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Untersuchungen
über die
Entstehung der Missbil düngen
zunächst
in den Eiern der Vögel.
Von
Dr. 1*. li. Paiiiiin,
ProfesBor der Physiologie an dot Universität zu Kiel,
BIBUOTHEEK
DIEiiGENEESKUNDE UTRECHT
Mit 107 Abbildungen auf 12 Tafeln.
B e v 1 i n.
Druck und Verlflg von (ieori; lift im er. 1800.
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V o r w laquo; v t.
Jtjei den Briitversuchen, die ich zunächst für die Vor­lesungen über die Entwickelungsgeschichte in gewöhnlicher Weise in einer Brütmaschiue vornahm, waren niir schon oft mehr oder weniger bedeutende Abweichungen von der Norm, die ich nirgends beschrieben fand, aufgefallen. Da icli aber die Bebrütung in der Kegel in den früheren Ent-wickelungsperioden unterbrach, blieb es mir anfangs zwei­felhaft, ob es sich dabei um wirkliche Missbildungen han­delte, oder ob nur Unglcicbmässigkeiten der Eiitwickelung vorlagen, die sich späterhin vielleicht ausgleichen könnten. Meine volle Aufmerksamkeit wurde diesen Abweichungen erst durch folgende Beobachtung zugewandt: Ich wollte versuchen, ob es mir gelingen würde, die Hühnchen in meiner kleinen Brütmaschine zum Auskriechen zu bringen, und setzte deshalb die Bebrütung bis über den 21sten Tag hinaus fort. Als jedoch am 23sten Tage kein Hühnchen ausgekrochen war, öffnete ich die Eier nach einander un­ter Wasser. Sie waren sämmtlich abgestanden, und ihr In­halt befand sich im Zustande stinkender Fäulniss. Da je­doch fast alle Eier Embryonen von verschiedener Grosse und Eiitwickelung enthielten, wollte ich, durch die früher beobachteten Abweichungen von der Norm angeregt, un­tersuchen, inwiefern diese Embryonen eine normale Ent-
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Wickelung bis zur Zeit ihres Abstevbens zeigten, oder nicht, toh löste laquo;iu daher unter Wasser vorsichtig vom Dotter ab, erneuerte das Wasser so lange es sich stark trübte, mit Vermeidung einer stärkeren Bewegung der zum Theil sehr weichen Embryonen, und brachte sie dann, jeden für sich, in Spiritus, um sie dadurch etwas consistenter zu machen. Als ich sie darauf untersuchte, bildeten sie zu meiner Ueber-raschuug eine schöne Suite ganz unverkennbarer Missbil­dungen von sehr verschiedenen Formen und von verschie­denem Alter. Spiüa bifida, Hydrocephalie, Ectopie der Eingeweide, Offenbleiben einer oder mehrerer Visieralspal-ten an einer Seite, #9632;während sie an der anderen geschlos­sen waren, Atrophie des einen Auges, während das andere sich fortentwickelt hatte und fast in der Mitte der Stirn sass, Verkriunmungen und Deformitäten des Schnabels und der Extremitäten, Verwachsungen oder feste Verklebungen des Amnions mit der Oberfläche des Embryo in verschie­dener Ausdehnung und an verschiedenen Stellen fanden sich hier beisammen. Die Veränderungen, welche die Ma­ceration nach dem Abstehen der Embryonen an denselben hervorgebracht haben könnte, kamen diesen Missbildungen gegenüber gar nicht in Betracht, und ein Blick auf die verschiedenen Formen lehrte schon, dass die vorliegenden Abnormitäten während des Lebens entstanden seien, und nicht etwa erst nach dem Absterben. Dieser Befund ver-anlasstc mich die Entstehung der Missbildungen in Vogel­eiern genauer zu verfolgen. Nachdem ich darauf aufmerk­sam geworden war, dass faule Eier keineswegs so verächt­liche Objecte sind, Avie man gewöhnlich annimmt, habe ich dieselben sehr vielfach untersucht, sowohl nach künstlicher Bebrütung in meinem kleinen Brütapparate, als auch nach
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der Bebiiituug in einer grossen, sogenannten ägyptischen Brütmaschine, die Herr Schmitz in vielen grösseven Städten prodneirt hat, und endlich nach der BebrUtung dnrcli die Vögel selbst. Das Resultat war überall dasselbe, dass näm­lich faule Eier, welche während der Bebrütung abgestan­den sind, in der Regel Missbildungen enthalten. Indem ich demnächst die äusseren Bedingungen Ixir die Entstehung dieser jVlissbildungen verfolgte, stellten sich mir die Tem-peraturschwankungen während der Bebrütung als das wich­tigste Moment heraus, Und es war hiermit das Mittel gefnn-deri, dieselben willkürlich hervorzubringen, Da mir zuerst weiter vorgeschrittene und ganz unzweifelhafte Monstruosi-täten entgegengetreten waren, kam es mir besonders darauf an, die Entwickelung derselben vom ersten Anfange der Störung an zu verfolgen, indem ich in dieser Absicht zu bestimmten Zeiten die Störungen hervorrief und dann nach Verlauf verschiedener Zeiträume die Untersuehung vor­nahm, fand ich die M.issl)ildungen auch in ganz frischem Zustande, zum Theil noch lebendig vor, wodurch jeder Ver­dacht, als könnte die Maceration auf die Entstehung der Deformitäten einen namhaften Einfhiss gehabt haben, be­seitigt wurde. Zugleich gelang es dabei vielfach den in­neren Causalnexus der gleichzeitig vorhandenen Missbil-duriffen festzustellen und die Entwickelung der einzelnen Deformitäten Schritt für Schritt zu verfolgen. Nachdem ich nunmehr diese Untersuchungen fast vier Jahre lang fortgesetzt habe, bin ich freilich noch lange nicht in allen l'imkten zu einem Abschlüsse über die in Betracht kom­menden Fragen gelangt, doch glaube ich, dass das mir vor* liegende Material gross genug ist, um die Behauptung aus­sprechen zu dürfen, dass die Experimentalpliysiologie die
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Elntstehung der Missbildmigeii auf diesem Wege mit Ei'fölg in Angriff nehmen kann, und dass solche Untersuchungen überdies wcrthvollc Aufschlüsse über die Erscheinungen und Grundbedingungen der Ernährung und des Zellenlehens im Allgemeinen zu geben vermögen. Die Misshildungcu des Menschen und der JSüugethiere kommen in der Begol erst bei der Geburt zur Beobachtung, und selbst die scharfsinnig­sten Forschen-, welche die grössten Sammlungen über die­sen Gegenstaml zu ihrer Disposition haben, sind bezüglich der Entstehung der Monstruositäteu4uif Schlussfolgemngen angewiesen, Welche einen mehr oder weniger hypothetischen Charakter behalten, weil ihnen die direkte Beobachtung des ersten Anfangs und der Zwischenglieder abgeht. Die Vogel­eier bieten aber bei diesen Untersuchungen dieselben Vor-theile dar, wie bei der Erforschung der normalen Entwicke-lungsgeschichte, indem sie, bei hinreichender Grosse, ein Material liefern, das immer reichlich vorhanden und den willkührlichen Abänderungen des Experimentators vollkom­men zugänglich ist. Obgleich ich sehr wohl weiss, wie weit diese Untersuchung davon entfernt ist, etwas Vollen­detes zu liefern, so hoffe ich doch mich der Erwartung hin­geben zu dürfen, auf diesem Wege Nachfolger zu tinden, #9632;welche vielleicht das zum Abschluss bringen werden, was bei meiner Beobachtung noch lückenvoll und mangelhaft geblieben ist.
Anfangs beschränkte ich meine Untersuchung auf die Kntstehung der Missbildungen in anscheinend normalen Kierii, indem ich solche Abnorinitäten der Eier, welche ein Bebrütungsresultat erwarten liesseii, nämlich die Eier mit doppeltem oder mehrfachem Dotter und die Eier mit mehr­facher Cicatricula auf einem Dotier, für so selten hielt, dass
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icli nicht au horten wagte, cine hinreichende Anzahl der-selheu für meine Versuche zu erlangen. Nachdem mir aber das erste Ei mit doppeltem Dotter durch die gütige Ver-niitteluiig des Hrn. Dr. Claudius zugekommen war, spürte ich denselben eifrig nach, und hin so glücklich gewesen 82 .solcher Eier zusummeiizubriiigen und 72 derselben künst­lich zu bebrüten. Diese letzteren Brütversuchc haben nicht nur über die Genese der Doppelmissbildungen, sondern auch über die Entstehung der einfachen Missbildungen und über die Bedingungen der Eutwiekelung im Allgemeinen manche interessante Aufschlüsse geliefert. Im Verlaufe der Unter­suchung fand ich auch Gelegenheit Eier mit eingeschnür­tem oder, wie man sie wohl genannt hat, mit unvollständig doppeltem Dotter zu hebi-Uten, wodurch es klar wurde, dass diese Abnormität mit den Eiern mit zwei Dottern Nichts zu schaffen hat, sondern dass sie von einer Abnormität der Dotterhaut abhängt. Endlich war ich so glücklich auch Doppelembryonen auf einem Dotter zu linden, und zwar einmal in einem Eie mit doppeltem Dotter.
Die Abbildungen sind grösstentheihs von mir selbst nach der Natur gezeichnet, indem ich die Umrisse derjenigen Ge­genstände, welche unter dem Mikroskop bei schwacher Ver-grösserung betrachtet werden inussten, mit Hülfe der Wol-huston sehen Camera lucida atisführte. Indem ich dabei im-nier dieselbe; Vergrösserung- benutzte, erlangte ich hierdurch nicht nur den Vortheil, der Genauigkeit der Umrisse sicher zu sein, sondern ich konnte auch nachträglich am Eilde alle Messungen mit grösster Zuverlässigkeit vornehmen und laquo;lurch unmittelbare Vcrgleichung der Zeichnungen die wah­ren G rossen verhältjüsse der verschiedenen Objecte überse­hen. Einen ferneren grossen Vortheil gewährte mir dieses
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meclumische liiiltsuiittel dadurcli, dass es mich dazu an­hielt Nichts üu Übersehen, das sich im Bilde geltend machte, selbst dann nicht, wenn es mir ganz unverständlich war. Sehr oft wurden mir solche, anfangs völlig Unverstand liche Objecttheile während der, beim sorgfältigen und sklavisch genauen Nachzeichnen, fortgesetzten Beobachtung begreif­lich und klar, oft auch wurden sie es erst bei einer wie­derholten Betrachtung und Untersuchung ähnlicher Objecte, und ich hatte dann den Vortheil, die früher nicht verstandene Zeichnung mit Sicherheit, nicht nur bezüglich der Formen, sondern auch rücksichtlich der Maasse, mit dem vorliegen­den Objecte vergleichen zu können. Die in dieser Weise auch mit Licht und Schatten, sowie zum Theil mit Far­ben ausgeführten Zeichnungen mussten natürlich für eine Arbeit, die dem Druck übergeben werden sollte, viel zu gross ausfallen, auch wuchs ihre Anzahl so an, dass, selbst nach möglichst starker Reduktion der Grosse, nicht daran zu denken war, auch nur annähernd alle diejenigen Abbil­dungen aufzunehmen, die etwas Bemerkcnswerthes darbo­ten. Ich war daher einerseits genothigt, die urspriinglichen Bilder auf einen verjüngten Maassstab zu reduciren, und andererseits eine passende Auswahl der zur Aufnahme be­stimmten Abbildungen zu treffen. Bei der Reduktion der Zeichnungen auf einen verjüngten Maassstab habe ich mich wiederum der Camera lucida bedient, und, soweit es thun-lich war, die Verkleinerung der am Mikroskop ausgeführ­ten Zeichnungen gleichmässig gemacht; überall liess sich das indess nicht durchführen, und ich habe daher in den Erklärungen zu den Tafeln die nöthigen Angaben über die wahre Grosse hinzugefügt. Die ganzen Eier sind, um Baum zu ersparen, in den Zeichnungen verkleinert, während die
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meisten anderen Objecte vergrössert sind; auch für die Eier ist übrigens immer möglichst derselbe Maassstab festgehal­ten worden, um sie besser mit einander vergleichen zu kön­nen. Die Umrisse der Eier sind ganz genau wiedergegeben; ich habe nämlich nicht nur die Länge und den grossten Querdurehmesser für jedes Ei genau notirt, sondern ich habe gewöhnlich auch die Schalen beim üefl'nen der Eier unter Wasser so durchschnitten, dass ich die Umrisse unmit­telbar nachziehen konnte, wenn ich die halbe Eischale um­gekehrt auf das Papier legte. Die Ausführung der für den vorliegenden Zweck arrangirten Zeichnungen hat Hr. Witt-maak übernommen, indem er die von mir in den Umrissen arrangirten Tafeln nach meinen grossen Originalzeichnun­gen ausführte. Fig. 23 Taf.VIl, Fig. 1-5 Taf.VIII, Fig. 1-3 Taf. X und Fig. 4 Taf. XI hat dieser Künstler direkt nach der Natur gezeichnet. Zum besseren Verständniss der Ob­jecte hat derselbe über manche Gegenstände besondere Stu­dien machen müssen. Die Feinheit und Naturtreue seiner Zeichnungen und die Möglichkeit seine Ausführung selbst überwachen und corrigiren zu können, machte es mir be­sonders wünschenswerth, dass ihm auch die Ausführung der Tafeln für den Druck übertragen würde. Ich zog es daher der nur vom Hrn. Verleger angebotenen Ausführung der Tafeln im Kupferstich vor, dieselben durch Hrn. Witt-maak hier in Kiel auf Stein zeichnen zu lassen, während der Druck und Farbendruck in Berlin besorgt wurde. Ein Paar kleine Ungenauigkeiten, die sich dennoch, trotz aller Sorgfalt, eingeschlichen haben, sind in den Erklärungen zu den Abbildungen bemerkt worden.
Bei aller möglichen Beschränkung ist die Zahl der Ab-bildltngen und Tafeln doch so gross geworden, dass da-
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durch lt;lio Herausgabe der Arbeit (lurch dvn Buohhande] sehr erschwert i^t; eine noch grössere Zahl von Abbil-dungeu würde es dein Verleger uuuiöglioh maohen die­selbe ZU übei-nehmen. Diese Rücksieht hat mich besonders bestimmt, die Herausgabe nicht langer aufzuschieben, in­dem neu hinzukommende Objecte den bereits aufgenomme­nen immer den Rang streitig und das Bedürfniss einer noch gl'össeren Zahl von Tafeln fühlbar machten. Ueberdies machten auch andere Arbeiten es mir sehr wünschens-werth, die vorliegende zu einem vorläufigen Absehluss zu bringen, um so mehr, als ich die Ueberzeugung' habe, dass der einzelne Forscher, auch wenn er sein Leben auf eine Speeialnntersuehimg verwendet, dieselbe doch nicht zur vollkommenen Vollendung bringt, und dass es für die Wissenschaft fördernder ist, wenn ein Forscher eine Unter­suchung, an der sich vielleicht auch Andere betheiligen werden, veröffentlicht, nachdem sie bis zu einem gewissen Punkte gelangt ist, als wenn er sie zurückhält und wegen anderer Arbeiten bei Seite legt, in der Iloifnung, sie spä­ter selbst der Vollendung noch einige Schritte entgegen­führen zu können.
Kiel, den 2. September 1860.
P. L. Paiiu m.
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I n h a 1 t.
Viinvnrt.......................Seitlaquo; III
Erster Abaohnitt. Die Entstehung dor Missbildungen durch Störung der Entwickelung*
Einleitung......................','gt;
Erstes Iviipitol. IJiUersnclmngcn uiiil licoliaohtniigon ül)cr die Entatc-hnng flor Missbildungen durch Störung laquo;ler Entwlokelung in Vogeleiern...................— 29
I.nbsp; nbsp; Die patliologiselilaquo; EntwiokoltUlg der Kcimsclieibc.......— 'Jgt;i
A.. Die Missbildungen der Kciinsclieibe bei fohlendem Embryo und
die Entstellung derselben.............nbsp; nbsp; nbsp;— 29
B, Die Missbildungen dos Bllltbofes bei gleiclizeitigor Gegenwart
eines Embryo.................nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 4o
II.nbsp; nbsp;Die BildungsleMer dos Amnions, des Nabels und der Allantois. .nbsp; nbsp; •#9632;- 48
lit. Die durch Störung der Entwicliolung entstandenen Missbildungen
der Embryonen..................nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 60
A.. Monstruositatos totales...............nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 68
t. Monstruositates totales planao...........nbsp; nbsp; •—nbsp; nbsp; *i8
ft) Monstruositates totales planne aiiacmicae......nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; (i8
b) Monstruositates totales planao cum sanguine rubro. . .nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; 78
2. Monstruositates totales cylindricae..........nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 80
8lt; Monstruositates totales amorphoules.........nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 98
B, Monstruositatos partiales..............nbsp; nbsp; nbsp; 100
Zweites Kapitel. Vorgloiclicndor Ucberbliek über die einzelnen For-uion der von Störung der Eulwickolmig abhängigen Missbil­dungen der Vögel, der Silugethicro und des Mcnsehon, mit
Rflokslobt auf die Entstellung derselben.........nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; 114
Drittes Kapitel. Die Ursaeben der durch Klömng der EntwicUelung
ontstandenen Missbildungen.............nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp;|88
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XII
Zweiter Abschnitt.
Die Beziehungen der Abnonuitäteu der Eier zur
Entstehung der Missbilduugen.
Erstes Kapitel. Die Abnormitilten der Vogeloicr vor der Hcbriitung. Seite 181 Zweites Kapitel. Die bisherigen Untersuchungen über die Entwicke-
lung in abnorm gebildeten Kiorn...........
199
Drittes Kapitel, Neue Untersuchungen und Beobachtungen über die Entwickelung in abnorm gebildeten Vogoleiern, mit Kückaicht auf die Entstehung der Doppelmissblldungen, und mit Hinblick auf die Entstehung dieser Ciasso der Misshildimgen bei den
Silugetliiercn und dem Menschen...........
214
1. Die Entwickelung auf zwei in einem Eie enthaltenen, mit ein­facher Cicatricula versehenen Dottern........— 215
II, Die Entwickelung in Eiern mit eingeschnürtem Dotter. ... — '228 III, Die Entwickelung in Eiern, welche Dotter mit doppelter Cicatri­cula enthalten.................— 234
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*C.r.~HZ.-.. #9632; -. - • -C *.wr~n.lt;gt;*r*T-ar-wr,m*ar!lt;.ww*rr~. •
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Erster Abschnitt.
Die Entstehung- der Missbiklungen durch Störung der Entwickohmg.
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Panum, DiKcrsiicIuingen.
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#9632; #9632;#9632;
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Einleitung-.
öclion Reaunmr*) hat lunfassendo und sehr sorgfiiltigo Unter­suchungen über den Einfluss der änssercu Bedingungen auf die ihitwickelungsfäliigkcit der Vogeleicr angescellt. Er hatte nämlich die Absicht, die künstliche Bebmtung in grossem Maassstaho all­gemein in Frankrcicli ciimif'ühren, und lioifte, dass es ihm, mit Hülfe des Tliermoineters, und bei Benutzung der Wärme, die sich IQ Misthaufen entwickelt, sowie derjenigen, die in Bäckereien und Fabriken sonst verloren geht, gelingen würde, dieser Industrie in seinem Vateriandc eine vielleicht noch grüssere Ausdehnung zu verschaffen, als in Aegypten, wo nach Sicard jährlich an 92 Millio­nen Hühnchen auf diese Weise producirt wurden. Bei seinen er­sten Versuchen, nach der ältesten, in Aegypten seit Diodors Zeiten durch die Manmials oder Feuer-Brutofen verdrängten Methode, die Wännecntwickelung in Misthaufen als Wärmequelle zu benutzen, erhielt er sehr sehlcchte Resultate, die ihn aufforderten den Ein­fluss der äusseren Verhältnisse hei der künstlichen Bebriitung einer eingehenden Untersuchung zu unterziehen. Das Ziel, das hierbei verfolgt wurde, war ein rein praktisches, und es wurde meist nur das Endresultat berileksichtigt. Des Vorkommens von Missbil­dungen in den Eiern der Vögel und des Einflusses der äusseren Verhältnisse auf bestimmte Erkrankungsweisen des Embryo erwähnt Reaumur freilich nicht; dennoch behalten seine Versuche auch für uns einen grossen Worth, weil sie bei Weitem umfassender
*) Art do fairo i'clorc ot d'olcvcr on touto Saison des oiscaux (lumcsüques lt;lo toutca eSpfeoes, soit [inr 1c moycii do la clialour du ftiuiicr, soil par U; moyen du l'cu ordin.iiro, l'nris 1751, 8. 2 Vol. Sec. edit.
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waren, als alle spatere Experimente der Art. Die beste Bürgwliail tar die Znverliissigkeit dieser Uiitersiielinug ontluilt diis praktische Uesultat, das er (lurch Benutzung der bei derselben gewonnenen Er-t'idirungcn er/delte, indem er sii-'itcrhin, selbst in den ISlistilt'en, reich­lich Vj ^cr zu vielen Tausenden bebrüteten Eier zum Auskriechen brachte, ein Resultat das dem in den ägyptischen Jl animals erziel­ten gleichkam. lgt;a dieser Arbeit weder von dem älteren noch von dem Jüngern Geoifroy Erwähnung geschieht, obonsowenig als von Valentin, Darestc und Andern, welche ähnliche Versuche veröffent­licht haben, so dürfte es angemessen sein, die Resultate der, wie es seheint, fast in Vergessenheit gerathenon K.oanmnr'sehen Ver­suche hier in Kürze zu rceapituliren.
Der Fouehtigkcitsgrad der Luft darf, wenn ein günstiges Ttesultat erlangt worden soll, nicht so gross sein, daSB ein hinein­gelegtes kaltes Ei sich besehlägt mul nass wird. In zu feuchten Brutofen starben fast alle Embryonen in den Eiern ab. Einzelne waren über den normalen Termin hinaus, noch am 2i). bis 80. Tage der liebrütung, lebendig, aber so in der Entwickelnng zurückgeblie­ben, dass sie nur einer 17 bis IHtiigigen Bcbrütnng entsprachen. Die grosso Mehrzahl ging kurz vor dem nornialen Termin des Aus­kriechens zu Grunde, denn etwa 3/4 der Eier, in welchen am Sehluss der normalen, 21tägigen Eebrütungszeit todtc Embryonen gefunden wurden, enthielten Hühnchen, welche fast ganz reif waren. Reau­mur erklärte die schädliche Wirkung dor Feuchtigkeit durch die Annahme, dass dadurch die Poren verstopft würden, wo­durch der Eespirationsproeess gestört würde. Dieser ist nämlich gerade kurz vor dem Auskriechen am lebhaftesten, was schon dar­aus hervorgeht, dass die Eier in den letzten Tagen vor dem Ans-krieehen sich wärmer anfühlen, als weniger weit entwickelte Eier, und dass sie nicht so leicht kalt werden, also in sich selbst eine Wärmequelle besitzen müssen; auch versichert Ri wiederholt'gehört zu haben, dass ein llülmchen im Ei pipen könne, bevor die Schale den geringsten Riss hat. Die Theorie der Verstopfung der Poren in der harten Schale begründete er aber nicht nur auf theoretische Schlüsse, sondern auch auf die Erfahrung, dass eine zu feuchte ladt den Embryonen um so verderblicher wird, je dichter die Sehale
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ist. So sind Enteneier, deren harte Seliale dichter ist als die dor ilübnereicr, aueh noch einjitiadliehcr gegen Feuchtigkeit als diese, und die Eier der Truthenne, deren Sehalc weniger cuinpaet ist als die der Enteneier, aber eompaeter als die der Ilühriereier, sind einpfmdlielicr gegen zu feuchte Luft als Hühnereier, aber weniger eniptindlich als Enteneier. Dem öntsprioht aueh eine Bcobaelitung, die R. machtej indem Eier, die 10 bis 15 Tage von einer Henne in einem guten, trocknen ISestc bebrütet waren, in einem zu i'cueb-ten Brutofen alle zum Auskriechen kamen, während alle diejenigen Eier, die während der ganzen Zeit in demselben feuchten Brütofeu gelegen hatten, zu Crunde gingen. Es ist niitnlkh begreiflich, dass die Poren um so mehr verstopft werden, je länger die Eier in der feuchten Luft liegen. Wenn dann einzelne Embryonen, selbst bis über den Tennin des normalen Anskiieehcns hinaus, in den von ZU feuchter Luft umgebenen Eiern am Leben bleiben, während die Uebrigon absterben, so erklärte R. Dieses durch die verschiedene Dichtigkeit der harten Eischale. Um diese Theorie noch ferner zu prüfen machte R. folgende Versnclic.
Er überzog die Eier vor der Bebrütung mit einer iirnissartigen Substanz, welche den Luftdurchtritt durch die Poren verhinderte. So behandelte Eier entwickelten sich nicht, wenn sie der Brütwärme ausgesetzt wurden, sondern erhielten sieh frisch, wie unbefruchtete Eier. Bei einer andern Versuchsreihe wurden die Eier mit Wasser bedeckt der Brütwärme ausgesetzt, nachdem er gefunden hatte, class Eier bei gewöhnlicher Temperatur sieh unter Wasser länger halten und das Aussehen frischer Eier bewahren, indem sich kein Luftraum entwickelt und indem sieh beim Kochen, neben dem geronnenen Eiweiss, eine milchige Flüssigkeit abseheidet. Nach 3 Tagen zeigte eins dieser Eier keine Spur von Entwickehmg; nach ii Tagen sehwainmen 2 Eier auf dem Wasser; das eine derselben war faul, das zweite enthielt einen wohlerhaltenen Dotter, ohne Spur von Ent-wickclung, und ganz dünnflüssiges Eiweiss. Nach 10 Tagen zeigte ein am Boden gebliebenes Ei dasselbe Verhalten wie im letztgenann­ten Falle. Am 17. Tage wurden wieder 2 Eier geöffnet, von denen das eine ganz faul war, während das andere einen wohlerhaltenen Dotter von etwas nnangenehmen Gerüche zeigte. 1\. vermuthet,
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(lass sich in den 2 Eiern, welche sich in stinkender Fäulniss be-tiuulcn, ein Keim entwickelt hätte, der aber sehr früh abgestanden wäre, da er violt'ach die Erfahrung gemacht hatte, dass Eier, in de­nen es gar nicht zur Entwickelung kommt, nicht während der nor-malen Dauer der Bebrütung der fauligen Zersetzung unterliegen, ja, dass sie sieh, hei luftdichtem Ucherzugc, in der Brütwärme 30 bis 40 Tage lang, bei gewöhnlicher Temperatur aber jahrelang frisch erhalten.
Endlich führt er noch als Belege für die Porosität der Eier die bekannte Erfahrung an, dass der flüssige Inhalt des Eies unter der Luftpumpe durch die Eischale durchschwitzt. Bisweilen sah er aus faulen Eiern auch beim gewöhnlichen Luftdruck faule Elüssigkeit aus den Poren der Schale hervordringen. Auch beobachtete er bisweilen Pilze in bebrüteten Eiern, ohne dass irgend Spalten an denselben zu finden -waren. Miohell wies die Entstehung dieser Pilze aus Sporen nach, und schon E. schloss hieraus, dass diese durch die Poren der Schale und durch die weisso Eihaut gedrungen sein müssten (1. c. pag. 254). Wenn er an Eiern, die in zu feuchter Luft bebrütet wurden, eine kleine (Jcll'nung am stumpfen Ende am 17. bis 18. Tage der Bebriitung anbrachte, so gelang es in den meisten Fällen die Hühnchen durch diese Operation zu retten und zum Auskriechen zu bringen, indem die Gefahr durch Verstopfung der Poren, wie gesagt, sich besonders in den letzten Tagen geltend macht, wo der liespirationsproeess so viel lebhafter geworden ist. Wenn er aber diese Operation in früheren Perioden der Bebriitung ausgeführt hatte, so fand er in den angestochenen Eiern Pilze in grosser Menge, meist von blaugrüner Farbe, welche den Embryo durch ihre libcrhand nehmende Entwickelung getödtet hatten.
Unabhängig von der Verstopfung der Poren des Eies kann der Embryo im Vogelei, nach R.'s Beobachtungen, auch durch I n-fection durcli faule Dünste zu Grunde gehen. Wenn sich in einem Neste ein stinkendes Ei befindet, so kann es successive alle die andern Eier zum Abstehen bringen. Täglich fanden sicii bei diesen Versucheu 1 bis 2 neue faule Eier im Neste, und obgleich das Stroli des Nestes erneuert wurde, so dauerte die Ansteckung doch fort, bis auch das letzte Ei faul geworden war. Zwei Beobachtungen
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zufolge reichen 24 Stunden iius, damit ein faules Ei andere gesunde Eier inficire. Dieser Umstand ist übrigens den Aegyptern wold be­kannt, indem sie täglich diejenigen Eier, #9632;welche Zeichen der Fäul-niss zeigen, aus den Brütöfen entfernen. Benicrkcnswertb ist es, dass nicht jeder Gestank, namentlicb auch nicht die Ausdünstung des Mistes, den Eiern an sich schädlich ist, indem II. lUibnor auf Misthaufen, im ärgsten Gestank ihre Eier mit dem allerbesten lle-sultat bebrüten Hess.
Als dritte Grundursache des Abstehens der Eier bei der Be-brütung führt lt. die Tomperaturschwankungeu an. Da die Temperatur an verschiedenen ötellcn des Brutofens verschieden sein kann, muss sich die Kugel des Thermometers zwischen den Eiern selbst befinden. Die günstigste Temperatur für die ganze Dauer der Bebrütung ist 32deg; 11., es kann jedoch auch bei einer durchstehenden Temperatur von 30deg;II., sowie von 34,,1gt;. ein, wenn­gleich weniger sicheres Resultat erlangt werden. Bei 28deg; li. ist die Temperatur sehen zu schwach, und bei 36deg; R. zu hoch. Inner­halb gewisser Grenzen sind die Temperaturschwanknngcn den Em­bryonen nicht absolut verderblich. Die Henne verlässt wenigstens einmal täglich das Nest um zu fressen, zu trinken und um die Ex-cremente zu entleeren. Einige gestatten ihnen zwei Mahlzeiten täglich. Hierbei verlässt eine eifrige Bruthenne die Eier freilich nur 7 bis 8 Minuten, manche jedoeb über x/% Stunde. Während der ersten 17 bis 18 Tage pflegt die Henne ihr Nest mit einer dicken Lage von Stroh zu bedecken, bevor sie sich entfernt. Ebenso bedecken die Enten und Taucher immer ihre Eier, wenn sie die Nester verlassen. Während der letzten Tage der Bebrütung be­deckt die Henne ihr Nest weniger sorgfältig; dein entspricht der Umstand, dass um diese Zeit im Ei selbst eine sehr bemerkbare Wärmeentwiekelung statt hat. Diese giebt sich dadurch zu erken­nen, dass die Eier während der letzten Tage nicht so leicht kalt werden, wovon man sich schon durch das Gefühl bei vergleichen­den Versuchen überzeugen kann. Ueher den schädlichen Einfluss einer zu niedrigen Temperatur linden sieb freilieh nur unvollstän­dige specielle Angaben. Einmal beobachtete R., dass Eier, am vier­ten bis fünften Tage der Bebrütung über 10 Stuoden lang von der
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J lenno verlassen und einer aiulcru llemie zur Bebrtttung Übergeben, zur EutwiokeluQg kamen. Da aber die Angabe der äussern Tem­peratur fehlt, und da nicht gesagt ist, inwiefern die Eier z. B. durch die Bedeckung und durch die Umgebungen gegen Abkühlung geschützt waren, so ist es unmöglich, eine Vermuthung darüber zu haben, wie weit die Abkühlung im Innern des Eies wohl gediehen sein mochte. In einem andern Falle war ein Ei zwei Tage lang richtig bebrütet worden, hatte aber am dritten und vierten Tage nur 80deg;B. gehabt; am fünften Tage sank die Temperatur auf 25quot; inul um seehsten stieg sie während der Nacht und am Morgen auf 37deg; R. Trotz dieser Temperatursehwankungen lebte der Embryo noeli. üb er aber normal gewesen, wird nicht bemerkt. In einem dritten Falle waren eine Partie Eier 5 bis 6 Tage lang einer Tem­peratur von nur 30 bis 31deg; li. ausgesetzt gewesen; 3 Tage vor dem Auskriechen war die äusscre Temperatur bis unter 30deg; R. gesun­ken, ja für eine kürzere Zeit selbst unter 28deg; R., und dennoch ge­langten die in ihnen entwickelten Hühnehen zum Auskriechen. Eine stetige Temperatur von 30 bis 31 quot;R. schien oft die Folge zu ha ben, dass die Hühnchen einen Tag später zum Auskriechen kamen; dies kam jedoch auch bei normaler Brütwärme bisweilen vor. Wäh­rend der letzten Tage der Bebrütimg, da die Eier bereits eine merk­liche Wärme selbst entwickeln, bedürfen dieselben, wie schon ,J. Ste-voson in einer Abhandlung über die Ursache der thierischen Wärme bemerkt hatte, einer weniger stetigen Behrütung von Seiton der Henne; R. bestätigte das, fand aber zugleich, dass sie in den letz­ten 4 bis 5 Tagen in Folge einer mehr eingreifenden Abkühlung leichter absterben, als in den früheren Bebrütungsperioden. Voll­ständigere Angaben, als über den Einfluss einer zu niedrigen Temperatur, finden sicii über den Einfluss einer zu hohen Tem­peratur. Diese ist natürlich nicht unter der Henne, wohl aber bei künstlicher Bebrütung zu befürchten. Die Temperatur kann für ei­nige Zeit auf 35, ja auf 37 bis 38, selbst auf 40deg; R. steigen, ohne dass die Eier alle nothwendig zu Grunde gehen. Dauert diese Temperatur aber zu lange, so ist der Untergang der Embryonen unvermeidlich. Besonders gefährlich ist nach R. ein zu holies Stei­gen der Temperatur, während der letzten Tage der Bcbrütung, und
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auch bei ganz kurzer Einwirkung einer Temperatur von 38 bis 40quot; li. wurden diejenigen Embryonen, die in den nächsten 2 bis 4 Ta­gen auskriechen sollten, immer todt gefunden. R. erklärt dies theils durch die Eigenwänne, wodurch die Temperatur in diesen Eiern noch über die äusserc steigen konnte, theils aus dem Umstände, dass auch ausgekrochene Hühnchen bei dieser Temporatur schnell sterben. Am zweiten, dritten, zehnten, vierzehnten und tunf'zehu-ten Tage wurde die Temperatur für eine oder ein Paar Stunden auf 37, ja 40quot; R. gesteigert, ohne class dadurch das Auskriechen einiger Hühnchen, welche diesen hohen Wärmegraden ausgesetzt gewesen waren, verhindert wurde. Eine Temperatur von 37deg; wurde von einzelnen Eiern mehrmals, jedesmal einige Stunden nach ein­ander ertragen, eine Temperatur von 35 bis 36deg; selbst mehrere Tage nach einander; bei einer stetigen Temperatur von 35deg;R. kam freilieh nicht ein einziges Hühnchen zum Auskriechen, alle hatten jedoch ihre volle Entwickelung erlangt, waren aber kurz vor dem Auskriechen aus der Schale gestorben. — Den schädlichen Einfluss dieser hohen Temperatur sehreibt R. zum Theil der zu starken Verdunstung zu, indem der Luftraum über die Hälfte, oft '% der Höhle des Eies einnahm, wodurch die zum Auskriechen nöthigen Bewegungen sehr beeinträchtigt werden mussten. Eine zu hohe Temperatur, welche die Hühnchen im Ei nicht gradezu tödtetc, schwächte sie oft so, dass sie erst 1 bis 2 Tage später zum Auskriechen kamen, dahingegen schien eine massig hohe Temperatur die Entwickelung ein wenig, etwa um einen Tag, zu beschleunigen. Dem Einflüsse der zu starken Verdunstung ist R. auch geneigt es zu­zuschreiben, dass Eier, denen die harte Kalkschale wegen mangelnder Ablagerung von Kalksalzcn fehlt, selbst in der Brütmaschine niemals mit Erfolg bebrütet werden können, indem sie einfach eintrocknen. Ausser den angeführten Bedingungen hebt R. noch folgende hervor: Es dürfen die Eier nicht zu alt sein. Drei Wochen ist im Sommer der äusserstc Termin, im Winter eine noch etwas län­gere Zeit; Verschiedenheiten, die in dieser Beziehung beobachtet werden, scheinen besonders von den Temperaturverhältnissen abzu­hängen. Die von IMinius ausgesprochene Behauptung, die Eier lie­ferten das beste Resultat bei der Bebrütmig, weiin sie 10 Tage
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alt seien, fand U. durcluius unbegründet; vielmehr lieferten sie ihm ein um so günstigeres Resultat, je frischer sie waren. — Es müs-aen ferner die Hühner mit guten Hähnen versehen sein. Die grös-801*60 Hier geben ein besseres Eesultat als die kleineren; die ganz kleinen, welche die Grosse von Taubeneiern haben, können nicht mit Erfolg bebrütet werden. — Dahingegen fand R., dass die Lage der Eier keinen wesentlichen Einfluss auf das Resultat der Bcbrü-tung hat. Aus Eiern, die er während der ganzen Dauer der Re-brütuug thcils auf das spitze, theils auf das stumpfe Ende gestellt hatte, krochen gesunde Ilühnehen am einundzwanzigsten Tage aus. Dabei fand sich, ^lass der Luftraum sich auch dann am stumpfen Ende bildet, wenn es während der ganzen Dauer der Bebrütung nach unten gekehrt war. Ueberhaupt schien das Hühnchen durch keine Stellung zu leiden, und der Kreislauf, sowie die ganze Ent-wiekelung, mit derselben Regelmässigkeit zu erfolgen, wie sonst (pag. 166—157). Endlich stellte R. auch Versuche an, um zu er­fahren, welchen Einfluss die Lagonänderung der Eier bei der Be brütung durch die Henne auf die Entwickclung hat. Er hatte sich nämlich durch Zeichen, die er auf den Eiern angebracht hatte, über­zeugt, dass die Heime täglich die Lage der Eier verändert, indem sie diejenigen, die in der Mitte des Nestes liegen, nach der Peri­pherie hinbringt, und umgekehrt. Er hatte auch gefunden, dass die Henne, wenn im Nest mehrere Lagen Eier übereinander liegen, ab und zu die unterste Lage zur obersten macht. Die Aegyptcr ahmen dies Verfahren der Henne in ihren Mammals nach, indem sie nach Vcsling selbst viermal täglich die Eier umkehren. Da R. indess fand, dass Eier, welche während der ganzen Dauer der Be­brütung dieselbe Stellung behielten, selbst wenn sie senkrecht auf­gestellt waren, vcrhältnissmässig dieselbe Zahl von Ilühnehen lie­ferten, wie Eier, welche fleissig umgekehrt wurden, so konnte er dem Drehen an und für sieh keinen wesentlichen Einfluss zuschrei­ben, sondern er kam zu dem Resultate, dass es nur insofern einen günstigen Einfluss haben könnte, als die Wärmevertheilung dadurch gleichinässiger würde, namentlich bei der Bebrütung vieler Eier durch eine Henne.
Die Entstehung von Missbildungen bei Störung der Bebrütiing
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und überhaupt das Vorkommen von Monstruositäten in den Eiern der Vügel war, wie gesagt, R. ganz entgangen, und Geoft'roy St. Hilaire der Aeltere, scheint der Erste gewesen zu sein, der (wahr-selieinlicii angeregt durch Swamnierdams Versuche, bei welchen mittels Verletzungen der Puppen Missbildungen der Schmetterlinge hervorgebracht wurden) künstlich, durch Störungen während der Entwickclung in Vogoleiern Monstruositilten zu erzeugen suchte. Jedenfalls gebührt ihm das Verdienst, zuerst erkannt zu haben, dass Brütversuche mit Vogcleiern nicht nur zur Erforschung der normalen Entwickelungsverhältnisse dienen können, sondern dass dieselben auch geeignet sind, sehr wichtige Aufschlüsse über die Entstellung der Missbildungen zu geben. Diese von seinem Sohne Isidore Geoifroy St. Hilaire*) vielfach citirten Untersuchungen, sind nach dem grossen Werke des Letzteren oft wieder eitirt wor­den; man erhält aber aus diesen Citaten keine deutliche Vorstellung darüber, welchen Umfang dieselben gehabt, und welcher Werth denselben beizulegen sein mag. Ich habe mich daher mit den ur­sprünglichen Untersuchungen des altern Geoffroy bekannt gemacht. Seine ersten Beobachtungen machte er im Etablissement des Herrn Briot in Auteuil. Die liesultate derselben wurden in der Aead. royale des Sciences le 10 avril 182G und in Mdmoires du Mu­seum t. XIII. p. 289 mitgetheilt, nachdem er schon früher in einer Mittheilung an die Academic vom 28. August 1820, die im Jour­nal coinplömentaire t. 7 pag. 271 und in Philosophie anatoniiqnc t. 2 pag. 513 wiedergegeben wurde, seine Ansichten über die Ur­sachen der Missbildungen entwickelt hatte. Die in obiger Mitthei-luiig namhaft gemachten Beobachtungen und Versuche sind fol­gende :
Bei einem 12 Tage lang künstlich bebrüteten Hühnerombryo wurde nur ein einziger Hirnlappen gefunden. lieber die ursäch liehen Verhältnisse findet sich keine Angabe.
Durch einen Wachsüberzug über die Hälfte der Eischale gelang es ihm nicht die Entwickclung zu unterbrechen; es kam dabei je­doch in einem Falle nur zur Bildung von Gefässen, Membranen
*) llistinrc gducSralo ol jiarticiilicre des ainimalics do ['Organisation ohez riimmuc et Ics aninmux, üU traitu de leratolugic. l'aris 1S3(3 T. III.
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und einem weissen Körper; in eincrii iindcrn Falle war ein „Trien-cepiialequot; ohne Antlitz und Öinnesorganc bei 7ttlgiffer Bcbrlitimg' entstanden.
Ob die Eier innncr in derselben horfzontalen Lage ruhig He­gen blieben, oder ob sie ab und zu gedreht und umgelagert wur­den, fand er fttr die Entwickelung gloiobgtiltig.
Dahingegen legt er, im Widersprncli mit Keaumur, der senk-reeliteu Stellung der Eier während der Bobi'iitung eine ganz beson­dere Wichtigkeit bei, und meint, dass dieselbe zur Entstehung von Missbildungen Veranlassung giebt. Als Beiego für diese Behanp-tung führt er folgende Fälle an, in welclicn die Eier während der Bebrtttung tlieils auf das spitze, theils auf das stumpfe Ende ge­stellt waren: Einmal war dabei das Auge eines 8'quot; langen Embryo durch Bersten (?) zu Grunde gegangen. In einem andern Falle waren beide Augen eines ;')'quot; langen Einbrvo in gleicher Weise zerstört. Don sehädliehen Einfluss der senkrechten Stellung der Eier erklärt G. zum Theil durch die Eeaunmr's Erfahrungen eben­falls zuwiderlaufende Angabc, dass die Entwiekelung des Luftraums dadurch verhindert werde, besonders wenn das stumpfe Elende sieh uuteu befinde. Ferner soll die senkrechte Stellung des Eies, mit dem stumpfen Ende nach oben, das Hineintreten des Dotters in den Unterleib verhindern, indem die Verschiedenheit des speeifi-sohen Gewichts den Dotter vom (Jnterleibc entfernen und die In-tegmueute des letzteren hervorzerren soll. Bei senkreehter Stel­lung des Eies, mit dem spitzen Ende nach oben, fand er dahingegen den stark injieirten Dotter mit dein obern Elende verklebt, wäh­rend der Embryo mit dem Schwänze mich oben, mul der Brust nach unten, dem Luftraum gegenüber lag. Der gelbe Dotter ragte in den Unterleib des Embryo hinein, anstatt wie im vorigen Falle durch einen verlängerten Stiel von deinselben getrennt zu sein. Der Embryo oder sein Amnlon adhärirte der Sehaalenhaut oder der Cbalazze (?) und der Stciss war seitlich verbogen.
Diese Angaben scheinen sich jedoeli auf einzelne Beobach­tungen zu stützen) ja zum Theil selbst nur a priori geschlossen zu sein, und sie scheinen wenig geeignet, Reaumur's widersprechende Angaben zu widerlegen. Ausserdem boobaohteto Geoffrey der Ael-
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tore noch folgende Dotbrmitäten an Hiihncrembvyonen, deren Ent­stellen er durch Zerrung- erklärt. Bei einem lOxemplare war dns Hecken oben mit dem Dotter verbunden, und die Eingeweide, ncbsl dem sohl' grossen Magen, waren so liervorgezogeni dass sie nir­gends vom Ötcrnum bedeckt waren. Das Herz war dem Zuge ge­folgt und im Begriff aus dein Thorax hemuszutreten. Das Ster­il um hatte an seinem verkürzten Abdominalende eine Falte, und das Becken war ganz flach ausgebreitet. #9632;— Bei einem andern In­dividuum waren die Lendenwirbel ofl'en, und zwar in der ganzen Ausdehnung des Rückgrats. Die Steissbeinwirbel waren auffallend klein und ohne Seitenapophysen, so dass sie statt eines Vogelschwan zes gewissennassen einen Siiugethicrscliwanz darstellten. Bei einem dritten Exemplare war die Wirbelsäule in der Gegend der Hals­wirbel offen. Bei einem vierten endlich war der Kopf rund, der Sohnabel gekrümmt, der Untenkiefer kurz und unter die Kehle ge­drängt, so dass der Kopf einem Papageienkopfe ähnlich war. Diese letztere Missbildimg sah G. einige Male.
Diese durchaus fragmentarischen Angaben bezeichnet Geoffrey selbst nur als eine Art Annonce einer grösseren Arbeit über diesen Gegenstand, die er herausgeben wollte. Diese verheissene grössere Arbeit ist jedoch niemals erschienen, sondern nur noch eine fer­nere Mittheilung über einen einzelnen Fall, den er als besonders beweisend für seine, Mcckcl gegenüber festgehaltene, Theorie der Entstehung der Missbildungen durch mechanische Einwirkungen hervorhebt. Diese Mittheilung in Archives generales 1827 ist be­titelt; Des adh^irences de rexteneiir du foetus, consider^es conime le principal fait occasioncl de la nionstruosite et observations nou-vcllcs i\ l'appui de cettc theorie. Er berichtet hier, dass er bei zwei Zwillinghühnchen die Hirnlappen stärker als sonst nach vorn entwickelt und über die getrennt gebliebenen Stirnbeine hervorge­drängt gefunden habe. Seitlich folgten die Lobi optici den Stirn­lappen, während das Cerebellum im Schädel zurückgeblieben war. Die Erklärung dieser Deformität suchte G. in einer Verwachsung, und fand dafür einen Beleg in einer Beobachtung, welche den Hauptinhalt der Abhandlung ausmacht. Es betraf dieselbe ein Hühnchen, das er aus der Brutanstalt des Herrn Raticr zu Bourg-
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la Roino erhalten Imtte, und das bereits oinen Tftg lano' nach Er iiHnunp; dor Eischale ohne Futter gelebt hatte. Es war nicht im Stande gewesen, sieh von der iSeliale zu befreien, weil der Schei­tel desselben mit der Ohortliiche des Dotters verwaclisen war, wo­durch der Köpf, gegen den Unterleib gepresst, festgehalten wurde. Diese Stellung wurde, durch das vor und noch nach der Eröffnung der Eischale erfolgende Hineinziehen des Dotters in den Unterleib, dem Thiere iimner peinlicher, indem der Kopf dem Zuge des Dot­ters folgen musste. Die Adhäsion stellte eine röthliche Membran dar, welche 2'quot; breit und 6quot;' lang war, und welche die Dura mater repräsentirte. Das Hirn war, von dieser Membran umgeben, aus dem Schädel herausgezogen, und gerade so gelagert wie im erst­genannten Falle. Die Lobi cerebri und Lobi optici waren nach aussen gezerrt; der Lohns cerebri dexter war länglich und ruhte auf dem quergcstellten Falx, während der Lobus cerebri sinister, etwas kürzer und mehr abgeplattet, unter dem Falx lag. Die Decken des Schädels bildeten einen üing, und im Schädel lagen nur das Cerebellum nebst der Medulla oblongata. — Eine älinliche Dislo­cation des vordem Theils des Hirns fand Geoft'roy öfter, es waren dann aber doch die Meningen mit einer Haut bedeckt, welche Fe­dern trug, so dass nur die knöcherne Schädeldeckc fehlte. Gcoffroy erklärt diese Fälle durch ein vorübergehendes raeclmnisches Himlcr-niss, analog dem das im angeführten Falle bleibend geworden war. Aus ferneren zerstreuten Notizen des älteren Geoffroy in Jour­nal complementaire des sciences medicalcs T. 34, Philos. anatomique t. II. p. 511, Dictionaire olasslque d'hist. natur. t. XL p. 149 art. mon-struosites und aus des jüngeren Isidore Gcoffroy-Saint-Hilairc: Hi-stoire gencrale et particulierc des anomalies de l'organisatiön ohez l'homme et los animaux Paris 1886. Tom III. pag. 500 u. flg. ersieht mau ferner, dass die angeführten Versuche noch niclirfach abgeän­dert wurden. Ks wird berichtet, dass die Ecbrütung auch noeh durch Schütteln der Eier und durch Perforationen der Schale ge­stört wurde, aber nähere Angaben über die Resultate habe ich nicht finden können. Der ältere Geoffroy erzählt überdies nur noch, dass die Wärmeregulation und Ventilation in der Brütanstalt des Herrn Hatier anfangs unvollkommen gewesen sei, indem ein grosses Zirn-
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mer ilazu bomitzt wurde, das durch oinon Ot'cn in der Mitto gc lioizt wurde, und dass in Folge dessen /,„ der Eier zu (rrundc gegangen seien, von den übrigeraquo; aber fast die lläitte nach ausson gekrümmto Zehen lialtc. Isidore Gooffi'oy (der Sohn) sagt dein niiehst in seinein anget'idirtcn Werke, dass er 1831 die Vcrsuclit' seines Vaters aufgenoniinen liabe, indem, vr zugleich ihre hohe Be­deutung für das Vcrstiindniss der Entstehung der Missbildungen sehr stark hetont. Während sein Vater, wie er sagt, gewöhnlich die Eier 3 Tage lang unter gcwöhnlichon Verhiiltnissen gelassen, und dann die Bebrütung auf versehiedno Weise gestört hatte, machte Isidore Gcoftroy die Eingriffe vor der Bebrütung. Da ihm keine Brütanstalt zu Gebote stand, benutzte er Hennen zur Bebrütung seiner Eier. Er giebt an, class Erschiittoning der Eier in der Uich-timg der Längsacbse nur eine Verzögerung der Entwickclung, selbst um ineiirerc Tage, zur Folge gehabt habe. Man erstaunt aber, wenn berichtet wird, dass dieser Versuch nur mit 3 (!) Eiern vor­genommen wurde, von denen die 2 noch zu andern Vorsuchen be­nutzt wurden (!) indem das eine mit Salpetersäure geätzt wurde, in das andere aber eine Nadel eingeführt wurde (!). Bezüglich der übrigen Versuche mit Erschütterung der Eier in der Richtung der Querachse, mit Uehcrzügen, welche die Porosität beschriinkten, mit Abtragung eines kleinen Stücks der Schaale und Verstopfung des Loches durch eine poröse Substanz, mit einmaliger Einführung von Nadeln und mit Befestigung eingeführter Nadeln im Ei, erfährt man nur, dass die Entwickclung durch diese Eingriffe allemal gänz­lich verhindert wurde. Es wird dann noch hinzugefügt, dass sich bisweilen bei diesen Versuchen eine schleimige Materie im Dotter entwickelt luobe, welche einem niembranai-tig gewundenen Ligamente glich, und dass der Dotter in einigen Fällen in nuidliclie oder un-regelmässige Kugeln von '/j bis l/3quot;' sich aufgelöst habe, während andre Eier nichts Ungewöhnliches zeigten. Gewiss muss manGeoffroy Hecht geben, wenn er selbst eingesteht, dass diese negativen Ver­suche der Wiederholung bedürfen, um zu Schlüssen zu bercclitigen. Trotz des grossen Gewichts, das er auf die hieher gehörigen Ver­suche legt, indem er die Experimente seines Vaters als maassge-bend für die Theorie der Missbildungen hezeichnet, so hat er doch
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leider iileltt Gelegönlieit gefunden, dieselben weiter zu verfolgen. Auch er vorspradi über diesen (Icgenstuiid eine besondre Momoiro zu lieforn, hat dies Vorsprechen jedoch nicht erfüllt.
Ks sind ortenbar die Untersuchungen GeöfiVoy's deraquo; Jttngerii;
sowohl als die des Aeltern, über den Einfluss der Störungen auf das Bebrtitüngsresultat denen Reauinur's gegenüber durchaus nicht niaass-gebend. Wenn (Icoffroy der Aeltere in ein Paar namhaft ant'ge-l'iilirtcn Fällen kranke Embryonen in Eiern fand, die in senkreehter Stellung bebrütet waren, so folgt daraus noch nicht, dass die senk­rechte Stellung daran Schuld war. Denn Keaumur brachte in die­ser Stellung bebrütetc Eier ebensowohl zur vollständigen und nor­malen Entwickelung, wie bei horizontaler Lage, und Gcoffroy führt nicht an, ob die Temperatur u. s. w. normal gewesen sei. Ueber-dies finden sich solche kranke Embryonen, wie Gcoffroy sie bei senk­rechter Stellung Während der Eebrütnng ein paarmal fand, meinen Untersuchungen zufolge so häufig, auch in Eiern, die, unter sonst ungünstigen Verhältnissen, in horizontaler Lage bebrütet wurden, dass für die Begründung seiner Behauptung wenigstens ein statisti­scher Nachweis des häufigeren Vorkommens derselben bei senkrech­ter Stellung der Eier noting gewesen wäre. Die weitläuftige Dar­legung der Verhältnisse, durch welche die senkrechte Stellung der Entwickelung schaden soll, stützt sieh dabei, wie es scheint, durch­aus nur auf eigene Reflexion, nicht auf Beobachtung. So wider-spriclit z. B. seine Behauptung, dass die senkrechte Stellung die Fintwiekclung des Luftraums verhindere, besonders wenn das Stumpfe Ende nach unten gekehrt sei, völlig der Erfahrung und den schon von Jh'eaunuir angestellton Versuchen.
Die neuerdings von Lihariik*) veröffentlichten Untersuchun­gen über die Einwirkung der verschiedenen Stellung und Lage der Eier während der Bebrütung auf die Entwickelung des Ilübnchens verdienen hier noch erwähnt zu werden. Bei horizontaler Lage des Eies liegt, nach L., auch der Embryo horizontal, mit dem Kopf
*) Das Gesetz dos nieiiscliliolien Waclislliums und dor unter der Norm zurück-g•obIiel)lll, lintstluirl) als die orstfl und wichtigste UrSftOho der Kluichitls, Soi'Ophuloso mul Tiibereulosc von Dr. Franz Liliaivlk. 8. Wien, bei Qerold und Söhn. 1868, — Prorlop's Notizen 1859 IV. Bd. Nö. 1.
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meist dem stumpfen Elende zugekehrt. Wird die Liing'saeliso des Eies senkreeht gestellt, so lagert sicli der Embryo am obersten Kiende anfangs horizontal, hei fortsehreifender Kntwickelung aber stellt sieh die Längsachse des Embryo mehr und mehr der Längs­achse des Eies parallel, und am Ende der Kntwickelung liegt im­mer der Kopf am einen und der Schwanz am andern Eiendo, Un­abhängig von der Stellung findet man am Schlüsse der Kntwickelung in der Hegel den Kopf dem stumpfen, Infthaltigen Elende zuge­kehrt, den Schwanz dem spitzen Eiende. Bei senkrechter Stellung des Eies, mit dem stumpfen Eiende nach oben, ist also der Köpf am Schlüsse der Entwickehing nach oben gerichtet, während er bei einer solchen senkrechten Stellung des Eies, wobei das spitze Ende nach oben liegt, nach unten gerichtet ist. indem man auf solche Weise im Stande ist, etwa während der letzten Hälfte der Brützeit den Embryonen im Ei nach Belieben eine solche Lage zu geben, dass der Kopf nach oben, nach unten oder horizontal liegt, ist es möglich, über den Einfluss der verschiedenen Stellungen be­stimmte Versuche anzustellen. L. fand nun den Kopf auffallend kleiner, den Bauch aber dicker und grosser, wenn der Kopf (das stumpfe Kiende) nach oben gerichtet war. Es waren alsdann die ausgekrochenen Hühnchen auch schwach, gingen schlecht und sie blieben immer während längerer Zeit mager und schwäehlieh. In einigen Fällen war die Lage des Kopfes im Ei nicht die normale, unter dem Flügel, sondern der Flügel hing herab. Wenn dahin­gegen der Kopf (das stumpfe Eiende) nach unten gerichtet war, so wurde der Kopf überall grosser und breiter, der Mals kürzer und dicker, der Bauch aber kleiner, schmächtiger und platter ge­funden. Bei der gewöhnlichen horizontalen Emhryonallage (bei horizontaler Lage des Eies) fand er die nach unten gelegene Kör­perhälfte, auf der das Hühnchen geruht hatte, kleiner, schwächer, in der Entwickehing mehr zurückgeblieben, atrophisch, und der Kopf war in solchen Fällen, wo der Körper auf ihm gelegen hatte, mit den Kindrücken des Brustkorbes versehen. Dies Alles war am deutlichsten bei vollentwiekelten aber in der Sehale abgestorbenen Hühnchen, Diese Resultate stützen sich auf Versuche mit 48 Eiern. Wenngleich ans diesen Versuchen hervorzugehen scheint, dass die l'mnim, Untersuchungen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 2
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Lage des Kies bei der BohriUimg' koincsweges lur die ßntwiokeluug des Ktnbl'yo gleichgültig ist, und dass die dureh die Stellung lie-dlngte Voi'Bohiedeuheit der Einwirkung der Öcliwcre Ursaelio der beobachteten Modiöoationen der Ernährung ist, so ist in denselben doch von eigentlichen Missbilduagen Hiebt die; Rede, in einer Ver­suchsreihe mit je G verselneden placirten Eiern hatte es den An-sehein, als ob die senkrechte Stellung überhaupt ungünstiger sei, als die horizontale, indem mehr vollentwickelte Ilühnchen ans den letzteren hervorkamen, als aus den ersteren. Um jedoch hierüber etwas Sicheres zu statniren, würden viel grössere Beohaehtungsrei-hon niithig sein, wie sie von Reaumur vorliegen, daher Reaumur's Resultate durch Liharzik's ITntcmichungen im Ganzen bestätigt und nicht wesentlich altcrirt werden, wohingegen Gcoffroy's Angabe, dass die senkrechte Stellung der Eier während der BebrUtimg eine wesentliche Ursache der Entstehung von Misshildungcn in Vogel­eiern sei, durch dieselben keineswegs bewahrheitet wird.
Die oben angeführten Versuche Reaumur's, durch welche der Kinfluss luftdichter Ueberzllge der Eier auf die Entwiekclung ge­prüft wurde, sind später verschiedentlich moditicirt und wiederholt worden. Insofern die luftdichten Ueberzüge die Sauerstohaufnabme verhindern oder wenigstens beschränken müssen, könnten hier einige Versuche angefahrt werden, welche von einer aus Viborg,*) Bugge, Herholdt, Scheel und Rat'n bestehenden Commission im Auftrage der Königl. dänischen Gesellschaft der Wissenschaften 1803 ange­stellt wurden, um die Frage zu erledigen: Ob Eier in irrespirabeln Gasarten entwickelt werden könnten V Dieselben ergaben ein nega­tives Resultat, wenn der Verschluss der Getasso, in welchen die Eier mit der irrespirabeln Euft eingeschlossen waren, vollkommen dicht war. Sie zeigten aber zugleich, dass es ungemein schwer ist einen vollkommenen Versehluss zuwege zu bringen. Diese Versuche haben indess für uns keinen grossen Werth, da die bei einigen, als misslnngon bezeichneten Versuchen wahrgenommenen „Entwickehnigssiniren- nicht näher untersucht wurden und da die ganze Versuchsreihe auf eine geringe Zahl von Eiern beschränkt
*) Dot Kongol, Dansko VidenskaTiornoa Solskaba Skrlvter for Aar. 1808 6g t8n-t III. IM, Ivjlibcnhnvu 1805, I. pftgi 281.
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war. Wenn man indess diese Vemiclic vor Augen hat, so erscheint os zweifelhaft, ob die später von Beaudrimont und Martin Ht. Auge gdtnaohte Angabe, daslaquo; die Entwickelung in Eiern, die mit luftdich­ten Ueborzügen versehen sind, wohl beginnen könne, aber sehr tVüh gehemmt werde, auf Eier zu beziehen ist, welche mit voll­kommen oder unvollkommen luftdichten rieberzligen versehen wa­ren. Indem Beaudrimont die eine Hälfte des Eies parallel der Liings-aulisc mit einem luftdichten Ueberzugo versah, fand er, dass die Eier abstanden, wenn die firnisirte Hälfte nach oben lag, dass aber die Entwickelung nielit dadurch gestört wird, wenn dieselbe wah­rend der Bebrütung nach unten lag. Dareste *) wiederholte neuer­dings die von Beaudrimont und von Geoffrey d. A. vorgenommenen Versuche mit partiellen luftdichten Ueberzügcn der Eischale, indem er dieselben so modiiieirte, dass er das stumpfe oder spitze Elende limisirto. Das Firnisiren des spitzen Eiendes schien in der ersten Zeit bisweilen ein Abstehen der Eier zur Folge zu haben. Später­hin schadete es nicht. Wenn aber das stumpfe, mit dem Luftraum versehene Elende von Anfang an, oder in den ersten Tagen der Bebrütung firnisirt wurde, so stand eine gewisse Zahl von Eiern ab, andere aber entwickelten sich normal, nur dass die Allantois sich statt an das stumpfe Ende an eine andere nicht firnisirte Stelle der Schale anlegte. D. meint, dass dieser abnorme Ansatz der Allantois zu Missbildungen Veranlassung geben könnte. In einem solchen Falle feldton die Zehen des linken Fusses ganz, während der rechte normal gebildet war. In einem andern Falle wurde eine beträchtliche Verkrümmung des Oberkiefers gefunden, während der Unterkiefer normal gebildet war. Es ist aber der ur­sächliche Ziisammenluing dieser Deformitäten mit der abnormen Lage der Allantois nicht nachgewiesen, und überhaupt scheint der Kinfluss der luftdichten Ucberzüge auf die Entstehung von Miss­bildungen, den bisher vorliegenden Untersuchungen zufolge, wenig­stens sehr problematisch zu sein. — Wenn das stumpfe Elende am fünften Tage der Bebrütung firnisirt wurde, also zur Zeit, da die Aliantois sich bereits an den Luftraum angelegt hatte (?), so starb
h) Comptcs muins 1800 pug'. W'quot; liis Olid lind Gtazotto mcclicali' 18Dü. i).
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delquot; Kmbryo immer ab. Späterhin, vom acliton bis zum zwölften Tage, war das Finiisireu des stumpt'mi Eiendes wiederum unseluid-lloll, was T). daraus erklärt, dass sieli die Allantois alsdann über einen grüsseren Theil der Eischale ausgebreitet hat.
Herr Dr. Poselger in Berlin hat, zufolge mlindliehcr Mitthei­lung, versehiedene Versuche über das (,'onserviren der Eier für die Bebrütung angestellt. Nach ihm vertragen die Eier selten mehr als 3 Wochen autbewahrt zu werden, wenn die Bebrütung Erfolg' haben soll, in solchen älteren Eiern beginnt die Entwickelung­wohl bisweilen, wird aber oft nicht beendigt, indem die Embryonen nur etwa 14 Tage alt werden. Einige Hühnchen kamen freilich aus solchen älteren Eiern hervor; dieselben schienen ihm aber scliwäch-llcber au sein, als aus frischen Eiern. In Eiern, welche tiber 4 Wo­chen alt waren, entwickelten sich die Hühnchen im Ei nie weiter als etwa bis zum vierzehnten Tage; in keinem Falle kamen sie zum Auskriechen. Die Eier verlieren hierbei immer mehr an Ge­wicht, und wenn Dieses einen gewissen Grad erreicht hat, ist die Ent-wickelung in den letzten Htadien unmöglich geworden. Bei seinen Versuchen, die Eier durch luftdichte Ueberziige für eine längere Zeitdauer zu beschützen, wurde von den firnissartigen Uebcrzügcn von vorn herein abgesehen, weil anzunehmen war, dass dieselben dem Embryo durch Eindringen schädlicher Stoffe in das Innere des Eies gefährlich werden könnten. Staniolübcrzüge wurden ver­sucht aber verworfen, weil Eier, die mit solchen versehen waren, fast ebenso stark an Gewicht verloren, wie nicht überzogene Eier. Leitnllberztlgo verhinderten die Verdnnstung gar nicht. Bin CJeber-zug zuerst von Leim und dann von Collodium verhinderte die Ver­dunstung zwar etwas besser, aber doch nicht vollständig, und ver­längerte nicht die Dauer der Bebrütungsfähigkeit. Wachsüberzüge, durch schnelles Eintauchen der Eier in geschmolzenes Wachs, des­sen Temperatur nur wenig über dein Schmelzpunkte lag, verbin­derten die Verdunstung am besten, so dass die Eier noch nach mehr als 3 Wochen in Wasser zu Boden sanken, aber zur Ent-wickelung kamen so überzogene Eier niemals.:i;)
*) Morltfrürdig ist eine Boobaohtnng, die Herr Dr. Poaelgor hierbei tnaohte, ilnss sieli iiiimlioli retrelmltssiff im Innern ^n consorvirter Rlor Pilze In gros-
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tmmmmwanH
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Die Versuche Geoft'roys, raquo;lurch niechainschc Verletzungen der Embryonen Missbildungeu hervorzubringen; scheinen in seinen Ver suchen, so viel ich habe tinden können, ein negatives llcsultat ge­habt zu haben. Dieselben sind von Valentin wiederholt würden, und er berichtet über dicsolben in seinein Uepertoriuni Dd. 11. pag. 168 und 169, bei Gelegenheit eines llet'erats über Barkows Monstra anhnaliurn duplicia. Es heisst liier: „Ich feilte bei meinen laquo;Versuchen die Eier, nachdem sie 24 bis 28 Stunden in derDrüt-„inascliine gelegen hatten, an, und deckte sie so, dass die Keimhaut „an der circulären Oeflnung frei zu Tage kam. Der mehr oder ..minder entwickelte Embryo zeigte, soweit sicli auf diesem Wege „beobachten Hess, keine Abnormität. Ich brachte das Ei mm mi­ster verschiedene krankhafte Verhältnisse, dadurch, dass ieh viel „Eivveiss durch die Oefthung herausliess, das Ei in passende senk-_reclite oder schiefe Stellungen versetzte, Eäden in der Nähe der „Keimhaut durch die Eischale hindurchzog u. dergl. Es erfolgten, „neben uugllicklichen Zerstörungen des Ganzen, bisweilen nionstrose „Embryonen, von denen sich einige in dem Breslauer Museum be­finden. Hierdurch zeigte es sieh unmittelbar, so weit es bei Ver-„suchen der Art angeht, wie der normale Keim in ein Moiistnim „übergehen kann, ein Resultat, das auch Geoffroy St. llilairc der „Vater vor mir schon erhalten hatte.
„Für die willkührliche Erzeugung der Doppeimonstra habe laquo;ich leider bis Jetzt nur eine Erfahrung, die mir natürlicherweise „noch lange nicht genügt. Ich hatte einen zweitägigen Embryo „in seiner hintern Körperhälfte der Länge nach gespalten und fand „nach ö Tagen Duplicität des Beckens und der hintern Extrcmitä-„ten, doch waren die doppelten Theile in der Entwickclung weiter „zurück als die einfachen. Wie sehr die genirte Lage eine Neigung „zurTrennung hervorrufe, habe ich diesen Sommer wiederum gesehen. „Ich fand bei senkrechter Lage des Eies den mit seinen ^5 llirnblasen „noch versehenen Embryo an seinein Kopfe durch eine Längsfurehe „so gespalten, dass fast bis zur Basis die rechte und linke lliilfte „von einander isolirt waren. Üiesc Missbildung scheint durch im-
scr Mcngp otitwickelton, obwolil imnuT ganz Crlsuhc Biet für tllcso Versuche bonutzt wui'dcn.
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„mittelbare meobaaiicUo EHnwirkung auf die Keimblusc hervoi'geru-steu zn soin.quot;
Die Vorliiindluiigeii der NatxiYforsoberveraammlung üu Bfeslauraquo;
v,'o Valentin diese Versuche, Barkows Angabe im obengenannten Werke Bd. 2pag. 190 /Aitblge, mitgetlieilt hat, sind mir leider nieht ZUgftfagliohj ii'h weifls daher nicht, wie weit diese Versuche aus­gedehnt wurden. Den (iedanken, dasa eine mechanische Theilung der Keimanlagc zu Doppelmissbildungcn führen könne, etwa wie bei Trembleys Versuchen mit Polypen, scheint V. aber noch bei einer noueren Mittheilung über die Entwickehmgsgeschichte der Doppelniissbildungen in Vierordt's Archiv 1851 festgehalten zu ha­ben, indem er ein besonderes Oewicht auf den Umstand legte, dass die künstlieh befruchteten Fischeier, aus welchen sich seine Doppel-euibryoiion entwickelten, 7 iStimden lang in einem (iefässe mit we­nig Wasser getragen wurden. Einer brieflichen Mittheilung des Herrn Professor Claudius in Marburg zufolge, bat Leuckart den letztgenannten Versuch Valentins wiederholt. „Wenn man ein Ei aus den ersten Tagen öffnet, die Keimscheibe spaltet oder durch­sticht oder sonst laodirt, dann ein raquo;Stück Eischale darüber bindet und es wieder in die Maschine legt, so kann es sich fortentwickeln, nach L's. Beobacbtungeu bis 6 Tage nachber. Die getrennten Theile verwachsen nicht, zeigen überhaupt keinen Heilungsprocess, son­dern die Schnittstellen bleiben in statu quo.quot; Hiernach wird also Valentins vielbesprochener Fall auch wohl keine üoppelmissbildung, sondern eine Theilung oder Trennung in zwei Hälften dargeboten haben.
[Jeher das Vorkommen von Missbildungen ill Vogelciern be­richtet ferner v. Baer in einem Anhange zu seiner Abhandlung über doppelleibigo Missgehurten (Mötn. de l'aoäd. imp. de St. Peters-bourg 1840. VI. Serie So. nat. T. IV). Er giebt hier an, dass es einst seine Absicht gewesen sei, üher alle Regelwidrigkeiten, die ei' an den Eioril und den Embryonen von Vögeln beobachtet habe, in einer grössern Abhandlung zu berichten, dass er aber diese Ab­sicht (wie ehedem (jeotfroy Vater u. Sohn) längst aufgegeben habe. Am hiiuf'igstcu sah er imvollkommcne Kutwlckchmgcn des ilirns, mit oder ohne Mangel der Schädcldccke, und Unvoilkoinmenhciten
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der iSclniiibclbildimg. Niclit selten kommt es uacli ihm vor, diislaquo; das Hirn, zu einer Zeit, wo die Vierlnigel Über das Vorderliirn über­wiegen sollten, aus kleinen, gleich grosson, liiiitereimuider lieg-enden prallen Bläsehen besteht. Es ist dann auch der werdende Sollädol viel weniger gekrümmt, als er es um diese Zeit sein sollte, und laquo;las Herz ist mehr sclilaueht'örmig, iiulein das Kude, in welches das Blut hineintritt, dem Ende, aus welchem es heraustritt, viel weniger genähert ist, als normal. Baer sehloss hieraus, dass die regelrechte Bildung des Herzens und des Kopfes der regelrechten Krümmung des Kopfes als gemeiusamer Bedingung folgen, und da ihm diese Hemmung in der Kopfbildung viel liiiuliger zwischen dem dritten und fünften Tage der Bebriitung vorkam, als eine un­vollständige Koptbildung hei ausgebildeten Hühnchen, so sehloss er ferner, dass die so verbildeten Embryonen sehr frühzeitig absterben. Die auffallendste Missbildung, die ihm vorkam, war ein ziemlieh festes, bramirötldiehes, bohnenformiges Klüinpchen, das nicht die min­deste Aehnlichkeit mit der äusseren Gestalt eines Hühnchens oder eines Wirbeltbiors überhaupt darbot. Dasselbe war von einer etwas abstellenden Hülle umgeben und stand mit einem ungevvolinlieben, wie es schien, noch lebenskräftigen Uefiissnetze der Keimhaut in Verbindung. Dies Gefässnetz bedeckte den ganzen Gcfässhof mit Maschen, die in der Mitte zwar viel grosser w'tiren, sich aber nicht in lange bitänmicbcn saininelten, sondern fast unmittelbar mit dem bohnenförmigen Klumpen verbünden waren. Diese Masse hielt v. Baer für eine nach dem Absterben des übrigen Körpers eines Embryo noch tbrtwuohornde Leber, Kr wurde hierzu nicht nur durch die Farbe der Masse vcraidasst, sondern vorzüglich durch die Beobachtung, dass bei Embryonen, welche in seldecht regulir-teh Brütmaseinnen abstarben, der vegetative Abschnitt des Leibes sein- oft noch sein Lehen fortzusetzen scheint, während der ani­malische Abschnitt schon völlig abgestorben ist und sich dann vom vegetativen mehr als gewöhnlieh scheidet. In der äusseren abste­llenden Hülle, deren oben Erwähnung geschah, glaubte v. B., frei­lich undeutlich, die Spuren einer in der Eutwickelung gehemmten Wirbelsäule, also die aaiinale Schicht des Embryo selbst zu erken­nen — und nicht etwa ein Amnion, I In der Abbildung erkennt
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man jedoch Nichts, laquo;la.s un eine Wirbelsäule erinnert). Im l'ort vegetircndeii Körper liessen sich freilich keine Lehergänge wahr-nelinien, was aber bei der Suppression des Darmes sehr natürlich erschien. Diese Vcrmutluiug, dass hier eine, aus einer degenerirten Und über die Dauer des allgemeinen Lebens hinaus fortwuchernden Leberaquo;' hervorgegangene Molen-Bildung vorliege, wollte v. Bacr je­doch nur als Frage für künftig vorkommende Fälle hinstellen.
El'dl iiatte daher Unrecht, als er in seinem Werke: Die Ent--wickclung des Menschen und des Hühnchens im Ei 1. Bd. pag, 40 aussprach, dass eigentliche Missbildungen in den gewöhn­lichen Eiern der Vögel nicht vorkämen. Er giebt indess zu, dass abnorme Embryonen in bebrüteten Hühnereiern oft genug vorkom­men, ja hält es für unmöglich, in jedem einzelnen Falle zu ent-soheidon, ob ein Embryo ganz normal oder ein wenig abnorm ist. Aber, ohne zu verkennen, dass dies unter Umständen seine Schwie­rigkeit hat, insofern Abnormitäten in der zeitlichen Aufeinander­folge der Entwickclungsvoi'giinge so häufig sind, dass in einzelnen Fällen die Aufstellung der Norm zweifelhaft erscheinen kann, so glaube ich doch heluuipteu zu dürfen, dass die Feststellung der Grenze zwischen abnormen Embryonen und wirklichen Missbildungcn noch viel schwieriger festzustellen ist. Erdl hat z. B. auf Taf. VIH. Fig. 4 einen Embryo abgebildet, der sich nicht nur durch seine im Verhältniss zur Entwickelungszeit abnorme Kleinheit, sondern auch durch eine eigenthüniliche, blasenartige Bildung in der Herz­gegend auszeichnet, die freilich ohne Weiteres als Anmionbildung bezeichnet wird, als solche aber jedenfalls sehr abnorm sein würde, und wohl als Misabildimg bezeichnet zu werden verdient. Auf die (Jlrössenverliältnisse der Embryonen seheint Erdl überhaupt sehr wo­nig Werth für die Beurtheilung ihrer normalen oder abnormen Be-schaffenheit zu legen, wie er denn auch die Stundenangabe der Bebrütung für vollkommen werthlos erklärt. Obgleich jedoch die Ungleichheit der Eutwickelung bei gleicher Dauer der Bebrütungs-zeit wohl Allen aufgefallen ist, welche viele Brütversuche angestellt haben, und obgleich auch die Grosse iiormalerEmbryonen, bei gleich-weit vorgeschrittenor Entwickchmg etwas variiren kann, so halten sich doch diese Ungleichheiten innerhalb gewisser, nicht sehr weiter
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Grenzen. Wenn diese übersehritten werden, so wird man, eimuui mit den Missbildungeu der Embryonen auf den t'rüheron Entwicke-lungsstufen vertraut geworden, wohl Innner, neben der zu gerlngeu Grosse und dem Zurüekgebliebensein der J^utwlckelung im Ganzen, auch Ungleieiimässigkeiten der Entwitkclung der einzelnen Theile und walire Mlssbildungcn finden, es sei denn, class der Embryo |)lötzlicli abgestorben ist, und neben einem sich fortentwickelnden Embryo eines andern Eies in der Brütmaschine liegen geblieben ist. Ich glaube, dass die zu geringe ßüeksichtnahmo Erdl's auf diese Verhältnisse daran Schuld ist, dass sich in seinem Werke auch mehrere als normal abgebildete Embryonen aus frühen Stadien beiinden, die ich, ineinen Erfahrungen zufolge, als beginnende Miss­bildungen betrachten muss, namentlich Taf. IV. Eig. 8, Taf. V. Fig. b und Taf. VI. Eig. 4 und 7.
Das häufige Vorkommen von wirklichen Missbildungen in be­brüteten Vogeleieru ist übrigens auch andern aufmerksamen Beob­achtern nicht entgangen. So haben mir Reichert und Kemak münd­lich gesagt, dass sie sehr oft Missbildungen, namentlich sogenannte llemmungsbildungen, bei ihren so zahlreichen Brütversuchen gefun­den hätten; sie haben denselben jedoch keine weitere Aufmerksam­keit geschenkt, weil sie bei ihren Beobachtungen andere Fragen verfolgten.
tndein ich nun zur Darlegung meiner eigenen Untersuchungen und Beobachtungen übergehe, dürfte es angemessen sein, zunächst den Gedankengang anzugeben, der mich anregte, die Entstehunc-der Monstrositäten in den Vogeleiern in- einer mehr eingehenden Weise zu verfolgen, als es bisher geschehen war, nachdem ich die meinen Vorgängern entgangene Beobachtung gemacht hatte, dass die abgestandenen und faulen Eier in der Tiegel Misshildnngen ent­halten.
Es schien mir vor allen Dingen bei einer experimentellen Unter-suelmng über die Entstehung der Missbildungen nothwendig zu raquo;ein, die allerersten Stufen derselben zu Gesicht zu bekommen, weil späterhin der Ausgangspunkt und der ursächliche Zusanimenhang der Bildungsfchler durch die Fortschritte der I'hitwickelung immer undeutlicher wird, und endlich gar nicht, oder nur sehr undeutlich
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orkuimt werden kann. Eiü bereits gebildeter Tlieil wird viclleieht auch während des ernbryoiiiilen Lebens durch locale Krankhcits-processe verändert oder zerstört werden können, ebensowohl, wie bei einem vollständig entwickelten Individuum, diese Zerstörung wird aber wahrschehilieh um so weniger vollständig sein, je wei­ter die Kntwickelung des Organs bei der Erkrankung bereits vor­geschritten war. Noch mehr stand aber zu erwarten, dass locale Krankheitsprocesse, welche gleichsam au der Matrix eines in der Bildung begriffenen Organs auftreten, viel umfassendere Verän­derungen setzen werden, indem alsdann die Entwickclung, welche statt finden sollte, ganz verhindert werden, oder indem ein in der Bildung begriffenes Organ in seiner Entwickclung gchenimt oder ganz zerstört werden könnte. ,le früher ein loealer Krkrankungs-process die Embryonalaulage trifft, desto intensiver und extensiver werden demnach wahrscheinlich, unter sonst gleichen Umständen, die Missbildungcn sein, welche dadurch veranlasst werden könnten. Je bedeutender und je ausgedehnter aber die Missbildungcn ge­worden sind, desto mehr würden sie dann in der Hegel auch das fortbestehen der Existenz bedrohen. Daher erschien es mir wahr­scheinlich, dass gerade die bedeutendsten Missbildungen, welche in den früliesten Entwiekclungsperioden entstanden, in der Regel schon im VA in ziemlich früher Zeit absterben und niemals zum Aimkrie-ohen kommen würden, während die verhältnissmässig geringfügigen Missbildungen das normale Ende der Entwickclung erreichen und ihre Hüllen lobendig verlassen könnten. Dies schien im Allgemei­nen, sowohl von den Embryonen der Vögel, als von denen der iSäugethierc, gelten zu müssen. Für die Vögel kommen offenbar aber noch andere Umstände hinzu, durch welche die während des embryonalen Lebens entstandenen Missbildungcn in viel höherem Grade unmittelbar lebonsgefährlich werden müssen, als beim Säuge thiere. Während nämlich der Embryo des Säugethiers sich bei seiner Geburt ganz passiv verhält, muss der junge Vogel selbst die harte Eischale durchbreeben, und er kann nur durch künstliche Oeffnung des l'jies zum Vorschein kommen, wenn ihm hierzu die Fälligkeit abgeht. Auch während des embryonalen Lebens scheint überdies der Embryo eines Säugcthiers viel günstiger gestellt zu
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sein, ills ein Vogelombryu im Ei. Durch delraquo; Auteutlialt im limoru lt;ler Mutter ist dorn Säugetliicrembryo nämlich die TemperatW der Mutter g-esiehert, während selbst bei der sorgfältigsten Bebrütung des Vogelcics durch den Vogel Schwankungen der äusscren Tem­peratur unvcrmcidlicli sind. Dazu kommt noch hinzu, dass der Säugethiercnibryo seine Nahrungsstoftc aus dem mütterlichen Blute endosmotisch aufnehmen, während der Vogcleinbryo seine Nahrung aus dem walirscheinlich doch mehr differenten Dotter und Eiweiss bezichen und assimiliren muss. Zur Aufnuhme der Nahrung dient dein Säugethicr fast während des ganzen embryonalen Lebens die riacenta, welche gleichzeitig die Kespiration vermittelt, dem Vogel­embryo scheinen aber die Gefasse des Bluthofs auf dem Dotter bis zur vollendeten Entwickelung zur Nahrungsaufnalmie zu dienen, während die Allantois, die ja der Placenta des Säugethicrs ent­spricht, wesentlich nur die Kespiration zu vermitteln scheint. In die­ser Beziehung ist also der Apparat für die Stoffaufnahme des Vogel­embryo im Ei coinplicirter als beim Säugethierembryo, und locale Erkrankungen der auf dem gelben Dotter ausgebrüteten periphe-rischen Keimscheibe, besonders der Gefässc, könnten daher bei der pathologischen Entwickelung der Vögel eine grössere Rolle spielen, als die Erkrankungen der Nabclblase und ihrer Gefässe bei den Säugethieren. Die Produkte der regressiven Metamorphose, sowie etwanige abnorme, dem Embryo schädliche oder auf den Dotter zersetzend einwirkende Nebenprodukte müssen cndlieli, mit Aus­nahme der Gase, welche durch die Schale entweichen können, im Vogelei bleiben, während sie vom Säugethierembryo durch Ver-inittelung des mütterlichen Organismus entfernt werden können.
Bei Erwägung aller dieser Umstände erscheint es a priori wahr-schcinlich, dass embryonale Erkrankungen und Ernährungsstörun­gen, und infolge derselben Missbildungen der Embryonen, in den Vogeleiern noch häufiger vorkommen werden, als bei Säugethieren. Zugleich aber ist es, bei Berücksichtigung obiger Umstände, sehr leicht erklärlich, dass einfache Missbildungen der Vögel in den Sauimlungen bisher viel seltener sind als einfache Missbildungen der Säugethiere.
Bei der Darlegung meiner eigenen BeobaohtUIlgon und Unter-
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suclmngen werde ich nun im ersten Kapitel meine Krtahningcn über die Entstellung der Missbilduugeu durch Störung der Ent-wiekelung in Vogeleicrn mittlieilen. Zur Erleichterung der Ueber-aiöbt habe ich dies Ktapitel in 3 önterabtheilungen eingetheilt, deren erste die pathologische Entwickolung der Kcimacheibe, deren zweite die Missbildungen des Amnion, der Nabelbildung und der Allan-tois und deren dritte die Misshildungeu der Embryonen selbst um-t'iisst, die ich durch Störung der Entwickelung entstehen sah. Im zweiten Kapitel werde ich einen vergleichenden Ueberblick der einzelnen Formen der durch Störung der Entwickelung entstandenen Missbildungen der Vögel und der einfachen Missbildungeu der Siiuge-tliiere und des Menschen mit Kücksicht auf ihre Entstehung zu lie­fern versueben und im dritten Kapitel sollen endlich die Ursachen der durcli Störung der Entwickelung entstandenen Missbildungen abgehandelt werden.
Diejenigen Missbildungen aber, welche eine ursprünglich feh­lerhafte Eibildung voraussetzen, namentlich die wahren Doppol-missbildungen, werden im zweiton Hauptabschnitte zur Sprache kommen.
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Erstes Kapitel.
Untersuchungen und Beobachtungen über die Entstehung
der Missbilduugeu durch Störung der Eutwlckelung
in Vogeleieru.
1, Die pathologische Entwickelu ng der Keinisclieibe.
Da die Keimscheibe schon früher vorhanden ist, als der Em­bryo, und nooh lange nach der Entstehung desselben eine grössere Ausdehnung hat, als der junge Vogel selbst, so lag die Aufforderung vor, der pathologischen Entwiekelung der Keimscheibe eine vor­zügliche Aufnierksanikcit zuzuwenden. Diese Aufforderung erschien um so dringender, als diejenigen Embryonen, deren respective Keim­scheiben bezüglich ihrer;Grösse und Struktur wesentlich verändert waren, auch selbst fast immer bedeutende Abnormitäten darhoten. Dies deutete nämlich darauf hin, dass primäre krankhafte Verän­derungen der Keimscheibe bedeutende Missbildungen des Embryo, wahrscheinlich in sehr frühen Entwiekolungsperioden veranlassen können.
In vielen andern Fällen fand sich in bebrüteten Vogeleieru eine pathologisch gebildete Keimscheibe, ohne dass es mir möglich war irgend eine Spur von einem Etnhryo aufzufinden. Wir wollen diese letztgenannten Fälle zuerst durchgehen und danach diejenigen Missbildungen der Keimscheibe besprechen, welche bei gleichzeitiger Gegenwart des betreffenden Embryo zur Beobachtung kommen.
