unschädlich gemacht werden.
4)nbsp; nbsp;Das von Schweinen Gesagte gilt auch von Carnivoren und Vögeln. Der von mehreren Autoren aufgestellte Satz, dass Katzen und Gänse für das Milzbrandcontagium sehr empfänglich sind, stützt sich, wie bei Schweinen, auf die Wirkung des innerlich aufgenommenen Gontagiums.
5)nbsp; Der Milzbrand lässt sich vom Rinde, vom Pferde, von der Katze und von Kaninchen auf Kaninchen durch Impfung über­tragen.
Anthraxformen im Besonderen.
1) Beim Pferde.
sect;.7. A. Die sogenannte apoplectische fulminirende Form. Hier ej^ölgt der Tod schlagflussartig, also plötzlich wider Erwarten. Die bis dahin noch munteren Thiere stürzen oft bei der Arbeit, ohne früher das geringste Krankheitszeichen dargeboten zu haben, zusammen, oft beginnen sie zu zittern, mit dem Kopfe zu schütteln und zu schäumen und nach wenigen Zuckungen erfolgt der Tod. In seltenen Fällen dauert der Verlauf 4 — 6 Stunden. Bei der Leichenöft'nimg wurden trotzdem nie apoplectische Zustände im Gehirne aufgefunden, sondern nur Hyperämie, aber
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Milzbrand.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 505
auch diese kann fehlen. Das Gehirn zeigt sich ganz intact, und lassen sich solche Fälle dann nie durch Lähmung der Centren für Athem- und Herzbewegungen erklären, also ein Tod durch Suffo­cation. Die Milz ist stets ausserordentlich geschwollen, die Lunge hyperämisch; im Uehrigen finden sich die meisten jener oben bereits angegebenen anatomischen Veränderungen.
Mitunter wird nicht das Gehirn, sondern das Rückenmark ge­lähmt. Plötzlich fangen die Pferde an schwankend zu gehen, sie brechen im Hintertheile zusammen, sind quer gelähmt, die Paralyse schreitet nach dem Gehirne zu vorwärts, doch noch ehe dieses er­reicht ist, erfolgt der Tod durch Erstickung. In beiden Fällen ist eine mehr directe Wirkung des Milzbrandmiasmas auf das verlän­gerte Mark oder auf das Rückenmark anzunehmen. Während bei der apoplectischen Form fast alle pathologischen Veränderungen fehlen, so treten bei der spinalen Form dagegen in der Leiche die Zeichen der local gestürten Circulation in den Vordergrund.
Bei der spinalen Milzbrandform, welche innerhalb 12 bis 48 Stunden tödtet, werden passive Blntüberfüllungen in Leber, Nieren,' Milz, ganz besonders in den Lungen angetroffen.
Ergreift die Einwirkung des Milzmiasmas besonders das grosse Gehirn, so treten, statt wie in den genannten Fällen, Asphyxic und spinale Lähmung, excessive Aufregung der Gehirnfunctionen, ein. Die Pferde geberden sich den wüthenden Thieren gleich, schlagen um sich, zersprengen ihre Ketten etc.
Heu sing er nennt diese Form furibunden Milzbrand und ver­gleicht ihn mit der Hundswuth.
Die Prognose ist stets ungünstig.
Von einer Behandlung kann bei dem ungemein raschen Verlaufe keine Rede sein, Hesse derselbe dennoch ein ärztliches Eingreifen zu, so könnte sich dieses höchstens auf einen ausgiebi­gen Aderlass, kalte Begiessungen, Frottirungcn und Verabreichung von salzigen Abführmitteln beschränken. Allein wie bemerkt, das Ende ist doch in der Regel ein tödtliches.
sect;. 8. B. Pferdetyphus, Carbunkeltyphu s, Typhus car-
bunculosus.
Erscheinungen. Die Krankheit beginnt mit einem Fieber­schauer, Zittern, mangelnder Fresslust, wechselnder Hauttempera­tur. Der Puls wird unregelmässig, fadenförmig, die Schleimhäute zeigen eine gelblichröthiiche Färbung, namentlich ist die Schleim­haut der Nase intensiv geröthet, stark ecehymosirt, hie und da von Exsudaten infiltrirt. In ähnlichem Zustande befindet sich die Schleimhaut des Maules, der Lippen und wenn auch seltener jene der Lider. Aus der Nase fliesst ein zäher, missfarbiger Schleim, der oft jauchig wird und das Athmen behindert. Zunge trocken, in der Mitte stark belegt, an den Rändern geröthet. Durst gestei­gert, Urin spärlich, Excremente feucht, locker, oder gar nicht ge-
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506nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Constitutionelle Krankheiten.
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ballt, blass oder blutig gefärbt und in den meisten Fällen unter kolikartigen Schmerzen abgesetzt.
An den verschiedensten Körpertheilen, an den Extremitäten, am Unterhanche, an der Unterbrust, am Vorderkopfe, hier gewöhnlich an der Nasenspitze, an einem Nasenflügel oder au der Oberlippe beginnend, treten wallnuss- bis laustgrosse Geschwülste auf, die rasch verschwinden und ebenso schnell wieder auftauchen, zum Durchbruche kommen, eine gelbliche, blutige, salzartige Flüssig­keit aussickern lassen und zum Brandigwerden einer grossen Hautpartie führen können.
Die durch Geschwüre in den Gedärmen verursachten Kolik-erscheinungen bedingen eine fortwährende Aengstlichkeit und Un­ruhe bei den Thieren, öfteres Scharren mit den Vorderfussen, oder die Thiere werfen sich zu Boden, wälzen sich, springen wieder auf, um von Neuem zu stürzen. Oft hingegen stehen die Thiere in ei­nem Zustande völliger Abstumpfung da.
Der Verlauf ist ein verschiedener. Bei jenen Fällen, die gleich Anfangs Erscheinungen eines Darmleidens zeigen, ist das Resultat beinahe immer ungünstig, als übles prognostisches Zeichen ist das rasche Verschwinden der Anschwellungen anzusehen, dann stellen sich in der Regel gefahrdrohende Darmaflectionen ein. Günstiger ist der Ausgang des Pferdetyphus, wenn es nur bei der Localisation des Processes in der Haut bleibt und keine Darm-affection auftritt. Es verschleppt sich die Krankheit wohl sehr lange, beinahe G—8 Wochen, aber die Thiere genesen, obwohl sie noch längere Zeit zum Dienste untauglich sind. In solchen Fällen kommt es zum Platzen der Hautgeschwülste, zum brandigen Ab­sterben ganzer Hautstücke, die Monate zu ihrer Heilung bedürfen. Oft werden die Geschwülste am Vorkopfe so bedeutend, dass sie die Nasenöffnungen verstopfen und die eintretende Erstickungsge­fahr nur durch den Luftröhrenschnitt behoben werden kann. Oft führt der Process auf der Nasenschleimhaut zu einem vollständi­gen typhösen Geschwüre und sogar zur Durchbohrung des Nasen­knorpels. — Nicht selten verbindet sich mit dem Typhus, beson­ders bei herabgekommenen Thieren Lungenentzündung, was stets ein übles Zeichen zu sein pflegt.
Sectionsbefund. Derselbe ist je nach dem Krankheits­stadium ein verschiedener; im ersten Stadium, jenem der Hyperä­mie, findet man alle einem acuten Darmcatarrhe zukommenden pathologischen Veränderungen. Die Schleimhaut des Magens, der Därme und auch manchmal der dicken Gedärme ist geröthet, ge­schwellt, gelockert, von Punkten ausgetretenen Blutes durchzogen, stark secernirend, das unter der Düundarmschleimhaut liegende Bindegewebe von einer trüben Flüssigkeit durchtränkt. Gleichzei­tig jedoch findet man ausser diesen den blossen Catarrh charak-terisirenden Erscheinungen auch Veränderungen der Milz, der Ge-krösdrüseu, der allgemeinen Decke und der Nasenschleimhaut. In
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Milzbrand.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 507
einigen Fällen sind auch schon in dieseA Stadium die Peyer'schen Drüsen geschwellt und ragen über die Oberfläche hervor.
Im Stadium der Infiltration massigen sich die Erscheinun­gen des Darmcatarrlis, es bilden sich aber im Magen und den Gedärmen zahlreiche Infiltrationen, besonders treten dieselben an dem Pförtnertheile deutlich hervor. Mehrere solche infiltrirte Stel­len fliesseu oft zusammen und bilden strahlige, zackige und eckige Geschwüre von verschiedener Form. Die Blutergüsse im Darme sind manchmal so stark, dass derselbe einem mit Blut gefüllten Rohre gleicht. Die Oberfläche der Schleimhaut ist mit einer klebrigen, zähen Flüssigkeit bedeckt. Durch die violette Färbung des Darm­rohres ist dieses Stadium von Aussen schon kenntlich. Im drit­ten Stadium erleidet das Infiltrat weitere Veränderungen, wird entweder resorbirt oder verwandelt sich in Fett, oder es necrotisi-ren die Infiltrate zu einem allmälig sich losstossenden und frei in die Darmhöhle hineinragenden Schorfe, die umgebende Schleim­haut ist stark gewulstet, schiefergrau oder violett pigmentirt. Nach Abstossung der Schorfe kommt das typhöse Geschwür zum Vor­scheine; es hat eine regelmässig buchtige oder längliche Gestalt, besitzt zackige, gewulstete Ränder, die schiefergrau oder bläulich-schwarz pigmentirt sind. Die Nierenkapseln zeigen gelbsul-zige Infiltrate, die Milz ist dunkelgefärbt, auf das Zwei- bis Drei­fache ihres Volums vergrüssert, ihr Parenchym erweicht, braunroth, violett, schmierig, breiig. Die Gekrösdrlisen infiltrirt. Die Lungen (wenn keine Pneumonic vorhanden) unverändert, im Herzbeutel etwas Serum, das Herz blutleer, die Wandungen des rechten Ven­trikels schlaff und etwas dicker, die Leber blutreich, Gehirnhäute manchmal injicirt. Die Muskulatur mürbe, wie gekocht, dunkel-bläulichroth. Blutungen in den verschiedenen Muskeln, namentlich am Kopfe und Halse; das Unterhautzellgewebe an den geschwol­leneu Hautpartieen mit einem gelben , klebrigen , eiweisshaltigen, von neugebildeten Gefässchen durchzogenen Exsudate besetzt.
Die Prognose des Pferdetyphus ist eine ungünstige; bei­nahe 50% der erkrankten Thiere quot;geht zu Grunde. Kolikerschei­nungen und starke Schwellung der Nasenschleimhaut, sowie Infil­trate am Kehlkopfe sind schlimme prognostische Zeichen.
Die Behandlung ist eine rein symptomatische. Im Beginne der Krankheit exspeetativ. Bei blossen Erscheinungen des Catarrhs reicht man Mittelsalze in kleinen Gaben, Salmiak in Verbindung mit bitteren gewürzhaften Mitteln. Bei Kolikerscheinuugen Klystire, innerlich Camillenaufguss; bei Abstumpfung Campher, Asa foetida, Baldrianwurzel, Terpentinöl. Bei Durchfall sind Alaun in Verbin­dung mit Opium angezeigt, in einer Eibischwurzelabkochung ge­reicht oder in Klystirform applicirt.
Encolari rühmt die Wirkung des Salicins beim Typhus der Haussäugethiere in folgender Weise: er reicht davon lö Gram men täglich zweimal und führt einen Fall an, in welchem G in ei­nem Stalle an Typhus erkrankte Pferde unter dem Gebrauche die-
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508nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Constitntionelle Krankheiten.
ses Mittels nach 12—15 Tagen sämmtlich genesen sind, selbst bei einem reeidivirten Thiere zeigte es sich abermals wirksam. — Des gleichen spricht Piazza diesem Mittel eifrig das Wort.
Aehnlich sind Frottirungen namentlich der angeschwollenen Stellen äusserst nützlich. Die Geschwülste selbst behandelt man mit feuchtwarmeu Ueberschlägen und Einreibungen von Quecksil­bersalben. Nässende Stellen der Haut erfordern Bepinselungen mit Gyps, Theer oder Bähungen mit Bleisolutioi.
Die auftretenden Geschwüre erfordern eine chirurgischen Grundsätzen eutsprecheude Behandlung.
Die Vorbauungscur besteht in derTrennung derGesunden von den Kranken, Darreichung von säuerlichem Getränke, leicht verdaulichem Futter, wonig Hafer, Aufenthalt der Thiere in kühlen Stallungen oder auf schattigen Plätzen im Freien, Räucherung der Stallungen mit Chlordämpfen.
2) Beim Rinde.
sect;. i). Milzbrand blutschlag, Erdsturz, Teufelsschutz, Blutseuche, Blutstaupe
tritt beinahe unter denselben Erscheinungen auf wie die fulminirende Form des Anthrax beim Pferde. Wir können mithin auf die oben näher auseinandergesetzten Krankheitssymptome verweisen. Auch hier ist der Verlauf ausserordentlich rasch, die Thiere stürzen ent­weder blitzähnlich todt zusammen oder es ist der Verlauf einige Stunden lang. Von einer Behandlung kann selbstverständlich nicht die Rede sein.
sect;. 10. Milzbrandfieber.
Erscheinungen. Die Thiere zeigen im Beginne eine auf­fallende Tbeilnahmslosigkeit für ihre Umgebung, Mattigkeit und Niedergeschlagenheit, oder werden auch unruhig, stampfen und brüllen anfänglich, um später in einen Zustand völliger Hinfällig­keit zu verfallen. Es tritt gelbliche Färbung der Schleimhäute, Störungen der Verdauungsthätigkeit, Zungenbeleg, Fressunlust ein. Die Thiere werden von einem Fieberschauer befallen, dem grosse Hitze der Haut folgt, die^aber wieder mit Kälte abwechselt. Das Athmen ist beschleunigt, die Thiere'zeigen den Ausdruck grosser Aengstlichkeit. Der Durst pHegt dabei nicht gesteigert zu sein. Der Puls ist unterdrückt, unrythmisch. Der Koth wird schwer, oft mit Schmerzen abgesetzt, ist trocken, dunkel, kleingeballt und fest, oft auch mit Blut vermischt.
Bei dieser Gelegenheit erwähnen wir des sogenannten Masldarm-carbunkels (Rücken-Lendenblul). Er zeichnet sich dadurch aus, dass ne-
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Milzbrand.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 5()9
ben den Erscheinungen des Milzbrandfiebers schwarzes thoorähnliches Blut in bedeutender Menge mit den Excrementen unter hcltigera Zwange aüge-setzt wird; die Mastdunnschleimhaut ist dabei hoiss und geschwollen. Die Thiere gehen rasch zu Grunde und man findet bei der Section sulzige Er­güsse zwischen den Hauten des Mastdarmes und brandige Zerstörung seiner Schleimhaut Es empfclilen sich bei diesem Zustande kalte Klystire und kalte Umschlage auf den Rücken.
Das Milzbrandfieber kann entweder unter heftiger Steigerung aller dieser Zufälle schnell zum Tode führen, oder es nimmt die Krankheit einen mehr schleichenden Verlauf. Die Thiere können sogar scheinbar Besserung zeigen, nehmen jedoch fortwährend an ihrer Ernährung ab. Die Absonderung der iSchleimhäute vermehrt sich, es treten blutige Durchfälle ein. Die Thiere verfallen mit einem Male zusehends, es bilden sich Emphyseme unter der Haut und unter (Jonvulsionen tritt nacli 5—7 Tagen der Tod ein.
Die Section zeigt dunkles, theerartiges Blut, Milzgeschwulst von oft bedeutendem Umfange, Infiltration der Gekrösdrüsen, nicht selten Schwellung und auch Geschwürsbildung der Peyer'schen Plaques. Blutungen ins Bindegewebe und die Gefässe, Exsudate gelbsulziger Beschaffenheit in das Herz und die grossen Gefässe.
Die Prognose ist ungünstig.
Die Behandlung beschränkt sich auf das oben im Allge­meinen Angedeutete.
sect;. 11 Zongenauthrax oder Zangenkrebs, Glossanthrax.
Zungencarbunkel, Zungeubrand, Zuugenfäule, Pestblattern.
sect;. 12. Diese Varietät des Milzbrandes gibt sich durch die Bildung anfangs kleiner, weisslicher Blasen in der Mundhöhle und zwar auf dem Rücken und Grunde der Zunge, auf dem Gaumen, den inneren Flächen der Lippen und Backen zu erkennen. Diese Bla­sen oder Pusteln werden bald missfarbig, violett bis schwarz bran­dig, und erreichen mitunter Bohnen- oder Erbscngrösse. Sie ent­halten eine ätzende Jauche, die wenn die Blasen platzen, zerstö­rend auf die Umgebung einwirkt, so dass ganze Stücke ausfallen. Mit dem Auftreten der Blase stellt sich auch das Milzbrandficber ein, das bald einen typhösen Character annimmt. Um diese Zeit werden die Schmerzen bei den Thieren äusserst vehement, eine ekelhafte Brandjauche fliesst ihnen aus dem Maule und die Thiere gehen im Verlaufe von 24 — i3t) Stunden zu Grunde.
Als Epizootic tritt die Krankheit nach Roll in Deutschland selten auf: Hering behauptet, auch Seuchen mit gutartigem Ver­laufe beobachtet zu haben; es entstanden auf der Zunge rothe Platten, die in Blasen übergingen, aufbrachen, und einen flachen Grund mit blassen Rändern zeigten.
Der Zungenanthrax soll auch bei Pferden in der eben von Hering beschriebenen Form beobachtet worden sein.
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510nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Constitutionelle Krankheiten.
Die Section solcher Thiere zeigt im Allgemeinen neben den localen Veränderungen in der Mundliülile die Erscheinungen, wie sie dem Anthrax überhaupt zukommen.
Behandlung. Dieselbe hat sich vorzüglich der Blasen in der Mundhöhle zuzuwenden, um ihre Zerstörung zu bezwecken. Sobald sich daher irgendwo eine solche Pustel gebildet hat, so wird dieselbe geöffnet und mit Schwefelsalz oder Salpetersäure geätzt oder mit dem Glüheisen zerstört. Brandige Geschwüre wer­den ähnlich behandelt, dabei sei man bei der Eröffnung der Blasen vorsichtig, dass die herausfliessende Jauche nicht in den Rachen komme und von den Thieren verschluckt werde.
Das Wärterpersonal solcher Thiere suche sich von jeder Be­sudelung mit der Jauche der Geschwüre zu schützen, Falke räth zu Zeiten, wo der Anthrax herrscht und bei den Thieren die ge­ringsten Spuren derselben in der Mundhöhle sich zeigen, das Aus­waschen der letzteren mit einer Auflösung von Kochsalz in einer Brühe von aromatischen Pflanzen oder Ausspülen mit Essig, auch empfiehlt derselbe bei starken Entzündungsfällen äusserlich am Halse die Cantharidensalbe einzureiben oder ein Haarseil zu ap-pliciren (quot;?).
Milzbrandcarbunkel.
Carbuukelkrankheit, Pustulac maliguae.
sect;. 13. Die Milzbrandcarbunkeln sind an verschiedenen Stellen des Körpers, besonders am Triel, Hals, an der Vorderbrust und am Rücken aufwuchernde, heisse, schmerzhafte Geschwülste, anfangs von Bohnen- bis Nussgrösse, die jedoch meist sehr rasch wachsen und einen enormen Umfang annehmen. Diese teigig oder schwap­pend anzufühlenden Geschwülste brechen nach ] bis 3 Tagen auf und ergiessen eine brandig jauchige Flüssigkeit, die in die Um­gebung eingreifend ein brandiges Zerfällen des Unterhautbindege-webes bewirkt. Mit dem Auftreten dieser Beulen können sich die Erscheinungen des vorhergegangenen Anthraxfiebers massigen und die Thiere können unter passender Behandlung genesen, oder aber — und das ist der häufigere Fall — nehmen die Fiebererscheinun­gen zu und die Thiere gehen nach Verlauf von 3 — 7 Tagen zu Grunde. —
Die Sectionsergebnisse gleichen denen beim Pferdetyphus an­geführten. Bezüglich der Behandlung gilt das im Allgemeinen über den Anthrax Gesagte.
Wir erwähnen an dieser Ötelle der sibiriachen Beulenseuche, die mit der Carbunkelkrankheit Aehnlichkeit hat; sie unterscheidet sich jedoch wesentlich von letzterer dadurch, dass sie kein Contagium bildet, dass die Cadaver nicht schneller in Fiiulniss übergehen und Heilung leicht durch äus-serliche oder auch durch gclind antiphlogistischc innerliche Mittel bewirkt
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Milzbrand.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;511
wird. Nach R o s e's Untersuchungen kommt die sibirische Beulenseuche meist in den Steppen, nie im Gebirge vor.
Dr. Jankowski in Lemberg gibt eine Schilderung- der Pustula jna-ligna (sibirischen Pest). Sie eutwickelt sich in morastigen, sumpfigen Step­pen Sibiriens beim plötzlichen Eintritte grosser Hitze, indem die iiussere Erdschichte stark austrocknet, unter ihr sich Sumpf und Morast betindet, der aus organischen, faulenden Substanzen besteht; aus diesem steigen dichte, übelriechende Nebel auf, bedecken das Land und verderben die Luft, feiner Staub, durch Winde getragen, erfüllt die Luft, setzt sich dick an das Fut­tergras an. Hier lindet daher die Pustula maligna eine Menge Schädlichkei­ten als Bedingungen zu ihrer primitiven EnUvickelung, daher sie vielleicht mit Recht den Namen der sibirischen Krankheit bekam. Die Krankheit ist eine Thier-, aber keine Menschenkrankheit- An Menschen kommt sie weder primitiv, noch epidemisch vor, kann aber auf dieselben übertragen werden nur durch directe Berührung der Jauche des kranken Thieres mit der vom Oberhäutchen entblösten Hautstelle, oder mit unverletzter Schleimhaut, oder durch langen Contact der Jauche, oder a h dos Schweisses des an dieser Krankheit leidenden Thieres mit der gesunden iVlenschenhaut, oder endlich auch durch Insecten, die unmittelbar, und nicht aus zu grosser Entfernung die Jauche vom Cadaver, oder von der Beule des Thieres auf die von Klei­dern entblösten Körpertheile übertragen können. Die Pustula maligna er­scheint beim Menschen am meisten an den von Kleidern entblösten Körper-theilen, als Hals, Gesicht, Brust, Händen. Sie kommt meist bei Hirten, Kut­schern, Schafscheerern, Abdeckern und bei denen vor, die mit Wolle oder Thierhaaren zu thun haben. Die inlicirte Stelle sieht anfangs wie ein In-sectenstich aus, verwandelt sich bald in einen schwarzen Fleck, worauf sich ein trockener Brandschorf bildet, unter welchem eine bösartige Vereiterung stattfindet, die Anschwellung entzündet sich, wächst, wird hart; die Entzün­dung und Schwellung schreitet längs der Lymphgefässe zu benachbarten Drüsen, es tritt Fieber ein, Brechneigung, auch Erbrechen und das Allge­meinleiden gleicht dem Typhus. Durch zeitliches Aufschneiden der inlicirtelaquo; Stelle und Betupfen mit ätzcmlen Mineralsüuren. als Schwefelsäure, Kali cau-sticum, wird die Infection zerstört, ein Allgemeinleiden entwickelt sich nicht; wo dieses eintritt, gibt man innerlich Calomel in kleinen Dosen, und Mine­ralsäuren, äusserlich wirkt auch Desinlicirung. Durch rechtzeitige Hilfe wer­den sowohl Thiere, als Menschen meistens gerettet. Das Wesen der Krank­heit besteht in einer Blutzersetzung. Locale Processe sind Beulen von ver­schiedener Grosse an der ausseien Haut, am Kopfe, Hals, Kehle, Rumpfsei-tentheilen, Bauch, Extremitäten und Geschlechtstheilen. Von inneren Organen ist meistens die Milz stark ergriffen, aber auch ofi das Gehirn, die Lungen, das Herz und der Verdauungsapparat. Die Krankheit tritt an Thieren in drei Formen auf: 1) die apoplectische, 2) carbuneulöse und 3) die erysipelatöse Form.
I. Apoplectische Form, a) Bei Schafen. Dem Anscheine nach ganz gesunde Schafe fangen auf einmal an sich zu drehen, nach einigen gemach­ten Kreisen springen sie auf, fallen zu Boden, es zeigen sich Krämpfe an verschiedenen Körpertheilen, es fliesst Schaum aus dem Munde, Blut aus der Nase; und oft nach Verlauf von 5—10 Minuten endet das Thier. b) Bei Pfer­den. Diese bleiben stehen meistens im Gehen oder Laufen, lassen den Kopf niedrig hängen, werden schwächer, beim Gehen taumeln sie, oder bleiben zuweilen, wie vom Schlag getroffen, plötzlich stehen. In diesem Zustande sind sie wie gefühllos, können durch keinen Antrieb aus ihrer Stellung ge­bracht werden, taumeln, fallen zu Boden und enden in kurzer Zeit unter Krämpfen. Oft bekommen sie Frösteln, welches bis zum Ableben andauert, häufig folgt darauf Frösteln , Hitze mit starken Schweissen am Kopf- und Oberkörper bei kalten Extremitäten. Die Augen werden matt, eingefallen,
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512nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Constitutionelle Krankheiten.
thränen stark, der Blick ist wild, unruhig, die Augenschleimhäute werden rothgolb. sondern viel Schleim ab, der in den Augenwinkeln zu Borken ver­trocknet. Die Nasenschleimhaut anfangs roth, wird bald bleich, blau und kalt. Es tritt schnelles, kurzes Athraen mit starken Bewegungen der Brust­muskeln und starkem Oetl'nen der Nasenlöcher ein. Die ausgeathmete Luft anfangs heiss, wird bald darauf kalt. quot;Das Herz schlägt heftig, der Puls ist schnell, später unregelmässig und kaum zu fühlen, endlich undeut­lich. Trotz des schweren Krankheitszustandes fressen und trinken die Thiere oft gierig. Die Aussonderungen sind meist normal, oft etwas dünner. Die Thiere werden unruhig, stampfen mit den Vorderfüssen, oder graben auf dem Boden mit denseluen, legen sich oft nieder, nach kurzer Zeit stehen sie wieder auf. In schweren Fällen können sie nicht auistehen, liegen auf den unter sich gekrümmten Füssen und das Maul auf die Erde gestemmt, oder liegen auf der Seite, schlagen mit den Füsson, knirschen oft mit den Zähnen, die Unterlippe hängt schlaff, es entstehen Krämpfe und dasThier verendet. Bei schwächeren Pferden dauert die Krankheit längere, bei stärkeren kürzere Zeit. Beim Ergriffensein eines inneren Organes bietet die Krankheit äusser-lich eine andere Form dar. Meist wird die Milz ergriffen, wobei das Thier im Gehen taumelt, grosse Unruhe verräth, beim Stellen stellt es die V'order-füsse breit auseinander, bleibt unbeweglich. oder legt sich mit grosser Vor­sicht nieder, seine Blicke beständig aut den Leib gerichtet. In solchen Fäl­len sind die sichtbaren Schleimhäute sehr blass, aus der Nase und dem Maule lliessl Schaum, zuweilen mit Blut vermischt. Beim Geliimleiden schwinden die Kräfte sehr rasch, worauf Abstumpfung des üefühls lolgt. Dieser Zustand tritt ein, wenn die Beulen am Kopi, oder am Halse sich zeigen. Beim Er­griffensein des Magens, oder der Gedärme, bekommt das Thier blutigen Durchfall, zuweilen gehen Klumpen geronnenen Bluts durch den Stuhl ab, und dasThier endet meistens in l'J Stunden. — Beim Ergriffensein der Kehle und Gurgel findet ein schweres, röchelndes Athmen statt, im Maul und den Nasenlöchern sammelt sich schaumiger Schleim an, das Schlucken wird be­schwerlich, die Pferde wiehern leise und dumpf. Beim Lungenleiden ist das Athmen beschwerlich, kurz, die Nasenlöcher öffnen sich breit, die ausgeath­mete Luft ist heiss. stinkend, bisweilen heiserer, abbrechender Husten, aus den Nasenlöchern fliesst mit Blut gefärbter Schleim, olt reines Blut, und das Thier endet durch Erstickung Im Anfange der Krankheit ist das Blut hell-röthlich, mit Zunahme des Fiebers wird es dunkel, theerartig, schwerQüssig, so dass bei Lebzeiten es schwer aus der zerschnittenen Vene herausgedrückt werden kann, c) Beim Hornvieh. Dieses wird beim Anfalle der Krankheit sehr lebhaft, hebt den Kopl in die Höhe, läuft wie verrückt herum, brüllt, stösst mit den Hörnern, schlägt in die Erde mit den Füssen, wirft sich zu Boden, springt wieder auf. In vielen Fällen werden die Thiere wie gefühl­los, lassen Kopf und Ohren hängen, darauf lolgt das Fieber; die Hörner, das Maul und der Oberkörper werden heiss, die Milchabsonderung wässerig, mit Blutstreifen gefärbt, und meist verschwindet sie ganz, es folgt Durchfall und Bauchaultreibung.
II. Carbunculöse Form. Es bilden sich Geschwülste oder Beulen an den obenerwähnten Körpertheilen. Sie sind zwar nicht bedeutend, jedoch schmerzhaft, denn beim Berühren derselben quot;zucken die Thiere und suchen der Berührung auszuweichen. Oft aber lassen sie sich berühren, ohne einen Schmerz zu verrathen. Die Beulen sind meist hart, es kommen aber auch weiche vor. Beim Aufschneiden der harten Beule zeigt sich eine fettartige, weisse Masse, undeine wässerige, kaum etwas röthlich gefärbte Flüssigkeit; in weichen, zerschnittenen Geschwülsten ist das Zellgewebe mit gallertartiger, gelblicher Sülze und gelblicher Flüssigkeit gefüllt. Rings um die Geschwülste ist das Zellgewebe verhärtet, die Anschwellung selbst ist beim Zerschneiden meist hart, sclerosirt, es kommen oft tiefe diphtheritische Zerstörungen uir. die An-
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Milzbrand.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 513
Schwellung vor. Die Beulen gehen selten in Eiterung über, durch Zerschnei­den aber, oder durch Anwendung zertheilender Mittel, ohne innere Behand­lung, verschwinden sie zuweilen, kommen aber meist auf anderen Stollen wieder zum Vorschein. Bestehen die Beulen 1 — 6 -12 Stunden, selten einige Tage, dann tritt das Allgemeinleidon ein. Die Thiere werden matt, aus der Nase und dem After lliesst sehwar/cs Blut, sie gehen entweder sehr langsb-m, oder bleiben stehen mit tief hängendem Kopie, die Augen treten vor, unter­laufen mit Blut, lallen oft um, stehen wieder bei grosser Anstrengung auf, bis sie unter grosser Unruhe und Krumpfen endigen.
111. Die erysipelatöse Form , wobei an grösseren Körpertheilen eine weit ausgebreitete, meist weiche, leigarlige Hautanschwellung in kurzer Zeit sich bildet, worauf das Allgemeinleiden eintritt und den Verlauf der carbun-culösen Form annimmt. - Was die Therapie anbelangt, so muss die Beule so früh als möglich aufgeschnitten und die Schnittwunde mit concentrirten Mineralsiiuren z B. Schwefelsäure, alle 2 Stunden betupft werden. Beim aus­gebreiteten Erysipelas müssen die Stellen, welche fluetuiren, geöffnet, die Flüssigkeit ausgedrückt, und wie bei den Sclinittwunden der Beulen verfah­ren werden. Man setzt den Sauren noch Pottasche. Salmiak zu ; auch atzende Pulver aus Brechweinstein, Sublimat, Kupfervitriol, zuweilen Campher. Bei weichen, ausgebreiteten, nicht begrenzten Geschwülsten öfteres Einreiben des Caraphers mit Salmiak vermischt. Gegen das Allgcmeinleiden: Aderlass, innerlich Glaubersalz mit Nitrum . Bcgiessungcn mit kaltem Wasser, öiteres Baden, oder im Wasser stehen lassen, bis Frösteln eintritt. Bei scliwachen mageren Thieren ist für gute Fütterung zu sorgen : Hafer. Brod mit Salz zu geben, Schwefelsäure, Eisenvitriol im Wasser, oder in schleimigen Decocten, auch Säure mit stärkenden Mitteln, in der Abkochung von Absinth, Bitter­wurzel, Baldrian etc. Die Ergebnisse des Sectionsbefundes sind Anlüllung des Unterhautzellgewebes mit schwarzen, dünnflüssigem Blute, die innere llautfläche dunkelrotli gefiirbl : das Zwisclienmuskelzellgewebe mit sulzartiger gelblicher Masse gelullt. — Igt;ie Schleimhäute der Luft- und Schlingorgane, stellenweise mit schwarzem Blut unterlaulen. Die Gelürnhäute dunkelroth, Geliirnsubstanz blass, weich, welk. Die Gcliinikammer mit dunkelrother theerartiger Flüssigkeit gefüllt. Die Lungen mit schwarzem, schäumigen Blut überfüllt. Im Herzbeutel dunkelrotbes Blutwasser. Das Herz schlaff, die Kammer mit schwarzem Blut gefüllt. In der Bauchhöhle viel schwarzröth-liche Flüssigkeit. Auf der Magenschleimhaul schwärzliche Blutunterlaufungen, der Mageninhalt oft blutig gefärbt. Die Gediinnschleimliäute an vielen Stel­len blutig unterlaufen, mit oberflächlichen grösseren oder kleineren Geschwü­ren besetzt Die Milz immer sehr hyperämisch und vergrössert. bei denen aber, welche an der apoplectischen Form zu Grunde gehen, ist sie mehr als um das Doppelte vergrössert, und stellt eine breiartige, blutschwarze Masse dar. die beim Zerschneiden der liilzkapsol zerfüllt.
Milzbrandödem und Emphysem.
sect;. 14. Man versteht unter dieser Bezeichnung begrenzte, oder mehr und weniger auf die Fläche hin sich ausdehnende wässerige oder lufthaltige Anschwellungen, ,.WindgeschwUlste,quot; „Rausch, rauschender Brand,quot; die bald brandig zerfallen.
Die auch unter dem Namen „Koth oder Brand'' bekannte, sehr verderbliche Krankheit herrscht in den Alpen im Sommer en-zootisch, kommt aber auch in den übrigen Jahreszeiten vereinzelt Kraus, Path. u. Therap. der Haussäugethiere.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;36
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514nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Constitutionelle Krankheiten.
vor. Sie befallt hauptsächlich junges 1/2 — 2 Jahre altes Eindvieh ohne Unterschied des Geschlechts und endet fast immer tödtlich.
Der Eintritt der Krankheit ist im Verhältniss ihrer Gefährlich­keit und ihres schnellen Verlaufes von nicht besonders auffälligen und heftigen Symptomen begleitet; Mattigkeit und Schläfrigkeit pflegen voranzugehn. Doch ist sie auch schon bei sonst munter scheinenden Thieren plötzlich entstanden.
Das Erste, was man wahrnimmt, ist, wenn solche Geschwülste an den Extremitäten sich entwickeln, dass das Thier leicht zu hin­ken beginnt, und wenn man nachsieht, so findet man von der Krone bis über die Fessel oder vom Fusswurzelgelenk aufwärts eine unbedeutende, etwas wärmere und schmerzhafte Geschwulst. Manchmal erscheinen auch solche Geschwülste zuerst auf den Hin­terbacken, den Schultern oder am Rücken. Da die Thiere von der Weide in diesem Zustande noch munter wie gewöhnlich nach Hause kommen, so schenkt man diesen Geschwülsten keine besondere Aufmerksamkeit und hält sie, namentlich an den Füssen, für äus-sere Verletzungen. Die Geschwülste vergrössern sich bald lang­samer bald schneller, nehmen oft ungeheuere Dimensionen an, werden kalt, schmerzlos und geben beim Drucke mit der Hand ein knisterndes Geräusch von sich. Der kranke Fuss wird jetzt nur noch nachgeschleppt. Beim Einschnitte in die Geschwulst zeigt sich Zellgewebe und Musculatur ganz schwarz, es fliesst eine stinkende Jauche heraus und mephitische Gase entweichen.
Das Leiden ist von heftigem Fieber begleitet, der Puls schnell, klein und schwach, Herzschlag pochend. Das Floizmaul ist trocken, Ohren und Hörner abwechselnd kalt und warm. Der Athem ist so lange die Ablagerung nicht auf wichtige innere Gebilde statt­gefunden hat, ziemlich ruhig. Der Bauch ist aufgetrieben. Darm­ausleerung und Harnausscheidung unterdrückt. Vor dem Tode wird der Koth dünnflüssig mit Blut untermengt, ebenso der Harn blutig gefärbt. Unter couvulsivischen Zuckungen gehen die Thiere zu Grunde. Der Verlauf dauert kaum 24 Stunden.
sect;. 15. Der Sterzwurm
ist eine seltene Krankheit des Rindviehes, die von Manchen den Anthraxformen beigezählt wird, wiewohl dieselbe auch durch me­chanische Gewaltthätigkeiten so wie in Folge der Ruhr und Rin­derpest entstehen kann.
Symptome. Am untersten Ende der Schwanzrübe, welche vom Haarbüschel umgeben ist, entsteht Anschwellung und Ge­schwürbildung, in Folge dessen erst die Haare ausfallen und end­lich auch ein Wirbelbein nach dem andern durch Jauchebildung abgestossen wird. Viel seltener fängt die Krankheit über dem Haarbüschel an, in welchem Falle dann die ergriffene Stelle ge­wöhnlich nur erst auf Einer Seite anschwillt. Die sich producirende Feuchtigkeit ist jedenfalls auch scharf und ätzend, und zerstört,
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wie im ersten Falle, die Scbwauzwirbelbelne, so dass der ganze untere Theil des Schwanzes abfällt.
Sectionsergebniss. Entzündung und gescbwürigeZerstö­rung bis in den Mastdarm hinein.
Die Behandlung erfordert Eröffnung und Reinigung der Geschwulst, Auswaschen derselben mit Kalkwasser und täglich einen Verband mit einer harzigen Tinctur oder Terpentinöl, in den schlimmeren Fällen das. Glüheisen und sogar das Abnehmen dlt;es leidenden Theiles.
C. Anthraxformen beim Schafe.
Blutseuche, Blutstaupe, Blutkrankheit, hitzige Kopfkrankheit, Hitze
schlechtweg.
sect;. 16. Sie ist die apoplectische Anthraxform des Schafes. An­scheinend ganz gesunde Thiere stürzen plötzlich todt zusammen, oder bleiben, wenn sie umgefallen sind, wohl noch am Leben, sind aber nicht mehr im Stande sich zu erheben, liegen wie gelähmt mit ängstlichem Athem, starker Flankenbewegung. Die Augen sind hervorgedrängt, die Bindehaut und die Schleimhäute injicirt und nach Verlauf einiger Stunden gehen die Thiere unter Convulsionen zu Grunde. Selten sind Vorläufer der Krankheit zu bemerken; ist dies der Fall, so zeigen die Tliiorc grosso Mattigkeit, Abge­stumpftheit, Unterdrückung der Excretionen ist bemerkbar. Nasen-und Maulschleimiiaut zeigen gelblich - rothe Färbung. Die Nase sondert eine milchartig - röthliche Jauche ab, in diesem elenden Zustande gehen die Thiere meist rasch zu Grunde.
Die Krankheit tritt in einigen Gegenden Ungarns und Frank­reichs enzootisch auf und richtet unter den Schafen grosse Ver­heerungen an.
Beim Entstehen der Krankheit war nach Roll ausser der gewöhnlichen Ursache des Anthrax besonders kalkhaltiger oder humusreicher Boden mit durchlassendem Untergrunde, ferner der Geuuss durch Schimmclbildung verdorbenen Futters beschuldigt.
Junge und veredelte Schafe werden vou der Blutseuche leich­ter befallen.
Die Prognose ist äusserst ungünstig; beinahe alle erkrankten Thiere gehen zu Grunde.
Ausser der allgemein gegen den Anthrax empfohlenen Be­handlung soll der innerliche Gebrauch von Chlorwasser und Chlor­kalk sich wirksam zeigen (?).
Brandiger Rothlauf.
Fliegender Brand, Flug, Rose, heftiges Feuer, Antoniusfeuer.
sect;. 17. Erscheinungen. Nach vorausgegangenen Fieberer-
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516nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Constitutionelle Krankheiten.
scheinungen oder auch ohne diese bekommen die Thiere einen steifen Gang, fangen an zu hinken, und man bemerkt, bei näherer Besich­tigung, an der inneren Fläche der hinteren Schenkel eine eigen-thümliche Haut - und Unterhautzellgewebsaifection in Form einer bläulich-rothen sehr schmerzhaften Geschwulst wie sie bei Suggil-lation vorzukommen pflegt. Seltener kommt auch die Geschwulst in der Kehlgegend vor, dann stellen sich bei den Thieren bräune­artige Zufälle ein. Die Thiere speicheln aus dem Maule, haben Nasenausfluss, der bald blutig wird, und zeigen beschwerliches an­gestrengtes Athmen. — Die erwähnten Geschwülste an den Hin-terscheukeln haben nicht das Gepräge einer Entzündung, sind nicht elastisch gespannt, sondern nach Verschiedenheit der in sie ergos­senen Flüssigkeit und je nachdem die betreffende über die Geschwulst lagernde Hautparthie gespannter ist (wie am Schien­beine) oder nachgiebiger (wie am oberen Thcil des Schenkels und am Halse) bald derb, bald nachgiebig. Diese Geschwülste verbrei­ten sich sehr schnell am Schenkel nach oben über die Brust und den Bauch, von der Kehlgegend aus nach dem Vorderkopf, die Röthe wird bald violett, bleifarben, schmutzig-bläulich, die Ge­schwülste kalt, teigig, durch Luft aufgetrieben, rauschend und prasselnd. Die Thiere fühlen die in die Geschwulst tief gemach­ten Einschnitte gar nicht.
Falke zählt diese Krankheit durchaus nicht den Anthraxl'onnen bei, wie sich denn nach seiner Behauptung bei solchen Thieren nicht das charak­teristisch theerartige Blut vorfindet, vielmehr ist letzteres in den Cadavern ganz llüssig, und reisst man den Tnieren beim Leben die sehr lose stehende Wolle aus, so sickert gemeinhin eine blutig-wässerige hellrothe Flüssigkeit (dünutlüssiges ßlutj aus, die nach seiner Erfahrung auch von selbst oder bei starkem Drucke auf die Geschwulst hervorsickert.
Wenn die Geschwülste platzen, so entleeren sie eine jauchige übelriechende Flüssigkeit. Haben die Geschwülste einen grossen Umfang angenommen, so gehen die Thiere durch das ungemein heftige, die Krankhei* begleitende Fieber rasch zu Grunde. Manchmal ist der Verlauf jedoch weniger tumultuarisch, die Thiere verfallen in Stumpfsinn, liegen regungslos da, der Leib ist ganz matt, das Auge gläsern, die Schleimhäute livid, die anfangs retardirte Kothabsetzung schlägt in Durchfall um. Die Thiere athmen schwer, mit Zuhilfe­nahme der Bauchpresse, oder es ist bei einem Kehlleiden der Athem im höchsten Grade erschwert und kurz. Unter diesen Er­scheinungen gehen die Thiere zu Grunde.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; _
Bisweilen kommt nach Falke's Beobachtungen die geschil­derte Haut- und Zellgewebsaffection nicht zur Ausbildung, die Thiere hinken dann auch nicht, aber gehen steif und schwankend im Kreuze, das Allgemeinleiden ist heftiger und es erfolgt frühzei­tig der Tod, aber vor dem Herannahen desselben stellt sich an einem oder dem andern Schenkel die gewöhnliche Blaufärbung der Haut ein.