A. Diu Missbildungen der Kciinscheile bei fehlendem Embryo und die Entstellung derselben.
Ich habe bisher 4 bestimmt unterschiedene hierher gehörige Formen hoohaclitet, die ich hier einzeln besprechen werde:
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1. Helir liänlig laud ich in iibgcstandencn KicM'u cinf Bildung-, die auf Taf. I, Fig. 1 dargestellt ist, und die mau abortive Dop-pelsohildbildung nennen könnte, urn sie mit Büoksioht auf ilire Form zu bezeichnenlaquo; Bei derselben findet man im Centrum der mehr oder weniger liber den Dotter verbreiteten, weisslicben Keim-seheibe eine scharf umgrenzte klare Stelle. Löst man diesen ccn-tralen Theil der Keimselieibc dnreb Scbecrensclmittc, die in jKisseu-der Entfernung von der klaren Stelle, unter Wasser, um sie herum geführt werden, ab, so sieht man, dass in der Mitte nur eine durch­sichtige, dünne Membran vorhanden ist, die sich bei näherer Un­tersuchung als die Dotterhaut ZU erkennen gieht. Kehrt man die Seheibe um, so bemerkt man am Bande des hellen runden Krei­ses einen etwa '/j, Mm. dicken, opaken, gekräuselten Wulst sich er­heben, der dadurch entsteht, dass eine über einen grösscren Thcil des Dotters verbreitete, unter der Dotterhaut befindliche, zieinlicli dicke und Opake Membran an diesem Rande mit der Dottcrliaut selbst verklebt 1st, während sie im hellen Kreise fehlt. Diese Ver­klebung hat im ganzen Umfange der durchsichtigen Seheibe eine Breite von meist 1 bis 4 Mm. Hoher diese Grenze hinaus ist die dicke, opake Membran von der Dotterhaut getrennt, so dass die ausgeschnittene Scheibe, wie in der Figur, einen Doppelschild dar­stellt. Den Kräuselungen des Bandes entsprechen Falten, die, an der unteren Seite der opaken Membran sichtbar, sich gegen din Peripherie hin mehr und mehr verlieren. Beinerkenswerth ist noch, dass ich diese Art von Doppelschild, dessen Blätter sich an der verwachsenen Stelle nicht ohne vollständige Zerreissung von ein­ander trennen lassen, niemals neben der Bildung rothen Bluts ge­sehen habe. Dahingegen habe ich in vielen Fällen, wo ein kleiner, bereits rothes Blut führender Bluthof gebildet, und wo auch ein abnormer Embryo vorhanden war, die Dotterhaut mit der Ober­fläche des Bluthofs so verklebt gefunden, dass beide mir durch star­kes Zerren, jedoch meist ohne eigentliche Zerreissung von einander getrennt werden konnten, und in diesen Fällen behielt dann die abgerissene Dotterhaut bisweilen in der Mitte eine klare, runde Stelle, welche derjenigen der in Bede stehenden Bildung völlig ent­sprach, während der Umfang da, wo die Verklcbung mit dem Blut-
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liol'c statt gefunden hatte, verdickt und opak war. Dies war auch der Kali mit dor Doltorliaut des aul' Tat'. 111. Fig. !) und G dar­gestellten Kmbryo, der noch kein rotheraquo; ßhit tulirto. Sclion libr-aus würde man scldiessen können, dass jene dieke, opake Mein brau nichts Anderes ist, als die periplierisclie Keimseheibe, welche, bevor es zur rothen Blutbjldung gekommen ist, ahnoriner Weise in der (legend, wo sieh sonst der Bluthot' bildet, mit der Dotter-haut so fest verklebt, dass eine Trennung ohne Zerrelssung nicht möglich ist. Späterhin, nach Bildung rothen Bluts im Blutliofe, würde dann eine solche abnorme Verbindung zwischen dein Biuthofe und der Dotterhaut ebenfalls möglich sein, sie würde dann aber nicht eine so feste Consistonz erlangen und man würde, wenigstens in der Regel, den Embryo zugleich vorfinden. Hicrnacli würde bei der in Bede stehenden Bildung der Embryo nebst dem hellen Kreise, der ilm normaler Weise zunächst umgiebt, fehlen, da er ja in je­ner hellen Seheibe unseres Doppelschildes hätte liegen müssen, während dieselbe doch, wie bereits erwähnt, nur uns der Dotter­haut bestellt. Die naheliegende Vermuthung, es könnte der Em­bryo nach der abnormen Verbindung des inneren Bandes der pe-ripherischen Keimscheibe mit der Dotterhaut, bevor es zur Bildimg rothen Blutes gekommen ist, mit seiner zarten nächsten Umgebung aus der Keimscheibe herausgefallen, und zu Grunde gegangen sein, kann ich thatsächlich begründen. leli fand nämlich in 3 Fällen, gerade unter der Mitte des beschriebenen durchsiclitigen Theiles dor Scheibe, auf dem durch eine klare Flüssigkeit vom Doppelschilde getrennten, sogenannten weissen Dotter, unverkennbare Reste und Spuren von Embryonen aus den frühesten Stadien. Auf Taf. L Fig. 2 und 3 sind solche Embryonalrcste abgebildet, ersterer bei 28faeher, letzterer bei öfacher Vergrösserung. Bei dieser patholo­gischen Bildung verdient übrigens noch ein Umstand bemerkt zu werden. Die Ausbreitung der Keimscheibe über den Dotter ist nämlich verschieden, bisweilen aber viel weiter, als sie es normaler Weise selbst um die Zeit ist, da sich der Bluthof mit rothem Blute füllt. Hieraus folgt, dass die periplierisclie Keimscheibe unter Um­ständen ihr Fläehenwachstlium noch eine Zeitlang fortsetzen kann, wenn der Embryo zu Ornnde gegangen ist, oder wenn die rotlie
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Dlutbildung in illaquo;ni durch die. Adhäsion mit der Dotterliaut ver­kümmerten (retaashot'e verhindert ist. Diese, wie sonst, aus Zellen zusannnengesetzte periplieriselic Keimsclieibc endigt mit einem ziem­lich scharf markirten Rande und ist schon dadurch zu erkennen, dass der Theil des {raquo;•olben Dotters, der von dieser Membran be­deckt ist, eine mehr weissgelbliche Färbung zeigt, als der nur von der Dotterhaut bedeckte Theil desselben. Während dieselbe in einigen Fällen nur etwa '/j Zoll im Durchmesser mass, •war sie in anderen Fällen über den grössten Theil des Dotters ausgebreitet. 2. Noch öfter, als die so eben beschriebene Bildung, habe loh ohne Spur eines Embryo in bebrüteten Eiern unter der Dotter­haut eine Keimscheibe von verschiedener, meist ziemlich beträcht­licher Ausdehnung gefunden, welche in der Mitte Stellen zeigte, wo sie rothes Blut enthielt, und wo in der Eegel Löcher wahrge­nommen wurden, zwischen denen die Substanz der Membran opaker und dicker war, als weiter gegen die Peripherie hin. Ich möchte diese Form die abortive Bluthofbildung nennen. Auf Taf. I. Fig. 4, 5 und (5 sind die eentralen Stellen solcher in dieser Art pathologisch veränderter Keimsehciben dargestellt. Die Menge des rothen Blutes ist meist gering, und die Vertheilung desselben ist auf einen verhältnissmässig kleinen, kaum 10 Mm. im Durchmesser hal­tenden Theil der opaken, fast immer von Löchern durchbohrten eentralen Partie der Keimscheibe begränzt. In der überwiegenden Zahl der Fälle fohlte eine Andeutung des Sinus terminalis, und wenn die Anordnung des rothen Bluts den Ort anzeigte, wo er vor­handen sein sollte, so war seine Anlage doch meist schwach und unvollständig, etwa wie am liande der Fig. 5 auf Taf. I. Die An­ordnung des rothen Blutes ist überhaupt durchaus unrcgelmässig; bisweilen sind es nur Punkte und Blutflecke auf, oder wohl rich­tiger in den Balken, welche die Löcher umgeben; häufig siebt man aber auch an einzelnen Stellen verhältnissmässig grosse, mit rothein Blute gefüllte Stellen, deren Form öfter eine, vielleicht jedoch nur zufällige Aehnlichkeit mit dem Herzen in frühen Kntwickelungs-perioden darbietet; bisweilen sind es gefässartige Strichelchen, welche meist von den kleinen Blutansaminlungen ausgehen. Ein­mal hatte endlich die Blutansammlung eine Form und Anordnung,
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welche mit dem Medullawobr eine yewiss mir gansa zufällige Aelm-liclikcit hiitte (Taf. I. Flg. 6), und welche, wie wir später seilen wer­den, wahrsclieinlich eine Ancleutunfraquo;- des Simis termimilis vorstellt. Die Löcher in der Keimscheihe fehlten bisweilen; sonst waren sie meist ganz iinregelmässig vertheilt, bald viele, bald wenige; sie er streckten sich aber, wie gesagt, meist über einen grösseren Theil der Keirnscheibe, als die Blutflecke, ohne sich jedoch weit von der Mitte zu entfernenlaquo; Viele dieser Löcher waren ganz klein, andere vcrliältniBsmässig selir gross; in einigen Fällen umgaben sie das (Jentrum in ziendieb glcicbmässiger Anordnung; bisweilen waren sie zu einem mit zackigen und buebtigen lländern versehenen Halb-kreise eonfluirt. Diese Löcher gingen durch die ganze Dicke der Kcimsclieibe hindurch, so dass die gelbe Dottermasse dureb sie bin-dureb direkt mit der Dotterbaut in Eeriilirung kommen konnte. Die Substanz der Kcimsebeibe war nm die Löcher herum verdickt, was sich besonders bei durchfallendem Liebte erkennen liess. Ueber-diess war die Mitte der Kcimsebeibe oft vollständig von Höfen um­geben, welche bei durchfallendem Lichte thcils hell, theik dunkel erschicuea. Diese Höfe oder Zonen lagen mehr peripherisch als die Blutflecke und als die Löcher der Keimhaut. Mit Ausnahme jener Blutansaminlungen, welche bisweilen eine entfernte und ohne Zweifel ganz zufällige Aehnliehkcit mit den Hohlräumen des Em­bryo hatten, war in den entschieden hieber gehörigen Fällen von einem Embryo meist gar keine Spur zu entdecken, und ebenso we­nig war jener helle Kreis vorhanden, der normaler Weise vom Blnthofe begränzt, den Embryo sonst zunächst ningiebt; so z. B. in Fig. 5. der Tallaquo; L In einigen Fällen fand sieh jedoch im Cen­trum eine ganz unregelmässige Massenanhäufung, welche möglicher­weise den Rest des Embryonalkörpers vorstellen könnte, wie auf Taf. Ilaquo; Fig. 4, wo dieselbe jedoch etwas zu dunkel gehalten ist. Sehr oft war die Keirnscheibe an der durchlöcherten und rothes Blut führenden Stelle mit der Dotterhant verklebt, bisweilen auch durch die Dotterhaut hindurch mit der Scbalenhaut. Bei dieser ab­normen Bildung ist nicht wie bei der vorhergehenden anzunehmen, dass der Embryo einfach ans der Keimseheibe herausgefallen und in Berührung mit dein gelben Dotter zu Grunde gegangen ist. Hicr-l'aniiin, Unlersuchungen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ii
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(regen spricht tlaraquo; Feblamp;D illaquo;'laquo; noniiiil vürhaiulencii dui'ohsiobtigen Kiei.sos, der vom Bluthofe bogri'iizt den Embryo zunädist utngiebt. Dasa der centrale, gcwölmlich durelilüclicrte, nudir ündurcbsiohtige und rothcs Blut enthaltende Tlioil der Kcimseheibe banptsäcblich die pathologisob entwickelte Anlage des Blutiiot'es repräsentirt, kann nicht bezweifelt werden, obwohl demselben die nonuaie scharfe und regehnässigc Begrenzung, das vcgehnässige Q-efUssnetz mit seinen Masehen, und der innere liand fehlt, der sonst den hellen Kreis um den Embryo herum begrenzt. Ebenso wenig kann man dar­über zweifelhaft sein, dass die vorliegenden Formen durch eine Störung der normalen (Jellenbildungs- und Erniihrungsvorgiinge ge­setzt sind, und dass durch diese einerseits die verschiedenen Lagen oder Blätter der Keitnscheibe mit einander verbunden) und anderer­seits bisweilen mit der Dotterhaut und Schalcnhaut verklebt sind. Bei der amorphen Beschaffenheit der Dotterhaut muss man anneh-men, dass bei der Ernährungsstörung dieses Theils der Kcivnselielbe abnorme Produkte entstanden sind, welche entweder die Dotterhaut auflösen oder sie durchdringen, indem sie eine Verklebung mit der den Ernährnngsgiingeii gegenüber jedenfalls ganz passiven Selia-lenhaut zustandebringen können. Dagegen konnte es fraglich er­scheinen, ob ursprünglich normale Gebilde so verändert wurden? und ob ein Embryo vorhanden war, als die rothe Blutbildung auf­trat? — Das Fehlen des hellen Kreises, der normaler Weise die Embryonalanlage von vorn herein umgiebt, und der sieh mit der Entwickelung des Bluthofes immer mehr ausdehnt, weist darauf bin, dass vorhanden gewesene Bildungen ZU Grunde gegangen sind; denn es ist doch wohl nicht denkbar, dass die wesentlichsten cen-tralen Q-ebilde von vorn berein ganz gefehlt haben sollten, wäh­rend die peripherische Anlage bis zur Entwickelung rothen Blutes •gediehen wäre. Das ziemlich häufige Vorkommen einer stärkeren Maasenanhäufung in der Gegend, wo der Embryo liegen sollte, wie Z. 15. auf Taf. I. Fig. 4, spricht ebenfalls für diese Annahme. Eine Andeutung über die Art und Weise, wie diese Bildung zustande-kornmt, scheint aber der auf Taf. I. Fig. 7 abgebildete Fall zu ge­ben. Hier war ein Primitivstreifen mit der Primitivrinno bei 4'6-Btündiger Bebrütungadauer vorhanden; die der Anlage deraquo; Blut-
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bofes cntsprecliomle Umgebung enthielt keine Spur von rothom Blutlaquo;, war aber sonst ganz in der so eben besprochenen Weise verändert, indem die Keimsobeibo hier von vielen, ganz bis auf den gelben Dotter liimhircIigeliciKlen, gvösaeren und kleineren Löchern durchbohrt, und awiachen fliesen Löchern verdickt war. Diese noch kein rothes Blut führende und pathologisch veränderte Anlage ei­nes Getasshoi'es zeigte min sowohl an ihrem iiusseren als am inne­ren Bande noch andere Unregehnässigkeiten, welche obiger Auf­fassung entsprechen. Die Form des iiusseren Randes erkennt man am besten an der auf Taf. IX. Fig. 8. gegebeneu Abbildung des Kies, welches dies Gebilde enthielt. Man sieht liier niimlieh auf dem zur rechten Hand liegenden Dotter eine zackige Figur von einem ovalen Kreise umgeben. Diese zackige Figur stellt die üus-sere Peripherie der Anlage des Bluthofes dar. Aber auch der in­nere Rand dieser Anlage ist, wie Taf. J. Fig. 7. zeigt, nicht wie unter normalen Verhältnissen scharf begränzt, sondern es linden sich auch in dem hellen Kreise, der den Embryo mngiebt, und am Embryo selbst, unregolmiissige, bei durchfallendem Lichte weniger durchsichtige, kleine Massen, ganz derjenigen raquo;Substanz entsprechend, welche sich zwischen den Löchern findet, und meist in unmittel­barem Zusammenhange mit derselben. Hiernach würde man ver-muthen können, dass der Primitivstreifen allmiihlig von der Masse, der pathologischen Anlage des Eluthofes überwuchert wird, dass er hierdurch zu Grunde geht, indem er in pathologisches Bluthofgewebe verwandelt wird, und dass sich dann vielleicht naebträglich rothes Blut in den zwischen den Löchern befindlichen Balken bildet. Man würde demnach also anzunehmen haben, dass die so eben besproche­nen Formen in den allerersten Entwickelnngsperioden vorbereitet werden, und dass nicht etwa ein ursprünglich normal gebildeter Bluthof in dieser Weise pathologisch verändert worden ist, nach­dem derselbe schon rothes Blut enthielt, und nachdem die Knt-wiekelmig des Embryo weiter vorgeschritten war. Ich wage indess nieiit diese Erklärung der Entwickching der ahortiven Bluthofbil­dung mit voller Bestimmtheit, als die einzig mögliche hinzustellen. Einen Einwurf, den man der entfernten Aehnlichkeit der Blut-ansammlungen mit der Höhle des He.rzenB, des Medullarrohrs u.s. w.
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entnohmon könnte, kann man freiliob leicht beseitigen. Wenn man nflmlicli Figt 6 der Taf. 1. betrachtet, wo gerade diese Aehnllohkeit am allerauffallendsten war, so deutet schon der Umstand, dasraquo; jen-scit des unvegelmässigen Halbkreises keine Blutspuren vorhanden waren, dai'auf hin, ilass derselbe den Sinus tenninalis, und nicht etwa die Höhle des Mcdullarrolirs vorstellt, mit welcher derselbe allerdings eine nicht geringe Aehnllohkeit hat. Dazu kommt noch, dass ein Embryo, der ein Mednllarrohr von solcher Form und sol­chem Umfange hat, schon zu massenhaft ist, um ohne weitere Spu­ren, nur mit Hinterlassung der Hohlräume, zu verschwinden. TJeber-dies würden, unseren anderweitigen Erfahrungen zufolge, gerade die Hohlräume viel früher schwinden, als die solideren Organtheile; auch müsste die Bluthofbildung eines solchen Embryo bereits eine solche Entwickelting erlangt haben, dass sie wenigstens Spuren von Qefässen hinterlassen haben müsste. Etwas bedeutsamer erscheint ein anderer Einwurf, der später darzulegenden Beobachtungen ent­nommen werden könnte, denen zufolge eine narbenartige Contrac­tion des Bluthofes bei gewissen pathologischen Veränderungen des­selben vorzukommen scheint, wodurch der helle Saum, der seinen inneren Rand vom Emhrvo trennt, vermindert werden kann. Wenn nun eine solche Schrumpfung oder Contraction des inneren Bandes des Bluthofes so weit ginge;, dass der Embryo auf einen ganz klei­nen Baum beschränkt und schliesslich resorbirt würde, so könnte dadurch allerdings ein ähnliches Resultat Zustandekommen. Es ist aber, anderweitigen Beobachtungen zufolge, nicht wahrscheinlich, dass bereits gebildete (Jefässe, (lefässnetze u, s. w. im Bluthofe und sämmtlichc in der Entwickelting schon ziemlich weit vorgeschrit­tene Organe des Embryo so gänzlich zerstört werden könnten, wie es hier der Fall gewesen sein müsste. Es bleibt mir daher immer noch bei weitem am Wahrscheinlichsten, dass Fig. 1 der Taf. 1. die. Entstehung der abortiven Bllttl) of Bildung in der oben dargelegten Weise andeutet, indem die vom inneren Rande der Bluthofanlage detachirten Cellenmassen durch ihre Wucherimg den Primitivstrel-fen zerstören, und indem sich dann nachträglich Blut in den zwi­schen den Löehern befindlichen Strängen und Balken entwickelt. .'5, In manchen Füllen fand ich ferner weder eine Spur vom
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Embryo nucli von jonciu denselben iiingobeiuieii hellen Kreise, noch von einem Blutliot'e oder von ruthem J51iile, sonilern mil' eine aus mehreren Cellenlagen zusimunengosetzte weissllohe liiuit, welche unterhalb der Dotterbant lag und i^iiii über einen grösseren oder kleineren Tlicil des gelben .Dotters ausbreitete. Bald hatte dieselbe nur etwa 10 Mm. im Diirelanesser^ bald erstreckte sie sich last aber y. des gelben Dotters, ohne dass irgend ein anderes Itesultat der Eutwickclung siebtbar war. Solche Eier t'aulen, wenn sie lun­gere Zeit der Brütwärme ausgesetzt sind, und unterscheiden sieb schon bierdureh von den Eiern, in welchen gar keine Entwickelung statt laud; denn letztere sind, wenn sie nieht schon zu Anfang der BebrUUing alt waren, noch am Schlüsse der owöehcntlichen Bebrü-Umgszeit ganz Irisch. Diese pathologische Bildung könnte man die cint'acbe abortive Keiinseh ei ben bi I d ung nennen, und ihre Entstehung durfte in ähnlicher Weise zu erklären sein, wie die der so eben besprochenen Bildung auf Tal', i. Fig. 7.
#9632;i. Bisweilen beobachtet man in Eiern mit doppeltem Dotter noch eine 4to Art des Aborts der Keinischcibe ohne Embryo, die man die balhniondi'örmige abortive Bluthot'bi Idling nennen konnte. — Eine solche ist auf Tat'. IX. Fig. 10 in einem lt;S Tage lang hebrüteten Hühnerei mit doppeltem Dotter abgebildet. Es war nämlich der eine Dotter geplatzt, und es war auf demselben ein Blnthof sichtbar, dem eine scharfe Begrenzung an der dem an (lern Dotter zugewendeten Seite fohlte, Ich muss ausdrücklich be­merken, dass ich mich überzeugt habe, dass der Dotier schon vor dem sehr vorsichtig unter Wasser ausgeführten Oeffnen des Eies geplatzt war, und dass nicht etwa eine zufällige Beschädigung statt laquo; gefunden hatte. Auf Taf. 1. Fig. 8 ist der durch Scheerenschnitte, welche um den Blnthof herum geführt wurden, abgelöste mittlere' Theil der Keiinscheibe dargestellt. Er hatte eine hiilhmondlonnige (iestalt, die sieh auch beim Liegen in Wasser und bei der Auf­bewahrung in Spiritus conservirte. Man erkennt den Sinus tenni nalis an der stärkeren Anhäufung rothen Blutes am iiusseren Bande des Bluthofs. Am inneren Bande des Letzteren ist ein zarter, hel­ler, diirehlocbcrtcr und zerrissener Saum sichtbar, den man sogleich als die helle Zone erkennt, welche den Embryo normaler Weise
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vom inuem Rande dos Bluthofes trennt. Der Embryo selbst war durohaua nielit aufzufinden. — [oh war anfangs sehr geneigt in dic-soiii Fidle anzunehmen, dass der Bluthof beim Platzen des Dotters zugleich mit der Dottorhaut zerrissen worden, und dass der Embryo in dio gelbe Dottermasso hineingefallen und hier vielleicht aufgelöst worden wäre. Dem gemäss glaubte lob, dass die ursprüngliche Form des Bluthofes eine ganz andere, und dasraquo; dor Durchmesser desselben vor dem Zerreissen viel kleiner gewesen wäre. Ein 2ter ganz analoger, auf Taf, [V. Fig. 6 abgebildeter, Fall berichtigte aber diese Auffassung. Er betraf ebent'alls ein Ei mit doppeltem Dotter, das !) Tage lang bebrütet war, und dessen einer Dotter einen schö­nen, der Entwickelungsstnfe entsprechenden Embryo trug, während auf dorn anderen, übrigens unversehrten Dotter ein grosser halbmond­förmiger Bluthof sichtbar war, dessen längster Durchmesser 82 Mm. betrug. Das rothe Blut war fast nur an der Peripherie, in einem 2—8 Mm. breiten Saume angesammelt; der innerhalb dieses Krei­ses befindliche Theil geigte nur ganz schwache rothe Flecke. Das Mikroskop Hess auch an dem fast ganz farblosen Theile der aus­geschnittenen Scheibe ein öefftssnetz erkennen. Vom Embryo war
keine Spur zu sehen. Zunächst zeigt dieser Fall, dass die halb­mondförmige Gestalt die wahre ist, und dass sie auch im ersteren Falle nicht etwa durch Platzen des Dotters entstand. Die Erklä­rung dieser Form findet man aber leicht, wenn man anderweitige Resultate der Bebrtttung von Eiern mit doppeltem Dotter berück­sichtigt. Ich habe nämlich gefunden, dass der Bluthof sich in die­sen Eiern niemals auf dio Fläche ausdehnt, mit der die beiden Dot-raquo; tor einander berühren, sondern dass er hier immer mit einer der Grenze der Berührungsfläche entsprechenden Linie endigt, auch dann, wenn der Embryo derselben ganz nahe liegt, und wenn die Entwickelnng so weit fortgeschritten ist, dass der Bluthof fast den ganzen Dotter umgiebt. Belege, hierfür liefert z. B. schon der Blut-hof des anderen, übrigens ganz normalen Embryo in demselben Eie (Taf. IV. Fig. ;gt;), so wie auch Taf. IX. Fig. 4. Diese Regel habe ich in den vielen von mir beobachteten Fällen dieser Art ganz ausnahmslos gefunden. — Was aus dem Embryo in diesen Fällen geworden ist, lässt sich freilich nicht mit derselben Bestimmtheit
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angeben. Es ist wohl am wahrscheinliehsten, dasa er, wie bei der abortiven Doppelschildbildung aus der Keimscheibe licrausgefallen und in der Dottennasse vcrseliwunden ist; es ist aber aueii nielit ganz inideiikbar, tlass er nach und nach dadureh zu Grunde gegan­gen ist, class er sich nielit i'ortentwiekdt bat, uud dass die geringe gebildete Masse wieder aufgelöst worden ist. Für die letztere Mög-liebkcit könnte vielleicht folgende Beobaelitung sprechen: In eiueni auf Taf. J.V. Fig. 7 abgebildeten Eio mit doppeltem Dotter, das reieli-lieh ii Tage lang bebrütet war, und dessen einer Dotter keine Ent-wickelung zeigte, fand sieh auf dem andern, durch Eiweissa.ufnahme beträchtlich ausgedehnten Dotter ein ganz unregehnässig geform­ter, mit spitzigen Ausläufern versehener Bluthof, der im grösston Durchmesser eine Ausdehnung von 42 Mm. httt^e, und der so wenig Blut enthielt, dass nur die Anlage des 8imis terminalis als zarter rother Strich mit blossem Auge zu erkennen war. Bei der mikro­skopischen Untersuchung wurde jedoch auch innerhalb dieses Krei­ses ein unvollständiges Netz sebr dünner Gefässo erkannt, wcleiio an den Stellen wo mehrere Gefässe stcnuirtig zusammenstiessen kleine Erweiterungen zeigten, die mit rotten Blutklümpehen gefüllt waren. Grössere Getiissstänune konnten nielit aufgefunden werden. Dieser abnorme Bluthof bildete einen mit der Dotterhaut stellen­weise vorklebten Sainn von unrcgelmässiger Breite, der eine aus­nehmend grosso, unregehnässig geformte belle Zone einsebloss, in deren Mitte ein ganz kleiner, nur 4 Min. langer uud 1 .Ahn. brei­ter, auf Taf. 111. Fig. 18 abgebildeter Embryo lag. An demselben waren das Kopfende, die Anlage des Ohrs, die vorderen Visetral-bögen, und ein Stück der Medulla oblongata und des Küekemnarks zu erkennen, und mau sah in demselben ein wenig rotiies Blut. Um denselben herum liess sieh eine zarte Haut, als Andeutung des Arnnion, erkennen. Der Embryo war so weich, dass seine Aus­dehnung bei ganz schwacher Compression durch ein Deckgläschen doppelt so gross wurde, als vorher, und man sah dann, dass er schleifenartig zusaminengekrünimt war, so dass Kopf und Schwanz einander berührten. Das Missverhältnisraquo; der Grosse dos Embryo zum Umfange des Biuthofes ist hier so auffallend, dass man anneh­men muss, dass der Embryo schon sehr verkümmert war, während
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der Blutliof sein \V;iciistluuii nach der Peripherie hin noch eine Wcilo fortsetzte. Ks wäre nun nicht undenkbar, dasa unter g-c-wissen Umstiiuden ein so kleiner und so weicher, krankhaft ver­änderter Embryo bei fortschreitender peripherisoher Eutwiokeluog des Bluthofes gänzlich aufgelöst werden könnte, was aber nicht von einem Embryo anzunehmen Ist, dessen normale Entwiokeluüg ei­nem Blutbofe von 82 —42 Mm. Durchmesser entspricht. Wie dem aüoh sei, so scheint, jedenfalls aus diesen Beobachtungen hervorzu­gehen, dass der liluthof sein peripberisches Wachsthum noch fort­setzen kann, nachdem der Embryo zu Grunde gegangen ist oder aufgehört hat, für das Wachsthum desselben bestimmend zu sein.
B. Die Missbilduhgeu des Bluthof'es bei jjleichzeitigor Gegenwart eines Embryo.
Abgesehen von den einzelneu, schon im vorhergehenden Ab-sciinitte (A.) besprochenen, hierher gehörigen Fällen, kamen über­haupt folgende Abnormitäten des Bluthofea bei gleichzeitiger Ge­genwart eines Embryo zur Beobachtung;
I. Verklebungen desuBluthofes mit den anderen Blät­tern der Keimscheibe und mit der Dotterhaut. Das Gefäss-blatt, das in der Keimscheibe rnit liecht als ein besonderes Blatt bezeichnet werden kann, verbindet sich bei Gegenwart eines Em­bryo sehr oft in einer abnormen Weise mit dem animalen Blatte, und durch dieses hinduroh mit der Dotterhaut. Ueberdies entste­hen aber auch oft abnorme Verbindungen des Gefassblattcs mit dem vegetativen oder Sohleimblatte. Dass solche abnorme Verbindungen der verschiedenen Blätter der Keimscheibe mit .einander bei der oben besprochenen abortiven Bluthofbildung, wo der Embryo fehlt, vorkommen, geht schon daraus hervor, dass jene Löcher, welche den Maschen des Bluthofes entsprechen, in der Weise durch die ganze Keiniscbeibe hindurch gehen, dass der gelbe Dotter durch dieselben hindurch direkt mit der Dotterhaut in Berührung kommt. Zugleich ist aber auch bei jenen Fällen, wo der Embryo fehlte, bemerkt worden, duss Vcrklebungen der Keimscheibe mit der Dot-lei'liaut oft vorkommen^ — Bei gleichzeitiger Gegenwart eines Ein-
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bryo wurden nun Adhäsioiicu der Keimsclicibe mit der Uotterliiiut gum besonders liäutig in der Gegend des Bluthofea gefunden. So war es z. B. in dem in Fig. 7 — 9 der Talquot;. III. durgestellten Falle gerade diese Partie, die mit der Dotterliaut verklebt war, während der mehr peripheriseh gelegene Theil, sowohl als der Embryo selbst, frei unter derselben lag. Dasselbe war der Fall mit den Bluthö-fen der auf Taf. 111. l'ig. 12, Tat'. IV. Fig. 1 und 2, Tatquot;. V. Fig. 1 und 2, Tat'. XI. Fig. 5 abgebildeten Embryonen. Mit der weissen Öchiilenliaiit, durch die Dotterliaut iiindurch, wurden indess Verkle­bungen, bei Gegenwart eines Embryo, so weit ich erinnern kann, nur an den Stellen gefunden, wo der Embryo selbst lag, nicht in der Gegend der peripherischen Keimscheibe. Alsdann fanden sieh an der Innenseite der Bchalenhaut oft Koste rothen Blutes, wie in dem in Fig. 1 —4 der Taf. VI. abgebildeten Falle. Die besondere Betheiligung des Gefässblattes an diesen Verklcbnngcn mit der Dot­terliaut ging nun daraus hervor, dass sie nicht über den Rand der Anlage des Sinus terminalis hinaus vorkamen, und meist am inne­ren Rande des Bluthol'es am festesten waren, über der hellen Zone, die den Embryo zunächst umgab, aber fehlten. Auch bei der abor-tiven Doppelschildbildung fand sich gerade die Partie, welche spä­ter zum Bluthof hätte werden sollen, mit der Dotterliaut verklebt. Diese Verklebung der Dotterliaut mit dein Verbreitungsbezirke des Gefässblattes setzt selbstverständlich die Hctlieiligung des anirnalen Blattes voraus, das ja die Dotterhaut und das Gcfässblatt von ein­ander trennt. Auf die Betheiligung des anirnalen Blattes an sol­chen Verklehungen mit der Dotterliaut 'weist übrigens auch der Umstand hin, class die gleichzeitig vorhandenen Embryonen, beson­ders bei weiter vorgeschrittener Entwickehmg, auch anderweitige Abnormitäten dieses Blattes zeigten. IJcHonders war die Amnion-bildung beeinträchtigt, ausserdem aber auch die Entwickehmg und Vereinigung der Seiten-, Brust-, Hals- und Kopfphittcn, oft auch die äusscre Anlage des Auges und Ohres, der Extremitäten u. s. w. Ein Umstand, der bei diesen Verwachsungen noch bemerkt zu wer­den verdient, ist die bis zum Verschwinden fortschreitende Verklei­nerung der hellen Zone, welche den Embryo vom Bluthofe trennt. Zum Theil riilat diese wohl daher, dass sieb der i'hnbrvü fortent
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wickelt und wächst, währeiul der innere Hand des Bluthot'eii stutio-när bleibt, zum Tiieil sclieint aber eine wirkliche Verengerung statt zu liaben. Es mag einstweilen dahingestellt bleiben, ob diese Ver-engemng von einer Wuclierung des inneren Randes des Bluthotea laquo;der von einer narbenartigen Verschrmnpf'iing lierrülirt, uad ob die­selbe unter Umständen zur abortiven ßluthofbildung fiiiireu kann. Dass aber ebcni'alls das Scideimblatt oder das vegetative Blatt oft, wenn gleich wolil nicht immer, durch die pathologiselien Verände­rungen der (jrcfiisssciiicbt des Bluthotes auch bei Gegenwart eines Fanbryo alterirt wird, liisst sich leicht nachweisen. Man findet näm­lich nicht selten, wie z. B. in dem auf Tatquot;. II. Fig. 5 dargestellten Falle, bei abnormer Kleinheit des Bluthofes, in Verbindung mit an­deren Vcrtuulerungen desselben und bei gleichzeitiger abnormer Ver­bindung der animalen Schicht mit der Gcfässschicht, dass die gelbe Dotterrnasse beim Ablösen der Keimscheibe unter Wasser mitfolgt, und zwar gerade und ausschliesslich unterhalb des Bluthofes, was anzweifelhaft auf eine abnorme Verbindung der (iel'ässschiciit dessel­ben mit der darunter liegenden öehleimsehicht und selbst mit dem gelben Dotterinhalt hinweist. Dazu kommen noch Fälle hinzu, wie der auf Tat. III. Fig. 12 abgebildete, wo alle vom vegetativen Blatte ausgehenden Productionen, bei sonst verliiiltnissmiissig weit vorge-schrittenen Entwickehmg, leiden. Hier muss offenbar entweder eine Verwachsung des Gefässblattes mit dem vegetativen Blatte oder eine Auflösung des vegetativen Blattes angenommen werden. Der Ana­logie mit dein Verhalten des animalen Blattes gemäss ist wohl Er-steres am wahrscheinlichsten. — Die besprochenen Vcrklcbungen des Bluthofes scheinen den ihnen hier angewiesenen ersten Platz in der That zu verdienen, weil sie einen sehr wesentlichen Antheil an den übrigen Abnormitäten des Blutbofes haben. Zu diesen zäh­len wir
2. die Abnormitäten der G efässentwickehmg und der Gefässverbreitung. Wenn der Bluthof viel kleiner war, als er es der Entwickelungsdauer zufolge sein sollte, so entsprechen die Gefässnetze mehr oder weniger derjenigen Form, die sie bei ihrer allerersten Anlage haben, wo die Maschen sehr klein und die ein­zelnen Gei'ässe, die das Netz bilden, ziemlich gleich dick sind, wo
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also die (jrotassvertlieilung noch nelzt'ormig, nicht duiidritlsch ver­zweigt ist. Elue Abbildung dieser llemuuiugsbildiuig des Bluthofes findet sich auf Tatquot;. 1V. Fig. 1, wo ein solclier Bluthof einen Embryo mit zwei getrennten Herzen umgiebt. üass in solehen Fällen die grösseren GefässstäinniP, die sonst vom Embryo kommen und zu dem­selben zurückkehren, rüelit wie sonst entwickelt siuei, erkliirt sich da­durch, dass die Einbryonen auch immer abnorm waren, wenn der Blut­hof bedeutend kleiner geblieben war, als es der Entwickelungsdauor entspracli. Aber auch die Weite des Sinus tonninalis steht oft im Missverliältniss zu der (irosse des entsprechenden Bluthofes, indem er bald verhiiltiiissmässig zu weit, öfter verhiiltiiissinässig zu eng, oft auch liier und da verstrichen ist, während der Durchmesser des Bluthofes sehr gering geblieben ist. Die netzförmige Gefässverbrei-tung ist bald sehr dicht, wio bei der normalen ersten Anlage, bald mit grossen JVIasehen enger Gefiisse durelizogen, die an einzelnen Stollen, meist an den Tlieilungspunkten, knotenartige mit Blut ge­füllte Erweiterungen zeigen. Letzteres fand ich öfter, wenn der Bluthof im Verbältnlss zu dein sehr klein gebliebenen, missgestalte­ten Embryo eine bedeutende Ausdehnung erlangt hatte, wie in dem vorhin genannten Falle (Taf. I.V. Fig. 7). Bio durchaus netzfünnige Gcfässverthcilung habe icb oft in kleinen Bluthöfen gefunden, wel­che 4—6 Tage lang hebrüteten und noch lebendigen, aber miss-gestaltetcn und verkrüppelten Embryonen angehörten. Bei solehen abnorm kleinen netzförmigen Henmiungsbildungen des Gcfässhofes fand ich, wie gesagt, gleichzeitig vorhandene Embryonen immer ab­norm; ansserdem kamen aber aneli Fälle vor, wo die Gefässver-theilung ziemlich normal war, •während doch der Embryo in höch­stem Grade degenerirt war, wie z, B. bei Taf. VI. Fig. 1. Ein normaler Embryo setzt also einen bezüglich der Gefässvortheilung normalen Bluthof voraus, aber nicht umgekehrt. In allen den Fäl­len, wo die genannten Abnormitäten der Gefässentwickelung und der Gefässverbrcitung vorbanden waren, schienen auch iimner ab­norme Adhäsionen des C Jefiissblattes mit den anderen Blättern der Keimscheibe vorhanden zu sein, und oftmals war in solehen Fällen auch die Dotterhaut mit der Keimscheibe verklebt. Dass aber Er­nährungsstörungen des Gefässblattes und Verklebungen desselben
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mit laquo;Ion iiiKlürüii ßliittcrn der Kuimachoibe, mit tier Üottciliaut und mit dein gelben Dotter notliwendig- eine l^eseliriinkung der (ietäss-entwiokelung und Cef'ässverbreitung im ßlutliot'e iierbeifübren miis-seu, ist von selbst einleuebtciul.
.*). Ein Missverhiiltniss der Grosse des Blutiiol'es zur Bntwickamp;lnng des Embryo und zur Kntwickeluiigsdiiiier wurde oft in l''olge gestörter EntwickclLing gefunden. ])ie auf Taf. 11. Fig. 6—9 und auf Taf, 111. Fig. 7—9 und 12—18 abgebildeten Embryonen wa­ren siümntlieli von Blutliöfen Hingeben, deren (.laquo;rosse weit hinter der meist 41)is8tägigen Entwiekehmgszeit derselben zurückgeblieben war. Auf Taf. IX. Fig. 9 und 10 und auf Taf. Kl. Fig. 1 und T) sieht man solche abnorm kleine Bluthöfe in situ auf ihren Dottern. Nach 4tägiger Ik'.brütuug babe ich niebnnals (z.H. bei dem auf Taf. II. Fig. 6 abgebildeten Embryo) einen Bluthof gefunden der weniger als 5 Mm. im Durchmesser hatte. Oft wies dabei die Untersuchung des Embryo nach, dass die Entwiekelung desselben weit über den Zeitpunkt hinaus fortgeschritten war, der der Grosso des Bluthofos entsprach'. In den angeführten Abbildungen wird man hierfür Be­lege linden. Dabei ist es, wie gesagt, aiiiiaileiul, class die Embryo­nen immer mehr oder weniger bedeutende, oft sehr beträchtliche. Missbildungeu darboten, wenn der Blutbot' bedeutend kleiner war, als er es der Bebrütungszeit gemiiss sein sollte. Ich habe von die­ser Begel überhaupt keine Ausnahme gefunden. Hieraus seheint zu folgen : 1) dass die Entwiekelung des Embryo niebt immer durch eine primäre Störung der Eruiihriing und Bildung des Hlnthofes gänzlieli zum Stillstehen gebracht wird, sondern dass dieselbe noch fortschreiten kann, wenn auch die Entwiekeliuig des Dluthofes gestört worden ist, und 2) dass die gestörte Entwiekelung des Blut-hofes der normalen Entwiekelung des Embryo hinderlich ist, und .Missbildungen desselben bedingt. Andererseits wird jedoch biswei­len auch die Ausdehnung des Bluthofes ilu Verhältniss zur Grosse des Embryo ZU gross gefunden, wie z. B. ia dem auf Taf. IV. Fig. 7 abgebildeten Falle. — Was nun die Ursachen jener Missverlmlt-nisse der Grosse des Bluthofes betrifft, so ist es zunächst klar, dass abnorme Verbindungen der verschiedenen Blätter der Kehnscheibe untereinander und mit der Dottcrhaul dem Waehslliume und der
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Ansbreiiung dos Bluthofes sola- hinderlich sein müssen. Dem ent-sprechend haben wir bei recht bedeutender Beeinträchtigung der ITlilchenausbreitniig des Blutliofes auch fast immer gleichzeitig vor­handene abnorme Verklebungen desselben gefunden. Uebrigens
scheinen nocli einige andere Umstände für die Grössenverhültnisse des Blutliofes bestimmend zu sein. Zunächst ist es klar, class der Bluthof um so kleiner bleiben wird, je früher der Embryo abstirbt. Denn wenn gleich, dem oben Angeführten zufolge, anzunehmen ist, dass der Biutliof sein Waciistlium noch eine Weile fortsetzen kann, nachdem der Embryo abnorm geworden oder gar gänzlicli zu Grunde gegangen ist, so wird diese selbststiindige Fortentwickclung des Blutbofes docii bald ihre Gren/e linden. Demnächst wird die Blut-menge und die Kraft, mit der das Blut in den Bluthof hineingetrie­ben wird, wesentliche Momente für die Ausbreitung des Bluthofes abgeben müssen, was denn auch aus dem sehr raschen Wachsthume desselben nach dem Zustandokoinmon des ersten Kreislaufs hervor­geht. Endlieh wird noch die Eiweissanfnahme des Dotters ein me­chanisches Moment für die Flächenansbreitung des Blutliofes abge­ben müssen, dessen Verschiedenheiten auch Verscbiedenbeiten der
verhiiltnissmässigen (laquo;rossen deraquo; Blutliofes bedingen müssen.
4. Abweichungen in der Form des Bluthofes sind eben­falls häufig, und werden oft neben Missverhältnissen der Grössc be­obachtet. Auf die normale Fortentwickelung des Embryo hat die Form des Bluthofes keinen erkennbaren Einfiuss, wenn nur die Grosse der Entwickelungsdauer entspricht. Diese Abweichung ist ganz besonders häutig bei der Emtwickelung in Eiern mit doppel­tem Dotter, wenn der Embryo der Berührungsfläche beider Dotter nahe liegt, indem der Biutliof sich alsdann, wie bereits oben be­merkt wurde, an der Bcrührungslinie, wie abgeschnitten, endigt und oft ganz schmal wird, während er sich desto reichlicher über den übrigen freien Theil des Dotters verbreitet (vcrgl. Taft XY. Fig. 6, Taf. IX. Fig. 4 und lü). Auch wenn der Embryo in der Nähe des Eipols Hegt, was ebenfalls in Eiern mit doppeltem Dotter nicht sei ten vorkommt, ist die Form des Bluthofes meist mehr oder weni­ger verzerrt (vorgl. Taf. IX. Fig. 3), ohne dass die Entwickelung des Embryo dadurch irgendwie gestört zu werden scheint. Es ist
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oH'enbar, dass diese [''oriuveriinderungen des Blulhot'es in den Eiern mit doppeltem Dotter von den moehanisclien Druckverluiltnissen al)hilugcn, welche an der BerUhrungsfliiclie der Dotter der Ausbrei­tung des Bluthot'es entgegentreten. Koch deutlicher tritt dieser meelianisclie Einiluss auf die Form des Blutbofes uns in den Eiern mit eingesohnürtem Dotter entgegen. Auf Taf. I.V. Fig. 6 und auf Tatquot;. XI. Fig. 1 und 4 sind solelie Fälle dargestellt, wo die Einschnü­rung über den Embryo und den Blutliof binweglief. In den beiden Fällen, wo der Embl'yo und der Blutliof keine anderweitigen Ab­normitäten neigte (Taf, IV. Fig. 6 und Taf. XI. Fig. 4), nahm der Bluthof sogleich seine runde Gestalt an, als er vom Dotter abge­trennt wurde, ja schon, als die strangfönnigo Einsobnürung der Dot­terhaut, die über ihn und den Embryo hinlief, diirohschnitten wurde. In dem in Fig. 1 der Taf. XI. abgebildeten Falle dahingegen, wo der Bluthof sowie der Embryo sehr abnorm, und ersterer mit der Dotterhaut verklebt war, bewahrte der Bluthof seine abnorme Form noch nach der Abtrennung vom Dotter und nach der durch Zerrung bewirkten Entfernung der Dotterhaut. In diesem Falle hatten also auch andere Momente, als die genannten rein ineciiaiiischen, Antheil an der abnormen Gestalt des Bluthofes. Dies war noch auffallender in dem auf Taf. IV. Fig. 7 abgebildeten Falle, wo der Blutliof ganz unregelmässig winklig verzerrt war. Auch hier fanden sich Verkle-Inmgen mit der Dotterhaut vor, die wahrscheinlich an einzelnen Stel­len fester gewesen sind, und der Ausbreitung des Bluthofes, welche theils durch das Wachsthum, theils auf mechanisclie Weise durch Eiweissaufnahmc des gelben Dotters bewirkt sein konnte, einen ver­schieden grossen Widerstand entgegensetzen konnten. Einen ähn­lichen Einiluss der Verklebungen des Bluthofes auf die Form und Ausbreitung desselben erkennt man auf Taf. III. Fig. 9.
6i Abnormitäten der Blutmenge und der Blutverbrei-tung. Bei gleich grossen Bluthöfen, gleich grossen Embryonen und gleicher Entwickelungsclauer, ist die Menge des rothen Blutes, die man im Bluthofe und im Embryo findet, höchst verschieden. In einigen Fällen findet man sowohl Bluthof als Herz und Embryo von Blut strotzend gefüllt und durch dasselbe ausgedehnt, wie z.B. in Fig. 6, 6 und8 der Taf, VT, bei 41/2tägiger Kntwiokelung, während
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Jas Blut in aiuleren Füllen in gftringer Menge vorhamlen ist, z. B. bei Fig. 8 und 9 der Tat'. II., dessen Blutliof auf Taf. IX. Fig. 10 auf dem zur linken Hand gelegenen Dotter sichtbar ist, und bei Fig. 7 der Tatquot;. IV. — In einigen Fällen fehlte die Bildung rotlien Blutes gänzlich; bei Embryonen, deren Bebrütungsdauer und sonstige Fnt-wickelung das Vorliandensein desselben erwarten Hess. Hierher ge­hört 7,. B. der auf Taf. II. Fig. 3 und 4 abgebildete Embryo. In solchen Fällen fehlte dann auch das Herz, und die weisslieh geblie­bene Anlage des Bluthofes war allemal sehr klein und bildete einen ovalen Saum um den Embryo herum. Die Ursachen der Nicbt-entwickelung des rotlien Blutes in einigen, sowie der verhältnisa-mässlg zu grossen oder im geringen Menge desselben in anderen Fällen sind sehr dunkel. Wenn bei kleinen, aber in der Entwicke-lung im Verhältniss zu ihrer Grosse, wenn gleich in abnormor Weise, vorgeschrittenen Embryonen ein plethorisclicr Zustand vorhanden ist, so muss man sich wohl vorstellen, dass die Verraelming der rotlien Blutkörperchen (durch Theilung) nicht besonders beein­trächtigt worden ist. Wenn dagegen im Verbältniss zur Grosse des Bluthofes und des Embi'yo zu wenig Blut gefunden wird, so könnte wohl in einigen Füllen, z.B. bei Taf. VI. Fig. 1, eine ge­wisse Quantität rother Blutkörperchen wieder aufgelöst und ver­schwunden sein, in anderen Fällen muss man aber gewiss eine'pa­thologische Beschränkung der rothen ßlutbildung annehmen, ebenso wie man beim gänzlicben Fehlen des rothen Blutes, z. B. bei Fig. 3 und 4 der Taf. II. genöthigt ist, eine krankhafte Verhinderung der­selben zu statuiren. Letztere Annahme ist besonders darum nicht abzuweisen, weil der rothe Blutfarbstoff sich in abgestandenen Eiern sehr lange zu conserviren pflegt.
Ungleichmässig fand ich die IJlutvertheilung gewöhnlich in den Bluthöfen solcher missgestalteten Embryonen, welche beim Ocffnen des Eies schon abgestorben waren. Die auf Taf. IX. Fig. 9 und 10, Taf. XI. Fig. 1 und 5 u. s. w. mögen als Belege dieser Angabe cliencii. Jedoch ist zu bemerken, dass diese Eegel nicht ohne Ausnahmen ist, wie man aus Fig. 1 der Taf. VI. ersieht, wo die Blutverthei-lung im Bluthofe regelmässig erscheint, obgleich der Embryo sehr degenerirt ist. Die ITngleichmassigkeit der Blntvertheilniig dürfte
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zum Tlieil von den gleichzeitig meist vorliaudoneu Abnormitäten ilor GeftUsverbreitiiDg und Gefttssyertheilijng abhängen^ zum Theil
wohl micli von der Art der Herztliiitigkeit des Embryo, und vor Allem wohl auch davon, dass sich nach dem Aufhören des Kreis­laufes die moleeulären Anziol)iinp,'sverhiiltnisse der ßiutkürpcrclicn gegen einander geltend maclicn.
Die Folgen aller dieser Veränderungen und Abnormitäten des iJlut.hotes für die Entwickelimg des Kmbryo werden wir später zu
betrachten haben.
II. Die Bildungsfehler des Amnion, des ISiabels und der Allantois.
Während die peripherisobe Keimaoheibe mit dem Bluthofe gleich­sam neben der Anlage des Embryo entsteht, und gewissermassen unabhängig von derselben gebildet wird, können Amnion, Nabel und Allantois schon als dem Embryo selbst angehörige Gebilde auf-gct'asst werden, indem ihre Entwickelimg unmittelbar vom Embryo ausgeht. Hier verdienen diese Bildungsfehler aber noch aus an­deren Gründen in einem besonderen Abschnitte behandelt zu wer­den, nämlich theils, weil ihre Hildungsfehler sehr mannigfaltig sind, theils, weil sie einen sehr wesentlichen Antheil an der Entstehung der Missbildungen der Embryonen haben, und theils endlich, weil ihre liildungsfehler im Vogeloie bisher fast ganz unbekannt geblie­ben sind. Besonders sind es aber die Bildungsfehler des Amnion, die wir hier vor Augen haben.
Die Bildung des Amnion beginnt bekanntlich mit der Anlage der Kopfkappe kurz vor dem Auftreten des rothen Blutes. Im Laufe des 3ton Tages der Bebrütung des Ilühnereies kommt die Anlage der IScliwanzkappe hinzu, und am 4ten Tage wird die Am-nionbildung beendigt, und mit ihr die Bildung des anfangs rinnen-förmigen Nabels. Die Anlage der Allantois ist schon am 3ten Tage als Knötchen kenntlich, und am öten Tage schlägt sie sieh schon rechts um den alsdann ganz auf der linken Seite gelagerten Em­bryo herum, setzt aber dann noch sehr lange ihr Wachsthmn fort.
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Schon hieraus würde man scliliesscn können, dhss der 2te his 4te Tag-^dcr Behrütung heim Hülinchcn die verhängnissvollste Zeit für die Entstehung der Bildungsf'ehler des Amuions sein würde. Die mir vorliegenden Beobachtungen bestätigen Dieses vollkommen, und zeigen, dass Temperaturschwankungen gerade am 2tcn und 3ten Tage der Behrütung ganz besonders leicht Missbildnngeu des Am-nious und fehlerhafte Nahelbildung bedingen.
Die Darlegung der Bildungsfehler des Arnnions gestattet nicht eine solche gleichsam summarische Behandlung, wie die Bildungs­fehler der Keimscheibe und des Bluthofes. Sie stehen nämlich in innigem Zusammenhange mit den Bildungsfehlcrn des Embryo, und sind so mannigfaltig, dass die Darlegung der verschiedenen For­men und ihrer Entstehung es nöthig macht, einzelne Fälle specioll durchzunehmen, bevor man versuchen kann etwas Allgemeineres darüber aufzustellen. —
Auf Taf. III. Fig. 12 ist ein Embryo dargestellt, der keine Spur eines Arnnions erkennen lässt, obgleich das betreffende Ei 8 Tage lang bebrütet worden war, und obgleich unter Anderem die grosse Zahl der Wirbelplättchen beweist, dass eine wenigstens par­tielle Entwickclung weit über die Periode der Anlage des Amuions hinaus statt gehabt hatte. Das betreffende Ei enthielt zwei Dotter deren einer (der links gelegene) den auf Taf. III. Fig. 10 und 11 abgebildeten, von einem vollständigen Amnion umgebenen und einer 6—Ttägigen Entwickclung entsprechenden Embryo trug. Der vollständige Mangel eines Arnnions bei dem in Rede stehenden Em­bryo erklärt sich leicht, wenn man die übrigen Abnormitäten des­selben berücksichtigt. Sein Bluthot; nur 18 Mm. lang und 15 Min. breit, war mit der Dotterhaut fast verklebt, woraus, wie bereits oben entwickelt worden ist, hervorgeht, dass das obere (animale) Blatt des Bluthofes erkrankt sein musste. Beim Ablösen des von seinem Bluthofe umgebenen Embryo vom Dotter folgte gelbe Dot­termasse, die der unteren Seite des Bluthofes fest anhaftete, mit. Hieraus folgt, dass auch das untere (vegetative) Blatt des Bluthofes pathologisch verändert war. Der Bluthof enthielt dunkles rothes Blut, das nicht in bestimmten Gefässen vertheilt, sondern diffus verbreitet war. Es waren mithin alle Blätter des Bluthofes patho-l'iuiinn, ünunucluingon.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;.]
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logisch vcTiimlcrt. — Dio vom Bluthofo zmiiichst cliigesclilosscno Area pelluoiätu, war der geringen Ausbreitung dos Bluthofes ent-
sprecliend sehr klein, nur ()/•) Mm. lang und 4,3 Mm, hrcit (an dor bi'eitcston Stelle). Auch in ihr waren bei mikroskopischer Betrach­tung röthliche, nicht scharlhegriinzte Blutflecke sichtbar. Der ganze Embryo war vom Scheitel bis alaquo;r iiussersten Schwanzspitze nur ö Mm. lang, dennoch waren reichlich .'50 Wirbelpaarplättchen vor­handen, die aher durch ihre grosse Breite und geringe Länge in sehr auffallender Weise von der Norm abwichen. Die Fortsetzun­gen der Seitenplfttten (Hals- und Kopfplatten) hattelaquo; sich nicht, wie sonst, nach vorn umgebogen und zur Bildung eines freien Kopf­endes vereinigt, sondern sie waren wie ein zurückgeschlagener Man­tel ausgebreitet, in der Gegend des Halses bedeutend breiter als weiter unten, und sie verliefen von beiden Seiten her in schräger Linie nach der grossen Hirnblase zu. Dahingegen hatten sich die Seitenplatten am hinteren Ende des Körpers nach der Bauchseite hin etwas eingerollt, so dass an dieser Stelle die Andeutung einer Körperhöhle vorhanden war, und am Schwänzende war das hin­tere Ende der Wirbelsäule selbst als Steissbeinhöcker hervorragend, was schon auf eine ziemlich weit vorgeschrittene Eutwickelung hin­weist. Auch das Ilirnendc zeigte Formen, welche von ziemlich weit fortgeschrittener Entwlckelung zeugten, indem es nicht nur verschie­dene blasenartige Gebilde, sondern selbst Kreuzungen zeigte; die Formen desselben wichen aber so sehr von der Norm ab, dass ihre Deutung kaum möglich war. Die Chorda dorsalis war noch sichtbar; sie verlief vor dein Medullarrohre nach dem Kopfe zu und endigte hier in einer nach vorn umgebogenen Spitze. — Die Bildung der vorderen Darmpforte fehlte ganz, und von IVoduktionen des Sclüenn-blattes war überall Nichts zu erkennen, es sei denn, dass eine dunkle ovale Masse, die an der linken Seite der Wirbelsäule lag, die Ur-niere dieser Seite andeuten sollte. Das hufeisenfönnig gekrümmte, ganz zusammengebogene Herz war gana von der Wirbelsäule ab­gezogen, gleichsam herausgezerrt, und an der rechten Seite des Embryo gelagert, am Bande des Zipfels, den der Halstheil der Halsplattou hier bildete. Von jedem Ende des Herzens erstreckte sich ein weites Gcfass gegen die Wirbelsäule hin. Im Herzen seihst
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war kein Blut zu sehen, es lag aber eine dichte rothe Blutmasse oberhalb desselben, rechts von der Grosshirnblase. Es geht aus dieser Beschreibung hervor, dass auch alle Schichten des Embryo, wie die des Blutbofes erkrankt sind, und man kann nicht umhin, dieser allgemeinen Erkrankung des Gewebes es zuzuschreiben, duss die Entwickelung zu einer so enormen Missbildung geführt hat. Es kann dabei nicht im Mindesten befremden, dass die Aninionbiklung nicht Zustandekommen konnte. Sowohl die Ernährungsstörung des oberen Blattes selbst, woraus sieh das Amnion entwickeln sollte, als auch die abnorme Verbindung und Verklebung desselben mit der Dotterhaut und mit den anderen Blättern, sowohl im Bluthofe als im Embryonalkörper selbst, welche hier so offenbar vorliegt, müsste die Entwickelung der Amnionbihlung von vorn herein verhindern. Schon die geringe Grosse dieses Embryo und der Umfang der Bildimgsfehler weist daraufhin, dass diese Missbildung auf eine sehr frühe Ent-wiekelungsperiodc zurückzuführen ist. Die Vcrgleichung desselben mit den auf Taf. II. Fig. 5 und Taf.III. Fig. 4 abgebildeten Embryo-nei4bestätlgen diese Vcrmuthuiig, insofern hier offenbar ganz ver­wandte Missbildungen vorliegen, die aber in einer früheren Periode abgestanden sind, obwohl die Koptbildung in ihnen sich besser ge­staltet hat, als in dem hier besprochenen Falle.
Eine durchaus rudimentäre Andeutung einer Amnion-bildung zeigt demnächst Taf. IV. Eig. 1 und 2. Der betreffende Embryo stammt aus einem 112 Stunden lang bebrüteten Eie mit doppeltem Dotter (Taf. IX. Fig. Ü), dessen Entwickelung, besonders mit Rücksicht auf die Entstehung der zwei in demselben vorhan­denen Herzschläuchc schon in Virchow's Archiv für pathologische Anatomie Bd. XVI. Heft 1 und 2 pag.39—50 besprochen worden ist. Das Rudiment des Aranions besteht in diesem Falle aus einer Falte, welche in Fig. 1 nur schwach durch den Körper hindurch­schimmert, in Fig. 2 aber, von der anderen Seite her gesehen, ih­ren freien Rand dem Beobachter zukehrt. Diese Falte, deren Rand sich fast wie eine Bogensaite über die Concavität der Rückcnkrüm-mung hinzieht, bildet mit dem Rücken des Embryo eine kahnför-mige Höhlung. Mit ihrem vorderen Ende zieht sie sich über die Visceralbogenanlage hin und endigt in der äussersten Schicht des
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VordevkopföB, Naoli hinten au vevltttift die Falte gpgcn die Mittel­linie und gegen die roehte Seite den Bllökena hin, bis ein wenig hin-ter die Stelle, wo dei; Eingang zur vorderen Daraipforte liegt. Ans diesem Verhalten Ittaat aioh schon scldiesscn, daas diese Falte vom Hautblatte gebildet ist, und ilire Ueutimg als Aimnourudiment wird dadurch gerechtfertigt. Mit noch grösscrer Sicherheit dürfte aber das Vorhandensein der aus der Verbindung der Seitenplatten ent­standenem vorderen Darmpfortc Dieses beweisen; denn es geht dar­aus hervor, dass die nach vorn eingebogenen Scitenplatten an der Bildung dieser nach hinten umgebogenen Falte keinen Antheil ha­ben können. Gleichzeitig erkennt man aber noch andere Ernäh­rungsstörungen oder Erkrankungen des Hautblattes. Man sieht näm­lich: 1) eine Verwaehsung der Oberfläche des Scheitels mit der peripherisohen Keimscheibe, 2) bemerkt man, dass die Faltungen und Einstülpungen am Auge fehlen, 3) ist die Verminderung des hellen Kreises um den hinteren Theil des Körpers auflallond, wo­durch die Seitenplatten fast unmittelbar dem Bluthofc anzuliegen kommen. Ferner können noch folgende Wldungsfehlcr dieses Em-hryo von der umfassenden Ernährungastönmg des Hautblattes abge­leitet werden, nämlich: 4) der geringe Umfang und die Verkürzung des Kopfes, indem eine Verminderung der Nachgiebigkeit des Haut­blattes (oder ein schwächeres Wachsthum desselben) der Ausdeh­nung der Hirnblasen hinderlich sein müssto; B) der geringe Um­fang des Hinterkörpers im Vcrhältniss zum Vorderkörper; 6) die. platte und gerade gestreckte Form des Hinterkörpera, indem die Verklebung im Umfange sowohl das Einrollen der Scitenplatten, als auch die Schwauzkrümmung und die Bildung der Schwanzkappc ver­hindern müsste, und endlieh 7) der im Vcrhältniss zur Entwickelung des Vorderkörpers geringe Umfang des Bluthofes. - Dass diese rudimentäre Amnionbildung gerade an dieser Stelle zustandegekom­men ist, begreift sich leicht. Denn jene Verwachsung des Scheitels mit der peripherischen Keimscheibe musstc die Bildung der Kopf­kappe unmöglich machen, weil der Kopf sich nicht nach unten beu­gen konnte, und weil eine etwa entstandene Falte nicht an der verwachsenen Stelle hätte vorbei kommen können. Ferner konnte sich auch am hinteren Theil des Körpers keine Amnionfalte bil-
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dun, weil die Vcrwnelisung der Ränder des Embryo mit der [to ripherisehen Keiinseheibe liier sowohl die Scliwiiiizkrümmung, als die Bildung der Schwanzkappe und der seitlichen Amniont'idten unmöglieh maehtc. Die Möglichkeit der Entwickelung eines rudi­mentären Aainions war somit auf den Vorderkörper bescliränkt; aber auch hier konnte sie, wegen dor eingetretenen seitlichen Dre­hung des Vorderkörpers und der dadureh gebotenen Lagerung des Kuibryo auf der einen Seite, nur am oberen freien Rande stattfinden, wo sie auch wirklich bcobaeiitct wird. Derselbe Vor­gang, durch den sieh das Amnion normaler Weise abschnürt, bat sich nun ganz unzweifelhaft am freien llande des hier vorhande­nen rudimentären, und nur durch jene Falte repräsentirten Am-nions geltend gemacht. Dies geht nicht nur daraus hervor, dass dieser Hand sich wie eine Eogensaitc über die Krümmung der Wir­belsäule hinzieht, und dass jene kahnl'örmige Vertiefung an der Kückenseite des Embryo entstanden ist, sondern es wird diese se-eundäre Contraction des Bandes jener Falte in noch bestimmterer Weise durch die Form der den Vorderkörper umgebenden periphe-rischen Keimscheibe bewiesen. Man sieht nämlich, dass gerade da, wo der 8cheitel angewachsen ist, eine starke Ausbuehtimg vorhan­den ist, während num ohne die Einwirkung dieser seenndärni, die Krümmung des Embryo nach hinten verniehrentlen Kraft, im Ge-gcnthcil bätto erwarten sollen, dass ein Zipfel der pewpheriioblMJ Keimscheibe durch jene Adhäsion des Kopfes in die Area pellucida hineingezogen worden wäre.
Auch in diesem Falle ist es somit klar, dass eine Erkrankung, zunächst des oberen Blattes des Embryo, die Anmlonbildung ver­hindert hat. Wie im vorigen Falle so war auch hier der Bluthol' in entsprechender Weise erkrankt. Er niaass nur 14—IT) Min, im Durchmesser und enthielt dunkles Blut, das ungleiclunässig in netz­förmig angeordneten Gefässen vertheilt war. Die Störung der Ent-wiekelung konnte in diesem Falle mit Bestimmtheit von einer Ab­kühlung abgeleitet werden, welche dadurch entstanden war, dass die Lampe 29 Stunden nach Anfang der Bebrütung verlosch, wo­durch die Temperatur 1U Stunden später auf 22deg; C. gesunken war. .Durch diese Abkülilung war der auf dem anderen Dotter bclindliche
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Embryo sogleioll abgestorben; denn or cutspracli in seiiieu formen einem norniiüen etwa 36stiin(ligen Ilühnerembryo. Der in llede stc-beade Embryo hatte dabingegen die Abküblung überlebt, -war aber durch dieselbe krank geworden und Latte sich, in Folge dieser Er­krankung, welche besonders das obere Blatt zunäebst betroffen hatte, zur vorliegenden Missbildung fortentwickelt. —
Ein mit dor Dottorhaut verklebtes rudimentäres Am-nion zeigt der auf Tatquot;. V. Fig. 1 und 2 abgebildete Embryo. Der­selbe -war in einem Eie entwickelt, das 7 Tage lang der Brütwärme ausgesetzt gewesen war. Diese Briitwärme war jedoch nicht gleich-massig gewesen. Gegen Ende des 3teii Tages hatte ieli nämlich dieses Ei absichtlich 4'/4 Stunden lang aus der Briitmascliine ent­fernt und bei kühler Stubcntemperatur (im März) auf meinen Schreib­tisch gelegt, nach welcher Zeit die Bebrütung regelrecht fortgesetzt wurde. Beim Lostrennen dieses Embryo vom Dotter, durch Schnitte, die in einiger Entfernung um den Blutbof herum geführt wurden, zeigte sich nun, dass die Dotterhaut so fest mit der oberen Fläche der Anuiionbildimg zusammenhing, dass eine Trennung nicht ohne Zerreissnng bewerkstelligt werden konnte. Diese Verbindungen zwi­schen der Dotterhaut und dem Anmion konnten bis gegen die Mitte der Oberfläche des Amnions hin verfolgt werden, und ihre Falten sind in Fig. 1 besonders hinter der nach hinten gebogenen Stelle des Elickem deutlich, indem man sie hier von beiden Seiten her gegen die Mittellinie hin in querer Richtung verlaufen sieht. Vorn orkennt man an der rechten Seite die Falten der losgetrennten Dottorhaut, welche hier mehr seitlich theils am Amniou, thcils viol­leicht aber Ruch am Embryo befestigt zu sein scheint. ISachdem das [Präparat eine Weile in Spiritus gelegen hatte, wurden beson­ders diese vorderen Aiihef'tungen viel deutlicher, während zu glei­cher Zeit zahlreiche feine, mit rothern Blute gefüllte Gefässnuischen in der Area pellucida deutlich wurden. Das Amnion stellte einen geschlossenen Sack dar, der jedoch neben dem Kopfe nicht zu er­kennen war, vom Herzen an aber den hinteren Theil des Körpers einschloss und mit klarer Flüssigkeit gefüllt war, welche jedoch in viel geringerer Menge vorhanden war, als normal um diese Zeit, weshalb die Amnionhöhlc verhältnissmässig klein erschien. Auch
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von der buuchseite her, in Fig. 2, erkennt man die iingotülirten Verhältnisse. Nainentlieli sieht man hier wie das Amnion, vom liandc der Sotten platten ausgebend; nur an der hinteiquot; dem Herzen gelegenen Körperhäll'te zu erkennen ist, indem die seitlichen Con-touren, die am Kopfe sichtbar sind, offenbar dem Kopfe selbst an-gcliörcn. Man sieht ferner an dieser Tigur wie der Nabel, nur am hinteren Körpertheile angelegt ist, liier aber einen langen und brei­ten Öehlitz bildet. Endlich erkennt man, wie die Falten der Dotter-haut am Kande des Amnions so verschwinden, dass man auf ihre Insertion an der Oberfläche desselben schliessen kann, und das Netz der ßlutgefässo der Area pellucida ist hier angegeben. Die Ueber-einstiinmung dieses merkwürdigen Embryo mit dem oben Pag. 51 besprochenen, auf Taf. IV. Fig. 1 und 2 abgehiltleteu, fällt schon beim ersten lilicke auf. Auch dieser Embryo ist mit 2 von einan­der getrennten Herzen versehen, welche nur hier noch weiter ent­wickelt sind, indem bereits zwei Abthcilungcn an jedem derselben zu erkennen sind, und welche noch pulsirteu, als das Ei geöil'net wurde. Auch die zweite auffallende Abweichung, nämlich die Bie­gung des Brusttheils der Wirbelsäule nach vorn, war hier in sehr ausgezeichneter Weise vorhanden. Wir werden später darauf zu­rückkommen, dass diese Krümmung der Wirbelsäule, welche wahr­scheinlich durch die Adhäsionen der Kopf- und iSchwaiizkappe mit der Dotterhant entstand, ohne Zweifel die Spaltuug des ursprünglich einfachen llerzschlauches in äimlicher quot;Weise wie in Fig. 1 und 2 der Taf. IV bedingt hat. liier haben wir zunächst nur auf die abnorme Anmionbildung und ihre Entstebung .Rücksicht zu nehmen. In die­ser Beziehung scheint nun folgende Erklärung sehr nahe zu liegen. Durch die starke Abkühlung, welche gegen Ende des dritten Be. briitungstages eintrat, wurde eine Erkrankung des oberen Blattes lierbeigclübi't, die sich, wie im vorigen Falle, durch das Fehlen der äusseren Anlage des Auges und durch die Abnormitäten der ganzen Obertläche des Embryo kund giebt. Diese Erkrankung des oberen Blattes ist aber zu einer Zeit eingetreten, da die An­lage des Amnions als eine den Embryo rings umgebende, am Kopie und JSchwanzo aber am stärksten entwickelte Falte vorhanden sein musste. Diese Anlage des noch nicht geschlossenen Amnions ist
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mit erkrankt und, in ilor BoboQ aue dem Vürliergciiuudeu liiurci-eheiul bekannten Weise, mit der Dotterlmut verklebt. Dureb diese Verklebimg ist denn allerdings ein Verschluss des Anmions zustande-gekommen, die normale Vollendung dpr Amnionbildung ist aber zu gleicher Zeit dadnreb unmöglicli geworden. Denn da die Känder der Falte, aus der das Amuion gebildet wird, einander uielit er-reiebt batten, sondern mit der Dotterbaut verwaebsen waren, so konnte sieb das äussere Blatt dieser Falte auch niebt in der norma­len Weise, als seröse Hülle, vom inneren Blatte derselben, welebe bekanntlieb das Amnion constituirt, lostrennen. Es konnte also das Amnion niebt frei werden, und die Amnionböble verblieb oben zum Tbeil dureb die Dottcrliaut geseblosscn, die niebt entfernt werden konnte ohne die llöble des Amnions zu öffnen.
In melirfaclier Bezieluing der so eben besproebenen Amnion­bildung iilmlicli ist der auf Taf. XL Fig. 1—3 abgebildete Fall. Derselbe betrillt ein Ei mit eingesebnürtem Dotter, das C Tage laug bebrütet worden war. Die Finselinünmg ging, wie Fig. 1 zeigt, über den in seiner Form, Grosse, Gefässimordnuiig und Blutverthcilung abnormen, So Mm. langen und 13 Mm, breiten Bluthof liinweg, der mit der Dotterbaut so fest verklebt war, dass letztere nur mit Mühe obne Zerreissung entfernt werden konnte. Eine ganz kleine Am-nionbildmig erkannte man schon mit blossom Auge (Fig. 1), und mit Hülfe einer passenden Vergrösserung sah man (Fig. 2) Falten der Dotterbaut, die sieb nach der Riickenseitc der Amnionbildung bin erstreckten. Am Kopfende war die Amnionbildung bedeutend vom Embryo abgehoben, zeigte grössere Ausbuchtungen und war daselbst mit einer blutrothen Flüssigkeit gefüllt, deren Farbe an der vor und unter dem Kopfe liegenden Ausbuchtung am intensiv­sten war. Von der Rüekcnseite her erkannte man (Fig. 3) die Am­nionbildung rings um den Körper herum als durchsichtigen Sack; sie war aber nicht über dem Rücken des Embryo geschlossen, son­dern bildete eine kreisförmige Falte, mit der die Dotterhaut verklebt war. Nach Entfernung der Dotterhaut war die Höhle des Amnions offen und die dann noch sichtbare rothe Flüssigkeit war nicht Liq. Amnii, sondern zwischen den Blättern Jener Falte angesammelt, die sich bei der Vollendung der Amnionbildung in seröse llUlic und
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-Amiiiou scheidet. Von der Üauchseltc her war die Aninionbildung nur am Kopfende deutlich zu orkemien (Fig. 2). Hier war auch noch eine Verwachsung der Amnionbildmig mit dem Innern Hände des Dluthot'es durch einen schmalen Zipfel bemerkenswerth. Be­sonders auffallend ist in dieser Figur auch noch der Umstand, dass die Nabelbilduug hier so zu sagen ganz fehlt. Die Bauchplatten hatten sich nämlich vollkommen geschlossen und waren dabei mit beiden Blättern der an der Amnlonbildung bethciligten Falte ver­wachsen, so dass diese gleichsam einen an der Kückenseitc gele­genen Hing um den Embryo herum bildete.
Eine solche Amnionbildung wie in den beiden zuletzt besehrle-beneu Eällen, wo die Amnionhölile eigentlich noch nicht geschlos­sen Ist, indem die liäuder der Ealto einander noch nicht erreicht haben, wo aber durch Verklebung der Dotterhaut mit der Falte doch eine scheinbare Amnionhöhle gebildet ist, worin der Embryo liegt, könnte man Amnion spurium nennen. Um diese falsche Amnionhöhle herum, in der Falte der Amnionbildung (zwischen demjenigen Blatte, woraus dasAinnion und demjenigen, woraus die seröse Hülle entstehen sollte), findet sich dann oft eine seeun-däre, ringförmige mit Flüssigkeit (Liq. Amnii spurius) gefüllte Höhle. Diese Formen der Amnionbildung setzen Immer eine Er­nährungsstörung des oberen Blattes voraus, und wenn sie zur Beob­achtung kamen, fand Ich dasselbe sowohl am Embryo, als auch am Bluthofe krankhaft verändert. Das Verständniss dieser Missbildun­gen wird sehr leicht, wenn man den auf Taf. XII. Fig. 1, 2 und 3 abgebildeten Fall berücksichtigt, der freilich eigentlich nicht hieher gehört, da die Missbilduug des Amnions hier nicht auf Störung der Entwickelung beruht, sondern von einer ursprünglich fehler­haften Ecschaffeniieit des Eies abhängt und daher in einem an­dern Abschnitte näher erörtert werden wird. Hier sieht man näm­lich auf dem einen Dotter eines zweidottrigen Eies zwei dicht neben einander liegende Embryonen, welche nach reichlich l%tä-giger Bebrütung von einem gemeinschaftlichen Amnion umge­ben, aber nicht eingeschlossen sind. Ueber dem Bücken der Embryonen erkennt man eine 6—8 Mm. weite, von den Eän-dern der Amnionfalte gebildete rundliche Ocffnung, welche in die
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unvollendete Amniouliölile führt. Diese OeiftlUUg ist in Fig. 1 und 2 der Tat'. XU deutlich ZU erkennen, indem man den mittleren Tlieil des liückens beider Embryonen dureh dieselbe frei vorlie­gen sieht, wahrend ihre Köpfe und ihre ilinterkörper durch die doppelte Anmionsciiicht hindureh undeutlicher erkannt worden. Hier ist keine Spur von Verklebungen oder anderweitigen Erkrankungen des oberen Blattes, sondern es ist offenbar die abnorm grossc Masse des Inhalts, welche den Verschluss dieses gemeinsehaftliehcn Arn-nions verbindert hat, indem das normale Flaclienwachsthum der Anmionfalte ihre Grenze erreicht zu haben scheint, bevor der Ver­schluss in gewölmlieber Weise zustande gekommen ist. Zwischen den beiden llinterkörpern der Embryonen erhob sich eine flache Ealte, die sich nach vorn und oben verlor, und welche andeutete, dass das gemeinscliaftliche Amnion aus zweien versclnnolzen war. — Sieht man von dein Umstände ab, dass zwei Embryonen hier von einem unvollständigen Amnion eingeschlossen sind, so begreift man leicht, dass eine Verklebung der Dotterhaut mit dem oberen Bande dieser Anmionbildung eine solche Hohle abschliesscn würde, die wir oben Anmion spurium genannt haben, und dass eine An­näherung und Verklebung der beiden Blätter dieser Amnionfalte, in einiger Entfernung vom freien Bande, eine solche seeundäre ringförmige Höhle zustandebringen könnte, wie wir sie oben auf Taf. XI. Eig. 2 und 3 kennen lernten, und welche die Flüssig­keit enthielt, die wir als Liq. Amuii spurius bezeichneten.
Dieser auch sonst in mehrfacher Beziehung interessante und sehr seltene Fall verdient übrigens auch aus dem Grunde an die­ser Stelle angeführt zu werden, weil er zeigt, dass sich ein Hüh-ncrembryo bis fast zum 8ten Tage normal entwickeln kann, ohne von einem Amnion vollkommen eingeschlossen zu sein.
Embryonen, welche in dem Grade pathologisch sind, wie die oben genannten (Taf. III. Eig. 12, Taf. IV. Eig. 1 und 2, Taf. V. Fig. 1 und 2 und Taf. XL. Fig. 1 — 3), werden in Vogeleicrn in der Regel früh absterben, obgleich der auf Taf. V. dargestellte doch noch nach 7tägigcr Bebrütung lebendig gefunden wurde. Der höchst abnorme und verkrüppelte Zustand derjenigen Embryonen, welche mit solchen pathologischen Ainnionbildungcn versehen waren, macht
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os begreiflich, dass sie iimuor auch sehr klein waren, viel klei­ner, als sie es bei normaler Entwickeluug, der BebrUtungsdauer zufolge, sein sollten.
Es kommen aber auch vollständige Amnioubildungen von verschiorlener, oft sehr geringer Grosso, bei ganz verkrüp­pelten und tchr kleinen Embryonen vor. Ein hübsches Bei­spiel dieser Abnormität zeigt Taf. II. Fig. 8. Das 7 Mm. lange und 5 Mm. Lreite Amniou ist. hier wohlerhalten, mit Liq. Amnii gefüllt und es schliesst einen ganz kleinen, nur 4 Mm. langen, compakten, fleischfarbenen Embryo ein, der au einem ganz dünnen Nabel be­festigt ist. Das betreffende Ei war ein 8 Tage lang bebrütetes Ei mit doppeltem Dotter, das auf Taf. IX. Fig. 10 abgebildet ist. Aehn-liche Fälle sind mir bei hinreichend lange, aber unter Temperatur-schwankungen bebrüteten Eiern ziemlich oft vorgekommen. Die Grosse eines solchen Amnions, sowie des von demselben eingeschlos­senen Embryo, war dabei verschieden; immer war jedoch der Em­bryo in eine compaktc, fleisch-molenartige Masse verwandelt, welche mit einem Stiel auf der unteren Fläche der inneren Wand der Blase festsass. Die Grosse des Amnionbläscheus entsprach bisweilen der­jenigen einer kloinen Haselnuss, bisweilen auch nur derjenigen einer Erbse; der Embryo konnte aber, selbst in einem nussgrossen Amnion, bisweilen auf die Grosso eines Stecknadelknopfes reducirt sein, in anderen Fällen hatte er aber fast die Grosse einer Erbse. Der den Nabel repräsentirende Stiel war in einigen Fällen sehr dünn, in an­deren hingegen verhältnissmässig dick. Wenn das Amnion verletzt wurde, so floss natürlich der Liq. Amnii heraus und die Haut des. Amnion legte sich dicht an den Embryo an. In manchen Fällen hatte diese Entleerung des Liq. Amnii schon stattgefunden, bevor das Ei geöffnet wurde, und es war das dem molenartig veränderten, alsdann meist erbsengrossen Embryo dicht anliegende Amnion oft, vielleicht selbst immer, mit der Oberfläche des Embryo mehr oder weniger verklebt. Ein solcher Fall ist auf Taf. VI. Fig. 1—3 dargestellt. Der Grad, in welchem die Embryonen in allen diesen Fällen ver­ändert sind, ist sehr verschieden, selbst Lei gleicher Grosse. In dem letztgenannten, auf Taf. VI. Fig. 1 — 3 abgebildeten Falle ist der Embryo ganz in einen unförmlichen Klumpen verwandelt, an
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dorn mau, bei Vergrösseruug durcli die LoiqK', nur mit' dor einen Seite, aber aueh hier kaum deutliche SpUl'On der Extremitiitou, sonst aber kein Organ erkennt. In anderen Fällen (Tat'. VJl. Fig. 1 bis 4) kann man aber, bei übrigens vollkonnnener Uobereinstiimmuig mit dem vorigen Falle, deutlich die Formen dos Fjinhryo untcirschei-den. Audi bei dem auf Tat'. II. Fig. 8 dargestellten Falle wird man die Form des Embryo nicht verkennen; bisweilen war aber nur ein rundliches Gebilde vorhanden, das man, ohne Eekanntscliat't mit den Uebergangstbnnen, schwerlieh als Embryo erkennen würde. Das Gctassnetz des Bluthot'es war in allen diesen Fällen bei eini­ger Vergrüsserung deutlich. Es ist wohl keinem Zweifel unterwor­fen, dasa der oben erwähnte Fall, den v. Baer als vermeintliche Lebennole beschrieben und abgebildet hat, hierher gehört, und dasraquo; es der Rest des ganzen Embryo, nicht aber eine für sich fortent­wickelte Leber ist, welche v. Baer vorlag. Die braune Farbe, wel­che diese Mole zeigte, ist ganz irrelevant, da alle diese hier zuletzt besprochenen Embryonen und Embryonalrcste eine verschiedene Farbe zeigen können, je nachdem längere oder kürzere Zeit zwi­schen dem Üefthen des Eies und dem Absterben des Embryo ver­strichen ist. Durch Aufheben in iäpiritus werden überdies ganz junge Embryonen, welche rothes Blut enthalten, inmier braunroth, und zwar um so dunkler, je mehr Blut sie enthalten.
Die Fälle, wo ein vollständig gebildetes Anmion, das einen ganz verkrüppelten Embryo einschliesst, bedeutend kleiner ist, als es normaler Weise bei seiner Vollendung sein sollte, setzten ent­weder voraus, dass dasselbe nachher durch Schrumpfung kleiner geworden ist, oder, was jedenfalls wahrscheinlicher ist, dass der Embryo bereits erkrankt war, als die Amnionbildung begann, ohne dass dadurch die Vollendung dieser Bildung gestört wurde. Die Fälle, wo ein stecknadclknopfgrosscs Eudiment eines Embryo in ei­nem Amnion von der Grosse einer Haselnuss gefunden wurde, wür­den aber entweder durch die Annahme zu erklären sein, dass die Masse des erkrankten Embryo durch Schrumpfung und Auflösung bedeutend abnehmen könnte, oder man miisste eine, bis zu einem gewissen Grade sclbstständige Fortentwickclung des Amnions für möglich halten, nachdem der Embryo aufgehört hat, für das Wachs-
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thnm bestimmend zu sein. Letzteres erscheint am waiirsclicinlicli-sten, wenn man solche Fülle berUcksichtigt, wie die ftllf Taf. VI. Fig. 1 und auf Taf. VII. Fig. 1 — 4 dargestellten, indem hier die Masse des molenartig degenerirten Embryo offenbar nicht merklich verringert worden ist.
Schon bei der Beschreibung der vorliegenden Fälle ist ange­führt worden, dass Adhiisionen des Amnions mit der Dotter­haut, mit dem inneren Kando des Bluthofes und mit der Oberfläche des Embryo vorkommen. Für die Vcrklebungen oder Verwachsungen des Amnions mit der Oberfläche des Embryo verdienen aber die auf Taf. VII. Fig. 1 — 4 dargestellten Beispiele noch einer specielleren Erwähnung. In Fig. 1 scheint die ganze in­nere Fläche des Amnions mit der Oberfläche des Embryo verklebt zu sein. Man erkennt dasselbe nur noch an den feinen Falten, welche an der Oberfläche des ganz verkrüppelten, in eine rund­liche, solide Masse verwandelten Embryo sichtbar sind, dessen Orösse auf eine etwa Ttägige Entwickelung hinweist. Die Seite, auf wel­cher der Embryo lag, war so fest mit den Eihäuten verklebt, dass eine Trennung ohne vollständige Zerreissung nicht möglich war. In Fig. 2 ist das Avnnion kaum zu erkennen, aber wahrscheinlich ganz mit der Oberfläche verklebt. In Fig. 3 ist die ganze Ober­fläche des Embryo uneben, mit Bunzeln und kleinen Fetzen be­setzt; erstere rühren offenbar von dem mit dem Embryo verklebten Amnion her, letztere von der durch Zerren getrennten Verbindung der Dotterhaut mit dem Amnion. In Fig. 4, welche denselben Em­bryo von der andern Seite her darstellt, sind die Eihäute, bei de­nen sich ohne Zweifel auch der Rest des Amnions befindet, mit der Oberflüche des Körpers innig verbunden. In Fig. 1—3 der Taf. VI ist das Amnion nur undeutlich zu erkennen. An der oberen Fläche ist es aber jedenfalls einerseits mit dem Embryo, andererseits mit der Dotterhaut und durch diese hindurch mit der weissen Schalen­haut verbunden. Nach der Trennung der Schalenhant wurden die in Fig. 4 der Taf. VI bei starker Vergrösserung abgebildeten Ele­mente von der Innenseite derselben abgeschabt. Das betreffende Ei war 10 Tage lang bebrütet worden; gegen Ende des 3ton Tages war aber die Behrütung absichtlich dadurch unterbrochen worden,
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dass das Ei 41/, Stunden lang aus der Urütmasdiino entfernt und bei kühler Zimmertemperatur auf den Tiseii gelegt worden war.
Sehliesslicb ist bezüglich der Fehler der Amnionhildunp; noch anzuführen, dass es bisweilen sehr schwer ist anzugeben, ob das Amnion fehlt, oder ob es dem Embryo ausserordcntlich eng anliegt. Der auf Taf. XI. Fig. 4 in einem Eie mit eingeschnürtem Dotter nach fünftägiger Behrütung abgebildete Embryo schien mit seinem vorderen Theile ganz frei und nackt vorzuliegen, indem man eine Sonde unter den Kopf hinwegführen konnte. Als der Embryo mit seiner Area vasculosa losgetrennt war, schien er ganz nackt mit seinem Nabel der Keirascheibe anzuhängen. Als aber der Embryo eine quot;NVeile im Spiritus gelegen hatte, wurde bei schwacher Ver-grosserung eine zarte Haut sichtbar, welche den Embryo umgab und welche man für ein ganz eng anschliessendes Amnion halten konnte, ohne dass ich doch diese Deutung mit Bestimmtheit hin­stellen mochte, da vielleicht die abgelöste Oberhaut dieses Aussehen veranlasst haben könnte. In letzterem Falle würde der Embryo wirklich nackt gewesen sein, wie Wolft' es von den beiden auf Taf. XII. Fig. (3 abgebildeten Doppelembryonen auf gemeinschaft­lichem Dotter mit Bestimmtheit angegeben hat. — Auch bei den auf Taf. VI. Fig. 5, 6 und 8 abgebildeten Embryonen kann man in Zweifel sein, ob ein sehr eng anliegendes Amnion vorhanden ist,
oder ob es f'elilt
Die Abnormitäten der Nabelhildung beim Vogelembryo stehen in so unmittelbarem Zusammenhange mit der Amnionbildung, dass das, was darüber anzuführen wäre, eigentlich schon im Vorstehen­den enthalten ist. Bei fehlender Amnionbildung flach ausgebrei­teter Embryonen, wie bei Taf. III. Fig. 12 und Taf. IV. Fig. 1 und 2, fehlt selbstverständlieh auch die Nabelbildung. Bei der als Amnion spurium bezeichneten Amnionbildung, war der Nabel meist sehr weit, rinnenförmig, wie auf Taf. V, oder die Nabelbildung fehlte, indem die Leibeshöhle ganz geschlossen war, wie auf Taf. XL Fig. 1 — 3. Bei den ganz verkrüppelten Embryonen, welche von einem vollständig gebildeten Amnion eingeschlossen waren, wie bei Fig. 8 der Taf. II, war die Nabelbildung auch, wie gesagt, immer entwickelt, aber bald war sie sehr eng, bald weit. Bei den Vei--
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wachsungen des Amnions mit der Oberfläche des Embryo wird die Nabelbildung meist ganz undeutlich, wie auf Taf. VI. Fig. 1 und auf Taf. VIf. Fig. 1 — 4. In jenen Fällen endlich, wo es unent­schieden bleiben müsste, ob das Arnnion bei weiter vorgeschrittener Entwickelung fehlte, oder ob es ganz eng der Körperoberfläehe anlag, war bisweilen ein Nabel vollkommen entwickelt, wie bei Fig. 4 der Taf. XI und in Wolff's Falle (Taf. XII. Fig. 6), oder der Embryo sass mit breiter Fläche der Keimhaut auf, wie auf Taf. VI. Fig. 5, 6 und 8.
lieber die Bildimgsfehler und Erkrankungen der Allantois sind meine Beobachtungen noch sehr lückenhaft. Es scheint nicht sel­ten vorzukommen, dass ihre Entwickelung ganz ausgebliehen ist, obgleich man sie, der Dauer der Bebrütungszeit und der Entwicke­lung der übrigen Organe zufolge, hätte erwarten sollen. Bei Taf. III. Fig. 12 zeugt namentlich die grosse Zahl der Wirbelplättchen, zum Theil auch die freilich ganz abnorme Entwickelung des Hirns davon, dass der acht Tage lang hebrütete Embryo noch um die Zeit ge­lebt hat, da die Allanto'isbildung normaler Weise auftreten sollte. Das Fehlen der Allantois erklärt sich hier leicht aus dem Umstände, dass die Bildung des Darmrohrs wie die der Leibeshöhle, offenbar durch krankhafte Veränderung des unteren wie des oberen Blattes nicht zustandegekommen ist, da die Allantois ja bekanntlich aus einer ursprünglich soliden Blastemtnasse hervorgeht, welche sonst vor dem hinteren Ende des Darmrohrs auftritt. Auch bei Fig. 1 und 2 der Taf. IV. kann man wohl, der Entwickelung des Vorder­körpers zufolge, aimehmeu, dass der 112 Stunden lang bebrütete Embryo ein Alter erreicht hat, wo unter normalen Verhältnissen die Anlage der Allantois schon erkennbar sein würde. Die auffal­lend geringe Entwiekelung des Hinterkörpers und die Verwachsung der Seitenplatten mit dem inneren Eande des Bluthofes macht es aber sehr begreiflich, dass die Allantoisbildung hier nicht zustandegekora-raen ist. Bei den zu einer rundlichen soliden Masse verwandelten Embryonen, die auf Taf. II. Fig. 8 u. 9, Taf. VI. Fig. 1-3 und Taf. VII. Fig. 1 u. 2 abgebildet sind, ist die Allantois nicht nachzuweisen. In diesen Fällen kann man aber nicht wissen, ob eine Allantoisbildung doch nicht vielleicht vorhanden gewesen, aber wieder zu Grunde ge-
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gangen ist. Bei dem auf Tatquot;. XI. Fig. 2 abgebildeten Embryo ist die AUantois bei seebstägiger Bcbrütnngsdauor nicht deutlich zu er­kennen. Man sieht von der Uauchseito her den Hinterkörper ganz glatt, mit ovaler Kundung endigen, und falls die AUantois nicht ganz fehlt, so inuss sie durch jenes Gebilde, das hinter den beiden TIerzabtheilungen liegt, repräsentirt sein. Bei dieser Deutung wür­den die vom hintern Ende dieses Gebildes nach hinten abgehenden Gefässe ihre Erklärung als verkümmerte Umbilicalgofässe finden, während dieselben ganz unverständlich erscheinen würden, wenn man dies Gebilde für eine pathologisch geformte Iferzabtheilung ansehen wollte. Wichtiger als in den so eben aufgezählten Fällen ist das Fehlen der AUantois bei dem auf Taf. VI. Fig. 8 .abgebildeten Em­bryo, weil derselbe nach 112'/2stündiger Bebrütung noch lebendig, mit pulsirendem Herzen gefunden wurde, obgleich er nur 5 Mm. lang war. Auf dem andern Dotter desselben Eies wurde überdies ein normaler 9,3 Mm. langer, mit Amnion und AUantois versehener Embryo gefunden. Die Abbildung zeigt den Embryo freilich nur von der Eückseite her; es nahm über auch bei der Ansicht von der Bauchseite her die blasenartige Spina bifida den ganzen hin­teren Theil des Körpers ein, und es war von einer AUantois auch nicht die geringste Spur vorhanden. Ob der relative Blutreichthum, der besonders in der Area pellucida bemerkbar ist, zur Nichtent-wickelung der AUantois in Beziehung steht, mag dahingestellt blei­ben. — Ich muss bedauern, dass ich bezüglich des auf Taf, VII. Fig. 5 und 6 abgebildeten Embryo, dem die llnterleibshöhle fehlt, nicht angeben kann, ob derselbe mit einer AUantois versehen war oder nicht.
Eine auffallende Deformität der ersten Anlage der AUantois zeigt der auf Taf. V. Fig. 2 abgebildete Embryo, der ebenfalls nach 7tägi-ger Bebrütung trotz seiner enormen Vcrkrüppelung noch lebendig gefunden wurde. Die durch ihre Lage, durch ihren Blutreichthum und durch das neben ihr Vorhandensein der Anlagen der hintern Ex­tremitäten unverkennbare AUantois ist hier in 2 Abtheilungen ge-theilt. Die Einschnürung in der Mitte, durch welche sie gleichsam in zwei, an der Basis mit einander comrnunicirendc Bläschen getheilt ist, und durch welche sie der ersten Form der AUantois beim Beb-
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Kiinbryo iilinlicli wird, ist walirselioiiilicli durcli die oben besproc.lit'iie tbiilerbaftlaquo; Bildung des Amnions und durcli die selditzttirmige, bin-ten in eine Spitze auslauiende INiabelbildung bedingt.
Auch der auf Tatquot;. VI. Fig. f) und 6 abgebildete, inunnenartig verkrüppelte Einbrvo, der naeli lllstündiger Hebrütung noch beim Oetthen des Kies ein pulsirendes Herz zeigte, lässt am hinteren Kör­perende zwei rundliche Knötelicn erkennen, deren Deutung als Al-lantois jedoeb zweifelhaft ist, da die Anlagen der hinteren Extre­mitäten nicht neben ihnen zu sehen sind.
Bei weiter vorgeschrittener Entwickelung der Allantois lindet man bisweilen, dass sie sieb links, statt normaler Weise rechts, um den Embryo lierumschlügt. In solchen Fällen, die mir nur in Eiern mit doppeltem Dotter vorgekommen sind, lag der Embryo abnor­mer Weise auf der rechten, statt auf der linken raquo;Seite. Dass die­ses abnorme Verhalten Ursache anderweitiger Missbildungen gewor­den wäre, habe ich niebt geseben. Darest's Angaben, dass eine abnorme Lagerung der Allantois JMissbildungen bedingen sollte, schei­nen, wie bereits oben bemerkt wurde, nicht auf wirkliebe Bcobaeb-tungen gestützt zu sein, da gar keine Beziehung zwischen den von ihm in ein Paar Fällen gesehenen Missbildungen (einmal Feh­len der Zeilen des linken Fusses, ein anderes Mal Verkrümmung des Oberkiefers) und der abnormen Lagerung der Allantois nach­gewiesen ist. Eine andere Frage, die icli aber unerörtert lassen muss, da mir keine Beobaclitungen darüber vorliegen, wäre es, ob nicht die so räthselbaftlaquo; Invcrsio visccruin von einer abnormen Lage des Embryo und von einer dadurch bedingten fehlerhaften Lage­rung der Allantois abhängig sein sollte V
Bei llübncben, welche bis kurz vor dem Auskriechen übrigens normal entwickelt, in der Schale gestorben waren, habe icb mebr-mals dicke Gefässstämme der Allantois so über Kopf und Schnabel hinlaufen sehen, dass es mir sehr wabrseheinlich war, dass diese das Hindernisa für das Auskriechen abgegeben hatten, indem sie die zum Durcbbreelien der Hebale nötbigen Kopfbcwcgungen noth-wendig beschränken oder ganz verhindern mussten. —
A priori ist es wohl wabrseheinlich, dass auch die Allantois den Verklebungen und Verwaebsnngen ausgesetzt ist, welcbe bei der
l'uniim, rriliTsiirluiniriMi.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; f)
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pcripliensclu'ii Koiltisohdibo und dom Anmidii so viclt'acli bcobacli-tct wnnlen; Tiositive Beohaclitiingcn liegdtl mir aber dai'Uboi' nicht vor, da ich iiberiiaupt die späteren Stadien der ßntWtokeluug bis-lier nieiit so genau und so oft zu niiüTsueheu (lelegeaiieit gefun­den babe, wie die tViiiicreu.
III. Die dllroh Slürutig der Entwiokelttng entstandenen
Missbildun
ti der Erabryonon.
Eine systematisohe naturhistoriaolie Darlegung der monstrüscn Formen der l'iinhrvoncn, welche in Folge gestörter Eiitwickelnng in Vogeleiern vorkonmien, ist zur Zeit unmöglich, weil so viele verschiedene Coinhinatiorien von Missbildungcn einzelner Tiicile beobachtet wurden, dass die bisher vorliegenden FHlle noch lange nicht ausreichen, um einen vollstiindigon Uciberblick zu ermöglichen. Diese Mannigfaltigkeit ist so gross, dass man kaum zwei Exem­plare lindct, die nicht in der einen oder anderen Beziehung wesent­liche Abweichungeu von einander zeigen. Eine Beschreibung und Erklärung der Missbildungen der einzelnen Tlielle und Organe würde aber nicht genügen, theils weil gewisse Combinationen in der Hauptsache sich wiederholen, theils aber auch weil die Art und Weise, in der die Missbildungen der einzelnen Organe grup-pirt und eombinirt sind, zum Theil gerade den Schlüssel zur Er­klärung der Entstehung dieser Monstruositiiten enthält. Es erschien mir daher unerlässlich, eine Reihe solcher Einzelfälle ausführlich '/,u beschreiben! Hierbei musste ich mich zunächst an die in den Abbildungen wiedergegebeneu, auserwähltcn Exemplare halten, da solche Beschreibungen ohne Abbildungen höchst, undankbar und ziemlich unnütz sind.
Zur Erleichterung der Uebersieht musste ich darauf bedacht sein, die zu beschreibenden Missbildungen in gewisse Abtheilungen zu bringen, bei deren Aufstellung jedoch die herrschende, den etwa bis zur Gehurt vollständig entwickelten Monstris entnommene No-monclatur nicht wohl zu (raquo;runde gelegt werden konnte, wenn man es vermeiden wollte, hypothetische Beziehungen einzuführen. Ich habe
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vorscliiodono Eintlieilinigoii vorsnc.Jit und wieder verworfen, mid ge­stehe gern, dass (Uicli diejenige, bei der ich sclilicsslicli stehen ge­hlieben bin, roebt mangelhaft ist. So lange Indess die Kenntnisu der Missbildungen aus den ersten Entwiekeiungsperiodcn noch so liU-lccnliiift ist, kann sie vielleicht provisorisch gebraucht werden. Zunächst kann man die hierher gehörigen Missbildungen in 2 Ab-tlieilungen bringen, je nachdem sie sich auf die ganze Formation des Embryo beziehen, und sich gleichzeitig auf viele Organe er­strecken (Monstruositatcs totales), oder je nachdem sie mehr auf einzelne Theile mul Organe desselben beschränkt sind (Monstruo­sitatcs partiales). Der schon von vorn herein als wahrscheinlich aufgestellten Vermnthung entsprechend, fanden sieh ersterc beson­ders in den frlihesten Entwickelungsperioden, selten über den.An­fang der zweiten Woche beim Hühnchen hinaus; letztere wurden dahingegen am httuflgston auf weiter vorgeschrittenen Entwicke­ln ngsstufen beobachtet.
Diejenigen Missbildungen, die sich auf die ganze Formation des Embryo beziehen, kann man aber nach der Form wiederum in S Classen einthcilen: 1) Monstmositates totales planae, deren Körper die blattartige, flache Ausbreitung beibehalten hat, welche bei der orsten Anlage vorhanden, normaler Weise im Verlaufe derKntwickc-lung durch den Verschluss der Eeibeshöblc und durch die Nabelbil-dimg verloren geht; 2) Monstmositates totales cylindricac, bei denen fdlerdings die Faltung und das Einrollen der ursprünglich hlattarti-gen Körperanlage erfolgt ist, wo aber doch alle Theile mehr oder weniger von derjenigen JMorm abweichen, welche der jedesmaligen Entwickelungsstufe entspricht; 3) Monstmositates amorpbo'ides, wcl-clie durch krankhafte Veränderung der ursprünglichen Form in eine mehr oder weniger compakte, rundliche Masse verwandelt sind.— Die partiellen Missbildungen würden dann dadurch charakterisirt sein, dass nicht alle, oft nur einzelne Theile, Organe oder Bildun­gen von der Norm abweiclien. Auch bei der Beschreibung der letz­teren werden wir uns in diesem Abschnitte an die einzelnen con-croten Fälle halten, die in den Abbildungen wiedergegeben sind.
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A. M tin strnosi t ;i !(';#9632; tut ales. 1. M oust r uosi l ii I es totales plnilAC,
Die Hadi und blattartig ausgobroiteten Missbilduugeji) die wir
in Vogeleiei'Qj deren Bebl'Utung gestört wurde, ^ctinideii luibon, kann man wiederum in 2 llnteralitheiluiiu;eii bringen, jenaelnlem ilmen retltes ISlnt leldte, oder jenaelidem dnsaelbe vorlmtideu war.
a) Monstrnosilates totales planae auacinicae.
Wie früh MisBbildiingen der Embryonen entstehen können, g-elu aus der Betrachtung der auf Tatquot;. I. Fig. 9, lOmid 1! abgebildeten Embryonen hervor, welche bei etwa ö'^maligei' Vergrösserung dar­gestellt sind. Von Herz, Blut und Get'iissen ist hier Xielits zn sc hen, und die (Jrosse dieser Embryonen übertrifft nur wenig- die­jenige der Anlage des Primitivstreifens. Auch von Rttokenlaquo; und Seitonplatten lassen dieselben fast Nichts erkennen, während die Entwiokelung des Medvillarrohrs nicht nur zustandegokommen, son­dern am Kopfende, zgt; B. in Fig. 9 und 10, selbst zur Andeutung von Hirnabtheilungen vorgeschritten zu sein scheinti Der hintere Tbeil der Körperanlago ist besonders verkümmert. Auf Tafel 1. Fig. 0 und 10 ist derselbe Embryo dargestellt, in Fig, 9 von der Riieken-, in Fig. 10 von der Bauchseite her gesehen. Tn letzterer Figur ist die Keiinsclieibe, auf welcher der kleine Embryo sitzt, so zurückgeschlagen, dass man das freie, schon in 2 seitliche Hälften getheilte Kopfende desselben erkennt. Die betreffenden Eier hat­ten 18 Tage in der Brütmaschine gelegen.
Die raissgebildoten Embryonen auf Tatquot;. III. Fig. 1 — 6 und auf Taf. IJ. Fig. 1—4 sind zwar weiter vorgeschritten, aber auch bei ilmen ist von Herz, IMutgefiissen und rollicm Blute noeb Nichts zu sehen. Der auf Taf. 111. Fig. I—2 dargestellte Finbryo stammt aus einem Eic, das 43 Stunden lang bebrütet war. Das hintere Ende des Körpers war so blass, dass sich hier seine Grenze nicht ganz genau feststellen Hess. Höchstens betrug seine Länge jedoch 2,9 Mm. Die Area pellucida war normal und verbältnissmüssig gross. Mehr als die hintere Hälfte des IVlednllarrohrs war often, und die fraquo; Paar Wirbelplättcbeu, welche allein vorhanden •waren.
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divergii'ten uaoli hinten zu, ebenso wie auch difl sohl' blassen Kückcn-pltitten liier juiseinaiuler wichen. Dl6 (Jhortla dorsalis und die Söi-teiiplat.ten waren kaum sielitbnr. Arn auH'allcjulsleu war abor die Form des Kopfendes des Medullarrolirs, das sieii nicht zu einer Blase erweiterte, sondern in zwei nach vorn umgebogene, blinde Kübren zu endigen schien. Ausserdem waren zu jeder Seite des Vorderkörpers noch zwei scharfe (Jontoureu zu erkennen, die sich bogenförmig umbogen mid Wohl als Ko|dplatten zu deuten sind. Merz und rotlies Biut fehlton, wie gesagt, gänzlich; l'er Umstand, dass dieses Ei ein zweidottriges war (Taf. IX. Fig. 8], dessen ande­rer Dotter die auf Tal'. I. Fig. 7 dargestellte missgebildete Embryo-iialaulage trug, verdient noch angeführt zu werden, da die patbolo-gisebe Beschaffenheit beider Ernbryoneu auf eine gleichzeitige und gemeinschaftliche äusserc Störung hinweist. Der Embryo auf Tatquot;. Hl. Fig. v.5—4 stammt aus einem 42 .Stunden lang bebrliteten Eie. Seine Länge betrug nur 3,3 Mm., während die Area pellueidii 4,5 Mm. lang und 1,8 Mm. breit war. Der dunkle Saum, den sonst die Sei­tenplatten um den hinteren Theil des Körpers bilden, war ganz und gar verwischt, indem die dunklere Sebattirung sich über den hin-leren Tiieil der Area pellucida verbreitete. Die seitlichen Sebeckel der sogenannten vorderen Darmpforte verloren sieb nicht, wie sonst, im inneren, hinteren Theile der Seitenplatten, sondern sie erstreckten sich in einem vorn eotieaven Bogen durch die ganze Area pellucida hindurch nach dem inneren Rande der peripberischen Keiuisciieibc, welche im ganzen Uinl'ange des bellen Hofes mit der Dütteibaut verklebt war. Diese mantolartigc Ausbreitung der liüeken- und Seitenplatten gab dorn Embryo eine. Form, welche an die eines
fliegenden Eichhörnchens erinnerte. Eine durch deutliche Begren­zung bezeichnete Anlage eines Blutbofes fehlte, ebenso wie Herz und rotlies Blutlaquo; Das Mcdullarrohr war ganz hinten an der Spitze offen, nicht zu einem Rohre geschlossen. Aulfallend, und ganz von lt;ler vorhergehenden Missbildung abweiebend, war die spitze Form, die der Xopt durch die unverbältnissniässig breite Basis der Anlage der Augenblascn erhalten hatte. Die Chorda dorsalis war nebst 7 WirbelpläUchenpaareu kenntlich; die wellenförmige Krümmung der in Fig. ö sichtbaren Chorda weist aber darauf hin, dass das Liiu-
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gtmwaclistliimi des ganzen Embryu, walirsclieiiilieli dnreli jene; Adliii-siou des Uinfaiiges der Area pellnoidd init der Dotterhaut, meeliauiseh beeintriiehtigt worden ist. — Der auf Tat'. 111. Fig. 6 — 6 abgebildete Embryo war Giquot;) Stunden lang der Urütwärmc ausgesetzt, und seine Länge betrug nur 3,8 Mm. Die bisquitfonnige Area pellucida war 5,5 Min. lang und an der scbmiilsten Stelle nur 1,1 Mm. breit. Die Anlage des Bluthol'es war voiliandon, aber ohne rotlies Elut, und von so geringer Ausdehnung, class sie nur einen sclnnalen ovalen King um die Area pellucida bildete. Die Dotterbaut war mit dieser klei­nen Anlage des IMutliotcs fest verklebt. Durch stärkeres Zerren ge­lang es allerdings die Dotterhaut von der Kchnscheibo loszutrennen, sie zeigte dann aber in der Mitte eine kleine Scheibe, die nur aus der Dotterhaut gebildet war, und um diese berum einen opaken Wall, der aus abgerissenen Zellen der Keimscheibe bestand. Diese Bil­dung ist schon oben bei Gelegenheit der abortiven Doppelsehild-bildung besprochen worden. — Wie im vorigen Falle war die Chorda, zugleich aber das Medullarrobr geschlängelt, oilcnbar wie­derum in Folge des durch die Adhäsion des Bluthot'es mit der Dot­terhaut gesetzten Hindernisses t'iir das Längcnwaehsthuin. Ausser-dem zeigte unser Embryo noch mehrere andere Abnonnitiiten. Das Medullarrobr lief nach hinten ganz spitz zu, und sehien in der Mitte des Rückens zu endigen, während die Chorda und die Wir-belplättehen sich bedeutend weiter nach hinten erstreckten. *) In der Nähe ihres hinteren Endes zeigte die Chorda eine Anschwel­lung, und die Stellung der Wirbelplättchen wich durch ihre dach­ziegelartige Lagerung von der Norm ab. Seitenplatten waren am llintcrkörper kaum zu erkennen, und auch die Rüekenplatten wa­ren um das Schwänzende herum ganz ungewöhnlich schmal und blass. Obgleich der Vorderkörper verhältnissmässig weiter in der Entwickelung vorgeschritten war, als der llinterkörper, so war doch offenbar auch seine Entwickelung zurückgeblieben und abnorm ge­worden. Es fehlten namentlich die Einschnürungen für die Bil­dung des Zwischen- und Hinterhirns, während die Vorderhirnblase nicht nur eine durchgehende Tlieiluiig in zwei seitliche Hälften,
*) Die Figur giolit diesu VerbUltnissO leider nlt'lll treu wiudoi'i wie in der Er Ulilrunj? zu den Tafeln nllhei' angegeben isl.
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isurukim iiiicli eine scliart'c ruutlo Jiegran/.nug dieser seitlii.lion Hüll­ten iiiich liinton zeigte. Von der Kiickenscite hev waren keine Au-genbhiBcn sichtbar, von der Baueluicito erkannte man jedoch eine Andeutung der Anlage der Augen. Auch diese Älissbildung war in einem Eie mit doppeltem Dottor entwickelt, und der andere Dot ter trug eine abortive Doppelschildbildung als einnige Spur der ICntwickelung.
Auf Tat'. 11. Fig. I und 2 ist ein Embryo dargestellt, der nach 42stüudiger kilnstlieher ]gt;ebrütiing in einem Hübuereie mit eintachem Dotter gei'unden wurde. Von rütheni Blut war ebensowenig eine 8jHir zu erkennen, wie von der Anlage eines Herzens. Von der luiekenseite her sah mau (in Fig. 1) besonders deutlich, dass das Medullarrohr am Kopfe, sowie in der Brust- und Lendengegend offen geblieben war, und sich nur stellenweise zum Rohre geschlos­sen hatte. Jn der Brustgegend, wo der Mangel des Verschlusses am auifiilligsten und am ausgedehntesten war, fehlten die (Jontou-ren des Medullarrohrs giinzlich. und die Masse der Markphitte war mit derjenigen der Bücken- und Seitenplatten verschmolzen. Letz­tere waren aber überhaupt nur sehr schwach angedeutet, indem sie mir als diffuse, bei durchfallendem Lichte etwas dunklere, in der Area pellucida verseliwoinmene Masse erkannt werden konn­ten. Von der Chorda dorsalis und den Wirbelplättchen war nichts zu erkennen, dagegen erkannte man eine Andeutung der Kopf­kappe, in den seitlich nach hinten zu divergirenden Kalten neben dem Kopfe. Am Kopfe waren zwei seitliche Ausstülpungen als Andeutungen der Augenblasen, und ein Einschnitt in der Mitte des vorderen ISndos bemerkbar. Die vordere Darmpforte war, wie Fig. 2 zeigt, gebildet, lag aber sehr weit nach vorn. Die Area pellucida war am hinteren Körperende sehr schmal, die Anlage des Bluthofes, ohne Ciefässanlagen und ohne rothes Blut, war langlieh rund, 9 Mm. lang und 0 Mm. breit. Die Länge des Embryo betrug 4,1 Mm. Ein anderes gleichzeitig derselben Brütwärme ausgesetzt gewese­nes Ei enthielt einen 0 Mm. langen nonnalen Embryo mit 18 l'aar Wirbelplättchen in einer lü Mm. langen und 9 Mm. breiten, rothes Blut führenden Area vasculosa.
Der auf Taf. 11. Fig. 8 und 4 abgebildete Embryo ist noch von
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gi'össei'L'in Interesse, weil ei- neben dem JMsuigel des Horzuns und des rothen Blutes eine partiell, wenn aueli pathologiscli, weiter vor-g-cschrittono Entwiekelung zeigte. Er rührte von einem 6 Tage lang- von einer Henne bebrüteten Kio her, das im Sommer von der 36sten bis zur 44sten Stunde der 15cbriitunlt;r von der lieiinc ver-lassen worden war. Fiyur 8 zeifft denselben von der Banehseite, Figur 4 von der liüekenseite her. Man sieht, dass das Medulbir-rohr nur am vorderen Ende vollständig, am hinteren Ende unvoll­ständig geschlossen, in der jUitte aber ganz verstrichen und mit den lU'ieken - und tSeitenplatten versclnnolzen war, welche sich auch ihrerseits ohne bestimmte Begrenzung bis zum imiercn liande der Anlage des Bluthofes hin erstreckten, so dass eine eigentliche Area pellucida nicht vorhanden war. Das Schwänzende war nicht sciiart' begrenzt, die Schwanzkappe jedoch angedeutet. Das vordere ge­
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schlossene Ende des Mcdullarrohres war, von der offenen Mitte her
gerechnet, durch drei Einschnürungen in vier Abtbeilungen getbcilt, von denen die beiden vorderen in zwei seitliche Hälften zerfielen. Hinter diesen beiden vorderen Abtheilungen hatte es das Aussehen, als kreuzten sich die 8 ei ten half ton des Uückcnniarks von rechts nach links. Die nächstvordere Abtbeilung schien 2 nebeneinander liegende röhrent'önnige Gebilde darzustellen, welche an der Ein-scbnlüung, die sie von der vorderen trennte, durch eine Oommissur verbunden zu sein schienen. Die vordere Abthcilimg zeigte an je-der ihrer, vorn unter einem etwas spitzen Winkel zusanimenstossen-den Hälften einen Wulst, der von hinten und der Mitte nach vorn und aussei! verlief. Diese Weise, wie sich die beiden vorderen Ab­theilungen darstellen, würde sich durch die Annahme erklären, dass die äusseren Ränder des vorn ausgebreiteten Mcdnllarblattes sich conchenartig eingerollt hätten, anstatt einander in der Mitte zu be­gegnen und sich zunächst mit einander und dann auch mit den vor­deren Uändern zur Bildung der Hirnblase zu vereinigen. Es ist diese Form sehr mit derjenigen übereinstimmend, welche vorhin (pag. (lü) besprochen wurde, und weiche auf Tat', ill. Fig. 1 u.2 abgebildet ist. Am Kopfende der Fig. 4 erkennt man noch die Andeutung der Xopf-kappc, in Fig. 3 ist dieselbe noch viel deutlicher. In dieser Figur ist überdies das Aussehen des Kopfes von dcinjcnigcii in Fig. -I
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seliv vciscliicdon, indem das Hirn hier deutlich geschlossen ist, wo­bei zugleich durch Falten und Ausbuchtungen inclirerc Abtiieilun-gen gebildet sind, unter denen zwei grosso seitliche, in Fig. 4, wegen weniger tiefer Einstellung des Mikroskops, nicht sichtbare Ausbueli-tungen wohl als Augcnblascn gedeutet worden müssen. Eine Falte der Beitenplatten, welche hinter der Köpfkappe einen schmäleren Bogen bildet, würde man als vordere Darmptorte deuten, wenn nicht die weiter nach hinten gelegenen (Jehiklc diese Deutung et­was zweifelhaft machten. Hier sieht man niindich vor der Stelle, wo das Medullarrohr sich an der iiückonseite plötzlich öffnet und ausbreitet, an der Bauchseite faltige Erhabenheiten, welche lebhaft an Visceralbögcn erinnern, wahrscheinlich jedocli nur Falten des McdulhuTohrs sind, welche den seitlich bemerkbaren Einbuchtun­gen derselben entsprechen. Ferner sieht man an der Bauchseite, den vorhin besprochenen zwei hinteren Abtheilnngen des geschlos­senen vorderen Theiles des IlUckenniarks entsprechend, Contouren, welche man bei dem ersten Blicke vielleicht als Andeutung des Her­zens aufi'assen könnte. Wenn aber jener Bogen wirklich als Eingang zur vorderen Danupforte zu betrachten ist, und wenn jene faltigen Erhabenheiten nur Falten der Mcdullarplatte sind, so kann eine solche Deutung nicht in Betracht kommen, und es würde dann also das Herz ganz fehlen, ebenso wie bei dem vorhin besprochenen Embryo (Tftfn II. Fig. 1 und 2). Von rothem Blute fand sich auch in diesem Italic keine Spur, und die Anlage des Bluthofes entsprach bezüglich ihrer Farbe, Grosse und Form der bei jenein beschriebenen. In Fig.3 erkennt man noch an der ytelle, wo das Medullarrohr ganz verstrichen und mit der Masse der Kücken- und Seitenplatten verschmolzen war, eine von der llüekenseitc her nicht sichtbare Contour, welche wohl als eine Andeutung der normalen Einrollung der Seitonplatteu zur Bildung der kahnförmigen Leibeshohlc zu deuten ist. Auch erkennt man innerhalb dieser scharfen Contouren jederseits eine Massen-anhäufnng, welche den Urnieren entsprechen könnte. Von Wirbcl-plättchen und Chorda dorsalis war Nichts zu sehen. Ein anderes gleichzeitig bebrütetes Ei enthielt einen normalen Embryo, welcher in gestreckter Stellung 13 Mm. lang war, während die ganze Länge dieses inissgebildeten Embryo nur 4,85 Mm. betrug,
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Wemraquo; wir mm versuclion, eiiiou Llcbtu-blick über die bei die­sen thicheu, blutlosen Kinbryoneii beobachteten Bildimgsl'eliler vai gewinnen, so füllt fast bei Allen 1) ihre geringe d rosse iiul'. Um aber zu bciirtlieilen, ob Dieses wirklich als ein liildungsi'elilcr au betrachten ist, darf man ihre Grosse allerdings nicht einfach mit derjenigen vergleichen, welche sie der Bebrütungsdauer zufolge ha­ben sollten, indem sie Ja abgestorben sein könnten, bevor das Ei geört'net wurde. Dieses ist #9632;/.. B. ganz gewiss mit den Embryonen auf Taf. I, Eig. 9, 10, 11 dor Eull gewesen, welche 13 Tage lang in der Brütmaschine gelegen hatten. Ebenso iindet man nach einer plötz­lichen ünterbreuhung der später wiederum regelrecht fortgesetzten Bebrütung oft nach mehreren Tagen Embryonen, deren Entwicke-hing derjenigen Zeit entspricht, um welche die Bebrütung vor-ilbergehend gestört wurde, und alsdann ist anzunehmen, dass sie durch die Störung abgestorben sind, und dass sie während der spä­teren Bebrütung schon todt waren.
In anderen Fällen findet man aber Formen der embryonalen Urganc und Gebilde vor, welche oilenbar einer Entwickelungs-periode angehören, die unter normalen Verhältnissen eine bedeu­tendere Grosse voraussetzen würden. Wenn man nämlich von der wohl ziemlich unbedenklichen Voraussetzung ausgeht, dass kein Or­gan vor Ablauf der unter normalen Verhältnissen dazu nöthigen Zeit eine Form annehmen kann, die einer gewissen Entwickelungs-stufo entspricht, so kann man, durch Berücksichtigung derjenigen Gebilde, welche auf die am weitesten vorgeschrittene Entwickehmg hinweisen, annäherungsweise das Minimum des wirklich erreichten Alters bestimmen und damit die gefundene Grosse des Embryo ver­gleichen. Der auf Taf. I, Fig. 11 dargestellte Embryo zeigt nun am Kopfe bereits Andeutung einer Theihmg der Ilirnblasc in meh­rere Abthcihmgen, während seine Länge nur etwa der der Anlage des Primitivstreifens entspricht. Er ist also offenbar zu klein. Der auf Taf. 111. Fig. 3 — 4 abgebildete Embryo ist nur 3,3 Min. lang, während er, der Zahl seiner Wirbelplättehen, der Anlage und tStcl-lung der vorderen Darmpforte und der Breite des freilich noch blut­leeren Bluthofes zufolge, wenigstens etwa b Mm. gross sein sollte. Der Embryo auf Tal'. 111. Fig. T) — 0 ist nur 3,8 Mm. lang, wäh
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road or, der Ziilil dor Wirbclpliittclun), der Anlage und Stellang dor vorderen Uiinnpt'orte, der Breite der Bluthofaulagc uiul der Theihmg des Vorderliirns in 2 soitlidio Hälften zufolge, etwa 6 Mm. inesson sollte. — Auch der auf Taf. li. Fig..'5 — 4 dargestellte Embryo Hesse, bei der frcilieh sehr abnormen, aber doch weit vorgesehrittenen Abtheilung des Hirns, sowie bei dem Vorhandensein der Anlage der Kopf- und öchwanzkappe, eine beträchtlichere (irösse erwarten. — Der auf Taf. III. Fig. I—2 abgebildete Embryo ist nur 2,0 Mm. lang, während er, der Zahl der Wirbel zufolge, etwa 4 Mm. lang sein sollte. Bei dem Kmbryo, der auf Taf. II. Fig. 1—2 abgebildet ist, könnte es vielleicht zweifelhaft sein, ob er wesentlich kleiner geblieben ist, als er es seiner wahren Entwickelungsdauer zufolge sein sollte, obgleich die Bcseliaffenheit der vorderen Darmpfortc und die Form des Hirns wohl eine etwas beträchtlichere Grosse, als die beobachtete (4,1 Mm.) erwarten Hessen. —#9632; Bei Taf. III. Fig. i3 — 4 u. 5—6 könnte die Ver-klcbung der Dotterhaut mit der Anlage des Bluthofes als Ursache der ZU geringen Länge des Embryo betrachtet werden, da dieselbe dem Längenwachsthuine hinderlich sein inusste, und die Schlängelung der Chorda und des Rückenmarks weis't darauf hin, dass Dieses wirklich der Fall gewesen ist. Bei den übrigen zu kleinen Embryonen fohlte aber diese Ursache, und die von ihr wahrscheinlich abhängigen Ver­krümmungen waren ebenfalls nicht vorhanden; es musste daher ihr Wachsthum direkt, durch eine Veränderung der dieselben constitui-renden Cellcn, beeinträchtigt sein. — Die Abweichungen der in llcde stehenden Embryonen von der Norm geben sich ferner 2) durch eine l Ingleich in ässigkeit der Ent wickclung zu erkennen, indem Ge­bilde fehlen, welche beim Auftreten anderer Gebilde normaler Weise vorhanden sind. So fehlt die Anlage der Wirbclplättchen bei Taf. I. Fig. 9—11, obgleich sie, der Entwickelung des Kopfendes zufolge, zu erwarten waren; dieselbe fehlt bei Taf. II. Fig. 1 — 2, obgleich die Grosse des Embryo, die Beschaffenheit der Anlage des Bluthofes und die Bildung der Darmpforte sie normaler Weise vor­aussetzen würden, und bei Taf. II. Fig. 3 —4, obgleich sowohl die Grosse des Embryo, als auch die Anlage des Bluthofos, die Anlage der Kopf- und Schwauzkappe, sowie die freilich abnorme Eutwickc-luug des Kopfendes ihr Vorhandensein mit Kocht erwarten liessen.
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l)iis Fshlou der Wirbel ist in dieson Füllen gewiss dadurch vm el-klären, dass sie von vorn herein nielit gebildet wurden; denu bei dor Kürze der Bebrätun^sdiuier (t'ür Tatquot;. U. Fig. 1—2 nur 42 Stun­den) ist es höchst miwidirselieinlich, dass eine Wiederauflösung der eimnal bereits gebildeten Wirbel stattgefunden haben sollte, um so mehr, als die Wirbelanhigen doeh wahrseheinlieh zu den relativ festesten und widerstandsfähigsten Ktnbryonaltheilen gehören. Wie die Wirbel in niauehen dieser hülle, so fehlte auch die Chorda dorsalis, deren Bildung bekanntlieh derjenigen der Wirbel vor­ausgeht; ihre innige Beziehung zu den Wirbelplütteiien und zur Bildung der Wirbelsäule -würde ihr gleichzeitiges Fehlen erklären, wenn dieses davon abhinge, dass eine Krnührungsstürung der Schicht, worin sich beide hätten bilden sollen, ihre Kntwiekelung verhindert hätte. Das Herz fehlte ferner in allen diesen F'üilen, obgleich man wenigstens die Anlage desselben bei Taf. 11. Fig. 1 — 4 und Tat', ill. Fig. 1—(5 hätte erwarten sollen. Die vordere Dann-pforte endlich, welche hei Taf. 111. Fig-3 — 4 und ö-—(3 im Ver-hältniss zur Länge des Körpers aufiallehd weit nach hinten gerückt erscheint, ist dahingegen bei Taf. II. Fig. 3 — 4 offenbar nicht so weit vorgeschritten, wie es die Gegenwart einer Kopflaquo; und selbst einer Schwanzkappe, so wie die merkwürdige Fintwickelung dos Hirns bei diesem Embryo erwarten liessen. Uebordies machten sich aber, neben solchen partiellen Hemmungen der Bildimg und Eilt-wickelung auch noch o) positive Abnormitäten bemerkbar, die keiner normalen Fntwic.kelungsstufc angehören, liieher gehören a) die verschiedenen Bildungen des Kopfes und des Hirns. Bei Taf. Hl. Fig. 1 — 2 scheint die auffallende Kopfform davon ab­zuhängen, dass sieh die vorderen Ränder des Medullarblattes, da wo sie sich zur Bildung der primären Hirnblase hätten vereinigen sol­len, zu weit, über die Mittellinie hinaus eingerollt haben, so dass da­durch zwei, nach vorn umgebogene und dabei divergirende, blind en­digende Röhren, anstatt der Ilirnblase entstanden sind. Dieser ganz ähnliche Bildungen hat übrigens Krdl, Fntwickelungsgcschichte des Hühnchens im Ei (Taf. I.V. Fig. 8, Taf. V. Fig. 6, Taft VI. Fig. 4 u. 7), aber offenbar mit Unrecht als normale Entwiekelungsstufen aufgefasst und abgebildet. Das Kopfende des auf Taf. II. Fig. 3—\ dargestellten
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Kmbrvo ghuibc ich dorHftVlptsAohQ nuoh nln eine weitere Entwickclung iler vorlicrgelieiiden Missbildung(Tftflt;I] I. Kip. 1—2) auffassen ZU müs­sen. Eine dieaer tthnllohe Missbilduog sciieiiit Valentin vor Augen
gehabt ZU habenraquo; ftls er an der oben angefahrten Stelle von einer (iureligi-oit'enden Tiieiiiing deraquo; llirns bei einem jungen IlUhnerembrvo Sprach, Ein mcchaniselies Moment, das diese Missbildimg hervor-gebraclit iiaben könnte, selieint nicht voi'Kidiegen. Andere ebenfalls mehr oder weniger abnorme Bildungen des Hirns zeigen die Em-bryonen auf Taft 111. Fig. o —4, ;quot;)—() und Taf. II. Fig. 1 — 2. — Am Rücken bemerkt man bei den in Rede stehenden Einbryonen ebenfalls sehr beaebtenswerthe Abnormitäten. Bei Taf.III. Fig. 1—-ist das Modullarrohr nicht nur unten an der Uliekenseite offen, wie bei Taf. III. Fig. igt;—4, was als Ilemmungsbildung gedeutet werden könnte, sondern es ist auch ganz am Ende als breite Platte aus­gebreitet, wiibrend die beiden Reihen der Wirbelplättchen nach hin­ten abnormer Weise divergirend auseinander weichen. Bei Taf. III. Fig. 6 — 0 endigt das Rückenmark dahingegen mit einer geschlos­senen Spitze etwa in der Mitte des Rückens; die hinter dieser Stelle liegenden Wirbelplättchen hatten dabei, vielleicht eben in Folge des Ausfalls des unteren Endes des Rückenmarks, eine seliriige, daohziegelartige Stellung bekommen. Auch die Anschwellung der Chorda oberhalb ihres Endes ist als eine Abnormität dieses Embryo hervorzuheben. Nicht weniger ist das bei Taft II. Fig. 1 — 2 be­obachtete Verhalten des Mednllarrohrs als absolut abnorm zu be­trachten, indem es am Bücken stellenweise zum Rohre vereinigt, stellenweise offen, in der Mitte aber ganz und gar verstrichen und verwischt ist, so class die Substanz desselben mit der der llücken-und Seitenplatten ZU confluiren scheint. Dieses ist in noch höhe­rein Maasse bei dem Embrvo der Fall, der auf Taf. II. Fig. 3 — 4 ab­gebildet ist. Die Seitenplatten, welche bei Taf. III. Fig. 1—2 u. 5—6 so blass sind, dass sie fast zu fehlen scheinen, dehnen sich bei Taft HL Fig. 3—4 und bei Taf. II. Fig. 1—2u. ü—4 abnormer Weise ganz bis zum inneren Rande der Anlage des Bluthofes ans, deren in­nere Bänder hier zugleich einander genähert sind, so dass die Area jH'lhicida, die sonst den Embryo zunächst umgiebt, gleichsam fehlt. Sowohl die Beschränkung des normalen Wnchsthums, als die
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irnp;Ieio.lilioit (1(M' ßntwiokeUiiig und dlo abBoluton Abnormittlton dev
verficliiodonen Cobildo diöBei' l'lmbrvoiion lassen siclraquo; g'ewiss nnr (lurch KrniilinmgssUiningeu dor betreflPenden Gewebe deuten. In einigen Füllen war es wohl iravMikonubafj (lass die gleichzeitig vor­handenen Abnormitäten der Anlage des Bluthofes, namentlich seine Vcrldclningen mit der Dottcrhaut, auf niecbanischc Weise dasWachs-thiim beeinträchtigt und Verkrüniimuigen dos Embryonal-Körpers veranlasst hatten; in anderen und zwar den meisten Fällen waren aber offenbar die Gewebe dos Embryo direkt afficirt. Die Ernäh-rungsstörnngen gaben sich freilich fast überall dadurch zu erken­nen, dass das Wachstlunn boeintriiehtigt war; diese Beeinträchti­gung traf aber nicht alle Theile gleichrnässig, und eben hierdurch mussten abnorme Formen entstehen. Zugleich aber erkennt man mehrfach die Ernährungsstörung am Ausbleiben der normalen Dif-feronzirung der Gewebe, z. B. bei dem Fehlen der Wirbelbildung. Verklebungen wurden in diesen Fällen nur an der Anlage des Blut-hofes deutlich wahrgenommen, wobei der Umstand, dass dieselbe noch kein rothes Blut führte, und dass der Kreislauf fehlte, in be-merkenswerther Weise die Unabhängigkeit dieser Verklehuugen vom rothen Blute und von Kreislaufsstörnngcn beweist.
b) Monstniositatcs totales planne cum sanguine rubro.
In dieser Abtheilung treten fast alle die in der vorhergehen­den schon besprochenen Missbildungen noch weit entschiedener her­vor, und ganz neue Monstrnositäten gesellen sich ihnen bei. Unter den hierher gehörigen Embryonen, die ich beobachtet habe, mögen die folgenden, in den Abbildungen dargestellten Fälle hier speciell besprochen werden:
Der auf Taf.II. Fig. 6 abgebildete Embryo stammt aus einem 4 Tage lang künstlich bebrüteten, und zwischen der i?Gstcn und 44sten Stunde der Bcbrütmiü; stark abffekühlten Hülmereie. Der nur 3/4 Mm. breite und 6,8 Mm. lange Bluthof enthielt trotz seiner geringen Grosso rothes Blut; seiner unteren Fläche haftete aber der gelbe Dotter fest an. Die zahlreichen Wirbelplättchen waren von vorn nach hinten in höchst auffallender Weise zusammenge­drängt, und hatten sich in querer Hichtung ausgebreitet. Bei der
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llntorsndimig; miter olnem üeckgliisclicn wnv kern Jiiorkliclior Jln-
tei'soliled zwlachen der Baitoh' uötl der Rtlokensdite ku bemerken.
l)i(3 Ilirnhliisc war in zwei soitlloho Hälften getheilt - • Der auf
'Tat'. II. Fig. 6 abgebildete Embryo stainuit aus einem anderen, mit
dem vorigen gleichzeitig' hebrüteten gcwöhiiliclieu Hüluiereie. Der ganze Dureliniesser des rotlies Blut führenden Blutliot'es betrug nur 4,;') Mm. Die Seitenplattcn setzten sieh bis zum iinicren Rande des Bluthot'es tort, so dass die Area pellueida hier t'eldte. Der Köpf war frei und zeigte nieht nur Ausstülpungen der Hirnblasc für die Augenblasen, sondern auoh iiussore Anlagen der Augen, Die Wir­belsäule war gekrümmt und sehr verkürzt; die Wirbelplättehen wa­ren in ziemlich grosser Zahl vorhanden, aber dicht aneinander ge­drängt; die Chorda war zu erkennen. Die vordere Darmpforte war stark üaoh hinten gerückt und sehr weit, indem sie sich zwischen den inneren lländern des Bluthofes ausbreitete, wie es der Ver­schmelzung der Seitenplatten mit dem Bluthofe entsprach. Die Körperhöhle des Embryo war somit unverhältnissmässig gross, kahn-oder richtiger sehuhtormig, indem der Eingang derselben hinten und an den Seiten vom inneren Rande des Rlutliofes, vorn von der der Darmpforte entsprechenden Falte gebildet war.
Der auf Taf. 111. Fig. 7, 8, 9 dargestellte Embryo fand sieh in einem GG Stunden lang künstlich bebrüteten Hühnercie. Fig. 9 stellt den Embryo von einem Theil der peripherisehen Keimsclieibe umge­ben dar. Die Area pellucida und die Area vasculosa waren verzerrt und hatten einen schiefen birnförmigen Umkreis. Das Netz rother Blutgcfässe zeigte sieli bei der mikroskopischen Untersuehung in demselben vollkommen entwickelt, alle Blutgefässe in der Area vas­culosa waren aber fast gleich weit, etwa wie in Fig. 1 der Taf. TV. Bis zum Embryo hin konnte kein Blutgefäss durch die Area pel­lucida hindurch verfolgt werden. Der Sinus terminalis war nur sehr sehwach entwickelt und stellenweise ganz verstrichen. Die Dotteriiaut war auch in diesem Falle mit dem zunlicbst Um den Bluthof herum gelegenen Theil der Keimsclieibe fest verklebt. Der Embryo war wie ein Flitzbogen gekrümmt, am meisten am hin­teren Fnde des Körpers. So lange die Dotteriiaut mit dem ent­sprechenden Tbeile der Keimsclieibe verbunden war, blieb die Ver-
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zernuig- des BliitliotCÄ niul der Area pellucida, sowie die Krtlinnuing des Embryo ganz mivoriiiidert, in welcher Rielitnnp,- man aucli das Präparat auf der (Ilasplatte henimzeiTen mochte. Naeli vorsiehti-ger Ablösung der Dotterhaut, welclie nicht ohne Schwierigkeit ge­lang, konnte der Umkreis des IMiithofos wohl durch das Verschie­ben auf der Glasplatte etwas verändert werden, ohne class jedoch die abnorme Krümimuig des J'hnhryo aufgehoben oder selbst ver­mindert werden konnte. Im Verhältniss zur übrigen Entwickelung war ferner die geringe Grosse des Embryo auffallend. Vom Sehei­tel bis zum Ende des Mcdullarrohrs niaass der in Eig. 7 vergrös-sert dargestellte Embryo, die Krümmung mitberechnet, mir 3,765 Mmv vom Scheitel bis zum ünsaersten sichtbaren Ende des Saumes, den die, Seitenplatten um das Schwänzende bildeten, 4,17 j\lin. Von der Bauchseite her betrachtet (Fig. 8) zeigte sieh in der Herzge­gend eine eigenthümliche Bildung, welche ich am meisten geneigt bin, als eine Abnormität der Bildung des Herzens und des Herz­beutels zu deuten, welche aber an eine Figur erinnert, die Erdl in genanntem Werke Taf. VIII. Eig. 4 abgebildet hat. In dieser he-zeichuet Erdl dieses Gebilde als Aninioubildung, die dann aber doch gar sehr von der Norm abweichen würde. Das Ei enthielt übri­gens zwei Dotter; auf dem anderen Dotter war aber kein Embryo entwickelt.
An diesen Fall reibt sich der auf Taf. III. Eig. 12 abgebil­dete Embryo, der schon oben pag. 49 n. folg. besprochen wurde, an. Seine geringe Länge (6,045 Mm.) bei Gegenwart von reich­lich 80 sehr kurzen und breiten Wirbelplättchenpaaren, die fläcben-artige Ausbreitung des ganzen Körpers, wodurch die Bildung der Höhlen des Körpers zugleich mit der Bildung des Amnions ver­hindert worden war, die MisshiIdung des Hirns, die Dislocation des Herzens und die zu diesen Missbildungen in unzweifelhafter Bezie­hung stehenden Verklobungen des Blutbofes mit der Dotterhaut
einerseits, und die Verklebungen der Blätter unter einander und mit dem Dotter andererseits, geben diesem Embryo, der in einem Eie mit 2 Dottern gefunden wurde, das 8 Tage lang der Brütwiirme ausgesetzt worden war, ein hohes Interesse.
Wie bezüglich des Verhaltens der Amnionbiidung, so schliesst
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sich, jindi riicksiditlidi dor Kntwickelmig des KiubrvoiKilkörpers, d(^r auf Tuf. I\r. Fig, 1 und 2 abgebildete Embryo in inelirfuelier Be­ziehung an den rorhergehendoti Fall an. Ahgcselien von den sohon oben (Pag. 51 U. 63) bcsproclieucn, auf die Aninion- und Allantois-bildiing dieses Embryo bezügliclien, Verhältnissen, miissen wir hier noch folgende Kigenthümlichkeiten desselben anfilliron. Die dunkle Farbe des Blutes, das in einem 14—15 Mm. im Dnrclirnesser halten­den Bluthofe gesehen wurde, als das Ei unter Wasser geöffnet war, wies darauf hin, dass der Embryo abgestorben sein nnisstc. Anstatt des normalen feinen Gefassnetzcs, sah man das Blut im Blutbofc unregelmässig vertheilt, so dass derselbe fleckig oder sehollig ge­färbt erschien. Das Blut war besonders im hinteren Theiie und am Rande der Area vaseulosa angesammelt, während die dem bel­len Hofe anliegenden Partien meist farblos waren. Die Area pel-lucida war am Kopfende etwas schief nach der einen Seite hin verzerrt, am Schwanzende aber überall so schmal, dass sie nur einen ganz engen Saum zwischen den Seitenplatten des Embryo und dem Bluthofe bildete. Ganz besonders auffallend war bei die­sem Embryo das Vorhandensein zweier hufeisenförmig gekrümmter, mit Blut gefüllter Herzen, von denen eins an jeder Seite des Ilals-theiles des Embryo lag. Die Lage und Form dieser mit rothem Blute gefüllten Organe, die vollkommene Reinheit und Schärfe ih­rer Contouren, die Falten, die an ihrer Oberfläche wahrgenommen wurden, der vollkommene Mangel an Blutextravasat, und endlich der sowohl am venösen, als am arteriellen Ende beider erkennbare Ursprung der grossen Gefässe, waren Beweise für die llichtigkcit unserer Deutung dieser Organe als Herzen, obgleich sie, als sie zur Untersuchung kamen, aufgehört hatten zu pulsiren. Das an der rechten (vorderen) Seite des Embryo liegende Herz war etwas grosser und zeigte eine stärkere Windung, als das an der linken (hinteren) Seite liegende. Der von dem rechts (vorn) gelegenen Herzen aufsteigende grosse Gefässstamm war bis zum Kopfe hin mit rothem Blute geftUlt; er verlief, soweit er verfolgt werden konnte, ganz am seitlichen Rande. Die Blutleere der übrigen Ge­fässe im Körper des Embryo machte es leider unmöglich den Ver­lauf der Arterien und Venen genauer und weiter zu verfolgen. I'oiium, Unieranclinngciiinbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 0
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Dor Embryo war übrigens gaiiü t'infacli, olinc Vcrfloppclung
irgend eines anderen Organs, zeigte aber aussertlom noch andere sehr auflallende Missbildungcn. Znniiehst fällt die ganze Körperfonn auf. Der in der That 12,147 Mm. lange Embryo scheint, seiner starken Kriinmnmg halber, viel kürzer zu sein. Diese Krümmung hat aber eine der gewöhnlichen entgegengesetzte llichtung, nach hinten, an-statt nach vorn. Nur der Hals- und Brusttheil sind in dieser Weise gebogen; diese Thcilo sind aber zugleich so um die Längsachse des Körpers gedreht worden, dass die Stirn nach rechts und der Nacken nach links gewandt ist. Der hintere Theil des Körpers, der offenbar weniger in der Entwickelung vorgeschritten ist, als der vordere, hat dahingegen seine ursprüngliche Lage, mit der Kückcnscite nach oben, der liauchscito nach unten, vollständig be­wahrt, und zeigt zugleich einen vollkommen geraden Verlauf ohne Spur einer Schwanzkriimnunig. Berücksichtigt man demnächst die einzelnen Organe und Theilc des Embryo, so bemerkt man noch
folgende Abweichungen:
Die Länge des Kopfes, von der vorderen Gränzc der Vorder-hirnhlasc bis zur hinteren Gränzc der Vicrhügelhlaae, beträgt nur 1,560 Mm., und ist jedenfalls bedeutend geringer, als sie es unter normalen Verhältnissen, bei gleicher Kürperlänge sein würde. Zwi­schen der Vorderhirn- und der Vicrhügelblasc hat sich ein Zwischen hirn entwickelt, das aber von vorn nach hinten sehr kurz ist. Die Augen sind länglich rund, scharf begrenzt, bei durchfallendem Lichte dunkel; in ihrer Umgebung ist aber Nichts von den sonst um diese Zeit so deutlichen Faltungen und Einstülpungen des Hautblattes zu erkennen, welche zur Conformation des äusseren Sehorgans so we-sentlich beitragen. — Das verlängerte Mark und der vordere Thcd des Eückenmarks, bis zum Eingange der weit nach hinten gerück­ten vorderen Darmpforte und noch etwas darüber hinaus, bildet eine der oben besehriebenen Körpcrfonn entsprechende, stark para­bolische Krümmung, deren Concavität nach hinten (oder nach links) gewandt ist. Der hintere Thcil des Rückenmarks hat hingegen einen ganz geraden Verlauf. Die Chorda kann nach vorn bis zum verlängerten Mark hin verfolgt werden, ihr hinteres Ende zeigt eine breite Anschwellung. Die Zahl der Wirbclplättclien beträgt etwa
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80 Paare. An der stark gekrümmten Stelle des Medullarrohrs in der Mals- und Brustgcgond sind sie au der eoneaveu Seite der Krümmung bedeutend kürzer (von vorn nach hinten) und breiter (nach der Dimension der Qucraxe des Embryo), als an der con-vexen Seite der Krümmung. Dem entsprechend stellen die Rücken­platten an der Convcxität der KrUmmung einen ganz schmalen, dunk­len Saum dar, an dessen Contour man die von den Wirbelplättchen herrührenden Einschnitte erkennt, während die Breite der Rücken­platten an der coneaven Seite des Embryo beträchtlich ist. Die Seitenplatten haben sich vorn zur Bildung der vorderen Darmpforte vereinigt; der Bogen, den diese bildet, liegt, wie bereits bemerkt, im Verhältniss zur Körperlänge ungemein weit nach hinten, was von der geringen Entwickelung des Hinterkörpers abhängt; er er­scheint überdies aber ungemein breit. Die Scitcnplatten des Hin­terkörpers umgeben die Rückenplatten desselben wie ein blasserer Saum; hier ist es besonders auffallend, dass sie fast unmittelbar an die Area vasculosa anstossen, und nicht wie sonst durch eine ziemlich breite Area pellucida von derselben getrennt sind. Am Hinterkörper vennisst man die Einrollung der Seitenplatten, die Scbwanzkrümmung und, wie bereits oben angeführt wurde, die Bildung des Amnions und die Anlage der Allantois, die bei der Entwickelung des Vorderkör­pers sonst erwartet werden könnte. — Aussei- den angeführten Ab­normitäten ist nun noch eine vorhanden, die mir in gewisser Hin­sicht die wichtigste unter allen zu sein scheint. Man sieht nämlich eine sehr deutliehe Verwachsung des Scheitels des Embryo mit der peripherischen Keimscheibe des Bluthofes. Der helle Saum, den die Area pellucida sonst zwischen Embryo und Bluthof bildet, Ist hier ganz verstrichen, und bei Zerrung am Bluthofe erkannte man die Festigkeit dieser Adhäsion dadurch, dass die dunkle Verbin-dnngsmasse deutliche Stränge und Falten bildete, und dass der Kopf dem Zuge einer jeden Zerrung an der peripherischen Keimschelbo folgte. Das betreffende EI enthielt zwei Dotter. Es wurde 112 Stunden lang bebrütet, die Temperatur sank aber während dieser Zeit zweimal unter der Norm, nämlich einmal zwischen der 29sten und 39sten Stunde bis auf 22deg; C, das zweitcmal In den allerletzten Brütstimdcn bis auf 28deg; C. Der andere Dotter trug einen todten
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ßmbryo, dessoii Kntwifkelnng einer etwa Söstündlgen BobrUtuilg entsjmidi, der aber tibi'igens ganz normal war. Es ist denmaeh wolil nnzwoif'clliat't anznnehnion, dass der letztgenannte Embryo bei der ersten starken Abkülilung gestorben, der oben besprochene aber dnreli dieselbe erkrankt ist, und in Folge dieser Erkrankung Inder angelVilirten Weise monströs wurde.
Ueberblieken wir nun diese zweite Ontpix; der total missgebil doten Embryonen, so tritt in ihr 1) ihre geringe Crosse im Ver-hiiltniss zur Kntwiekelungsdaner Hoch viel bestimmter liervor; als in der vorigen Gruppe, indem sebon die Gegenwart von rotliem Blute einen ziemlich bestimmten Anhaltspunkt über das Minimum des AI ters giebt, das diese Embryonen errcieht haben. Während nämlieb ein normaler Ilühnercmbryo um die Zeit da das rotlie Blut auf­tritt wenigstens (! Mm. lang und von einem 9—10 Mm. im Durch­messer haltenden Bluthof'e umgeben ist, war der Bluthof des Em­bryo, der auf Taf. II. Fig. 6 abgebildet ist, nur 3,4 Mm. breit und 6,8 Mm. laug, der Bluthof um den auf Taf. 11. Fig. 6 dargestellten Embryo maass selbst nur 4,5 Mm., und die Embryonen waren dem entsprechend viel kleiner, als sie es sein sollten, selbst unter der Voraussetzung, dass sie schon um die Zeit der normalen Entste­hung rothen Blutes abgestorben wären. Selbst der im Ganzen we­niger abnorme Embryo dor Taf. III. Fig. 7—9 maass, die Krüm­mung mitbereebnet, höchstens 4,17 Mm., und der auf Taf. III. Fig. 12 abgebildete war trotz seiner zahlreichen Wirbel mir 5,04 Mm. lang. 2) Ung-leichraässigkeit der Entwickelung findet sich nicht minder bei den beschriebenen Exemplaren der gegenwärtigen Gruppe, als bei der vorigen. Namentlich wurden die faltenartigen Entwickc-Inngen vielfach vermisst oder sehr unvollständig gefunden. Die Bildung der Leib68höhle selicint bei 11. 6 zugleich mit dem Herzen ganz zu fehlen. Auch bei HI. 12 fehlt die Leibesböhle, obgleich ihre Bildung hier, bei der grossen Zahl der vorhandenen Wirbelplättchcupaare, normaler Weise weit vorgeschritten sein sollte. Bei dem letztgenannten Embryo ist das Hebwanzende auch schon eingerollt, aber es fehlt, wie bei ersterem, die Bildung der vorderen Darmpforte und die Einbiegung der Seitenplatten. Auch bei IV. 1—2 wäre, der Entwickelung des Vorderkörpers zufolge, gewisS
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ftUoh din Blldupg einer Leibosliölile am Hinterkörper zu erwarten gewesen. Ferner folilcn die FdltungeU für Jio Bildung des Auges z.B. bei IV. 1—-, obgleich derselbe tust dreimal länger ist, als der Embryo 11. 6, bei welchem dieselben schon kenutlich sind. Das abnorme Ausbleiben der Faltungen für die Bildung des Ainnions wurde schon oben besproeben, Ganz besonders zeichnen sieh aber sebon die Kmbryonen dieser Gruppe 8) durch Bildungen aus, deren Formen keiner normalen Entwickelungsstute angehören, und die daher als absolute Abnormitäten bezeichnet werden können. Abnormitäten der Bildung des Kopfes und des Hirns finden wir, wie bei der vorigen, so auch bei dieser Gruppe in verschiedeneu Formen, so namentlich bei 11. 6, III. 12 und IV. 1 — 2. Am Rücken ist bei 111. 7—9 die abnorme seitliche, und bei IV. 1 — 2 die ab­norme Krümmung nach hinton autFallend. Auch in diesen bei­den letztgenannten Fällen waren abnorme Verklebungcn des Blut-hofes, bei jenem mit der Dotterhaut, bei diesem mit dem Scheitel des Embryo offenbar die Ursache dieser Deformität. Noob auffallender ist bei maneben dieser Embryonen die Form der Wirbelplättchen, welche namentlich bei 11. G, sowie bei 111. 12 sehr kurz und breit, gleichsam von vorn nach hinteii zusammengedrückt sind. Es ist wohl kaum zu bezweifeln, dass ein lliiidcrniss, das besonders dem Längcn-waehsthum des Embryo entgegengetreten ist, dieses Zusaiiimendrän-gen der Wirbelsäule von vorn nach hinten bewirkt hat. Die Sei-tenplatteu zeigen namentlich bei 11. 6, III. 12 und IV. 1—2 ein ähnliches Verhalten, wie bei mehreren der in der vorigen Gruppe besprochenen Fhnbryoncn, indem sie sieh gegen den inneren Hand des Bluthofes so ausbreiten, dass die Area pellucida fast fehlt. Das Herz ist bei 111. 12 offenbar durch abnorme Vorbindung mit der peripherisehen Keimseheibe und durch die nachfolgende weitere Entwickelung dislocirt, gleichsam aus dein Embryo herausgezerrt. Eine ganz entsprechende Dislocation des Herzens fand ich in einem anderen Falle, der nicht mehr unter die Abbildungen aufgenommen werden konnte, bei einem G4stiindigeu Embryo, bei dessen Bcbril tung am Ende des ersten Tages eine ziemlich starke Abküblung statt gehabt hatte. Die Area pellucida war hier an den Seiten des Embryo sein' schmal, und der innere Rand des Bluthofcs war mit
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denraquo;, nach dor rechten Seite hin, ans dem Embryo ganz heraus-gezorrten Herzen fest verbunden, ohne dass andere Defoiniitäten des Embryo sichtbar waren. Noch autfallender ist das Vorhanden­sein zweier Herzen bei IV. 1 — 2, das sich ungezwungen iu der obigen Weise durch eine raquo;Spaltung des ursprünglichen Herzsehlau-ebes erklären lässt. Dieser Erklärung zufolge würde jeder der vor­liegenden Herzschlauche eigentlich nur eine Ilcrzhälfte darstellen. Diesen Fall habe ich übrigens schon bei einer anderen Gelegenheit ausführlicher in Virchows Archiv Bd. XVI. lift. 1 u. 2 pag. 39—50 besprochen, und ich erlaube mir mit Eücksieht auf das nähere De­tail auf diese frühere Abhanclhuig zu verweisen.
Auch die in dieser Gruppe besprochenen Missbildungen schei­nen mit derselben Nothwciuligkeit, wie die der vorigen Gruppe, auf Ernährungsstörungen der betreffenden embryonalen Gewebe zu­rückgeführt werden zu müssen. Diese Ernährungsstörungen haben üffenbar die missgcbildeten Organe zum Theil direkt affieirt und verändert, zum Theil haben sie auf indirekte Weise Formver-änderungen an sich ursprünglich nicht erkrankter Theile hervor­gebracht. Letzteres ist besonders in jenen Fällen hervortretend, wo vorhandene abnorme Verbindungen des inneren Randes des Bluthofes mit dem Kopfe (IV. 1—2), mit dem Herzen (III. 12), oder mit den Seitenplatten (11.(5, III. 12, IV. 1 — 2), oder Verkle-bungeii des Bluthofes mit der Dotterhaut (111.7—9, 12), Ver-krüranmngen, Dislocation oder selbst Spaltung übrigens relativ ge­sunder, und nicht direkt erkrankter Theile bewirkt hatten. Ersteres ist dahingegen bei denjenigen Missbildungcn anzunehmen, welche mehr oder weniger bedeutende Deformitäten zeigen, die nicht auf solche, zunächst von den Ernährungsstörungen anderer Gewebe ab-hängige mechanische Wirkungen zurückgeführt werden können. — i;
2. Monstruositnlcs totales cylindriene.
Die hieher gehörigen Embryonen zeigen, ihrer weiter vorge­schrittenen Entwickelung entsprechend, eine noch grössere Mannig­faltigkeit.
Zu denselben zählen wir zunächst den Embryo der auf Taf. VI. Fig. 5 —6 dargestellt ist. Derselbe fand sicli in einem ungewöhn-
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lieh kleinen llülmerci naeli Ulstündigcr Ucbriitung, bei welcher, 40 Stunden naehdem sie begonnen war, ein Sinken der Tempera­tur bis auf 28deg; 0. stattgehabt hatte. Der ganze Embryo war nur -1,87 Mm. lang, und der ihn nmgebeudo Bluthot maass 10 Mm, im grösBten Durclimcsser. Zwei andere gleicbzcitig bebrütete Hühner­eier, welche derselben Störung ausgesetzt gewesen waren, enthicl ten Embryonen welche, die Krümmung mitbereclmet, 16—16 Min. laug waren, und deren Eluthöfe je 30—40 Mm. im mittleren Durch-niesser hielten. Trotz seiner starken Verkrüppelung war dieser Embryo noch lebendig, indem sein Herz lebhaft pulsirte. Nächst der geringen Grosse fällt besonders die enorme Entwickeiung der rotiien Blutgefässe auf, welche auch in dem bellen Kreise, der den Embryo vom Bluthofe trennt, ein stark mit Blut gefülltes und aus ziemlich weiten Gelassen bestehendes Netz bilden. Besonders ent­wickelt erscheint das venöse Gcfass, welches das Blut vom vorde­ren Theile des Bluthofes zurückführt. Der Kopf stellt eine solide runde Masse dar, an welcher von Augen- und Gesichtsbildung keine Spur zu entdecken ist. Ebensowenig sind Viseeralbögen und Vi scerulspaltcn vorhanden. Vom Rücken her sieht man eine Doppcl contour, welche, in der Halsgegend stark geschlängelt, zum Kopfe aufsteigt und im Kopfe zweimal in sieh selbst zurückkehrt. Ich glaube diese Doppelcontour als dem Marke angcliörig deuten zu müssen. Hierfür spricht erstens ihr Hervortreten nahe an der Ober-Uäeho des Kückens, zweitens aber noch folgendes Verhalten: man sieht am Kücken einen von einer Doppelcontour umgebeneii Spalt zwischen den Wirbelplättehcn, eben oberhalb der Stelle, wo die Arterien aus der absteigenden Aorta zum Blutbofe treten; zwi­schen diesem Spalt und dem hinteren Körpcrcndo ist aber eine stark gesehläugeltc Doppelcontour sichtbar, welche oUcnbar dem Medullarrohr angehört, indem die von der Hauchseite her (in Fig. ü) sichtbare Chorda dorsalis, mit der allein eine Vcrweeliselung mög­lich wäre, einen völlig gestreckten Verlauf nimmt. Die Uoberein-stiimmmg dieser dem Medullarrohr augehörigen und der am Kopfe sichtbaren Doppelcontouren scheint mir nun obige Deutung unzwei­felhaft zu machen. Diese Schlängclungen der dem Markrolir au-gohörlgea Contouren in diesem kleinen Embryo erkläre ich mir
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(lurch ein Fortwacliscn des Metlulhurohrs in ciiicm Embno, tius-sen Haut- und ]''lcisclililatt dux-cli eino, Enialirimgsstörung, die es bctallcu hat, am normalen Wachstluimc verhindert worden sind. Die Wirbelplättchcn sind nur um hinteren Theilc des Körpers sichtbar; die obersten derselben zeigen eine abnorme seiiiet'e IStelluiig. Das Schwankende des Embryo ist ganz hinten nach unten gekrümmt. Die Seitenplatten sind, wie Fig. 6 Zeigt, nur vorn zur Vereinigung gekommen, so dass Kopi'; Hals und Brust gebildet sind; hinter der vorderen Darmpforte, bis zum Schwänzende hin, haben sie sicii aber nicht vereinigt, so dass hier die ünterleibshöhlc offen geblie­ben ist. Das Sehwanzende läuft hier in zwei runde seitliche Wülste aus, deren Deutung als hintere Extremitäten oder als Anlage der Allantois, wie bereits oben bemerkt wurde, zweifelhaft erscheint. Dass von einem Ainnion Nichts zu sehen ist, wenn man von einer nur in Eig. 6 sichtbaren, nach unten zu vom Kopfe abgehenden Falte absieht, welche vielleicht als dem Ainnion angehörig gedeu­tet werden kounte, wurde schon oben bemerkt.
An diesen mumienartig verschruinpften Embryo schliesst sich der auf Taf. VI. Fig. 8 abgebildete an. Das Ei, in welchem die­ser sich entwickelte, enthielt zwei Dotter und war 112'/^ Stunden lang der künstlichen Brütwärme ausgesetzt gewesen. Dieser Em­bryo war nur 5 I\lni. lang, während der andere Dotter desselben EieB einen normal entwickelten Embryo trug, der, die Krümmung initberechnet, über 14 Mm. lang war. Diesem (rrössenunterschiede der Embryonen entsprach auch die Differenz ihrer Bluthöfe. Den-noeb war auch dieser zwerghaftc Embryo lebendig, wie das aus der Pulsation des Herzens hervorging. Die abnorme Kleinheit die­ses Embryo betraf ziemlich gleicbmftssig alle Theile. Die zahl' reichen Wirbel sind besonders in der Hals- und Rückengegcnd deutlich, und dieser Embryo unterscheidet sieh hierdurch sowohl, als durch die Entwickelttng des Hirns mit seinen Abtheilungon, der Anlage des Auges, des Ohrs und der Andeutung eines Viscerai-bogens von dem vorigen, minniemirtig verschrumpften Exemplare. Besonders iiel aber schon bei der Betrachtung mit blossem Auge die Auftreibung des Hinterkorpers zu einer mit klarer, etwas röth-liclior Flüssigkeit gefüllten Blase auf. Bei sebwaeher Vcrgrössc-
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rung gab sich diose bluscnartige Ansohwollung als eine ganz enonnt' Spina bltida zu erkenneu. Mau sali nämlich, dass das Medullar-rolir dicht oberhalb der Anschwellung eine starke Knickung machte und in die Wand der Blase überging. Die Rückenplatten wichen hier zugleich weit auseinander, Hessen keine Wirbel mehr erken­nen, und waren an der Rückenscite, sowie an der Bauchseite und am blinden Ende durch eine durchsichtige zarte Membran verbun­den, welche das Ausfliesscu der eingeschlossenen Flüssigkeit ver­hinderte. Diese Membran war an der Bauchseite mit zahlreichen rothen Gefiissen versehen. Die rothe Färbung der in der Blase enthalteneu Flüssigkeit nahm während der Untersuchung zu und thcilte sich den Hirnblasen mit. Zuletzt entstand am spitzen Ende ein lliss in der dünnen Membran, und es floss Blut heraus. Das Jierz war am Schlüsse der Beobachtung sehr blass und blutleer geworden. Uebrigens war bei diesem, wie bei dem vorigen Em­bryo der grosse Blutreiehthum aufi'allend, der besonders auch in dem ganz ausserordentlich starken und dichten Gefässnetzc der Area pcllucida sichtbar war. Die Seitenplatten hatten sich oberhalb der blasenartigen Erweiterung des Medullarrohrs zur Bildung der Lei­beshöhle mit einander verbunden. Dass von einem Amnion und einer Allantoi's Nichts zu sehen war, ist schon oben angeführt worden. —
Der auf Taf. XI. Fig. 1 — 3 dargestellte Embryo, der mit Be­zug auf die unvollkommene Amnion-, Nabel- und Allantois-Bildung schon oben besprochen wurde, verdient auch noch hier bezüglich der ihn selbst betreffenden Missbildungen bervorgehoben zu werden. Das Ei, in welchem derselbe gefunden wurde, enthielt, wie schon oben bemerkt, einen eingeschnürten Dotter, und war G Tage lang der Brütwärme ausgesetzt gewesen, die jedoch nicht sehr gleichmässig war. Von der Rückenscite her lässt er (Fig. 3) ein rundes Kopfende erken­nen, worin das Medullarrohr endigt. Am Rücken zeigt das Medul-larrohr beiderseits wcllentormig gesehlängclte Contouren, und in der Mittellinie eine Raphe, die nach hinten und vorn etwas weiter ver­folgt werden kann, als die Contouren des Medullarrohrs, die an beiden Körpereuden nicht scharf markirt, sondern verwischt sind (mehr als in der Zeichnung). Von der Kopfanschwellung abwärts,
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zu beiden Seiten des Mcduliairohrs, erkennt man in Fig. 3 zwei roth tingirte Auslniehtungen, welehe die Scldundgegend einnehmen. Wirbelpliitteheu sind nirgends zu erkennen, die liüekenplatten sind nieht schart' begränzt, und die Seitcnplutten zeigen wulstige, un-regelmässige Unebenheiten. Von der Bauchseite her betrachtet (Fig. 2) erscheint das Kopfende viel breiter, als von der Rücken-scite her, und lässt drei grosse Wülste erkennen, von denen die zwei links gelegenen stark roth getarbt sind. Unter diesem Kopf­ende ist eine röthlich gefärbte Grube sichtbar, welehe nach oben und seitlieh scharf begränzt, nach unten zu unmerklich in die Kürpcr-oberflächc übergehend, sich als vordere Darmpforte präsentirt. Hin­ter der vorderen Uarmpforte, näher dem Schwanzende, liegt das wunderlich getürmte Herz. Von jeder der beiden seitlichen Ab-theilungen desselben geht ein grosses Gefäss ab, das sich seitwärts und nach oben umbiegt. An der rechten Seite des Embryo ver­läuft dasselbe hart am Körper herum, an der linken Seite hinge­gen entfernt es sich sogleich von demselben bevor es sich nach oben umbiegt. Hinter diesen beiden seitlichen llerzabtheilungen sieht man noch ein Gebilde, das an der linken Seite einen Ein­schnitt zeigt, und das nach hinten in zwei dünne, kurze, geschlän­gelte Gefässo ausläuft, die sich an den Enden verästeln und dem Körper dicht anliegen. Man ist beim ersten Blicke wohl am mei­sten geneigt dieses Gebilde als eine Herzabtheilung zu deuten; ich habe aber bereits oben angeführt, dass es wohl eher als ein Itudi-ment der Allantois anzusehen ist. Weder das Herz noch die von demselben ausgehenden Gefässc zeigen irgend eine Spur von ro-ther Färbung. Ebensowenig ist von einer solchen Färbung in dem hellen Kreise zu erkennen, der den Embryo zunächst umgiebt und der ihn vom Bluthofe trennt. Das hintere Körperendc erseheint, von unten her gesehen (Fig. 2), dick und rund, und die Uudureh-siehtigkeit und Festigkeit desselben machte eine weitere Untersu­chung bei durchfallendem Lichte unmöglich. Die ganze Länge des Embryo erschien von der Bauchseite her beträchtlicher, als von der liückcnseitc her gesehen, da dort die Amnionbildung sich als mit zum Embryo gehörig präsentirte. Mit der Anlage des Amnions (in Fig. 2) betrug die Länge G,U5 Mm., vom Kopfende bis ssur hinteren
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Grenze der Seitcnplattcn (in Fig. 3) 5,G7 Mm. Die Breite des un­vollständigen Ainnions betrug unterhalb der kleinen seitlichen Aus­buchtung (in Fig. i3) 3,Ü3 Mm., die Breite des Embryo in Fig. 2 nur 2,43 Mm.
Ferner gehört der auf Taf. V. Fig. 1 — 2 dargestellte Embryo hierher, dessen abnorme Amnion- und Allanto'isbilduug schon oben (pag.54u.G4) besprochen wurde. Die fast 7tägige Bebrütuug wurde, wie dort bereits erwähnt, reichlich 60 ötunden nach Anfang der­selben absichtlich unterbrochen, indem das Ei aus der Maschine herausgenommen und bei ziemlich niedriger Stubentemperatur 4'/, Stunden lang auf meinen Arbeitstisch gelegt wurde. Eine gerin­gere Abkühlung (bis auf 32'' C.) hatte ausserdem nach etwa 308tün-diger Bebrlitung stattgehabt; diese war aber nur von kurzer Dauer gewesen.
Der etwa 24 Mm. im Durchmesser haltende Bluthof zeigte nur sehr sparsame Gefässverzwcigungcn, und der Sinus terminalis war nicht gleichmässig mit Blut gefüllt, sondern es war in demselben so zu kleinen Klümpchen zusammengelaufen, dass derselbe ein punk-tirtes Aussehen hatte. An jeder Seite des Halses sah man ein ver-hältnissmässig grosses lebhaft pulsirendes Herz von blassrother Farbe. An dem links gelegenen Herzen erkannte man schon mit blossom Auge 2 Abtheilungen, welche alternirend pulsirten, an dem rechts befindlichen Herzen konnte man bei der unmittelbaren Be­trachtung nur eine pulsirende Abtheilung erkennen, obgleich die genauere Untersuchung bei stärkerer Vergrösserung und in ande­rer Lage (siehe die Abbildungen) zeigte, dass auch dieses Herz aus zwei Abtheilungen bestand. Der Puls beider Herzen schien anfangs einen ganz verschiedenen und von einander unabhängigen Rhythmus iimo zu halten; kurz vor dem Stillstande aber, der sehr bald er­folgte, pulsirten sie alternirend, so dass nach einer Contraction des rechten Herzens zuerst eine Contraction des linken Vorhofes, und sehr schnell darauf cine Contraction des linken Ventrikels folgte. Der Stillstand des Herzens erfolgte so bald und so plötzlich, dass ich nicht Zeit fand, die Zahl der Scidägc beider Herzen zu be­stimmen, indem diese Beobachtung durch die Schnelligkeit der Be­wegungen sehr erschwert war, und indem meine Aufmerksamkeit
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zugleich durch das höchst sonderbare Aussehen des ganzen Emhryo gefesselt war. Von der itückenseite her (Fig. 1) erkannte man bei passender Vergrösserung, dass die 2 Ahtheilungcn des linken Her­zens gegen die Mittellinie des Körpers hin mit einander eorninuni-cirten, nach aussen aher durch eine Scheidewand getrennt waren, durch welche dieses lierz in zwei, mitrothein Blute gefüllte^ glcieli-sam einem genicinsciiat'tliehen Stiele aufsitzende Bliischen gctheilt wurde. Das rechte Herz zeigte bei passender Vergrösserung, wie gesagt, ebenfalls eine unvollständige Scheidewand, welche aber nieiil von aussen, sondern von der Mittellinie des Körpers her in die lierzhöhle hineinragte. Nach dem Tode enthielten die beiden hin­teren Herzabtlieilungen mehr rothes Elut, als die beiden vorderen. Die Abtheilung der beiden Herzen .in je einen vorderen und einen hinteren Abschnitt wurden viel deutlicher, als der Embryo eine Weile in Spiritus gelegen hatte. Von der Bauchseite her gesehen (Fig. 2) präsentirt sich das rechte Herz ziemlich ebenso, wie von der llücken-seite her, nur sieht man hier den freien Rand der hinteren Abtiiei-lung schärfer, indem dieselbe der Bauchseite näiier liegt, als die vordere Abtheilung dieses Herzens. Bedeutender erscheint bei dem ersten' Blicke der Unterschied der Ansicht des linken Herzens in Fig. 2, verglichen mit Fig. 1, indein das linke Herz in Fig. 2 weni­ger frei vorliegt. Oberhalb der dem Kopt'e zunächst gelegenen Ab' tiieihmg des linken Herzens sieht man iiiiiulieh einen dem Herzen anliegenden Lappen, der ohne Zweifel der vorderen Fortsetzung der Seitenplatte augehört. Unterhalb der hinteren Herz-Abtheiluug die­ser Seite sieht man ferner einen ähnlichen Lappen, der verschiedene Unebenheiten zeigt, zum Theil rotblieh gefärbt erscheint, und mit der Substanz des Herzens so innig verschmolzen ist, dass es fast in denselben eingebettet zu sein scheint. Mau erkennt endlich von dieser Seite her, dass sieh beide Abthcilungen des linken Herzens, nach der Mittellinie hin, dem hinteren Körperende zuwenden, und nach demselben die Hauptgetässe abzugeben scheinen. Den Ver­lauf der Gefässe im Körper gelang es nicht näher zu verfolgen.
Die wahre Länge des ElribryOj vom Seheitel bis zur Schwanz-spitze, beträgt 7,8 Mm.; die äusseren Ränder beider Herzen sind 4,8 Mm. von einander entfernt, die inneren (der Mittellinie des Em
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bryo äugewandteh) Bttnder 1,6 Mm. Die Herzen sind 1,;} —1,4 Mm. broit, und überhaupt im Verhiiltniss aiwo Embryo selir gross. Dor Hmbvyo ist übrigens durchaus eint'acli. Das Rückenmark und die Wirbelsäule maclien in der Bl'ÜBtgOgend eine sein- starke Biegung imöh hinten, anstatt nach vorn, ganz derjenigen entsprechend, die bei dem vorhin (Pag. 81) hesehriobonen, auf Taf. IV, Fig. 1 und 2 abgebildeten Embryo mit 2 Herzscliliinehen wabrgeuommen wurde. Die Verkrümnuing ist im gegenwärtigen Falle nur noch stärker, was der weiter vorgeschrittenen Entwickehing entspricht. Dieser Umstand, dass eine der normalen entgegengesetzte Krümmung des hückeus hintenllber in beiden Fällen mit der Doppelheit des Her­zens zusaimnentrifl't, bestätigt die Krklärung, die ich für den vori­gen Fall gegeben habe, indem eine Causalverbindung der Krüm-mung des llückcns nach vorn und der Verdoppelung des Herzens hiernach nipht wohl abzuweisen ist, um so weniger, als auch die Luge der Herzen in beiden Fällen ganz übereinstimmend ist. Die Bildung des Hirns und des ganzen Kopfes ist sehr abnorm, wie das auch im ersten Falle beobachtet wurde, hier aber noch mehr ausgeprägt ist. Das Hirn bildet eine Menge Ausbuchtungen, welche wohl schwerlich mit einiger Sicherheit auf die normalen Abtheilun-gen zurückgeführt werden können; vorn läuft es in eine Spitze aus. Am rundliehen Kopfe sind keine Augen zu erkennen.. Die Medulla oblougata ist entwickelt und bildet eine kolbige Erweiterung zwi­schen dem liückenmark und dein Hirn, gegeij welches sich dieselbe ziemlich scharf absetzt. Am hinteren Korperendc erkennt man den Hteissilocker und die rudimentäre Anlage der hinteren Extremitä­ten. Ob die vorderen KxtreiTiitateii durch zwei kleine, hinter dein Herzen erkennbare Wülste angedeutet sind, ist zweifelhaft. Die Wirbel sind nur in Fig. 1, au der rechten Seite, zwischen dem hier gelegenen Herzen und dem Kückenmark ganz schwach angedeu­tet, übrigens aber durch das Amnion und Hautblatt hindurch nicht sichtbar. An der unteren Fläche des Körpers (Fig. 2) erkennt man an der Mitte des Kopfes eine grosse, fast viereckige Oetlhung, wel­che offenbar die Mundötfnung vorstellt. Oberhalb dieser Mund-öff'innig sind keine Gesichtstheile, namentlich auch keine Augen zu erkennen. Unterhalb der Mundöffhnng sind die Tlalsplatteu für
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cine kurze Strecke cfcaclilosRcn, vom Herzen an stellt aber die vor­dere Körperfliiclio eine nmldcnartige Rinne dar, welclie durch die liier hervorragende Knickung des Rückens in eine vordere und eine hintere Abtiieilung zerfallt. Von einem Dann oder von Eingewci-den ist Nichts zu erkennen, es sei denn, dass die röthlichcn Mas­sen, welche hinten, neben dem Rücken liegen, als Urniercn zu deu­ten wären. Unterhalb der eingeknickten Stelle des Rückens sieht man jederseits, an den nach unten umgebogenen Rändern der Sei-tcnplattcn, einen Zipfel; diese beiden Zipfel würden, wenn sie zur Vereinigung gekommen wären, wohl ohne Zweifel die vordere Darm­pforte gebildet haben.