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Aetiologie. Roll, der diese Krankheit als Authraxform betrachtet, ist der Ansicht, dass alle beim Anthrax gewichtigen aetiologisehen Momente auch beim Entstehen des „Antoniusfeuersquot; Geltung haben. Falke hingegen, der, wie bereits oben bemerkt, dem „Feuer der Schafequot; eine selbständige, vom Anthrax gänzlich unabhängige Stellung vindicirt, hält auch demgemäss hier andere ätiologische Momente am Platze und sagt darüber folgendes:
Die Krankheit zeigt sich niemals im Sommer und so lange die Thiere sich ausschliesslich auf der Weide nähren. Ihr Hervorbre­chen findet immer im Herbste statt, wenn neben dem Weidengange die trockene Stallfütterung beginnt. Je länger die Thiere bei gün­stiger Witterung und guter Weide die trockene Stallfütterung ent­behren können, desto später erscheint die Krankheit. Die meisten Erkrankungen fallen in den Monat November bis Anfang December, lassen also nach, nachdem der Weidegang durch einige Zeit ein­gestellt und trockenes Winterfutter die alleinige Nahrung geworden ist. Nur bisweilen besteht die Krankheit iu gleicher Extensität durch den ganzen Winter fort, aber immer nur in einzelnen Fällen hervortretend — Das Frühjahr kann ohne alle Erkrankungen vor­übergehen, doch pflegt sich aber die Krankheit jetzt wieder zu zeigen, doch nicht in derselben Intensität und von keiner so lan­gen Dauer.
Die Gegenden, in denen die Krankheit angetroffen wird, ha­ben ein sogenanntes reines, zum Theil leichtes, sandiges Feld mit einem flachen Untergründe von Mergel und Lehm. Je mehr der Mergel zu Tage ausgeht, je kalkreicher der Boden, desto umfas­sender und hartnäckiger ist die Krankheit.
Die Krankheit ist rein enzootisch, d. h. an einzelne Localitä-ten gebannt. In einzelnen Schäfereien kehrt sie jährlich ein und bleibt mehr sporadisch: oder es giebt auch Jahrgänge, wo sie da­selbst als Seuche auftritt, und dann erscheint sie auch wohl in Schäfereien, die von den jährlichen Erkrankungen verschont ge­blieben sind. Beim senchenartigen Auttreten der Krankheit kom­men aber in den Monaten November und December tägliche Er­krankungen vor, so dass der Gesammtverlust 10—15 pC. betra­gen kann. Wo sie im Winter gänzlich aufhörte, erscheint sie im Frühjahre in wenigen vereinzelten Fällen; da aber, wo sie im Winter sporadisch fortbestand, zeigt sie sich manchmal in grösserer Ausdehnung. Eine besondere, in der Kürperconstitution begrün­dete Anlage waltet nicht vor. Thiere jeglichen Alters und Ge­schlechts werden von der Krankheit ergriffen. Auch der Ernäh­rungszustand scheint ohne Einfluss, denn die Krankheit befällt sowohl kümmerlich als gut genährte Thiere.
Durch Impfung lässt sich der Ansteckungsstoff nicht übertra­gen. Menschen, die sich mit derartigen Cadavern befassten, Hunde, die davon frassen, blieben von der Krankheit verschont und auch unter andern Hausthieren ist zur Zeit des Herrschens dieser Seuche der Gesundheitszustand unverändert.
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5t8nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Constitutionelle Kr;mkheiten.
Die Section ergiebt brandige Zerstörung der Haut, des Unter­hautbindegewebes und der umgebenden Muskulatur. Infiltration die­ser Theile mit gallertartigem, gelblichem Exsudate. Die Milz sehr blutreich geschwollen.
D. ' Anthraxf ormen beim S chweine.
sect;.18. Das Punkkorn, der Maul- oderGaumenanthrax ist eine dem Zungenanthrax des Kindes verwandte Krankheitsform, die sich auch durch das Auftreten von Blasen und Pusteln in der Mundhöhle charakterisirt und unter Störungen des Allgemeinbefin­dens verläuft. Der Vorlauf ist sehr rasch und führt gewöhnlich zum Tode.
1. Carbuncel der Schweine, auch weisse Borste genannt.
Bei Schweinen giebt sich die Carbuucel-Varietät der Art kund, dass am Halse, da wo innen die Mandeln oder Tonsillen liegen, eine oder mehrere bohnengrosse Beulen sich erheben („Kropfbrand­beulenquot;) und die daselbst befindlichen Borsten ein bleiches Aus­sehen erhalten, indess ein heftiges Fieber mit erschwertem, heis-sem Athem, Zälincknirschen und Zuckungen den baldigen, tödtlichen Ausgang beschleunigen.
2. Die Anthraxbräune (Kehlbrand, wildes oder laufendes Feuer, brandige Halsgeschwulst) pflegt mit dem Rothlauf (Flug­hinterbrand) gewöhnlich complicirt zu sein, wcsshalb wir beide Formen unter Einem behandeln.
Symptome. Die Thiere zeigen eine besondere Mattigkeit und Abgeschlagenheit, verschmähen das Futter, schwanken im Gange, liegen viel, wühlen in Streu, zeigen wechselnde Körper­temperatur, bisweilen stellt sich deutlicher Fieberschauer ein. Der Athem wird beschwerlich und keuchend, die Stimme heiser, die Augen geröthet, der Bussel heiss, der Schwanz wenig geringelt, die Schleimhäute dunkel gefärbt, das Schlingen wird erschwert, es stellt sich Brechneigung, zuweilen wirkliches Erbrechen ein. Im Verlaufe von 24 Stunden entsteht am Halse um den Kehlkopf, längs der Luftröhre eine heisse, harte Geschwulst, die sich nicht selten über die Vorderbrust und die Schenkel ausbreitet, diese Ge­schwulst ist bleigrau, violett, ödematös. Bald giebt sich der Aus­bruch eines Exanthems in Form rother Striemen und Flecken am ganzen Körper kund, die ebenfalls eine vorherrschende Iveigung besitzen, in Blänlichgrau und Violett überzugehen. Die Thiere gehen aber entweder in Folge der hochgradigen Erschöpfung oder durch Erstickung als Folgender Geschwulst am Halse zu Grunde. Selten nur tritt bei Rückbildung der Geschwülste Genesung ein.
A e t i o 1 o g i e. Junge Schweine sind der Krankheit eher unterworfen, die Erkrankungen erfolgen gewöhnlich in der Zeit vom Monat Juni bis September, selten im Winter. Gelegenheitsur­sachen gelien ab die Fütterung mit Klee, feste, stopfende Futter­stoffe; verdorbene thierische und vegetabilische Abfalle, der Mangel
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frischen Wassers, zu warme, dumpfige Stallluft, das Weiden und forcirte Treiben bei grosser Hitze, rascher Witterungs- und Tem­peraturwechsel.
Der Krankheitsverlauf ist schnell, höchstens von drei­tägiger Dauer.
Behandlung. Um den Uebergang in Gangrän zu verhüten, wird so frühzeitig als möglich ein Brechmittel gereicht, worauf mau antiphlogistische Salze, säuerliche Getränke, nach Erforderniss kalte Begiessungen, schleimige oder säuerliche Einspritzungen in die Rachenböhle folgen lassen kann. Auch das Einziehen von Eiterbändern und das Brennen der Geschwulst mit dem Glüheisen und Blutentziehungen hinter dem Ohre sind von Einigen angerathen worden. Chlor und Chinin sind desgleichen in Anwendung gezo­gen worden.
Prophylactisch haben Einige gerathen, nichtträchtigen Thie-ren vom Mai bis September allwöchentlich einmal 5—11 gr. Nies­wurz zu geben (??).
Auch Hunde und Hausgeflügel werden, namentlich in Folge des Genusses von Abfällen Milzbrandkranker, von Anthrax nicht selten ergriffen.
Bei ersteren stellt sich bald nach dem Genüsse Abspannung und Erbrechen und weiterhin trommelsüchtige Auftreibung des Hinterleibes, Starrheit und Angst im Auge und nach 2 — 3 Tagen Diarrhöe und Erschöpfung, oder Heilung ein. Es sind auch Fälle bekannt, wo Kopfgeschwulst und Brandblasen im Maule bemerkt worden sind.
Stirbt das ergriffene Hausgeflügel nicht plötzlich an der Krankheit, so bemerkt man aufgehobene Fresslust, Traurigkeit, Sträuben der Federn, Zittern, Durchfall, Ausfiuss einer zähen, schleimigen oder wässerigen Flüssigkeit aus dem Schnabel, zuweilen Hinken mit einem oder dem anderen Fusse, öfters Geschwulst eines oder des andern Auges oder auch des ganzen Kopfes, braun-rothe Färbung und brandiges Absterben des Kammes und dann er­folgt der Tod unter Convulsionen.
Veterinärpolizeiliche Mass regeln.
Sicherheitsmassregeln in Oesterreich.
Da der Anthrax in der Eegel epizootischen oder enzooti-schen Einflüssen seine Entstehung verdankt, und nur in seltenen Fällen durch Ansteckung eine weite Verbreitung erlangt, so müssen dieprophylactischen Massregeln vorzugsweise in der Abstellung der nachweisbaren veranlassenden Ursachen und in einer sorgfäl­tigen diätetischen Pflege der Hausthiere bestehen. Dem zu Folge ist in jenen Ortschaften, in deren Nachbarschaft eine Milzbrand­seuche herrscht, auf die betreffenden Paragraphe der populären Belehrung über ein zweckraässiges diätetisches Verfahren mit den
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520nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Constitutionclle Krankheiten.
Hausthicren hinzuweisen. Es verstellt sich übrigens von selbst, dass alle Gemeinschaft mit dem Viehe des verseuchten Ortes hint-anzuhaltcn, namentlich aber der Ankauf von Vieh, Fleisch und anderen thieriscben l'roducten und Abfällen aus demselben auf das Strengste zu verbieten sei.
Tilgungsmassregeln.
Ausser den bei jeder Thierseuche überhaupt durchzuführenden veterinärpolizeilicheu Massregeln sind hei dem Milzbrände, und zwar gleichgiltig unter welcher Form er zugegen ist, nachstehende Einleitungen zu treti'en:
1)nbsp; Die gesunden Thiere sind von den kranken abzusondern, an einem anderen Orte unterzubringen, und von Wärtern, die mit jenen der Kranken nicht zusammenkommen dürfen, zu besorgen.
2)nbsp; Den Wärtern der kranken Thiere ist bei der Verrichtung ihres Dienstes die grösste Vorsieht zur Pflicht zu machen, um jede Besudelung ihrer Haut mit dem Blute, Geifer mit Jauche, oder mit dem, in den Beulen enthaltenen Exsudate zu vermeiden, da hiedurch die gefährlichsten Störungen der Gesundheit erfolgen können.
Wer daher an den Händen oder am Gesichte eine anschei­nend noch so unbedeutende wunde Stelle, Hautabschürfung oder einen Hautausschlag hat, darf sich mit der Besorgung anthrax-kranker Thiere durchaus nicht befassen. Insbesondere müssen die Wärter sich hüten, den Kranken mit der blossen Hand in das Maul oder in den Mastdarm zu langen, oder sich von ihnen das Gesicht behauchen oder begeifern zu lassen, ebenso müssen sie bei dem Abledern und Aufhauen der Aeser die grösste Vorsicht beobachten. Nach jeder Besudelung sind die betreflenden Hautstellen wohl mit lauwarmem Seifenwasser und hierauf der grösseren Vorsicht halber mit einer verdünnten Säure (schwachem Essig) zu waschen.
Dieselbe Vorsicht haben auch Aerzte und Thierärzte, welchen die Behandlung derlei Kranker obliegt, zu beobachten, und es ist für sie jedenfalls geratheu, bevor sie zur Untersuchung der Maul­höhle oder des Mastdarmes solcher Thiere schreiten, Operationen, z. B. das Scarificiren der Carbunkel, Ziehen von Eiterbändern u. del. oder Cadaveröffnungen vornehmen, sich die Hände mit Oel wohl zu bestreichen.
3)nbsp; Das Aderlassblut von milzbrandkranken Thieren, die bei denselben gebrauchten Haarseile, Verbandstücke, müssen sogfeich hinlänglich tief verscharrt oder sonst vernichtet werden, damit nicht Schweine, Hunde, das Geflügel u. dgl. durch den Genuss des er-steren . oder die Besudelung mit den letzteren angesteckt werden.
4)nbsp; Schweine, Hunde, Katzen, Federvieh uud anders Thiere müssen von den Ställen und den Abgängen milzbrandkranker Thiere, sowie von den Cadavern derselben auf das Sorgfältigste abgehalten werden.
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Milzbrand.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 521.
5)nbsp; Die Aeser der an dem Milzbrande gefallenen Thiere sind unter Beobachtung der in dem sect;. 28 verzeichneten Directiven auf den Aasplatz zu fliliren, und jene der Schafe und Schweine unter allen Verhältnissen nach vorheriger kreuzweiser Durchschneidung der Haut unabgeledert zu verscharren. Ebenso sind die Cadaver der an den acutesten Formen des Anthrax gefallenen Pferde und Rinder zu behandeln: auch sie sind wegen der, aus der Ablede­rung für die dabei beschäftigten Menschen entspringenden Gefahr sammt der vorher zerschnittenen Haut zu vergraben.
Nur bei einem weniger aeuten Verlaufe der Krankheit kann das Abledern der Haut der Pferde- und Rinder-Cadaver, welches aber stets erst nach dem vollständigen Erkalten derselben vorge­nommen werden darf, dann die vorschriftsmässige Reinigung der Häute, Hörner und Klauen und die Gewinnung der Knochen nach der Angabe des sect;. 29 gestattet werden; jedoch ist die Erlaubniss hiezu in jedem einzelnen Falle von dem Ermessen der Seuchen-Commission abhängig. Das Ausschmelzen des Unsehlittes ist durchaus nicht zulässig.
6)nbsp; Bei der Vornahme von Sectionen ist die grösste Vorsicht anzuwenden, und es darf vor dem vollständigen Erkalten der Ca­daver zu denselben nicht geschritten werden.
7)nbsp; Das Schlachten milzbrandkranker oder auch nur der Krank­heit verdächtiger Thiere jeder Art zum Zwecke der Benützung des Fleisches ist unbedingt und unter Androhung der schärfsten Strafen zu verbieten, und es sind daher auch die Fleischhauer in dem Seuchenorte unter der strengsten Aufsicht zu halten, dass sie keine solchen Thiere zur Schlachtbank bringen. Auch der Genuss oder Verkauf der Milch derart kranker Thiere ist unbedingt zu verbieten.
8)nbsp; Die Reinigung der Ställe und der bei kranken Thieren in Verwendung gekommenen Geräthe ist auf das Sorgfältigste nach den Vorschriften der sect;sect;. 30 und 31 vorzunehmen. Die desinficir-ten Ställe sollen der Vorsicht halber noch durch längere Zeit ge­lüftet, und erst nach Ablauf mehrerer Wochen wieder mit gesun­dem Viehe bestellt werden.
Preussen.
Patent wegen Abwendung der Viehseuchen vom 2. April 1803.
Cap. IV.
sect;. 130. Jede Verheimlichung der Krankheit wird strenge verboten, und es muss das erkrankende Rindvieh ohne Unterschied, ob es unter der Heerde oder in Ställen erkrankt, sofort von allem gesunden Vieh abgesondert, und in einen besondern Stall des Vieh­besitzers gebracht, auf gleiche Weise auch das genesene von dem kranken, und das kranke unter sich, soviel es die örtlichen Ver­hältnisse zulassen, separirt werden.
sect;. 131. Ohne vorgängliche Besichtigung des nach sect;. 98 zu
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#9632;
522nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Constitutionelle Krankheiten.
bestellenden Aufsehers und ohne dessen Erlaubniss darf kein ge­nesenes Stück, unter das gesunde Vieh gebracht werden; dieser muss aber zuvörderst die Genehmigung des Landrathes darüber nachsuchen, ehe er diese Erlaubniss ertheilt.
sect;. 132. Wo es den Viehbesitzern an Ställen zur Separation fehlt, müssen in den Gärten bei den Gehöften Buchten angelegt werden; wenn aber die Krankheit zu der Zeit einfällt, da das Vieh auf die Weide geht, so sind dem kranken, sowohl als gene­senen Vieh besondere Hlitungsflecke, jedoch unter eben den Vor­sichten, welche in den sect;sect;. G4 — (iß in Ansehung der Absonderung der Hütung, den Triften und Tränken vorgeschrieben sind, zuzu­weisen.
sect;. 133. Bei der Heerde, in welcher sich die Krankheit äus-sert, müssen den Hirten ebenfalls Gehilfen bestellt, und so auch Revisoren zur Untersuchung des ganzen Vichstandes des Ortes, so­wohl in der Heerde, als in den Ställen angesetzt werden.
sect;. 136. Scharfrichter und Abdecker sind verbunden, während der Dauer der Krankheit gleich nach dem Ansagen ihre Knechte zur Abholung des Viehes abzuschicken, und müssen sich so viel Knechte halten, als die Erfüllung dieser Vorschrift erfordert.
sect;. 137. Haben sie bei dem ersten Ansmittelungsversuche einen Karren mitgebracht, so muss dieser im Orte stehen bleiben, und so untergebracht werden, dass kein Vieh zu demselben kann. Bei der Rückkehr müssen die Knechte alle Orte möglichst ver­meiden, von Rindviehheerden aber durchaus sich entfernt halten.
sect;. 138. Wegen Unterbrechung der Gemeinschaft mit dem übrigen Rindvieh des Ortes, sowie auch mit dem Rindvieh aus an­dern Orten, bleibt es in allen Stücken bei den speciellen Vor­schriften des II. Capitels, jedoch mit der Ausnahme, dass det zur Absonderung bestimmte Zwischenraum auf 500 Schritte be­schränkt wird.
sect;. 140. Dagegen darf kein Rindvieh, Rauchfutter und Dünger aus dem Orte verkauft, oder unter einem andern Verwände über die Grenze des Ortes und des zur Absonderung bestimmten Zwi­schenraumes gebracht werden.
sect;. 141. Auch aus anderen Orten darf kein Rindvieh sowenig durch den Ort selbst, als über dessen Feldmark und Hütungen ge­bracht werden.
sect;. 142. Viehmärkte, die an demjenigen Orte, wo die Krank­heit ausgebrochen, einfallen, müssen gleichfalls aufgehoben werden.
sect;. 143. Bei dem Schlachten des Viehes, zum Bedarf der Einwohner des Ortes, muss nach den allgemeinen Vorschritten des I. Capitels verfahren werden, welche in sect;. 7 enthalten sind.
sect;. 7. Jedes zum Schlachten bestimmte Stück Rindvieh muss vor dem Schlachten von dem Gemeindevorsteher oder Hirten be­sichtigt, und nur dann die Erlaubniss dazu von ersterem gege­ben werden, wenn kein Merkmal zu einer innerlichen Krankheit sich zeigt.
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Milzbrand.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;523
^ sect;. 147. Zur Aufsicht der Befolgung' der vorstehenden Vor­schriften sind zwei Aufseher, der eine im Orte, und der andere ausserhalb desselben zu bestellen. Der erste hat die Aufsicht über diejenigen Vorschritten, welche im Orte selbst und dessen Bezirke, und der andere über diejenigen, welche ausserhalb desselben zur Ausführung kommen sollen.
Bezüglich der Emlschaft der Seuche heisst es im III. Capitel:
sect;. 123. Bis vier Wochen nach dem letzten Krankheitsfalle
sind die Vorschriften und Einschränkungen genau zu befolgen. Im
Winter kann dieser Zeitraum bis auf '6 Wochen verkürzt werden.
Regulativ vom 8. August 1835.
sect;. 10y. Wird ein Thier vom Milzbrande befallen, so ist bei Vermeidung einer Geldstrafe von 5 Thlrn. oder achttägiger Gefäng­nissstrafe der Polizeibehörde sofort Anzeige davon zu machen.
sect;. 110. Die erkrankten Thicre müssen von den gesunden ge­nau abgesondert und geeigneten Wärtern übergeben werden. Diese sind über die Gefahr der Ansteckung und die zur Verhütung der­selben zu befolgenden Vorsichtsmassregeln zu belehren. Insbeson­dere dürfen die Wärter keine Verletzungen im Gesichte und an den Händen haben.
sect;. 111. Allen Personen, die nicht approbirte Thierärzte sind, ist das Curiren milzbrandkranker Thierc, und besonders das soge­nannte Brechen oder Herausziehen des Rückenblutes, bei einer Geldstrafe von 10 bis 20 Thlrn. oder Mtägiger bis vierwöchent­licher Gefängnissstrafe verboten.
sect;. 112. Die Thierärzte haben bei Vermeidung gleicher Strafe danach zu sehen, dass das Aderlassblut von milzbrandkranken Thieren, die bei demselben gebrauchten Haarseile, die Leder aus den Fontanellen und ähnliche zur weiteren Verbreitung der Krank­heit geeignete Gegenstände hinlänglich tief vergraben oder sonst vernichtet werden.
sect;. 113. Das Schlachten milzbrandkranker Thiere, sowie der Verkauf und Verbrauch des Fleisches und der Milz von ihnen, ist bei 10 bis 20 Thlrn. Geld- oder 8- bis Mtägiger Gefängnissstrafe verboten. Ist dadurch aber ein Schaden veranlasst worden, so treten die allgemeinen gesetzlichen Strafbestimmungen in sect;sect;. 777. seq. des Allgemeinen Landrechts Thl. II. Tit. 20. ein.
sect;. 114. Die an einer Milzbrandkrankheit crepirten Thiere dürfen nicht abgezogen werden, sondern müssen mit Haut und Haaren — nachdem die Haut vorher, um sie unbrauchbar zu ma­chen a.n mehreren Stellen durchschnitten worden — in 6 Fuss tiefe Gruben geworfen, in derselben mit einer wenigstens eine Hand hohen Schichte Kalk überschüttet und sodann mit Erde und Steinen bedeckt werden.
Nur den Aerzten und Thierärzten ist es erlaubt, in einzelnen Fällen zur genauem Untersuchung der Krankheit ein solches cre-
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524nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Constitutionelle Krankheiten.
pirtes Thier zu öffnen, jedoch nur nach dem völligen Erkalten des Cadavers und bei genauer Beobachtung der erforderlichen Vor-sichtsmaassregeln.
sect;. 115. Sämmtliche mit dem kranken Thiere in Berührung gewesene Gegenstände, die von demselben zurückgebliebenen Aus­wurfsstoffe, der Stall, in welchem sich dasselbe befunden, müssen theils vernichtet, theils nach Vorschrift der Desinfections-Instruction gereinigt werden.
Die für den Milzbrand bestehenden gesetzlichen Bestimmun­gen sind auch auf die Blutseuche der Schafe anzuwenden. Nur hinsichtlich der Ortssperre u. s. w. werden in der Ministerialverfü-gung vom 28. Februar 1862 bei der Blutseuche folgende Modifica-tionen angegeben:
1.nbsp; nbsp; Eine Sperre tritt nur für die Schafe des Ortes und nur in der Art ein, dass auch gesund scheinende Schafe während des Bestehens der Krankheit und 4 Wochen nach dem letzten Erkran­kungsfalle nicht ohne besondere Erlaubniss in einen andern Ort gebracht und ebenso auch nicht geschlachtet werden dürfen.
2.nbsp; nbsp; Fremde Schafe dürfen durch den Seuchenort und dessen Feldmark getrieben werden, jedoch ohne sich daselbst auf Weiden aufzuhalten.
8. Der Verkauf des Rauchfutters ist von dem Verbot der Sperre ausgeschlossen.
Hannover.
Landdrostei-Verordnung vom 21. Juni 1860.
Die Obrigkeiten werden angewiesen und ermächtigt:
1)nbsp; sofort, nachdem ihnen bekannt geworden, dass sich Spuren von Milzbrand im Bezirke zeigen, die zur Feststellung der Krank­heit erforderlichen Untersuchungen durch einen concessionirten Thierarzt vornehmen zu lassen;
2)nbsp; sobald der Ausbruch der Krankheit festgestellt ist, die in der Anlage enthaltenen Bestimmungen als polizeiliche Vorschrif­ten, unter Androhung einer Ordnungsstrafe von 1 — 50 Thlrn., zu verkündigen;
4) nach dem Erlöschen der Krankheit — 6 Wochen nach dem letzten Erkrankungsfalle — und nachdem die vorgeschriebenen Reinigungsmaassregeln beobachtet sind, die angeordneten Vorschrif­ten wieder aufzuheben.
Anlage.
Sicherungsvorschriften beim Milzbrande.
1. Jeder Besitzer eines Thieres, bei welchem sich Spuren des Milzbrandes zeigen, hat dasselbe sofort von andern gesunden
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I
Rinderpest.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;525
Thieren jeder Gattung dergestalt abzusondern, dass jede Gemein­schaft mit Letzteren aufgehoben ist, und von dem Vorgange der Obrigkeit ungesäumt Anzeige zu machen.
2.nbsp; nbsp; Blutige Operationen au milzbrandkranken Thieren dlirfen nicht vor der Absonderung, und nur an Orten vorgenommen wer­den, von welchen jedes andere Vieh, auch Federvieh, abgehalten werden kann.
Das Oeffnen der Cadaver darf nur nach dem Erkalten, auch nur von concessionirten Thierärzten oder unter deren Aufsicht ge­schehen.
3.nbsp; nbsp; Das Cadaver ist mit Haut und Haar, sowie mit allen Ab­fällen, nach Zerschueidung der Haut bis zur Unbrauchbarkeit in der Art zu vergraben, dass dasselbe mit einer mindestens 4 Fuss starken Erdschicht bedeckt ist.
Das Vergraben muss an einem Orte geschehen, welcher mög­lichst fern von ytallungen, Viehtränken und Brunnen gelegen, auch möglichst gegen das Betreten von Thieren geschützt ist.
4 Jedes Thier, ohne Unterschied der Gattung, welches mit milzbraudkranken Thieren zusammen geweidet oder in demselben Stalle gestanden hat, oder mit solchen sonst in Berührung gekom­men ist, gilt, auch ohne Spuren der Erkrankung an denselben, 6 Wochen lang, angerechnet vom Tage des .'etzten Erkrankungsfalles in dem betreffenden Bestände, als der Krankheit verdächtig.
5. Am Milzbrande erkrankte, oder desselben verdächtige Thiere dürfen nicht verkauft, verschenkt oder vertauscht werden.
Auch ist verboten, dieselben von einem Orte zum andern zu fuhren.
Eine Ausnahme davon kann mit Erlaubniss der Obrigkeit stattfinden, wenn vom Besitzer ein dringendes Interesse und von einem Thierarzte schriftlich die Abwesenheit jeder Spur der Krank­heit an dem betreffenden Thiere bescheinigt ist.
(3. Werden verdächtige Thiere geschlachtet, so ist die Be­nutzung irgend eines Theiles derselben nur dann gestattet, wenn das Thier bei der Oeffnung von einem Thierarzte als frei vom Milzbrande befunden ist.
7. Ställe und andere Orte, wo milzbrandkranke Thiere ge­standen haben oder gefallen sind, müssen sorgfältig gereinigt werden.
Das Lagerstroh ist zu verbrennen oder mit dem Dünger so­fort an einen Ort zu bringen, zu welchem kein Thier Zutritt hat.
11. Rinderpest.
Löserdürre, Magen-Darmseuche, Viehseuche, Löserseuche, Gallen­seuche, Uebergalle, Grossgalle, Rindertyphus, bösartiges Ruhr­fieber.
reri |nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;sect;. 19. Die Rinderpest ist eine höchst bösartige, ansteckende,
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526nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Constitutionelle Krankheiten.
fieberhafte Krankheit des Rindes, die sich in einem croupös-exsu-dativen Processe auf der Schleimhaut des Labes und sämmtlicher Gedärme äussert und in unsere Gegend stets eingeschleppt wird. Müller und Bochdalek wollen die Scliwellung und Verschwä-ruug der Peyerschen und solitären Follikcl bei der Kinderpest mit dem Processe bei dem Menschentyphus ganz gleich gefunden haben, daher auch der Name Rindertyphus. Andere, darunter Bruckmüller widersprechen dieser Ansicht, und dies mit um so grösserer Berechtigung, als bei dem Rinde, Pferde und Hunde wirklich eine Krankheit beobachtet wird, die mit dem Befunde bei dem Typhus des Menschen eine viel grössere Analogie als die Rinderpest darbietet.
A e t i o 1 o g i e : Alle Beobachtungen über die Entstehung und Weiterverbreitung dieser Seuche einigen sich dahin, dass die­selbe spontan bei uns nicht auftritt, vielmehr werden ziemlich über­einstimmend die europäischen und asiatischen Steppeugegenden als jene angegeben, in welchen die Selbstentwicklung der Krank­heit vorkommt, und woher dieselbe meist durch Handclsheerden oder Viehtrieb überhaupt eingeschleppt wird; indessen kann nicht geläugnet werden, dass gewisse epizootische Verbältnisse der ra­schern Verbreitung der Seuche bei uns in mancher Zeit wesentlichen Vorschub leisten. In dieser Beziehung ist namentlich des Schlacht­viehes zu erwähnen, das in Kriegszeiten in grosser Anzahl Trup­pen nachgetrieben wird, wobei dasselbe Hitze, Hunger und Durst, sowie anderwärtiges Ungemach auszustehen hat.
Diese Beobachtung wurde im letzten österreichisch-preussi-schen Kriege vielseitig bestätigt, indem an vielen Orten unter dem Schlachtvieh, das den Truppen nachgetrieben wurde, die Kinder­pest ausbrach, und das jeweilige Ortsvieh inficirt wurde. Allein, wie bemerkt, eine spontane Entstehung in unseren Gegenden ist bisher in keiner Weise festgestellt. Als vorzüglichen Herd der Rinderpest werden die Küsten des schwarzen Meeres angegeben. Allein auch da herrscht die Seuche nicht fortwährend, sondern tritt in Folge ungekannter, wahrscheinlich atmosphärischer Einflüsse nach Art einer Epizootic seuchenartig auf, und verbreitet sich durch das sich entwickelnde Contagium auf eine oft fürehterliche Weise weiter.
Je grosser nun die Disposition des Steppenviehes zur ur­sprünglichen Entwicklung der Krankheit ist, desto weniger perni-ciös wirkt die Seuche auf dasselbe ein; es ist der Verlauf der Rinderpest in ihrer Heimath ein weit gelinderer als in unseren Gegenden, und deshalb kömmt es auch, dass trotz dem häufigen Vorkommen der Seuche in den Steppenländern der Rindviehstand dort nicht ab, sondern nur zunimmt, während sie, bei uns einmal eingeschleppt, die fürchterlichsten Verheerungen unter dem Vieh anrichtet, und in national-ökonomischer Beziehung dem Wohlstande tiefe Wunden schlägt. Ist die Seuche bei uns einmal ausgebro­chen, so bleibt keine Ra9e, kein Alter und Geschlecht von dersel-
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Rinderpest.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;527
ben verschont, und ist die Empßinglichkeit bei Thieren der ver-scbiedensten Constitution eine ziemlich gleiche.
Die Kinderpest überfällt die Thiere im Leben nur einmal; durcbgeseuchte Stücke widerstehen der abermaligen Einwirkung des Contagiums standhaft.
Das Contagium ist sowohl flüchtig als fix, und haftet an Allem, was von rinderpestkranken Thieren stammt. Blut, Speichel, Milch, Haare, Haut, Klauen, Hörner, Fleisch, Fett, und überhaupt an Alles, was an dem kranken Stücke war, Stricke, Stränge, Ge­schirr e^, so wie an dem, was mit dem erkrankten Thiere in Be­rührung ^am, wie die Kleider des Wartpersonales, der Dünger; schon die geringste Menge reicht hin, die Ansteckung zu veran­lassen. Das Contagium kann sich in einer Distanz von 20 — 30 Schritten einem zweiten Thiere mittheilen, indem die dazwischen­liegenden Luftschichten die Träger desselben werden; es hat fer­ner die Eigenschaft, seine ansteckende Kraft durch lange Zeit zu behalten. So kömmt es, class die Seuche oft durch die verschie­denartigste Vermittlung, auf die manigfaltigste Weise und in man­chen Fällen auf ganz indirectem Wege sich weiter verbreitet.
Chlor, Schwcfeldampf, Alkalien und Säuren wirken zerstörend auf das Contagium ein. Ist ein Tbier irgendwie angesteckt worden, so verlaufen von diesem Zeitpuncte bis zu jenem, wo sich die ersten Krankheitssymptome zeigen, 3 bis 8 Tage, welche Zeit man die Incnbationsdauer nennt. Daher kömmt es auch, dass nebeneinander in einem Stalle stehende Stücke nacheinan­der während eines Zeitraumes von 3 — 8 Tagen erkranken. Je mehr und in je innigere Berührung die Thiere zu einander kom­men, desto rascher pflanzt sich die Seuche fort.
sect;. 5. Ausser dem Rinde ist diese Seuche nur bei Schafen und Ziegen noch beobachtet worden und wir fassen in Folgendem nach Roll die Resultate der bezüglich der Schaf- und Ziegen­pest bis nun gewonnenen Erfahrungen kurz zusammen:
I.nbsp; nbsp; Der Organismus der Schafe und der Ziegen besitzt die Fähigkeit durch das Contagium der Rinderpest angesteckt zu werden;
II.nbsp; nbsp;die bei diesen Thieren in Folge der stattgefundenen An­steckung sich entwickelnde Krankheit stimmt bezüglich ihrer Er-scheinungnn mit jenen der Rinderpest überein;
III.nbsp; nbsp; die Schaf- und Ziegenpest entwickelt sich nie und nir­gends spontan: sie tritt nur dort auf, wo die Möglichkeit einer In­fection der Schafe und Ziegen durch Vehikel oder Träger des Rin-derpest-Contagiums gegeben ist;
IV.nbsp; nbsp; die Empfänglichkeit der Schafe und Ziegen für das Con­tagium der Rinderpest auf Schafe und Ziegen ist in der Regel eine beschränkte; sie scheint jedoch durch gewisse Umstände erhöht werden zu können;
V.nbsp; nbsp; das Incubationsstadium der Schafpest schwankt zwischen 3 und 9 Tagen;
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528nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Constitutionelle Krankheiten.
VI.nbsp; nbsp; die Schafpest verläuft in der Regel günstiger als die Rinderpest; bei der pestartigen Kraukheit der Ziegen war das Mortalitätsprocent bis nun ein sehr verschiedenartiges;
VII.nbsp; nbsp; das Contagium der Schafpest ist auf Schafe und Rinder übertragbar; es haftet jedoch um vieles leichter bei den letzteren;
VIII.nbsp; nbsp; die in Folge der Haftung des Schafpest-Contagiums bei Rindern nach wenigen Tagen auftretende Krankheit verläuft eben so bösartig wie die durch Infection von Rind auf Rind ent­standene Rinderpest, mit andern Worten: Das Contagium der Rin­derpest wird in Folge einer Durchführung durch das Sdiaf nicht mitigirt;
IX.nbsp; nbsp; die Sectionsergebnisse bei der Schafpest sind jenen der Rinderpest analog; bei den ersteren gehört jedoch der Befund von Entzündungsherden in den Lungen zur Regel;
X.nbsp; nbsp; die Impfung der Schafpocke vermag die Infection der Schafe durch das Contagium der Rinder- oder Schafpest nicht zu hindern ;
XI.nbsp; nbsp; in Veterinär-polizeilicher Hinsicht erscheint es nothwen-dig gegen die Verbreitung der Schafpest analog wie bei der Rin­derpest vorzugehen und daher nach Umständen auch die Keule, unter Entschädigung der ihr unterzogenen Thiere nach ihrem Schätzungswerthe zur Anwendung zu bringen.
Symptome: Während derIncubationsdauer erscheint das Thier dem weniger aufmerksamen Beobachter noch gesund, wäh­rend das Auge des Sachkundigen allerdings oft schon viel früher Zeichen wahrnimmt, die auf krankhafte Veränderung im Körper hindeuten. Die Thiere fressen wohl noch, doch nicht so rasch und begierig als früher, auch das Wiederkäuen geht träger vor sich, die Eigenbewegungen des Wanstes, die man in der linken Herzgrube wahrnehmen kann, und die beim gesunden Vieh recht lebhaft sind, und 2 - 4 mal in der Minute bemerkt werden, zeigen sich in ge­ringerer Anzahl, schwächer und unvollkommener.
Milchkühe geben weniger Milch als bisher. Oft fiadet sich schon am 3. oder 4. Tage nach der Ansteckung ein stossweise hörbarer heiserer Husten ein, und der seltener abgesetzte Darm-koth ist fester, dunkler gefärbt und trockener als sonst, und wird mit erhobenem Schwanz und öfterem Drängen abgesetzt. Oft kann man auch um diese Zeit schon ein eigenthümliches Kopfschütteln, das im weitern Verlaufe der Krankheit häufiger und stärker auftritt und mit einem Zusammenschaudern des ganzen Körpers verbunden ist, bemerken. Am 5. oder erst 7. Tage tritt ein mehr odev weniger heftiger Fieberanfall ein, der sich manchmal bis zum Schüttelfroste steigern, und nach Er dt's Beobachtung 4 — 8 Stunden dauern kann; zugleich bemerkt man an den Thieren Haarsträuben, zittern am ganzen Körper, beschleunigtes Athmen, erhöhte Körperwärme, welcher wechselnde Temperatur au Hörnern, Ohren und Extremi-
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Rinderpest.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 529
täten folgt. Der Husten wird nun stärker und häufiger; aus den innern Augenwinkeln fliesst eine wasserhelle Flüssigkeit über die Wangen herab; das Flozmaul ist trocken oder abwecLselud trocken und feucht, wärmer als gewöhnlich anzufühlen. Die Maul- und Racheuhöhle erscheint blass, — erstere noch gefärbt, die Tempera­tur derselben erhöht, die Schleimhaut der Nasenhöhle geröthet, und sondert wie jene des Mundes stärker ab, so dass ein zäher, fadenspiimender Schleim aus Mund und Nase herabfliesst. Auf der Maulscbleimhaut (Lippen und Zahnfleisch) zeigen sich rothe Flecken in Knötchen- oder Bläschenform (später Erosionen). Die Thiere sind matt und traurig, einige zeigen dagegen grosse Un­ruhe, brüllen, stossen mit den Hörnern oder stampten mit den Beinen, die Fresslust ist beinahe ganz aufgehoben, der Durst ver­mehrt, das Wiederkäuen sistirt, der Darmkoth in den meisten Fäl­len durchfällig.
Die Thiere zeigen eine ausserordentliche Empfindlichkeit der Lendengegend, besonders beim Drucke auf dieselbe. Der Puls ist auf 00—80 Schläge vermehrt. •
Nach diesen Prodromalerscheinungen, die man das catarrha-lische Stadium benennt, treten die Symptome schon charakteristisch hervor, und war mau früher bei den ersten Erkrankungen noch schwankend, ob man es blos mit einem fieberhaften Magen- oder Darmcatarrh zu thun hat, so kann nun die Diagnose nicht länger mehr schwanken. Vom 8. Tage ab erreicht die Krankheit in den folgendeu 3—4 Tagen ihren Höhepunkt. Das Fieber nimmt einen höheren Grad an, und mit ihm die Traurigkeit und Mattigkeit der Thiere, die in eine völlige Abstumpfung übergeht.
Die Kranken stehen mit zusammengestellten Füssen, nach aufwärts gekrümmtem Rücken, mit gesenktem Halse und Kopfe, gesträubtem glanzlosem Haare, stark abgemagert, besonders in der Flanken- oder Hungergrubengegend sehr eingefallen. Sie be­wegen sich sehr ungern; ihr Gang ist träge und schleppend; man­che liegen auch, den Kopf in der Seite nach der Flankengegcnd gewendet. Aus den eingesunkenen Augen, der Nase, dem Munde fliesst ein oft übelriechender, dicker Schleim und Speichel. Das Athmen geschieht mit Stöhnen und mit starker Bewegung der Na­senflügel und Hungergruben, und wird häufig von Husten und Kopfschütteln unterbrochen. Das acute Darmleiden tritt nun deut­lich hervor, die Thiere verrathen durch öftere Unruhe den durch Kolikerscheinuugen verursachten heftigen Schmerz. Der dünne Darmkoth igt oft mit Blut gemischt, übelriechend, und mit gelb­grauen, eiterähnliehen, käseartigen Massen, den abgestossenen Ex­sudatmassen durchsetzt. Sehr häufig ist die hochroth gefärbte Mastdarmschleimhaut wulstartig hervorgetrieben; die Haare des Schwanzes sind von den dünnen Kothmasseu verklebt, die hinte­ren Extremitäten ekelhaft besudelt.
In mancher Epidemie tritt auf der Höhe der Krankheit auf Hals, Kücken und Schwanz ein Exanthem auf. Die Haare nämlich
Kraus, Path. n. Therap. der Haussaugethiere.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 34
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530nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Constitutionclle Krankheiten.
sträuben sich daselbst, und der tastende Finger fühlt aneinander gereihte Knötchen (oder Bläschen, Friesel), welche sich bald als Krusten mit noch aufsitzenden Haaren umbilden. Da diese Knot­ehen beinahe geradlinig aneinander gereiht sind, so bilden sie oberflächliche Linien (?)•
Beim Ablösen der Krusten bleiben die Haare darauf kleben, und die betreuenden Hautparthieen zeigen nun kleine Geschwürs­flächen, und später rundliche Narben. Die Abmagerung macht nun reissende Fortschritte. Die Haut wird trocken, pergamentartig, das Haar glanzlos, gesträubt und verworren; manchmal treten unter der Haut umschriebene Emphyseme auf.
Mit der Zunahme der Krankheit erscheinen die Augäpfel durch den Schwund des Fettpolsters in der Augenhöhle mehr und mehr in ihre Höhlen zurückgezogen, während sie anfänglich bei solchen Kranken, die mehr aufgeregt, wild oder gar stössig sich zeigen, hervorstehend, glotzend und geröthet sind. Die Binde­haut wird matt, glanzlos. Die Thränenabsonderung vermehrt sich, an den Augenwinkeln tindet man jetzt zu kleinen Klum­pen angehäuften, zähen, gelblich-grünen Schleim. Die Nasen-schleimhaut wird jetzt blässer, zeigt Ecchymosen, Runzeln, ein röthlicher, gelblicher oder blutiger, schleimiger Ausfluss tritt ein, der über das Flotzmaul herabfliesst und zuletzt jauchig wird. Auf der Schleimhaut der Mundhöhle treten diphteritische Exsudate aufj die sich oft in Gestalt einer breiigen Masse abstossen, und ge­schwürige, leicht blutende Flächen zurücklassen. Der Mund ist von zähem Schleime erfüllt, der sich zuletzt, kurz vor dem Le­bensende in eine blutige Flüssigkeit umwandelt.
Das Athmen w'rd immer beschleunigter, zugleich aber be­schwerlicher. Die physikalische Untersuchung der Brust ergibt Rasselgeräusche. Bei Kühen ist die Milchabsonderung beinahe ganz aufgehoben, aus der Scheide fliesst ein zäher Schleim in Strängen hervor. Tritt Genesung ein, die meist zwischen dem 12. bis 15. Tage erst ersichtlich wird, so mindert sich der Catarrh der Maul-, Nasen- und Augenschleimhaut. Die Exsudate stossen sich ab, die Geschwüre heilen, der Durchfall mindert sich, und der Mist erlangt so nach und nach seine normale Beschaffenheit. Unter einer reichlichen Expectoration kehren die Respirationsorgane zur Norm zurück, und die sehr abgemagerten Thiere erholen sich bald. Die Genesung tritt um so sicherer und leichter ein, je weniger ausgebreitet und je geringer der Krankheitsprocess war. Der Tod erfolgt unter den höchsten Graden der Erschöpfung, Zähneknir-schen, unter Ausfliessen missfarbiger, übelriechender Flüssigkeiten aus den Schleimhauthöhlen und enormer Puls- und Athembeschleu-nigung. Bisweilen gehen dem Tode Convulsionen voraus. Sein Eintreten erfolgt zwischen dem 4. und 11. Tage nach Ausbruch der ersten Fiebererscheinungen.
Prognose, Diese ist unter allen Umständen stets eine un­günstige, bei dem Beginne der Seuche findet gewöhnlich die
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Rinderpestnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 531
grösste Sterblichkeit statt. Das Steppenvieh seueht viel leichter durch als unsere Ragen; bei diesen ist das Mortalitätsverhältniss ein ungeheueres, 'JO0/,,, während bei ersteren 500/0 durchseuchen, übrigens zeigt jede Epidemie in dieser Beziehung ihre Eigenthüm-lichkeit, manche tritt sehr bösartig, eine andere wieder sehr ge­linde auf.
Vieh, das sich viel im Freien aufhält, zeigt sich widerstands­fähiger, als in Stallungen aufgezogenes. Nach Koch geben Um­fang und Stärke der Krankheitserscheinungen keinen Anhaltspunkt für die Vorhersage, indem in sehr hohem Grade Leidende gene­sen (?), weit minder gradige aber oft in sehr kurzer Zeit ver­endeten.
Diagnose. Sie ist im Einzelfalle oft ungemein schwer, bei epizootischer Verbreitung in der Regel ungemein leicht. Das ein­zeln in Betracht genommene Krankheitssymptom, ein einzelnes Er-gebniss des Sectionsbefundes hat ausserordentlich geringen Wertb. Eine grosso Zahl derselben wird mit der Rinderpest von vielen anderen Krankheiten getheilt, sie werden in ihrer Gesammtheit im­mer um so vollständiger angetroffen, je grosser die Menge der kranken Thiere ist, welche der Untersuchung zu Gebote steht. Doch sind die vermehrte Schleimabsonderung der Mundschleimhaut weniger constant die der Nase und Augen und die Störungen der Respiration und der ganz eigenthUmliche Husten höchst beachtens-werthe Erscheinungen.
Am häufigsten werden mit der Rinderpest folgende Krank­heiten verwechselt: Maulseuchc, Durchfall, Ruhr, Lungeuseuche und Milzbrand. Mit erstercr, nämlich der Maulseuche kann die Rinderpest nur bei ganz oberflächlicher Beobachtung verwechselt werden, wenn man die sogenannten Erosionen für folliculäre oder diphteritische Geschwüre hält. Vor der Verwechslung mit Lun­genseuche wird eine genaue physikalische Untersuchung der Athmungsorgane, sowie die Rücksichtnahme auf Entstehung und Weiterverbreitung schützen. Am verzeihlichsten ist besonders im Entstehen der Seuche die Verwechslung mit acutem Darm ca­tarrh, Durchfall, allein dieser unterscheidet sich in der Rinderpest durch seine Nichtcontagiosität, das Fehlen abnormer Erscheinungen auf anderen Schleimhäuten, der Verlauf, und auch dadurch, dass derselbe mit Erfolg arzneiheb behandelt wird.
Nicht minder häufig schwankt die Diagnose zwischen Ruhr und Rinderpest, da beiile mit catarrhalischen Erscheinungen der Darmschleimhaut verlaufen, doch locaiisirt sich der Process bei der Rinderpest im Lab- und Dtfnndarme, während bei der Ruhr der Dickdarm zumeist aföcirt erscheint, ferner sind bei letzteren alle übrigen Schleimhäute intact, sie ist auch nicht so ansteckend als die Viehseuche, bei welch' letzterer namentlich der Umstand wich­tig in die Wagschalc fällt, dass die auf einander folgenden Erkran­kungen alle innerhalb des Zeitraumes von 9 Tagen (der Incubations-dauer) seit der letzten Erkrankung fallen. Was den Anthrax
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532nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Constitutionelle Krankheiten.
betriift, so ist der Verlauf desselben in den meisten Fällen ein viel rascherer, als jene der Kinderpest, und ^eben ferner die Anthrax-beuleu bei den langsam verlaufenden Anthraxformen einen Anhalts­punkt zur Diagnose.
Pathologische Anatomie. Im ersten Stadium erscheint die Schleimhaut des Labmagens, namentlich in der Nähe des Pfört­ners geschwellt, hoch gerütbet und von zahlreichen oft dicht ge­drängt stehenden Extravasaten durchzogen, ein Zustand, der auch über den Zwölffingerdarm und in geringem Grade über den übrigen Dünndarm verbreitet ist. Die Umgebung der solitären Follikcl ist meist stark injicirt, die bei den Kindern sehr laugen Peyer'schcn Plaques erscheinen gewöhnlich areolirt und über das Niveau der angrenzenden Schleimhaut hervorragend. Die Ober­fläche dieser Schleimhaut ist mit einer klebrig zähen, röthlichen Flüssigkeit, die bisweilen in grösserer Menge das Darmrohr erfüllt überzogen. Im Dünndärme beschränkt sich die Störung auf die vorspringenden Darmfalten. Die Schleimhaut des Gallenganges und auch jene der Gallenblase zeigen ähnliche Veränderungen. Durch die geschwellte Schleimhaut des Gallengauges wird die Galle in ihrem Abfluss gestaut und die Gallenblase dadurch bedeutend ausgedehnt, weshalb auch die Leber eiu gesättigt gelbes Aussehen erlangt. (Falke's Angabe jedoch, dass die Gallenblase öfters ums Achtfache ihres Volums vergrössert wird, scheint etwas übertrieben). In ähnlich catarrhalischem Zustande findet man die Schleimhaut des Kehlkopfes, der Luftröhre und Bronchien, dann jene der Harn-und Geschlechtsorgane.
Der Loser bietet bald festgeschichtete, trockene, nicht selten zu Pulver zerreibliche Futtermassen (Lösedürre), bald ist er weich, behält die Fingereindrücke und sehliesst dann breiige Futtermas­sen ein; zieht man ein Epithel weg, so erseheint seine Schleim­haut meist stark injicirt, bisweilen von Extravasaten durchzogen.
Im zweiten Stadium findet man auf der Schleimhaut des La­bes, insbesondere an den Seitenflächen der Falten und in der Nähe des Pförtners, ferner im Zwölffinger- und im übrigen Dünndarme 2 — 3'quot; und darüber im Durchmesser, X\^quot;—Vquot; in der Dicke hal­tende gelbliche oder röthlich braune, mehr oder weniger zähe Ex­sudatplatten, welche auf der dunkelgerötheten oder violetten, von Extravasaten durchzogenen Schleimhaut anfangs fest aufsitzen, spä­ter aber von zerfiiessendem Kande aus sich loslösen, während sie in der Mitte noch fest hängen. Nach Hinwegnahme derselben er­seheint die Schleimhaut wie niedergedrückt, bisweilen von capillä-ren Extravasaten durchzogen, jedoch vom Epithel überkleidet, nur selten leicht exeoriirt. Tiefer in die Schleimhaut eingreifende Sub­stanzverluste wurden nicht angetroffen. Jene Exsudatgerinnungen erlangen die grösste Ausdehnung auf den Peyer'schen Plexus, auf denen sie in Gestalt langer Wülste aufsitzen, die entweder derb und zäh sind, oder weich und stellenweise rahmähnlich zerfliessen,
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Rinderpest.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;533
unter denen die Plexus areolirt und die geöffneten Drüscnkanälchen mit pfropfartigon oder rahmähnlichen Gorinnsein angefüllt sieb dar­stellen. Im Blind- und Grimmdarme kommen sowohl die ralimigen als plattenförmigen Gerinnungen seltener vor, man findet vielmehr nur längliche Streifen oder blos die Schleimhaut im Zustande eines sehr intensiven Catarrhs.
Der Inhalt der dicken Gedärme stellt eine schmutzig graue oder braune, bisweilen blutig gefärbte Flüssigkeit dar. Die Schleim­haut des Kehlkopfes und der Luftröhre, selten jene der Bronchien ist mit meist ausgebreiteten membranösen, weisslieh gelben, zähen oder rahmähnlich zerfliossendon, bisweilen auch plattenförmigen Gerinnungen von verschiedener Grosse bedeckt, unterhalb deren sie dunkel geröthet, hie und da exeoriirt blutend erscheint. Auf der JMundschleimhaut, namentlich auf den Lippen und den Rändern des Zahnfleisches, seltener auch auf der Zunge finden sich linsen-grosse, gelblichgraue Exsudafmassen, nach deren Abstreifen die Stellen exeoriirt und stark injicirt sich darstellen (Erosionen). Die Schleimhaut der stark ausgedehnten Gallenblase erscheint bedeu­tend geschwellt, mit kleinen Exsudatplatten oder gelatinösen Ge­rinnungen beschlagen, die von der strahlenförmig injicirten Schleim­haut leicht abzustreifen sind. Die Schleimhaut der Scheide ist meist von Erosionen, Gerinnungen besetzt, ebenso jene der Gebärmutter, die Gckrösdrnsen massig geschwollen und von einer trüben, rötb­lich grauen Flüssigkeit infiltrirt. Die Milz erscheint fast immer normal.
Im dritten Stadium der Rinderpest, nahe vor dem Verenden, oder bei bereits umgestandenen Tliieren werden die Exsudatplat­ten entweder schon losgestossen oder in der Loslösung begriffen angetroffen, die gewöhnlich im hinteren Tiieile des Dünndarmes und in den dicken Gedärmen zusammengeschweinmten und mit flüs­sigen Fäcalmassen gemengten flockigen Gerinnsel füllen das Darm­rohr aus. Die afticirt gewesenen Schleimhautstellen sind saturirt gerö-tliet, oder es ist die Gegenwart oberflächlicher Substanzverluste leicht kenntlich. Die Peyer'schen areolirten Plaques enthalten eine leicht ausdrückbare eiterähnliche Flüssigkeit. Eine gleiche Veränderung hat (las die Luftröhrenschleimiiaut bedeckende Exsudat erlangt, es ist zu einem klebrigen eiterähnlichen Fluidum zerflossen. Ausser den Athmungsorganen finden sich mancherlei Veränderungen; die Na­senschleimhaut ist hyperämisch, ecehymosirt, ihre Venen mit dunk­lem Blute erfüllt, sie selbst mit zähem, gelblich grauem Sehleime bedeckt, mitunter finden sich auf der Schleimhaut Faserstoffgerin­nungen und Excoriationen. Noch ausgesprochener ist die Croup-bildung auf der Kehlkopf-, Luftröhren- und Broncliialschleimhaut; bei vorgeschrittenem Krankbeitsproccsse erstrecken sich die haut­artigen, grünlieh gelben Exsudatschichten bis in die Luftröhren­verzweigungen der dritten und vierten Reihe hinein; die Lunge in der Regel normal. Die Veränderung der Gallenblase und Leber haben wir bereits oben erwähnt. Die Galle selbst ist sehr dünn.
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534nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Constitutionelle Krankheiten.
das Herz schlaff, welk, die Muskulatur missfarbig, der Inhalt flüs­sig dunkel. Encardium und innere Gefässhaut besitzen eine stär­kere Imbibitionsröthe. Die Nieren geschwollen, blutreich, die Harn­blase mit trübem Harne gefüllt, ausgedehnt; die Schleimhaut ge­schwollen, blutreich, mit Schleim bedeckt.
Behandlung. Von allen bis jetzt in Anwendung gezoge­nen Heilmitteln hat sich kein einziges bewährt. Am besten ist es, der Weiterverbreitung des Contagiums durch Keulung der kranken und verdächtigen Stücke ein Ziel zu setzen. Nur dann, wenn die Seuche bereits eine weite Ausdehnung in einem Orte erlangt ha­ben sollte, und durch Tödtung der Stücke der oben angegebene Zweck nicht erreicht werden könnte, kann eine medicinische Be­handlung vernünftiger Weise Platz greifen. Diese selbst ist aber nur eine symptomatische. Nächst Lüftung und Reinigung des Stal­les, Frottiren des Körpers, Ausspritzen der Maulhöhle, bei gut ge­nährten Thieren, starkem Fieber, andauernder Kothverbaltung Ader­lässe, Salze, Calomel mit Campher, Klystire; bei hettigem Durch­falle gerbestoftige Mittel und die Brechnnss: bei starkem Meteoris­mus Schwefelleber. In späterer Zeit Chlor, Arnica, Angelica, Roth­wein, Naphta, Schwefeläther. Nach den Erfahrungen eines russi­schen Colonisten soll die Salzsäure noch den besten Erfolg gehabt haben. Prof. Jessen in Dorpat spricht angelegentlich der Impfung als wichtiges Präcautions - und Schutzmittel gegen die Rinderpest das Wort, und beruft sieh in dieser Beziehung auf Dr. Barras eh in Bukarest, auf Bar räch und Sergej ef, welche den Nutzen der Impfung ins hellste Licht setzen, ferner auf die Thatsache, dass geimpfte Stücke in den Kirgisensteppen stets ihre Immunität be­wahrt haben, und hält die Hoffnung fest, sie werde einst überall in Anspruch genommen werden, wo der geringe Procentverlust solches gestattet. Roll dagegen verspricht sich von der Impfung für unsere Gegenden durchaus keine Erfolge, erstlich sei es für unser Vieh noch nicht endgiltig bewiesen, dass die Krankheit bei geimpften Stücken milder auftrete, und durch die Impfung in Zei­ten, wo die Seuche nicht herrscht, das Contaginm nur eine leich­tere Verbreitung fände. Er glaubt, die Impfung hätte für uns nur dann einen, wenn auch indirecten Wertb, wenn sie in jenen Gegen­den, in welchen die Rinderpest originär auftritt, allgemein vorge­nommen würde, und auf diese Weise nur durchgeseuchte Heerden zu uns gelangten. Für unsere Länder, meint Roll, könne die Impfung der Rinderpest nur zum Zwecke der Abkürzung einer in grosser Verbreitung herrschenden Seuche, wo wegen der vielen Berührungspunkte mit Vehikeln des Contagiums eine vielfältige Ansteckung kaum zu vermeiden ist, allein in Anwendung kommen. In diesem Falle würde sie nur darum vorgenommen werden, um die Thiere, welche in Folge natürlicher Ansteckung nur nach und nach erkranken, einer gleichzeitigen Ansteckung auszusetzen und die Seuchendauer so abzukürzen. Die Impfung wird auf folgende Weise ausgeführt:
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Rinderpest.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;535
Man nimmt Baum - oder Schafwolle in Fäden, befeuchtet sie mit dem Nasenschleim oder der Thränenflüssigkeit von Thieren, die sich im ersten Stadium der Rinderpest befinden, und bei denen die Krankheit milde auftritt, und zieht dieselben unter die Haut der inneren Seite des Hinterschenkels, des Rückens, der Brest oder des Trieles der zu impfenden Stücke, und lässt den Faden bis zum Anschwellen der Impfstellen und dem Auftreten der Krankheitserscheinungen liegen.
Veterinär-polizeiliche Massregeln in Oesterreich.
Einschleppungs - und Verbreitungsart.
Die Rinderpest, eine der allerverheercndsten und den Wohlstand gan­zer Gemeinden und Landstriche auf Jahre hinaus vernichtenden Seuchen, von der die Rinder nur einmal im Leben befallen werden, entsteht erlahrungsge-mtiss in den zum össterreichischen Kaiserstaate gehörigen Ländern nie ori­ginär; sie wird stets durch Handelsheerden, welche aus Russland, der Mol­dau und Wallache! eingetrieben werden, oder durch die Vermischung des einheimischen Viehes der Grenzorto mit jenem des östlichen Auslandes ein­geschleppt; sie verbreitet sich jedoch, einmal in das Land gebracht, durch die Einwirkung des, während des KrankheitsvcrJaul'es entwickelten, an allen Theilen der kranken Thiere, an der ausgeathraeten Luft und der Hautaus­dünstung derselben hallenden Contagiums gewöhnlich rasch über das ein­heimische Rindvieh, und wird durch das Zusammenkommen angesteckten Viehes mit Gesundem, durch den Verkehr der Leute, an deren Kleidern der Ansteckungstoff haftet, durch Verschleppungen der Producte kranker Thiere u. dgl. mehr, fortan weiter verschleppt, wenn nicht durch strenge Massregeln dem Umsichgreifen derselben Schranken gesetzt worden.
Der Zweck dieser letzteren kann daher nur dahin gerichtet sein:
1)nbsp; nbsp;Das Eindringen der Seuche aus ihrem Heimalhslande zu uns zu ver­hüten;
2)nbsp; nbsp;die bereits eingeschleppte Seuche so rasch als möglich, durch Zer­störung aller Vehikel und Träger des Contagiums, zu tilgen.
A. Beständige Sicherungsmassregeln gegen die Einschleppungs-
gefahr.
1. Viehquarantainen.
Da die Gefahr der Einschleppung der Rinderpest aus dem östlichen Auslande fortwährend droht, so mussten gegen dieselbe beständige Sicher-heitsmassregeln eingeleitet werden, welche selbst zu Zeiten, wo von dem Herrschen der Rinderpest in Rnssland, der Moldau und Wallache! nichts ver­lautet, in Kraft bestehen. Diese sind:
Die Viehquarantaine-Anstalten. Die aus Russland, der Moldau und Wallachei. welche Länder ritcksichtlich des Herrschens der Rinderpest immer als verdächtig betrachtet werden, nach Oesterreich einbrechenden Schlacht-viehheerden dürfen die Grenze nur an bestimmten Punkten (Einbruchstatio­nen) überschreiten, und müssen in den daselbst errichteten Vieh - Contumaz-Anstalten durch eine gewisse Zeit Quarantaine halten. Die Dauer der Con-tnmazperiode ist davon abhängig, ob von dem Vorhandensein der Rinderpest in dem benachbarten Auslande gar nichts verlautet, oder ob sie daselbst in
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536nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;ConstiUilionelle Krankheiten.
weiterer oder geringerer Entfernung von der Grenze herrscht; sie wechselt hiernach von wenigen bis zu 21 T;igen.
Dann, wenn Fülle der Rinderpest dicht an der Grenze vorkommen, oder wenn die Seuche in grosser Ausdehnung im Auslande herrscht, und da­her anzunehmen ist, dass die Viehtriebe, wenn auch ursprünglich gesund, doch verseuchte Landstriche passiren mussten und hiedurch der stattgel'un denen Ansteckung verdächtig werden, kann der Schlaclitvieheintrieb aus Russland, der Moldau oder Wallachei für die Seuchendauer sogar vollkom­men eingestellt werden.
Die in den Coutumazen angelangten anscheinend gesunden einzelnen Hccrden werden in umzäunten Räumen abgesondert untergebracht, von be­sonderen Wärtern gefüttert und besorgt, und während der ganzen Q.uaran-tainezeit sorgfältig ärztlich heobachtet. Heerdeu. unter denen sich bei der ersten Untersuchung offenbar Kranke vorlinden . müssen unnachsichtlich so­gleich über die Grenze zurückgewiesen werden. Ergiebt sich während der ganzen Observationsperiüde kein der Rinderpest verdächtiger Krankheitsfall in einem Triebe, so wird derselbe aus der Quarantalne mit einem Gesund­heitspasse verseilen in das Innere des Landes zugelassen.
Sollte sich jedoch während dieser Observulionszeit ein Erkrankungs­fall ergeben, so ist derselbe bezüglich seiner Natur genau zu erheben, und falls er sich als Rinderpest herausstellen sollte, ist der ganze Trieb einer neuerlichen Contumaz von 21 Tagen, welche immer von dem letzten Gene-sungs- oder Todesfälle an zu rechnen ist, zu unterziehen, und erst dann zu dem freien Verkehre zuzulassen, wenn in dem angegebenen Zeiträume ein neuer Erkrankungsfall sich nicht ereignet hat.
Es versieht sich von selbst, dass die umzäunten Räume (Okols) der Quarantaineanstalt, in welchen pestkranke Viehtriebe untergebracht waren, der vorschriftmässigen Reinigung unterzogen werden müssen, ehevor andere Triebe in dieselben eingestellt werden.
Werden Viehtriebe oder Steppenracon im Inneren des Landes ange-troll'en, welche mit dem Quarantainezeichen oder dem vorschriftmässigen Gesundheitspasse (Sanitätsfehde) nicht versehen sind, so sind dieselben so­fort anzuhalten, und die Eigenlhümer oder Treiber haben sich auszuweisen, dass dieselben entweder inländischer Abkunft sind, oder sich mindestens seit 8 Monaten im Lande belinden, welcher Kachweis durch die von den Orts­vorstehern der Proven'ienzorte auszustellenden Gesundheitscertilicale zu lie-i'ern ist.
Diese Pässe müssen a) die Zahl der Thiere. b) die Namen des Eigen-thümers oder Viehtriebführers , c) den Orl, aus welchem der Trieb kommt. iV) die Angabe der Rage und der sonstigen alienfälligen Bezeichnungen, e) den Ort wohin, und auf welchem Wege der Trieb dahin zu gelangen hat, l'l den Tag des Abtriebes , g) die Bestätigung der vollkommenen Gesundheit ent­halten, und von den Individuen der Sanilätsbcschau unterfertigt sein.
Kann ein solcher Ausweis nicht geliefert werden, so muss das ange­haltene Vieh in besonderen Futter- und Lagerstcllen ausserhalb der Ort­schaften und aussei- Berührung mit dem einheimischen Viehe durch 21 Tage contumacirt werden. Aeussern sich bei einzelnen Stücken der Rinderpest verdächtige Symptome, so muss das kranke Vieh erschlagen und vorschrifts-mässig verscharrt, das verdächtige aber fortan beobachtet werden, bis durch 21 Tage nach dem letzten Todes- oder Genesungslalle eine Erkrankung nicht weiter stattgefunden hat, wornach es erst freigegeben werden darf. Auf dieselbe Weise muss auch mit solchen Schlachtviehtrieben vorgegangen wer­den, welche mit dem vorschriftsmässigen Quarantainezeichen und Sanitätsfeh­den versehen sind, wenn sich unter ihnen während des Marsches Erkran­kungsfälle an Rinderpest zeigen sollten.
Nur dann, wenn es leicht möglich ist, solche verseuchte Heerdeu von
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Rinderpest.
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dem Anhaltspunkte aus auf eine Eisenbahnstation zu bringen, wäre es ge­stattet, dieselben nach vorheriger Töiltung und Verscharrung aller offenbar kranken Stücke, in grösscrc Städte, wo eine bedeutendere Fleis^hcous.imtion stattfindet, mittelst Eisenbahn zu transportiren. Dasselbe kann auch gesche­hen, wenn der Anhaltspunkt selbst in der Nähe einer grossen Stadt sich be­findet, und diese auf abgelegenen, vom Kindviehe nicht betretenen Wegen zu erreichen ist.
2. Vorsichtsmassregelr. rücksichtlich des Handels mit thierischeu Producten und bezüglich des Verkehres.
sect;• 43.
Da nicht nur die lebenden pestkranken Rinder Träger des Anstck-kungsiolVes sind, sondern derselbe auch an Hörnern, Häuten. Klanen, Un-schlitl. Fleisch a. s. f. haftet, so ist auch auf diese thierischeu Producte bei ihrer Einluhr aus dem gedachten Auslande ein besonderes Augenmerk zu richten, und zwar;
a)nbsp; nbsp;ßinderhäute dürfen nur völlig hart und ausgetrocknet über die Grenze zugelassen werden, frische Häute sind, bevor sie treigogeben werden, vorerst durch die Dämpfe der schwefeligen Säure auf die im sect;. 29 angege­bene Weise zu desinticiren.
b)nbsp; nbsp;Rindshörner und Klauen müssen 'lurch 12 Stunden in Salzwasser (10 Pfund Steinsalz auf f Eimer Wasser gerechnet) eingelegt, öfter umge­rührt und getrocknet, die abgeschnittenen Hornspitzen aber nur mit Salz­wasser gut abgewaschen und getrocknet werden.
c)nbsp; nbsp;Geschmolzenes Unschlitt darf nur in Fässern zugelassen werden; das sogenannte Wampentalg (geschmolzenes Unschlitt in häutiger Kmballi-rungl nur dann, wenn diese Emballage an der Grenze vernichtet oder ge­reiniget ist.
d)nbsp; nbsp;üngeschmolzenes Talg und rohes Fleisch sind zurückzuweisen.
Bei dem ausgebreiteten Herrschen der Rinderpest in dem benachbarten Auslande kann auch die Einfuhr sämmtlicher llindviebproducle zeitweilig von der politischen Behörde verboten werden, was auch unter allen Verhältnis­sen rücksichtlich der aus verseuchten Orten kommenden Provenienzen gilt.
Bricht die Seuche in dicht an der Grenze gelegenen Landstrichen aus, so dürfen auch Schafe, Schweine, Ziegen nicht zugelassen werden, und es ist namentlich aul Hunde und Federvieh, welche so häufig das Contagium verschleppen, das Augenmerk zu richten und das Herumschweifen der erste-ren thunlichst hintanzuhalten. Personen, welche aus den inficirlen Orten kom­men oder mit dem angestockten Kindviehe zu thun haben, sowie auch Vieh­händler, Fleischer, Gerber n. s. w., sind von der Grenze zurückzuweisen, oder haben sich vor ihrer Zulassung der vorschriftmässigen Reinigung zu unterziehen. Mit dem verseuchten Orte selbst ist jeder Verkehr strengstens zu untersagen.
3. üeberwachung der Viehtriebe.
8- ä-
Da es vorkommt, dass Schlachtviehtriebe, welche während ihrer Ob­servation in der Quaranttdne verdächtige Krankheitserscheinungen nicht ge­zeigt haben, später während ihres Marsches an der Rinderpest erkranken, und andererseits miinche Triebhcerdcn über die Grenze geschmuggelt wer­den, welche daher rücksichtlich ihres Gesundheitsznstandes einer Beobach­tung nicht unterzogen werden konnten, beide im Inneren des Landes zu Afi-
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538nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Constitutionelle Krankheiten.
steckungen des einheimischen Viehes vielfältige Veranlassung geben können, und schon häufig gegeben haben, so ist eine Ueberwachung dieser Heerden während des Triebes an ihren Bestimmungsort nothwendig.
Es haben sich daher diese Schlachtviehheerden strenge an die, durch die politische Behövde ausgemittelten und bezeichneten Triebstrassen zu hal­ten, welche so viel als möglich abseits bewohnter Ortschaften geführt und mit eigenen Futter- und Raststationen versehen sein sollen.
Das B'iittern und üebernachten solcher Ochsentriebe in den Ortschaf­ten selbst oder in ihrer nächsten Nähe oder auf den Gemeindeweiden ist durchaus unstatthaft.
Es ist darauf zu sehen, dass die Bewohner jener Ortschaften, in deren Nähe Viehtriebe passiren, alle jene Vorsichtsmassregeln genau beobachten, welche in dem sect;. 6 vorgezeichnet wurden, und es sind ihnen bei sich dar­bietender Gelegenheit die geeigneten Belehrungen wiederholt zu ertheilen, und dieselben überdiess auf den sect;. 18 der Belehrung über ein entsprechen­des Verfahren mit dem Viehe zu verweisen.
Während ihres Marsches sind solche fremde Schlachtviohherden wie­derholt, und von den politischen Behörden zu bestimmenden Punkten, jeden­falls aber bei dem Uebertritte aus einem Kronlande In ein anderes durch eigene Viehbeschancommissionen zu revidiren, welche aus einem politischen Commissär und einem Sanitätsorgane bestehen , sich sowohl von dem Ge­sundheitszustände der Thiere, als auch davon zu überzeugen haben, ob nicht ein Abgang von der Zahl der in den Pässen verzeichneten Thiere bemerkt werde. Wird das Vieh gesund, und der Gesundheitspass in der Ordnung befunden, so hat die Beschaucommission die Bestätigung hierüber dem Ur­sprungs- und Gesundheitscertilicate beizusetzen.
Wird dagegen ein Abgang an der Zahl der im Passe verzeichneten Rinder bemerkt, so ist der Trieb anzuhalten, und der Führer desselben zur verlässlichen Angabe der Ursache des Abganges zu verhalten. Die Grund-haltigkeit dieser Angabe ist aber sodann sorgfältig zu erforschen.
Ist ein Stück wegen Krankheit zurückgeblieben oder gar umgestanden, so ist die Beschaffenheit der Krankheit oder Ursache des Umstehens sogleich mit der grössten Umsicht zu erheben, und nach Massgabe des Ergebnisses der Trieb entweder fortan unter Contumaz zu lassen, oder dessen Abtrieb zu gestatten, in beiden Fällen jedoch zugleich die Anzeige an die betreffende Kreisbehörde zu machen.
Auch muss in dem Falle, wenn der Forttrieb gestattet wird, stets in dem Ursprungs- und Gesundheitscertificate der stattgefundene Abgang, des­sen Veranlassung und die erübrigende Zahl der Rinder angegeben werden. Abverkäufe von solchen Schlachtviehtrieben dürfen nur in solchen Orten statt­finden, wo von Seite der Ortsobrigkeit mit Zuziehung eines Arztes oder Thierarztes eine ordentliche Sanitätsbeschau der abzuverkaufenden Rinder vorgenommen werden kann. Diese Beschau hat sich von dem Gesundheits­zustande der Rinder, welche abverkauft werden wollen, zu überzeugen, und die abverkauften Stücke auf dem Gesundheitspasse des Triebes abzuschrei­ben, dagegen dem Käufer ein neues Certilicat auszulertigen, in welchem der Führer des Triebes von welchem, und die Zeit, in der Abverkauf geschah, genau bemerkt, übrigens aber in demselben {uich alle jene Rubriken ausge­fertigt werden, welche das ursprüngliche Certilicat enthielt.
Mit diesem Ausweise hat sich der Käufer bei seinem Ortsvorstande gleich bei dem Einlangen in seinem Wohnorte auszuweisen, und die neuer­liche Besichtigung der eingetriebenen Rinder anzusuchen.
Muss ein Stück aus der Triebhecrde wegen einer innerlichen Erkran­kung zurückbleiben, so ist es den Ortseinwohnern auf das Strengste verbo­ten, ein solches Vieh in ihr Haus und unter ihr Vieh aufzunehmen, und der Ortsvorsteher ist vei-pflichtet, selbst mit Gewalt und gegen den Willen der
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Rinderpest.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;539
Treiber dasselbe anhalten, in einem abgesonderten Stalle, bis zum Ende sei­ner Krankheit versperren, und durch eigene Wärter, die sonst zu keinem Vieh kommen, pilegen zu lassen.
Wollten sich d'e Eigenthümer oder Treiber hiezu nicht verstehen, so ist das kranke Rind auf der Stelle todtzuschlageu, abzuhäuten, und iief zu verscharren, damit mit dem Fleische und den übrigen Thciien desselben kein Nachtheil verursacht werde; jedoch ist ihnen die Haut, nachdem sie im Sinne des sect;. 29 gereiniget worden ist, zu verabfolgen, oder um einen, mit ihnen bedungenen Preis abzukaufen.
Um den, auf lange dauernden Märschen nicht selten stattfindenden heimlichen Abverkäufcn, dem Schlachten einzelner seuchenverdächtiger oder kranker Stücke unter verschiedenartigen Vorwänden, und den hiedurch vei-anlasstcn Verschleppungen des Ansteckungsstoffes thunlichst zu begegnen, haben die politischen Behörden dahin zu wirken, dass solche, zur Deckung des Fleischbedarfes in grösseren Städten bestimmte ausländische Schlachtvieh-heerden, wo diess nur überhaupt thunlich ist, selbst in seuchenfreien Zeiten mittelst der Eisenbahn bis an ihren Bestimmungsort transportirt werden.
4. Ueberwachung der Viohmärkte.
sect;• 46.
In Ortschaften, in laquo;eichen Viehmärkte gehalten werden, ist für die ausländischen Schlachtviehheerden ein abseitig gelegener Ort zu bestimmen, welcher von dem einheimischen Viehe vor erfolgter sorgfältiger Reinigung nicht betreten werden darf.
An den Tagen solcher Viehmärkte darf das Ortsvieh nicht auf die Weide getrieben werden, sondern jeder Viehbesitzer muss das seinige zu die­ser Zeit zu Hause im Stolle versperrt halten. Auch darf dem fremden Viehe in Privathäusern kein Unterkommen gestattet, auf Gemeindeweiden nicht die Hutung erlaubt, und es müssen die Wirthe gewarnt werden, ihr eigenes Rindvieh aus solchen Geschirren zu tränken, aus welchen fremde Ochsen ge­trunken haben, oder ihnen Futter zum Aufzehren vorzulegen, das etwa von letzteren übrig geblieben ist.
Kücksichtlich der Ueberwachung der Viehmärkte gelten die im sect;. 3, bezüglich der übrigen, gegen Ansteckungsgefahr zu beobachtenden Vorsich­ten die in den sect;sect;. 4 bis 7 zur genauesten Befolgung vorgezeichneten Mass­regeln.
B. Massregeln zur Sicherung des Viehstandes, sobald die Rinder­pest bereits in das Inland eingedrungen ist.
1. Massregeln zur Sicherung der einzelnen Kronländer oder Verwaltungsge-biete gegen die Ansteckungsgeiahr.
sect;. 46.
Ist jedoch trotz dieser Vorsichtsmassregeln die Rinderpest in ein Kron­land eingedrungen, so hat die politische Landesstelle hievon sogleich an jene der angrenzenden Kronländer, in dringenden Fällen im telegraphischen Wege die Mittheilung zu machen, damit von diesen alle jene Jlassregeln getroffen werden können, welche zur Sicherung des Rindviehstandes vor der An­steckungsgefahr nothwendig werden.
Von dem Grade der Ausbreitung der Seuche, von dem grösseren oder geringeren Verkehre, welchen die betreffenden Kronländer unter sich haben,
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von der mehr oder weniger bedeutenden Entfernung, in welcher die Seuche von der Landesgrcnze herrscht, wird die Ueschaffenheit der einzuleitenden Massregeln abhängen.
Bei gefahrdrohender Ausbreitung der Rinderpest, in dem benachbarten Kronlande, oder bei dem Auftreten derselben an der Grenze, wird die thun-lichste Absperrung der Grenze, die strengste Uebervvachung der Viehtriebe, des Verkehrs mit Vieh und seineu Producten, dann der Personen, die mit demselben zu thun haben, nölhig. In dieser Rücksicht werden nachstehende Massregeln sich als unumgänglich nothwendig herausstellen, und zwar:
}) Ueberwachung der Grenze durch Aufstellung von Posten an den vorzüglichsten, aus dem verseuchten Kronlande herüber führenden Strassen-zügen, weiche Posten sich ununterbrochen an den ihnen angewiesenen Punk­ten aufzuhallen, und darüber zu wachen haben, dass kein Rindvieh, keine von demselben herstammenden, insbesondere frischen Rohstoffe und keine, vorzüglich verdachtige Personen aus dem verseuchten Kronlande herüberge­langen.
Es dürfen daher keine mit Ochsen oder Kühen bespannten Wagen, kein Schlachtvieh, ja nicht einmal Kiilber, dann keine Kühe ans dem verseuch­ten Kronlande die Grenzstationen passireu, sondern sind überall zur Rück­kehr über die Grenze zu verhalten.
2) Ist der Eintrieb von Schlachtvieh aus oder durch das verseuchte Knmland in ein anderes, besonders zum Zwecke, der Approvisiouirung gros-serer Stiidte nicht zu umgehen, so darf der Transport desselben, wo es nur immer angeht, nur mittelst der Eisenbahn gestattet werden, und es dürfen während desselben durchaus keine Abverkaufe von Vieh staltlinden. Im ent­gegengesetzten Falle sind;
8) Einbruchstationen an der Grenze des Kronlandes zu bestimmen, durch welche allein der Eintrieb von Schlachtvieh gestattet wird. An die­sen Punkten sind eigene Viehbeschau-Commissioneu anfznslellen, welche aus einein Sanitäts- und einem politischen Organe zu bestehen haben und deren Aufgabe es ist, die einlangenden Triebe rücksichtlich ihres Gesundlieitszu-Standes zu untersuchen, und dieselben mit den, in dem mitgebrachten Ge-sundheitscertilicate enthaltenen Angaben zu vergleichen. Sollte sich in einer oder der anderen Rücksicht ein Bedenken ergeben, so sind solche Triebe unnachsichllich über die Grenze zurückzuweisen, und hierüber von Seile der Beschaucommission alsogleich an die vorgesetzte politische Behörde Bericht zu erstatten. Werden dieselben jedoch anstandslos befunden, und über die Grenze zugelassen, so haben sich solche Triebe strenge an die vorgezeich­neten Triebstrassen zu halten, aufweichen in bestimmten Entfernungen Vieh-besebaueommissionen aufgestellt werden, welche die einlangenden Triebe ei­ner wiederholten Untersuchung zu unterziehen und nach Massgabe des Be­fundes in Geinässheit der Vorschriften des sect;. 44 das Amt zu handeln haben.
Es versteht sich von selbst, dass derlei, aus verseuchten Kronländern kommenden Triebe einer noch verschärtteren Ueberwachung nach sect;. 44 zu unterziehen sind, als in seuchenfreien Zeiten.
4)nbsp; nbsp;Zur Zeit des Durchzuges solcher Schlachtviehtriebe durch die, an den Triebstrassen gelegenen Orte, ist das einheimische Rindvieh in den Stal­lungen zu halten, und es haben sich auch die. zu seiner Wartung bestimm­ten Personen von der Strasse zu entfernen; an solchen Tagen soll an den Triebstrassen mit einheimischem Rindviehe überhaupt nicht gefahren, und dieses auch sonst nicht auf diesem Wege getrieben werden.
5)nbsp; nbsp;Rohes Fleisch, Eingeweide von Rindern, frische Rindsknochen, un­geschmolzenes ünschlitt, Häute, Homer, Klauen dürfen durchaus nicht einge­führt werden. Dagegen ist die Kinfnhr von geschmolzenem Unschlitte, trocke­nen Knochen und Häuten, wenn sich mit Certiticaten ausgewiesen wird, dass
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Rinderpest.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 541
sie aus gesunden Gegenden kommen, dann von Hörnern und Klauen, sobald die vorschril'tmässige Reinigung derselben nachgewiesen wird, zulii.isig; sie darf jedoch nur über die biezu bestimmten Einbruchstationen stattlinden; auf allen übrigen Punkten sind sie wie die Kohproducte auszuweisen.
6)nbsp; Herrenlose Hunde sind von den, an der Grenze aufgestellten Posten zu erschiessen, auf hausirende Individuen ist die Aufmerksamkeit besonders zu verwenden, und die von ihnen getragenen Packe zu untersuchen, ob sich in denselben keine Hiiutc oder sonstige, vom Rindviehe herstammende Stoffe belimlen; werden letztere angetroffen, und kommen dieselben aus dem ver­seuchten Kronlaude, so sind sie unnachsichtlich zurückzuweisen. Von jen­seits kommende Viehhändler und Fleischhauer dürfen, wenn sie sich darüber nicht auszulaquo; eisen vermögen, dass sie aus gesunden Gegenden kommen, gleichfalls nicht eingelassen werden, und es sind zu diesem Behufe den Grenzposten jene Gemeinden, in denen die Rinderpest in dem benachbarten Kronlande herrscht, besonders bekannt zu geben.
7)nbsp; In so lange die Seuche nicht dicht an der Grenze herrscht, und es daher nicht besonders .erboten wird, darf in den Grenzorten des noch nicht verseuchten Kronlandes das einheimische Rindvieh noch ausgetrieben, und innerhalb des Weichbildes der Gemeinden zu Winhschaftsfuhren verwendet, über die Grenze darf jedoch mit demselben nicht gefahren werden. Sollte ein Einheimischer mit einem solchen Zuge in dem verseuchten Kronlande ge­wesen sein, so wäre derselbe entweder mit seinem Gespanne über die Grenze zurückzuweisen, oder zu verhalten, seine Rindvieh-Bespannung ausserhalb des Ortes durch 10 Tage zu contumaciren, und nach Ablauf dieser Periode das­selbe vor der Zulassung in den Ort ebenso wie den Wagen sorgfältig zu reinigen.
8)nbsp; nbsp;üeberdiess sind längs der Grenze, insbesondere aber in der Kähe der verseuchten Grenzorte häufige Streifungen vorzunehmen, um sich die Ucberzeugung zu verschaffen, ob nicht auf Schleichwegen versucht werde, die Sperre zu umgehen. Sollten hiebei auf einer oder der anderen Stelle Punkte aufgefunden werden, die eine derartige Umgehung besonders begün­stigen, so sind auch diese mit einem weiteren Posten zu besetzen.
2. Massregeln für zunächst bedrohte Gegenden und Ortschaften.
sect;. 47.
Wenn ungeachtet dieser verschärften Massregeln dennoch die Rinder­pest in einer oder in mehreren Ortschaften eines Kronlandes zum Ausbruche gekommen ist, so sind zur Sicherung der zunächst bedrohten Gegenden und Ortschaften folgende Anstalten einzuleiten und mit der grössten Sorgfalt zu überwachen.
1) 1st die Rinderpest in einem benachbarten Orte in dem Umkreise einer Stunde, oder wohl gar schon in der nächsten Umgebung wirklich auf­getreten, so müssen die Gemeindevorstände, nachdem sie die gehörige Anzeige davon erhalten haben, diese Nachricht unverzüglich den Bewohnern der Ort­schaft bekannt machen, und sie auf eine überzeugende Weise über die fast gänzliche Unheilbarkeit und Tödtlichkeit dieser l#-ankheit, über die Eigen­schaft, sich durch Ansteckung ausserordentlich leicht auszubreiten, dann über die grosse Gefahr, die durch ihre Nähe dem sämmtlichen Viehstande droht, belehren, und sie daher zur genauen Befolgung der, zur Anwendung dersel­ben nothwendigen, obsihon lästigen Verfügungen auffordern und strenge da­zu anhalten.