Das Verhalten des Amnions und der Allantois in diesem Em­bryo wurde schon oben (Pag. 54 und 64) erörtert. Ich nehme an, dass in Eolge der starken Abkühlung, welche 60—72 Stunden nach Anfang der Bebrütung eintrat, eine Ernährungsstörung, namentlich des Hautblattcs, gesetzt wurde, und dass in Folge derselben eine Vcrklcbung der Kopf- und Schwanzkappc, sowie des ganzen Um-fanges der bereits gebildeten, aber noch nicht über dem Rücken ge­schlossenen Amnionfalte mit der Dotterhaut stattgehabt hat. Hier­durch würde dann die bei fortschreitendem Längenwachsthume des Embryo nothwendig gewordene Krümmung des Rückens in der normalen Weise nach vorn unmöglich geworden sein, und die in Folge dessen entstandene Krümmung in entgegengesetzter Rich­tung (hintenüber), würde eine Thcilung des ursprünglichen Herz­schlauches in zwei seitliche Hälften gerade ebenso bedingt haben, wie bei dem ersten Embryo mit zwei Herzen.
Die vier in vorstehender Gruppe zusammengestellten Embryo­nen sind nicht nur deshalb besonders interessant, weil sie so aus-scrordentlich bedeutende Missbildungen zeigen, sondern vorzüglich auch, weil wir ihre wirkliche Entwickelungsdauer besser, bei der Mehrzahl selbst ganz genau, kennen. Die Embryonen der Taf. VI. Fig. 5, G, 8 und der Taf. V. Fig. 1,2 zeigten noch lobliaftc Pnlsationen des Herzens, als sie zur Untersuchung kamen, sie waren also noch lebendig, und sie werden sich also während der ganzen Dauer der Bebrütiing fortentwickelt haben. Von dem auf Taf. XI. Fig. 1—8 abgebildeten Embryo können wir allerdings nicht mit einiger Re-
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stimmtheit Dasselbe behaupten; die vorbamlcnc Abnormität der Am-nionbildung weist aber docli darauf hin, dass er sieb jedcnt'alla über die Periode binaus fortentwickelt bat, da das Aiunion den Embryo wie eine wallartigo Falte rings umgiebt, also wenigstens bis zum Ende des ßten Tages der Bebrütung. Mit Rücksicht auf diese bestimmten An­haltspunkte können wir mm zunächst die schon beim Ucberblicke der beiden ersten Gruppen gewonnene Thatsache constatiren, nämlich 1) dass diejenigen Missbildungcn der Embryonen, welche in sehr frühen Perioden entstehen, sehr oft, vielleicht selbst constant, durch ihre geringe Grosse ausgezeichnet sind. Wenn der lllstün-dige Embryo der Taf. VL Fig. 5 —G nur 4,87 Mm., der llS'/^tlin-dige Embryo der Taf. VI. Fig. 8 nur 5 Mm. und der fast 7tägige Embryo der Taf. V. Fig. 1 — 2 nur 7,8 Mm. lang war, so ist ihre Grössc soweit hinter dem normalen Maasse zurückgeblieben, dass man wohl nicht gewagt haben würde, ihre wahre Entwickelungs-dauer so hoch anzuschlagen, wenn nicht die Thatsache des Pulsi-rens der Herzen vorgelegen hätte. Auch der Embryo der Taf. XI. Fig. 1—3, der ohne die Amnionbildung nur 0,07 Mm., mit ihr 0,95 Mm. lang war, ist offenbar sehr viel kleiner, als er es biittc sein sollen, selbst wenn er nur das Ende des 3ten oder den An­fang des 4ten Tages erlebt hätte, um welche Zeit die Amnionbil­dung den Embryo wallartig umgiebt, ohne indess oben geschlossen zu sein. Auch 2) die Ungleichmässigkeit der Entwicke-lung tritt bei diesen Embryonen noch viel stärker hervor, als in den beiden ersten Gruppen. Bei dem auf Taf. XL Fig. 1 — 3 dar­gestellten Embryo waren keine Wirhelanlagen zu sehen, bei dem auf Taf. V. Fig. 1—2 abgebildeten war nur eine schwache Spur derselben zu entdecken, bei dem auf Taf. VI. Fig. 5—G abgebilde­ten Embryo waren sie freilich zu erkennen, aber ihre Umrisse wa­ren ganz undeutlich, und nur bei dem auf Taf. VI. Fig. 8 darge­stellten Embryo waren dieselben deutlich. Dass sie bei jenem dennoch vorhanden gewesen, laquo;aber durch darüber liegende Theilc verdeckt gewesen sein sollten, ist sehr unwahrscheinlich, da ja doch die Contouren des Rückenmarks wenigstens durch dieselben Theilc verdeckt, doch deutlich erkannt wurden. Es lässt sich wohl nicht mit Sicherheit darüber entscheiden, ob die Bildung der Wirbel-
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plättclien bei diesen Embryonen von vom licreiu mangelhaft f^ewe-son, oder ob sie nach ihrer Bildung wieder uutgeliist worden seien, es scheint aber doch ihr oben besprochenes Fehion bei viel jünge-rcu Embryonen, wo kaum zur Auflösung nach Stattgehabter Bildung Zeit genug vorhanden gewesen sein könnte, t'Ur die erstere Alter­native zu spreohen. Als Ungleichheit der Entwickelung könnte raquo;nan vielleicht ferner die Nieiitvereinigung der Rilckenplatten in der Mitte des Rückens bei dem auf Taf. VI. Fig. 5 — 6 abgebildeten Embryo deuten. Endlich scheint die Schlängelung des Rücken­marks bei dem auf Taf. V. Fig. 1 — 2, und noch mehr bei dein auf Täf. VI. Fig. ö — G dargestellten Embryo darauf hinzuweisen, dass das Mark sein Längenwachstlium noch fortgesetzt habe, aber durch die Rigidität des dasselbe umgebenden Rohrs verhindert worden sei sich in gerader und normaler Richtung fortzuentwickeln. Die Bildung des Kopfes ist nur bei dem auf Taf. VI. Fig. 8 dargestell­ten Embryo einigermassen fortgeschritten, indem hier, eine der nor­malen entsprechende Abtheilung des Hirns, sowie die Anlage des Auges und Ohrs deutlich ist, bei den drei anderen ist aber von al­len diesen Bildungen Nichts zu erkennen. Eine der rospectiven Ent-wickelungsstufe entsprechende Gesichtsbildung fehlt Allen. Als eine eigenthümlicbe Ungleichheit der Entwickelung macht sich auch das höchst auffallende Prädominiren des Gefässsystems bei den Embryo­nen der Taf. VI. Fig. 5—6 und 8 bemerkbar; in geringerem Grade wird Dasselbe bei dem auf Taf. V, Fig. 1 — 2 abgebildeten Embryo bemerkt. Eine deutliche, freilich aber abnorme Allantois ist nur beim Embryo der Taf. V. Fig. 1 — 2 zu sehen; bei den Embryonen der Taf. VI. Fig. ö —6 und der Taf. XI. Fig. 1—;5 findet sich nur eine zweifelhafte Andeutung derselben, und bei dem auf Taf. VI. Fig. 8 dargestellten Embryo fehlt sie ganz, indem eine reichlichere Gcfässentwickelung an der Bauchseite der Blase, welche den Hin-torkürper einnimmt, an ihre Stelle getreten zu sein scheint. Die Tendenz zum Verschluss der Leibeshöhle durch Vereinigung der Bauchplatten ist bei Allen unverkennbar, bei den Embryonen der Taf. VI. Fig.ö — C und derTaf. V. Fig. 1 — 2 ist dieselbe aber offenbar in Folge des mechanischen Einflusses der abnormen Anmionbildung, wie bereits oben bemerkt wurde, unvollständig geblieben. Die bei
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oblg-er Zusiimnienstellung miter H) bezeiclinoton absoluten, keiner normalen Entwickelunpsstufe entsprecbenden Abnormitäten, treten endlich auch in dieser Abtheilung raquo;elir bestimmt auf, und dieselben sind zugleicli mannigfaltiger als in der vorigen, indem sie überall mit den angeführten Ungleichheiten der Entwiekelung combinirt sind. Dieses ist in dem Maasse der Fall, dass alle die so eben als Ungleich­heiten der Entwickelang aufgezählten Bildungsfehler, eigentlich eben­sowohl als absolute Abnormitäten bezeichnet werden könnten. Denn schon die Form der Wirbel bei dem auf Tftf. VI. Fig. 8 und noch mehr bei dem auf Taf. VI. Fig. 5 — 6 abgebildeten Embryo, sowie die Schlängelung des Kückenmarks bei den Embryoneu der Taf. VI. Fig. 5—6, der Taf. V. Fig. 1-2 und der Taf. XI. Fig. 1—3 ent­spricht keiner normalen Entwickelnngsstufe. Noch mehr ist die Form des Hirns bei den Embryonen der Taf, V. Fig. 1 — 2 und der Taf. VI. Fig. 5—(5, die Oberflüclic der, der Anlagen von Augen, Ohren und Gesicht ermangelnden. Köpfe derselben Embryonen und die Erwei­terung des Medullarrohrs am hinteren Körpereude des Embryo der Taf. VI. Fig8 absolut abnorm zu nennen. Nicht weniger gilt Dieses vom Verhalten der Seitenplatten, von der Weiss sowohl des Offen-bleibens der Unterleibsböhle bei den Embryonen der Taf. V. Fig. 1, 2 und der Taf. VI. Fig. 5 — 0, als auch des abnormen Verschlusses derselben Höhle bei den Embryonen der Taf. VI. Fig, 8 und der Taf. XI. Fig. 1, sowie von der AllantoisbiIdling bei dem Embryo der Taf. V. Fig, 1 —2 und von den am Hinterkörper sichtbaren Bildungen bei den auf Taf. VI, Fig, 6—6 und auf Taf, XI, Fig, 1 —3 abgebil­deten Exemplaren, Besonders interessant ist aber das Vorhandensein zweier Herzen bei dem auf Taf, V. Fig, 1—2 dargestellten Embryo, in Verbindung mit derselben abnormen Krümmung des Kückens, welche bei dem in der vorhergelienden Gruppe besprochenen Em­bryo mit zwei Herzen beobachtet wurde, welche aber im gegen­wärtigen Falle, wie gesagt, nicht wie dort auf eine abnorme Ver­bindung des Scheitels mit dem inneren Kande der Keimscheibe, sondern auf eine Verklebung der Dotterhaut mit dem freien Rande der noch nicht vollendeten Anlage des Amnions zurückzuführen ist. Das Vorhandensein einer unvollständigen Scheidewand, wodurch je­des dieser Herzen in zwei alternirend pulsirende, hinter einander
l'aiinm. l'ntiTsiicIiiingou.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;7
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lioo-cndc Abtlieilnnpon getlicllt crscliicn, Olitsprioht unserer Autt'as
simft1, wonach (liis urspvilngUoh einfache Heria unter Einwirkung
einer nieclimiiselieii Oewalt sicli in zwei Hälften gespalten liiitte, wolelie für sieli fortpulail'ten, und deren jode einen Vorliofnnd einen Ventrikel hatte.
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Die liielier gehörigen Embryonen zeichnen sich nanientlicli da­durch aus, class sie, bei verhältnissinässig vovgesciirittcner Entwieke-Ittng mir so schwache Andeutungen der normalen Organe zeigen, dass man auf die Verimithung hingewiesen wird, es seien früher vorhanden gewesene Gebilde zu Grunde gegangen und mit dem Uebrigen zu einer formlosen Masse umgestaltet und vcrsehmolzen. Hieher gehört der auf Taf. II. Fig. 8 in aati'irlicher Grüsse, und eben­daselbst Fig. t) in etwas vergrössertem Maassstabe dargestellte, noch von seinem Anmion umgebene Embryo, dessen schon oben (Pftg. 69) als Beispiel vollständiger Amnionbildung bei ganz verkrüppelten und sehr kleinen Embryonen erwähnt wurde. Derselbe stammt, wie dort bereits angefülirl wurde, aus einem 8 Tage lang künst­lich bebruteten llühncreie. mit doppelten! Dotter, dessen anderer Dotter den auf Taf. I. Fig. 8 dargestellten abortiven Bluthof trug, und das in toto auf Taf. IX. Fig. 10 ahgebildet ist. Das kleine, pralle Aninionbliischen war von einer 18—22 Mm. im Durehmesser haltenden, ziemlich blutreichen Area vaseulosa umgeben und schloss einen nur 4 Mm. langen und etwa 1 Mm. breiten Embryo ein, der an einein ganz sclnnalen Htiele der inneren Wand aufsass. Der Kopf dieses Embryo war kaum vom Helnvmizcnde zn unterschei­den, auch verhiiltnissmässig sehr klein, mul Hess keine Andeutung von Augen- oder Mundbildung erkennen. D'C Viseeralbögen und Visceralspalten waren ebenfalls völlig versehwimden. In der Mitte der unteren Fläche des Körpers, wie es schien in den Nabel hin­einragend, lag eine rundliche llervorragung fast, von der Grosse des vermeintlichen Kopfes. Dieselbe rührt offenbar von hier pro-minirenden Eiugeweiden, wahrscheinlich dem Herzen her. Ueber-dies waren noch die vorderen Extremitäten, in gleicher Höhe mit dieser llervorragung, als zwei kleine, luiekerartigc Knötchen zu er-
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können, von denen eins an jeder Seite des Körpers lag. Zwischen dein Nabel und dem eingebogenen Schwänzende sieht man, von der Seite her noch eine rundliche llervorragnng, fast von der Grüsse des vermeintlichen Herzens, offenbar entweder eine Andeutung der Allantoi's oder der hinteren Extreinitiiten, oder ein aus beiden ver­schmolzenes (jebilde. Der Kücken des Embryo zeigt eine der Nackenbeugung entsprechende Krümmung. — Solche molenartig degenerirte Embryonen, mit oder ohne ein deutliches und entwickel­tes Anmion, fanden sich gar nicht selten in Eiern, welche längere Zeit bebrütet waren. Die von v. Bacr*) beschriebene Molenbil­dung aus einem Hübnereie, die er für eine ,.Leberinolcquot; hielt, in­dem nur die Leber vom Embryo übrig geblieben sein sollte, glaube ich, in llebcreinstimnumg mit meinen Beobachtungen, so deuten zu müssen, dass der rundliche Körper den pathologisch veränderten Rest des ganzen Embryo darstellt.
Der auf Taf. III, Eig. 13 abgebildete Embryo, der auf dem einen Dotter des auf Taf. IV. Fig. 7 abgebildeten Eies nach 146-stündiger Bebrütung gefunden wurde, ist, was die Gonsistenz be­trifft, sehr von dem so eben beschriebenen verschieden, und unter­scheidet sich auch durch die unvollkommene Entwickelung des Amnions von demselben. Derselbe war von einem höchst nnrcgel-mässigen, weit verbreiteten, bei oberflächlieber Beobachtung nur durch eine feine rotho Linie angezeigten Bluthofe umgeben (vcrgl. Lag. 39 u. flg.), in welchem das Mikroskop indess Spuren und Reste von Gefässen erkennen Hess. Der Embryo war mit blossem Auge als ein 4 Mm. langer und 1 Mm. breiter, röthlich weisscr Streifen zu erkennen. Bei der mikroskopischen Untersuchung mittelst schwa­cher Vergrösserung erkannte man deutlieh die Medulla oblongata und ihren Uebergang zum Rückenmark. An dieser Uebcrgangs-stelle war das Medullarrohr verkrümmt und nach vorn verbogen; nach hinten zu verloren sich die Contouren desselben. Oberhalb der Medulla oblongata erkannte man die Anlage des Ohl'S und über diesem den Nackenböcker. Das Mittelhirn war kaum kenntlich, das Vorderhirn aber deutlich. Unter letzterem erkannte man die Stirn-
*) Mi;in. do l'aoaeh imp. do Ht. Petorstbuvg 1846. VI. Set So. imt. T. IV.
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uiid Oberkieferlappen, sowie einige naili hinten gelegene l.tippclion, welche die Yiseenilbögen peprtlsentil'ten. Neben dem Kopie lag­an der Bauchseite ein Wulst, der seiner Lage nach als Heiz ge­deutet werden nuisste, um so niebr, als die Basis desselben stark roth gefärbt war, und als sieh eine Partie rotlien IMutes, von dem­selben ausgehend, nach hinten erstreckte. An der Kückeiiselte und am hinteren Kürperende waren verschiedene llervorragungen sicht­bar, die jedoch nicht mit Bestimmtheit gedeutet werden konnten. Um den Körper des Embryo herum erkannte man, besonders vorn, hinten und am Rücken, eine zarte Membran, die als Amnion gedeu­tet werden uuiss. Diese Deutung wurde unzweifelhaft, als der Em­bryo durch ein Deckgläschen leicht comprimirt wurde, indem man alsdann sah, dass die zarte Membran den ganzen Embryo umgab und einschloss. Dabei aber wurde das ganze Aussehen des Em­bryo weaentlioh verändert. Die Flächenausbreitung wurde näinlich, sowohl in der Länge als in der Breite, fast doppelt so gross, als vor Anwendung der Compression, und der Körper schien mir so gekrümmt ZU sein, dass das Schwänzende seitlich am Kopfe vor­bei neben dem Halse zu liegen schien, indem die so gekrümmte und zusammengebogene Wirbelsäule einen Kaum in der Mitte ein­schloss. Diese starke Ausdehnung und Formverändorung bei ganz leichter Compression zeugte von grosser Weichheit dos ganzen Em­bryo. Die Wirbelanlagen wurden auch bei der Compression nicht deutlich, doch sah man bei ihrer Anwendung am llalstheile einige sehr blasse Contouren, welche auf Wirbelanlagen bezogen werden mussten.
Bei diesem Embryo ist es unverkennbar, dass Tiieile, welche bereits gebildet waren, wieder zu Grunde gegangen sind, indem sie ihre eigenthümliche Form eingebüsst haben, und indem ihre Masse mit derjenigen anderer Gebilde verschmolzen ist. Dasselbe ist ohne Zweifel bei jenem auf Taf. II. Fig. 8 abgebildeten Embryo anzu­nehmen, obgleich hier die Andeutung der gebildet gewesenen Or­gane ungleich schwächer ist. Die bei dem auf Taf. VI. Fig. 5 und (gt; abgebildeten Embryo vorgefundenen Verhältnisse sind vielleicht zum Theil auf analoge Vorgänge zurückzuführen. Ich vermnthe, dasraquo; ein solcher Embryo, wie der soeben beschriebene (Tttfi 111.
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Fig. 18), sicli, bei Eiluiltung des Ainnious, zu einem dem auf Tut. II. Fig. 8 ganz analogen Gebilde umgestaltet haben würde, wenn bei t'ortdauernder Entwickelung die vorhandenen Formen noch etwas weiter verstrieben wären, wenn die Masse des Ganzen etwas zu­genommen und wenn die Consistenz grosser geworden wäre.
(Jlciebsam in der Mitte zwischen den auf Taf. II. Fig. 8 und auf Taf. HI. Fig. 18 abgebildeten Embryonen steht der auf Taf. 11. Fig. 7 dargestellte. Derselbe wurde in einem 4 Tage lang bebrü-teten, gewöimlieben llühnereio gefunden, das zwischen der 36sten und 44steii Brütstunde einer ziemlieh bedeutenden Abkühlung aus­gesetzt gewesen war. Er lag in einem erbsengrossen, mit klarer Flüssigkeit prall gefüllten Amnion. Dieses und die 9,1 Mm. lange aber nur 4,5 Mm, breite, rotbes Blut führende Area vasculosa sind jedoch entfernt worden, damit man in der Abbildung desto besser die ausgezeichnete skoliotisehc, fast wurmförmige, Verkrümmung der mit sehr zahlreichen Wirbelanlagen versehenen Wirbelsäule bei massiger A^ergrösscrung erkennen kann. Dabei ist die sonst so geringe Entwickelung auffallend, welche nicht einmal das Kopfende deutlich erkennen liisst.
Dass eine solche Umwandlung des Fmbryo in eine ganz amorphe Masse noch erfolgen kann, nachdem das Volum des Gan­zen beträchtlicher geworden und nachdem mithin die Entwickelung wahrscheinlich schon weiter vorgeschritten war, zeigen solche Fälle, wie der auf Taf. VI. Fig. 1—8 abgebildete. Derselbe stammt aus einem gewöhnlichen Hühncreie, das, bei lOtägiger Kebrütungsdauer, nach etwa oOstündiger Bebrütung einer geringen Abkühlung, auf ,'52n C, nach 60—72stiuidiger Bebrütimg aber noch stärker abge­kühlt wurde, indem es 4'/, Stunden lang aus der Brütniaschine entfernt und bei kühler Stubentemperatur (Mitte März) auf den Arbeitstisch gelegt wurde, worauf dann die künstliche Bebrütung fortgesetzt wurde. Der etwa 30 Mm. im Dui-chmesser haltende Bluthof zeigte ziemlich spärliche, aber gleichnuissig mit Blut ge­füllte Gefässverzweigungen. Der Embryo stellte einen unförm­lichen Klumpen von der Grosse einer El'bse dar, und lag dem in­neren Bande des Bluthofcs an einer Seite an, übrigens aber von einem hellen Hole umgeben. Au der oberen Fläche war der-
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sclbo nicht nur mit dor Dottcrhiiut, sondern aucli durcli diese liincliireh mit der weissen Scluileuluuit inni^ verLiundeii. Dieselbe war an dieser Stolle bis auf die Kalkseliale hindureh missfarbig-, bräunllcli und graugrün, und es hatte sich diese Färbung selbst der Inncnseito der Kalkseliale mitgctlieilt. Durch vorsichtiges Zer­ren wurde die harte öelialenhaut zugloieli mit der ihr innig an-liat'teudon Dotterhaut von der Oberfläche des molonartigeu Em­bryo gotronrit; und man erkennt in der Figur die weisslieho Stelle, an der diese teste Verklobung statt fand. Um den Embryo herum erkeinit man, besonders deutlich am einen Ende, die Contour des Aninions, das über dorn Embryo sowohl mit diesem, als auch mit der Dotterhaut und Schalcnhaut innig verbunden war. Fig. 2 zeigt diesen amorphen Embryo mit seiner nächsten Umgebung, durch die Loupe vergrüssert, von unten her. Kopf und Schwänzende sind kaum mit Sicherheit von einander zu unterscheiden j ein dunk­lerer Funkt scheint jedoch am einen Körperendc das Auge anzu­deuten. Zwei kleine Knötehen deuten die Extremitäten an. An der Fläche, welche dein inneren Bande des Bluthofes ansitzt, er­kennt man ein grösseres Ciefäss, das rothes Blut fuhrt. Im Um­fange ist die untere, dem Dotter zugewandte Fläche der peripheri-schen Keimscheibe ZU sehen, und dieselbe zeigt einen hervorragenden Hand und Faltungen, welche zum Tiieil den Gefässen entsprechen. Von oben her erkennt man in Fig. o noch deutlicher als in Fig. 1 die weissliehe Stelle, an welcher der Embryo mit Dotter- und Schalcnhaut verklebt war, und man sieht überdies röthliehc Blut-tleeken an der übrigens glatten und kein Organ verrathenden Oberfläche des Embryo.
In anderen Fällen war die Entwickeiung noch etwas weiter vorgeschritten, bevor eine, wenn auch weniger durchgreifende mo-lenartigo Veränderung eintrat. Als Beispiele hierfür mögen Fig. 1 bis4 der Tat'. VII dienen. Fig. 1 zeigt einen ganz verkrüppelten, in eine rundliche, solide Masse verwandelten Embryo, dessen Grosse auf eine 7tägige Entwickeiung hinweist. Derselbe stammt aus ei­nem gewöhnlichen ilühnereie, das etwa 22 Tage lang künstlich be­brütet, dabei aber mehrfachen Temperatursehwankungen ausgesetzt gewesen war. Die ganze rechte Seite war mit den Eihäuten so in-
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nig vunviicliscn, class ohte Tmiiiung olme Zerrcissung' niclit l)üwciit-stelligt werden konnte. Win Nabel ist nidit zu erkennen, aber als Spuren des mit der KörpcroberHäcbe ganz verklebten Ainnions er­kennt man die feinen Falten, die au der OberHäelic siehtbar sind. Das rcelite Auge ist zu erkennen; es liegt auffallend weit zurüek, der Her-VOrragUng genähert, welche der Vicrhügelblase entspricht. Die liaut-t'alten und .Einstülpungen um das Auge herum sind undeutlich und verwischt. Die Beugung des Nackens bildet einen fast reebten, ab-gerundetcu Winkel, und eine ähnliche Beugung in der Lcndenge-gend bewirkt mit jeuer zusammeji, dass Stirn und Schwan/, einan­der berühren. In der (Jegend, wo Kopf und Ilinterkürper aneinan­der stossen, sieht man 3 Hervorragungen, von denen ich die obere, dem Auge und dem Naekenhöcker genäherte, als den Flügel, die unten und hinten gelegene als die Anlage der hinteren Extremität, und die dicht unter dem Kopfe gelegene als das Merz auffasse. In­wiefern die kleine Vertiefung, welche zwischen dem Auge und dem Kudiment der oberen Extremität sichtbar ist, als Ohr aufzufassen ist, muss dahingestellt bleiben. Fig. 2 derselben Tafel zeigt einen dem vorigen ganz ähnlichen, kugelig, zusamineugerollteu Embryo, der aus einem gewöhnliehen liühnereic stammt, das gleichzeitig mit dem vorhergehenden und unter gleichen äusseren Bedingungen bebrütet, wurde. Hier ist am Auge die Linse zu erkennen. Die Anlagen der Extremitäten sind vorhanden, aber an der dem Körper anlie­genden Fläche mit demselben verschmolzen oder verklebt. An der unteren Extremität ist die Kniebeugung zu erkennen, indem das Knie unmittelbar dem Kopfe anliegt. Eine Vertiefung unter dem Auge ist vielleicht als Ohrölfnung aufzufassen; übrigens hat eine abnorme Verschmelzung der Visceralbögcn, des Oberkieferfortsatzes und des seitlichen Stirnfortsatzes stattgefunden. Auch liier ist es die rechte, bei normaler Lagerung im Eie nach oben gerichtete Seite des Embryo, welche mit den Eihäuten verwachsen ist. Diese sind hier zurückgeschlagen, während sie in Fig. 1 flach ausgebreitet sind. Der Nabel ist auch hier nicht zu erkennen, und das Anmion ohne Zweifel, wie im oben genannten Falle, mit der Körperobcrtiäche ver­bunden. Fig. 3 und 4 stellen einen unter gleichen Verhältnissen in einem gewöhnlichen liühnereic gcl'uudeucn Embryo dar, bei wel
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ehern die Grosse dus Kopfes mul die Geamp;tftU der Kxtreuiitätou dar­auf gohliesseß läSBt, daas derselbe etwa ein gleiches Alter mit den beiden vorhergehenden erreicht hiit, eher aber wohl noch etwas jünger ist, obgleich die gestreckte Lage, durch welche er grosser er­scheint, bei oberiiiichlichcr Betrachtung wohl auf eine weitere Ent-wickelung liinzuwelsen scheint. An der rechten Seite (Fig. .'i) sind weder Auge, noch Ohr, noch Visccralbögen deutlich und die ganze Oberfläche ist hier uneben, mit Kunzcln und kleinen Fetzen besetzt. Frstere dürften, wie bereits oben (Pag. 61) bemerkt wurde, von dem mit dem Embryo verklebten Amnion herrühren, während letztere ohne Zweifel von der durch Zerrung getrennten Verbindung der Dot­terhaut mit dein Amnion heiriihrt. Die vordere Extremität zeigt eine ganz schwache Andeutung des Ellenbogcugclenks. Von der Btiueh-wand gehen diejenigen Eihäute ab, welche die auf dem Dotter aus-gebreitotea (Jef'ässo fübrten. Inwiefern die Anlage der Allnntois an der Bildung des breiten Ansatzes dieser Eibäute am Hinterkörper Thcil hatte oder nicht, muss dahingestellt bleiben. Die linke Seite (Fig. 4j zeigt den vorderen Theil des Körpers nebst der vorderen Extremität und dem Kopfe frei und mit glatter Oberfläche. Am Auge erkennt man eine Linse und einen Einschnitt am unteren Ivande des dunkeln Kreises, der dieselbe umgiobt. ötirnfortsätze, Oberkieferfortsatz und erster Wirbelbogen sind sichtbar, aber vorn nicht vereinigt, während dock die Anlage des Meatus anditorius ge­bildet ist und während die lialsplatten weiter unten geschlossen sind. Am hinteren Ende des Körpers sind hingegen die Eihäute, bei de­nen ohne Zweifel auch der Rest des mit der Kürperoberfläche innig verbundenen Amnions sich befindet, zu erkennen.
bis bedarf wohl keiner weiteren Erörterungen, um zu zeigen, dass auch die in dieser Gruppe zusammengestellten Missbildungen während des Lebens der Embryonen entstanden sind, und dass die Veränderungen, welche die Maceration nach dem Absterben der­selben hervorgebracht haben könnte, ihre Form nicht wesentlich bestimmt haben kann. Die so oft vorgefundenen Adhäsionen, na­mentlich mit den Eibäuten, die totale Abweichung von der normalen form bei anderen, sowie die Nicht-Uebereiiistimmimg der ürössen-verhältnisse mit der Form und mit der Consistenz der Embryonen
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sprechen liier deutlich genug. Uebcrdies werden die Tiieile und Or­gane solcher Embryonen, welche liis zum ]dötzlicheii Absterben ge­sund und normal geblieben, dann aber durch eine lange fortgesetzte Bebrütung einer Maceration ausgesetzt werden, hei gleiclier Grosso und entsprechendem Alter bei Weitem nicht so schnell aufgelöst und zerstört, wie es hier in manchen Fällen geschehen sein müsste, und wenn endlich kenntliche Veränderungen dureb Fäulniss eintre­ten, so bleiben doch die normalen Formen der Organe bis die Auf­lösung erfolgt kenntlich. Durch eintretende Fäulniss kann z. B. wohl bisweilen der Druck der im Ei entwickelten und der im Lufträume angesammelten Luft bewirken, duss ein etwa 8 — 9tägiger Embryo bei der Maceration ganz platt gedrückt wird und an einen sogenann­ten Papierfötus erinnert; aber auch hier erkennt man die normalen Formen, nur durch den Druck verschoben. — Die freilieh sehr ver­schiedene Grosse, welche die in dieser Gruppe zusammengestellten Embryonen erreicht hatten, lässt annehmen, dass ihre Entwickelung wenigstens bis zum 3ten oder 4teii Tage, in manchen Fällen noch länger normal geblieben ist; denn da wir in den vorhergehenden Gruppen regelmässig fanden, dass umfassende Ernährungsstörungen das Waebsthum der Embryonen in so auffallender Weise beeinträch­tigten, so ist es durchaus unwahrscheinlich, dass die Embryonen dieser Gruppe, bei denen die Ernälirungsstorungen so überaus durch­greifend eingewirkt haben, ihr Wachsthum nach Eintritt der allge­meinen Erkrankung noch wesentlidi fortgesetzt haben sollten. Es hat demnach den Anschein, als ob die umfassenden Ernährungs­störungen, welche ältere Embryonen befallen, einen mehr destruk­tiven Charakter haben, während diejenigen, welche jüngere Indi­viduen, während der allerersten Tage der Entwickelung befallen, sich darauf beschränken, die normale Bildung der um diese Zeit auftretenden Organe zu verhindern, und nur selten die Zerstörung bereits geformter Gebilde bewirken. Wenn Dieses richtig ist, so liegt die Vennuthung nahe, dass der Einfluss der Entwickelung des Kreis­laufes im embryonalen Körper auf die Ernährung desselben diese Verschiedenheiten bedingen könnte, indem derselbe bei ganz jun­gen Embryonen gar nicht, bei den älteren aber gar sehr, wenn gleich nicht prineipiell, in Betracht kommen kann.
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Bi M ous t i'ii osi tat es juirtialüs. Die Hegel) dasraquo; die jNiissbihliiiigen der Eiiibryoiieu um so all
geineinei' und umfasseaddr zu soiu pflegeuy je jünger sie sind,
#9632;wiüin sie von der Eriiäiiruiigsstörunp; befallen werden, und dass dieselben um so melir local sind, je später sie auftreten, erleidet, wie es scheint, nur seltene Ausiuilmien, indem nur in einem ein­zigen Falle eine partielle Missbildung bei einem übrigens nor­mal entwickelten Kmbryo vor Ablaut' des 2ten Tagelaquo; beobaebtet wurde.
Dieser Embryo (Tut'. VI. b'ig. 7) stammt aus cineiii 42 gt;Stini-den lang bobrüteten Eie mit zwei Dottern, von denen der eine keine Entwickelungsspur zeigte. Der mittlere Dnrcliniesser des Bluthofes betrug 12 Mm., die Länge des Embryo 6/7 Mm. Nabe am Seliwanzende des Meclullarrolirs siebt man eine seitliclic Aus-buehtung desselben, an einer kleinen begränzteu Stelle. Dass diese Ausbuchtung vom Medullarrolir selbst gebildet ist, erkennt man an den doppelten Contouren, die hier auseinander weieben. Es liegt also eine Spina bitida in ihrer allerersten Entstellung hier vor. Da das Hirn im Verliältniss zum Hinterkörper grosser zu sein scheint; als gewöhnlich, so könuto man hierin zugleich den Anfang eines llydroceplialus erblicken; dieses Verliältniss ist jedoch nicht so aus-gesproeben, dass eine solche Aufstellung zweifellos \väre.
Wenn die Embryonen 7 — 8 Tage alt geworden sind, ohne durch eingetretene Ernährungsstörungen in ihrer Entwiokelung be­einträchtigt worden zu sein, so werden schwerlich andere Missbil­dungen auftreten, als solche, die sieb auf die Bildung des (Jesiehts, besonders des Selmabels, und der Extremitäten, beziehen. Andere Missbildungen, z. B. des Nabels, werden freilich auch dann noch bei Vogelembryonen beobachtet, die Grundlage dieser Missbildun­gen ist dann aber wohl meistens früher gelegt worden.
Schon der aufTaf. III, Fig. 10—11 abgebildete Embryo zeigt nur geringe Abweichungen, nämlich Schiefheit des Schädels und Ver-strichensein der Visceralbogen und der Vlsceralspalten an der linken Seite, mit welcher er dem Dotter auflag. Diese Defonnitäten wür­den wahrscheinlich zu Formen goftllirt haben, wie sie aul'Taf. VII.
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Ki^-^—lJj 12 —14, 15—-1(5 dargestellt siml. Das heti-cttbmlc Ei war ein 8 Ttig-c lung bebriltctcs Ki mit tloppcltcm Dotter, welohes ant'deni anderen Dotter don auf Taf. HI. Fig. 12 dargestellten Embryo trug. Die gauze Entwiekeliing unseres Embryo weist darauf hin, dass er ein Alter von etwa 6 Tagen erreiclit haben, also etwa 2 Tage vor der Untersueliung abgestorben sein wird. Der blutig gel'iirbtc In-lialt dos bobnengrossen Ainnions zeigt eine Congestion an, #9632;welelic zu einer Blutung getnbrt hat, indem sonst der klare Inhalt des Ainnions selbst bei längerer Dauer der Maceration und Diffusion naeli dein Tode nicht gcrötliet wird. Die Ursache dieser Conge­stion, welche wahrscheinlich den Tod des Embryo veranlasst bat, könnte man in der verhiiltnissmässig geringen Kntwickelung des Blnthofes suchen, der nur in der lliebtung der Querachse des Eies ansehnlich entwickelt, in der Ilichtung der Längsachse aber sehr schmal geblieben, und wegen der nahen Cxrenze des anderen Dot­ters nach dieser Seite hin gar nicht zur Entwickelung gekom-nion war.
Der auf Taf. VII. Fig. 5 — 6 abgebildete Embryo fand sich in einem, 17 Tage lang mit verschiedenen Teinperaturschwankmigen künstlieli bebrüteten, gewöhnlichen Hülinereie, das bei der XJnter-suohung einen nnangenebmen, fauligen Geruch zeigte. Der Em­bryo lag, wie es durch Fig. ü veranschaulicht wird, mit flach aus­gebreiteten Bauchplatten dem Dotter auf, während Kopf und Hals his etwa zum 8ten Tage hin ziemlich normal entwickelt waren. Am llumpfe gingen die Scitenplatten überall unmittelbar in die pe-ripherische Keimscheibe über, und von einem Arnnion war ^Nichts zu erkennen. An der linken Seite waren die beiden Extremitäten frei, an der rechten Seite war aber nur die vordere Extremität frei, die hintere dahingegen mit den Seitenplattcn verklebt. Der Kopf war in schiefer Stellung nach links geneigt fixirt, indem die linke Seite des Halses in die peripherisebo Kehnscheibe tiberging, wäh­rend die rechte Seite des Halses bis zur Schulter hin ganz frei war. Von der Bauchseite her (Fig. amp;) sieht man die Eingeweide frei vorliegen, und unter denselben macht sieh besonders das grossc Herz und der zarte, bereits gewimdene Dann bemerkbar. Der suppouil'tOll, etwa Btiigigcn l'hitwickclungtjdaiier entsprcclicnd, wa-
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reu die seitlichen iStlrntortsiitze mit dein OberUioterl'orWiitze, und die Uiitcrkict'crtbrtöätze mit einander zur Bildung- der viereckigen Mundöffining vereinigt. Hand und Fuss waren schauteltönnig, und an der vorderen Kxtreinitiit waren kleine Einschnitte für die Fin­ger zu bemerken.
Der Embryo der Tat'. VIJ. Fig. 7 — i) wurde in einein gewöhn liehen Ilühnercie gci'unden, das 22 Tage lang einer nicht sehr sorgfältig regulirteii Brütwänne ausgesetzt gewesen war. Die Kör pergrösse und Kopfform desselben entspriclit einer 7 — Stitgigcn Entwickelung. Die Missbildungen, die an dcmsolben beobachtet werden, beziehen sich besonders auf die Bildung des Kopfes. An der rechten Seite (Fig. 7) ist das Auge vorhanden, das, gleichsam zwischen Htirnlappen und Oberkieferfortsatz hervorgedriiugt, mit dein vorn und unten gelegenen Drittel seiner Peripherie ganz frei vorliegt. Die Entwickelung des Schädels von vorn nach liintcn, besonders aber die (jrössc der Vicrhiigelblase zeugt von hydroce-pbftlisoher Erweiterung. An der linken Seite (Fig. 9) ist nur eine schwache Spur dos übrigens zu (raquo;runde gegangenen Auges sicht­bar. Die Sehädelform ist dieselbe, wie an der linken Seite. Von vorn (Fig. 8) gesehen, erkennt man, dass die Visceralbögcn, welche den vorderen Tbcil des Halses und den Unterkiefer bilden, sieh vereinigt haben, während die Entwickelung des Gesichts sehr ab­norm geworden ist. Der mittlere Stirnlappen ist reehterscits nur durch eine Incisor vom vorderen Rande des rechten Auges ge­trennt, indem der seitliche Stirnfortsatz, der zwischen dieser Inci-sur und dem Auge liegen sollte, ganz verscbwnnden ist. Linker­seits ist der seitliche Stirnfortsatz vorhanden und durch die incisnr vom mittleren getrennt; derselbe ist aber nicht, wie er es sein sollte, mit dem oberen liande des Oberkieferfortsatzes verbunden, sondern durch einen abnormen Spalt von demselben getrennt. Auch unten ist die Verbindung des hinteren Theilcs des Oberkieferfort-satzes mit dem hinteren Theile des ersten Visceralbogens nicht vor­geschritten, so dass der Oberkieferfortsatz der linken Seite mit seinem ganzen vorderen Ende frei ist. Eechterseits ist der Ober* kieferfortsatz gar nicht zu erkennen, indem das Auge ihn verdrängt zn haben scheint.
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Der auf Tat'. VI. Fig. 9 uml aut'Taf. VII. Kig. lüund 16*) dar-gestellte Embryo soheint etwas älter geworden zu sein, als der so tdieii boscliriebene. Das betreffende Ki war reiehlicli 8 Wuolien laug der künstlicheu Brütwänue ausgesetzt gewesen; es war aber oben söhleoht bedeekt und die Temperatur war nicht sein- sorgfäl­tig reguiirt worden. Der Embryo war daher schon seit geraumer Zeit abgestanden, und der Inhalt des Eies verbreitete einen t'au-liffet) Geruch, Man beobachtet an diesem Embryo mehrere Miss-bildimgen, nänilich 1) eine sehr ausgezeichnete Spina bifida (siehe Tftf. VI. Fig. 9) als ein von einer durchsichtigen Membran bedeck­tes, klare, Flüssigkeit enthaltendes Bläschen, das von vorn nach hinten kürzer ist, als von rechts nach links; 2) einen bleibenden Hpalt zwischen dem Oberkiefer- und dem seitlichen Stirntbrtsatze der rechten Seite, besonders deutlich auf Tat'. VII. Fig. IG, aber auch sichtbar in Fig. 9 der Taf. VI, wo man erkennt, dass der Spalt sich unter dem Auge hinzieht, von diesem nur durch einen schmalen SfiUÖJ getrennt, und oberhalb des Mcatus auditorius en­digt; 3) einen Nabelbruch, besonders deutlich auf Taf. V11. Fig. 15, wo mau ein rundliches Eingeweide im sehr weiten Nabel liegen sieht, und 4) eine auffallende Verdrehung der hinteren Extremitä­ten nach binten (Taf. VI. Fig. 9). Der Kumpf ist gewiss im Vcr-hältnias zur Entwickelung dos Kopfes und Halses zu klein, doch nicht so sehr, wie es bei dem ersten Blicke auf Taf. VII. Fig. 15 scheinen könnte, weil der Rumpf sich hier in der Verkürzung prä-sentirt.
Noch ein wenig älter, als der so eben besprochene scheint der auf Taf. VII. Fig. 10 und 11 abgebildete Embryo geworden zu sein, der sich ebenfalls in einem gewöhnlichen Hühnereie unter gleichen änsseren Bedingungen mit dem vorhergehenden entwickelt hatte. Es ist bei demselben zunächst 1) die ganze Kopfbildung höchst abnorm. Das rechte Auge nimmt den ganzen vorderen und oberen Theil des Kopfes ein, so dass vor und über demselben Nichts vom Schädel zu sehen ist. Der Oberkieferfortsatz ist nur ganz hinten am Ein­schnitte des Unterkiefers zu erkennen. Der TJnterkieferfortsatz ver-
*) Anstatt mit 18 ist diese aul' Taf. VII. unter 7, zwisohen 10 und 15 plam'te Plglir imhiimlicli mit 14 bczciclmct.
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läuft unmittelbar unter dem Atift1raquo;!; die Spitze desaelben kreuzt sich mit (lom gekrümmten Ende dos Oberkieferfortsatsses. An der lin­ken Seite (s. Tat'. VII. Fig. H) lüsst sieli am Kopfe nur eine un­ebene Narbenniasse mit Vertiefungen und wulstigen Erhabenheiten, aber kein Organ und keine Geslohtsblldang erkennen. Man be­merkt ferner, 2) dass sicdi der sehr breite Nabel bis diclit unter den Kopf hinauf erstreckt, und mau erkennt in demselben ein durch einen Einschnitt in zwei rundliche Abtheilungen ^-etheiltes Eingeweide, wahrscheinlich das Herz. Endlich sind hier auch 8) die hinteren Extremitäten sehr verkümmert; am rechten Flügel ist die EUenbogenbeugung entwickelt, und dor Vorderarm mit der Hand hat eine beträchtliche Länge; der linke Flügel entspricht so ziem­lich dem rechten; die hinteren Extremitäten sind sehr verkrümmt und verkümmert; letzteres gilt besonders vom rechten Fusse, wäh­rend das linke Vorderbein verkrümmt und der linke Fuss so nach hinten gebogen ist, dass die Ferse nach vorn gerichtet ist. Am Ende des linken Fusses sind 8 Zehen angedeutet.
Auch bei dem auf Taf. V.U. Fig. 12—^14 dargestellten l'hnbrvo deuten die Grosso und diejenigen Formverhältnisse, welche der Norm entsprechen, auf den 9ten Tag als den Termin der Entwickehmg hin, den dieser Embryo erreicht hat. Die Bebrütmig des Eies, das Ihn enthielt, dauerte etwa 3 Wochen unter gleichen Verhältnissen mit den vorhergehenden. Hier ist 1) die rechte Seite (Fig. 12) des Kopfes in eine Narhcnmassc verwandelt, welche ziemlich glatt ist und nur einige feine Falten zeigt; vom Auge ist an dieser Seite keine Spur zu erkennen. Am Mundwinkel erkennt man eine durch zwei kloine Einschnitte gebildete, nach vorn gerichtete .Hervorra­gung als Andeutung des Obcrkieferfortsatzeä. Der Unterkiefer ist verhältnissmässig gross und seine Spitze ragt weiter hervor-, als die darüberliegende, dem (iesielite entsprechende Partie. An der lin­ken Seite des Kopfes (Fig. 14) erkennt man ein Auge, das durch seine unverhältnissmässige (raquo;rosse mit seinem oberen Rande über die Stirn emporragt und andererseits unten mit dem Unterkiefer in Berührung kommt. Vor demselben erkennt man den sehr schwach entwickelten Oberschmibel als einen kleinen Zapfen. Hinter dem­selben liegt der Oberkieferfortsatz, der an seinem ganzen vorderen
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Thoile, sowohl oben als unten (Vei (d. li. niclit an^owaclison) ist. Der breite, scliant'elt'öfinigo Untcrkieler ragt vorn über die Spitze des Oberselmabels liiuaus, vorn und binten, am Ende der Spalte, welehe er mit dem Obcrkiefertbrtsatzc bildet, ist die Anlage des JMeatus auditorins zu erkennen. Im Portrait des Gesichts dieses Fitnbrvo eil t'aec (Fig. 1;}) tritt die Seliiefbeit besonders dentlieh hervor* Der seUHohe Stirnfortsatss der reehten Keitc, wo dalaquo; Auge fehltgt; ist nicht entwiekelt, während er an der rechten Seite unten ausnelmiend breit geworden ist und sich vom vorderen Rande des Auges her bis unter den sebwaeb entwickelten mittleren Stirnfort­satz binerstreekt, der die Spitze des Obersebnabcls bildet. Aueb liier ist 2) die Stellung der Extremitäten abnorm, indem der linke Flügel gehoben ist, während der rechte der Brust anliegt, und in­dem die hintere Extrcmitilt gegen den Steiss bin, die rechte vor den Nabel bin dem Körper anliegt.
Ein etwas älterer Embryo, dessen Kopfform und Extremitäten auf eine etwa lltägigc Entwickelung hinweisen, ist auf Taf, VII. Fig. 17 — ]!) abgebildet. Bei diesem ist besonders die Scbnabclform abnorm. Der Oberschnabel ist von der Wurzel an stark gekrümmt, wie ein llaubvogelscbnabel, zugleich aber mit der Spitze nach rechts gebogen, olme dass sich dieselbe jedoch mit der Spitze des llntcr-schnabels kreuzt. Der Unterschnabel ist an seinem hinteren Theile durch seine Höhe von oben nach unten ausgezeichnet, wodurch eine Art Kinn entsteht, das dem Profil etwas Menschenähnliches giebt. Die Körpergrössc ersebeint etwas zu gering im Verhältniss zur Entwickelung des Kopfes und der Extremitäten, besonders der binteren, welche, obsclion abnorm und verkümmert, doch schon ge­bogene Zehen erkennen lassen. Fig. 17 zeigt die rechte, Fig. 18 die linke Seite dieses Embryo, und Fig. 19 giebt die Ansicht des Kopfes von vorn.
Ein noch weiter entwickelter Embryo, dessen Form- und Grös-scnverhältnisse im Allgemeinen, so wie die Entwickelung der Fe­dern, der Augenlieder der linken Seite und die Stellung der Obr-spalte im Besonderen, auf eine 13—]4tägige Entwickelung hiinveiseu, ist auf Taf. VII. Fig. 20—22 dargestellt. Wie die nächst vorher­gehenden, so war auch dieser Fmbrvo etwa ;? Wochen lang der
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BriUwiinno ausgesetzt geweset). Bei deinselbeii ist zuiiiielist die Form deraquo; Sclmabcls aiirt'Hlleiitl. Dieser ist wie ein Haubvogelschna-bel gckrünuut und zugleich dicker und kürzer, als bei einem nor­malen Hilbnerombryo. Die Spitze des Schnabels ist dabei etwas nach links gekrümmt. Demniielist maeht sich eine ungleiche Ent-wickelung der beiden Augen bemerkbar, indem das linke Auge grosser, tiefer gestellt und stärker gewölbt ist, als das rechte. Die Augenlieder des linken Auges sind fast ganz geschlossen, während das rechte Auge wegen der weniger vorgeschrittenen Entwickelung der Augcnlieder often steht, und in den an seiner Bildung bethei­ligten Falten einen mit der Spitze nach vorn und unten gerichteten Finschnitt zeigt. Die Augen sind im Verhältniss zu der für diese Entvvickelungsstufe normalen, enormen Prominenz derselben auffal­lend flach. Der Schädel ist an der linken Seite, welche dem am weitesten entwickelten Auge entspricht, abgeflacht. Schon die obe­ren Extremitäten sind kürzer, als sie es im Verhältniss zur übri­gen Entwickelung sein sollten, noch mehr sind aber die hinteren Extremitäten verkürzt. Dieselben sind nur etwa halb so lang, als sonst bei einem Hühnerembryo dieses Alters. Ausserdem weicht ihre (lestalt von der Norm ab und ähnelt derjenigen der hinteren Extremitäten der Schwimmvögel. Der ganze Fuss ist ganz kurz, schaufeiförmig und nach hinten gebogen, anstatt zum Laui'fusse ent­wickelt zu sein. Die rechte hintere Extremität ist so verbogen, dass die untere Fläche des Fusses der rechten Seite des Steisses anliegt, während die linke dem Bauche vor dem Nabel anliegt.
Fig. 2.'} endlieh zeigt einen abnormen Embryo aus einem 16 Tage lang von der Henne hebrüteten Eie mit doppeltem Dotter, in welchem der andere Dotter ganz unentwickelt geblieben war. Ich verdanke denselben dem Hrn. Dr. Posclger in Berlin, der die Gefälligkeit hatte, mir zu erlauben, das ihm gehörige Ei in seiner Gegenwart zu öffnen. Der Inhalt des Eies war nicht ganz geruch­los, die Fäulniss jedoch nur wenig vorgeschritten. Der Embryo lag ganz am einen Eipol seinem Dotter auf, unmittelbar am Luft­räume. Fjr wurde sehr vorsichtig unter Wasser aus seinem Am-nion herausgenommen und in Spiritus gelegt, wodurch es gelang, die Stellung, in weichet' er im Eie lag, ganz vollkonmien zu eon-
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sorvimi. Dor Solumbel ist, wie die Abbildung zeigt, in ganz ex-(|uisiter Wlt;!iso gekreuzt, indem der Obersclmubel nacii links, der Untersclmubel naeb rcelits gericlitet ist. Der Obersclmubel ist da­bei von der Wurzel an gekrümmt, iibnlieli wie in Fig. 20 — 22, und seine Spitze ist (ebenso wie in Fig. 22) mit der weisseu Kalkplatte versehen, die bekanntlich beim Durchbrechen der Schale Dienste leistet und später abfällt. Sehr bemerkenswerth ist das Anliegen der Spitze des gekrümmten Oberschnabels an das Ende des linken Flügels. Der Unterschnabcl ist auffallend lang und stark, dabei aber ganz gerade hervortretend. Au der Basis Hegt das Ende der Zunge frei vor. Das rechte Auge ist gut entwickelt, gross und mit so entwickelten Augenliedcrn versehen, dass zwischen dem oberen und unteren Liedo nur eine schmale spaltförmige Oeffnung als Augenlaquo; liedspalte übrig geblieben ist. Das Auge fehlt an der linken Seite und ist mir durch ein ganz kleines Wärzchen oder Knötelien, zwi­schen der oberen Grenze des Sehnabels und der äusseren Ohröff-nung, angedeutet. Der Meatus auditorius externus ist auf beiden Seiten vorhanden, und beiderseits ungefähr gleich weit von der über den Nacken hin kenntlichen Mittellinie entfernt. Dahingegen ist ein sehr grosser Unterschied im Abstände des üusseren Ohrs von der Mittellinie des Schnabels und des Scheitels bemerkbar, indem der Ausfall des Auges linkerseits den Abstand etwa um den Durchmesser des Auges vermindert hat. Es bildet ferner der Meatus auditorius linkerseits einen fast horizontal, von vorn nach hinten gerichteten, rechterseits dahingegen einen hinter dem Auge gelegenen senkrech­ten, von oben nach unten verlaufenden Spalt. Unter der an der lin­ken Seite ganz auffallend breiten Wurzel des Untersehnabels bemerkt man eine stark entwickelte Ilautfalte, welche auch bei gerader Stel­lung des Kopfes nicht verschwindet und über welche die Haut voll­kommen undurehbohrt hin wegläuft. Am übrigen Körper ist kaum etwas Abnormes zu erkennen, es sei denn in der Stellung der Zehen des linken Fusses, deren kleine Zehe stark gestreckt ist, während die übrigen gekrümmt sind. Die Entwickclung ist bei diesem Em­bryo offenbar etwas weiter gediehen, als bei Fig. 20 — 22, etwa bis zum 14ten — löten Tage. —
j'ojium, Untenuichunjea.
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Zweites Kapitel.
Vei'ffleicheiideiquot; [Jeberblick über die eirizeluen Können der
von Störung der Entwickelung abhängigen Missbildutigen
der Vogel, der Säugethiere und des Menschen, mit
Rücksielit auf die Entstellung derselben.
Einen sehr auftallemlen Gregensatz zu der lliintlgkoit des Vor­kommens und zu der Mannigfaltigkeit der Formen, die wir durch ge­störte Entwickelung bei jungen Embryonen in Vogeleiern enstehen sahen, bildet die Seltenheit und die geringe Zabl der einfaciien Missbildungen, welelie man bei entwickelten Vögein gefunden und in den Museen und liesebrc'ibungen bisher allein berücksichtigt hat. Dieses dürfte am deutlichsten ans der folgenden tabellarischen Zu-saminenstellnng hervorgehen.
Es fanden sieb nimdich:
Einfacbo Missbildungen
Doppelinissliililiingcn und
Missbililungcn mit über-
zi'ihligen Thcilen.
Von
Vögeln.
Von Säu­gern.
Von Men­schen.
Von
Viigeln.
Von Säu­gern.
Von Men­schen.
a) Im Museum der UniversitiU zu
Berlin Ikim nach Heusiier. *)
Nicht angegeben
30
Nicht üngegelien
i) Im Museum der Vctcriuärselmlc in Berlin 1837 nach Gurlt.**)
161
IC 05
c) In Meckcls Museum 18:14 nach Bcndz. #9830;**)
45
'212
81
24
11
d) Im Museum zu Breslau nach Otto )
12
152
214
45
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e) In den ijflentlichen Museen zu Co­penhagen im Herbst 1859. ff)
133
192
12
68
*) C Chr. Heusuer; Doscriptio inonstrorvim avium, amphibioruin piseimn, quete exstant in Museo univ. liter. Berolincnsi, eorumque c\iin monstris mamma lium comparatio. Diss, inang. Berol. 1824i 8.
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Wenn man sicli mit finer solclioii Aufzählung begnügen \voiite; so würde man leicht zu sehr falclieu Resultaten kommen. Die Häu­figkeit des Vorkonimens der Missbildinigcn in den Museen gieht nämlich keinen brauchharen Maassstab für die wirkliche Häufig­keit des Vorkommens derselben ab, wenn man niciit eine Menge von Umständen, die dabei in Betracht kommen, mit berücksichtigt. Je auffallender und wunderbarer eine Monstruosität erscheint, desto mehr Chance hat sie, den Museen zugeschickt zu werden und dort zu Ehren zu kommen. Daher sind ohne Zweifel die Doppelmiss­bildungen im Verhältniss zu den einfachen Missbildungcn in den Museen stärker vertreten, als der Häufigkeit ihres wirklichen Vor­kommens entspricht. Je allgemeiner das Interesse für Naturmerk­würdigkeiten ist, desto grosser ist der Druchthcil sämmtlicher Miss­bildungen der den Sammlungen zugestellt wird, und je genauer und besser eine Thierspecies bei der Geburt beobachtet wird, desto voll­ständiger werden auch ihre Missbildungen gesammelt. Daher sind wohl die Missbildungen des Menschen, welche von den Aerzten beobachtet und gesammelt werden, ohne allen Vergleich vollstän­diger in den Museen vertreten, als diejenigen der Säugetliiere, und diese wiederum vollständiger als die der Vögel, geschweige der Am­phibien, der Fische und der wirbellosen Thiere. — Ein solches fal­sches Resultat dürfte der von Heusner aufgestellte und nach ihm viel­fach von Anderen wiederholte Satz sein, dass die Doppehnissbildungen um so häufiger vorkämen, je niedriger die Thicrkiassc sei. Frei­lich kommen in obiger Zusammenstellung 184 Doppelmissbildungen der Vögel auf 25 einfache Missbildungen derselben, während bei Säugethicren nur 244 auf 491 und beim Menschen nur 70 auf 618
**) Katalog des zootoinischen Museums tier Künigl. Thierarzneisclmli', zu Ber­lin bis Ende 18M7 (Magazin für (He gesammte Thierlicilkunde IV. Jahrgang 2. Stück). ***) Nacli einem von Prof. II. Bondz im Auftrage der Kegierung verfassten Ka­taloge. Die in demselben verzeichneten sehr zahlreiehen Varietäten und ge­wöhnlich nicht als Misshildungen verzeichneten Abnorinitiiten sind hier nicht berücksichtigt. t) Nach Otto: .Sexcentorum monstrorum deseriptioanatomica. Wratislav. 1841. Fol. ff) Nach eigener Aufziihlung unter Benutzung der Kataloge des Museums der Vctcrinllrschule, der pathologisch • anatomischen Sammlung und des Museums der Entbindungsanstalt.
8*
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konmieii, iibei- dieses Verliiiltniss gestaltet bIcIi gan/ anders, wenn man die Misshildung'en der Vögel in den Eiern untersnclit, wie ielraquo; es getlian lialie. Kein Embrvologe wilrdo wold leielit einen auf einfachen Dotter placirten Doppelombryo in einem behufs einer erabrVologischen Untersuchung geöffnöten Eie Uhei'sehen haben, und doch sind bisher mir fünf solcher Fälle von Wolff, Haer und Reichert zusammen gefunden worden, denen ich so glücklich bin noch zwei hinznfi'igen -zu können. Es sind jedenfalls viele Tau­send Eier durchgemustert worden, um diese wenigen Exemplare zu finden, während meine Beobachtungen darthun, dass einfache Missbildungen fast so oft man will durch Störung der Debrütnng in Vogeleiern bervorgebraeht werden können. Diese einfachen Missbildnngen kamen aber bisher nicht in die Museen, weil die Hier, die sie enthielten,, gewöhnlich als „faulquot; weggeworfen wur­den; denn sie erreichen nur sehr selten das Ende ihrer Entwieke-lung, und wenn Dieses doch einmal der Fall ist, so sind sie nur selten im Stande, selbst die Schale zu durchbrechen, weil eben ihr Schnabel besonders oft fehlerhaft gebildet ist. Häufiger als die einfachen Missbildvmgcn sind die in den Museen so auflallend stark repräsentirten Vögel mit überzähligen Extremitäten*) im Stande selbst die Schale zu durchbrechen, da ihr Schnabel meist untadel-haft gebildet ist. Oft zeichnen sieh überdies die Eier, in welchen Doppclmissblldungen zur vollen Entwlekelung kommen, durch ihre Grössc aus, und sie werden deshalb wahrscheinlich häufiger von aufmerksamen Hühnerzüchtern geöffnet, wenn sie nicht rechtzeitig auskriechen.**) — Es ist somit in der That sehr erklärlich, dass die einfachen Missbildungen der Vögel, trotz ihrer Häufigkeit in den Eiern, doch in den Museen bisher so selten sind, und dass auch die Zahl ihrer Formen so gering ist. Ich finde nämlicli als einfache Missbildungen der Vögel in der bisherigen Literatur mir folgende verzeichnet:
1) Missbildnngen der Extremitäten, besonders der Fasse,
*) Vgl. H. Miiller: Desoriptio nnatomicfi |nilli gallinaoei cxticinitiitihus SUper-fluis praediti. Kiliac 1859. Diss. inaug. 4. **) Vgl. \V. Kacstuer: Monstrl anatini bicorporei deseriptio anatomica ima eunraquo; diaqutsltiono ile cjus ortUi Dlss. Inang, Kiliac I8(i0. 4.
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till
ul vorliiilüiissinüssi^ hlluflg, und unsere Tat'cl VJ1 giebt mehr-
laelio Anluiltspunktc i'iir ihre Erklärung.
2)nbsp; ilissbildungeu des Hclinubels sind vielleicht noch hau tiger. Tat'. X. Fig. 1 zeigt z. B. den Kopf einer erwachsonen Henne mit einem Kreuzschnabel. Die Entstehung dieser Deformi­täten erklärt sieh ziemlich vollständig, wenn mau die auf Tat'. VII dargestellten Källe analysirt.
3)nbsp; Angebornen Mangel der Federn bei einer Taubenfami-lie hat llcusner besprochen; es fehlen aber alle Anhaltspunkte zur Fntsclieidung der Frage, ob eine Jlautkranklicit während des em­bryonalen Lebens diesen Mangel veranlasst haben mag oder nicht.
4)nbsp; nbsp;Mangelhafte Bildung des tSchüdeldaches ist öfter verzeichnet. Bei den sogenannten ,,llolleiiluihnern,quot; die durch ihren Federbusch auf dem Kopfe ausgezeichnet sind, ist, wie Dr. Hagcn-baeli:i;) darthat, die Schädelbildung mangelhaft, und die Bildung des Hirns von der normalen abweicheml, und es ist diese erbliche Va­rietät ohne Zweifel den Fällen verwandt, wo das Schädeldach ganz fehlt. Diese letzteren findet man, wie es scheint ganü willkürlich, in den Katalogen bald als llcmicephalioa, bald als Ilydrencepiialoce-lica verzeichnet, und sie waren theils durch Zufall beim Zerbrechen der Schale gefunden, theils hatten sie die Schale durchbrochen, waren aber sogleieii von der IM utter getödtet worden. Bei Doppel-niissbiidungen mit einfachem Köpfe aber theilweise doppelter Hirn bildung fehlt das Schädeldach oft, vielleicht weil der Ratlin im Schä­del filr die theilweise verdoppelte Hirnmassc zu klein war.**) Bei einem liydrencepbalocelischen Hühnchen fand Gcotfroy die Hirn­häute mit den Eibäuten verwachsen. — Unter ineinen Fällen dürften die Embryonen der Tatquot;. IV. Fig. 1—2 und der Tat'. VII. Fig. 7—9 zu dieser Missbildung in Beziehung stehen.
;quot;)) Verkrümmung und Verkümmerung der Wirbel-sä nie, und
6) Spina bifida wurde von lleortroy beim Vogeleinbryo ge­funden, und meine Beobachtungen geben ziemlich vollständigen Aiif-schluss über die Entstehung dieser Missbildungen (Vgl. Taf. H—VI),
*) Müllcr's Archiv lür Anat, und I'hy.-. 18M9, [mg. 3tl, **) Kaoslucr! I. c.
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7)nbsp; nbsp;Vui'kiuiuucruu);' und Scliwuiul ties euicji Augefl ist von Heusner, Otto und (Jcoftroy aut'g-et'ülirt. Ileusnor bezeichnete einen solchen Fall als Cyclopio, jcdoeli nur, weil das eine Auge ge­gen die Mitte der Stirn hin versehüben worden war. Der Name Cyclopic ist aber für die Fälle zu reservireu, wo zwei Augen mehr oder weniger vollständig mit einander verschmolzen sind. Geotfroy behauptet von raquo;einem Falle, dass das eine Auge durch Bersten zu Grunde gegangen sei. Die auf meiner Tafel VII verzeichneten Fälle sprechen entschieden gegen eine solche Autfassung, und zei­gen in ziemlich vollständiger Reihenfolge die Kntwiekelung dieser Missbildung.
8)nbsp; nbsp;Wahre Cyclopic ist von Otto cunnal bei einer jungen Taube beobachtet worden (1. o. pag, 110 Tatquot;. II. Fig. 4), viel öfter wird ein inehr oder weniger vollständiges Versclimelzen zweier Au­gen zu einem bei den Doppehnissbildungcn der Vögel gefunden.
•J) Hernia u mbilicalis, Fissurii abdominalis und sterno-abdominalis sind nur selten verzeichnet. Die Hernia umbiliealis habe icli aber sehr oft bei Hühnchen gefunden, welche kurz vor dem Termin des Auskriechens in tier Schale gestorben waren. Die Fissurraquo; abdominalis fand ich bei dem llülinehen mit zwei iiber-zäidigen hinteren Extremitäten, das 11. Müller (1. e.) in seiner In­auguraldissertation beschrieben hat. Die Fissura sterno-abdominalis hat Geoffrey bei einem Hiilmerembryo beschriehen. Auch für den unvollständigen Versebluss der Unterleibshöhle dürften die im vor­stellenden Abschnitte beschriebenen und in unseren Abbildungen wiedergegebenen Fälle recht genügenden Aufschluss geben.
10) Missbildungcn der Genitalien, ohne befriedigende Untersuchung vielfach als llermapbroditismus aufgeführt, habe ich aus leicht begreifliche)] Gründen bei meinen jungen Embryonen nicht verfolgen können.
Die Analogie der normalen Kntwiekelung der Embryonen der Vögel, der Säiigctliiere und des Menschen fordert aber dazu auf, die in Vogelcicrn gefundenen einfachen Missbildungen auch zu den­jenigen, die von Siiugethiercn und Menselien durch rechtzeitige oder frühzeitige Geburt oder durch Abort zur Welt gebracht sind, in Beziehung zu bringen.
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Die weit gUustigeren Budingutigeu t'ür die Forteulwiukeluug erkrankter Embryonen bei Säugetlilereu und Menschen, als bei Vö­geln, lind die von der Selbsttbätigkoit des Embryo unabhängige Geburt, erklärt es leicht, dass die eialaciien Missbildiuigeu bei Säuge-tliieren und Mcnsclieu viel häutiger und verschiedenartiger sind, als bei jungen Vögeln, die mir durch einen glücklichen Zulall von ih­rer Schale betreit, den Museen anheiint'allen. Dennoch steht zu vemiuthen, dass auch bei den Säugethiereinbryonen in den i'rühe-sten Eiitwickeluugsperiodcii so bedeutende Ernährungs- und Bil-dmigsstörungen vorkonnneu werden, dass die Frucht lange vor vollendeter Entwickeiiuig absterben muss. Jn solchem Falls wird die Frucht als Abort ausgestossen werden, und die Aborte wer­den also wahrscheinlich sehr oft in allerhöchstem Grade missgebil-dete Embryonen cntliulten. Im Allgemeinen wird Dieses aueb von den Wenigen, laquo;lie sich mit einer etwas genaueren Untersuchuiig der Aborte befasst haben, bestätigt, indem sowohl Veljieau als Otto vorsichern, dass die Aborte in der Regel missgestaltete und ver-Ivümmerte Embryonen enthalten, ja sie haben selbst interessante Fälle von Missbildungen bei jungen Embryonen beschrieben uiul abgebildet. Leider sind aber die Aborte früherer Perioden noeli imitier von diesem Gesichtspunkte aus viel zu wenig untersucht worden, und ich selbst habe bisher zu wenig Gelegenheit gehabt, frische inensciilichc Aborte zu untersuchen, um hier für eine Ver-gleichung' ausreichende Anhaltspunkte zu besitzen. — Zweimal habe ich jedoch bei wohlcrhaltencn uiul ganz frischen menschlichen Aborten, welche mit der Decidua die Grosso eines Taubeneies hatten, bei sehr vorsiehtiger Untersuchung unter Wasser, ein zar­tes, mit langen Zotten und mit klarer Flüssigkeit versehenes Cho-rion gefunden, in dessen glatter Höhle keine Sjiur eines Embryo aufgefunden werden konnte. Dieses entspricht otfenhar den auf Taf. 1. abgebildeten Füllen, wo sich in den abgestandenen Hühner­eiern kein Embryo fand, obgleich die Fhitwickclung der Eihäute vorgeschritten war. Dass das Ohorion der menschlichen Frucht sieh, bei ütl Grunde gegangenem Embryo, weiter und zu einem propor­tional viel grösseren Umfange entwickeln kann, als die Keunscheihc und die Eihäute im Vogeleic, könnte von den günstigeren Ernäh-
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rimgsveriiältiiisscu der Kruclit im üttinis, als im Vogeleic tibiiiin-gcn. — Einmal fand loh lemer in einem etwas grösseren Aborte in der Wand der Höhle ein Bläsehen, das dem Nabelbliisclien ent-spraeb, neben einer kleinen unt'örmiielien IVJasse, die man kaum mit voller Sicherheit als Embryo deuten konnte, und einmal endlich land ich an der glatten Wand der Höhle eines Abortcs einen etwa 1 Mm. dicken und 8 Mm. laugen Strang befestigt, der am freien Ende ein zur Grrösso eines Stecknadelluiopfes reducirtes, formloses, rundliches Uudimeut eines Embryo trug. Dieser letztgenannte Fall entspricht offenbar der auf Taf. II. Fig. 8 und 9 dargestellten Bil­dung im Vogcleie. Der erstgenannte Fall aber würde dem auf Taf. VI. Fig. 1 — 3 dargestellten, amorph gewordenen Vogelembryo zu eutsjirechen scbeineii. Man darf wohl hoffen, dass eine genauere, von diesem Gesichtspunkte ans angestellte Untersuchung der Aborte noch manche Analogie für unsere in \ ogeleiorn vorgefundenen Miss-bildungen aus frühen Perioden ergeben wird, ohne sich indess dabei verhehlen an dürfen, dass die Verhältnisse insofern beim Menschen und bei den Siiugethieren wesentlich von denen im Vogeleie abwei­chen, als der stete Stoffwechsel, der durch das vorheiströmende müt­terliche Blut vermittelt wird, die llesorption und den vollständigen Seh wund eines zu (irundc gegangenen menschlichen oder Säuge-thiereinbryo, oder einzelner seiner Theile sehr befördern, und über­haupt den Befund sehr wesentlich niodiliciren könnte. — Noch we­niger, als über die Missbildungcii in den Aborten des Menschen, ist über die einfachen Missbildungeu der Siiugethiere ans den frühe-raquo;ten Perioden der Entwickelung bekannt geworden, und in dieser Beziehung steht v. Baer's Mittheiluug (über Schädel- und Kopf­mangel an Embryonen von Schweinen aus frllhester Zeit der Ent­wickelung. 1828. 4to) noch ziemlich isolirt da.
Wenn die einigermassen entwickelte Frucht eines Säugetbicres oder eines Mensehen abstirbt^ aber besonderer Verhältnisse halber nicht geboren werden kann, z. B. bei der Fxtrauterinschwangerschaft, so wird sie bekanntlich in ein sogenanntes Lithopädion verwandelt, wobei sie, infolge der Maceration und des Druckes, wesentliche Forrn-voräuderungen erfälut, bisweilen ganz platt gedrückt wird u. s. w.. während die Zersct/uiigsprodiikte grosscntheils vom mütterlichen
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.Bliitc fortgeführt werden. Kino eiiiigcriuasseu iilmliclie lithopüilioii-iirtigo Veränderung den Embryo kommt auch In abgestandenen Vo-gcleiorn vor. Ich land mimlieh mehrmals in einem Eie, welches 22 bis 23 Tage lang der künstlichen Brütwänne ausgesetzt gewesen, und welches dabei viel Luft enthielt und sehr faul war, einen Embryo, dessen Länge und Form übrigens auf eine etwa Utiigige Entwickelung hinwies, der aber ganz platt und blattartig, von einer sdnnierigen, gelblichen Masse umhüllt und von den Eihiiuten eingeschlossen war. Als ähnliche, nach dem Tode entstandene Deformitäten, sind viel­leicht die Abplattung und zumTheil die Schiefheit des Kopfes, sowie die Flachheit der sonst so proininircnden Augen bei mehreren der auf Taft VII abgebildeten Embryonen (Fig. 18,19, 21) aufzufassen.
An die Zwergbildung (Nanosomia) der Säugethiere und des Menschen erinnert die auffallend geringe Grosso der meisten Vogel­embryonen, deren Misshildung allgemein und nicht auf einzelne Theilc beschränkt war. Besonders gilt Dieses aber von den Fällen, wo der Embryo noch lebendig vorgefunden wurde, wie bei den Embryo­nen der Taf. V. Fig. 1—2, und der Taf. VI. Fig. ö —6 und 8. Als wahre Zwergbildungen können diese Missbildnngen jedoch nicht an­gesprochen werden, weil sie ausser der abnormen Kleinheit so be­deutende krankhafte Veränderungen und Missbildungen darboten.
Wir wollen nun versuchen einige der wichtigsten einzelnen Formen der einfachen Missbildnngen des Menschen und der Säuge-thiere mit den von uns in Vogeleicrn durch Störung der Entwicke­lung hervorgebrachten Missbildungen zusamnienznstellen, in der Hoffnung, dass dadurch vielleicht noch einige Aufschlüsse über die Entstehung derselben gewonnen werden könnten.
1. Missbildnngen am Kopfe.
Die Monstra hydroeephalica und die mit ihnen verwandten M. hydreneephalocelica und M. hemieephalica gehören zu den allcrhäufigsten Missbildnngen bei Menschen. Unter 214 ein­fachen Missbildungen heim Menschen führt Otto 28 M. hydroee­phalica, 60 M. hemieephalica und lü M, hydreneephalocelica auf. Hiernach würde fast die Hälfte aller bedeutenderen angebornen einfachen Missbildnngen des Menschen hierher gehören, nämlich
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'ol/jU. In Meokela Museum fanden sich nach der Aut'ziililung' von Bcnclz unter 212 bedcutentleren {iiigebünieu einfachen Missbildun-gen des Menschen 4(j M. hydrocephalica, o2 M. heinicephalicu und 6 M. iiydrencephalocelica, im Ganzen also 'Vin- Nftflh meiner Aut-zaliluug' in den Museen Copenliagens fanden sich unter 192 bedeu­tenderen aiigehornen einfachen Missbildungcn 19 M. hydroeepha-lica, ^7 M. hemiccpliaiica und 7 M. hydrcneephalocclica, also nur quot;/i8raquo;lt; DftSS diese Chissc der Missbildungcn in Copenhagen ver-hältnissmässig so schwach repriisentirt ist, durfte zum Theil davon abhänget); dasraquo; die einfach hydrocephalischen Köpfe dort nicht so sorgfältig gesaumielt und als Missbildungou einregistrirt wurden, wie es z. li. von Otto und von Meckcl geschah; Vergleicht man hiermit das Vorkoimnen dieser Missbildungcn bei den Siiiigethieren, so stellt sieh das Verluütniss schon ganz anders, als beim Menschen. Im Mu­seum der Veterinärscliule all Berlin 1857 gehörten hierher von den einfachen aiigehornen Missbildungcn beim Kalb quot;/^, beim Scliaf Viigt; beim Schwein 3/aä und beim Pferd 6/.u. In der Sammlung der Veterinäraehule zu Copenhagen zahlten hierher beim Kalb '/„,, und beim Pferd 3/l3 der einfachen angebornen Missbilduugen; dahin­gegen war diese Classe nicht repriisentirt unter den 20 dort vor-räthigen einfachen Missbildungcn beim Schaf und unter 28 solchen beim Schwein. Dem Vorkoimnen in den Museen zufolge scheinen also die hydrocephalischen Missbildimgen überhaupt beim Menschen bei Weitem am häutigsten, beim Schaf und Schwein aber seltener zu sein, als beim Kind und Pferd.
Unter den im obigen Verzeichnisse aufgeführten 25 einfaclien angebornen Missbildungcn der Vögel waren (gt; als M. hemieepha-licti oder hydrcneephalocclica, keine als einfache M. hydroeephalica verzeichnet. Unter den einfachen Missbildungcn, die wir in den Hühnereiern fanden, ist der Embryo der Taft VIL Kig. 7 —'.raquo; als M. hydroeephalieum und der Embryo der Tat'. VII. Fig. 10—11 als M. hemicephalicuin zu bezeichnen. Diese Fälle zeigen nun, dass diese Missbildungen schon in sehr früher Zeit, jedenfalls vor dem achten Tage der Entwickelung des Hühnchens entstehen können. Wenn unsere Vermuthung, dass der auf Taf. VI. Fig. 7 abgebildete Embryo ebenfalls an beginnendem llvdrocephalus litt, richtig isl.
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so wiirdo die Entstellung' nut' eine noch viel trüliere Periode, iiitin-lich etwa auf die -lOste Briitstuacic zurüekgefülirt werden könuen. Mit dieser frühen Kntstehuug des Hydrocephalus stimmt die Uiiu-tigkeit des gleichzeitigen Vorkoimnens anderer Missbildnngen am Kopfe und zum Theil auch an den Extremitäten sehr wohl über-cin, der allgemeinen Kegel zufolge, dasraquo; die Missbildungen eine um so grössere Ausbreitung zu haben pflegen, je früher sie entstehen. Bei raquo;Säugetliieren und Menschen findet man bei liydrocephalisehen, hemicephalischen und hydrencephalocelischen Individuen noch ne­benher verliältnissmässig häufig Hasenscharte, Wolfsrachen, Apro-sopic oder Mikrosopie, angebornen Mangel eines Auges oder Mi-krophthahnus. Auch unser Yogelembryo der Tatquot;. VII. Fig, 7 — Ü zeigt neben dorn Hydrocephalus an der einen Seite des Kopfes Mangel des einen Auges und Verstrichensein der Spalten zwischen Stirnlappen, Oberkieferfortsatz und Visceralbögen, an der anderen Heitc des Kopfes ist eine basenschartenartige Spaltung zwischen dem seitlichen Stirnlappeu und dem überkieferfortsatze vorhanden, und der eine Flügel ist zugleich abnormer Weise nach oben ge­richtet. Der Mangel des linken Auges und die ganze Beschaffen­heit der linken Seite des Kopfes ist offenbar durch eine Ernäh­rungsstörung entstanden, deren Zusammenhang mit der serösen Ansannnelung im Hirn schon durch die Contiguität dieser Theile wahrscheinlich wird. Die abnorme Richtung des Flügels könnte seeundär vom Hydrocephalus abhiingen, da man llvdroeephalus und Spina bifida gar nicht selten mit Verdrehung der Extremitäten combinirt findet. Das abnorme Offenbleiben der Spalte zwischen dem seitlichen Stirnlappen und dem Oberkieferfortsatze ist aber vielleicht eben durch die abnorme Richtung des Flügels bewirkt worden, wie Dieses in anderen Fällen zur Evidenz nachweisbar war (vergl. unten pag. 28).
Wie der Hydrocephalus ohne Zweifel bei unvollkommener Ent-wickclung zur Hydrencephalocelc, und diese durch Bersten der Blase zur Hemicephalie führen kann, so dürfte auch der heiniccphalische Vogelembryo der Taf. VII. Fig. 10 — 11 aus einer hydrocephalischen Missbildung wie sie auf Taf. VII. Fig. 7 — ü abgebildet ist, hervor­gegangen sein, indem das Fehlen des linken Auges und die Narben
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raquo;nussi!, wclcliu deraquo; fgt;rösstcii Theil dor Uberlliiclu! ilva Kopt'os bodedd, sowie die ^-aiize Ivojit'tbnu fllf einen soiclien Vorgang Bpriollt, iler als-dann vor dem lüten Tage der iMitwickeiung abgelaufen sein wurde. Das Felilcn oder die Verkuunnerung der Augen, wo-dureh die M. anonnnata und M. inikro[)litlialina elmrakterisirl sind, gekört beim Mensclien und den Säiigetliiiiren zu den seltneren Missbildmigeu. Unter (118 measeldielien Missbildungen in den oben angeführten 8avmnluugen land ich 9, unter 181 beim Kind 6, unter 14:3 beim Schaf (!, unter 91 beim 8ehweiu 2, unter 38 beim Pferd 2 und unter '21 beim Hund 3 hierher gehörige Fidle verzcidinet. Unter jenen ^5 einfachen angebornen Missbildungen der Vögel war dieselbe Sinai aufgeführt. Mit Küeksieht hierauf ist diese Miss-bildung unter den von uns in den Vogeleiern aufgefundenen Mon-struositiiten stark vertreten. Auf Tatquot;. VII sind 6 Fälle abgebil­det in welchen nur das eine Auge gut entwickelt war (Fig. 34, 1 — 9j 10—11, 12 —14 und 23). Ueberdies beobachteten wir einen vollständigen Mangel beider Augen neben sehr bedeutenden Erimh-nnigsstörungen und Missbildungen des Haut- und Medullarblaltes bei den auf Taf. 11. Fig. 8—4, 8—9, Taf. Hl. Fig. 12, Taf. V. Fig. 1—2 und Tat'. VI. Fig. 5 — (i abgebildeten Embryonen. Eine ganz rudimentäre Anlage beider Augen neben anderen bedeutende­ren Uildungsfehlern zeigte endlich auch der auf Taf. IV. Fig. 1 - - 2 abgebildete Fmbryo. In allen diesen Fällen ist es offenbar, dftSB das Auge nicht nachträglich zerstört, sondern dass die Kntwicke hing desselben durch die Ernährungsstörungen der ursprünglichen Anlage verhindert worden ist. Besonders bemerkenswerth ist die Schiefheit und die Verschiebung der angrenzenden Theilc, welche durch den Ausfall des einen Auges bei fortschreitender Entvviekolung bemerkt wird. Pgt;ei den beiden Jüngsten unter diesen Kinbryonen (Taf. VII. Fig. 3 — 4 und 7—9) ist die Lage des übrig gebliebenen Auges kaum verändert; bei den etwas älteren (Taf. VII. Fig. 10— 11 und 12—14) ragt es über dem Scheitel empor und ist der Mittel­linie genähert, während zugleich eine bedeutende Schiefheit deraquo; Schädels und des Gesichts durch die geringere Fortcnlwickchmg der blinden Seite bemerkt wird, und bei dem ältesten derselben (Taf. VII. Fig. 23) ist die Versehiebung der Theilc am grössten, obgleich hier
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tloi'li nodi das Kudiment des andcron Augos awisoheu der verschobe­nen Medianlinie des iSoheltels und der Ohröttiuiup; siclitbar ist. Hei diesem letzteren Exemplare sind auch die Spuren des pathologischen Processes, die bei den jüngeren Individuen noch so deutlieh sind, verwischt, indeni die [laut der abnormen Kopfseite, ebenso wie die der anderen, mit den Anlagen der Federn bedeckt ist. Diese Ver­schiebung und Forinveriinderung erinnert lebhaft an die Deformitä­ten, welche Fiek in Marburg bei jungen wachsenden Thieren, z. B. durch Ausschnitte aus dem Votner, hervorbrachte.
Der Ausfall des Druckes, der durch die Wachsthums-intensität des Auges normalerweise auf die anliegenden Theile ausgeübt wird, bedingt hier offenbar die Verschiebung derselben, ebenso wie ein positiver mechaniseber Druck allmiihlig die Form bereits gebildeter oder in Bildung begriffener Theile veriiudeni kann. Besonders interessant erscheint mir diese durch Ausfall eines Theilraquo; bei fortschreitendem Wachsthum der Umgebungen bewirkte Miss­bildung, namentlich bei dem auf Taf. VII. Fig. 23 dargestellten Em­bryo, dadurch, dass sie eine recht handgreifliche Erklärung einiger der wunderbarsten Monstruositätcn des Kopfes gieht, nämlich der Cvclopie und der Agenya oder Mikrogenya.
Unter Cyklopenbildung versteht man bekanntlich ein Ver-sclinieken heider Augen, dessen Zustandekommen dadurch erklärt werden kann, dass die Stirnlappen nicht zwischen ihnen hinabwach-sen. Unter 618 einfachen menschlichen Missbildungen fand ich diese ICmal verzeichnet; beim Schaf und Schwein scheint sie viel häu­tiger zu sein, indem sie unter 143 einfachen Missbildungeu beim Schaf 25nial und unter 91 einfachen Missbildungen beim Schwein STmal aufgeführt ist. Bei Vögeln habe ich, wie gesagt, nur bei Doppelmissbildungcn ein mehr oder weniger vollständiges Ver­schmelzen und Verwachsen zweier Augen gesehen, Otto hat aber einen umweifelhaft hierher gehörigen Fall abgebildet. Beim Aus­fall der sonst aus den Stirnlappen sich entwickelnden Scheidewand zwischen beiden Augen, nämlich der Nase, berühren diese einan­der, wachsen gegen einander an und verwachsen mehr oder weni­ger vollständig miteinander, indem die gegeneinander anstrebenden Wachstlnunsintensitäten einander an der Berührungsfläche aufheberaquo;.
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Die Ageiiva und Mikrogonya, welclie auf Niöhtentwlckeluüg oder mivollkommone Untwickolung des Unterkiet'ers (ana dem ersten Viacoralbogtnipaare) ziiriiekgetülirt werden können, kamen unter 018 eintaclien nienscliliclien Misssbildungen nur 2mal, unter 143 cin-t'aclien Missbildungcn beim Sciiaf aber 50mal vor. Hier fällt der durch die Waehstlunnsintensität des Unterkiefers bedingte üruek an den beiderseitigen Kinlenkungsstellen des Unterkiefers hinweg, und dadurch wird der Wachsthunisintensitiit der anliegenden Theile ein abnorm freier Spielraum gegeben, indem die zwischen den bei­den Einlenkungsstellen befindlichen Theile nicht, wie normal, durch den Unterkiefer von einander entfernt werden. Infolge dieses Um-standes begreift man die Verschiebung der Theile, wodurch theils die Augen unten einander näher rücken, theils auch die Ohren bei­derseits unten mehr oder weniger vollständig mit einander verwach­sen und verschmelzen können. Hiernach würde es auch leicht be­greiflich sein, dass diese Missbildung beim Schaf, dessen Schädelbasis so schmal ist, und dessen Unterkieferhälften einen so spitzen Winkel mit einander bilden, so ungleich häufiger ist, als beim Menschen mit seiner breiten Schädelbasis und mit seinem vorn rundea und breiten Unterkiefer. Die Analogie der Entstehung dieser Bildungen mit derjenigen, welche bei dem auf Taf. VII. Fig. 23 abgebildeten Embryo angenommen werden musstc, liegt auf der Hand.