Insbesondere sind den Orts-Insassen die Strafgesetze, welche gegen die Uebertretung der Vorschriften bei Viehseuchen bestehen, und besonders die
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sect;sect;. 400, 401 und 402 des Strafgesetzes über Verbrechen , Vergehen und üe-berlreluiigcii zu republiciren.
2)nbsp; Jm Umkreise von drei Stunden um den Seuchenort darf bei sonsti­ger strenger Bestrafung der Uemeindevorsteher und Viehhändler nach sect;. 400 bis 4U2 des Strafgesetzes kein Rindviehmarkt abgehalten und es muss aller Umgang und Verkehr mit den Einwohnern des angesteckten Ortes , wenn er nicht von der dringendsten Art und für den ganzen Ort nicht zu umgehen 1st, auf so lange untersagt und aufgehoben werden, bis von dem Hozirks-(Stuhlrichter-) Amte das Erlöschen der Rinderpest in dem angesteckten Orte bekannt gegeben ist. Durch den Seuchenort darf gar kein Rindvieh für an­dere Ortschaften durchgeführt und Schlachtviehtrieben, die sonst etwa durch denselben zu [Jassiren pflegten , muss von Seite der politischen Behörde ein anderer Riclitungswcg angewiesen werden.
Bei durchaus unvermeidlichem Verkehre mit dem Orte, wo die Seuche ausgebrochen ist, ist strengstens darauf zu sehen, dass bloss allein Plerde, und unter keiner Bedingung Hornvieh zur Bespannung dahin gebraucht, und dass die Hunde zu Hause gehalten werden. Rinderställe dürfen daselbst durchaus nicht betreten werden, und Im Seuchenorte ist nur so lange zu verweilen, als zur Verrichtung der Geschälte unumgänglich nölhig ist.
Bei der Zurückkunfi nach Hause müssen die auf der Reise gebrauchten Schuhe und Kleider gewechselt, Hände und Gesicht gewaschen und jede Annäherung zu den einheimischen Rindern durch einige Tage vermieden werden. Den Ortshirten und Meierknechten darf unter keinem Vorwande er­laubt werden, eine mit der Rinderpest heimgesuchte Ortschaft zu betreten.
3)nbsp; Den Einwohnern der gesunden Ortschaflen ist es auf das strengste und unter Androhung der, in den sect;sect;. 401 und 402 des Stralgesetzes vorge­sehenen Strafen zu verbieten, heimlich oder öffentlich krankes Vieh, Fleisch, Milch, Butter, Häute, Unschlill oder was immer für andere Theile des Rind­viehes, sei es nun von gesunden oder kranken, von gefallenen oder ge­schlachteten Stucken aus seuchenverdächtigen Orten einzukaufen, einznschwär-zen und in nicht angesteckte Ortschaflen zum Verkaufe oder zum eigenen Gebrauche einzuiühren. Ebenso wenig darf den, von einem mit der Rinder­pest angcstecklcn Orte herkommenden Menschen ein längerer Aufenthalt ge­stattet, noch weniger ihnen der Zutritt zum einheimischen Rindviehc in einem Orte erlaubt werden. Es ist desshalb besonders auf fremde Fleischer , Vieh­händler und Gerber, dessglcichtn aul herumschwcilendc Arzneikrämer, Wa-senmeister und ihre Knechte ein wachsames Auge zu halten; dieselben sind beim Betreten sogleich anzuhalten und , falls sie sich nicht verhissig auswei­sen können, dass sie aus ganz unverdächtigen Gegenden kommen, und nichts mit sich führen, das Ansteckung veranlassen kann, zu arretiren, und entwe­der in Ihren Wohn - und Aufenthaltsort oder über die Grenze abzuschaffen.
4)nbsp; nbsp;In den, zunächst den Seuchenorten gelegenen Gemeinden muss das Vieh möglichst in den Stallungen gehalten werden, wo man es am sichersten vor Ansteckung zu hüten im Stande ist. Sollte diess, wegen zu geringen Futtervorrathes nicht angehen, so kann das Austreiben unter der Beschrän­kung gestattet werden, dass das ausgetriebene Vieh nicht nur den Grund und Boden der angesteckten Ortschaft nicht betrete, sondern auch soviel als mög­lich von den Grenzen derselben entfernt und, wo es thunlich ist, lieber in einer ganz entgegengesetzten Gegend, oder auf Gründen In der Nähe der Behausungen selbst geweidet werde. In einem Umkreise von einer halben Stunde von dem verpesteten Orte an gerechnet, darf keine Fuhre mit Zug­ochsen , und selbstverständlich unter keiner Bedingung in das Gebiet des verpesteten Ortes selbst geleistet werden.
Der Ortsvorstand muss allen Viehbesitzern des Ortes nachdrücklich auftragen, dass sie sich mit einem Futtervorrathe für ihr Rindvieh, wenigstens auf sechs Wochen versehen sollen , damit, im Falle die Seuche dennoch im
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Rinderpest.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;543
Orte ausbricht, die zur Verhinderung ihrer Ausbreitung nothwendige allge­meine Stallsperre vorgenommen und das eingeschlossene Vieh gehörig ge­nährt werden könne.
5)nbsp; Jedes, zur Zeit des Herrschens der Rinderpest in der Nachbarschaft, in einem Orie gefallene Stück Rindvieh muss eröffnet, und von Saclikuiuligen untersucht werden. Zeigen sich hiebci Merkmale der Rinderpest, so ist der Ort als von der Seuche angesteckt zu erklären, und es sind hiernach die für einen solchen Fall vorgeschriebenen Massregeln durchzul'ühren.
6)nbsp; Ist die Riederpest in der nächsten Nähe einer Ortschaft zum Aus­bruche gekommen, so sind alle bisher angeführten Mussregeln mit verdop­pelter Gewissenhafligkeit und Strenge zu befolgen, und es ist jeder Erkrau-kungsfall unter dem Rinde sogleich auf das Genaueste zu constatiren.
Ferner müssen einige kluge und verlässige Miinner aus der Gemeinde ausgewählt und als Wächter auf der Grenze des Ortes aufgestellt werden, die von hieraus sowohl das einheimische als das, dem verseuchten Orte ge­hörige Vieh, wie auch tlle Fuhren mit Ochsenbespannung, wo sie immer herkommen sollten, zurückweisen, auf alle hin- und hergehenden Menschen, und das, was sie etwa mit sich führen und tragen, aufmerksam sein, und alles, was ihnen verdächtig vorkommt, anhalten und abschaffen sollen.
Als verdächtig aber müssen alle aus einer angesteckten Ortschaft kom­menden Menschen angesehen werden, welche von da Rindvieh führen oder treiben, oder Fleisch, Häute und andere Rimlstheile bei sich haben. Sollten diese auf die Ermahnung zurückzukehren nicht achten, und mit Gewalt über die Grenze setzen, so hat sie einer der Wächter bis zum Orte zu begleiten und sie dann dem Ortsvorsteher anzuzeigen und zu überliefern, welcher dann sogleich das lebende Vieh an einem abgelegenen Platze zu versperren und auf Rechnung des Besitzers füttern zu lassen, die Personen selbst aber sammt den etwa mitgeführten Rindviehtheilen, Häuten, Hunden u. s. w. unter Beo­bachtung der nöthigen Vorsichtsmassregeln an das nächste k. k. Bezirksamt zum ferneren Verfahren abzuliefern hat.
Erkrankt das versperrte Vieh innerhalb 10 Tagen an der Rinderpest, oder zeigt es sich bei der gepflogenen Untersuchung, dass die mitgebrachten Rindviehtheile von heimlich geschlachteten kranken Stücken herrühren, so sind die ergriffenen Personen nach den bereits citirten sect;sect;. 400, 401 und 402 des Strafgesetzbuches zu behandeln, sonst aber nur wegen gewaltsamer Stö­rung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zur Verantwortung zu ziehen, und dann gegen Ersatz aller Kosten sammt ihrem Viehe zu entlassen.
3. Massregeln beim Ausbruche der Rinderpest in einer Ortschaft selbst, a) Erstattung der Anzeige und vorläutige Massregeln.
sect;• 48.
Ist in einem Orte die Rinderpest zum Ausbruche gekommen, so muss von dem Ortsvorsteher alsogleich dem k. k. Bezirks- {Stuhlrichter-) Amte die Anzeige erstattet werden, damit selbes das , zur möglichst schnellen Til­gung der Seuche Erforderliche unverweilt verfügen könne. In dem ange­steckten Orte selbst aber ist, ohne'erst das Eintreffen der Seuchen-Commis­sion abzuwarten, der Vorfall sogleich zu veilautbaren, und allen Rindvieh­besitzern einzuschärfen, ihre Stallungen wohl verschlossen zu halten, Nie­manden den Zutritt zu denselben zu gestatten, und die Wartung der Thiere nur einer Person anzuvertrauen, die sich, soviel als möglich, vor jedem Verkehre mit den übrigen Ortsbewohnern, insbesondere aber mit solchen Personen zu hüten hat, in deren Hause die Seuche ausgebrochen ist. Jeder Ortsvorstand, dei die nöthige Anzeige an das Bezirks - (Stuhlrichter -) Amt zu machen unterlässt, soll sogleich abgesetzt, auf immer zu diesem Amte
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Congtitutionelle Krankheiten.
ftir unfähig erklärt, und noch Sberdiess nach den Ssect;- 400 bis 402 des Struf-gesetzes bestral't werden.
Die Oitsvor.sUiiidc sind dalur verantwortlich, wenn aus Unwissenheit oder Saumseligkeit diese LandpUige in ilireiu Jiezirke Wurzel l'asst, und den benachbarten Ortschaften und Gegenden daraus Nacbtheil erwächst, um so mehr, da es sicliergestellt ist, dass die Kinderpest eine weite Ausdehnung nicht erlangen wird, wenn anders die gegen die Verbreitung der Ansteckung erlassenen gesetzlichen Vorschriften genau befolgt werden.
b) Aerzlliche Erhebung der Seuche. sect;. 49.
Die Erhobungen an Ort und Stelle sind durch das k. k. Bezirks -(Stuhlrichter-) Amt unter ßeiziehung eines mit der Rinderpest und ihrer Til­gung vertrauton, angestellten Arztes oder Thierarates mit möglichster be-schleanigung unveiweilt einzuleiien.
Nach Ankunft der Scuclienerhebungs - Commission ist sich durch Ein-vernehuien des OrtsvoiStandes und der zunächst betheiligten Personen so viel als möglich eine nähere Kennlniss über die Natur der ausgebrocheneu Krankheit zu verschallen, und es sind hiebei vorzugsweise die in dem sect;. 17 hervorgehobenen Kragepunkte, dann der Umstand, ob in der Nähe die Rin­derpest herrsche, und ob fremde Viehtriebe unlängst, den Ort und seine Nachbarschaft passirt haben, oder Rindvieh neu angekauft worden sei, im Auge zu behalten.
c) Aufnahme des Viehs tan des.
sect;• 50.
Geht aus den erhobenen anarnnesuschen Momenten mit Wahrschein­lichkeil hervor, dass das Uebel eine andere Krankheit, als die Rinderpest ist, so kann sich die Commission anstandslos in das Seuchenliaus begeben, um hier durch den Augenschein den eigentlichen Sachverhalt zu erheben.
Sollte sich jedoch schon aus den ersten Erhebungen mit Wahrschein­lichkeit das Vorhandensein der Rinderpest ergeben, so ist, bev..r noch die Seuchenstallungen betreten werden, die Aufnahme des Viehstandes vorzuneh­men, da es die erste und wichtigste Aufgabe dor Commission ist, sich die genaueslo Kenntniss über den eigentlichen Stand der Rinderpest in dem be­fallenen Orte zu verschaffen, weil das einzige sichere Mittel zur schnellen Unterdrückung der Seuche, nämlich die Anwendung der Keule, nur dann mit Aussicht aut Erfolg ins Werk gesetzt werden kann, wenn man die volle Ucberzeugung hat, dass mit derselben alles vorhandene kranke und verdäch­tige Rindvieh vertilgt worden ist.
Die Aufnahme des Rindviehstandes ist von Haus zu Haus vorzunehiuen; es hat hiebei jedenfalls der Kunstverständige mit zu imerveniren und es darf sich dabei unter keiner Bedingung auf die blossen Angaben des üemeinde-vorstandes verlassen werden. Damit jedoch durch diesen Akt selbst nicht zu einer weiteren Verbreitung der Seuche Anlass gegeben werde, sind hiebei nachstehende Vorschriften zu beobachten:
1) Die Seuchencommission hat sich zuerst in die angeblich noch nicht verseuchten Stallungen zu begeben, und die Veranstaltung zu treffen , dass während der Revision alle kleineren Hausthiere aus den Höfen entfernt und unter Sperre gehalten werden.
Der Arzt oder Thierarzt hat entweder mit einem Commissionsmitgliede den Stall zu betreten, oder das in den Hof herausgelassene Vieh, jedoch ohne
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Rinderpest.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 545
es zu berühren, zu beobachten. Es ist räthlich, den Thieren etwas Futter, besonders solches, das von ihnen gern gel'ressen wird, vorwerfen zu iassen, um aus der Art und Weise, wie nach demselben gelangt wird, die vorhan­dene oder mangelnde Fresslnst beurtheilen zu können; auch die vorhandenen Darmexcremente sind bezüglich ihrer Beschaffenheit zu besichtigen. Wird etwas Verdächtiges nicht vorgefunden, so ist der Viehstand jedes einzelnen Hauses nach Art und Zahl zu verzeichnen.
2)nbsp; Sollte das eine oder das andere Stuck verdächtig erscheinen, so ist das Haus zu bezeichnen, in eine nähere Untersuchung des Thieres jedoch erst nach Vollendung der Revision der noch nicht verseuchten Höfe einzuge­hen. Ist die Stallrevision im ganzen Orte beendet, so werden die verdachtig gefundenen Rinder von dem Arzte oder Thierarzte kunstgemäss jedoch in der Ordnung untersucht, dass die weniger Verdächtigen zuerst, dann aber die Verdächtigen vorgenommen werden. Zuletzt, hat sich die Seuchencom-unission in die schon als verseucht bezeichneten Häuser zu begeben, und hier den Stand der Seuche zu erheben.
3)nbsp; nbsp;Ergiebt sich aus den anamnestischen Erhebungen nicht mit Wahr­scheinlichkeit oder Gewissheit, dass die ausgebrochene Krankheit die Rinder­pest sei, so ist zur Constalirung der Natur derselben die Untersuchung der offenbar kranken Thiere und vor allem die Section eines etwa vorhandenen Cadavers, oder eines zu diesem Zwecke erschlagenen, schwer kranken Stückes vorzunehmen, welche letztere in jedem Falle die sichersten und unfehlbaren Aufschlüsse über die Art der Seuche geben wird.
4)nbsp; nbsp;Weiset die angestellte Section die Rinderpest nach, so ist unver-weilt der Sachverhalt in der ganzen Gemeinde zu publiciren , und eine War­nungstafel an allen Eingängen der Ortschaft aufzustellen. Die kleinen Haus-thiere sind von den Strassen entfernt zu halten, und die Einwohner unter strengster Strafe hiezu zu verpflichten; das Durchtreiben von Rindvieh und das Fahren mit derlei Gespannen durch den Seuchenort ist strenge zu ver­bieten. Ueberdiess sind alle jene weiteren Amtshandlungen sogleich einzu­leiten , welche zur Sicherung des Gesundheitszustandes des Rindviehes der angrenzenden Ortschalten nothwendig sind Die Aufnahme des Viehstandes aber, um zur Kenntniss der Ausdehnung der Seuche zu gelangen, darf die Commission an diesem Tage nicht mehr vornehmen , da sie wegen ihrer Anwesenheit in den Seuchenhöfen und bei der Section zu einer Contagiums-Verschieppung Anlass geben könnte; sondern dieselbe hat, wenn es die Nähe ihres Wohnsitzes zulässig macht, nach Hause zurückzukehren oder wo diess wegen Entfernung der letzteren unthunlich ist, im Seuchenorte zu über­nachten und nach sorgfälliger Reinigung der gebrauchten Kleidungsstücke erst am folgenden Morgen die weiteren Massregeln zu treffen.
d) Tilgung der Seuche.
a. Bei geringerer Ausbreitung derselben in einer Ortschaft. Anwendung der Keule. Verwertbang der Producte.
sect;. 51.
Die zur möglichst raschen Tilgung der Seuche in der ergriffenen Ort­schaft zunächst durchzuführenden Vorkehrungen sind verschieden, je nachdem die Seuche zur Zeit der Constalirung erst eine geringe, oder aber eine be­deutende Verbreitung gewonnen hat.
Ergibt sich aus den Erhebungen und aus der, bei der Aufnahme des Viehstandes vorgenommenen Constalirung des Gesundheitszustandes, dass erst wenige Thiere in einem oder in wenigen Höfen seit Kurzem erkrankt sind, und dass von hieraus keine Gelegenheit zur weiteren Verschleppung desCon-
Kraus, Path. u. Therap. der Haussäugethiere.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;35
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546nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Constitutionelle Krankheiten.
tagioms gegeben war, besteht mithin der höchste Grad der Wahrscheinlich­keit, dass durch schnelles Hinwegräumen der Kranken, und der mit ihnen in Berührung gestandenen, mitbin der stattgehabten Ansteckung verdächtigen Stücke die Seuclie schnell getilgt, und nach Reinigung der inficirten Stallun­gen der freie Verkelir rasch wieder hergestellt werden könne, so ist die Tödtung der offenbar kranken und seuchenverdächtigen Stücke, oder wie man sagt: die Anwendung der Keule angezeigt.
Als verdächtig ist dann alles Hindvieh anzusehen, das sich mit den Kranken in einem und demselben Hause befindet oder mit demselben in mittel- oder unmittelbarer Berührung gestanden ist, selbst wenn an ihm nicht die mindeste Spur einer Erkrankung wahrzunehmen sein sollte. Auch dann, wenn nach der ersten Anwendung der Keule neue Ausbrüche, jedoch nur in einzelnen Häusern und in grösseren Zwischenräumen erlolgen, ist von diesem Mittel Hilfe zu erwarten, wenn mit seiner Anwendung nicht gezögert wird. Zu diesem Zwecke ist jedoch dahin zu wirken, dass die Bewohner des Souchenorles unter Androhung von empfindlichen Strafen und bei Ver­weigerung einer jeden Vergütung dir vertilgtes Rindvieh, jede Erkrankung unter demselben ohne Verzug anzeigen, und nicht abwarten, bis die Krank­heit einen höheren Grad erreicht oder bereits mehrere Stücke ergriffen hat.
Die definitive Entscheidung, ob bei constatinera Vorhandensein der Rinderpest die Keule und in welcher Ausdehnung anzuwenden sei, hängt von dem, der Seuchencommission beigegebenen politischen Commissäre ab, wel­cher mit Zuziehung des, mit der Besorgung der veterinär-polizeilichen Mass­regeln bcaultragten und, wenn es thunlich ist, eines zweiten mit der Rinder­pest vertrauten Arztes, dann zweier als Schätzleute zu beeidender wirth-schailskundiger Vertrauensmänner den Stand der Seuche zu erheben, und auf Grundlage des veterinär-ärztlichen Gutachtens in Betreff der Anwendung der Keule zu verlugen, die Anordnungen zur Auslührung des Verlügten zu treffen, und über das Ganze umständlich an seinen politischen Vorgesetzten zu berichten bat.
Für die der Keule unterzogenen Rinder wird unter gewissen Bedingun­gen die Entschädigung aus der Staatscasse an die Besitzer geleistet, und zwar:
a)nbsp; nbsp;Wenn in verdächtigen Zeiten bei vorkommenden Krankheiten von Rindern, wo die Art des Krankseins zweitolhalt, jedoch gegründeter Verdacht vorhanden ist, dass sie an der Rinderpest erkrankt seien, die Anwendung der Keule zur Ermittlung, des Sacuverhaltes von einem im Dienste des Staates stehenden oder von einer politischen Behörde hiezu autorisirten Arzte für nothwondig erklärt, und von ihm im Vereine mit der hiervon in Kenntniss gesetzten Ortsbehörde der Werth des zu schlachtenden kranken Thieres nach den hierüber weiter unten angegebenen Rücksichten festgesetzt wird. In diesem Falle wird den Besitzern der Thiere derjenige Betrag als Entschädi­gung geleistet, welcher nach Abzug des VVerthes der, nach den bestehenden Vorschril'len verwerthbaren Theile des getödteten Rindes, von der durch die Ortsbcbörde und den Arzt für dasselbe festgesetzten Vergütungssumme entlällt.
b)nbsp; Für Rinder, welche bei bereits constatirtem Vorhandensein der Rin­derpest nach Beschluss des politischen Commissars der Keule unterzogen werden, wird nur dann eine Vergütung geleistet, wenn standhältig erwiesen ist, dass der Eigenthümer des getödteten Rindes weder durch Ausserachtlas-sung der bestehenden veterinär-polizeilichen Vorschriflen irgend eine Schuld an dem Erkranken derselben trage, noch den Ausbruch-der Krankheit ver­heimlicht habe. Der für jedes einzelne Stück entfallende Entschädigungsbe­trag ist aus dem davon abzuziehenden Werthe der verwerthbaren Theile des­selben zu entziffern. Damit sowohl jene Eigenthümer, deren Rinder zur Er­langung der Gewissheit über das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein der Rinderpest getödtet wurden, als auch jene, deren Rinder auf Beschluss der
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Rinderpest.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 547
Commission der Keule unterzogen wurden, und die von der Commission an der Einschleppung oder Verheimlichung der Seuche schuldlos befunden wor­den, in den Stand gesetzt werden, den erlittenen Abgang möglichst bald durch den Ankauf neuer Rinder nach erklärter Beendigung der Seuche zu ersetzen, haben die politischen Bezirksvorstände ihre mit den vorschriftsmäs-sigen Schätzungsprotokollen belegten Anträge auf Entschädigung schleunigst bei den Landesbehörden zu überreichen.
Zur Ausmittlung des Werthes der Rinder, welche der Keule unterzogen werden sollen , haben die betreffenden Ortsbehörden und die als Schätzleute beeideten Commissionsglieder den in der Gegend üblichen Marktpreis, das Alter, den Schlag und die Gebrauchsweise jedes Rindes zu berücksichtigen.
Es wird jedoch dabei den Seuchencommissionen zur Pflicht gemacht, auf die möglichste Verwerthung der, von den Kranken ohne Gefahr verwend­baren Theile, insbesondere aber auf jene der bloss verdächtigen und noch ganz gesunden Thicre hinzuwirken um die, dem Staatschatze durch die Ent­schädigung erwachsenen Auslagen auf das unumgänglich Nothwendige zu beschränken.
Da die von der Rinderpest befallenen Thiere der Krankheit fast durch-gehends unterliegen, mithin solche Rinder, auch wenn sie der Keule nicht unterzogen würden, für ihre Eigenthümer in der Regel verloren sind, so ist bei der Ausmittlung des Entschädigungsbetrages auf diesen Umstand Rück­sicht zu nehmen, und hiebei nach folgenden Directiven vorzugehen:
1)nbsp; nbsp;Für pestkranke Rinder, welche sich in einem so vorgerückten Sta­dium der Krankheit befinden, dass ihr baldiges Ende zu erwarten steht, wird ein Drittheil;
2)nbsp; nbsp;Für Rinder, bei welchen die Krankheit erst im Beginne ist, bei denen sich mithin der Grad der Bösartigkeit, mit welcher die Krankheit in diesem besonderen Falle verlauten wird, nocii nicht mit Sicherheit beurtheilen lässt, werden zwei Drittheile des erhobenen Schätzungswerthes bei der An­wendung der Keule vergütet, so dass mithin nur für sogenannte verdächtige, anscheinend noch gesunde, der Keule unterzogene Rinder der volle Schätz­ungspreis von Seite des Aerars vergütet wird.
Von vertilgten kranken Rindern dürfen^ die Häute und die Hörner nach vorschriltmässig vorgenommener Reinigung, dann das Unschlitt nach vollzo­gener Schmelzung über Feuer, se iner Zeit veräussert werden, und es ist da­her deren VVerth von dem ganzen Schätzungswerthe in Abschlag zu bringen.
Lässt sich bei den zu vertilgenden Thieren mit Sicherheit nicht bestim­men, ob sie noch gesund oder bereits von den ersten Symptomen der Rin­der pestbefallen sind, so sind dieselben noch im Seuchenorte, jedoch gewerbs-mässig zu schlachten und von der Commission zu beschauen. Werden in deren Eingeweide Spuren der Rinderpest nicht vorgefunden, so kann das Fleisch dem Eigenthümer zum Genüsse überlassen werden, und ed ist sodann dessen billig ausgemittelter Werth von dem Gesammtschätzungswerthe in Abschlag zu bringen. Müssen jedoch in einem Hause mehrere Thiere ge­schlachtet werden, und ist es eipleuchtend, dass der dadurch gewonnene Vorrath an Fleisch die Bedürfnisse des Hauses übersteigt, so kann dasselbe nach sorgfältiger Beschau bei der Schlachtung an die Ortsfleischcr verkauft oder, falls dieses wegen Mangel an Concurrenz im Orte nicht thunlich wäre, entweder geräuchert oder gepöckelt und in diesem Zustande verwerthet, oder in eine in der Nähe liegende grosse Stadt gesendet werden.
Der Transport von solchem Fleische in die Städte kann, jedoch mit Ausnahme aller Eingeweide, auf Wagen oder nach Umständen auf der Eisen­bahn unter Aufsicht eines verlässlichon Begleiters geschehen, dem von Seite der Seuchencommission ein Certificat über die vorgcnominene Beschau und ein Schreiben an das Mnrktaul'sichtsorgan (für Wien an die Direction des Schlachthauses zu St. Marx oder Gumpendorf) mitzugeben ist, welches sodann
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548nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Constitutionclle Krankheiten.
die Verwerthung des übergebenen Fleisches zu dem möglichst besten Preise für Rechnung des Gainerullondes zu besorgen hat.
Gesundes Rindvieh, dessen Vertilgung bloas deswegen durchgeführt werden muss, weil es mit Krunkeu in Berührung geslandeu ist, kann an Fleisclilmuer veriiussert werden, jcdüdi muss es von diesen in dem Seuchen­orte geschlachtet und von verlässlichen Individuen beschaut werden.
Sollte sich jedoch in cineui solclien Falle ein Fleischhauer zur üeber-nahme dieser Thiere nicht vorfinden, so können dieselben, wenn der Seu-chenort sich in der Niilic einer Eisenbahnstation befindet, welche sich auf Nebenwegen und oiine Betretung einer anderen Ortschaft erreichen lässt, unter verlässlicher Aulsicht in giösscre Städte, wo eine bedeutendere Fleisch-consumtion besteht (lür Oeslerreich nach Wien), jedoch nur behufs der Schlachtung mittelst der Eisenbahn transporlirt werden. Ein solcher Vieh­trieb ist mit einem, von der deuchencommissiou ausgestellten Gerliticate, in welchem jedes einzelne Stück nach Ra^e, Geschlecht und Alter, dann mit dem Namen des Eigenthüuiers verzeichnet wird, und einem Schreiben an das Uarktaufcichtsorgan (in Wien an die Direction des St. Marxer oder Gnmpendorfer Schlachthauses), iu versehen, und wird bei seiner Ankunft an seinem Bestimmungsorte, wie oben bei dem Fleische bemerkt, verwerthet.
Ein ähnlicher Vorgang kann auch beobachtet werden, wenn der Seu­chenort an einem schiffbaren Flusse liegt, und das anscheinend noch gesunde Vieh auf diesem Wege und ohne an anderen Ortschaften anzulegen, in eine grosse Stadt geschafft werden kann. Kann jedoch der Abtrieb auf eine Eisenbahnstation nicht staltlinden, so sind die zu vertilgenden, anscheinend gesunden Rinder im Seuchenurte selbst zu schlachten, und ihr Fleisch auf die bereits bekannt gegebene Weise zu verwerthen.
Ueber die Schätzung der, von Seite des Aerars zu vergütenden, der Keule unterzogenen Rinder ist mit den, eigens lür diesen Kali beeideten Schiitzlenten ein Protocoll aufzunehmen, und der politische Gommissär hat seine, der politischen Behörde vorzulegenden Entschädigungsanträge für die einzelnen Viehbesilzer auf diese vorgenommenen und ersichtlich gemachten Schiitzungen zu gründen, wobei jedoch stets auch die durch die Verwerlhung der benutzbaren Theile der gekeulten kranken oder verdächtigen Rinder her­eingebrachten oder zu erwartenden Beträge anzusetzen sind.
Die, rücUsichtlich der Verwerthung der von den erschlagenen, kranken oder verdächtigen Rindern benutzbaren Theile %orgezeiciineten ilassnahmen sind zu Gunsten der betroffenen Vieheigenlhümer auch dann durchzuführen, wenn denselben wegen Uebeitietnng der allgemeinen Seuchenvorschriften auf eine Entschidigung für das erschlagene Vieh von Seite des Aerars ein An­spruch nicht zukommt, und sie so^ar aus diesem Grunde einer Stralamts-handlung vielleicht unterzogen würden.
Lässt sich endlich eine grössere Anzahl seuchenverdächtiger Stücke aui eine der angegebenen Weisen nicht entfernen, wie dies in grossen Maier-höl'en, welche von Eisenbahnen entlernt liegen, der Fall sein kann, so muss auch im Beginne der Seuche, wo unter günstigeren Verhältnissen die Keule angezeigt wäre, auf die Separation derKranken, aul Parzellirung der Gesund­scheinenden und auf abgesonderte Unterbringung derselben in abseits zu er­richtenden Nothställen oder Unterstanden vorgedacht werden.
ß) Bei grösserer Verbreitung in einer Ortschaft. sect;• 52. Stellt sich jedocii bei der Seuchenconstatirung heraus, dass die Rinder­pest eine grosse Verbreitung erlangt hat, finden sich zahlreichere kranke und seuchenverdächtige Thiere und zwar bereits in mehreren Höfen vor, oder er-giebt sich aus den Erhebungen, dass der Ausbruch der Seuche durch eine längere Zeit verheimlichet, oder gesundes Vieh mit krankem durch längere
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Rinderpest.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;549
Zeit in Berflhrnng gelassen worden sei, so würde die Anwendung der Kenle bei den kranken und bei den, der geschehenen Ansteckung verdacutigen Thieren keinen Sinn haben, da hlednrch mit unverhiiltnissmassig grossen Kosten wohl Thiere erschlagen , keinesfalls aber der weitere Ausbruch der Krankheit bei dem bereits auf verschiedenen Wegen angesfeckten Vieho hintangehalten werden konnte. In einem solchen Falle muss die Seuchen-commission bedacht sein , auf eine andere Weise der weiteren Ausbreitung der Seuche Schranken zu setzen.
Diess geschieht durch Errichtung von Pest- und Contumazstnllcn nach den in dem sect;. 23 vorgezeichneten Directiven. In den ersteren werden die offenbar Kranken, in den letzteren die verdächtigen Stücke untergebracht und beide Abtheilungen von besonderen Wärtern, die mit den übrigen Orts-einwohnern auf keine Weise zusammenkommen dürfen , besorgt. Die zur Erhaltung der Thiere nothwendigen Futterstoffe und das Trinkwasser, dann die für die Wärter erforderlichen Nahrungsmillel müssen von hiezu zu bestim­menden Leuten bis auf eine iestzusetzende Distanz von diesen Stellen herbei­getragen, dürlen aber erst dann von den Wärtern hinweggenommen werden, wenn sich die Träger bereits wieder entfernt haben. Befindet sich in einem angesteckten Hofe ein zahlreicher Hornviehstand , so wird dieser in Haufen von 5 bis 10Stücken abgetlieilt (parzellirl) und jeder von dem andern durch­aus abgesondert gehalten, so dass jede Abtheilung ihren eigenen Wärter er­hält, der mit jenen der anderen Haufen nicht in Gemeinschaft kommen darf. Wo hiezu abgelegene Stallungen oder Unterslände nicht zu Gebote stehen, sind die Parzellen in einer Au oder Waldung oder in umzäunten Plätzen un-terzuliringen. Der Nutzen dieser Parzellirung besteht darin, dass, wenn in einem solchen Viehstande auch schon ein angestecktes Tliier sich befindet, bei dem später die Krankheit deutlich zum Ausbruche kommt , die Ansteck­ung sich nicht auf die ganze Heerde verbreiten, sondern nur auf jene weni­gen Thiere übergehen kann, die sich mit den Kranken in derselben Abthei­lung befanden.
Bricht bei einem solchen Stücke die Krankheit wirklich aus, so muss es sogleich in den Peststall transferirt. die Parzelle aber, in der es sich frü­her befand, in der strengsten Absonderung gehalten werden, bis sich heraus­stellt, ob nach 10 Tagen ein neuer Erkrankungsiall auftritt oder nicht.
Liessen sich jedoch der eigenthümlichen Ortsverhältnisse wegen diese Massregeln nicht durchführen, so müssen die kranken Thiere in ihren Stal­lungen belassen, die verdächtigen aber anderswohin, wie in Pferde- oder Schafställe, Schuppen u. dgl. untergebracht, und diese Localiläten unter sorg­fältiger Sperre gehalten werden. Diese Vorkehrung bietet jedoch wegen der kaum zu verhütenden weiteren Verschleppung des Contagiums und wegen der Unmöglichkeit, die Reinigung der inficirten Localitäten sogleich durchzu­führen, die geringste Aussicht auf eine schnelle Tilgung der Seuche.
Liegt ein Senchenort, in welchem die Rinderpest bereits grosse Fort­schritte gemacht hat, nahe an einer Eisenbahnstation und nicht zu entlegen von einer grossen Stadt, so können die bedeutenden Verluste dadurch auf das geringste Mass beschränkt werden, dass man, sobald in einem Hofe die Seuche ausbricht, sogleich alles anscheinend noch gesunde, aber bereits ver­dächtige Vieh unter den im sect;. 51 vorgezeichneten Cautelen nach dieser Stadt behufs der Schlachtung transportiren. und daselbst an Fleischhauer ver­kaufen lässt.
Weitere, aus Anlass der Rinderpest in dem Seuchenorte zu treffende
Massregeln. sect;. 53. Ist die Rinderpest in einer Ortschaft constatlrt, so sind, gleichgiltig ob
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Constitutionelle Krankheiten.
zu ihrer Tilgung die Keule in Gebrauch gezogen, oder zur Errichtung von Pest- und Contumazstallen geschritten wurde, nachstehende weitere Massre­geln sogleich einzuleiten :
1) Der Ausbruch der Rinderpest ist sogleich unverzüglich den angren­zenden Gemeinden kund zu geben, und d'eselben zur genauesten Befolgung der in dem sect;. 47 vorgezeichneten Directiven anzuweisen.
Den Einwohnern des verseuchten Ortes sind die nöthigen Belehrungen über die Natur der Krankheit und ihre Contagiosität, dann über die Art und Weise, wie sie ihr Vieh vor Ansteckung bewahren können, zu ertheilen, und ihnen die bereits wiederholt angeführten sect;sect;. 400 bis 402 des Strafgesetzes zu publiciren.
3)nbsp; Der iniieirte Ort ist völlig abzusperren, und an seinen Eingängen sind Warnungstafeln anzubringen, auf welchen mit deutlich lesbarer Schrift in der Landessprache das Herrschen der Rinderpest bekannt gegeben wird. Ebenso ist jedes Haus, in welchem ein Fall von Rinderpest vorgekommen ist, durch ein auffallendes Zeichen als Seuchenort kenntlich zu machen , und der Verkehr seiner Inwohner mit denen ans gesunden Höfen, nöthigenfalls mittelst Militär - und Gendarmeriewache so lange zu verhindern, bis nicht die Reinigung der inficirten Ställe, Geräthschaflen und Kleidungsstücke der In­wohner ganz genau vorschriftmässig stattgefunden hat.
Der Verkehr der Ortsbewohner mit der Umgebung, der Besuch benach­barter Kirchen, Schulen, Vergniigungsorte, das Abführen von Getreide in die Mühlen der Nachbarschaft muss für die tieuchendauer eingestellt werden.
4)nbsp; Im Seuchenorte und dessen Umgebung darf nur mit Pferden gefah­ren werden ; sämmtliches Hornvieh aber muss so lange in den Ställen ver­sperrt bleiben, bis die Seuche ganz getilgt, und die Erlaubniss des Austriebes durch die Obrigkeit bekannt gemacht wird. DieThfiren der Ställe sind aber so genau zu verschliessen, dass keine Hunde, Katzen oder Hausgeflügel u. dgl. durchschlüpfen können; auf der Strasse herumlaufende Hnnde sind einzulan­gen, einzusperren, an die Kette zu legen oder zu erschlagen, weil durch diese Thiere das Rinderpest-Contagium leicht verschleppt werden kann.
51 Die Eingänge der Ortschaft sind durch verlässliche Wächter oder Militärsposten zu besetzen, welche Rindvieh oder giltsaugende Stoffe weder ein- noch austreten lassen, und allen Individuen, welche mit Vieh und seinen Abiällen und Producten Handel treiben, den Eingang zu verweh­ren haben.
6)nbsp; Die Abhaltung von Viehnuirkten ist sowohl in den Set.chenorten, als auf einen Umkreis von 3 Stunden, ebenso wie der An- und Abverkanf von Hornvieh, der Verkauf von Fleisch , Milch u. dgl, und Uebersiedelungen der Einwohner mit ihrem Viehe für die .Seuchendauer zu verbleien. Das für den Ortsbedarf zu schlachtende Vieh ist vor und nach der Schlachtung genau zu besichtigen, und über die Fleischer strenge Aufsicht zu halten.
7)nbsp; Die Wegschaffung der Cadaver auf den Aasplatz, die Verscharrung der Aeser ist auf die im sect;. 28 vorgezeichnete Weise vorzunehmen: bei der Behandlung der Häute, Hörner, Klauen und Knochen, dann des ünschlittes, ist nach den Angaben des sect;. 29 vorzugehen.
8)nbsp; Jeder von dem Viehe entleerte, inficirte Stall ist alsogleich und sorg­fältig nach den Vorschriften sect;sect;. 30 und 31 zu reinigen. Da von dieser Des-infection das Schicksal des künftig einzustellenden Viehes und daher des Viehstandes der Gemeinde überhaupt abhängt, so ist dieselbe, wenn nur im­mer möglich, nicht durch die Eigcnthümer selbst, sondern durch besondere, vertraute, kein Hornvieh besitzende Leute, mithin durch eigene Reinigungs­diener unter Aufsicht eines Gendarmen oder eines anderen Wachmannes und mittelst eines eigenen, hiezu bestimmten Pferdegespannes zu bewerkstelligen.
9)nbsp; Um den Verheimlichungen von Erkrankungen und dem Wegschaffen verdächtiger Stücke zu begegnen, ist zeitweilig eine Revision des gleich an-
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Rinderpest.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 551
fangs aufgenommenen Viehstandes r:othwendig, wobei jedoch die Revid.'renden alle bereits früher erwähnten Vorsichtsmassregeln anzuwenden haben, damit sie nicht selbst zur Verschleppung des Contagiums Anlass geben.
10)nbsp; nbsp;Damit die Commission im Stande sei, ihren vauf die Tilgung- der Rinderpest gerichteten Anordnungen Gehorsam zu verschaffen, ist sie ermäch­tiget, so oft es nothwendig ist, die Assistenz des Militärs za beanspruchen, und unter der Bedingung, dass sie hierüber nachträglich ein Protocoll an ihre vorgesetzte politische Behörde vorlege, Arrest- und Geldstrafen, und zwar jene bis auf 3 Tage, diese bis zum Betrage von fünfzig Gulden gegen Jene zu verhängen, welche entweder den Ausbruch der Seuche in ihren. Hause verheimlicht, oder den 'gegebenen Anordnungen nicht strenge Folge geleistet haben.
11)nbsp; nbsp;Bricht die Rinderpest in dem Stalle einer grösseren Stadt, in wel­cher das Hornvieh nur der Milchnutzung wegen gehalten wird, und ein Weidegang nicht stattfindet, aus, so ist sich mit der Sperre der verseuchten Stallung zu begnügen, jedoch dahin zu wirken, dass das in derselben vor-findliche verdächtige Vieh zum Zwecke der raschen Seuchentilgung möglichst bald an Fleischer zur Schlachtung in dcrStadt verkauft, und hierauf sogleich vorschriftsmässig die Stallreinigung vorgenommen werde.
12)nbsp; nbsp;Kommt die Seuche unter einer Pusztenhecrde, welche auf den Weide­gang allein angewiesen ist. vor, so müssen die vorgeschriebenen Massregeln den Umständen gemäss modificirt, jedoch unter allen Verhältnissen streuge darauf gehalten werden, dass die offenbar erkrankten Stücke von den übrigen noch gesund erscheinenden separirt, und die verseuchte Hoerde von jeder Gemeinschaft oder Vermischung mit fremden Heerden oder Hornviehstücken verwahrt werde.
13)nbsp; nbsp;Eine ärztliche Behandlung der pestkranken Rinder darf nur dann gestattet werden, wenn die Seuche in einer Ortschaft oder Gegend sich be­reits so verbreitet hat, dass durch die Anwendung der Keule ihrem weiteren Umsichgreifen keine Schranken gesetzt werden können, unter Verhältnissen also, wo die Errichtung von Pestställen vorgeschrieben ist.
So lange jedoch noch Hoffnung ist, die Seuche durch die im sect;. 51 vorgezeichneten Massregeln rasch zu tilgen, sind alle Heilversuche auf das Strengste zu untersagen, da durch sie nur zu verschiedenartigen Verschlep­pungen des Contagiums, zur Verlängerung der Seuchendauer und zur Steige­rung der ohnehin stets namhaften Verluste in Folge der aufgewendeten Ko­sten Veranlassung gegeben würde; dort, wo Heilversuche zulässig erkannt werden, hat sich der hiebei verwendete Arzt oder Thierarzt nur allein mit den kranken Thieren zu beschäftigen, und von dem Zusammentreffen mit Ortseinwöhnern oder dem gesunden oder verdächtigen Hornviehstande sorg­fältigst ferne zu halten.
14)nbsp; nbsp;Die Seuche darf in einer Ortschaft erst dann als beendigt erklärt werden, wenn allen in dem sect;.38 aufgezählten Bedingungen vollkommen ent­sprochen worden ist, namentlich wenn die Reinigung der Stallungen und Geräthe überall vollständig vorgenommen, die Abfälle und Viehproducte vor­schriftsmässig behandelt, die Schlussrevision vorgenommen und der Termin von 21 Tagen nach dem letzten Genesungs - oder Todesfalle ohne einen neuerlichen Erkrankungsfa'l abgelaufen ist.
Abtheilung des Seuchengebietes in Jieuchenbezirke.
sect;. 54.
Ist die Rinderpest über einen ausgedehnteren Landstrich verbreitet, so ist jedes Seuchengebiet in kleinere, leicht zu üuersehende Seuchenbezirke zu
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552nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Constltutionelle Krankheiten.
theilen, und in jedem eine nach den Vorschriften des sect;. 11 zusammengesetzte Commission zu bestellen, welche sie nach den ebendaselbst und in sect;. 53 sub 10 vorgezeichneten Directiven zu benehmen haben wird.
Im Falle zur Durchführung der veterinär-polizeilichen Massregeln Civil-Thierärzte in genügender Zahl in einer Gegend nicht vorhanden wären, haben die k. k. Bezirksümter von Fall zu Fall darüber die Anzeige an die k. k. Landesbehörde zu erstatten, um diessfalls das bezügliche k. k. Landes-Gene-ral-Commando wegen zeitlicher Verwendung des militür-thierärztlichen Per­sonales angehen zu können. Diese Seuchencommissionen sind verpflichtet, sich
a)nbsp; von dem Stande der Rinderpest in ihrem Bezirke die genaueste Kenntniss zu verschaffen;
b)nbsp; die ihnen erforderlich scheinenden veterinär-polizeilichen Massregeln anzuordnen;
c)nbsp; zur Durchführung derselben je nach denLocalverhältnissen in jedem einzelnen oder in mehreren nahe gelegenen Seuchenorten ein thierärztliches Individuum zu bestimmen, und einen Wachmann, d. i. einen Gendarmen oder einen Behördediener u. s. w. zur Aufsicht und üeberwachung der Instand­haltung der eingeleiteten polizeilichen Massregeln in jedem einzelnen Seuchen­orte zu bestellen;
d)nbsp; diesen Beiden ihre Obliegenheiten genau auseinander zu setzen und einzuschärfen.
Impfung gegen die Rinderpest. sect;. 55.
Die Impfung der Rinderpest darf unter Zustimmung der politischen Landesbehörde nur in Ortschatten vorgenommen werden, wo die Seuche be­reits eine grosse Verbreitung erlangt hat, und wo, wegen der Vielfältigkeit der Berührunggpuncte mit Grund anzunehmen ist, dass nach und nach der grösste Theil des Rindviehstandes ohnehin der Ansteckung verfallen wird.
Sie darf daher nur zum Zwecke der Abkürzung der Seuchendauer und der Herbeilührung der Möglichkeit, die lästige Absperrung des Ortes schnel­ler aulzulassen, vorgenommen werden; sie ist jedoch in Ortschaften, wo die Seuche kurz nach ihrem Ausbruche constatirt wurde, und wo sich bei stren­ger Durchführung der vorgeschriebenen veterinär-polizeilichen Massregeln eine baldige Beschränkung ihrer Verbreitung und- schnelle Tilgung erwarten lässl, durchaus zu verbieten.
Es versteht-sich von selbst, dass durch die Gestattung der Vornahme der Impfung die Aufrechthaltung der, zur Hintanhaltung der Ausbreitung der Rinderpest vorgezeichneten Massregeln in keiner Beziehung irgend eine Ab­änderung erleiden dürfe.
Prenssen.
Ministerial-Verfügung vom 1. Jnli 1856. Instruction, betreffend das zur Unterdrückung der Rinderpest einzuhaltende Verfahren.
sect;. 1. Im ganzen Departement ist jeder Besitzer von Rindvieh verpflich­tet, von jeglichem, irgend verdächtigen Krankheitsfalle Anzeige zu machen.
Für verdächtig gilt es besonders, wenn bei einem Viehstande, im Orte von 50 Stück binnen 14 Tagen 2 Stück und bei einem grösseren 3 oder mehrere Stücke starben.
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Rinderpest.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;553
sect;. 2. Im Umkreise von 2 Meilen von inficirten Orten muss jed^r Vieli-besitzer auch die kleinste Spur einer Krankheit unter seinem Rindviohstande anzeigen.
sect;. 3. Die Pflicht der Anzeige beschrankt sich nicht auf die Viehbe­sitzer, sie besteht vielmehr für Jedermann.
sect;. 4. In jeder von der Seuche ergriffenen Ortschaft ist sofort ein oder mehrere Revisoren des gesunden Viehes zu bestellen: dieser muss: a) alle noch nicht ergriffenen Stallungen revidiren : b) für Absonderung alles etwa kranken Viehes sorgen; c) beim Schlachten eines joden Stuck Rindviehes gegenwärtig sein, um das irgend verdächtige sofort abführen und verschar­ren zu lassen.
sect;. 5. Jedes als irgend verdächtig krank erkannte Stück Rindvieh muss sofort isolirt werden.
Dies geschieht der Regel nach am besten dadurch , dass das noch ge­sunde aus dem ergriffenen Stalle weg und in anderen Räumen getrennt un­tergebracht wird.
Diese Abtheilungen sind so klein zu machen, als Raum und Gelegen­heit irgend erlauben.
sect;. 6. Der inficirte Stall wird sofort geachlossen. und bleibt nach als-baldiger Abführung des erkrankten Viehes geschlossen. bis er vorschrifts-mässig desinficirt ist.
Der Verschluss geschieht durch ein Schloss, zu welchem der Aufseher des erkrankten Viehes den Schlüssel in Verwahr nimmt. Ausserdem wird der Stall durch Leinwandstreifen amtlich versiegelt.
sect;. 7. Alles Rindvieh bleibt während der Dauer der Seuche in inficir­ten Orten in den Ställen, und darf zu keiner Art von Fuhren oder Feldarbeit benutzt werden.
sect;. 8. Jedes in irgend verdächtiger Weise erkrankte Vieh wird sofort lebend nach dem ersten Quarantainestall abgeführt.
Dies geschieht durch einen zu bestellenden Viehleiter.
Der Transport dahin muss auf solchen Wegen geschehen, welche von anderem Rindviehe nicht betreten werden.
sect;. 9. Wenn das erkrankte Stück wegen zu weit vorgeschrittener Schwäche den Weg dahin nicht mehr zurücklegen kann, so wird es auf dem Gehöfte getödtet und wie ein gefallenes Stück behandelt.
sect;. 10.
a)nbsp; nbsp;Alles pestkranke Vieh wird ohne alle umstände getödtet und vor-schriftsmässig verscharrt;
b)nbsp; nbsp;alles verdächtige Vieh wird ebenfalls getödtet;
c)nbsp; wenn die Pest auf einem einzeln liegenden Etablissement, dessen Viehstand nicht über 10 Stück beträgt, in.einem Kreise zuerst ausbricht, so muss der ganze, wenn auch noch gesunde Bestand getödtet werden *);
d)nbsp; nbsp;desgleichen werden immer die beiden, wenn auch anscheinend ge­sunden Stücke mitgetödtet, welche einem erkrankten zu beiden Seiten zu­nächst gestanden haben;
e)nbsp; wenn in einer der kleinen Abtheilungen, in welchen nach der In­fection des Stalles der ganze gesunde Viehstand des Gehöftes vertheilt wurde, ein neuer Ausbruch der Pest erfolgt, so wird die ganze Abtheilung getödtet.
*) Nach der Min.-Verf. vom 1. Juli 185fi kann ausscr dem in sect;. 10. c. ci-tirten Falle die Tödtung gesunder Thiere auch dann erfolgen, wenn dies zur Unterdrückung der Seuche und zur wirksamen Verhinderung einer weiteren Verbreitnng derselben für nothwendig gehalten wird.
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554nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Conslitntionelle Krankheiten.
sect;. 11. Das getödtete Vieh wird sofort auf der Grabstelle verscharrt.
Dasselbe geschieht mit dem schon im Orte gefallenen.
Die Grabslelle ist nicht zu weit vom Orte entfernt, auf einer möglichst abgelegenen und wüsten Stelle anzulegen.
sect;. 12. Die Griiber müssen 6—8 Fuss tief sein.
sect;. 13. Alles Abledern oder heimliche Vergraben ist verboten.
Die Haut muss vorher ausreichend durchschnitten und das Cadaver mit ungelöschtem Kalk überschüttet werden.
sect;. 14. Es ist ein tüchtiger Mensch zu bestellen
a)nbsp; nbsp;zum Tödten der Thiere,
b)nbsp; nbsp;zum Abholen der gefallenen mittelst Karren oder Schleife von Pfer­den gezogen,
c)nbsp; zum Auswerfen der Gräber und Verscharren.
sect;. 15. Zum Entscheide in zweifelhaften Krankheitsfällen können die Thiere einer Observation unterzogen werden, welche indess 48 Stunden nicht überschreiten darf.
Was nach Ablauf dieser Frist sich krank zeigt, wird sofort getödtet, es entscheidet darüber der Revisor des kranken Viehes.
Diese Observation geschieht im ersten Quarantainestalle, welcher auf 3—4 Stück gleich nach dem Ausbruche der Seuche der Regel nach anzule­gen ist, und zwar in der Nähe des Verscharrplatzes.
Wird das Vieh nach Ablauf der 48stündigen Quarantaine als gesund erkannt, so wird es in den zweiten Quarantainestall gebracht, welcher 5—6 Siück aufnehmen kann, und daselbst so lange gelassen, bis seine Entlassung von der Obrigkeit nachgegeben wird. Die Ställe können von Brettern leicht errichtet werden, müssen in angemessener Entfernung von einander liegen, und mit den erforderlichen Viehwärtern abgesperrt werden.
sect;. 16. Ausser der Specialsperre der inficirten Ställe und Quarantaine­stalle findet noch nach Umständen eine Sperre der Gehöfte und der Ortschaf­ten Statt,
a)nbsp; Sperre der inficirten Gehöfte findet mit Ausnahme der Erntezeit im­mer und an allen Orten Statt, und muss sofort eintreten, wenn sich ein ver­dächtiger Krankheitsfall zeigt. Sie gilt für Menschen, Vieh und Sachen. Eine Ausnahme bilden bloss die mit Tilgung der Seuche beschäftigten Personen, sowie Geistliche, Aerzte und Hebammen , wenn deren Anwesenheil; auf dem Gehöfte nothwendig wird.
b)nbsp; nbsp;Die Ortssperre ist nach Unterschied eine absolute oder eine re­lative.
raquo; Die absolute findet allemal Statt, wenn in solchen Ortschaften, in wel­chen sich weniger als 20 viehhaltende Einwohner befinden, 3 Stellen ergriffen werden. Dasselbe geschieht, wenn- bei 20—30 rindviehhaltenden Gehöften 4, und bei mehreren 5 befallen werden.
Bios grosse Residenz- und Handelsstädte werden nur relativ gesperrt.
Die absolute nmfasst die ganze Feldmark, mit Einschluss der Quaran­tainestalle und des Verscharrplatzes. Sie gilt wie für Vieh, so für Menschen und Sachen, und muss so perfect sein, als wenn der betreffende Ort vom Erdboden ausgeschlossen wäre. Alle Passage über den so gesperrten Ort hört auf; Wege and Posten sind zu verlegen.
Relative Sperre findet in allen übrigen Fällen Statt, und besteht, in ei­ner Bewachung des Ortes, welche zum Zwecke hat, dass weder Vieh noch giftfangende Sachen und ebensowenig Menschen herauskommen, welche ir­gend mit dem Rindvieh Verkehr gehabt haben.
Menschen, welche keinen Verkehr mit dem Viehe haben, müssen diess durch ein Zeugniss des bestellten Aufsehers nachweisen.
sect;. 17. Die Sperre geschieht durch zuverlässige Wärter, welche selbst
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Rinderpest.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;555
in gar keinen Verkehr mit den abgesperrten Localien und ihrem Inhalte tre­ten dürfen.
Bei irgend gegebenem Bedürfnisse ist zur Sicherung der Sperre raili-tairischer Beistand bei der Königl. Regierung zu requiriren.
sect;. 18. Alle deiwabgesperrten Eingesessenen, Wärtern u. s. w. zu rei­chenden Nahrungsraitiel, Viehfutter, Kleidungsstücke u. s. w., müssen ;n ei­ner Entfernung von mindestens 100 Schritten von den abgesperrten Localien von den Wächtern niedergelegt, und nach Entfernung derselben von den Ab­gesperrten abgeholt werden.
sect;. 19. Auch die umliegenden Ortschaften müssen sich durch auszu­stellende Wachen gegen den verbotenen Eingang von Vieh. giftfangendea Sachen und Menschen schützen.
sect;. 20. Jeglicher Verkehr zwischen krankem und gesundem Viehe, zwi­schen Menschen und Sachen, welche damit in Berührung kamen, ist verbo­ten. Dies gilt sowohl für den Verkehr im Orte, als auch nach auswärts. Es gilt ganz besonders für alle Wärter und Revisoren, sowie für alle Perso­nen, welche mit Vieh, Fleisch, Talg, Häuten, Hörnern, Haaren u. s. w. Han­del treiben.
sect;. 21. Alle Viehrriärkte hören in inficirten Orten und 3 Meilen im Um­kreise auf.
sect;. 22. In inficirten Orten hört auch jeder Kram-, Woll- und Wochen­markt auf.
sect;. 23. Jeder Handel mit Vieh und Rauchiutter aus einem inficirten Orte nach auswärts ist unbedingt verboten.
sect;. 24. Jeder Handel mit Vieh und Rauohfutter im inficirten Orte selbst oder in der Umgegend auf 3 Meilen Enternung hört der Regel nach eben­falls auf.
Nur zum nothwendigen und als nothwendig attestirten Besatz der Höfe, sowie zum Schlachten kann unter strenger Controlc der Polizeibehör­den ein solcher, unter den nicht inficirten Gehöften des Ortes, ausnahms­weise stattfinden, und ebenso unter den Gehöften des Rayons auf Entfernung von 3 Meilen.
sect;. 25. Diese Viehmarkts- und Handelsbeschränkung dauert bis 2 Mo­nate nach dem Aufhören der Seuche, und selbst in den folgenden 2 Monaten ist Viehhandel nur unter landräthlicher Erlaubniss zulässig.
Selbstredend ist Wiederbesatz der geleerten Höfe auch vor Ablauf die­ser Periode nicht zulässig.
sect;. 26. Das über den Krankenställen gelegene Futter darf nur für Pferde und Schafvieh *) benutzt werden.
sect;. 27. Im inficirten Orte, sowie in der Umgegend auf 3 Meilen Ent­fernung, sind alle Hunde anzulegen, Katzen und Federvieh einzusperren.
sect;. 28. Gesinde darf den Dienst vor vollendeter und bescheinigter Des-infection nicht verlassen, wenn das Gehöfte, auf welchem es diente, infi-cirt war.
S- 29.
a)nbsp; Wenn das gesunde Vieh aus Mangel an Gelegenheit aus dem infi­cirten Stalle nicht entfernt werden konnte, so muss der Mist zweimal täglich ausgetragen und 2 Fuss tief im Garten oder hinter dem Gehöfte vergraben werden.
Dies gilt auch für die Quarantaineställe.
b)nbsp; Auch aus nicht inficirten Ställen muss zweimal wöchentlich der Mißt ausgeworfen werden.
*) Es ist jetzt erwiesen, dass auch bei Schafen eine mit der Rinderpest identische Krankheit vorkommt.
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556nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Constitntionelle Krankheiten.
c)nbsp; nbsp;Mist, Blut, Schleim u. s. w., welche einem kranken Thiere besonders auch während seines Ganges zum Q.uarantainestalle abfallen, müssen vergra­ben werden.
d)nbsp; nbsp;Alle Abflüsse aus einem inficirten Stalle sind bei dem ersten An­fange der Seuche ir eine besondere, hinreichend tiefe Senkgrube zu leiten.
e)nbsp; nbsp;Menschen, welche nolhwendig mit krankem Viehe zu thun hatten, müssen ihre Personen reinigen, ihre Kleider wechseln und sich vor allem Verkehre mit gesundem Viehe und den Besitzern desselben hüten.
sect;. 30. Alle vorgeschriebenen Massregeln dauern, insoferne nicht bei einzelnen derselben eine längere Dauer vorgeschrieben ist, bis 4 Wochen nach dem letzten Krankheitsfalle.
sect;. 32. Ausser dem schon genannten Revisor des gesunden Viehes, dem Leiter des kranken Viehes, Wärtern und Tödtern desselben wird noch ein Revisor beim kranken Viehe bestellt, welcher die nächste Verpflichtung hat, Alles anzuordnen resp. auszuführen, welches den Contact mit krankem Viehe erforderlich macht. Er muss namentlich die Gehöfte, auf denen die Krankheit sich zeigte, zweimal täglich revidiren , die neuen Krankheitsmel­dungen entgegen nehmen, für Isoliren, Abführen. Tödten und Verscharren, für Sperre, Desinficiren u. s. w. sorgen, und von Allem Meldung machen.
sect;. 33. Der zu bestellende Ortsaufseher hat Alles zunächst zu über­wachen, Tagebuch zu führen und Bericht zu erstatten. gEs kann hierzu der Polizeivorstand des Ortes ernannt werden.
sect;. 34. Alle diese Personen müssen vom Landrathe mit einer speciel-len Instruction versehen und auf deren Befolgung vereidet werden.
sect;. 35. Die obere Direction steht — erforderlichen Falles unter Zuzie­hung der Kreisphysiker und Kreisthierärzte — dem königlichen Landrathe zu, welcher der Regierung von jeder neuen Eruption, deren Constatirung, Ausdehnung und den thatsächlich zur Anwendung gekommenen Massregeln allemal sofort Kenntniss zu geben hat.
In längstens 14tügigen Fristen, wenn die Seuche aber besonders heftig ist, mindestens alle 8 Tage, ist der Regierung ferner Bericht über den Ver­lauf, die Zahl der befallenen, gefallenen und getödteten Stücke, die ergriffe­nen Massregeln, etwaige Hindernisse u. s. w. zu1 erstatten.
sect;. 36. Alles Curiren an dem erkrankten Viehe ist strengstens unter­sagt.
sect;. 37. Dasselbe gilt von allem Empfehlen und öffentllichen Ankündi­gungen von Heilmitteln.
sect;. 38. Die durch Uebertretung der gesetzlichen Vorschriften verwirk­ten, im Viehsterbepatente ausgesprochenen Strafen sind sehr streng, quot;und steigen nicht selten bis zu vieljähriger Zuchthausstrafe hinan.
sect;. 39. Dieser Auszug aber ist in den inficirten Ortschaften und in ih­rer Umgebung bis auf 3 Meilen, in den Krügen und an den Kirchthüren an­zuschlagen ; auch allen Personen ein Exemplar einzuhändigen, welche dabei interessirt sind.
Anhang. Desinfectionsverfahren bei der Rinderpest.
sect;. 1. Die Desinfection umfasst Alles, welches irgend mit dem An-steckungsstoffo der Rinderpest im Verkehre gekommen sein könnte; Perso­nen, Kleidungsstücke, Ställe, Höfe, Verscharre- und Quarantaineplätze, Ge-räthe und Gefässe.
sect;. 2. Die Desinfection der Personen, ihrer Kleidungsstücke, Sachen n. s w. findet nicht blos zum Schlüsse der Seuche, sondern auch möglichst oft während der Dauer derselben Statt.
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Rinderpest.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;557
sect;. 3. Mit der Dauer der bis dahin geschlossenen Lokalien kan.i jedoch erst 14 T^ige nach dem letzten Krankheitsfälle der Anfang gemacht werden, wenn noch gesundes Vieh auf dem Gehöfte übrig geblieben ist.
Es kann jedoch diestt Frist auf 8 Tage herabsinken, wenn Ort und Gelegenheit solche Veranstaltungen gestatten, dass das noch vorhandene Rindvieh vollkommen gesichert ist.
Immer aber ist in dem inficirten Stalle , sobald er geleert ist, schon eine kräftige Chlorräucherung vorlüuüg zu veranstalteu.
, sect;. 4. Alles, was keinen besonderen Weith hat, ist am besten ganz zu vertilgen, und muss sehr empfohlen werden, hierin nicht ängstlich zu sein.
Das Vertilgen geschieht nach Umständen durch Feuer oder sehr tiefes Vergraben.
sect; 5. Es ist nothwendig, in der Nähe der inficirten Lokalien alleraal eine kleine Desinfectiunsstube herzustellen, in welcher die erforderlichen Chlor-räucherungen vorgenommen werden können.
sect;. 6. Es muss überall ein besonderer Desinfector bestellt werden, wel­cher die unmittelbare Veraatwortlichkeit für Vollständigkeit und Vollkommen­heit der Desinfection hat.
Es wird hierzu am besten ein Thierarzt, oder ein Heildiener, oder der Aufseher für das kranke Vieh genommen.
sect;. 7. Ueber jede vollkommen vollendete Schlussdesinfection ist ein schriftlicher Bericht vom Desinfector zu erstatten.
sect;. 8. Personen müssen sich:
a)nbsp; nbsp;während 1Ü Minuten einer massigen Chlorluft aussetzen,
b)nbsp; die Kleider wechseln,
c)nbsp; nbsp;ihre Personen gründlich mit Seife abwaschen. sect;. 9.
a)nbsp; nbsp;Alle Kleidungsstücke derselben werden zunächst der Einwirkung des Chlors ausgesetzt.
b)nbsp; Alles, was irgend waschbar ist, wird eingesteckt und mit Lauge gewaschen.
Hierher gehört alles Leinen- und Baumwollenzeug.
c)nbsp; Alles wollene Zeug, Pelze u. s. w., wird demnächst einer stärkereu Chlorräucherung, und später einer erhöhten Temperatur ausgesetzt, dann aber an einem geeigneten Orte auf Stangen aus einander gehangen und min­destens 8 Tage gelüftet.
d)nbsp; Schuhe und Stiefel, auch Stöcke erheischen ein ganz besonderes Augenmerk, indem Koth und Mist, die gewöhnlichsten Träger des Ansteckungs­stoffes, ihnen anhängen. Sie müssen daher, falls sie erhalten bleiben sollen, mit besonderer Sorglalt mit scharfer Lauge abgewaschen und 24 Stunden hindurch starker Chlorräucherung unterworfen werden.
sect;. 10.
a)nbsp; nbsp;Wenn in den inficirten .Ställen noch Mist oder sonstiger Unrath ist, so wird derselbe demnächst 2 Fuss tief an einem abgelegenen Orte ver­graben.
b)nbsp; nbsp;Der Fussboden wird aufgenommen. War er von Holz , so wird er verbrannt; war er von Steinen, so weiden solche abgespült und bleiben 4 Wochen lang im Freien liegen.
c)nbsp; nbsp;Die Erde wird 2 Fuss tief ausgegraben, und mit selber, wie mit dem Mist vorgeschrieben, verfahren.
d)nbsp; nbsp;Krippen von Raufen von Holz, etwa lose Bretter und dergleichen werthlose Sachen, desgleichen die von den kranken Thieren benutzten Ge-fässe (Trink- und Milcheimer), Geräthschaften, Stricke u. s. w. werden ver­brannt.
e)nbsp; Alles üebrige, sowie auch das Holzwerk im Stalle (Pfosten, ßal-kent Fenster u. s, w.), welches dem Verbrennen nicht unterzogen werden
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558nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Constitutionelle Krankheiten.
konnte, wird mit scharfer Lauge abgewaschen, und während 14 Tagen dem Durchströmen der freien Luft ausgesetzt.
1) Steinerne Wände werden ebenfalls abgewaschen; Lehmwände aber dick abgekratzt und neu mit Lehm und Kalk überzogen.
g) Zum Schlüsse wird nochmals eine energische Durchräucherung mit Chlor 21 Stunden hindurch angewandt, und dann der leere Stall dem Durch­streichen der Zugluft bis zum Ablaufe der gesetzlichen Frist ausgesetzt.
h) Die Quarantaineställe werden der Regel nach auf der Stelle ver­brannt.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ;
Wenn noch Mist oder sonstiger Unrath in anderen Ställen oder in der Düngergrube des inficirten Gehöftes ist, so wird derselbe demnächst mit Pfer­den aufs Feld gefahren, unlergepflügt, oder wenn dies augenblicklich nicht möglich ist. auseinandergestreut.
Ein Arbeiter muss hinter dem Wagen gehen und alles etwa Herunter­fallende gleich wieder aufladen.
Pferd und Arbeiter dürfen nicht in Verkehr mit Rindvieh treten. Letz­tere müssen nach vollbrachtem Geschäfte desinficirfc, erstere geschwemmt werden.
Rindvieh darf das Feld während 4 Wochen nicht betreten.
sect; 11. Der Karren (Schleife, Wagen), auf welchem gefallenes oder getödtetes Vieh zum Verscharrplatze geführt wurde, wird mit dem benutzten Geschirre verbrannt.
Düngerwagen sind der Regel nach ebenso zu behandeln, und ist daher zweckmässig, zum Abführen des Mistes denselben Karren zu benutzen.
Wenn das nicht'geschah, und der benutzte Wagen erhalten bleiben soll, so muss er mit ganz besonderer Vorsicht mit heisser Lauge abgewa­schen, und längere Zeit der freien Luft ausgesetzt werden.
Eine ganz besondere Aufmerksamkeit ist auch den Mistgabeln, Hacken zuzuwenden, und sind dieselben auszuglühen.
sect;. 12. Die auf dem Hole etwa angelegte Senkgrube muss mit Erde ausgefüllt und mit Steinen übermauert werden.
sect;. 13. Die Verscharre- und Quarantaineplätze sind mit Graben und Zaun zu umgeben, und mit einem Steinpflaster zu belegen, welches 2 Jahre lang unterhalten werden muss.
sect;. 14. Die einfachste und leichteste Art der Chlorentwickelung besteht darin, wenn man 4 Loth Chlorkalk auf einem porcellanenen Schälchen mit eben so viel verdünnter Schwefelsäure übergiesst.
Eine solche Schale reicht für etwa 100 Cubikfuss Raum aus, welcher desinficirt werden soll.
Noch weniger kostspielig sind die sogenannten Guyton - Morveau'schen Chlorräuchemngen. Man nimmt dann ein Gemisch von 2 Theilen Braunstein und 3 Theilen Kochsalz, und übergiesst sie ebenfalls mit gleicher Quantität verdünnter Schwefelsäure.
Die zur Abwendung der Rinderpest weiter erlassenen Verordnungen ent­halten im Wesentlichen Folgendes:
Allerhöchste Verordnung vom 27. März 1836.
sect;. 1. Steppenvieh darf nur an den mit Quarantaine-Anstalten versehe­nen Einlassorten über die Landesgrenzen in die östlichen Provinzen gebracht werden und muss 21 Tage in der Quarantaine verbleiben. Wird dasselbe im Lande betroffen, ohne mit dem Quarantainezeichen versehen zu sein, so muss es angehalten und 21 Tage lang ausserhalb des Ortes, wo es betroffen wurde, beobachtet werden, wenn der Eigenthümer nicht nachweisen kann, dass das Vieh bereits mindestens seit 3 Monaten im Lande gewesea ist.
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Rinderpest.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;559
sect;. 2. Ist in dem benachbarten Auslande die Rinderpest ausgetrochen, so darf aus demselben
a)kein Rind irgend einer Art, ohne dass dasselbe an den da^u be­stimmten Einlasspunktcu 21 Tage in der Quarantaine war, eingeführt werden;
b)nbsp; nbsp;Schwarz- und Wollouvieh ist am Einlassorte durch Schwemmung oder Wäsche sorgfältig zu reinigen;
c)nbsp; nbsp;Rinderhäute dürfen nur, wenn sie völlig hart und ausgetrockriet. Hörner nur, wenn sie von den Stirnzapfen und allem möglichen Anhange befreit sind, unbearbeitete Wolle und thierische Haare (excl. Borsten) düden nur in Säcken oder Ballen verpackt über die Landesgrenze eingehen;
d)nbsp; nbsp;geschmolzenes Talg kann nur in Fassern zugelassen werden, und das sogenannte Wampentalg passirt nur, wenn die häutigen Emballagen an der Grenze vom Talg getrennt und vernichtet worden sind;
e)nbsp; nbsp;ungeschmolzenes Talg und Irisches Fleisch werden zurückgewiesen;
f)nbsp; nbsp;sämmtliche unter a — d. aufgerührte Gegenstände dürfen nur über bestimmte Einlasspunkte eingehen.
sect;. 3. Hat sich die Rinderpest im Auslande der Grenze bis auf 3 Mei­len Entfernung genähert, so dürfen
a)nbsp; nbsp;Hornvieh, Schafe, Schweine, Ziegen, Hunde und Federvieh, Thier-häute, Hörner und ungeschmolzenes Talg, Rindfleisch, Dünger, Rauchfutter und gebrauchte Stallgeräthe jeder Art gar nicht zugelassen werden;
b)nbsp; nbsp;ebenso unbearbeitete Wolle, trockene Häute und thierische Haare, wenn dieselben muthmasslich ans inficirten Orten herstammen: auch sind
c)nbsp; nur solche Persorjen ohne Weiteres einzulassen, welche muthmass­lich in gar keinem inficirten One gewesen, oder doch daselbst mit dem in­ficirten Rindviehe nicht in Berührung gekommen sind.
Diese Massregeln können auch dann schon in Anwendung gebracht werden, wenn sich die Seuche im Auslandc der Grenze erst, auf 5 Meilen Entfernung genähert hat. So namentlich an Orten, wo ein reger und be­schleunigter Verkehr zwischen dem In- und Auslande stattfindet.
sect;. 4. Bricht die Seuche hart an der Grenze im Auslande aus, so tritt eine vollständige Sperre ein.
Ministerial-Verfügung vom 14. August 1850.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;
sect;. 1. Herrscht im Auslande die Rinderpest in der Nähe der Laudes­grenze, so müssen die gegen die bestehenden Vorschriften eingebrachten Viehstücke sofort getödtet und verscharrt, und die leblosen Gegenstände verbrannt werden.
sect;. 2. Die in Gemässheit des sect;. 1. angehaltenen Viehstücke und Ge­genstände müssen an dem Orte der Beschlagnahme, aber entfernt von der Landstrasse cernirt werden bis zum Einschreiten der Polizeibehörde, welche sofort von der geschehenen Bescl.'agnahrae zu benachrichtigen ist.
Aphthenseuche.
Maul- und Klauenseuche, Elasenfieber, Blasenseuche, epizootische
Blasenkrankheit, Febris aphtosa, bullosa, contagiosa. Bullae epi-
zooticae. Aphthae epizooticae.
sect;. 20. Man versteht unter dieser Bezeichnung eine bei allen un­seren Hausthieren einschliesslich des Hausgeflügels vorkommende
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560nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Constitutionelle^Krankheiten.
Krankheitsf'orm, die sich durch die Bildung von Blasen im Maule, auf deu Fussenden, in den Augen und beim Rinde auch auf dem Eu­ter kennzeichnet, contagiös ist und meist eine epizootische Ausbrei­tung erlangt. In ihrer Form als Klauenseuche sucht sie meist Thiere mit gespaltenem Hufe heim, doch leider auch Pferde, Gänse, Hühner an den Fussenden, und tritt sie in dieser Form auch bei dem Wilde (dem Schwein- und Hirschgeschlechte), sowie beim Kameele und Dromedar auf.
Die Krankheit gestaltet sich ihren wesentlichen Zufällen nach bei allen unseren Hausthieren zwar auf gleiche Weise, doch bietet sie nach Art der Hausthiere einige Modificationen, welche Berück­sichtigung verdienen, da sie nicht ganz ohne practisch-therapeu­tische Bedeutung sind.
Aetiologie. Die Aphthenseuche verdankt miasmatischen Einflüssen ihr Entstehen und pflanzt sich einmal hervorgebracht, durch Ansteckung weiter. Dass ein Miasma beim Entstehen der Krankheit wirksam sei, spricht sich durch die Art der Verbreitung derselben aus, dass sie nämlich unter den verschiedensten Aussen-einflüssen und Localitätsverhältnissen auftritt. Die Natur des Miasmas ist nicht näher bekannt. Die Aphthenseuche ist an kei­nem Orte in Stätigkeit gebunden, sondern eine zu gewissen Zeiten da und dort herrschende epizootische Krankheit, die einmal auf miasmatischem Wege erzeugt, die Fähigkeit besitzt, sich durch Ansteckung weiter zu verbreiten, resp. auf andere gesunde Thiere zu übergehen. Das Aphtbencontagium scheint mehr fixer Natur zu sein und hat gleich dem Milzbrandcontagium die Eigenschaft, dass es seine Wirkung nicht auf die gleiche Thiergattung beschränkt, sondern auch auf Thiere anderer Gattung übertragbar ist. Die Uebertragung erfolgt meistentheils durch Berührung, also unmittel­bar ; doch annehmen zu wollen, dass sie durch Zwischenträger nur dann erfolge, wenn das Contagium an denselben in Substanz (als Geifer oder Aphtenflüssigkeit) hafte, ist nicht zulässig und wider­spricht vielen gegeutheiligen Beobachtungen. Am ehesten wird die Uebertragung durch Futter und dadurch, dass Thiere Wege und Weiden passiren, wo Klauenkranke gewesen, sowie durch den Begattun^sact vermittelt.
Der Ausbruch der Krankheit nach stattgefundener Infection erfolgt sehr bald, und verhält es sich in dieser Beziehung analog dem Milzbrandcontagium, wie denn überhaupt die Aphtenseuche in gewisser Hinsicht zum Milzbrande in Berührung steht, indem selbe entweder gleichzeitig mit dem Milzbrande auftritt oder die­sem vorangeht.
Das Contagium der quot;Aphtenseuche besitzt Propagationsfähig-keit und erlischt durch einmalige Uebertragung nicht, selbst wenn es eine andere Thiergattung betrifft. Auch tilgt es die Empfänglich­keit im Thiere nicht, wie dies bei der Rinderpest und den Pocken z. B. der Fall ist, sondern es vermögen die durchgeseuchten Thiere zum zweiten Male wieder die Aphthenseuche zu bekommen. Wohl
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Aphthenseuche.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;561
aber hat sich herausgestellt, dass die Empfänglichkeit durch das einmalige Ueberstehen der Krankheit sehr geschwächt und, wenn auch nicht dauernd, so doch auf einige Zeit getilgt werde, und dass dann die Krankheit weniger die das erste Mal ergriffeneu Stellen einnimmt.
Seine Erhaltungsfähigkeit scheint übrigens keine grosse und namentlich im Verhältnisse zum Milzbrande nur eine geringe zu sein. Es dürfte dies durch die grüssere Abhängigkeit von den miasmatischen Einflüssen zu erklären sein.
Die Aphthenseuche hat wie jede miasmatisch - contagiöse Krankheit ihren bestimmten Scuchengang und zwar in der Rich­tung von Osten gegen Westen. Gewöhnlich sind es auch hier Treibheerdeii, durch welche die Krankheit verschleppt wird, am meisten beschuldigt man iu dieser Beziehung Schweine. Nicht immer tritt die Kranklieit mit gleicher Bösartigkeit auf, und es lässt sich nicht in Abrede stellen, dass Jahreszeit, Witterung, Beschafien-heit der Wege, Verfütterung, auf ihren Charakter grossen Einfluss übt; die Seuche geht manchmal ohne Nachkrankheiten vorüber, iu anderen Fällen hinterlässt sie namentlich bei Schafen stationäre Klauenübcl. Bei allgemeiner Verbreitung der Seuche sieht man auch das Wild und Geflügel erkranken. Die Weiterverbreitung der Aphthenseuche erfolgt oft unglaublich schnell und überflügelt in dieser Beziehung beinahe den Milzbrand.
Erscheinungen. Dem Ausbruche der Maul- und Klauen­seuche gehen gewöhnlich Fieberscheinuugen voraus, sie bestehen iu kurz vorübergeheudem Frösteln mit nachfolgender erhöhter Körperwärme, wobei die Schleimhäute (und bei Schweinen der Rüssel) höher geröthet und das Innere des Maules vermehrt warm erscheinen, auch ist das letztere schleimreicher als sonst, wenn sich die Krankheit vorzugsweise im Maule localisirt; die Thiere zeigen verminderte Fresslust, vermehrten Durst, sind träge und schwer beweglich. Die Kothentleerung ist verzögert, der Koth selbst ist trocken; bei Wiederkäuern zeigt sich massige Flatulenz, bei Ziegen der Kopf geschwollen. Die Augen sind geröthet, die Haut trocken.
Erkranken ffie Thiere gleichzeitig au Maul- und Klauen­seuche, so pflegt schon unter den Prodromalerscheinungen ein auffallend gespannter Gang sich einzustellen.
Nachdem diese Symptome 1 bis 2 Tage gedauert haben, stellt sich starkes Geifern aus dem Maule ein, die Thiere öffnen schnalzend das Maul und schliesseu es wieder. Au den Lippen, dem Rüssel, der Maulschleimhaut und der Zunge sieht man die Oberhaut stellenweise geschwellt und von der unterliegenden ge­trennt, bald darauf tritt an allen diesen Stellen deutliche Blasen­bildung auf. Die Blasen von'der Grosse einer Erbse bis zu der einer Wallnuss enthalten eine klebrige, gelbliche, lymphartige Flüssigkeit, öffnen sich nach Verlauf von 10 — 12 Stunden in der Regel von selbst und die ausfliessende Lymphe fliesst zu beiden
Kraus, Palh. u. Tbciap. dur Uaussäugelhiere.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ob
,
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562nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Gonstitutionelle Krankheiten.
Seiten des Maules herab. Zuweilen kommt es nicht zu deutlicher Blasenbildung, sondern es löst sich die Oberhaut gleich ab. Letz­teres ist bei Schafen sogar das Gewöhnlichere, wie denn bei diesen Tbieren der Sitz mehr auf den zahnlosen Rand des Ober­kiefers beschränkt bleibt. Die Blasen sind bald in grösserer, bald in geringerer Anzahl vorhanden; im ersteren Falle pflegen sie kleiner, im letzteren Falle grosser zu sein; mitunter findet sich sogar nur eine, dann aber sehr grosse Blase vor, was sich nicht selten bei Schweinen ereignet, wo sie dann gerade die Spitze des Rüssels einnimmt. Bei Pferden pflegt der Ausschlag verhält-nissmässig immer reichlicher zu sein und nicht selten über die Seitentheile der Lippen, den Vorderkopf hin sich zu erstrecken.
Gleichzeitig mit der Erhebung der Oberhaut am und im Maule und der Blasenbildung daselbst, entstehen auch an den Fussenden, auf der Krone, den Ballen und in der Klauenspalte gleiche Blasen welche wegen ihrer Kleinheit oft übersehen werden.
Werden diese Blasen an den Füssen durch die Bewegung aufgerieben, so entstehen wunde, braunrothe, geschwollene, näs­sende, schmerzhafte Stellen, und da, wo die Oberhaut vollends abgestossen wird, jauchende Geschwüre. Selbstverständlich sind die Thiere auf den befallenen Füssen lahm.
Nicht immer treten die Maul- und Klauenseuche miteinan­der auf, oft ist bloss eine oder die andere Krankheit zugegen, wo denn das gesonderte örtliche Leiden heftiger aufzutreten pflegt, daher denn auch als Regel gilt, dass je stärker das Leiden an den Füssen ist, desto geringer die Erscheinungen am Maule auf­treten und umgekehrt.
Bei Pferden ist die Maulseuche in der Regel häufiger und heftiger, hingegen die Klauenseuche vorzugsweise bei Schafen vorkömmt.
Bei Pferden ist der Krankheitsverlauf gewöhnlich 7 Tage lang, kann sich jedoch, wenn die Bläschenbildung nur langsam er­folgt, auch auf 2 — 3 Wochen erstrecken. Bei Pferden pflegt sich manchmal die innere Fläche der Lippen und Wangen, das Zahnfleisch, die obere Fläche und die Seitenränder der Zunge mit ziemlich dicken Exsudatschichten zu bedecken, die oft zusammen-flicssen, mit einem rothen Hofe umgeben sind und mit der unten liegenden wunden und blutenden Schleimhaut zusammenhängen. Man nennt diesen Zustand diphteritisches oder croupöses Maulwoh.
Bei säugenden Mutterkühen, insbesondere Milchkühen tritt gleichzeitig auch ein Bläschenausschlag am Euter auf. Die Blasen sind länglich und mit einer klaren Lymphsect; gefüllt.
In diesen Fällen erleidet die Milch eine namhaftere Veränderung als in jenen Fällen, wo der Ausschlag am Euter vennisst wird, solche Milch ge­rinnt sehr bald und besitzt häutig ein gelbliches colostrumähnliches Aussehen.
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Aphthenseuche.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;563
Bei hochgradige!' Krankheit erscheint dieselbe wie ein Gemenge aus Molken und schleimigen Fasern und gerinnt beim Kochen zu laserigen Klumpen.
Solche Blasen finden sich zuweilen auch auf der Schleimhaut der Scheide und bei männlichen Thieren (Hammeln) auch am Präputium.
Nach Spinola leidet nicht selten auch die Conjunctiva des Auges, wo die Blasen theils an den Augenlidrändern in reichlicher Anzahl, ähnlich einer Perlenschnur, zusammengereiht sich finden, zum Theil auch auf der Cornea vorkommen. Am crsteren Orte, und häufig auch zugleich im Gesichte, sind sie namentlich bei Pferden beobachtet. Beim Rindviehe (und bei Hunden) ist der Sitz gewöhnlicher auf die Cornea beschränkt und meistens gelangt hier nur eine Blase (Phlyktäne) zur Entwickelung. In Folge da­von erscheint die ganze Cornea verdunkelt, wie mit einem bläu­lichen Felle überzogen, in welchem sich viele mit Blut angefüllte Gefässe bis zu der Basis der Blase hinschlängeln. Mitunter er­scheint das ganze Auge wie blutig und stets ist die Cornea mehr oder weniger konisch hervorgehoben. Die Thiere sehen mit den leidenden Augen nicht mehr oder doch nur sehr schwach. Nicht selten ereignet es sich (und zwar beim Rindviehe), dass die Aphthen, wo nicht ausschliesslich so doch vorzugsweise (nur an einem Auge) vorkommen. In diesem Falle gestaltet sich die Aph­thenseuche zu jener Krankheit, die man mit dem Namen epizoo-tischc Augeuentzündung, Augenseuche, Augenstaupe (Ophthalmia s. Conjunctivitis epizootica) bezeichnet hat. Auch bei Pferden ist Aehnliches beobachtet worden. Neben Aphthen an den Nasenöttuungen wurde auch die Conjunctiva vorzugsweise, die Cornea aber mehr consensuell, unter bedeutender Anschwel­lung der Augenlider, ergriffen. Wenn die Bläschen auch zu­meist auf die Augenlidränder sich beschränkten, so kamen deren doch in vielen Fällen auch auf der Cornea vor, veranlassten hier Geschwürchen, welche unter Bildung von Narben heilten, in man­chen Fällen aber auch zu bleibenden Verdunkelungen der Cornea führten *).
Bleibende Blindheit inraquo;Folge dieser epizootischen Augeuent­zündung wurde nur in seltenen Fällen beobachtet, und kömmt meist nur bei unzweckmässiger Behandlung vor.
An den Klauen verursacht das Platzen der Blasen, wenn sie reichlicher vorhanden sind, und dicht am Hornsaume sitzen, ge­wöhnlich Abtrennung des Saumbandes und hierdurch auch leicht theilweise Abtrennung der Klaue selbst. Dies erfolgt besonders gerne an den Ballen und namentlich dann, wenn die Klauen lang hervorgewachsen sind. Wird den Kranken jedoch die nöthige
Von anderen Autoren wird dieses Augenleiden uamuatlich bei Pferden als catarrhalische Augenentziindung aufget'asst. Spinola reiht sie je­doch den Aphthen ein.