Die als M. aprosorpa, M. mikrosorpa und als Campyl-lorhini bezeichneten Missbildungen der Säugethicre sind nicht scharf von einander geschieden. Es sind besonders die Oberkiefer-knochen, die bei diesen Missbildungen fehlen, verkümmert oder ver­krümmt sind, doch nehmen auch die Zwischenkiefer und Nasen-knochen, sowie der Vomer, meist auch der Unterkiefer an der Deformität Tlieil. Unter 618 einfachen menschlichen Missbildungen gehörten nur .'] hierher, und unter diesen war das eine Exemplar zugleich hemicephalisch; unter 181 beim Rind fanden sich 18, un­ter 143 beim Schaf 20, unter 91 beim Schwein 19, unter 38 beim Pferd 6 und unter 27 beim Hund 9. Insofern man aus einem sol­chen Zahlenverhältnisse einen Schluss ableiten darf, so scheinen die­jenigen Thiere, deren Gesichter und Nasen am meisten hervorragen, dieser Missbildung besonders nusgesetzt zu sein. Dieses würde zu
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(.W Vennntliniig fiiliren, dass dieselben dui'oll laquo;'iiH'U wälireiK,! di-s iuti'autt'rinen Lebens ninwirkfiideii Pruok bedingt vvi'mlun. üit-m; Vennutinmg wird auch durch ilcii Umstand bestätigt, dass die Deiur-initäten deraquo; tSciuiabels, der ja noch melir liervorrag't, zu den aller-liiiutigsteii ointacbeii Missbildungon dor Vögel geluiren. Dieselben sind schon von Geoffroy, Sandifort, Otto und Jluschlce aut'gef'ülirt worden. Bisweilen ist der Obersclinabel abnornKU' Weise gekrümmt, bisweilen ist er zugleich kurz und dick, bisweilen ist seine Spitze kolbig, und der Untersclmabel ist dabei bald löffel- oder schaufel­artig bervorgewaehsen, bald ist er sebr kurz und boeii geworden, während er sieb in anderen Füllen mit dem Oberseimabel kreuzt. Hierdurch können sehr versebiedenartige, und fllr die betretende Species sehr fremdartige Bchnabelformcn entstellen, die z. B. beim Hiihnehen bald an den Schnabel der Loxia eorvirostris, bald an die Sclmabelform der Papageien und Ilaubvögel erinnern. Ausser einem Falle bei einer erwachsenen Flenne (Tafel X. Figur 1) ist diese Missbildung auf unserer Taf. VIl in 5 Exemplaren repräsen-tirt (Fig. 10—11, 12—14, 17 — 19, 20 —22 und 23). In mehreren dieser Fälle konnte der Druck, durch welchen die Vcrkrüiniming veranlasst worden war, mit Bestimmtheit nachgewiesen werden. Bei dem in Fig. 23 abgebildeten Exemplare z. B., dessen Stellung ganz genau ebenso gezeichnet ist, wie sie im Eie war, stiess die Spitze des verkrümmten Obersehnabels gegen den Flügel an. Wir wer­den im folgenden Kapitel genauer auf den Einfluss des Druckes auf die Entstehung mancher Formen der Missbildungen eingeben und beschränken uns daher hier darauf, denselben angedeutet zu haben. Die abnormen Spaltbildungen des Antlitzes: Labium leporinum, Palatuin fissum. Uvula fissa und Scbistocepha-lia sind einander verwandte Miasbildungen, welche beim Menschen häufiger zu sein scheinen, als bei den Säugethieron mit grossen Schnau­zen. Unter 618 einfachen menschlichen Missbildungen gehörten 77 hierher, unter 181 beim Rind 11, unter 143 beim Schaf 5, unter 91 beim Schwein 3, unter 27 beim Hund l und unter 38 beim Pferd keine. Das Verhältniss des Vorkommens dieser Missbildungen in den Museen ist also dem der Aprosopie, Mikrosopie und des Cam-pyllorhinus gerade entgegengesetzt, und es scheint daher, dass die
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grOssere Waohsthuinsintonsittlt der Q-esiohtsttnlage bei den Tliieren mit gl'OBsen SohnauzOn den inögliclioii Hindernissen i'i'ir die Vcreiui-Hung' der zur Bildung des Antlitzes dienenden Lappen mit grösseror Energie entgegenwirkt. Unter den Missbildungen der Vögel fand icii kein einziges hierher gehöriges Kxemplar in der Literatur verzeieii-net. Dahingegen habe ich dieselben, wie schon aus den Abbildungen hervorgeht, bei den Embryonen der Vögel in den Eiern gar nicht selten vorgefunden. Taf. Vf. Fig. 9, Taf. VII, Fig. 8 und 14 bieten Beispiele solcher flcnnnnngsbildungen dar, wo die Vereinigung der verschiedenen Lappen, welche zur Bildung des Antlitzes beitragen, nicht zustandogekoniinen ist, und wo dadurch abnorme Spalten im (xesichte entstanden sind. An diese Spaltbildungen reibt sich das Coloboma Iridis, das in mehreren hier nicht abgebildeten fallen von mir bei Vogelemhryonen noch viel schöner als auf Taf. VIF. Fig. 20 beobachtet wurde, sich um so natürlicher an, als die Iris bei der relativen Grosse des Auges beim Vogelembryo um die Mitte sei­ner Entwickelung im Eie den Stirnlappen und dem Oberkieferfort-satze an (irosse kaum nachstellt. Bei sehr sorgfältiger Bewahrung der ursprünglichen Lage fand ich hier die Spitze des abnorm ge­richteten Flügels gerade in der Spalte der Iris fest eingeklemmt, so dass ich diesem Umstände die NichtVereinigung zuschreiben musste. Eine entsprechende Erklärung scheint mir für die Kntste-bung der bei den Embryonen der Taf. V1L Fig. 8 u. 14 beobachteten Spaltbildung sehr annehmbar zu sein. Die Niehtverwachsung der ursprünglich zwischen den Lappen vorhandenen Spalten scheint je­denfalls entweder in einer Beschränkung des Wachsthums oder in einem Hindernisse der normal stattfindenden Vereinigung gesucht werden zu müssen. Dieses Hinderniss kann, Obigem zufolge, ein Körpertheil sein, welcher durch abnorme Lagerung in die Spalte ein­geklemmt wird und dann durch Druck der Wachsthumsintcnsität der Ränder einen unüberwindlichen AViderstand entgegensetzt. Bei der Lagerung der vorderen Extremitäten ganz in der Nähe des Kopfes ist es gar nicht unwahrscheinlich, dass ab und zu eine etwas ab­norme Lage des Endes der vorderen Extremität zur Zeit der Bil­dung des Antlitzes, Hasenscharte und Wolfsrachen bedingen kann. Ks wäre aber wohl möglich, dass unter Umständen, bei vorbände-
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129 ncr Gewebgorkraukung ftuoh Detrltuibltimpchen IHndeniisso für die
Vereinigung' abgeben könnten, und es wäre ebenfalls möglich, dass die im Folgenden als embryonale Atrophie bezeichnete Ernälmuigs Störung primär an den Rändern der zum Verwachsen mit einander bestimmten Lappen Platz greifen und das üttenhlciben der Spalten bedingen könnte. Bei den bedeutendsten iSpalthildungcn, wo das ganze Gesiebt gespalten erscheint (Schistoccphalus), werden wir je­doch durch unsere Beobachtungen an Embryonen in Hühnereiern noch auf eine andere Ursache der Spaltung hingewiesen, nämlich auf die Zerrungen und Spannungen durch Verwachsungen. Dass diese anderweitig Spaltungen oder Verhinderung der Vereinigung bedingen können, geht aus unseren Beobachtungen klar hervor, in­dem das Offenbleiben des Nabels, des Unterleibes und der ganzen Leibeshöhle sowie die Spaltung des Herzens in zwei Schläucbe ohne Widerspruch bierauf zurückzuführen ist. Eine so bedeutende Spal­tung des Antlitzes, wie sie bisweilen, wenn gleich selten, bei Käl­bern und anderen Säugcthicren vorkommt, habe ich zwar bei weiter vorgeschrittener Entwickelung bei Vogelembryonen nicht gesehen. Für die frübesten Stadien aber haben wir einen Repräsentauteii einer solchen Spaltung in Fig. 12 der Taft III, wo der ganze Em­bryo, mit Einsohlusa des Kopfendes, flach ausgebreitet, und offenlaquo; bar durch die peripherischen Adhäsionen verhindert worden ist, die Vereinigung'in der Mittellinie vorn zu bewerkstelligen.
Jene Spaltungen der vorderen Hirnblaso in 2 seitliche, röhren-artigo Enden, wie sie auf Tftf. III. Fig. Iund2 und Taf. IT. Fig. f! und 4 dargestellt sind, entsprechen keiner mir bekannten Missbil­dung der Säugethierc und des Menschen. Vielleicht beruht Dieses darauf, dass solche Missbildungen in so früher Zeit zu Grunde ge­hen, dass sie nur in sehr jungen Aborten zu suchen wären.
Diejenigen Missbildungen, welche ihre Bezeichnung vom Ver­schlüsse oder dem Fehlen natürlicher Oeffnungcn am Kopfe erhalten, sind überhaupt in den Museen ziemlich selten, als Atresia Oris, Itnpcrforatio Auris externae u. dgl. In solchen Fällen, wo wir das Auge bei frühen Entwickelungsstufen vermissten, Z. 1gt;. auf Taf.V. Fig. 1 und 2 und ftuf Tal'. VI1. Fig. 8, 0,11 und 12, fehlton in­dessen auch die der Entwickelnng^periode entsprechenden Spalten iVuniin, (Jntcraucliungon.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; #9632;*
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iiiul OoHntmctMi, jcilocli mit Ansnalimo dos Mundes, der •/,. B. aucli in Fiff. ^ delquot; Tuf. V als viereckige Oeffimng vorhanden ist. In allen diesen Füllen zeugte die narliigo Beschaifenheit der entspreohendan Fartio, der Maugel des Auges, und bisweilen zugloicli ausgebreitete
Abnonnitiilen des lljnitblattcs, liinreieliend davon, dass der Verselilnss der natiirlielieii Spalten nnd OetVnnngen dUl'Oh eine Erniilinnijys-atörilllg bewirkt worden war, sei es nun, dass diese Ernälirungs-stönnig als Vei'klebvng oder Vcrwaelisnng-, oder als Atrophie und narbenartige Contraction v.w bezeichnen sein mag (etwa wie der Verschlnss des Mundes und der Augeulicder beim Lupus zustande-komnit), oder aneli, dass normal eintretende lOinstlUpTingen und Per­forationen durch die Ernftbranfifsstörunst verhindert wurden.
2. Missbild ungen am RumpfOi
Die einfachen Missbildungeu des llnin])fes, die sogcopy;-nannten M. Perocorma, pflegt man in verschiedene Abtbciiimgen zu bringen, je nachdem sie auf Spaltung und NichtVereinigung beruhen (Hernia nmbilicalis, Inssura abdominalis und sterno-abdominalis, Scbistoeorinns, Spimi biiida) oder je nachdem sie von Verkriimniung und Verkümmerung' der Wirbelsäule abhängen (Campjlorbachis und Oligospondylus), und man pflegt dann noch die Atresia Anl und die Miasbildungen der Genitalien als besondere Abtheilungen aufzufüli-rcn. Diese Eintheihmg kann aber namentlich bei den höchsten Graden der Missbildung des liumpfes nicht aufrecht erhalten wer­den, indem bei sehr hoebgradigen Spaltungen der Bauch- und Brust­wand die Rippen meist nach hinten gebogen sind und eine sehr starke Verkrümmung und Verkümmerung der Wirbelsäule vorhan­den ist. Diese liiiclisten Grade der Missbildung des liutnpfes hat man denn oft, wie es z.B. von Otto und von (Jurlt geschehen ist, als eine besondere Abtheilung hingestellt. Wir müssen, indem wir die Entstellung der einfachen INlissbildungcn vor Augen haben, von diesem Eintheihmgsprineipc absehen, und die betreffenden Missbil-düngen einzeln besprechen, da z. B. die Spina biiida und das Of­fenbleiben der Bauclivand, Avelcho beide als Monstra Fissione de-t'ormia aufgeführt v.w werden pflegen, genetisch doch sehr verschie­den sind.
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Was nun ziniiiclist die Spina bifido l)('trifrt, so scheint diese beim Menschen verhältnissmässig viel littuflgef vorznkonimen, als bei den Siüig-ethieren. Unter 192 einf'aelion menseblielieii Mirtsg-c bnrtcn in den Museen Kopenliiigons hatten 17 Spinn bifida, und unter 212 in Meckels Museum fanden sieh deren 21. Dazu kommt noch hinzu, class Individuen mit Spina bifida ja bisweilen am Leben bleiben und Objöote für cliirurgischo Operationen abgeben. Oinal unter 17 war bei den in den Museen Kopenhagens vomitbigen Fidlen von Spina bifida zugleich Hemicephalie vorbanden, und 3mal waren die Extremitäten dabei verkümmert. Bei den Säugethiercn hingegen scheint die Spina bifida ausserordentlich selten vorzukommen, indem ich in der Literatur keine Angabe darüber gefunden habe. Bei Vogel-erubryonen im Eie dahingegen sab Geoffrey einmal die Wirbelbögen in der Ilalsgegend, einmal in der Lendengegend und einmal in der gmimi Ausdehnung der Wirbelsäule offen. In unseren Abbildun­gen finden wir die Spina bifida auf Taf. VI. in Eig. 5, 7, 8 und *.) repräsentirt. Man erkennt liier deutlich, besonders in Fig. 7 und 8, dass das Medullarrohr an der Bildung der Spina bifida theiininnnt, indem dasselbe vom Centralcanal aus blasenartig ansgodebnt ist. Diese locale Ausdeimung des Medidlarrohrs erscheint schon darum als primär, weil das Medullarrohr zu innerst liegt, und die Flüs­sigkeit, welche die Blase prall erfüllt, weist darauf hin, dass die Ansainndmig oder Ausscheidung derselben eben die Alisdolmung veranlasst hat. Es nmss aber cine locale Erkrankung- der die aus gedehnte Stelle des Medullarrohrs uiugebeiulen Theile angenommen werden, um zu erklären, dass die Ausdehnung nur an der oinerJ Stelle, und nicht am ganzen Mcdullarrohre stattgefunden hat. Diese locale Erkrankung der Umgebung giebt sich namentlich in Kig. 5 und 8 dentlieh durch ein Auseiiiandenveielien der Riickenplatteu zu erkennen. Die Verwandtschaft der 1 lydreneephalocclc und der Spina bifida ergiebt sich hierbei von selbst; sie wird noch ein­leuchtender durch den Umstand, dass die in der hinteren blasen­artig ausgedehnten Partie des Medullarrohrs angesainmolte Flüssig­keit in Fig. 8 mit der in den liiniblasen enthaltenen comnumicirte, so wie auch dadurch, dass die Spina bifida und die offenbar ans der llvdrencephalocele hervorgegangene Hemicephalie beim Men-
0 ;1
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sclien gav nicht selten zufümunen vorkonunen. Aueli die AWeitimg tier Vevcbehnng der liiiitercu lOxtreiiiitiiten in Fig. 9 tlei- Tftfi VI von der Spina, bifida würde dureli Ahn Umstund liestiitigt werden, dass man nicht selten Verknimmimp; und Verki'mnnerunp; der liin-toren Kxtremitiiten heim Monseheil mit Spina hif'idu znsannnen vorlinlt;let. liemerkcMiswcrtli ist bei misereii Füllen noch der Um­stand, dnss die Bjiina bifida in denselben überall die Lenden-gegend eiiminnnt, wo sie aueli beim Monselien besonders liäulig ist; vielleicht konnte ein relativ noch baldigeres Vorkommen der Spins bifida in dieser Region bei den Vögeln davon abbiinpen, dass letz­tere in der Lendengegend normaler Weise den Sinns rliomboidalis haben, der bekanntlkdi von einen) Auseinanderweiclieu der binteren Unckeninarksstriinge berrülirt. Dass die Spina bitidn in den friilie-sten l'nitwiekelungsjieiioden entstellt, gebt jedenfalls ans den von uns beobachteten Fällen klar hervor.
Die Hernia umbtlicaliä, die Fissnra ahdominalis, die l'issnra Sterni und stc rn o-abtloininalis und endlicli die Eventratio oder l'crieorrnia, wobei die Pleuroperitonealbölile ganz fehlt, die Eingeweide frei heransliiüigcn und die Daneh- und Bfuatwand flach ausgebreitet oder selbst nach obon, gegen den Bücken hin, umgebogen ist, bilden offenbar eine lieihe graduell
von einander unterschiedener Missbildnngen. Die Hernia nmhili-ealis ist bekanntlich beim Menschen bäulig genug, und bei Kin­dern oft Gegenstand ärztlicher Bebandhing. In den Sammlungen ist dieselbe daher verbaltnissmässig viel 7,u schwach vertreten. Das vollkommene Fehlen einer Leibeshöhle, indem zugleich die Bippen nach hinten gebogen sind, scheint unter den Ilanssänge-tliiercn bei weitein am häufigsten beim Kalbe vorzukoinmcn. Bei last vollständig entwickelten Iliilinchen, welche den Durehbrnch der Schale nicht bewerkstelligen konnten, fand ich sehr oft eine Danuschlinge in den Stiel des nach anssen befindlichen Dotter­sacks hineinragen. In einigen Fällen fand ich auch bei Hübu-ehen, die eine Zeit lang frei gelebt hatten, eine mehrere Milli­meter grosse, ovale kSpalte in der (hegend des Nabels, u-olche eine
freie Communication mit der Pleuroperitonealhöhle herstellte und den
Tod (lurch Prolaps der (icdärnie bewirkte. Bei jüngeren Vogel-
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Oltibryotion linden wir cliche Misabüdung in ihren vcrscliiodcncn (1 ra­tion ziomlicli zalilrcicii in unseren Abbildungen ropi'llsenth't. Fig. If), Pig.lO—11 u.Fig.5—6 derTat'.Vll atellen zunächstdroi vei'soliiodone Stufen dieser Missbildimg dar. In Fig. 1:quot;) könnte diß Zerrung der Seiten|)latten dureb die Spina bitida naeh binten zur Erklärung des unvollkommenen Verseblusses der Haucliwuiid dienen, aber die lliiu ßgkeit dieser geringeren Grade des Oftenbleibens der Baueliwand und des Prolapsus der Gedänno in den Nabel, oline Gegenwart von 8|(iiui bitida, zeigt, dass Dieses wenigstens nur eine seltenere Veran­lassung dieser Missbildung ist. Nichts dostoweniger glaube ieh all­gemein anneinnen zu dürfen, dass eine mechanische Zerrung und Spannung Ursache des unvollständigen Verseblusses ist. Wo eine Dtifmschlinge iu den Htiel des Dottersacks hineinhing, war dieser Stiel ungewöhnlich lang, als wäre die Verbindung zwischen dem Dotter und dorn llübncben gezerrt und gedelmt worden. Dass übrigens auch die Spannung und Zerrung von innen heraus hier­bei in Betracht kommen kann, zeigt die Häufigkeit der Entwieke-lung des Nabelbruches bei ganz jungen Kindern naeh der (Icluirt. Noch weit evidenter war aber die, Abhängigkeit dieser Spaltbildun-geu von meebaniseber Zerrung in den Füllen, wo die Bildung einer Leibeshöhle dureb abnorme Verbindung der Seitonplatten mit der krankhaft veränderten und oft mit der Dotterbaut verklebten perl-pboriseben Keimsebeibe ganz verhindert worden war, oder wo ab nonue Anmionbildung den normalen Versebluss vorhindert hatte. Letzteres ist der Fall mit dein auf Taf. V. dargestellten Embryo, l'gt;steres bei den Embryonen der Taf. IV. Fig. 1—1raquo;, der Tat'. III. Fig. 4 und 12 und der Taf. 11. Fig. 5 und ohne Zweifel aueh bei Fig. 5 und G der Taf.Vll.
Die Verkrümnning und Verkürzung der Wirbelsäule, welehe als ursprüngliebc Missbildung beim Menschen und den Säuge-lliicren im Ganzen selten, und dann meist entweder mit unvollkom­menem Verseblusse der Baucliwand, oder mit Hydroeephalus, llv-clreneepbaloeelc oder lleinieeplialic oder mit Spiua bitida zusammen vorkommt, haben wir unter den Missbildungen der Embryonen in lliilniereieru verhältnissmässig oft gefunden. Ln den meisten Fltl left, ü. B. bei den auf Tat. 11. Flg. 6, 6, 7, Taf. III. Fig.4,5,1, i'J,
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Tal'. IV. Pig, 1—2 und Tat'. V. Fig. 1 — ^ ckrgostollteu Embryoneu fanden laquo;ich moclianischc Verliältuisso, welche raquo;He iVoic und normale Elltwiokelung der Wirbelsäule, und oft zu gleielier Zeit die Bllclnng oilior Leibesliöhle, oder doch den normalen Verschluss derselben verhindert batten. In audoren Fällen war Spina bilida nugleieh vorhanden und alsdann küimte sie als Ursaciic der Älissbildunp,' der Wirbelsäule angeselien werden, z. li. bei den auf T'af. VI,
t'ig, B — 6iind8 abgebildeten Etöbryouen, Alle unsere Beobaeh-
tvingon weisen aber auf eine sebr i'rübe Entstehung dieser Jlissbil-ilimgcn hin, und zeigen, dass Ernährungsstörungen diese Missbil-diingcii veranlussten, iiulcm sie meist nieehanischc Hindernisse für dir normale Fortentwiekclung iiervorbraehten.
3. Missbildungen der Extremitäten.
Die Missbildungen und Verkrüinmungcn der Extreniitätcn (Pe-romola) gehören überhaupt zu den häufigsten einfaeben Missbildun-geu. Beim j\lcnselien gehörten 115 unter (318 angebovnen einfachen Missbildungen hierher, beim Uind 28 unter 181, beim iSchaf lö un-ler Mo, beim Schwein 10 unter ül und beim Pferd 5 unter 38. Aiieh bei den Vögeln ist diese Klasse von Missbihlungen bäulig ge­nug-, ja wie es seheint unter den ciufaclien Missbildungen, die bei entwickelten Jlübuern zur Beobachtung kommen, die häufigste. Be-sondbra oft wurden dieselben in künstlichen Brutanstalten beobachtet. Im Etablissement zu Bourg la Reine, wo die Eier einer zu trocke­nen Wärme ausgesetzt waren, gingen nach Geoll'ixrys des Aelteren Mittheilling yi0 der Eier zu Ql'undO; und von den übrigen hatte fast die Hälfte nach aussen verkrümmte Zehen (Dietionairc classi-quo ilbist. mit. t. 11 png. 14',)). Nach Isid. Gicotfroy St. llilairc sol­len sich auch viele durch künstliche Bebrütung entwickelte Hühner durch ihre langen Beine auszeichnen, Ich selbst sah bei jungen llübiHTii, die im Etablissement des Herrn Schmitz durch künstliche Wiirmc entwickelt waren, folgende einfache Missbildungen der hin­teren Extremitäten: 1) eine dicke Haut, ganz wie eine Scbwimm-lianl, verband zwei oder mehrere Zehen, 2) es war die Zahl der Zehen zu gering, 'd) es waren die Zehen verkriinmit, 4) es war die eine hintere Extremilät 80 verdreht, dass die Vermuthung aufstieg,
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es möulitc eine Luxtitiu congcnitii vorliegen, wührcutl raquo;Ho anatomi­sche Untet'SUOhnng ergab, class die CJelenke nornitil gebildet waren und dass nur eine Vcrblegung der Tibia vorlag. JJei unsoreii 10m-brvonen in Vogeleiern fand sich cbeut'alls verhiiltnissmiissig oft eine Missbüduug der Extremitäten, die aber natürlich nur bei den wei­ter vorgeschrittenen Embryonen zur Evidenz kommen konnte. Un ter den weniger entwickelten Embryonen, bei denen jedoch eine Anlage der Extremitäten mit liiicksicht auf die sonstigen Fort­schritte der Entwickelung schon erwartet werden konnte, fehlten dieselben bei Eig. 12 der Tal'. 111, wo die Bildung der Loibeshohle durch die Verbindungen der Seitenplatten mit der peripherischen Kcimscheibe und durch die Verklcbungen des Bluthofes mit der Dotterhaut verhindert war. Bei Fig. 1 und 2 der Taf. V waren die hinteren Extremitäten nur angedeutet, die vorderen aber ganz zwei­felhaft, was bei dieser ausserordentlielien Monstruosltät durchaus nicht befreniden kann. Bei Fig. 5 und G der Taf, VI nuissto es zwei­felhaft erscheinen, ob die Anlagen der Extremitäten gänzlich fehl­ten, in welchem Falle die beiden Knütcheu am hinteren Ende des Körpers als eine gespaltene Anlage der Allantois aufzufassen wä­ren, oder ob die rudimentären Anlagen der hinteren Extremitäten einander abnormer Weise so genähert waren, dass bei mehr loealer Beschränkung der Affection und bei weiter fortgesclinttoner Ent­wickelung eine Syinpodia daraus entstanden sein könnte. Bei Eig. 8 der Taf. VI fehlt die Aidage der Extremitäten bei Gegenwart einer
colossalen iSmua bliida, in welchem Falle bei fortschreitender Ent-
. .nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;. #9632;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; .nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; fP
wickelung wahrscheinlich ein Apodas und Oligospondylns entstan­den wäre. Bereits entwickelte Missbildungen der hinteren Extre-nntäten zeigen Fig. 9 der Taf. VI und viele der auf Taf. VII ab­gebildeten Embryonen. Es scheint aus den hier vorliegenden Fällen hervorzugehen: 1) dass Verkrümmungen und abnorme Lagen der
Extremitäten von primären Affectionen des JMeduilarrohrs, Spinanbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ;
bitida und hydrenccpliallsehen Affectionen abhängen können, wofürnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ;•
auch die nicht seltene Combination von Missbildungeu der Extre­mitäten mit den letztgenannten Ail'eetionen bei menschlichen Mon-struositäten spricht; 2) dass dieser Cansalnexus aber nicht der ein­zige ist, indem z. B. in Fig. 20und 21 sehr starke Verknippelung
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der hinteren Extrenütäten vorhandeu ist, ohne iluss eine AH'eetiüii des Medullarrolirs vorliegt. In solulien Fällen dürfte tlieils ein äusserer Druck, ü. B. verunlasst durch ivbnorm starke. Entwicke-iung des Luftrainnes, durch Gcfässstänime der Allanto'is u. s. w. die freie nonualc EntwlokelllUg verhindert haben, tlieils, und zwar vorzugsweise, dürfte eine primäre Ernähruugsstörung der in Bil­dung begriffenen Extremität oder ihrer Anlage die Missbildung be­dingt liiihon. Letztere Annahme scheint besonders in den Fällen geboten zu sein, wo sich zu wenig Zehen gebildet haben, oder wo die Zehen durch eine Haut verbunden waren. Ich besitze ein Paar Exemplare menschlicher Aborte, wo Deformitäten der Extremitä­ten ganz unzweifelhaft von Erkrankung der Haut und der darun­ter liegenden Thcile abhängig waren.
Eine Classe der Missbildungen der Extremitäten ist mir leider noch sehr dunkel geblieben, nämlich die Entstehung multipler Thcile an den Enden der Extremitäten. Am häufigsten iindet man über­zählige Finger, bisweilen ist aber auch die Hand oder der Fuss tbcil-weise verdoppelt, ja in einem Falle, der auf der Veterinärselude zu Kopenhagen aufbewahrt wird, finden sieh an einem Unterschenkel eines Schafs 4 rudimentäre Caleanei und 4 zum Theil rudimentäre Fussc mit den entsprechenden Zehen. In diesem Falle war, der Versicherung des Herrn Prof. Bendz zufolge, sonst durchaus keine Verdoppelung irgend eines anderen Theiles vorhanden, welche auf die ursprüngliche Gegenwart eines zweiten apäter rudimentär ge­wordenen und bis auf einzelne Thcile zu Grunde gegangenen Em­bryos hindeuten könnte. Da von Einigen diese Classe der Miss-bildungen so sehr stark betont worden ist, dürfte es zweekmässig sein, darauf hinzuweisen, dass dieselben doch nur einen kleinen Bruchtlieil sämmtlicher angeborener Missbildimgen ausmachen. Un­ter 686 menschlichen Missbildungen (einfachen und doppelten) ge­hörten hierher 19, unter 24U beim Hind 5, unter 24ü beim Schaf 4, unter 4G beim Pferd 2, unter 120 beim Öchwein 7, unter 127 bei Vögeln 5. Isidore Geoifroy raquo;St. liilaire scheint dieselbe verhält-uissmässig oft angetroffen ZU haben, indem er die Verdoppelung des Daumens bei Hühnern (imal auf beiden und Imal auf einer Seite sali. Unsere Behauptung, dass diese Classe doch nur einen klci-
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ueu Bruchthcil raquo;äniintliclici' Missbildungun ausinaclit, kann aucli dadurcli nicht altcrirt worden, dass nianclic dieser Fälle beim Men­schen den Sanunlungon gewiss entgehen. Diesen Missbildungen ist, wie Herr Prof. Bendz mir bemerkte, höchst wuhrscheinlich die Verdoppelung der Körner ganz analog, die bei llirseiien, Ziegen und yduiten vorkommt, und welche bei letzteren, wie auf Island, selbst typisch werden kann. Ob die Verdoppelung der Schwänze, welche nainentlieli bei Eidechsen beobachtet ist, ebenfalls hierher gehört, oder ob dieselbe zu den wahren Doppelinissbildungcn zu zählen ist, erscheint mir schon viel zweifelhafter. Die ganz allniäh-lig zu zweiköpiigcn Missbildungen übergehenden Monstra mit theil-weiser Verdoppelung des Gesichts, ist man bei dem so complicir-ten Bau der verdoppelten Gebilde viel eher geneigt, zu den wahren Doppelluissbildungen ZU zählen, d. h. zu denen, welche aus zwei Ursprünglichen Entwickelungscentren hervorgegangen sind. Ob­gleich in jenen Fällen ebensowenig eine spaltende Einwirkung als die Ursache der Ubermässigcn Wucherung bisher nachgewiesen ist, so scheint mir doch die Vermehrung der Endglieder der Extremi­täten auf eine solche während der Entwickelung eingreifende, aller­dings noch unbekiiuute Ursache zurückgeführt werden zu müssen, etwa analog der Spaltung des ursprünglich einfachen Ilerzschlauches in zwei Herzschläuche (Taf. IV. Fig. 1—2 und Taf. V. Fig. 1—2) oder der Spaltung des vorderen Theils des Hirns in zwei Hälften (Taf. 1.1. Fig. 3—4), oder der Verdoppelung der Polypen durch künstliche Spaltung, oder einem überzähligen Staubfaden, Pistill oder Pctalum einer Blume.
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Drittes Kapitel.
Die Ursachen der duvcli Störung der Entwiokeluug entstaudeiieu Missbilduttgen.
VVcnn niiui die oben bescliricbcucn Einzclt'ällo überblickt, 80 kann man iliesclbon noch torner benutzen, um aus ibnen die Ur­sachen der eint'aclieii Missbildung'on, d. h. die ailgemciiieii patholü gischon Proccsso, welche bei ihrer Entstellung in Betracht koiiiineu, nebst ihren iiusscren Ursachen und Bedingungen, soweit es schon jetzt möglieh ist, festzustellen.
Indem wir uun den vorliegenden Abschnitt dieser Untersuchung widmen wollen, dürfte es zum Eingänge derselben passend sein, daran zu erinnern, dass die änsseren und zum Theil auch die in­neren Lebeiisbcdingungen der Embrvonen, einerseits im Eie, an­dererseits im Uterus, von denen der frei lebenden, entwickelten
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Individuen so verschieden sind, dass man a priori auch in den Er­nährungsstörungen beider grosse Verschiedenheiten ZU erwarten be­rechtigt ist. Von aussen oder innen her einwirkende schädliche Potenzen^ können bei allen lebendigen (jleschöpfen Eniährnngsstö-ruiigen ihrer Gewebe hervorrufen. Diese Störungen und ihre Folgen sind aber bekanntlich je nach der Beschaffenheit der schädlichen L'otcnz, je nach den übrigen äusscren Verhältnissen und Bedingun­gen , je uacli der Qualität des betroffenen Theils und je nach der Species dos Individuums höchst verschiedener Art, ja selbst bei voller Identität der genannten Verhältnisse sind die Ernillirungs-störungen und ihre Eolgon wesentlich anders bei jungen, im Wachs-thum begriffenen, übrigens frei lebenden, und bei alten, voll ent­wickelten Individuen. IVie viel mehr steht es denn nicht zu erwarten, dass die Ernährungsstörungen der Embryonen sehr we sentliehc Eigenthüinliehkeiten darbieten werdenV
Wenn man aber diese studiren will, so hat man zunächst den EinflllBB der äusscren Bedingungen ins Auge ZU fassen, und
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(lonmäclist die Eriuiliruugsstöruiigeii selbst und die bei den­selben in Betracht konnneiulcn pathologischen Processe zu erforschen, mit stetem Hinblicke auf die Verschiedenheiten bei den entwickelten und hei den embryonalen Individuen.
Die üusscren Schädlichkeiten, welche Ernährimgsstörungen her­vorrufen können, pflegt man in zwei Classen zu theilen, nämlicli in solche, dio zunächst den Chcinismus, und in solche, die zunächst die Form Ycrändern, oder in chemisclie und mechanische.
1. In chemischer Beziehung könnten bei der Entwickelung des Vogelcies allcrdinglaquo; solche positiv schädlichen Stoffe in Be­tracht koiumcn, welche durch die poröse Kalkschale in das Ei eindringen können. Hierhin würden schädliche Gasarten und obi­gen Angaben (Pag. G und 18) zufolge auch die Pilze gehören. Ab­gesehen von den Angaben Keaumur's und Viborg's, bei denen auf die speciellcn Ernährungsstörungen und auf die Entstehung der Misshildungcn keine Rücksicht genommen wurde, liegen uns jedoch IliorUber keine bestimmten Data vor. Dahingegen kommen zwei andere Verhältnisse, welche jedenfalls zunächst den Chemismus der embryonaleu Ernäliruug und Entvvlckclung treffen müssen, hier we­sentlich in Betracht; nämlich erstens die Tempcraturvcrhältnisse, und zweitens die durch die Porosität der Schale vermittelte Wech­selwirkung des Eiinlialtes mit der Luft.
Was nun zunächst die Temperaturverhältnisse betrifft, so ist bekanntlich die Brütwärrae Bedingung für die Entwickelung deraquo; Eies. Der entwickelte Vogel trägt aber, wie das entwickelte Säuge* tliier, in sich selbst eine Wärmequelle, welche, In Verbindung mit verschiedenen Vorrichtungen und Umständen, die eben durch die selbstständige Existenz bedingt sind, das Thier in den Stand setzt, im Ganzen eine bestimmte Eigenwärme zu behaupten, trotz der Schwankungen der äusscren Temperatur. Dieses Vermögen, die Eigenwärme zu bchiuipten, ist bei dem jungen Vogel, der das Ei verlässt, noch ziemlich gering, es nimmt aber bis zum vollende­ten Wachstliumc immer mehr zu. Schon der Embryo im Eie zeigt tVeilicii, wie bereits Reaumur es nachwies, in der letzten Periode der Entwickelung ein mcrklielies Vermögen, selbst Wärme zu produ-üh'OlJ) indem die Eier wenige Tage vor dem Auskriechen sich länger
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wiirin halten; dieses VerwOgOp ist aber selbst wähmul der letzten Tage nur äusserst sebwaeh, da das EI bei mittlerer Temperatur binnen wenig ötunden bis auf die Temperatur der Umgebung ab-gekttblt wird, lind in den t'rühcrcn und frühsten Perioden ist ein VVänneprüduktionsvermögcu kaum nachweisbar. In den t'rülicren Perioden ist der Embryo im Eie daher ganz und gar, in den spä­teren wenigstens wesentlich auf diejenige Wärme angewiesen, die ihm von aussei! zugeführt wird. Die Mittel ferner, die der Natur beim entwickelten Individuun) zu Gebote stehen, um ein zu holies Steigen der Temperatur des Körpers zu verhindern, gehen dem Embryo im Eie natürlich gäuzlieh ab, indem die Abkühlung durch Verdunstung bei der geringen Oberfläche des überdies noeii mit der Kalksehale versehenen Eies in dieser Beziehung gar nicht in Betracht kommen kann. Dieses Unvermögen des Embryo im Eie, Eigenwärme zu produeiren und bei Schwankungen der äusseren Temperatur in der Weise zu behaupten, wie das entwickelte Thier, würde nur dadureh einigermassen compeusirt werden können, wenn der Embryo besser Temperaturschwaiikungen ertragen könnte, als das entwickelte Thier. Dieses ist aber durchaus nicht der Fall) wie schon eine ganz oberflächliche Naturbcobachtung lehrt. Wasser­vögel schwimmen z. 13. viele Stunden lang in eiskaltem Wasser, wobei wenigstens ihre nackten Eüsse sehr stark abgekühlt werden müssen, ohne dass dadurch Ernährungsstörungen eintreten; die Eier der Vögel werden dahingegen theils durch die Bebrütung, thcils durch den Nestbau gegen Abkühlung mit solcher Sorgfalt, und durch so vielerlei zu demselben Ziele führende Mittel beschützt, dass man schon daraus auf die Wichtigkeit dieses Schutzes für die Entwickelung schliesscn könnte. Die Säugethiereinbryoncn sind in dieser Beziehung im Uterus noch viel günstiger placirt. Wenn nun der Einfluss der Temperatur auf die Gewebsernährung schon bei entwickelten Individuen sehr ausgezeichnet ist, wie unter An­derem die mit so vorzüglichem Erfolge in der neueren Chirurgie benutzte Anwendung der Kälte zur Uekämpfung der Entzündung lehrt, so steht schon a priori zu erwarten, dass derselbe auf Ein bryonen im Eie noch weit grosser sein und noch ganz andere Re-
sultate hervorbringen wird. In tier That haben mich nun meine
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zahlreichen Beobachtungen bei kiinstliehon Brütversuchen auf dftraquo; Vollkonnncinsto davon überzeugt, dass die Temj)eratnrf?cliwan kniigen unter den iinsaeren Uraaelicn der lOiiBtchnng von Misabiidnngen in Vogcleicvu den ersten Platz einneli-m en. Eine ganz bcstinnnto Angabc über denjenigen Grad der Abkühlung, der unbedingt tödtet, über denjenigen, der Erkrankung bewirkt, und denjenigen, der ohne merklichen Schaden ertragen wird, kann ich freilich nicht geben. Eine solche ganz bestimmte Angabe scheint aber anch ans folgenden Gründen nntnöglich zu sein. Es ist nämlich 1) höchst wahrscheinlich, dass die Embryo­nen in Eiern von verscliiedenon Species gegen Temperatnrschwan-kungen, und namentlich gegen Abkühlung, in sehr verscliiedenem (irade empfindlich sind; es müsste also dieses Widerstaudsvermögen für jede Species besonders bestimmt werden. Es ist ferner 2) nicht leicht möglich, das durch die Abkühlung bewirkte Sinken der Tem­peratur im Innern des Eies genau zu bestimmen, indem der Tem-peraturgrad des äusseren Mediums, die Beschaffenheit desselben, namentlich auch der Eenchtigkeitsgrad der Luft, die Hube oder Be­wegung derselben, die Grosse des Eies, die Dichtigkeit der Sehale n. s. w. in den Einzelfällen, bei ganz gleicher Dauer der Abküh­lung, einen ganz verschiedenen Grad der Tcmperatnrabnahmc im Innern des Eies bewirken müssen. Bei der Bebrütung durch le­bendige Vögel kommt noch ausserdem in Betracht, dass nicht alle Eier gleichzeitig gleich warm sind, und dass sie, wenn der Vogel das Nest verlässt, nicht alle gleich gut bedeckt werden. Endlich kommen .'5) individuelle Verschiedenheiten der Embryonen in den Eiern bezüglich des Widerstandsvermögens gegen diese änssere Schädlichkeit in Betracht. Zunächst hat das Stadium der Ent-wickelung, wie mich meine Versuche vielfach gelehrt haben, einen sehr grossen und wesentlichen Einfluss auf diejenigen Ernährungs­störungen der Embryonen, welche in Folge der Tempcraturschwan-knngen eintreten können. Ich habe aber oft auch gefunden, dass scheinbar ganz gleich bebrütete Eier in denselben Stadien der Entwickelung, gleichzeitig und in ganz gleicher Weise der kälteren Luft gleich lange ausgesetzt, zum Theil starben, zum Theil erkrankten und in Folge der Erkrankung zu Missbildungen
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#9632;wurden, zum Tlieil .aber gesund blieben und üire normale Ent-wiokelting ibrtsetzten. Aueb iji Eiern mit doppeltem Dotter, welche (Mtier Abkliblung iinngesetzt gewesen Wiircn, fand sich oft auf dem einen Dotter ein krankor und verkrüppelter, aul'dem anderen ein todtev Embryo, oder auf dem einen ein gesunder, und auf dem anderen ein erkrankter, uiissgestnltcter Embryo. Berücksichtigt man diese Umstände, so erkennt man, dass die .Zeit, während welcber eine Henne die Eier verlassen hat, gar kein Maass für den Grad der Abkühlung der Eier abgiebt, und dass obiges Resultat, zu dem icli durch zaldreiche und sorgfältige Beobachtungen gelangt bin, in keiner Weise dadurch alterirt wird, dass praktische Hübnerzüchter ab und zu ein Hühnchen aus einem Eic ausscblüpt'en sahen, das ein­mal während der Bebrlltung 6 — 8 —12 Stunden von der Henne verlassen worden war. Die ganz exaeto und präcise Feststellung des Maassos einer äusscren krankmacliendeu Ursache lässt sieb un­ter solchen Umständen, wie sie oben angeführt sind, unmöglich fest­stellen; es lässt sieh nur ein ungcfälircraquo; Maass auf statistischem Wege finden. Man wird daber folgende Angaben weder über­schätzen noch zu gering achten:
a) Bei 24—72stiindiger Entwickelung trat in meinen Ver-suclien keine Erkrankung des Embryo ein, wenn ein Hühnerei aus einer gut regulirtcn Brütmasebine lierausgenommcn, 1—#9632;2y.i Stunden lang einer Luft von 11 —13deg; C. exponirt und dann wie­der der normalen Brütwärnie ausgesetzt wurde. Dahingegen fand ich, dass der Embryo in der Regel erkrankte oder abstarb, wenn das Ei dieser Temperatur 4'/^ Stunden lang exponirt, und danach wieder regelrecht bebrütet wurde. In ganz einzelnen Fällen kam es indess vor, dass ein Embryo, der selbst ü Stunden lang dieser Temperatur ausgesetzt gewesen war, dennoch gesund blieb und seine Entwickelung normal fortsetzte. Schon 1—2,/2 Stunden naebdem ein Ei, aus der Ihiltmuseliinc herausgenommen, obiger Temperatur ausgesetzt wurde, fühlte es sieb übrigens schon kalt an, im Innern aber ist alsdann die Temperatur doch noch viel höher, als man dem Gefühle an der Sehalc zufolge erwarten sollte.
h) Bei derselben Entwiekelungsdaucr wurde bei mehr allmiih-ligcr Abkühlung, z. h. durch Verlöschen der Lampe in der Brut-
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niascliino, nur sehr selten ein Sinken der Temperatur ertragen, Jas im Laufe von etwa 10 Stunden von der Nonnalteniperntur bis auf etwa 22quot; C. hinabginglaquo; Es •waren die Eier dann uueli ganz kftlt anzufühlen. Da sonst überall der pliyBiologische Effect bei plötz-liohen Vei'ttnderungen viel stärker ist, als bei allmäblig- erfolgen­den Seliwankungcn, so steht zu vonnutlicn, dass die Temperatur im Innern des Eies durch diese langsame Abkühlung in 10 Stun­den noch tiefer gesunken war, als wenn das Ei sogleich einer Tem­peratur von 11 —13quot; C. 4',i Stunden lang ausgesetzt wurde.
c)nbsp; nbsp;Ein Steigen der Temperatur über die Norm war noch ge­fährlicher für die normale Entwickclung bei fortgesetzter Bebrü­tung, als ein Sinken unter die Norm, und konnte nicht ohne Nacli-theil so lange ertragen werden, als dieses.
d)nbsp; Durch ein Sinken der Temperatur starb der Embryo in der Regel nicht sogleich ab; man konnte vielmehr in der oben genann­ten Entwiekekmgsperiodo biä-weilen noch das Herz pulsiren sehen, nachdem das Ei, namentlich an einem warmen Sommertage, 12 Stun­den und länger der freien Luft ausgesetzt gewesen war, wie auch v. Baer es bemerkt hat. Setzte man aber die Bebrütung eines sol­chen Eies fort, so entstand, wenigstens in der überwiegenden Mehrlaquo; zaiil der Eälle, eine Missbildnng.
e)nbsp; Die Missbildungen, welche auf diese Weise entstanden, wa­ren auch bei gleicher äusserer Einwirkung, und bei gleicher Ent-wickelungsstufe, verscliiedcn; es hatte über doch die Entwickehmgs-stufc, bei welcher die Abkühlung eintrat, einen besonderen und leicht nachweisbaren Einfluss auf die Formen, welche daraus her­vorgingen.
/) Einzelne Individuen zeichneten sich vor den anderen dureli ein grösseres Widerstandsvermögen gegen die Tempcraturschwan-kmigen aus, und gelangten zur vollen und normalen Eutwickelung unter denselben äusseren Verbaltnissen, bei welchen alle die ande­ren erkrankten, und meist als Missbildungen zu Grunde gingen.
f/) Im Uebrigen habe ich die oben angeführten Angaben Ileau-murs (Pag. 7—9) im Allgemeinen vollkommen bestätigt gefunden.
Ich beabsichtige diese Bcohachtimgen übei* den Einfluss der Temperaturschwankungen auf die normale und pathologische Eut-
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wickclung der Embryonen im Eic noch weiter fortzusetzen, und ieii bin überzeugt, dass sieli durch eine grüssere Auadehnung einer stn-tistisehen llntersiieliung', wcldio eigends und ansschlicsslieh auf die­sen Punkt gerichtet wäre, viel genauere und hestinnnter lixirte Re­sultate erlangen lassen. Durch meine hisherigen Untersuchungen, deren Resultate ich in dieser Beziehung nur als vorläufige betrachte, wage ich nur so viel als völlig abgeniacht hinzustellen, dass ein zu tiefes Sinken der Temperatur sehr oft, sowohl bei künstlicher Bo-brütuug, als bei Bebrütnng durch die Henne, Enuihrurjgastörungeu bestimmter Art, namentlich abnorme Verklebungcn und ntrophischc Frocesse im Embryo hervorrufen, welche bei fortschreitender Ent-Wickelung die Entstehung von Missbildungen venmlassen, und dass man durch passende Abkühlung im Stande ist, willkührlich diese Ernährungsstörungen und die aus ihnen resultircnden Missbildun­gen in sonst normalen Eiern hervorbringen, also über die Genese der Missbildungen zu experimentiren. Dass einzelne Individuen einer bestimmten Ternperaturverändcrung widerstehen, und sieh nachher normal fortentwickeln, während die übrigen durch die­selbe erkranken, und dass die Erkrankungen, sowie die Missbildun­gen, die aus ihnen resultiren, sehr verschiedener Art sind, selbst unter gleichen äusseren Umständen, kann Niemanden befremden, wenn er bedenkt, dass ja ganz gleiche Verschiedenheiten in der Wir­kung äusserer Schädlichkeiten auf erwachsene Individuen jeder Art beobachtet werden. Unter 100 Menschen, welche in ganz, gleicher Weise einer starken Kälte ausgesetzt würden, könnten Einige Ka-tharh, Bronchitis, Pneumonie oder Pleuritis davontragen, Andere würden wahrscheinlich von Muskelrheumatisnms, wieder Andere von Gelenkrheumatismus, Einige von gastrischen Affectionen, Andere von Frostbeulen an Händen und Eüssen hefallen werden u. s. w., wäh­rend Einzelne so glücklich sein könnten mit heiler Haut davonzu­kommen. Dem würde dann das oben besprochene, von mir beob­achtete Verhalten der Embryonen in Eiern, welche einer einiger-inassen starken und andauernden Abkühlung ausgesetzt werden, vollkommen entsprechen.
Was denmäcflst den Zutritt der Luft und das Maass desselben betrifft, so hat auch dieser Umstand bekanntlich einen
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sehr grossen und wiclitigen EinHuss .auf den Verlauf des Heiluugs processes bei einer gewöliuliclion Verwundung eines entwickelten Iiulividnunis. Die neuere Chirurgie hat einen grossen Tlieil ilirer Erfolge der vollen Würdigung dieses Einflusses zu verdanken, in­dem jetzt Jeder woiss, dass eine subeutane Wunde in der Kegel viel leielitcr, schneller und schmerzloser heilt, als eine entspreehende offene, der Luft ausgesetzte Wunde, weil die Luft die besonders Oberflilehe zum Theil durch Austrocknen mehr oder weniger nekro-tisirt und eine schnelle Gerinnung des Blutes sowohl ausserhalb, als innerhalb der verletzten oder der Verdunstung ausgesetzten (laquo;efässe bewirkt. Im Vogeleie ist nun der Embryo dem Einflüsse der at-mosphärischen Luft durch die poröse Schale hinduroh in bestimm­ter Weise ausgesetzt. Die Beobachtungen von Reaumur, Viborg, Geoffroy dein Aelteren, Beaudrimont und Darestc lehren, dass eine Verstopfung der Poren der Kalksehale durch Feuehtigkeit, Firniss­oder Wachsüberzüge, sowie Bebrütung der Eier unter Wasser und in irrcspirabeln Gasarten, kurz eine Verhinderung und Beschrän­kung der Respiration, das Abstehen der Eier bewirkt. In mehre­ren Fällen entstanden dabei Missbildungcn, welche violleicht diesem Eingriffe zuzuschreiben waren. Zugleich schien aus diesen Beob­achtungen hervorzugehen, dass die Entwickelnng in Eiern, die vom Anfange an firnisirt waren, wohl beginnen kann, aber früh gehonunt wird, und dass partielle Ueberzügc über die Eier je nach der Zeit, da sie angebracht werden, und je nach der Lage desjenigen Thciles des Eies, der überzogen wird, einen verschiedeneu Erfolg haben. Andere Beobachtungen haben ferner gezeigt, dass solche Eier, de­ren Schale zu dünn war, nicht zur Entwickelnng gebracht werden konnten (Keanmur), und dass Eier, welche während der Bebrütung nicht gegen eine zu starke Verdunstung geschützt waren, oft mehr oder weniger verkrüppelte Hühnchen lieferten (Geoffroy derAeltere). Ich selbst habe bisher den Einfluss der Veränderungen, welche die Wechselwirkung der atmosphärischen Luft mit dem Eiinhaltc be­treffen, nicht so genau verfolgt, wie den Einfluss der Temperatur­schwankungen. Doch habe ich obige Angaben im Allgemeinen be­stätigt gefunden, ohne indess näher angeben zu können, welchen Antheil die Veränderung der Hauerstoffaufnalmio, welchen die ver-l'üuum, Unloi'Oiicluingcn,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;10
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iimlcrto Retention ilor Kolik'iiBiiuvo, und welchen tue Verttnclerung der Vecdinistmig dos Wassers an der Störung der Entwiokeluilg liatte. Auch unl' diosem Wege lassen sich vielleicht Missbildungeu licrvorlirinpen, deren Fornieii mit den tlnreli Abkühlung entstande­nen im Wesentlichen iihereinslinmieii. Ein Bruch der Schale hat gewöhnlich Absterben des Embryo oder Niohtentwickelung ^m Folget Hoch habe ich einmal in einem Eie mit doppeltem Dot-ter, dessen Schale einen etwa lquot; langen Uiss hatte, das aber wllh-reml der Bebl'ütling so gelagert war, dass der liiss unten lag, sich zwei normale Embryonen his zvim 8ten 'Page entwickeln sehen. Dass iihrigens seihst bedeutendere, aber mit grosser Vorsicht be werkstelligte Verletzungen der Eischale nicht notliwendig die Ent-Wickelltng sofort unterbrechen, geht ans Valentins und Leuckarts oben anget'iihrteii Versuchen hervor.
'2. Wenden wir uns nun an die zweite Klasse der iiussoren Schiüllichkeiteii, welche Ernährungsstörungen hervorrufen können, uiimlich die mechanischen, so zeigen die Versuche Valentins und Leüokfll'ts alhu-dings, dass Verletzungen auch den Kinbryo im Eie treffen können, ohne ein sofortiges Absterben zur Folge zu haben. Dabei ist der scheinbare Marigel einer Reaction, wie wir sie bei den Wunden entwickelter Individuen wahrzunehmen pflegen, sehr beinerkenswerth. Unter gewöhnlichen Verhältnissen ist jedoch der Embryo durch die harte Kalkschale gegen einen jeden nicht un mittelbar lethalcn Druck von aussen her so geschützt, dass man beim ersten Hlickc vielleicht vermuthen möchte, es könnten nur noch etwa Erschütterungen des Eies mechanisch schiidlich auf die Ent-wickelung einwirken. In dieser Beziehung haben aber GeofVroys, sowie Valentins oben angeführte Versuclie nur das Resultat gelie­fert, dass dio Entwiekcluug nach zu starker Erschiitterung ausblelbl. Bei einiger Ucberlegung sieht man aber leicht ein, dass der Em­bryo im Vogeleie dennoch auf mannigfache Weise den Wirkungen des Druckes und der Zerrung ausgesetzt ist. Wenn ich mich auf die Fälle beschränke, deren Vorkommen ich, rneinen Beobachtun-gen zufolge, wirklich eoustatiren kann, so können Veränderungen der Druekverhältnisse des Eiuhryo und seiner Häute im Eie auf folgende Weise Zustandekommen: o) Durch Adhäsionen der
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Kmbryon.ilanliigo mit dor Dottorliaut, bisweilen iuich durcli diese hindni'oh mit der Scliiilcnliaut, des Embryo mit der periplicrischeu Keimselicibe, des Amuions mit der Dotterliaut u. s. w. Durch solche Adhäsionen können Tbeilc des lOmbrvo mimittelbar gedrückt oder gezori't werden, oder sie können an ihrer Ausbreitung gchinclert und dadurch gedrückt werden, oder endlich es können dadurch ab­norme Lng-cn herbeigeführt werden. /;) Durch ab nor nie [jage einzelner Tb eile, besonders der Extremitäten, die durch ver­schiedene Umstände herbeigeführt wird, können andere Theile ge­gen dieselben angepresst und einem loealen Drucke ausgesetzt wer­den, durch den locale Formveränderungon herbeigeführt werden können, o) Durch krankhafte Beschränkung des Wachs-thuina der den Embryo umgebenden Keimscheibo, weicht' oft, aber nicht immer mit Verklebung- an die Dotterliaut zusammcii vorkommt, können Verkrümmungen des ganzen Körpers entstellen. lt;1) Durch krankhafte Beschränkung des Wachsthums der einen Theil umgebenden Haut können walirseheinlich die ein-geschloasenen Theile am freien Waebsthum gehindert werden; bei Ungleichheit des Druckes können sie dann in der Richtung fort­wachsen, wo der Druck nicht wirkt, e) Durch Ansamthlung von Flüssigkeiten in natürlichen Höhlen, namentlich im Me-dullarrohre, kann Druck von innen heraus und dadurch Ausdehnung-und Verunstaltung der natürlichen Form entstehen. /') Bei (legen­wart zweier Dotter in einem Eic verhindert der Druck, den die­selben in der Regel gegen einander ausüben, eine jede Entwicke-Inng der Berührungsfläche, y) Strangartige Verdiekun gen der Dotterhaut können, besonders bei der Ausdohmuig des Dotters durch die im Verlaufe der Entwickelung normal erfolgende Kiweissaufnahme, einen Druck auf den Embryo ausüben, h) Durch zu starke Verdunstung kann der Luftraum so sehr zunehmen, dass der Kaum für die Entwickelung des Embryo sehr beschränkt wird. /) Durch die Gcfässstämme der Allantois können am Schlüsse der Entwickelung namentlich der Kopf und die Füsse so tixirt werden, dass das Hühnchen die zum Durchbrechen der Schall' nötliigen Bewegungen nicht ausführen kann.
Es ist sehr möglieh, dass aussei- den genannten auch noch an-
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deve llmstiüido raquo;mho Abilncleniiig dev normalen DruokverhttUnisse bedingen können, bezitglich dor nngefuihi'ten liegen mir aber be stiininflaquo;' Beöbaobtungen vor, deren Zushvnnienstellung hier Biigemes-sen sein diirt'te.
Um jedoch die versohiedomirtigen Wirkungen dos Druckes und
ihren Kinflnss auf die Entstehung der Missbildungen richtig zu vor stellen, muss man erinnrni, class dioTheile, welche durch den Druck verändert werden, sich nicht einfach passiv verhalten, son dern dass sie belebte, einem regen Stoffwechsel unterworfene Gebilde sind, deren Verhalten einem Drucke gegenüber je nach der Weise, wie derselbe einwirkt, wesentliob verschieden sein muss. Man weiss, dass auch die Organe eines entwickelten Tiidividunnis je nach der Art des Druckes wesentlich verschiedene Veränderungen durch denselben erfahren. Ein nicht zu starker Druck, der stetig eine beschränkte Stelle trifft, wirkt anders als ein stetiger miissiger Druck, der eine Ausdehnung oder Zerrung bewirkt; dieser wirkt wiederum anders, als ein stetiger massiger Druck, der eine allseitige Compression her-vorbringtj wiederum anders wirkt ein Druck, der nicht allzustark, aber oft unterbrochen wird, und immer wiederkehrt, und endlich wird die Druckwirkung noch ganz anders, wenn ein stetig wirken­der Druck stark genug ist, um ein locales Absterben gu bewirken, oder wenn ein starker, abwechselnder Druck Entzündung hervor­ruft. Es lässt sieh demnach gevviss voraussetzen, dass die Verschie­denheit des Druckes auch bei der embryonalen Eritwickelung' ver­schieden wirken wird. Man muss aber zugleich bedenken, dass die Verhältnisse bei der embryonalen Kntwickehmg in mancher Bezie­hung von den bei den entwickelten Individuen zur Beobachtung kom­menden abweichen. Die ganze Anlage dos Embryo besteht bekannt­lich zumeist ans einer verliidtnissniiissig geringen Zahl, in bestimmter Lagerung an und über einander geordneter, scheinbar ganz glei­cher Zellen. Diese Gleichheit ist aber nur scheinbar, ebenso wie diejenige specitisch difi'erenter Keime und Eier, bei denen nur unsere Mülfsmittel nicht zur Erkenntniss der Verschiodenliciten ausreichen. Wir müssen vielmehr einer jeden ursprünglichen Zelle der Embryo-nalanlage unter normalen Verhältnissen gewisse Qualitäten zuschrei­ben, die den Zellen der entwickelten höheren Tbicre nicht zukoin
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men. Als solche den llrzolloa der l'jnihryomilanlage zimisdirci-bende Kigentliihnlielikciten dürften kii nennen sein: 1) ein spe-cit'isches W achstlin in; d. ii. ein ihrer Uertiielikeit und ihrer Dignität ents|)reciiendes Maass des VVaehstinnncs; 2) ein speci-t'isehes Organisationsv erniögen, d. h, es iniiösen die Zeilen, die aus den Ur/ollen hervorgehen, der Norm entsprecliend gc-t'ormte /elleneoinjilexe oder Urganeoinplexe bilden, und 3) ein speeit'iselics j)it't'erenzirnngsv eriaögeu, d. ii. es müssen un­ter normalen Verhältnissen die aus hesthumten, mit einem gleich­artigen Inhalte versehenen Urzellen entstehenden /eilen und Zcllen-complexe sich zu verschiedenen (ieweben diilerenisircn.
Fassen wir nun die Einzelfalle ins Auge und gehen von den angeführten verschiedenen Weisen der Druckwirkung aus, so glaube ich Folgendes feststellen zu dürfen:
I. Die Wirkung des ganz, lokalen üussercu Druckes erkennt man zunächst an mehreren der auf Taf. Vli dargestellten Missbildungen. Besonders ins Auge fallend sind in dieser Bezie­hung die Verkrümmungen und Missbildmigen des Helmabels in Fi­gur 12—14, 17 — 19, 20—22 und 28. In mehreren Füllen, wo ich ganz sicher war, dass die Lage des Kmbrvo ganz unverändert zur Beobachtung kam, stiess der verkrinmnte Oberselinabel, wie in Fig. 2.'), mit seiner Spitze an den abnorm gelagerten, nueh oben gerichteten Flügel in einer solchen Weise an, dass der Widerstand, den der Oberschnabel in seinem Wachstlnnne gerade nach vorn durch den vorliegenden Flügel fand, als Ursache der Verkrüimmmg auf-gefasst worden musste. de nachdem der eine oder der andere Flü­gel den Widerstand darbietet, und je naebdem der Widerstand ge­rade die Spitze trifft oder derselben etwas seitlich begegnet, erklären sich die versehiodenen Richtungen dieser Verkrümmung. Dabei ist noch der Umstand auffallend, dass die blasse des Schnabels keines­wegs immer geringer war, als sie es der lOntwiekclungsstufe zufolge sein sollte, z. B. in Fig. 22, wo der krumme Schnabel auffallend dick und stark erscheint. Es erklärt sich Dieses bei der Aimalnne, dass das speeitischc Waehsthum derjenigen Urzellen, welche die Anlage des (Schnabels repräsentirten, durch den Druck nicht gc schwächt worden, sondern dass nur das spouifischo Organisations
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vcnnögun odor die Kichtung tlos Wiiclistliumca doi'selbon versclioboii worden ist. Es ist Dieses ollenbiir mir ein anderer Ausdruek tür diis von Gcollroy aufgestellte Cleiehgewiclitsgcsetz;. — Berüeksieli-tigt man den Unterscliniibel, so wurde tuicli bezüglie}! seiner der Kiniluss des loealcn Widerstandes auf die Form durch unsere Be-obaehtungoii ausscr Zweifel gestellt. In einigen Fällen, wo die Spitze des Untersehuabcls sieh ganz frei nach vorn fortentwickeln konnte, wie in Fig. 23, hatte sich derselbe in gerader Rieiitung, dabei aber zugleich sehr lang und dünn vorgeschoben. In anderen Fällen hatte derselbe seine Bahn am Obersehnabel entlang bewahrt, und je nachdem die Krümmung des letzteren allmählig und gleich-massig oder sehrolf und winkelig geworden war, hatte der Unter-sehnabel entweder eine Gestalt angononmien wie in Fig. 20 und 21, d. h. flaeh und sclnnal von oben nach unten, und mit naeh oben gerichteter Convoxität, oder wie in Fig. 17 und 18, d. h. hocli und dick von oben nach unten und zugleich sehr kurz.
Ausserdem habe ich eine Beobachtung gemacht, welciie zeigt, doss ein ganz localcr Druck an einer iStelle, wo zwei seitliehe Theilc bei normaler Fiiitwickclung mit einander verwachsen sollten, diese Vereinigung verhindern kann. Ich fand nämlich ein (Julobonia Iri-dis am einen Auge, während sicii die Iris und die Augenliedcr am anderen Auge normal gebildet hatten, und bei sehr sorgfältiger Be­wahrung der ursprünglichen Lage fand ich dann die Spitze des abnormer Weise nach oben gerichteten Flügels gerade im Spalte der Iris fest eingeklemmt. Während der locale Druck in den vor hingenannten Fällen eine Verkrümmung und Formverändorung her­vorgebracht hatte, hatte er hier also eine Ilenimungsspaltung zur Folge gehabt.
Wahrscheinlich gehören auch noch zum Theil hierher verschie­dene Verkrümmungen und Verkrttppollingön der hinteren Extremi täten. In Fig. 11, 12 und 14 der Taf. VII sieht man die eine hin­tere FiXtiemilät in verkrümmter Lage und in verkrüppelter (Jestalt mit dem Fusse an den Steiss fest angedrückt. Eine ganz ähnliche Lage zeigen die beiden sehr verkrüppelten hinteren Extremitäten des in Fig. 20 und 22 der Taf. VII dargestellten Embryo. Diese abnorme Lagerung, in Verbindung mit Verkrüiniming der Tibia und
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mit Fehlem an den Zeheuy habe ich wiederholt auch bei QUlinoböh
^ctiiiiden, welche lgt;w kurz; vor doni AimUriociicn entwickelt wäret), iiiui die YerkrUmtllUDg laquo;lei- Tibia nebst Missl)il(lllllg• der Zehen sah ich öfter ivuoh bei jungen Iliiliuelion, wolclie bereitlaquo; die Heimle vorlasseu hatten. In einigen Füllen fand ieli bei dieser Lagerung den Luftraum migewölmlieli gross, in anderen Füllen sehieuen die bHlsso durch ein enn; linlie'gendoa Ainiiioii, und bei einigen weiter entwiekelten Exeni|)lareii durch grössere (lefiissstüninic der Allan lois in ihrer Lage iixirt zu sein. Ich glaube um so mehr anneli men au dürfen, dasraquo; dor durch die Uauuibeschriinkung veranlasste Druck wesentüeben Antheil an der Verkrünnnung und Missbil-dung der hinteren Extromitäten haben kann, als auch der eine von /.weien in einem Eie mit zwei Dottern bis zur vollen lieife ent wickelten Embryonen nicht selten, vielleicht gar in der Kegel, einen verkümmerten Fusa und einen rndimentür entwiekelten Suhwanü halte. Auch die oben angeführte Erfahrung' Geoffreys, der zufolge eine so uusserordontlich grosse Zahl der in der zu troeUenen Drüt anstalt zu Katier entwickelten llühnchen Fehler an einer der hin leren Extremitäten hatte, spricht für diese Erklärung, da liier die abnorme Vergröaseruiig des Luftraumes eine ISesehränkung des Kau-rnes für die Entwickeliing des Embryo zur Folge haben musste.
Auch an tier CJcatalt des Bluthofes erkennt man bisweilen in solitquot; auffallender Weise die Wirkung eines localen Druckes bei der Entwickeliing. Ein hierher gehöriges Beispiel bietet schon Fig. 1 der Tat'. IV dar, insofern hier ollenbar der Druck, den der Soliei-tel des Embryo beim Fortwachsen in seiner lixirten gekrünnnten Lage ausüben nnisstc, eine Ansbuehtung des inneren liandes des Bluthofcs veranlasst luvt. Noch instruetiver ist aber di(;ses Verhidt-niss in Eiern mit doppeltem Dotter, wenn sich der Embryo ziem­lich nahe au der Bcrühruiigsflüche mit dem anderen Dotter ent­wickelt hat. In diesem Falle wird iiäinlieh der Bhitliot' immer schiel, indem er an der Berührungsiläclie beider Dotter wie abgesehnitten aufhört und sieh dafür um so stärker nach den anderen raquo;Seiten hin entwickelt (vcrgl. Tatquot;. IV. Fig. 5; Taf. IX. Fig. 4).
2. In anderen Fällen halte der Druck nicht so local, auf ein­zelne Theilc gewirkt, sondern 08 hatte ein krankhaft beschränktes
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Wftohstbntn tlor den Embryo utngebeiicten Eibäuto in mobr urn* fassender Wei so einen Widerstand gegen die normale Kntwiekc-lung des ganzen Körpers gesetzt. Dieses erkennt man auf Tat'. II. Fig. 5—7, auf Taf. III. Fig. 4,5, 7,9,12 und 13, auf Tat'. IV. Fig. 1 und 2 und auf Tatquot;. V. Fig. 1 und 2. In allen diesen Fällen ist eine VerkrümiUUng oder Verkürzung der Wirbelsäule, meist mit Verkür­zung und Verbreiterung der Wirbel, vorhanden, und zugleich ist in allen diesen Fällen eine Beschränkung des Flächenwaehsthuins der Area vaseulosa und der Area pellueida, oft zugleich mit Adhäsio­nen der Area vaseulosa an die Dotterhaut (Taf. 111. Fig. 4, 5,7,8, 12, Taf. IV. Fig. 1 und 2, Taf. V. Fig. 1 und 2) und bisweilen (z. 15. Taf. II. Fig. 7) zugleich abnorme Kleinheit des Anmions verbanden. Das constante Vorhandensein eines durch die pathologische Beschaf­fenheit der umgebenden Eibttute hervorgebrachten Widerstandes ge­gen die freie Entwickelung des Embryo, in allen Fällen wo bedeu­tendere Verkrümmung der Wirbelsäule beobachtet wurde, weist mit grosser Bestimmtheit auf den angegebenen Causalnexus hin.
3. Ein allseitig comprirnirender Druck könnte vielleicht durch die Ernährungsstörungen der Haut entstehen, indem ihr Flä-ehenwaclisthum dadurch beeinträchtigt werden könnte. Es ist näm­lich wohl denkbar, dass eine allgemeine Erkrankung der mit den darunter liegenden Theilen noch aufs Innigste verbundenen Haut in einigen Fällen die abnorme Kleinheit der Embryonen durch allge­meine Compression bewirkt haben könnte. Hierfür könnte man an­führen, dass bei den durch ihre Kleinheit besonders ausgezeichneten Embryonen oft (z.B. auf Taf. V. Fig. 1—2 und Taf. VI. Fig.ö—G) auch offenbar eine Krankheit des Hautblattes vorhanden war, was schon aus dem Mangel der normalen Faltenbildung für Auge und Ohr her­vorgeht. Jene geschlängelte Contour in Fig. 5 der Taf. VI, die ich oben als dem Medullarrohrc angehörig gedeutet habe, würde eben­falls ihre Erkliinmg Buden durch die Annahme eines fortgeschrittenen Längenwachstluimes des durch den Widerstand des Hautblattes am geraden Fortvvaeliscn gehinderten Mcduliarrohrs. Die abnorme Ge­staltung des Hirns in Fig. 1 und 2 der Taf. V, in Fig. 12 der Taf. HI. und in Fig. 1 und2 der Taf. IV kann in entsprechender Weise durch eine abnorme Veränderung der durch die umgebenden Hchiehten
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bestimmten Druckvcrliäitnisse erklärt werden, unter welchen laquo;ich dtis Hirn entwiekelt. Wenn man ferner (wie in Fig. 8 der TaC. 11, in Fig. 1 —a der Taf. VI und in Fig. 13 der Tal. III) den Embryo aus einer soliden, scheinbar formlosen Masse gebildet findet, so könnte auch Dieses durch eine Verschmelzung derjenigen Organe erklärt werden, die sich frei in der Körperhoble hätten entwickeln sollen, indem sie von dem nicht entsprechend fortwachsenden liaut-blatte eingeschlossen, durch ihr Fortwachsen so aneinander ge­drängt sein könnten, dass sie miteinander zu einer soliden Masse verklebt und verbunden wurden.
4. In wesentlich anderer Weise niüsste ein von innen her wirkender Druck, durch pathologische Ansaimnlung von Flüssig­keit in geschlossenen Körperhöhlen, während der Entwickelung Miss-bildungen bedingen. Dieses ist der Fall bei der Entwickelung der Spina bifida auf Taf. VI. Fig. 7, 8 und 9. Bei Fig. ü erkennt man zu­gleich eine abnorme Richtung der hinteren Extremitäten, und es war bei diesem Exemplare, wie Taf. VII. Fig. 15 zeigt, zugleich ein un­vollkommener Verschluss des Nabels vorhanden, welche beiden Bil-dungsfebler mit einiger Wahrscheinlichkeit von der Spina bifida ab­geleitet werden können. Besonders merkwürdig erscheint die Spina bifida der Taf. V.l. Fig. 8 durch ihre enorme Grössc. Es ist hier der ganze Hinterkörper durch dieselbe in eine Blase verwandelt, deren Platzen bei fortschreitender Entwickelung höchst wahrscheinlich eine Verkümmeruug und Nicbtentwickelung des ganzen llinterkörpcrs zur Folge gehabt haben würde. Ferner gehört hierher die Entwickelung des Hydrocephalus, der auf Taf. Vli. Fig. 7 — ü dargestellt ist. In diesem Falle waren übrigens auch noch andere Bildungsfehler vor­handen, welche von der Ausdehnung der entsprechenden Steile des Medullarrohrs offenbar unabhängig waren.
amp;, Sehr mannigfache Formverändcrungen finden endlich ihre Erklärung durch abnorme Zerrung einzelner Körpertheile während der Entwickelung, welche in den allermeisten Fällen we­sentlich durch abnorme Verklcbungen bedingt wird. Schon in dem so eben besprochenen F'alle, wo (hei Fig. 9 der Taf. VI und bei Fig. 16 der Taf. VII) die Verdrehung der hinteren Extremitäten und das Offenbleiben des Nabels von der Spina bifida abhängig
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zu sein suliicu, würde eine dureli die Ansainmlimg der Flüssigkeit gesetzte Zerrung und Ausdeliming der llnut tlieso seeuudiireu Miss bildungen erklären können. Aueli bei dor llüdcwiirtskrüimniuig der Wirbelsäule, vvelclie auf Taft IV. Fig. 1 und 2 und auf Tat'. V dureli abnorme Adliäsionen bedingt war, inusste an derjenigen Seite der Kriinmumg, welebe convex, anstatt eoncav geworden war, notbweudig eine Dehnung, Spannung und Zerrung stattgehabt haben, welebe, der von mir gegebenen Erklärung geinäss, nanientlieb eine Tbei hing oder Spaltung des Herzens bedingte. Das Offenbleiben oder die Nichtbildung der Unteileibshöble, wie auf Tat'. Vil. Fig. 5Und 6, 10 und U, Taf.lll. Kig. 12, Taf.H. Fig.5,6, Taf.V. Fig. 1 und 2, erklärt sieh cbent'alls am elnt'aelisten dureli die abnorme Verbindung der Seitenplatten mit der peripheriselieu Keinisebeibe, und dureli die gestörte Entwiekelung des Ainnions, wcleiic dem normalen Ver-selilusse entgegenwirkten. — In einem in den Abbildungen niebt wiedergegobenen Falle war das Herz durch eine Adhäsion mit der peripherischea Kciniselicibc, in ähnlieber Weise wie in Fig. 12 der Tat'. Ill, vom Körper ab, nach der Feriplierie hin gezerrt worden. Den Einlluss der Zerrung durch Adbäsiüiien erkennt man aber aueli noeli sebr sehön an der Begräuzung des Blutbot'es auf Taf. III. Fig. 9 und auf Taf. IV. Fig. 7.
Wenden wir uns nun, nachdem wir die äusseren SohftdHoh-koiten, welche chemisch oder mcelianisch die Entwiekelung im Vo ^eleie stören können, durchgenommen baben, zu den Ernäbrungs-störungou selbst, und zu den pathologi seben Proeesscn, (hireli welche dieselben zustandekonnnen, so bieten dieselben mclir-faehe, sehr bomerkenswertlie Vcrsebiedenbeitcn von denjenigen Krnälirungsstörungen entwickelter Individuen dar, welebe dureli dieselben Scliädliehkeiten hervorgerufen werden. In den oben aus-lülniieh erörterten Fällen traten uns die embryonalen Ernälirungs-störungen unter drei verschiedenen Grundformuu entgegen, welche jedoch, wie ihr häutiges Nebencinandervorkonnucn andeutet, höchst wahrscheinlich mit einander in genauer Weisu zusammenhängen. Es sind 1) die Vcrklebungen und Vcrwaehsuiigcn, 2) se­röse Ergüsse im Medullarrohr und 3) die embryonale Atrophie und die embryonale narbenartige Verschruin
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pt'iuig'. Wir wollen hier isuiiitclist jode derselben in ihren Bezie­hungen zur Entstehung der Missbildungcin beapreohenlaquo;
ad 1. Die Verklobungen und Verwachsungen, die man vielleicht nicht ganz unpassend als adhäsive embryonale Entzün­dung bezciclincn könnte, wurden zwischen sehr verwehiedenen Thoi-len beobaobtet: laquo;) zwischen der periphorischen Koinisclioibc und der Dottorhaut (Taf.l. Fig. 1, 4 und ä, Tat. III. Fig. 5 und (i, 7—1), \J, Taf. IV. Fig. 1 und 2, Taf. V. h'ig.'l und 2, Tuf. XI. Fig. 1—3), tgt;) zwischen dem Anmion und der Dotterhaut (Tat. IV. Fig. Innd2, Taf. V. Fig. I und 2, Tatquot;. XI. Fig. 1—8), c) zwischen dem Embryo und der ßehalcnhaut, durch die Dottcriiaut hindurch (Tat. I. Fig.tt, Tat'. VI. Fig. 1—3), d) zwischen Anmion und Bluthof (Taf. XI. b'ig. 1 —3), e) zwischen der Obertiächc des Embryo und dem Blut-hote, z. B. zwischen Kopf und Bluthof (Taf. IV. Fig. 1), oder zwi­schen Herz und ßlutliof (Taf. III. Fig. 12), oder zwischen den Sci-tcnplatten und dem Bluthofe (Taf. II. Fig. 5, Taf. III. Fig.4, Taf. IV. Fig. 1, Taf. VII. Fig. 5 und 6), /) zwischen dein Sohleimblatto und dem gelben Dotter (Taf. II. Fig. 5, Taf. III. Fig. 12), g) zwischen den verschiedenen Blättern der Kciinsclieibe untereinander (Taf. 111, Pig. 12, Tatquot;. IV. Fig. 1 und 2, Taf. V. Fig. 1 und 2, Taf. VI. Fig. 5 und (5, lrig. 8, Taf. XI. Fig. 1 — 3), h) zwischen natiu-lielien (Spalten und Üeirnungen, wodurch diese abnormer Weise verschlossen wur­den (Taf. IV und V am Kopfe und Halse, Taf. VI am Kopfe, Halse und Rumpfe, Taf. VH. Fig. 3, U, 10,11, 12 u. 23 am Kopfe und Halse), i) zwischen den Extremitäten und dem Körper, oder zwischen ihren Gliedern unter einander (Taf. VII. Fig. 1—4 und öfter bei weiter entwickelten, nach Art der Lithopädicu veränderten Embryonen).
Diese abnormen Verbindungen verdienen bisweilen nur Ver­kleb un gen genannt zu werden, indem sie leicht durch Zerrung getrennt werden können, bisweilen sind sie dahingegen so fest, class sie als Verwachsungen bezeichnet werden müssen, indem ihre Trennung ohne Zerroissiing nicht möglich ist. Je fester die ab­normen Verbindungen sind, desto bedeutender pflegen die betref­fenden Theile in ihrer ganzen Form verändert zu sein, je lockerer sie sind, desto weniger. Hieraus kann man sciiiicssen, dasraquo; die an tUngliühen Verklobungen zu Verwachsungen werden können. Für
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die Bciirtlieiluug des VVcsunraquo; dieser adliiisivcn l'rocessc inraquo; Eie ist es oinorsoits bt^merkciiswcrtli, dass die Vorklclumgen nicht nUV dlll'oh die Dottei-lumt, sondern selbst durcdi die weisse Schalenhallt lundurcli stattfinden kiiiinen, andererseits sind aber tuicb die auf Tat'. VI. Fig. 4 dargestellten Eüeiuonto lür dieselbe von besonderem Interesse. Dieselben wurden von ivv Innenseite der weissen Seha leuliant abgeschabt, nnehdeiu ilicsc durch leises und wiederholtes Zerren von der übertliiehe des in Fig. I—.quot;) derselben Tafel dar­gestellten formlosen Embryo entibi'iit war. Man erkennt unter die­sen, bei reichlich 20üf'acher Vcrgrossenmg dargestellten Elementen, aussei' puiiktl'örmigen j\loleculeii und Fettkiigelehen von verschiede­ner (.Jrösse auch Körnchenzellen, kern- und zellenartige Gebilde, Spindelzellen, einzelne rothg'd'ärbto Krystallc, rüthlichc raquo;Schollen, und 111 grosser Menge kleine, unrcgcliniissig eckige l'lättehen, wel ehe an die Dotterplättchen eriuneni. In anderen Fällen, y.. 15. an den weiter entwickelten Knibryouen der Tat'. VII. Fig, 1 — 4, fan­den sieh in der solche abnorme Verbindungen vermittelnden Masse, neben spindelförmigen Zellen , F.ettmoleoalei) und Aggregatkügel eben, auch rundliche Gebilde, die mit den Kiterkörperchon über­einstimmten, vielfach aber auch mit Fettkiigelehen und Körnchen gefüllt waren.
Diese Verklebungeu und Verwachsungen kommen, wie wir oben gesehen haben, häutig vor, bevor lilut und ßlutgef'ässe in der Em bryonalanhige vorhanden sind. Die klebrige Substanz, durch wel ehe die Adhäsion /.unächst ziiatanddumnnt, kann hier also nicht als ein aus dem Blute stainmtüidcs Transsudat auf'gef'asst worden, sondern es handelt sieh hier entweder um ein unmittelbares Pro­dukt der Zellen (sei es nun, class sie aus den Zellen durch die Zellenwandung hindurch ti'ans.siulirt, oder dass sie durch Auflösung oder Veränderung der Zellen und ihrer Wandungen selbst entstellt), oder aber es handelt sieh um eine klebrig gewordene, unmittelbar aus dem zur Ernährung der Eiubryoiialanlage dienenden Eiweiss dos Eies entstandene Substiinn, Der Unistand, dass nicht nur die Dotterhaut, sondern auch die Sclialcnhaut mit der Uberfläehe des Embryo verklebt werden kann, zeigt, dass die durch ihre Festigkeil, homogene Beschafl'eiihcil und iMuiif^el an Klebrigkcit so ausgezeieh-
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neto Dottorhant durch die Produkte der embrvoiifilon lOniiilirnngs Störung so verändert werden kiinn, dass sie mit don anliegenden Gebilden (Embryonalanlage und harter Bohalenhaut) verkleben und Überdies für geformte ßleraento permeabel werden kann. Der Um­stand ferner, dass man bei solchen Störungen bisweilen aueli die Kalksohale an der eutsprochenden Stelle mit der weissen Sbhalen-haut verklebt und selimntzig gefärbt sieht, zeigt, dass aneh die Poren der harten Schalenhaut von dem klebrigen Produkte durchquot; setzt werden können. Die naeliiblgende Verwachsung würde durch die Durchkreuzung und Verseiilingung der sich entwickelnden ge­schwänzten und faserigen Filementc vermittelt werden können.
Vergleicht man diesen embryonalen Yerklebungs- und Ver-waohsungsprocess mit demjenigen der gewöhnlichen adbäsiven Ent-ziindung, so findet man einerseits allerdings eine gewisse Ueber-einstinimung mit derjenigen Form, wobei der Faserstoff zunächst in grösserer Masse eine provisorische Verklebung vermittelt, welche erst später durch Neubildung zelliger Elemente zur wahren Ver­wachsung wird, andererseits aber suich mit der Verklebuug und nachfolgenden Verwachsung der Papillulae carneae, und Überhaupt mit denjenigen Fällen, wobei nur eine miniiue Schicht der Inter-collularsubstanz zwischen den verklebenden und verwachsenden Ele­menten vorbanden ist. Wenn man jedoch einerseits die Verklebungen als EntzUndungspfaänomene zu bezeiehnen beliebt, und andererseits das Dogma aufrecht halten will, dass aus dem Blute transsudh'ter Faserstoff das erste Bindemittel ahgiebt, so sind die vorliegenden Thatsachcn allerdings geeignet eine solche Doctrin zu erschüttern. Nun hat aber bekanntlich Virchow hervorgehoben, dass die Vor­gänge im Paremohym in vielen Fällen derjenigen Eriiähnmgsstörnn-gen, welche bei entwickelten Individuen zur Beobachtung kommen, offenbar den ersten Platz einnehmen, und dass die Störung der Kreislaufsverhältnisse in solchen Fällen nur seeunclär in Betracht kommt. Der hierauf basirte Begriff der parenehymatösen Ent­zündung findet offenbar eine ganz vorzügliche Anwendung auf die in Rede stehenden embryonalen Ernährungsstörungen, indem diesel­ben, wie gesagt, oft genug beobachtet weiden, bevor Blut und Cle-füsse gebildet sind.