36 *
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564nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Constitutionelle Krankheiten.
Ruhe gelassen, so sind die Abtrennungen nur unbedeutend. Die nässenden, wunden Stellen an den Füssen trocknen in einigen Tagen ab und bedecken sich mit einer neuen Oberhaut, wie dies auch gleichzeitig mit jenen am und im Maule geschieht.
In 8—14 Tagen ist die Krankheit überstanden.
Der Verlauf der Aphthenseuche ist im Allgemeinen ein gün­stiger und dauert 8—14 Tage. Manchmal jedoch tritt die Krank­heit mit stärker entzündlichen Erscheinungen auf, die Zunge und Schleimwerkzeuge können ergritten werden, die Thiere sind in der Nahrungszufuhr bedeutend behindert, magern ungemein rasch ab und brauchen zu ihrer vollständigen Erholung sehr lange Zeit. In den Klauen tritt manchmal auch Eiterbildung ein, es kommt zu Klauenabscessen, welche sich öttuen und zur Geschwürsbildung ftihren (Klauenwurra der Schafe). Solche Geschwüre können Caries und Necrose des Huf- und Kronenbeines zur Folge haben. In weiterem Verlaufe kann es selbst, wenn die Bänder und Gelenke ergriffen werden, zum Ablösen der Hornkapsel (Ausschuhen) kommen.
Manchmal erscheint die Krankheit mit den Zufällen des Faul­fiebers ; dann hat das örtliche Leiden Neigung zum brandigen Zer­fall. Als Folgekrankheit der Maul- und Klauenseuche beobachtet man nicht selten bei Rindern und Schafen, besonders dort, wo es zum Ablösen der Hornkapsel kam, Erlahmung; es ist dies ein Zu­stand, der besonders bei Schafen vorkömmt, und den man mit dem Namen chronische Klauenseuche, Hinke, bösartige Klauenseuche, und weil man namentlich bei feinen spanischen Schafen die Krank­heit oft auftreten sah, spanische Klauenseuche nennt.
Behandlung. In den meisten Fällen reicht man bei der Gutartigkeit des Leidens mit einem passenden diätetischen Ver­fahren aus, Ruhe, reinlicher, kühler Aufenthaltsort, weiches Lager, weiches Futter und kühlendes säuerliches Getränk sind notwen­dig, um bösartigen Zufällen vorzubeugen.
Bei lebhafteren Zufällen eines entzündlichen Fiebers wird man innerlich in massigen Gaben den Salpeter und das Glaubersalz mit einem schleimigen Mittel, mit Mehltrank oder mit Lindenblütheuthee, bei torpiderem Charakter Salmiak, Glaubersalz, Schwefel mit Heide­kraut- oder Wermuththee oder mit Wachholderbeeren, örtlich das Reinigen des Maules mit gesäuertem Mehlwasser, und wenn die Blasen sich geöffnet haben, und namentlich wenn ein fauliger Ge­ruch aus dem Maule kommt, mit einem Salbeiinfusum mit Zusatz von Essig, oder von wenig Schwefel- oder Salzsäure mit Honig anwenden müssen.
Bei Schweinen ist die Anwendung eines Brechmittels ange­zeigt, allein die Anwendung von Manlwässern kaum durchführbar. Tiefer greifende Geschwüre werden mit Kalkwasser gereinigt; bei der croupösen Form des Maulwehes der Pferde kann man die Geschwüre mit einer Lösung von salpetersaurem Silber (8—10 Gr. auf 1 Loth Wasser) touchiren.
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Aphthenseuche.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 565
Die Maulwässer werden am besten in der Weise angewendet, dass dieselben den Thieren (Pierden und Rindern) mittelst einer Spritze in das Maul gespritzt werden, wobei die Spritze neben den Backenzähnen und den Backen in die Manlliöhle geführt wird, oder dass man sich, in Ermangelung einer Spritze, einer Flasche bedient.
Auch bei der Behandlung der Klauenseuche beobachte man ein mehr indifferentes Verfahren. Reine Stallung, weiche Streu sind dringend angezeigt. Der Austrieb der Thiere ist schädlich, in veterinär-polizeilicher Beziehung auch durchaus nicht gestattet.
Auf die entzündeten Klauen sind Umschläge mit Fluss­wasser, Abkochungen zertheilender Kräuter mit Essig, Ein­schlagen der Klauen in mit Essig geknetetem Thone anzuempfeh­len. Die nach dem Platzen der Blasen zurückbleibenden Ge­schwüre behandle man mit adstringirenden Auflösungen von Blei, Alaun oder Kupfervitriol. Andere üble Geschwüre oder in Folge dieser aufgetretenen Zustände sind nach den Regeln der Chirurgie zu behandeln.
Bei Lostrennungen einzelner Partieen des Hornschuhes sind dieselben wegzunehmen. Den in den Klauenschuhen, in den Flech­senscheiden oder in den Gelenken angehäuften Eiter entleert man aber baldmöglichst. Die geschwürigen Stellen in den Klauen, in denen sieh bei grosser Hitze Maden erzeugen, verbindet man mit Terpentin- oder Hirschhornöl.
Den Ausschlag am Euter behandelt man durch sehleimige lauwarme Bähungen z. B. von Hafergrütze, Bestreichen der Schorf­chen mit ungesalzener Butter, Betupfen eiternder Stellen mit einem Linimeute von Leiuöl und Kalkwasser.
Als Präscrvativniittel hat man die künstliche Impfung em­pfohlen. Wenngleich dieselbe nicht so grossen Vortheil zu ge­währen vermag, als die Impfung der Schafpocken, so hat sie doch den Nutzen, dass sie die Seuche zu verkürzen, auch in gewisser Hinsicht der Krankheit selbst zu mildern im Stande ist, indem mau die Impfung unter angemessenen Ausseneinflüssen zu unter­nehmen und ausserdem auf einen bestimmten Theil zu verpflanzen vermag. Dadurch wird insbesondere bei der Klauenseuche ein wesentlicher Vortheil in Bezug des günstigeren Verlaufes erzielt.
Beim Rindvieh ist die Schleimhaut der Oberlippe für die Im­pfung der beste Platz. Bei Schafen hingegen nach Spinola's Versuchen die innere Ohrfläche. Man bewirkt dieselbe dadurch, dass man den Geifer eines maulseuclienkranken Rindes in Werg oder grober Leinwand auflangt und die Schleimhaut damit reibt. Uebrigens kann man kunstgerecht mittelst Lancette oder Impfna­del die Aphthenflüssigkeit einimpfen.
Veterinärpolizeiliche Massregeln. 0 esterreich.
In jenen Fällen wo entweder die Ursache der Seuche offenbar in
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56ßnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Cocstitutionclle Krankheiten.
einer stattgefiindenen Ansteckung zu suchen ist, oder wo es zweifelhaft bleibt, ob sie in Folge dieser oder verbrciteler Ursachen entstanden sei, ist die Separation durchzuführen und dafür zu sorgen, dass die lür die gesun­den Thiere bestimmten Weideplätze und Tränken, sowie die dahin führenden Wege nicht auch von den Kranken betreten werden.
Der Abverkauf maul- und klanenkranker Thiere jeder Art, sowie je­ner, der mit ihnen in einem Stalle untergebrachten, ist für die Seuchendauer zu verbieten.
Der Genuss der Milch, der Butter und des Fleisches von Thieren, die an dieser Seuche leiden, ist nicht zu gestatten, weil oft schon schädliche Folgen darnach sich einstellten. Die Reinigung der inficirten Stullungen ist nach sect;. 30 zu vollziehen.
Kommt die Maulseuchc in einem Meierhofe mit einem grösseren Horn­viehstande zum Ausbruche, und lässt sich annehmen, dass nach und nach der gesammte Viehstand in Folge der nicht zu vermeidenden natürlichen An­steckung in die Krankheit verfallen werde, so kann die Impfung vorgenom­men werden. Obwohl durch sie eine Milderung des Verlaufes nicht erzielt wird, so wird dadurch doch eine Abkürzung der Seuchendauer, mithin auch der belästigenden Absperrung herboigelührt, weil sämmtlicke Thiere auf ein­mal angesteckt werden können.
Zur Impfung wird der aus dem .Maule hervorflicssende Geifer oder der Inhalt der daselbst vorlindlichen Bläschen benützt, ja es reicht sogar hin, die Maulschleimhaut der zu inficirenden Rinder mit dein Geifer Kranker zu bestreichen.
Prenssen.
Ministerial-Verfugung vom 16. April 1825.
2.nbsp; nbsp; nbsp;Die Besitzer der mit der bösartigen Klauenseuche belälleuen Schaf-heerden und die Schäfer müssen den Ausbruch der Krankheit sogleich dem Landrathe des Kreises und den Grenznachbarn anzeigen.
3.nbsp; nbsp; nbsp;Sobald durch diese Anzeige oder auf andere Weise der Ausbruch der bösartigen Klauenseuche in einer Heerde bekannt ist, müssen nicht nur der Besitzer der angesteckten Heerde mit derselben von der Grenze der Nach­barn, sondern auch diese mit ihren Schafen von der Grenze der Ortschaft, deren Heerde mit der Klauenseuche behaftet ist, zurückbleiben.
Die Entfernung soll in der Regel 200 Schritte innerhalb jeder Grenze also überhaupt 400 Schritte betragen
4.nbsp; nbsp; nbsp;Koppelweiden aber müssen mit den von der bösartigen Klauen­seuche befallenen Schalen ganz vermieden werden, oder wenn solches mit Erhaltung der kranken Heerde nicht verträglich sein sollte, so müssen die Hiitungsgrenzen zwischen den Interessenten dergestalt regulirt werden, dass die kranke Heerde in der gehörigen Entfernung von der gesunden weiden kann.
6.nbsp; nbsp; nbsp;Sobald diese Klauenseuche in quot;iner Schathceide ausgebrochen ist, muss aller Verkauf und Tausch aus derselben so lange unterbleiben, bis die Krankheit völilg aufgehört hat, und selbst der Verkauf der anscheinend ge­sunden Häupter kann in dieser Zeit nicht stattfinden.
7.nbsp; nbsp; nbsp;Wenn auch die Klauenseuche aulgehört hat, so müssen doch die gesund gebliebenen Heerden von den Triften und Weiderevieren der krank gewesenen Heerde wenigstens noch 6 Wochen nach völlig gehoberer Krank­heit zurückbleiben.
Sachsen.
Nach der Instruction vom 30. Juli 1836 sect;. 5 sind Thierärzte und mit
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Pocken.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 567
Licenzscheinen versehene Empyriker verpflichtet, den Ausbruch der Maul-und Klauenseuche der betreffenden Behörde anzuzeigen
Mimsterial-Verfügung vom 21. März 1802.
1.nbsp; nbsp; Alles kranke Vieh ist im Stalle und Gehöfte zu behalten, bis es vollständig wieder genesen ist. Das zur Zeit anscheinend noch gesunde Vieh kann zwar erforderlichen Falles zur Feldarbeit benutzt oder auf die Weide getrieben werden, aber bei dem geringsten Krankheitszeicheu ist dasselbe ebenfalls im Stalle zu behalten.
Ist der Weidegang nicht ganz abzustellen, dann sind wenigstens öffent­liche Wege und gemeinschaftliche Tritten beim Austreiben des Viehes zu vermeiden.
2.nbsp; nbsp; nbsp;Alles mit der Maul- und Klauenseuche behaftete Treibvieh muss an dem Orte, an dem es betroffen wird, so lange verbleiben, bis es wieder genesen ist, und darf nur zu Wagen an seinen Bestimmungsort geschafft werden, sobald dieser ohne Aufenthalt zu erreichen ist.
3.nbsp; nbsp; nbsp;Jeder Viehbesitzer hat sein Vieh vor Ansteckung zu schützen, wenn die .Seuche in der Nahe ist.
Die Obrigkeiten können, auf Grund der Vernehmung mil dem Bezirks-thierurzle, weitere etwa nothwendig erscheinende Massregeln anordnen.
Pocken, Blattern, Variolae.
sect;. 21. Mit Pocken bezeichnet rnan eine fieberhafte exanthemati-sche Krankheit, die sich durch Bildung von Pusteln auf der Haut charakterisirt und einen regelmässigen acuten Verlauf nimmt. Alle unsere Haussäugethiere sind der Krankheit unterworfen, mit allei­niger Ausnahme des Pferdes, dagegen beobachtet man den Aus­bruch der Pocke auch bei dem Hausgeflügel (Spinola). Unent­schieden bleibt es, ob die Pocken bei allen unseren Hausthiercn sich ursprünglich entwickeln, oder ob dieselben nicht bei einigen Thiereu als eine übertragene Krankheit anzusehen sind. Von den echten Pocken sind die falschen wohl zu unterscheiden; letztere kommen häutig beim Rinde, Schafe und der Ziege vor, wiewohl auch dlaquo;s Schwein von dieser Ausschlagsfrrm nicht auszuschlies-sen ist. Die falschen Pocken haben einen weniger regelmässigen Verlauf; wir werden bei den einzelnen Thiergattungen ihrer ins­besondere zu erwähnen Gelegenheit haben.
1) Pocken der Schafe, Variolae ovinae.
Die Pocken treten beim Schafe, bei welchen von allen unse­ren Hausthiercn der Ausschlag verhältnissmässig am reichlichsten ist, entweder primitiv oder in Folge einer Ansteckung immer je­doch unter Entwickelung eines sehr heftigen Fiebers und bedeu­tender Störung des Allgemeinbefindens auf. Die Kopfhaut, die
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Constitutionelle Krankheiten.
weniger bewollten Theile der Brust und die inneren Sehenkelflä­chen sind insbesondere der Sitz des Ausschlages.
Aetiologie. Die Schafpocken schleichen sich auf dem Wege der Ansteckung am gewöhnlichsten in eine Heerde ein, und kann das Pockencontagium, das eine bedeutende Widerstandsfähigkeit gegen äussere zerstörende Einflüsse besitzt, auf die verschieden­artigste Weise oft auf ganz indirectem Wege weiter verbreitet werden. Die Ansteckung geschieht entweder durch das Einathmen mit Pockencontagium geschwängerter Luft oder durch Einführung eines Contagiumträgers unter die Epidermis. Das Coutagium der Schafpocken scheint intensiver zu sein, als das der übrigen Haus-thiere und steht nun dem Rinderpestcontagium nach; es unter­scheidet sich von letzterer, dass es nicht auf dieselbe Thiergattung beschränkt bleibt, sondern seine Ansteckungsfahigkeit auch auf andere Thiere, sogar auf den Menschen erstrecken kann. Das Schafpockencontagium kann seine Kraft lange Zeit bewahren, Ve­hikel des Contagiums sind der Inhalt der Pusteln, die Hautaus-dünstung, die Se- und Excrete. Träger desselben Alles, was an den kranken Thieren haftet oder mit ihnen in Berührung kommt, gewöhnlich das Fell, die Wolle, der Dünger etc., und auch die Bekleidung der Menschen, die mit den kranken Thieren zu thun haben. Das Contagium wird zerstört durch höhere Temperatur, Chlor, Alkohol etc.
Nach Roll erscheint die Annahme, dass die Schafpocken bei uns originär auftreten, nur in den wenigsten Fällen zulässig, Spinola jedoch ist der Ansicht, dass ihre ursprüngliche Ent-wickelung bei dem in vielen Fällen vorhandenen gänzlichen Feh­len eines Zusammenhanges zwischen Erkrankung und Ansteckung als gewiss angenommen werden muss, und er führt für die origi­näre Entwickelung der Schafpocken auch den Umstand an, dass es Pockenepidemieen gab, deren Beginn mitten in Europa und selbst in Deutschland und durchaus nicht im Oriente zugestanden werden muss.
Als sicher und unzweifelhaft erscheint es jedoch, dass ge­wisse Umstände fördernd, andere wieder hindernd bei der Ver­breitung der Seuche wirken.
Die Incubations-Periode erstreckt sich auf 5—2()Tage; die Art der Uebertragung ist hierbei jedoch von Einfluss. Bei na­türlicher Ansteckung (durch die Lungen) dauert sie gewöhnlich länger, als bei künstlicher Ansteckung (Impfungen von der Haut­seite). Als durchschnittliche Zeit ist der 7. bis 9. Tag für die Eruption der Pocken nach erfolgter Ansteckung zu bezeichnen, während die ersten Wirkungen des Contagiums, die fieberhafte Reaction, schon früher eintreten.
Im Ganzen verhalten sich die Pocken der Thiere bezüglich der Incubationsperiode gleich; doch dürfte diese verhältnissmässig
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Pocken.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;569
bei den Hunden am kürzesten und bei den Schafen am längsten sein.
Bezüglich der Disposition zur Erkrankung nach Einwirkung des Contagiums waltet weder in Rasect;e noch im Alter und Geschlecht ein Unterschied ob, Die einmal überstandeno Krankheit schützt vor Wiedererkrankung.
Erscheinungen. Während der Incubationsdauerj also wäh­rend der ersten 7—9 Tage nach erfolgter Ansteckung zeigen die Thiere aussei- einer doch schon auffälligen Traurigkeit and vermin­derter Fresslust nichts Auifälliges. Nur manchmal treten auch schon in dieser Zeit gespannter Gang, Ziehen und Lähmen der Hintersehenkel auf. Nach Ablauf dieser Frist stellen sich deut­liche Fiebererscheinungen ein, die durch einen heftigen Schauer und nachfolgende Hitze eingeleitet werden. Ohren und Schnauze sind heiss anzufühlen. Die Freaslust liegt ganz darnieder. Die Thiere stehen gesenkten Kopfes auflallend traurig da. Die Bindehaut des Auges wird aufgelockert und geröthet, die Augenlider sind aufge­dunsen, die Thränenabsonderung vermehrt, ein schleimiger Nasen-ausfluss stellt sich ein. Das Athmen wird schnaufend.
Der Athem selbst und die Haufausdünstung widerlich süss-lich riechend. Ein oder zwei Tage nach Auftreten der Fieberer­scheinungen findet man bei näherer Untersuchung der Haut, be­sonders an den weniger bewollteu Theilen, also am Kopfe, der Brust und den Schenkelflächen, sowie an der unteren Fläche des Schweifes flohstichähnliche, rothe Flecke, in geringerer oder grös-serer Anzahl; diese Flecke, mit denen die genannten Theile oft ganz besäet sind, wachsen in den nächsten Tagen, erheben sich in der Mitte zu rothen Knötchen und bei reichlicher Anzahl der­selben erscheint die ganze Haut wie geschwollen. In den späte­ren Tagen werden diese Knötchen an ihrer Spitze blässer und enthalten bereits etwas flüssiges Exsudat, dieses nimmt allmälig zu, so dass das Knötchen die Form eines Bläschens, einer soge­nannten Pustel annimmt, um welche sich ein rother Hof bildet. Die Eruption dauert im Ganzen 24—48 Stunden, findet jedoch nicht an allen Körpertheilen gleichzeitig statt, auch ist die Grosse der Pusteln variabel; sie schwankt zwischen der Grosse einer Linse bis zu der einer Bohne. Die catarrhalischen Erscheinungen stei­gern sich während dieser Periode der Bläschenbildung. Die Augen thränen reichlicher, das geschwollene Maul schleimt stark und der charakteristisch slisslich widrige Geruch wird um diese Zeit noch ausgesprochener. Bei reichlichem Sitze der Pocken am Kopfe sind die Augen ganz geschlossen, oft wird durch die Aus­breitung des Processes auf die Nasenscbleimhaut das Athmen schnaufend und erschwert: es tritt durchfällige Mistung ein. Das Stadium der Bläschenbildung dauert 5 — ß Tage, und der Inhalt der Pusteln ist um diese Zeit eine zähe, klebrige Flüssigkeit; bald darauf beginnt sich der Inhalt der Pocke zu trüben, die anfangs
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570nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Constitutionelle Krankheiten.
klare Lymphe wird gelblieb, dickeiterig; dieses Stadium der Eiter­bildung- dauert abermals 5 — 6 Tage. Der Ausfluss aus Mund und Nase wird jetzt noch bedeuteuder, bis endlich die Pocke zu schrumpfen und zu vertrocknen beginnt. Die Pustel sinkt in der Mitte ein, bekommt einen dunkelbraunen Fleck (beginnende Schorf-bilduug), der sich in dem Masse gegen die Peripherie ausbreitet, als die Pustel zu sinken fortfährt, bis sich endlich ein schwarz­brauner, glänzender Schorf bildet, der nach 5—6 Tagen unter Re-generiruug der Oberhaut sich loslöst und einen kahlen, röthlichen Fleck, die Pockennarbe zurücklässt, auf-welcher die Wolle spärlich oder nicht mehr bervorsprosst. Sodann hören Fieber und catarrha-lische Erscheinungen gänzlich aut und die Thiere erholen sich je nach der Heftigkeit des den Ausbruch und Verlauf der Pocken begleitenden Fiebers bald rascher, bald langsamer.
Die ganze Dauer der Krankheit beläuft sich auf ungefähr 3 Wochen.
Nicht immer ist der Verlauf so regelmässig als wie eben ge­schildert, manchmal erscheint die Haut statt mit flohstichähnlichen Flecken bedeckt, ganz rothlaufartig angeschwollen, die Pusteln sind so zahlreich, dass sie keinen Zwischenraum übrig lassen, sondern ineinander fliessen — zusammenfliessende Pocken (V. conflnentes). Dann pflegt es zu ausgebreiteten Eiterucgen und Geschwüren auf der Hautdecke zu kommen. Selbstverständlich sind sowohl catarrhalische als Fiebererscheinungen bei dieser Form sehr intensiv. Bei schwächlichen Thieren kommen die sogenann­ten plattgedrückten Pocken vor, es sind dies Pocken von unvollkommener Entwickelung und langsamerem Verlaufe. In an­deren Fällen nimmt das Fieber gleich anfänglich einen septischen Charakter an, es zeigt sich sodann in dem Ausschlage eine auf­fällige Neigung zum brandigen Zerfall. Die Blattern sind mit ei­nem blutigen Exsudat gctüllt, in Folge dessen braunroth bis schwärzlich gefärbt, stehen dicht gedrängt und fliessen zusammen. Die Thiere verbreiten einen unausstehlichen Geruch. Man nennt diese Art Pocken, die meist schnell zum Tode führt, bösartige Brand- oder Aas pocke n. Der lethale Ausgang erfolgt in der Regel dann, wenn in den Poeken Luftentwickelung eintritt, emphy-sematöse Pocken.,
Harte Stein- oder Warzenpocken nennt man jene Art, die in Form von festen, harten Knötchen, die keinen Hof besitzen, vorkömmt. Solche Pocken bleiben oft Wochen und Monate lang stehen, bis sie allmälig verschwinden.
Der Verlauf der Poeken hängt in erster Reihe von der In­tensität der Allgemeinerkrankung ab, wird überdies von dem Cha­rakter der gerade herrschenden Seuche und den Witterungsverhält­nissen erheblich beeinflusst, desgleichen kömmt bei dem Verlaufe der Krankheit Alter und Körpcrconstitution, Wartung und Pflege, sowie die Nahrung der Thiere in Betracht. Doch ist im Allge­meinen die Pockenkrankheit ein gefährliches Leiden, das selbst
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Pocken.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;571
bei günstigem Verlaufe einen Verlust der Thiere von 15% herbei­führt, der bei weniger günstigem Verlaufe sieb auf die doppelte Höbe erstrecken kann. Zu diesem Verluste ist in ükonomilaquo;cher Beziehung auch noch jener hinzuzurechnen, der durch das Ver­kommen der Nachzucht und den Wolleabgang erwächst, in An­schlag zu bringen.
Der Tod erfolgt entweder durch Blutzersetzung oder Folge brandiger Zerstörungen der Nasen-, Maul- und Racbenhöhle, Lun­genentzündung, Entzündungen der Gedärme, ausgebreitete Abscesse u. s. w.
Behandlung. Bei geschehener Ansteckung lässt sich die Krankheit durch kein Mittel mehr verhindern. Man sorge bei aus­gebrochener Krankheit für eine passende Diät der Thiere, kühlen, reinan Aufenthaltsort, gute Streu; reiche gutgenährten Thieren ein wässriges Futter (Rüben, Kartoffeln, Grünfutter), schwächlichen Thieren eine roborirende Nahrung. Bei gutartigem Verlaufe gebe man den Thieren Salz zu lecken und gesäuertes Wasser zum Ge­tränk. Können die Thiere in Folge bedeutender Anschwellung der Schlingwerkzeuge keine feste Nahrung zu sich nehmen , so gebe man ihnen mit heissem Wasser abgebrühten Gerstenschrot oder laue Hafergrütze. Bei bösartigen Pocken sind erregende Mittel am Platze, Baldrian, Campber angezeigt. Bei der unverlässlichen Wirkung dieser Mittel ist es jedoch besser, die Thiere zu tödten und gänzlich zu vertilgen.
Sicherungsmassregeln.
Um den Ausbruch der Pockenseuche einer Schatheerdc thun-lichst zu verhüten, sind die in den sect;sect;. 3, 5 und 7 des Senchen-Normals angegebenen Massregeln auch bezüglich dieser Thiergat-tung durchzuführen. Ueberdiess aber müssen zur Verhütung der Ansteckung noch nachstehende Vorsichtsmassregeln, namentlich in edlen Schäfereien, beobachtet werden:
2)nbsp; Die Schafweiden sollen von fremdem Schafviehe niemals betreten werden.
1) Die Schafheerden sind von allen fremden Schafen, z. B. dem Steehviehe der Fleischhauer, den Schafviehtrieben u. s. w. sorgfältig entfernt zu halten: selbst die zu ihnen gehörigen Hunde darf man nicht mit jenen einer fremden Heerde sich verlaufen lassen.
3)nbsp; Kein fremdes, neu angekauftes-Schaf darf der Heerde zu­gesellt werden, bevor es nicht 10 Tage lang abgesondert beobach­tet, und nach Ablauf dieser Frist gesund befunden worden ist.
4)nbsp; Den Fleischhauern, Wollaufkäufern im Kleinen, und über­haupt allen unbekannten fremden Menschen ist der Eintritt in die Schafställe, das Anfühlen und Taxiren der Schafe, das Scheiteln ihrer Wolle durchaus nicht zu gestatten, wenn man nicht vollkom-
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Constitutionelle Krankheiten.
men versichert ist, dass sie früher bei einer verdächtigen Heerde nicht gewesen sind.
5)nbsp; In Gegenden oder Schäfereien, in welchen erfahrungsge-mäss die Schafpocken häufig, ja manchmal alljährlich unter dem Nachwüchse auftreten, werden die durch diese Scnche verursach­ten bedeutenden Verluste durch die Einführung der Schutzimpfung am sichersten vermieden, da bei Geimpften die Krankheit, falls man sich zur Impfung nur eines gutartigen Pockengiftes bedient und nur gesunde Thiere impft, milder und meistens nur als locale Erup­tion an der Impfstelle verläuft.
Zu diesem Zwecke werden entweder in grösseren Schäfereien Impfanstalten unterhalten, in welchen die Impfung beständig in der Art fortgesetzt wird, dass der eingesammelte Impfstoff nach 8 bis 14 Tagen auf einige wenige Stücke geimpft wird, um auf diese Art im Frühlinge, wo die gesammte Nachzucht geimpft wird, einen gutartigen Impfstoff zu besitzen, oder es wird der benöthigte Impf­stoff von anderen Schäfereien, oder von dem k. k. Thierarzenei-Institute zu Wien, an welchem eine solche Schafpocken - Impfan­stalt besteht, bezogen. Vor der Schutzimpfung sind alle Schwäch­linge, alle anbrüchigen, mit Lungenwürmern oder Leberegeln u. dgl. behafteten Thiere auszumustern, oder wo dieses nicht angeht, doch wenigstens zu zeichnen, damit dieselben wegen der Möglich­keit, dass sich bei ihnen eine bösartige Pockenform entwickelt, von der übrigen Heerde abgesondert werden können.
6)nbsp; Herrscht die Pockenseuclie in der Nachbarschaft, und lässt sich bei Rücksichtnahme auf alle Umstände nicht erwarten, dass die gegenwärtig noch gesunde Schatheerde vor der natürlichen Ansteckung gesichert werden könne, so ist es vortheilhaft, die Heerde auch zu dieser Zeit noch der sogenannten Präcautions-Impfnng zu unterziehen, da sich hiernach doch ein günstigerer, mehr localer Verlauf der geimpften Krankheit und, bei dem Um­stände, als alle Thiere der Heerde zu gleicher Zeit der Ansteckung ausgeselzt werden, eine kürzere Dauer der Seuche mit Grund er­warten lässt. Jedoch sind auch in einem solchen Falle die Kränk-ler vorher auszumustern oder doch von der übrigen Heerde zu se-pariren und abgesondert zu impfen.
Als Impfstoff benützt man entweder die aus einer Schaf-pocken-Impfanstalt bezogene Lymphe oder den Pockeninhalt sol­cher blätternder Schafe der Nachbarschaft, welche mit einer sehr milden und gutartigen Form des Exanthems behaftet sind, und vollzieht die Impfung am besten an der unteren Fläche des Schwei­fes, oder an der inneren Fläche des Ohres. Verluste einzelner Thiere werden jedoch unter diesen Umständen nicht zu vermeiden sein, weil wegen der drohenden Ansteckungsgefahr die Impfung selbst an sehr jungen Thieren, welche die Krankheit in der Regel schwerer überstehen, und unter ungünstigen Verhältnissen der Witterung und Jahreszeit vorgenommen werden muss.
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Pocken.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 573
Tilgungsmassregelu.
Bei dem Ausbruche der Pockenseucbe in einer Schafheerde ist sogleich in Befolgung der Vorschrift des sect;. 8 die Anzeige hie-von an das k. k. Bezirks- (Stuhlrichter-) Amt zu erstatten, mitt­lerweile aber bis zum Eintreffen der Seucheu - Commission von Seite des Ortsvorstandes die Mittheilung an die benachbarten Ort­schaften zu macheu und dieselben aufzufordern, ihr Schafvieh von den Grenzen der verseuchten Ortschaft entfernt zu halten.
Die Seuchen-Commission hat sich zunächst mit der Aufnahme des Viehstandes des verseuchten Ortes oder, falls die Pocken in einer Schäferei ausgebrochen sind, der inficirten Schafheerde zu beschäftigen, hiebei aber alle jene Vorsichtsmassregeln zn beo­bachten, welche in dem sect;. 18 des Seuchen-Normales vorgezeichnet wurden.
Die weiteren bei dieser Seuche durchzuführenden veterinär­polizeilichen Massregeln sind folgende:
1)nbsp; Die pockenkranken Stücke sind von den anscheinend noch gesunden zu trennen. Zu diesem Zwecke werden die Thiere ge­nau besichtiget, indem man sie eines nach dem andern aus dem Stalle lässt und untersucht.
Jene, an welchen etwas Krankhaftes noch nicht zu bemerken ist, werden in andere Ställe bei günstiger Witterung auch im Freien unter Hurten, des Nachts aber wenigstens in einem gedeckten Schuppen untergebracht. Es muss jedoch hiebei beobachtet wer­den, dass fremde gesunde Schafe sich höchstens auf 150 Schritte Entfernung einem solchen Weideplatz nähern dttrfen. Die Kranken werden entweder in dem Stalle belassen, in welchem sie sich bis­her befanden-oder, wenn man sie an einen anderen Ort bringt, so muss derselbe luftig, geräumig und kühl sein.
2)nbsp; Von früher her schwächliche oder kränkelnde Thiere sol­len, wenn sie selbst anscheinend gesund sind, von der übrigen Heerde getrennt werden, da bei ihnen die etwa später ausbre­chende Krankheit häufig eine bösartige Form annimmt, und nach­theilig auf den Krankheitsverlauf bei den gutartig blätternden Thie-ren einwirken könnte; eben so sind
3)nbsp; jene Stücke, bei denen bösartige Pocken vorhanden sind, entweder ganz abgesondert unterzubringen, oder lieber auf einen entlegenen Ort auszuführen, zu erschlagen und sammt der Haut tief zu verscharren.
4)nbsp; die Wärter des kranken Schafviehes, und alle Personen, die mit demselben in Berührung kommen, oder auch nur in den Krankenstall getreten sind, müssen von dem gesunden Theile der Heerde sich ferne halten.
5)nbsp; Der An- und Abverkauf von Schafen ist für die Seuchen­dauer vollständig zu verbieten.
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574nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Constitutionelle Krankheiten.
G) Die Häute der gefallenen Schafe dürfen nicht abgezogen, sondern müssen sanmit den Cadavern an gelegenen Ort tief ver­scharrt werden, üie Wolle pockenkrank gewesener Schafe muss wenigstens durch 4 Wochen gelüftet werden, ehevor sie in den Handel gesetzt werden darf. Der Genuss oder Verkauf des Flei­sches pockenkranker Schale ist durchaus nicht zu gestatten.
7)nbsp; Die von den kranken abgesonderten, anscheinend noch gesunden Thiere sind wenigstens jeden zweiten Tag neuerdings zu untersuchen, und die hiebei mit Pocken behafteten Stücke in die Krankenställe zu übersetzen.
8)nbsp; Die Reinigung der inficirten Stallungen ist nach der Vor­schrift der sect;sect;. 30 und 31 genau vorzunehmen, und die Seuche darf erst hierauf, und wenn 10 Tage lang nach dem letzten Ge-nesungs- oder Todesfalle eine neue Erkrankung sich nicht ereignet hat, als erloschen erklärt werden.
9)nbsp; Zum Zwecke der rascheren Beendigung der Seuche ist die Vornahme der Impfung der nicht offenbar erkrankten Stücke einer Heerde räthlich, wodurch auch ein, im Ganzen günstigerer Verlauf erzielt wird, als bei der durch natürliche Ansteckung erfolgten Pockenkrankheit.
Bei der Impfung einer schon inficirten Heerde, die dann den Namen der Nothimpmng führt, ist der im sect;. 57 sub 6 geschilderte Vorgang zu beobachten, wobei jedoch der Impfstoff von gutartig blätternden Schafen der Heerde selbst, in Ermangelung jenes, aus einer Impfanstalt genommen und verwendet werden kaum Das Resultat der, unter solchen Umständen vorgenommenen Impfung ist jedoch stets weniger günstig als das durch die Schatz- oder Präcautions-Impfung erzielte, weil bei allen jenen Stücken, welche schon vor der Impfung auf natürlichem Wege angesteckt waren, die Krankheit mit jener Heftigkeit ausbricht, die der gewöhnlichen Ansteckung eigen ist.
Anmerkung. Dieselben Massregeln, mit Ausnahme der Im­pfung, sind auch durchzuführen, wenn die Pockenseuche unter den Schweinen zum Ausbruche kommt.
Bei einer noch so sorgfältigen Durchführang der veteriuär-polizeilichen Massregeln ist jedoch in Gegenden, wo die Pocken häufig herrschen, kein hinreichender Schutz gegeben. Nur durch die Impfung allein glückt es, die Seuche in ihren verheerenden Wirkungen zu lindern und sie selbst abzukürzen.
Die Schutzimpfung, die alljährlich in solchen Gegenden vorgenommen werden soll, in welchen diese Krankheit zu herrschen pflegt, wird am besten während einer günstigen Jahreszeit ins Werk gesetzt. Wird die Schutzimpfung nicht vorgenommen und bricht in der Nachbarschaft die Pockenseuche aus, so wird, wie­wohl mit weniger günstigem Resultate die Vorbauungsimpfung vorgenommen, denn bei dieser muss von allen anderen Verhältnis­sen abgesehen werden. Am wenigsten günstige Erfolge erzielt man durch die Nothimpfung, d. h. wenn man, sowie in einer Heerde
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Pocken.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 575
die Krankheit ausgebrochen ist, die noch anscheinend gesunden Thiere impft #9632; denn in vielen Fällen sind die zu impfenden Stücke bereits angesteckt.
Die Impfung besteht darin,, dass man mittelst einer Lancette oder einer Impfhadel den Impfstoff an einer passenden Stelle un­ter die Epidermis einführt. Als Impfstoff nimmt man den klaren Inhalt einer reifen Pocke. Kann man den Stoff nicht aus einer Impfpocke erhalten, und ist man genüthigt, aus einer natürlichen Blatter denselben zu nehmen, so wähle man hiezu Thiere, die früher ganz gesund waren und bei denen der Ausschlag gering ist. Die geeignetste Stelle zur Vornahme der Impfung ist die un­tere wollartige Stelle des Schweifes und der inneren Fläche des Ohres.
Pocken der Kühe, Variolae vaccinae.
Die Kuhpocken haben zu ihrem Sitze die Striche des Euters und häufig noch diesen selbst. Sie sind ein pustulöser Ausschlag, der mit massigem oder gar keinem Fieber verläuft, durch An­steckung auf andere Rinder sich verbreiten kann und durch die Impfung sich auf Menschen und andere Hausthieren übertragen lässt.
Aetiologie. Die Krankheit entwickelt sich originär, die früher allgemein verbreitete Annahme, dass die Kuhpocken durch Uebertragung der Lymphe aus der sogenannten Mauke des Pfer­des (Equire) auf das Euter der Kühe entstehen, sowie jene An­nahme, dass die Kuhpockeu den menschlichen Blattern entstam­men, hat sich nach Roll's Angabe nicht bewährt.
Nur die Kühe besitzen Anlage zu den spontanen Pocken. Bei jungen und namentlich frischmilchenden Kühen ist die Anlage eine grössere; die Ra^e scheint ohne besonderen Emfluss zusein und nur insofern sich zu betheiligeu, als dieselbe mit grösserer Milchergie­bigkeit (und Niederungsgegend) zusanunenfällt, weil eben grosse Milchergiebigkeit auf die Disposition erhöhend wirkt. Bei männ­lichen Thieren kommen spontane Pocken gar nicht vor.
Veranlassende Ursachen sind mit Sicherheit nicht anzugeben, es ist anzunehmen, dass die geographische Lage und geographi­sche Beschaffenheit eines Ortes klimatische Verhältnisse, Fütterung auf das Entstehen der Krankheit Einfluss nehmen. Stallfütterung scheint den Ausbruch zu begünstigen und im Frühjahre wird die­selbe häufiger als in anderer -Jahreszeit beobachtet. Das Kalben und Säugen, Futterungswechsel, plötzliche Veränderung der Le­bensweise sind disponirende Momente.
Die Kuhpocken sind ansteckend und werden meist durch die melkenden Individuen auf andere Stücke tibertragen und so kann in einer Stallung mit grossem Umfang die Krankheit sich lange verschleppen, durch die Impfung wird selbe jedoch sehr abgekürzt. Das Kuhpockeucontagium ist ein fixes.
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Constitutionelle Krankheiten.
Erscheinungen. Der Ausbruch der Kuhpocken ist immer von leichten Fiebererscheinungen, die mit Störungen im Allgemein­befinden eiuhergelieii, begleitet; die Thiere zeigen geringe Fress­lust, gestörtes Wiederkäuen, geringe Munterkeit. Die Thiere ge­ben auffallend weniger Milch, welche wässerig ist und leicht ge­rinnt. Das Euter schwillt an und wird bei der Berührung em­pfindlich.
Nach mehreren gewöhnlich 3 — 4 Tagen schwillt der Euter an den Strichen an, es erheben sich längs derselben rothe härt­liche Stelleu, die als Knötcheu in der Haut sich anfühlen, allmälig grosser werden, sich sodann in rundliche oder flache in der Mitte nabelförmig eingedrückte Pusteln umwandeln. Sie erscheinen um diese Zeit in der Mitte bläulichweiss, am Rande gelblich oder röth-licb gefärbt, bei Thiereu mit heller Haut sieht man auch den so­genannten Stoff, der übrigens auch fehlen kann. Nach 8—11 Ta­gen ist die Blatter ausgewachsen und enthält statt der anfänglich serösen klebrigen Lymphe — Eiter. Die Pustel sinkt sodann ein und bedeckt sich nach 2 — 3 Tagen mit einem braunen Schorfe. Gewöhnlich ist die Pustel inzwischen geplatzt, der Inhalt ist ent­leert und es ist nur ein dunkelgerötheter Schorf zurückgeblieben. Wird der Process nicht durch mechanische Eingriffe,. namentlich beim Melken gestört, so fällt der Schorf unter Zurücklassung einer rundlichen vertieften Narbe in (5—12 Tagen ab.
Da der Ausbruch der Pocken nicht gleichzeitig stattfindet, weil eine oder mehrere Pusteln sieh im Stadium der Schorfbildung befinden können, während andere im Entstehen sind, so wird die Krankheit in den meisten Fällen in die Länge geschoben und ist die mittlere Dauer auf 4—6 Wochen anzusetzen. Zur Abnahme des Impfstoffes eignet sich der 8. oder 9. Tag. Die verschiedene Farbe der Kuhpocken silberweiss perlmutterglänzend, bläulich, weiss gelblich, ist bei Beurtheilung ihrer Echtheit nicht entschei­dend; darüber gibt nur Verlauf, Stractur und Anstellung von Impf­versuchen sicheren Aufschluss.
Die Prognose ist immer günstig, da das Leiden völlig ge­fahrlos ist. Die Milch pockenkranker Kühe ist zum Genüsse nicht geeignet.
Eine Behandlung ist bei der Gutartigkeit des Leidens nicht nothwendig, man halte nur stets den Euter rein.
Von den echten Kuhpocken sind die falschen nicht zu unter­scheiden. Zu den falschen rechnet man:
1)nbsp; Die Windpocken, rothe Flecke, die sich rasch in 24 Stunden schon zu kirschrothen Blasen erheben, die beim Anstechen hohl sind.
2)nbsp; Wasserpocken, ähnlich den ersteren, nur dass sie eine dünnwässerige Lymphe enthalten.
3)nbsp; Spitzpocken, kleine, spitze, eiterige Knötchen, ohne Hof und Nabel, zu Hunderten beisammen, eine Art Euterfriesel (?). Die ganze Dauer ihres Verlaufes ist 4—6 Tage.
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Pocken.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 577
4) Stein- und Warzenpocken, linsen- bis haselnuss-grosse Warzen mit holzartiger bräunlicher Spitze, oft Wochen und Monate lang dauernd; ihr Inhalt ist Blut.
Pocken der Schweine.
Dem Ausbruche der Pocken bei dieser Thiergattung gehen bedeutendere Störungen des Allgemeinbefindeus, febrile und catar-rhalische Erscheinungen voraus, wie wir sie schon bei den Pocken der Schafe geschildert haben. Ihr Sitz ist vorzugsweise Kopf, Hals, Brust, Bauch und die inneren Scheukelflächen; es entstehen flohstichähnliche Flecke, die innerhalb der nächsten 24 Stunden noch an Umfang zunehmen, etwa die Grosse eines Sechsers errei­chen ; es bildet sich dann in der Mitte ein bleiches, sich härtlich anfühlendes Knötchen, aus dem in HG — 48 Stunden eine Pustel sich eutwichelt, die von geringcrem Umfange, als der Fleck selbst und von dem Reste desselben als rother Hof umgeben ist. Die übrigen Erscheinungen und der fernere Verlauf der Pocken sincl bei sonst gutartigem Verhalten denen der übrigen Thiere gleich; verhältnissmässig sind aber die Pusteln grosser. Die Zahl der Pocken variirt auch bei Schweinen sehr; oft finden sich nur wenige, in anderen Fällen sind sie aber reichlicher vorhanden, je beträcht­licher das Fieber, desto reichlicher der Ausschlag; unter Fortbe­steheu des Fiebers nehmen die Pocken manchmal einen übleren Verlauf, fliessen zusammen, der Pustelinhalt wird jauclicartig und führt zur Braudbildung; in dieser Forin erinnern sie an die Aas­poeken der Schafe.
Durch Geschwürsbildung wird die Heilung oft wochenlang verzögert, in den meisten Fällen tritt dann der Tod ein.
Die Pocken kommen beim Schweine nach Spinola originär vor und lassen sich auf Menschen und Ziegen übertragen, sowie umgekehrt Schweine durch blatterkranke Menschen angesteckt werden können. Ferkel haben eine grössere Disposition an Pocken zu erkranken.
Die Behandlung besteht in leichteren Fällen in einem diä­tetischen Verfahren, manchmal verschafft ein Brechmittel Erleich­terung, säuerliche Getränke sind wohlthuend. Die bösartige Form führt beinahe stets zum Tode, eine Behandlung erscheint beinahe zwecklos.
Pocken der Hunde.
Die Krankheit kommt bei Hunden und dies meist bei jungen durch Ansteckung von Menschen- und Schafpocken, jedoch sehr selten zur Beobachtung. Nachdem Ficberersclieinnngen vorherge­gangen sind, erscheint das Haar nach 3—4 Tagen wie aufgebür­stet, besonders tritt diese Erscheinung deutlich am Kopfe hervor. Auf der Haut, besonders auf dem Kücken, kommen nun die bekann-
Kraus, Path. n. Therap. der Hiiussaugethiere.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;37
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578nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Constitutionelle Krankheiten.
ten roth en Flecke hervor, aus denen auf die schon mehrfach be­schriebene Weise die Pustelbildung hervorgeht.
Die Krankheit verläuft bei Hunden rascher als bei den Übri­gen Thieren.quot;
Die Behandlung ist so wie bei den Pocken der Schweine.
Pocken der Ziegen.
Sie entwickeln sich an dem Euter der Thiere und haben mit den Kuhpocken die grösste Aehulichkeit, sie kommen selbstständig vor, sind jedoch ausserordentlich selten. Spinola stellt die Ziegen­pocken in die Mitte zwischen den Kuh- und Sehafpocken, d. h. sie theilen nach seiner Ansicht den Sitz mit den Kuhpocken und die Gestalt mit jenen der Schafe. Die Ansteckungstähigkeit der Zie­genpocken ist zweifellos, ebenso die üebertragbarkeit des Pocken-contagiums der Schafe auf Ziegen.
Masern, Morbilli.
sect;. 22. Die Masern sind ein fieberhafter ansteckender Aus­schlag, dessen Vorkommen bei Thieren übrigens von vielen Auto­ren in Frage gestellt wird.
Spinola hat dieselben bei Schweinen, Schafen und Hunden beobachtet, und ist der Ansicht, dass die Masern wahrscheinlich bei allen unseren Hauthieren vorkommen.
Bei Schweinen soll der Ausschlag vorzugsweise am Rüssel, Ohre, Brust, Achselgruben und Leistengegend, bei Hunden vor­herrschend an Kopf und Brust auftreten. Das Exanthem besteht in rundlichen, länglichen oder eckigen, kleineren und grösseren ineinanderlaufenden, rothgefärbten Flecken. Der Ausschlag kann sich auch über die Schleimhäute verbreiten.
Die Krankheit dauert im Ganzen 14—K! Tage.
Manchmal kann es jedoch zu üblen Complicationen kommen, namentlich wenn das Fieber einen fauligen Charakter annimmt. In diesen Fällen kann die Krankheit schon früher tödtlich werden.
Die Krankheitsursachen sind nicht näher bekannt. Junge Thiere scheinen der Krankheit, eher zu verfallen, auch disponiren nach Spinola's Meinung Thiere mit lichter Hautfarbe eher zu dieser Krankheit (quot;?).
Die Vorhersage ist bei gutartigem regelmässigem Verlaufe immer günstig.
Eine zweckmässige diätetische Behandlung lässt eine arznei­liche Hilfe als überflüssig erscheinen.
sect;. 23. Scharlach, Scarlatina, ist eine fieberhafte ansteckende, von einer entzündlichen Affection
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Scorbut,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 579
der Nasenschleimhaut begleitete Ausschlagskrankeit, welche in Form himbeerfarbiger Flecke auf der Haut und den Schleimhäu­ten sich ausbreitet und mit einer Abschuppung der Oberhaut endet.
Auch das Vorkommen des Scharlachs bei den Hausthieren wird von vielen augezweifelt, jedoch von Spinola sein Auftreten bei Pferden ausser aller Frage gesetzt: er kennzeichnet sich bei dieser Thiergattung durch das constante Ergriffensein der Schleim­haut der Nasen- und Rachenhühle.
Nachdem laquo;der Ausschlag ungefähr 5 Tage gedauert hat, ver­schwindet er und es erfolgt die Abschuppung der Epidermis auf allen afficirt gewesenen Stellen der Haut; diese dauert ungefähr 6Tage. Complicationen der Krankheit, welche deren Verlauf hinausziehen, sind Pharyngitis, Laryngitis, Bronchitis.
Die Ursachen des Scharlachs sind gänzlich unbekannt, sie scheinen in einer besonderen Witterungsconstitution zu liegen. Der Scharlach ist eine ansteckende Krankheit und entwickelt ein flüch­tiges Contagium.
Scorbut.
sect;. 24. Der Scorbut ist eine in seltenen Fällen bei Schafen und Schweinen vorkommende Blutkrankheit, die sich durch Blutunter-laufungen des Zahnfleisches und blutige Infiltrationen des Hautge­webes (bei Schweinen, Borstenläule) charakterisirt.
Bei Entstehung des Socrbut lassen sich miasmatische Einflüsse nicht ausschlicssen; als nächste Veranlassung werden schlechtes diätetisches Verhalten, verdorbene Nahrung und unreinliche Stal­lungen angegeben. Der Verlauf ist der eines chronischen FTin-siechens. Unter colliquativen Entleerungen gehen die Thiere an Erschöpfung zu Grunde.
Die Section der Thiere zeigt ein dissolutes (?), dunkles, miss­farbiges Blut, das wenig gerinnbar ist, Extravasatc in den ver­schiedenen Theilen, namentiieh der Mund- und Kachenhöhle.
Claus's Petechialfieber der Schweine, welches sich in seineu Erscheinungen und Sectionsergebnissen zumeist dem Scorbut an­reiht, mit der einzigen Ausnahme, dass es schneller tödtet, und desshalb von Vielen den Anthraxfonnen beigezählt wird, zeigt nach Gleisberg wohl durchaus keine Contagiosität, doch trägt letzte­rer Autor kein Bedenken zu behaupten, das Petechialfieber der Schweine sei ganz identisch mit dem von ihm unter dem Namen Morbus maculosus beschriebenen Leiden der Schweine zu halten, und den Milzbrandformen unterzuordnen (?).
Die Prognose ist nur bei geringerem Grade des Leidens günstig.
Die Behandlung hat zunächst die veranlassenden Ursachen zu entfernen; man reiche gutes Futter und säuerliches Obst den
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580nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Cousutmioiiclle ECraukheiteu,
Thieren, ferner bittere gewürzhafte Arzneien, Wermuth, Calmus, Bitterklee, Eicheln. ' Das Maul wird häufig gereinigt, eitert das Zahnfleisch, so reinige man es fleissig und bestreiche es mit Essig oder Cblorwasser. Lockere Zähue müssen entfernt werden.
Gegen das Hautleiden sind öftere Bäder und Waschungen mit gesäuertem Wasser iudicirt.
Pyämie, Eiterinfection des Blutes.
sect;. 25. Wir .verstehen unter Pyämie einen Infectionszustand des Blutes, bei welchem eine Neigung zu multipler Abscessbildung vorhanden ist.
Die Resultate des pyämischeu Processes finden sich sowohl auf der äusseren Haut, auf den Schleimhäuten, sowie in vielen in­neren Organen als Hyperämieen, Blutextravasate, Intiirctbiklungen, Abscesse und Exsudationen auf den Schleimhäuten. Von den in­neren Organen sind die parenehymatösen: Leber, Milz, Lungen, Nieren am häufigsten Sitz von pyämischen Processen.
Die häufigste Entstehungsursache der Pyämie ist eine seenn-däre, zumeist ist sie durch locale Vereiterungen und Verjauchungen bediugt. Durch miasmatische Infection kann die Pyämie einen epi-oder endemischen Charakter annehmen (?). Wir begegnen der Pyämie beim Typhus, bei den Pocken, beim Scharlach, bei der Syphilis, beim Carbuukel, beim Kotz, bei der Pest, beim Gelbfieber, bei der Diphtheritis, bei der Ruhr, bei Scropheln, bei der Cholera, beim Erysipel, nach Operationen, nach der Geburt, nach Verwun­dungen.
Erscheinungen- Die Pyämie beginnt gewöhnlich mit einem Schüttelfrost, der sich auch öfters wiederholen kann, mit einer der darauf folgenden sehr gesteigerten Hauttemperatur entsprechenden Pulsbeschleunigung; die Fresslust ist vermindert, dagegen der Durst sehr vermehrt. Der Absatz der Excremente unregelmässig, oft diar-rhoisch, sehr übelriechend. Bei Pferden beobachtet man überdies diphtheritische Processe auf der Nasenschleimhaut, Mit der Pyämie tritt oft auch im weiteren Verlaufe Pncumouie, eiterige Exsudate auf dem Rippenbrustfelle und in der Bauchhöhle auf. Bei sehr ra­schem Verlaufe kommt es auch zu hämorrhagischen Ergüssen, Pe-techialbildung in der Haut und Blutungen aller Art.
Leichtere Fälle können besonders dann, wenn der pyämische Process nur auf der Haut sich ablagerte, in Genesung übergehen. Schwere Fälle werden in '2—3 Tagen tödtlich.
Die Prognose ist demnach auch eine verschiedene, im Allge­meinen jedoch eine ungünstige.
Die Behandlung beschränkt sich mehr auf Verhütung des pyämischen Processes, auf Verbesserung der Blutbeschaffen­heit; man sorge demnach für freien ungehemmten Eiterabfluss
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Blutarmuth.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;5g^
durch Eröflnen von Abscesseu und Carbunkeln, reinige die Wunde gehörig und suche die Aufsaugung des Eiters durch die Gefässe zu verhindern, es geschieht das durch Bestreuen der Wunde mit Kohle, Alaun, durch Aetzen und im Notht'alle durch Anwendung des Glüheisens: Mineralsäuren, China unterstützen die Cur.
Ist trotzdem die Pyämie aufgetreten, so vermag die Kunst­hilfe nichts zu leisten.
Blutarmuth, Anämie.
sect;. 26. Wie schon der Name sagt, besteht die Anämie in einer be­deutenden Verminderung des im normalen Zustande vorfindlichen Blutquantums; hei diesem Zustande zersetzt sich die Blutflüssig­keit gewöhnlich sehr rasch, das Blut wird dünnflüssig, faserstoff­arm und blass. Es liegt hier eine relative Vermehrung weisser Blutkörperchen vor.
Ursachen. Eine solche Blutmischung wird durch starke Blutverluste herbeigeführt, ferner pflegen- langwierige Eiterungen oder anderweitig erschöpfende Krankheiten die Anämie im Ge­folge zu haben. Typhus, Tuberkulose und Krebs werden häufig von dieser Blutcrase begleitet.
Symptome. Auffällige Blässe der Haut und der Schleim­häute, matter Blick, verminderte Körpertemperatur, Sinken der Körperkräfte, verminderte Fresslust, beschleunigter Puls, klopfen­der Herzschlag, erhöhte Erregbarkeit der Gefäss- und Nerventhä-tigkeit.
Der Verlauf ist stets schleppend, Heilung hängt von dem die Anämie bedingenden Krankheitsprocesse ab.
Die Section ergibt auffallende Blutleere, Schlaffheit aller Gewebe, seröse Durchfeuchtung derselben.
Die Behandlung berücksichtige die Krankheitsursachen; im Allgemeinen sind bittere und aromatische Mittel, sowie Eisen­präparate angezeigt.
sect;. 27. Die Bleichsucht, Fäule, Fäulsucht, Cachexia aquosa
ist eigentlich eine im höheren Grade entwickelte Anämie. Das Blut ist bei der Fäule dünnflüssig, fleiscliwasserähnlich, gerinnt entweder gar nicht oder nur zu einem schlaffen lockeren Kuchen. Das Blutserum ist gegenüber dem Faserstoff, dem Eiweiss und den Blutkörperchen relativ vermehrt.
Die Fäule kommt besonders bei Schafen bald epi - bald en-zootisch vor und fuhrt in der Regel zu exquisiten Infiltrationen des Unterhautbindegewebes aller serösen Höhlen, selbst der Hirnhöhlen und führt oft durch Ocdem lebenswichtiger Organe zum Tode.
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582nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Constitutionelle Krankheiten.
A et io logic. Anlage zn dieser Krankheit haben meist junge veredelte Zuchtschafe weiblichen Geschlechts, was in der zarteren Constitution dieser Thiere liegen mag.
Als veranlassende Ursachen gelten anhaltende Nässe, feuchte Nahrung, schlechte Stallungen, das Pferchen auf durchnässtem Boden, sumpfige, moorige Weiden mit sauerem Grase, Fütterung wasserhaltiger Kartoffeln, Rüben u. s. w., der Genuss von verdor­benem Trinkwasser.
In sehr feuchten Jahren tritt die Krankheit seuchenartig auf und kommt in Gegenden mit tiefgelegeuen, feuchten und moo­rigen Wiesen als enzootische Krankheitsform vor. Die Fäule entwickelt sich auch secundär in Folge anderer Krankheitspro-cesse.
Sectionsergebniss. Das Blut wasserreich, fleischwasser-ähnlich. Alle festen Blutbestandtbeile, aber ganz besonders die farbigen Blutzellen und der Faserstoff, sind bedeutend vermindert, denn nur in seltenen Fällen werden gallertähnliclie Gerinnsel spär­lich im Herzen und in den grossen Gelassen angetroffen. Alle Gewebe sind blass, wie ausgelaugt, auf den Schleimhäuten ist jede Röthe gewichen, bisweilen sind die Gekrösdrüsen tumescirt; constant ist die Galle so enorm verdünnt, dass sie kaum bitter schmeckt, und nur ganz wenig gallig tingirt ist. Die Gallengänge sind mit grossen Massen Leberegeln erfüllt: in den Luftwegen be­gegnen wir dem Lungenfadenwurm (Strongylus filaria). In den Cadavern der an der Fäule zu Grunde gegangenen Schafe werden das Distoma hepaticum und lanceolatnm obzwar nicht constant an­getroffen.
Symptome und Verlauf. Die Krankheit entwickelt sich stets langsam und wird in der Regel erst dann auffällig, wenn sie schon einen höheren Grad angenommen hat. Die Thiere werden träge, ermüden bald. Die Wolle zeigt geringere Elasticität, lässt sich leicht ausrupfen. Die Haut ist bleich, zuweilen ödematös ge­schwellt, die Schleimhäute blutarm, mit zähem Schleime bedeckt. Die Bindehaut des Auges matt, bläulichgrau; die Augenlider ge­schwollen, Körper abgemagert. Der Hinterleib ist durch seröse Ergüsse ausgedehnt; Puls beschleunigt, Athmen erschwert, zuwei­len stöhnend, Herzschlag deutlich fühlbar, Fresslust vermindert; Kothabsatz unregelmässig, bald hart, bald diarrhoisch. In weite­rem Verlaufe stellt sich ein schmieriger Ausfluss aus Mund, Nase und Augen ein. Die ödemätösen Anschwellungen an den verschie­denen Körpertheilen nehmen zu. Die Thiere magern rasch ab, die Wolle fallt aus, die Athmungsbeschwerden steigern sich, die Thiere werden ausserordentlich hinfällig, bekommen Durchfalle und gehen an Erschöpfung der Kräfte unter Lungenödem zu Grunde.
Die Prognose ist von dem Grade und der Dauer der Krank­heit abhängig und geetaltet sich in dem Falle günstig, wenn die dem Leiden zu Grunde liegende Ursache entfernbar ist.
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Vollbliltigkeit.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; .nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 583
Die Bffbandlung ist im Beginne der Krankheit bei einem passenden diätetischen Verfahren oft erfolgreich. Bei hohem ent­wickeltem Leiden gewöhnlich fruchtlos. Von arzneilichen Mitteln bedient man sich amp;m zweckmässigsten der aromatischen und bittern Stoffe (Enzian, Wermuth, Calmus, Eichenrinde) in Verbindung mit Kochsalz, Eisenvitriol, auch sind harntreibende Mittel angezeigt (Terpentin, Wachholderbeeren, Fichtensprossen etc.). Zum Getränk eignet sich mit Eisenvitriol versetztes Wasser.
Die Fäule kommt zuweilen auch beim Rindviehe vor, verläuft unter gleichen Erscheinungen wie beim Schafe, nur dass sich hier ein schuppiger Ausschlag am Hals, Kopf und Rücken beigesellt, der zweckmässig mit Lauge oder Seifenwasser behandelt wird.
Die Durchführung eigentlicher Veterinär-polizeilicher Massre­geln wird bei dieser Seuche nicht erforderlich; mir ist der Verkauf des Fleisches solcher Schafe, bei welchen sich bereits ein cachec-tischer Zustand entwichelt hat, zu verbieten.
Vollblütigkeit, Plethora.
sect;. 28. Sie besteht in einer Vermehrung der Blutmenge ohne Veränderung der nonnaleu Zusammensetzung. Sie äussert sich in einer starken Anfüllung der Hautvenen, der höheren Röthe der Schleimhäute, kräftigem, vollem, hartem Pulse und starkem Herz­schlage. Dieser Zustand, der eigentlich keine Krankheit genannt werden kann, führt häufig zu Congestionen nach den verschieden­sten Organen, zu Zerreissungeu von Gelassen. Wiederholen sich diese Zustände, so bedingen sie Exsudationen und organische Veränderungen im Herzen, Gehirne, der Leber u. s. w., sie bedin­gen dann Circulationsstörungen und gestalten sich dann zu wah­ren Constitutionskrankheiten.
In den Cadavern vollblütiger Thiere findet man auffallenden Blutreichthum, das Blut dunkelroth, Herz und Gefässsystem von Blut strotzend; starke Hyperämieen in Leber, Lunge, Gehirn und Nieren.
Die Vollblütigkeit kömmt bei jungen gut genährten Thieren vor, die wenig Bewegung machen. Anfangs ist das Leiden von keiner Bedeutung, erst wenn es zu organischen Veränderungen geführt hat, ist die Prognose ungünstig.
Behandlung. Man reiche solchen Thieren weniger nahr­haftes Futter, lasse sie viel trinken, verordne leicht abführende kühlende Salze. Treten gefahrliche Hyperämien ein, so mache man ausgiebige Aderlässe, kalte Umschläge und gebe drastische Purgirmittel.
Siechkrankheiten.
sect;. 29. Die Siechkrankheiten pflegen in der Regel Folgen ander-
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584nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Constitutionelle Krankheiten.
weitiger Krankheitsprocesse zu sein, und charakterishen sich durch einen schlechten Ernährungszustand der dahinsiechenden Thiere. Alle Thiergattungen können Siechkrankheiten unterworfen sein. Als Ursachen werden aussei- den weiter unten angeführten Krank­heiten die Verabreichung einer verdorbenen oder ungenügenden Nahrung angesehen, der stelige Aufentlialt an einem Licht und Luft bedürftigen Orte, und ebenso der Gebrauch gewisser Arzneimittel. Auch miasmatische Einflüsse werden beim Entstehen von Siech­krankheiten beschuldigt.
Die örtlichen zum Siechthum führenden Krankheitsprocesse sind: chronische Luugenkrankheitcn, Krankheiten der Leber und Milz, Klappenfehler des Herzens, Darmleiden, ferner die pathologi­schen Processe der Tuberkulose, des Krebses, Eiterungen etc.
Die Erscheinungen cachcctischer Thiere sind: eine fahle missfarbige Haut, eine trockene, spröde Epidermis, struppiges Haar, glanzlose wenig elastische Wolle, schlaffe Muskulatur, blasse Schleimhäute, Kraftlosigkeit, Hinfälligkeit.
Die Prognose richtet sich nach dem Grade der Krankheit.
Die Behandlung ist in erster Reihe eine causale, die sich dem Grundleiden zuwendet. Stärkende Arzneimittel und erregende Stoffe sind angezeigt.
sect;. 30. Knochenbrüchigkeit, Knochenerweichung,
Markflüssigkeit, Beinweiche, Knochenkraukheit, Rackseuche, Osteo-malacia, Cachcxia ossifraga, Ostcopsathyrosis,
ist eine Krankheit des Rindes (nach einigen auch der Ziegen), die sich durch übergrosse Geneigtheit der Knochen, bei schon verhält-nissmässig sehr leichten mechanischen Einwirkungen zu brechen, zu erkennen gibt. Die Knochen solcher Thiere sind mürbe, leicht zu zerknicken, speeifisch leichter als im normalen Zustande; das Knochenmark dünnflüssig (desshalb Markflüssigkeit), schmutziggelb; die Knochen sind arm an anorganischen Bestandtheilen, namentlich phosphorsaurem Kalk und phosphorsaurem Magnesia.
Aetiologie. Verminderte Zufuhr oder vermehrte Ausfuhr der anorganischen Salze sind die Ursachen dieser Krankheit. Was letzteren Umstand betrifft, so findet ein verhältnissmässig grosser Verlust an anorganischen Stoffen bei übermässiger Säurebildung im Magen statt, wie sie durch Säurebildung begünstigende Futter­stoffe herbeigeführt wird. Hierher gehören der fortdauernde Ge-nugs von Knollen- und Rübenfutter, saueren Gräsern, schlechtes Fut­ter überhaupt. Eine bedeutende Ausfuhr dieser anorganischen Be-standtheile findet auch bei übermässiger Milchsecretion und im trächtigen Stande statt. In Gegenden, wo den Thieren beinahe ausschliesslich Knollen- und Rübenfutter gereicht wird, herrscht die Krankheit enzootisch. Die Knochenweiehe ist auch oft eine die Lecksucht begleitende Erscheinung.
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Knochenbrüchigkeit.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;585
Andererseits ist ihr erstes Auftreten mit den Erscheinungen der Lecksucht sehr ähnlich, und die Thiere lecken an Allem, was, sie er­reichen können, sie zerkauen Leder, Lumpen, Scherben, den Kalk von den Wänden, und zernagen die Krippen und Tröge. Herz­schlag und Puls sind träger, dieser weich und langsam. Die Ab­sonderungen haben meist einen säuerlichen Geruch,- dabei blähen die Patienten öfters auf. Der Gang ist dem verschlagener Pferde ähnlich, sie scheinen in den Extremitäten Schmerzen zu empfin­den ; zuweilen sind letztere auch über den Fesseln schmerzhaft ge­schwollen. Die Thiere liegen viel und stöhnen beim Aufstehen, was mit grosser Behutsamkeit geschieht und wobei sie wohl 5—10 Minuten auf den Vorderbeinen ruhen bleiben. Haben sie sich aber erhoben, so zittern sie, der Rumpf kommt in eine schwan­kende Bewegung, bis die Schenkel so weit ausgespreizt worden sind, dass sie gleich Pfeilern wirken, die an den Rumpf angelegt worden sind. Häufig zeigen die Thiere Zuckungen in den befalle­nen Partieen und fühlen sich daselbst ungewöhnlich kalt an. Die Muskeln sind angeschwollen, steif, wie holzig und beim Befühlen zeigen sie sich sehr schmerzhaft. Es treten mehr und mehr Ver­dauungsbeschwerden hinzu, die Fresslust verliert sich, das Wieder­kauen wird unregelmässig, die Maulhöhle ist voll zähen Schleims, die Zähne werden locker. Um diese Zeit pflegen bei den Thicren die Knochenbrüche einzutreten. Die Milch wird in geringerer Menge abgesondert und gerinnt gern. Endlich sterben die Thiere an Er­schöpfung. Bis zu diesem tödtlichen Ausgange braucht jedoch in der Regel der Krankheitsprocess mehrere Monate.
Eine eigenthümliche Erscheinung ist nach Falke, dass von so ergriffenen Müttern gesunde, kräftige Junge geboren werden *).
Die Prognose ist so lange die Krankheit noch nicht weit vorgeschritten ist, und die diätetischen Verhältnisse zum Vortheile des Thieres geändert werden, nicht ungünstig.
Die Section ergibt Erscheinungen der Anämie und den oben beschriebenen Knochenbefund.
Die Behandlung sorge für eine diätetische Pflege, Aufent­halt in luftigen Stallungen oder gar im Freien, wenn es die Wit­terung gestattet, von Arzneimitteln sind bittere aromatische Stoffe, Enzian, Calmus, ferner säurebindende Mittel, Kreide, Potasche u. s. w., endlich Kochsalz angezeigt.
Bei einmal eingetretenen Knochenbrüchen ist das Schlachten der Thiere am Vortheilhaftesten.
•) Wir glauben, diese Erscheinung limiet darin ihren Grund, dass eben der Fötus alle Kraft des Mutterthieres absorbirt, wodurch es wohl zum Erkranken des Letzteren kommen kann, aber eine kriiltigc Constitudon des Jungen nicht auszusehliessen ist.
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586nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Constitutionelle Krankheiten.
sect;. 31. Rhachitis, Knochenweiche.
Man versteht darunter eine allgemeine, dem jugendlichen Alter zukommende Ernährungsstörung der Knochen, die sich durch An­schwellung und Weichheit, besonders der Enden der Röhrenkno­chen charakterisirt und zu Verkrümmungen führen kann. Sie be­ruht auf einer mangelhaften Ablagerung von Kalksalzen in den er­krankten Knochen, in Folge dessen eine Verzögerung der Verknö­cherung und eine coustante Vermehrung der Phosphate im Urin eintritt, sowie auf einer Wucherung der knorpeligen Grundlage der Epiphysen.
Am häufigsten findet man diesen Process in den Knochen der Extremitäten, er kann jedoch auch die anderen Knochen des Kör­pers befallen.
Die Ursachen liegen in der mangelhaften Zufuhr von Kalk­salzen, wie dies bei schlechter Nahrung der Fall ist, oder darin, dass die aufgenommenen Salze im Organismus nicht abgelagert und durch den Darm wieder ausgeschieden werden, oder gelöst im Harne abgehen.
Man beobachtet diesen Krankheitszustand bei Hunden, Läm­mern, Schweinen und Affen. Unter bedeutender Dichtigkeitszu­nahme der Knochen kann Heilung erfolgen.
Aenderung der Futterungsverhältnisse spielt bei der Behand­lung die Hauptrolle, bittere und aromatische Substanzen, säuretil­gende Mittel und Kochsalz unterstützen wesentlich die Kur.
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A n h a n g.
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Tabellarische Uebersicht
über die Hauptmängel der Hansthiere in verschiedenen Staaten.
(Gewährzeit nach Tagen.)
33
M
amp;
I. Bei Pferden.
Verdächtige Drüse
Rotz
Dampf(auch Pfeiferdampf j
Dumiukoller (Koller)
Wurm
Stätigkeit
Schwarzer Staar
Mondblindheit (period. Augcncntziindung
Koppen
Epilepsie (fallende Sucht)
Riiude
Abzehrung als Folge der EntarUing der Organe der Kiüsi- und Hinter leibshöhle II.. Bei Rindern.
Drüsenkrankheit (Stier­sucht, Franzosenkrank heit
Lungensucht
Lun^enseuche
Rüude
Epilepsie (iallende Sucht)
Abzehrung als Folge von Entartung der Organe der Brust- und Hinter-leibshöhle
Tragsack und Scheiden-#9632;vorfall * III. Bei Schweinen,
Finnen
Lungentuberkeln u. Lun­gen wurmkrankheit
IV. Bei Pferden.
Riiude (Schabe, Milben­räude) Pocken
Lungenwurmkrankheit Egelwurmkrankheit Fäule (Anbruch) Bösartige Klauenseuche
und
Last-
thieren
Eseln und | Maul-thleren
Eseln, Maul-thieren
und Maul­eseln
15
15 15 15 15
*
5
15 50
-|30
9
30
* Wahre Stätigkeit.
15 15 15 30 30
30 30 30
14
14 21 14
40
*
8 40
40
40
In der Art. •• Ohne Abnützung der Zähne.
- \U
28
8 -28| — 15
20
30
28 14 40
40
50 |20 30* 120 30 'SO;— 15 -|-30
Lungen- u. Lebertuber­kulose.
28 28
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* Sofern er nicht unmit­telbar nach einer Geburt vorkömmt. In Frank­reich ausserdem die Fol­gen der zurückgeblie­benen Nachgeburt mit 9 Tagen.
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8 |2 Mon 2 Mon.i —
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und
Ziegen
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14| 15 10 30 30
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In Frankreich ausserdem Milzbrand mit 9 Tagen.
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590nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Anhang.
Bemerkungen zu der tabellarischen Uebersicht über die Gewähr-fehler und Fristen bei Viehveräusserungen *).
Das österreichische allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, sowie das preussische Landrecht machen den Verkäufer verbindlich, für die nicht wahrnehmbaren Fehler, welche er anzuzeigen unterlassen hat, sowie für die ausdrücklich bedungenen oder zugesicherten Eigenschaften einzustehen.
Erkrankt oder stirbt ein Thier innerhalb 24 Stunden nach der Uebernahme, so wird vermuthet, dass dasselbe schon vor der Uebernahme krank gewesen sei, und befreit den Verkäufer von der Gewährleistung nur der Beweis, dass die Krankheit erst nach der Uebergabe entstanden sei. Dieselbe rechtliche Vermuthung gilt auch, wenn eine der in der tabellarischen Uebersicht aufge­führten Krankheiten in der angegebenen Frist entdeckt wird, je­doch hat der Käufer in allen diesen Fällen dem Verkäufer sogleich von dem bemerkten Fehler Nachricht zu geben, oder in dessen Abwesenheit dem Ortsgerichte oder Sachverständigen so zeitig An­zeige zu machen, dass noch eine Untersuchung ermöglicht ist. Bei Unterlassung dieser Anzeige liegt dem Käufer der Beweis ob, dass das Thier schon vor Schliessung des Kaufes mangelhaft war, wo­gegen aber dem Verkäufer der Gegenbeweis offen steht.
Wegen vorlumdencr Felder oder mangelnftar Eigenschaften, welche zur Gewährleistung verpflichten, ist sowohl Klage um gänz­liche Aufhebung des Kaufvertrages (Waudelungsklage, actio red-hibitoria), Zurücknahme des Eaufgegenstandes, Rückstellung des ganzen Kaufpreises und Schadenersatz, als auch um theilweise Kückerstatfung des Kaufpreises (Minderung.sklage, actio quanti mi-noris) gesetzlich zulässig.
In Oesterreich erlischt der Auspruch auf Gewährleistung nach 6 Monaten.
Das für das Grossherzogthum Hessen im Jahre 1858 über die Währschaft beim Viehhandel erlassene Gesetz (S. Wochenschr. f. Thierheilkunde u. V. II. ÖU2) stimmt mit dem Vorgehenden nahe­zu überein; die Wandelungs - wie die Minderungsldage verjähren mit dem Ablaufe von 90 Tagen, vom Tage der Uebernahme des gekauften Thieres an.
Für Bayern ist das Gesetz vom 2(3. März 1859 Gewährlei­stung bei Viehveräusserung betr. (Wochenschr. III. S. 132) mass-gebend ui.d hat der Verkäufer nur die in der tabellarischen Ue­bersicht benannten Fehler in den dabei bemerkten Fristen Gewähr zu leisten, welch' letztere vom Tage der Uebergabe an, ohne dass dieser jedoch mitgezählt wird, berechnet werden. Wenn die be­zeichneten Fehler innerhalb der bestimmten Fristen sich offenba­ren, wird bis zum Beweise des Gegentheils angenommen, dass
*) Aus Adams Tasclifintmch.
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Anhang.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;591
das Thier schon zur Zeit des Kaufabschlusses damit behaltet ge­wesen sei.
Die Gewährleistung fällt weg bei richterlich angeordneten Versteigerungen, wenn der Verkäufer nachweist, dass dem Er­werber im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses der Fehler des Thie-res bekannt war und wenn das fehlerhafte Thier in einer Ge-sammtheit verschiedener Sachen ohne Ausscheidung eines beson­deren Preises veräussert wurde.
Bei begründeter Gewährleistungspfl;cht kann nur auf Aur­hebung des Vertrags, nicht auf Minderung des Kaufpreises Klage gestellt werden, es sei denn, dass sich der Fehler an einem zum Zwecke des Schlachtens erworbenen und auch wirklich geschlach­teten Thiere vorfindet, in welchem Falle der Käufer (soferne dem Verkäufer des Thieres zur Zeit des Kaufabschlusses unbekannt war) nur den Ersatz desjenigen Schadens verlangen kann, welcher ihm wegen der durch den Fehler herbeigeführten Unverkäuflich­keit oder Mindergiltigkeit des Fleisches oder anderer Theile des Thieres zugeht.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; *
Die Aufhebung des Vertrages verpflichtet den Verkäufer zur Zurückgabe dessen, was er aus dem Vertrag empfangen hat, zur Erstattung aller notwendigen Auslagen und zum Ersätze der be­strittenen Fütteruugskosten; dagegen hat der Käufer dem Verkäu­fer die Zurücknahme des lebendigen oder todten Thieres zu ge­statten und die aus dem Thiere gezogenen Nutzungen in Abrech­nung bringen zu lassen.
Wenn dem Verkäufer der Fehler des Thieres zur Zeit des Kaufabschlusses bekannt war, so ist er dem Käufer ausser vorste­henden Leistungen zum Ersätze alles Schadens und Gewinnentgau-ges verpflichtet.
Sind Zuchtthiere als Paare, Gespanne oder Züge verkautt worden, so kann wegen Fehlerhaftigheit eines einzigen Stückes die Aufhebung des Vertrages bezüglich des ganzen Paares eic. nicht aber bezüglich des einzelnen Stückes verlangt werden.
Beim Verkauf einer grösseren Anzahl Vieh (Heerden) kann der Käufer die Aufhebung des ganzen Vertrages verlangen, wenn es sich um Rindvieh oder Schafe handelt, bei denen ein oder mehrere Stücke mit einer in der tabellarischen Uebersicht ange­führten Krankheit behaftet sind. In allen anderen Fällen kann die Aufhebung des Vertrages nur bezüglich der fehlerhaften Stücke verlangt werden.
Die Klage auf Gewährleistung muss bei Verlust des Anspruchs spätestens innerhalb 14 Tagen nach Ablauf der Gewährsfrist er­hoben werden.
Sind bezüglich Abkürzung oder Verlängerung der gesetzlichen Gewährfristen, sowie Gewährleistung für specielle im Gesetze nicht genannte Gewährfehler oder Gewährfreiheit zwischen den Bethei-Ugten in einem giltigen Vertrage besondere Bestimmungen getrof­fen worden, so kommen die Vorschriften des Gesetzes nur soweit
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592nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Anhang.
zur Anwendung als jene Vertragsbestimmuugen nicht etwas An­deres festsetzten.
Ist Gewähr für Fehler bedungen, die im Gesetze nicht genannt sind, und dafür eine bestimmte Gewährfrist nicht festgesetzt wor­den, cd dauert hiefür die Gewährfrist 40 Tage.
Ein allgemeines Versprechen wegen aller Fehler zu haften, wird nur auf die im Gesetze genannten bezogen. Wenn wegen Gewährleistung für ein veräussertes Thier ein Rechtsstreit entsteht, kann jede Partei, sobald die Besichtigung des Thieres nicht mehr nothwendig ist, die Versteigerung desselben mit Hinterlegung des Erlöses verlangen.
Im Königreiche Sachsen sind nunmehr die durch das „bür­gerliche Gesetzbuchquot; vom 2. Januar 1863 festgesetzten Bestim­mungen über die Gewährleistung beim Veräussern von Thieren in Kraft getreten, wonach verborgene Krankheiten derselben, welche ihren Werth oder ihre Brauchbarkeit aufheben oder in nicht uner­heblicher Weise mindern, als Maugel zu betrachten sind, für wel­che der Verkäufer zu haften hat.
Erkrankt oder fällt das Thier innerhalb 24 Stunden nach dem Vertragsabschlüsse, so wird vermuthet, dass es schon zu jenem Zeitpunkte krank gewesen sei. Die gleiche Vermuthuug tritt ein, wenn bei einem Thiere ein durch das Gesetz specicll bezeichneter Fehler innerhalb der festgesetzten Gewährsfrist (s. vorstehende tabellarische Uebcrsicht) sich zeigt und kann in solchem Falle nur Aufhebung des Vertrages gefordert werden; es kann jedoch, wenn die Krankheit sich erst bei ausgeschlachtetem Vieh gefunden hat und der Verkauf des Fleisches polizeilich verboten worden ist, auch Minderung der Gegenleistung verlangt werden.
Wegen andererer als der bestimmten Fehler tritt bei Pferden undquot; Rindvieh eine Haftpflicht des Veräusserers nur ein, wenn er den Fehler gekannt, und dem Erwerber nicht angezeigt oder des­sen Nichtvorhandensein versprochen hat.
Die Fütterungskosten, welche der Erwerber auf das Thier verwendet hat, wegen dessen Aufhebung des Vertrages gefordert wird, sind von dem Veräusserer zu vergüten. Der Veräusserer kann den Vortheil des Gebrauches des Thieres, wenn und soweit ein solcher stattgefunden hat, aufrechnen. Sind Mutterthiere mit ihren Jungen veräussert worden, so tritt wegen verborgener Krank­heiten der letzteren eine Gewährleistung nicht ein.
Der Veräusserer haftet ohne Unterschied, ob er das Vorhan­densein des verborgenen Mangels oder das Nichtvorhandensein der versprochenen Eigenschaften gekannt hat oder nicht. Zur Ver­borgenheit des Mangels wird erfordert, dass er nicht von Jedem bei Anwendung gewöhnlicher Aufmerksamkeit bemerkt werden kann.
Die Haftpflicht wegen eines verborgenen Mangels fällt weg, wenn der Erwerber zur Zeit des Vertragsabschlusses den Mangel kannte oder falls er Sachkenner ist, ihn wahrnehmen musste, oder
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Anhang;.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;593
wenn solche durch Verabredung der Betheiligten ausgeschlos­sen ist.
Die dem Erwerber des fehlerhaften Thieres gegen den Ver-äusserer zustehenden Ansprüche verjähren von der EmpfangLahme desselben an innerhalb 6 Monaten. Diese Verjährucg tritt nicht ein, wenn der Veräusserer zur Zeit des Vertragsabschlüsse^ von dem verborgenen Mangel Keuntniss gehabt und denselben dem Erwerber nicht angezeigt, oder wenn er Eigenschaften versprochen hat, welche nicht vorhanden sind.
Allgemeine Anpreisungen begründen keine Haftpflicht auf Grund eines Versprechens. Ein allgemeines Versprechen für alle Fehler haften zu wollen, gilt nur für wesentliche, den Werth oder die Brauchbarkeit des Thieres aufhebende Mängel, gleichviel je­doch ob diese andauernd oder vorübergehend sind. Auch die Zu­sicherung bestimmter Vorzüge ist im Zweifel nicht so zu erklären, als ob diese Vorzüge im höchsten Grade vorhanden sein müssten.
Bei Veräusserungen im Wege der Zwangsversteigerung stehen dem Erwerber wegen verborgennr Mängel keine Ansprüche zu.
Für Würtemberg ist unterm 20. December 18(31 ein Gesetz betr. die Gewährleistung bei einigen Arten von Hausthieren er­lassen worden. Demnach gilt ein allgemeines Versprechen — we­gen aller Mängel zu haften — nur für die im Gesetze genannten Gewährsfehler und wird, wenn sich einer der letzteren bei einem verkauften Thiere innerhalb der festgesetzten Fristen, vom Tage nach der Uebergabe an gerechnet, offenbart — bis zum- Beweise des Gegentheils — angenommen, dass das Thier schon am Tage der erfolgten Uebernahme damit behaftet gewesen.
Abkürzung oder Verlängerung der Gewährfristen, Gewährs­freiheit etc. kann nur schriftlich verabredet werden.
Die Gewährleistung fällt weg bei öffentlichen, obrigkeitlichen Verkäufen, wenn durch Verabredung eine solche ausgeschlossen wurde, und wenn der Käufer den Mangel des Thieres gekannt hat. Wenn der Fall der Gewährleistung eintritt, so kann nur die Aufhebung des Verkaufs, nicht die Minderung des Kaufpreises ver­langt werden. Nur wenn sich der Mangel au einem geschlachte­ten Viehstück befindet, kann der Käufer auf Ersatz desjenigen Schadens klagen, der ihm wegen der durch den Mangel herbei­geführten Unverkäuflichkeit des Fleisches zugeht.
Die Aufhebung des Vertrags verpflichtet den Verkäufer zur Erstat­tung des Kaufpreises, sowie der Kosten des Kaufes, der gerichtlichen Besichtigung und der Fütterung und Pflege von dem Verzüge in der Zurücknahme des Thieres an. An diesen letztgenannten Ko­sten ist jedoch der von dem Käufer aus dem Thiere von jenem Zeitpunkte an gezogene Nutzen in Abzug zu bringen. Wenn der Verkäufer den Mangel kannte, hat er nebstdem Entschädigung zu leisten. Ein Anspruch auf Gewährleistung ist nur zulässig, wenn der Berechtigte innerhalb der gesetzlichen oder verabredeten Fri­sten Klage erhebt oder in dringenden Fällen wenigstens den Man-Kraus, Path. u. Therap. der Haussäugethiere.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 38
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Anhang.
gel des Thieres bei Gericht anzeigt, dessen Besichtigung beantragt und in diesem Falle innerhalb weiterer 14 Tage Klage erhebt.
Die Klage kann sowohl vor dem Gerichte des Verkäufers oder auch vor demjenigen, in dessen Bezirk der Vertrag geschlos­sen worden, •erhoben werden. Dieser letztere Gerichtsstand gilt insbesondere auch für Ausländer, auch wenn der Beklagte zur Zeit der Ladung nicht im Gerichtsbezirke anwesend ist und keine Vermögensstücke daselbst besitzt.
Mit der Ladung auf die Klage ist zugleich und mit möglich­ster Beschleunigung Tagfahrt zur Untersuchung des Thieres anzu­ordnen. Die weitere Verhandlung geschieht in abgekürztem Ver­fahren, zu dessen Regelung unter dem gleichen Tage mit dem Gewährschaftsgesetze nähere gesetzliche Bestimmungen erlassen worden sind.
Unterm 23. April 1859 ist für das Grossherzogthum Baden ein Gesetz über die Gewährleistung beim Verkauf von Hausthieren erlassen worden (Wochenschr. III. 183), dessen Bestimmungen in den wesentlichen Punkten mit jenen des wUrtembergischen Währ-schaftsgesetzes übereintreffen.