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Did Folgen dieser embryonalen Verklelnnig-en und Vcrwaeli Bungen haben wir scliou niebrfAoh besproehen, als vom Einflneso
localcr Drnclvveriindernng bei der embryonalen Entwiokelung die
Hede war. Wir haben eben goaehenraquo; wie oft wie zu Druckvor-Undorungeu und zu dadurch bedingten Missbildnngon Veranlassung
geben. Die Verkiebungen der peripberiscdien Keimseheibe mit der Dotterbant können z. B. einerseits das Wacbstlmm des Blutbot'es beelnträelitigen, andererseits den Jianm für die freie Entwiekelung des Embryo beschränken, und dadurch Verkrümmungen und Ver-krüppelungen desselben bedingen (Taf. TU. Fig. 7—9, Tat'. IV. Fig. 1—2, Taf. V.); sie kömien ferner veranlassen, dass die Ober­fläche des Amnions oder des Embryos bei fortsclireitcndem Wachs tluinie mit dem inneren Rande des Blutliofes in Berührung kommen, Und mit ihm verkleben oder verwachsen kann (Taf. III. Fig. 12, Taf. IV. Fig. 1—2, Taf. V.); es können die Verklebungen des Em­bryo oder des Amnions mit der Dotterhaut oder mit dem Bluthofo späterhin und sccmulär die Lagcrungsverhiiltnisse der Thcile lind Organe des Embryos bei fortsclireitcndem W'achsthnme desselben wesentlich und in sehr verschiedener WVisc veränderu (vgl. Tatquot;. 111. Fig. 12, Taf. IV. Fig. 1—2, Taf.V.); es kann durch Verkiebungen der verschiedenen Blätter der Keimseheibe unter einander und mit dem Dotter die freie Entwiekelung und Differenzirung der Thcile, 7,. B. die Bildung des Darmes und der rieuroperitonealhölde beein­trächtigt und verhindert werden; es können endlich die natürlichen Spalten und ücUnnngen durch Verkiebungen ihrer Bänder abnor­mer Weise geschlossen werden, so dass Narbenmassc au ihre Stelle tritt (vgl. Taf. IV. V. VT. und VII.).
ad 2. Die serösen Ansammlungen in abgeschlossenen Körperhöhlen haben freilich nur ein sehr beschränktes Terrain, indem wir sie nur im Medullarrobre, bei Spins billda und llydroce-phahis beobachtet haben. Die Analogie dieser während der Ent-wickelungsperiode entstandenen Ansammlung seröser Flüssigkeit mit der serösen Exsudation beim llydrocephalus der Kinder erscheint so einleuchtend, dass sie schon seit langer Zeit und allgemein aeeep-tirt ist. Auch Diejenigen, welche meinen, dass nur eine geringe Zahl der Missbildimgen auf Krankheiten der Embryonen zurück-
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t^cliilirt werden kann, erkennen den Itydroeophiilim congetlitua und die Spina bifida als Resultate embryonaler Erkrankung au. Unter der Aunalmie, dass die seröse AuBAmntlung das Primäre ist, haben wir oben die Ansicht entwickelt, dass durch dieselbe von innen her eine Steigerung des Druckes g-esetzt wird, wodurch die AuBdolinimg erfolgt und wodnrcli die oben bezeichneten Missbildun }j;en bedingt werden (Pag. 153). Es fragt sich aber doch, ob diese serösen Ansamnilungcn im Mcdullarrolire der Embryonen als Ex­sudate im gewöhnlichen Sinne aufzufassen sind? in diesem Falle würden sie ja niindich Blut und Gefässe voraussetzen. Diese sind nun freilich auch bereits seit einiger Zeit vorhanden gewesen, wenn sieb die ersten kenntlichen normalen Flüssigkeiten des Em­bryo, der Liquor Amnii und die Allantoisflüssigkeit zeigen, und diejenigen Embryonen, bei denen wir eine wirkliche Spina bifuhi (vei'gl. Taf. VI. Fig. 7 — 9) oder einen Hydrocepluilus (vergl. Taf. Vll. Fig. 7 und 9) fanden, waren auch schon mit Blut und Gcfässen versehen. Andererseits lässt sich aber nicht in Abrede stellen, dass seröse Produkte der Ernährung und des Stoffwech­sels in früheren Perioden nicht leicht zur Beobachtung kommen könnten. Denn das Mcdnllarrohr ist in der ersten Zeit ja noch so zart, dass es keine nennensworthe Ausdehnung vertragen würde ohne in der Naht zu platzen, und man findet es in der That oft genug (z. B. Taf. II. Fig. 1 — 4) während dieser Periode in der llückennaht getrennt und als Mcdullarplatte ausgebreitet. Dies könnte ja möglicher Weise durch seröse Flüssigkeit von innen her bewirkt sein; mit Notbwcndigkcit ist diese Annahme jedoch nicht geboten. Anderswo, als gerade in das Mcdnllarrohr hinein, ausge­schiedene seröse Ernäbrungsproduktc würden aber von der Ober-ilächc des Embryo her sich frei mit der denselben umgebenden, dünnen, eiweissartigen Flüssigkeit vermischen können, ohne zur Beobachtung zu kommen. Eine bestimmte Antwort auf die Frage, ob die seröse Flüssigkeit der embryonalen Spina bifida und des llydrocephalus der frühesten Periode zunächst aus dem Blute stammt, und aus den Gcfässen exsudirt ist, lässt sich somit nicht geben. Ebenso wenig reichen meine bisherigen Beobachtungen aus, um die Frage zu entscheiden, inwiefern etwa eine zu hohe Tcm-
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peratur zu diesen serösen Ansiininilungen disponirt, obgleieh sich mir diese Verniutluin^ bei den vorliegenden Killlen aufgedriingt hat. Es fragt sich dann rtber ferner, ob nicht eine anderweitige Erkran­kung des Markes selbst oder der Vereinigungsstelie der Rliekenplat ten über demselben vorbanden gewesen sein müsste, damit die ganz locale Spina bitida zustaiulekommen konnte? Diese Frage muss ganz gcwiss bejaht werden, denn sonst wäre es nicht wohl zu begreifen, dass nur die eine Stelle, und nicht die ganze Höhle des Medullar-rohrs dureh die seröse Ansammlung ausgedehnt worden wäre. Der 8aek der öpina, bifula communicirt nämlich frei mit der ganzen Hohle, wie schon die Beobachtung des auf Taf. VI. Fig. 8 abgebildeten Embryo zeigt. Während des nach dem Oeß'nen des Eies durch das Mikroskop beobachteten Absterbens desselben ergoss sich nämlich in diesem Falle Blut in die Höhle der Spina bitida, und die röthliche Färbung, welche dieselbe dadurch erhielt, theilte sich auch den Ilirn-blasen mit. Eine Druckvermehrung im Inneren der Höhle des J\le-dullarrohrs müsste also alle Punkte desselben gleichmässig treffen, und wenn eine Stelle nachgiebt, während die anderen Stellen demselben Drucke widerstehen, so muss das Widerstandsvermögen dieser Stelle geringer gewesen sein, Dazu kommt noch hinzu, dass man in Fig. 5 der Taf. VI eine Spaltung der Eückenplatten sieht, ohne dass das Medullarrohr eine Ausdehnung durch Flüssigkeit zeigte, wodurch dieselbe erklärt würde. Da nun bekanntlich zu Anfang der Ent-wickelung das anfängliche Medullarblatt zum Rohr wird, indem die lländer desselben sich nach oben biegen und sich mit einander vereinigen, und da die Kückenplatten um das so gebildete Medul­larrohr in die Höhe #9632;wachsen, um es einzuschliessen, so liegt die Annahme nahe, dass die Schwäelamg der sich ausdehnenden Stelle von einer unvollkonimenen Vereinigung der lländer der Mednllar-platte und der Kückeuplatten hergerührt habe. Hierfür spricht auch noch der Umstand, dass die vorliegenden Fälle einigermassen der Stelle des Sinus rliomboidalis entsprechen, wo die Hinterstränge beim Vogel bekanntlich auseinander weichen. Wenn man jedoch berücksichtigt, dass nanientlich in Fig. 7 und 8 der Taf. VI niebt nur die lliickenseite, sondern aueh die seitlichen und vorderen Par­tien in der Gegend der Spina bifida ausgedehnt sind, so scheint
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neben dem nnvollkonimciien Verschlüsse noch eine locale Erkrankung angenommen werden zu müssen, wodurch das Widcrstandsvermö-gen gegen den von innen her wirkenden Druck geschwächt wor­den wäre. Bei dieser Annahme würde dann noch die Vcrmuthung nahe liegen, dass dieselbe locale Ernährungsstörung, welche das Widerstaudsvennögcn des Mcdullarrohrs und seiner Umgebung ge­gen Druck geschwächt hat, auch die pathologische Ansammlung der serösen Flüssigkeit bedingt haben könnte.
ad 3. Für eine weit grössere Zahl von Missbildungen kommt dahingegen die embryonale Atrophie und die embryonale, narbenartige Verschrumpfang in Betracht. Dieser Process hängt, wie oben entwickelt wurde, oft von einer localen oder all­gemeinen Steigerung des Druckes ab, unter dem ein sich entwickeln­der Theil ausgebildet wird; er kann aber bei weitem nicht immer auf diese äussere Ursache zurückgeführt werden. Dass in Fig. 9 und 10 der Taf. I. die Anlage des Hinterkörpers atrophisch gewor­den ist, dass die auf Taf. II. Fig. 5 — 9, Taf. III. Fig. 1 — 9 und Fig. 12--i;-5, Taf. V. Fig. 1 — 2, Taf. VI. Fig.5~Gund8, Taf. XI. Fig. 1 — 3 abgebildeten Embryonen so klein geblieben sind, könnte, wie wir oben gezeigt haben, vielleicht durch die Annahme erklärt werden, dass das Waclisthuni des Hantblattes pathologisch be­schränkt worden sei, und dass dadurch die von demselben umge­benen Thcile durch Druck atrophisch geworden wären. Es blieb dabei eine ganz offene Frage, wie und wodurch das Wachsthum des Hautblattes beschränkt wurde? Zugleich mit embryonaler Atro-pliic des Körpers linden wir in vielen, wenn auch nicht in allen den genannten Fällen, eine embryonale Atrophie des denselben um­gebenden Bluthofes, welche sehr oft, aber nicht immer, zugleich mit Adhäsionen an die Dotterhaut zusammen vorkommt. Bei der Atro­phie der Extremitäten z. B. in Fig. 20 und 22 der Taf. VIII könnte wohl auch noch die Vcrmuthung gerechtfertigt werden, dass ihr Wachsthum wesentlich durch Druck beeinträchtigt worden sei, aber das Fehlen ihrer Anlage in Fig. ö, 6 und 8 der Taf. VI, ihre Verküm­merung und ihr theilweiscs Fehlen in Fig. 1 — 3 der Taf. VI, und in Fig. 1,2 und 8 der Taf. VII, kann ebenso wenig, als die Verkümme­rung oder das Fehlen des Auges in Fig. 1—3, f)—0 der Taf. VI, l'nnuni, (Jntcnuoliungca,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Jl
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in Fig. 8, 9, U, 12una'2;i der Tat'. VII auf eitlfftölie Druckverliält-
uisse zurik'kgc'l'ülut werden. In den Ictztgenaniilen Füllen ist beim Ausfalle dos Auges eine beim weiteren Fortselireiteu der Entwicke-limg (vgl. Fig. 1?H) iiiiiner melir hervortretende iSeliieflieit des Hehä-dels zum Vorsehein gekonmien, was bei der narbeuartigen Besebat'-t'enbeit der Kopfseite, der das Auge felilt (vgl. Fig. 11 und 12), auf eine wahre narbenartige Contraction hinweist, wälirend in den mei­sten der vorhin genannten Fälle ein relativ gesebwäehtes Wachsthum angenommen werden konnte. Auch das Verschwinden der Area pel-lucida und des Embryo in Fig. 4—7 der Taf. I könnte durch narben­artige Contraction erklärt werden, obgleich nicht in Abrede gestellt werden kann, dass ebensowohl eine Wucherung der dein inneren Rande des IMutbofes angehörigen Zellenmasse dieses Resultat her­vorgebracht haben könnte.
Da die grosse Classe der Missbiidungen pef defectuin otfenbar wesentlich aui' embryonale Atrophie und embryonale narbenartige Verschnunpfimg zurück/Aiführcn ist, so erscheint die Frage über die Ursachen und das Wesen dieses Processes besonders wichtig. Die von Serres gegebene Erklärung, dass sich die atrophisch ge­wordenen Thoile bei Missbildungen per defectum nicht entwickelt haben, weil ihre (iefässc nicht zur Entwiekelung gekommen sind, ist den vorliegenden Thatsaehen gegenüber ganz unlialtbar, da in vielen Füllen atrophischo Proccsse vor dem Vorhandensein von Gefässen zur Beobachtung kommen. Dass die Gefässe, welche den nicbtentwickelten Theilen das Blut hätten zuführen sollen, fehlen, ist sehr begreiflich, da die Gefässe in einem Organe sich ja nicht entwickeln können, wenn das Organ selbst nicht zur Entwiekelung kommt. Der atrophischo Process, der die Theile befällt, ist also wenigstens in vielen Fällen, vielleicht immer, primär vorhanden, und die jMiehtentwickelung der Gefässe ist dann nicht Ursache, son­dern eben Folge des atrophisclien Processes selbst. Berrcs hat beim Aufstellen seiner Theorie den Unterschied der Ernähnmgsverhält-nisse des entwickelten Individuums und des Embryo in den frühe-sten Perioden offenbar nicht gehörig gewürdigt, und scheint eben hierdurch auf seine Theorie, verfallen all sein. Beim entwickelten Individuum wird ja ein Thcil atrophisch, wenn ihm zu wenig Blut
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zugeführt wird, or stirbt ab, wenn die Blutzüftthr fehltraquo; er wird bypertropbiscli bei ku reichliolier Blutzufiilir, und die Weite der Grefässe ist wesentlich bestiininend für die Grosso der Blutzilfulir. Dieses Verhalten bat Serres nun ohne Weiteres auf die embryonale Ernährung übertragen. Der Umstand, dass der Embryo und die Keimsclieibe nach Auftreten des Kreislaufes so ausserordentlieh selmell wächst, zeigt freilich an, dass die Nahrungszufuhr zum Par-enehym durch die Blutgefässe aucli in sehr frühen Perioden des embryonalen Lebens wesentlich ist, uud es wird durch densel­ben a priori sehr walirscheinlich, dass die Verstopfung eines Ge-fässstamraes beim Embryo Atrophie des betreffenden Organs scur Folge haben würde. Aber Serres hat übersehen, dass die Ernäh­rung der Organe des Emhryo bis gegen die 40ste Brütstunde hin durch direkte Aufnahme des Ernährungsmaterials aus der eiweiss-artigen Flüssigkeit des Dotters erfolgt, und dass gar kein Grund vorhanden ist, anzunehmen, dass diese Art der Nahrungsaufnahme mit einem Male ganz aufboren sollte, wenn Blut und Gefässe ent­standen sind. Die allenneisten Missbildungen per defectum entste­hen in so frühen Perioden, dass die atrophischen Processe, die sie veranlassen, zum Theil gar nicht, zum Theil nicht mit Wahrschein­lichkeit auf locale Kreislaufsstörungen zurückgeführt werden kön­nen. Ueberdies sind die beiden Ilauptmomente, welche bei ent­wickelten Individuen Gefässverstopfung und Veränderung der Weite der Gefässlumina bedingen, nämlich die Embolie und die glatten Muskelfasern der Gefässwaudungen, während der früheren Entwicke-lungsperioden wenigstens nicht nachgewiesen.
Es liegen uns noch einige interessante Thatsachen vor, welche auf die Bedeutung der direkten Aufnahme des Ernährungsmaterials aus dem eiweissartigen Dotterinhalte hinweisen. In den Eiern mit doppeltem Dotter kommt es nämlich bisweilen vor, dass die Cica-tricula des einen Dotters wie gewöhnlich die oberste Stelle ein­nimmt, während die Cicatricnla des anderen Dotters eine tiefere Lage hat und der Seite oder der unteren Fläche seines Dotters aufsitzt (z. B. auf Tftf. IX. Fig. ü und 6). In diesen Fällen habe ich gefunden, dass diejenige Cicatricnla, welche die tiefere Stelle einnahm, in der Entwickohing sehr zuriickblieb und früh zu Grunde
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ging, wälircml sich aus der nach oben gokehrten ('icatricula ein normaler Embryo entwickelte, Diese Thatsaclie, welche weigt, dass die verschiedene, hier durch das specilische (Jcwiclit sich zu erken neu gehende (^ualitiit des Dotterinhaltes, wodurch normaler Weise die Cicatrlcula immer nach oben gebracht wird, auch eine noth wendige Bedingung für die Entwickcbuig ist, insofern mir der spe-cilisch leichtere, nicht der speciiisch schwerere Theil des Dotter-'mhaltes mnnittelhar /.ur Ernährung des Emhryo geeignet zu sein seheint. Auch wenn die (Jicatricula an der Berührungsfläche bei­der Dotter lag, kam nie eine Entwickelung vor, wobei indess der locale Druck noch mit in Anschlag gebracht werden könnte.
Es fragt sich aber ferner noch, ob die atrophischen l'rocesse (hier dos cinbryonalen Lehens) immer und ausschliesslich von einer ((uantitativen oder qualitativen Veränderung des Eruährungsinate-rials ausgeben nnlssen, und ob nicht die vitalen Qualitäten der Zellen dabei primär und direkt ai'ticirt sein können V Diese Frage kann wohl nicht mit voller Bestiunntheit beantwortet werden. Dass nämlich Temperaturditl'erenzcn (wie in den meisten meiner Fülle) und viel­leicht auch mangelhafte Luftzufuhr u. dgl. atrophischc Proccsse des Embryo bedingen, kann man eben so gut durch die Annahme erklä­ren, dass die Zellen selbst dadurch in ihren Lehensqualitäten alterirt und dadurch in ihrem Wachstluunc beschränkt würden, als durch die Annahme, dass dieser Erfolg von einer primären Einwirkung auf das Ernährungsuiaterial abhinge. Der Umstand aber, dass der Druck in so mächtiger Weise die embryonale Entwickelung alteri-ren und Atrophie bedingen kann, auch vor dem Auftreten des Kreis­laufes, scheint doch darauf hinzudeuten, dass eine direkte (nicht durch das Bildungsmaterial bedingte) Einwirkung auf die Zellen atrophischc l'rocesse bedingen kann.
Besonders wichtig erscheint mir für das Verständniss der em­bryonalen Atrophie und der embryonalen Narbensehnunpfung noch der Umstand, dass diese l'rocesse so oft mit den Verklebungen und Verwachsungen zusammen vorkommen, dass sicii die Vcrmuthung aufdrängt, diese Proccsse moeliten mit einander in Verbindung ste­hen. Dieses würde in der That der Fall sein, wenn die klebrige raquo;Substanz, durch welche die embryonalen Adhäsionen zunächst eut-
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stellen, entweder aus den Zellen selbst stammt, indem sie durch die Zeilenwaiidung hindnroh tranesudirt ist, oder indem sie dui'oh eine Auflösung und Veränderung der Zellen und ihrer Wandungen selbst entstamlen ist. Im ersteren Falle würde die Verklebung und die nachfolgende Verwachsung von einem gehemmten Waohsthume, im letzteren von einem wirklichen Schwunde oder Ziigrundcgchen zelli­ger Elemente abhängig sein. Diese Combination atrophiseher Pro-eesse mit Vcrklebungen erinnert wieder daran, dasraquo; man nicht er­warten kann, während des embryonalen Lehens gerade dieselben (Joniplexc von Erscheinungen der Ernährungsstörungen vorzulln-den, die wir bei entwickelten Individuen zu sehen gewohnt sind, wenn nicht die Grundl'aetorcn wesentlich dieselben sind. Denn, wenn auch das Zusannnenvorkommen von Verklebungen durch so­genannte exsudative Proccssc und von Verfall oder Atrophie zelli-gcr Elemente bei entwickelten Individuen oft genug vorkommen, so sind hier doch gleichzeitig meist pathologische Wucherungspro-cessc und Kreislaufsverändcrungen mit im Spiele, welche bei den embryonalen Ernährungsstörungen ganz in den Hintergrund tre­ten. Ich habe es deshalb absichtlich vermieden, die besproche­nen embryonalen Ernährungsstörungen als Entzünduiigen zu bezeichnen, obgleich eine solche Bezeichnung bei tier IJreite, die man diesem Begriffe gegeben hat, wohl zu reciitlertigcn gewesen wäre.
Öehliesslich mag noch bemerkt werden, dass es dahingestellt bleiben muss, ob die embryonale Atrophie immer nur eine re­lative oder bisweilen auch eine absolute ist, d. h. ob der betreflende Theil mir durch das fortschreitende Wachsthum der anderen Thcile relativ kleiner wird, oder ob seine Grosse absolut, durch wirkliches ITebcrwiegen der regressiven Metamorphose abnimmt. Auch bezüg­lich der embryonalen nur benartigen Versehrumpfung muss es dahingestellt bleiben, ob hier wirklieh ein der wahren Nar-bencontraction entsprechender iSehwund durch Abnahme der In-tereellularsubstanz in Betracht kommt, oder oh es nicht vielmehr Wahrscheinlich ist, dass dieselbe nur auf relativer Atrophie ei­nes blattartig ausgebreiteten Zellencomplexeraquo;, wie das llantblatt ihn darstellt, beruht: denn es ist offenbar, dass in beiden Källen De-
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tonuitäti'ii durcli ein Missverluiltniss der Ausbreitung beaachbarter Theile entstehen würde. Wiihreiul der frühesten Bildung wird frei-licii eine wahre Narbencontracticm, insofern dieselbe auf öcliwund der Intcrcellularsubstanz beruht, eben wegen der liöchst geringen Menge der Intorcellularsubstan/. nicht in Betracht kommen könnoii, wohl aber späterhin, worm pathologisch neugebildetes Bindegewebe vorkommt.
Mit Ilücksicht auf die noch mehr oder weniger verbreiteten theoretischen Ansichten über die Ursachen der einfachen Missbil-dungen dürfte es am Schlüsse dieses Abschnittes angemessen sein, dieselben mit den Resultaten zusammenzustellen, ZU welchen ich durch meine Untersuchung gelangt bin.
Die Amuihmc, dass nicht nur Entwickelungsstörung, sondern auch ursprüngliche Missbildung des Keimes alle mögliehen Arten der Missbildungen, auch Defecte, Hemmungsbildungen u. s. W. hervorbringen könnte, die Bisohotf noch 1842 *) vertrat, scheint kaum irgend eine andere Tluitsache für sich zu haben, als die nicht abzuläugnende Verschiedenheit des Widerstandsvermögeus gegen die krankmachenden Potenzen, oder mit anderen Worten, die verschiedene Prädisposition zu embryonalen Erkrankungen. Diese Prädispusition zu Erkrankungen ist aber auch bei verschiedenen gesunden und vollständig entwickelten Individuen vorhanden, und wir dürfen dieselben als innerhalb der normalen Grenzen indivi­dueller Verschiedenheiten liegend betrachten und daher hier wohl unberücksichtigt lassen. So lange also nicht anderweitige That-Bftchen vorliegen, welche zu der Annahme nöthigen, dass ursprüng­liche Fehler des Keimes zu einfachen Missbildungen fuhren können, glaube ich die Meinung festhalten zu dürfen, dass diese Classe der Missblldungen immer und ausschliesslieh von Störungen der Entwickehmg abhängt.
Die Ansicht) dass die (Jrundursache der Missbildungen über­haupt nicht in den materiellen Verhältnissen, sondern in etwas Inuniiteriellen zu suchen sei, bedarf hier Wohl keiner ernstlichen Widerlegung, da sie unter den Aeizten und Naturforschern der Ge-
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genvviirt wohl kaum ehiuii anderen namliatteii Vortreter linden diirfle, als den ultnunontancn Herrn Eingsois. Wenn dieser sicli noch vor wenig Jahren dahin aussprach, class die Krankheit ihren t/igentlich-sten und innersten Sitz in der durcli Lust und Begierde zimäehst entzündeten und wild gewordenen Seele habe, und dass der Arzt, der das Wesen und die Kräfte des Exorcisiuus nicht kenne, des kräftigsten Heilmittels entbehre, so würde er freilich consequentcr Weise wohl auch die Misshildungen von entzündeten und wild ge­wordenen embryonalen Seelen zunächst ableiten. Die Discussion hierüber müssten wir aber Anderen überlassen, da sie sich auf einem jenseits der naturwissenschaftlichen Forscluing gelegenen Gebiete bewegen würde.
Die Theorie der llcmniuiigsblldungcn, weiche man wohl unter den Erklärungeii der Ursachen der Missbildungen aufzufüliren pflegt, lässt die Frage über die Ursachen der Hemmung ganz unerörteit, wie schon Bischoff und Uockitansky *) nachdrilcklieh bemerkt ha­ben. Diese Theorie machte in der Geschichte der Lehre von den Missbildungen Epoche, weil ihr der richtige Gedanke zu Grunde lag, dass der Schlüssel zum Verständniss der Missbildungcn nothwen-dig in der Entwiekelungsgcschiehte gesucht werden müsse, indem die Entstehung der Missbildungen der Organe hauptsächlich, wenn nicht ausschliesslich, in die Periode ihrer ersten Bildung falle. Auf eine Erörterung der Fragen: wie und wodurch die normale Enl-wickeluug zur Zeit der ersten Bildung eines Organs so gestört wird, dasraquo; die Entwiekelung ausbleibt oder abnorm wird? darauf Hess man sich, so lange man bei der Theorie der Hemmungsbil-dungen stehen blieb, gar nicht ein, und statt die pathologischen Procease zu verfolgen, erfreute man sieh lange an den Thierähn-lichkeiten. Die Ursachen der Missbildungeu würde diese Theo­rie nur dann berühren, wenn man von der Fiction ausginge, dass das supponirte Princip (der sogenannte Nisus formativus) oder die Idee der Entwiekelung in sieh primär erkrankt sei, und, gleichsam erschöpfl, auf halheni Wege in ihrer Lntwiekehmg stehen hlielu1. eine Fiction, die zu bekämpfen, wir uns von unserem Standpunkte
*) I'athologiBchc Anntomio ;fii; Aull. JSi
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iius, wie gesagt, nicht benit'on t'lihleii, da sie iiirein Wesen nach mit der llingscisschcn Auffassung der Krankheit zusammenfällt.
Das sogenannte Versehen, das man herkömmlicher Weise bei üclcgcnlieit der Discussion über die Ursachen der Missbiltlungen zu besprochen pflögt, kann BölbstvefStöndlich bei der Entstehung der Missbildungen in den Vogeleicrn während der Bebrütung gar nicht in Betracht kommen. Der Umstand, dass gerade rienunungs-bildungen und Missbildungen per det'ectum, welche man ja bei dem sogenannten Verschen ganz vorzugsweise vor Augen gehabt hat, so migcmein oft in den Vogcleiern durch Entwickelungsstörungen während der Bebrütung entstehen, enthält ein neues, gewichtiges Argument gegen den vermeintliehen Einfluss des Versehens. Bei dem Menschen und den Säugethiercn wäre es, wie Bischof!'Lemerkt, a priori nicht gam undenkbar, dass üernüthsbewegungen der Mut­ter, wclclio von einer Aufregung der Phantasie ausgingen, solche chemische Veränderungen des mütterlielien Blutes hervorrufen könnten, wclelie Erkraidume; des Embryo, und dadurch Missbildun-gen desselben bedingen könnten. Dass aber diese Möglichkeit hei der Entstellung der Missbildungen irgend wesentlich in Betracht kommen sollte, wird schon dadurch sehr unwahrscheinlich, dass eine solche Einwirkung nur während der frühesten Scbwanger-schaf'tsperioden, zu der Zeit, in welcher die erste Bildung und An­lage der niissgebildcten Theilo erfolgt, überhaupt denkbar sein würde. Es wird aber im allerhöchsten Grade uuwahrscheinlicli, dass dieselbe überhaupt in Betracht kommen kann, wenn wir ge­sehen haben, dass dieselben Missbildungen, wenigstens ebenso häu­fig, wie es scheint aber noch viel häufiger, als bei Menschen und Säugern, in den Vogeleiern durch gestörte Entwickelung entstehen.
Die Ansieht, dass die mech anischen Einflüsse das wesent­lichste Moment für die Entstehung der einfachen Missbildungen ab­gäben, wurde bekanntlich von Lenicry begründet und unter Anderen von Geoffroy Vater und 8olm ebenso eifrig vertheidigt, als sie von Mcckel und Anderen bekämpft wurde. Bisehoff suchte die meclia-üisoheH Einflüsse auf ein ziemlich geringes Maass zurückzuführen, indem er (1. c. pag. 890) sie zu den selteneren veranlassenden Ur­sachen der Jlissbildungen zählte. Es dürfte aus den oben (B-ig. 95
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bis 104) gegcbcDcii Erörtcrungeu wolil mit iSiclicrheit licrvorgeheu,, laquo;lass Biselioff die Bedeutung des niechanisclien Momentes allzuselir gesclnnälert hat, und ans seiner Darstellung geht hervor, dass er besonders die absolut äusscron inechaniscbeii Einwirkungen vor Augen gebabt, aber diejenigen mechanischen Wirkungen niebt iiin-reiebend gewürdigt bat, welche durch Adbäsioneu der Erabryonal-anlage, durch abnorme Lage einzelner Thcile des Embryo, durch krankhafte Beschränkung des Wacbstbums der den Embryo um­gebenden Keimscheibe, und der einen Tbeil umgebenden Haut, durch Ansaimnlung von Flüssigkeiten in geschlossenen Körperhöh­len u. s. w. den Embryo während seiner Entwickelung auch dann treffen können, wenn er, wie im Vogeleie, gegen niechanische Insulte der Aussenwclt mögliehst gesichert ist. Wenn wir demnach nicht anstellen, die mechanischen Einflüsse zu den allerwicbtigsten und allerbäutigsten veranlassenden Ursachen der Missbildungen zu zäh­len, so können wir doch auch denen durchaus nicht beitreten, welche diesem Momente cine exclusive Geltung zu geben versucht haben. Hierbei hatte man den Umstand übersehen, dass die zweite Klasse derjenigen Potenzen, welche überhaupt Ernährungsstörungen hervorrufen können, nämlich die chemischen Veränderungen, auch die embryonalen Gebilde afiiciren können. Im Vogeleie haben wir namentlich den Einfluss der Tcinperuturschwankungon kennen ge­lernt, durch welchen oft'eubar zunächst der Chemismus im Eie ver­ändert werden inuss; auch diejenigen Veränderungen, welche die Wechselwirkung der äussereii Luft mit dem Eiinhalte durch abnorme Veränderungen der Dichtigkeit der yehale erfahren können, kommen liier vielleicht in Betracht, obgleich Dieses au und für sich noch nicht genügend festgestellt ist. Andcrentheils ist es jedoch noch ganz un­bekannt, ob die Veränderung der Sauerstoftzufuhr oder die verän­derte Ausscheidung der im Eie producirten Kohlensäure, oder die Verdunstung hier besonders in Betracht zu ziehen ist. Beim Men­schen und den Säugetbieren werden die Tcmperaturschwankungen freilich wohl nur in untergeordneter Weise als Ursache derjenigen Hrnäbrungsstorungcn der embryonalen Gebilde, durch welche Miss­bildungen entstellen, in Betracht kommen können, da die Tempera­tur der Mutter unter gewöhnlichen Verhältnissen so gleichmässig ist.
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Dennoch sdieint mir iumierliin die Möglichkeit vorhanden zu sein, (lass die in gewissen Krankiieiten vorkommenden'reraperaturschwan-kungen des luüttorliehcn Blutes, z, B. das tiefe Sinken der Blut-wänne in der Ciiolera und das Steigen derselben in gewissen Fie­bern, dem Embryo des Mensehen und der Säuger in ähnlicher quot;Weise get'ährlieh werden könnten, wie dem Emhryo im Vogeleie. Ferner lässt es sich nicht a priori entscheiden, in wietern locale Erkältung des Unterleihes und der Genitalien der Mutter eine Ahkühlung des Embryo herbeifuhren kann, welche Ernährungsstörungen und dem­nächst Missbildungen hervorruten könnte. Dafür aber sind die Em­bryonen des Menschen und der Säuger bei Krankheiten der Mutter vielen anderen cliemiselien Schädliclikeiten durch den endosmoti-schen Stoffwechsel mit dem mütterlichen Blute viel mehr ausgesetzt, da dieser jedenfalls sehr viel eomplieirter ist, als der Stoffwechsel des Inhaltes eines Vogeleies mit der atmosphärischen Luft. Spe-eielleres wird sich freilich hierüher erst dann sagen lassen, wenn genauere Beobachtungen üher die Missbildungen der Embryonen in Aborten und über den Gesundheitszustand der Mütter, welche einfache Missbildungen zur Welt gebracht haben, vom ersten Anfange der Schwangerschaft an vorliegen werden. Ausser-dem haben aber diejenigen, welche dem mechanischen Momente bei der Entstehung der Missbildungen eine exclusive Geltung zu geben versucht haben, nicht mit der nöthigen Bestimmtheit daran gedacht, dass die mechanische Wirkung nicht eine todte Masse trifft, sondern in lebhaftester Entwickelung begriffene Zellcncom-ploxe, deren vitale Kräfte, gleichzeitig durch das meclianische Mo­ment afficiit, ein vorn normalen abweichendes Produkt liefern müs­sen. Für die Entstehung dor Missbildungen, welche durch Störung der Entwickelung hervorgerufen werden, kann aber das incchani-sche sowohl als das chemisohe Moment jedenfalls doch nur als eine relativ äusserc Ursache in Betracht kommen, denn die nächste materielle Ursache muss nothwendig in der Art und dein Ver­laufe der Frnährungsstörung selbst gesucht werden, welche; aus der Wechselwirkung des relativ äusseren meehaiiischeu oder eheuiischen Momentes mit. den vitalen Kräften der embmmalen Zel-leneoinplexe resultirt. Bei ontwiokelletl Individuen sehen wir aber,
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dass diejcnigua Eruäliruiigsstöiuugeii, welche in eiiiciu Organe durch eine relativ äussere mechanische Ursache hervorgerufen werden, und diejenigen, welche durch eine relativ äussere chemische Schäd­lichkeit entstehen, eine grosso Uehereinstimmung in ihren Erschei­nungen zeigen. Es kann daher nicht im Mindesten hefremdeu, wenn die durch verschiedene, relativ äussere Ursachen hervorgeru-lenen cmhryonalen Ernährungsstörungen, welche zu Missbildungcn fuhren, eine gleiche IJebereinstiininnng zeigen, dass z. B. eine Tem-peraturschwankung ebensowohl eine Verklcbung und nachfolgende Verwachsung, oder Atrophie eines embryonalen Gebildes zur Folge haben kann, wie ein Druck desselben embryonalen Gebildes durch andere im Eie enthaltene Körper.
Unserer Aufstellung, dass die embryonalen Ernährungsstörun­gen selbst die nächste Ursache der einfachen Missbildungen sind, stellt unter den bisherigen Theorien diejenige am nächsten, welche die Missbildungen von den Krankheiten des Embryo ableitete, und welche unter den Neueren besonders von Otto *) entwickelt wurde. Sie würde mit derselben ganz zusammenfallen, wenn meine Vor­gänger nicht zu sehr in den ontologischeu KrankheitsbegrifFen be­langen gewesen wären, und wenn sie nicht die Verschiedenheiten der Krankheitsprocesse bei entwickelten und bei embryonalen In­dividuen allzusehr ausser Acht gelassen hätten. Hiergegen sprach Bischoft' sich (1. c. pag. 891 u.flgd.) in folgender Weise aus; „Man „beruft sich zur Unterstützung dieser Ansicht auf die Krankheiten, „mit welchen behaftet man den Eötus öfters hat geboren werden „sehen: Entzündungen, Tuberkeln, Scrophulosis, Ilhachitis, Syphi-„lis etc., welche auch in früher Zeit vorhanden gewesen sein könn-„ten, und Organe zerstört und entstellt haben. VorzUglioh aber „sind es die Missbildungen von Acephalie, Anencephalie, Hemice-„phalie, Spina bifida etc., in welchen mit grosser Wahrscheinlich­keit, ja durch mehrere Fälle geradezu bewiesen, frühe Gchirn-„und Rückenmarkswassersucht die Ursache dieser und vieler damit „in Verbindung stehender Missbildungcn war. Bleibt man aber „bei diesen allein durch Thatsachen der Erfahrung bewiesenen Fäl-
*) äcxuoiitürum itionstrorutn tlosorlptlo nntitomicu
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;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;na
Älcn stellen, so muss man eingestehen, class sic doch immer nur „einen kleinen und ganz bestimmten Kreis von Missbildungen um-,fassen. So gewiss man üiigeben und behaupten muss, dass beson­ders die letzten Zustände Missbildungen hervorbringen, so wenig „wird ein unbefangenes Urtheil diese Ursache allgemein ausdehnen „wollen und können. Ansammlungen von Wasser, oder besser se-„röser Flüssigkeit in geschlossenen und noch nicht geschlossenen „hohlen Röhren, Kanälen und Höhlen, ist ein so einfacher, keine „grosson pathologischen Ursachen voraussetzender Vorgang, dass „wir ihn ohne Bedenken als sehr wahrscheinlich auch beim Fötus „annehmen dürfen. Hierdurch kann leicht Nichtvereinigung oder
„abermalige Spaltung der durch llücken- und Bauchplattcn gcbil-
„deten Röhren des Schädels, des Rückgrades, der Bauch- und Brust-„höhle, der Medullarröhre, des Kanalcs der Allantois u. s. w. hcr-„vorgebracht und dadurch eine Menge Missbildungen verursacht „werden. Schon die Entzündung scheint mir indessen ein kaum „in grösserer Ausdehnung zuzugebender pathologischer Zustand, „so wie denn auch eine solenne Entzündung irgend eines Thcilcs „in früherer Zeit, soweit mir bekannt, durch keine Beobachtung er-„wiesen ist. Noch weniger sind unzweifelhafto Fälle von Indura-
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„tion, Eiterung und Brand, ebenfalls in früherer Zeit, wo allgemein „zugegebenermassen die meisten Missbildungen entstellen, beobaeh-„tet worden. Dass Dyskrasien, wie Tuberkeln, Skropheln, Rhachitis, „Syphilis etc., von der Mutter auf den Fötus übergehen, ist leicht
„begreiflich bei dem Austausch der Säfte zwischen beiden. Aber „dass durch dieselben einzelne Organe des Fötus gänzlich zerstört, „und die übrigen dabei in vollem Wohlsein erhalten werden soll­ten, wie dieses doch meist bei den Missbildungen der Fall ist,
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„halte ich für sehr nnwahrscheinlich. So wie eine solche Bctraeh-
„tung der krankhaften .l'roeesse, welche Missbildungen veranlasst „haben könnten, so zeigen nicht minder auch die Missbildungen „selbst, wie jene im Allgemeinen nur seiton Ursachen ihrer „Entstehung sein können. Besonders sind es die Doppelmissbil „düngen, die, so sehr miin gerade über sie in dieser Hinsicht ge-„stritten hat, gewiss nur mit der grössten l'mvahrscheinlichkcit von
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„patbologisclicu ITrsaolicn abgeleitet werden können.........
„Ausserdem sind über auch alle die Missbildnngen, die man allaquo; „Situs perrerstta oder Fabrica aliena bezeichnet, gar nicht geeig-,net, aus krankliai'ten Veränderungen abgeleitet zu werden; ich „meine nicht sowohl Versetzungen der Eingeweide der Brust- und „Bauchhöhle, als besonders die Fehler in der Herzbildung, die „Varietäten in der Gefässvcrtheilung und manche Bildungsabwei-„chnng der Genitalien. Es ist unmüglich, bei solchen Ueberlegun-„gen pathologische Processc als allgemein bewirkende Ursache für „alle Missbildnngen zu betrachten, sie wird gleich den übrigen „auf einzelne vind gewisse Fälle beschränkt werden mnasen.quot;
Man sieht sogleich, dass diese Einwürfe Bischoffs gegen die von Otto u. A. aufgestellte Abhängigkeit der Missbildungen von den Krankheiten des Embryo, unsere Auffassung in keiner Weise tref­fen. Wenn man nnr die ontologischen Krankheitsbegriffe vor Augen hat, welche für entwickelte Individuen gültig, in den bisherigen no-sologlschen Systemen aufgeführt sind, so ist Bischoffs Beschränkung der ursächlichen Abhängigkeit der einfachen Missbildungcn von sol­chen pathologischen Zuständen des Embryo niciit nur gerechtfer­tigt, sondern wahrscheinlich noch weiter auszudehnen. Tuberkeln, Skrophulose, Rhachitis, Syphilis etc., welche bei neugeborenen Kin­dern diagnosticirt wurden, zeigen sich meist selbst bei der Geburt und am Schlüsse der Entwickelungspßriode in wesentlich anderer Gestalt, als bei entwickelten Individuen; in den frühesten Entwicke-lungsporioden, um die Zeit, da die Organe und die Missbildungen derselben entstehen, wird sie gewiss Niemand mit Hülfe der für entwickelte Individuen gültigen Kennzeichen diagnosticiren können. Die ganze Nomenclatur der auf so höchst verschiedenartigen Grund­lagen construirten Krankheitsbegriffe muss bei der Erforschung der pathologischen Zustände des Embryo in den frühesten Stadien einst­weilen aufgegeben werden, besonders insofern einzelne prädomini-rende Symptome oder gewisse Symptomeneoinplcxe, die Prognose, pathologische Anatomie u. s. w. ihnen zu Grunde liegen. Nur die auf ätiologischen Momenten begründeten gangbaren Krankbeitsbcgriffe, deren Symptomatologie auch bei entwickelten Individuen eine sehr
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grosso Mannigfaltigkeit darzubieten pflogt, könnten möglicher­weise auch bei den jungen Embryonen zur Geltung kommen. Wenn z. B. ein gewisser Krankheitsstoff, ein speeifisches Virus, einer gewissen Krankheit zu Gruiidc liegt und den Krankheitsbe-griff unabhängig von den Erscheinungen und von den pathologiach-anatomischen Veränderungen bestimmt, so würde man allerdings auch beim jungen Fötus von dieser Krankheit sprechen können, wenn nachgewiesen wäre, dass dasselbe Virus diesen Fötus krank gemacht habe, obgleich die Erscheinungen und patliologischen Ver­änderungen, die es in demselben hervorruft, wesentlich andere sind, und eine ganz andere diagnostische Grundlage haben. Diese Be­dingungen werden aber jedenfalls noch sehr lange unerfüllt blei­ben; es ist ja z. B. für die Syphilis, für die verschiedonen exan-thomatischen Kranklieiten u. s. w. die Annahme speeifischer Krank­heitsstoffe durchaus hypothetisch und eine chemische Charakteristik oder gar ein analytischer Nachweis solcher apecifisclien Krankhcits-stoffe ist vorläufig ganz unmöglich.
Aber es steht, auch abgesehen von den ontologischen Krankheits­begriffen, schon a priori zu erwarten, dass die constituirenden Ele­mente der Krankheiten, die patliologischen Processe, sich wäh­rend der frühesten Perioden des embryonalen Lebens so wesentlich anders gestalten werden, als bei entwickelten Individuen, dass man die geläufigen Bezeichnungen nicht ohne Bedenken wird festhalten können. Bischoff hatte somit gewiss Eecht, wenn er sagte, dass die Entzündung in dem 1842 geläufigen Sinne ein kaum in grösserer Ausdehnung für die Entstehung der Missbildungen in Betracht kommender pathologischer Zustand sei, sowie auch dass eine solenne Entzündung irgend eines Theiles in früherer Zeit, wo die meisten Missbildungen entstehen, ebenso wenig bcobaclitot sei, wie die Ausgänge der Entzündung, Induration, Eiterung und Brand. Daraus folgt aber natürlich durchaus nicht, dass einfache Missbil­dungen überhaupt anders als durch pathologische Processe entstehen können. Wir haben im Vorstehenden drei Formen der Ernährungs­störungen der embryonalen Gewebe kennen gelernt: 1) Verkle­bungen und Verwachsungen, 2) seröse Ergüsse, zunächst im Mc-
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dullarrolire und 8) die embryonale Atrophie uebst der embryonalen narbenartigen Versclinunpfimg. Indem ieli diese drei Formen auf­stellte und untersebied, wollte ich damit keineswegs die Meinung1 aussprechen, als ob liier drei verschiedene pathologische Processe vorlägen. Die sehr häufige üleichzcitigkeit des Auftretens der em­bryonalen Verklcbungcn oder Verwachsungen mit der embryonalen Atrophie und der embryonalen narbenartigen Verschrumpfung deu­ten darauf hin, dass sie von einem gemeinsehaftlicben pathologi­schen Processe ausgehen. Die pathologische Erweichung, welche Obigem zufolge die serösen Ergüsse im Medullarrolirc an den Stel­len hegleiten muss, wo sich z. B. eine Spina bifida bilden soll, und welche man füglich als eine vierte Form der Ernährungsstörungen embryonaler Gewebe bezeichnen könnte, wenn nicht die Zahl der betreifenden Fälle hierfür noch etwas zu gering wäre, könnte eben­falls mit nicht geringer Wahrscheinlichkeit zu den serösen Ergüssen in eine solche Beziehung gebracht werden, class beide von einem gemeinschaftlichen Processe ausgingen, der vielleicht mit jenem (bei welchem Verklcbung und Atrophie zusammen vorkommen) ebenso innig verwandt sein mag, wie die Entzündung mit plastischem und die Entzündung mit serösem Exsudate. Da wenigstens die Ver­klebungen und Verwachsungen, sowie die embryonale Atrophie und die narbenartige Verschrumpfung schon vor dem Auftreten des Blutes und des Kreislaufes vorkommen, so ist es klar, dass sie zunächst als Erscheinungen einer pathologischen Zellenthätig-keit aufzufassen sind, und dass Kreislaufsstörungen für dieselben nicht wesentlich sind, obgleich sie, wie die pathologischen Ver­hältnisse des Bluthofes es zeigen, seeundär auftreten können, und dann den weiteren Verlauf wahrscheinlich modificiren werden. — Insofern man nun das vor wenig Jahren allgemein verbreitete Dogma, dass die Entzündung von Veränderungen der Kreislaufs­erscheinungen ausgehen müsse, noch festhalten wollte, so könn­ten die erstgenannten embryonalen Ernährungsstörungen, welche an der Entstehung der Missbildungen den wesentlichsten Antheil haben, selbstverständlich nicht Entzündungen genannt werden. Wenn man aber auch von der nicht primären und nicht wesent-
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liclien Bctliciligiin^ doa ]51utes und der Gcfässo an don in Rede stehenden embryonalen ({ewebsveränderungen absieht, so scheinen denselben sowohl die nekrotisirendon Processe, als auch die Wn-cherung'en, welche die Entzündungen entwickelter Individuen zu begleiten pflegen, zu fehlen, und man könnte auch wegen dieser Abweichungen die besprochenen Störungen der embryonalen Ge-webserniiliruug nicht als Entzündung, in dem früher gangbaren Sinne des Wortes, bezeichnen. Der Unterschied der in Rede ste­henden embryonalen Ernährungsstörungen vom Entziindungsprocesse entwickelter Inclividucn, erscheint indess weniger wesentlich, wenn man denjenigen Factor der Entzündung besonders ins Auge fasst, den Virchow zuerst vollkonnnen gewürdigt hat, mimlich die Be-thciligung der vitalen Zcllcneinheiton an den parencliymatösen Ernährungsvorgängcn. Denkt man sich dabei die vom Blute, den Gefässen und dem Kreislaufe unmittelbar abhängigen Erscheinungen hinweg, so bleibt den Geweben immer noch ein vitaler Hauptfaetor, der auch pathologischen Veränderungen ausgesetzt ist, nämlich das in gewisser Hinsieht selbstständigo Leiben der zclligen Elemente. Dieses gieht sich aber, Virchow zufolge, nach zwei Richtungen hin kund, einerseits in funetioneller Beziehung, welche besonders von Zelleninhalt und Zellenwancl abzuhängen scheint, und andererseits in der Erhaltung, Erneuerung und Vermehrung, wobei besonders die Kerne betheiligt zu sein scheinen. — Im entwickelten Zustande, bei Erwachsenen, behauptet sich die einmal gegebene Zahl der zel­ligen Elemente normaler Weise ungefähr in statu quo, oder es wird mit anderen Worten die (wahrscheinlich von den Kernen ausgehende) Reproduction der Zellen auf ein Minimum herabgesetzt. Patholo­gische Veränderungen können bezüglich der Reproduction dann nur entweder eine Vermehrung der reproduetiven Thätigkeit (Wuche­rung) oder eine Zerstörung zelliger Elemente bedingen. Im em­bryonalen Zustande ist die Zahl der zelligen Elemente normaler Weislaquo; in ungeheuer rascher, möglichst starker Zunahme begriffen, so dass bei eintretenden Veränderungen eine Steigerung der Repro­duction unmöglich ist, wohl aber eine Beeinträchtigung derselben, wodurch sie selbst auf ein Minimum, das ist auf Erhaltung des Sta-
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tus quo, herabgesetzt wird. — Die cnibryonaleii Verklebiuigeii sind aber in ihrer Ersclieiming den Verklobuiigen durcli sogenannte fa-BerstoffigO Exsudate bei entwickelten Individuen im CJanzen entspre-ehend, obgleich die verklebende Substanz, beim Fehlen der Getasse in den frühesten Entwickelungsperioden, bei den embryonalen Ver-klebungen offenbar nicht als ein Exsudat oder Transsudat im bana­len Sinne aut'gefasst werden kann. Ich habe indess schon früher (1851) hervorgehoben, dass 'es keineswegs bewiesen ist, dass der Faserstoff der sogenannten Exsudate zunächst und direkt aus dem Blute stammt und in die Gewebe transsudirt, sondern dass gewisse Thatsachen dafür sprechen, dass derselbe vielmehr ein Produkt der Gewebe ist und vom Blute aufgenommen wird. Unter der Vor­aussetzung, dass diejenige klebrige Substanz, welche die embryo­nalen Adhäsionen zunächst zustandebringt, Faserstoff wäre, würde das Vorkommen derselben vor dein Auftreten von Blut und Gc-fässen letztere Aulfassung fast geradezu beweisen. Wenn auch diese Voraussetzung zur Zelt noch etwas zu gewagt sein dürfte, so wird doch aus Vorstehendem hervorgehen, dass die Verwandt­schaft der in Hede stehenden embryonalen Ernährungsstörungen mit den bei entwickelten Individuen gewöhrdichen Formen keineswegs ausgeschlossen ist. In etwas späteren Perioden, wo Blut und Ge-fässe bereits vorhanden waren, jedenfalls aber noch innerhalb des Zeitraums der Fonuentwickclung der Organe, während dessen die Missbildungen entstehen, haben Wir überdies (Taf. VI. Fig. 4) un­ter den IVodukten der Ernährungsstörung mikroskopische Elemente gefunden, welche mit den gewöhnlichen Entzündungsproductcn eine grosse Uebereinstirnniiuig zeigen. Immerhin würde es sieh somit, mit Bezugnahme auf Virchow's Aufstellung der „parenehymatösen Entzündung,quot; rechtfertigen lassen, die in llcde stehenden embryo­nalen Ernährungsstörungen als eigenthümlich modificirte Entzün­dung zu bezeichnen; ich habe indess absichtlich diese Bezeichnung vernneden, um Missverständnissen vorzubeugen, und die ganz allge­meine, Nichts präjudieirende Bezeichnung „Störungen der em­bryonalen Go w ebsernährungquot; vorgezogen. Genauere histolo-gisehe Untersuchungen weiden vielleicht noch manche Aufklärungen l'aiuim, üntorauchungon.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;
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übet' •lic^0 Vorgänge ergeben; wie diese aber suieli auatallen mögen, so Werden sie unsere Aufstellung, class alle emtaelien Missbildun-gen Und manche Formen der allerdings zugleich eine priifonnirte Abnormität der Eier voraussetzenden Doppelmissbildungcn zunächst dureb uatliologiache Veränderungi^n der embryonalen Gewebscrniih-rung hervorgebraelit sind, nicht alteriren. Die einfachen JMissbil-diingcn können mit anderen Worten von Krankheiten des Embryo abgeleitet werden; diese Kranhhelten des Embryo können aber nicht ohne, Weiteres zu den Kinnklieiten der gewülmliehei) nosologiscben Systeme In Beziehung gebracht werden.
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Zwei tor Abschnitt.
Die Beziehungen der Abnormitäten der Eier zur Entstehung der Missbildungeu.
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Erstes Kapitel.
Die Abnormitäten der Vogeleier vor der Bebriitmig.
Die Eier der Vögel zeigen bei derselben Species sehr ver-schicclcnc und bedeutende Abnonnitiitcn, deren wichtigste Formen folgende sind:
1.nbsp; nbsp; Eier, deren Kalkschale sehr dünn ist oder ganz fehlt. Die Dicke der Kalkschale ist bei Hühnereiern bekanntlich sehr ver­schieden, und man findet alle möglichen Uebergängc von der gröss-ten Dicke bis zum gänzlichen Fehlen. Wenn die Kaikablagerung so gering ist, dass die Form der Schale ohne mcrklicheu Bruch verändert werden kann, so pflegt man die Eier als Eier ohne Kalk­schale odor als weiche Eier zu bezeichnen. Gewöhnlich findet man aber auch in der Hülle dieser letzteren eingestreute Kalkpartikel-chen, die beim Durchschneiden mit dem Messer wie Sand empfun­den werden. Bisweilen bilden sie selbst ein vollständiges, aber höchst zartes und äusserlich mit blosscm Auge nicht sichtbares Netzwerk, das bei leichtem Drucke mit leisem knisterndem Geräu-sohe zerbricht, das aber einer oberflächlichen lieobachtung ganz entgeht. In einigen Fällen fehlten indess grösscre Kalkpartikelchen gänzlich, so dass das Messer wie durch gehärtetes Eiwciss durch die Schale ging. Solche Eier ohne Kalksehale zeigen in der Re-gcl, wenn nicht immer zugleich
2.nbsp; nbsp;Abnormitäten der Form. Diese kommen jedoch auch in sol­chen Fällen vor, wo eine zusammenhängendo harte Kalkschale vor­handen war. Solche Abnormitäten der Form sind aid' Tatquot;. VIII. Fig. 1,3 und 4 abgebildet. Fig. 1 zeigt ein llülmerei in natürlicher Grosse, das länglich und gckrüinint war, und das nur eine ganz kleine Spur eines gelben Dotters, etwa von der Grosso eines Steck-nadelknopfes enthielt. Die Kalkschalc war ziemlich dünn und eben,
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an der (•oncuven Seite der eiiigeseliiiürten Stelle sah man jedoch faltige Krliabenheiten, die von Kalk inernstirt waren. Ein anderes, ebenfalls mit ziemlich dünner Kalksehale vcrselicnes Hühnerei zeigte am spitzen Ende eine ähnliche Produktion wie das in Fig. 4 der Taf. VI11 abgebildete, nur dass dieselbe mit einer testen Kalksehale versehen war. Das in Fig. 4 in halber linearer Grössc abgebildete Hühnerei enthielt in der Sehale Kalkpartikelchen, die beim Ein-sclmeiden gefühlt wurden. Das spitze Ende lief bei diesem sehr grossen Eie in einen sich umbiegenden und mit einer Spitze endi­genden Zipfel aus, und es enthielt nur einen Dotter. Das in Fig. 8 abgebildete Ei unterscheidet sich besonders dadurch vom Vorher­gehenden ^ dass der Appendix, der vom einen Eiende abgeht, jsu-niiehst am Eie eine Einsehnürung zeigt, binter welclier derselbe sich wieder erweitert, um darnach wieder in eine Spitze auszulaufen. Auch dieses Ei war durch seine Grössc auffallend, enthielt aber doch nur einen Dotter; in der Schale desselben wurden auch beim Einschneiden keine Kalktheilc bemerkt, in einem anderen Falle war der Appendix, der hier deutlich vom spitzen Eiende ausging und der nahe am Eie eine Einscliuürung zeigte, wie bei dem vor­hergehenden am freien Ende vollkommen abgerundet, anstatt, in eine Spitze auszulaufon, wodurch derselbe ganz das Aussehen eines kleineren Eies gewann, das mit dem grossen durch ein verhiiltniss-mässig sehr dickes, mit Querfalten versehenes Zwischenstück zusam-menhing. In wiederum anderen Fällen war der Grössennnterschied ties Appendix und des eigentlichen Eies nur gering, so dass zwei Hühnereier durch ein gefaltetes Zwiscbenstück zusammenzuhängen schienen. Der Appendix oder das kleinere Ei sehien in den Fäl­len, die ich untersuchen konnte, nur Eiwciss zu enthalten, während das grössere oder eigentliche EI einen, immer aber auch nur einen Dotter enthielt. Da ich jedoch solche Eier nur geöffnet habe, nach­dem sie in Spiritus gelegen hatten, so ist es sehr wohl möglich, dass ein ganz kleiner, etwa stecknadelknopfgrosser Dotter im Appendix oder im kleineren Eie vorhanden gewesen sein kann. Inraquo; letzteren Falle würden wirklich zwei Eier mit einander verbunden sein, ein reifes und ein unreifes, und es würden die letztgenannten Bildungen darin leicht vorstftndlioh sein. Kalh aber wirklich lt;ri\r kein Dotter
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im Appendix vorhaiidoii war, was bcHOiulcrs liei den orstgciuiiinlcn Tonnen, wo ein scliniillerer und spitz, zniautender Appendix gel'un-den wurde, walirseiieinlicli ist, so muss die bei der Bildung der weis-son l(jiseliale statttindende Ablösung der Seiileiinlnuit des Oviductraquo; sieli bei iibenmissiger Eiweissbilduiig über die iiunnale Grenze iiin-aus erstreckt und dabei einen Eiwcisskiunipeii eingeseidossen ha­ben, üie Hauptursaehe der genannten Bildungen liegt jedenlalla in patliologischen Vorgängen im (Jvidnet, sei es nun, dass dieso rein localcr Art sind oder dass constitutionelle Verliiiltnisse, die na-inentlieb von ungenügender Kalkzutnlir abhängen könnten, daran Antheil haben mögen. Die Abnormitäten der Form, welche die Eier ohne feste Kalksehalc in der Kegel oder innner darbieten, und das Vorkommen solcher Abnormitäten der Form bei entwickel­ter, harter Kalksehale sprechen aber offenbar gegen die Aunalnne, dass eine zu geringe Kalkzufuhr die alleinige Ursache derselben sein sollte.
Sehr räthselhat't ist ein von v. Eacr (Memuires de l'acad. imp. des sciences de St. Petersbourg 1845) erwähnter Fall, wo ein Ei, dem die harte Kalkschale fehlte, an der Brust einer Henne, zwischen der Haut und den Muskeln, gefunden wurde.
3. Eine viel zu geringe Grosse ist ein nicht seltener Feh-lor der Vogeleicr, besonders der Hühnereier. Wenn die Hühner zu Anfang des Winters bald aufhören Eier zu legen, so fallen die Eier dnrclischnittlich kleiner als im Sommer, und einzelne Eier zeichnen sich dann, wie v. Bacr auch bemerkt hat, gerade um diese Zeit durch ausserordentlichc Kleinheit aus, so dass selbige zur Grosso eines Taubeneies und noch darunter hinabsinken kann, Ich habe solche Zwergeier übrigens auch zu der Zeit erhalten, da die Hühner wieder aniingen Eier zu legen. Ob die ziemlich ver­breitete Meinung, dass sie besonders von sehr jungen Hühnern her­rühren sollen, begründet ist oder nicht, darüber habe ich keine Frfahrungen; ich möchte aber auf ein solches Gerücht gar kein Gewicht legen, da man gcwölmlieh nicht die Ilcnnc angeben kann, die das betreffende Ei gelegt hat, und da die lächerliche Volks sage, es seien solche kleine Eier von Hähnen gelegt, vielleicht ebenso verbreitet ist. Man tindel zwischen kleinen Eiern und Eici'li
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von gcwölmliclier (irösse übrigens alle möglidieu Zwiselionstuf'en, llii'c Form ist sehr verschieden, bald lilnglicli, bald breit und kuglicht (Fig. 2); oft sind sie deform, besonders am spitzen Eiende, bisweilen mit einer kloinen Kuppel versehen, bisweilen mit einer Spirallinie, die in einer Wpltze endigt, bisweilen durch Kalkkörner ganz rauh. In den allerkleinsten, unter der Grosse eines Taubeneies, fand v. Bacr keinen gelben Dotter, wohl aber wurde in den etwas grüsseren ein kleiner gelber Dotter gefunden. Ich iiabe auch in solchen Hühner­eiern, M'elehe bedeutend kleiner waren als Taubeneier, einen ganz; kleinen Dotter in allen den Fällen gefunden, wo ich das Ei frisch geötfnet habe. Derselbe war aber dann nicht grosser als ein Öteek-nadelknopf, so dass er gevviss übersehen worden wäre, wenn das Ei einfach ausgeblasen, oder wenn es in Spiritus oder durch Ko­chen gehärtet worden wäre. — Ich glaube hieraus sehliessen zu dürfen, dass diese Zwergeicr in der That sehr unreife Eier sind, die den Inhalt eines viel zu früh geplatzten Eierstocksfollikels ber­gen, und nicht etwa abnorme Produkte des Eileiters allein. — Es wurde schon oben erwähnt, dass der Appendix, dessen oben gedacht, wurde, und der bisweilen ganz die Form eines kleinen Eies hat, ebenfalls vielleicht ein solches unreifes Ei ist.
4. Das sogenannte Ovum ovo praegnans oder Ei im Ei, wobei mau ein kleineres, mit harter Kalkschale versehenes Ei in einem grösseren, ebenfalls mit harter Kalkschale versehenen Eie findet, habe ich nur einmal gesehen. Dieses Ei, das von einer Truthenne herrührt, findet sieh in der Sammlung der Königl. Veterinärschule zu Copeu-Iiagen. Es waren nur die ausgeblasenen Schalen vorhanden, es soll aber das grossere Ei einen gelben Dotter enthalten haben, welcher der Kalksehale des inneren Eies unmittelbar anlag und mit demselben genieinsehaftlieh vom Eiweiss umhüllt war. Die C rosse des kleineren Eies entsprach einigerrnassen derjenigen eines ge­wöhnlichen Eies der Truthenne, das grössero war verhältnissmässig colossal. Mehrere solche Fälle sind in Keeucils des Curieux de la nature und in Isid, Geoffrey's Teratologie verzeichnet. Neulich (im Mai 1858) wurde auch in verschiedenen Zeitungen von einem Eie einer Cocliincliiuahennc berichtet, das in Holland gelegt, 17 Loth wog, und das aussei' 2 Dottern ein gewöhnliches Hühnerei mit har
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ter Schale enthielt. Offenbar einen Uebergang zu dieser Abnor­mität des Eies im Ei habe ich einmal bei einem Taubenci gesehen, indem am einen Ende eines grösseren Eies ein kleineres kuppel-ionnig hervorragte während eine vollständige Kalkschale auch im Inneren das kleine Ei vom grösseren trennte.
Die Entstehung des Ovum ovo praegnans erklärt sich durch die Annahnie, dass ein im Oviduct herabgestiegener Dotter im so­genannten Uterus der Henne ein fertiges Ei vorfindet, das mit ihr in die neue Schale eingeschlossen wird.
5. An die soeben besprochene Misshildung schlicssen sich die bei weitem häufigeren Fälle an, wo zwei oder mehr Dotter von einer gemeinschaftlichen Schale umgeben sind. Schon Fabricius ab Aquapendcnte *) und Harvey *i:) erwähnten der Eier mit dop­peltem Dotter, und Woltf*'1*) lieferte eine genauere Beschreibung dieser Eier, deren er mehrere gesellen hatte, und die er nicht für sehr selten hielt. Er entwickelte sehr entschieden die Ansicht, dass diese Abnormität dadurch zustandekotnme, dass 2 aus verschiedenen Eierstockfollikeln kurz nach einander gelöste Dotter Im Elleiter zuerst von gemeinschaftlichem Eiweiss und demnächst von einer genieinschaftlichen Schale umgeben würden. Frcrny und Valen­ciennes *) haben über das Vorkommen dieser Eier ausführliche Un­tersuchungen angestellt. Nach ihnen sollen unter 140 Millionen Eiern, die jährlich in Paris auf den Markt konunen, 200 — 300 mit doppeltem und 6 — (i mit dreifachem Dotter vorkommen. Die Nor-mandie (Depart, de l'Oueät) soll verhältnissmässig das grösste Con­tingent liefern. Ich habe hier in Kiel vom 2tcn Nov. 1857 bis zum 9ten Juni 1859 82 Eier mit doppeltem Dotter sammeln können, dar­unter 79 Hühnereier und 8 Gänseeier. Da ich nicht solche Ver­bindungen gehabt habe, wie die französischen Forscher, denen die öffentlich angestellten Compteurs, welche alle Eier zählen müssen, die in Paris auf den Markt kommen, höherem Befehle zufolge Be­richt abstatten mussten, sondern meine Eier nur durch persönliche
*) Opera dirinia anat. et physiol. Lipsiac 11)87. Pol. **) Kxercitationes de gcncnitiouo animalium. Excrc, 24. ***) Novi (,'ouiment. Acad. iin|). IMrupol. T. XIV. pag. 466. f) Coinplos rcmlus 1856. I. No. 1,
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Nuchlrau'o in einem vurliiiltnissiniissig kleimni Xroisc btszog', so könnte es scheinengt; laquo;lass diese Abnormität hier in Holstein boson, derraquo; häufig wilre. Da ich iiuless auch aus (Jorsoer auf Seeland solche Eier bezogen habe, und da nicht nur hier in Holstein, son­dern auch in Jutland und auf den dänisehen Inseln, das Vorkoni-nion dieser Abnorinitiit, so viel ieii habe in Erfahrung bringen kön­nen, fast einem Jeden, der sieii praktisch mit der Hühnerzucht betasst, grossettthells aus eigener Anschauung bekannt zu sein scheint, so muss ieii annehmen, class dieselbe liier zu Lande überall viel häutiger ist, als nuui niieh den französischen Angaben verniutben sollte. Leute, welche hier viel Grelegenheit gehabt haben, auf diese MissblMltng Acht zu geben, nehmen an, dass ein solches Ei durch-BöhnittUeh Unter 1000—SOOOHülinereieru vorkommt. Ich haboGruml, xu vennutlien, dass sich ein ähnliches Verhältniss auch in Frank­reich herausstellen würde, wenn man sämmtiiehe, von einer gewissen Zahl Hennen gelegten Eier, und nicht nur die auf den Markt ge­brachten berücksichtigt; denn ich habe hier die Erfahrung gemacht, dass gerade diese grossen Eier in der Regel nicht auf den Markt kommen, sondern von den Besitzern der Hühner für den eigenen Gebrauch i'eservirt werden. Da die Eier nicht nach dem Gewichte, sondern nach der Zahl verkauft werden, so wollen ökonomische Leute ein Ei, das doppelt so gross und schwer ist, als ein gewöhnliches, nicht um denselben Preis verkaufen. Wenn man, wie ich es ge-than habe, den Ö bis lOfaehen Preis für ein solches Ei zahlen will, (#9632;o kommen deren ungleich mehr zum Vorschein, als wenn man sie auf dem Markte sucht. Nach den Monaten des Jahres waren die 71) Hühnereier, die ich gesammelt habe, folgeiiderinasscn vertheilt: Im Januar 1858 erhielt ich ), 185!) keins, im Eebruar 1858 und 1859 keins, im März 1858 2, 18Ö9 8, im April 1858 Ö, 1859 14, im Mai 1858 10, 1868 5, im Juni 1858 10, im Juni 1850 8, im Juli 1858 9, im August 1868'8, im September 1858 5, im Octo­ber 1858 keins, im November 1867 8, 1858 ii, im December 1857 und 1868 keins. Es geht hieraus nur hervor, dass diese Eier iu den Winter- und Herbstiiionaleii absolut seltener sind, als in den Frühlings- und Sommemionaleir. daraus folgt aber noch nicht, dass sie in ienen Jabreszeiten auch relativ seltener sind, da die Hühner
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bokiiimtlicli im Uei'bst uml Winter i'ibcrii;iii|)t weniger Eief legen. Unter mehreren Hermen, deren Eier ieh sänmitlieh bekam, legten einige die meisten dieser Eier im Mai, andere im September und wieder bei anderen waren sie ziemlich gleiohmilssig auf die Som­mermonate vcrtbeilt. Bisweilen legten dieselben Hennen 2—3 Eier mit doppeltem Dotter nach einander, ja eine legte einmal 7 dersel­ben, eins nach dem anderen. Alle Hühner, von denen mir sichere Kunde zugekommen ist und welche Eier mit doppeltem Dotter legten; haben indessen zuglcieh Eier mit einfachem Dotter ge­legt, und zwar viel häutiger, als Eier mit doppeltem Dotter. Es ist mir wiederholt von Hennen berichtet worden, welche immer und nur Eier mit doppeltem Dotter legten. Wo ich indesraquo; Ge­legenheit hatte, die Verhältnisse näher zu untersuchen, wussten die Leute nicht ganz bestimmt, ob die eine oder die andere Henne dieses oder jenes Ei gelegt hatte, sie setzten nur voraus, dass die­jenige, die ein Ei der Art gelegt hatte, auch die anderen gelegt haben miissc, und mehrmals wies die genauere Beobachtung dann auch mehrere Mütter derselben in demselben Hühncrhofe nach. Ich vennuthe demnach, dass jene Angabe eine der gewöhnlichen Uebertreibungen oberflächlicher Beobachter ist. Dass jedoch ge­wisse Hennen ganz besonders disponirt sind, Eier mit doppeltem Dotter zu legen, und dass andere es niemals thun, kann ich voll­kommen constatiren. Ich habe von einer alten Henne im Laufe eines Jahres 10 Eier mit doppeltem Dotter erhalten, und 4 ver­schiedene Töchter dieser Henne, haben mir die grösste Zahl meiner Eier mit doppeltem Dotter geliefert, zusammen nämlich 42 Stück. Dieses deutet oftenhar aut'Erblichkeit dieser I'rädisposition hin. — Ob die mehrfach aufgestellte Behauptung, dass junge Hennen be­sonders zu dieser Abnormität disponirt sind, der Wahrheit entspricht, weiss ich nicht; aussehliesslich wird sie aber jedenfalls nicht bei .jungen Vögeln beobachtet. Eben so unsicher ist die Angabe, dass gewisse Hülmerracen, namentlich die Cochinchinahühner, durch diese Brädisposition ausgezeiclmcl seien. Jone Henne und ihre 'roch­ier, welche mir die grösste Zahl meiner Eier mit doppeltem Dotter lieferten, gehörten der gewöhnlichen, hier cinhciinischen liace an, und unter 7'.) solchen Eiern komiteu nur höchstens 21, dem Aus-
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sehen der Schale zufolge, von CochincliimUiühnern gelegt sein, die übrigen waren voilkoinnien weiss. — Die von verscliicdenon Sei­ten her geäusserto Meinung, dass eine besonders reieliliehc Füt­terung wesentlich zu der in Rede stehenden l'rädisposition beitra­gen soll, ist mir micii iiisotcrn wahrscheinlich, als die Fütterung in den llülmcrliütcn, aus denen ich meine Eier erhielt, besonders reichlich gewesen raquo;ein soll, soweit ich über diesen Funkt Nachricht erhalten habe.
Die Eier mit doppeltem Dotter sind meist schon auf den er­sten Blick durch ihre aufl'allende Grosse erkennbar. Doch ist diese Kegel, wie schon Wolff bemerkt hat, nicht ohne Ausnahmen, indem die grössten Eier mit cinfVichcm Dotter den kleinsten Eiern mit doppeltem Dotter gleichkommen oder sie selbst übertreffen kön­nen. Der Längendurchmesser der Hühnereier mit doppeltem Dotter variirte zwischen Gö und 76 Mm. bei den Eiern der gewöhnlichen, hier einheimisehen Itace, bei den Hiern der Cochinehinahühner zwi­schen 68 und 72 Mm.; der Querdurchmesscr derselben variirte bei der gewöhnlichen Ilace zwischen 4;) und 51 Mm., bei der Oochin-chinarace zwischen 45—51 Mm. Die gewöhnlichen Maassc der Hüh­nereier mit einfachem Dotter sind 53 — 65 Mm. für den Längen-durchmesscr und 40—43 Mm. für den Querdurchmesser, ich fand sie aber auch bis ZU 65 Mm. lang und 47 Mm. breit. — Auch die Giinsecier mit doppeltem Dotter zeichneten sich durch ihre enorme Grosso aus. Ihr Liingendurchmesaer variirte von 103 bis 111 Mm., ihr grösster Querdurchmesser von 68 bis 71 Mm. — Das auf Taf. XU. Fig. 4 abgebildete Entenei mit einfachem Dot­ter, der aber zwei Embryonen trug, würde seinen Grössenverhält-nissen nach ganz entschieden für ein Ei mit doppeltem Dotter ge­halten worden sein. — Die Form der Eier mit doppeltem Dotter ist sehr verschieden. Bisweilen sind sie ganz auffallend lang und schmal. Das in dieser Hinsicht am meisten .ausgezeichnete Ei war 76 Mm. lang, mass aber nur 45 Mm. im grössten Querdurchmesser. Ein anderes Ei dieser Art war 73 Mm. lang und mass im grössten Querdurchmessei' nur 43 Min. Dabei ist bisweilen das eine Ende deutlich stumpfer, als das andere, bisweilen aber ist kein Unter­schied in der Wölbung beider lOicnden zu erkennen. Besonders
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bei den langen und schmalen Eiern bemerkt man nicht selten ringlaquo; tormige Eindrücke oder Erhabenheiten an der Schale in der Peri­pherie des Querdurchmessers. In anderen Fällen ist der Querdurch-messer viel beträchtlicher im Verhältniss zum Läugenduichmesaer. So fand ich folgende Verhältnisse des grössten Längendurchmessers zum grössten Querdurchmesser: 73:01; 6G:49-, 65:48. Bei diesen breiteren oder dickeren Eiern ist gewöhnlich, aber nicht immer, der Unterschied zwischen dem spitzen und stumpfen Ende deutlich; die ringförmigen Absätze um den Aequator des Eies fehlen den­selben gewöhnlich. Obgleich auch die von derselben Henne ge­legten Eier nicht unerhebliche Form Verschiedenheiten zeigen, so macht sich dabei doch der Einfluss der Individualität stark geltend. Eine alte Henne, deren oben erwähnt wurde, lieferte z. B. immer auffallend lauge und schmale Eier, die eine Tochter derselben aber regelmässig sehr dicke und verhältnissmässig kurze Eier mit doppel­tem Dotter. — In Eiern mit einem Dotter entwickelt sich bekannt­lich, sowohl bei längcrem Liegen, als auch bei der Bebrütung ein luftgefüllter Raum am stumpfen Ende. Bei den Eiern mit doppel­tem Dotter ist dies auch der gewöhnliche Fall; nur einmal war nach 5—ötägiger Bebrütung eines sehr länglichen Eies dieser Art an jedem Ende ein Luftraum gebildet (Taf. IX. Fig. 4). — Die bei­den gelben Dotter waren in allen 79 Hühnereiern, sowohl als in den 3 Gänseeiern mit doppeltem Dotter ganz vollständig von einander getrennt, indem jeder Dotter vollständig von seiner Dotterhaut um­geben war. Sie lagen immer nach der Längenachse des Eies neben einander, und zwar gewöhnlich so nahe, dass sie einander unmittelbar berührten und an der Berührungsfläche durch gegenseitigen Druck abgeplattet waren. Die Grosse dieser Berührungsfläche war sehr verschieden und wurde besonders durch die Form der Eier und durch die relative Grosse der Dotter bestimmt. Bei verhältniss­mässig kurzen Eiern mit grossen Dottern war mehr als '/, der Oberfläche des einen Dotters in unmittelbarer Berührung mit einem gleich grossen Theile der Oberfläche des anderen. Bei verhält­nissmässig langen Eiern war dahingegen die Berührungsfläche meist klein, und bei einer Länge der Eier von 73—76 Mm, fand ich 3 mal die Dotter ganz frei, durch eine Eiweissschieht von einander
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getrennt und VoUkotUtnen rund. Ansscr der besproeliCHOU Abplat tnng an der griisseron .uder kleineren Boriilming'sfliudie beider Dot­ter, wo die Grän/.e durch eine der t.^iieriieiise des Kies parallele Fliiobe bezeiidinet wurde, und der dnreb jene Abplattung bedinge ten Veriindornng der Krüinnuing- der i'ibrigen Oberfliielie, liabe ieh geWUhnlioh keine Unregelniässigkeit in der Form des gelben Dot­ters wabrgenomnien. Wenn daher Fremy und Valeneionnes (1. e.) die Form der Dotter in diesen Eiern unregelmässig fanden, so ist darunter entweder nur jene dnreb Abplattung bedingte Formver-iinderung zu verstellen, oder aber es sind andere Unregelmässig-keiten dnrcli das von ibnen angewandte Verfahren, die Eier vor der Untersuchung durch Koehen zu härten, entstanden, was aueh bei ganz normalen Eiern erfolgen kann. Bei meiner Untersuehung habe ich dieses Verfahren daher nie angewandt, sondern die Eier immer unter Wasser geöffnet. — Die Chalazzen der Eier mit doppeltem Dotter zeigen, soweit ich es bei gleichzeitiger Berüek-sichtigung der anderen Verliältnisse habe beobachten können, fol­gendes Verhalten: An den den Elenden zugewandten Polen der Dotter lagen die Cbalazzen in gewöhnlicher Weise, nur imerirten sie sich oft nicht gerade in der Mitte der dem jedesmaligen Eiende zugewandten Dotterhiilfte, sondern oft etwas seitlich von diesem Punkte. Die einander anliegenden Flächen der beiden Dotter wa­ren aueh dann, wenn sie einander gegenseitig abgeplattet hatten, durch eine Schicht von eingedicktem Eiweiss getrennt, welche sieh aber beim Liegen in Wasser so auflöste, dass die beiden Dotter auseinander fielen und entweder ganz rund wurden oder sich doch der Kugelfonn näherten (Taf.VlII. Fig. G u. 7). In mehreren Fällen, weich speciell darauf Acht gab, verlief bei dieser Untersuehungsweise ein aus einer weissliehen, zähen, schleimigen Substanz bestehender Strang, der ganz einer Chalazze glich, und der bisweilen auch wie diese spiralig gewunden war, von einem Dotter zum andern. Diese intermediäre Chalazze inserirte sieh aber, wie in Fig. 7 der Taf.VlII, in den Fällen, die ich näher beobachtete und wo die Dotter gegen­einander angedrückt waren, nicht in der Mitte der einander be­rührenden Oberflächen dor Dotter, sondern wenigstens am einen Dotter exeentriseh. Sie verlief dann nicht auf dem kürzesten Wege
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von einem Dotter zum andern liiuüber, soiulcrn hatte eine merk-lidie Länge. Dieses Voi'iuuulenscin einer, beide Dotter verbinden­den Cbalazzc sebeint mir ein guter Beleg für die von Wolft' ge­gebene Erklärung der EntHtebung der Eier mit doppeltem Dotter zu sein, der zufolge die beiden Dotter im Eiei'stooke von einander getrennt gewesen, und erst im Eileiter mit einander verbunden sein sollten, indem sie hier von gemeinschat'tliclieui Eiweiss und der Schale umgeben würden. Dahingegen seheint diese Beobach­tung kaum mit der von Serres'*) gegebeneu Erklärung vereinbar zu sein, wonach die beiden Dotter bereits im Eierstocke, bei ihrer Entstehung in einem geiueinsehaftliclien Follikel neben einander entstanden und mit einander in Berübmng gewesen sein sollten. — Das Verhalten der Cieatricula auf den Dottern der in Rode stehenden Eier bot sehr bemerkensworthe Versclncdcnheiten dar. Während die Cieatricula auf dem Dotter eines normalen, mit einem Dotter versehenen Eie bekanntlich in der Mitte zwisehen beiden Kipolen liegend, bei jeder Seitenlage des Eies die oberste Stelle einnimmt, in Folge des geringeren speeitischen Gewichtes des so­genannten weissen Dotters, ist die Lage der Cieatricula der Eier mit doppeltem Dotter sehr grossen Verschiedenheiten unterworfen. Um dieses Verhalten, das mir für die Entwickelung der Embryonen in diesen Eiern bedeutsam zu sein schien, genau zu beobachten, machte ich mir es zur Regel, die Eier bei der Bebrütung ganz ru­hig liegen zu lassen, beim Herausnehmen aus der Brütmaschine die nach oben gewandte Seite zu bezeichnen, und sie in dieser Stellung unter Wasser zu bringen und zu öffnen. Bisweilen hatten dann die Cicatriculae beider Dotter die normale Lage, indem sie die oberste Stolle, etwa in der Mitte zwischen dem Mittelpunkte der Be­rührungsfläche beider Dotter und dem dem Elende gegenüberliegen­den Pole des Dotters einnahmen. Gewölinlicli nahm aber wenig­stens die Cieatricula des einen Dotters eine abweichende Stellung ein, indem sie bald der Berührungsfläche beider Dotter, bald dem Ei pole mehr genähert war, bald selbst an der Berührungsfläche bei­der Dotter verborgen war. Im letzteren Falle war auf der Obcr-
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*) Comiitcs veiulus 18r)G. pÜg, 1084—1029.
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flildic des Dotters gar keine Cicatricnlii zu seilen, dieselbe kam aber an der Berüiirnngsfiiiclie zum Vorschein, wenn man die Dot­ter unter Wasser aus der Schale lierausbraehte und von einander trennte. Diese versteckte Lage der (Jieatrieula des einen Dotters kommt ungemein oft vor; seltener haben die Cicatrieulae beider Dotter diese Lage. In ein Paar Fällen konnte ich aueh an der Be-rülirungsfliiche gar keine Cicatricula auffinden, wobei ich es dahin­gestellt sein lassen muss, ob dieser Mangel ein ursprünglicher war, oder ob die Cicatrieula bei der Bebrütung zu Grunde gegangen oder unsielitbar geworden ist. in einigen Fällen lag die Cicatri-cnla des einen oder anderen Dotters nicht auf der oberen Fläche desselben, sondern seitlich oder selbst unten. Im letzteren Falle war die Lfige der Cicatrieulae beider Dotter einander bisweilen ge­rade entgegengesetzt, indem die eine Cicatrieula die oberste Stelle auf der Mitte des einen Dotters einnahm, während die andere den untersten Platz auf der Mitte des anderen inne hatte. — Die sehr mannigfaltige Lage der Cicatrieulae, welche, wie sich im Folgenden herausstellen wird, für das Bebrütungsresultat von grosser Wichtig­keit ist, scheint von der Lage der Clialazzen und von der durch sie bedingten Stellung des Dotters im Eie abhängig zu sein.
6. Zwei Cicatrieulae auf einem Dotter sind eine Abnormität deren Vorkommen in den Eiern der Vögel nicht bezweifelt wer­den kann, obgleich Fabricius ah Atjuapcndente*) noch der Einzige gewesen sein dürfte, der sie vor Anfang der Bebrütung beobachtet zu haben scheint, indem er sagt: cam (sc. cicatriculain) in niagno vitello duplicem aliquando observavimus, alteram alteri satis propin-quam et alteram altera minorem. Freilich ist mir auch von ver­schiedenen Hausfrauen gesagt worden, sie hätten zwei Cicatrieulae auf einem Dotter gesehen, ich kann aber darauf kein Gewicht le­gen, weil ich inlch überzeugt habe, dasraquo; in solchen Fällen wenig­stens in der Hegel Etwas für eine Cicatrieula gehalten worden ist, das diese Bedeutung entsehiedeu nicht hat. Es kommen nämlich bisweilen auf dem Dotter runde, weisse Flecke vor, welche bei et­was oberflächlicher Beobachtung sehr leicht für überzählige Cica-
*) Opera omnia anat. et pliysiol. Lipsiae 1(187. I'Vl. pag. 13 (Traetatus de for-raatlone pulli).
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triculao angesehen worden können, und welclio von jenen Hausfrauen #9632;wirklich in meiner Gegenwart damit verwechselt worden sind. Diese runden, weissen Fleeko sind aber hur Abnorniitäten der Dotter-liant. Auf Taf. X. Fig. 4 ist eine solche Cicatricula spnria bei ziem-Uoh starker Vergrösserung dargestellt, und man erkennt deutlich, dass sie nur ans Faltungen und Verdickung der Dotterhaut bestellt. Da jedoeli im Vogeloie die Cicatricula nothwendig der Ausgangspunkt der Entwickelung ist, und da die Lage des Embryo immer derjenigen der Cicatricula entspricht, so kann man aus der Gegenwart zweier getrennter Embryonen auf einem Dotter mit Sicherheit schliessen, dass zwei Cicatriculae auf demselben vor der Bebrütimg vorhanden gewesen sein müssen. Solche Fälle sind aber, wenn auch immer­hin in geringer Zahl, in der Literatur verzeichnet. Wir werden diese Fälle im folgenden Abschnitte ausführlich besprechen, und machen hier nur darauf aufmerksam, dass, vielleicht zufiüligerweiso, in den bisher bekannt gewordenen Fällen die Embryonen auf den Dottern einander sehr nahe lagen, so dass man Zweifel liegen konnte, ob die beiden Cicatriculae, aus denen sie hervorgegangen sein nuiss-ten, getrennt gewesen wären, oder einander berührt hätten und theilweise vielleicht gar mit einander conduirt gewesen wären?
7. Als eine besondere Art der Abnormitäten der Vogeleier ist eine Bildung des Dotters aiizufUhren, welche Scrres*) zu den Eiern mit doppeltem Dotter und zu den Eiern mit doppelter Citricula auf einem Dotter in Beziehung gebracht hat. Er fand nämlich bei einem Hubn, welches Eier mit doppeltem Dotter gelegt haben soll, in
Compt6B rendiis 185raquo;. I. jmg. 620. — Vielleicht hat raquo;clion Hiirvcy diese Ab-iiorinitilt der Eier gekannt. Er spricht nilnilicli von unvollstiimlig getrennten Dottern, welche au der IJerülirungsstelle eine gemcinschafllielu; Cioatricnla tragen. Waln-eml er die Entstcluing von Doppdltttlssbildungeti in Kiern mit zwei vullstUndig getrennten Dottern gänzlieh in Abrede stellt, giebt er für diese Abnormität der Eier die Miigliclikcit zu, dnss Doppclnionslra aus ihnen hervorgclicn künnten, obgleich er, wie er ausilrücklieh bemerkt, dieses nie­mals bcubaehtet bat. Man bleibt bei Keiner Angabe jedoeli darüber in Zwei­fel, ob er die naebstehende, von Scrres besprochene Ahnormitiit der Hier vor Augen gehabt hat, oder Eier mit vollständig doppelten, aber su gegen cin-andei angedrüekten Dottern, dass man ohne genauere Untersuchung wohl annelinicn könnte, dass beide nur iinvollständig von einander getrennt ge­wesen ivilren.
I'.uiniii, Untcratichu
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oinem Oalvx zwei /um Theil vereinigte Dotter mit zwei getl'enU' ten, aber einander goniiliertcn Cicatriiuilis. In einem Taiiheneie tand er ferner zwei einaiuler ])onefi'iron(le Oioatriouläe, während unten /.wei von einander getrennte Dotter nnterselileden worden konnten. Aus diesen beiden Beobachtungen Bohllesst er, dnss auch zwei voll­ständig getrennte, später im Eileiter von gemeinschaftlichem Eiweise, und von geineinsamer Schalenhaut und Schale nmgebene Dotter, wie sie aieli in den Kicrn mit doppeltem Dotter l'nulen, aus einem Ca­lyx stammen und in einem Follikel gebildet seien. Kr meint, dass zwei solche, in einem Follikel gebildete Dotter dureli das enge Aneinauderliegen bei ihrer Bildung sieh mit einander vereinigen und mit einamler vcrselmiel/en könnteu. Hiernach sollten also jene zwei von Serres lieobacliteten vermeintlich uinollkoinmen doppeh ten Dotter aus zwei Dottern vorselnnolzen sein. Serres geht dann in seinen Schlüssen noeli weiter, indem er diese Eier für Ucber-gangaformen zu den lOicrn mit doppelter Qioatrioula auf einem Dotter bält, denn er mcijit, es könnten y,wei in einem Follikel ent­standene Dotter wllhrend der Entstehung aitch so vollkommen ver-sclmiekcu, dass beide Dotter vollständig zu einem einzigen würden und dass -von der ursprünglichen Doppclbeit nur die doppelte Ci eatrienla. übrig bliebe.
Der Versuch, den Serres gemacht liat, um die eingeschnürten
Dotter, die er einmal im Eierstocke und einmal in einem Eic gc-gefunden hat, zunächst zu den Eiern mit doppeltem Dotter in Be-zielnmg zu bringen, ist von vorn herein unberechtigt, so lange man nicht 2 völlig von einander getrennte Dotter in einem Follikel oder Oalvx des Eierstocks eines Vocels Befunden hat. Dass man bei Säugethieren und vielleicht bei Fischen zwei mul mehr Eier in einem Eierstockfollikcl gefunden bat *), beweist Nicbts für das Vogelei, dessen Dotter von dein der Säugetbiere so wesentlich ver­schieden ist, dass man die bei der einen Ciasso gefundenen Abnor­mitäten des Dotters nicht so ohne Weiteres für die andere Classe
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*) Bidder lieobaditcte boim Kalbe zwei Eier in einem Gninisclicn Follikel, lü-scboir sah bei Uttndinnen eweimal '#9632;'#9632; mul einmal ;!, Barry einmal 8 und ein­mal -i und Valentin einmal 8 Eier in einem EieTStoolcfollikeU Barry giobl im, dass lt;n' auch beim Lachs einmal 2 Kiev in einem Follikel gel'undcn lialie.
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goltetld nfiaohon Icwin. Selbst wonn man aber (was ich sein' be­zweifeln möchte, da die Bildung (lor Dottorhaut ilos Vogeleios waln--sobeinlioh die unmittelbare Berlllirnng wit der Wand des Follikels
voraussetzt) dciinocli jemals in einem Follikel dos Eierstocks eines Vogels zwei von einander völlig- getrennte Dotter neben einander finden sollte; so würde dadureb die Möglicbkeit der von Wolff gc-gebenei) Erklärung, dass aueb zwei sehr bald nach einander aus verschiedenen Follikeln gelöste Eier im Eileiter von gemeinschaft-lielicm Eiweiss und genieinscbaftlieber Sclialo umgeben werden könn­ten, noch nicht ausgeschlossen sein. Die Eildung einer chalazzen-artigen Verbindung zwischen beiden Dottern, die wir beobachtet haben, würde ganz unbegreiflich sein, wenn man anniilnno, dass die beiden Dotter in einem genieinschaftlielicn Follikel ebenso an­einander gelagert gewesen wären, wie wir sie in den Eiern mit doppeltem Dotter finden.