Im Grossherzogthumc Luxemburg begründen nach dem Ge­setze vom 18. April 1851 über die redhibitorischen Mäugel der Hausthiere beim Kauf und Tausch allein folgende Fehler Berech­tigung zur Klage: Bei Pferden, Eseln und Mauleseln: der Rotz, der Wurm, die alten Brustkrankheiten, die Herzschlächtigkeit, die Stätigkeit, das chronische Keuchen, das Krippenbeissen mit Aufstos-sen; beim Rindvieh: die alten Brustkrankheiten, die höckerige oder warzige Cachexie, die ausschwitzende Pleuropneumonie; beim Schafvieh: die Schafpocken, die Räude. Wird eine dieser Krank­heit bei einem einzigen Thiere (Schafe) erkannt, so zieht sie die Redhibition aller derjenigen der Heerde nach sich, welshe das Zeichen des Verkäufers tragen.
Bei den Schweinen: die Finnen.
Die Frist zur Anstellung der Redhibitionsklage dauert, mit Ausschluss des für die Lieferung festgesetzten Tages, und mit Einschluss des der Assignation, 20 Tage, wenn es sich von der Rotz- und Wurmkrankheit oder von der ausschwitzenden Pleuro­pneumonie handelt und 9 Tage bei allen übrigen Fällen.
Die Regierung kann im Verordnungswege in dringenden Fäl­len neue Redhibitionsfälle hinzufügen.
Innerhalb der Klagefrist ist der Käufer bei Strafe des Rechts­verlustes verbunden, die Ernennung von Sachverständigen zu ver­anlassen, welche die Untersuchung zu bethätigen und hierüber ein Protokoll aufzunehmen haben. Das desfallsige Ansuchen ist an den Friedensrichter des Ortes zu stellen, wo sich das Thier be­findet; der Friedensrichter muss ein inländischer sein und das ins Ausland verkaufte Thier an einen beliebigen Ort des Inlandes zu­rückgeführt werden. Der Richter ernennt 1 oder 3 Sachverstän­dige, beeidigt sie und schreitet ohne weiteres förmliche Verfahren in kürzester Frist zur Untersuchung und übergibt das Protokoll
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hierüber in Urschrift dem ansuchenden Theil. Ist ein Thier auf Befehl der zuständigen Polizeibehörde getödtet worden, so gilt das in diesem Falle aufgenommene Protokoll.
Das vorgängige Vergleichsverfahren ist für die Klage nicht nöthig. Wenn das Thier während der vorerwähnten Frist zu Grunde geht, so ist der Verkäufer zu keiner Gewährleistung ver­bunden, es müsste denn der Käufer beweisen, dass der Untergang des Thieres die Folge eines der genannten redhibitorischen Män­gel ist. Die Klage auf Zurückgabe eines Theiles des Kaufpreises ist ausgeschlossen. Die Bestimmung dieses Gesetzes ist nicht an­wendbar auf Thiere, welche bestimmt sind, geschlachtet und ver­zehrt zu werden. Von dem Gewährsfehler, welcher innerhalb der Klagefrist festgestellt wird, i.st immer anzunehmen, dass er bereits vor dem Verkaufe vorhanden gewesen. Der Verkäufer ist frei von der Gewährleistung für eine als ansteckend geltende Krankheit, wenn er beweist, dass das Thier seit der Ucbergabe mit ande­ren, von dieser Krankheit befallenen Thieren in Berührung gewe­sen ist.
In der Schweiz ist von den Cantouen ein Concordat über Be­stimmung und Gewähr der Hauptmängel bei Thieren aus dem Pferdegeschlechte und beim Rindvieh abgeschlossen worden, wobei folgende gesetzliche Vorschriften testgestellt sind:
sect;. 1. Beim Handel mit Thieren aus dem Pferdegeschlechte und mit Rindvieh, wenn das Thier über (J Monate alt ist, hat der Uebergeber (Verkäufer oder Vertauschet dem Uebernehmer (Käu­fer oder Eintauscher) während der gesetzlichen Zeit dafür Währ­schaft zu leisten, dass dieselben mit keinem im sect;. 2 aufgezählten Gewährsmangel behaftet sind.
sect;. 2. Gesetzliche Gewährsmängel sind:
a.nbsp; nbsp; Bei Thieren des Pferdegeschlechtes:
1)nbsp; Abzehrung als Folge von Entartung der Brust- und Hinterleibshöhle (Verhärtung, Verschwärung, Vereite­rung, Krebs, Tuberkelbildung) Währschattszeit 20 Tage.
2)nbsp; Alle Arten von Dampf (Engbrüstigkeit. Wäbrschafts-zeit 20 Tage.
3)nbsp; Verdächtige Drüse, Rotz und Hautwurm. Währschatts­zeit 21) Tage.
4)nbsp; Still- oder Dummkoller. Währschaftszeit 20 Tage.
b.nbsp; nbsp; Beim Rindvieh:
1)nbsp; Abzehrung als Folge von Entartung der Organe der Brust und Hinterleibshöhle (VeriTärtung, Verschwä­rung, Vereiterung, Krebs, Tuberkelbildung mit Inbe­griff der Perlsucht, oder sog. Finnen). Währschafts­zeit 20 Tage.
2)nbsp; Ansteckende Lungenseuche. Währschaftszeit 30 Tage. Die Währschaftszeit beginnt mit dem Tage der Uebergabe
des Kaufgegenstandes.
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596nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Anhang.
sect;. 3. Das Vorhandensein eines Gewährsmangels innerhalb der Währschat'tszeit hat zur Folge, dass der Uebergeber gehalten ist, das Thier zurückzunebmeu und den empfangenen Kauf oder Ansclilagsprcis dem Uebernehmer zu ersetzen.
sect;. 4. Wurde beim Kauf oder Tausch der Werth nicht be­stimmt, so muss das zurückgebotene Thier durch zwei Sachver­ständige gewerthet werden, welche der Gerichtspräsident vom Wohn­orte des Uebernebmers ernennt.
sect;. 5. Für Tbiere, welche vor Ablauf der Währschaftszeit in andere als die concordireuden Cantone oder in das Ausland ge­führt werden, dauert die Währschaftspflicht nur so lange, bis die­selben die Grenzen des Concordatsgebietes überschritten haben.
sect;. . Abweichungen von den gesetzlichen Bestimmungen über die Gewährsmängel und Gewährszeit können durch Vertrag bedun­gen werden.
sect;. 7. Nimmt der Uebernehmer eines Thieres einen Gewährs­mangel an demselben wahr, so bat er dem Uebergeber durch ei­nen Genieindebeamten davon Anzeige zu machen und ihm das Thier zurückzubieten.
Der Uebergeber hat sich binnen zwei Tagen zu erklären, ob er das Thier zurücknehmen wolle.
sect;. 8. Erfolgt diese Erklärung nicht, oder kann der Ueber­nehmer wegen nahe bestehenden Auslaufes der Gewährszeit oder aus einem anderen Grunde den Uebergeber nicht befragen, so soll der uebernehmer durch den Gerichtspräsidenten seines Aufent­haltsortes zwei pateutirte Tbierärzte bezeichnen lassen, welche das Thier zu untersuchen haben.
Derjenige, welcher das Thier zuvor ärztlich behandelte, darf nicht mit zu der Untersuchung beauftragt werden.
sect;. 9. Die berufenen Tbierärzte haben die Untersuchung so­gleich, jedenfalls innerhalb 24 Stunden nach Empfang der Auflor-derung, vorzunehmen. Sind sie in ihren Ansichten einig, so ist der Befund und das Gutachten gemeinschaftlich, bei getheilter An­sicht aber von jedem besonders abzufassen.
In letztcrem Falle wird der Gerichtspräsident unverzüglich eine nochmalige Untersuchung durch einen dritten Thierarzt an­ordnen und dann die sänmitlicheu Berichte der Medicinalbehörde des Cantons zur Abgabe eines Obergutachtens übermitteln.
sect;. 10. Erklären die untersuchenden Tbierärzte, dass zur Ab­gabe eines bestimmten Befindens die Tödtung des Thieres noth-wendig sei, so kann diese auf Bewerben des Unternehmers vom Gerichtspräsidenten bewilligt werden. Jedoch ist der Uebergeber vorher davon in Kenntniss zu setzen, wenn solches möglich und keine Gefahr im Verzüge ist.
sect;. 11. Sollte ein im lebenden Zustande untersuchtes Thier während der Gewährszeit umstehen oder aus polizeilichen Rück­sichten getödtet werden, ku ist dasselbe nochmals zu untsrsuchen,
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ein Sectionsbefund mit Gutachten abzufassen und nöthigenfalls das frühere Befinden zu berichtigen.
sect;. 12. Die erste Untersnchnng eines Thieres mnss innerhalb der Währschaftszeit vorgenommen werden, ansonst dieselbe keine rechtliche Wirksamkeit hat.
sect;. 13. Der Gerichtspräsident wird nach Empfang des Gut­achtens der Thierärzte oder des Obergntachtens der Medicinalbe-hörde sofort dem Uebernehmer das Original, dem Uebergeber eine Abschrift davon zustellen und den Letzteren auffordern lassen, sich zn erklären, ob er das Vorhandensein eines Gewährsmangels bei dem untersuchten Thiere anerkenne. Gibt der Uebergeber keine bejahende Erklärung, so kann er von dem Uebernehmer rechtlich belangt werden.
sect;. 14. Das übereinstimmende Gutachten der untersuchenden Thierärzte oder das Obergutachten der Medicinalbcliörde ist für das richterliche Urtheil massgebend.
sect;. 15. Die Kosten der Rückbictung der thierärztlichen Un­tersuchung sowie die nach der Rückbictung erlaufenden Kosten der ärztlichen Behandlung und Fütterung des Thieres sind von demjenigen Theil zu tragen, welchem das untersuchte Thier an­heimfällt.
sect;. 16. Nach angehobenem Rechtsstreite soll der Richter auf Begehren der einen oder anderen Partei die öffentliche Versteige­rung des Thieres anordnen.
Der Erlös wird vom Richter in Verwahrung genommen.
sect;. 17. Wird Rindvieh zum Schlachten veräussert und dann mit einer solchen Krankheit behaftet erfunden, dass der Verkauf des Fleisches ganz oder theilweise untersagt wird, so hat der Ue­bergeber für den erweislichen Minderwerth Vergütung zu leisten.
sect;. 18. Durch dieses Concordat werden alle früheren damit in Widerspruch stehenden Gesetze, Verordnungen und Uebungen aufgehoben.
Weiteres ist für die Schweiz ein Gesetz, betreffend den Vieh­verkehr, erlassen (v. 1. Weinmonat 1855), durch welches der Kauf-, Verkauf oder Tausch mit Thieren aus dem Pfcrdegeschleclite, mit Rindvieh, Ziegen, Schafen und Schweinen unter sanitätspolizeiliche Aufsicht gestellt, der Verkehr mit Thieren dieser Art, die an einer ansteckenden Krankheit leiden oder in einer Ortschaft gestan­den sind, wo eine solche unter der betreffenden Thiergattung herrscht oder kürzlich geherrscht hat, verboten ist, und für jedes über Vj Jahr altes Thier aus dem Pferdegeschlcchtc oder Rind vom Veräusserer dem Uebernehmer ein vom Viehschauer des Ortes, wo dasselbe gestanden hat, ausgestellter Gesundheitsschein über­geben werden muss.
Für den Verkehr mit Ziegen, Schafen und Schweinen inner­halb des Cantons, sowie für die Einfuhr einzelner solcher Thiere
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Anhang.
von anssenber sind mit Vorbehalt ansserordentlicber Massregeln gegen die EiuscHeppung herrschender Seuchen keine Gesundbeits-scheine erforderlich; dagegen darf die Einfuhr einer grösseren oder kleineren Heerde nur unter Vorweisung eines Gesundheits-sebeines bei der Viehscbau des der Grenze zunächst gelegenen Ortes stattfinden. Die Gesundheitsscheine sind in der Regel 14 Tage giltig. Zum gewerbsinässigen Betrieb des Viebhandels ist der Besitz eines Patentes erforderlfch.
Aus den Einnahmen für die Gesundbeitsscheine etc. werden zur Verhütung der weiteren Verbreitung einer Seuche den Eigen-thümern der auf polizeiliche Anordnung getödteten, erkrankten, oder möglicherweise angesteckter Thiere angemessene Entschädi­gungen bezahlt.
Gesetzliche Bestimmungen bezüglich der Abgabe von Arzneimitteln für Hausthiere.
Bezüglich der Abgabe von Arzneimitteln für kranke Haus­thiere bestehen zwar für die einzelnen Staaten verschiedene Ver­ordnungen, doch ist meistens den Thierärzten gestattet, die nöthi-gen Medicameute feelbst zu bereiten und abzugehen. Nur bezüg­lich der Gifte und heftig wirkender Arzneistoffe sind in der Regel mehr oder minder beschränkende Vorschriften erlassen worden, in den seltensten Fällen aber, wie z. B. in der bayr. Pfalz den Thier­ärzten das Halten einer Hausapotheke nicht gestattet, uud nur dem Apotheker das Recht der Verabreichung von Arzneien für kranke Thiere nach Ordination des Veterinärs eingeräumt.
In OesteiTeich enthält die Verordnung des k. k. Ministeriums vom 16. Jänner 1859 giltig für alle Kronläuder, betreffend „die neue österreichische Arzneitaxe-' (Reichsgesetzblatt Jahrgang 1859 VI. Stück) folgende Bestimmungen: sect;. 15 Abs. 2. Rücksichtlich der Thieriirzte hat es hierüber vorläufig bei den bestehenden hier­auf bezüglichen Verordnungen zu verbleiben *).
Die Thierheilmittel dürfen jedoch in keinem Falle höher als die Taxe für sie festgesetzt, angerechnet werden. Auf ihre Dis­pensation findet die Taxe für Recepturarbeiten keine Anwen­dung.
Diese allgemeine Vorordnung über die Arzneitaxe bestimmt im sect;. 1, dass alle Apotheker ohne Ausnahme, dann die zur Füh­rung einer Hausapotheke befugten Aerzte etc. sich vom 1. März 1859 anfangend an diese neue Arzneitaxe zu halten haben; im sect;. 3, dass die einzelnen Ansätze mit Rücksicht auf gute Beschaf­fenheit, Aeehtbeit, Reinheit und Bereitungsweise der Arzneikörper festgesetzt sind, und Zuwiderhandelnde für jede derlei Uebertre-
•) Nach diesen Verordnungen ist es den Thierärzten gestattet, die Arz­neien für kranke Thiere selbst zu bereiten und abzugeben, sowie die hieza erforderlichen Stoffe auch von den Droguisten zu entrehmen.
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tung in eine Geldstrafe von 50 bis 100 fr. verfallen; im sect;. 9, dass bei Bereitung und Abgabe der Arzneien sich strenge an das vor­geschriebene österreichische Med.-Gewicht zu halten ist; im sect;. 10, dass es erlaubt ist, die Arzneien unter der Taxe abzugeben, in welchem Falle auf dem Recepte sowohl der taxmassige als auch der freiwillig herabgesetzte Betrag mit Ziffern angemerkt werden muss; im sect;. 17, dass unberechtigter Verkauf inner- oder äusser-licher Heilmittel, der Verkauf verbotener Arzneimittel oder von Arzneimaterialwaaren unbekannter Gattung, falsche oder schlechte Bereitung und Aufbewahrung der Arzneien, Verwechslang dersel­ben, sowie Unvorsichtigkeit bei dem Giftverkaufe, vorscliriftswid­rige Verabfolgung von Gift, oder Nachlässigkeit in der Aufbewah­rung und Absonderung der Giftwaaren nach dem Strafgesetze be­bestraft werden.
Nach sect;. 2 vorerwähnter Verordnung dürfen nachstehende Ar­tikel von den Apothekern nur gegen ordentliche Verschreibung eines hiezu berechtigten Arztes, Wundarztes oder Thierarztes ab­gegeben werden:
Aether, roher,
AetzammoniakflUssigkeit.
Aloe, helle,
Arsenik,
Bilsenkrautblätter,
Bilsenkrautsamenöl,
Blausäure,
Bleiessig, v Bleizucker,
Brechweinstein,
Brechwnrzel (Rad. Ipecacuanh.),
Calomel,
Chloroform,
Crotonöl,
Crotonsamen,
Euphorbium,
Fingerhutkrautblätter,
Fower'sche Arseniklösung,
Goldschwefel,
Goulard'sches Wasser,
Grünspan,
Höllenstein;
Jalappawurzel,
Jod, Jodkalium und Jodtinctur,
Kali, ätzendes,
Canthariden und Cantharidentinctur,
Coloquinthenfrüchte,
Krähenaugen,
Creosot,
Kupfervitriol,
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600nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Anhang.
Meerzwiebel,
Mineralmohr,
Mutterkorn,
Niesswurzel,
Opium und Opiumtinctur,
Phagcflänisches Wasser,
Präcipitat, rother,
Quecksilbersublimat, ätzender,
Salpetersäure,
Salzsäure, concentrirte,
Schwefelsäure, englische
Schirlingskraut,
Seidelbastrinde,
Spiessglanzmohr,
Strychnin,
Sumachblätter,
Tollkirschenkraut, Extract und Tinctur,
Zinkvitriol.
In Preusscn ist durch das Regulativ vom 24. Juni 1836 den approbirten Thierärzten „die Befuguiss zum Dispensiren thierärzt-licner Medicamente für den Bedarf der eigenen Praxis (mit Aus­nahme der Gifte) vorbehalten.quot;
In Bayern steht das Selbstdispensiren der Medicamente in der Veterinärpraxis den Thierärzten zu: dieselben haben übrigens den Vorschriften über Aufbewahrung der Medicamente, insbeson­dere der Gifte, und über Bereithaltung der zum Dispensiren nö-thigen Gefässe und Vorrichtungen zu genügen (sect;. 17 der allerh. Verordnung vom 1. September 1858, die Reorganisation des Vete­rinärwesens betreffend).
Für das Königreich Sachsen ist durch das Gesetz vom 14. December 1858 die Ausübung *der Thierheilkunde betreffend, de-0 Thierärzten das Selbstdispensiren zugestanden. Derjenige, welcher von dieser Befugniss Gebrauch machen will, hat dem betreffenden Districtsthierarzt und durch diesen der Commission für das Vete­rinärwesen Anzeige zu machen und überdies die Verpflichtung, a) ein fortlaufendes Tagebuch zu halten und in. dasselbe alle von ihm verabreichten Arzneien in Receptform mit Angabe des Preises einzutragen; b) stets Arzneimittel von guter Beschaffenheit in ge­eigneten Räumen zu halten; c) die Zubereitung der Arzneien selbst zu bewirken eder unter seiner speciellen Aufsicht bewirken zu lassen; d) solche Arzneien, die einer besonderen kunstgerechten Zubereitung bedürfen und von dem Tbierarzte nicht selbs*; gefer­tigt werden können; aus einer öffentlichen Apotheke des Landes zu entnehmen, sowie e) bei der Aufbewahrung und Ausgabe von Giften die darüber bestehenden Vorschriften gewissenhaft und ge­nau zu beobachten. Die Aufsicht auf die Hausapotheken der Be-
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zirksthierärzte steht dem Landesthierarzte jener der übrigen Thier-ärzte den Bezirksthierärzten zu.
In weiterer Ausflihrung der Disposition des sect;. Ifi des allg. Gesetzes vom 14. December 1858 hat das K. S. Staatsministerium d. I. unterm 28. Februar 1861 eine Verordnung „die thierärztliche Arzneitaxe betreffendquot; erlassen, welche zum Gebrauche beim Dis­pensiren, sowie für streitige Fälle zum Anhalte bei bezüglichen Prüfungen und Feststellungen der thierärztlichen Rechnungen bis auf Weiteres als massgebende Norm zu gelten hat.
Die allgemeinen Bestimmungen dieser Arzneitaxe lauten:
1)nbsp; Jede kleinste Menge eines Arzneimittels, deren Taxpreis 2 Pfennige nicht erreicht, ist dennoch mit diesem Preise zu be­rechnen.
2)nbsp; Eine Ermässigung der gewöhnlichen Taxpreise hat bei Dispensation von 4 Unzen derjenigen Arzneien einzutreten , rück-sichtlich deren der dann einzuhaltende Preisansatz in der Taxe ausdrücklich bemerkt ist.
3)nbsp; Die in der letzteren mit einem * bezeichneten Arzneien sind nach Manualvorschriften in der hiesigen Thierarzneischule be­reitet und können aus derselben bezogen werden.
Diese Arzneien sind:
Balsamus Opodeldoc liquid.
1 Unz
.1
Ngr.
6 Pf.
— vulnar. seu commendator
1 — 4 — 1 —
2 8 2
5 -
Emplastrum adhaesivum
__
__ __
— Cantharid. rubr.
1 —
4
— —
Pulvis pectoralis
IPfd.
8
-------
— stomachico-catarrhalis
1 —
6
-------
— temperans
1 —
10
__ —
Species emollientes
XUnz.
A
2 2
6 —
— pro clysteribus
ft -----
1 —
4 — 1 —
8 — 4 —
8 —
— resolventes
__
— —
4 —
2
4 —
Unguentum Althaeae
1 —
2
— —
— —
4 —
6
__
____
— emolliens
1 —
2
__
4 _
— de Milano
1 -
5
-------
-- nervinum
1 -
2
4 —
— saponato-camphoratum
1 —
4 —
1 5
5 —
In Würtemberg haben die geprüften Thierärzte die Berechti­gung, eine bestimmte Anzahl Arzneimittel zu halten und Arzneien für Tbiere abzugeben (Minist.-Verordnung vom 22. Januar 1853), wobei folgende Vorschriften zu beobachten sind. Jeder Thierarzt, der von diesem Rechte Gebrauch machen will, hat hievon dem
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602nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Anhang.
Oberamte nnd Oberamts-Pbysikate Anzeige zumacben; die Arznei­stoffe in einem eutspreebenden verscliiiessbaren Räume und je nach ihrer Bescliaffeniieit in geeigneten Gefässen aufzubewahren; die stark wirkenden und giftigen Stoffe von den übrigen Arzneien ab­zusondern und jedes Arzneimittel mit seinem Namen in lateinischer und deutscher Sprache zu bezeichnen; Arzneistofie stets nur von guter Qualität vorräthig zu halten; über alle Ankäufe von Arznei-stoif'en ein Buch zu führen, in welches jede Ordination speciell unter Angabc des Datums, Namens und Wohnortes des Thierbe-sitzers, sowie des Preisansatzes einzutragen ist. Der Oberamtsarzt führt die Controle und hat jährlich einmal unvermuthet Nachsicht zu pflegen.
Die Arzneimittel, welche die würterabergischen Thierärzte zu halten befugt sind (von welchen die mit * bezeichneten aus der Apotheke bezogen werden müssen), sind folgende:
*nbsp; nbsp; Acetum plnmbi, Alcohol germanicus,
*nbsp; nbsp; Aloe lucida, Alumen crudum, Ammonium chloratum venale, Calcaria chlorata venalis,
*nbsp; nbsp; Camphora,
Cuprum sulphmicum venale,
*nbsp; nbsp; Emplastrum acre, Extractum hyoseyami e sueco, Ferrum sulphuricum venale,
*nbsp; nbsp; Hepar antimonii,
Kali carbonicum crudum, — nitricum,
*nbsp; nbsp; nbsp; — sulphuricum,
*nbsp; nbsp; Liquor ammoniaci caustici, Natrum sulphuricum, Oleum animale crudum,
— Terebinthinae, Sulphur sublimatum venale,
*nbsp; nbsp; Tartarus depuratus,
*nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; — eraeticus venalis, Terebintbina veneta, Unquentum cantharidum,
*
— Hydrargyri cinereum, Zincum sulphuricum venale.
In Erwägung, dass eine ermässigte Taxe der Arzneimittsl für die Hausthiere, theils durch das Erforderniss grösserer Mengen, theils durch die Modification ihrer Qualität gegenüber von der für Menschen begründet erscheint, hat das k. w. Ministerium unterm 26. August 1848 auch eine Arzneitaxe für die thierärztlicben Heil­mittel eingeführt und dabei verordnet:
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Anhang.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; fiOS
1)nbsp; Die Apotheker sind nicht verpflichtet, sämmtliche in der Taxe aufgeführten Veterinärmittel und Formen dieser Mittel, son­dern nur jene vorräthig zu halten, welche von den Thierärzten ihres Kundenhezirks gefordert und verordnet werden.
2)nbsp; Alle diejenigen Arzneistoffe, welche ausschliesslich nnr für kranke Thiere angewendet werden, von den für die menschliche Heilkunde bestimmten genau zu scheiden und in eine besondere Abtheilung zusammenzustellen.
3)nbsp; Die Taxe fordert und setzt voraus, dass die einfachen oder Rohstoffe in echter, reiner, unverdorbener und ungeschwäch­ter Qualität dispensirt werden.
4)nbsp; Die in der Taxe mit dem Beiworte „venalisquot; bezeichneten künstlich bereiteten Arzneistoffe sind nicht in dem für die mensch­liche Therapie geforderten Zustande exaeter Reinheit, sondern in dem Zustande zu dispensiren, in welchem Fabrication und Handel dieselben als unverfälschte, kaufmannsgute Waare liefern. Die nicht mit diesem Beiworte bezeichneten Präparate sind nach der Vorschrift der Landes - Pharmacopöe über ihre Reinheit und Ge­nauigkeit der Zusammensetzung bereit zu halten.
5)nbsp; Einige wenige Rohstoffe und Präparate (die Nuces vo-mica, Ipecacuanha, Jalappa, Rad. Rhei, Seeale cornutum, Hydrar­gyrum chloratum nistel werden in der Form des alkoholisirten Pulvers, Pulvis subtilis, andere in der Form des gröblichen Pul­vers, Pulvis grossus, andere in der Form des mittelfeinen Pulvers, pulvis oder pulveratus bezeichnet, verlangt.
6)nbsp; Bei allen Arzneimitteln, bei welchen die Taxe nach ver­schiedenen Gewichtsmengen festgesetzt ist, gilt die Taxe der klei­neren Gewichtsstufe nur bis zum Preise der Hälfte der höheren Gewichtsmenge. Wenn z. B. der Taxpreis der Unze 16 kr., der Drachme 3 kr. ist, so sind 3 Drachmen wie 4 Drachmen zu 8 kr., 6 Drachmen zu 12 kr. zu berechnen; wenn die Taxe für 2 Gran 1 kr., für den Scrupel 8 kr. beträgt, so sind 8 Gr., sowie 10 Gr. zn 4 kr., 12 Gr. zu 5 kr. und 15 Gr. zu 6 kr. zu berechnen.
7)nbsp; Bei bedeutender Ausdehnung und Dauer einer unter der Staatsflirsorge stehenden Seuche unter den Hausthieren ist auch ferner dafür zu sorgen, dass über die Lieferung der in grösserer Menge erforderlichen Arzneimittel mit dem betr. Apotheker ein billiger Accord abgeschlossen wird.
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Kegister.
Seite
Seite 239
Bauclifellentzündung
Abscess
154
Bauchspeicheldrüsenkrankheiten
239
Absorbentia
14
Bauchwassersucht
243
Ablej,'entia
16
Beissfliegc
78
Achsendrebung dos Darmes
218
Beschälseuche
308
Adenitis cquorutn
318
Bestimmungen betref. den Verkauf
Adstringentia
14
und Anltaut einiger
der
Allopalhie
12
Hausthiere
591
Amentia
420
Beslimmungen bezüglich
der
AI
-
Amphysiömiim
62
gäbe von Arzneimittel
für H
ins
-
Amyloide Entartung
122
thiere
598
Anämie 105 u.
581.
Bindegewebsneubildung
127
Anaplirodisia
260
Bläschen-Emphysem
375
Anatomie des Magens
161
Blasenkrampf
266
Angina
169
Blasenlälimung
26S
— membranacca
339
Blasensteine
265
Anthrax
496
Blatlern
567
Anthraxbräune
518
Bleikolik
183
Antiparasltica
14
Bleichsucht
551
Antiseptica
15
Blitz
22
Antoinusieuer
515
Bim harnen
250
Aphllienseuclie
559
Bluthusten
351
Apoplexie
428
Blutkrankheit der Schafe
515
— der Leber
227
Blutslaupe
515
Arachnida
quot;69
Blutung
109
Areometer
300
Bodenbeschaffenheit
24
Arteritis
385
Bothrioccphalus
63
Ascaris
45
Brand
156
Ascites
243
Bräune
169
u.
338
Asthma
376
Bremsen
76
Atheroma
136
Brighlische Nierenerkrankung
256
Aufzucht
95
Bronchialcata.-ih — chronischer
339 343
B.
Bronchitis
389
Bandwurm
68
Brustfellentzündung
349
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606
Register.
Brastwassersackt Butterprobe
C.
Cachexia lolae cellulosae hyd
Carbunkelliranklieit Carbonkeltyphna
Carcinon.u
—nbsp; nbsp; nbsp;fibrosnra
—nbsp; nbsp; nbsp;in 01 In II are Cardiobalmus Carditia Cstalciisie Causalindication Canstica Cellulose Chankcrseuche Cinanchesie Cirrhosis hepatis Cisticercus cellulosus
—nbsp; nbsp; nbsp;fistularis Colloidontartung CoiiiTcrnente Congestion Conlagien Coryza
—nbsp; nbsp; nbsp;lyphosa Croup
Croup der Nasensclilelmhaiit Cysten der Leber Cystenbildung Cystospasmus
D
Dampf
Dirmbliitung
Darmcatarrh
Darmciiiscliiebmig
Darmeinscliniirung
Darmentzündung
Darmpolypen
Darmsteine
Darmverengung
Darmzerreissung
Darrsucht
Dasselbeule
Dasselfliege
Dermatodcctes
Dermatodcctes-Krätze
Diabetes
Diagnose
Diarrhöe
Seite 346
302
.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Seite
Dies crilicinbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 4
Dipteranbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 76
Distomuin hepaticumnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 62
Drehkrankheitnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 430
Druse gutartigenbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;318
—nbsp; nbsp; nbsp;bedenklichenbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;819
—nbsp; nbsp; nbsp;bösartigenbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;320 Dumrakollernbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;420 Durchfallnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;177 Dysenterianbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;201
—nbsp; nbsp; nbsp;neonatoriimnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;198
E.
Eierstockcystennbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 273
Einflüsse, kosmisch-telluriscbenbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 22
Einhulernbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 88
Eiterbeulenbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 154
Eitersenkungnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;154
Eiterungnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 153
Electricilätnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 22
Empyemanbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 154
Emphysema pulraonuinnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 375
Encephalitisnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 425
Endlochnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;62
Endometritis catarrhalisnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;270
—nbsp; nbsp; nbsp;puerperalisnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 277 Euleralgianbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 181 Enterrhagianbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;191 Entophytennbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 42 Entozoennbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;43 Entzündungnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;146
—nbsp; nbsp; nbsp;des harten Gaumensnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 168 Epidermisnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 450 Epilepsienbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;412 Epiphytennbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 42 Epistaxisnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;316 Epizoennbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;43 Euterentzündungnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 284 Enterrosenbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 468
atigena
483
510
515
138
140
141
381
3S3
417
13
15
27
308
169
231
68
68
151
83
106
83
317
321
338
335
223
136
266
376 191 192 219 218 198 223 221 217 220 389 471 78 73 473 246 2 177
Fäulenbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;681
Fälschung der Milchnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;297
Fadenwurmnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;45
Fallsuchtnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;412
Fasergeschwulstnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;129
Faserkrebsnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;140
Febris gastricanbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;198
Fell flechtenbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;459
Fettlebernbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 232
Fibroidnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 128
Fiebernbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 97
Filarianbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;45
.
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Register.
607
Seite
Finnen
67
Hundswuth
Finnenkranklieit
483
Hydroceplialus
Fleisch
34
Hydronephrosis
Fleiscbgescliwulsl
129
Hydrophobie
Flöhe
84
Hydrops
Franzosonkraiiltheit
346
Hydrothorax
Fünl'loch
70
Eyperämiae
Fatterstoife
25
— renalis
Hypertrophie
e.
Hypobosca equina
Gallenblasenuusdchuung
234
I.
Gallenblasencntzündung
234
Gallenblasenverschliessung
234
Icterus
Gallensteine
234
Immunität
Gastrus
76
Impetigo
Gastrorihagie
191
Incrustation
Gaumengesclnvulst
168
Indicationen
Gebärniutterblutung
274
Involventia
Gebärmutterbiüche
281
Isopathie
GetiärmiiUercnt'iündung
277
Ixodes
Qebärmuttei'krebs
282
Juckausschlag
Gebärmiitterpolypen
282
Geilheit
269
H
Genesung
r.
Gewährsmängel
590
Kalbefieber
Kehllioplcatarrh
H
Kehlsucht
Haare
451
Keuchhusten
Haarkopf
46
Klanen
Haarlinge
171
Klauenseuche
Haarsaokmilbe 69 u
472
Kloicnflechte
Hackenwürmer
01
Knochen
Haemoptysis
351
Knochenbriichigkeit
Haeinaturia
250
Knochenseuche
Harnblasencatarrh
262
Körperconstitution
Harnröhrenentzündung
261
KuliK
Harnverlialtung
249
Kolumbaczer Mücke
Harnruhr
216
Krätze
Harn winde
253
Krampfkolik
Hauptin iingel
590
Krankheit
Heilgrundsätze
11
Krankheitsabnahme
Heilmittel
13
Krankhcilsausgänge
Hernien
217
Krankhcitsstadien
— innere
217
Krankheiisui Sachen
Herpes l'urfuraceus
454
Krebsbildung
— tonsurans
45t
Krisis
— unguinosus
459
Herzbeutel- und Herzentzündung
283
Ma.
Herzbeutel Wassersucht
381
Herzerweiterung
882
Lac viseidum
Hodensack- und Hodenonlzündung 272
— aeidosum
Hörner
454
Lac.tifera
Homöopathie
12
Lähme
Hundelloh
83
Lähmungskrankheit
Seite 392 130 130 392 113 346 106 238 123 u. 152 80
224!-5
465
121 12 16 12 69
461
277 u. 424
337
337
336
452
559
451
34
584
586
96
181
82
472
182
1
4
4
3
20
138
4
291
292
16
441
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I
608
Register.
Seite
Seite
Lamp;mmcrlälune
441
Masidarnivortiill
219
La mm err u lir
198
Mastitis
284
l.äuse 82 u
. 471
Maulblutuug
191
Latenz
a
Maucke
467
Langwerden der Milch
291
Maulseuche
559
Laaterstall
246
Medullarkrebs
141
Lebensalter
95
Meningitis
425
Lebensweise
95
Mclalldample
23
Leberatrophie
230
Metastssen
5
Leberdop|ic'llocli
62
Methode
12
Leberbluiung
227
— abwartende
12
Leberentzündung
228
— direct heilende
12
Leberegelseiiclie
235
— exspeclative
12
Leberhernien
230
Metrorrhagie
274
Leberhj-periimie
227
Miasmen
86
Leberhypcrtiopliio
230
Milben
30
Leberkrebs
238
Milch
35
Leberschwund
230
— öchlückerige
293
Lecksucht
190
— bittere
293
Leiclienerscheinungen
3
Milchfehler
287
Liclien
458
Milchlieber
424
Licht
20
Milchfisteln
286
Löserdürre
525
Milchknoten
286
Lult 20
u. 23
Milzbrand
512
Lunyenbiutung
351
Milzbrandlieber
424
LuDgeiientziiudung
352
Milzbrandcarbunkel
510
Lunyonseuche
356
Hilzbrandödera
513
Lustscuche
346
Mittel absorbirende
14
Lymphangiotis
388
— ätzende
15
Lymphgerassentziiudung
368
— aullösende
16
Lysis
4
— auswuifbelordernde
16
beruhigende
17
Ifl.
blasenziehende______,
15
— einhüllende
16
— entziehende
IG
Madenwurm
45
täulnisswidrige
15
Magenblutung
191
— die Hauttiiatigkeit lörd
jrnde 16
Magen- und Darmentzündung
204
— die Milchabsonderung
bel'ör-
— croupöse
204
derude
16
— toxische
205
— Schmarotzer tilgende
14
Magener Weiterung
210
— stärkende
17
Magenbremse
76
— stoffzersetzende
17
Magencatarrh
192
— wehenbelördernde
15
Magendurchbolining
211
zusammenziehende
14
Magen Verengerung
210
Molimina critica
4
Magenkrebs
216
Morbilli
575
Magenpolypen
217
Morbi continui
3
Magenseuchc
192
Morbus Brighti
256
Magensteine
216
Mucin
27
Magnetismus
22
Mumps
171
Mania periodica
418
Muskeln
34
Markschwamm
141
Muskelentzündung
485
Masern
578
Muskclrheumatismus
487
Masldarmbremse
76
Myositis
485
Mastdarmentzündung
200
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RogiBtcr.
609
Seite
Seite
w.
Pflanzencasein Pflanzenfibrin
26 26
Nachkrankheiten
5
Pflanzengallerte
28
Nagen der Kühe
190
Pflanzenlcim
27
Nahrungsmittel
25
Pflanzenschleim
#9632; 28
Nasenbluten
316
Pfriemenschwanz
45
Nasenbremse
77
Phlebitis
386
Nasenschleimhnutcaliirrh
317
Physiatrie
11
Naturheilung
11
Pilze
42
Necrosis
156
Pitiriasis
454
Nematelmien
44
Plattwürmer
62
Nephritis
2S3
Pleuritis
349
Nesselausschlag
462
PleuropncumoniB exsudat.
conta-
Neubildung von cutisartigem Ge-
giosa
356
webe
136
Pneumonia
352
— — Fett und Fettgewebe
134
— interslitialiä boum
356
— — Haaren und Nägeln
136
Pocken
567
— — Knochengewebe
132
Porrrigo
456
— — Knorpelgewebe
131
Präservativmittcl
41
— — Muskelgewebe
100
Priapismus
269
— — Pigment
133
Proctitis
200
Nierenbeckentzündung
258
Prognosis
4
Nierencysten
258
Prophylaxis
17
Nierenentzündung
253
Prostatitis
271
Nicrenkrebs
260
Prurigo
461
Nierensteine
258
Psoriasis
455
Nymphomanie
269
Puls Pulsadergesch willst
103 385
O.
Purgantia Pustula maligna
16
510
Obsolescenz
121
Pustelficchtc
456
Oele, fette
28
Pyäraie
580
Oestrus
78
Pyelitis
258
Onchoccrca
60
Oophoritis
273
R.
Ozäna maligna
322
Iraquo;
Ra9e
95
Räude
472
Rahmmessung
300
Pallisadenwurm
46
Recidive
4
Parasiten
43
Remission
3
Paronychia maligna
469
Resolventia
16
Parotitis
171
Restaurantia
17
Paroxysmus
8
Rigor mortis
6
Pectin
28
Rhachitis
686
Peitschenwurm
46
Rinderpest
525
Pentastomum
170
liollschwanz
60
Pericarditis
283
Rothlauf
463 u. 515
PeritonSitis
239
Rotz
321
Pestfieber
496
Ruhr
201
Pferdelausfliege
80
— der Säuglinge
198
Pferdetyphus
505
Rundwürmer
44
Pflanzenalbumen
26
Rückenmarksentzündung
448
Kraus. Path. u. Thcrairaquo;. der
Hauss
äueethiere.
39
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II
610
Register.
Seite
Seite
Rülpsen
176
Therapie
11
Ruptur
109
— rationelle
12
— empirische
12
S.
Thiergattung
87
Tod
5
Sarcom
129
Todeszeichen
6
Sarcoptes
70
Todlenstarre
6
Sarcopteskriifze
472
Tollwuth
392
Satiriasis
269
Tonus
102
Saugwürmer
61
Trabberkrankheit
444
Scirrlms
140
Triiberkrankheit
467
Schal'riiude
475
Transsudat
112
Scheidenentzündung
283
Tiematoda
61
Sclieidcnpolypen
283
Trichina spiralis
47
Schlagfluss
428
Trommelsucht
211
Schlcimfieber
192
Trychomycea tonsurans
43
Schmarotzer
41
Trychophyton
48
Schwindel
417
Tuberkulisirung
120. u. 143
Schuppen-Flechte
455
Tuberculosis glandnlarnm
boum 846
— Grind
456
Tuberkelbildung
143
Scorbut
579
Tussis convulsiva
336
Scroplmlosis
389
Tympanitis
211
Sedati va
17
Typhus carbunculosus
496
Semiotik
2
Siechkrankheiten
583
Solventia
16
u.
Speckleber
233
Speichcldrüsenentiuindung
171
üeberwurf der Ochsen
218
Speichelsteine
172
ürethritis
261
Speiseröhrenentzündung
173
Urocystitis
262
Speiscrölirenverengerung
173
urticaria
462
Spelz
41
Spiroptera
60
Splenitis
238
V.
Springwurm
45
Spulwurm
45
Vaginitia
283
Starrkrampf
437
Variola
567
Stanpe
340
Veitstanz
416
Steine
83
Vergiftungen
208
Stiersucht
268
Vcrhornung
121
Stomatorrhagia
168
Verkalkung
121
Stützigkeit
418
Verknöcherung
121
Stützschwanz
60
Verödung
121
Symbiotes
78
Vcrstopfungskolik
183
Symptome
2
Vollblütigkeit
583
Symptomatologie
2
Vorbauung
17
Synovitis rheumatica
489
Vorfall der Gebärmutter
280
Vorhersage
4
W
Taenia Tetanus — agnorum
63 487 Waldkrankheit 441 Wasserscheu
210 893
1
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Register.
611
Seite
Wassersucht
Weiden
Wetzkrankheit
Wiederkäuer
Winde
Windkolik
Wnrmkolik
Seite
113
40
444
Zecken
89
Zottenkrebs
23
Znngencarbiinkel
182
183
79 141 518
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Errata.
Seite
3
Zeile
32 v
0.
4
10 v.
D.
62
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U.
63
7 v.
D.
73
7 v.
0.
87
20 v.
0.
119
2 v.
0.
133
17 v.
u.
135
10 v.
n.
184
6 v.
u.
216
13 v.
n.
216
12 v.
o.
252
4 v.
0.
259
__
1 V.
0.
277
19 v.
o.
278
1 V.
0.
279
5 v.
u.
316
3 v.
0.
339
16 v.
o.
376
16 v.
u.
440
11 V
D,
statt Wiedgenesung lies Wiedergenesung, st erkrankten 1. Erkrankten. st. Baum 1. Bau. st. ver- 1. verschiedener. st. blieben 1. bleiben. st. eigenthüm- 1. eigenthiimlichen. st. calloide 1. colloide. st. ecklige 1, eckige, st. verharnen I. verhornen. st. Nachfand 1. Nachhand. st. freniculi 1. foeniculi. st. Oferuss 1. Ofenruss.
st. Verbauungsverfahren I. Vorbauungsver­fahren, st, faccetirter 1. facettirtcr. st Uteruas 1. Uterus. st. Vorarbeiten 1. Verarbeiten. st. qneac. 1. quere, st. Capillarien 1. Capillaren. st. locken 1. locker, st. bergen 1. beengen st. starriticire 1. scarrificire
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