Der andere Versuch von Scrres, die beiden von ihm beobach­teten eingeschnürten Dotter als Uebergangsiorm zur Bildung eines mit zwei Cicatriculis verschonen einfachen Dotters zur Geltung zu bringen, würde nur dann eine Berechtigung haben, wenn ein Be-brütuugsresultat vorläge, woraus hervorginge, dass auf einem sol­chen eingeschnürten Dotter wirklich eine Doppelheit der Keimanlage vorhanden gewesen wäre. Die oben angeführte Beobachtung, dass auf dem gelben Dotter bisweilen runde Flecke vorkommen, die einer Cicatrieula ähnlich sind, die aber nur von einer Verdicknng der Dotterhaut herrühren, giebt nämlich den Zweifeln Baum, ob in Sefl'es Fällen zwei wirkliche Cicatriculae vorgelegen haben, und ob nicht etwa im einen Falle die vermeintlich confluirte Cicatrieula in der That eine einfache, und im anderen ob nicht die eine der zwei vermeintlichen^ einander genäherten aber doch getrennten Ci­catriculae, eine Cicatrieula spuria gewesen sein sollteV
Diese Zweifel, zu denen man, auch ohne eigene Beobachtungen über diese Fälle aufweisen zu können, berechtigt wäre, erhielten durch mehrere Beobachtungen, die ich zu machen Gelegenheit hatte, ein noch grösseres Gewicht. loh habe nämlich öfter auf dem gel­ben Dotter nicht nur solche nnidlidie Verdickungen der Dottcrhant beobachtet, Welche durch ihre Form und weissliehc Farbe eine nicht
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geringe K.ussei'e Aohnliobkoit mit wahren Gicatrionlia ilarboten, und welobe deshalb oben Oioatrionlao spariae genannt wurden (s. Tatquot;. X. W\g,£), sondern auoh strangartige Verdicknngon dor Dotterbaut, die in thrern Wesen ganz mit orstei'en UberoinBtimmten, Diese strang­artigen Verdickungen der Dotterhallt waren meist ziemlich kurz und bewirkten dann keine DofigUl'ation des Dotters, i^isweilen waren
sie aber länger, erstreckten sieh um einen grüsseren Tiieil der Pe­ripherie des gelben Dotters herum und bewirkten in diesen Füllen eine wirkliche Einschnürung desselben. Eine solche Einsohntirung des Dotters durch eine strangartige Verdiekung der Dotterliaut bot der eine Dotter des aul'Tal'. VI11. Fig. 6—7 abgebildeten {'lies dar. Die Einschnürung war in tlieseni Falle freilich nur flach, aber doch sehr deutlieb, und die Zusammenstellung mit anderen Fällen, die wir erst später besprechen werden, weil bei ihnen das Resultat der Bebrütung zugleich vorlag, zeigt deutlich, dass auch viel tiefer ge­hende! Elinscbnürungen, wodurch das Aussehen zweier mit einan­der verbundener oder unvollständig getrennter Dotter hergestellt wird, ebenfalls von solchen strangartigett Verdickungen der Dotter­liaut herrühren können.
8. Ueberdies ist noch eine Abnormität der Vogeleier anzufüh­ren, die ich freilich nur einmal beobachtet habe. In cincni sehr grossen und wohlgeformten Hühnereicopy; fand sich nämlich aussei-einem vollkommen runden und wohlgestalteten Dotter uocli die auf Taf. VIII. Fig. 5 abgebildete Masse. Dieselbe bestand aus fünf, zum Tiieil langlieh runden, zum Theil ganz deformen gelben Dottermas­sen, welche durch zähes Eiweiss verbünden waren. Dieses Elwciss bildete am einen Knde einen ziilicn Klumpen, zwischen den kleinen Dottermassen stellte sie aber einen dicken, spiralig gewundenen Strang dar, während das andere Ende einen kloinen, ovalen, an einem Stiele festsitzenden Dotter enthielt, Eine Cicatricula war an den kleinen gelben Dottermassen nicht ZU erkennen. Nur der einen gelben Dottermasse fehlte eine scharfe bcgnümmg gegen das Ei­weiss, die übrigen waren scharf hegränzt, als wären sie von einer IFaut bekleidet. Ausserdem fand sich eine weissc, hautartige, kleine Masse in diesem Bio.
Wahrscheinlich sind die Eier mit .'!—6 Dottern, deren Freiny
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Und Viilouclemics l'lrwälimmg thun, und von denen 5 — 6 raquo;Stück unter den 140 Millloncu Eiern vorkuincn, die in Paris jährlicli auf den Markt gcbraciit wurden, dieser Abnormität an die Seite zu stellen. Die t'ran/ösischeu Forsolier geben ;ni; dass die Dotter, die in diesen Eiern gefunden wurden, klein und missgestaltet waren, des Vorkommens eines grossen normalen Dotters neben jenen gc-sehieht uber keine Erwälinuug; da aber die Eier von Frciny nud Valenciennes erst nach dein Kochen untcrsuelit wurden, bei wei-ehem Verfahren sie auch die Dotter in den zweidottrigen Eiern de­form und unregeltnässig fanden, kann man niclit -wissen, wie der Inhalt dieser Eier in frischem Zustande ausgesehen haben mag.
Es ist wohl wahrscheinlich, dass ein krankhafter Zustand dos Eierstocks diese abnorme Dotterbildung Teranlasst hat, da die gel­ben Dotterportionen von einer Haut gegen das Eiweiss abgegrenzt #9632;mi sein schienen. Sonst könnte man sieh vorstellen, dass ein Dot ter beim Eintritt in den Eileiter geborsten sei und, in verschiedene Portionen getheilt, vom Eiweiss umbüllt und mit dem normalen Dot ter in einer gemeinsehaftliehen Sehale eingeschlossen worden sei.
9. Endlich habe ieh neulich ein in ganz eigentbümlicher Weise abnormes Hühnerei bekommen, dessen Beschreibung hier noeb sei­nen Platz finden mag. Am spitzen Eiende war die Ealksehaie des übrigens äusserlich wohlgebikleteu Eies unregeltnässig. Es fanden sieh ansser kleinen Höckern und einer grösseren, wie von einem l'eslgcwordenen Tropfen verdickten Stelle etwas seitlich vom Eiende eine 7—9 Mm. im Durohmesser haltende trichterförmige Vertiefung, in deren Grunde ein etwa 2 Mm. weites Loch sichtbar war, aus welchem ein beweglicher, dünner, hornartiger, in eine ganz feine Spitze auslaufender, 16 Mm. langer Eadcn hervorragte. Derselbe war dicht oberhalb des Loches so umgebogen, dass er mit der Län-genachse des Eies einen fast rechten Winkel bildete. Bei Bewe­gung und Neigung des Eies bewegte sieli dieser Faden, etwa wie eine Wetterfahne, langsam nach der einen oder dor anderen Seite. Als das Ei ein l'aar Tage der Luft ausgesetzt aufbewahrt worden war, Hess es schon einen fauligeu Geruch hemerkon, Unter Was­ser geöffnet zeigte es am stumpfen, normal gebildeten Eiende den gewöhnliehen Luftraum. Es enthielt einen grossen, normal gebilde
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tea Dottor, iiusscrdcm aber am spitzen JCiende einen festen, sehwe-rcn, bnumrotlien Klntnpcn, der mit jenorn liornartigen Faden, wel­cher aus dem Loehc am spitzen Eicnde hervorragte, zusammenliing. Dieser, von verdicktem Eiweiss uiuliülltc Klumpen Jiatte nngetälir die Gestalt einer ßuohcinuiss, indem er drei ziemlieli scliarl'e Kanten darbot, die einerseits in jene liornartige Spitze ausliefen, anderer­seits sich bog-cnförnilg in ein breites, abgerundetes, dem Dotter zu­gewandtes Ende verloren. Die Länge des Klumpens, vom breiten Ende bis zum Anfang des Fadens, betrug 18 Mm., die grösste Breite der selimälsten Seite 12 Ahn., die einer jeden der beiden Anderen Seiten 18 Mm. Als vom stumpfen Fiende her ein Fin-Bobnitt in dieses Gebilde gemacht wurde, zeigte sieh, dass dasselbe hold war. Die etwa 1 31m. dicke Wand war an der die Höhle begrenzenden Seite in ähnlicher Weise gefaltet, wie die Membran des üraafschcn Follikels bei einem Corpus luteum, und sie war von einem deutlichen Epithel ausgekleidet; die Höhle aber war mit rothein, geronnenein, etwas entfärbtem Blute angefüllt. Es seheint mir keinem Zweifel zu unterliegen, dass dieses Gebilde einen Ca­lyx des Eierstocks vorstellt, der, kurz nachdem er seines Dotters entledigt worden war, abgestossen oder losgerissen wurde, und dann in den Eileiter gelangt, gleichzeitig mit dem Dotter von der Schale üingesoblossen worden ist. Auf solche Weise könnten sehr fremd­artige Körper in die Eier hineingerathen und eingeschlossen werden.
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Zweites Kapitel.
Die bisherigen (Jutei'suoh.iujgew Über die Entwiokelung in
abnorm o'cbildctcn Kern.
Die Vogeleier ohne teste Kalksoliale sind nio iiiit Erfolg be­brütet worden, obgleich sehen Ueaimiur Versuclie goiuaobt hftt, sie (lureh kiinstliche Wärme zur Entwiekelung zu bringen. Waln-laquo;cheinlicli verhindert tlieils die durch die Schwere, bei Mangel fe­ster Umhüllung, hervorgebrachte Formveränderung des Eies, theiis die zu starke. Einwirkung der Luft auf den Inhalt des Eies die Entwiekehing. Letzteres wird mir besonders dadureh wahrseheiu lieh, duss Eier welche einen liiss bekoinmen hiiben, soweit meine
Beobachtungen reichen, niemals zur Entwiokelung kommen, wenn der Hiss während der Bebrütung nach oben gekehrt ist, wäh­rend die Entwiokelung wenigstens anfangs möglich ist, wenn der­selbe während der Bebrütung nach unten gekehrt ist. Dass ein Zwergei, dessen Dotter so aiisserordentlich klein ist, wenn er auch nicht gänzlich fehlt, nicht entwickclungsfäliig sein kann, liegt auf der Hand. — Die Eier mit bedeutender Missbildniig der Schale zeigen meist auch andere Mängel, indem z. 15. das auf Taf. Vlll. Fig. 1 abgebildete Ei zugleich ein Zwergei ist, während die eben­daselbst in Fig. 3 und -1 dargestellten Eier der harten Kalkschale entbehren. Ob eine Entwiokelung iraquo; solchen deformen Eiern, de­ren Grössc normal ist und welche eine harte Kalkschale besitzen, die aber am einen (spitzen) Lude mit einem Appendix versehen sind, möglich ist, kann leb nicht augeben, da keine Versuche dar-•über vorliegen. — Ebenso wenig ist es bekannt, dass mit einem Ovum OVO praegnans ßebrütungsversuche gemacht worden wären.— Lier mit drei und mehr Dottern haben Eremy und Valenciennes vergebens der Brlitwännc ausgesetzt, und dass aus den kleinen deformen Dotterportionen des unter 8. Tag. 196 besprochenen Eies
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keine Eutwickdimg' orfplgt sein wiirtlo, ist wenigstens höchst walir-schciulich. —
Es bleiben also mir '6 unter den 9 oben besprochenen Abnor-initiiten der Vogeleicr, deren Entwickehingsresultatc in Betraclit koimncu können. Bevor ich die mir vorliegenden eigenen Ert'aii-nmgen über diese Resultate inittheilo, dürfte es angemessen sein, diejenigen Eeubaciitungcn und Schlüsse zusaimneimistellcn, die ich über diesen Gegenstand in der Literatur verzeichnet gefun­den habe.
Schon von Alters her hat man einerseits die Eier mit doppel­tem Dotter, andererseits die Eier mit doppelter Cicatricula auf ein­fachem Dotter zu den Doppehnissbildungen in Beziehung gcbraelit. Fabricius ab Aquapendentc*) iiussertc die Meinung, dass aus den Eiern mit doppeltem Dotter Doppclmlssbildungcn hervorgingen, welche am Bauche, an der Brust oder anderwärts mit einander ver­wachsen wären. Harvey**) meinte dahingegen, dass solche Eier freie, nicht verwachsene Zwillinge liefern nuissten, wenn Jeder Dot­ter allseitig von Eiweiss umgeben sei, wie er es bisweilen gesehen hatte; wenn aber die Dotter ganz dicht neben einander lägen, so dass sie gemeinschaftlich vom Eiweiss umgeben seien, was er auch bisweilen gesehen hatte, so, meinte er, könnte wohl der Fall ein­treten, dass die Cicatrieulae eonlluirten, und dass dadurch eine ge-meinsohaftliche Keimanlage entstehen könnte, aus deren Entwicke-lung Doppelmissbildungen hervorgehen könnten. Er bemerkt aber, dass er ein solches Verschmelzen der Cicatrieulae und eine daraus hervorgegangene Entwickehmg niemals gesehen habe. Dass jedoch getrennte Zwillinge aus einem Eio hervorgehen können war ihm bekannt, indem er sagt)***) apud nos interdum gcnicllifica ova naseuntur et gemelli quoque aliquando (licet rarissime) excludun-tnr; ipsemet autem ainbos cjusmodi foetus mmquam vidi, quod vel in ovo ipso vel in exclusione alter pereat. Eine ähnliche Notiz habo icli übrigens schon bei Aristoteles f) gefunden, indem er über
*) Opora oimiiii auat. ot physiol. Ltpalao ms?, fol,
quot;*) Exi'i-citiitiinic.s de gonomtlono anlmaltum. Exe. 2i. ***) Ibid. Kxc. 13. t) Aristoteles Naturgeschichte del' Thiorc iihurselzt von V. laquo;truck, Frankf. n. M, 1818. svraquo;. etosBnoh StosCap. pag.S86.
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cine Hcuiio bericlitct, \velt;lie 18 Eier gelegt hatte uml aus densel­ben lauter Zwilllug-e ausbrütete, ausgenonmien diejenigen, welche Windeier gewesen waren. Unter den aus den f'ruelitbarcn Eiern ausgekrochenen Jungen war das eine immer grosser, das andere kleiner, das Letztere aber missgestaltct. —
Mit positiven Beobaehtungcn in dieser Frage trat zuerst P. F. Wolff*) aulquot;. Fr fand nämlich einmal in einem Ilülincreie von ge­wöhnlicher Grosse am sechsten Tage der Behrütung zwei mit der vorderen Fläche des Körpers einander zugewandte Embryonen auf einem Dotter, dem einzigen der im Eie vorhanden war. Die von ihm gelieferte Abbildung ist auf unserer Taf. XII. Flg. 6 wieder­gegeben. Die gemeinsame, von einer einfachen Vena terniinalis begrenzte Area vasculosa zeigte zwei Systeme von üefässverzwei-gungen, eines für jeden Embryo; jedoch fehlten dem einen Embryo die oberen Verzweigungen der Seltenästo. Das Anmion fehlte bei­den Embryonen gänzlich, so dass sie nackt auf dem Dotter lagen und nur mittels des Nabels beweglich mit der äusscren Oberfläche desselben zusammenhingen. Beide Embryonen lebten, als das Ei geöffnet wurde, und die Herzen derselben pulsirten lebhaft. Selbst willkürliche Bewegungen wurden, wenn gleich nur während einer kurzen Zelt, von denselben ausgeführt. Die Haut des Unterleibes setzte sich, anstatt wie sonst in das Amnion, in die den Dotter um­gebende dünne und durchsichtige Haut fort. Aus dem Darm eines jeden führte ein Ductus vitello intestinalis zur Dottermasse. Beim Oeffnen des Eies lagen sie einander sehr nahe; der eine höher als der andere, so dass der Kopf des unteren mit der Schaamgcgend des anderen in gleicher Höhe lag, und den rechten Fuss desselben berührte. In der vorliegenden Abbildung sind sie also etwas ver­schoben, so dass die Vorderflächen Ihrer Köpfe einander fast be­rühren. Bei ihrer einander zugewandten Scitenlagc lag der obere, wie gewöhnlich, mit seiner linken, der andere abnormer Weise mit seiner rechten Seite dem Dotter auf. Jeder Embryo hatte eine. In gewöhnlicher Weise entwickelte Allanto'i's. Die Organe der Em­bryonen erschienen im Ucbrlgen normal. Wolflquot; beobachtete noch
1) Novi Comment. Aoad. impi Potropol. 'l'. XIV. p. -töi; u, Hg. 'rat'. \I.
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einen üwoltou iilinliclieit Fall*) am 8ton TagO doi- BebrUtltng. Hier liig'Oii 2 an don Küjitcn mit cinaiulcr vcrwacliscno, im Uclmgeu g-anz getrennte iMiibryonen auf demselben Dotter, in derselben, hier kreuzt'önnigen Area pellncida und in derselben Area vasculosa. Die Bildung des Amnions Latte liier iliron Anfang genommen, und zwar in der Weise, tlass für jeden Embryo eins in der Bildung begrif­fen, aber noch nieht geschlossen war. — Der Sclmss, den Wolff aus diesen schönen Beobaehtiuigcn zog, dass nämlich bei glücklich vollendeter Entwickelnng Monstra bicorporea eoncreta ans diesen Doppelembryonen auf einem gemeinschaftlichen Dotter entstanden sein würden, scheint nicht angefochten werden zu können, und ist auch durch spätere Beobachtungen vollkommen bestätigt worden. Dahingegen ist sein fernerer Sehluss, dass doppelleibigc Missbil­dungen immer und ausschlicsslich auf diese Weise entstehen müs­sen, und dass sie niemals aus Eiern mit doppeltem Dotter hervor-gehen können, nicht durch die von ihm beigebrachten Thatsachen bewiesen. Denn er sagt ansdrlieklieh, dass .Niemand die Fötus ge­sehen habe, die aus Eiern mit doppeltem Dotter hervorgehen und fügt hin/.n, es sei Dieses sehr begreiflich, da nicht alle Eier bebrü­tet würden, und da sie in solchem Falle doch nicht immer zur Untersuchung geöffnet würden; wenn aber ein Hühnchen auf na­türliche Weise aus dem Eie gekrochen sei, könne man nicht mehr wissen, wie das Ei beschaffen gewesen, aus dem das Hühnehen hervorgekommen wäre.
Dass Doppelmissbildimgcn aus Vogeleiern mit einfachem Dot ter, aber mit doppelter ('icatrieula hervorgehen können, ist später noch durch folgende Beobachtungen constatirt worden: v. Baer**) beschrieb einen 62—64 Stunden alten doppelleihigen Hühnercinbryo auf einem Dotter, der auf unserer Tat'. XH. Fig. 6 nach seiner Ab­bildung wiedergegeben ist. Die Kopfenden beider waren vorn mit einander verwachsen und ragten über die Fläche der Kciniseheibe empor; die Schwanzenden waren von einander abgewandt und zeig­ten nur eine ganz geringe Krüninning abwärts. Beide lagen in
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*) 1. Oi pag. 488 und 475.
'#9632;quot;'#9632;) Mcokcls Arohiv 1827 pag. .quot;j7(i nnd Mom. de I'AchiI. Imp. ilc St. Polci'äboiu'g IS-lf) Sor. VI. He. nat, Tom. IV mil einer Abbildung.
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einer und dcrsclbün kroiizt'örmigcu Area pcllucida. Das Ilcris war doppelt) iliis Aiunion nocli nicht gebildet, v. ßacr meinte anfangs, class bei fortgesetzter Entwickelung dieses Doppelembryo eine Ja-misbildung eiitstanclcn sein würde, war aber spiiter mehr geneigt anzunelimen, class ein Doppclhühnchen mit gemcinscliaftlieher Stirn üieli zu bilden angefangen habe, ähnlieh den Doppelentcn, die Tie-deniann f) und Barkow **) abgebildet haben. — Ucbcrclios erwähnt v. Baer in derselben Abbandlung einer anderen Beobachtung, bei der er eine gabeliciit gespaltene Chorda dorsalis am ersten Bebrü-tungstage auf einem Dotter fand, und er liefert einen nach dem (Jeclächtnisse entworfenen scheniatisclien Umriss dieses Falles. — Endlich hat Reichert***) zwei mit den Köpfen verwaebsene Em­bryonen, deren Körper nach hinten dlvcrgirten, in einem SJ1/, Tage lang bebrüteten llüimercio mit einfachem Dotter gefunden. Beide hatten ein gciueinscluiftliches, liufeisenfönnig gebildetes Herz und eine gemeinschaftliche Area vasculosa. Die Form des Fruchthofes entsprach der Stellung und Entwickelung der Embryonen.
Viel häufiger als in Vogcleiern hat man, namentlich in neue­ster Zeit, in Fischeiern die Entwickelung von Doppehnissbildungcn direkt beobachten können. Schon Jacobi f) sah bei seinen Ver­suchen, Fische künstlich zu befruchten, viele doppclleibige Missbil. dangen, und zwar immer auf gemeinschaftlichciu Dotter, v. Baer ff) beschrieb demnächst zwei doppclleibige Barsclieinbiyonen aus sehr früher Periode. Beide waren nur etwa zwei Tage alt, dem ersten Entwickelungstage dos llülmclicns entsprechend, tmd beide lagen auf einer gemeinschaftlichen Dotterkugel. Sie wurden 24—3G Stun­den lang am Leben erhalten. Er citirte bei dieser Gelegenheit einige ältere Mittheilungen über Doppelmissbildungen bei Fischen.
*) Zeitschrift für Physiologie Bd. III. pag. 5.
*#9830;) Diss. de möusU'ls duplloibus vertioibus Inter sc junciis. 4. Beiollaquo; 1821. ***) Bcriclit üboi' die Sitzung der Cicsell.scliaft. iiuturlorsclieiider Protlnttlaquo; in Ber­lin am 21. Juni 1842. Vossische Zeitung vom 10. Juli 1H42. Pl'oriÖplaquo; neue Notizen No. '28Ö jmg. 10. f) Hannoversches Magazin 1765( 62st6S Stück.
ft) Mom. tic l'Aoadi Impeiquot;. des scienceraquo; de St. t'ctersbourg IRlö. VI. äorie. So. nai. T. IV.
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Dcninäclist vci-ötl'eiitliclitc Valentin *) cine schöne hierher gehörige
Beobaohtungsreihe. Dieselbe betraf Heohteaabryonea aus künstlich
befruchteten und darauf 7 Stunden lang in cincin C oi'ilsse fast ohne Wasser getragonen Kicni. Unter 1)17 ausgeschlüpften Jlochtchcn fanden sich G Doppeltnissbildungeni Eine derselben wurde 8 Tage vor und 7 Tage nach dem AnSBOhlttpfon aus dem Eic beobachtet. In allen 6 Fällen war der Dotter, auf welchem die Doppeleinbryo nen lagen, einfach. Auch Lei-eboullet**) beobachtete 1852 die Eiltquot; Wickelung eines Doppolembryo vom Hecht auf einfachem Dotter. Es waren anfangs nur die Scbwanzspitzen, späterhin die Schwänze in ihrer ganzen Ausdehnung verwachsen; die Chorda dorsaiis blieb dabei doppelt. 1868 hatte er viele verschiedene Doppelmissbildun-gen nach künstlicher Befruchtung von Fisehcicrn beobachtet — immer auf einfachem Dotter. Die Missbildung war Schon bei der Entstehung der Nota primitiva vorhanden, und wurde bei der Ent-vvickelung nur modificirt. Später beobachtete er noch 26 Doppel-missbildungcn aus künstlieh befruchteten und absichtlich unter un­günstige Bedingungen gestellten lleehteicrn. Diese Doppebniss-bildungen waren sein- versebiedener Art, Ein 27stcs Exemplar war besonders dadurch merkwürdig, dass es 8 Köpfe***) und 2 hinten verbundene Körper nebst 2 Herzen hatte. Endlich gelang es ihm bei 3 Exemplaren die liildung der Achsenplatte direkt in folgender Weise zu beobachten: Auf der Cicatrieula (bourrelet blastoder-inique) zeigten sich 2 einander nahe liegende Knötehcn, die sich verlängerten, um die Achsenplatte (bandelette) zu bilden. Diese er­hielten ihre Rinne, und es entstanden 2 Embryonen, deren Lagerung nn einander in den verschiedenen Fällen, je nach der ursprünglichen Richtung der Achsenplatte verschieden war. Als die Wirbelpliittchcn sieh theilten, hatte die Tbcilung der änssern Plättohen ihren nor­malen Portgang, die inneren zeigten dahingegen grosse JS'eigiing mit
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*) Ein Beitrag ziu1 Entwiokel^ngsgesohloltte dor Doppeltnissbildnngou von U. Valentin, Vlerordta Ai-chiv i'iii' physiologisoho Hellkundo 1861. j). 1—40.
**) Comiitos rendus, 1855. I. 854. 01(1. 1028. 1068,
***) Aiisscr diesem Falle fimle icli nur ein Beispiel einet Missblldung, die aus ;i Individuen zusamiiiiiiigcsolzl war, niimlich bei Lusystcncs: di', prodigiis et nstontis, 17-10, ilor crwülmt , dasj soino oigcnr Katze ihm ;i mit der liruM verwachsene Junten lieferte.
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205 einander zu versohroelzen und vwsohmolzoii In cIcm-That. In allen
von Lcrobonllct beobaclitoten Fällen befanden raquo;ich die Doppcl monstra auf einem Dotter, mul er beobachtete niemals ein Ver­wachsen zweier auf verschiedenen Dottcni entstandenen I'lmbryonen. Kiullich beobachtete Costc *) eine sobr grosse Zalil von Doppel-inissbildungen bei künstlicher Befruchtung von Fischeiern. Er sah im Läufe von zwei Monaten über 100 derselben aus 400,000 Eiern von Karpfen, Lachsen u. s. w, Audi er versichert, dass man bei Knoehcnüschen, so weit man auch zurückgeht, immer nur 1 Dot­ter für die 2 Embryonen findet, und dass eine solche Lagerung auf gemeinschaftlichem Dotter bei diesen Doppelmissbildungen das einzig Wesentliche sei, wohingegen alles Uehrigo von seeundären Modificationen abhinge, die durch den Fortschritt der Entwickelung gesetzt würden.
Endlich möge bicr noch angeführt sein, dass Reichert (1. c.) auch ein Ei vom Flusskrebs (Astacus Huviatilis) beobachtete, wo zwei mit den Schwänzen gegeneinander gerichtete Embryonen auf einein gemeinschaftlichen Dotter lagen.
Diesen Thatsachen entsprechend haben Beneke, d'Alton, Schulze und Gaste Theorien der Entstehung der verschiedenen Doppclmiss-bildungen aufgestellt, welche von der Entwickelung zweier Keime auf einem Dotter ausgehen. Eoneke **) suchte die Ansicht zu be­gründen, dass die virtuellen Achsen zweier auf einem Dot­ter primär vorhandenen Keimbläschen zunächst die Lagerung der Prlmitlvstreifen, und bei fortschreitender Entwickelung die ver­schiedenen Grundformen der Doppelmonstra bestimmen. E. d'Al-tpn***) führte demnächst die Ansicht, dass die ursprüngliche Lage­rung zweier auf einem Dotter entstandenen Primitivstreifen, die im Laufe der Entwickelung mehr und mehr mit einander verwüchsen und verschmölzen, für die Grundformen der Doppelmonstra bestim­mend sei, im Speciellcn durch, und dehnte sie auf die sogenannten
*) Comptcs rendUB 18.r)5. I. p, 888, STO, 931 u. flg.
*'*) J. S. Uonckc: Disquisitio de ortu et cnusis monstromm. Gottingae 1846, ***) E. d'Alton! ilo monstrorum dUpIiolUDl origiuo atque cvolutionc conimcntatio.
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Kalis 1848. 4to.
— — : de nionstria, quilms extremitates supcrflaac suspensae gunt, Com-lueiilatin. Halls 1853. 4to,
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pavasitlsohen Monstra laquo;us. 1'. Schulze *) schliösst sich zunttohst dor von Beiicko ungobalinton AuiFaiSBung an, und sucht ilio primiiro partielle Versobraekang laquo;lor Aohsenplatten gegen d'Alton geltend
zu macliou, wclciici' die Verschtnelzung als bei der weiteren Ent-#9632;wickehuig entstanden dargestellt hatte. Goste**) endlieh führte die Entstehung' der Do])pelniissbildung-en bei Kuochenfisehen, auf seine Beobachtungen über die ersten Veränderungen im Eic nach der Befruchtung gestützt, ebenfalls auf die primäre Doppelhcit der Keimbläschen in einem Dotter /airüek. Er behauptet nämlich, dass die ursprüngliche Lage des versehwindenden Keimbläschens die Lage der Cicatricula bostimmo, in der sich die Keiinscheibo mit dem Primitivstreifen bilde, dass 2 Keinibläschcn in einem Eie wirklich vorkämen und dass ein jedes derselben als ein Entwickelungslieerd zu betrachten sei. Diese Hypothesen, denen zufolge! 2 Koimbläs-eiien auf einem Dotter vorhanden gewesen sein müssten, damit sich zwei getrennte oder verschmolzene Embryonen auf einem Dotter entwickeln konnten, wurden dureli die Beobaehtung von Job. Mül­ler (Ueber Synapta digitata etc. Berlin 1852) gestützt, der zufolge sich das Keimbläschen bei Entoeonites mirabilis in alle Furchungs-kugeln vcrthcilt. Man glaubte nämlich hieraus schlicssen zu dür­fen, dass der Eurchungsprocess vom Keimbläschen ausginge, und dass das Keimbläschen daher der wichtigste Theil des Eies sei. Andererseits zog man zu ihrer Unterstützung die Beobachtung an, der zufolge die Eier der Tubellaria Vortex baltieus, welche! immer 2 Keimbläschen enthalten, auch immer 2 Embryonen entwickeln. Endlich stand mit ihnen die allerdings noch bestrittene Angabe in Einklang, dass das Keimbläschen der zuerst gebildete Theil des Eies sei.
Dass Doppelmissbildungen bei Vögeln und Fischen auf einem Dotter entstehen können, wenn abnormer Weise eine doppelte Keim-anlage auf demselben vorhanden ist, geht unwiderspreehlich aus vorstehenden Thatsachcn hervor. Es fragt sich aber noch, ob keine
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*) Vircliow's Archiv IM, VII. Ueber auoniale Duplicltat der Aehseiiorganc. Monatsschrift für (iclmrtskunile 7ler l!il. IBM', pog, 847-t 286. ~ Comiites remliis 1865 Avril.
*) Oomptes roiulns I. p. 808, S7(S, Ulil u. flg.
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andere Rutstoliniigsweise inliglioli ist? ob nicht die Kier mit dop pelteni Dotter aucli durch Verwachsung zweier auf vcrseliiedenen Dottern entstandenen Embryonen entstellen können V und in wel-elier Beziehung die Eier mit eiiigeselnüirtem oder selieinbar unvoll-stftödig doppeltem Dotter ziu den Doppelniissbildung-en stehen V
Ks sind in der That noch in neuester Zeit Stimmen laut ge­worden, welche; namentlich in Betreff der Vögel, auch die Entste-lumgswcise der Doppelmissbildungen aus Eiern mit doppeltem und mit eingeschnürtem Dotter, neben der Entstehung aus zwei Keirn-anlagen auf einem Dotter zur Geltung zu bringen gesucht haben.
Der ältere Geoffroy St. Ililairc hatte aus einem Eie, das er vor der Bebrütung als ein Ei mit doppeltem Dotter diagnostieirt hatte, zwei mit den Nabeln verwachsene Hühnchen erhalten. Isi­dore Geoffroy St. Hilaire *) sehloss hieraus, dass zwei auf verschie­denen Dottern in demselben Eie eingeschlossene Embryonen durch oberflächliche Verwachsungen zu Doppelmissbildungcn werden könn­ten, und er hält noch ganz neuerdings diese Ansicht fest, wenn er gleich einräumt, dass die Doppehnonstra sieh in der Mehrzahl der Fälle ans zwei Kehnanlagen auf einem gemeinschaftlichen Dotter entwickeln. Die Frage könnte durch diesen einzigen Fall erledigt erscheinen, wenn es in demselben wirklich nachgewiesen wäre, dass die beiden Embryonen sich auf zwei verschiedenen Dottern ent­wickelt hätten. Dieser Nachweis ist aber nicht geführt worden. Denn einerseits könnte die Diagnose des Vorhandenseins zweier Dotter in diesem Eie, unrichtig gewesen sein; ein solcher Irrthum in der Diagnose ist nämlich leicht möglieh, da es Eier mit einfachem Dotter giebt, welche, ihrem Ausseben und ihrer Crössc zufolge, den Eiern mit doppeltem Dotter so sehr gleichen, dass auch ich mich mehrmals in dieser Beziehung geirrt habe. Andererseits wäre es aber auch sehr wohl möglich, dass das fragliche Ei wirklich zwei Dotter enthalten hätte, dass aber der eine Dotter unbefruchtet ge­wesen wäre, während der andere zwei Keimanlagen gehabt hätte. Da das Doppelhühuchen selbst aus der Schale ausgekrochen war.
*) llistoirc gemiralo et pai'tlcuIiamp;CQ des ammmlios ilo l'organi.sntion ou la Tcm-tolngio T. III. piiK'. 77. Bmxolles 1887, —#9632; Comptea ronclus iSön i. p, 873.
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und ila von einer ITntcrsucliiing' der 8cliiilo nnd ihres Inlialtes naoii dem Auskriechen iiirg-ends die Itede ist, so verdient diese Möglich­keit wohl berücksichtigt zu werden. Ueberhaupt ist dieser Fall nicht so sorgfältig- untersueht, wie man es wohl verlangen könnte, wenn er zur Grundlage einer ganz besonderen Theorie für die Ent­stehung der DoppeltnissbildUngen dienen sollte. Dieses geht schon aus einer Anmerkung hervor, die Isidore Geofl'roy selbst bezüglich dieses Falles gemacht hat, indem er sagt: J'eussc consider^ des il pn'sent ce double poullet conirnc le type d'un nouveau genre, qui eüt du etre nomme Omphaloge, s'il m'avait ('te possible de dissc'quer moi nieme ce monstre.
Auch B. Schulze (1. c.) ist der Meinung, dass Doppelmisshii-dungen in Vogeleiern durch Verwachsung der auf verschiedenen Dottern gebildeten Embryonen entstehen können, obgleich er im Allgemeinen der Entstellung derselben auf einem Dotter das Wort redet, und obgleich er bei Säugethieren letzteren Modus als den ein­zig möglichen betrachtet. Schon in seiner ersten Abhandlung suchte er theoretisch zu erörtern, dass ein solches Verwachsen bei den Vogeleiern mit doppeltem Dotter ganz besonders begünstigt werde, sowohl durch die feine und dünne Beschaffenheit der Dotterhaut, als durch die harte Schale, welche sich im Ovidukt um die Dotter bildet, und welche bei fortschreitender Entwickclung ein festes An­pressen der Embryonen an einander bedinge. Er liebt hervor, dass solche Bedingungen für die Eier der Siiugcthiere, wie der Fische nicht vorhanden seien, und statuirt daher nur für die Vögel diese zweite Entstehungsweise der Doppelmissbildungcn, freilich auch hier neben der ersten und sonst allgemein gültigen. In den späteren Mittheilungen stützt er diese Meinung nicht nur auf Geofflaquo; toy's eben citirten Fall, sondern auch auf eine eigene Beobachtung. Er berichtet nämlich von einer Henne, die 8 Jahre lang Eier ge­legt hatte, und deren Eier jedesmal zu Anfang der Legperiode siinuntlieb doppelte Dotter enthielten, während späterhin nur noch ab und zu ein solches Ei neben gewöhnlichen Eiern gelegt wurde. Im zweiten Jahre des Legens hatte man die Henne brüten lassen, und es entstanden daraus mehrere vierllügelige, vierbeinige, am Bauche verwachsene Küchlein, welche leider vernichtet wur-
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den. El' Ragt, dass ilim überdies mehrere Hiilmer bekannt seien, welche, namentlich jedesmal zu Anfang einer Logperiode, Eier mit zwei Dottern legten, dass es ihm indess bis dahin nur möglieh gewe­sen sei ein einziges solches Ei zu erhalten. Dasselbe war un­gewöhnlich gross, indem es 6'/,quot; im longitudinalen und ö1//' im que­ren Umfange maass. Er setzte es künstlicher Brütwärnie aus und öffnete es am fünften Tage der Bebrütung. Zwei Dotter von ziem­lich gleicher Grosse lagen in der Längsachse des Eies, es war aber leider nur der eine befruchtet. Auf demselben lag, wie gewöhnlich in der Querachse des Eies, ein normal ausgebildeter, viertägiger Embrvo mit grossem Grefässhofe, der jcdocli nicht bis zur Berülirungsstclle der beiden Dotter reichte. Die beiden Dotter communicirten nicht mit einander. Der befruchtete war beim Oeftnen der Schale geplatzt und floss aus, während der andere ganz und voll blieb. Die Dot-terhaut des ersteren war in einer kreisförmigen Fläche von '/,quot; im Durchmesser mit der des anderen verklebt; doch ohne wirkliche Verwachsung, so dass man beide Dotter ohne Zerreissung mit dem Finger von einander trennen konnte. Auf dem unbefruchteten Dot­ter war keine Spur der Keimscheibe zu entdecken. — Es ist so­mit nicht zufolge eigener Beobachtung, sondern nur auf die Rela­tion des Besitzers jener Henne hin, dass B. Schulze der Meinung Isidore Geoffrey's beitritt. Auch mir ist von Hühnerzüchtern, welche die Eier mit doppeltem Dotter kannten, oft berichtet worden, dass man solche Eier nicht gern bebrüten lasse, weil immer missgebil­dete Hühnchen aus ihnen hervorgingen, die mit dem Bauche oder der Brust verwachsen oder, vierbeinig oder zweiköpfig wären. Ich kann aber, meinen Erfahrungen zufolge, solchen licktionen kein Gewicht beilegen, da sie bei näherer Untersuchung jede Beweis­kraft verloren. In einem Hühnerbofe kann man in der Regel nicht einmal mit einiger Sicherheit angeben, welche Henne dieses oder jenes Ei gelegt hat. Werden aber einer Brüthenne fremde Eier zum Bebrüten untergelegt, so ist es nach dem Auskriechen in der Regel unmöglich die Eltern des Hühnchens zu bezeichnen. War nun ein Ei darunter, das als ein EI mit doppeltem Dotter diagnosti-cirt war, und es erscheint in der Brut eine Doppelmissbildung, so wird ein Hühnerzüchter gewiss darauf schwören, dass dieselbe ans Panum. Imlersuduingcn,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 14
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(lon\ ElO mit doppeltem Dottev liervorging; ein Naturforscher muss aber noch vcrsdiicdenc anilerc Mögliclikeiten vor Augen haben: (lass du'selbo aus einem Eio von o'evvöhnlicher (irosse mit einfaeheni Dotter, von derselben oder von einer ganz anderen nenne, hervor­gegangen sein könnte, dass ans dein Eic mit doppeltem Dotter mög-liehor AWisc ein einfaehes, normales Hühnchen ausgekrochen sein könnte, oder dass das Ei zu Grunde gegangen wäre. Nach dem Auskriechen wird es iibcrliaupt einem Hühnerinichter in der Hegel unmöglich sein mit Bestimmtheit zu sagen, dass dieses oder jenes llühnelicn aus diesem oder jenem Eie hervorgegangen sei, und selbst, wenn dies, wie in Geoffroy's Falle, wirklich einniid möglich ist, so wäre noch der Nachweis erforderlich, erstens, dass eine wirkliche Doppelnnssbildnng vorlag, und zweitens, dass dieselbe nicht auf einem Dotter entwickelt witre. Dazu kommt die bekannte Neigung der Leute, Dasjenige vorzugsweise zu nennen, das ihnen am wun­derbarsten erscheint. Dahin gehörten aber von jeher die Doppel-monstru, und es ist daher sehr leieht denkbar, dass vereinzelte, un­genaue Beobachtungen, die auf einer Verwcehseliuig beruhten, zu einer solchen Tradition Veranlassung geben konnten.
Serrcs*) behauptet noch, dass bei Vögeln eine Verbindung im Eie durch die Allantois Zustandekommen könne, freilich ohne be­stimmte Beobachtungen darüber mitzuthcilen, und ohne anzugeben, wie daraus denn Doppelmisshildungen rcsultircn sollten; ohne Wei tcres begreift man dies nicht, da ja bekanntlich die Allantois mit den übrigen Elhäuten beim Auskriechen des llülmchens in der Schale zurückbleibt. Zwillinge von Säugethiercn mit gemeinsehaft-licher Placenta würde doch Niemand als Doppchnisshilduugen be­zeichnen.
Seihst Coste, ;i;:i!) der seinen zahlreichen Erfahrungen zufolge bei Knochenfischen das Vorhandensein zweier Keime auf einem Dotter als eonditio sine qua non für die Entstehung der Doppel-missbildimgen bezeichnet, warnt in sehr eindringlicher Weise ge­gen eine Ausdohmmg der Analogie auf die Vögel und überhaupt auf die Thiere mit Allantois, da hei diesen wesentlich andere Ver-
:,:) Comptes remlus I860 I. p. f',2;i. **) \. 0.
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liältnisso obwalten sollten, welche die Geneso der I)op})clniissl)il-dungen bestimmen könnten.
Auch Vrolik *) und Ritgen :*;i:) haben gegen den Analogie-schluss gcwsii-nt, die bei Fischen und in einigen Fällen auch bei Viigeln nachgewiesene Entstehungswcisc der Doppelmissljildvmgen aus zwei Keimen auf einem Dotter auf alle Fälle auszudehnen und diese Entstehungsweise als die einzig mögliche zur Geltung zu bringen.
Vielleicht könnte man für die Verniuthung, dass Doppelmissbil­dungen bei den Vögeln durch Verwachsung zweier, auf versebiedc-nen Dottern entwickelten Embryonen entstehen könnten, noch die sehr merkwürdigen Beobachtungen bei Mollusken geltend machen wollen, welche neuerdings gelehrt haben, dass bei diesen Thiorcn Doppelmissbildungen In der That auf diese Weise Zustandekom­men können. Laeaze-Duthier ***) wurde durch den Fund einer Doppebnissbildung von Eullca aperta veraulasst, auf das Eier­legen dieser Thiero Acht zu geben. Er fand dabei dann, dass die Eier im oberen Theilo der klaren Masse, welche sie nach dem Legen bilden, oft weniger regelmässig lagen, als gewöhn­lich. Besonders häufig wurde dies in künstlichen Bassins beobach­tet. Er fand ferner, dass diese unregelmässig abgelagerten Einlas­sen Doppelmissbildungen lieferten, und überzeugte sich endlich, dass diese Doppelmonstra aus solchen Eiern liervorgingcn, bei wel­chen zwei vollständige, nirgends verklebte Eier von einer gemein­schaftlichen Schale umgeben waren, wohingegen diejenigen Eier, bei denen sich nur ein Ei (Dotter) in einer Schale befand, nor­male Embryonen lieferten. Indem er die einzelnen Exemplare in ihrer Entwiekclung verfolgte, sah er constant, dass die zwei Eier in der gemeinschaftlichen Schale sich wie gewöhnlich furchten, und dass das Verwachsen nach beendigtem FiirchungsprocesRe erfolgte. Die beiden, durch den Fnrchimgsprocess zerklüfteten Kugeln hingen wie zwei Luftblasen an einander, sie wurden an der Berührungs­fläche platt gedrückt und die Zellen wurden hier dünner. Erst
*) Comptes roiuliis. #9830;#9830;) Moimtssclinft für Gclmrtskumlc. ***) Comptes rondus ISi)!) II. pftg, 1247 — 1250.
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wenn die Uewegung durch die (Jilieu anfing' war die Verwaelisnng evident. Beide dureldieten dann ihre normale Entwiekelung bis auf die durch das Verwachsen gesetzten Deformitäten. Einige hin­gen nur durch einen dünnen Stiel /.usanmien, und dann war die Trennung noch möglich; andere waren aber mittels grosser über-fliichen fest mit einander verbunden. Bemerkenswerth war noch die Verbindung dieser Doppelembryonen durch homologe Theile z. E. mit den beiden Seiten, wie zwei Personen, die beide ihre rechten Arme in einander geschlungen haben, oder mit dem Kücken, oder mit der Unterfläche des Fusses oder mit der Spitze des Schwanzes. Es können aber diese Erfabrungen für die Entwickeluug der üop-pebnonstra bei den Wirbeltliieron um so weniger zu einem Analo­gieschlüsse berechtigen, als es hei vielen Mollusken als Hegel vor-koinint, dasraquo; mehrere Eier von einer Schale umgeben sind. So fanden Koren und Danielsen, dass bei Buccinum und l'urpura immer sehr zablreiche Eier in gemeinsamer Kapsel bei der Entwickelung eine zusannnenlüingende Masse bilden, aus der später mehrere nicht ver­bundene Embryonen hervorgehen, denen der liest der Ehnasse, nach Carpenter, zur Nahrung dient. Bei einigen Cephalopoden und Pul-jnonaten sind nach Valenciennes zwei Dotter in einer Schale fast normal, ebenso iu der ganzen Abtheilung der Gasterop. pectinibran-cliiata; iiiich bei Easciolaria persica entwickeln sich immer zwei Dotter iu einer Schale, und bei Turbinella scolyinns finden sich sogar ijü Eier in einer Schale. Solche Verhältnisse bei den Wirbel­losen können natürlich für die Missbildungeu der Wirbelthierc nicht nnuissgebend sein.
Bei den Säugethieren fehlt es noch gänzlich an direkten Beob-achtimgen über die erste Entstehung der Doppclmissbildungen; man ist daher durchaus auf Analogieschlüsse hingewiesen, wenn man es nicht vorzieht, sieh jener Verninthung zu enthalten. Die Grund­frage bleibt aber: ob die Verbindung immer schon im unent-wiekolten Eie gesetzt ist, indem 2 ganz oder theilweise getrennte Keimanlagcn auf einem Dotter vorhanden wa­ren? oder ob eine Verwachsung der Embryonen zweier Eier ebenfalls die Entstehung von Doppelmissbildungcn veranlassen kann? Während 11. Meckel den aus einem Graaf-
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sehen Follikel Btammendcn Eiern eine besondere Bedeutung für die Entstehung der Doppohnissbildungen zuschreibt, hat B. Schulze (1. c.) dagegen geltend gemacht, dass die Festigkeit des Chorions, das sie aus dem Eierstocke mitbringen, höchstens die Bildung einer gemeinschaftlichen Decidua zulassen würde. Bei den Vogeleiern mit doppeltem Dotter giebt, wie S. besonders betont, die zarte Be­schaffenheit der Dotterhaut und der Einschluss in eine harte, nicht nachgebende Schale ohne allen Vergleich günstigere Verhältnisse für die Verwachsung ab, als bei den kleinen, von sehr starker Dotterhaut umgebenen Säugethiereiern, welche sich im weiten und nachgiebigen Uterus entwickeln, wo sie bald noch durch aridere Häute getrennt werden. Gewiss muss man einräumen, dass in Vogcleiern mit doppeltem Dotter das Verwachsen noch am leich­testen denkbar wäre; daraus folgt aber keineswegs, dass es hier wirklich vorkommt.
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Drittes Kapitel.
Neue Untei'suelmngcii und Bcobaclitungoii über die Ent-
wiokelung in abuonu gebildeten Vogeleiem, mit Rtlcksioht
auf die Entstehung der Doppelmissbildungen, und mit
llinblick auf die Entstellung dieser Classe der
Missbildungen bei den Säugetbicren und
dem Menschen.
Dem oben über die Abnormitäten der Vogcleicr vor der Be-brütiuig Angeführten^ und der Zusammenstellung der bisherigen Untersuchungen über die Entwiokelung in abnorm gebildeten Eiern zufolge, erschienen neue positive Untersuchungen, besonders über das Verhältniss der ursprünglich fehlerhaften Beschaffenheit der Eier zur Entstellung der Doppelmissbildungen naeb mehreren Sei­ten hin dringend geboten zu sein, nämlich:
1.nbsp; nbsp;Ueber die Entwiokelung in Vogeleiem mit doppel­tem Dotter liegt ausscr dem zweifelhaften Falle von (leoffroy nur ein einziges BebrUtungsresnltat (von E. Schulze) vor, das schon darum für die Bcziolmng zu den Doppelmissbildungon ganz; unbe­friedigend ist, weil nur der eine Dotter befruchtet war.
2.nbsp; nbsp;Ueber die Eier mit eingesebnürtem oder nnvoll-kommen doppeltem Dotter, die Serrcs als aus zwei mit ein­ander verschmolzenen Dottern zusammengesetzt und zugleich als eine Ucbcrgangsform zu den Füllen betrachtet, wo zwei Cicatri-culae auf einem Dotter vorhanden sind, lag bisher gar kein Bebrü-tungsresultat vor. Die Frage, ob ein solches Ei als ein einfaches Ei mit eingeschnürtem Dotter und einfacher Keimanlage, oder als ein doppeltes Ei mit zwei confluirten Dottern und zwei Keimanlagen zu betrachten sei, schien aber am besten eben durch das Behrii-tungsresultat entscliieden werden zu können, falls es niuiilich ge­lingen sollte, solche Eier mit Erfolg zu bebrüten.
.........,., , i,..,.. im. .raquo;rraquo;
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8i Ucbcr die Entwiukclung iii Eiern mit doppelter Cicatricuhi auf cinl'achcni Dottor sdiuiuen bei Vögeln über-baupt bislicr mir 5 Fülle in fnilicm Stadien beubaelitet worden ZU soin, 2 von Wolftquot;, 2 von Baor und 1 von licicliert. In alien die-sen Kiillen sebeint anraquo; dem Bcbmtnn^srcsullate der öcbluss abge­leitet werden zu mUsseii, dass die beiden Cicatriculae einander vor der Bcbriltung tbeillaquo; seiir nabe gelegen, tlieils sebon von vorn her­ein confluirt gewesen sein inüsscu. An diesen Umstand haben sieb die Fragen geknlipi't, ob eine Tlieilung'ein er ursprünglieli eintaehen Keimanlagc oder eine Verbindung zweier iirsprüuglicben Kcimaula-gen statt gehabt habe? und ob die Spaltung der Aehsengeblble als eine urspriingliebe, oder als eine aus dem Verlaufe der Ent-wickelung resultireude antkufasscn sei? Bei der sehr geringen Zahl der betreftenden Thatsacbeu konnte man liotl'en, dass fernere Beob-aebtungeu einsehlageuder Fälle vvesentlieh zur Schlichtung der ob-sehwebendon Differenzen beitragen könnten.
Der Zufall seheint mir besonders günstig gewesen znsein, iu-dum es mir möglieb gewesen ist ein reelit ansehnliehes Material für alle diese drei verschiedenen Classen zu sammeln, und icb werde nun meine Erfahrungen in der angegebenen Ordnung dar­zulegen haben.
1. Die Entwiekelung auf zwei in einem Eic enthaltenen,
mit einfacher Oieatrieula vers ebenen Dottern.
Unter den 77 lliilinereiern und den 8 Gänseeicrn mit doppel­tem Dotter und einfacher Gieatrieula, die icb gesammelt habe, konnte ieh 10 Hühnereier aus verschiedenen Gründen nicht bebrüten las­sen; die übrigen G7 llühncreier und die 3 Gänseeier habe ich sämintlieh 2 — 0 Tage lang der küustliehcji Brütwünno in einer von Herrn BraUllau lil Jena angefertigten, mit Wärmeregulation nach Huscbko's Angabe versehenen kleinen Eriitmasehine ausge­setzt. Das Resultat der Bobriitung war liborsiehtlieb folgendes :
a) In 21 lliilinereiern und 2 Cbinseeiern zeigte sieb keine Ent-wickelungsspur, weder auf dem einen noch auf dem anderen Dotier (Taf. VI11. Fig. Ü).
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/gt;) In 15 Hüluiereicni imd 1 Gänscei trug der eine Dotter einen normuleu Embryo, der andere Dotter zeigte keine Spur einer ICntwickelung. (Tatquot;. IX. Fig. 1,2).
f) In 10 Iliilinereiern trug jeder der beiden Dotter einen nor-nuilcn niul lebendigen, nirgends mit dem dos anderen Dotters ver­wachsenen Einbno. (Taf. IX. Fig. 4, 7).
d) In 9 Hühnereiern trug der eine Dotter einen kranken Em­bryo oder doch eine deutliche Spur einer unterbrochenen und ge­störten Entwickelung, der andere Dotter sseigte keine Spur von Entwickelung (Taf. IV. Fig. 7).
c) In 7 Hühnereiern trug jeder Dotter einen abnormen Em­bryo oder eine deutliehe Spur einer unterbrochenen und gestörten Entwickelung (Taf. IX. Fig. 8,9,10).
/) In 6 Iliilinereiern trug der eine Dotter einen lebendigen normalen Embryo, der andere einen abnormen Embryo oder eine Spur unterbrochener Entwickelung (Taf. IV. Fig. 5).
Unter jenen 21 Hühnereiern, bei welchen die Bebrütung ganz und gar erfolglos geblieben war, fanden sich 2, deren Schale durch einen Kiss beschädigt war, eins das über drei Wochen (im Som­mer) gelegen hatte, bevor es bebrütet wurde; 2 derselben hatte ich von einer Aufkäuferin erhalten, und 7 rührten von einer Henne her, welche wahrscheinlich nicht befruchtet worden war. Dieselbe befand sich nämlich, als sie diese Eier legte, freilich in Crescllschaft eines Halms, der aber gewiss durch die Gegenwart eines starken und sebr streitbaren capunirten Halms in seinem Geschäfte gestört worden war; denn nachdem dieser Capaun abgeschaft't worden war, lieforte dieselbe Henne regelmässig fruchtbare Eier, worunter auch viele mit doppeltem Dotter. Für 12 unter jenen 21 Eiern waren also solche Umstände vorhanden, welche nicht nur für Eier mit doppeltem Dotter, sondern auch für gewöhnliche Eier höchst wahr­scheinlich eine jede Entwickelung verhindert haben würden. Die beiden Gäusceier waren aber weit vom Lande her zur Stadt ge­bracht worden. Bringt man diese 14 Eier beiderseits in Abzug, so würden also nur 9 unter 56 Eiern mit doppeltem Dotter ganz unfruchtbar gewesen sein, ein Verhältniss, das an sich nicht gerade sehr ungünstig genannt werden kann. Wenn daher Frcmy und
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Valenciennes ihren (lurchaus negativen Bebrütungaresultaten zufolge, erklärt haben, class diese Eier in der Regel unfruchtbar seien, so ist diese Angabe zu berichtigen, indem das negative Ilesultat der französischen Forscher gewiss daher rührt, dass sie ihre Eier vom Markte, dureb Aufkäufer, nicht direkt von den Besitzern der Hen­nen bezogen haben. Es ist nämlich Jedem, der sich einigermassen mit Bebrütungsversuchen befasst bat, bekannt, dass es die erste Bedingung eines günstigen Resultats ist, die Eier direkt aus Hüb­nerhöfen, die mit guten Hähnen verseben sind, zu beziehen.
Wenn man aber bedenkt, dass jene 56 Eier ja 112 Dotter ent-liielten, und daher bezüglich des Entwickelungsresultats eigentlich nicht mit 56 sondern mit 112 gewöhnlichen Eiern zu vergleichen wären, so stellt sich das Resultat allerdings schon weniger günstig. Wenn wir also von jenen 14, aus erklärlichen äusseren Ursachen un­fruchtbaren Eiern ganz absehen, so waren doch in der Abtheilung (a) 18, in der Abtheilung {h) 16, in der Abtheilung (d) 9, zusammen 43 unter 112 Dottern bei der Bebrütung ganz ohne alle Entwicke-lung geblieben. Wenn aber unter 112 Eiern 43 abstehen, also mehr als ',/, so ist das Verhältniss schon ziemlich ungünstig. Dazu kommt nun aber noch hinzu, dass sehr oft abnorme Embryonen gebildet waren, oder eine angefangene Entwickclung wieder unter­brochen worden war. In der Abtheilung (d) finden sich 9, in (e) 14, in (/) 6 abnorme Embryonen oder rudimentäre Entwickclungs-spuren. Die 112 Dotter hatten also in 43 Fällen keine und in 29 Fällen eine abnorme oder unterbrochene Entwickelung ergeben, und nur 42 normale Embryonen geliefert. Wenn aber 112 Eier gewöhnlicher Art nur 42 normale lebendige Embryonen liefern, be­sonders bei Oeftnung des Eies zwischen dem 2ten und 9ten Bebrü-tungstage, so ist das Resultat schon sehr ungünstig zu nennen.
Da mir nun gewöhnliche, meist aus denselben Hühnerhöfen bezogene Eier mit einfachem Dotter, welche unter denselben äusse­ren Verhältnissen bei der gleichen Temperatur, in derselben Brüt-masehine gleichzeitig entwickelt wurden, in der bei Weitem über­wiegenden Mehrzahl der Fälle normale und lebendige Embryonen geliefert hatten, so muss man doch annehmen, dass die besonderen Verhältnisse, unter welchen sich die Dotter in den Eiern mit doppel-
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tern Dotter befinden, auf die normale Kntwickclung störend ein­gewirkt haben.
Indem sich die Frage aut'di'ängtc, weiche besonderen Verhiilt-nissc denn in den Eiern mit doppeltem Dotter auf die Entwicke-lung störend einwirken könnten? lag der Gedanke nahe, diiss der­jenige Dotter, der dem Lufträume am nächsten lag, vor domjonigon, der sieh am luftleeren Eiende befand, bevomigt sein möchte. Denn nur in einem einzigen Falle, wo in dor That jeder der beiden Dot­ter einen normal entwickelten, lebendigen, (Mgigen Embryo trug (Taf. IX. Fig. 4), war an jedem Ende ein Luftraum vorhanden, in keinem anderen Falle hatte ich mehr als einen Luftraum vorgefun­den, der sieh bei den Eiern, deren Enden doutlieh vorschieden wa­ren, am stumpfen Eiende befand. Diese Vernmthung wurde indess bei der genaueren Untersuchung nicht bestätigt. Es zeigte sich nämlich einerseits, dass die Entwiekelung wenigstens bis zur GOsten Brütstunde normal fortschreiten kann, ohne dass sich überhaupt ein Luftraum entwickelt. Alsdann mussten aber die Eier ganz frisch sein, denn sonst entwickelt sich auch bei der gewöhnlichen Tem­peratur in unbebrüteten Eiern ein Luftraum, dessen Grosse unter sonst gleichen Umständen um so beträchtlicher ist, je länger die Eier gelegen haben. Andererseits war in nicht wenigen Fällen ein normaler Embryo gerade auf dem am luftleeren Eiende gelegenen Dotter entwickelt, während derjenige Dotter, der dem Lufträume anlag, entweder gar keine Entwiekelung zeigte, oder einen kranken und missgebildcten Embryo trug. Ich fand seihst ebenso oft normal entwickelte, lebendige Embryonen am luftleeren (spitzen), wie am lufthaltigen (stumpfen) Ende, und es zeigte sich auch gar kein Un­terschied in der Häufigkeit des gänzlichen Fehlens der Entwieke­lung am einen und am anderen Eiende. Wenigstens bis zum sie­benten Tage der Entwiekelung habe ich einen normalen und leben­digen Embryo auf demjenigen Dotter gefunden, der am luftleeren Eiende lag. Die Nähe des Luftraumes ist mithin für die erste Entwiekelung von keiner Bedeutung, und dass derselbe in der Hegel nur am einen Eiende zur Entwiekelung gekommen war, konnte in den mir vorliegenden Fällen Nichts dazu beigetragen haben, dass verhältnissmäsaig so viele Dotter in den in liedc ste-
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liendcn Eiern unentwickelt geblieben wuren oiler kranke Embryo* neu trugen,
Audi die veiseliiedene Grosse der Eier mit doppeltem Dotter schien für die Entwickelung, wenigstens bis zum Gten — 7ten Tage hin gleichgültig zu sein. Es erklären sich die ungünstigen Ent-wickelungsverhältnisse in Eiern mit doppeltem Dotter über diidurch, dass die Cicatriculae oder die jungen Embryonen so oft in Lagen kommen, die der Entwickelung ungünstig sind oder sie vollkom­men unmöglich machen. Diese Häufigkeit des Vorkonimcm einer abnormen Lage der Entwickelungscentra in dicBcn Eiern ist schon oben Pag. 1!)2 besprochen worden, und es ist dort bereits darauf hingewiesen worden, dass diosclbe ohne Zweifel auf das ebenda­selbst besprochene Verhalten der Chalazzen zurüekzuführon ist. Es geht mm aber zur Evidenz aus den von mir beobachteten Resul­taten der Entwickelung in diesen Eiern hervor, dass an der Be­rührungsfläche beider Dotter gar keine Entwickelung möglich ist. Da nun die eine oder die andere Cicatricula auf­fallend häufig gerade an der Berührungsfläche beider Dotter liegt und verborgen ist und in anderen Fällen derselben ausserordent-lich nahe liegt, so ist es sehr begreiflich, dass die Entwickelung durch diesen Umstand oft gestört oder ganz verliindurt werden muss. Selbst bei übrigens sehr kräftiger Entwickelung hört der bis an die Berührungsgränze beider Dotter fortgeschrittene Blut­hof hier mit scharfer Bcgränzung, wie abgeschnitten, auf, wie auf Taf. IX. Fig. 4. Auch die übrigen Blätter der Keimscheibe kön­nen bei ihrer sonst gleiclnnässig über den Dotter fortschreitenden Entwickelung diese üränze nicht überschreiten. Wenn aber die Cicatrieula der Berührungsgränze sehr nahe liegt, und wirklich eine Entwickelung In ihr beginnt, so muss dieselbe bald unterbrochen werden, weil die Ausdehnung des Dotters dureh die Eivvcissaiif-nahme die Berührungsfläche viel grosser macht (vgl, Fig. 2, 4 und 9 der Taf. IX), und In Folge dessen kann der Embryo, der anfangs sich noch frei in der Nähe der Gränzlinic entwickeln konnte, bei fortschreitender Entwickelung theilweise zwischen beide Dotter ein­geklemmt werden und dadurch zu Grunde gehen. Diesen Fall habe ich wiederholt in sehr evidenter Weise beobachtet; unter den in
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den Abbildungen verzeichneten Fällen gehört Fig. 5 Taf. IV und Fig. 10 Tftf. IX hierher. Dieser interessiinte umstand, dass die Berührungsfläche beider Dotter keine Entwickelung zulässt, in Verbindung mit dein Umstände, duss die Lage der Cicatricula in diesen Eiern so sehr wechselt, wodurch die nicht entwickelungs-tahige Seite des Dotters zum Ausgangspunkte der Entwickelung in verschiedene und bei fortschreitender Entwickelung wechselnde Beziehung tritt, ist wohl die Hauptursache der im Ganzen ungün­stigen Entwickelungsresultate in diesen Eiern. — Die Frage, wo­durch die Entwickelung an der Berührungsgränze beider Dotter unmöglich ist? scheint, mit Rücksichtnahme auf die im ersten Ab­schnitte dieser Arbeit erlangten llesultate, dahin beantwortet wer­den zu müssen, dass wahrscheinlich einerseits der Druck des einen Dotters gegen den anderen, der sich durch die Abplattung dersel­ben zu erkennen giebt, der Entwickelung hinderlich und dass an­dererseits die freie Berührung der Cicatricula oder des Embryo mit dem Eiweiss vielleicht eine nothwendige Bedingung für die embryo­nale Entwickelung und Ernährung im Vogeleie ist. — Gewiss ist aber, dass das Centrum der Entwickelung, in allen den Fällen, wo sicli ein normaler, lebendiger Embryo auf einem Dotter dieser Eier vorfand, von der Berührungsgränze beider Dotter ziemlich weit entfernt war.
Abgesehen von der schädlichen und bei fortschreitender Ent­wickelung sich vergrössernden Berührungsfläche beider Dotter scheint die Lage der Cicatricula oben, seitlich oder unten auf dem Dotter für die Entwickelung keinesweges gleichgültig zu sein. In einem gewöhnlichen Eie nimmt die Cicatricula bekanntlich, auch wenn das Ei gedreht wird, die Mitte der nach oben gewandten Seite des Dot­ters ein. In den Eiern mit doppeltem Dotter gestattet einerseits die abweichende Anordnung der Chalazzen, andererseits das Zu­sammenliegen der beiden Dotter, bisweilen nicht dem betreffenden Dotter sich so zu drehen, dass die Cicatricula durch Einfluss des geringeren speeiflschen Gewichts der Dotterscite, die sie einnimmt, nach oben zu liegen kommt. In einigen Fällen lag die Cicatricula des einen Dotters, wie gewöhnlich, oben, die Cicatricula des an­deren Dotters lag aber enlwcdcr ganz unten, der anderen gerade
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entgegengesetzt, oder an der Seite, etwa 90deg; von dem obersten Punkte entfernt. In diesen Fällen, welche genau beobachtet wur­den, indem die Eier während der ganzen Bebrütungsdauer dieselbe horizontale Lage eingenomnien hatten und, möglichst genau in derselben Lage aus dem Apparate herausgenommen, unter Wasser geöffnet worden waren, fand sich der oben, in der gewöhnlichen Stellung befindliche Embryo normal und gut entwickelt, während der untere, entweder abnorm oder so weit in der Entwickelung zu­rückgeblieben war, dass man ihn als abgestanden betrachten musste. Dies deutet darauf hin, dass die Lage der Cicatricula auf dem ober­sten Punkte des Dotters für die Entwickelung am günstigsten oder vielleicht selbst nothwendig ist, und es liegt die Vermuthung nahe, dass die speeifisch leichtere Flüssigkeit, welche den Embryo bei seiner normalen Lage umspült, für seine Ernährung besonders ge­eignet ist.
Bei Berücksichtigung dieser Verhältnisse erklären sich jene un­günstigen Bcbrütungsresultate recht gut, ohne dass man anderwei­tige unbekannte Momente für die Erklärimg herbeizuziehen genö-thigt wäre. Dass wir in den Eiern mit doppeltem Dotter solche Abnormitäten vorfanden, wie sie auch so oft in Eiern mit einfachem Dotter durch Störung der Entwickelung entstehen, kann nicht be­fremden. Denn wenn man auch nur auf die scliädlichen Tempe­raturschwankungen Rücksicht nehmen will, so lassen sich dieselben bei aller Sorgfalt in solchen Versuchen nicht ganz vermeiden. — Dieselben konnten übrigens selbst dann ihren schädlichen Eiufluss ausgeübt haben, wenn die Temperatur bei der künstlichen Bebrü­tung vollkommen gut regulirt gewesen war. Es war nämlich un­möglich zu wissen, ob nicht eine Bebrütung durch die Henne, und im heissen Sommer zugleich die Temperatur der Luft, schon eine beginnende Entwickelung gesetzt hatte, die dann ganz zu Anfang stark unterbrochen worden wäre; denn ich Hess die Eier oft einige Tage liegen, bevor ich die künstliche Bebrütung anfing, weil ich mehrere Eier zugleich in Arbeit nehmen zu können hoffte. Dieses ist besonders für die Fälle annehmbar, wo sich kein Embryo, son­dern eine einfache abortive Keimscheibenbildung (Pag. 37) auf beiden Dottern vorfand, oder wo dieselbe neben einem ganz unentwickel-
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ton Dottor gefunden WÜfde. Die in Rede stellenden 70 Eier wurden natUl'liol) nicht auf einiml, sondern in vielen verschiedenen Reprisen hebrütet, da sie mir meist nur einzeln zugingen. Sehr oft habe ich um eines einzelnen Eies mit doppeltem Dotter willen die Brütmasehine beizen müssen; bisweilen konnte ich 2 bis 3, selten mehr von die­sen Eiern gleichzeitig bebrüten. Bei so vielen ErUtvcrsuehen, welche neben anderen Arbeiten betrieben wurden, hat es nicht vermieden werden können, dass Unregelmässigkeiten in der Temperatur, einige male selbst recht beträehtliehe, vorkamen. Für die 7 Fälle, wo beide Dotter abnorme Embryonen trugen oder blossc Entwicke-huigsspuren zeigten, und für die 10 Fälle, wo der eine Dotter eine abnorme Entwickelnng zeigte, während der andere ganz unent­wickelt geblieben war, wird wohl Niemand Bedenken tragen anzu­nehmen, dass eine äussere Schädlichkeit, wahrachcinlich eine Tcm-pcratnrschwanknng, das ungünstige Resultat bedingt hat. Nur die unter (/') verzeichneten 7 Fälle, wo ein normaler Embryo auf dem einen und ein abnormer auf dem anderen Dotter gefunden wurde, könnten vielleicht anifallend erseheinen. Dass aber in demselben Eie der eine Embryo dem Einflüsse einer Schädliehkeit widerstand, durch welchen der andere erkrankte, kann doch eigentlich gar nicht befremden, da eine ganz entsprechende Verschiedenheit der Prädis­position zur Erkrankung bei Einwirkung einer bestimmten Schäd­lichkeit ja überall beobachtet wird, auch bei Eiern mit einfachem Dotter und bei entwickelten Individuen.
Fassen wir nun die einzelnen Resultate der Entwickelnng in den Eiern mit doppeltem Dotter etwas näher ins Auge, und be­rücksichtigen zunächst die Fälle, wo normale und lebendige Embryonen gefunden wurden, so ergiebt sieh dabei Folgendes:
Obiger Zusammenstellung zufolge kam es unter G7 Ilülmcr-eiern Ifjinal und unter 3 Gänseciern Imal vor, dass der eine Dot­ter einen normalen lebendigen Embryo trug, während der andere gar keine Entwickelungsspur zeigte. Da nun ein Dotter, der gar keine Spur einer begonnenen Entwickelnng, trotz der stattgefunde­nen Bebrütung zeigt, auch nicht faulig zersetzt wird, sondern sich, wie schon Reaumur angiebt (Pag. lü), und wie ich es vollkommen bestätigt gefunden habe, bis über den normalen Termin der Bebrii-
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tnng hinaus ganz iViscli cvliiilt, so ist anzunehmen, dass in (licson Füllen bei ferner ungestürtcr Entwickolung ein ein/.igor, ganz nor-maler Embryo am Bcblussc der Entwickelung aus einem solehen Eie mit doppeltem Dotter ausgeseblilpft sein würde. Dieses Resul­tat der Entwickelung .aus Eiern mit doppeltem Dotter, das Obigem zufolge etwa V^—'/a aller Fälle umfassen würde, wo Eier mit dop­peltem Dotter bebrütet worden, würde einem llühnerzüchtor ohne Zweifel entgehon. Höchst wahrscheinlich würde er annehmen, dass ein Ei, das er viclleicbt der beträchtlichen Grosse halber für ein Ei mit doppeltem Dotter gcbaltcn hatte, doeb mir ein gewöhnliches Ei gewesen sei, wenn ein gewöhnliches Hühnchen daraus hervor­ging. Es ist daher erklärlich, dass ich über dieses Bebrütungsresul-tat der Eier mit doppeltem Dotter nirgends eine Angabe oder eine Andeutung gefunden habe. Wenn man künftighin vielleicht diesen Fall im Auge behalten wird, so ist es wahrscheinlich, dass die Gegen­wart von gelber Dottermasse in der Schale oder am Hühnchen es möglich machen wird, die Gegenwart eines zweiten Dotters zu con-statiren, da derjenige gelbe Dotter, auf welchem das Hühnchen sich entwickelt, normaler Weise ja bekanntlich in den Unterleib dessel­ben bineinschlüpft und daher keine gelbe Dottermasse zum Vor­schein kommen lässt.
In 10 unter 70 Fällen fand sich ferner ein normal entwickel­ter lebendiger Embryo auf jedem der beiden Dotter. Wenn die Entwickelung unter diesen Verhältnissen ihr normales Ende erreicht haben würde, so ist demnach anzunehmen, dass zwei im Ganzen normale, getrennte Hühnchen aus einem solchen Eie mit doppeltem Dotter ausgeschlüpft sein würden. Dass die Entwickelung unter solchen Verhältnissen bis kurz vor dem Auskriechen glücklich fort­schreiten kann, geht schon aus dem auf Taf. X, Fig. 2 und 3 abge­bildeten, in der Aufzählung nicht mitgerechneten Falle hervor. Hier hatte die Henne selbst das Ei bebrütet; da aber nach Ablauf der normalen Zeit kein Hühnchen auskroch, war das Ei geöffnet und mir mit den beiden todten, aber noch ganz frischen Embryonen ge­bracht worden. Dieselben waren nirgends mit einander verbunden, sondern lagen ganz frei neben einander, wie die Abbildungen es zeigen. Ohne Zweifel hat der beschränkte Platz im Eie es diesen
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beiden Hühnelien unmüglioh gemaclit, die zum Sprengen der Schale nötliigen Bewegungen ausznt'Uliren. #9632;— Ausser diesen 11 Fällen, wo sich ein normaler, nirgends mit dem anderen verwachsener Embryo auf jedem Dotter entwickelt hatte, sind noch folgende hierher ge­hörigen Fälle zu meiner Kenntniss gelangt:
1)nbsp; nbsp;Herr Sclimitz, der seine grosseu Brütmaschinen und die künstliche Bebrütung in denselben in vielen Städten öffentlich vor­gezeigt hat, thcilte mir mit, dass er einmal ein Ei, das er durch die auffallende Grosse als ein Ei mit doppeltem Dotter erkannt hatte, 10 —11 Tage lang bebrütet, und lu demselben zwei leben­dige, normale Embryonen vorgefunden habe, die ganz frei und ge­trennt von einander lagen. Der eine war nur etwas kleiner .als der andere.
2)nbsp; Auf der liiesigen Anatomie bclindet sieh (Journal-Nummer 644 den 4tenJuli 1845) ein Glas mit zwei HUhncrembryonen aus einem Eie, welche vollkommen getrennt, ihrer Entwickelung zu­folge 18 — lü Tage alt geworden sein müssen. Am Nabel eines jeden dieser Embryonen hängt der Dottersack völlig frei heraus. Die Bildung beider Hühnchen scheint ganz normal zu sein, bis auf eine Verkümmerung des Fusses des einen.
3)nbsp; nbsp;Herr Dr. Poselger In Berlin hat die Güte gehabt mir fol­gende mündliche Mittheilung zu machen: Seit er Cochinchina- und andere fremde Hühnerracen in seinem Hühnerhofe eingeführt hat, sind ihm ziemlich oft Eier mit doppeltem Dotter vorgekommen. Diese Eier hat er oft bebrüten lassen, und 6 — 8mal waren zwei Hühnelien in denselben zur vollen Entwickelung im Eie gelangt, aber sie waren in demselben abgestorben, weil sie die Schale nicht durchbrechen konnten, indem es ihnen am Raum fehlte, um die nöthigen Bewegungen auszuführen. In allen diesen Fällen waren beide Hühnchen durchaus von einander getrennt und nirgends mit einander verwachsen. Auch waren, so weit ohne genauere Unter­suchung ersichtlich war, beide ganz normal. Viel häufiger war die Bebrütung dieser Eier erfolglos geblieben, indem die Embryonen entweder früher zu Grunde gingen oder indem die Eier überhaupt nicht befruchtet waren.
4)nbsp; nbsp;Der Diener des unter meiner Leitung befindlichen physio-
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logisolien Laboratoriums, dessen Walirheitsliebe mir völlig erprobt ist, beschäftigt sich nebenher mit der Zucht von Kanarienvögeln. Dabei erlebte er vor mehreren Jahren den Fall, dass aus 4 Eiern, die im Neste eines Kanarienvogels bebrütet waren, 5 Junge aus­schlüpften. Dem einen derselben fehlte der Schwanz und eine Zehe am rechten Fusse. Das defeetc Junge war ein Männehen, ebenso wie 3 der fehlerfrei entwickelten Jungen; das 5te war ein normal gebildetes Weibchen. Alle 5 Jungen blieben gesund und wurden gross. Es ist wohl nicht zu bezweifeln, dass eines dieser Eier ein Ei mit doppeltem Dotter gewesen ist.
5)nbsp; nbsp;Eine Frau in Dorfgaarden bei Kiel Hess aus Neugierde von einer Henne ein Hühnerei ausbrüten, das wegen seiner ganz ungewöhnlichen Grosse von ihr für ein Ei mit doppeltem Dotter gehalten wurde. Es kamen aus diesem Eie zwei völlig getrennte, lebendige Hühnchen hervor. Dem einen derselben fehlte aber der Schwanz, das andere hatte einen Fehler am Fusse.
6)nbsp; Zu Anfang Juni 1858 machte die Nachricht, dass ein Hüh-nerliebhaber unter den Linden in Berlin aus einem Eie zwei leben­dige Hühnchen erhalten habe, die Runde in vielen norddeutschen Zeitungen, z. B. in der Eisenbahnzeitung, der Reform u. A.
Ohne Zweifel würden diese Bebrütungsresultate aus Eiern mit doppeltem Dotter, deren übrigens, wie oben (Pag. 200) angeführt wurde, schon von Harvey, ja schon von Aristoteles Erwähnung ge­schehen ist, häutiger sein, wenn dieselben öfter bebrütet würden. In der Regel werden sie aber nicht bebrütet, weil, wenigstens hier zu Lande, die Sage verbreitet ist, dass immer allerlei Doppelmiss­bildungen aus denselben hervorgehen sollen. Dieses ist nun zwar, insofern Doppelmissbildungcn genannt werden, jedenfalls un­richtig, indem dieses Resultat wenigstens sehr selten ist; es schei­nen jedoch einfache Missbildungen, namentlich fehlerhafte Bildung des Schwanzes und der Füsse öfter beobachtet zu sein, und diese Fehler sind durch die Raumbeschränkung um so leichter zu be­greifen, da die Längcnaehsen der Embryonen in allen meinen Fäl­len vor dem 6tcn Tage mit einander einen freilich sehr verschiede­nen quot;Winkel bildeten, und weil die Lagerung nach der Längenaehse des Eies (wie in Fig. 2 und 3 Taf.X) erst in einer späteren Ent-l'anum, Unlersachungon.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 15
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wickelungspcriodo, wahrscheinlich unter fillorlci mcclianiseiicn Gon-flictcn erfolgen wird.
Für die Frage über die Be/.ieluuig der Eier mit doppeltem Dotter zu den Doppelinissbildungen ist es ein bemerkenswerthes Factum, dass weder in den 10 Fällen, wo ich selbst die Eier künst­lich bebrütet und imtersuclit hatte, noch in den 12 —14 Fällen, die bei weiter vorgesclirittenor Fintwickelung zu meiner Kcnntniss ge­langt sind, sich die geringste Spur einer Verklebung oder Ver­wachsung der auf den verschiedenen Dottern entwickelten Embryo­nen oder ihrer Eihäuto vorfand. Da meine Beobachtungen in so evidenter Weise gezeigt haben, dass die Entwickelnng der Kcim-seheibe und des Bhithofcs an der Berührungsfläche beider Dotter entweder ausbleiht oder gehemmt wird, und wie abgeschnitten auf­hört, so scheint hier eine Verwachsung überhaupt unmöglich zu sein. Die Embryonen selbst kommen aber erst in einer viel späteren Pe­riode mit einander In umnittelbare Berührung, und alsdann ist, schon der Befiederung halber, eine Verwachsung gar nicht denkbar.
In der summarischen Angabe der Bebrütungsresultate aus Eiern mit doppeltem Dotter wurden endlich (Pag. 21G unter /) 6 Fälle genannt, wo sich ein normaler, lebendiger Embryo auf dem einen Dotter neben einem abnormen Emhryo oder einer Entwickelungs-spur auf dem anderen Dotter gebildet hatte. Bei fortgesetzter Ent­wickelnng würde in diesen Fällen ohne Zweifel, nach Analogie der Eier mit einfachem Dotter, der abnorme Embryo abgestorben sein, und die faulige Zersetzung des einen Dotters würde dann höchst wahrscheinlich auch den bis dahin gesunden Embryo getödtet ha­ben. Wie lange es dauern wird, bevor die faulige Zersetzung des einen Dotters den auf dem anderen Dotter befindlichen tödtet, muss dahingestellt bleiben. Unsere Erfahrungen zeigen nur, dass er in solchem Falle bis zum fiten Tage am Leben und scheinbar ge­sund bleiben kann.
Betrachten wir demniiehst diejenigen Fälle, wo abnorme Em­bryonen oder rudimentäre Entwickelungsspuren in den Eiern mit doppeltem Dotter gefunden wurden, so können wir uns zunächst über die in der summamehen Angabc Pag. 210 unter d, e und / verzeichneten ziemlich kurz fassen. Die 29 Missbildungen oder
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Kntwickclungsspurcn, die hierlier gehören, entsprechen nämlich voll­kommen denjenigen, die wir auch in gewölmlichen Eiern mit ein-iachem Dotter gefunden und im ersten Abschnitte, als durch Stö­rung der Entwickelung bedingt, abgehandelt haben. Diese Ueber-cinstimmung erstreckt sich auf alle Hauptformen der Missbildungen des Embryo sovvolil als der Kcimsclieibc, des Amnions und der Al-lantois, welche überhaupt zur Beobachtung gekommenen sind. Ich habe daher kein Bedenken tragen können, sie, wie es im ersten Ab­schnitte geschehen ist, gemeinschaftlich abzuhandeln. In den Eiern mit doppeltem Dotter sind drei Umstände vorhanden, welche die Entstehung von Entwickelungsstörungon und einfachen Missbildun­gen begünstigen, nämlich: 1) das Vorhandensein der Berührungs­fläche beider Dotter, welche die Entwickelung verhindert oder hemmt, 2) die oline Zweifel durch das Verhalten der Chalazzen und durch die Berührung beider Dotter bedingte, häufig abnorme Lagerung der Cicatriculae auf der Berührungsfläche, in der Nähe derselben, an den freien Seiten des Dotters oder an der unteren Fläche desselben, anstatt in der Mitte der freien, nach oben gewand­ten Oberfläche des Dotters, und 3) die so oft vorkommende ab­norme Lagerung der Längenachse des Embryo im Verhältniss zur Längenachse des Eies. Nur dieser letzte Punkt bedarf noch eini­ger Erörterungen. Normalerweise liegt bekanntlich der Embryo anfangs der Querachse des Eies parallel, etwas später wendet sich der Kopf dem stumpfen Elende zu, so dass der Embryo noch im­mer, besonders mit dem hinteren Theile seiner Wirbelsäule, der Querachse des Eies parallel, mit der linken Seite seines Körpers dem Dotter aufliegt. Erst späterhin findet allmählig eine solche Drehung statt, dass die Längenachse des Embryo der Längcnaclise des Eies parallel wird, wobei der Kopf dem stumpfen, lufthaltigen Eiendo zugewandt wird. Diese Lagerungsverhältnissc findet man nun ausserordentlich oft und in der mannigfaltigsten quot;Weise bei den in Eiern mit doppeltem Dotter entwickelten Embryonen ver­ändert. Ebenso oft als man die jungen Embryonen hier der Quer­achse des Eies parallel findet, bilden sie einen Winkel mit der­selben, der bis zur Grosso eines rechten Winkels steigen kann, indem die Lage des Embryo bisweilen von Anfang an der Längen-
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iicliso tics Eies entspricht^ Diese ursprüngliche Versohiedenholt der Lagerung des Embryo auf dorn Dotter scliclnt in den von mir he-obaohteton ft'üheren Stadien der Entwiokelung keinerlei liiconve-nienzen mit sicli zu fiiliren, indem -wir selbst bei Entwiokehmg eines Embryo aui'Jedem Dotter gesunde llülmclicn, sowolil in der einen, wie in der anderen dieser Lagen gefunden haben. Auch bei der f'reilieli nur selten beobachteten Lage des Embryo auf der rceii-ten anstatt auf der linken Seite wurde keine dadurch bewirkte Ab­normität bemerkt. Es ist jedoeb waiirsclicinlieli, dass diese abnor­men Ijagcrungsverbiiltnissc unter Umstünden, namentlich wenn sieh Embryonen auf beiden Dottern entwickelt haben, vielleicht auch bei Gegenwart eines zweiten, uubcfrueliteten Dotters bei weiter tort­geschrittener Entwiekclung, die freie Entwiekelung- der Formen be-emtrftchtigon künnen, und namentlich soheinen Schwanz und Ex­tremitäten dabei leicht einem Drucke ausgesetzt werden zu können, wodurch cine Verki'mmci iquot;ig dieser Tbeile entstehen könnte, wie sie in mehreren der oben genannten Fäl'e aueh wHdich beobach­tet worden ist. —
U. Die Entwiekelung in Eiern mit eingesehnürtem
Dotter.
Diese Abnomiitiit habe ich mi Ganzen Gmal heobaehtet, Sinai in Eiern mit einem Dotter und Sinai in Eiern mit doppeltem Dot­ter. A'le d;ese G E'er wurden der künstlichen Brütwänne aus­gesetzt.
Nur in einem Falle war die kimstliehe Bebrütang erfolglos, niindich bei einem Eie mit doppeltem Dotter, dessen schon oben Pag. 190 erwiilint wurde, indem der eine Dotter desselben in der Weise eingeschnürt war, wie Fig. 6und7 der Taf. Vlfl es zeigen. Dieser Dotti-r liess an seiner freien Oberfläclie keine Cicatrieida erkennen; dieselbe lag aber an der IJerührungsfläche beider Dotter verborgen. Die Einschnürung des Dotters verlief in der Ricbtung der Längenaehse des Eies und tbeilte den Dotter in zwei ungleiche Hälften. Die Einschnürung war nur schwach , und ihr entsprach eine Verdicknng der Dotterhaut, welche einen Strang darstellte, der die Einschnürung bewirkte, nnrl der nach Entfernung beider
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Dotter aus der Schale (Tat'. Vlll. Fig. 7) besonders deutlich wurde. Derselbe war durch seine weisse Farbe bei autl'alleudeni Lichte aus-gezeiebnet. —
In zwei andereu Fällen, einmal in einem Eie mit ointachem Dotter und einmal in einem zweidotterigen Eie, war die auf dein chigoselmürtcn Dotter entwickelte Embryonalbildung abnorm. — Der erste dieser Fälle ist auf Tat'- XI. Fig. 1 — 3 dargestellt. Das betreffende Ei war ziemlich gross und war von einer Henne gewülm-licher Kaee gelegt worden, weiche mir keine Eier mit doppeltem Dot­ter geliefert hatte, Als das Ei nach ßtägiger künstlicher Bebrütung #9632;geöffnet wurde, fand sieh nur am einen FUendc ein Luftraum. Der Dotter war durch eine Einsehnürung, deren Richtung einen Win­kel von etwa 45'' taii der llichtung der Längenachse des Eies bil­dete, in zwei ungleiche Hälften getheilt, von denen die grüssere dein Lufträume anlag. Diese Einsehnürung war unten und seitlich tief eingreifend, an der oberen Fläche dahingegen, wo der Embryo von seinem lUuthofe umgeben lag, war sie kaum wahrnehmbar. Der Blutliof war, der Längcnaehse des Embryo entsprechend, sehr in die Länge gezogen, 33 Mm. lang und 13 Jim. breit. Die Längenachso des nur etwa G— 7 Mm. langen Embryo kreuzte sich unter einem fast rechten Winke! mit der Einschnürung des Dotters. Sobon mit blossem Auge erkannte man eine ganz kleine Amnionbildung, die besonders vorn entwickelt war und hier von einer blutrothen Masse erfüllt zu sein schien. Das Blut des länglichen, vorn breiteren und an der Finselinüriingsstelle mit einer Einbuchtung versehenen Blut­hofes war dunkel, und nicht in Gefässverzweigungen vertheilt, son­dern gleichsam punktirt, und zwar am reichlichsten angehäuft theils an der dem Sinus terminalis entsprechenden Partie, theils an der Grenze des hellen Kreises, der den Embiyo zunächst umgab. Der Embryo lag in diesem Eie also gerade an der Grunze der beiden durch die Einschnürung gebildeten Dotterhälften, so dass die eine Hälfte des Embryo der einen, die andere der anderen Abtheilung angehörte. Wäre dieses Ei also vor der Uebrütung untersucht wor­den, so würde man selbstverständlich auch die Cicatrienla an der Gränzc beider Dottorabtbeilungen gefimdeii haben, und man würde wahrschciiilicli, wie Scrrcs in dem einen der von ihm beschriebe-
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ncn Fällo, angenommen haben, dass sie aus zwei Cicatnculis con-fluirt sei. Wenn dies aber #9632;wirklieh der Fall gewesen wäre, so müsste man erwarten, dass eine Doppclmissbildung aus einem sol­chen Eie hervorgehen würde, wenn die Bebrütung Erfolg hätte. Fig. 2 und 3 derselben Tafel, welche diesen Embryo von der Bailch-und lUlckcnseitc her darstellen, sind schon früher besprochen wor­den, indem die rudimentäre Amnionbildung dieses Embryo und die Verklebungen, welche zwischen dem Bluthofe und der Dotterhaut einerseits, zwischen dem Amnion und der Dotterhaut andererseits beobachtet wurden, schon oben Pag. 56, die abnorme Allantoisbil-dung Pag. 64, der Embryo selbst aber unter den einfachen Miss-' bildungen Pag. 89—91 ausführlich beschrieben ist. Indem wir auf diese Beschreibung verweisen, müssen wir hier nur nochmals her­vorlieben, was übrigens schon die einfache Betrachtung der Abbil­dungen zeigt, dass hier eine ganz einfache Missbildung vorliegt, an der nirgends eine Spur von Verdoppelung wahrgenommen wird.
Der zweite Fall, wo sich auf einem eingeschnürten Dotter ein abnormer Embryo vorfand, betrifft ein Ei mit doppeltem Dotter, das auf Taf. IV. Fig. 7 abgebildet ist. Nach sechstägiger künst­licher Bebrütung zeigte der eine normal geformte Dotter, dessen Cicatricula aber an der Berührungsfläche lag, keine Spur von Ent-wickclung. Der andere, durch Eiweissaufnahme sehr vergrösserte Dotter zeigte eine der Längenachse des Eies parallele Einschnürung, welche, ziemlich tief eingreifend, den Dotter in zwei ungleiche Hälf­ten theilto, deren Grössenunterschied jedoch weit geringer war, als man nach der Abbildung vermutlien sollte, indem die Abschnürung an der unteren, in der Abbildung nicht sichtbaren Seite des Dot­ters der Mitte genähert war. Der Embryo mit seinem Bluthofe lag jedoch ganz auf der grösseren Abtheilung; der Bluthof ist oben Pag. 39 besprochen worden, der auf Taf. III. Fig. 13 abgebildete Embryo desselben Eies Pag. 99 —101. Ein Blick auf die Abbil­dungen genügt übrigens auch hier um zu zeigen, dass eine ein­fache Missbildung, ohne Spur einer Verdoppelung vorliegt.
In den 3 noch übrigen Fallen wurde ein normaler, einfacher, lebciuliger Embryo auf dem eingeschnürten Dotter gefunden. Der eine dieser Fällt; betraf ein auf Taf. XI. Fig. 4 abgebildetes Ei mit
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doppeltem Dotter. Dassolbo zeigte nach 4—ötägiger künstlicher Bebrütung einen Dotter, der keine Spur von Entwiekclung darbot, und dessen Cicatricula an der BerUhruugsfläcbc verborgen war, während der andere Dotter durch Eiwcissaufnabme sehr vergrössert und durcli eine Einschnürung in zwei etwas ungleiche Hälften gc-theilt, einen normal gebildeten, lebendigen Embryo trug. Die im Vorhältniss zur Längenachse sowohl sils zur Querachse des Eies schräg gerichtete Einschnürung verlief quer über den Bluthof und den Embryo hinweg, und zwar so, dass der Hinterkörper des Em­bryo auf der kleineren, der Vorderkörper auf der grösscren Dotter­abtheilung zu liegen kam. Die Einschnürung ist unten sehr tief eingreifend, wird aber gegen den Embryo hin immer flacher. Der Bluthof ist in ähnlicher Weise verzerrt wie auf Taf. XI. Fig. 1, und zeigt überdies jederseits eine scharfe Knickung an der Stelle, wo die Einschnürung den Sinus terminalis kreuzt. Dicht an dem Eiende, welchem der Kopf des Embryo zugekehrt war, erkennt man noch eine kleinere Ausstülpung dieses Dotters, welche freilich weniger scharf begräuzt war, welche aber doch eine Verzerrung des Sinus terminalis an dieser Stelle bewirkte. In der Tiefe der Furche, welche den Dotter in zwei Abtheilungen theilte, erkannte man einen feinen, weisson Strang, der nur auf eine Verdickung der Dotterhaut bezogen werden konnte, während die Dotterhaut an der übrigen Oberfläche des Embryo und des Bluthofes verschwunden zu sein schien, indem man, ohne Zerrcissung zu bewirken, eine feine Sonde unter den frei vorliegenden Kopf des Embryo. hinwegführen konnte. Als ein unter Wasser geführter Cirkelschnitt um den Bluthof herum geführt wurde, verlor sich die Einschnürung zugleich mit der Verzerrung des Bluthofcs plötzlich, sobald jener feine weisse Strang durch­schnitten wurde. Durch die mikroskopische Untersuchung erwies sich dieser Strang als eine Verdickung und Convolution der Dot­terhaut, welche sonst überall verschwunden und aufgelöst zu sein schien, so dass die gelbe Dottermassc nur von den Häuten der pe-riphevischen Keimscheibc, die den Dotter bereits ganz umwachsen hatten, eingeschlossen war. Das Herz des Embryo pulsirtc noch lange, und es war an demselben nur der scheinbare llaugcl eines Amnions auffallend, indem er am Nabel ganz nackt der Keiinscheibc
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aufzusitzen schien. Als der Embryo iiidcss eine Weile in Spiritus gelegen hatte, wurde eine feine Haut sichtbar, die ihn ziemlich locker umgab, und welche man vielleicht als ein ungewöhnlich eng anliegendes Amuion deuten könnte.
Die beiden noch übrigen Fälle boten normal gebildete, ein­fache Embryonen auf den eingeschnürten Dottern eindottcriger Eier dar. Diese Eier zeichneten sich beide durch ihre lange und schmale Form aus. In dem einen Falle war der Dotter durch eine der Liüigenachse des Eies parallele Einschnürung in eine grössere un­tere und in eine kleinere obere Abtheilung getheilt. Der Emhryo mit seinem Blutliof'o lag in schräger Eichtung, mit dem Kopfe dem spitzen Elende zugewandt, ganz auf der kleinen Abtheilung, und fast die Hälfte des Sinus terminalis stiess unmittelbar an den ein­schnürenden Strang an. Der Bluthof hatte in diesem Falle die normale runde Form. Es gelang den von der Dotterhaut gebil­deten Strang ohne Verletzung der jenseits des Bluthofes, unter die Einschnürung hinweg, sich verbreitenden peripherischen Keim-scheibe zu durchschneiden und den Strang mit sammt der übrigen abgelösten Partie der Dotterbaut unter das Mikroskop zu bringen. Hierdurcli verschwand sogleich die Einschnürung und der ganze Dotter nahm seine normale runde Gestalt an. Die mikroskopische Untersuchung zeigte, dass der Strang aus einer Verdickung der Dotterhaut bestand, welche grosse Aehnlichkeit im Aussehen mit der ebenfalls durch Verdickung der Dotterbaut gebildeten Cieatri-culu spuria darbot, v/elche auf Taf. X. Fig. 4 abgebildet ist.
Der letztere Fall, wo das Ei, wie im vorhergehenden, 8 Tage lang bebrütet war, ist auf Taf. IV. Fig. 6 abgebildet. Hier verlief die Einschnürung, der Querachse fast parallel, quer über den Blut­hof und den Hinterkorper des Embryo hinweg, wie bei Fig. 4 der Taf. XI, nur mit dem Unterschiede, dass im gegenwärtigen Falle der Schwanz des Embryo mit dem grösseren Tiieile des Bluthofes auf der grösseren Abtheilung lag, während in jenem Falle der Kopf und Vorderkörper mit dem grössten Abschnitte der Area vascu-losa die grössere Dotterabtheilung einnahm. Auch hier wies sich die Einsehnürimg als von einer abnormen strangartigen Verdickung der Dotterhaut herrührend aus.
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Die oben (Pag. 19G) ausgesprochene Vermuthung, es könnte die Einschnürung des Dotters in den von Serrcs besprochenen Fäl­len vielleicht einfach von einer strangartigen Verdickung der Dot­terhaut herrühren, hat sich demnach vollkommen bestätigt. In 3 unter den 6 besprochenen Fällen lag das Centrum der Entwicke-lung gerade unter der Einschnürung, und es würde eine hier pla-cirte Cicatricula ohne Zweifel von Serres als eine aus zwei Cica-triculis confluirte doppelte Cicatricula angesprochen worden sein. Das Resultat der Entwickelung zeigt aber, dass nur eine einfache Cicatricula vorhanden gewesen ist. In einem dieser Fälle war, vielleicht durch die Einschnürung, eine Erkrankung und Missbil­dung des Embryo entstanden; diese Missbildimg war aber durchaus eine einfache, ohne irgend eine Spur einer Verdoppelung. Der eine der beiden von Serres angeführten Fälle scheint hiermit gänzlich beseitigt zu sein. Im anderen Falle, wo auf dem cingeselmür-teu Dotter zwei Cicatriculae, die einander genähert, aber den­noch getrennt, jede auf ihrer Seite der Einschüruug lagen, kann man fragen, ob denn diese beiden vermeintlichen Cicatriculae wirk­lich beide acht gewesen sind? Denn es giebt, wie gesagt, rundliche Verdickungen der Dotterhaut von weisslicher Farbe, welche bei et­was oberflächlicher Beobachtung leicht für wahre Cicatriculae ge­halten werden können (s. Tatquot;. X. Fig. 4). Demnächst bleibt aber freilich auch noch die Möglichkeit übrig, dass Serres zufällig ein Ei mit doppelter Cicatricula auf einfachem, aber eingeschnürtem Dotter vor sich gehabt haben kann. Denn es liegt gar kein Grund vor, warum nicht ein Dotter mit doppelter Cicatricula auch einmal jene durch strangartige Verdickung der Dotterhaut bewirkte Einschnü­rung sollte zeigen können? Haben wir doch gesehen, dass eine solche Einschnürung des Dotters sowohl in Eiern mit einfachem als mit doppeltem Dotter vorkommt, und dass die llichtung und Lage derselben, sowohl im Verhältniss zur Längen- und Querachse des Eies, als auch zur Cicatricula, höchst verschieden sein kann. Wie dem aber auch sei, so geht es mit Sicherheit aus den vorstehenden Beobachtungen hervor, dass die Einschnürung des Dotters, welche bisweilen bei unbefruchteten Eiern beobachtet wird, und welche bei der Vergrösscrung des Dotters durch Eiweisaaufnahme im Laufe
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der Entwickelung viel beträchtlicher wird, nur von einer Abnor­mität der Dotterhaut herrührt, welche in keinerlei Beziehung steht, weder zu den Eiern mit doppeltem Dotter, noch zu den Eiern mit doppelter Cicatrieula auf einem Dotter, noch endlich zur Entste­hung der Doppelmissbildungen. Die ganze von Serrcs aufgestellte Theorie der Entstellung der Eier mit doppeltem Dotter, und der Eier mit doppelter Cicatrieula auf einem Dotter, sowie endlich der Doppelmissbildungen, erscheint somit durchaus unhaltbar.
III. Die Entwickelung in Eiern, welche Dotter mit doppelter Cicatrieula enthalten.
Im Anschluss an die vorhergehenden Ahschnitte müssen wir zunächst hervorheben, dass diese Abnormität auch in Eiern mit doppeltem Dotter vorkommt. Aussei- den oben genannten 07 Hüh­nereiern mit doppeltem Dotter hatte ich Gelegenheit noch 2 solche Hühnereier künstlich zu bebrüten, unter denen im einen unzweifel­haft, im anderen wahrscheinlich ein Dotter mit doppelter Cieatriraquo; cula vorhanden gewesen war.
Das eine dieser Eier war vom 20. April 1859 9'/, Uhr Abends bis zum 28. April 2 Uhr Nachmittags künstlich bebrütet worden. Es rührte von einer jungen Henne her, welche mir schon viele Eier mit doppeltem Dotter mit je einer einfachen Cicatrieula geliefert hatte. Der Befund ist auf Taf. XII. Fig. 1--;$ dargestellt. In Fig. 1 sieht man in der aufgebrochenen Eischale den einen unbe­fruchteten Dotter nebst etwas Eiweiss zum Thcil aus der Schale hervorgedrängt, während der andere, durch Eiweissaufnahme stark ausgedehnte Dotter an seinem Platze geblieben ist und 2 Embryo­nen trägt. Beide liegen in einem gemcinschaftliehen Amnion, das aher oben, über dem Rücken, nicht geschlossen ist, so dass eine 6—8 Mm. weite, von den Rändern der Falte der unvollendeten Am-nionbildung begränzte Ocffnung in die Höhle des Amnions führt. Diese Ocffnung ist in der Zeichnung sichtbar, und man sieht durch dieselbe hindurch den mittleren Thcil des Rückens beider Embryo­nen, während ihre Köpfe und Hiuterkörper durch die doppelte Am-tiionschicht hindurch etwas undcutlichei' gesehen werden. Die bei-
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den Embryonen liegen mit den Nacken aneinander, ohne jododi liier irgendwie mit einander verwachsen zu sein, so dass die Vicr-hügelblase des einen und das verlängerte Mark des anderen einan­der berühren. Die Gesiebter sind nach unten und aussen von ein­ander abgewandt, und nach hinten zu divergiren die Körper beider Embryonen, etwa vom verlängerten Marke an, indem sie sich stark nach aussen und etwas nach unten biegen. Schon in dieser Figur erkennt man einen auffallenden Earbenunterschied zwischen den bei­den Embryonen, indem der eine ganz bluss und weiss, der andere dagegen am Kopfe, den Seitentheilen des Rumpfes und am Hinter­körper dunkelroth, fast wie rohes Fleisch gefärbt aussieht. Beide schienen todt zu sein, indem keine Bewegung und kein Herzschlag zu erkennen war, und indem auch die Blutvertheilung im Bluthofc, namentlich gegen die Peripherie hin, ungleichmässig war. Der Blut­hof war übrigens über mehr als den halben Umfang des stark aus­gedehnten Dotters verbreitet und der Sinus terminalis fast ver­strichen. In Fig. 2 sieht man deutlicher die beiden Embryonen in ihrem Amnion, nachdem die peripherische Keimscheibe, um die Grenze der Area vasculosa herum, durch einen kreisförmig geführ­ten Schnitt gelöst und das Ganze eine Weile in Spiritus gelegen hatte. Die ursprünglich mehr nach unten gewandte Bauchseite beider Embryonen ist hier fast ganz seitlich gerichtet, so dass die rechte Seite des grossen und die linke Seite des kleinen Em­bryo fast in der Profilansicht gesehen wird. Man erkennt hier noch deutlicher als in der vorigen Figur den Farbenuntersehied beider Embryonen, indem der grosse sehr blass, fast weiss ist, der kleine hingegen sehr roth mit Ausnahme des Auges, der Extre­mitäten und des Rückens. Beim grösseren Embryo ist auch na­mentlich die Entwickelung des Gehirns offenbar weiter gediehen, als beim kleineren. Die Allantoisblasen sind durch den Spiritus deutlicher geworden. Die Allantois des grösseren Embryo erkennt man als eine schwach röthlich gefärbte Blase vor der Bauchseite desselben, und fast von der Grosse des Embryo selbst. Die Al­lantois des kleineren Embryo dahingegen liegt hinter dem Hinter­körper desselben, als ein erbsengrosses Bläschen, von dem ein Htiel um die rechte Seite des Embryo herum, bis zum Unterleibe,
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zwisclion den liintercn Extremitäten hin, verfolgt werden konnte, was sieli aber in der Zciclinung nicht darstellen Hess. Ebenso we­nig konnte es in der Zeicbniiug wiedergegeben werden, dass am liintercn Theile des genicinschaftliclicn Anmions eine vorn spitz zu-laut'ende, hinten breitere Ealto sich zwischen den Hinterkörpern der beiden Embryonen erhob, als einzige Andeutung einer den beiden Embryonen entsprechenden Trennung des übrigens gemeinschaft­lichen Anmions. Am Rande des Bluthofes erkennt man endlieh in dieser Figur, sowohl vorn als hinten, feinere Anastomosen der Go-fiissstilmme. In Fig. 3 Tuf. XII sind dieselben Embryonen in ihren Häuten von unten her gesehen dargestellt. Bei jedem Embryo er­kennt man hier die Dreithcilung der aus dem Nabel austretenden Blutgefässe, und was besonders bemerkenswerth ist, einen starken Verbindungsast, der vom Nabel des einen Embryo zum Nabel des anderen hinüberführt. Die dreieckige Theilungsstellc der Nabel-gefässc des einen wie des anderen Embryo enthält rothes Blut, und dasselbe erstreckt sich in die nach aussen zum gemeinschaft­liehen Bluthoi'c hin verlaufenden Gefässe hinein und bis in den An­fang der Anastomose zwischen beiden Nabeln. Der mittlere Tbeil dieses communicirenden Astes war blutleer, seine Contouren waren aber im frischen Zustande sehr scharf und gingen continuirlich in die Contouren der mit Blut gefüllten Gefässe über, welche nach dem Bluthofe verliefen. Späterhin, als das Präparat längere Zeit in Spi­ritus gelegen hatte, waren die Contouren dieser Anastomose durch das mehr undurchsichtig gewordene Anmion, das in dieser Gegend eine Falte bildete, verdeckt und undeutlich geworden. Die verhält-nissmässig geringe Füllung der Gefässe erlaubte nicht die sonst ne­ben einander ver-laufenden Venen und Arterien zu unterscheiden. Am kleineren Embryo erkennt man in dieser Figur noch die Al-lantoüs, wie sie sich rechts um den Ilinterkörper herumschlägt, und um grösseren Embryo erkennt man die Theilung des Vorderhirns. Obgleich dieser Fall vollkommen genügt um zu beweisen, dass auf einem Dotter entwickelte Doppelcmbryonen in einem Eie mit doppeltem Dotter entstehen können, und obwohl der zweite Fall, den ich beobachtet habe, nicht ganz beweisend ist, so will ich ihn doch der Vollständigkeit halber hier anführen.
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Ein 4% Ta^c lang; künstlich bebilltetcs Hühnerei mit doppel­tem Dotter (Taf. XI. Fig. 5) enthielt nämlich auf dem einen, dem Lufträume anliegenden Dotter, einen normalen, lebendigen Embryo in einer 38 Mm. langen und '2b Mm. breiten Area vasculosa. Auf dem anderen Dotter war ein nierenförmiger Bluthof siehtbar, wel­cher in der Richtung der Querachse des Eies 19 Mm., in der Rich­tung der Längenachse desselben 13 Mm. im Durchmesser maass. Das Blut dieses Bluthofes war dunkel, besonders im Sinus terminalis angehäuft, übrigens aber in punktirter Form statt in deutlichen Gefäsaverzweigungen vertheilt. Die durchsichtige Zone in welcher der Embryo lag, hatte nicht die gewöhnliche, dieser Entwickc-lungsstufe entsprechende Biscpiitform, sondern ihr Durchmesser ähnelte dem Durchschnitt der grauen Masse des Rückenmarks, in­dem sie kreuzförmig erschien, mit 2 kurzen Hörnern, von denen 2 mehr breit und stumpf, 2 mehr spitz waren. Es war unglück­licher Weise die Dotterhant gerade an dieser Stelle einerseits mit dem Embryo, andererseits mit der weissen Schalenhaut so fest ver­klebt, dass der Embryo gezerrt und vielleicht verletzt wurde, .als ich die weisse Schalenhaut beim üeffnen des Eies unter Wasser entfernte. Die Kreuzform der Area pellucida, welche früher von Wolff und von Baer bei zwei verwachsenen Doppelembryonen aus früher Periode beobachtet und beschrieben ist, lässt vermuthen, dass hier eine Doppelmissbildung vorhanden gewesen ist. Die pa­thologische Veränderung, die dieser Embryo durch die vorherge­hende Störung der Gewebsernährung erlitten, und die Zerrung, die derselbe bei der Entfernung der weissen Schale erfahren hatte, erlauben nicht darüber zu entscheiden, ob die in Fig. 6 der Taf. XI sichtbare Spaltung des Hinterkörpers des hier stark vergrössert dargestellten pathologischen Embryo, ein Resultat der ersten Bil­dung und Entvvickelung ist, oder ob sie durch Zerreissung entstan­den ist.
Endlich habe ich noch in einem Entenei mit einfachem Dotter einen Doppelembryo gefunden. Dieses Ei, das ich wegen seiner ganz ungewöhnlichen Grosso für ein Ei mit doppeltem Dotter hielt, wurde vom 28. April 1859 4'/, Uhr Nachmittags bis zum 5. Mai 6 Uhr Abends (also reichlich 7 Tage lang) künstlich bebrütet. Der Be-
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fund ist iiuf Taf. XII. Fig. 4 dargestellt. Das Ei enthielt nur ei­nen sehr grossen und durch Eiweissaui'nahmc stark ausgedehnten Dotter, auf welchem jedoch 2 Embryonen entwickelt waren, deren Blutliöfe am inneren Rande, in einer Ausdehnung von 30 Mm. mit einander vollkommen verwachsen waren. Beide Embryonen waren lebendig und nonnal gebildet; sie lagen neben einander, gleichweit von den Eienden entfernt, im Aequator des Eies. Die Längenacbse des einen war der Längenachse des Eies parallel, und seine Area vasculosa hatte in dieser liiehtung eine etwas grössere Ausdehnung, als die des anderen Embi'yo, der in der Richtung der Qucracbsc des Eies dem Dotter auflag. Es war der hintere Theil dos Blut­hofes des einen Embryo mit der linken Seite des Blutliofcs des anderen verwachsen, so dass diese beiden jungen Enten, bei vollendeter Entwickelung, nachdem ein Theil des Dottersackes in die Bauchhöhle des einen und ein anderer Theil in die Bauch­höhle des anderen hineingeschlüpft sein würde, mit einander am Nabel in gekreuzter Richtung verwachsen sein würden, falls nicht die gegen Schluss der Entwickelung wahrscheinlich eingetretene Lagerung beider Individuen des Doppelembryo nach der Längen­achse des Eies, mit den Köpfen nach dem stumpfen, lufthaltigen El­ende, hierin eine Veränderung hervorbringen könnte.
Diese angeführten, von mir beobachteten Fälle, wo sich zwei Embryonen auf einem Dotter eines Vogeleies entwickelt hatten, stellen zunächst zwei Thatsaehen fest, welche aus den früher be­obachteten von Wolff, v. Baer und Reichert beschriebenen Fällen, nicht abgeleitet werden konnten, nämlich:
1) Dass sieh bisweilen auch in Eiern mit doppeltem Dotter 2 Embryonen auf einem Dotter entwickeln. Wenn also Geoffrey St. Ililairc zwei am Nabel verwachsene Iliihnchcn aus einem Eie mit doppeltem Dotter wirklich hervorkommen sah, so könnte die­ser Doppelembryo dennoch sehr wohl auf einem Dotter entwickelt sein. Falls unser auf Taf. XII. Fig. 1 — 3 dargestelltes Doppclhühn­chen seine Entwickelung vollendet hätte, so würde auch aus die­sem Eie mit doppeltem Dotter eine Doppelmissbildung hervorgekom­men sein, welche mit Geoffreys die vollkommenste Uebercinstimmung gezeigt haben würde. Da überdies unter den doch ziemlich zahl-
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reichen Fällen, wo Obigem zufolge, ein Embryo auf jedem Dotter entwickelt war, niemals eine Verwaelisung der beiderseitigen Em­bryonen oder ihrer Häute beobachtet wurde, und da die Beobach­tungen es sehr wahrscheinlich machen, dass eine solche Verwachsung überhaupt unmöglich ist, weil an der Berührungsfläche beider Dot­ter jede Entwickelung unterdrückt wird, so kann man mit einer an Gewissheit griinzeuden Wahrscheinlichkeit annehmen, dass alle Doppcleiubryonen, auch solche, welche in Vogoleiern mit doppel­tem Dotter entstehen, auf einem gemeinschaftlichen Dotter ent­wickelt werden, und dass ein Verwachsen zweier auf verschiedenen Dottern entwickelten Embryonen überhaupt nicht vorkommt, we­nigstens ist es bisher in keinem einzigen Falle erwiesen, und a priori sehr unwahrscheinlich.
Falls aber die Diagnose des Vorhandenseins zweier Dotter in Gcoffroys Eie nur auf der ganz ungewöhnlichen Grosse des Eies beruhte, so wäre es überdies noch möglich, dass in diesem Falle überall nur ein Ei mit einfachem Dotter vorhanden gewesen wäre, wie hei dem gi-ossen Enteneio, das ich aus demselben Grunde mit Unrecht für ein Ei mit doppeltem Dotter hielt. — Die weit­verbreitete Volkssagc, dass oft oder gar in der Regel Doppelmiss­bildungen aus den Eiern mit doppeltem Dotter hervorgehen, ist schon oben widerlegt worden, indem aus den vorliegenden Bebrü-tungsrosultaten ohne Widerspruch hervorgeht, dass dies jedenfalls im Verhältniss zu den anderen Bebrütungsresultaten dieser Eier selten ist. Immerhin wäre es jedoch möglich, dass eine gewisse Zahl von Dottern in zweidotterigen Eiern eine grösserc Zahl von Doppelmissbildungen liefern würde, als eine gleiche Zahl von Dot­tern in gewöhnlichen Eiern, indem möglicher Weise diejenigen Hen­nen, welche oft Eier mit doppeltem Dotter legen, vielleicht auch öfter als andere Hennen Dotter mit doppelter Cicatricula produci-ren. Um indess über diese Möglichkeit mit Sicherheit ahurtheilcn zu können, müsste man sehr viele Bebrütungsresultate von Eiern mit doppeltem Dotter mit den Bebrütungsresultaten der einfachen Eier vergleichen können. Wenn ich unter 82 Eiern mit doppel­tem Dotter, die ich gesammelt und geöffnet habe, wenigstens in 1, wahrscheinlich in 2 Doppelembryonen auf einem Dotter gefunden
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habe, wiilirend ich unter den Tausenden von Eiern mit einfachem Dotter, die ich untersiiolit habe, nur 1 mit einem Doppelembryo fand, und wenn unter siimmtlichon von Wolff, v. Baer, lleichert und Anderen untersuchten Eiern mit einfachem Dotter überhaupt nur ö hierher gehörige gefunden wurden, so könnte dies Resultat wirklich zu Gunsten der obigen Annahme zu sprechen scheinen. Die Zahl 82 ist aber noch viel zu klein um die Chancen der Zu­fälligkeit auszuschliessen.
2) In den bisherigen Fällen von Wolff, v. Baer und Reichert lagen die beiden auf einem Vogeldotter entwickelten Pimbiyonen einander sehr nahe, ja in 4 unter den 5 Fällen waren sie nicht nur durch ihre Eihäute, sondern auch mit ihren Körpern unter einan­der verwachsen. Dasselbe war gewöhnlich mit den Doppelembryo-nen der Fall, welche auf Fiseheiern beobachtet wurden. Bei einer solchen Anordnung konnte man verschiedene Theorien für die Ent­stehung der Doppelmissbildungen auf einem Dotter aufstellen. Man konnte nämlich erstens diejenige Verwachsungstheorie vertheidi-gen, bei welcher man sich vorstellt, dass die ersten Anlagen bei­der Embryonen auf ihrem gemeinschaftlichen Dotter ursprünglich völlig getrennt gewesen sind, und dass sie bei fortschreitendem Wachstburae mit einander immer mehr und mehr verwachsen und verschmelzen können. Zweitens konnte man die Spaltung der Achsengebilde als ursprünglich, bei der ersten Entstehung dersel­ben schon vorhanden, betrachten, indem man annehmen könnte, dass die Doppelheit auf eine noch frühere Entwickelungsstufe zurück­zuführen sei, nämlich auf die Periode der Entwickelung der Keim­scheibe und auf den wahrscheinlich vom Keimbläschen ausgehenden Furchungsprocess. Drittens konnte man sich endlich noch vor­stellen, dass eine ursprünglicli, bis etwa zur Bildung eines Primitiv-streifens fortgeschrittene einfache Keimanlage auf mechanische oder andere Weise gespalten werden könne, und dass eine solche Spal­tung Ursache der Doppelmissbildung sei.
Unser in Fig. 4 der Taf. XII abgebildeter Fall zeichnet sich da­durch aus, dass beide Embryonen sehr weit, 20 — 30 Mm., von einan­der entfernt sind. Hier kann es keinem Zweifel unterworfen sein, dass 2 von Anfang an weit von einander getrennte Cicatriculac auf
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laquo;liesdui Dotter vorliaiulon gewogen sind und dass die Blutliöt'e erst bei t'oitsclireitcndem Waolistliumc mit einander vcrwaclisen sind. Von einer primären Spaltung oder Versclmielzung der Adisen-gebildo kann liier offenbar nicht die Rede sein. Wenn man nun ferner nicht bezweifeln kann, dass zwei am Bauche mit einander verwachsene Hühnchen aus diesem Eie, bei glücklich beendigter Entwickelung, hervorgegangen sein würden, so liefert unser Fall den Beweis, dass zwei, ursprünglich vollkommen von einander ge­trennte Embryonen, welche sich üuf-einem gemeinscbaftliclien Dot­ter entwickeln, im Laufe der Entwickelung zu Doppelmissbildungen verwachsen können und vcrwaclisen müssen. Daraus folgt aber keineswegs, dass diese Entstehungsweiso die einzige ist. Der eine von Wolff, der eine von Reichert und die beiden von Baer beob­achteten Fälle, sowie viele bei Fischernbryonen gemachte Beobach­tungen zeigen unzweifelhaft, dass die Verschmelzung beider Em­bryonen so früh vorkommt, dass eine schon beim Auftreten des Primitivstreifens vorhandene Spaltung oder Verschmelzung der Acb-sengebilde wirklich vorkommt. Da man ja die Cicatrieula im Vo-gelcie jedenfalls als das Entwickelungscentrum betrachten muss, so wird die oben genannte Verwachsungstheoric für die Fälle gelten, wo die beiden Cicatriculae völlig von einander getrennt und ver-hältuissrnässig weit von einander entfernt auf einem Dotter liegen, die Theorie der ursprünglichen Verschmelzung oder Spaltung der Acbsenoigane wird dahingegen dann gültig sein, wenn die beiden Cicatriculae einander berühren oder doch einander so nahe liegen, dass die Achsenorganc schon bei ihrer ersten Entstehung mit ein­ander in Berührung kommen. In beiden Fällen würde aber die Doppelheit schon in frühestcr Periode der Eibildung begründet sein, also mit vollem Rechte als ursprünglich bezeichnet zu werden verdienen. Die weiter gehenden Fragen: wie denn in der frübesten Periode der Ovigeneae die Doppelheit des Keimes zu Stande gekommen ist? wie das Keimbläschen sich daran betheiligt hat? ob ursprünglich (was wohl wahrscheinlich ist) zwei Kcimhläs-cben vorhanden gewesen sind? oder ob es angenommen werden darf, dass später von einander getrennte Entwickelungscentra aus einem Keimbläschen hervorgehen können?— Diese Fragen liegen l'iniiun, Untersuchtingen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Ki
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ausserliaU) dos Bereiches unserer Beobaclituilgen lind IJntersnelnni gen. In sein- früher Periode tier EHbildung inuas jibor jc dcni'iilis die Doppelhcit der K einuiiilage begründet sein, wenn sich zwei weit von einander entfernte Cicatriculae auf einem Dotter vorfinden, wie hei unserem Entencic. Wenn liier aber irgend ein Analogiescliluss berechtigt ist, so scheint man dieselbe Begründung' der Doppelbett des Keimes auch auf diejenigen Fälle ausdehnen zu müssen, wo dieselben einander so nahe liegen wie bei Fig. 1 der Tai'.XII, wo beide Kmbryonen von einem gcmeinschat'tliehen Amnion mngeben sind, und selbst auf die Fälle, wo die beiden (Jicatrieulae so mit einander verschmolzen sind, dass schon bei der Anlage der Primitivstreifen eine Verbindung der einen Embryonalanlagc mit der anderen eintritt. Das Vorkommen aller möglichen üehergangsfor-men spricht sehr für eine solche einheitliche Anffassnnp; der Genese aller Doppclmissblldungeu.
Dieser Auffassung gegenüber steht diejenige, bei welcher an­genommen wird, dass eine ursprünglich einfache, schon etwa bis zur Entwickelung eines Primitivstreifens fortgeschrittene einfache Keim­anlage auf meclianische oder andere Weise gespalten werden könne, und dass eine solche Spaltung Ursache der Doiipclinissbildung sei. Diese Auffassung is5t aber in solchen Füllen, wo die beiden Em­bryonen sich, wie bei unserem Entencic, weit von einander entfernt entwickelt haben, offenbar ganz unmöglich, ja sie ist schon in den Fällen, wo zwei übrigens getrennte Embryonen in einem Amnion liegen, wie bei Fig. 1—8 der Taf. XII, kaum denkbar. Dass eine solche Spaltung nicht als einzige Ursache der Doppelmissbildun-gen in Betracht koiriincn kann, folgt also schon von selbst aus solchen Beobaclituilgen, wie sie uns vorliegen. Man könnte aber noch vielleicht meinen, dass sie neben der obigen Entstchungs-weise vorkommen könnte, und dass also Doppelmissbildungen zum Thcil in frühestcr Periode der Eihildung begründet sein, zum Theil aber durch eine Fntwiekehing unter abnormen Verhältnissen Zu­standekommen könnten. A priori wird man eine solche zwie­fache, prineipiel vcrseliiedene Entstehungsweise wenig wahrschein­lich finden, wenn man die contimiirliche Reihenfolge bedenkt, in der sich die versehiedeneii Grade der Verwachsung der Doppel-
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embryoncii an oinamlcr anscliliessen. Es würden domnadi starke Beweise erforderlich sein, damit man sich entscliliessen könnte die einheitliche Auffassung der Genese der Doppelmisshildungen auf­zugeben, und zwei wesentlich verschiedeno Entstcliungswcisen lie­hen einander anzimehinen. Die einzigen Thatsaclien aher, welche einigennassen für die Entstehung der Doppelmissbildungen durch Spaltung der Keirnanlage nach stattgehabter Befruchtung zu spre­chen scheinen, sind die von Valentin angegebenen. Wenn Valen­tins oben erwähnte Beobachtung, der zufolge eine mit doppeltem .Hinterkörper versoheno, vorn einfache Doppclmissbildung eines Ilühncrembryo durch künstliche Spaltung einer einfaclien Em-bryonalanlage entstanden sein sollte, als unzweideutige Thatsache dastände, so wäre man freilich genöthigt die einheitliehe Auf­fassung aufzugeben. Wir haben aber schon oben gesehen, dass diese Beobachtung Valentins nicht eine solche unzweideutige That­sache ist, ja dass Valentin selbst sie keineswegs als eine solche betrachtet. Bei dem sehr zu bedauernden Mangel einer Abbil­dung kann man einerseits nicht den Zweifel unterdrücken, ob überhaupt eine wirkliche Doppelheit und nicht vielmehr eine Theilung des Hinterkörpers vorgelegen hat? Es wäre nämlich sehr wohl denkbar, dass eine jede Hälfte nach der künstlichen Spaltung etwas fortgewaehsen sein könnte, ohne sich zu vervoll­ständigen, und so irrthümlich für doppelt gehalten worden wäre. Dies wird besonders durch die oben (Pag. 22) angeführten, nicht publieirten Versuche Leuckarts in höchstem Grade wahrscheinlich, da derselbe bei gleichem Verfahren beobaebtete, dass die getrenn­ten Theile nicht wieder mit einander verwachsen, während die Schnittflächen überhaupt keinen Hcilungsprocess zeigen, sondern in statu quo bleiben. Andererseits lässt sich aber auch die Möglichlaquo; keit nicht ganz abweisen, dass ein schon präformirtcr Doppclembryo durch einen allerdings höchst merkwürdigen und seitonen Zufall operirt sein könnte. Da nun überdies Valentin selbst ausdrück­lich sagt: „dass ihm diese isolirto Erfahrung natürlicher­weise noch lange nicht genügt, um eine Entstehung der Doppelmissbildnngen durch künstliche Spaltung der Keimanlage zu beweisen, etwa in der Weise wie bei den
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Trcivibleyscluin Vorsucli on mit Polypen,quot; und da, auf dor amloreu Hcito, tlie urspri'mglu'lio, d. li. in der iVülicsten Periode dor Ovigenesc begründete Doppelheit dos Keims nuiiniolir über allen Zwcit'ol oi'lioben ist, so liegt in dieser BeoLacbtung kein Grund die einheitliche AuffftSBUng aufzugeben. Bei der späteren Mittheilung über die Do|H)olenil)i-vouen in den lleehteiern legte Valentin ein bospöderes Gewicht auf den Umstand, duss die Eier nach ihrer Be­fruchtung meilenweit getragen und dabei natürlich bedeutend ge­schüttelt wurden, und er vennuthetc offenbar, dass diese meclianischo Erschütterung anmittelbar vor, während oder nach der Befruchtung, ebenfalls auf künstliche Weise eine öpaltung der Koimanlagen be­wirkt habe, welche Ursache der Doppelmissbildnngeii geworden sein könnte. Dagegen ist aber einzuwenden, dass auch Lerohoullet, Coste u. A. bei künstlicher Befruchtung sehr viele Doppeloinbryo-nen in Fischeiern entwickelt sahen, ohne dass eine ähnliche Er­schütterung Statt gefunden zu haben scheint. Immerhin könnte es dennoch auffallend sein, dass die Doppelcmhryonen bei künstlich befruchteten Fischeiern verhältnissiniissig so oft gefunden wor­den sind. Es muss aber bis weiter doch noch ganz dahingestellt bleiben, ob dieses irgendwie von der künstlichen Befruchtung ab­hängt, und nicht vielmehr von dem Umstände, dass künstlich be­fruchtete Eier gerade mit besonderer Aufmerksamkeit von den genannten Naturforschern untersucht und beobachtet wurden. Viel­leicht ist die Entstehung von Doppehnissbildungen in den unter ganz normalen Verhältnissen entwickelten Fischeiern eben so häu­fig wie in den künstlich befruchteten, sie sind aber der Beobach­tung viel weniger zugänglich. Es ist demnach immerhin möglich, und wie mir scheint nicht nnwahrscheinlieh, dass die vermeintlich grössero Häufigkeit des Vorkommens von Doppehnissbildungen in künstlich befruchteteii Fischeiern einfach auf der Unvollkommen-heit und Lückenhaftigkeit der Beobachtungen beruht, ebenso wie ich nachgewiesen habe, dass die bisher angenommene relative Häu­figkeit des Vorkominons von Doppelmissbildungen bei den Vögeln, im Verhältniss zu den einfachen Missbildüngen derselben, einfach auf unvollkommene Beobachtungen zurückzuführen ist, indem die Missbihhmgen niciit, in den Eiern imteisncht wurden.
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Eine Verglcichung der von mir in Vogeleieni get'imdenen Dop-pelmissbildungeu, bezüglich der spocielleren Vorhältnisse der einzel­nen Exemplare, mit den früher von Anderen beseliriebenen Doppel-inissbildungen der Vögel bietet noch einige interessante Punkte dar, welelie besonders besproelien zu worden verdienen.
Der auf Taf. XII. Fig. 1—3 abgebildete Fall zeigt die beiden Embryonen von einem einfachen, aber nicht geseldosseiien Amnion umgeben. Dieser Umstand ist darum besonders bemerkenswerth, weil er zeigt, dftSS eine normale Fntwiekclung bis etwa zum Uten Tage in einem Vogeleie auch dann möglich ist, wenn die Embryo­nen nicht vom Amnion völlig umgeben und nicht vom Liquor Arnnii umspült sind. Der vorliegende Fall zeigt eine grosso IJehoreinstim-mung mit dem von Wolff beschriebenen und abgebildeten Falle, den ich auf Taf. XII. Fig. 6 wiedergegeben habe. Aus Wolffs Be­schreibung erfährt man, dass die Lage der Embryonen zu einander im Eie etwas anders war als in der Abbildung, indem niimlich der eine Embryo dem anderen so gegenüber lag, dass sein Kopf mit dem Becken des anderen in gleicher Höhe lag. Ucberdies giebt aber Wolff ausdrücklich an, dass das Amnion diesen Embryonen gänzlich gefehlt habe. Diese Angabc erschien mir a priori etwas unwahrscheinlich, und es lag die Vermuthung nahe, dass jeder Em­bryo dennoch ein Amnion gehabt haben könnte, das aber der Ober­fläche so nahe anlag, dass es leicht übersehen werden konnte. — Wolffs Behauptung wird aber offenbar insofern durch meinen Fall unterstützt, als derselbe zeigt, dass die Kntwickelung bis über die von Wolff beobachtete Stufe hinaus möglich ist, ohne dass das Amnion sich geschlossen hat, und eine Entwickelung ganz ohne Amnion scheint ebenso möglieh zu sein, wie in einem so unvoll­kommenen Amnion, wie das, worin unsere Embryonen lagen. Denk­bar wäre es jedoch auch, dnss Wolffs Kmbryonen durch irgend eine Unvorsichtigkeit bei der Behandlung aus dem grossen Loche eines gemeinschaftlichen und oben offen gebliebenen Anmions hin-ausgeschlüpft wären, und dass so ein vielleicht vorhanden gewese­nes, aber rudimentär gebliebenes Amnion von Wolff übersehen wor­den wäre.
In Wolfig Falle ist über das Verhallen der (ietassc zwischen
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beiden Einbryonea uiclitB Niibercs gesagt. Die Abbildung niiiclit es indess #9632;waiirschcinlieli, dass beide durcli ein griisseres Glt;;taBS mit einander in Verbindung standen, wie icii es in Fig. 2 der Tatquot;. X11 naeii meiner Beobachtung dargestellt habe. Diese grosse Geftiss-verbiiidung, vvclcl.ie eine Communication zwischen den Herzen der beiden Hühnerembryonen herstellt, entspricht offenbar den eiiiander cntgegengcwaclisenen und mit einander in Verbindung getretenen Stämmen der grossen Gelasse, welche sich vom einen Embryo nach rechts, vom anderen nach links auf dem Dotter hätten verbreiten sollen. Die direkte Beobachtung Hess es unentschieden, ob diese Anastomose eine Vene des einen Embryo mit einer Vene des an­deren Embryo oder eine Arterie, mit einer Arterie oder eine Arte­rie mit einer Vene in Verbindung setzt. Da aber bei der Verwach­sung zweier Placenten beim Menschen immer nur eine Arterie mit einer Arterle oder eine Vene mit einer Vene, niemals aber eine Arterie der einen Placenta mit einer Vene der anderen in Verbindung tritt, so ist es wohl höchst wahrscheinlich, dass auöh hier gleichartige Ge-t'ässc, Arterien mit Arterien, Venen mit Venen in anastomotisehe Ver­bindung getreten sind. Da aber die vom Embryo rechts und links zum Dotter abgehenden Gefüssstämme in dieser Periode so verlaufen, dass Venen und Arterien einander begleiten, so ist es mir wahr-seheinlich, dass sowohl die Vene als auch die Arterie an der Ana­stomose betheiligt sind. Die durch diese weite Anastomose herge­stellte Communication zwischen den Ilorzcn beider Enihryoneii, und die zugleich bestehenden, auf Fig. 3 besonders deutlichen, kleineren Amistomosen der Dottergefässe beider Embryonen können schwer­lich ohne Krcislaufsstörungeu bestanden haben, welche besonders demjenigen Embryo gefährlich werden mussten, dessen Entwicke-lung am wenigsten fortgeschritten war, und dessen Herzeontractio-nen am wenigsten energisch waren. Dem entsprechend ist der in der Heschroibung erwähnte auffallende Unterschied in der Farbe beider Embryonen, deren kleinster, wie bereits angeführt wurde, sehr roth und fast überall, so zu sagen, blutrünstig war, während der andere sich durcli autbdlende Blässe auszeichnete. Man kann daher nicht wohl umhin, jene Anastomose und die Verschiedenheil der Blntvertheillinff heider ßrabryönen m einander in ursächliche
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Beziehuug zu bringen^ Jn soiner AbbMldluug über die Entwicke-lung der lierzlosen Missgeburteii (Kiel 1859, 8vo.) liat Chuidius es liöchst wjihrsclieinlich gemaclit, dass die Enlsteliung' der lierzlosen und aeopiialisclien Missgclnii-ten des jMcnsclieu xuul dor Siiugcthiere, auf die durch weite Anastoinosen in der geineinschuftlicheii Pla-eenta bedingten Kreislautsstöruiigen ziirüek/ut'ülireu sei, iiulem da-durcii das Herz dos kleineren Embryo ausser Fiuiktiün gesetzt würde, wodurch die Richtung dos Kreislaufs in demselben im All-gonioinen und Besonderen gänzlich verändert werden müssto. Beim iVIonsoben und den Säugethicren sind solclie weite (Jotassaiiastoinoson oiVenbar inir zwiseben denjonigen (iretiisson möglich, welche, ur­sprünglich der Allantois angohörig, in der geineinscliuftlichen oder conliuirton Placenta hoisammen liegen, denn sie sind nicht denkbar zwischen den kleinen Gotassstämmen der genieiiischai'tlichen Nabcl-l)lasc zweier übrigens getrennter Säugethierembryonen. Bei den Vögeln aber ist es wohl möglich, dass sieh zwisehen den grossen Dottergei'ässen zweier, auf gemeinschaftlichem (der Nabelblase ent­sprechendem) Dotter entwickelten, übrigens gotromiton Vogelembryo-nea so grosse Cletassanastomosen bilden köiuion, dass sie dem kloi-non Embryo gefährlich worden, wie imaer Fall es zu xoig-en schoiut. Bei weiter vorgosclirittoner Entwickelung desselben ist es sehr wTahr-scheinlich, dass sich aus domselhen ein Aeardiacus neben einem normalen Embryo In einer Weise entwickelt haben würde, die nicht beim Menschen und den Säugcthieren möglich ist, die aber doch, ihrem Wesen nach, vollkommen der von Claudius geltend gomachton Auffassung entsprechen würde. — Man könnte nun wohl die Frage aufwerfen, ob nicht zwei AllantoTsblasen zweier auf verschiedenen Dottern entwickelten Vogelombryoncn auch so mit einander ver­wachsen könnten, dass dadurch Gefässanastomosen zwischen beiden entständen, welche gross genug wären, um den schwachen Embryo ZU gefiüirdenV Eine solche Frage kann natürlieli nur durch direkte Hoobaelitungeii entschieden werden, eine Jede solche Beobachtung fehlt aber gänzlich. Sollte iiidess eine solche Verwachsung der Al­lantois zweier auf verschiedenen Dottern entwickelten. Embryonon jemals vorkomnicn, so würde sie doch niemals zu einer Doppcl-niissbildung lülii'cii können, du ja die Allantois lickaniitlich beim
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Auskrieohen hi der 8oliftlo zurückbleibt — ebsnsoweöig wie die
VcrwacliRimg der Placcntcn zweier Zwillinge beim Menschen als eine Doppelmissbildung- bezeiehnet wird. Es ist mir daher voll­kommen unklar, woran Öerres und (Jostc gedaclit haben mögen, als sie die Bedeutung der Allantois für die Entstehung der Doppellaquo; missbildungen betonten. (Comptes rendus 1855 I. 629 und 868).
Der auf Tatquot;. Xll. Fig. 6 dargestellte Fall von Wolff und die beiden von mir beobachteten Fälle (Tatquot;. XII. Fig. 1—3 und Fig. 4) würden, wie schon mehrfach bemerkt, bei vollendeter Entwiekelung jedenfalls zu Do|)pelniissbildiingen geworden sein. Die Verbindung beider mit einander Würde aber erst ganz am Schlüsse der Ent­wiekelung im Eie vollendet worden sein, indem das Hineinschllipfcn des Dottersaeks in den Unterleib des einen oder des anderen oder beider llühnchen zur Folge höben müsste, dass die Bauchwandun-gen beider in der Gegend des Nabels an einander rückten und mit einander in organische Verbindung träten, und dass zugleich die Dünndärme beider durch den beiderseitigen Duetus vitello-intesti-nalis und den gelben Dotter mit einander anastomosirten. Nach erfolgter Dotterresorption müssten die beiden Hühnchen also einer­seits am Nabel durch die Bauchdecken mit einander zusammenhän­gen, andererseits müsste sieh eine, wenigstens eine Zeit lang be­stehende Verbindung zwischen den Dünndärmen beider Hühnchen ausbilden. Das am Schlüsse der Entwiekelung eintretende Hinein-BohlÜpfen des Dotters in den Unterleib würde mithin bei der Ent­stehung dieser Form der Missbildimg ein wesentliches Moment sein. Beim Menschen und den Säugethiercn schlüpft aber die Nabelblase bekanntlieb nicht in den Unterleib hinein, sondern sie bleibt in der Placenta, während der Duetus vitello-intestinalis sich sehr lang aus­spinnt und durch die ganze Nabelschnur verläuft. Dieser Umstand scheint das Vorkommen dieser Form der Doppelraissbildung bei den Säugethieren unmöglich zu machen. Auf einem Säugcthiereie könnten sich demnach wohl zwei Embryonen entwickeln, welche trotz der (Tcmeinscbaftlichkeit des Chorions, der Nabelblase, des Amnions und der Placenta, bei der Geburt doch zu getrennten Zwillingen, nicht zu einer Doppelraissbildung würden. Die bespro­chene Entstehung dieser Doppelmissbildung würde also eine für die
#9632;#9632;
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Vögel cigcnlliUnillchc sein, und ohne Zweifel auch in der Form etwas EigonthUniliches zeigen. Wahrscheinlich gehört die von Isid. Geoffrey St. Hilaire besprochene Doppelmissbildung, die aus dem von seinem Vater bebrüteten Eic mit doppeltem Dotter hervorkam, hierher, da er dieselbe, wie schon oben (Pag. 208) erwähnt, als den Typus eines neuen Genus im teratologischen System bezeich­net, das er ümphaloge nennen möchte, wenn ihm eine solche Auf­stellung nicht etwas bedenklich vorgekommen wäre, da es ihm nicht möglich war, das Exemplar behufs einer genaueren Untersuchung selbst zu disseciren.
Während also bei den Vögeln das Vorhandensein zweier ur­sprünglichen Entwickelungscentra, am Schlüsse der Entwickelung, immer mit Nothwendigkeit die Entstehung einer Doppelmissbildung zur Folge haben wird, so müssen beim Menschen und den Säugethie-ren auch getrennte Zwillinge in einem gemeinschaftlichen Eie und auf einem gemeinschaftlichen Dotter entstehen können. Wenn näm­lich ein gemeinschaftliches Chorion die Zwillinge umgiebt, so kann, der Entwickelung des Chorions aus der äusseren Eihülle zufolge, auch nur ein Ei vorhanden gewesen sein. Wenn die beiden Zwil­linge, ausser dem gemeinschaftlichen Chorion, auch ein gemeinschaft­liches Amnion haben, so würde der Fall dem auf Taf. XII. Fig. 1—3 abgebildeten entsprechen, wenn aber jeder der Zwillinge im ge­meinschaftlichen Chorion von einem selbstständigen Amnion umge­ben ist, so würde ein solcher Fall dem auf Taf. XII. Fig. 4 dar­gestellten Specimen ganz analog sein. Immer wird jedoch, wenn unsere Voraussetzung richtig ist, nur eine gemeinschaftliche Na-belblasc für zwei solche Zwillinge vorhanden sein, die man dann in der Placenta, zwischen den Insertionen beider Nabelschnüre zu suchen haben würde. Doppelmissbildungen des Menschen und der Säugethiere würden demnach nur dann Zustandekommen kön­nen, wenn entweder die Primitivstreifen schon bei ihrer Anlage mit einander in Berührung, und also bei der Bildung der Keimblase von vorn herein mit einander verschmolzen sind, oder wenn sie einander so nahe liegen, dass die Embryonen bei fortschreitender Entwickelung gegen einander anwachsen und dadurch mit einander verwachsen oder verschmelzen könnten. Dasselbe müsste natürlich
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llir ciic Entstellung aller deijenigeii Duppelmissbildungen der Vögol imgenoninien werden, welelie denen des Menselicn und der Süugc-thiere euts|)reelien. Die Verwachsung und Verselunclzung der von zwei selbststiindigcn Entwiekelungseeiitris iiusgehenden Entwiekelun-gen scheint mir nher sehr trefl'end von Ilorkel*) mit dein (Jouflui-ren von I31ättern, IJlütlien und Früeliten zusanimengestellt zu sein. Folgende von ilnn abgeführte Beispiele mögen liier ihren Platz fin­den. Blumen der Liniirien sind nicht selten an der einen ^eite oder dem Kücken mit einander eontluirt, während zwei Labia inteiiora vorhanden sind. Man findet Blumen von öyringen mit 4—(j—8 ötaubiaden und Corollenlappen. Bei tlen Ranunculaceen, namentlich bei den Aneniünen, sind doppelte Blumen häufig. Bei den Frliehteu ist ein solches Confluiren nocli häufiger, und zwar treten hierbei zwei verschiedene Fälle ein, indem entweder benachbarte Blumen, welche einem geineinsehaftliclien Stiele aut'sitzcn, Früchte ent-wiekeln, welche in verschiedenem (laquo;rade, aber bei der fbrtselirci-tenden Entwickelung inelir und mehr verwachsen und versehmeh zeu, wie besonders bei Kirschen, Pflaumen, Aepf'eln und Cornus sanguinea, oder indem anseheinend einfache Blumen mit confluir-tein Pistill doppelte Früchte entwickeln, was besonders hei Gurken und Melonen vorkommt. Auch in einer Kirschblüthe sah Duha­mel 8 eontluirte Pistille. Bei Blättern beobachtet man auch bis­weilen eine von der Spitze her allniählig wachsende Theilung der Blatter, wobei es ganz das Aussehen hat, als seien zwei Blätter im jugendlichen Zustande verwachsen, so bei Aristolochia, Lactuea sa­liva (Jäger), Ciranatblättcrn (Bonnet) und Syringenblättern (Schlot-terbeek). —
So lange wenigstens die Embryonalanlagc eines Thicrs, hier zunächst eines Vogels oder eines Säugethiers, keine Cctasse und keine Nerven entwickelt hat, scheint der Annahme einer Analogie des Zellenwaehsthums und der Entwickelung unter abnormen Ver­hältnissen mit jenem Verhalten der Pflanzen in den genannten Fallen Nichts entgegenzustehen. Es ist kein einfaches Verkleben oder Ver­wachsen, auch nicht, wie man sieh wohl ausgedrückt hat, ein Durch-
*) Nach oinem sehr Sorgfältig Von Ilcvrii riiifcs.sor Jessen gel'ülmen ColloglCll
lici'ie über allgoiuolna Physiologie vom Wlntorsomcstoi' 1817 — 1818.
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wacliaou; düiin nacli eingetretener Jicrülirung wauhsou die ilen bei-tlcn verscliiedcncn Bililungsoeiitris angehörigen Zellen gegen ein­ander an und werden unzertrenniieii mit einander verbunden, aber KUgleicli lieben die gegen einander anstrebenden Waelistliumsinten-sitäten einander, wenn sie gleich stark sind, durch den Druck, den sie gegen einander ausüben, auf, wodurch die einander zugewand­ten Seiten bis zur Mittellinie hin atrophiiren können. Bei dieser Aurtassnng würde eine Doppelmissbildung mit zwei gleich stark entwickelten Leibern, einem rechts und einem links gelegenen, und mit einem Kopfe, so aufzufassen sein, dass die eine Hälfte des Kopfes dem einen, die undere dem anderen angehört. Wenn da­hingegen die Wachsthmnaintensität des einen über die des anderen das Uebergewicht hat, sei es, dass ein solches Uebergewicht von vorn herein existirt, oder dass es ans dem Gange der Kntwicke-lurig rcsultirt, so wird der mit dem stärkeren verbundene Theil des schwächeren Embryo mehr oder weniger vollständig unter­drückt, während der frei gebliebene Theil seine Entwickchmg re­lativ ungestört fortsetzt, indem späterhin die in ihm entwickelten Qofässe vom Blute des Thuiptembryo gespeist werden. Der para­sitische Embryo ist dann bezüglich seiner Ernährung, je nach der Entwickclung der Blutgcfässe und des Blutes, ganz vom grossen Embryo abhängig und denselben Verschiedenheiten der Chancen unterworfen wie ein Acardiacus, dessen Ernährung von seinem grös-sereu Zwillingsbrudcr abhängt.
Die verschiedenen Eormen und Arten der Doppelmissbildun­gen hat zuerst D'Alton und später, zum Theil unabhängig von ihm, Beneke, B. Schulze und Coste von der verschiedenen gegenseitigen Stellung der ursprünglichen Embryonalanlagen (der Primitivstrei­fen, der Achsenplatten oder der virtuellen Achsen der beiden Keim­bläschen) abgeleitet, und wir müssen bei obiger Entwickclung die­ser Auffassung ganz beitreten. Wir glauben, wie D'Alton, sie auch für die Fälle annehmen zu dürfen, wo z. B. nur überflüssige Ex­tremitäten vorhanden sind, welche bezüglich ihrer Lage und Stel­lung denjenigen des Mauptembryo nicht entsprechen. Dahingegen glauben wir aber, wie bereits oben entwickelt wurde, sie nicht auf die Fälle ausdclmen zu dürfen, wo sich mir an den Endgliedern
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der Extremitäten eine Verdoppelung' findet, in Form überzähliger Finger, Hände oder Füsse, indem uns diese (s. Pag. 137) entweder der Spaltung des ursprünglichen Herzschlauches in zwei Herz-schlauche, deren jeder eigentlich nur ein halbes Hern repräsen-tirt, oder vielleicht noch eher der Entwickclung eines überzähli­gen Staubfadens oder Petaluras in einer Blume analog zu sein scheinen.
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Zur Erklärung der Abbildungen.
Tafel I.
V]g. 1. Abortive Doppelschildlüldung, eine häufige Missbildung der Keim-scheibe bei fehlendem Embryo. I'/Jaehe Vergrössennig. Pag. 30. 155.
Fig, 2. Ein Fragment eines Embryo, das bei Vorhandensein einer abortiven Doppelschildbildung, unter der Mitte der klaren Sclieibe (ierselben, auf dem sogenannten weissen Dotter gefunden wurde. 28fache Vergrössc-rung. Pag. 31.
Fig. 8. Die verkrüppelte Anlage eines Embryo, welche in einem anderen Falle von abortiver Doppelschildbildung ebendaselbst gefunden wurde. Hei auffallendem Lichte und öfaeher Vergr. Pag. 31.
Fig. 4, 6 und C. Abortive Bluthofbildung, eine andere, ebenfalls häufige Missbildung der Keimscheibe bei fehlendem Embryo. S'/jfache Vergr. Pag. 32 — 34. 36. 155. 162. (Die in Fig. 4 inquot; der Mitte liegende Masse ist zu dunkel ausgefallen),
Fig. 7. Eine der abortiven Bluthofbildung ganz analoge Formation, bei der jedoch das rothe Blut felilt, ein Primitivstreifen mit Prhnitivrhine aber vorhanden ist. 8V;faclie Vergr. Pag. 34—37. 69. 162.
Fig. 8. Halbmondförmige abortive Bluthofbildung, den Eiern mit doppel­tem Dotter cigenthümlich. Natürliche Grosse. Pag. 37. 98.
Fig. 9. Ein sehr früh abgestandener, verkrüppelter Embryo, ans einem etwa 13 Tage lang der Brlitw/irrne ausgesetzt gewesenen llühnereie. 5',,fache Vergr. Pag. 68. 74. 75. 161.
Fig. 10. Derselbe Embryo von der Bauchseite her gesehen.
Fig. 11. Ein ganz iihnliclier Embryo, der unter analogen Verhältnissen in einem anderen llühnereie gefunden wurde. Pag. 68. 74. 75.
Tafel II.
Fig. 1. Ein blutloser Embryo aus einem 42 Stunden lang künstlich bebrii-teten llühnereie, von der Rückenseite her gesehen. lOfache Vergr. Pag. 68. 71. 73. 75 — 77, 159.
Fig. 2. Derselbe Embryo von der Bauchseite her gesehen.
Fig. 3. Ein blutloser Embryo aus einem 5 Tage lang von der Henne be-brüteten, aber zwischen der 36sten und 44sten Brütstunde abgekühl­ten Eie, von der Bauchseite her gesehen, llfaebe Vergr. Pag. 47. 68. 71—77. 124. 129. 137. 169.
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riraquo;;. 4. Derselbe Embryo von der RUckenseite her gesehen. (In tliospn 4 Abbildungen ist die Aven pelluolda und ilcraquo;- uuiere Uaml der blut­losen Bluthofaulage mit angegebenraquo;)
Tig. 5. Ein verkrüppelter, nlicr mit rotbem Blute in der Bluthofanlego ver­sehener Embryo, aus einem 4 Tage lang künstlich bebrllteten, aber
zwischen del Jjosleu und 44steii HriUstuntlc stark abgekühlten Hiilinercio, von der Bauchseite her gesehen. .V/fnehe Vergr. Pag. 42. 44. 61. 7raquo;. 84. 85. 183. 152. IM. 156.461.
(Der hintere und seifliche Theil des Bluthofes ist mit abgebildet, der vordere Theil nicht. Die Wirbelanlagen sind nicht breit genug, mid es sind 8 Wirbelj)Ulttelicii|mnre zu wenig angegeben).
Fig. (i. Ein verkrüppelter Embryo aus einem gewöhnlichen Ilühnereie, das gleichzeitig mit dem vorigen 4 Tage lang bebrütet und in gleicher Weise abgekühlt worden war. Von der Blickenseite her gesehen. 5',fache Vergr. Pag. 44. 78. 84-80. 188. 152. 154. 161.
Flg. 7. Ein wurmfurmig vcrkriiinmfer, ans seinem erbsengrossen Amnion und seinem roihesBlut führenden Bluthofe herausgenommener Embryo, der mit den beiden voriuen gleichzeitig bebrütet und abgekühlt wurde. .V/.fache Vergr. Pag. 44. 101. 133. 162. 161.
Fig. 8. Ein in eine kleine, solide Masse verwandelter Embryo in seinem
kleinen, aber vollstJiiulig gebildeten Amnion, aus dem auf Taf. IX.
Fig. 10 abgebildeten Eic. Natürliche Grosse. Pag. 44. 47. 69. GO.
62! 63. 98 — 101. 120. 124. 153. 161.
(Um das Amnionblüschen herum erkennt man die Area pellncida und
um diese herum den Jiluthof). Fig. 9. Derselbe Embryo in seinem Amnion, durch die Loupe vergrössert,
Tafel III,
Eig. 1. Ein von der Area pellncida und dem inneren Rande der farblosen Bluthofanlage umgebener Embryo, ans einem 43 Stunden lang künst­lich bebrüteten niilmereie, von der Rückenseite her gesehen, llfachc Vergr. Pag. 68. 72. 75 — 77. 129. 161.
Fig. 2. Derselbe ohne Umgebungen, von der Bauchseite her gesehen.
F'ig. 8. Der vordere Theil des Körpers eines Embryo aus einem 42 Stunden hing bebrüteten Hühnereie, von der Bauchseite her gesehen, llfache Vergr. Pag. (18. (19. 74 — 77. 161.
Fig. 4. Derselbe Embryo von der Rückenseite her gesehen und von der Area pellncida und der Grenze der noch farblosen Bluthofanlage (laquo;) umgehen. Pag. 51. 68. 69. 74—77. 133. 152. 166. 161.
Fig. 5. Ein verkrüppelter Embryo aus einem 66 Stunden lang künstlich bebrüteten Hühnereie. llfache Vergr. Pag. 81. 68. 70. 74 — 77. 133. 152. 155. 161. (Das Rückenmark ist zu lang gezeichnet und es sind 3 Wirbelphittcheupaare zu viel angegeben; die 4 letzten Wirbel sollten dachziegelartig gelagert sein, und zwischen ihnen sollte schon das in eine Spitze auslaufende Kückentnark fehlen).
Eig. 6. Der vordere Theil desselben Embryo, von der Bauchseite her ge­sehen.
Fig. 7. Eiö seitlich verkriimmter Embryo ans einem 66 Stunden lang künst­lich bebrüteten Hie, Küekenansicht. llfachc Vergr. Pag. 41. 44. 79. 80. 84 — 86. 133. 152. 156. 158. 161.
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Fig. 8. Der vordere Tl) eil tlesselben Emluvo, von dor Bauchseite her gesehen^
Pig. 0. Derselbe in natürlicher GrOsse von soiuein Bluthofe umgebeni I'ng. 4t;. 79. 84—80. 152. 154.
Fig. 10. Ein von seinem mit blutiger Flüssigkeit gefüllten Aniniou umgebe­ner BmbryOj aus einem 8 Tage lang künstlicli bcbrüteten, zweidottri-gen Eie, von unten her gesehen. Natürliche Grosse. Pag. 49. 106.
Fig. 11. Derselbe von oben her gesehen.
Fig. 12. Fin sehr abnormer, flach ausgebreiteter Embryo aus demselben Fie, von der Bauchseite her gesehen, llfache Vergr. Pag. 41. 42. 44. 49. 58. C2. 63. 80. 84—86. 107. 124. 129. 188. 135. 152. 154. 155. 158. 1C1.
Fig. 13. Ein degenerirter Embryo aus dem auf Taf, IV. Fig. 7 abgebilde­ten, 146 Stunden lang künstlich bebrüteten, zvveidottrigem Eie. lüfache Vergr. Pag. 39. 44. 99—101. 152. 153. 161. 230/
Tafel IV.
Fig. 1. Ein von seinem Bluthofe umgebener, sehr missgebildeter Embryo mit doppeltem Hcrzschlauche, aus dem auf Tafel IX.. Fig. 9 abgebil­deten zweidottrigen Eie, nach 112stündiger llebrütung. Keicblich 7tache Vergr. Pag. 41. 43. 51. 55. 58. Ü2. G3. 79. 81 — 86. 93. 117. 124. 133. 137. 150 — 152. 154. 155. 158.
Fig. 2. Derselbe Embryo von oben her gesehen.
Fig. .'!. und 4. Zwei übrigens normal gebildete, in ihrer Grosse aber etwas verschiedene Embryonen, welche nach 67stündigcr Hebrütung in dem auf Taf. IX. Fig. 7 abgebildeten zweidottrigen Eie lebendig vorgefun­den wurden. 8/'.fache Vergr.
Fig. 5. Ein 9 Tage lang künstlich bebrütetes Ei mit doppeltem Dotter, mit einem normalen, lebendigen Embryo und einer halbmondförmigen, abor-tiven liluthofbildiing. '/, der natürlichen Grosse. Pag. 38. 45. 151. 21G. 220.
Fig. G. Ein Ei mit einfachem aber eingeschnürtem Dotter, mit normalem, lebendigem Embryo nach 3t;igiger Bebrütung. ', der natürlichen Grosse. Pag. 46. 232.
Fig, 7. Ein Ei mit doppeltem Dotter nach reichlich Gtiigiger Bebrütung. Her eine Dotter ist durch eine Einschnürung in zwei Abiheilungen gctheilt, deren grösste den sehr unregelmiissigen und blutarmen Hlut-bof trügt. '/, der natürlichen Grosse. Pag. 39. 43. 44. 46. 47. 99. 154. 216. 23().
Tafel V.
Fig. 1. Ein sehr abnormer Embryo mit zwei von einander getrennten, bei der Untersuchung noch pulsirenden Herzen, nach 7t.;igiger küustlichcr Bebrütung, Welche am Ende des 3ten Tages durch eine starke Ab­kühlung gestört wurde, von der Rückenseite her gesehen. 81'ache Ver-grössenmg. Pag. 41. 54. 58. 62. 64. 91—97. 121. 124. 129. 130. 133 — 135. 137. 152. 154. 155. 158. 161.
Fig. 2. Derselbe von der Bauchseite her gesehen, mit dem Gcfiissnetze der Area pellucida, das deutlicher geworden war, als der Embryo eine Weile in Spiritus gelegen hatte.
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Tafel VI.
Fig. 1. Ein in eine amorphe Masse umgewandelter Embryo aus einem 10 Tage lang kimstlieh belrüteteu Eie, das zwisohen der GOsteu und 72steii Urütstuude absichtlich stark abgekühlt worden war. Natürliche Grosse. Vag. 41. 43. 47. 59. 61. 63. 101. 102. 120. 153. 155. 156. 161.
Fig. 2. Derselbe bei 3t'acher Vergrösserung von unten her gesehen.
Eig. 3. Derselbe bei gleicher Vergrösserung von oben her gesehen,
Eig. 4. Histologische Elemente, welche, an der mit dem in Fig. 1 — 3 ab­gebildeten Embryo verklebten Stelle, von der weissea Schalenhaut ab­geschabt wurden. 250faelie Vergr. Pag. 41. 61. 156. 177.
Eig. 5. Ein sehr abnormer Embryo, dessen Herz noch pulsirte, aus einem 111 Stunden lang künstlich hebriiteten, aber nach etwa 40stiiiuliger Bebrtttung stark abgekühlten Eie, von der Rückenseite her gesehen. 8—9fache Vergr. Pag. 46. 62. 63. 65. 86 — 88. 94—97. 100. 121. 124. 131. 134. 135. 152. 155. 160. 161.
F'ig. 6. Derselbe Embryo von der Bauchseite her gesehen.
Eig. 7. Ein Embryo mit beginnender Spina bifida aus einem 42 Stunden lang bebriiteten Ilühnereie mit doppeltem Dotter, 8 — Wache Vergr, Pag. 106. 122. 131. 153. 159. 160.
Fig. 8. Ein sehr kleiner Hühnerembryo mit enormer Spina bifida, dessen Herz nach 112'/.stündiger künstlicher Hebrütung noch pulsirte. Ofache Vergr. Pag, 46. 62 — 64. 88, 89. 94 — 97. 121. 181. 134. 153. 166. 155. 159. 160. 161.
Fig, 9. Ein Embryo mit Spina bifida, Gcsichtsspalt und Nabelbruch, aus einem 3 Wochen lang einer schlecht regulirten Brütwiirme ausgesetzt gewesenen Ilühnereie. Natürliche Grosse. Pag. 109. 128. 131. 132.
135. 153. 159.
Tafel Vll.
F'ig. 1. Ein in eine rundliche Masse verwandelter Hühnerembryo, dessen Grosse auf eine etwa 7t.:igige Entwickelung hinweis't, aus einem 22 Tage luug einer schlecht regulirten Brütwiirme ausgesetzt gewesenen Eie. Natürliche Grosse. Pag. 60. 61. 63. 102 — 104.117.155. 156. 161.
Pigi 2. Ein ganz iihnlieher, unter gleichen iiusseren Verhiiltnissen entwickel­ter, abnormer Hiihnerembryo. Natürliche Grosse. Pag. 60, 61. 63, 102 — 104. 117. 155. 156. 161.
F'ig. 3, Ein anderer, unter gleichen iiusseren Verhiiltnissen entwickelter, abnormer Hühnerembryo, von der linken Seite her gescheu. Natür­liche Griisse. Pag. 60. 61. 63. 102—104. 117. 124. 129, 155. 156. 161. 162.
F'ig. 4. Derselbe Embryo von der rechten Seite her gesehen.
Eig, 5, Ein Embryo mit offener Leibeshöhle, aus einem 17 Tage lang mit verschiedenen Temperaturschwaukungen bebrüteten Ilühnereie, von der Bauchseite her gesehen. Natürliche Grosse, etwa einer Stiigigen Ent­wicklungsdauer entsprechend. Pag. 64. 107. 108. 133. 154, 155.
F'ig. 6. Derselbe Embryo von der Rückenseile her gescheu.
Fig. 7. Ein Hiihnerembryo mit Hydrocephalus, Gesichtsspalt und günzlichcr Verkümmerung des linken Auges, aus einem ¥Av, das 22 Tage lang
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257 der künstlichen BrUtwllrrae ausgesetzt gewesen war. Von der rechten
Seite hör gesehen. Natürliche Grosse. Pag. 107. 108. 117. 122 his 124. 128. 12S). 15;$. 159. 102.
Fig. 8. Der Kopf desselben von vorn gesellen. Pag, 128.
Fig. 9. Derselbe Embryo von der linken Seife her gesehen. Tag. 129.
165. 102.
Fig. 10. Ein hemieephalischer (?) Embryo mit nnvollkommeneni Versehlnss des Nabels und Verkümniorinig der Extmuil.Mtcn, uns einem reichlich .'{ Wochen lang künstlich bebrtUeten Iliihnereie. Natürliche Grüsse. Pag. 109. 110. 122. 12;{. 124. 127. 129. 133. 150. 154. 155. 102.
Fig. 11. Derselbe Embryo von der linken Seite her und etwas von vorn gesehen. Pag. 110. 129. 150. 15.5.
Fig. 12. Ein Embryo mit Gesichtsspalt, Mangel eines Auges, Verkümme­rung des Schnabels, der ExtremitiUeii u, s. w. aus einem 3 Wochen lang hebrüteten, gewönlichcn llühnereie. Natürliche Grosse. Pag. 107. 110. 111. 124. 127. 129. 149. 150. 155. 102.
Fig. 13. Der Kopf desselben Embryo von vorn.
Fig. 14. Derselbe Embryo mehr von vorn und links her aeschen. Pag. 128. 150.
Fig. 15. Der auf Tafel VI. F'ig. 9 abgebildete Embryo, mehr von vorn und links her gesehen. Natürliche Grüsse. Pag. 107. 109. 129. 133. 153.
Eig. 16 (unter 7, zwischen 10 und 15, auf der Tafel irrthilmlieh als 11 bezeichnet). Kopf desselben Embryo von vorn her gesehen. Pag. 109.
Fig. 17. Ein Embryo mit missgebildetem Schnabel und Deformitäten der E.xtrerniUiten, wahrscheinlich etwa 11 Tilge alt, geworden, aus einem 8 Wochen lang künstlich hebrüteten llühnereie. Natürliche (irössc. Pag. 111. 117. 121. 127. 149. 150.
Fig. 18. Derselbe Embryo von der anfielen Seite her gesehen,
Fig. 19. Der Kopf desselben von vorn.
Fig. 20. VAn Embryo mit Missbildung des Kopfes und der E.\treiiiit.:Uen. Er seheint, bei 21t;igiger, schlecht regulirter Bi'ütwärme, etwa 13 Tage alt geworden zu sein, Naliirliehe Grosse. Pag. 111 —113. 117. 127. 128. 135. 149. 150. 1C1.
Fig. 21. Der Kopf desselben Embryo von vorn her gesehen.
Fig. 22. Derselbe Embryo von der linken Seite her gesehen.
Fig, 23. Ein einHugiger Embryo mit missgebildetern Schnabel aus einem 16 Tage lang von der Henne hebrüteten Eie mit doppeltem Dotier, wahr­scheinlich gegen 15 Tage alt geworden. Natürliche Grosse. Pag. 112. 113. 117. 124 — 127. 149. 150. 155. 101. 102.
Tafel VIII
Fig. 1. Ein missgestalteles Hiilmerei, das ich der Güte des Herrn Etats-rath Hegewisch verdanke. Natürliche Grüsse. Pag. 181. 199.
Fig. 2. Ein ungewöhnlich kleines Hiilmerei, das einen gelben Dotter von der (Irösse eines Stecknadelknopfes enthielt. Nati'nl. Grosse. Pag. 181.
Fig. 3. Ein sehr grosses liülmerei mit weicher Schale und einem mit Ei-weiss gefüllten Appendix. N'atüil. (irössc. Pag. 181. 182. 199.
rinnnii. Uniorsudiungciicnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; IV
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258
Fig. 4. Ein ebenfalls sehr grosses Hiihueiei mit weicher Sehnle, die jedoch beim Einschneiden Kalkpurtikelchen erkennen liess, innl mit einem an­ders gestalteten Appendix. '/, der natürl, Grosse, l'ag. 181. 182. 109.
Fig. 5. Ein Gebilde, das in einem iiusscrlich wohlgestalteten grossen Hiih-nereie neben einem normal gebildeten Dotter von Prof. Weber gefunden wurde. Natürl. Grosse. Pag. 196.
Fig. 6. Ein ohne Erfolg bebriitetes Ei mit zwei Dottern, von denen der eine in der Mitte etwas eingeschnürt war. 4,/M der natürlichen Grosse. Pag. 190. 19G. 215. 228.
Fig. 7. Die beiden Dottei; dieses Eies, nachdem sie unter Wasser aus der Schale entfernt waren. Sie hiingen durch eine Art Chalazze zusam­men. Pag. 190. 196. 228, 229.
Tafel IX.
Fig. 1. Ein 42 Stunden lang künstlich bebriitetes Hühnerei mit doppeltem Dotter, von oben her gesehen. Die Cieatricula des einen Dotters liegt dicht an der Beriihrungsgrenze beider Dotter und ist ganz unent­wickelt geblieben. Der auf dem anderen, dem Lufträume anliegenden Dotter entwickelte Embryo war normal und lebendig. quot;quot;/.„ der na­türlichen Grosse. Pag. 216.
Fig. 2. Ein 6 Tage lang bebriitetes Hühnerei mit doppeltem Dotter, von oben her gesehen. Der dem Lufträume anliegende Dotter zeigt keine Entwickelung, indem die Cieatricula an der BerühruugsHJiche verbor­gen liegt. Der andere, dem luftleeren Elende anliegende Dotter trägt einen normalen lebendigen Embryo. 3i/eh der natürl. Grosse. Pag. 216.
Fig. '.i. Ein 67 Stunden lang küustlieh bebriitetes Hühnerei mit doppeltem Dotter. Der übrigens normal gebildete Embryo war von einem etwas deformen Hlulhotc umgeben und lag dem Infthaltigen Eipole nahe. Der andere Dotter zeigte eine undeutliche Eatwickeliuigsspur. 4y,6 der natürl. Griisse. Pag. 45.
Fig. 4. Ein 6 Tage lang künstlich bebriitetes Hühnerei mit doppeltem Dot­ter, deren jeder einen normalen lebendigen Embryo trügt, von oben her gesehen. An jedem Elende ist ein Luftraum vorhanden. 'y,0 der natürl. Grosse. Pag. 38. 45. 151. 18',). 216. 218. 219,
Fig. 6. Ein 68 Stunden lang bebrüteles Hühnerei mit doppeltem Dotter, von oben her gesehen. Der Embryo, welcher oben in der Mitte auf seinem Dotter lag, war normal entwickelt und lebendig, der andere, der eine seitliche Lage auf dem dem Lufträume anliegenden Dotter einnahm, war in der Entwickelung sehr zurückgeblieben und hatte noch kein rothes Plut, obgleich sein Hetz pulsirte. quot;/,, der natürl. Grüsse. Pag. 168.
Fig. 6. Ein c. 36 Stunden lang künstlich bebriitetes Hühnerei mit dop­peltem Dotter, von der Seite her gesehen. Die Entwickelung des (zur rechten Hand) unten auf dem Dotter aufliegenden Embryo ist nur bis zur Bildung eines Primitivstreifens, mit schwacher Andeutung der Kinne vorgeschritten, wührend derjenige Embryo, der (zur linken Hand) die oberste Stelle auf seinem Dotter einnahm, der Bebrütungsdaner entsprechend; normal entwickelt war. quot; .„ der natürlichen Grosse. Pflg. 163.
Fig, 7, Ein 67 Stunden lang künstlich hebrütetes Hühnerei mit doppeltem
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Uotter, von oben her ansehen. Beide Embiyuueii waren aoniml und lebendig und sind nui' Tafel IV. Fig. 3 und 4 abgebildet. Es war kein Luftraum vorhanden. #9632;quot;/„,, der natürlichen Grosse. Pag. 216.
Fig. 8. Ein 43 Stunden lang künstlich bebrütctes Hühnerei von oben her gesehen. Der eine Dotter trug den auf Taf. III. Fig. 1—2 abgebil­deten abnormen, in der Entwickelung zurückgebliebenen Embryo, der andere die auf Taf. I. Fig. 7 dargestellte fiildung. 'Y-, der natürl. Grosse. Pag. 86. 69. 216.
l'ig. '.). Ein 112 Stunden lang künstlich bebrütctes, aber zwischen der viOsten und 40sten Brütstunde stark abgekühltes Hühnerei mit, doppeltem Dot­ter, von oben her gesehen. Beide Embryonen waren todt, der eine war normal gebildet, aber nur bis etwa zur #9632;'Jßsten Stunde hin entwickelt, der andere ist der auf Taf. IV. Fig. 1 — 2 dargestellte Embryo mit doppeltem Ilcrzschlauche. 3quot; *tt der natürlichen Grüsse. Pag. 44. 47. 51. 21G. 219.
Fig. 10. Ein 8 Tage hing künstlich bebrütetes Ei mit doppeltem Dotter von oben her gesehen. Der eine Dotter war geplatzt und trug die auf Taf. I. Fig. 8 dargestellte halbmondförmige Bluthofbildnng. Auf dem anderen Dotter war der auf Taf. II. F'ig. 8 und 9 dargestellte Ernbryo entwickelt. ''':„ der natürlichen Grosse. Pag. 37. 44. 45.
47. 59. 98. 216. 220.
Tafel X.
Fig. 1. Der Kopf einer erwachsenen Henne mit niissgebildetem Sehnabel (Kreuzschnabel). Natürl. Grosse. Pag. 117. 127.
Fig. 2. Zwei bis zur Keife entwickelte, völlig von einander getrennte Hühn­chen, in der Lage die sie im Eie hatten. Natürl. Grössc. Pag. 223. 225.
Fig. 8, Dieselben Zwillinge von der anderen Seite her gesellen.
b'ig. 4. Eine Verdickung der Dotterhaut, eine Cicatricula spuria darstel­lend. SOfache Vergr. Pag. 198. 196. 232. 288.
Tafel XI.
F'ig. 1. Ein 6 Tage lang künstlich bebrütetes Hühnerei mit eingcsclmiirtem Dotter, der einen einfachen aber missgestalteten Embryo trug, von oben her gesehen. '%, der natürlichen Grosse. Pag. 44. 46. 47. 56 — 58. 62. 89. 90. 94 — 97. 155. 161. 229. 281.
Fig. 2. Der in diesem Eic entwickelte, sehr abnorme Embryo von der Bauch­seite her gesehen. 9fache Vergr. Pag. 56. 58. 62. 61. 89. 90. 94 bis 97. 155. 161. 229.
Fig. 8. Derselbe Embryo von der Rückenseite her gesehen.
Fig. 4. Ein 4 — 5 Tage lang künstlich bebrütetes Ei mit zwei Dottern, von denen der eine eingeschnürt war und einen normalen lebendigen Embryo trug, wiihrend der andere keine Spur einer Entwiekelung zeigte. quot;., der natürl. Grosse. Pag. 46. 62. 63. 230. 232.
Fig. 5. Ein 4'., Tage lang bebrütetes F.i mit zwei Dottern, deren einer
einen normal entwickelten Embryo trug, wJihreml auf dem anderen
ein ganz verkrüppelter, von einer kreuzförmigen Area pellucida und
einem vcrküminerteu Blllthofe umgebener Kinbrvo gefunden wurde.
quot;,., der natürlichen Grosse. Pag. 41. 4J. 47. 2.'!7
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Fig, (1. Der verkrüppelte) hinten vielleicht doppelte Embryo aus dem in Flg. 6 ilbgebilcleten Ele. Hfache Vergr. l'ng. 237.
Talcl XII.
Fig, 1. Ein reichlich 71. Tage lang ki'instlich hebnUetes Ki mit zwei Dot­tern, von denen der eine keine Spur von Entwickelung zeigte, während der andere zwei Embryonen in einem geruelttschaMichen, aber nicht geschlossenen Amnion trug. Der kleinere Embryo ist sehr rotli, der grosserlaquo; sehr blass. Natörliche Grosse. Pag. 57. 58. 234 — 236. 238. 242. 245. 248- 249.
Fig. 2. Dieselben Embryonen in ihrem Amnion, durch einen um den Jilut-hof herum geführten Schnitt vom Dotter abgelöst. Sie sind vollkom­men getrennt und kehren einander den Rücken zu. Natürliche Grüsse. Pag. 57. 58. 284—286. 242. 245. 246. 248. 249.
Fig. 3. Dieselben Embryonen von unten her gesehen. Man sieht die starke Get;issanastomose zwischen den aus dem Nabel heraustretenden Ge­lassen. Natürl. Grosse. Pag. 57. 234 — 230. 238. 242. 245. 248. 249.
Fig. 4. Ein reichlich 7 Tage lang bebrntetes, ungewöhnlich grosses Entenei mit einfachem Dotter, der aber 2 völlig von einander getrennte, nor­male, lebendige Embryonen trug, deren Dluthiifc mit einander verwach­sen waren. Natürl. Grosse. Pag. 188. 238. 240. 248. 249.
Fig.
5.nbsp; nbsp; Eine Copie der von v. Uaer in Mein, de l'Aead. imp. de St. Pe-
tersbourg 1845 Ser. VI. Sc. nat. Tom IV. gegebenen Abbildung eines 52—54 Stunden alten, vergrössert dargestellten, doppelleibigen Hi'diner-embryo. Pag. 202.
6.nbsp; nbsp; Eine Copic der von P. F. Wolff in Novi Comment. Acad. imp. Petropol. T. XIV. Taf. XI. gegebenen Abbildung zweier auf einem gemeinschaftlichen Dotter nach fitägiger liebliitung gefundenen Hühn­chen. Pag. 62. 63. 201. 245. 248^
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